Handbuch Stille Gesellschaft: Gesellschaftsrecht – Steuerrecht [9. neu bearbeitete Auflage] 9783504386368

Hier finden Sie die passenden Antworten auf alle zivilrechtlichen und steuerrechtlichen Fragen rund um diese Gesellschaf

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German Pages 1000 [1152] Year 2020

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Handbuch Stille Gesellschaft: Gesellschaftsrecht – Steuerrecht [9. neu bearbeitete Auflage]
 9783504386368

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Blaurock

Handbuch Stille Gesellschaft

.

Handbuch Stille Gesellschaft Gesellschaftsrecht . Steuerrecht herausgegeben von

Prof. Dr. Uwe Blaurock em. Universitätsprofessor, Freiburg

bearbeitet von Prof. Dr. Uwe Blaurock

Dr. Christian Levedag, LL.M.

em. Universitätsprofessor, Freiburg

Richter am Bundesfinanzhof, München

Dr. Hans-Georg Kauffeld Rechtsanwalt, Stuttgart

Prof. Dr. Philipp Lamprecht Universitätsprofessor, Frankfurt a.M.

Dr. Tobias Teufel Rechtsanwalt und Steuerberater, Frankfurt a.M.

Dr. Thomas Wachter Notar, München

9. neu bearbeitete Auflage

2020

Zitierempfehlung: Autor in Blaurock, Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl. 2020, Rz. …

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ­http:// dnb.d-nb.de abrufbar. Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-33528-1 ©2020 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche­ rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungs­ beständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Lichtenford, Mettmann Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany

Vorwort

Nachdem bis zur 7. Auflage die Bearbeitung des Handbuchs in einer Hand lag, erfolgte mit der 8. Auflage im Jahre 2016 eine Umstellung auf ein Gemeinschaftswerk, bei dem Teile völlig neu bearbeitet und neue Kapitel eingefügt wurden. Diese Neustrukturierung ist mit der nunmehr vorliegenden 9. Auflage fortgesetzt worden und hat wiederum zu einigen Veränderungen geführt. Prof. Dr. Peter Jung (Basel) konnte seine Arbeit am Handbuch leider nicht weiterführen. Die Bearbeitung der von ihm bisher betreuten Kapitel wurde von Prof. Dr. Uwe Blaurock (§ 6), Prof. Dr. Philipp Lamprecht (§§ 3, 9, 12, 17) und RA Dr. Hans-Georg Kauffeld (§§ 7, 8) übernommen. Die Kapitel „Gewinn- und Verlustbeteiligung“ und „Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust“ wurden dabei zu einem einheitlichen Kapitel zusammengefasst. Zudem wurde die Feinabstimmung zwischen den Kapiteln weiter vorangetrieben und die Erläuterungen zur Kapitalertragsteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer vertieft. Das Handbuch gibt nunmehr den Stand von Gesetzgebung, Schrifttum und Rechtsprechung bis einschließlich Januar 2020 wieder. Besondere Auswirkungen hatten dabei die Neuregelung zum Transparenzregister, die zivil- bzw. gesellschaftsrechtliche Rechtsprechung zum Schenkungsversprechen von Todes wegen und zum fehlerhaften Gesellschaftsvertrag sowie die wiederum intensive Tätigkeit der Steuerrechtsprechung, z.B. des IV. Senats des BFH zu GmbH & atypisch Still, und des Steuergesetzgebers, z.B. durch das „Jahressteuergesetz 2019“. Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle dem Verlag Dr. Otto Schmidt für die intensive Betreuung und fachliche Hilfe. Viele Benutzer des Handbuchs haben durch Hinweise und Anfragen zu Detailproblemen zur Weiterentwicklung beigetragen. Hierfür danke ich vielmals und bitte erneut herzlich um Kritik und Anregung (Kontakt siehe unten). Freiburg, im März 2020

Uwe Blaurock

V

Vorwort

Anschrift des Herausgebers: Prof. Dr. Uwe Blaurock, Universität Freiburg, Institut für Wirtschaftsrecht, Wilhelmstraße 26, 79098 Freiburg i. Br., Fax: 0761-203 2287, E-Mail: [email protected] Es haben bearbeitet: Blaurock

§§ 1–2, 4–6, 10–11, 14, 30: Wesen und Bedeutung der Unternehmensform, Rechtsformwahl, Erscheinungsformen, Abgrenzung gegenüber verwandten Rechtsinstituten, beteiligte Personen, Inhalt und Mängel des Gesellschaftsvertrags, Auflösung, Unterbeteiligung (Zivilrecht)

Kauffeld

§§ 7–8, 13, 15–16, 18, Vertragsmuster: Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters, Gewinn- und Verlustbeteiligung, Buchführung und Jahresabschluss, Auseinandersetzung, Insolvenz, stille Publikumsgesellschaft

Lamprecht

§§ 3, 9, 12, 17, 23–25, 31 III–IV: Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht, Errichtung der Gesellschaft, Geschäftsführung, Umwandlung, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Unterbeteiligung (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer)

Levedag

§§ 20–22, 26, 31 I–II: Grundlagen der Besteuerung, Sonderfälle stille Familiengesellschaft und GmbH & Still, Einkommensteuer, Umwandlungssteuer, Unterbeteiligung (Ertragsteuerrecht)

Teufel

§§ 19, 29: Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft; Internationales Steuerrecht

Wachter

§§ 27–28, 31 V: Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer, Grund- und Grunderwerbsteuer, Unterbeteiligung (Erbschaft- und Schenkungsteuer)

VI

Inhaltsübersicht Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . Allgemeines Literaturverzeichnis Abkürzungsverzeichnis . . . . . . .

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. V . IX . XLV . LI

Einführung § 1 Wesen und Bedeutung der Unternehmungsformen (Blaurock) . . . . . . .

1

§ 2 Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform, insbesondere die Gründe für ihre Wahl (Blaurock) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

§ 3 Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht (Lamprecht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

I. Teil: Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht § 4 Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft (Blaurock) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

§ 5 Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten (Blaurock) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

§ 6 Die beteiligten Personen (Blaurock) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters (Kauffeld) . . . . .

120

§ 8 Gewinn- und Verlustbeteiligung (Kauffeld) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

148

§ 9 Errichtung der stillen Gesellschaft (Lamprecht) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

201

§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags (Blaurock) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

237

§ 11 Mängel des Gesellschaftsvertrags (Blaurock) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

256

§ 12 Geschäftsführung (Lamprecht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

277

§ 13 Buchführung und Jahresabschluss (Kauffeld) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

309

§ 14 Auflösung der stillen Gesellschaft (Blaurock) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

350

§ 15 Auseinandersetzung (Kauffeld) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

371

§ 16 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz (Kauffeld) . . . . . . . . . . . . . . . . .

402 VII

Inhaltsübersicht Seite

§ 17 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung (Lamprecht) . . . . . . . . . . . . .

447

§ 18 Die stille Publikumsgesellschaft (Kauffeld) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

476

§ 19 Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft (Teufel) . . . . . . . . . . . . . .

548

II. Teil: Die Besteuerung der stillen Gesellschaft § 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft (Levedag) . . . . . . . .

559

§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen (stille Familiengesellschaft, GmbH & Still) (Levedag) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

603

§ 22 Einkommensteuer (Levedag) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

662

§ 23 Körperschaftsteuer (Lamprecht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

777

§ 24 Gewerbesteuer (Lamprecht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

820

§ 25 Umsatzsteuer (Lamprecht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

857

§ 26 Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht (Levedag) . . . . . . . .

875

§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer (Wachter) . . . . . . . .

920

§ 28 Grund- und Grunderwerbsteuer (Wachter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

960

§ 29 Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht (Teufel) . . . . . . . .

971

III. Teil: Die Unterbeteiligung § 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht (Blaurock) . . . . . . . . . . . .

987

§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht (Levedag/Lamprecht/Wachter) . . . . 1015

IV. Teil: Vertragsmuster (Kauffeld) M 1 Vertrag über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft . . . . . . . 1053 M 2 Vertrag über die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft . . . . . . 1061 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1067

VIII

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . Allgemeines Literaturverzeichnis Abkürzungsverzeichnis . . . . . . .

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. V . VII . XLV . LI

Einführung Rz. Seite

§ 1 Wesen und Bedeutung der Unternehmungsformen I. Die Wahl der Unternehmungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesichtspunkte für die Wahl der Unternehmungsform . . . . . 2. Die zur Wahl stehenden Gesellschaftsformen . . . . . . . . . . . . 3. Die verschiedenen Gesellschaftszwecke . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . 1. Typenwahlfreiheit und Typengestaltungsfreiheit . . . . . . . . . 2. Typenzwang und Typenbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Weitere Grenzen der Gestaltungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . 4. Typenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Gestaltungsmöglichkeiten im Recht der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wesensmerkmale der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Atypische Gestaltungsformen der stillen Gesellschaft . . . . b) Zulässigkeit der atypischen Gestaltungsformen der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anwendbarkeit der §§ 230 ff. HGB auf die atypischen Gestaltungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . .

1.1 1.1 1.7 1.11 1.16 1.16 1.18 1.26 1.27

1 1 4 4 6 6 7 9 10

. . . .

1.28 1.28 1.30 1.30

10 10 11 11

.

1.32

12

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1.35 1.36

13 13

I. Beweggründe auf Seiten des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . II. Beweggründe auf Seiten des Inhabers des Handelsgeschäfts . . 1. Zivilrechtliche Beweggründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.1 2.6 2.6

15 17 17

§ 2 Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform, insbesondere die Gründe für ihre Wahl

IX

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

III. IV. V.

VI. VII. VIII. IX.

2. Steuerrechtliche Beweggründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswirkungen des Transparenzregisters . . . . . . . . . . . . . . . Die stille Gesellschaft als Familiengesellschaft . . . . . . . . . . . Die stille Gesellschaft als Form der Mitarbeiterbeteiligung . 1. Die Beweggründe zur Mitarbeiterbeteiligung . . . . . . . . . . . 2. Die Formen der Mitarbeiterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Mitunternehmerschaft (atypische stille Gesellschaft) c) Die typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vermögensbeteiligungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die stille Publikumsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die stille Gesellschaft als Beteiligungsinstrument für den Venture-Capital-Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . .

2.11 2.16 2.18 2.24 2.24 2.27 2.27 2.29 2.33 2.37 2.45

18 19 21 23 23 24 24 24 26 27 29

.

2.46

30

. .

2.48 2.51

30 31

3.1 3.8 3.8 3.20 3.29 3.30 3.32 3.36 3.39 3.46 3.50 3.54 3.59 3.60 3.67

33 35 35 38 41 42 43 46 47 48 49 50 52 52 55

§ 3 Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht I. Die Wurzeln der stillen Gesellschaft . II. Ausländisches Recht . . . . . . . . . . . . 1. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Liechtenstein . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Luxemburg . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Griechenland . . . . . . . . . . . . . . . 11. Anglo-amerikanischer Rechtskreis 12. Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . .

X

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Inhaltsverzeichnis

I. Teil: Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht Rz. Seite

§ 4 Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft I. Der Begriff der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Wesen der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die stille Gesellschaft als echte Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . 2. Die stille Gesellschaft als Innengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die stille Gesellschaft als Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . III. Die Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . 1. Die typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Atypische Formen der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . a) Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft . . . . . . . . . b) Die stille Gesellschaft mit Vermögensbeteiligung des Stillen c) Die stille Gesellschaft mit Geschäftsführungsbeteiligung des Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die atypische stille Gesellschaft i.S. des Steuerrechts . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4.1 4.6 4.6 4.10 4.17 4.24 4.25 4.26 4.27 4.28

57 59 59 60 62 64 65 65 65 66

4.32 4.33 4.34

67 68 68

.

5.1

70

. . . . . . . .

5.2 5.4 5.5 5.6 5.8 5.16 5.16 5.20

71 71 72 72 72 74 74 76

. . . . .

5.21 5.32 5.38 5.39 5.49

76 79 82 83 86

§ 5 Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten I. Stille Gesellschaft und andere Formen der internen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Stille Gesellschaft i.S. von §§ 230 ff. HGB und stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stille Gesellschaft und Geschäfte auf gemeinsame Rechnung . 3. Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . II. Stille Gesellschaft und Gesellschaft des bürgerlichen Rechts . III. Stille Gesellschaft und Personenhandelsgesellschaften . . . . . . IV. Partiarische Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff und Wesen der partiarischen Verträge . . . . . . . . . . . 2. Das partiarische Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung der Unterscheidung zwischen partiarischem Darlehen und stiller Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterscheidungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Genussrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der partiarische Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Partiarische Miet-, Pacht- und Verlagsverträge . . . . . . . . . . .

XI

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

V. Kommissionsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Stille Gesellschaft und Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.52 5.54 5.58

87 88 89

6.1 6.1 6.4 6.5 6.12

91 91 92 92 95

6.12 6.13 6.14 6.15 6.16 6.17 6.17 6.17

95 95 96 97 97 98 98 98

6.18 6.23 6.24 6.27 6.29 6.30 6.31 6.35

98 100 100 102 103 104 104 106

6.36 6.37 6.37 6.38 6.39 6.39 6.40 6.41 6.42 6.43 6.44 6.45

107 107 107 107 108 108 108 109 109 109 109 110

§ 6 Die beteiligten Personen I. Der Inhaber des Handelsgewerbes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Natürliche Personen als Geschäftsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . a) Gewerbeeigenschaft des betriebenen Unternehmens . . . . . b) Handelsgewerbeeigenschaft des betriebenen Unternehmens aa) Handelsgewerbe kraft Unternehmenszuschnitts nach § 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Handelsgewerbe kraft Eintragung nach § 2 HGB . . . . . cc) Handelsgewerbe kraft Eintragung nach § 3 HGB . . . . . dd) Handelsgewerbe kraft Eintragung nach § 5 HGB . . . . . c) Betreibereigenschaft des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . 3. Gesellschaften als Geschäftsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Handelsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Personenhandelsgesellschaften kraft Betriebs eines Handelsgewerbes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) EWIV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Genossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit . . . . . . . . . . . . . d) Gesellschaften in Liquidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Europäische Auslandsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Erbengemeinschaften als Geschäftsinhaber . . . . . . . . . . . . . . 5. Juristische Personen des öffentlichen Rechts als Geschäftsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der stille Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beteiligungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Natürliche Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Körperschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gesellschaften in Liquidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Gesellschafter von still beteiligten Gesellschaften . . . . . c) Stiftungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erbengemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Juristische Personen des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . XII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

2. Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen . . . . . . . . . . . . a) Verschiedenheit von Geschäftsinhaber und Stillem . . . . . . b) Stille Beteiligung an mehreren Handelsgewerben und an Teilen eines Handelsgewerbes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Status des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Mehrheit von still Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unmittelbare Beteiligung mehrerer stiller Gesellschafter an einem Handelsgewerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Mehrheit von unverbunden zweigliedrigen stillen Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Mehrheit von verbunden zweigliedrigen stillen Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Mehrgliedrige stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mittelbare Beteiligung mehrerer Gesellschafter an einem Handelsgewerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beteiligung mehrerer über eine still beteiligte BGB-Außengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unterbeteiligung an einer stillen Beteiligung . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6.47 6.47

110 110

6.50 6.53 6.54 6.55

112 113 113 114

6.55

114

6.55

114

6.57 6.61

115 116

6.62

117

6.62 6.63 6.64

117 118 118

. . . . . . . . . . .

7.1 7.1 7.3 7.6 7.6 7.7 7.10 7.15 7.18 7.31 7.31

120 120 122 122 122 123 124 125 126 131 131

. . . . . . . .

7.36 7.38 7.43 7.44 7.45 7.46 7.50 7.50

132 133 134 134 135 135 136 136

§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters I. Die Pflicht zur Beitragsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beitrag und Einlageleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umfang der Beitragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Erbringung der Beitragsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Arten der Beitragsleistung und ihre rechtliche Behandlung . . a) Beitragsleistung durch bilanzierungsfähige Einlage . . . . . aa) Persönliche Leistung einer Geldeinlage . . . . . . . . . . . bb) Persönliche Leistung einer Sacheinlage . . . . . . . . . . . cc) Schenkweise Einbuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beitragsleistung durch nicht bilanzierungsfähige Beiträge . aa) Gebrauchsüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einbringung eines Vermögensgegenstandes dem Werte nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Einräumung eines Geld- oder Warenkredits . . . . . . . ee) Unterlassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Immaterielle Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zeitpunkt der Beitragsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Störungen der Beitragsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzwidrigkeit oder Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . .

XIII

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b) Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Mängelgewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Sonstige Pflichtverletzungen des stillen Gesellschafters . . f) Störungen von Seiten des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . III. Die Folgen der Beitragsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begründung des Beteiligungsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . 2. Gutschrift auf dem Einlagekonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung der Gutschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Höhe der Gutschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsatz der freien Bewertung der Beitragsleistung bb) Über- und Unterbewertung der Beitragsleistung . . . cc) Probleme bei der Bewertung der Beitragsleistung . . . c) Variables Einlagekonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einlage und Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . .

7.51 7.54 7.56 7.59 7.60 7.61 7.61 7.65 7.65 7.68 7.68 7.70 7.74 7.78 7.80 7.84

136 137 137 139 139 139 139 140 140 141 141 142 143 144 145 146

I. Die Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff der Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Möglichkeiten der Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konzernrechtliche Voraussetzungen der Gewinnbeteiligung . a) Anwendbarkeit der konzernrechtlichen Sonderregelungen aa) Objektive Anwendbarkeit der §§ 291 ff. AktG auf die stille Gesellschaft als Gewinnabführungsvertrag . . . . . bb) Subjektive Anwendbarkeit der §§ 291 ff. AktG – Geltung für AG und KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfolgen der Anwendbarkeit der §§ 291 ff. AktG . . . . aa) Notwendigkeit der Zustimmung der Hauptversammlung zum schriftlichen stillen Gesellschaftsvertrag . . . bb) Notwendigkeit der Handelsregistereintragung . . . . . . cc) Höchstgrenze der Gewinnabführung . . . . . . . . . . . . . dd) Kollision von Gewinnabführungsvertrag und stiller Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Verlustbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausschluss der Verlustbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Möglichkeiten der Verlustbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Mehrstufiges Verfahren: Ermittlung, Verteilung und Ausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ermittlung der Bemessungsgrundlage (Ertragsermittlung) . . .

. . . . .

8.1 8.2 8.8 8.18 8.18

150 150 152 155 155

.

8.18

155

. .

8.22 8.25

157 159

. . .

8.25 8.30 8.31

159 162 163

. . . .

8.35 8.37 8.37 8.40

165 166 166 167

. .

8.42 8.46

167 169

§ 8 Gewinn- und Verlustbeteiligung

XIV

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

a) Gesetzliche Regelung – interne Rechnungslegung als Grundlage der Ergebnisberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vereinbarungen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage aa) Die Berechnung von Gewinn und Verlust in der Vertragspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausgangspunkt: Jahresüberschuss der Handels- oder Steuerbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Handelsbilanzgewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bilanzgewinn und -verlust im Sinne von § 268 Abs. 1 Satz 1 HGB als Bemessungsgrundlage . . . . (3) Steuerbilanzgewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Durchführung der Ertragsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bemessungsgrundlage bei typisch stiller Beteiligung . . bb) Unterschiede der Gewinnberechnung bei typischer und atypischer stiller Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ertragsberechnung bei der atypischen stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ertragsberechnung bei der stillen Publikumsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ertragsberechnung bei der typischen stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Jahresergebnis des Inhabers als Grundlage für die Gewinnberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Feststellung der Ergebnisberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bestimmung des Verteilungsschlüssels (Ertragsverteilung) . . . a) Gewinnverteilungsschlüssel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verlustverteilungsschlüssel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Auszahlung des Gewinnanteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Auszahlungsanspruch des stillen Gesellschafters . . . . . b) Auszahlungsanspruch und Einlage des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8.46 8.50

169 170

8.50

170

8.52 8.53

171 171

8.56 8.60 8.72 8.72

172 176 179 179

8.79

181

8.80

182

8.82

183

8.84

183

8.91 8.94 8.100 8.100 8.107 8.112 8.112

187 188 190 190 192 194 194

8.121 8.128

196 198

9.1 9.1 9.3 9.4 9.8 9.8 9.8 9.18

202 202 202 203 205 205 205 205

§ 9 Errichtung der stillen Gesellschaft I. Errichtung durch Gesellschaftsvertrag . . . . . . . 1. Bedeutung des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . 2. Wesentlicher Inhalt des Gesellschaftsvertrags . 3. Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrags . . . . . . 4. Abschluss des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . a) Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundkonstellation . . . . . . . . . . . . . . bb) Besondere Konstellationen . . . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

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XV

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b) Vorvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Konsensbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zeitpunkt des Wirksamwerdens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Mängel des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Formmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Formerfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundstücksbezogene Verpflichtungen . . . . . . . . . . (2) Schenkungsversprechen und Verfügungen von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Sonstige bedeutsame Formerfordernisse . . . . . . . . . bb) Rechtsfolgen von Formmängeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Willensmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Inhaltsmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verstöße gegen zwingende Vorschriften des Gesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verstöße gegen die guten Sitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verstöße gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Widerruf des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Besonderheiten der Errichtung durch Vertreter . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Probleme des Vertragsschlusses durch Stellvertreter a) Missbrauch der handelsrechtlichen Vertretungsmacht . . . . . b) Insichgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Vertragsschluss unter Mitwirkung gesetzlicher Vertreter . . a) Fälle der notwendigen Mitwirkung eines gesetzlichen Vertreters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesellschafterstellung von geschäftsunfähigen natürlichen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesellschafterstellung von beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gesellschafterstellung von Betreuten unter Einwilligungsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besondere Anforderungen an die Mitwirkung eines gesetzlichen Vertreters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bestellung eines Ergänzungspflegers . . . . . . . . . . . . . . . bb) Genehmigung des Familiengerichts . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Vertragsschluss durch Vertreter kraft Amtes . . . . . . . . . . . 4. Der Vertragsschluss durch rechtsgeschäftliche Vertreter . . . . . . a) Anwendungsbereich der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertretung speziell durch Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Der Vertragsschluss durch organschaftliche Vertreter . . . . . . . . XVI

9.20 9.21 9.23 9.24 9.24 9.24 9.25

206 207 207 208 208 208 208

9.27 9.28 9.29 9.30 9.31

209 210 211 211 212

9.31 9.32

212 212

9.33 9.34 9.35 9.35 9.35 9.39 9.40

212 213 214 214 214 216 216

9.40

216

9.40

216

9.41

217

9.44

218

9.45 9.45 9.46 9.54 9.55

218 218 219 223 223

9.55

223

9.56 9.58

223 224

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

a) Vertragsschluss durch eine AG oder KGaA . . . . . . . . . . . aa) Die AG oder KGaA als Geschäftsinhaberin . . . . . . . . bb) Die AG oder KGaA als stille Gesellschafterin . . . . . . b) Vertragsschluss durch eine GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die GmbH als Geschäftsinhaberin . . . . . . . . . . . . . . bb) Die GmbH als stille Gesellschafterin . . . . . . . . . . . . . c) Vertragsschluss durch eine Genossenschaft . . . . . . . . . . . aa) Die Genossenschaft als Geschäftsinhaberin . . . . . . . . bb) Die Genossenschaft als stille Gesellschafterin . . . . . . d) Vertragsschluss durch eine Personenhandelsgesellschaft . . aa) Die Personenhandelsgesellschaft als Geschäftsinhaberin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Personenhandelsgesellschaft als stille Gesellschafterin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vertragsschluss durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Vertragsschluss durch eine Gesellschaft in Liquidation . . . g) Vertragsschluss durch eine Erbengemeinschaft . . . . . . . . III. Wirtschaftsrechtliche Errichtungsschranken . . . . . . . . . . . . . 1. Gewerbe- und berufsrechtliche Errichtungsschranken . . . . . a) Stille Beteiligungen an Apotheken . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stille Beteiligungen an Rechtsberatungsunternehmen . . . . c) Stille Beteiligungen an Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sonstige gewerberechtliche Einschränkungen . . . . . . . . . 2. Finanzmarktrechtliche Errichtungsschranken . . . . . . . . . . . 3. Kartellrechtliche Errichtungsschranken . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendbares Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stille Gesellschaft und Kartellverbot . . . . . . . . . . . . . . . . c) Stille Gesellschaft und Fusionskontrolle . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

9.58 9.58 9.60 9.61 9.61 9.63 9.64 9.64 9.65 9.66

224 224 225 225 225 226 227 227 227 227

.

9.66

227

.

9.71

229

. . . . . . .

9.73 9.74 9.75 9.76 9.76 9.77 9.78

230 230 230 230 230 231 231

. . . . . . . .

9.79 9.80 9.81 9.82 9.82 9.83 9.87 9.88

232 233 233 233 233 234 235 235

. . . . . .

10.1 10.4 10.5 10.6 10.13 10.15

237 238 238 238 240 241

.. ..

10.17 10.21

241 242

§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags I. Der Mindestinhalt des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . II. Der sonstige Inhalt des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . 1. Firma, Sitz und Gegenstand des Unternehmens . . . . . . . . . a) Die Firma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Gegenstand des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Sitz des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Informations-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beitragsleistung, Gewinn- und Verlustbeteiligung . . . . . . .

. . . . . .

XVII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Auseinandersetzungsguthaben, schwebende Geschäfte . . . Übertragung der Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dauer der stillen Gesellschaft, Kündigung . . . . . . . . . . . . Geheimhaltung der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . Gewährung von Sicherheiten an den stillen Gesellschafter Vereinbarung eines Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . Regelung der Erbfolge beim Tode des Inhabers . . . . . . . . a) Die erbrechtliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die gesellschaftsvertragliche Regelung . . . . . . . . . . . . 11. Weitere Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . .

10.23 10.29 10.40 10.41 10.43 10.44 10.55 10.55 10.62 10.65 10.66

243 246 248 249 249 249 252 252 253 254 254

.. ..

11.1 11.5

256 260

.. .. ..

11.5 11.6 11.12

260 260 264

. . . . . . . .

. . . . . . . .

11.19 11.20 11.23 11.24 11.26 11.27 11.28 11.33

269 269 271 272 273 274 274 275

.....

12.1

277

. . . . . .

12.2 12.2 12.2 12.2 12.5 12.6

278 278 278 278 279 280

§ 11 Mängel des Gesellschaftsvertrags I. Die Lehre von der Gesellschaft mit fehlerhafter Vertragsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der fehlerhafte stille Gesellschaftsvertrag im Besonderen . . . 1. Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf die stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grenzen der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzes- und Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verstoß gegen berufsrechtliche Regelungen . . . . . . . . . . c) Minderjährigenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Arglistige Täuschung und widerrechtliche Drohung . . . . e) Fehlende Gesellschaft und Scheingesellschaft . . . . . . . . . 3. Anwendbare Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 12 Geschäftsführung I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Geschäftsführungsbezogene Rechte und Pflichten des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Recht und Pflicht zur Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . a) Recht und Pflicht zum Betrieb des Handelsgewerbes . aa) Übernahme der Geschäftsinhaberschaft . . . . . . . bb) Aufnahme der Geschäftstätigkeit . . . . . . . . . . . . cc) Vornahme von Inhabergeschäften . . . . . . . . . . . XVIII

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

dd) Erhaltung der Grundlagen des Handelsgeschäfts . . . . ee) Fortführung des Handelsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . b) Recht und Pflicht zur sonstigen Geschäftsführung . . . . . . c) Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis . . . . . . . . . d) Entzug der Geschäftsführungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . e) Vergütung der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Folgen pflichtwidriger Geschäftsführungsmaßnahmen . . . 2. Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsgrund der Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhalt der Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeine Pflicht zur Zweckförderung und Rücksichtnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Pflicht zur zweckentsprechenden Verwendung der Beitragsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wettbewerbsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Geschäftsführungsbezogene Rechte und Pflichten des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Recht und Pflicht zur Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erfordernis einer vertraglichen Vereinbarung . . . . . . . . . b) Vertretung durch den stillen Gesellschafter . . . . . . . . . . . c) Entzug der vertraglich übertragenen Geschäftsführungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vergütung der vertraglich übertragenen Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Haftung für pflichtwidrige Geschäftsführungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kontrollrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verfügbarkeit der Kontrollrechte . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unübertragbarkeit der Kontrollrechte . . . . . . . . . . . cc) Gestaltbarkeit der Kontrollrechte . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelne gesetzliche Kontrollrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das ordentliche Informationsrecht nach § 233 Abs. 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das außerordentliche Informationsrecht nach § 233 Abs. 3 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Kontrolle von Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . dd) Weitere gesetzliche Kontrollrechte . . . . . . . . . . . . . . 4. Zustimmungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendungsbereich des Zustimmungserfordernisses . . . . b) Modalitäten und Wirkungen der Zustimmung . . . . . . . . c) Missachtung des Zustimmungserfordernisses . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

12.7 12.13 12.18 12.20 12.22 12.23 12.26 12.29 12.29 12.30

280 282 284 285 286 286 287 289 289 289

.

12.30

289

. .

12.32 12.33

290 291

. . . .

12.36 12.36 12.36 12.37

292 292 292 293

.

12.38

293

.

12.39

294

. . . . . . . .

12.40 12.41 12.43 12.43 12.43 12.44 12.45 12.47

294 294 296 296 296 297 297 298

.

12.47

298

. . . . . . .

12.50 12.53 12.60 12.61 12.61 12.63 12.64

300 301 304 304 304 305 305 XIX

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

5. Haftung des stillen Gesellschafters für die im Handelsgewerbe begründeten Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12.65 12.68

306 307

13.1 13.1 13.4 13.5 13.6

310 310 312 313 313

13.12

315

13.16 13.16 13.21

316 316 317

13.24

319

13.36 13.40 13.43 13.44 13.50

324 325 326 326 328

13.52

329

13.65 13.65 13.66 13.67 13.68 13.69

333 333 333 334 334 334

13.70 13.73 13.75

334 335 336

13.79

337

§ 13 Buchführung und Jahresabschluss I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abgrenzung zur internen Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . 3. Behandlung im Überschuldungsstatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die steuerliche Gesamtbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Keine handelsrechtliche Rechnungslegungspflicht der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die stille Gesellschaft in der Rechnungslegung des Inhabers nach HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Buchführungs- und Bilanzierungspflicht des Inhabers . . . . . . . 2. Passivierung der stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abgrenzung eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen von stillen Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bilanzierung stiller Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bilanzierung eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen . . . 3. Aktivierung der Beitragsleistung des stillen Gesellschafters . . . a) Aktivierungsfähigkeit des Beitrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewertung der Einlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bilanzielle Behandlung von Gewinnen, Verlusten und Entnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die stille Gesellschaft in der Gewinn- und Verlustrechnung sowie im Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Typisch stille Gesellschaft mit Fremdkapitalcharakter . . . . . b) Atypisch stille Gesellschaft mit Eigenkapitalcharakter . . . . . 6. Ergebnisänderungen aufgrund Betriebsprüfung . . . . . . . . . . . a) Handelsbilanz als Ergebnisverteilungsmaßstab . . . . . . . . . . b) Steuerbilanz als Ergebnisverteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . 7. Bilanzieller Ausweis von Abfindungszahlungen an atypische stille Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Steuerbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Handelsbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die stille Gesellschaft in der Rechnungslegung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XX

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

1. Buchführungs- und Bilanzierungspflicht des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aktivierung der Mitgliedschaft in der stillen Gesellschaft . . . 3. Die stille Gesellschaft in der Gewinn- und Verlustrechnung sowie im Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Behandlung der stillen Gesellschaft nach IFRS/IAS . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bilanzierungsgrundsätze nach IFRS/IAS . . . . . . . . . . . . . 2. Erfassung der stillen Beteiligung in der Rechnungslegung des Inhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bilanzierung nach IAS 32 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) IAS 32-Amendment (IAS 32.16A und 16B) . . . . . . . . . . . c) Bewertung der Einlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erfassung der stillen Beteiligung in der Rechnungslegung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Angaben im Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. .

13.79 13.80

337 338

. . . . .

13.87 13.89 13.89 13.89 13.91

340 341 341 341 342

. 13.93 . 13.94 . 13.99 . 13.105

343 343 345 347

. 13.107 . 13.108 . 13.109

348 348 348

§ 14 Auflösung der stillen Gesellschaft I. Das Wesen der Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Auflösungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auflösung durch Vereinbarung der Gesellschafter . . . . . . . 2. Zeitablauf, Bedingungseintritt, Erreichen und Unmöglichwerden des Zwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ablauf der im Gesellschaftsvertrag festgelegten Zeit . . . . b) Eintritt einer im Gesellschaftsvertrag vereinbarten auflösenden Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erreichen des vereinbarten Zwecks (§ 726 BGB) . . . . . . d) Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks (§ 726 BGB) 3. Kündigung (§ 234 Abs. 1 HGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die ordentliche Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die außerordentliche Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kündigung durch einen Privatgläubiger des stillen Gesellschafters (§§ 234, 135 HGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Tod oder Todeserklärung eines Gesellschafters, Auflösung von Handelsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Tod des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tod des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Auflösung von Inhaber-Handelsgesellschaften . . . . . . . .

.. .. ..

14.1 14.8 14.10

350 352 353

.. ..

14.11 14.11

353 353

. . . . . .

. . . . . .

14.13 14.14 14.15 14.20 14.21 14.30

353 354 354 355 355 358

..

14.39

360

. . . .

14.42 14.42 14.49 14.58

361 361 363 365

. . . .

XXI

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

6. Insolvenz eines Gesellschafters (§ 728 BGB) . . . . . . . . . . . . . . 7. Sonstige mögliche Auflösungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14.62 14.66 14.73

366 368 369

. . . . . . .

15.1 15.1 15.15 15.17 15.17 15.21 15.22

371 371 379 379 379 381 382

. . . . . . . . . . . . . .

15.30 15.32 15.34 15.37 15.40 15.42 15.45 15.50 15.53 15.53 15.61 15.63 15.64 15.64

385 386 387 388 388 389 391 393 393 393 395 396 397 397

. .

15.69 15.77

398 400

. . . . .

16.1 16.6 16.7 16.10 16.12

403 404 404 405 406

§ 15 Auseinandersetzung I. Begriff und Wesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zeitpunkt der Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Auseinandersetzungsguthaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens . . . . . . . . . . . 2. Höhe des Auseinandersetzungsguthabens . . . . . . . . . . . . . . . a) Höhe bei typischen stillen Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . b) Höhe bei atypischen stillen Beteiligungen mit schuldrechtlicher Vermögensbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonderfälle der Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Dienstleistungen als Beitrag des stillen Gesellschafters . . . . b) Sachleistungen als Beitrag des stillen Gesellschafters . . . . . III. Auszahlungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fälligkeit des Auseinandersetzungsanspruchs . . . . . . . . . . . . 2. Durchsetzung des Auseinandersetzungsanspruchs . . . . . . . . . 3. Kontrollrechte des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . IV. Das passive Einlagekonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliche Bedeutung als Auszahlungssperre . . . . . . . . . 2. Gewinnunabhängige Ausschüttungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vertragliche Sonderregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Abwicklung schwebender Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff der schwebenden Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beteiligung des stillen Gesellschafters am Ergebnis schwebender Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 16 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auflösung der stillen Gesellschaft durch Insolvenz . . a) Auflösung durch Insolvenz des Geschäftsinhabers b) Auflösung durch Insolvenz des Stillen . . . . . . . . . 2. Insolvenzgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXII

. . . . .

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. . . . .

. . . . .

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Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

3. Berücksichtigung stiller Beteiligungen in der Überschuldungsbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die stille Beteiligung als Fremdkapital . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter . . . . . . . . . . c) Die „eigenkapitalersetzende“ stille Beteiligung mit Nachrang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesetzlicher Nachrang der stillen Beteiligung nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vertraglicher Nachrang der stillen Beteiligung nach § 39 Abs. 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Altfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Insolvenzantragspflicht des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . 5. Anwendbarkeit der Vorschriften über nachrangige Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Insolvenz des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Durchführung der Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . . b) Höhe des Auseinandersetzungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . c) Auseinandersetzungsguthaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ansprüche des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anspruch auf Rückzahlung der stillen Einlage . . . . . . . . . . . aa) Die stille Beteiligung mit Fremdkapitalcharakter . . . . . . bb) Die stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter . . . . . . cc) Die eigenkapitalersetzende stille Beteiligung . . . . . . . . . dd) Der stille Gesellschafter im Insolvenzplanverfahren . . . b) Schadensersatz für den Verlust der stillen Einlage . . . . . . . . 3. Ansprüche gegen den stillen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine Haftung gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anspruch des Geschäftsinhabers auf Einzahlung rückständiger Einlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die stille Beteiligung mit Fremdkapitalcharakter . . . . . . bb) Die stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter . . . . . . cc) Die eigenkapitalersetzende stille Beteiligung . . . . . . . . . 4. Die Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Sonderregelung des § 136 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unabdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verhältnis zu anderen Anfechtungsregeln . . . . . . . . . . cc) Voraussetzungen der besonderen Insolvenzanfechtung gemäß § 136 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Vorliegen einer stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens . . . . . . . ff) Besondere Vereinbarung zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

16.15 16.16 16.18

407 407 407

16.23

409

16.24

410

16.27 16.34 16.35

411 413 413

16.37 16.45 16.45 16.45 16.51 16.54 16.55 16.56 16.56 16.61 16.64 16.74 16.76 16.77 16.77

414 418 418 418 420 421 422 422 422 424 424 427 428 428 428

16.80 16.80 16.86 16.88 16.90 16.96 16.97 16.98

429 429 430 431 432 433 434 434

16.100 16.101 16.102

434 435 435

16.103

435 XXIII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

gg) Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . hh) Ausschluss der Anfechtbarkeit . . . . . . . . . . . . . . b) Die Durchführung der Insolvenzanfechtung . . . . . . . . c) Rückforderungsansprüche bei stillen Beteiligungen als Surrogat für Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . aa) Innerhalb des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . bb) Außerhalb des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . III. Insolvenz des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . 16.112 . . . . 16.113 . . . . 16.121

437 437 440

. . . . .

16.124 16.124 16.127 16.130 16.133

441 441 443 444 445

17.1

448

17.1

448

17.2 17.3 17.5

448 449 450

17.6

450

17.10 17.11

452 452

17.11 17.12 17.14 17.17 17.24 17.25

452 453 454 455 457 458

17.28

459

17.34 17.35 17.36

462 462 462

17.36 17.39 17.41

462 463 464

. . . . .

. . . . .

. . . . .

§ 17 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung I. Die stille Gesellschaft und die Umwandlung des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Stille Gesellschaft und Einzelübertragung des Unternehmens des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mitwirkungsbedürftigkeit des stillen Gesellschafters zur Übertragung des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Übergang der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Haftung des Erwerbers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zustimmungsbedürftigkeit der Übertragung im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Beteiligung des stillen Gesellschafters am Veräußerungsgewinn der Unternehmensübertragung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stille Gesellschaft und Verschmelzung des Geschäftsinhabers . a) Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übertragenden Rechtsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die prinzipielle Übertragbarkeit der stillen Beteiligung . bb) Informationspflichten des Geschäftsinhabers . . . . . . . . cc) Zustimmungsbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Rechtslage bei Zustimmung des Stillen . . . . . . . . . ee) Die Rechtslage bei fehlender Zustimmung des Stillen . . ff) Rechtsformabhängiges Zustimmungserfordernis des übernehmenden Rechtsträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stille Gesellschaft und Spaltung des Geschäftsinhabers . . . . . . a) Stille Beteiligung am übertragenden Rechtsträger . . . . . . . . aa) Die prinzipielle Übertragbarkeit der stillen Beteiligung in der Spaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Information des Stillen und Zustimmungsbedürftigkeit b) Stille Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger . . . . . . .

XXIV

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

II.

III.

IV. V.

VI.

4. Stille Beteiligung und Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Handelsgesellschaft . . . . . . . . . 5. Stille Gesellschaft und Formwechsel des Geschäftsinhabers . . a) Formwechsel im Anwendungsbereich des Umwandlungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Im Umwandlungsgesetz nicht geregelte Formwechsel . . . Die Umwandlung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . 1. Umwandlung mit Universalsukzession . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Formwechsel des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . Die Umwandlung der stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Gesellschaftsanteil an der Inhabergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Personengesellschaftsanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Kapitalgesellschaftsanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Wechsel zwischen typischer und atypischer stiller Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Umwandlung eines Gesellschaftsanteils in eine stille Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die stille Gesellschaft in der grenzüberschreitenden Umwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Formwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. .

17.42 17.43

464 464

. . . . . .

17.44 17.49 17.52 17.53 17.55 17.56

464 466 467 468 468 469

.

17.57

469

.

17.58

469

.

17.59

470

.

17.61

471

.

17.62

471

. . . . .

17.64 17.64 17.66 17.67 17.69

471 471 473 473 474

. . . . . . . . . . .

18.1 18.10 18.15 18.22 18.27 18.30 18.30 18.30 18.39 18.41 18.41

478 482 484 487 489 490 490 490 494 495 495

§ 18 Die stille Publikumsgesellschaft I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff und Zulässigkeit der stillen Publikumsgesellschaft 2. Geschichtliche Entwicklung und Perspektive . . . . . . . . . 3. Die geeignete Rechtsform für Publikumsgesellschaften . . 4. Emission am „grauen Kapitalmarkt“ . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Sonderrecht der stillen Publikumsgesellschaft . . . . . 1. Die Errichtung der stillen Publikumsgesellschaft . . . . . . a) Gestaltungsvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beitritt zu einer stillen Publikumsgesellschaft . . . . . . c) Der Gesellschaftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . .

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XXV

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bb) Auslegung und Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . d) Binnenorganisation der stillen Publikumsgesellschaft . . . . e) Die stille Publikumsgesellschaft auf fehlerhafter Vertragsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausgangsüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Folgen bei zweigliedriger Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Folgen bei Mehrgliedrigkeit des Gesellschaftsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Der Abschluss stiller Beteiligungen außerhalb von Geschäftsräumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene Verträge nach §§ 312b, 312g BGB . . . . . . . . . . . . . . . bb) Widerruf nach §§ 355 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Höhe des Rückgewähranspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . g) Der finanzierte Beteiligungserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das verbundene Geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nicht verbundene Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verstöße gegen Aufklärungspflichten . . . . . . . . . . . . h) Stellvertretung und Verbraucherschutz . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausgestaltung der Gesellschaftsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechte und Pflichten der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . aa) Einlagepflicht des Anlegers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Informations- und Kontrollrechte der stillen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftungsverfassung der stillen Publikumsgesellschaft . . . . 3. Ausscheiden des Anlegers und Abwicklung des stillen Gesellschaftsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Insolvenz eines Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kündigung des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kündigung durch den Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Liquidationsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Auseinandersetzung und Abfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vereinbarung von Abfindungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . b) Inhaltskontrolle der Abfindungsvereinbarung . . . . . . . . . III. Anlegerschutz im Recht der Publikumsgesellschaft . . . . . . . . 1. Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . b) Spezialgesetzliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Neuregelung durch das Vermögensanlagengesetz und das Kapitalanlagegesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXVI

.

18.42

495

. .

18.45 18.46

496 497

. .

18.51 18.52

499 499

.

18.54

501

.

18.57

503

.

18.61

505

. . . . . . . . . . .

18.61 18.65 18.66 18.71 18.71 18.76 18.78 18.79 18.82 18.82 18.83

505 507 507 509 509 512 513 514 515 515 515

. .

18.84 18.88

516 517

. . . . . . . . . . . .

18.91 18.92 18.93 18.99 18.107 18.108 18.114 18.116 18.120 18.121 18.123 18.131

519 519 520 521 524 524 525 525 527 528 528 531

. 18.132

531

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

bb) Anwendungsbereich des VermAnlG und Abgrenzung zum KAGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verkaufsprospekt und Vermögensanlagen-Informationsblatt nach dem VermAnlG . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ausnahmen und Befreiungen nach dem VermAnlG . . ee) Haftungsvoraussetzungen nach dem VermAnlG . . . . . 2. Aufsichtsrechtliche Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Stille Beteiligungen als Einlagengeschäft . . . . . . . . . . . . . . b) Stille Beteiligungen als Kreditgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18.136

533

18.145 18.155 18.158 18.166 18.168 18.173 18.174

535 537 538 541 542 544 545

19.1

548

. . . . . . . . . . . . .

19.4 19.4 19.9 19.10 19.15 19.16 19.16 19.18 19.19 19.19 19.21 19.25 19.26

549 549 550 550 552 553 553 554 554 554 555 556 556

....

20.1

560

. . . .

20.5 20.5 20.9 20.9

562 562 563 563

§ 19 Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vor 2012 begebene stille Beteiligungen während der Übergangszeit bis Ende 2021 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Qualifikation als Kernkapital nach KWG a.F. . . . . . . 2. Qualifikation als Ergänzungskapital nach KWG a.F. . 3. Steuerliche Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ab dem 1.1.2014 emittierte hybride Instrumente . . . 1. Hartes Kernkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufsichtsrechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . b) Steuerliche Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zusätzliches Kernkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufsichtsrechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . b) Steuerliche Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergänzungskapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

....... . . . . . . . . . . . . .

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. . . . . . . . . . . . .

II. Teil: Die Besteuerung der stillen Gesellschaft § 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft I. Die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften . II. Steuerliche Einordnung und Anerkennung eines Rechtsverhältnisses als stille Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Maßgeblichkeit des Zivilrechts für das Steuerrecht . . . . . 2. Unwirksame Gesellschaftsverträge/Treuhandfälle . . . . . . a) Begriff des Scheingeschäfts gemäß § 41 Abs. 2 AO . . .

. . . .

. . . .

. . . .

XXVII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

III.

IV.

V. VI.

b) Unwirksame und rückwirkend geänderte Gesellschaftsverträge (§§ 38, 41 Abs. 1 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Treuhandfälle (§ 39 Abs. 2 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nebeneinander von Rechtsverhältnissen zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zuordnung von Vergütungen zu den verschiedenen Einkunftsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abgrenzung von Arbeitslohn und Einkünften aus Kapitalvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) GmbH & (a)typisch Still/Personengesellschaft & (a)typisch still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Streit um das Vorliegen der stillen Gesellschaft im Veranlagungs- und Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verfahrensrechtliche Anknüpfungspunkte . . . . . . . . . . . . . b) Verdeckte Innengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Umqualifizierung eines Rechtsverhältnisses in einen Gesellschaftsvertrag über eine typisch stille Beteiligung . . . . . . . . d) Streit um die Einkünftezurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Gestaltungsmissbrauch, § 42 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 42 AO a.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 42 AO in der aktuellen Fassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Unterscheidung von typischer und atypischer stiller Gesellschaft im Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die atypische stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft . . . . 1. Voraussetzung der Mitunternehmerstellung des Stillen . . . . . . 2. Sonderfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) GmbH & (a)typisch Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stille Beteiligung eines Kommanditisten an einer GmbH & Co. KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuerliche Motive für die Begründung von stillen Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20.11 20.13

564 565

20.14

565

20.14

565

20.16

566

20.22

569

20.24 20.24 20.29

570 570 573

20.40 20.47 20.50 20.50 20.52

577 580 580 580 581

20.59 20.59 20.66 20.67 20.70 20.70 20.78 20.78

584 584 586 586 588 588 594 594

20.81

598

20.85 20.91

600 601

21.1

605

21.2

606

§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen (stille Familiengesellschaft, GmbH & Still) I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vertragsartenübergreifende Voraussetzungen der steuerlichen Anerkennung von Angehörigenverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . XXVIII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gestaltungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesetzliche Regelungen zu Angehörigenverträgen . . . . . . . c) Richterrechtliche Anerkennungsvoraussetzungen von Angehörigenverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bedeutung der zivilrechtlichen Wirksamkeit des Vertragsschlusses im Besonderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen der Nichtanerkennung eines Angehörigenvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnis der „Anerkennungsvoraussetzungen“ zu § 42 AO . III. Persönlicher Anwendungsbereich der Angehörigenrechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verträge zwischen natürlichen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mittelbare Angehörigenverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Anerkennung der stillen Familiengesellschaft als solche . . 1. Anerkennungsprüfung bei Gesellschaftsverträgen über stille Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Anwendung der Anerkennungskriterien bei der Vereinbarung einer stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Klare und eindeutige Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zivilrechtliche Wirksamkeit, Anwendbarkeit von § 41 Abs. 1 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fremdvergleich dem Inhalt nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abstrakter Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verfügungsrecht über die Rechtsposition aus der stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gewinn- und Verlustbeteiligung des Stillen . . . . . . . . d) Vertragsgemäße Durchführung des Gesellschaftsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Sonderproblem: Schenkung einer typischen Beteiligung mit Verlustausschluss durch den Inhaber . . . . . . . . . . . . . aa) Zivilrechtlich unwirksame Schenkung der Einlageforderung als Anerkennungsproblem . . . . . . . . . . . . . bb) Vorherige Schenkung der Mittel durch den Geschäftsinhaber, um die Einlage des stillen Gesellschafters zu leisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Folgen der Nichtanerkennung des Gesellschaftsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Anerkennung der Gewinn- und Verlustbeteiligung . . . . . a) Maßstab und Zeitpunkt der Angemessenheitsprüfung . . . . b) Die Angemessenheit der Gewinnverteilung im Einzelnen . . aa) Die geschenkte typisch stille Beteiligung . . . . . . . . . . . bb) Die typisch stille Beteiligung aus Eigenmitteln . . . . . . .

21.2 21.2 21.6

606 606 608

21.7

609

21.14

612

21.19 21.20

614 615

21.23 21.23 21.26 21.27

617 617 618 619

21.27

619

21.30 21.30

620 620

21.33 21.36 21.36

621 623 623

21.41 21.44

624 626

21.46

627

21.53

629

21.53

629

21.54

630

21.62 21.63 21.64 21.68 21.69 21.70

634 634 634 636 636 637 XXIX

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cc) Die geschenkte atypisch stille Beteiligung . . . . . . . . . . . dd) Die entgeltlich erworbene atypisch stille Beteiligung . . . ee) Die teilweise geschenkte Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Rechtsfolgen einer Nichtanerkennung der Gewinnverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die GmbH & Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Steuerliche Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verlusttransfer auf die Gesellschafterebene . . . . . . . . . bb) Thesaurierungsvorteile der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Anerkennung der GmbH & Still als solcher . . . . . . . . . . . a) Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses . . . . . . . . . . . . b) Erhöhte Anerkennungsvoraussetzungen bei beherrschenden Gesellschaftern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der von den erhöhten Anforderungen betroffene Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Anerkennungsvoraussetzungen im Einzelnen . . . . . . . . aa) Klare und eindeutige Vereinbarung, Üblichkeit . . . . . . bb) Zivilrechtliche Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Vertragsgemäße Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Folgen der Nichtanerkennung der stillen Beteiligung . . . . . 3. Die Anerkennung des Leistungsaustauschs und der Gewinnund Verlustbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtliche Korrekturmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) VGA im Leistungsaustausch zwischen GmbH & stillem Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) VGA aus dem Leistungsaustausch in der typisch stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) VGA aus dem Leistungsaustausch in der GmbH & atypisch Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) VGA aufgrund einer unangemessenen Gewinnverteilung . . aa) Gleiche Maßstäbe für GmbH & typisch Still und GmbH & atypisch Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Maßstäbe der Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Angemessenheitsgrenzen bei der Gewinnverteilung in der atypisch stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Rechtsfolgen einer unangemessenen Gewinnverteilung VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXX

21.71 21.72 21.73

637 638 638

21.74 21.76 21.76 21.76 21.78 21.78 21.81 21.83 21.84 21.85 21.85

638 639 639 639 640 640 641 641 642 642 642

21.87

643

21.89 21.94 21.95 21.99 21.101 21.102

643 645 646 647 648 648

21.103 21.103

648 648

21.113 21.113

651 651

21.114

651

21.115 21.118

652 653

21.118 21.120

653 655

21.129 21.130 21.134

658 659 660

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

§ 22 Einkommensteuer I. Die atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Gründung der atypisch stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . 2. Besteuerung laufender Geschäftsvorfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Subjektive Steuerpflicht der Mitunternehmer . . . . . . . . . . . . b) Gewinnanteile aus der atypisch stillen Gesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Behandlung der atypisch stillen Gesellschaft als gewerbliche Mitunternehmerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nur teilweise gewerbliche Tätigkeit: Die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die gewerbliche Prägung der GmbH & atypisch Still (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gewinnermittlung und Umfang des Betriebsvermögens der atypisch stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Freiwillige Gewinnermittlung im Wege einer Handelsund Steuerbilanz der atypisch stillen Gesellschaft . . . . . . bb) Einnahmenüberschussrechnung oder Betriebsvermögensvergleich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers als fiktives Gesamthandsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kapitalkonto und Ergänzungsbilanz des atypisch stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Sonderbetriebsvermögen des Geschäftsinhabers und des atypisch stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) GmbH-Beteiligung als Sonderbetriebsvermögen eines atypisch stillen Gesellschafters in der GmbH & Still . . . . f) Gewinnanteil und Sondervergütungen des atypisch stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Behandlung des Geschäftsführergehalts des Stillen bei der GmbH & Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Behandlung von Pensionszusagen auf Ebene der GmbH in der GmbH & atypisch Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Finanzierungsaufwendungen des stillen Gesellschafters und Zinsschranke nach § 4h EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Verlustanteile des atypisch stillen Gesellschafters . . . . . . . . . aa) Die Regelungen der § 10d EStG, § 15b EStG . . . . . . . . . bb) Beschränkung des Verlustabzugs bei stillen Gesellschaften an Kapitalgesellschaften nach § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Beschränkung des Verlustausgleichs nach § 15a EStG . . . i) Einlageminderung i.S. von § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG . . . . . . .

22.3 22.3 22.5 22.5

666 666 667 667

22.6

668

22.6

668

22.10

669

22.16

672

22.22

673

22.22

673

22.24

674

22.31

677

22.33

679

22.40 22.40

682 682

22.42

683

22.50 22.50

687 687

22.52

688

22.54

690

22.57 22.65 22.66

691 695 695

22.68 22.69 22.83

696 696 701 XXXI

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

j) Die Tarifbegünstigung des § 34a EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Besonderheiten bei einzelnen Formen der atypisch stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mitunternehmerschaft & atypisch Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Betriebsaufspaltung mit einer GmbH & atypisch Still . . . . . . . . . 4. Behandlung von Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs. 5 EStG) . . . . . b) Veräußerung des Anteils an einen neuen Gesellschafter . . . . . . . aa) Entgeltliche Veräußerung bei positivem Kapitalkonto des atypisch Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Behandlung beim Veräußerer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Exkurs: Nachträglicher Ausfall der Kaufpreisforderung . (3) Behandlung beim Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entgeltliche Veräußerung bei negativem Kapitalkonto des atypisch Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Behandlung beim ausscheidenden Gesellschafter . . . . . . (2) Behandlung beim Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils und Teilmitunternehmeranteils (§ 6 Abs. 3 EStG) . . . . . . . . . . . aa) Unentgeltlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Übertragung gegen Versorgungsleistungen . . . . . . . . . . . . . d) Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft gegen Abfindung des Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausscheiden gegen Barabfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausscheiden gegen eine Sachwertabfindung in das Privatvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ausscheiden gegen eine Sachwertabfindung in ein BV des Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Anwendung auf das Ausscheiden des atypisch stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Ausscheiden des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Besonderheiten bei der Auflösung einer GmbH & atypisch Still: Einbringung des Anteils an der atypisch stillen Gesellschaft in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Veräußerung des Geschäftsbetriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Steuerbegünstigungen der § 16 Abs. 4, § 34 EStG . . . . . . . . . . . . aa) Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sondertarife nach § 34 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Beteiligtenfähigkeit der atypisch stillen Gesellschaft . . . . . c) Einspruchs- und Klagebefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einspruchsbefugnis (§ 352 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXII

22.88

703

22.98 22.98 22.102 22.107 22.107 22.114

706 706 707 710 710 713

22.114 22.114 22.118 22.120

713 713 715 716

22.122 22.122 22.124

716 716 717

22.125 22.125 22.126

718 718 719

22.131 22.131

721 721

22.133

722

22.134

723

22.135 22.138

724 725

22.140 22.142 22.145 22.145 22.147 22.152 22.152 22.156 22.157 22.157

726 727 727 727 728 728 728 729 730 730

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

bb) Klagebefugnis (§ 48 Abs. 1 FGO) und Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG – sog. Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Steuerrechtliche Behandlung beim Inhaber des Handelsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Einkunftsart beim stillen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . a) Der Gewinnanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besonderheit: Mehrgewinne aufgrund Betriebsprüfung . . . . aa) Handelsbilanz als Gewinnverteilungsmaßstab . . . . . . . . bb) Steuerbilanz als Gewinnverteilungsmaßstab . . . . . . . . . c) Das Zufließen des Gewinnanteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Stille Beteiligung im Privatvermögen . . . . . . . . . . . . . . bb) Stille Beteiligung im Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . cc) Sonderfragen des Zuflusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gewinne aus Auflösung der typisch stillen Gesellschaft und Veräußerung der Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gewinne aus Auflösung von typisch stillen Altgesellschaften aa) Stille Beteiligung im Privatvermögen . . . . . . . . . . . . . . bb) Stille Beteiligung im Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . cc) Sachwertabfindung des typisch Stillen . . . . . . . . . . . . . b) Gewinne aus der Veräußerung von vor dem 1.1.2009 begründeten oder erworbenen Altbeteiligungen . . . . . . . . . aa) Typisch stille Beteiligung im Privatvermögen . . . . . . . . bb) Anwendung des § 23 EStG a.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Typisch stille Beteiligung im Betriebsvermögen . . . . . . c) Veräußerungs- und Auflösungsgewinne bei Neugesellschaften, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Werbungskostenabzug außerhalb der Verlustzuweisung . . . . . a) Werbungskostenabzug in Veranlagungszeiträumen bis Ende 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschränkung des Werbungskostenabzuges nach § 20 Abs. 9 EStG ab 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Behandlung der Verlustzuweisung an den Stillen . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verlustzuweisungsbeträge als negative Einnahmen im Verlustentstehungsjahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sinngemäße Anwendung von § 15a EStG . . . . . . . . . . . . . . aa) Fehlende Belastung des Stillen durch Verlustzuweisung bei negativem Kapitalkonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22.162

732

22.165 22.166

733 733

22.167 22.181 22.184 22.184 22.186 22.186 22.187 22.188 22.188 22.196 22.198

733 736 736 736 737 737 738 738 738 742 743

22.201 22.202 22.202 22.208 22.209

743 744 744 746 746

22.210 22.210 22.215 22.217

747 747 748 749

22.218 22.229

749 753

22.229

753

22.231 22.234 22.234

753 754 754

22.235 22.239

754 756

22.239

756

XXXIII

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bb) Sinngemäße Anwendung von § 15a EStG gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sinngemäße Anwendung des § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG . . e) Verlustanteile bei typisch stillen Beteiligungen im Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Beschränkung der Verlustnutzung nach § 20 Abs. 6 EStG . . . a) Verlustentstehungsgründe bei typisch stillen Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Abs. 6 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Ausschluss der Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG aus der Abgeltungsteuer gemäß § 32d Abs. 2 EStG . . . . . . . . a) Das besondere Näheverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gläubiger und Schuldner sind einander nahestehende Personen, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG . . . bb) Qualifizierte Beteiligung an der auszahlenden Kapitalgesellschaft, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG n.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Folgen des Vorliegens der Ausnahmetatbestände in § 32d Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 4 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine Bedeutung des Wahlrechts gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG für die GmbH & typisch Still . . . . . . . . . . . . . . d) Gestaltungsüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einlagen aus geschenkten Mitteln . . . . . . . . . . . . . . . bb) Refinanzierung stiller Einlagen in der GmbH & Still . . cc) Bewusste Strukturierung von typisch stillen Beteiligungen mit Angehörigen statt mit dem Gesellschafter in der GmbH & Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Tarif . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Die Kapitalertragsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Steuerabzug vom Kapitalertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die abgeltende Wirkung des Kapitalertragsteuerabzugs bei privaten Kapitalerträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Einzelheiten zur Veranlagung von Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4, § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . a) Pflichtveranlagung zum Abgeltungsteuersatz, § 32d Abs. 3 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Veranlagungswahlrecht zur Überprüfung des Kapitalertragsteuereinbehalts, § 32d Abs. 4 EStG . . . . . . . . . . . . . c) Antrag auf Günstigerprüfung, § 32d Abs. 6 EStG . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXXIV

22.241 22.248

757 760

22.249 22.256

760 761

22.256

761

22.257

761

22.260 22.261

762 762

22.261

762

22.264

764

22.270

766

22.274 22.278 22.278 22.280

769 770 770 770

22.281 22.283 22.287 22.287

771 771 772 772

22.288

773

22.293

773

22.294

774

22.296 22.298 22.304

774 774 775

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§ 23 Körperschaftsteuer I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verweis auf die Einkommensermittlung nach dem EStG . . . b) Die GmbH & Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Typische und atypische stille Gesellschaften bei Beteiligung von KSt-Subjekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stille Gesellschaften und subjektive Körperschaftsteuerpflicht . . 3. Trennungsprinzip und stille Beteiligung von Anteilseignern . . . 4. Teileinkünfteverfahren, Abgeltungsteuer und stille Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei stillen Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Tatbestand und Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tatbestand und Rechtsfolgen der verdeckten Einlage . . . . . . c) Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Errichtung stiller Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters als verdeckte Gewinnausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei sonstigen Geschäftsvorfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Stille Beteiligungen als Eigenkapital des Geschäftsinhabers – Rangrücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Stille Beteiligungen und Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Stille Beteiligungen am Organträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stille Beteiligungen an der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . II. Atypische stille Gesellschaften unter der Beteiligung von KSt-Subjekten – Die GmbH & atypisch Still . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die atypische stille Gesellschaft als „fiktive KG“ . . . . . . . . . . . . a) Bestehen eines eigenen Vermögens des Inhabers . . . . . . . . . b) Die atypische stille Gesellschaft – Steuerbilanzielle Behandlung und E-Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einkünfteermittlung bei der Mitunternehmerschaft . . . . . . . . . 3. Die Besteuerung des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters . . . . . . . . b) Verlustvorträge gemäß § 8c KStG und § 8d KStG . . . . . . . . c) Laufende Besteuerung bei Beteiligung eines atypischen stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Besteuerung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . a) Erwerb der atypischen stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . .

23.1 23.1 23.1 23.3

779 779 779 779

23.5 23.8 23.15

780 782 784

23.17

784

23.23

786

23.24 23.29

787 789

23.31

790

23.38

792

23.41

794

23.42 23.49 23.54 23.58

794 797 798 800

23.61 23.61 23.62

802 802 802

23.64 23.67 23.70 23.70 23.72

803 804 805 805 806

23.75 23.76 23.76

807 807 807 XXXV

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b) Verlustvorträge gemäß § 8c KStG und § 8d KStG . . . . . . . c) Einschränkung des Verlustausgleichs gemäß § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Regelungsgehalt von § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG . . . . . bb) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG – Einzelheiten . . . . . . . . . . III. Typische stille Gesellschaften unter der Beteiligung von KSt-Subjekten – Die GmbH & typisch Still . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Besteuerung des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufnahme eines typischen stillen Gesellschafters . . . . . . . b) Laufende Besteuerung bei Beteiligung eines typischen stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Besteuerung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . a) Übernahme der typischen stillen Beteiligung . . . . . . . . . . b) Laufende Besteuerung der stillen Beteiligung . . . . . . . . . . c) Stille Beteiligungen und § 17 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Nichtabzugsfähigkeit von Gewinnminderungen aus stillen Beteiligungen gemäß § 8b Abs. 3 KStG und § 3c Abs. 2 Satz 2–5 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Nichtabzugsfähigkeit von Gewinnminderungen gemäß § 8b Abs. 3 Satz 4–7 KStG . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Nichtabzugsfähigkeit von Gewinnminderungen gemäß § 3c Abs. 2 Satz 2–4 EStG . . . . . . . . . . . . . . . e) Einschränkung des Verlustausgleichs gemäß § 15 Abs. 4 Satz 6–8, § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

.

23.77

808

. .

23.79 23.80

808 808

. .

23.81 23.83

809 811

. . . .

23.87 23.87 23.88 23.88

812 812 812 812

. . . . .

23.90 23.93 23.93 23.95 23.96

813 814 814 815 815

.

23.99

816

. 23.100

817

. 23.102

818

. 23.104 . 23.105

818 818

.

24.1

821

.

24.1

821

. . . .

24.3 24.5 24.6 24.6

822 823 823 823

.

24.6

823

§ 24 Gewerbesteuer I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Typische und atypische stille Gesellschaften bei der Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wesentliche Änderungen der Gewerbesteuer für stille Gesellschaften in der Vergangenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nichtabzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe . II. Die atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die atypische stille Gesellschaft als Gewerbebetrieb . . . . . . . . a) Atypische stille Gesellschaften am gesamten Gewerbebetrieb des Inhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXXVI

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b) Atypische stille Gesellschaften an Teilen des Gewerbebetriebs des Inhabers – Tracking-Stock-Strukturen . . . . . . c) Atypische stille Beteiligungen im Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Subjektive Gewerbesteuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gewerbeertrag als Bemessungsgrundlage – Hinzurechnungen und Kürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gewerbesteuerliche Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Gewerbeverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verlustverrechnung lediglich bei Unternehmens- und Unternehmeridentität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inkurs: Doppelstöckige Personengesellschaften . . . . . . . . . c) Verlustvortrag und Mindestbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . d) Die Anwendbarkeit von § 8c KStG auf die Gewerbesteuer . 6. Freibetrag, Steuermesszahl, Steuermessbetrag Hebesatz . . . . . 7. Anrechnung der Gewerbesteuer gemäß § 35 EStG . . . . . . . . . 8. Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Festsetzung von Gewerbesteuer-Messbetrag und Gewerbesteuer sowie Feststellung des vortragsfähigen Verlusts zur Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erfordernis einer doppelten gewerbesteuerlichen Veranlagung bei doppelstöckigen Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gesonderte und einheitliche Feststellung gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines – Vor- und Nachteile gegenüber atypischen stillen Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Hinzurechnung von Gewinn- und Verlustanteilen des stillen Gesellschafters zum Gewerbeertrag . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24.13

826

24.21 24.22

830 830

24.26 24.33 24.35

831 834 835

24.35 24.45 24.49 24.52 24.54 24.59 24.65

835 838 840 841 842 843 846

24.65

846

24.72a

849

24.73 24.74

850 851

24.74

851

24.76 24.87

852 855

25.1 25.5 25.9 25.9

858 859 861 861

25.12

862

§ 25 Umsatzsteuer I. Keine Unternehmereigenschaft von stillen Gesellschaften . . . . II. Der Geschäftsinhaber als Unternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der stille Gesellschafter in der Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . 1. Ein- und Ausgangsumsätze des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . 2. Unternehmerische Tätigkeit des stillen Gesellschafters – Zum Vorsteuerabzug beim Erwerb und beim Halten einer stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXXVII

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a) Bloßer Erwerb und bloßes Halten stiller Beteiligungen keine wirtschaftliche Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der stille Gesellschafter als Unternehmer . . . . . . . . . . . . . . c) Die stille Beteiligung als Teil der unternehmerischen Tätigkeit des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Umfang des Vorsteuerabzugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Leistungen zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mangelnde Umsatzsteuerbarkeit der Leistungen bei gesetzestypischer stiller Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sacheinlagen und Sacheinbringungen des stillen Gesellschafters sowie Sachleistungen des Geschäftsinhabers . . . . . . . a) Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsauffassung der deutschen Finanzgerichte und Finanzverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Leistungen gegen Sonderentgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Veräußerung der stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25.12 25.17

862 864

25.22 25.23

865 866

25.25

867

25.25

867

25.26 25.27

867 867

25.32 25.37 25.41 25.45

869 871 872 874

. . .

26.2 26.2 26.2

875 875 875

. . . . .

26.5 26.6 26.7 26.8 26.10

876 877 877 878 878

. . . .

26.13 26.13 26.14 26.14

879 879 879 879

. .

26.17 26.24

881 883

.

26.24

883

. .

26.29 26.32

885 886

§ 26 Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht I. Gründung atypisch stiller Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhalt und Funktion des § 24 UmwStG 2006 . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelfragen zur Ausübung des Bewertungswahlrechts gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausübungsberechtigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Maßgebliche Schlussbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Antragstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Antragsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft durch Bar- oder Sacheinlage in das Vermögen des Geschäftsinhabers . . . . . . . a) Problemfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gründung eines Einzelunternehmens & atypisch Still . . . . aa) Realisationstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Übergang des Betriebsvermögens in das QuasiGesamthandsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gründung einer Personengesellschaft & atypisch Still . . . . aa) Gründung mit einem Nichtgesellschafter der Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gründung einer Personengesellschaft & atypisch Still mit einem Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gründung einer GmbH & atypisch Still . . . . . . . . . . . . . . XXXVIII

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e) Eintritt eines Neugesellschafters in eine bestehende GmbH & atypisch Still unter Leistung eines Aufgelds in die Kapitalrücklage der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wechsel von Mitunternehmerstellung an der Außengesellschaft in die Stellung als atypisch Stiller . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausscheiden aus Gesellschaft unter Umwandlung der Beteiligung in die Stellung als atypisch stiller Gesellschafter . . . . . . . a) Ausscheiden aus einer Personengesellschaft gegen Baroder Sachwertabfindung nach allgemeinen Grundsätzen . . b) Umwandlung der Beteiligung in die Stellung als atypisch stiller Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausscheiden des Komplementärs einer KGaA unter Umwandlung der Beteiligung in die Stellung als atypisch stiller Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Umwandlung einer GmbH & Co. KG in eine GmbH & atypisch Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Mehrfache Anwendung von Bewertungswahlrechten bei Umwandlungsvorgängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sacheinlagen des atypisch stillen Gesellschafters aus einem Betriebsvermögen im Rahmen der Gründung . . . . . . . . . . . . a) Anwendbarkeit des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG . . . . . . . . . . . . . b) Behandlung paralleler Sacheinlagen des Geschäftsinhabers und des Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gründung einer GmbH & atypisch Still bei Einbringung einer Sachgesamtheit in die GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtslage bis einschließlich 31.12.2014 . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtslage seit dem 1.1.2015 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einbringung einer Sachgesamtheit in eine Personengesellschaft unter Begründung einer atypisch stillen Gesellschaft . . . 4. Atypisch stille Beteiligung an einem Teilbetrieb oder einer 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . a) Teilbetriebsbegriff des UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Teilbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Begründung einer atypisch stillen Beteiligung im Wege des Anteilstauschs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Umwandlungen unter Beteiligung des Geschäftsinhabers bei bestehender atypisch stiller Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Umwandlung einer atypisch stillen Beteiligung in eine Beteiligung am Geschäftsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umwandlung der GmbH & atypisch Still in eine GmbH unter Ausgabe neuer GmbH-Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26.36

887

26.44

889

26.44

889

26.44

889

26.48

893

26.54

895

26.55

896

26.65

898

26.65 26.65

898 898

26.66

899

26.71 26.71 26.74

900 900 901

26.75

901

26.79 26.79

902 902

26.80

903

26.83

904

26.86

905

26.90

906

26.90

906

XXXIX

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

a) Einbringung von Mitunternehmeranteilen durch die atypisch stillen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Billigkeitsregelung in Tz. 20.09 des UmwStE 2011 . . . . . . 2. Umwandlung der atypisch stillen Beteiligung in eine Mitunternehmerstellung an der Außen-Personengesellschaft . . . V. Verschmelzung des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Begründung einer Kapitalgesellschaft & typisch Still bei Einbringungen gemäß §§ 20, 21 UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einräumung einer typisch stillen Beteiligung als sonstige Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtslage für Einbringung und Anteilstausch bis zum 31.12.2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtslage für Einbringung und Anteilstausch nach dem 31.12.2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhalt der Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Absolute und relative Schädlichkeitsgrenze . . . . . . . . . . . c) Wirkungsweise der Neuregelung bei schädlicher sonstiger Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ansatz des Mindestwerts (§ 20 Abs. 2 Satz 4, § 21 Abs. 1 Satz 4 UmwStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. .

26.90 26.93

906 907

. 26.98 . 26.101

909 910

. 26.107

911

. 26.107

911

. 26.109

911

. 26.114 . 26.114 . 26.116

913 913 914

. 26.117

915

. 26.124 . 26.133

917 919

. . . . . . . . . . . . . . . . .

922 922 925 925 925 928 929 931 931 932 932 936 936 939 939 942 942

§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer I. Erbschaft- und Schenkungsteuer . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuertatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Freigebige Zuwendungen unter Lebenden . . . . c) Fiktive Zuwendungen unter Lebenden . . . . . . 3. Entstehung der Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen und Rechtsentwicklung . . . . . . . . b) Typisch stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Besteuerung des stillen Gesellschafters . . . bb) Besteuerung des Inhabers . . . . . . . . . . . . c) Atypisch stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verschonung von unternehmerischem Vermögen a) Grundlagen und Rechtsentwicklung . . . . . . . . b) Typisch stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . c) Atypisch stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . .

XL

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27.1 27.1 27.4 27.4 27.6 27.15 27.20 27.27 27.27 27.30 27.30 27.46 27.47 27.59 27.59 27.69 27.70

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aa) Betriebsvermögen . . . . . . . . . . bb) Anteile an Kapitalgesellschaften 6. Freibeträge und Steuertarif . . . . . . . . . II. Vermögensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Neuere Reformüberlegungen . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . .

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. 27.70 . 27.76 . 27.79 . 27.91 . 27.91 . 27.96 . 27.113

942 945 946 946 949 952 958

. . . . . . . .

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28.1 28.1 28.3 28.10 28.15 28.17 28.19 28.21

961 961 961 965 966 966 967 967

I. Die beschränkte Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Körperschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Maßnahmen zur Beseitigung der Doppelbesteuerung . . . 1. Unilaterale Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bilaterale Maßnahmen (Doppelbesteuerungsabkommen) a) Typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das Außensteuergesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Negative ausländische Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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29.1 29.1 29.6 29.14 29.20 29.21 29.23 29.24 29.27 29.28 29.33 29.39 29.44 29.48

971 971 972 974 975 975 976 976 977 978 979 982 984 985

§ 28 Grund- und Grunderwerbsteuer I. Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuerpflichtige Erwerbsvorgänge 3. Steuerbefreiungen . . . . . . . . . . . 4. Bemessungsgrundlage . . . . . . . . 5. Steuerberechnung . . . . . . . . . . . 6. Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grundsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . .

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§ 29 Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht

XLI

Inhaltsverzeichnis

III. Teil: Die Unterbeteiligung Rz. Seite

§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht I. II. III. IV. V.

VI. VII. VIII. IX. X. XI.

Wesen der Unterbeteiligung und wirtschaftliche Bedeutung Abgrenzung zu anderen Rechtsinstituten . . . . . . . . . . . . . . Arten der Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Unterbeteiligungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsnatur des Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Formbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mängel des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beitrag und Einlage in der Unterbeteiligungsgesellschaft . . . Die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien . . . . . . . . . . Auswirkungen des Transparenzregisters . . . . . . . . . . . . . . . Beendigung der Unterbeteiligungsgesellschaft . . . . . . . . . . . Die Einlage des Unterbeteiligten in der Insolvenz des Hauptgesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. 30.1 988 . 30.8 990 . 30.15 992 . 30.21 993 . 30.26 995 . 30.26 995 . 30.29 996 . 30.38 1000 . 30.39 1000 . 30.41 1001 . 30.57a 1008 . 30.58 1009 . .

30.65 1012 30.66 1014

..

31.1 1016

..

31.2 1017

.. .. ..

31.2 1017 31.2 1017 31.2 1017

.. ..

31.3 1018 31.7 1020

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31.8 1020

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31.10 1021

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31.14 1022 31.16 1022

§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unterbeteiligungen natürlicher Personen im Ertragsteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die typische Unterbeteiligung im Privat- oder Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die steuerliche Behandlung beim Unterbeteiligten . . . . aa) Steuerliche Wesensmerkmale der Unterbeteiligung bb) Einzelfragen zur laufenden Einkünfteerzielung des Unterbeteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Beendigung der typisch stillen Unterbeteiligung . . (1) Vor dem 1.1.2009 erworbene oder begründete Unterbeteiligungen im Privatvermögen . . . . . . (2) Nach dem 31.12.2008 erworbene oder begründete typische stille Unterbeteiligung im Privatvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Typisch stille Unterbeteiligung im Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die steuerliche Behandlung beim Hauptbeteiligten . . . .

XLII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

aa) Voraussetzungen für den Abzug von Werbungskosten oder BA beim Hauptbeteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verfahrensrechtliche Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die atypische Unterbeteiligung natürlicher Personen an einem Mitunternehmeranteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die atypische Unterbeteiligung als Mitunternehmerschaft . aa) Definition der atypisch stillen Unterbeteiligung . . . . . bb) Ist die Begründung einer atypisch stillen Unterbeteiligung an einem Mitunternehmeranteil weiterhin möglich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Anforderungen an die Mitunternehmerstellung des atypisch Unterbeteiligten in der Unterbeteiligungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Folgerungen aus dem Vorliegen einer doppelstöckigen Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einräumung, Auflösung und Veräußerung der Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gesonderte und einheitliche Feststellungen der Einkünfte von Haupt- und Unterbeteiligungsgesellschaft . . . . . . . . . . 3. Besonderheiten der Unterbeteiligung im Familienverband . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die steuerliche Anerkennung der Unterbeteiligungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anerkennung nach dem Fremdvergleichsmaßstab . . . bb) Geltung der allgemeinen Anforderungen des Mitunternehmerbegriffs und der Rechtsfolgen aus der Mitunternehmerstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Anerkennung der Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . 4. Besonderheiten bei der Unterbeteiligung an einem GmbHAnteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erscheinungsformen und Einsatzfelder . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Besteuerungsfolgen der typischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Besteuerung des typisch Unterbeteiligten . . . . . . . . . . bb) Besteuerung des Hauptbeteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Besteuerungsfolgen bei atypischer Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einräumung, Veräußerung und Beendigung der Unterbeteiligung an einer Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einräumung der Unterbeteiligung durch den Hauptbeteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beendigung und Veräußerung der Unterbeteiligung . . III. Körperschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31.16 1022 31.18 1023 31.19 1024 31.19 1024 31.19 1024 31.20 1025 31.21 1026 31.23 1028 31.26 1030 31.30 1032 31.33 1033 31.33 1033 31.34 1034 31.34 1034 31.42 1037 31.48 1038 31.52 1039 31.52 1039 31.56 1041 31.56 1041 31.59 1042 31.61 1043 31.67 1045 31.67 31.71 31.80 31.83

1045 1046 1047 1047 XLIII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

V. Erbschaft- und Schenkungsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31.90 1049 31.95 1050

IV. Teil: Vertragsmuster M 1 Vertrag über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft . . . . . . . . 1053 M 2 Vertrag über die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft . . . . . . . 1061 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1067

XLIV

Allgemeines Literaturverzeichnis

Soweit andere als die aufgeführten Auflagen im Text zitiert werden, ist dies jeweils angegeben. Im Übrigen findet sich spezielle Literatur vor jedem Kapitel. Aulinger

Die atypische stille Gesellschaft, 1955

Baumbach/Hopt Beck’scher BilanzKommentar Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften Beuthien Biesinger Binz/Sorg

Handelsgesetzbuch, 38. Aufl. 2018 Handels- und Steuerbilanz, hrsg. von Grottel/ Schmidt/Schubert/Winkeljohann, 11. Aufl. 2018 Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, hrsg. von Prinz und W.-D. Hoffmann, 4. Aufl. 2014 Genossenschaftsgesetz, 16. Aufl. 2018 Die stille Gesellschaft, 11. Aufl. 2009 Die GmbH & Co. KG im Gesellschafts- und Steuerrecht, 12. Aufl. 2018 Das große Umsatzsteuer-Handbuch (Loseblatt) Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, 1981 Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz (Loseblatt) Kreditwesengesetz, CRR-VO, 5. Aufl. 2016

Birkenfeld/Wäger Blaurock Blümich Boos/Fischer/Schulte-Mattler (Hrsg.) Bordewin/Brandt Boruttau Böttcher/Zartmann/Faut Bunjes

Einkommensteuergesetz, Kommentar (Loseblatt) Grunderwerbsteuergesetz, 19. Aufl. 2019 Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, 3. Aufl. 1978 Umsatzsteuergesetz, 18. Aufl. 2019

Canaris

Handelsrecht, 24. Aufl. 2006

Daragan/Halaczinsky/Riedel (Hrsg.) Dötsch/Pung/Möhlenbrock Düringer/Hachenburg

Praxiskommentar ErbStG und BewG, 3. Aufl. 2017

Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn Emmerich/Habersack Ensthaler

Handelsgesetzbuch (HGB), Kommentar, Bd. 1: §§ 1–342e HGB, 3. Aufl. 2014 Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 9. Aufl. 2019 HGB – Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch (HGB) mit UN-Kaufrecht, 8. Aufl. 2015 BGB, Kommentar, hrsg. von H.P. Westermann/ Grunewald/Maier-Reimer, 15. Aufl. 2017

Erman

Körperschaftsteuergesetz (Loseblatt) Das Handelsgesetzbuch, Bd. II/1: §§ 105–342, 3. Aufl. 1932

XLV

Allgemeines Literaturverzeichnis

Feuerich/Weyland Fischer/Pahlke/Wachter Fleischer/Thierfeld Flume Formularbuch Recht und Steuern Frotscher Frotscher/Maas Glanegger/Güroff GmbH-Handbuch Gosch Gottwald Gottwald/Behrens Gräber Großkommentar zum AktG Großkommentar zum Handelsgesetzbuch Gürsching/Stenger Habersack/Mülbert/Schlitt (Hrsg.) Haritz/Menner/Bilitewski Hartmann Hartmann/Metzenmacher Heidel/Schall Heidelberger Kommentar zum Handelsgesetzbuch Heidelberger Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung Herrmann/Heuer/Raupach Heymann

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BRAO – Bundesrechtsanwaltsordnung, 9. Aufl. 2016 Erbschaftsteuergesetz, 6. Aufl. 2017 Stille Gesellschaft im Steuerrecht, 9. Aufl 2016 Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 1, 1. Teil: Die Personengesellschaft, 1977; Bd. 1, 2. Teil: Die juristische Person, 1983 Gesellschaftsverträge, Sonstige Verträge, Besteuerungsverfahren, Rechtsmittelverfahren, Steuerstrafverfahren, 9. Aufl. 2018 Einkommensteuergesetz (Loseblatt) Kommentar zum Körperschaft-, Gewerbe- und Umwandlungssteuergesetz (Loseblatt) Gewerbesteuergesetz: GewStG, 9. Aufl. 2017 Hrsg. von Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt (Loseblatt) Körperschaftsteuergesetz: KStG, 3. Aufl. 2015 Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2015 Grunderwerbsteuer, 6. Aufl. 2019 FGO, Kommentar, 9. Aufl. 2019 Hrsg. von Hopt/Wiedemann, 4. Aufl. 1992 ff.; hrsg. von Hirte/Mülbert/Roth, 5. Aufl. 2015 ff. Hrsg. von Canaris/Habersack/Schäfer, Bd. 3: §§ 105–160 HGB, 5. Aufl. 2009; Bd. 4: §§ 161–237, 5. Aufl. 2015 Bewertungsrecht, BewG/ErbStG, Kommentar (Loseblatt) Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 4. Aufl. 2019 Umwandlungssteuergesetz, 5. Aufl. 2019 Die stille Gesellschaft, 2. Aufl. 1974 Umsatzsteuergesetz, Kommentar (Loseblatt) HGB – Handkommentar, 2. Aufl. 2015 Handelsrecht – Bilanzrecht – Steuerrecht, Glanegger, Kirnberger, Kusterer u.a., 7. Aufl. 2007 Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft und ihrer Anteilseigner, hrsg. von Erle/Sauter, 3. Aufl. 2010 Hrsg. von Kayser/Thole, 9. Aufl. 2018 Einkommensteuergesetz und Körperschaftsteuergesetz (Loseblatt) Handelsgesetzbuch, hrsg. von Horn, Bd. 2: §§ 105–237 HGB, 2. Aufl. 1996

Allgemeines Literaturverzeichnis

Hofmann Hottmann/Zimmermann/ Alber/Jäger/Meermann/ Schaeberle/Kiebele Hübschmann/Hepp/Spitaler

Grunderwerbsteuergesetz, 11. Aufl. 2016 Die GmbH im Steuerrecht, 4. Aufl. 2015

Hüffer/Koch

Kommentar zur Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung (Loseblatt) Aktiengesetz, 13. Aufl. 2018

Jauernig Jung

BGB, 17. Aufl. 2018 Handelsrecht, 12. Aufl. 2019

Kallmeyer Kapp/Ebeling

Umwandlungsgesetz, 6. Aufl. 2017 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (Loseblatt) Konzernsteuerrecht, 3. Aufl. 2018 Einkommensteuergesetz, Kommentar, 18. Aufl. 2019 Einkommensteuergesetz (Loseblatt) Die stille Gesellschaft, 2. Aufl. 1980 Abgabenordnung, 14. Aufl. 2018 Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993 Die stille Gesellschaft, 1961 Handelsgesetzbuch: HGB, Kommentar, 9. Aufl. 2019 Bewertungsgesetz, 4. Aufl. 2018

Kessler/Kröner/Köhler Kirchhof Kirchhof/Söhn/Mellinghoff Klauss/Mittelbach Klein Knobbe-Keuk Koenigs Koller/Kindler/Roth/Drüen Kreutzinger/Schaffner/ Stephany Kübler/Assmann Kübler/Prütting/Bork Lang/Weidmüller Lenski/Steinberg Littmann/Bitz/Pust Lüdenbach/Hoffmann/ Freiberg (Hrsg.) Lutter Lutter/Hommelhoff Lutter/Hommelhoff/ Teichmann Meincke/Hannes/Holtz Moench/Hübner Moench/Weinmann Möhle

Gesellschaftsrecht, 6. Aufl. 2006 Kommentar zur Insolvenzordnung (Loseblatt) Genossenschaftsgesetz, 39. Aufl. 2019 Gewerbesteuergesetz (Loseblatt) Das Einkommensteuerrecht, Kommentar (Loseblatt) Haufe IFRS-Kommentar, 17. Aufl. 2019 Umwandlungsgesetz, Kommentar, 6. Aufl. 2019 GmbH-Gesetz, Kommentar, 20. Aufl. 2020 SE-Kommentar, 2. Aufl. 2015 Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, 17. Aufl. 2018 Erbschaftsteuer, 3. Aufl. 2012 Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (Loseblatt) Die Personengesellschaft OHG, KG, StG, 2. Aufl. 1957

XLVII

Allgemeines Literaturverzeichnis

Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts

Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung Münchener Vertragshandbuch Musielak/Voit

Hrsg. von Gummert/Weipert, Bd. 1: BGB-Gesellschaft, Offene Handelsgesellschaft, Partnerschaftsgesellschaft, Partenreederei, EWIV, 5. Aufl. 2019; hrsg. von Gummert/Weipert, Bd. 2: Kommanditgesellschaft, GmbH & Co. KG, Publikums-KG, Stille Gesellschaft, 5. Aufl. 2019 Hrsg. von Goette/Habersack, Bd. 1: §§ 1–75, 5. Aufl. 2019; Bd. 4: §§ 179–277, 4. Aufl. 2016; Bd. 5: §§ 278–328, 4. Aufl. 2015; Bd. 6: §§ 329–410, WpÜG, Österreichisches Übernahmerecht, 4. Aufl. 2017; Bd. 7: Europäisches Aktienrecht, SE-VO, SEBG, Europäische Niederlassungsfreiheit, 4. Aufl. 2017 Hrsg. von Heinrichs/Kleindiek/Watrin, Bd. 1: IFRS, 2014, Bd. 2: Bilanzrecht §§ 238–342e HGB, 2013 Hrsg. von Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, Bd. 1: §§ 1–240, AllgPersönlR, ProstG, AGG, 8. Aufl. 2018; Bd. 2: §§ 241–310, 8. Aufl. 2019; Bd. 3: §§ 311–432, 8. Aufl. 2019; Bd. 4: §§ 433–534, Finanzierungsleasing, CISG, 8. Aufl. 2019; Bd. 6: §§ 705–853, PartGG, ProdHaftG, 7. Aufl. 2017; Bd. 9: §§ 1589–1921, SGB VIII, 7. Aufl. 2017; Bd. 10: §§ 1922–2385, §§ 27–35 BeurkG, 7. Aufl. 2017; Bd. 11: Internationales Privatrecht I, Europäisches Kollisionsrecht, Art. 1–26 EGBGB, 7. Aufl. 2018 Hrsg. von K. Schmidt, Bd. 1: §§ 1–104a, 4. Aufl. 2016; Bd. 2: §§ 105–160, 4. Aufl. 2016; Bd. 3: §§ 161–237, 4. Aufl. 2019; Bd. 4: §§ 238–342e, 3. Aufl. 2013 Hrsg. von Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, Bd. 2: §§ 80–216 InsO, 4. Aufl. 2019 Hrsg. von Böhm/Burmeister, Bd. 1: Gesellschaftsrecht, 8. Aufl. 2018 Kommentar zur ZPO, 16. Aufl. 2019

Nerlich/Römermann

Insolvenzordnung, Kommentar (Loseblatt)

Oetker

Kommentar zum Handelsgesetzbuch (HGB), 4. Aufl. 2015; 6. Aufl. 2019

Pahlke Palandt Plückebaum/Malitzky/ Widmann Post/Hoffmann

Grunderwerbsteuergesetz, 6. Aufl. 2018 Bürgerliches Gesetzbuch: BGB, 78. Aufl. 2019 Umsatzsteuergesetz (Loseblatt)

Münchener Kommentar zum Aktiengesetz

Münchener Kommentar zum Bilanzrecht Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch

Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch

XLVIII

Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, 2. Aufl. 1984

Allgemeines Literaturverzeichnis

Rasner Rattunde/Smid/Zeuner Rau/Dürrwächter Reiß/Kraeusel/Langer Reusch Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut Rödder/Herlinghaus/ Neumann Röhricht/Graf von Westphalen/Haas Rössler/Troll Rowedder/Schmidt-Leithoff

Die atypische stille Gesellschaft, 1961 Kommentar zur Insolvenzordnung, 4. Aufl. 2018 Umsatzsteuergesetz, Kommentar (Loseblatt) Umsatzsteuergesetz, Kommentar (Loseblatt) Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, 1989 UmwStG, Kommentar, 3. Aufl. 2019

Saenger Sagasser/Bula/Brünger Schlegelberger K. Schmidt

Die stille Gesellschaft, 1924 Umwandlungen, 5. Aufl. 2017 Handelsgesetzbuch, Kommentar, 5. Aufl. 1973 ff. Gesellschaftsrecht – Unternehmensrecht II, 4. Aufl. 2002 Handelsrecht – Unternehmensrecht I, 6. Aufl. 2014 Einkommensteuergesetz: EStG, Kommentar, 38. Aufl. 2019 Umwandlungsgesetz – Umwandlungssteuergesetz, 7. Aufl. 2016, 8. Aufl. 2018 Kommentar zum GmbH-Gesetz, Bd. I: §§ 1–34, 12. Aufl. 2018; Bd. II: §§ 35–52, 11. Aufl. 2014; Bd. III: §§ 53–85, 11. Aufl. 2015 GmbH & Still im Steuerrecht, 4. Aufl. 2005 Die GmbH & Still, 7. Aufl. 2019 Kommentar zum Umsatzsteuergesetz (Loseblatt) Die Unternehmensumwandlung – Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, Einbringung, 9. Aufl. 2019 Bürgerliches Gesetzbuch, hrsg. von W. Siebert, 13. Aufl. 1999 ff. Umsatzsteuergesetz (Loseblatt) Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl. 2015 Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. Bearb. und Neubearbeitungen 1993 ff. Die Innengesellschaft, 1966 Körperschaftsteuergesetz: KStG, Kommentar, 9. Aufl. 2018 Personengesellschaften, 8. Aufl. 2005

K. Schmidt L. Schmidt Schmitt/Hörtnagl/Stratz Scholz Schoor/Natschke Schulze zur Wiesche Schwarz/Widmann/Radeisen Schwedhelm Soergel Sölch/Ringleb Stadie Staudinger Steckhan Streck Sudhoff Tipke/Kruse

KStG, Kommentar, 2015 HGB, Kommentar, 5. Aufl. 2019 Bewertungsgesetz (Loseblatt) Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung: GmbHG, Kommentar, 6. Aufl. 2017

Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar (Loseblatt) XLIX

Allgemeines Literaturverzeichnis

Tipke/Lang Troll/Eisele Troll/Gebel/Jülicher

Steuerrecht, 23. Aufl. 2018 Grundsteuergesetz, 11. Aufl. 2014 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz: ErbStG, Kommentar (Loseblatt)

Uhlenbruck

Insolvenzordnung, Kommentar, 14. Aufl. 2015; InsO, 15. Aufl. 2019 AGB-Recht, Kommentar, 12. Aufl. 2016 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung: GmbHG, Großkommentar; Bd. I: §§ 1–28, 2. Aufl. 2013; Bd. II: §§ 29–52, 2. Aufl. 2014; Bd. III: §§ 53–88, 2. Aufl. 2016

Ulmer/Brandner/Hensen Ulmer/Habersack/Löbbe

Viskorf/Schuck/Wälzholz

Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 5. Aufl. 2017

Westermann/Wertenbruch Widmann/Mayer Wiedemann

Handbuch Personengesellschaften (Loseblatt) Umwandlungsrecht, Kommentar (Loseblatt) Gesellschaftsrecht, Bd. I: Allgemeine Lehren, 1980; Bd. II: Recht der Personengesellschaften, 2004 Gesellschaftsrecht, 9. Aufl. 2016 Kommentar zum Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (Loseblatt) Gesellschaftsrecht, 24. Aufl. 2017 AGB-Recht, 6. Aufl. 2013

Wiedemann/Frey Wilms/Jochum Windbichler Wolf/Lindacher/Pfeiffer Zacharias/Hebig/Rinnewitz Ziemons/Binnewies Zimmermann/Hottmann/ Kiebele/Schaeberle/Scheel/ Schustek/Szczesny Zöller Zöllner/Noack

L

Die atypisch stille Gesellschaft, 2. Aufl. 2000 Handbuch Aktiengesellschaft (Loseblatt) Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 12. Aufl. 2017 Zivilprozessordnung, Kommentar, 33. Aufl. 2020 Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl. 2004 ff.

Abkürzungsverzeichnis

a.A. a.E. a.F. ABGB ABl. EG

AfA AG AK AktG AnfG Anh. Anm. AnSVG AO ApoG Art. AStG Aufl. Az.

anderer Ansicht am Ende alte Fassung Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ab 1.2.2003: ABl. EU) Amtsblatt der Europäischen Union (vormals ABl. EG) Absatz Archiv für die civilistische Praxis Aussetzung der Vollziehung Vertrag über die Arbeitsweisen der Europäischen Union Absetzung für Abnutzung Aktiengesellschaft Anschaffungskosten Aktiengesetz Anfechtungsgesetz Anhang Anmerkung Anlegerschutzverbesserungsgesetz Abgabenordnung Apothekengesetz Artikel Außensteuergesetz Auflage Aktenzeichen

Ba.-Wü. BaFin BAG BAKred BankbilanzRL BayLfSt BayObLG BB BBiG Bd. BdB Bearb. BeitrRLUmsG BeSt betr.

Baden-Württemberg Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Bankbilanzrichtlinie Bayerisches Landesamt für Steuern Bayerisches Oberstes Landesgericht Der Betriebs-Berater Berufsbildungsgesetz Band Bundesverband deutscher Banken e.V. Bearbeitung Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz Beratersicht zur Steuerrechtsprechung betreffend

ABl. EU Abs. AcP AdV AEUV

LI

Abkürzungsverzeichnis

BewG BFH BFHE BFuP BGB BGBl. BGH BGHZ BilMoG BilRUG BIS BMF BörsG BR-Drucks. BStBl. BT-Drucks. Buchst. BV BVerfG BVerfGE BW bzw. Cass. CRD IV CRR d.h. DB DBA dHGB Diss. DM DNotZ DR DStR DStRdsch. DStRE DStZ dtBGB DVR

LII

Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Bundesfinanzhofes Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz Bilanzrichtlinieumsetzungsgesetz Bank for International Settlements Bundesminister der Finanzen Börsengesetz Bundesrats-Drucksache Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Buchstabe Betriebsvermögen Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Baden-Württemberg beziehungsweise Belgischer Kassationshof Capital Requirements Directive IV (Kapitaladäquanzrichtlinie) Capital Requirements Regulations (Kapitaladäquanzverordnung) das heißt Der Betrieb Doppelbesteuerungsabkommen Deutsches Handelsgesetzbuch Dissertation Deutsche Mark Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsches Recht Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuerrundschau Deutsches Steuerrecht – Entscheidungsdienst Deutsche Steuer-Zeitung Teil A deutsches Bürgerliches Gesetzbuch Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau

Abkürzungsverzeichnis

e.G. e.K. EFG Einl. eKomm. ErbStG ErbStRG ESMA EStDV EStG EStR evtl. EWS f., ff. FA FamFG FamRZ FG FGO FinMin FinVerw. FMS FMStBG FMStFG FMStG FMStGÄndG Fn. FR FS FuS GbR GenG GewO GewSt GewStDV GewStG GewStR GG ggf. GmbH GmbHG

eingetragene Genossenschaft eingetragener Kaufmann Entscheidungen der Finanzgerichte Einleitung eKommentar (Bestandteil der Stotax-FirstDatenbank) Erbschaftsteuergesetz Erbschaftsteuerreformgesetz Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde Einkommensteuer-Durchführungsverordnung Einkommensteuergesetz Einkommensteuer-Richtlinien eventuell Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht folgend, folgende Finanzamt Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Finanzgericht Finanzgerichtsordnung Finanzminister Finanzverwaltung Finanzmarktstabilisierungsfonds Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz Finanzmarktstabilisierungsgesetz Finanzmarktstabilisierungsgesetz-Änderungsgesetz Fußnote Finanz-Rundschau Festschrift Zeitschrift für Familienunternehmen und Stiftungen Gesellschaft bürgerlichen Rechts Genossenschaftsgesetz Gewerbeordnung Gewerbesteuer Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung Gewerbesteuergesetz Gewerbesteuer-Richtlinien Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung LIII

Abkürzungsverzeichnis

GmbHR GmbH-StB GmbH-Stpr. GoB GrEStG grHGB Großkomm/AktG Großkomm/HGB GrS GrStG grZGB GStB GuV GVBl. GVG h.A. h.L. h.M. Halbs. Heidelberger Komm/HGB

GmbH-Rundschau GmbH-Steuerberater GmbH-Steuerpraxis Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Grunderwerbsteuergesetz Griechisches Handelsgesetzbuch Großkommentar zum Aktiengesetz (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Großkommentar zum Handelsgesetzbuch (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Großer Senat Grundsteuergesetz griechisches Zivilgesetzbuch Gestaltende Steuerberatung Gewinn und Verlust Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz

Hrsg., hrsg. HWiG

herrschende Ansicht herrschende Lehre herrschende Meinung Halbsatz Heidelberger Kommentar zum Handelsgesetzbuch (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Heidelberger Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Hessen Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer/in Deutschland e.V., Düsseldorf Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Handelsgesetzbuch Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Herausgeber, herausgegeben Haustürwiderrufsgesetz

i.d.F. i.H. i.S. i.V.m. IAS IASB

in der Fassung in Höhe im Sinne in Verbindung mit International Accounting Standards International Accounting Standards Board

Heidelberger Komm/InsO Heidelberger Komm/KStG Hess. HFA HFR HGB HHR HHSp.

LIV

Abkürzungsverzeichnis

IASC

INF InsO

International Accounting Standards Committee (Vorgängerorganisation des IASB) Institut der Wirtschaftsprüfer International Financial Reporting Standards (Internationale Rechnungslegungsstandards) Verordnung betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards Die Information Insolvenzordnung

JbFStR jHGB JR JStG JuS JW JZ

Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht Japanisches Handelsgesetzbuch Juristische Rundschau Jahressteuergesetz Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung

KAGB KapStDV

Kapitalanlagegesetzbuch Verordnung zur Durchführung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) Steuerrechtsprechung in Karteiform (1919–1944) Kleinanlegerschutzgesetz Kommanditgesellschaft/Kammergericht Kommanditgesellschaft auf Aktien Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Kosten-, Stempel- und Strafsachen Kölner Steuer-Dialog Amtsblatt des Kontrollrates kritisch Körperschaftsteuer Körperschaftsteuergesetz Körperschaftsteuer-Richtlinien Zeitschrift für Konkurs-, Treuhand und Schiedsgerichtswesen Kapitalverkehrsteuergesetz Kreditwesengesetz

IDW IFRS IFRS-VO

Kartei KASG KG KGaA KGJ KÖSDI KRABl. krit. KSt KStG KStR KTS KVStG KWG LAG Lfg. LG LM LS LSt

Lastenausgleichsgesetz Lieferung Landgericht Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs von Lindenmaier/Möhring Leitsatz Lohnsteuer LV

Abkürzungsverzeichnis

LStDV LSW LZ

Lohnsteuerdurchführungsverordnung Lexikon für Steuer- und Wirtschaftsrecht Leipziger Zeitschrift

m. Anm. m.E. m.N. m.w.N. m.W.v. MDR Mio. MoMiG

mit Anmerkung meines Erachtens mit Nachweisen mit weiteren Nachweisen mit Wirkung vom Monatsschrift für Deutsches Recht Millionen Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Münchener Kommentar zum Aktiengesetz (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Münchener Kommentar zum Bilanzrecht (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Mecklenburg-Vorpommern MehrwertSteuerrecht

MünchHdb.GesR MünchKomm/AktG MünchKomm/BilR MünchKomm/BGB MünchKomm/HGB MünchKomm/InsO MV MwStR n.F. nrkr. NDBW Nds. NJW npor Nr. NW/NRW NWB NZI

neue Fassung nicht rechtskräftig Niederländisches Bürgerliches Gesetzbuch Niedersachsen Neue Juristische Wochenschrift Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen Nummer Nordrhein-Westfalen Neue Wirtschaftsbriefe Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht

OFD OHG öHGB OLG OLGE OR

Oberfinanzdirektion Offene Handelsgesellschaft Österreichisches Handelsgesetzbuch Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte Schweizer Obligationenrecht

LVI

Abkürzungsverzeichnis

PersGes. PGR

Personengesellschaft(en) Personen- und Gesellschaftsrecht (Liechtenstein)

R. RBerG RdF RechKredV Recht RefE RegE REIT RFH RFHE

Rechtsspruch Rechtsberatungsgesetz Recht der Finanzinstrumente Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung Das Recht, begründet von Soergel Referentenentwurf Regierungsentwurf Real-Estate-Investment-Trust Reichsfinanzhof Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Reichsfinanzhofes Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rheinland-Pfalz Recht der internationalen Wirtschaft rechtskräftig Richtlinie Rechnungslegungsstandard Rechtssache Rechtsprechung Reichssteuerblatt Rechts- und Wirtschaftspraxis, Blattei-Handbuch Randziffer

RG RGZ Rh.-Pf. RIW rkr. RL RS Rs. Rspr. RStBl. RWP-Bl. Rz. S. S.A.R.L. Schl.-Holst. SeuffA SJZ SoFFin sog. SolvV Sp. SRM st. Rspr. St/HFA StAnpG Stbg. StbJb. StBp StEntlG

Seite société à responsabilité limitée Schleswig-Holstein Seufferts Archiv Schweizer Juristenzeitung Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung so genannte(r/s) Solvabilitätsverordnung Spalte Single Resolution Mechanism (Einheitlicher Europäischer Bankenabwicklungsmechanismus) ständige Rechtsprechung Stellungnahme des Hauptfachausschusses der Wirtschaftsprüfer Steueranpassungsgesetz Steuerberatung Steuerberater-Jahrbuch Die steuerliche Betriebsprüfung Steuerentlastungsgesetz LVII

Abkürzungsverzeichnis

SteuerStud SteuK str. StRK StSenkErgG StSenkG StuW StVereinfG StVergAbG StW

Steuer und Studium Steuerrecht kurzgefasst (Zeitschrift) streitig Steuerrechtsprechung in Karteiform (ab 1944) Steuersenkungsergänzungsgesetz Steuersenkungsgesetz Steuer und Wirtschaft Steuervereinfachungsgesetz Steuervergünstigungsabbaugesetz Steuer-Warte

tokumei kumiai Tz.

Stille Gesellschaft (Japan) Textziffer

u. u.a. u.Ä. u.U. UBGG UGB UmwG UmwStG UntStFG UntStRG UR Urt. UStAE UStG UStR usw.

und und andere, unter anderem und Ähnliches unter Umständen Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften Unternehmensgesetzbuch (Österreich) Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz Unternehmensteuerreformgesetz Umsatzsteuer-Rundschau Urteil Umsatzsteuer-Anwendungserlass Umsatzsteuergesetz Umsatzsteuerrichtlinien und so weiter

v. VerbrKrG VerbrR-RL VerfGH VerkProspG VermAnlG VermBG Vfg. VG vGA vgl. VIB Vorbem. VStG

vom/vor Verbraucherkreditgesetz Verbraucherrechte-Richtlinie Verfassungsgerichtshof Verkaufsprospektgesetz Vermögensanlagengesetz Vermögensbeteiligungsgesetz Verfügung Verwaltungsgericht verdeckte Gewinnausschüttung vergleiche Vermögensanlagen-Informationsblatt Vorbemerkung Vermögensteuergesetz

LVIII

Abkürzungsverzeichnis

VStR VZ

Vermögensteuer-Richtlinien Veranlagungszeitraum

W.Venn/V.Soc. WG WM WP WPg WpHG WpPG

Gesetzbuch der Gesellschaften (Belgien) Wechselgesetz/Wirtschaftsgut/Wirtschaftsgüter Wertpapier-Mitteilungen Der Wirtschaftsprüfer Die Wirtschaftsprüfung Wertpapierhandelsgesetz Wertpapierprospektgesetz

z.B. ZBB ZfB ZfBR

zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für deutsches und internationales Bauund Vergaberecht Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen Zivilgesetzbuch (Griechenland) Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zivilprozessordnung zustimmende Anmerkung

ZfG ZGB ZGR ZHR ZInsO ZIP zit. ZPO zust. Anm.

LIX

Einführung §1 Wesen und Bedeutung der Unternehmungsformen Schrifttum: Armbrüster, Christian, Grenzen der Gestaltungsfreiheit im Personengesellschaftsrecht, ZGR 2014, 333; Breuninger, Gottfried/Prinz, Ulrich, DStR-Fachliteratur: Besteuerung von Personengesellschaften, DStR 1996, 1761; Brönner, Herbert, Die Besteuerung der Gesellschaften, des Gesellschafterwechsels und der Umwandlungen, 18. Aufl. 2007; Flume, Werner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. I, Teil 1: Die Personengesellschaft, 1977; Kauffeld, Hans-Georg, Die partielle Unternehmensbeteiligung, 2007; Litfin, Martin/App, Michael, Unternehmensform nach Maß, 3. Aufl. 1994; Nitschke, Manfred, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, 1970; Ott, Walter, Die Problematik einer Typologie im Gesellschaftsrecht, dargestellt am Beispiel des schweizerischen Aktienrechts, 1972; Paulick, Heinz, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, zugleich ein Beitrag zur Typenlehre im Gesellschaftsrecht, 1954; Reuter, Dieter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, 1973; Sack, Rolf, Typusabweichung und Institutsmissbrauch im Gesellschaftsrecht, DB 1974, 369; Schulze-von Lasaulx, Hermann, Zur Frage der Gestaltungsfreiheit für Gesellschaftsverträge. Eine Bestandsaufnahme. Abschied von Illusionen, ZfG 21 (1971), 325; Teichmann, Arndt, Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen, 1970; Westermann, Harm Peter, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaft, 1970.

I. Die Wahl der Unternehmungsform 1. Gesichtspunkte für die Wahl der Unternehmungsform Auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts stellt die Rechtsordnung den Beteiligten eine Vielzahl von Gesellschaftstypen zur Verfügung, aus der sie – je nach den handelsrechtlichen, wirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Gegebenheiten – denjenigen Typus auswählen können, der zur Verwirklichung ihrer Ziele im einzelnen Falle am zweckmäßigsten und geeignetsten erscheint. Von entscheidender Bedeutung für die Wahl der Unternehmungsform sind die Kapitalaufbringung und Kapitalbeschaffung, die Haftung der Beteiligten für die im Rahmen des gesellschaftlichen Geschäftsbetriebes begründeten Verbindlichkeiten, der Zweck und Gegenstand des Unternehmens, die Auflösung im Falle des Todes, der Insolvenz oder des sonstigen Ausscheidens eines Gesellschafters und die Übertragbarkeit und Vererblichkeit der Anteile am Gesellschaftsvermögen. Immer stärker rückte aber bei der Wahl der Unternehmungsform auch die Frage der steuerlichen Belastung in den Vordergrund, seitdem sich die Besteuerung des gewerblichen Ertrags in der Form der progressiv ausgestalteten Einkommensteuer bei natürlichen Personen und den Gesellschaftern von Personengesellschaften und in der Form der proportional ausgestalteten Körperschaftsteuer bei Körperschaften, insbesondere bei den juristischen Blaurock | 1

1.1

§ 1 Rz. 1.1 | Einführung

Personen, vollzieht. Die Rücksichtnahme auf die steuerlichen Verhältnisse führte je nach dem Stand der Steuergesetzgebung dazu, bald der Kapitalgesellschaft, bald der Personengesellschaft den Vorzug zu geben oder sich den jeweils bestehenden Bestimmungen dadurch anzupassen, dass im Wege der Umwandlung von der einen zur anderen Rechtsform gewechselt wird oder dass neue Typen geschaffen werden wie die GmbH & Co. KG, die GmbH & Still, die „kapitalistische“ Kommanditgesellschaft oder die „atypische“ stille Gesellschaft. Der Gedanke, eine Unternehmungsform zu finden, die nicht der steuerlichen Doppelbelastung ausgesetzt ist, hatte mit der Einführung des Vollanrechnungsverfahrens durch die Körperschaftsteuerreform 1977 seine Bedeutung verloren. Auch das StSenkG1 führte mit der Einführung des stark herabgesetzten Körperschaftsteuersatzes und des Halbeinkünfteverfahrens faktisch nicht zu einer erneuten Doppelbesteuerung. Das Halbeinkünfteverfahren wurde für Veranlagungsjahre ab 2009 durch das Unternehmensteuerreformgesetz 20082 wieder aufgehoben und im betrieblichen Bereich durch das vergleichbare Teileinkünfteverfahren ersetzt. Im privaten Bereich führt die Unternehmensteuerreform 2008 teilweise zu einer Doppelbesteuerung bei den Kapitaleinkünften. Dem wurde jedoch durch einen nochmals stark gesenkten Körperschaftsteuersatz und einen pauschalen Abgeltungsteuersatz auf Kapitalerträge Rechnung getragen. Trotzdem sind eine ständige an der Steuergesetzgebung orientierte steuerliche Optimierung der gewählten Gesellschaftsform und damit gegebenenfalls Umwandlungen notwendig.

1.2 Während die Zivilgerichtsbarkeit bereits frühzeitig die Freiheit der Beteiligten bei der Wahl und der Ausgestaltung der Unternehmungsform im einzelnen Falle anerkannt hatte3, stand die Finanzrechtsprechung derartigen Bestrebungen zunächst kritisch gegenüber. So sah der Reichsfinanzhof im Rahmen eines Besteuerungsverfahrens einer GmbH & Co. KG die gesamte KG als körperschaftsteuerpflichtiges Subjekt gemäß § 5 AO der damaligen Fassung an, da die Steuerpflicht sich erhöhe, wenn man die KG und nicht die GmbH als Körperschaftsteuersubjekt betrachte. Die Gründung einer GmbH & Co. KG bedeute in diesem Falle daher eine Umgehung der Körperschaftsteuerpflicht4. 1.3 Diese aus steuerpolitischen Gesichtspunkten getroffene Maxime wurde jedoch dann in der Entscheidung vom 13.3.1929 fallen gelassen, in der der Reichsfinanzhof formulierte, es bestünde keine vom Steuerpflichtigen zu widerlegende Vermutung dafür, dass die Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Co. ohne Weiteres unter § 5 AO a.F. falle. Wenn eine Finanzbehörde die Rechtsform der GmbH & Co. KG steuerlich nicht gelten lassen wolle, so müsse sie feststellen, welche konkreten Ziele der Steuerpflichtige mit der von ihm gewählten Gesellschaftsform

1 StSenkG v. 23.10.2000, BGBl. I 2000, 1433. 2 UntStRG 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 3 RG v. 4.7.1922 – IIb 2/22, RGZ 105, 101; BayObLG v. 16.2.1912, OLGE 27, 331 = KGJ 44, 341, jeweils zur Anerkennung einer GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin einer KG. 4 RFH v. 15.7.1925 – I A 18/25, RFHE 17, 91; RFH v. 24.2.1927 – I B 83/26, RFHE 21, 92.

2 | Blaurock

Wesen und Bedeutung der Unternehmungsformen | Rz. 1.6 § 1

verfolgt habe, und nachweisen, dass zur Erreichung dieser Zwecke die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Co. nicht die gegebene Form war5. Der Bundesfinanzhof hat sich diese Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes zu eigen gemacht und fortgeführt. In einer Entscheidung vom 20.8.1954 führt er aus, dass es den Steuerpflichtigen freigestellt sei, welche Rechtsform sie wählten, gerade auch im Hinblick auf die Wirkung der Besteuerung. Von den Steuerbehörden müsste sie in der konkret gewählten Form akzeptiert werden, selbst wenn sie vom wirtschaftlichen Standpunkt aus unzweckmäßig sein sollte. Nur wenn nach rechtlichen Gesichtspunkten eine andere als die gewählte Rechtsform zwingend sei, könnten die Steuerbehörden die gewählte Form beanstanden und die zwingende ihrer Besteuerung zugrunde legen6.

1.4

§ 42 AO sieht allerdings vor, dass der Steuerpflichtige beachtliche außersteuerliche Gründe für die Wahl der Gestaltung nachweisen muss, um sich von dem Vorwurf einer „unangemessenen“ rechtlichen Gestaltung entlasten zu können. Hierzu hat der BFH jedoch mit Urteil vom 18.6.20157 festgestellt, dass es „einem Steuerpflichtigen grundsätzlich unbenommen [sei], das angestrebte wirtschaftliche Ergebnis (...) durch entsprechende zivilrechtliche Vereinbarungen möglichst optimierend zu gestalten“, und das FG Hamburg8 verneinte einen Missbrauch i.S. des § 42 Abs. 2 AO, sofern der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind. Das alleinige Motiv, Steuern zu sparen, mache eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Eine rechtliche Gestaltung sei erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll. Zur Gesamtproblematik und der Position des Schrifttums näher Rz. 20.50 ff.

1.5

Gleichwohl muss davor gewarnt werden, die Wahl der Unternehmensform ausschließlich unter steuerlichen Gesichtspunkten zu treffen. Die besten Erfolgsmöglichkeiten kann sich nämlich nur derjenige Betrieb versprechen, der bei seiner konkreten rechtlichen Ausgestaltung die in Betracht kommenden wirtschaftlichen Belange maßgebend berücksichtigt hat. Hier sind die Probleme der Finanzierung, des Vertrauens, der Übersichtlichkeit und der Vereinfachung der Geschäftshandhabung, der Haftung, der Vererblichkeit des Gesellschaftsvermögens und vieles mehr in Rechnung zu stellen9.

1.6

Richtig ist es allein, diejenige Unternehmensform als auf Dauer gesehen günstigste und zweckmäßigste zu wählen, die im einzelnen Falle organisch und betriebswirtschaftlich dem Unternehmen und den von ihm verfolgten Zwecken angemessen ist. 5 6 7 8 9

RFH v. 13.3.1929 – I A 174 – 176/28, RStBl. 1929, 329 (Nr. 474). BFH v. 20.8.1954 – I 130/53 U, BFHE 59, 329 = BStBl. III 1954, 336. BFH v. 18.6.2015 – IV R 11/13 DStR 2015, 2424. FG Hamburg v. 25.11.2015 – 2 K 258/14, BB 2016, 1123. Brönner, Besteuerung der Gesellschaften, G Rz. 6; Litfin/App, Unternehmensform nach Maß, S. 484.

Blaurock | 3

§ 1 Rz. 1.7 | Einführung

2. Die zur Wahl stehenden Gesellschaftsformen

1.7 Die handelsrechtlichen, wirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Erwägungen, die in ihrer Gesamtheit für die Wahl der zweckmäßigsten und geeignetsten Gesellschaftsform bestimmend sind, lassen zugleich erkennen, warum sich der Gesetzgeber nicht mit der Normierung einer einzigen Gesellschaftsform oder einiger weniger Gesellschaftsformen begnügt hat, sondern der Wirtschaft eine Vielzahl von Gesellschaftstypen zu ihrer Wahl stellt, von denen jeder einzelne Typus nach Zwecksetzung und Inhalt für eine jeweils ganz bestimmte Art wirtschaftlicher Betätigung charakteristisch ist. 1.8 So stellt das BGB für Zusammenschlüsse von Personen zur Erreichung eines gemeinschaftlichen Zwecks den nichtwirtschaftlichen (ideellen) Verein (§ 21 BGB), den wirtschaftlichen Verein (§ 22 BGB) und den nicht rechtsfähigen Verein (§ 54 BGB) zur Verfügung. Es regelt die Verhältnisse der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft (§§ 705 ff. BGB) und der schlichten Rechtsgemeinschaft in Gestalt der Gemeinschaft nach Bruchteilen (§§ 741 ff. BGB). 1.9 Das Handelsrecht kennt neben den im HGB geregelten Personengesellschaften – der OHG, der KG und der stillen Gesellschaft, die allerdings keine Handelsgesellschaft ist, weil sie nach außen hin nicht in Erscheinung tritt – als Körperschaften die AG, die KGaA, die GmbH, die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft und den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Für die grenzüberschreitende unternehmerische Tätigkeit innerhalb der europäischen Union stehen die SE, die SEC sowie die EWIV zur Verfügung, und freiberufliche Verbindungen können in der Form der Partnerschaft gestaltet werden. 1.10 Allen diesen Gemeinschaftsformen – mit Ausnahme der schlichten Rechtsgemeinschaft – ist das Ziel eigen, durch die Zusammenfassung von Personen und Mitteln die Stellung ihrer Mitglieder als Einzelpersönlichkeiten – sei es unmittelbar, sei es mittelbar – zu stärken und einem bestimmten wirtschaftlichen oder ideellen Zweck zu dienen, dessen Verwirklichung in der Regel über die wirtschaftlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten des Einzelnen hinausgeht. Sie alle sind ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform dadurch gekennzeichnet, dass sich mehrere Personen zur Verfolgung eines gemeinschaftlichen Zwecks vereinigen, indem sie in vertragsmäßig vereinbarter oder satzungsmäßig festgelegter Weise zusammenwirken. 3. Die verschiedenen Gesellschaftszwecke

1.11 Haben alle gesellschaftlichen Unternehmungsformen einen gemeinsamen Gesamtzweck, der durch das Zusammenwirken der Beteiligten im Hinblick auf ein gemeinsames Ziel verwirklicht werden soll, so sind andererseits die Zwecke, denen die einzelnen Gesellschaftstypen zu dienen bestimmt sind, durchaus unterschiedlich. Die Verschiedenheit der Zwecke und die Verschiedenheit der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für das Zustandekommen und die Lebensentfaltung der einzelnen Gesellschaftstypen bilden die Grundlage für ihre Unterscheidung, gegenseitige Abgrenzung und praktische Verwendbarkeit. Der jeweilige Zweck bestimmt 4 | Blaurock

Wesen und Bedeutung der Unternehmungsformen | Rz. 1.14 § 1

den wirtschaftlichen und rechtlichen Inhalt des einzelnen Gesellschaftstypus und beeinflusst damit maßgebend die Wahl der Gesellschaftsform im konkreten Falle. So genügt für die Errichtung einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, dass die Gesellschafter sich durch den Gesellschaftsvertrag gegenseitig verpflichten, „die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern“ (§ 705 BGB). Der Zweck kann ein dauernder oder vorübergehender, ein wirtschaftlicher, gemeinnütziger oder ideeller sein, sofern er nur gemeinsam in dem Sinne ist, dass jeder Gesellschafter an seiner Verwirklichung in irgendeiner Weise Anteil hat.

1.12

Ähnlich verhält es sich, wenn man auf den Zweck bei der Aktiengesellschaft, der Kommanditgesellschaft auf Aktien und bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung abstellt. Das Aktiengesetz erwähnt den Gesellschaftszweck als solchen überhaupt nicht (§§ 1 und 278 AktG). Es bestimmt nur, dass die Satzung den Gegenstand des Unternehmens, d.h. das Mittel, durch das der Zweck gefördert und verwirklicht werden soll, zu bestimmen hat (§ 23 Abs. 3 Nr. 2, § 281 Abs. 1 AktG)10. Wenn auch aus dem Charakter dieser Gesellschaften als Handelsgesellschaften (§ 3 Abs. 1, § 278 Abs. 3 AktG) der Wille des Gesetzgebers zu erkennen ist, dass ihr Zweck in der Regel auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet sein soll, so braucht doch der Gegenstand des Unternehmens kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu sein. Kraft ausdrücklicher Bestimmung in den § 3 Abs. 1 und § 278 Abs. 3 AktG gelten Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien auch dann als Handelsgesellschaften, wenn der Gegenstand des Unternehmens nicht im Betrieb eines Handelsgewerbes besteht. Jeder erlaubte Zweck, mag er wirtschaftlicher oder ideeller Art sein, genügt, wohingegen ein gesetzlich unzulässiger – unsittlicher oder verbotener – Zweck die Gründung nichtig macht. § 1 GmbHG hebt dies ausdrücklich hervor, indem er bestimmt, dass Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach Maßgabe der Bestimmungen des Gesetzes zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck errichtet werden können.

1.13

Ist bei diesen Gesellschaften jeder erlaubte Zweck möglich und zulässig, so ist der Zweck, zu dessen Verwirklichung eine OHG oder KG errichtet werden kann, wesentlich enger umgrenzt. Bei diesen Gesellschaften genügt nicht jeder Zweck, auch nicht wie beim Verein i.S. des § 22 BGB ein wirtschaftlicher Zweck schlechthin, sondern nur ein Zweck, der auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma (§ 105 Abs. 1, § 105 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 i.V.m. § 2 Satz 1, § 161 Abs. 1 HGB) oder auf die Vermögensverwaltung (§ 105 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 HGB) gerichtet ist. Lediglich bei Vermögensverwaltungsgesellschaften i.S. von § 105 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 HGB besteht nicht die Notwendigkeit zum Betrieb eines Gewerbes i.S. der §§ 1 bis 3 HGB, mit dem nach h.M. das Vorhandensein einer Gewinnerzielungsabsicht unlösbar verknüpft ist. Wo es an dem Gewinnstreben fehlt, wo also nur eine De-

1.14

10 Die Bedeutung des Gesellschaftszwecks einer AG insbesondere im Hinblick auf die Auslagerung von Geschäftsbereichen auf gemeinnützige Gesellschaften wird von Kort, NZG 2011, 929 eingehend behandelt.

Blaurock | 5

§ 1 Rz. 1.14 | Einführung

ckung der Selbstkosten beabsichtigt ist, ist für die Errichtung einer OHG oder KG grundsätzlich kein Raum; ebenso wenig dort, wo die Absicht der Gesellschafter nur auf ein einzelnes oder mehrere einzelne Geschäfte und nicht auf einen für die Dauer unternommenen Kreis von Geschäften als Ganzes, als dauernde Einnahmequelle, gerichtet ist.

1.15 Bei der stillen Gesellschaft muss sich jemand, ohne dass er nach außen hin als Gesellschafter in Erscheinung tritt, am Handelsgewerbe eines anderen mit einer Vermögenseinlage, die in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht, gegen notwendige Teilnahme am Gewinn beteiligen. Die Verlustbeteiligung der stillen Gesellschafter kann durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden.

II. Die Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht 1. Typenwahlfreiheit und Typengestaltungsfreiheit

1.16 Die vom Gesetzgeber vorgenommene Typengestaltung ist regelmäßig nicht zwingend. Die Beteiligten haben infolge zahlreicher nachgiebiger Bestimmungen die Möglichkeit, über die im Gesetz vorgegebenen Typen hinaus neue Formen und Spielarten zu schaffen und ihren Inhalt abweichend von der gesetzlichen Regelung zu gestalten11. Die Gründe dafür liegen in der Funktion des Rechts, den wirtschaftlichen Interessen und Notwendigkeiten die Möglichkeit zu ihrer Entfaltung zu geben. Dieses Bedürfnis ist auf dem Gebiet des die wirtschaftliche Betätigung ordnenden Gesellschaftsrechts in einem weit stärkeren Maße vorhanden als auf denjenigen Rechtsgebieten, auf denen die Teilnahme am Wirtschaftsverkehr nicht in diesem Ausmaße gegeben ist. Deshalb wird das Gesellschaftsrecht genauso wie das Schuldrecht von den Grundsätzen der Vertragsfreiheit und der Gestaltungsfreiheit beherrscht. Damit trägt es der Differenziertheit der Lebenssachverhalte und Lebensverhältnisse und der Differenziertheit der jeweiligen Interessenlage der Beteiligten Rechnung, wahrt eine gewisse Elastizität der Rechtsform und beugt damit einer den Rechtsverkehr behindernden Erstarrung der Typen vor. 1.17 Die Vertrags- und Gestaltungsfreiheit findet in der Typenfreiheit im weiteren Sinne ihre Verwirklichung. Sie bietet den Beteiligten bei der Wahl und Ausgestaltung ihrer gesellschaftsrechtlichen Unternehmungsform folgende rechtliche Möglichkeiten: a) die freie Typenwahl als die Befugnis der Beteiligten, aus einer Vielzahl im Gesetz geregelter verkehrstypischer Gesellschaftsformen diejenige auszuwählen, die ihren Zwecken und Interessen im Einzelfall am besten entspricht; b) die inhaltliche Gestaltungsfreiheit als die Befugnis der Beteiligten, den Inhalt gesetzlich normierter Gesellschaftstypen abweichend von dem im Gesetz normierten Inhalt zu gestalten.

11 Dazu insbesondere in Bezug auf Personengesellschaften: Armbrüster, ZGR 2014, 333 (334 ff.).

6 | Blaurock

Wesen und Bedeutung der Unternehmungsformen | Rz. 1.21 § 1

2. Typenzwang und Typenbeschränkung Typenfreiheit und inhaltliche Gestaltungsfreiheit dürfen aber nicht dahin aufgefasst werden, dass der Dispositionsfreiheit der Beteiligten völlig freier Lauf gelassen wäre. Die Freiheit der Typenwahl findet ihre Grenzen im gesetzlichen Typenzwang und in der gesetzlichen Typenbeschränkung. Schreibt das Gesetz die Verwendung einer bestimmten Rechtsform zwingend vor, haben sich die Beteiligten zur Erreichung ihrer Ziele der vorgeschriebenen Rechtsform zu bedienen (gesetzlicher Typenzwang). In anderen Fällen ordnet das Gesetz an, dass bestimmte Vergemeinschaftungsformen, wie z.B. die Rechtsform des eingetragenen Vereins, der eingetragenen Genossenschaft oder der Partnerschaft, nur verwendet werden dürfen, wenn die Beteiligten in dieser Rechtsform ganz bestimmte genau umschriebene Zwecke – nichtwirtschaftliche Zwecke, Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs, Zusammenschluss zur Ausübung eines freien Berufs – verfolgen, so dass diese Rechtsformen für die Verfolgung anderer – wirtschaftlicher oder gewinnstrebender – Zwecke nicht zur Verfügung stehen (gesetzliche Typenbeschränkung)12.

1.18

Setzen somit gesetzlicher Typenzwang und gesetzliche Typenbeschränkung der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit Grenzen, so entsteht die Frage, ob durch typologische Argumentation der Gestaltungsfreiheit für Gesellschaftsverträge Grenzen dahingehend gesetzt werden können, dass ein gesetzlich normierter Gesellschaftstyp nicht willkürlich im Wege der Entlehnung von Bauelementen aus anderen Gesellschaftsformen atypisch gestaltet werden darf. Diese Frage war vor allem in den 1970er-Jahren Gegenstand zahlreicher Publikationen13.

1.19

In diesem Zusammenhang sollte festgehalten werden, dass unser Gesellschaftsrecht einen Typenzwang i.S. der Typenauswahl kennt. Es steht den Gesellschaftern nach allgemeiner Anschauung nicht frei, Gesellschaftsrechtsformen zu wählen, die ganz außerhalb des Typenkatalogs liegen. So ist die Gründung einer offenen Handelsgesellschaft mit beschränkter Haftung unzulässig. Die Fragestellung beschränkt sich also darauf, ob sich eine Beschränkung der Gestaltungsfreiheit durch die Annahme der Unzulässigkeit von Abweichungen von einem aus den gesetzlichen Regelungen entwickelten Typus einer Gesellschaftsform ergibt.

1.20

Eine Einschränkung der Gestaltungsfreiheit aufgrund der Unzulässigkeit einer Abweichung von einem „Typus“ einer Gesellschaftsform kann jedoch nicht anerkannt werden. Dafür spricht allein die Tatsache, dass die Leitbegriffe wie Wesen, Typus, Institution etc. bisher nicht scharf genug umrissen worden sind, um sie als Abgren-

1.21

12 Vgl. dazu grundlegend Paulick, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung; allgemein: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 II 4, S. 106 ff. 13 H.P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit; Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft; Teichmann, Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen; W. Ott, Die Problematik einer Typologie im Gesellschaftsrecht; Reuter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen; Schulze-von Lasaulx, ZfG 21 (1971), 325 ff.; Sack, DB 1974, 369 ff. Zusammenfassend: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 III, S. 109 ff.

Blaurock | 7

§ 1 Rz. 1.21 | Einführung

zungskriterien verwenden zu können14. Auch die historische Zufälligkeit, mit der unser Gesellschaftsrecht entstanden ist, kann die Überlegenheit und den Geltungsanspruch des gesetzlich normierten „Typus“ gegenüber der atypischen Ausgestaltung nicht rechtfertigen15. Die Stellung der Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts im achten Abschnitt des zweiten Buches des Bürgerlichen Gesetzbuches, also unter den Vorschriften über die einzelnen Schuldverhältnisse, deuten darauf hin, dass – unabhängig davon, ob man die Einbindung in das Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches als glücklich oder unglücklich ansieht – der Gesetzgeber auch für die gesellschaftsrechtlichen Verträge nur die allgemeinen Grenzen für Schuldverträge ziehen wollte16.

1.22 Neben dieser eher formalen Argumentation lässt sich die hier vertretene Ansicht aber auch mit einem Hinweis auf die Grundlagen der Vertragsfreiheit begründen. Diese stellt eines der grundlegenden Prinzipien unserer Rechtsordnung dar, weil sie den Menschen als selbständig handelndes Wesen anerkennt und es ihm ermöglicht, seine Rechtsbeziehung mitzugestalten und selbst eine Regelung seiner Lebensverhältnisse zu treffen. Insoweit stellt sich die Privatautonomie als ein Korrelat der menschlichen Freiheit dar. Sie ist nicht auf bilaterale Geschäfte beschränkt, sondern muss auch dort ihre Wirkung zeitigen, wo in multilateralen Konnexionen eine Vergemeinschaftung eines gemeinsamen Zweckes erfolgen soll. Eine Einschränkung dieses Freiheitsrechtes kann aus übergeordnetem Interesse nur dort erfolgen, wo aufgrund gesetzlicher Bestimmungen Beschränkungen gegeben sind, oder wo allgemeine Grenzen für die privatautonome Gestaltung von Rechtsverhältnissen vorliegen. 1.23 Allein diese Betrachtungsweise wird auch den praktischen Bedürfnissen gerecht. Eine interessengerechte Rechtsfortbildung auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts würde auf Grundlage der Typuslehre erschwert, wenn nicht gar überhaupt abgeschnitten, ohne dass dabei den berechtigten Bedürfnissen der Rechtsunterworfenen, die auf den Wandel der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse reagieren wollen, Rechnung getragen würde. Eine starre Typuslehre würde im Gesellschaftsrecht damit in eine bedenkliche Nähe zur Begriffsjurisprudenz geraten, ohne auf die den tatsächlichen Lebenssachverhalten zugrunde liegenden Interessen einzugehen17. 1.24 Hiermit wird nicht einer missbräuchlichen Vertrags- und Gestaltungswillkür das Wort geredet, denn die Gestaltungsfreiheit kann nur in den gesetzlich zugelassenen Grenzen ausgeübt werden. Neben den Normen des zwingenden Rechts können sich solche aber auch aus den allgemeinen Grenzen für die privatautonome Gestaltung von Rechtsverhältnissen ergeben. So ist im Rahmen von (Personen-)Gesellschaftsverträgen die sich aus dem Grundsatz der Privatautonomie ergebende Unverzicht-

14 Schulze-von Lasaulx, ZfG 21 (1971), 325 (332); Flume, BGB AT I/1, § 13 I, S. 189 f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2 IV 2 a) bb), S. 138 f. 15 Weick in Staudinger, Neubearb. 2005, Vorbem. zu §§ 21 ff. BGB Rz. 15. 16 Auf die Wertigkeit dieses Arguments weisen auch Schulze-von Lasaulx, ZfG 21 (1971), 325 und Sack, DB 1974, 369 (372) hin. 17 Sack, DB 1974, 369 (372); im Ergebnis ähnlich K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 III 3, S. 119 f.

8 | Blaurock

Wesen und Bedeutung der Unternehmungsformen | Rz. 1.26 § 1

barkeit der Selbstbestimmung zu beachten. Daneben kommt aber auch den Normen des dispositiven Rechts eine beschränkende Wirkung zu. Nach neuerem Verständnis sind diese nicht mehr generell abdingbar18, sondern haben relative Geltungswirkung. Bei Vorliegen eines Machtgefälles kann die Abbedingung einer dispositiven Norm, die zwischen gleichgeordneten Partnern zulässig ist, einen institutionellen Missbrauch enthalten. In diesem Rahmen wäre dann die Abbedingung dispositiven Rechts unzulässig. Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit von Gesellschaftsverträgen sind daher den Wertentscheidungen des Gesetzgebers zu entnehmen, die auch in dispositiven Normen zum Ausdruck gekommen sein können. Die allgemeinen Regeln des Vertrags- und Schuldrechts sind ausreichend, um diesen gesetzgeberischen Wertungen Rechnung zu tragen. Sie erfassen alle Abweichungen, die einen Missbrauch einer Gesellschaftsform enthalten und daher von Rechts wegen nicht hingenommen werden können.

1.25

3. Weitere Grenzen der Gestaltungsfreiheit Ergeben sich aus diesen Überlegungen die allgemeinen Schranken der Typen- und Gestaltungsfreiheit, so finden diese Freiheiten weiterhin ihre Grenzen in den zwingenden Rechtssätzen, die die Parteidisposition ausschließen, in den Formvorschriften, von deren Beachtung die Gültigkeit eines Rechtsgeschäfts abhängig ist, sowie in den Grundsätzen der §§ 134, 138, 242 BGB. Darüber hinaus ist für die Typenfreiheit kein Raum, wo der Gesetzgeber die Verwendung einer bestimmten Rechtsform bindend vorschreibt, wo also an die Stelle der Typenfreiheit der gesetzliche Typenzwang tritt. Aber auch die mehr oder weniger spezifizierte Umschreibung des Zwecks, der mit Hilfe der jeweiligen Gesellschaftsform erreicht werden kann und darf, ist insofern von erheblicher Bedeutung, als damit nicht nur die rechtliche Ausgestaltung des jeweiligen Gesellschaftstypus, die Art und Weise der Errichtung, die Regelung der Haftungsverhältnisse, die Wahrung der Interessen der Gesellschaftsgläubiger und die Sicherheit im Rechtsverkehr im engsten Zusammenhange stehen. Aus der Verschiedenartigkeit des Zwecks ergeben sich vor allem die Grenzen für die Verwendbarkeit der einzelnen Gesellschaftsformen im Rechtsleben und die Beschränkung der Freiheit der Typenwahl. Indem die Verwendung bestimmter Rechtsformen vom Vorhandensein eines gesetzlich festgelegten Zwecks abhängig gemacht und die Errichtung dieser Gesellschaften nur beim Vorliegen gerade dieses Zwecks oder der wesenseigenen sonstigen Merkmale gestattet werden, übt der Gesetzgeber auf die Wahl dieser Typen seinen durch rechtspolitische Erwägungen bestimmten Einfluss aus. Die Beteiligten dürfen diese ihrem Zweck oder ihren sonstigen Merkmalen nach begrenzten Gesellschaftsformen nur wählen, wenn sie auch tatsächlich den im Gesetz für ihre Verwendung festgelegten Zweck zu verwirklichen suchen und die wesensbestimmenden Merkmale beachten.

18 Busche in MünchKomm/BGB, 8. Aufl. 2018, Vor § 145 BGB Rz. 7 ff. m.w.N.

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1.26

§ 1 Rz. 1.27 | Einführung

4. Typenwechsel

1.27 Andererseits schließen sich die einzelnen Typen hinsichtlich ihrer Verwendbarkeit gegenseitig nicht aus. Sie sind in der Regel beliebig auswechselbar und geeignet, sich bei der Verwirklichung des nämlichen Zwecks gegenseitig zu ersetzen. Die Beteiligten sind – abgesehen von den Fällen des gesetzlichen Typenzwangs – nicht an einen bestimmten Typus gebunden. Ihnen ist es überlassen, ob sie eine einfachere, kompliziertere oder organreichere Gesellschaft ins Leben rufen wollen, wobei die Fragen der Kapitalbeschaffung und Kapitalaufbringung, der Haftung, des Verhältnisses der Gesellschafter untereinander, aber auch die Fragen, in welchem Ausmaß das Gesetz inhaltliche Gestaltungsfreiheit gewährt, wie hoch sich die Gründungskosten und die mit der in Aussicht genommenen Rechtsform verbundene steuerliche Belastung belaufen, und ähnliche rechtliche und betriebswirtschaftliche Erwägungen die Wahl der Unternehmungsformen beeinflussen.

III. Die Gestaltungsmöglichkeiten im Recht der stillen Gesellschaft 1. Wesensmerkmale der stillen Gesellschaft

1.28 Die Rechtsform der stillen Gesellschaft kann im Wirtschaftsleben aus den verschiedensten Beweggründen gewählt werden. Auch für die rechtliche Ausgestaltung bieten die gesetzlichen Vorschriften einen weiten Spielraum. Unabdingbar sind lediglich die Bestimmungen, nach denen eine stille Beteiligung nur an einem Handelsgewerbe zulässig und möglich ist (Rz. 4.1 f., 6.2), die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergehen muss (Rz. 7.1 ff.) und die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters nicht ausgeschlossen werden darf (Rz. 8.1 ff.). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, bleibt die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags und damit des Gesellschaftsverhältnisses im Übrigen den Beteiligten überlassen. Tatsächlich sind die Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft im Wirtschaftsleben in ihrer Mannigfaltigkeit kaum übersehbar. 1.29 Nach der gesetzlichen Regelung ist die stille Gesellschaft typischerweise eine Gesellschaft, bei der nach außen nur der Inhaber des Handelsgeschäfts in Erscheinung tritt. Er allein wird aus den im Rahmen seines Handelsgeschäfts abgeschlossenen Geschäften berechtigt und verpflichtet; er allein haftet demzufolge den Geschäftsgläubigern mit seinem gesamten Vermögen (§ 230 Abs. 2 HGB). Der stille Gesellschafter, dessen Leistung sich im gesetzlichen Regelfalle in der Erbringung seiner Vermögenseinlage erschöpft und der idealtypisch keinen Einfluss auf die Geschäftsführung und das Tätigwerden nach außen hat, ist den Gläubigern gegenüber von jeder Verantwortung und Haftung frei – im Gegensatz zum Kommanditisten auch dann, wenn er mit seiner Vermögenseinlage rückständig ist (vgl. § 171 Abs. 1 HGB).

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Wesen und Bedeutung der Unternehmungsformen | Rz. 1.31 § 1

2. Die atypische stille Gesellschaft a) Atypische Gestaltungsformen der stillen Gesellschaft Die stille Beteiligung braucht sich nicht auf die Gewinnbeteiligung zu beschränken. Der stille Gesellschafter kann sich in weitem Umfang am Geschäft des Kaufmanns beteiligen. So ist neben der unabdingbaren Gewinnbeteiligung (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB) an eine Beteiligung am Verlust, an den Anlagewerten, an den offenen und stillen Rücklagen oder an einem etwaigen Geschäfts- oder Firmenwert zu denken. Dem stillen Gesellschafter können auch Verwaltungsrechte eingeräumt werden, die über die Informationsrechte des § 233 HGB weit hinausgehen (siehe Rz.12.45 ff.). Die Verwaltungsrechte müssen sich nicht auf ein allgemeines oder nur für bestimmte Geschäfte geltendes Zustimmungs- oder Widerspruchsrecht beschränken, sondern es können auch Geschäftsführungsbefugnisse übertragen werden. Die Geschäftsführungsbefugnis kann dem stillen Gesellschafter zusammen mit oder neben dem Geschäftsinhaber, aber auch allein zustehen (siehe näher Rz. 12.36 ff.)19. Im Innenverhältnis kann die Stellung des stillen Gesellschafters der eines persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG oder eines Kommanditisten angeglichen werden; so, wenn im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist, dass im Verhältnis der Beteiligten untereinander das Recht der OHG oder KG gelten soll. Nach den im Innenverhältnis getroffenen Abmachungen kann der stille Gesellschafter sogar der eigentliche Betreiber und Leiter des Handelsgeschäftes sein, während der nach außen allein in Erscheinung tretende Inhaber tatsächlich die Stellung eines Strohmanns einnimmt, der über keine eigenen Mittel verfügt. Nach den internen Vereinbarungen ist er dann verpflichtet, den Weisungen des stillen Gesellschafters Folge zu leisten, was jedoch auf seine Befugnis, nach außen zu handeln, keinen Einfluss hat. Diese Befugnis beruht auf seiner Eigenschaft als Geschäftsinhaber und kann ihm daher nicht durch den Gesellschaftsvertrag entzogen werden20. Es kann auf diese Weise die stille Gesellschaft im Innenverhältnis in mehr oder weniger starkem Ausmaße der OHG oder KG angenähert werden. Bestehen an einem Handelsgewerbe mehrere stille Gesellschaften, so können sich die mehreren Gesellschafter im Innenverhältnis eine körperschaftliche Verfassung geben und ihren Zusammenschluss in seiner inneren Struktur einer Kapitalgesellschaft annähern (Rz. 4.27 f.). Die mehreren stillen Gesellschafter können eine Gesellschafterversammlung bilden und Beschlüsse fassen, die für den Inhaber verbindlich sind. Sie können seine Geschäftsführung durch einen aus ihren Reihen gebildeten Ausschuss nach Art des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft überwachen lassen, wobei dem Inhaber wiederum nur die Stellung eines im Innenverhältnis weisungsgebundenen Geschäftsführers zukommen kann (siehe Rz. 6.59).

1.30

In der Praxis wird mitunter auch nach Gestaltungen gesucht, um Vermögensrechte in diversifizierten Unternehmensgruppen auf die Ergebnisse von bestimmten Geschäftsbereichen zu beschränken. Der stille Gesellschafter kann sich auf eine Beteiligung an einem bestimmten Unternehmenssegment beschränken (sog. partielle aty-

1.31

19 Vgl. zu den Einzelheiten Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 68, 185. 20 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 195, 215 ff.; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 91.

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§ 1 Rz. 1.31 | Einführung

pische stille Beteiligung) und braucht sich nicht an dem ganzen Handelsgeschäft zu beteiligen21. Dies erfordert – neben entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Konstrukten – eine separate Rechnungslegung für die jeweiligen Bereiche mit einer Vielzahl von Zuordnungsfragen im Gemeinkostenbereich. b) Zulässigkeit der atypischen Gestaltungsformen der stillen Gesellschaft

1.32 Obwohl in diesen Fällen die Rechtsgestaltung von der Regelung der §§ 230 ff. HGB erheblich abweicht und die Rollen, die das Gesetz dem Inhaber des Handelsgewerbes und dem stillen Gesellschafter zugedacht hat, im Innenverhältnis völlig vertauscht sein können, hält die h.M. derartige „atypische“ Gebilde im Rahmen des nachgiebigen Rechts für möglich und zulässig und wendet auch auf sie grundsätzlich die für die stille Gesellschaft geltenden Vorschriften an (Rz. 4.26 ff., 20.59 ff.). Es liegt bei solcher Vertragsgestaltung nämlich weder ein Scheingeschäft (§ 117 BGB) noch ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) vor. 1.33 Ein Scheingeschäft ist nicht gegeben, weil der übereinstimmende Wille der Beteiligten ernstlich auf die Errichtung einer solchen vom Normaltypus abweichenden stillen Gesellschaft gerichtet ist. Der Gesellschaftsvertrag wird nicht „nur zum Schein“ abgeschlossen. Auch wird durch ihn in Ermangelung eines gesamthänderisch gebundenen Vermögens und einer gemeinschaftlichen Firma kein anderes Gesellschaftsverhältnis – etwa das einer OHG oder KG – verdeckt (§ 117 Abs. 2 BGB), denn gerade der in der Form einer so ausgestalteten stillen Gesellschaft erstrebte Erfolg – der Ausschluss jeglicher Haftung des stillen Gesellschafters trotz Mitwirkung an der Unternehmensleitung und das Nichtbekanntwerdenlassen der Beteiligten nach außen – entspricht dem im Gesellschaftsvertrag verbindlich niedergelegten wirklichen Willen der Beteiligten, die sich der Abweichung der von ihnen geschaffenen Rechtsform vom Normaltypus durchaus bewusst sind. 1.34 Auch die §§ 134 und 138 BGB können zur Bekämpfung der geschilderten Typenabwandlung nicht herangezogen werden; § 134 BGB nicht, weil das Gesellschaftsrecht nicht verbietet, Personenvereinigungen in anderer als in der im Gesetz vorgesehenen Form und Ausgestaltung zu errichten. Das wäre nur der Fall, wenn der gesetzlichen Regelung der einzelnen Gesellschaftstypen die Tragweite beizumessen wäre, dass ihre Errichtung nur nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften erfolgen dürfe und dass nach dem Willen des Gesetzgebers jede andere Gestaltung ausgeschlossen sein soll. Nur dann könnte geltend gemacht werden, dass die gewählte Form eine Umgehung des Gesetzes darstelle oder gegen ein gesetzliches Verbot verstoße und deshalb nichtig sei. Ein solcher, jegliche Gestaltungsfreiheit ausschließender Typenzwang gilt nicht für die stille Gesellschaft. Ebenso wenig verstößt die Errichtung einer „atypischen“ stillen Gesellschaft nach Beweggrund, Zweck und Inhalt gegen die guten Sitten (§ 138 BGB), es sei denn, dass sie im einzelnen Falle zum Zwecke des Kreditschwindels oder der Gläubigerschädigung vorgenommen wird. Deshalb ent21 BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, DStR 1996, 463 f. = GmbHR 1996, 378; Breuninger/Prinz, DStR 1996, 1761 (1764); Kauffeld, Die partielle Unternehmensbeteiligung, 2007, S. 203 ff.

12 | Blaurock

Wesen und Bedeutung der Unternehmungsformen | Rz. 1.36 § 1

fällt regelmäßig die Anwendbarkeit der §§ 226, 826 BGB. Diese Vorschriften können nur zum Zuge kommen, wenn es sich um einen die vorsätzliche Schädigung anderer Personen bezweckenden, sittenwidrigen Gesellschaftsvertrag handelt. c) Anwendbarkeit der §§ 230 ff. HGB auf die atypischen Gestaltungsformen Lassen sich hiernach – von Ausnahmefällen abgesehen – gegen Abwandlungen des stillen Gesellschaftsvertrags keine Bedenken erheben, so bleibt zu prüfen, ob auf die atypische stille Gesellschaft die Vorschriften der §§ 230 ff. HGB uneingeschränkt angewendet werden können oder ob nicht im einzelnen Falle eine davon abweichende Beurteilung geboten ist. Das soll im Zusammenhang mit den Einzelfragen des Rechts der stillen Gesellschaft untersucht werden. Schon hier aber sei vermerkt, dass im Steuerrecht die atypische stille Gesellschaft nicht als stille Gesellschaft, sondern als „Mitunternehmerschaft“ behandelt und damit den handelsrechtlichen Personengesellschaften gleichgestellt wird (Rz. 20.59).

1.35

IV. Zusammenfassung Für die Wahl der Unternehmungsform sind wirtschaftliche, betriebswirtschaftliche, handelsrechtliche und steuerrechtliche Erwägungen bestimmend. Dabei treten die Erwägungen über die „steuerlich günstigste“ Unternehmungsform immer stärker in den Vordergrund. Es sollte jedoch für ihre Wahl die Frage nach der Höhe der steuerlichen Belastung nicht allein ausschlaggebend sein. Auf längere Sicht gesehen erweist sich nur diejenige Unternehmungsform als die betriebswirtschaftlich „richtige“, die im konkreten Fall organisch dem Unternehmen und den von ihm verfolgten wirtschaftlichen Zwecken angepasst ist. Die Beteiligten können nicht nur aus einer Vielzahl im Gesetz geregelter typischer Gesellschaftsformen diejenige auswählen, die ihren Zwecken und Interessen am besten entspricht (freie Typenwahl); sie können auch den Inhalt der Gesellschaftsformen abweichend von der gesetzestypischen Regelung gestalten (inhaltliche Gestaltungsfreiheit) und neue atypische Formen schaffen (Typenfreiheit im engeren Sinne), wobei jedoch die Parteiautonomie in zwingenden gesetzlichen Vorschriften ihre Schranken findet. Besonders gestaltungsfähig ist die Rechtsform der stillen Gesellschaft, weil die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen im wesentlichen nachgiebiges Recht enthalten und der Gestaltungsfreiheit der Beteiligten einen weiten Spielraum lassen. Durch entsprechende Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag kann die stille Gesellschaft – beschränkt auf das Innenverhältnis – den handelsrechtlichen Personengesellschaften weitgehend angenähert werden. Aber auch eine Annäherung an die Körperschaften ist möglich, indem ihr im Innenverhältnis eine körperschaftliche Verfassung gegeben wird. Die im Wirtschaftsleben am weitesten verbreitete Abwandlung liegt vor, wenn der stille Gesellschafter nicht nur am laufenden Gewinn, sondern auch an der Geschäftsführung und an den Anlagewerten, an den Rücklagen und am Geschäfts- oder Firmenwert beteiligt wird. Auch auf solche atypischen stillen Gesellschaften wendet Blaurock | 13

1.36

§ 1 Rz. 1.36 | Einführung

die h.M. im Wesentlichen die Vorschriften über die typische stille Gesellschaft an. Es liegt weder ein Scheingeschäft noch ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten vor. Im Steuerrecht dagegen wird die atypische stille Gesellschaft als „Mitunternehmerschaft“ angesehen und zufolge der das Steuerrecht beherrschenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise den handelsrechtlichen Personengesellschaften gleichgestellt.

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§2 Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform, insbesondere die Gründe für ihre Wahl Schrifttum: Assmann, Heinz-Dieter/Hütten, Hilmar, Das elektronische Transparenzregister – Mitteilungs- und Angabepflichten, AG 2017, 449; Blaurock, Uwe/Pordzik, Philipp, Der wirtschaftlich Berechtigte im Sinne des Transparenzregisters – Offenlegungspflichten für stille Beteiligungsstrukturen?, NZG 2019, 413; Bochmann, Christian, Zweifelsfragen des neuen Transparenzregisters, DB 2017, 1310; Curtius-Hartung, Die stille Gesellschaft – Überlegungen aus handelsrechtlicher, steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht, StbKRep 1987, 223; v. Einem, Christoph, Stock-Options: Eine aktuelle Gestaltungsform der Mitarbeiterbeteiligung für Wachstumsunternehmen, in Haarmann, Hemmelrath & Partner, Gestaltung und Analyse der Rechts-, Wirtschafts- und Steuerberatung von Unternehmen, 1998, S. 389; Esch, Günter/ Baumann, Wolfgang/Schulze zur Wiesche, Dieter, Handbuch der Vermögensnachfolge, 7. Aufl. 2009; Felix, Günther, Beteiligungsformen nichttätiger Abkömmlinge an Familien-Personenunternehmen, DStZ 1988, 73; Felix, Günther/Streck, Michael, Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren, DStR 1977, 42; Fella, Günter, Die stille Gesellschaft im ESt-Recht, StWa 1992, 101; Fox, Thomas/Hüttche, Tobias/Lechner, Florian, Mitarbeiterbeteiligung an der GmbH, GmbHR 2000, 521; Kußmaul, Heinz, Unternehmenskinder, 1983; Lasa, Franziska, Die stille Beteiligung als Gestaltungsmittel der Vermögensnachfolge, ZEV 2010, 433; Lienau, Alexander/ Lotz, Thomas, Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen und die steuerlichen Konsequenzen, DStR 1991, 618; Mayen, Thomas, Privatisierung öffentlicher Aufgaben: Rechtliche Grenzen und rechtliche Möglichkeiten, DOV 2001, 110; Rams, Andreas/Remmen, Jan, Perspektiven der Venture-Finanzierung in Deutschland, Die Bank 1999, 687; Rieble, Volker, Wegfall der steuerrechtlichen Sperrfrist für die Vermögensbildung von Arbeitnehmern, BB 2002, 731; Robisch, Martin, Optimale Schütt-aus-Hol-zurück-Politik von Kapitalgesellschaften und Wandel der Tarifstruktur, DStR 1994, 334; Schanz, Kay-Michael, Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, NZA 2000, 626; Schlitt, Michael/Beck, Markus, Spezielle Probleme bei stillen Beteiligungen im Vorfeld eines Börsengangs, NZG 2001, 688; Siddiqui, Sikandar, Die stille Gesellschaft als Instrument der Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung, in Henselmann, Steuerpolitik und Steuerreform im Spiegel ökonomischer Analysen, 2001, S. 69; Sturm, Friedrich, Das neue Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbildungen (Vermögensbeteiligungsgesetz), WM 1984, 753; Vollmer, Lothar/Maurer, Torsten, Die Eignung von sanierenden stillen Beteiligungen und Sanierungsgenussscheinen zur Abwehr der Überschuldung, DB 1994, 1173; Wionzeck, Lukas/Scheerer, Marie-Luise, Mitteilungspflicht über stille Gesellschafter durch das Transparenzregister?, NZG 2018, 217; Wittkowski, Ansas/Westmeier, Christian, Steuerliche Auswirkungen der stillen Gesellschaft, BC 2010, 422; Zacharias, Erwin/Hebig, Michael, Die Auswirkungen des Haushaltsbegleitgesetzes 1989 auf das 5. VermBG und auf § 19a EStG, FR 1989, 317.

I. Beweggründe auf Seiten des stillen Gesellschafters Auf Seiten des stillen Gesellschafters wird für die Übernahme einer stillen Beteiligung in der Regel der Wunsch nach einer günstigen Kapitalanlage bestimmend sein, die einen größeren Ertrag als Bankzinsen oder Aktiendividenden abwirft und

Blaurock | 15

2.1

§ 2 Rz. 2.1 | Einführung

die zugleich in der persönlichen Tüchtigkeit und Verantwortlichkeit des Inhabers des Handelsgeschäfts eine relative Sicherheit bietet.

2.2 Ist dem Geldgeber darüber hinaus an einer Sachwertsicherung gelegen, so kann im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass seine Beteiligung sich nicht auf den laufenden Jahresgewinn beschränken, sondern sich auf das Anlagevermögen, insbesondere auf die offenen und stillen Rücklagen und auf einen etwaigen Geschäfts- oder Firmenwert erstrecken soll (sog. atypische stille Beteiligung; Rz. 4.26 ff.). 2.3 Auch der Wunsch, die Kapitalanlage vor der Öffentlichkeit geheim zu halten (zum Transparenzregister Rz. 2.16 ff.), ein möglichst geringes Risiko einzugehen, am Verlust des Geschäfts entweder überhaupt nicht teilzunehmen oder die Verlustgefahr auf den Betrag der Vermögenseinlage zu beschränken, bestimmt häufig die Wahl der stillen Gesellschaft. Diese Wünsche lassen sich in der Form einer Kapitalgesellschaft, einer handelsrechtlichen Personengesellschaft oder eines schuldrechtlichen Darlehensvertrags nicht immer verwirklichen. Die mit der Beteiligung an einer handelsrechtlichen Personengesellschaft notwendig verbundene Publizität, die unbeschränkte gesamtschuldnerische Haftung der Komplementäre und die grundsätzlich persönliche Mitwirkung aller Gesellschafter bei der Geschäftsführung und Vertretung einerseits, die mangelnde Einflussmöglichkeit auf die Verwendung und Erhaltung des Beteiligungskapitals beim Darlehen, aber auch bei der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft andererseits, entsprechen oftmals nicht den Absichten der Beteiligten. 2.4 Der Wunsch nach sicherer Kapitalanlage ist jedoch nicht der einzige Beweggrund für den stillen Gesellschafter. Vielfach sind es auch wirtschaftliche Gründe, die für die Übernahme einer stillen Beteiligung bestimmend sind. In Fällen, wo jemand aus Gründen, die in seiner Person oder in seiner beruflichen oder gesellschaftlichen Stellung liegen, ein Handelsgewerbe nicht selbst betreiben darf, kann oder will, wird eine andere Person als Geschäftsführer vorgeschoben, wohingegen der stille Gesellschafter im Innenverhältnis der eigentliche Herr und Leiter des Unternehmens ist. Die stille Beteiligung wird auch dort gewählt, wo jemand mit Konkurrenten des Geschäftsinhabers in geschäftlichen Beziehungen steht, die durch das Bekanntwerden des Beteiligungsverhältnisses gefährdet werden könnten. Zu denken ist weiter an die im Wirtschaftsleben, insbesondere im Lebensmittelgroßhandel und bei Brauereien, nicht seltenen Fälle, in denen sich ein Unternehmer mit Hilfe von stillen Beteiligungen einen bestimmten Abnehmerkreis oder feste Bezugsquellen sichern oder den Wettbewerb ausschalten will. Auch die Möglichkeit, die stille Beteiligung bei diversifizierten Unternehmen auf einen selbständig abgrenzbaren Geschäftszweig (vgl. Rz. 6.51) beschränken zu können, entspricht oftmals dem Interesse der Anleger, an der Entwicklung einzelner Geschäftszweige unmittelbar zu partizipieren. 2.5 Viele Ziele, die der Geldgeber mit der typischen stillen Beteiligung verfolgt, lassen sich auch mit der Gewährung eines partiarischen Darlehens erreichen. Steuerliche Vorteile gegenüber dem partiarischen Darlehen bietet die stille Gesellschaft kaum noch. Die ehemals attraktiven Verlustnutzungsmöglichkeiten wurden in den letzten Jahren sukzessive eingeschränkt und die beiden Rechtsformen zuletzt durch das Un-

16 | Blaurock

Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform | Rz. 2.8 § 2

ternehmensteuerreformgesetz 2008 auch gewerbesteuerlich angeglichen1. Der Geschäftsherr wird zudem durch höhere Informations- und Mitspracherechte des Geldgebers belastet2.

II. Beweggründe auf Seiten des Inhabers des Handelsgeschäfts 1. Zivilrechtliche Beweggründe Ebenso vielfältig sind die Gründe, die den Inhaber eines Handelsgeschäfts zur Aufnahme eines stillen Gesellschafters bewegen können. Er will auf längere Zeit mit der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters arbeiten, ohne befürchten zu müssen, dass ihm diese kurzfristig gekündigt wird. Er will geheim halten, dass er genötigt ist, mit fremdem Geld zu arbeiten. Der Name des Geldgebers soll aus Wettbewerbsgründen nicht bekannt werden (zum Transparenzregister Rz. 2.16 ff.), oder der Geschäftsinhaber, der eine Konzession nur auf seinen Namen erhalten hat, kann sein Handelsgewerbe aus diesem Grunde nicht unter der Firma einer OHG oder KG betreiben und nimmt deshalb einen stillen Gesellschafter auf, der ihm das erforderliche Betriebskapital zur Verfügung stellt (vgl. dazu Rz. 9.74).

2.6

Die stille Beteiligung kann für den Geschäftsinhaber insofern vorteilhafter als die Aufnahme eines Darlehens sein, als sie zu einer Herabsetzung der fixen Kosten für die Fremdkapitalverzinsung führen kann, was wiederum für die Liquidität des Unternehmens günstig ist, weil sich der stille Gesellschafter je nach dem Geschäftsergebnis des betreffenden Jahres mit einer geringeren Gewinnquote begnügen muss. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen hat die ertragsabhängige Ergebnisbelastung und die einfache Anpassung der Kapitalausstattung entscheidende Bedeutung3. Auch für Sanierungszwecke kann die stille Gesellschaft eine geeignete Rechtsform sein, um einem finanziell Not leidenden Unternehmen neues Kapital zuzuführen4. Die stille Beteiligung an nicht börsennotierten mittelständischen Unternehmen wird durch die Errichtung von Unternehmensbeteiligungsgesellschaften gefördert (§ 1a Abs. 1 und 2 UBGG).

2.7

Häufig entsteht eine stille Gesellschaft im Zusammenhang mit der Auflösung einer handelsrechtlichen Personengesellschaft oder mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters, der der Gesellschaft seinen bisherigen Kapitalanteil weiterhin als Vermögenseinlage belässt. Das hat für den nunmehr nur noch still Beteiligten den Vorteil, dass seine persönliche Haftung für nach seinem Ausscheiden entstandene Verbindlichkeiten entfällt (§§ 159, 160 HGB) und dass er seine Einlage zurückfordern kann, ohne sich – wie als Kommanditist – der Gefahr einer erneuten persönlichen Haftung aussetzen zu müssen (§ 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 HGB).

2.8

1 Eine unterschiedliche Behandlung erfahren stille Beteiligungen und partiarische Darlehen nach wie vor in den meisten Doppelbesteuerungsabkommen. 2 Lienau/Lotz, DStR 1991, 622. 3 Curtius-Hartung, StbKRep 1987, 225. 4 Vgl. dazu näher Vollmer/Maurer, DB 1994, 1173.

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§ 2 Rz. 2.9 | Einführung

2.9 Bei Kapitalgesellschaften kann durch die Begründung einer stillen Gesellschaft gelegentlich eine sonst erforderliche Kapitalerhöhung ersetzt werden. Gleichzeitig bietet die stille Beteiligung den Vorteil, dass die Einlage des stillen Gesellschafters leichter rückzahlbar ist als der Anteil am Gesellschaftsvermögen; es bedarf nicht der förmlichen Kapitalherabsetzung. 2.10 Insbesondere mittelständischen Unternehmen wird durch stille Beteiligungen an einzelnen Geschäftsbereichen die Möglichkeit eröffnet, bestimmte Projekte und Innovationen zu finanzieren. Auch können sie wichtige Lieferverhältnisse oder Geschäftsbeziehungen durch Bindung der Geschäftspartner mittels stiller Beteiligung sichern. 2. Steuerrechtliche Beweggründe

2.11 Vor allem bietet die Form der stillen Gesellschaft nicht unbeachtliche steuerliche Vorteile. Nachdem im Steuerrecht heute auch die stille Beteiligung von Aktionären oder GmbH-Gesellschaftern an ihrer Gesellschaft, ja sogar die stille Beteiligung des Einmanngesellschafters an seiner eigenen Gesellschaft anerkannt wird, eröffnen sich Möglichkeiten und Wege für wirtschaftliche Verflechtungen und gegenseitige Beteiligungen, die zu durchaus legalen Steuerersparnissen führen können (Rz. 23.1 ff.). 2.12 Wesentliche steuerrechtliche Bedeutung erlangt die stille Gesellschaft als Gestaltungsmittel zur Verlagerung von Einkünften. Ziel ist es, durch die Nutzung von Freibeträgen und Progressionsvorbehalten eine niedrigere Steuerbelastung für die Familie insgesamt zu erreichen. So können Einzel- und Mitunternehmer Einkünfte beispielsweise auf nahe Angehörige progressionsmindernd verlagern. Bei Eingreifen der Abgeltungsteuer für Kapitaleinkünfte führt die Verlagerung von Einkünften aufgrund des einheitlichen Abgeltungsteuersatzes nicht mehr zu einer Progressionsminderung. Bei Verlagerung von Einkünften auf Verwandte dürfte jedoch regelmäßig der Ausnahmetatbestand nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG gegeben sein, so dass eine Progressionsminderung auch weiterhin genutzt werden kann. 2.13 Die stille Gesellschaft kann aber auch als Verlusttransfervehikel genutzt werden, um beispielsweise Anlaufverluste einer GmbH von der Gesellschafts- auf die Gesellschafterebene zu transferieren und dadurch der sog. Verlustfalle der Kapitalgesellschaft zu entgehen. Dort können die Verluste dann mit positiven Einkünften steuermindernd verrechnet werden. Hierbei sind allerdings die Grenzen der Verlustverrechnung (§ 2 Abs. 3, § 10d, § 15 Abs. 4 Sätze 6 bis 8 und § 15a EStG) und der Abziehbarkeit von Finanzierungsaufwendungen (§ 4h EStG und § 8a KStG) zu berücksichtigen. Die stille Gesellschaft kommt somit wie die GmbH & Co. KG als Gestaltungsmittel in Betracht, wenn die Vorteile der Kapitalgesellschaft (insbesondere die Haftungsbegrenzung) mit denen der Personengesellschaft (insbesondere die angesprochene direkte Gewinn- und Verlustzurechnung) kombiniert werden sollen. 2.14 In gewerbesteuerlicher Hinsicht können sich Vorteile daraus ergeben, dass für die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG ein Freibetrag von 100 000 Euro besteht. Dem gewerbesteuerlichen Vorteil steht allerdings der Nachteil gegenüber, dass beispielsweise Geschäftsführervergütungen, die ein atypisch stiller Gesellschafter erhält, 18 | Blaurock

Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform | Rz. 2.16 § 2

zum Gewerbeertrag zählen. Gewerbesteuerliche Vorteile können sich auch durch die Vereinbarung von atypisch stillen Gesellschaften an einzelnen Geschäftsbereichen des Geschäftsinhabers ergeben. Jede Sparte, an der eine atypische stille partielle Beteiligung besteht, stellt nach Ansicht der Rechtsprechung5 einen eigenen Gewerbebetrieb dar, so dass der Freibetrag mehrfach zur Anwendung kommt. Allerdings ist im Gegenzug ein Ergebnisausgleich zwischen den verschiedenen Sparten nicht möglich. Bei der Gestaltung der Gesellschaftsverträge ist allerdings darauf zu achten, dass alle Mindestanforderungen der stillen Gesellschaft berücksichtigt werden. Besondere Sorgfalt sollte darauf verwendet werden, dass die steuerrechtlichen Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft je nach Wunsch vermieden oder geschaffen werden. Gerade diese Frage führt in der Praxis zu Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung und letztlich zu langwierigen Gerichtsverfahren. Im Übrigen ergibt sich ein weites Feld individueller Gestaltungsmöglichkeiten, die den besonderen wirtschaftlichen, psychologischen und rechtlichen, aber auch steuerrechtlichen Situationen des Einzelfalles gerecht werden können.

2.15

III. Auswirkungen des Transparenzregisters Mit der am 26.6.2017 in Kraft getretenen Neufassung des Geldwäschegesetzes wurde die Vierte EU-Geldwäscherichtlinie in nationales Recht umgesetzt. Ziel ist die Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung. Dieses Ziel soll unter anderem durch die Einrichtung eines Transparenzregisters erreicht werden. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 GwG müssen alle juristischen Personen des Privatrechts sowie eingetragene Personengesellschaften die in § 19 Abs. 1 GwG aufgeführten Angaben zu ihren wirtschaftlich Berechtigten einholen, aufbewahren und der registerführenden Stelle unverzüglich zur Eintragung in das Transparenzregister mitteilen. Für Gesellschaften, die an einem organisierten Markt nach § 2 Abs. 11 WpHG notiert sind oder den Gemeinschaftsrecht entsprechenden Transparenzanforderungen im Hinblick auf Stimmrechtsanteile oder gleichwertigen internationalen Standards unterliegen, gilt jedoch die Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 Satz 2 GwG. Damit müssen stille Beteiligungen an derartigen Gesellschaften von vornherein nicht offenbart werden. Auch stille Beteiligungen an dem Handelsgewerbe eines Einzelkaufmanns müssen nicht offengelegt werden. Kaufmännische Rechtsträger, die nicht der Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 Satz 2 GwG unterfallen, können jedoch zur Offenlegung stiller Beteiligungen verpflichtet sein. Dies ist dann der Fall, wenn der Stille als wirtschaftlich Berechtigter anzusehen ist. Maßgeblich ist in entsprechender Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 GwG i.V.m. § 19 Abs. 2 Satz 1 GwG, ob die Vereinigung letztlich unter der Kontrolle des still Beteiligten steht. Der Begriff der Kontrolle ist weit auszulegen und erfasst neben

5 Hierzu grundlegend BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 (686) = GmbHR 1996, 378.

Blaurock | 19

2.16

§ 2 Rz. 2.16 | Einführung

mitgliedschaftlich begründeten Einflussmöglichkeiten auch solche, die auf anderweitigen schuldrechtlichen Abreden beruhen oder rein tatsächlich vorliegen.6

2.17 Trotz des weiten Begriffsverständnisses sind typische stille Beteiligungen im Transparenzregister nicht offenzulegen. Die typische stille Gesellschaft ist durch das Fehlen jeglicher Beteiligung des Stillen am Vermögen des Handelsgewerbes sowie an dessen Geschäftsführung gekennzeichnet, sodass es an der notwendigen Kontrolle des typisch still Beteiligten über die Geschicke des kaufmännischen Unternehmens fehlt. 2.17a Schwieriger gestaltet sich die Beurteilung atypisch still Beteiligter. Weitgehend wird auch für diese Art der Ausgestaltung eine Offenlegungspflicht abgelehnt.7 Dem ist jedoch angesichts des weiten Begriffsverständnisses der Kontrolle und in Ermangelung einer gesetzlichen Ausnahmeregelung nicht zu folgen. Sofern der Gesellschaftsvertrag der stillen Gesellschaft dem still Beteiligten Rechte einräumt, die diesem ermöglichen, Kontrolle auf die kaufmännisch tätige Gesellschaft auszuüben, sind derartige Beteiligungsverhältnisse offenzulegen.8 2.17b Die inhaltliche Konturierung des Kontrollbegriffs erweist sich als diffizil. Letztlich sollen diejenigen Personen erfasst werden, die ihre wirtschaftlichen Interessen durch die Einflussnahme auf eine Vereinigung durchzusetzen vermögen und ihre Identität daher hinter einer Gesellschaftsstruktur verbergen können. Angesichts dieser Zielvorgabe liegt es nahe, den steuerrechtlichen Typusbegriff der Mitunternehmerschaft als Leitprinzip heranzuziehen. Eine verlässliche Bewertung kann der Mitunternehmerschaft im Hinblick auf die Kontrolle im Sinne des Transparenzregisters allerdings nicht entnommen werden. Es sind Fallkonstellationen denkbar, in denen zwar eine steuerrechtliche Mitunternehmerschaft vorliegt, diese jedoch primär durch ein gesteigertes Unternehmerrisiko begründet wird. Aufgrund geringer ausgeprägter Unternehmerinitiative kann dann nicht von einer Kontrolle des still Beteiligten über die Geschicke des kaufmännischen Rechtsträgers ausgegangen werden. Darüber hinaus zeigen die Regelbeispiele des § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG, dass die einem Kommanditisten vergleichbare Rechtsstellung keine Kontrolle im Sinne des Geldwäschegesetzes zu begründen vermag. Im Gegensatz zur Mitunternehmerschaft erst recht nicht ausreichend sind bloße Auskunftsrechte wie in § 716 Abs. 1 BGB. Es ist deshalb stets eine Einzelfallprüfung in Orientierung an der Zielsetzung der Vorschrift sowie den aufgeführten Regelbeispielen erforderlich. Die Klärung der kontrollrechtlichen Bedeutung einzelner Vertragsgestaltungen ist dabei Aufgabe der Rechtsprechung. Angesichts der bis dahin bestehenden Unsicherheit und der möglichen Sanktionen ist hinsichtlich der Angaben zum Transparenzregister daher eher eine informationsfreundliche Vorgehensweise zu empfehlen oder von der Einräumung gesellschaftsvertraglicher Einflussmöglichkeiten zurückhaltend Gebrauch zu machen.

6 Hierzu sowie zum Folgenden ausführlich Blaurock/Pordzik, NZG 2019, 413 (414 f.). 7 Bochmann, DB 2017, 1310 (1314); Wionzeck/Scheerer, NZG 2018, 217 (219); Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 61. 8 Ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 11.

20 | Blaurock

Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform | Rz. 2.18 § 2

Mit Einführung eines Transparenzregisters fand eine bislang nicht dagewesene Publizitätspflicht Eingang in das deutsche Rechtssystem. Die Berücksichtigung legitimer Interessen an stillen Beteiligungsstrukturen rückt auf dem politischen Parkett zunehmend in den Hintergrund. So wird in den Erwägungsgründen der Fünften Geldwäscherichtlinie vom 30.5.2018 ausgeführt, es sei offensichtlich, dass die allgemeine Transparenz des wirtschaftlichen und finanziellen Umfelds der Union weiter verbessert werden müsse.9 Daher soll die Einsichtnahme in das Transparenzregister zukünftig allen Mitgliedern der Öffentlichkeit ermöglicht werden.10 An der bisherigen Restriktion des berechtigten Interesses wird damit nicht länger festgehalten.

2.17c

IV. Die stille Gesellschaft als Familiengesellschaft Weit verbreitet ist die stille Gesellschaft als Mittel zur Sicherung der Familienangehörigen, zur Vorsorge für den Todesfall des Geschäftsinhabers, zur Verhinderung einer Zersplitterung des Anteilsbesitzes und damit als Mittel zur Abwendung der Gefahr einer Überfremdung durch den Eintritt von nicht zur Familie gehörigen Personen oder der Gefahr der Entziehung flüssiger Mittel aus dem Unternehmen. Mit Hilfe stiller Beteiligungen können der Familie die wirtschaftlichen Grundlagen des Unternehmens erhalten bleiben und kann im Falle des Todes des Inhabers der ungehinderte Fortbestand des Unternehmens gewährleistet werden. Besondere Bedeutung erlangt dieser letzte Gesichtspunkt, wenn eine Übergangszeit überbrückt werden muss, weil die als Nachfolger bestimmten Abkömmlinge erst heranwachsen oder sich noch in der Ausbildung befinden, oder weil die Last der Arbeit und Verantwortung nur allmählich auf jüngere Schultern gelegt werden soll11. In solchen Fällen können die Kinder zunächst als stille Gesellschafter beteiligt werden, indem ihnen der zur Leistung der Vermögenseinlage erforderliche Betrag vom Inhaber schenkungsweise zur Verfügung gestellt wird (Rz. 7.18 ff.). Auf diese Weise wird

9 Erwägungsgrund (4) der RL (EU) 2018/843 des europäischen Parlaments und des Rates vom 30.5.2018 zur Änderung der RL (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU. 10 Änderung Nr. 15 c des Artikels 30 V der Geldwäscherichtlinie durch die RL (EU) 2018/ 843 des europäischen Parlaments und des Rates vom 30.5.2018 zur Änderung der RL (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/ EG und 2013/36/EU; siehe auch Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie vom 9.10.2019, BT-Drucks. 19/13827, 50; zu Zweifeln an der Verfassungskonformität dieser weitreichenden Publizitätspflicht Assmann/Hütten, AG 2017, 449 (450); Kirchhof, Wortprotokoll der 110. Sitzung des Finanzausschusses, Protokoll-Nr. 18/110 v. 24.4.2017, S. 28; Kirchhof, Stellungnahme, Öffentliche Anhörung, Finanzausschuss des Deutschen Bundestages, 6.11.2019, Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur vierten EU-Geldwäscherichtlinie, abrufbar unter (Stand 21.1.2020). 11 Vgl. Kußmaul, Unternehmenskinder, S. 283 ff.

Blaurock | 21

2.18

§ 2 Rz. 2.18 | Einführung

durch die stille Beteiligung die Anwartschaft derjenigen Erben sichergestellt, die als künftige Geschäftsinhaber ausersehen sind. Zu denken ist auch an den Fall, dass Abkömmlinge des Geschäftsinhabers pflichtteils-, aber nicht nachfolgeberechtigt sind. Hier kann die Einräumung einer stillen Beteiligung am Unternehmen die Entstehung von Pflichtteilsansprüchen verhindern, deren Erfüllung einem Unternehmen in erheblicher Weise Kapital entziehen kann12.

2.19 Die stille Gesellschaft eignet sich aber auch zur Sicherung derjenigen Erben, die von der Übernahme des Handelsgeschäfts ausgeschlossen sein sollen. Sie können für ihre Erbansprüche dadurch abgefunden werden, dass ihnen der Geschäftsinhaber stille Beteiligungen einräumt, wodurch die Fortführung des Unternehmens als Einzelfirma ermöglicht wird. Aufgrund der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit lassen sich die berechtigten Belange und Interessen der weichenden Erben hinreichend wahren. So können die Überwachungs- und Kontrollrechte, die ihnen als stille Gesellschafter zustehen, erweitert, aber auch eingeschränkt werden. Ihre Vermögenseinlage kann – anders als die Einlage des Kommanditisten – durch Bestellung von Hypotheken oder Pfandrechten oder im Wege der Sicherungsübereignung gesichert werden (Rz. 10.43). 2.20 Sollen die Erben nicht nur am laufenden Jahresgewinn, sondern auch an der Substanz des Unternehmens beteiligt werden, so wird zweckmäßigerweise im Testament oder im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass sie bei der Auseinandersetzung an den offenen und stillen Rücklagen des Unternehmens teilhaben. Sie sind dann zwar nicht dinglich am Geschäftsvermögen beteiligt; sie haben aber gegenüber dem oder den Erben, die das Geschäft übernehmen, einen schuldrechtlichen Anspruch auf Beteiligung an der Unternehmenssubstanz. Dass sich in solchen Fällen die Beteiligung auch auf den Geschäftswert (goodwill) erstrecken soll, wird regelmäßig nicht dem Willen der Beteiligten entsprechen und ist auch nicht zweckmäßig, weil sich dieser Wert erfahrungsgemäß nur schwer feststellen lässt und es dabei vielfach zu Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten unter den beteiligten Erben kommt. Soll die Aufstellung einer besonderen Auseinandersetzungsbilanz vermieden werden, so kann der Erblasser bestimmen, dass als Abfindung für die Beteiligung an den Rücklagen des Unternehmens zu dem buchmäßigen Kapitalanteil, der sich aus der dem Todestag vorangehenden Bilanz ergibt, ein angemessener Aufschlag zu machen ist. Es empfiehlt sich auch, die Abfindungsraten an die Leistungsfähigkeit des Geschäftsinhabers anzupassen, damit dem Unternehmen nicht auf einmal größere Beträge entzogen werden und dadurch seine Liquidität gefährdet wird (Rz. 15.43 ff.). 2.21 Die Begründung einer stillen Gesellschaft mit dem Ehepartner oder mit den Kindern kann schon zu Lebzeiten des Geschäftsinhabers als „vorweggenommene Erbfolge“ vor allem unter steuerlichen Gesichtspunkten vorteilhaft sein, weil weder die stille Beteiligung noch die aus ihr fließenden Gewinnanteile dem Inhaber zugerechnet werden (Rz. 21.4 ff.). Bei steuermotivierten Beteiligungen nichttätiger Angehöriger hat die stille Beteiligung gegenüber der typischen Kommanditbeteiligung zudem den

12 Lasa, ZEV 2010, 433 (433).

22 | Blaurock

Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform | Rz. 2.24 § 2

Vorteil, dass sie keine langfristige Mitinhaberschaft begründet, die später häufig den endgültigen Unternehmensnachfolger behindert13. Überlässt der Inhaber seinem Ehepartner oder seinen Kindern die Vermögenseinlage im Wege der Schenkung, so bleibt diese seit Inkrafttreten des ErbStRG14 beim Ehepartner bis zu einem Betrag von 500 000 Euro (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 ErbStG) und bei den Kindern bis zu den Beträgen von je 400 000 Euro (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) schenkungsteuerfrei15. Auch die Schenkung an den Lebenspartner ist seit 2010 durch den neugefassten § 16 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 ErbStG privilegiert16. Die schenkungsweise überlassenen Beträge scheiden aus dem Vermögen des Schenkers aus.

2.22

Die Gewinne, die aufgrund der typischen stillen Beteiligung auf den Ehepartner und die Kinder entfallen, werden von diesen selbst versteuert und bilden bei dem Geschäftsinhaber Betriebsausgaben, die den Gewinn mindern. Als typisch still beteiligter Gesellschafter erzielt das Kind Einkünfte aus Kapitalvermögen. Es kommt somit in den Genuss des Sparerfreibetrages zzgl. Werbungskostenpauschale bzw. des Sparerpauschbetrages i.H. von 801 Euro (§ 20 Abs. 9 EStG). Der Unternehmer kann mehr an Einkünften auf seine Angehörigen verlagern als beim Darlehen. Der steuerlich abzugsfähige Gewinnanteil des still Beteiligten darf um einiges über dem marktüblichen Zinssatz für Kredite liegen. Die Verlustpartizipation darf in diesem Fall allerdings nicht ausgeschlossen sein, wenn die Einlage, wie üblich, aus geschenkten Mitteln erbracht wird (vgl. hierzu Rz. 21.54 ff.). Der durch die Bildung offener oder stiller Rücklagen entstehende Mehrwert des Unternehmens wächst den Familienangehörigen, wenn sie nach dem Gesellschaftsvertrag im Innenverhältnis auch am Geschäftsvermögen beteiligt sind, im Verhältnis ihrer Anteile schenkungsteuerfrei zu. Zugleich verringert sich insoweit das Vermögen des Geschäftsinhabers, so dass bei seinem Ableben ein geringerer Nachlasswert vorhanden und zu versteuern ist. Diese legalen Steuervorteile haben ihren Teil dazu beigetragen, die stille Gesellschaft zu einer immer stärker bevorzugten Gesellschaftsform zu machen, die im Wirtschaftsleben eine weit größere Rolle spielt als die Kommanditgesellschaft. Ausführlich zur steuerlichen Anerkennung Rz. 21.2 ff., 21.27 ff.

2.23

V. Die stille Gesellschaft als Form der Mitarbeiterbeteiligung 1. Die Beweggründe zur Mitarbeiterbeteiligung Auch in arbeitsvertraglicher Hinsicht kommt der stillen Gesellschaft Bedeutung zu. Hier ist vor allem an die Beteiligung von Arbeitnehmern am Erfolg des Unternehmens zu denken. Die Motive für die Einführung von Erfolgsbeteiligungen sind mannigfacher Art. Sie entspringen sozialen, betriebstechnischen und betriebswirt-

13 Vgl. dazu auch Felix, DStZ 1988, 73 (74). 14 Erbschaftsteuerreformgesetz v. 24.12.2008, BGBl. I 2008, 3018. 15 Zur Höhe der Freibeträge vor Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes siehe Rz. 27.81. 16 § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG neu gefasst durch Gesetz v. 8.12.2010, BGBl. I 2010, 1768.

Blaurock | 23

2.24

§ 2 Rz. 2.24 | Einführung

schaftlichen Erwägungen, indem durch die Ergebnisbeteiligung eine Besserung des Betriebsklimas erwartet oder eine stärkere innere Bindung der Arbeitnehmer an den Betrieb erhofft wird. In betriebswirtschaftlicher Hinsicht erwartet man von den am Betriebsergebnis beteiligten Arbeitnehmern ein stärkeres kostenorientiertes Denken und Handeln in der Richtung, dass sie die betrieblichen Einrichtungen schonend behandeln und mit dem Material sorgfältig umgehen. Man erhofft sich schließlich auch eine Mitarbeit in Organisationsfragen und eine gegenseitige Erziehung zu betrieblichem Denken sowie zunehmendes Interesse an der Steigerung der Produktivität des Betriebs. Durch die Erfolgsbeteiligung sollen also die Belange von Unternehmer und Arbeitnehmern sinnvoll miteinander verkoppelt werden.

2.25 –2.26

frei

2. Die Formen der Mitarbeiterbeteiligung a) Die Gewinnbeteiligung

2.27 Die einfachste Form einer Mitarbeiterbeteiligung liegt vor, wenn die Arbeitnehmer neben ihrem Arbeitslohn eine Beteiligung an dem im Unternehmen erwirtschafteten Gewinn erhalten, ohne dass es zwischen ihnen und dem Unternehmer zu einem gesellschaftlichen Zusammenschluss kommt. Es handelt sich hierbei um einen Arbeitsvertrag mit Gewinnbeteiligung (partiarischer Dienstvertrag; Rz. 5.39 ff.). Der an den Arbeitnehmer auszuschüttende Anteil kann dabei pauschaliert oder an bestimmte Ertrags- oder Kostenfaktoren gebunden werden. 2.28 Da nach den Vorschriften des Lohnsteuerrechts alles, was aus einem gegenwärtigen oder früheren Dienstverhältnis an Geld oder Geldeswert dem Arbeitnehmer zufließt, zu versteuernder Arbeitslohn ist, gehören die dem Arbeitnehmer zufließenden Gewinnanteile als Ausfluss des Arbeitsverhältnisses zu seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, die dem Lohnsteuerabzug unterliegen. Entscheidend ist einzig und allein der Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis. Auf die Bezeichnung und auf die Bemessungsgrundlage für die Gewinnbeteiligung kommt es nicht an. Die an die Arbeitnehmer gezahlten Gewinnanteile sind für den Unternehmer Betriebsausgaben, die den Gewinn mindern (zur Abgrenzung von Arbeitslohn und Einkünften aus Kapitalvermögen siehe Rz. 20.16 ff.). b) Die Mitunternehmerschaft (atypische stille Gesellschaft)

2.29 Stärkere Wirkungen als die bloße Gewinnbeteiligung erzeugt die Begründung einer Mitunternehmerschaft zwischen dem Unternehmer und seinen Arbeitnehmern. Hier wird der Arbeitsvertrag mit einem Gesellschaftsvertrag verbunden. Die Arbeitsleistung steht damit nicht allein im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, sondern bildet zugleich einen Beitrag zu einem gemeinsamen übergeordneten Zweck. Das Zusammenwirken von Arbeit im Betrieb und Unternehmensleitung soll den Unternehmenserfolg und damit den Nutzen für beide Teile erhöhen17. 17 Vgl. hierzu Reinhardt in FS Nipperdey, 1955, S. 235 (246 ff.); so auch Schanz, NZA 2000, 626 (628).

24 | Blaurock

Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform | Rz. 2.32 § 2

Nicht nur der durch gemeinsame Arbeit geschaffene wirtschaftliche Erfolg des Betriebs soll allen mit dem Betrieb Verbundenen zugutekommen; vielmehr sollen alle im Betrieb Tätigen eine unternehmerische Stellung erhalten und an den Risiken, Rechten und Pflichten des Unternehmers in irgendeiner Form teilhaben, wodurch das Bewusstsein der Verbundenheit und Zusammengehörigkeit besonders gestärkt wird. Das gilt insbesondere auch für Zeiten einer schlechten Ertragslage.

2.30

Die Mitunternehmerschaft wird dadurch begründet, dass die Arbeitnehmer Bareinlagen leisten oder ihre Arbeitskraft in den Betrieb einbringen. Dafür werden sie an den Anlagewerten des Unternehmens sowie an den offenen und stillen Rücklagen beteiligt. Außerdem können ihnen Gesellschaftsrechte gewährt werden. Schwierigkeiten ergeben sich häufig daraus, dass den Arbeitnehmern regelmäßig der Einblick in das Unternehmen fehlt. Deshalb muss eine Einrichtung geschaffen werden, die ihrer Zusammensetzung und Aufgabenstellung nach geeignet ist, die Information und Kontrolle zu gewährleisten. Es müssen aber auch die Grenzen der Informationsund Kontrollrechte festgelegt werden, wenn diese das Unternehmen im Konkurrenzkampf nicht gefährden sollen18.

2.31

Die atypisch stille Gesellschaft ist als solche weder einkommen- noch körperschaftsteuerpflichtig19. Daher muss in den Fällen der Mitunternehmerschaft für den Unternehmer und für alle mit Einlagen beteiligten Arbeitnehmer eine einheitliche Gewinnfeststellung durchgeführt werden, bei der für alle Beteiligten die Höhe der auf sie entfallenden Gewinn- oder Verlustanteile festgestellt wird (Rz. 22.152 ff.). Übersteigt der Gewinnanteil allein oder mit anderen Einkünften, die nicht dem Steuerabzug unterlagen, im Jahr den Betrag von 410 Euro, so ist der Arbeitnehmer aufgrund einer von ihm abzugebenden Einkommensteuererklärung zu veranlagen (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Der atypisch still beteiligte Mitarbeiter erzielt gewerbliche Einkünfte (§ 15 Abs. 1 Satz 1 EStG). Ein eventueller Anteil am Verlust darf gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Nr. 1 EStG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Soweit der Verlust nach § 15a Abs. 1 EStG nicht ausgeglichen oder abgezogen werden darf, mindert er jedoch die Gewinne, die in späteren Wirtschaftsjahren zuzurechnen sind (§ 15a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Nr. 1 EStG). Der Freibetrag von 360 Euro gemäß § 3 Nr. 39 EStG20 begünstigt anders als § 19a Abs. 1 EStG a.F. allein die Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers, während die Begünstigung von Mitarbeiterbeteiligungs-Sondervermögen ab 2014 entfallen ist21.

2.32

Gewinne aus der Veräußerung der atypisch stillen Beteiligung sind stets steuerpflichtig22. Zu beachten ist außerdem, dass die atypisch stille Beteiligung eines Mitarbeiters

18 Reinhardt in FS Nipperdey, 1955, S. 235 (247 ff.). 19 Wittkowski/Westmeier, BC 2010, 422 (424). 20 § 3 Nr. 39 EStG ersetzt § 19a EStG a.F., der m.W.v. Kalenderjahr 2009 durch das MitarbeiterkapitalbeteiligungsG v. 7.3.2009 (BGBl. I 2009, 451) aufgehoben wurde. 21 Levedag in L. Schmidt, § 3 EStG Rz. 133. 22 Fox/Hüttche/Lechner, GmbHR 2000, 521 (527).

Blaurock | 25

§ 2 Rz. 2.32 | Einführung

aufgrund der steuerlichen Mitunternehmerschaft die Folge hat, dass nicht nur die Gewinnanteile, sondern auch das Gehalt des beteiligten Arbeitnehmers für Gewerbesteuerzwecke nicht mehr abzugsfähig ist23. Aufgrund dieser steuerlichen Konsequenzen, die sich sowohl für den Begünstigten als auch für das jeweilige Unternehmen in der Regel als nachteilig erweisen, kommen in der Praxis Mitarbeiter-Beteiligungsmodelle mit atypisch stillen Gesellschaften so gut wie nicht vor24. Die Vorschriften zur Verschonung von der Erbschaftsteuer beim Übergang betrieblichen Vermögens in §§ 13a, 13b ErbStG wurden mit Wirkung zum 1.7.2016 neu gefasst. Anlass war die durch das BVerfG festgestellte Verfassungswidrigkeit der übermäßigen Bevorzugung des Übergangs von Betriebsvermögen. Inländisches Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft gehört auch nach der Neuregelung zum begünstigungsfähigen Vermögen. Somit ist eine Verschonung von der Erbschaftssteuer weiterhin möglich (hierzu Rz. 27.59 ff.). c) Die typische stille Gesellschaft

2.33 Die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft zwischen dem Unternehmer und seinen Arbeitnehmern ist steuerlich am günstigsten. Zu beachten ist, dass die Vermögenseinlage der stillen Gesellschafter auch in der Einbringung ihrer Arbeitskraft bestehen kann (Rz. 7.38 ff.). 2.34 Die auf die Arbeitnehmer entfallenden Gewinnanteile mindern als Betriebsausgaben den einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn des Inhabers. Sie sind bei den Arbeitnehmern Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, die gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG der Kapitalertragsteuer unterliegen. Dabei sind gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 sowohl § 15 Abs. 4 Satz 6 bis 8 und § 15a EStG entsprechend anzuwenden (dazu Rz. 22.235 ff.). Der Geschäftsinhaber hat also einen Steuerabzug vorzunehmen und die einbehaltene Kapitalertragsteuer an das Finanzamt abzuführen (Rz. 22.270 bzw. 22.287). In Veranlagungsjahren ab 2009 hat der Kapitalertragsteuerabzug abgeltende Wirkung, § 43 Abs. 5 EStG. Die stille Beteiligung mindert weiterhin beim Inhaber als echte Schuld das erbschaftsteuerliche Betriebsvermögen; beim Arbeitnehmer ist sie als Kapitalforderung zu berücksichtigen (Rz. 27.25 ff.). 2.35 In Veranlagungsjahren bis 2008 führte die Rückzahlung der Einlage des stillen Gesellschafters mit einem über das steuerliche Kapitalkonto hinausgehenden Betrag beim Stillen zu steuerpflichtigen Einnahmen, weil der Mehrbetrag regelmäßig eine Abfindung für zukünftige Gewinnanteile darstellt. Zu den Einzelheiten wird auf die 7. Auflage verwiesen. 23 v. Einem in Gestaltung und Analyse der Rechts-, Wirtschafts- und Steuerberatung von Unternehmen, S. 389 (393); differenzierend: Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 170, die Arbeitslohn aus „echten“ Arbeitsverhältnissen im Gegensatz zu Geschäftsführervergütungen nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ansehen, sondern als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Differenzierend für die GmbH & Still: Schulze zur Wiesche, DStZ 1999, 285 (287 f.). 24 Siddiqui in Steuerpolitik und Steuerreform im Spiegel ökonomischer Analysen, S. 69 (74).

26 | Blaurock

Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform | Rz. 2.39 § 2

Aufgabe- oder Veräußerungsgewinne aus typischen stillen Beteiligungen, welche nach dem 31.12.2008 begründet oder erworben wurden, sind in jedem Fall als Kapitaleinkünfte nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG zu versteuern. Liegt kein Ausnahmetatbestand nach § 32d Abs. 2 EStG vor, unterliegen Kapitaleinkünfte ab dem Veranlagungsjahr 2009 der Abgeltungsteuer i.H. von 25 %. Die pauschale Besteuerung von Kapitaleinkünften hat zur Folge, dass der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten gemäß § 20 Abs. 9 EStG nicht zulässig ist. Stattdessen wird ein SparerPauschbetrag i.H. von 801 Euro berücksichtigt. Verluste können nicht mit anderen Einkunftsarten ausgeglichen, sondern nur noch im Rahmen der Kapitaleinkünfte vorgetragen und ausgeglichen werden, § 20 Abs. 6 EStG. Unterliegen die Einkünfte aus der typischen stillen Beteiligung der Abgeltungsteuer, ist die Fremdfinanzierung der Beteiligung steuerlich daher nicht mehr vorteilhaft. Bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung wird in Veranlagungsjahren ab 2008 kein Unterschied mehr zwischen gewerblichem und privatem Empfänger gemacht. Eine (teilweise) Hinzurechnung findet in beiden Fällen statt.

2.36

d) Vermögensbeteiligungsgesetz Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Erstes VermBG)25 erfährt die typische stille Beteiligung eine Förderung durch den Gesetzgeber. Von der Absicht getragen, das Hauptgewicht der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand unter Abkehr von der Förderung des reinen Geldsparens auf die Förderung von Beteiligungen am Produktivkapital zu verlagern, hat der Gesetzgeber einerseits den Anlagekatalog der vermögenswirksamen Leistungen u.a. auf typische stille Beteiligungen erweitert und andererseits durch Einfügung des § 19a EStG a.F. steuerliche Vorteile für die Einräumung solcher Beteiligungsverhältnisse geschaffen. § 19a EStG wurde durch das Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz26 mit Wirkung für das Kalenderjahr 2009 aufgehoben und durch einen neuen § 3 Nr. 39 EStG ersetzt (siehe dazu Rz. 2.32).

2.37

Das fünfte Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung (Fünftes VermBG27) sieht eine differenzierte Regelung der Zulagenförderung vor. Danach können die Verträge über die Erbringung von vermögenswirksamen Leistungen als Sparvertrag (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. i i.V.m. § 4 des Fünften VermBG), Beteiligungs-Vertrag (§ 6 des Fünften VermBG) und Beteiligungs-Kaufvertrag (§ 7 des Fünften VermBG) ausgestaltet sein. Von den Vergünstigungen sind GmbH-Geschäftsführer nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 des Fünften VermBG ausdrücklich ausgeschlossen, sofern sie die vom Gesetzgeber gezogenen Einkommensgrenzen nicht ohnehin überschreiten.

2.38

Bei einem Sparvertrag handelt es sich gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 des Fünften VermBG um einen Vertrag mit einem Kreditinstitut, in dem sich der Arbeitnehmer verpflichtet, zum Erwerb typischer stiller Beteiligungen einmalig oder

2.39

25 Erstes VermBG v. 22.12.1983, BGBl. I 1983, 1592 = BStBl. I 1984, 23. 26 Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz v. 7.3.2009, BGBl. I 2009, 451. 27 Neufassung des VermBG durch das Zweite VermBG v. 19.12.1986, BGBl. I 1986, 2595 = BStBl. I 1987, 231.

Blaurock | 27

§ 2 Rz. 2.39 | Einführung

für die Dauer von sechs Jahren laufend vermögenswirksame Leistungen einzahlen zu lassen oder andere Beträge einzuzahlen.

2.40 Ein Beteiligungs-Vertrag i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 6 des Fünften VermBG ist ein Vertrag mit dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber über die Begründung einer typischen stillen Beteiligung am Arbeitgeberbetrieb, wobei vereinbart wird, die vom Arbeitnehmer für die Begründung geschuldete Geldsumme mit vermögenswirksamen Leistungen zu verrechnen oder mit anderen Beträgen zu zahlen. Der stillen Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers steht nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 4 des Fünften VermBG die stille Beteiligung an einem Unternehmen, das als herrschendes Unternehmen gemäß § 18 AktG mit dem arbeitgebenden Unternehmen verbunden ist oder an diesem oder dem herrschenden gesellschaftsrechtlich beteiligt ist, gleich. 2.41 Ein Beteiligungs-Kaufvertrag schließlich liegt vor, wenn der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber (§ 7 Abs. 1 des Fünften VermBG) oder mit einer dem Arbeitgeberbetrieb verbundenen GmbH (§ 7 Abs. 2 des Fünften VermBG) einen Kaufvertrag zum Erwerb einer typischen stillen Beteiligung abschließt, und vereinbart wird, den vom Arbeitnehmer geschuldeten Kaufpreis mit vermögenswirksamen Leistungen oder anderen Beträgen zu zahlen. 2.42 Die Förderung dieser Anlageformen erfolgt nach § 13 Abs. 2 Halbs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Fünften VermBG bis zu einer Höhe von 400 Euro pro Kalenderjahr mit einer Arbeitnehmersparzulage von 20 % der erbrachten Leistung. Voraussetzung für die Gewährung der Sparzulage ist neben der Einhaltung der Einkommensgrenzen in § 13 Abs. 1 des Fünften VermBG, dass bis zum Ablauf einer Frist von sechs Jahren über die einmal begründete oder erworbene stille Teilhaberschaft nicht durch Rückzahlung, Abtretung, Beleihung oder in anderer Weise verfügt wird (Sperrfrist)28. Dabei ist hervorzuheben, dass anders als bei den traditionellen Anlageformen der Vermögensbildung eine Ausgestaltung als Ratensparvertrag nicht vorgesehen ist, so dass die Sperrfrist für jede einzelne Aufwendung getrennt läuft. Werden also einmal aufgewendete Beträge später aufgestockt, die Beteiligung beispielsweise erhöht, so beginnt für den Aufstockungsbetrag die sechsjährige Sperrfrist mit dem Zeitpunkt29 der Anlage neu zu laufen30. Eine vorzeitige Verfügung ist nur dann zulagenunschädlich, wenn eine der Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 Nr. 1–6 des Fünften VermBG vorliegt. Bei Sparverträgen i.S. von § 4 des Fünften VermBG ist darüber hinaus die Unschädlichkeitsbestimmung des § 4 Abs. 5 des Fünften VermBG anwendbar. 2.43 Neben der Erweiterung des Vermögensbildungsgesetzes besteht ein steuerlicher Anreiz zum Erwerb von stillen und anderen Kapitalbeteiligungen durch § 3 Nr. 39

28 Im Einzelnen siehe § 4 Abs. 2, § 6 Abs. 3, § 7 Abs. 3 des Fünften VermBG. 29 Anfangszeitpunkt kann nur der 1.1. sein, siehe § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 des Fünften VermBG einerseits und § 6 Abs. 3 Nr. 2, § 7 Abs. 3 des Fünften VermBG andererseits. 30 Sturm, WM 1984, 753 (761).

28 | Blaurock

Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform | Rz. 2.45 § 2

EStG31. Diese Vorschrift gewährt einen steuerfreien Vorteil für vom Arbeitnehmer im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses unentgeltlich oder verbilligt erworbene typische stille Beteiligungen. Steuerfrei ist die Hälfte des Wertes der Vermögensbeteiligung, höchstens jedoch 360 Euro32 im Kalenderjahr. Der Wert der stillen Beteiligung ist mit dem gemeinen Wert anzusetzen, § 3 Nr. 39 Satz 4 EStG. Die steueroptimale Beteiligungshöhe nach § 3 Nr. 39 EStG liegt bei einem Betrag für die Beteiligung von 720 Euro, der jeweils hälftig vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgebracht wird. Anders als für die Zulagenförderung nach dem Fünften VermBG gilt für die Beurteilung der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 39 EStG weder eine Sperrfrist33 noch eine Verdienstgrenze. § 3 Nr. 39 EStG setzt wie schon § 19a EStG a.F. voraus, dass allein der Erhalt einer stillen Beteiligung als Sachzuwendung, nicht aber Zuschüsse des Arbeitgebers zum Erwerb einer stillen Beteiligung an fremden Unternehmen in Form von Geldleistungen gefördert werden34. Im Übrigen kann der Arbeitnehmer die steuerliche Förderung neben der Förderung nach dem Fünften VermBG gegebenenfalls in Anspruch nehmen35.

2.44

VI. Die stille Publikumsgesellschaft Da die Zahl der stillen Gesellschafter nicht begrenzt ist, eignet sich die stille Gesellschaft auch zur Kapitalaufnahme auf dem „grauen Kapitalmarkt“. Hier bieten Unternehmen (üblicherweise in der Rechtsform einer AG oder GmbH) dem anlagesuchenden Publikum Beteiligungsmöglichkeiten, die steuerliche Vorteile bieten können. So lassen sich Prospektionskosten, Anlaufverluste etc. auf die stillen Gesellschafter verteilen, die diese „Verlustzuweisungen“ mit anderen gleichartigen Einkünften verrechnen können. Zwar sind mit der Beschränkung des Ausgleichs bzw. Abzugs von Verlusten bzw. von den sonstigen Einkünften des Anlegers durch Einführung des § 15a EStG die Gründungen von sog. Verlustzuweisungsgesellschaften zurückgegangen, dennoch werden auf dem „grauen Kapitalmarkt“ weiterhin stille Beteiligungen angeboten36. Die Publikumsgesellschaften in Form der AG & Still oder GmbH & Still übertreffen diejenigen der früher bevorzugten GmbH & Co. KG inzwischen in ihrer Bedeutung hinsichtlich der am Kapitalmarkt aufgenommenen Mittel. Die Vorzüge der stillen Publikumsgesellschaft liegen in der flexiblen Gestal31 Bis zum Kalenderjahr 2008 nach § 19a EStG, Änderung durch das Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz v. 7.3.2009, BGBl. I 2009, 451. 32 Bis zum Kalenderjahr 2008 nach § 19a EStG a.F. 33 Für die Gewährung der Steuerfreiheit wurde die Sperrfrist von 6 Jahren durch das Steueränderungsgesetz 2001 v. 20.12.2001, BStBl. I 2001, 3794, abgeschafft. Vgl. hierzu Rieble, BB 2002, 731. 34 Dreher, EWiR 1993, 815 f. zu BGH v. 24.5.1993 – II ZR 136/92, ZIP 1993, 1089; Fella, StWa 1992, 101 (104). 35 Heinicke in L. Schmidt, 34. Aufl. 2015, § 3 EStG, Mitarbeiterbeteiligung, § 3 Nr. 39, S. 110; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 217 mit Gestaltungsbeispiel. 36 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 74 Rz. 1.

Blaurock | 29

2.45

§ 2 Rz. 2.45 | Einführung

tungsmöglichkeit der Gesellschaftsverträge, die Nachteile für die Kapitalanleger unter Umständen in den gegenüber der KG geringeren Rechten (zu den Einzelheiten Rz. 18.1 ff.).

VII. Die stille Gesellschaft als Beteiligungsinstrument für den VentureCapital-Markt 2.46 Wesentliche Bedeutung erlangt die stille Gesellschaft als Finanzierungsinstrument für Venture-Capital-Gesellschaften. Als Wagniskapital (Venture Capital) wird eine Form der Unternehmensfinanzierung durch Eigenkapital oder eigenkapitalähnliche Surrogate bezeichnet. Venture-Finanzierungen etablieren sich bei immer mehr Unternehmen neben der Kreditfinanzierung, denn die Möglichkeiten zur Stärkung der Eigenkapitalbasis sind bei nicht-emissionsfähigen Unternehmen und damit der Mehrheit des Mittelstandes begrenzt. 2.47 Dominierende Beteiligungsart ist hierbei die stille Beteiligung (35 %). Auf nachrangige Darlehen und Genussrechte entfällt lediglich ein Anteil von ca. 10 %. Auch findet in weiteren 20 % aller Wagnisfinanzierungen zumindest eine mit einer stillen Beteiligung kombinierte Finanzierung statt37. Hierbei beteiligen sich die Geldgeber oftmals als atypisch stille Gesellschafter, um ihren Einfluss im Unternehmen zu wahren. Ziel ist häufig die Umwandlung der „Start-up-GmbH“ in eine börsenfähige AG und damit der Zugang zum Börsenkapital38. Bei der Umwandlung des Wachstumsunternehmens werden die stillen Gesellschafter mit Aktien abgefunden, die sie dann frei am Markt veräußern können (siehe hierzu Rz. 17.59 f.).

VIII. Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben 2.48 Häufig wird bei Privatisierungen, bei denen der Staat Träger der Verwaltungsaufgabe bleibt und sich für die Aufgabenerfüllung der Instrumente des privaten Rechts bedient – sog. formelle Privatisierungen39 – die stille Beteiligung Privater an einer Anstalt oder Körperschaft des öffentlichen Rechts gewählt40. Für die Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit muss zwischen typisch und atypisch stiller Beteiligung unterschieden werden: 2.49 Bei der typisch stillen Beteiligung erlangt der stille Gesellschafter keine Mitunternehmerstellung, er hat auf den Inhalt der Entscheidungen des Geschäftsinhabers

37 Rams/Remmen, Die Bank 1999, 687 (690). Eine neue Untersuchung zur zahlenmäßigen Bedeutung der einzelnen Beteiligungsarten liegt nicht vor; an den genannten Prozentsätzen dürfte sich allerdings nur wenig geändert haben. 38 Vgl. dazu auch Schlitt/Beck, NZG 2001, 688 ff. 39 Mayen, DÖV 2001, 110 (111). 40 Vgl. hierzu VerfGH Berlin v. 21.10.1999 – VerfGH 42/99, DVBl. 2000, 51.

30 | Blaurock

Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform | Rz. 2.51 § 2

keinen Einfluss. Daher ist durch die Einräumung typisch stiller Beteiligungsrechte der Anforderungsbereich des Demokratieprinzips nicht berührt. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die gebotene staatliche Freiheit bei der Erfüllung der Verwaltungsaufgaben eingeschränkt sein könnte. Anders verhält es sich hingegen bei der atypisch stillen Beteiligung, die – im Gegensatz zur typisch stillen Beteiligung – eine mitunternehmerische Beteiligung am Geschäft des Inhabers vermitteln kann. Dem stillen Gesellschafter können Verwaltungsrechte eingeräumt werden, die über die Informationsrechte des § 233 HGB weit hinausgehen (siehe Rz. 12.43 ff.). Es können auch Geschäftsführungsbefugnisse übertragen werden. Thematisch ist hierdurch der Schutzbereich des Demokratieprinzips berührt. Den Anforderungen des Demokratieprinzips muss daher bei der Ausgestaltung der atypisch stillen Gesellschaft Rechnung getragen werden41. Darüber hinaus muss nach einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs von Berlin die Einhaltung der vertraglichen Bestimmungen in vollem Umfang der Kontrolle der Rechtsaufsichtsbehörde unterliegen und allen Mitgliedern des Parlaments die Möglichkeit eingeräumt werden, Einsicht in die entsprechenden Verträge zu nehmen42.

2.50

IX. Zusammenfassung Für die Wahl der stillen Gesellschaft als Unternehmungsform können für den Inhaber des Handelsgewerbes wie für den stillen Gesellschafter die vielfältigsten wirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen, handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Erwägungen bestimmend sein (Rz. 2.1 ff. und Rz. 2.6 ff.). Ist der Wunsch nach Diskretion Triebfeder für die Wahl der stillen Gesellschaft ergeben sich durch die Vorschriften zum Transparenzregister jedoch Fallstricke für die Gestaltung atypischer stiller Gesellschaftsverträge, die es zu vermeiden gilt (Rz. 2.16 ff.). Die stille Gesellschaft eignet sich besonders auch als Unternehmungsform für Familiengesellschaften, weil mit ihrer Hilfe der Bestand des Unternehmens für den Todesfall des Inhabers und die Versorgung der Erben, die nicht an der Erbfolge in das Unternehmen teilnehmen, gesichert werden können (Rz. 2.18 ff.). Die schenkungsweise Einräumung stiller Beteiligungen durch den Geschäftsinhaber zu seinen Lebzeiten an seine Ehefrau und an seine Kinder führt in der Regel als „vorweggenommene Erbfolge“ zu steuerlichen Vorteilen auf den Gebieten der Einkommen- und der Erbschaft-(Schenkung-)Steuer. In arbeits- und sozialrechtlicher Hinsicht kann die Rechtsform der stillen Gesellschaft – sei es als atypische stille Gesellschaft (Mitunternehmerschaft), sei es als typische stille Gesellschaft – zur Mitarbeiterbeteiligung Verwendung finden, um die Arbeitnehmer an den Ergebnissen des Betriebs zu beteiligen, wobei die dispositiven gesetzlichen Vorschriften die Ausgestaltung ermöglichen, die den Zwecken des einzelnen Betriebs am besten entspricht (Rz. 2.24 ff.). Jedes Mittel der Bessergestaltung der

41 VerfGH Berlin v. 21.10.1999 – VerfGH 42/99, DVBl. 2000, 51 (52 f.). 42 VerfGH Berlin v. 21.10.1999 – VerfGH 42/99, DVBl. 2000, 51 (53).

Blaurock | 31

2.51

§ 2 Rz. 2.51 | Einführung

zwischenmenschlichen Beziehungen im Betrieb trägt letztlich zu einer günstigeren wirtschaftlichen Entwicklung des Betriebs bei. Typische stille Beteiligungen von Arbeitnehmern werden darüber hinaus vom Gesetzgeber über Arbeitnehmersparzulagen und Einräumung von Steuervorteilen unter bestimmten Voraussetzungen sowohl auf Seiten des Geschäftsinhabers als auch auf Seiten des stillen Gesellschafters gefördert. Auch dieser Umstand kann Beweggrund für die Errichtung einer (typischen) stillen Gesellschaft sein. Atypische stille Beteiligungen von Arbeitnehmern werden aufgrund der steuerlichen Folgen nur in Ausnahmefällen vereinbart werden können. Wesentliche Bedeutung erlangt die stille Gesellschaft auch als Finanzierungsinstrument für Venture-Capital-Gesellschaften und als Unternehmungsform zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben.

32 | Blaurock

§3 Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht I. Die Wurzeln der stillen Gesellschaft Schrifttum: Dusil, Stephan, Die Soester Stadtrechtsfamilie – Mittelalterliche Quellen und neuzeitliche Historiographie, Diss. Frankfurt/M., 2007; Endemann, Wilhelm, Handbuch des Deutschen Handels-, See- und Wechselrechts, Erster Band, 1881, S. 710 ff.; Engler, Carsten, Die Kommanditgesellschaft (KG) und die stille Gesellschaft im Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch (ADHGB) von 1861, 1999; von Gierke, Julius, Handelsrecht und Schiffahrtsrecht, 8. Aufl. 1958, § 37 II; Goldschmidt, Levin, Universalgeschichte des Handelsrechts, 1891; Häuselmann, Holger, Hybride Finanzinstrumente, 2019; Lübbert, Erich, Die rechtliche Natur der stillen Gesellschaft unter besonderer Berücksichtigung ihrer historischen Entwickelung, ZHR 58 (1906), 464 ff.; Müller-Erzbach, Rudolf, Deutsches Handelsrecht, 2. und 3. Aufl. 1928, S. 226 ff.; Rehme, Paul, Die Lübecker Handelsgesellschaften in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, ZHR 42 (1894), 367; Renaud, Achilles, Das Recht der stillen Gesellschaft und der Vereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Rechnung, 1885; Schimke, Martin, Die historische Entwicklung der Unterbeteiligungsgesellschaft in der Neuzeit, 1991; Servos, Rüdiger, Die Personenhandelsgesellschaften und die stille Gesellschaft in den Kodifikationen und Kodifikationsentwürfen vom ALR bis zum ADHGB, Diss. Köln, 1984; Silberschmidt, Willy, Die Commenda in ihrer frühesten Entwicklung bis zum XIII. Jahrhundert – Ein Beitrag zur Geschichte der Commandit- und der stillen Gesellschaft, 1884; Silberschmidt, Willy, Kumpanie und Sendeve, ABR 23 (1904), 1; Silberschmidt, Willy, Das Sendegeschäft im Hansagebiet, ZHR 68 (1910), 405 und ZHR 69 (1911), 1.

Die stille Gesellschaft ist eine der ältesten Formen kaufmännischer Betätigung. Ihre Wurzeln reichen bis in das Mittelalter auf die in den italienischen Quellen als „commenda“ bezeichnete Beteiligungsform zurück1. Bereits im Soester Stadtrecht aus dem Jahre 1120 wird sie erwähnt2. Dort ist davon die Rede, dass einem ausreisenden Kaufmann, der selbst nur seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt (tractator), von einem Mitbürger – dem commendator – bei Gelegenheit der Ausreise Waren oder Geld (bona) zum Betrieb eines Handelsgewerbes (ad negociandum) mitgegeben werden, damit er mit diesen Gütern zum gemeinsamen Nutzen, d.h. auf gemeinsame Rechnung, Handel treibt. Der Gewinn oder Verlust aus diesen Geschäften wurde unter den Beteiligten verteilt. Der commendator hatte im Innenverhältnis nur mit seiner „Einlage“ in Waren oder Geld einzustehen, wohingegen der tractator mit seinem gesamten Vermögen haftete.

1 Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 256 ff.; Lübbert, ZHR 58 (1906), 464 (465 ff.); Silberschmidt, Commenda, S. 19 ff.; Renaud, Das Recht der stillen Gesellschaft, S. 6 ff. 2 Zum Soester Stadtrecht und seiner Ausstrahlung auf weitere Hansestädte wie namentlich Lübeck Dusil, Die Soester Stadtrechtsfamilie, S. 77 ff. und S. 141 ff.

Lamprecht | 33

3.1

§ 3 Rz. 3.2 | Einführung

3.2 Bestimmend für die Entwicklung und weite Verbreitung dieses als commenda, accomodatio oder sendeve3 bezeichneten Rechtsverhältnisses waren vor allem die Zinsverbote des kanonischen Rechts, welche die Geldgeber veranlassten, nach anderen Wegen als dem Darlehen zu suchen, wenn sie ihr Geld gewinnbringend anlegen wollten4. Als eine sich auf das Innenverhältnis der beiden Beteiligten beschränkende Gelegenheitsgesellschaft erinnert sie an das heutige Kommissionsgeschäft (§§ 383 ff. HGB)5, von dem sie sich dadurch unterscheidet, dass der tractator zwar im eigenen Namen, aber nicht auf alleinige Rechnung des Geldgebers, sondern auf gemeinschaftliche Rechnung handelte, woraus sich ihr gesellschaftsrechtlicher Charakter ergab. 3.3 Häufig legte auch der tractator seinerseits Kapital ein, das ihm vielfach von dem commendator vorgestreckt wurde. Diese als wedderlegginge oder collegantia6 bezeichnete Gesellschaft beschränkte sich ebenfalls auf das Innenverhältnis der beiden Beteiligten zueinander7. Nach außen trat wiederum nur der tractator im eigenen Namen auf. Ursprünglich nur als Gelegenheitsgesellschaft in Erscheinung tretend, wurde sie später auf längere Dauer errichtet und wandelte sich damit zur Erwerbsgesellschaft um. Die Gewinne oder Verluste wurden unter den beiden Gesellschaftern verteilt. Solche Beteiligungsverhältnisse spielten im Überseehandel der Hansestädte eine große Rolle8. Sie bildeten den Ursprung der heutigen Kommanditgesellschaft und der stillen Gesellschaft. 3.4 Der Ursprung der Kommanditgesellschaft war gegeben, als auch der commendator nach außen hervortrat. Das geschah durch die Führung einer gemeinschaftlichen Firma. Geschäftsführung und Vertretung oblagen dem tractator, der für die Verbindlichkeiten mit seinem gesamten Vermögen haftete, während sich die Haftung des commendators auf seine Einlage beschränkte. Trat der commendator nach außen nicht hervor, wurde also das Handelsgewerbe nicht unter einer gemeinschaftlichen Firma betrieben, dann lag eine stille Gesellschaft (societas per modum participationis, compagnia secreta) vor, bei der der stille Gesellschafter für die Verbindlichkeiten nicht haftete9. 3.5 Daneben gab es die Form der heutigen offenen Handelsgesellschaft als eine auf Dauer angelegte Erwerbsgesellschaft, die unter einer gemeinschaftlichen Firma am Rechtsverkehr teilnahm, deren Geschäftsführung und Vertretung von den Gesellschaftern als Mitunternehmern gemeinsam übernommen wurden und die auf dem Gesamthandsprinzip beruhte. 3 Zur sendeve näher Silberschmidt, ABR 23 (1904), 1 (32 ff.). 4 Renaud, Das Recht der stillen Gesellschaft, S. 5 f. 5 Zur Geschichte des Kommissionsgeschäfts näher Schmidt-Rimpler, Zur Geschichte des Kommissionsgeschäftes in Deutschland, Habil. Halle, Bd. 1, 1915. 6 Näher zur collegantia als commenda mit „zweiseitiger Kapitalbeteiligung“ Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 260 ff. und Lübbert, ZHR 58 (1906), 464 (480 ff.). 7 Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 260 ff.; Rehme, ZHR 42 (1894), 367 (369 ff.). 8 Dazu m.w.N. Silberschmidt, ZHR 68 (1910), 405 ff. und ZHR 69 (1911), 1 ff. 9 Renaud, Das Recht der stillen Gesellschaft, S. 6 ff.; zur zunehmend getrennten Entwicklung von stiller Gesellschaft und Kommanditgesellschaft auch Lübbert, ZHR 58 (1906), 464 (476 ff.).

34 | Lamprecht

Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht | Rz. 3.7 § 3

Als „geheime“ oder „heimliche“ Gesellschaft ging die participatio in das Recht der Neuzeit ein10. Das Preußische Allgemeine Landrecht (Th. II Tit. 8 § 651) bezeichnet die stille Gesellschaft mit dem französischen Namen der Kommanditgesellschaft11. Selbst im Entwurf eines Handelsgesetzbuches für die preußischen Staaten von 1857, der Ausgangspunkt für das ADHGB war und sich an den Code de commerce anlehnte, wurde nicht zwischen Kommanditgesellschaft und stiller Gesellschaft unterschieden12. Erst auf der Nürnberger Konferenz zur Ausarbeitung des Entwurfs eines allgemeinen Handelsgesetzbuches für die deutschen Bundesstaaten war eine Trennung der beiden Gesellschaftsformen Gegenstand der Gesetzesberatungen13.

3.6

Die Entwicklung hin zur Trennung und Konkurrenz von stiller Gesellschaft und Kommanditgesellschaft fand ihren Abschluss erst mit dem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, das zwischen der stillen Gesellschaft (Art. 250–265 ADHGB) und der Kommanditgesellschaft (Art. 150–172 ADHGB) unterschied, und mit dem Handelsgesetzbuch vom 10.5.1897 (HGB). In der Denkschrift zum Entwurf dieses Handelsgesetzbuches heißt es: „Der stille Gesellschafter betheiligt sich an dem Handelsgeschäfte, das ein Anderer betreibt, gegen Antheil am Gewinne und regelmäßig auch am Verluste; die Einlage ist so zu leisten, daß sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht, und der Inhaber, der die Geschäfte nur unter seiner eigenen, nicht unter einer Gesellschaftsfirma betreiben darf [...], wird aus diesen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet.“14

3.7

II. Ausländisches Recht Schrifttum: Jung, Stefanie/Krebs, Peter/Stiegler, Sascha, Gesellschaftsrecht in Europa, 2019; Lipp, Marisa, Die stille Gesellschaft im nationalen und internationalen Kontext – Eine Analyse unter steuergestalterischen Aspekten, Diss. Hohenheim, 2014, S. 155 ff.; Schön, Wolfgang (Hrsg.), Eigenkapital und Fremdkapital. Steuerrecht – Gesellschaftsrecht – Rechtsvergleich – Rechtspolitik, 2013; Schlegelberger, Franz (Hrsg.), Rechtsvergleichendes Handwörterbuch für das Zivil- und Handelsrecht des In- und Auslandes, 6. Band, Nachdruck 1938, S. 448 ff.

1. Frankreich Schrifttum: Le Cannu, Paul/Dondero, Bruno, Droit des sociétés, 5. Aufl. 2013; Cozian, Maurice/Viandier, Alain/Deboissy, Florence, Droit des sociétés, 28. Aufl. 2015; Dekeuwer-Défossez, Françoise, L’indivision dans les sociétés en participation, JCP 1980.1.2970; Germain, Michel/ Magnier, Véronique, in Ripert, Georges/Roblot, René, Traité de droit des affaires, Bd. 2 (Les 10 Renaud, Das Recht der stillen Gesellschaft, S. 6 ff. (Italien) und S. 22 ff. (Deutschland); Lübbert, ZHR 58 (1906), 464 (496 f.). 11 Zur stillen Gesellschaft im ALR näher Servos, Personenhandelsgesellschaften und die stille Gesellschaft, S. 61 ff. 12 Servos, Personenhandelsgesellschaften und die stille Gesellschaft, S. 276 ff. 13 Vgl. hierzu Engler, Kommanditgesellschaft, S. 33 ff. 14 Denkschrift zum Entwurf eines Handelsgesetzbuchs und eines Einführungsgesetzes, abgedruckt in Hahn/Mugdan (Hrsg.), Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, 6. Band: Materialien zum Handelsgesetzbuch, Berlin 1897, S. 343.

Lamprecht | 35

§ 3 Rz. 3.8 | Einführung sociétés commerciales), 20. Aufl. 2011; von Holleben, Horst, Die rechtliche Struktur der Handelsgesellschaften im französischen Recht unter besonderer Berücksichtigung der Einmanngesellschaft, Diss. Hamburg, 1969; Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. II, Frankreich 30.50; Magnier, Véronique, Droit des sociétés, 7. Aufl. 2015; Merle, Philippe/Fauchon, Anne, Droit Commercial: sociétés commerciales, 18. Aufl. 2015; Osterloh-Konrad, Christine/Lagdali, Nadia, Eigenund Fremdkapital im Steuer- und Gesellschaftsrecht Frankreichs, in Schön, Wolfgang (Hrsg.), Eigenkapital und Fremdkapital, 2013; Sonnenberger, Hans/Dammann, Reinhard, Französisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 3. Aufl. 2008; Storp, Roger/Bissinger, Maximilian, Änderungen im französischen Gesellschaftsrecht, RIW 1978, 421; Vidal, Dominique, Droit des sociétés, 7. Aufl. 2010.

3.8 Das Recht der stillen Gesellschaft (société en participation) war bis zum 1.7.1978 in den Art. 419–422 des Gesetzes Nr. 66-537 vom 24.7.1966 über die Gesellschaften geregelt. Durch das Änderungsgesetz Nr. 78/9 vom 4.1.1978 wurden diese Vorschriften aufgehoben (Art. 53 des bezeichneten Gesetzes) und durch die Art. 1871–1873 des 3. Kapitels des 9. Titels des 3. Buches des Code civil ersetzt15. Dort finden sich nun die Regelungen über die société en participation, die insgesamt eher mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts des BGB als mit der stillen Gesellschaft des HGB vergleichbar ist16. 3.9 Kennzeichnend für die société en participation ist die Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern, die Gesellschaft nicht einzutragen (Art. 1871 Abs. 1 Satz 1 Code civil). Mangels Eintragung ist die société en participation keine juristische Person (vgl. auch noch Art. 1842 Abs. 1 Code civil)17 und unterliegt auch nicht den Veröffentlichungsvorschriften (Art. 1871 Abs. 1 Satz 3 Code civil). Sie hat weder eine Firma noch einen Gesellschaftssitz. 3.10 Der Vertrag zur Gründung einer derartigen société en participation bedarf keiner besonderen Form. Die Zahl der Gesellschafter ist nicht auf zwei beschränkt. Dies ergibt sich aus der allgemeinen Vorschrift des Art. 1832 Abs. 1 Code civil, nach der der Gesellschaftsvertrag zwischen zwei oder mehreren Personen geschlossen wird. Diese Bestimmung ist auch auf die société en participation anwendbar (Art. 1871 Abs. 2 Code civil). 3.11 Anders als im deutschen Recht der stillen Gesellschaft ist die société en participation nicht auf die Beteiligung an einem Handelsgewerbe beschränkt. Die Gesellschaft kann vielmehr auch bürgerlichrechtliche Aktivitäten zum Gegenstand haben. Der Gegenstand des Gesellschaftsvertrags ist nur für die Frage von Bedeutung, welchen Regelungen das Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern in Ermangelung besonderer vertraglicher Vereinbarungen unterliegt. Die Gesellschaft untersteht gemäß Art. 1871-1 Code civil den Regeln der société civile, wenn es sich um eine Gesellschaft bürgerlichrechtlichen Charakters handelt, und den Regeln der société en nom collectif, wenn der handelsrechtliche Charakter im Vordergrund steht. 15 Germain/Magnier, Traité de droit des affaires, Bd. 2, Rz. 1239. 16 Storp/Bissinger, RIW 1978, 421, sprechen von einer Art „Stillen Gesellschaft“. 17 Germain/Magnier, Traité de droit des affaires, Bd. 2, Rz. 1245.

36 | Lamprecht

Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht | Rz. 3.15 § 3

Unabhängig von ihrem handelsrechtlichen oder bürgerlichrechtlichen Charakter hat die Gesellschaft mangels eigener Rechtspersönlichkeit kein eigenes Gesellschaftsvermögen. Grundsätzlich bleibt jeder Gesellschafter Eigentümer der von ihm der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Gegenstände (Art. 1872 Abs. 1 Code civil), während bei der deutschen stillen Gesellschaft der stille Gesellschafter seine Einlage so zu leisten hat, dass sie in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergeht (§ 230 Abs. 1 HGB). Nach Art. 1872 Abs. 2 und 3 Code civil ist jedoch auch die Bildung von Miteigentum (indivision) möglich18. Darüber hinaus können die Gesellschafter vereinbaren, dass der Geschäftsführer im Interesse einer erleichterten Geschäftsabwicklung gegenüber Dritten als Alleineigentümer der Einlagen angesehen wird.

3.12

Die société en participation kann nicht nur als stille Innengesellschaft (société occulte), sondern seit der Reform von 1978 auch als Außengesellschaft (société ostensible) konzipiert werden19. Der Unterschied ist namentlich im Hinblick auf die Geschäftsführung und die Gesellschafterhaftung von Bedeutung.

3.13

Die Vorschriften über die Geschäftsführung sind im Wesentlichen den Regelungen der société à responsabilité limitée (S.A.R.L.) angeglichen. Die Geschäftsführung obliegt im Allgemeinen einem oder mehreren Teilhabern, die einstimmig ernannt werden. Der Geschäftsführer kann vorbehaltlich satzungsmäßiger Beschränkungen alle Maßnahmen treffen, die im Interesse der Gesellschaft liegen (Art. 1871-1 Code civil i.V.m. Art. 1846 Code civil bzw. Art. L. 221-4 Abs. 1 Code de commerce). Ist die stille Gesellschaft eine reine Innengesellschaft, handelt der Geschäftsführer wie bei einem höchstpersönlichen Geschäft im eigenen Namen. Die Gesellschafter haben gegen den oder die Geschäftsführer Anspruch auf Rechnungslegung und Gewinnverteilung, wohingegen der oder die Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftern einen Entschädigungsanspruch für die im gemeinsamen Interesse eingegangenen Verpflichtungen haben. Sind mehrere Gesellschafter vorhanden, so haften sie dem Geschäftsführer nicht als Gesamtschuldner. Gegen jeden von ihnen kann nur bis zur Höhe seines Anteils an der Schuld vorgegangen werden.

3.14

Für die Haftung im Außenverhältnis sieht Art. 1872-1 Abs. 1 Code civil vor, dass jeder Gesellschafter auf eigene Rechnung handelt. Handelt ein Gesellschafter jedoch mit Wissen und Kenntnis Dritter in seiner Eigenschaft als Gesellschafter, wird also das Vorhandensein der Gesellschaft Dritten offenbart, so haften alle Gesellschafter für diese Handlung; im Falle einer société en participation handelsrechtlichen Charakters solidarisch, im Falle einer bürgerlichrechtlichen Gemeinschaft im Verhältnis ihrer Anteile am Gesellschaftskapital am Tage der Fälligkeit der Schuld oder der Zahlungseinstellung (Art. 1872-1 Abs. 2 Code civil). Dieselben Grundsätze greifen nach Art. 1872-1 Abs. 3 Code civil ein, wenn zwar die Gesellschaft nicht offenbart wird, aber entweder ein Gesellschafter durch seine Einmischung den Vertragspartner glauben lässt, dass er sich ihm gegenüber verpflichten wolle, oder wenn das Geschäft zu seinen Gunsten endet. Im Gegensatz zum deutschen Recht, das in § 230 Abs. 2 HGB die ausschließliche Haftung des Inhabers für die im Betrieb geschlossenen Geschäfte

3.15

18 Dekeuwer-Défossez, JCP 1980.1.2970. 19 Germain/Magnier, Traité de droit des affaires, Bd. 2, Rz. 1244.

Lamprecht | 37

§ 3 Rz. 3.15 | Einführung

vorsieht, können im französischen Recht die Gesellschafter mithin auch für die Handlung eines ihrer Mitgesellschafter haften20.

3.16 Die Gesellschafter können unter Beachtung des Verbots der leoninischen Abmachung (Art. 1844-1 Abs. 2 Code civil) die Verteilung der Gewinne und Verluste frei bestimmen. Fehlt eine Regelung im Gesellschaftsvertrag, erfolgt eine anteilsmäßige Verteilung im Verhältnis zu den Einlagen (Art. 1844-1 Abs. 1 Code civil). Bei Gesellschaften von kurzer Dauer wird die Verteilung nur einmal nach Beendigung aller Geschäfte, d.h. bei der Auflösung, vorgenommen. 3.17 Jeder Gesellschafter kann seine gesellschaftsvertraglichen Rechte nach der in Art. 1690 Code civil für Forderungsabtretungen getroffenen Regelung abtreten. Hierfür ist jedoch vorbehaltlich anderer gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen die Zustimmung aller Mitgesellschafter erforderlich. 3.18 Gründe für eine Auflösung der société en participation finden sich zunächst in der für alle Gesellschaften geltenden Vorschrift des Art. 1844-7 Code civil. Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Zeit gegründet worden, kann darüber hinaus jeder Gesellschafter jederzeit die Auflösung verlangen, indem er die anderen Gesellschafter über diesen Entschluss informiert (Art. 1872-2 Abs. 1 Code civil). Das Auflösungsverlangen darf jedoch nicht böswillig oder zur Unzeit gestellt werden. Sofern nicht ausnahmsweise gemäß Art. 1872 Abs. 2 und 3 Code civil Miteigentum gebildet wurde, ist im Falle der Auflösung eine Liquidation entbehrlich. 3.19 Gemäß Art. 1873 Code civil finden die Vorschriften der société en participation auch auf die société créé de fait, also die faktische Gesellschaft, die bisher nach den Vorschriften über die société en nom collectif behandelt worden war, Anwendung. 3.19a Wie stille Gesellschaften in Frankreich besteuert werden, bestimmt sich nach der bestehenden Haftung der Gesellschafter sowie danach, inwieweit das Gesellschaftsverhältnis den Finanzbehörden offen gelegt wird. Unbeschränkt haftende Gesellschafter, die den Finanzämtern bekannt sind, werden semitransparent besteuert. Im Übrigen unterliegen Gesellschafter der Körperschaftsteuer, die vom Geschäftsinhaber geschuldet wird21. 2. Italien Schrifttum: Campobasso, Gianfranco, Diritto commerciale, Bd. 2 (Diritto delle società), 8. Aufl. 2012; Caroselli, Oscar, L’associazione in partecipazione, 1930; Cian, Marco (Hrsg.), Diritto Commerciale, Bd. 2, 2013; Frignani, Aldo/Giancarlo, Elia, Italian company law, 1992; Ghidini, Mario, L’associazione in partecipazione, 1959; Giriodi, Associazione in partecipazione, in Nuovo Digesto Italiano, 1937, vo. I, S. 1022; Grandi, Salvatore Giovanni, L’associazione in partecipazione, 1939; Hofmann, Michael, Gesellschaftsrecht in Italien, 3. Aufl. 2006; Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. III, Italien 40.50; Kindler, Peter, Italienisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2002; Lipp, Marisa, Die stille Gesellschaft im nationalen und internationalen Kontext – 20 Vgl. Jung/Kühl in Jung/Krebs/Stiegler, Gesellschaftsrecht in Europa, § 13 Rz. 68. 21 Osterloh-Konrad/Lagdali in Schön, Eigen- und Fremdkapital, 2013, S. 373 (397).

38 | Lamprecht

Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht | Rz. 3.23 § 3 Eine Analyse unter steuergestalterischen Aspekten, Diss. Hohenheim, 2014, S. 159 f.; Oelkers, Janine, Das patrimonio destinato zur Verfolgung besonderer Geschäftsvorhaben – eine rechtsökonomische Bewertung der neuen Möglichkeiten einer Haftungssegmentierung im italienischen Aktienrecht, in Zetzsche, Dirk (Hrsg.), Recht und Wirtschaft, Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 2007, 2008, S. 235 ff.; Silberschmidt, Wilhelm, Das partiarische Rechtsverhältnis in rechtsvergleichender und geschichtlicher Darstellung, ZHR 96 (1931), 267; Steinhauser, Carsten, Die Reform des Gesellschaftsrechts in Italien, EuZW 2004, 364; Viviante, Cesare, L’oggetto e la durata dell’associazione in partecipazione, Foro it. 1933, I, 13.

Auch das italienische Recht kennt die in den Art. 2549 ff. Codice civile geregelte stille Gesellschaft (associazione in partecipazione). Art. 2549 Codice civile definiert sie als einen Vertrag, durch den der Unternehmer dem stillen Gesellschafter einen Anteil am Gewinn seines Unternehmens oder eines oder mehrerer Geschäfte gegen eine bestimmte Einlage gewährt.

3.20

Die associazione in partecipazione ist eine reine Innengesellschaft, die keine eigene Rechtspersönlichkeit, keinen selbständigen Sitz und keine eigene Firma hat. Dem Inhaber des Unternehmens obliegt die Geschäftsführung. Er handelt nach außen im eigenen Namen, wird aus den von ihm abgeschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet und haftet mit seinem ganzen Vermögen.

3.21

Der stille Gesellschafter muss sich mit einer Einlage beteiligen. Die Einlage kann seit 2015 nicht, auch nicht teilweise, in einer Arbeitsleistung bestehen; hierdurch soll eine Umgehung des Arbeitsrechts im Wege stiller Gesellschaften ausgeschlossen werden22. Der stille Gesellschafter haftet beschränkt auf diese Einlage und hat einen Anspruch gegen den Unternehmer auf einen Anteil am Gewinn und auf Rückzahlung der Einlage, wenn diese nicht durch Verluste aufgezehrt wird. Soweit die Einlage des stillen Gesellschafters nicht durch Verluste aufgezehrt ist, kann sie in der Insolvenz des Inhabers als Insolvenzforderung geltend gemacht werden. Ist sie noch nicht oder nur zum Teil geleistet, so braucht sie im Insolvenzfall nur bis zum Betrag des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Verlustanteils erbracht zu werden.

3.22

Gegenüber dem Inhaber des Unternehmens stehen dem stillen Gesellschafter bestimmte Mindestrechte zu. Zunächst hat der Inhaber die vereinbarten Leistungen zu erbringen und das Unternehmen so zu führen, dass der gemeinsame Zweck erreicht wird. Ihm obliegt dabei eine weitgehende Sorgfaltspflicht, bei deren Verletzung der stille Gesellschafter zur sofortigen Vertragsauflösung und zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen berechtigt ist. Eine Verletzung der Sorgfaltspflicht liegt insbesondere vor, wenn der Inhaber vertragswidrig Konkurrenzgeschäfte betreibt, seine Bücher nicht ordnungsgemäß führt, den Sitz des Unternehmens eigenmächtig verlegt, ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters an der Börse spekuliert und dessen Empfehlungen bzw. Einwendungen nicht würdigt oder leichtfertig übergeht. Vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung darf der Inhaber für dasselbe Unternehmen keine weiteren stillen Beteiligungen einräumen. Die Kontrollrechte des stillen Gesellschafters sind begrenzt. Grundsätzlich hat er nur Anspruch auf einen jährlichen Rechenschaftsbericht (Art. 2252 Abs. 3 Codice civile). Auch wenn der Ge-

3.23

22 Jung/Mondini in Jung/Krebs/Stiegler, Gesellschaftsrecht in Europa, § 14 Rz. 148.

Lamprecht | 39

§ 3 Rz. 3.23 | Einführung

sellschaftsvertrag weitere Kontrollrechte enthalten kann, darf dies keinesfalls dazu führen, dass dem Stillen echte Entscheidungsbefugnisse im Hinblick auf die Geschäftsführung eingeräumt werden.

3.24 Die Verteilung des Gewinns oder Verlustes bestimmt sich nach dem Gesellschaftsvertrag mit der Maßgabe, dass sich mangels anderweitiger vertraglicher Vereinbarungen die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters auf den Betrag seiner Einlage beschränkt. Die leoninische Abrede ist auch im italienischen Recht unzulässig (Art. 2265 Codice civile). 3.25 Die Beteiligten haben weitgehende Vertragsfreiheit bei der Regelung ihrer Beziehungen. Sie können die stille Gesellschaft für eine bestimmte Dauer eingehen, aber auch als Gelegenheitsgesellschaft zur Durchführung einzelner Geschäfte errichten. Für den Abschluss des Gesellschaftsvertrags ist keine Form erforderlich, es sei denn, dass die Art der Einlagen eine solche verlangt. Eine nicht unumstrittene Sonderform der stillen Beteiligung stellt die seit der Reform des italienischen Gesellschaftsrechts von 200423 mögliche stille Beteiligung an einem Zweckvermögen (patrimonio destinato) dar (Art. 2447-bis ff. Codice civile)24, welche als „Gesellschaft in der Gesellschaft“ bezeichnet werden kann25. Die Möglichkeit der Bildung von patrimoni destinati ist nur bei italienischen Aktiengesellschaften unter Beachtung der entsprechenden formellen (ordnungsgemäßer Vorstandsbeschluss etc.) und materiellen Voraussetzungen möglich.

3.26 Das patrimonio destinato darf nicht mehr als 10 % des Eigenkapitals der Aktiengesellschaft betragen und muss einer besonderen Geschäftstätigkeit (ad uno specifico affare) gewidmet sein. Diese Geschäftstätigkeit darf mit dem Unternehmensgegenstand der Aktiengesellschaft zwar nicht identisch sein, muss jedoch von diesem inhaltlich umfasst werden. Die Folge der Widmung ist der Zerfall des ursprünglich einheitlichen Gesellschaftsvermögens in zwei haftungsmäßig voneinander getrennte Vermögensmassen: Auf der einen Seite steht das patrimonio destinato und auf der anderen das verbleibende Gesellschaftsvermögen (patrimonio residuo). Diese Vermögenstrennung ermöglicht somit innerhalb einer Aktiengesellschaft die Beschränkung des Haftungsrisikos. Den Gläubigern des besonderen Geschäftsvorhabens haftet grundsätzlich – bei entsprechender Mitteilung beim Abschluss des Rechtsgeschäfts – nur das Zweckvermögen; den regulären Gläubigern der Gesellschaft ist hingegen der Zugriff auf das patrimonio destinato verwehrt. 3.27 In der gesetzlichen Grundform besteht das Zweckvermögen ohne Beteiligung Dritter und kann so z.B. als Alternative zur Bildung einer Tochtergesellschaft oder als Alter23 Zur Reform im italienischen Gesellschaftsrecht siehe auch den einführenden Überblick von Steinhauser, Die Reform des Gesellschaftsrechts in Italien, EuZW 2004, 364. 24 Dazu näher Santagata, in Cian, Diritto commerciale, Bd. II, § 67. 25 Zu dieser Neuerung im italienischen Gesellschaftsrecht ausführlich: Oelkers, Das patrimonio destinato zur Verfolgung besonderer Geschäftsvorhaben – eine rechtsökonomische Bewertung der neuen Möglichkeiten einer Haftungssegmentierung im italienischen Aktienrecht, in Jb.J.ZivRWiss. 2007, 235–262.

40 | Lamprecht

Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht | Rz. 3.29 § 3

native zu Spartenaktien eingesetzt werden. Jedoch besteht zudem die Möglichkeit für Dritte, sich an diesem Zweckvermögen zu beteiligen: Zum einen kann der Dritte als schlichter Kapitalgeber fungieren, zum anderen kann dem Dritten eine aktivere Rolle mit weitergehenden Vermögens- und Verwaltungsrechten eingeräumt werden. Dadurch tritt neben den Gedanken der Haftungsbeschränkung u.a. der Anreiz der separaten Finanzierung bestimmter Vorhaben der Aktiengesellschaft. Der Dritte kann sich somit ganz gezielt beteiligen. Entscheidet sich der Vorstand für eine Beteiligung Dritter am Zweckvermögen, so muss der Gründungsbeschluss entsprechende Angaben – etwa über die zu leistenden Beiträge – enthalten, wobei die Rechte des Dritten weitgehend frei gestaltbar sind. Die einzige gesetzliche Vorgabe an die Beitragsleistung Dritter besteht darin, dass sie vermögensrechtlicher Natur (natura patrimoniale) sowie einer wirtschaftlichen Bewertung zugänglich sein muss. Das heißt, dass sowohl die typischen Geldleistungen als Beiträge möglich sind, aber auch Sachen, Rechte und sogar Dienstleistungen als konforme Beitragsleistungen in Betracht kommen. Diese Anforderungen an den Beitrag Dritter sind erheblich geringer als diejenigen, die an die Aktionärseinlage gestellt werden, da das Zweckvermögen kein Mindestkapitalerfordernis kennt. In Bezug auf die stille Beteiligung ist hervorzuheben, dass der Stille sich nicht wie üblich am Unternehmen selbst, sondern an einer gegenüber dem sonstigen Vermögen der Aktiengesellschaft verselbstständigten Vermögensmasse beteiligt. Die zwingende Gewinnbeteiligung des Stillen wird nicht am Gesamtunternehmen, sondern ausschließlich am besonderen Geschäftsvorhaben bemessen. Allerdings ist auch die Gewinnausschüttung an den Stillen unabhängig von einer etwaigen Gewinnausschüttung auf der Ebene des Gesamtunternehmens. Dies kann durchaus vorteilhaft für den stillen Gesellschafter sein, etwa wenn das besondere Vorhaben im Gegensatz zum Gesamtunternehmen besonders floriert. Zudem besteht zwar eine synallagmatische Verknüpfung zwischen der Beteiligung und der Einlageleistung, jedoch entsteht weder ein neues Rechtssubjekt noch ein gemeinsames Vermögen, aus dem die Gesellschaft und der Dritte berechtigt sind. Die Geschäftsführung obliegt allein dem Vorstand, wobei dem Stillen aber Teilhaberechte bzw. Zustimmungsvorbehalte für bestimmte Maßnahmen eingeräumt werden können. Im Außenverhältnis haftet hingegen allein die Aktiengesellschaft.

3.28

3. Liechtenstein Schrifttum: Gassner, Arthur/Gassner, Cornelia (Hrsg.), PGR 2015 – Das Personen- und Gesellschaftsrecht des Fürstentums Liechtenstein, 7. Aufl. 2015; Marxer & Partner, Liechtensteinisches Wirtschaftsrecht, 2009; Wagner, Jürgen/Plüss, Adrian/Dermühl, Sabine, Handels- und Wirtschaftsrecht in der Schweiz und in Liechtenstein, 3. Aufl. 2006.

Das Liechtensteinische Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) regelt in den Art. 768 bis 778 die stille Gesellschaft. Die Regeln ähneln den deutschen, sind aber sehr viel ausführlicher als diese und nehmen in mancher Hinsicht moderne Entwicklungen auf. Art. 768 Abs. 1 PGR definiert die stille Gesellschaft als die Beteiligung an einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit einer Vermögenseinlage, ohne dass Lamprecht | 41

3.29

§ 3 Rz. 3.29 | Einführung

der stille Gesellschafter die Haftung für die Schulden des Unternehmens übernimmt, ohne dass er im Handelsregister eingetragen ist und ohne dass die Beteiligung in der Firma zum Ausdruck kommt. Den Unternehmer bezeichnet Art. 768 Abs. 1 PGR als „Komplementär“ bzw. „Inhaber“. Die Bestimmung sieht ausdrücklich vor, dass auch mehrere stille Gesellschafter mit dem Inhaber eine stille Gesellschaft bilden können. Art. 773 Abs. 3 PGR regelt eigens, dass stille Beteiligungen auch lediglich an Zweigen des Unternehmens eingegangen werden können. Besteht die stille Beteiligung an einer nicht im Handelsregister eingetragenen Unternehmung, so steht sie unter den Bestimmungen über Gewinnbeteiligungsverträge bei der einfachen Gesellschaft, soweit nicht eine Gelegenheitsgesellschaft vorliegt. Nach Art. 769 Abs. 5 PGR besteht eine Außenhaftung des stillen Gesellschafters in Höhe seiner Vermögenseinlage, wenn die stille Gesellschaft in öffentlichen Blättern, Briefen, Zirkularen oder dergleichen mit Einwilligung des stillen Gesellschafters bekannt gemacht wird. Art. 770 Abs. 5 PGR eröffnet die Möglichkeit, dass über die Beteiligung Wertpapiere ausgegeben werden, die wie Namensaktien übertragen werden können. Art. 772 Abs. 4 PGR erweitert dies dahin, dass über das Gewinnbezugsrecht des stillen Gesellschafters Genussscheine mit Wertpapiercharakter ausgegeben werden können. Art. 778 PGR regelt, dass auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter dasjenige Recht Anwendung findet, in dessen Geltungsgebiet die Firma (also das Unternehmen) ihren Sitz beziehungsweise Wohnsitz hat. 4. Österreich Schrifttum: Bauer, David Christian, Die stille Gesellschaft als Finanzierungsinstrument, Diss. Wien, 2001; Bydlinski, Peter, Die stille Gesellschaft als Kapitalanlage, 1988; Fritz, Christian, Gesellschafts- und Unternehmensformen in Österreich – Praxishandbuch unter Berücksichtigung der Änderungen durch das UGB, 3. Aufl. 2007, S. 499 ff.; Hämmerle, Hermann/Wünsch, Horst, Handelsrecht, Bd. 2: Gesellschaftsrecht, Genossenschaftsrecht, Unternehmensverbindungen, 4. Aufl. 1993, S. 193 ff.; Hebig, Michael/Heuer, Frank, Besteuerung einer grenzüberschreitenden stillen Beteiligung an einer österreichischen Kapitalgesellschaft, RIW 1985, 797; Heidenbauer, Sabine/Roesener, Astrid, Eigen- und Fremdkapital im Steuer- und Gesellschaftsrecht Österreichs, in Schön, Wolfgang (Hrsg.), Eigen- und Fremdkapital, 2013, S. 541; Jabornegg, Peter/Artmann, Eveline/Apathy, Peter (Hrsg.), Kommentar zum UGB, Bd. 1 (Unternehmensgesetzbuch mit Firmenbuchgesetz, CMR, AÖSp), 2. Aufl. 2010; Kalss, Susanne/Nowotny, Christian/Schauer, Martin, Österreichisches Gesellschaftsrecht – Systematische Darstellung sämtlicher Rechtsformen, 2008; Kastner, Walther, Gesellschafterwechsel und ähnliche Änderungen bei der stillen Gesellschaft, in Gesellschafts- und Unternehmensrecht – gesammelte Aufsätze von 1946–1981, 1982, S. 214 ff.; Kastner, Walther/Doralt, Peter/Nowotny, Christian, Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts, 5. Aufl. 1990, S. 137 ff.; Kohlhammer, Richard/Drmola, Christian, Die atypisch stille Beteiligung an einer Organgesellschaft, Öst. Recht der Wirtschaft 1993, S. 262; Krejci, Heinz (Hrsg.), Kommentar zu den durch das HaRÄG 2005 eingeführten Neuerungen im Unternehmensgesetzbuch und im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, 2007; Maultauschl, Ferdinand/Schuppich, Walter/Stagel, Friedrich, Rechtslexikon, Handbuch des österreichischen Rechts für die Praxis, Bd. 9 (Loseblattsammlung, 1956–1971); Maximus, Alexander, Mezzaninkapitalpolitik, Diss. Wien, 2013; Neuner, Kurt, Die stille Gesellschaft im Abgabenrecht, 4. Aufl. 1998; Paschinger, Oskar, Die Gesellschaften und Genossenschaften im Zivilprozess, 1979, 176 ff.; Ratka, Thomas/Rauter, Roman Alexander/Völkl, Clemens, Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2013; Straube, Manfred (Hrsg.), Kommentar zum Handelsgesetzbuch mit einschlägigen Rechtsvorschriften, Bd. 1

42 | Lamprecht

Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht | Rz. 3.31 § 3 (§§ 1–188, 343–453), 3. Aufl. 2003; Straube, Manfred (Hrsg.), Wiener Kommentar zum Unternehmensgesetzbuch (Loseblattsammlung); Torggler, Ulrich (Hrsg.), Unternehmensgesetzbuch – Kommentar, 2013.

Österreich regelt die stille Gesellschaft in den §§ 179 bis 188 UGB (Unternehmensgesetzbuch). Diese haben weitestgehend die §§ 178 bis 188 des österreichischen Handelsgesetzbuches übernommen. Die Regelungen entsprechen inhaltlich größtenteils denen des deutschen HGB – ergänzt um diejenigen Regelungen des BGB, die subsidiär für die stille Gesellschaft in Deutschland gelten. Allerdings setzt das österreichische Recht nicht mehr das Bestehen eines Handelsgewerbes für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft voraus. Es genügt das Vorliegen eines Unternehmens, wofür gemäß § 1 Abs. 2 UGB jede auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit genügt. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich. Der sachliche Anwendungsbereich der stillen Gesellschaft umfasst daher auch Bereiche, in denen in Deutschland nur eine sonstige Innengesellschaft bestehen kann.

3.30

Historisch bedingt unterscheidet Österreich ebenso wie Deutschland steuerlich zwischen typischen stillen Beteiligungen, welche dem stillen Gesellschafter Einkünfte aus Kapitalvermögen verschaffen, und atypischen stillen Gesellschaften, welche eine Mitunternehmerschaft zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter begründen. Die Abgrenzung erfolgt wie in Deutschland, indem im konkreten Fall entschieden wird, ob der Typusbegriff des „Mitunternehmers“ erfüllt ist oder nicht. Wie in Deutschland entscheidet sich dies anhand der Merkmale des „Mitunternehmerrisikos“ und der „Mitunternehmerinitiative“26.

3.31

5. Schweiz Schrifttum: Druey, Jean Nicolas/Druey Just, Eva/Glanzmann, Lukas, Gesellschafts- und Handelsrecht, 11. Aufl. 2015; Fellmann, Walter/Müller, Karin, Berner Kommentar zum schweizerischen Privatrecht (BK), Band VI (Das Obligationenrecht), 8. Teilband (Die einfache Gesellschaft – Art. 530–544 OR), 2006; Graf, Peter, Das Darlehen mit Gewinnbeteiligung oder das partiarische Darlehen, besonders seine Abgrenzung von der Gesellschaft, Diss. Zürich 1951; Guery, Michael, Die Abgrenzung des partiarischen Darlehens von der Gesellschaft – mit Vergleichen zum deutschen und französischen Recht, Diss. Zürich 1999; Flüge, Die sog. „stille Beteiligung“ im deutschen und schweizerischen Zivil- und Steuerrecht, Archiv für schweizerisches Abgabenrecht 1966/67, 281; Habermas, Hans Joachim, Die stille Gesellschaft im deutschen und schweizerischen Recht, Diss. Bern und Heidelberg 1961; Handschin, Lukas/Vonzun, Reto, Zürcher Kommentar zum schweizerischen Zivilrecht (ZK), Bd. V/4a (Art. 530–551 OR), 2009; Jung, Peter/Kunz, Peter V./Bärtschi, Harald, Gesellschaftsrecht, 2016; Jung, Peter, Kommentierung der Art. 530–551 OR (Recht der einfachen Gesellschaft), in Amstutz et al. (Hrsg.), Handkommentar zum Schweizer Privatrecht (CHK) – Personengesellschaften und Aktiengesellschaft (Art. 530–771 OR) inkl. VegüV, 3. Aufl. 2016; Meier-Hayoz, Arthur/Forstmoser, Peter, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 11. Aufl. 2012; Naef, Frank, Kennt das schweizerische Recht die stille Gesellschaft?, Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins, 96. Jahrg. (1960), 257, 305; Pedrazzini, Mario M., Stille Gesellschaft oder (offene) einfache Gesell-

26 Vgl. den Überblick über die Besteuerung stiller Gesellschaften in Österreich (auch mit Behandlung grenzüberschreitender Fälle) bei Heidenbauer/Roesener in Schön, Eigen- und Fremdkapital, 2013, S. 541 (554-565).

Lamprecht | 43

§ 3 Rz. 3.32 | Einführung schaft?, SJZ 1956, 369; Sethe, Rolf, Kommentierung der Art. 530–551 OR, in Honsell, Heinrich (Hrsg.), Kurzkommentar OR – Obligationenrecht (KUKO OR), 2014; Sommer, Ueli, Die stille Gesellschaft, Diss. Zürich 2000; Vonzun, Reto, Rechtsnatur und Haftung der Personengesellschaften, Diss. Basel 2000; Wespi, Conrad, Die stille Gesellschaft im schweizerischen Recht, Diss. Zürich 1930.

3.32 Das schweizerische Recht kennt keine spezielle gesetzliche Regelung der stillen Gesellschaft27. Sofern ein Vertragsverhältnis jedoch einerseits die Charakteristika einer Gesellschaft nach Art. 530 Abs. 1 OR (privatvertragliche Personenverbindung zu einem gemeinsamen Zweck) aufweist und andererseits nicht die Voraussetzungen einer anderen Gesellschaftsform erfüllt, handelt es sich stets um eine sog. einfache Gesellschaft, welche die subsidiäre Gesellschaftsform des schweizerischen Rechts bildet28. Insofern bestehen auch stille Innengesellschaften nach dem Recht der einfachen Gesellschaft (Art. 530–551 OR)29, weil sie die Voraussetzungen von Art. 530 Abs. 1 OR, nicht jedoch diejenigen einer anderen Personengesellschaft (Kollektivgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen) oder Körperschaft (Aktiengesellschaft, Kommanditaktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, SICAV, Genossenschaft) erfüllen30. Das gilt unabhängig davon, ob sich der stille Gesellschafter an einem nichtkaufmännischen Unternehmen (freiberufliches Unternehmen, Kleingewerbe) oder an dem Unternehmen eines Einzelkaufmanns bzw. einer Handelsgesellschaft, Genossenschaft oder kaufmännischen einfachen Gesellschaft31 beteiligt. Da Gegenstand der einfachen Gesellschaft jeder rechtlich erlaubte Zweck sein kann, gleichgültig, ob es sich um einen vorübergehenden oder dauernden, um einen ideellen oder wirtschaftlichen Zweck handelt, kann die stille Gesellschaft auch als bloße Gelegenheitsgesellschaft bestehen32. Wie im deutschen Recht ist die stille einfache Gesellschaft als nicht rechtsfähige Innengesellschaft anhand des Kriteriums der gemeinsamen Zweckverfolgung in besonderer Weise von den partiarischen Austauschverträgen abzugrenzen33.

27 Regelungsvorschläge aus den Jahren 1919 und 1923 wurden nicht Gesetz. 28 Meier-Hayoz/Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, § 12 Rz. 34 f.; CHK-Jung, Art. 530 OR Rz. 12. 29 Zu Anwendungsbeispielen Meier-Hayoz/Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, § 15 Rz. 51 ff. und Kunz in Jung/Kunz/Bärtschi, Gesellschaftsrecht, § 7 Rz. 204 ff. 30 Näher zum System der schweizerischen Gesellschaftsformen Jung in Jung/Kunz/Bärtschi, Gesellschaftsrecht, § 3. 31 Zu der nach h.M. gemäß Art. 530 Abs. 2 OR als einfache Gesellschaft zu duldenden und per Analogie einzelnen handelsrechtlichen Schutzvorschriften zu unterwerfenden Personengesellschaft, welche wegen des Betriebs eines kaufmännischen Gewerbes eigentlich als Kollektivgesellschaft oder Kommanditgesellschaft zu behandeln wäre, dies aber nach Art. 552 Abs. 1 OR bzw. 594 Abs. 2 OR (Verbot der Beteiligung von juristischen Personen oder rechtsfähigen Personengesamtheiten als unbeschränkt haftende Gesellschafter) nicht kann, näher Jung in Mélanges Roland Ruedin, 2006, S. 3 ff. (zugleich krit.); Vonzun, Rechtsnatur und Haftung, Rz. 574 ff.; Meier-Hayoz/Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, § 4 Rz. 50 ff. 32 ZK-Handschin/Vonzun, Art. 530 OR Rz. 27 ff. 33 BGer v. 11.3.2011 – 4A_509/2010 E. 5.2 f.; BGer v. 18.9.1973 – BGE 99 II 303 E. 3 ff.; BK-Fellmann/Müller, Art. 530 OR Rz. 73 f.

44 | Lamprecht

Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht | Rz. 3.35 § 3

Auch bei der stillen Gesellschaft des schweizerischen Rechts beteiligen sich ein oder mehrere stille Gesellschafter an einem allein vom sog. Hauptgesellschafter in Form eines Einzelunternehmens oder einer Gesellschaft betriebenen Unternehmen34. Der Gesellschaftsvertrag kann formlos geschlossen werden (Art. 11 Abs. 1 OR), sofern sich nicht der stille Gesellschafter zur Einbringung eines Grundstücks verpflichtet (Art. 657 Abs. 1 ZGB). Die stillen Gesellschafter können, müssen aber nicht im Verborgenen bleiben. Das prinzipiell anwendbare und weitgehend dispositive Recht der einfachen Gesellschaft erfährt gewisse Modifikationen durch die analoge Anwendung einzelner Regelungen des Rechts der Kommanditgesellschaft (Art. 601 Abs. 2, Art. 605 OR). Auch im Innenverhältnis ist dem Hauptgesellschafter die Geschäftsführung abweichend von Art. 535 Abs. 1 OR grundsätzlich (ggf. stillschweigend) allein übertragen35. Wird dem Hauptgesellschafter die Geschäftsführungsbefugnis aus wichtigem Grund entzogen, führt dies zur Auflösung der Gesellschaft36. Im Außenverhältnis wird allein der das Unternehmen im eigenen Namen betreibende Hauptgesellschafter berechtigt und verpflichtet (Art. 543 Abs. 1 OR). Da eine vermögensmäßige Beitragsleistung des stillen Teilhabers grundsätzlich (Ausnahme: seltene und umstrittene Bildung eigenen Vermögens der stillen Gesellschaft, Einbringung quoad usum oder quoad sortem) in das Vermögen des Hauptgesellschafters übergeht, kann dieser dann auch über diese Vermögensgegenstände im Außenverhältnis alleine verfügen37. Ob er dies auch im Innenverhältnis gegenüber dem stillen Gesellschafter darf, ist eine Frage der gesellschaftsvertraglichen Regelung.

3.33

Eine Haftung des stillen Gesellschafters gegenüber Dritten besteht auch dann nicht, wenn seine Beteiligung dem Dritten bekannt gewesen ist38 oder es sich um eine sog. atypische stille Gesellschaft mit einer internen Vorrangstellung des stillen Gesellschafters handelt39, sofern der Stille nicht im eigenen Namen (Art. 543 Abs. 1 OR) oder zwar im Namen der Gesellschaft, aber nicht ausdrücklich als rechtsgeschäftlicher Vertreter gehandelt hat (Art. 605 OR analog)40. Sofern der stille Teilhaber zudem einen vermögenslosen Hauptgesellschafter lediglich vorschiebt und faktisch die Geschäfte führt, kann es bei einer formellen oder materiellen Unterkapitalisierung ebenfalls zu einer ausnahmsweisen Außenhaftung des stillen Gesellschafters kommen41.

3.34

Der stille Gesellschafter wird lediglich im Innenverhältnis schuldrechtlich am Gewinn und Verlust beteiligt. Die Einlage des stillen Gesellschafters bildet dann vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung die Obergrenze seiner Verlustbeteiligung. Haben die Gesellschafter ausnahmsweise überhaupt keine Regelung über die Gewinn- und Verlustbeteiligung getroffen, würde dies gemäß Art. 533 Abs. 1 OR zu

3.35

34 35 36 37 38 39 40 41

Kunz in Jung/Kunz/Bärtschi, Gesellschaftsrecht, § 7 Rz. 203. Sommer, Die stille Gesellschaft, S. 130. CHK-Jung, Art. 539 OR Rz. 4. OGer OW, SJZ 1987, 218 f. (keine Wegnahme einer fremden Sache). BGer v. 18.10.1955 – BGE 81 II 520 E. 2. OGer OW, SJZ 1987, 218 f. KGer VS, ZWR 1994, 268. von Steiger, SPR VIII/1, S. 662 ff.; a.A. KUKO OR-Sethe, Art. 530 OR Rz. 16.

Lamprecht | 45

§ 3 Rz. 3.35 | Einführung

einer Verteilung zu gleichen Teilen führen. Da die typische stille Gesellschaft als Gesellschaft mit zwei unterschiedlichen Gesellschaftertypen insoweit strukturell aber eher der Kommanditgesellschaft entspricht, wird eine analoge Anwendung von Art. 601 Abs. 2 OR (Gewinn- und Verlustverteilung nach freiem Ermessen des Richters) der generellen Gleichbehandlung grundsätzlich ungleicher Gesellschafter nach Art. 533 Abs. 1 OR überwiegend vorgezogen42. 6. Belgien Schrifttum: Ballon, Gabriel Luc/Geens, Koen/Stuyck, Jules, Handels- en vennootschapsrecht, 9. Aufl. 2005; Benoît-Moury, Anne/Caprasse, Olivier/Tilleman, Bernard, Droit des sociétés – Code des sociétés annoté, 2010; Dabin, Léon/Benoît-Moury, Anne, in Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. II, Belgien 20.50; De Pelsmaeker, Des associations en participations et des syndicats financiers, 4. Aufl. 1934; Malherbe, Jacques/De Cordt, Yves/Lambrecht, Philippe/Malherbe, Philippe, Droit des sociétés – Droit communautaire, Droit belge, 4. Aufl. 2011; Tilquin & Simonart, Traité des sociétés, III, 2005; Vananroye in Vennootschappen en verenigingen: artikelsgewijze commentaar met overzicht van rechtspraak en rechtsleer, 2002; Wallemacq, Traité et formulaire des associations momentanées et en participation – Étude théorique et pratique, 1973.

3.36 Historisch findet die belgische stille Gesellschaft ihre Wurzeln in der „commenda“ (Rz. 3.1 f.) des altitalienischen Rechts. Über die „société anonyme“ des französischen Rechts und über die „association en participation“ des Code de Commerce (1807) hat die stille Gesellschaft ihren Weg in das belgische Gesellschaftsrecht gefunden. Seit 1873 waren die betreffenden Regelungen im „Gesetz über die Handelsgesellschaften“ (Buch IX des Code de Commerce) zu finden. Zum 7.5.1999 wurde dieses aufgehoben und das komplette belgische Gesellschaftsrecht in einem Gesetzbuch kodifiziert. Dieses „Gesetzbuch der Gesellschaften“ (W. Venn./C. Soc.) trat am 6.2.2001 in Kraft und wurde zum 1.5.2019 grundlegend reformiert und als Gesetzbuch der Gesellschaften und Vereinigungen (Wetboek van Vennootschappen en Verenigingen, WVV) neu verkündet. Mit einer Übergangsfrist bis zum 1.1.2024 sind alle bestehenden Gesellschaftsformen in eine der nunmehr vier Grundformen zu überführen. 3.37 Die Grundform aller Personengesellschaften, die „maatschap“, ist nunmehr im zweiten Teil des Gesetzbuches in Buch 4 geregelt. Die maatschap kann als eigenes Rechtssubjekt konstituiert werden, möglich ist aber auch ihre Konstituierung als stille maatschap. Diese liegt gemäß Art. 4:1 Abs. 2 WVV vor, wenn vereinbart wird, dass die Gesellschaft von einem oder mehreren Geschäftsführern geleitet wird, welche die Geschäfte im eigenen Namen abschließen und der Gesellschaft als Gesellschafter angehören können oder nicht. Für die stille maatschap gelten grundsätzlich alle Bestimmungen, die allgemein auf die maatschap Anwendung finden, sofern sie nicht voraussetzen, dass die Gesellschaft über eigene Rechtssubjektivität verfügt. Dementsprechend bestimmt Art. 4:14 Abs. 2 WVV ausdrücklich, dass in Abweichung von den sonst geltenden Regeln Gläubiger bei einer stillen maatschap Ansprüche nur ge42 BK-Fellmann/Müller, Art. 533 OR Rz. 94 ff.; Meier-Hayoz/Forstmoser, § 15 Rz. 27; a.A. BSK-Handschin, Art. 530 OR Rz. 15.

46 | Lamprecht

Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht | Rz. 3.43 § 3

gen denjenigen haben, der im eigenen Namen gehandelt hat; Ansprüche gegenüber den übrigen stillen Gesellschaftern werden ausdrücklich ausgeschlossen. Weitere besondere Bestimmungen zur stillen Gesellschaft enthält das Gesetzbuch in seiner neuen Fassung nicht. Wie bislang ist es in Belgien demnach bereits nach dem Gesetzestext möglich, dass eine stille Gesellschaft über mehrere stille Gesellschafter verfügt. Dies macht es erforderlich, die Geschäftsführung und bei Vorhandensein mehrerer nach außen auftretender Gesellschafter auch die Frage, ob und wie diese sich gegenseitig vertreten, eigens zu regeln.

3.38

7. Luxemburg Schrifttum: Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. III, Luxemburg 50.50.

Das luxemburgische Gesetz vom 10.8.1915 (loi du 10 août 1915 concernant les sociétés commerciales: LSC) unterteilt die Handelsgesellschaften in die Handelsgesellschaften im engeren Sinne und in sog. Handelsvereinigungen, zu denen auch die stille Gesellschaft (association en participation) gehört. Diese letztere Gesellschaftsart wird durch Art. 2 Abs. 1 und Art. 138 ff. des Gesetzes vom 10.8.1915 näher umrissen.

3.39

Die Handelsvereinigung ist eine nach außen nicht in Erscheinung tretende Gesellschaft ohne Rechtsfähigkeit (Art. 2 LSC). Sie ist eine Personenvereinigung in der Form einer organisierten Gemeinschaft, welche die Gesellschafter nur in ihren Beziehungen untereinander bindet. Der Geschäftsinhaber muss von dritten Personen unmittelbar und persönlich in Anspruch genommen und verklagt werden (Art. 139 LSC).

3.40

Das luxemburgische Gesetz unterscheidet zwischen handelsrechtlichen Gelegenheitsgesellschaften, deren Zweck in der Abwicklung eines einzigen Geschäfts besteht, und den stillen Gesellschaften, die auf längere Zeit angelegt sind (Art. 138–140 LSC). Der Vertrag, durch den eine Handelsvereinigung geschaffen wird, muss weder besonderen Formerfordernissen genügen noch veröffentlicht werden. Eine Handelsvereinigung kann daher auch durch mündliche Vereinbarung der Beteiligten gegründet werden.

3.41

Das Gesellschaftsvermögen setzt sich aus den Einlagen der Beteiligten zusammen. Diese legen ihre Beiträge zum Zwecke der Gewinnerzielung zusammen. Die Gewinne kommen allen Gesellschaftern zugute, ebenso wie die Verluste zu Lasten aller Gesellschafter gehen. Klauseln, die die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters auf die Höhe seines Beitrags beschränken, sind zulässig. Die Verteilung der Gewinne und Verluste erfolgt aufgrund freier Vereinbarung der Beteiligten.

3.42

Der Geschäftsinhaber handelt im Außenverhältnis wie ein Einzelkaufmann im eigenen Namen. Die Gesellschafter treffen jedoch untereinander alle die Gesellschaft betreffenden Beschlüsse in gemeinsamer Übereinkunft. Für die Handelsvereinigun-

3.43

Lamprecht | 47

§ 3 Rz. 3.43 | Einführung

gen besteht weder eine interne noch eine externe Kontrolle der Geschäftsführung. Geschäftsinhaber und stiller Gesellschafter sind an allen Entscheidungen beteiligt, so dass eine interne Kontrolle überflüssig ist.

3.44 Da der stille Gesellschafter als solcher nach außen nicht in Erscheinung tritt, haben Dritte keine unmittelbare Klagemöglichkeit gegen ihn, auch wenn er ihnen bekannt sein sollte. 3.45 Die stille Gesellschaft endet mit der Erreichung des Gesellschaftszwecks, mit dem Untergang des Gesellschaftsgegenstandes sowie durch einseitige Willenserklärung des Geschäftsinhabers oder des stillen Gesellschafters. Diese Erklärung darf allerdings nicht gegen Treu und Glauben verstoßen oder zur Unzeit erfolgen. Eine Handelsvereinigung kann nicht in eine Handelsgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit umgewandelt werden. 8. Niederlande Schrifttum: Gotzen, Paul, Niederländisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2000, 94 ff.; Haarhuis, Koen, Gesellschaftsrecht in den Niederlanden, 1995; Huizink, J.B., Rechtspersoon, vennootschap en onderneming, 4. Aufl. 2016; Mohr, A.L., Van Personenvennootschappen, 8. Aufl. 2018; Pitlo, A./Raaijmakers, M.J.G.C., Vennootschaps- en rechtspersonenrecht, 4. Aufl. 2000; Raaijmakers, M.J.G.C., Ondernemingsrecht, 7. Aufl. 2018.

3.46 In den Niederlanden steht das Recht der Personengesellschaften vor einer grundlegenden Reform. Am 21.2.2019 ist ein entsprechender Entwurf vorgelegt worden. Bislang wurde die stille Gesellschaft im Niederländischen Recht lediglich erwähnt, aber keinerlei Sonderregelungen unterworfen. Es gelten mithin die allgemeinen Regeln über die bürgerlichrechtliche Gesellschaft. Danach liegt eine stille Gesellschaft dann vor, wenn sich mehrere Personen vertraglich zum Betrieb eines gemeinsamen Gewerbes für gemeinsame Rechnung unter Leistung von Einlagen zusammenschließen, ohne dabei jedoch unter einer gemeinsamen Firma zu handeln. Mangels eigener Rechtspersönlichkeit der stillen Gesellschaft steht das Eigentum an den eingebrachten Einlagen nicht der stillen Gesellschaft, sondern den Gesellschaftern gemeinsam zu. Diese haben an den von ihnen eingebrachten Sachen ein gesellschaftlich gebundenes Miteigentum. 3.47 Vertretungsbefugt ist nur derjenige Gesellschafter, der eine entsprechende Vollmacht seiner Mitgesellschafter besitzt. Handelt ein Gesellschafter für die Gesellschaft, ohne eine entsprechende Vollmacht der Mitgesellschafter zu besitzen und wird dieses Handeln nicht nachträglich genehmigt, dann werden die Gesellschafter aus dem rechtsgeschäftlichen Handeln regelmäßig nicht mitverpflichtet. Der Außenstehende kann sich lediglich an denjenigen Gesellschafter halten, der ihm gegenüber tätig geworden ist. In diesem Falle haftet für seine Forderung nicht das Gesellschaftsvermögen, sondern nur das private Vermögen des ihm gegenüber handelnden Gesellschafters. Soweit jedoch eine Vollmacht vorlag oder ein vollmachtloses Handeln nachträglich genehmigt worden ist, kann der Außenstehende sowohl auf das Gesellschaftsvermögen als auch das Privatvermögen der Gesellschafter zugreifen. Dabei

48 | Lamprecht

Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht | Rz. 3.51 § 3

haften ihm die Gesellschafter jedoch nicht als Gesamtschuldner, sondern nur zu gleichen Teilen. Zwischen den Gesellschaftern wird Gewinn und Verlust der Gesellschaft, soweit nichts anderes vereinbart worden ist, gleichberechtigt verteilt. Darunter ist jedoch nicht eine gleichmäßige Pro-Kopf-Verteilung zu verstehen, sondern jeder wird bei Gewinn- und Verlustbeteiligung entsprechend seiner quotenmäßigen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen berücksichtigt.

3.48

Die Auflösung der Gesellschaft kann durch einstimmigen Beschluss der Gesellschafter oder auch einseitige Kündigung eines der Mitgesellschafter vorgenommen werden. Dritte können die Auflösung der Gesellschaft und damit die Zugriffsmöglichkeit auf den Anteil des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen entweder über einen Gesellschaftskonkurs oder den Konkurs eines der Gesellschafter betreiben.

3.49

9. Schweden Schrifttum: Fischler, Josef/Vogel, Heinrich, Schwedisches Handels- und Wirtschaftsrecht mit Verfahrensrecht, 3. Aufl. 1978; Lindskog, Stefan, Lagen om handelsbolag och enkla bolag: en kommentar, 2010; Ring, Gerhard/Olsen-Ring, Line, Einführung in das skandinavische Recht, 2. Aufl. 2014, S. 172 ff.

In Schweden ist die stille Gesellschaft zwar allgemein anerkannt, aber nicht positivrechtlich geregelt. Vergleichbar dem deutschen Recht liegt eine stille Gesellschaft dann vor, wenn jemand gegen Beteiligung am Gewinn oder auch am Verlust eine Geld- oder Sacheinlage in das Gewerbe eines anderen so leistet, dass sie in das Vermögen des anderen übergeht. Wegen dieser Kreditierungs- und Verzinsungsfunktion der Einlage wurde nach früherer Auffassung diese Rechtsbeziehung ausschließlich nach Darlehensregeln beurteilt. Die heutige h.A. hat jedoch die gesellschaftsrechtlichen Elemente hervorgehoben und betrachtet auch die stille Gesellschaft als echtes Gesellschaftsverhältnis. Wie im deutschen Recht bleiben jedoch die Grenzen zu Darlehen und anderen Gesellschaftsformen fließend.

3.50

Der Gesellschaftsvertrag bedarf keiner besonderen Form. Wegen des Fehlens einer gesetzlichen Regelung und der mangelnden Abklärung der Probleme der stillen Gesellschaft in der schwedischen Rechtsprechung ist es jedoch empfehlenswert, im Vertrag die Beziehungen zwischen den Gesellschaftern ausführlich zu regeln. Soweit keine besonderen Bestimmungen getroffen worden sind, wird die Gewinnquote des stillen Gesellschafters proportional seiner Einlage zum gesamten Betriebskapital des Gewerbetreibenden bestimmt. Für Verluste beschränkt sich im Innenverhältnis seine Haftung auf die Einlage. Zur Überprüfung seines Gewinn- oder Verlustanteiles hat der stille Gesellschafter Anspruch auf Mitteilung einer vollständigen Jahresbilanz, ist aber nicht ohne weiteres zur Prüfung unter Einsicht der Bücher und Papiere berechtigt. Ebenso steht ihm regelmäßig kein Verwaltungsrecht zu. Gerade im Innenverhältnis dürfte sich jedoch, wie auch im deutschen und schweizerischen Recht diskutiert, oftmals eine entsprechende Anwendung der Regeln über die Kommanditgesellschaft rechtfertigen.

3.51

Lamprecht | 49

§ 3 Rz. 3.52 | Einführung

3.52 Im Außenverhältnis trifft den stillen Gesellschafter keine Haftung für die durch den Inhaber zum Zwecke des Betriebs des Gewerbes eingegangenen Geschäfte. Er haftet nicht einmal mit seiner Einlage; vielmehr wird er – selbst im Konkurs – als gewöhnlicher Gläubiger behandelt. 3.53 Es kann mitunter schwierig sein, zwischen einer stillen und einer einfachen bürgerlichen Gesellschaft zu unterscheiden, weil bei der letzteren die Rollen auch so verteilt sein können, dass der eine die Geschäfte führt und der andere Kapital zuschießt. Im Einzelfall kann daher zweifelhaft sein, ob und inwieweit die gesamten Betriebsmittel für die Betriebsschulden in Anspruch genommen werden können. 10. Griechenland Schrifttum: Bakrozis, Andreas/Paxinou, Natalia, Eigen- und Fremdkapital im Steuer- und Gesellschaftsrecht Griechenlands, in Schön, Wolfgang (Hrsg.), Eigen- und Fremdkapital, 2013, S. 433; Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. IV, Griechenland 100.50; Pánou, Georgios, Die Stille Gesellschaft im griechischen Recht unter Berücksichtigung des deutschen Rechts, 1995; Papathoma-Baetge, Anastasia, Gesellschaftsrecht in Griechenland, 1995.

3.54 Das Recht der stillen Gesellschaft (αφανής εταιρεία)43, die in der griechischen Praxis weit verbreitet ist, wurde im Rahmen einer allgemeinen Reform des Unternehmensrechts von 2012 behutsam modernisiert44. Seither kommt neben den speziellen Regelungen in Art. 285–292 N. 4072/2012 nicht mehr subsidiär das Recht der Kollektivgesellschaft zur analogen Anwendung. Vielmehr finden nunmehr hilfsweise die Vorschriften über die BGB-Gesellschaft (Art. 741 ff. grZGB) direkte Anwendung, sofern und soweit sie mit der Natur der stillen Gesellschaft als Innengesellschaft vereinbar sind (Art. 285 Abs. 3 N. 4072/2012). Die gesetzlichen Bestimmungen sind dabei weitgehend dispositiv, so dass die Gesellschafter eine große Gestaltungsfreiheit besitzen und auch eine „atypische“ oder „unechte“ stille Gesellschaft mit einer Beteiligung des stillen Gesellschafters am Vermögen und/oder der Geschäftsführung vorsehen können. Steuerlich wird diese Unterscheidung allerdings nicht aufgegriffen. Stille Gesellschaften werden vielmehr generell teils als eigene Steuersubjekte nach der Körperschaftsteuer und teils beim Inhaber nach der Einkommensteuer besteuert, wobei die Regelungen nicht als in sich konsistent angesehen werden45. 3.55 Art. 285 N. 4072/2012 umschreibt die typische Ausgestaltung der Gesellschaftsform durch eine Nennung ihrer wichtigsten Merkmale. Wie im deutschen Recht unterscheidet sich die stille Gesellschaft als reine Innengesellschaft von den partiarischen

43 Die Hinweise zum (neuen) griechischen Recht der stillen Gesellschaft verdankt der Autor Herrn Prof. Dr. Michael-Theodoros Marinos, Professor an der Juristischen Fakultät der Demokritus Universität Thrazien und Managing Partner von Marinos & Partners, Athen. 44 N. 4072/2012 über die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen, die neue private Kapitalgesellschaft, Marken, Immobilien etc., Regierungsanzeiger Blatt A 86/11-04-2012. 45 Vgl. im Einzelnen Bakrozis/Paxinou, in Schön, Eigen- und Fremdkapital, 2013, S. 433 (458).

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Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht | Rz. 3.58 § 3

Rechtsgeschäften durch die gemeinsame Zweckverfolgung der Gesellschafter. Dabei räumt der Geschäftsinhaber, eine natürliche oder juristische Person, dem stillen Gesellschafter, ebenfalls eine natürliche oder juristische Person, eine Beteiligung am Gewinn und Verlust eines oder mehrerer Handelsgeschäfte bzw. Handelsunternehmen ein, die der Geschäftsinhaber im „gemeinsamen Interesse der Partner“ im eigenen Namen abgeschlossen hat bzw. allein betreibt. Die Geheimhaltung des Gesellschaftsverhältnisses gehört nicht zu den konstitutiven Merkmalen der stillen Gesellschaft. Sie kann zweigliedrig oder mit mehreren stillen Gesellschaftern mehrgliedrig bestehen. Zum Beweis ihrer Existenz und einzelner vertraglicher Regelungen muss der Gesellschaftsvertrag schriftlich abgeschlossen werden (Art. 285 Abs. 2 Satz 2 N. 4072/2012). Als Innengesellschaft besitzt die stille Gesellschaft keine Rechtspersönlichkeit und kann auch nicht in das Handelsregister eingetragen werden (Art. 285 Abs. 2 Satz 1 N. 4072/2012). Sie hat kein Vermögen und keine Firma. Sie ist weder partei- noch insolvenzrechtsfähig. Der stille Gesellschafter erfüllt seine Beitragspflicht gegenüber dem Geschäftsinhaber, indem er einen Vermögensgegenstand ganz oder teilweise in das Vermögen des Geschäftsinhabers überträgt oder diesem die Nutzung daran überlässt (Art. 286 N. 4072/2012). Der Geschäftsinhaber führt die Geschäfte der Gesellschaft im eigenen Namen (Art. 288 N. 4072/2012), sofern im Innenverhältnis nicht etwas anderes (atypische stille Gesellschaft) vereinbart wird. Der stille Gesellschafter besitzt selbst bei außergewöhnlichen Geschäften kein Widerspruchsrecht. Beide Parteien unterliegen einer Treupflicht und einem Wettbewerbsverbot (Art. 747 grZGB). Sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht, erfolgt die Verteilung von Gewinn und Verlust unabhängig von den Beitragsleistungen nach Köpfen (Art. 289 Abs. 1 N. 4072/2012). Zur Verteilung ist der Geschäftsinhaber am Schluss jedes Geschäftsjahrs oder zum vereinbarten Zeitpunkt oder nach Abschluss der Liquidation verpflichtet bzw. berechtigt (Art. 289 Abs. 3 N. 4072/2012). Der stille Gesellschafter ist nicht verpflichtet, wegen späterer Verluste den bezogenen Gewinn zurückzuzahlen (Art. 289 Abs. 4 N. 4072/2012). Die Parteien können die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters auf seine Einlage beschränken (Art. 289 Abs. 2 Satz 2 N. 4072/2012). Der stille Gesellschafter besitzt ein § 716 BGB entsprechendes Informations- und Kontrollrecht bezüglich der Handelsgeschäfte bzw. des Unternehmens, welche den Gegenstand der stillen Gesellschaft bilden (Art. 755 grZGB). Das Kontrollrecht betrifft nur die Bücher und die Urkunden mit Bezug zu den betreffenden Handelsgeschäften bzw. Unternehmen (Art. 290 N. 4072/2012).

3.56

Im Außenverhältnis wird in jedem Fall nur der Geschäftsinhaber aus den abgeschlossenen Geschäften berechtigt und verpflichtet (Art. 287 N. 4072/2012). Er handelt im eigenen Namen, vertritt den stillen Gesellschafter nicht und haftet mit seinem ganzen Vermögen. Den oder die stillen Gesellschafter trifft hingegen keine Haftung für die durch den Geschäftsinhaber zum Zwecke der Gesellschaft eingegangenen Geschäfte.

3.57

Die Übertragung der Gesellschafterstellung setzt grundsätzlich die Zustimmung der anderen Partei voraus (Art. 256 N. 4072/2012). Für die Auflösungsgründe ver-

3.58

Lamprecht | 51

§ 3 Rz. 3.58 | Einführung

weist das Gesetz auf das Recht der BGB-Gesellschaft (Art. 760 grZGB), wonach der Tod (Art. 773 grZGB), die Kündigung oder die Insolvenz eines Gesellschafters zur Auflösung der Gesellschaft führen. Die sich anschließende Liquidation besteht lediglich in der Auszahlung des Wertes der Einlage an den stillen Gesellschafter (Art. 291 N. 4072/2012). Schließlich werden die Insolvenz des Geschäftsinhabers und die Stellung des stillen Gesellschafters in der Insolvenz geregelt (Art. 292 N. 4072/2012). Im Falle eines über das Vermögen des Geschäftsinhabers eröffneten Insolvenzverfahrens kann der stille Gesellschafter seine Forderung für die entrichtete Einlage und den Rest seines Gewinnanteils aus der Geschäftsführung der stillen Gesellschaft als Insolvenzgläubiger anmelden (Art. 292 Abs. 1 N. 4072/2012). Hat der stille Gesellschafter seine Einlage nicht vollständig geleistet, muss er den ausstehenden Betrag an die Insolvenzmasse bis zu dem Betrag entrichten, welcher zur Deckung seines Anteils am Verlust erforderlich ist (Art. 292 Abs. 2 Satz 2 N. 4072/2012). Falls die Einlage in einer Arbeitsleistung oder in der Einräumung von Nutzungsmöglichkeiten besteht, ist dies nicht erforderlich (Art. 292 Abs. 2 Satz 2 N. 4072/2012). 11. Anglo-amerikanischer Rechtskreis Schrifttum: Bennett, James M., Die US-Limited Partnership, RIW 1992, 276; Blaurock, Uwe, Die Limited & Still – Bemerkungen zur Stillen Gesellschaft im deutschen Kollisionsrecht, in Festschrift für Harm Peter Westermann zum 70. Geburtstag, 2008, S. 821; Davies, Paul/Worthington, Sarah, Gower & Davies, Principles of Modern Company Law, 9. Aufl. 2012; Dignam, Alan/Lowry, John, Company Law, 7. Aufl. 2012; Güthoff, Julia, Gesellschaftsrecht in Großbritannien – Eine Einführung mit vergleichenden Tabellen, 3. Aufl. 2004; Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. IV, Vereinigtes Königreich 90.4060; Banks, Roderick I’Anson, Lindley & Banks on Partnership, 19. Aufl. 2013; Triebel, Volker/Illmer, Martin/Ringe, Wolf-Georg/Vogenauer, Stefan/Ziegler, Katja, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 3. Aufl. 2012; Ullmann-Czubak, Hertha, „Association“ oder „Partnership“? – Steuerliche Qualifikation einer deutschen GmbH & Still in den USA, RIW 1980, 634; Walter, Otto L./Conston, Henry S., Steuerliche Entwicklungen in den USA, StuW 1981, 388; Weisser, Peter, A Comparison of the Société simple with the English partnership and unincorporated association, Diss. Bern 1958.

3.59 Im anglo-amerikanischen Recht gibt es eine stille Gesellschaft als bloße Innengesellschaft nicht46. Gesellschafter, die nach außen nicht in Erscheinung treten (sleeping partner), haften gleichwohl für Gesellschaftsschulden solidarisch47. Lediglich in der Form der Kommanditgesellschaft (limited partnership) kann eine Beschränkung der Haftung herbeigeführt werden. 12. Japan Schrifttum: Baum, Harald/Bälz, Moritz (Hrsg.), Handbuch Japanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2010; Baum, Harald/Takahashi, Eiji, Commercial and Corporate Law in Japan: Legal and Economic Developments after 1868, in Röhl, Wilhelm (Hrsg.), History of Law in Japan since 1868, 2005, S. 330 ff.; Dernauer, Marc, Die japanische Gesellschaftsrechtsreform 46 Lipp, Die stille Gesellschaft im nationalen und internationalen Kontext, S. 165. 47 Banks, Lindley & Banks on Partnership, Rz. 5 – 30; Blaurock in FS Westermann, S. 821 (825 ff.).

52 | Lamprecht

Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht | Rz. 3.62 § 3 2005/2006, ZJapanR 2005, No. 20, 123; Ishikawa, Akira/Leetsch, Ingo, Das japanische Handelsrecht in deutscher Übersetzung, 1988; Rehme, Das japanische Handelsrecht, ZHR 51 (1901), 1 und ZHR 54 (1904), 347; Thoens, Nikolaus M., Die steuerrechtliche Gestaltung von Unternehmenskäufen in Japan aus Sicht deutscher Investoren, IStR 1999, 161; Ueda, Miyuki, Die stille Gesellschaft in Japan – Eine vergleichende Analyse des Handels- und Steuerrechts aus Sicht des deutschen Rechts, Tübingen, 2019; Witty, Thomas, Das neue Gesellschaftsrecht in Japan, ZJapanR 2007, No. 23, 185; Yoost/Mc Ginnis, International Tax Review 1996, 15.

Das überwiegend um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert geschaffene japanische Gesellschaftsrecht48 orientierte sich sehr stark am deutschen Recht49. Diesen Einfluss verdankt es dem deutschen Juristen Carl Friedrich Hermann Roesler (1834– 1894), der von der japanischen Regierung mit der Ausarbeitung eines Entwurfs für das japanische Handelsgesetz beauftragt wurde, das nach längeren Diskussionen am 1.7.1898 als Ganzes in Kraft trat50. Dies erklärt auch das Vorhandensein der international relativ seltenen Rechtsform der stillen Gesellschaft (tokumei kumiai) im japanischen Handelsrecht51.

3.60

Das japanische Gesellschaftsrecht unterscheidet sich mittlerweile jedoch erheblich von dem deutschen Recht und wurde in einer großen Reform, die in dem Gesellschaftsgesetz (kaisha hô, in Kraft seit dem 1.5.2006) kulminierte, modernisiert. Das Gesellschaftsgesetz sieht vier Typen von Handelsgesellschaften vor: Die offene Handelsgesellschaft (gômei kaisha), die Kommanditgesellschaft (gôshi kaisha) und die neue Hybridgesellschaft (godo kaisha, auch LLC genannt) sowie die Aktiengesellschaft (kabushiki kaisha). Die frühere Gesellschaft mit beschränkter Haftung (yûgen kaisha) wurde abgeschafft und existiert allenfalls noch übergangsweise als eine Sonderform der AG. Neben dem Gesellschaftsgesetz bestehen das Zivilgesetzbuch und das Handelsgesetz jedoch weiterhin fort, so dass in Bezug auf die stille Gesellschaft keine grundlegenden Änderungen erfolgten52.

3.61

Die tokumei kumiai gehört auch nach dem japanischen Handelsgesetz (jHGB) nicht zu den Handelsgesellschaften im technischen Sinne; sie ist nicht einmal im Anschluss an diese, vielmehr im dritten Buch unter den Handelsgeschäften geregelt. Wie bei der stillen Gesellschaft erbringt bei der tokumei kumiai der Einlegende aufgrund der vertraglichen Verpflichtung seine Einlage dergestalt, dass diese unmittelbar in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergeht (Art. 536 Abs. 1 jHGB). Dieser führt das Handelsgeschäft unverändert im eigenen Namen und auf eigene Rechnung fort. Der Einleger erhält einen bestimmten Anteil am Gewinn oder Verlust für einen bestimmten Zeitraum auf seine Einlage.

3.62

48 Ergänzende Hinweise zum japanischen Recht verdanke ich Herrn Prof. Dr. Eiji Takahashi, Städtische Universität Osaka. 49 Rehme, ZHR 51 (1901), 1 (4). 50 Baum/Takahashi in Röhl (Hrsg.), History of Law in Japan since 1868, S. 354. 51 Art. 535 bis 542 Handelsgesetz; vgl. hierzu Yoost/Mc Ginnis, International Tax Review 1996, 15. 52 Zu den Neuerungen der Gesellschaftsrechtsreform in Japan Dernauer, ZJapanR 2005, No. 20, 123; Witty, ZJapanR 2007, No. 23, 185.

Lamprecht | 53

§ 3 Rz. 3.63 | Einführung

3.63 Aus den von dem Inhaber geschlossenen Geschäften erwirbt der stille Gesellschafter Dritten gegenüber keine Rechte und übernimmt ihnen gegenüber keine Pflichten (Art. 536 Abs. 4 jHGB). Von dem Grundsatz, dass der stille Gesellschafter zu Dritten in keine Beziehungen tritt, ihnen insbesondere in keiner Weise haftet, macht das jHGB in Anlehnung an Art. 299 ADHGB (1861) unter dem Gesichtspunkt der Rechtsscheinhaftung eine Ausnahme: Wenn der Name des stillen Gesellschafters in der Firma des Geschäftsinhabers enthalten ist, haftet jener mit diesem persönlich und solidarisch. In Art. 537 jHGB heißt es sinngemäß: Hat der stille Gesellschafter dem Gebrauch seines Familiennamens oder seines Familien- oder Vornamens in der Firma des Inhabers des Handelsgeschäfts oder der Verwendung seiner Firma als Firma des Inhabers des Handelsgeschäfts zugestimmt, so haftet er neben dem Inhaber gesamtschuldnerisch für alle aufgrund des Gebrauchs der Firma entstehenden Verbindlichkeiten. 3.64 Steuerlich werden Einkünfte aus stillen Gesellschaften grundsätzlich als Einkünfte aus Kapitaleinkommen behandelt. Im Ausgangspunkt ähnlich – aber historisch bemerkenswerterweise unabhängig vom deutschen Recht – hat sich allerdings auch im japanischen Steuerrecht die Unterscheidung dieses Regelfalls von gesellschaftsrechtlich besonders ausgestalteten stillen Gesellschaften entwickelt, bei denen der stille Gesellschafter Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezieht. Maßgeblich hierfür ist in Japan, ob der stille Gesellschafter abweichend vom handelsrechtlichen Leitbild der stillen Gesellschaft aktiv wichtige Entscheidungen der Geschäftsführung zusammen mit dem Inhaber trifft. Die Unterscheidung zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften anhand des Mitunternehmerbegriffs findet in Japan daher keine unmittelbare, sondern allenfalls entfernt vergleichbare Entsprechung. Auch mutieren stille Gesellschaften dann nicht zu eigenen Subjekten der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifizierung, wenn sie dem stillen Gesellschafter gewerbliche Einkünfte vermitteln53. Ungeachtet dieser Unterschiede ist die Rechtsentwicklung in Japan bemerkenswert: Sie zeigt, dass entgegen vielfach geäußerter Kritik die im deutschen Recht vorgenommene Unterscheidung zwischen der steuerlich typischen und atypischen stillen Gesellschaft doch gute, sich auch im internationalen Rechtsvergleich bestätigende Gründe in der Sache für sich anführen kann. 3.65 Die potentiellen Vorteile einer Besteuerung der Einkünfte aus einer tokumei kumiai sind allerdings für deutsche Investoren nicht direkt zu erlangen. Da die stille Gesellschaft sowohl der japanischen als auch der deutschen Jurisdiktion bekannt war, wurden bei Abschluss des DBA in Art. 10 Abs. 5 Halbs. 2 auch die Einkünfte des stillen Gesellschafters ausdrücklich unter den Dividendenbegriff subsumiert. Daher scheidet ein Abzug der Gewinnanteile des stillen Gesellschafters beim japanischen Geschäftsinhaber aus. Auch wird in Japan eine zusätzliche Quellensteuer von 10–15 % erhoben. Um dieser Quellensteuer zu entgehen, müssten deutsche Investoren auf Gesellschaften beispielsweise aus den Niederlanden oder der Schweiz zurückgreifen, womit die Einkünfte aus einer tokumei kumiai unter die sonstigen Einkünfte subsumiert und von der japanischen Besteuerung freigestellt werden würden54. 53 Ueda, Die stille Gesellschaft im japanischen Recht, S. 187. 54 Vgl. Art. 11, 22 DBA Japan-Schweiz; Art. 11, 23 DBA Niederlande-Japan.

54 | Lamprecht

Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht | Rz. 3.67 § 3

Zuletzt hat die tokumei kumiai als Alternative zur Beteiligung an einem joint venture und im Zusammenhang mit Unternehmenskäufen an Bedeutung gewonnen.

3.66

III. Zusammenfassung Die geschichtlichen Wurzeln der heutigen stillen Gesellschaft reichen bis in das Mittelalter zurück (Rz. 3.1 ff.). Ihre Vorzüge lagen damals wie heute darin, dass sie als solche nach außen nicht in Erscheinung tritt und dass der stille Gesellschafter für die im Handelsgewerbe des Inhabers begründeten Verbindlichkeiten nicht haftet. Insofern findet sich die stille Gesellschaft als Innengesellschaft in praktisch allen kontinentaleuropäischen Rechten und den von diesen beeinflussten Rechtsordnungen (Rz. 3.8 ff.). Sie hat dabei aber nicht immer wie in den §§ 230 ff. dtHGB eine positivrechtliche Sonderregelung erfahren. Die Nähe der zumeist als Sonderform der einfachen bzw. bürgerlichrechtlichen Gesellschaft behandelten stillen Gesellschaft zum partiarischen Darlehen einerseits und zur Kommanditgesellschaft andererseits sowie ihre ganz unterschiedlichen Erscheinungsformen sorgen dann nicht nur für Probleme und Unsicherheiten in der systematischen Einordnung und der Rechtsanwendung, sondern auch für sehr vielfältige Lösungen in den einzelnen Rechtsordnungen.

Lamprecht | 55

3.67

I. Teil: Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht §4 Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft Schrifttum: Beuthien, Volker, Ist die Innengesellschaft nicht rechtsfähig?, NZG 2011, 161; Blaurock, Uwe, Einfluss im Unternehmen und die gesellschaftsrechtliche Haftungsstruktur, in Festschrift für Walter Stimpel zum 68. Geburtstag, 1985, S. 553; Blaurock, Uwe/Pordzik, Philipp, Der wirtschaftlich Berechtigte im Sinne des Transparenzregisters – Offenlegungspflichten für stille Beteiligungsstrukturen?, NZG 2019, 413; Düringer, Adelbert/Hachenburg, Max/ Flechtheim, Julius, Das Handelsgesetzbuch vom 10.5.1897 (unter Ausschluss des Seerechts) auf der Grundlage des bürgerlichen Gesetzbuches, 3. Aufl. 1930 bis 1932; Hueck, Alfred, Die stille Beteiligung bei Handelsgesellschaften, in Festschrift für Heinrich Lehmann, 1937, S. 239; Janzen, Harald, Die Übertragung und Belastung von Mitgliedschaften in der stillen Gesellschaft, Marburg 1979; Knoche, Martin, Selbständige Bilanzierung bei atypischer stiller Beteiligung am Betrieb einer Kapitalgesellschaft, BB 1972, 656; Kühnle, Horst, Stille Gesellschaft und partiarisches Darlehen, Köln 1967; Post, Manfried/Hoffmann, Günther F., Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, 3. Aufl. 1997; Rasner, Henning, Die atypische stille Gesellschaft, 1961; Schneider, Uwe H., Sonderrecht für Publikumspersonengesellschaften, ZHR 142 (1978), 228; Siebert, Wolfgang, Zur atypischen stillen Gesellschaft, NJW 1953, 806; Siebert, Wolfgang, Die faktische Innengesellschaft, BB 1958, 1065; Sudhoff, Heinrich, Die GmbH & Co. StG, DB 1969, 2069; Werner, Horst S., Die stille Unternehmensbeteiligung, 1990; Wiedemann, Herbert, Stille Publikumsgesellschaften, WM 2014, 1985; Wiedemann, Herbert, Die stille Beteiligung – Ein Vorschlag für die Gesetzgebung, NZG 2016, 1.

I. Der Begriff der stillen Gesellschaft Das HGB enthält im Gegensatz zum ADHGB keine gesetzliche Definition des Begriffs der stillen Gesellschaft1. Es umschreibt aber in § 230 HGB ihr Wesen dahin: „Wer sich als stiller Gesellschafter an dem Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt, mit einer Vermögenseinlage beteiligt, hat die Einlage so zu leisten, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht. Der Inhaber wird aus den in dem Betriebe geschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet.“ Ergän1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 2 definiert die stille Gesellschaft folgendermaßen: „Ist auf Grund des zwischen einem kaufmännischen Rechtsträger [...] und einem Anderen (dem stillen Gesellschafter) zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks ein Gesellschaftsvertrag geschlossen worden, kraft dessen der andere ohne Bildung eines Gesellschaftsvermögens mit einer Einlage am kaufmännischen Unternehmen [...] beteiligt ist und eine Gewinnbeteiligung erhält, so liegt eine stille Gesellschaft iSd HGB vor.“

Blaurock | 57

4.1

§ 4 Rz. 4.1 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

zend fügt § 231 Abs. 2 HGB hinzu: „Im Gesellschaftsvertrage kann bestimmt werden, dass der stille Gesellschafter nicht am Verluste beteiligt sein soll; seine Beteiligung am Gewinne kann nicht ausgeschlossen werden.“ Allein der Gebrauch des Begriffs „stille Gesellschaft“ besagt nicht, dass hinsichtlich der rechtlich zutreffenden Qualifizierung tatsächlich ein stilles Gesellschaftsverhältnis vorliegt2.

4.2 Ob mit den genannten Vorschriften das Gesetz die Entstehungsvoraussetzungen der stillen Gesellschaft regelt, ihre unerlässlichen und insoweit zwingenden Merkmale sowie eine Umschreibung ihres rechtlichen Wesens und damit bindend ihren Wirkungsbereich festlegt, ist umstritten. Ob und inwieweit Gebilde, die von den in den §§ 230 und 231 Abs. 2 HGB festgelegten Merkmalen abweichen, nach dem Recht der stillen Gesellschaft oder nach anderen Vorschriften zu beurteilen sind, wird an anderer Stelle erörtert (Rz. 8.1 ff.). 4.3 Die stille Gesellschaft ist eine echte Gesellschaft i.S. des § 705 BGB3, bei der der stille Gesellschafter am Handelsgewerbe des Inhabers mit einer in dessen Vermögen befindlichen Einlage beteiligt ist und dafür am Gewinn – nicht notwendig auch am Verlust – teilnimmt. Daraus ergibt sich, dass die stille Gesellschaft – anders als die OHG oder KG – kein von dem Privatvermögen der Gesellschafter abgesondertes, gesamthänderisch gebundenes Gesellschaftsvermögen hat. Der stille Gesellschafter ist, wenn nichts anderes vereinbart ist, an den Anlagewerten und ihren Wertsteigerungen, an den Rücklagen, an einem etwaigen Geschäfts- oder Firmenwert und damit an der Entwicklung des Unternehmens, das rechtlich allein dem Inhaber zugeordnet ist, nicht beteiligt4. Er hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf den vertraglich vereinbarten anteiligen Gewinn. Kaufmannseigenschaft kommt dem stillen Gesellschafter allein aufgrund seiner stillen Beteiligung nicht zu. 4.4 Da es an einer gemeinsamen Firma und an einem Gesellschaftsvermögen fehlt, erzeugt die Errichtung einer stillen Gesellschaft nach außen keine Rechtswirkungen. Der Inhaber wird aus den in dem Unternehmen geschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet (§ 230 Abs. 2 HGB). Damit wird die stille Gesellschaft vom Gesetzgeber als ein auf das Verhältnis der Beteiligten untereinander beschränktes Gesellschaftsverhältnis charakterisiert. Als reine Innengesellschaft enthält sie eine gesellschaftliche Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen mit notwendigem Anteil am Gewinn und einer Einlage im Vermögen des Geschäftsinhabers. 4.5 Aus dieser Umschreibung ergeben sich die typischen Merkmale, durch die sich die stille Gesellschaft von allen anderen Gesellschaftsformen und ähnlichen Rechtsverhältnissen des geltenden Rechts unterscheidet. Da sie auf den engen persönlichen Beziehungen der Gesellschafter untereinander beruht, ist sie zugleich als Personengesellschaft zu charakterisieren.

2 FG Rheinland-Pfalz v. 11.8.1997 – 5 K 2052/96, EFG 1997, 1384. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 4. 4 Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 10 I 4 a), S. 881.

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Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft | Rz. 4.9 § 4

II. Das Wesen der stillen Gesellschaft 1. Die stille Gesellschaft als echte Gesellschaft Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks, zu dessen Erreichung jeder Teil einen Beitrag leisten muss. Der stille Gesellschafter leistet seinen Beitrag dadurch, dass er dem Unternehmen des Inhabers Kapital, andere Vermögenswerte oder seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Der Inhaber des Handelsgewerbes verpflichtet sich dagegen, sein Unternehmen nach besten Kräften auf gemeinschaftliche Rechnung, aber nach wie vor unter seiner alleinigen Verantwortung zu führen. Diesem Verhältnis entspricht es, wenn dem stillen Gesellschafter Informations- und Kontrollrechte sowie der seiner Kapitalbeteiligung entsprechende angemessene Anteil am Erfolg zustehen (§ 230 Abs. 1, § 233 HGB).

4.6

Der gemeinsame Zweck ist, wenn auch auf das Innenverhältnis beschränkt, auf den Abschluss von Handelsgeschäften auf gemeinschaftliche Rechnung gerichtet. Dadurch wird die stille Gesellschaft zu einer echten Gesellschaft, auch wenn kein Gesellschaftsvermögen vorhanden ist5. Das Vorhandensein eines Gesellschaftsvermögens gehört nach h.L.6 nicht zu den Wesensmerkmalen einer Gesellschaft. Bei der stillen Gesellschaft darf gar kein Gesellschaftsvermögen gebildet werden7.

4.7

Die Bestimmung des § 718 BGB, nach der die Beiträge der Gesellschafter und die durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter werden, ist auf die stille Gesellschaft, für die gerade das Fehlen eines gemeinschaftlichen Vermögens typisch ist, nicht anwendbar.

4.8

Die Frage der Vermögensgemeinschaft ist gegenüber der gemeinschafts- und rechtsbildenden Kraft der gemeinsamen Tätigkeit von nachgeordneter Bedeutung8. Die wichtigste und zugleich unabdingbare Voraussetzung einer stillen Gesellschaft ist die gegenseitige Verpflichtung der Beteiligten zur Förderung des gemeinsamen Zwecks, der auf die Erzielung von Gewinn im Rahmen des auf gemeinschaftliche Rechnung betriebenen Handelsgewerbes des Inhabers gerichtet ist. Der Zweck muss beiden Gesellschaftern gemeinsam sein – es dürfen nicht lediglich die Interessen des einen durch den anderen gefördert werden. Das wäre der Fall, wenn der eine nur

4.9

5 RG v. 30.9.1911 – V 591/10, RGZ 77, 223; RG v. 25.10.1912 – II 326/12, RGZ 80, 268; RG v. 10.10.1933 – II 148/33, RGZ 142, 13 (21). 6 Sprau in Palandt, § 705 BGB Rz. 33; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 3; Siebert, BB 1958, 1065 (1068); Habermeier in Staudinger, 13. Bearb. 2003, § 705 BGB Rz. 12 und 59 f. 7 OLG Hamm v. 10.1.1994 – 8 U 106/93, NJW-RR 1994, 1382; BGH v. 25.4.2006 – 1 StR 519/05, NJW 2006, 1984 (1985); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 9; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 10 I 4, S. 876; Harbarth in Großkomm/ HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 16; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 234 HGB Rz. 3. 8 Siebert, BB 1958, 1066 (1068).

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§ 4 Rz. 4.9 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

am Verlust, nicht auch am Gewinn des anderen beteiligt wäre. In solchen Fällen liegt möglicherweise ein Garantieversprechen oder eine vertragliche Risikoübernahme vor, aber keine Gesellschaft. Dass es sich bei der stillen Gesellschaft um ein Gemeinschaftsverhältnis und nicht nur um ein bloßes schuldrechtliches Kreditverhältnis (Darlehen) handelt, zeigt sich darin, dass selbst beim Fehlen jeder anderen Gemeinschaftsorganisation zumindest gewisse gesellschaftsrechtliche Kontroll- und Informationsrechte des stillen Gesellschafters gegeben sind (§ 233 HGB). Aber auch sein Recht auf Beteiligung am Geschäftsgewinn (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB), das durch den Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden kann, seine etwaige Verlustbeteiligung und sein Recht zur Auflösung der Gesellschaft aus wichtigem Grunde (§ 234 Abs. 1 Satz 2 HGB) sind als sozialrechtliche Elemente zu nennen. 2. Die stille Gesellschaft als Innengesellschaft

4.10 Das kennzeichnende Merkmal für eine Innengesellschaft besteht darin, dass die Gesellschaft nach außen hin nicht auftritt, dass also eine direkte Vertretung der Gesellschaft durch die Gesellschafter fehlt. Die Geschäfte der Innengesellschaft werden durch den Geschäftsinhaber im eigenen Namen, wenn auch im Innenverhältnis für Rechnung der Gesellschaft geführt, so dass die Beteiligung der Gesellschafter nach außen nicht erkennbar wird9. Auch aus der Erteilung einer Vollmacht an den stillen Gesellschafter kann nichts für das Bestehen einer Außengesellschaft hergeleitet werden10. 4.11 Während für die Handelsgesellschaften charakteristisch ist, dass sie sich als solche, d.h. unter ihrer Gesellschaftsfirma, am Rechtsverkehr beteiligen, besteht das Wesen der stillen Gesellschaft darin, dass sie ihr Dasein nach außen nicht zu erkennen gibt oder zumindest nicht zu erkennen zu geben braucht. Sie tritt nicht unter einer Gesellschaftsfirma auf. Sie hat, da die Einlage des stillen Gesellschafters notwendig in das Vermögen des Inhabers übergehen muss, kein ihr als solcher zustehendes Gesellschaftsvermögen. Es gibt keine Gesellschaftsforderungen und keine Gesellschaftsverbindlichkeiten. Aus den im Rahmen des Handelsgeschäfts abgeschlossenen Geschäften wird allein der Inhaber des Handelsgewerbes, das dieser unter seiner eigenen Firma betreibt, berechtigt und verpflichtet (§ 230 Abs. 2 HGB). Ihm allein ist das Geschäftsvermögen zugeordnet; er allein haftet für die Geschäftsschulden mit seinem gesamten Vermögen. Eine Haftung des stillen Gesellschafters gegenüber den Geschäftsgläubigern ist ausgeschlossen, auch wenn er seine Einlage noch nicht geleistet hat. Hier liegt ein wichtiger Unterschied zum Kommanditisten, der den Gesell-

9 BGH v. 24.2.1954 – II ZR 3/53, BGHZ 12, 308 (314); OLG Frankfurt a.M. v. 3.10.1969 – 10 U 253/68, BB 1969, 1411; BFH v. 5.2.2002 – VIII R 31/01, BFHE 198, 101. 10 BGH v. 6.11.1963 – IV ZR 32/63, DB 1964, 476. Zur Abgrenzung der Rechtsbegriffe „Außengesellschaft“ und „Innengesellschaft“ und zur Haftung kraft Rechtscheins vgl. BGH v. 23.6.1960 – II ZR 172/59, DB 1960, 912. Ob eine Außen- oder Innengesellschaft vorliegt, beurteilt sich in erster Linie nach dem erklärten Willen der Gesellschafter; nach dem objektiven Sachverhalt nur dann, wenn er sich als Auswirkung einer gesellschaftsvertraglichen Regelung darstellt, BGH v. 11.10.1965 – II ZR 45/63, DNotZ 1966, 502.

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Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft | Rz. 4.14 § 4

schaftsgläubigern unmittelbar bis zur Höhe der rückständigen Einlage haftet (§ 171 Abs. 1 HGB). Die stille Gesellschaft besitzt keine Rechtsfähigkeit; sie hat als solche keine eigenen Rechte und Pflichten11. Sie kann nicht Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben; sie kann nicht vor Gericht klagen und verklagt werden12. Ihr kommt weder aktive noch passive Parteifähigkeit i.S. des § 50 ZPO zu; auch ist sie weder insolvenzfähig noch zivilrechtlich deliktsfähig. Sie ist, weil sie sich nicht unter einer gemeinschaftlichen Firma am Wirtschaftsleben beteiligt, keine Handelsgesellschaft. Der Gesetzgeber bringt das in der Überschrift des zweiten Buches des HGB zum Ausdruck, indem er es „Handelsgesellschaften und die stille Gesellschaft“ nennt. Es kommt ihr als solche keine Kaufmannseigenschaft zu. Kaufmann ist nur der Inhaber des Handelsgeschäfts. Nur auf ihn sind die Vorschriften des HGB über die kaufmännische Firma, über die Führung von Handelsbüchern und alle anderen auf Kaufleute bezogenen Vorschriften anwendbar.

4.12

So betrachtet, erschöpft sich die stille Gesellschaft als Innengesellschaft hinsichtlich ihrer Rechtswirkungen in den durch den Gesellschaftsvertrag festgelegten rein schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und seinem stillen Teilhaber. Es fehlt an der Publizität.13 Das Gesellschaftsverhältnis erzeugt keine Wirkungen gegenüber dritten Personen; weder eine Haftung des stillen Gesellschafters für die Schulden des Inhabers noch seine dingliche Mitberechtigung an der Substanz des Handelsgewerbes. Der Zweck der stillen Gesellschaft ist lediglich darauf gerichtet, die von dem Inhaber des Handelsgeschäfts allein und im eigenen Namen abgeschlossenen Geschäfte im Verhältnis der Gesellschafter untereinander auf gemeinschaftliche Rechnung zu führen.

4.13

Auch wenn die stille Gesellschaft kein Gesellschaftsvermögen besitzt, an dem die Gesellschafter zur gesamten Hand beteiligt sind, kann im Rahmen einer atypischen Ausgestaltung der stillen Gesellschaft der stille Teilhaber insbesondere bei Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses wirtschaftlich so gestellt werden, als ob er an dem Geschäftsvermögen beteiligt wäre. Eine solche Vereinbarung hat rein schuldrechtlichen Charakter. Sie erzeugt keine dingliche Mitberechtigung. So steht rechtlich das Geschäftsvermögen auch bei einer atypischen stillen Gesellschaft dem Inhaber des Handelsgewerbes zu, der allein verfügungsberechtigt bleibt. Die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern hat aber bei vertraglich vereinbarter Substanzbeteiligung so zu erfolgen, als ob das Geschäftsvermögen gemeinschaftliches Vermögen beider Gesellschafter wäre. Insoweit hat der Geschäftsinhaber hinsichtlich des wirtschaftlich dem stillen Gesellschafter zustehenden Anteils am Gesellschaftsvermögen die Stellung eines Treuhänders14.

4.14

11 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 7 f.; Beuthien, NZG 2011, 161 (165). 12 Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 10 I 3, S. 879. 13 Zur Problematik des Transparenzregisters näher Rz. 2.17 ff. sowie Blaurock/Pordzik, NZG 2019, 413 ff. 14 OLG Frankfurt a.M. v. 3.10.1969 – 10 U 253/68, BB 1969, 1411.

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§ 4 Rz. 4.15 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

4.15 Dritten Personen, insbesondere den Gläubigern gegenüber ist eine solche Absprache ohne rechtliche Wirkung. Die Privatgläubiger des stillen Gesellschafters können deshalb seinen „Anteil“ am Geschäftsvermögen, der in Wirklichkeit nicht vorhanden ist, nicht wie bei der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§ 725 BGB) pfänden. Sie können nur seinen Anspruch auf das pfänden, was er von dem Geschäftsinhaber als „Auseinandersetzungsguthaben“ zu fordern hat (§ 234 i.V.m. § 135 HGB). Hat der Gläubiger die Pfändung des Anspruchs des stillen Gesellschafters auf das, was diesem bei der Auseinandersetzung zukommt, erwirkt, so kann er die Gesellschaft sechs Monate vor dem Ende des Geschäftsjahrs für diesen Zeitpunkt kündigen (Rz. 14.39). Eine wirtschaftliche Vermögensbeteiligung wird häufig vereinbart, wenn der stille Gesellschafter der eigentliche Kapitalgeber und im Innenverhältnis „die Seele des Unternehmens“ ist oder wenn ein Treuhandverhältnis vorliegt. 4.16 Unter der Voraussetzung, dass Ehegatten einen Gesellschaftszweck i.S. des § 705 BGB verfolgen, hat die Rechtsprechung auch eine Ehegatten-Innengesellschaft anerkannt. Hinsichtlich des gemeinsamen Gesellschaftszwecks genügt es jedoch nicht, wenn die Ehegatten den gesetzlichen Zweck der ehelichen Lebensgemeinschaft i.S. des § 1353 BGB verwirklichen oder lediglich ihren Pflichten gemäß § 1360 BGB nachkommen. Voraussetzung für die Anerkennung einer Ehegatten-Innengesellschaft ist vielmehr, dass die Partner über die Familiengemeinschaft und über den Rahmen des § 1360 BGB hinaus eine besondere Bindung gesellschaftsrechtlicher Art zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks eingehen15. 3. Die stille Gesellschaft als Personengesellschaft

4.17 Die stille Gesellschaft unterscheidet sich von den Handelsgesellschaften nicht durch ihren wirtschaftlichen Zweck, sondern durch ihre rechtstechnische Ausgestaltung als Innengesellschaft. Das hindert aber nicht, sie den Personengesellschaften zuzurechnen, da sie deren Wesen teilt16. Sie steht damit im Gegensatz zu den Kapitalgesellschaften, bei denen die Personen der Gesellschafter gegenüber ihrer kapitalmäßigen Beteiligung zurücktreten. 4.18 Wenn in den vorhergehenden Abschnitten betont wurde, das Verhältnis der Beteiligten zueinander erschöpfe sich in rein schuldrechtlichen Beziehungen nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags, so könnte dies den Anschein erwecken, als handele es sich bei der stillen Gesellschaft lediglich um ein Verhältnis gegenseitiger Verpflichtungen, d.h. um ein Schuldverhältnis i.S. eines gegenseitigen Vertrags. Das trifft nicht zu. Dass sich die Gesellschafter – wenn auch nur im Innenverhältnis – zur Erreichung eines gemeinschaftlichen Zwecks verpflichten, bedeutet mehr als nur die Be15 BGH v. 20.12.1952 – II ZR 44/52, BGHZ 8, 249; BGH v. 28.10.1959 – IV ZR 91/59, BGHZ 31, 197; BGH v. 22.2.1967 – IV ZR 331/65, BGHZ 47, 157, (162); OLG Karlsruhe v. 19.1.2009 – 1 U 175-08, RNotZ 2009, 335; BGH v. 9.10.1974 – IV ZR 164/73, NJW 1974, 2278; BGH v. 30.6.1999 – XII ZR 230/96, BGHZ 142, 137; BGH v. 28.9.2005 – XII ZR 189/02, DNotZ 2006, 531 (532); BGH v. 19.9.2012 – XII ZR 136/10, NZFam 2014, 327 (327). 16 So auch Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 72 Rz. 17.

62 | Blaurock

Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft | Rz. 4.21 § 4

gründung wechselseitiger Leistungspflichten. Es bedeutet, dass gewisse Angelegenheiten, die sich aus der Verfolgung des gemeinsamen Zwecks ergeben, fortan nicht nur Angelegenheiten jedes einzelnen Gesellschafters, sondern gemeinsame Angelegenheiten beider Vertragspartner sind. Sie fallen nicht mehr in die Einzelsphäre der Gesellschafter, sondern in ihre gemeinschaftliche, d.h. gesellschaftliche Sphäre. Grundlage der stillen Gesellschaft ist der Gesellschaftsvertrag, der die gemeinsamen Angelegenheiten der Beteiligten regelt und bestimmt, von wem und wie diese Angelegenheiten wahrgenommen werden sollen und in welcher Weise der Einzelne daran beteiligt ist. Das Gesetz selbst enthält neben den zwingenden Merkmalen der stillen Gesellschaft auch dispositive Vorschriften über die Geschäftsführung, über das Handeln nach außen (§ 230 Abs. 2 HGB), über die Teilnahme des stillen Gesellschafters an Gewinn und Verlust (§§ 231, 232 HGB), über sein Kündigungsrecht (§ 234 HGB), über die von ihm anzuwendende Sorgfaltspflicht (§ 708 BGB) und über sein Recht zur Einsichtnahme in die Geschäftsbücher und zur Nachprüfung der Gewinnabrechnung (§ 233 HGB). Alle diese Vorschriften – mögen sie im Einzelnen auch abdingbar sein – spiegeln in ihrer Gesamtheit das Wesen der Gesellschafterstellung des stillen Gesellschafters wider. Sie lassen erkennen, dass die stille Gesellschaft nicht nur ein Schuldverhältnis ist, sondern zugleich eine sozialrechtlich verbundene Personengemeinschaft darstellt, die als solche im Innenverhältnis eines Mindestmaßes an Organisation bedarf und als organisierte Gesamtheit von ihren einzelnen Mitgliedern zu unterscheiden ist. Unter diesem Blickpunkt betrachtet, muss die stille Gesellschaft in das Recht der Gemeinschaften und Verbände eingeordnet werden. Sie unterscheidet sich von ihnen durch das Fehlen eigener Rechtsfähigkeit, einer körperschaftlichen Verfassung sowie eines Gesellschaftsvermögens.

4.19

Die stille Gesellschaft verfügt nicht über ein Gesellschaftsvermögen i.S. des nominell festgelegten Grund- oder Stammkapitals einer Kapitalgesellschaft oder des Gesellschaftsvermögens einer handelsrechtlichen Personengesellschaft. Es gibt nur ein Geschäftsvermögen, das rechtlich dem Inhaber zugeordnet ist und das die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters umfasst. Diese Einlage führt zu keiner Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen mit dinglicher Wirkung; sie stellt – wirtschaftlich gesehen – nur einen „Betriebsvorschuss“ dar, den der stille Gesellschafter für die Dauer der Gesellschaft dem Inhaber treuhänderisch zur Verfügung stellt, um ihn im Falle der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses von diesem in Höhe des tatsächlich geleisteten Betrags zurückzuerhalten, falls er nicht am Verlust beteiligt ist (§ 235 Abs. 1 HGB).

4.20

Wenn sich auch im Regelfall der Beitrag des stillen Gesellschafters in der Leistung der vereinbarten Einlage erschöpft, besteht doch aufgrund des gemeinschaftlichen Zwecks eine mehr oder weniger stark ausgeprägte persönliche Verbundenheit der Beteiligten. Das zeigt sich nicht nur darin, dass sie verpflichtet sind, den gemeinsamen Zweck zu fördern und alles zu unterlassen, was geeignet ist, diesen Zweck zu vereiteln oder zu beeinträchtigen, sondern vor allem darin, dass die Ansprüche der Gesellschafter wie bei jeder echten Gesellschaft grundsätzlich nicht übertragbar sind, ausgenommen die Ansprüche auf den Gewinnanteil und auf das, was dem stil-

4.21

Blaurock | 63

§ 4 Rz. 4.21 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

len Gesellschafter bei der Auflösung der Gesellschaft zusteht (§ 717 BGB; Rz. 10.29 ff.). Die Unübertragbarkeit gilt insbesondere für die Beteiligung als solche. Dadurch unterscheidet sie sich vom partiarischen Darlehen, das beliebig übertragbar ist. Auch wenn die Beteiligung des stillen Gesellschafters auf die Leistung der vertraglich übernommenen Vermögenseinlage beschränkt ist und ihm nach dem Gesellschaftsvertrag Mitwirkungsrechte aller Art bei der Führung der Geschäfte versagt sind, ändert das nichts an der Tatsache, dass die stille Gesellschaft im Innenverhältnis von der gesellschaftlichen Verbundenheit der Beteiligten beherrscht wird. Der stille Gesellschafter hat gesellschaftsrechtliche Befugnisse, die ohne Zustimmung des Geschäftsinhabers nicht auf einen anderen übertragen werden können.

4.22 Auf der anderen Seite kann aber auch der Inhaber des Handelsgeschäfts im Zusammenhang mit der Veräußerung des Unternehmens die Beteiligung des stillen Gesellschafters nicht ohne dessen Zustimmung so übertragen, dass dieser künftig am Handelsgewerbe des Erwerbers still beteiligt ist. Die stille Beteiligung beruht nicht nur auf dem Vertrauen zu einem bestimmten Unternehmen, sondern vor allem auf dem Vertrauen des stillen Gesellschafters zu der persönlichen Leistungsfähigkeit dieses Unternehmers. Aus diesem Grund braucht sich der stille Gesellschafter gegen seinen Willen keinen anderen Gesellschafter aufdrängen zu lassen, zu dem er nicht das gleiche Vertrauen entwickeln kann, auch wenn das Unternehmen als solches unverändert bleibt17 (vgl. dazu auch die Ausführungen zur Spaltung Rz. 17.36 ff.). 4.23 Schließlich zeigt sich der personengesellschaftsrechtliche Charakter der stillen Gesellschaft darin, dass beim Tode des Inhabers die stille Gesellschaft aufgelöst wird, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht (Rz. 14.42 f.) – eine Vorschrift, die den Schutz der berechtigten Interessen des stillen Gesellschafters bezweckt. Beim Tod des stillen Gesellschafters dagegen wird der Fortbestand der Gesellschaft im Zweifel nicht berührt (§ 234 Abs. 2 HGB). Diese unterschiedliche Regelung erklärt sich aus der Wertung der Interessen der Beteiligten durch den Gesetzgeber. Dem stillen Gesellschafter soll beim Tode des Inhabers kein Vertragspartner aufgezwungen werden, zu dem er kein Vertrauen hat. Stirbt der stille Gesellschafter, so sieht der Gesetzgeber in der Fortsetzung der Gesellschaft mit dessen Erben regelmäßig keine Gefährdung der Interessen des Inhabers, vor allem dann nicht, wenn der stille Gesellschafter, wie es dem vom Gesetzgeber geregelten Normalfall entspricht, nicht zur persönlichen Mitarbeit verpflichtet, sondern nur kapitalmäßig beteiligt ist.

III. Die Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft 4.24 Das gesetzliche Recht der stillen Gesellschaft enthält nur wenige zwingende Regelungen, da angesichts ihres Charakters als reine Innengesellschaft auf Vertretungs- und Gläubigerschutzbestimmungen sowie auf Regelungen bezüglich des Gesellschaftsvermögens verzichtet werden konnte. Die damit weitgehend herrschende Vertragsfreiheit bedingt die große Typenvielfalt der stillen Gesellschaft. Im Allgemeinen wird 17 A. Hueck in FS Lehmann, S. 239 (251).

64 | Blaurock

Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft | Rz. 4.27 § 4

dabei zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften unterschieden18, wobei diese Bezeichnung teilweise für unglücklich gehalten wird.19 Von eminent praktischer Bedeutung ist dabei insbesondere die steuerrechtliche Unterscheidung zwischen der stillen Gesellschaft ohne und der stillen Gesellschaft mit Mitunternehmereigenschaft des Stillen (siehe dazu Rz. 20.70 ff.). Dieser Unterscheidung kommt auch Bedeutung für die Anwendung des § 236 HGB zu20. Soweit die atypischen Formen der stillen Gesellschaft im Vergleich zur typischen stillen Gesellschaft einer rechtlichen Sonderbehandlung unterworfen sind, wird darauf jeweils im Sachzusammenhang eingegangen. 1. Die typische stille Gesellschaft Die typische stille Gesellschaft entspricht dem als solchem allgemein unterstellten21 gesetzlichen Leitbild der §§ 230 ff. HGB und enthält sämtliche soeben (Rz. 4.6 ff.) skizzierten Wesensmerkmale. Sie ist in Abgrenzung zu den als atypisch bezeichneten Formen insbesondere durch ihre Zweigliedrigkeit ohne verbandsmäßige Organisation, das Fehlen jeglicher Beteiligung des Stillen am Vermögen des Handelsgewerbes und das Fehlen einer Beteiligung des Stillen an der Geschäftsführung gekennzeichnet. Die typische stille Gesellschaft ist in der Praxis nicht unbedingt die am häufigsten vorkommende Form der stillen Gesellschaft. Angesichts der sich bei der typischen stillen Gesellschaft stellenden Probleme der Gewinnbeteiligung (Rz. 8.1 ff.) erscheint es ohnehin ratsam, die stille Gesellschaft zumindest hinsichtlich der schuldrechtlichen Beteiligung des Stillen am Vermögen des Handelsgewerbes (siehe dazu Rz. 4.28 ff.) atypisch auszugestalten.

4.25

2. Atypische Formen der stillen Gesellschaft Je nach Art der Abweichung vom gesetzlichen Idealtypus unterscheidet man die folgenden Formen einer atypischen stillen Gesellschaft im zivilrechtlichen und steuerrechtlichen Sinne. Hierbei handelt es sich wiederum um bestimmte, in der Praxis häufig vorkommende Typen, die ihrerseits verschiedene Ausprägungen annehmen und insbesondere auch kombiniert vorliegen können.

4.26

a) Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft Beteiligt sich eine Vielzahl von untereinander in der Regel nicht bekannten stillen Anlegern kapitalistisch an einer körperschaftlich verfassten Personengesellschaft, so 18 Intensive Diskussion der Abgrenzung vgl. BFH v. 26.11.2003 – VIII R 64/03, GmbHR 2004, 436; FG Münster v. 5.12.2003 – 11 K 1478/02 F, EFG 2004, 404; FG Baden-Württemberg v. 3.12.2004 – 10 K 225/01, EFG 2005, 530; FG Düsseldorf v. 25.10.2006 – 7 K 2887/05 G, EFG 2007, 704; Hessisches FG v. 7.12.2011 – 13 K 367/07, BeckRS 2012, 94473. 19 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 65. 20 LG Berlin v. 29.10.2003 – 100 O 124/03, ZInsO 2004, 689. 21 Weder der Gesetzestext noch die Entstehungsgeschichte des ADHGB bzw. HGB belegen allerdings die gesetzgeberische Entscheidung für einen bestimmten Typus der stillen Gesellschaft.

Blaurock | 65

4.27

§ 4 Rz. 4.27 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

spricht man von einer stillen Publikumspersonengesellschaft. Eine stille Publikumsgesellschaft entsteht durch die Beteiligung mehrerer stiller Gesellschafter auf der Grundlage mehrerer selbständiger, aber gleichlautender Gesellschaftsverträge oder auf der Grundlage eines einheitlichen Gesellschaftsvertrags (siehe dazu näher Rz. 18.30). Häufig ist in diesem Zusammenhang auch die Kombination von stiller Beteiligung und Kommanditbeteiligung (zur sog. gesplitteten Einlage siehe auch Rz. 16.20). Die Ausgestaltung als stille Publikumsgesellschaft ist nicht notwendig gleichbedeutend mit einer „atypischen“ stillen Gesellschaft. Hierbei bedarf es einer Entscheidung nach dem konkreten Einzelfall, ob besondere Umstände die Einordnung des Gesellschafters als „atypisch“ rechtfertigen22. In der stillen Publikumsgesellschaft entsteht regelmäßig ein Bedürfnis nach Koordination der verschiedenen Rechtsverhältnisse mit den einzelnen Stillen in Form einer eigenen Verbandsstruktur. Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwieweit die stille Publikumsgesellschaft aufgrund ihrer körperschaftsähnlichen Struktur einer Sonderbehandlung im Hinblick auf den Vertragsschluss durch den Geschäftsinhaber, die Form des Vertragsschlusses, die Vertragsauslegung, die Anwendbarkeit des § 708 BGB zu unterwerfen ist und inwieweit die Bestimmungen des Anlegerschutzes insbesondere betreffend die vertragliche Inhaltskontrolle und den Kündigungsschutz bei ihr zum Tragen kommen (dazu ausführlich § 18). b) Die stille Gesellschaft mit Vermögensbeteiligung des Stillen

4.28 Bei der atypischen stillen Gesellschaft mit Vermögensbeteiligung wird auf schuldrechtlichem Wege eine echte Wertbeteiligung des Stillen an der Substanz des Handelsgewerbes geschaffen23. Der Grund für solche von dem Normaltypus der stillen Gesellschaft abweichende Vereinbarungen liegt meist in dem Drang nach Sachwerten und nach Teilhabe an der Sachwertsicherung. Auch bei derartigen Vertragsgestaltungen entsteht jedoch kein Gesamthandsvermögen. Der stille Gesellschafter wird lediglich obligatorisch so gestellt, als ob tatsächlich zwischen ihm und dem Inhaber des Handelsgeschäfts eine dingliche Vermögensgemeinschaft bestanden habe24. Dieser Anspruch bedingt für den Stillen die Erweiterung seines Anteils am Gewinn und seines mit Auflösung der Gesellschaft entstehenden Auseinandersetzungsguthabens (Rz. 8.79 f.).

22 Vgl. zur Abgrenzung zwischen typischer und atypischer stiller Beteiligung LG Berlin v. 29.10.2003 – 100 O 124/03, ZInsO 2004, 689. 23 Vgl. BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157; Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 34 f.; Siebert, StbJb. 1955/56, 299 (304); Siebert, NJW 1953, 806; Post/Hoffmann, Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, S. 29, Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 130 ff. 24 Vgl. RG v. 20.12.1929 – II 66/29, RGZ 126, 386 (390); FG Baden-Württemberg v. 26.9.1973 – V 99/73, EFG 1974, 118; BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (178); Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 60 ff.; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 50; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 335 HGB Anm. 28; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 80 (aber: „Innen-KG“).

66 | Blaurock

Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft | Rz. 4.32 § 4

Den Gläubigern des Inhabers gegenüber kann sich der stille Gesellschafter jedoch nicht auf seine obligatorische Mitberechtigung berufen – auch dann nicht, wenn er allein das gesamte Geschäftsvermögen eingebracht hat. Auch in diesem Falle hat er keinen Anspruch auf Herausgabe des Geschäftsvermögens, sondern nur einen Anspruch auf Auseinandersetzung gemäß § 235 HGB. Der Auseinandersetzungsanspruch beschränkt sich aber nicht wie im Falle der typischen stillen Gesellschaft auf die Rückzahlung der gegebenenfalls durch Verluste verminderten Vermögenseinlage. Es wird vielmehr das gesamte Geschäftsvermögen aufgrund einer Liquidationsbilanz ermittelt und aufgrund dieser Bilanz das Auseinandersetzungsguthaben unter Berücksichtigung des vereinbarten Beteiligungsschlüssels festgestellt, weil anders der Anteil des stillen Gesellschafters an den Rücklagen und am Geschäfts- oder Firmenwert nicht ermittelt werden kann. Eine tatsächliche Liquidation findet regelmäßig nicht statt. Vielmehr führt der Inhaber nach dem Ausscheiden des stillen Gesellschafters das Handelsgewerbe auf eigene Rechnung weiter.

4.29

Gegen die schuldrechtliche, auf das Innenverhältnis beschränkte Vermögensbeteiligung des Stillen bestehen keine rechtlichen Bedenken, wenn nur das Handelsgewerbe nach außen allein auf den Namen des Inhabers geführt wird und dementsprechend eine etwaige Vertretungsbefugnis des stillen Gesellschafters sich als Vertretung des Geschäftsinhabers und nicht als Vertretung der Gesellschaft darstellt. Eine schuldrechtliche Beteiligung des stillen Gesellschafters am Geschäftsvermögen und an der Geschäftsführung steht mit dem Wesen der stillen Gesellschaft nicht im Widerspruch.

4.30

In aller Regel wird die Vereinbarung einer schuldrechtlichen Vermögensbeteiligung mit einer Erweiterung der Kontrollrechte des Stillen und einer gesteigerten Treuepflicht der Gesellschafter verbunden sein25. Entgegen einer älteren Auffassung26 ist damit jedoch keine Änderung des Gesellschaftszwecks von der bloßen Gewinnerzielung hin zu einer Vermehrung des Gesellschaftsvermögens verbunden, da sich beides nicht voneinander trennen lässt27.

4.31

c) Die stille Gesellschaft mit Geschäftsführungsbeteiligung des Stillen Die Geschäftsführungsbeteiligung des Stillen setzt seine Mitwirkung an Geschäftsführungsmaßnahmen des Geschäftsinhabers zumindest in Gestalt von Zustimmungsbzw. Widerspruchsrechten voraus28. Die bloße Erweiterung seiner in § 233 HGB normierten Kontrollrechte ist hierfür nicht ausreichend. Die Mitwirkung des Stillen kann durchaus so weitgehend ausgestaltet sein, dass ihm unmittelbare Geschäftsführungs- und Entscheidungsbefugnisse zustehen.29 Allerdings gilt auch hier, dass sich diese Rechte nur auf das Innenverhältnis beschränken. Daher ist eine Geschäftsfüh-

25 26 27 28 29

Vgl. dazu Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 73 Rz. 35. Vgl. dazu Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 72. Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 73 Rz. 36. Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 35 f. Zu den transparenzrechtlichen Auswirkungen Rz. 2.17 ff. sowie Blaurock/Pordzik, NZG 2019, 413 ff.

Blaurock | 67

4.32

§ 4 Rz. 4.32 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

rungsmaßnahme des Geschäftsinhabers, die aufgrund des Gesellschaftsvertrags im Innenverhältnis nur mit Zustimmung des Stillen durchgeführt werden darf, im Außenverhältnis auch ohne Erteilung der Zustimmung wirksam. d) Die atypische stille Gesellschaft i.S. des Steuerrechts

4.33 Um eine atypische stille Gesellschaft i.S. des Steuerrechts handelt es sich, wenn das stille Gesellschaftsverhältnis die Kriterien der steuerlichen Mitunternehmerschaft (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 und § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) erfüllt (siehe dazu näher Rz. 22.3 ff.). Eine atypische stille Gesellschaft im zivilrechtlichen Sinne kann, muss aber nicht auch eine atypische stille Gesellschaft im steuerrechtlichen Sinne sein.

IV. Zusammenfassung 4.34 Durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrags entsteht zwischen den Beteiligten ein auf Beitragsleistung, Gewinnverteilung und Auseinandersetzung nach der Beendigung der stillen Gesellschaft gerichtetes echtes Gesellschaftsverhältnis. Im Gegensatz zu den handelsrechtlichen Personengesellschaften und zur Gesellschaft des bürgerlichen Rechts führt die Errichtung der stillen Gesellschaft nicht zu einer Vergemeinschaftung des Geschäftsvermögens. Es gibt weder bei der typischen noch bei der atypischen stillen Gesellschaft ein Gesellschaftsvermögen, das als Sondervermögen beiden Gesellschaftern zur gesamten Hand zusteht. Das Geschäftsvermögen und die einzelnen Rechte, aus denen es sich zusammensetzt, sind allein dem Geschäftsinhaber zugeordnet. Der stille Gesellschafter ist daran nicht beteiligt. Seine Privatgläubiger können sich somit nur aus dem befriedigen, was ihm als anteiliger Gewinn oder bei einer Auseinandersetzung zufällt. Die stille Gesellschaft als solche kann weder klagen noch verklagt werden. Den stillen Gesellschafter trifft keine Haftung für die Geschäftsschulden. Es gibt keine Sonderinsolvenz der stillen Gesellschaft. Gleichwohl ist sie als Innengesellschaft eine echte Gesellschaft i.S. von § 705 BGB. Entscheidend dafür ist der gemeinsame Zweck, zu dessen Erreichung sich die Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten. Die stille Gesellschaft ist nicht nur ein Schuldverhältnis unter den Gesellschaftern, sondern zugleich eine sozialrechtlich verbundene Personengemeinschaft, aus der sich für die Beteiligten echte gesellschaftsrechtliche Rechte und Pflichten ergeben. Die stille Gesellschaft hat die Wesensmerkmale einer Personengesellschaft, die auf der persönlichen Verbundenheit der Gesellschafter beruht, wenn sich auch im Falle der vom Gesetzgeber geregelten typischen stillen Gesellschaft die Beteiligung des stillen Gesellschafters in seiner Vermögenseinlage erschöpft. Der personenrechtliche Charakter zeigt sich vor allem in der grundsätzlichen Unübertragbarkeit der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung auf einen anderen sowie darin, dass das Gesellschaftsverhältnis, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht, durch den Tod des Geschäftsinhabers, nicht dagegen durch den Tod des stillen Gesellschafters beendet wird. Da die meisten Vorschriften aus dem Recht der stillen Gesellschaft dispositiver Natur sind, können die Beteiligten von dem Normaltypus abweichen und atypische Gebilde schaffen. Die Abweichungen liegen in der Erweiterung der Rechte des stillen 68 | Blaurock

Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft | Rz. 4.34 § 4

Gesellschafters. Er kann über die im Gesetz vorgesehene Gewinn-(Verlust-)Beteiligung hinaus – wenn auch nur mit schuldrechtlicher, auf das Innenverhältnis beschränkter Wirkung – am Geschäftsvermögen (an den stillen Rücklagen, am Geschäfts- oder Firmenwert) beteiligt werden mit der Maßgabe, dass bei Beendigung der stillen Gesellschaft die Auseinandersetzung so stattzufinden hat, als ob zwischen ihm und dem Inhaber in Ansehung des Geschäftsvermögens eine Vermögensgemeinschaft bestanden habe. Ihm können, obwohl das Gesetz es nicht vorsieht, Geschäftsführungsbefugnisse übertragen werden, die ihm eine Stellung verschaffen, die wirtschaftlich der eines Unternehmers gleicht oder zumindest angenähert ist. Beide Gestaltungen können je für sich vereinbart werden; sie können aber auch miteinander verbunden sein. Das Steuerrecht unterscheidet aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ebenfalls zwischen der typischen und der atypischen stillen Gesellschaft und stellt letztere als „Mitunternehmerschaft“ den handelsrechtlichen Personengesellschaften gleich.

Blaurock | 69

§5 Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten Schrifttum: Bauer, David Christian, Die Stille Gesellschaft als Finanzierungsinstrument, 2000; Blaurock, Uwe, Haftung eines atypischen stillen Gesellschafters, NZG 2010, 974; Blaurock, Uwe/Berninger, Axel, Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil in zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht (Teil I), GmbHR 1990, 11; Derleder, Peter/Wosnitza, Rüdiger, Auskunftspflichten der Banken beim Teilzahlungskredit, ZIP 1990, 901; Dötsch, Franz, Erfassung der von der Verwalterin eines Termin-Sammelkontos (hier: Ambros S.A.) den Anlegern ausgezahlten sowie von den Anlegern zwecks Erhöhung ihres Einlagekapitals stehen gelassenen „Renditen“ als Einkünfte aus Kapitalvermögen, DStZ 1997, 837; Feddersen, Dieter/Knauth, Klaus-Wilhelm, Eigenkapitalbildung durch Genussscheine, 2. Aufl. 1992; Haas, Ulrich, Abgrenzung von Stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen, DStR 2000, 649; Habersack, Mathias, Genussrechte und sorgfaltswidrige Geschäftsführung, ZHR 155 (1991), 387; Habersack, Mathias/Mülbert, Peter O./Schlitt, Michael (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 4. Aufl. 2019; Kaltenhäuser, Nicola, Partiarische Darlehen zur Unternehmensfinanzierung, GmbH-StB 2013, 86; Lienau, Alexander/Lotz, Thomas, Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen und die steuerlichen Konsequenzen, DStR 1991, 618; Martinek, Michael, Franchising: Grundlagen der zivil- und wettbewerbsrechtlichen Behandlung der vertikalen Gruppenkooperation beim Absatz von Waren und Dienstleistungen, 1987; Martinek, Michael, Moderne Vertragstypen, Bd. II: Franchising, Know-how-Verträge, Management- und Consultingverträge, 1992; Meilicke, Heinz, Inwieweit können Verluste aus Genussscheinen steuerlich geltend gemacht werden?, BB 1989, 465; Mylich, Falk, Die Einlage des atypischen Gesellschafters und die zur Rückzahlung bestellten Sicherheiten im Insolvenzverfahren der Handelsgesellschaft, WM 2013, 1010; Pauka, Dietmar, Gewerbesteuer 1990, DB 1991, 1402; Schmidt, Harry, Stille Gesellschaft und AGB-Gesetz, ZHR 159 (1995), 734; Schmidt, Karsten, Die Vertragsparteien bei der stillen Gesellschaft, DB 1976, 1705; Schön, Wolfgang, Ein Allgemeiner Teil der Genussrechte, JZ 1993, 925; Schön, Wolfgang, Gibt es das partiarische Darlehen?, ZGR 1993, 210; Rattunde, Rolf/Smid, Stefan/ Zeuner, Mark, Insolvenzordnung, Kommentar Band I: §§ 1–147 InsO, 4. Aufl. 2018; Sosnitza, Olaf, Zur Abgrenzung von stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen, NZG 2000, 303; Vögele, Alexander/Kircher, Markus, Im Blickpunkt: Partiarischer Dienstvertrag im internationalen Konzern, BB 2000, 1581.

I. Stille Gesellschaft und andere Formen der internen Beteiligung 5.1 Aus den in den §§ 6 bis 8 herausgearbeiteten Merkmalen, die in ihrer Gesamtheit das Wesen der stillen Gesellschaft ausmachen, ergibt sich zugleich ihre Abgrenzung gegenüber verwandten Rechtsinstituten. Theoretisch bereitet diese Abgrenzung kaum Schwierigkeiten; praktisch ist sie nicht immer einfach. Die von den Beteiligten gewählten Bezeichnungen sind für die rechtliche Beurteilung des jeweiligen Verhältnisses nicht entscheidend; sie können aber ein Anhaltspunkt für das sein, was sie gewollt haben. Von Bedeutung für die rechtliche Wertung ist einzig und allein der von ihnen im Einzelfall verfolgte Zweck. 70 | Blaurock

Abgrenzung gegenüber verwandten Rechtsinstituten | Rz. 5.4 § 5

1. Stille Gesellschaft i.S. von §§ 230 ff. HGB und stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts Der rechtliche Unterschied zwischen der stillen Gesellschaft i.S. von §§ 230 ff. HGB und der stillen Gesellschaft des bürgerlichen Rechts besteht allein darin, dass der Geschäftsinhaber im zweiten Fall kein Handelsgewerbe betreibt. Eine stille Gesellschaft des bürgerlichen Rechts besteht daher nach geltendem Recht beispielsweise dann, wenn sich der Stille an einem künstlerischen, freiberuflichen oder nicht eingetragenen landwirtschaftlichen Gewerbe beteiligt. Auch die stille Beteiligung an einem einzigen oder mehreren einzelnen Geschäften des Geschäftsinhabers (sog. Metageschäft) ist ein Anwendungsfall der stillen Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Es handelt sich hier um eine Gelegenheitsgesellschaft, der das gemeinsame dauernde Gewinnstreben durch Betreiben eines Handelsgeschäfts fehlt. Die §§ 230 ff. HGB sind daher auch in diesem Fall nicht unmittelbar anwendbar1. Schließlich entsteht beim Koalitions-Franchising ebenfalls eine Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts, da der von den Parteien dieses Vertragstyps verfolgte gemeinsame Zweck nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes schlechthin, sondern allein auf die Absatzoptimierung im Hinblick auf die systemspezifischen Waren und/oder Dienstleistungen unter Berücksichtigung der gemeinsamen Marketingkonzeption gerichtet ist und darüber hinaus das Koalitions-Franchising durch eine Umsatz- und nicht durch die für die stille Gesellschaft wesensnotwendige Gewinnbeteiligung gekennzeichnet ist2.

5.2

Auch auf die stille Gesellschaft des bürgerlichen Rechts finden jedoch die Regelungen der §§ 230 ff. HGB entsprechende und vor den §§ 705 ff. BGB vorrangige Anwendung, soweit sie eine abweichende Regelung enthalten3. Während dabei § 236 HGB auch für die stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts gilt, greift der in § 136 InsO geregelte Anfechtungstatbestand allerdings nur bei einer handelsgewerblichen Beteiligung ein4. Was die subsidiäre Anwendung der §§ 705 ff. BGB betrifft, so können die §§ 709, 711 f., 714 f. sowie 718 f. BGB bei Innengesellschaften bereits aus strukturellen Gründen keine Anwendung finden. Hinsichtlich der Mitwirkungsrechte des Stillen wird zudem die Regelung des § 716 BGB durch § 233 Abs. 2 HGB ausgeschlossen. Schließlich wird § 722 BGB in aller Regel durch die interessengerechteren § 231 Abs. 1 und § 232 Abs. 2 HGB verdrängt.

5.3

2. Stille Gesellschaft und Geschäfte auf gemeinsame Rechnung Von der stillen Gesellschaft zu unterscheiden ist auch der Verkauf auf gemeinsame Rechnung, bei dem bei jedem Verkauf Einzelabrechnungen über die Kosten aufgestellt werden, das Rechtsverhältnis nach jeder Lieferung gelöst werden kann, eine 1 Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 33; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 19; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 26. 2 Vgl. dazu eingehend Martinek, Moderne Vertragstypen Bd. II, S. 113 und Martinek, Franchising, S. 397 ff. 3 Vgl. dazu auch Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 12; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 73 Rz. 5 f. 4 So auch Zeuner in Rattunde/Smid/Zeuner, § 136 InsO Rz. 3; a.A. K. Schmidt, DB 1976, 1705 (1707 f.).

Blaurock | 71

5.4

§ 5 Rz. 5.4 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Vermögenseinlage nicht vorhanden ist und ein Eigentumsübergang der Ware nicht erfolgt5. 3. Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung

5.5 Bei der Unterbeteiligung beteiligt sich der Unterbeteiligte an dem Gesellschaftsanteil eines anderen und nicht an einem Handelsgewerbe. Sowohl Unterbeteiligung als auch stille Gesellschaft sind Innengesellschaften, sie weisen deshalb eine gewisse Ähnlichkeit auf. Auf die Unterbeteiligung lassen sich einige der Regelungen für die stille Gesellschaft entsprechend anwenden. In einer Reihe von Punkten ist jedoch eine unterschiedliche Handhabung geboten. Im Einzelnen wird die Unterbeteiligung in § 30 und § 31 näher behandelt.

II. Stille Gesellschaft und Gesellschaft des bürgerlichen Rechts 5.6 Die stille Gesellschaft ist eine Abart der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Von dieser unterscheidet sie sich dadurch, dass sie nur an einem Handelsgewerbe begründet werden kann, dass der stille Gesellschafter stets am Gewinn beteiligt sein muss, dass sie anders als eine BGB-Außengesellschaft kein gesamthänderisch gebundenes Gesellschaftsvermögen besitzt6 und dass sie sich als Innengesellschaft in ihren Rechtswirkungen auf das Verhältnis der Gesellschafter untereinander beschränkt, nach außen also als Personenvereinigung nicht in Erscheinung tritt. 5.7 Immerhin ergibt sich aus der engen Verwandtschaft zwischen beiden Gesellschaftsformen, dass die §§ 705 ff. BGB ergänzend auf die stille Gesellschaft anwendbar sind, soweit sie nicht das Außenverhältnis und das Vorhandensein eines Gesamthandsvermögens betreffen oder ausdrücklich durch die Sonderregelung der §§ 230 ff. HGB verdrängt werden (siehe dazu auch Rz. 9.2).

III. Stille Gesellschaft und Personenhandelsgesellschaften 5.8 Die Formen der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft sind im Wirtschaftsleben zur Verwirklichung der von den Beteiligten verfolgten Zwecke oftmals weniger geeignet als die Form der stillen Gesellschaft (Rz. 2.1 ff.). Die Gesellschaftereigenschaft und das Beteiligungsverhältnis müssen im Handelsregister eingetragen werden (§ 106 Abs. 2, § 162 Abs. 1 HGB) und sind deshalb der Öffentlichkeit bekannt. Alle persönlich haftenden Gesellschafter sind zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt und verpflichtet (§ 114 Abs. 1, § 125 Abs. 1 HGB) und haften als Gesamtschuldner für die Gesellschaftsverbindlichkeiten mit ihrem gesamten Vermögen (§ 128 Abs. 1; § 161 Abs. 2, § 128 Abs. 1 HGB). Sie treten unter einer

5 BFH v. 29.10.1969 – I R 80/67, BStBl. II 1970, 180. 6 Vgl. dazu auch OLG Hamm v. 10.1.1994 – 8 U 106/93, NJW-RR 1994, 1382.

72 | Blaurock

Abgrenzung gegenüber verwandten Rechtsinstituten | Rz. 5.13 § 5

gemeinschaftlichen Firma auf und sind an dem Gesellschaftsvermögen gesamthänderisch berechtigt. Trotz dieser rechtlichen Wesensunterschiede zwischen den handelsrechtlichen Personengesellschaften und der stillen Gesellschaft, liegt – wirtschaftlich gesehen – ein Vergleich der Rechtsstellung des stillen Gesellschafters mit der des Kommanditisten nahe, weil beide mit einer „Einlage“ beteiligt sind, weil der Kommanditist, sobald er seine Einlageverpflichtung erfüllt hat, für die Gesellschaftsverbindlichkeiten ebenso wenig haftet wie der stille Gesellschafter und weil die Mitwirkung beider grundsätzlich auf Kontrollrechte beschränkt ist. Trotz dieser Gemeinsamkeiten bestehen gewichtige Unterschiede:

5.9

Solange der Kommanditist seine Einlage nicht geleistet hat, haftet er den Gesellschaftsgläubigern bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar (§ 171 Abs. 1 HGB). Der stille Gesellschafter haftet den Gläubigern des Geschäftsinhabers nicht – auch nicht, wenn er mit seiner Einlage im Rückstand ist.

5.10

Da es sich bei der Vertretung durch die persönlich haftenden Gesellschafter um eine echte Vertretung kraft Gesetzes handelt, werden aus den von ihnen abgeschlossenen Geschäften alle Gesellschafter, auch die Kommanditisten, mitberechtigt und mitverpflichtet. Bei der stillen Gesellschaft handelt der Inhaber nach außen im eigenen Namen, wenn auch im Innenverhältnis für gemeinsame Rechnung. Er vertritt dabei nicht den stillen Gesellschafter, dessen Name im Handelsregister nicht erscheint, und wird deshalb aus den von ihm abgeschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet (§ 230 Abs. 2 HGB). Es bestehen weder unmittelbare noch mittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem stillen Gesellschafter und den Geschäftsgläubigern.

5.11

Obwohl der Kommanditist von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, kann er Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, widersprechen (§ 164 HGB); er hat also für die Grundlagenbeschlüsse ein vollwertiges Mitwirkungsrecht. Für den stillen Gesellschafter sieht das Gesetz ein solches Recht grundsätzlich nicht vor. Allerdings können auch hier bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht oder aufgrund ausdrücklicher gesellschaftsvertraglicher Vereinbarung die Mitwirkung des Stillen erfordern (Rz. 12.61 ff.; vgl. auch zur Umwandlung Rz. 17.17 ff., Rz. 17.39 f.).

5.12

Aufgrund seiner Beteiligung ist der Kommanditist an dem gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen mitberechtigt. In der dinglichen Rechtslage des gemeinsam betriebenen Handelsgewerbes liegt der Hauptunterschied zwischen der Kommanditgesellschaft und der stillen Gesellschaft. Sie ist von Bedeutung dafür, wer über das Vermögen zu verfügen berechtigt ist, wer die sachen- und besitzrechtlichen Abwehransprüche erlangt und auf welche Gegenstände sich die Beteiligung erstreckt. Der Kommanditist hat nicht wie der stille Gesellschafter nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung seiner Einlage im Falle der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses. Er ist kraft Gesetzes am gesamten Vermögen der Gesellschaft beteiligt, auch an den offenen und stillen Rücklagen und an einem etwaigen Geschäfts- oder Firmenwert. Andererseits ist im Falle einer Insolvenz die Stellung des stillen Gesell-

5.13

Blaurock | 73

§ 5 Rz. 5.13 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

schafters günstiger als die des Kommanditisten, weil er in gleicher Weise wie die anderen Insolvenzgläubiger für seine Vermögenseinlage entsprechend der vorhandenen Insolvenzmasse Befriedigung beanspruchen kann. Hat der stille Gesellschafter hingegen die Stellung eines atypischen inne, z.B. weil er wie ein Gesellschafter der Handelsgesellschaft steht, und fordert er im Fall der Insolvenz der Gesellschaft seine Einlage zurück, so soll dieser Rückzahlungsanspruch gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO als nachrangig gelten7.

5.14 Während der Kommanditist stets an den Verlusten der Gesellschaft beteiligt ist, kann die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden (§ 231 Abs. 2 HGB). 5.15 Aufgrund der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit lässt sich die Rechtsform der stillen Gesellschaft weitgehend der Kommanditgesellschaft annähern, besonders dadurch, dass der stille Gesellschafter außer am Gewinn auch am Vermögen des Geschäftsinhabers beteiligt oder dass ihm im Innenverhältnis hinsichtlich seiner Rechte und Pflichten geradezu die Rechtsstellung eines Kommanditisten zuerkannt wird. Wo solche Vereinbarungen getroffen werden, haben sie nur schuldrechtliche Wirkung. Dritten Personen gegenüber kommt ihnen keine Bedeutung zu, es sei denn, es besteht ein besonderer Haftungsgrund wie etwa ein Schuldbeitritt oder ein Rechtsschein8. Sie führen nicht zu einer dinglichen Mitberechtigung des stillen Gesellschafters am Geschäftsvermögen des Inhabers. Vielmehr erlangt der Stille nur den schuldrechtlichen Anspruch, im Falle der Beendigung der Gesellschaft so gestellt zu werden, als ob zwischen ihm und dem Inhaber eine Vermögensgemeinschaft bestanden hätte9. Zulässig ist allerdings die Bildung eines gemeinsamen Vermögens zwischen den Gesellschaftern außerhalb des stillen Gesellschaftsverhältnisses, etwa in Form einer Bruchteilsgemeinschaft10.

IV. Partiarische Rechtsverhältnisse 1. Begriff und Wesen der partiarischen Verträge

5.16 Partiarische Rechtsverhältnisse sind Austauschverträge nichtgesellschaftsrechtlicher Art, durch die jemand einem anderen eine Leistung gegen einen Anteil an dem Gewinn, den der andere erzielt, verspricht. Beispiele hierfür sind die Verpachtung eines Grundstücks gegen eine Quote der darauf zu gewinnenden Früchte, die Leistung von Diensten in einem Handelsgeschäft gegen Gewinnbeteiligung (commis interessé) oder die Darlehensgewährung gegen Beteiligung an dem vom Darlehensnehmer erwirtschafteten Gewinn. 7 BGH v. 28.6.2012 – IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 = GmbHR 2012, 1181; Mylich, WM 2013, 1010 (1012); im Fall der Gleichstellung des Stillen mit einem GmbH-Gesellschafter vgl. OLG Köln v. 27.10.2011 – 18 U 34/11, I-18 U 34/11, ZIP 2011, 2208. 8 BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, GmbHR 2010, 814; Blaurock, NZG 2010, 974 (975). 9 BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 175 (177). 10 Kindler in Koller/Kindler/Roth/Drüen, § 230 HGB Rz. 3.

74 | Blaurock

Abgrenzung gegenüber verwandten Rechtsinstituten | Rz. 5.19 § 5

In diesen Fällen schwebt den Beteiligten ein gemeinschaftliches wirtschaftliches Ziel vor, das auf die Erzielung eines möglichst hohen Ertrags, an dem beide Teile gleichermaßen interessiert sind, gerichtet ist. Aber dieser Ertrag soll nicht durch die Tätigkeit beider, sondern allein durch die Tätigkeit eines Teils hervorgebracht werden, wozu ihn die Leistung des anderen vielfach erst befähigt. Die Beteiligten vereinigen sich nicht zu gemeinschaftlichem Erwerb und Gewinn, sondern der eine macht den Erwerb und Gewinn für sich allein und tauscht nur einen Teil desselben gegen die Leistungen des anderen aus. Es fehlt an der Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks. Der Darlehensgeber, der Verpächter, der am Gewinn beteiligte Angestellte haben an dem Unternehmen selbst keinen Anteil; sie sind – insoweit deckt sich ihre Rechtsstellung mit der des stillen Gesellschafters – nicht Teilhaber des Unternehmens, sondern nur Teilhaber am Gewinn. Die Gewinnbeteiligung bildet die Entschädigung für die von ihnen zu erbringende Leistung. Mit dem Anspruch auf Gewinn verbindet sich ein Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung, soweit es zur Feststellung des Gewinnanteils erforderlich ist. Über einzelne Geschäftsvorfälle kann keine Auskunft verlangt werden. § 716 BGB ist nicht anwendbar. Wohl aber verpflichtet die Zusage der Gewinnbeteiligung den Unternehmer zu einer dem Vertrag entsprechenden Förderung seiner Geschäfte. Die schuldhafte Verletzung dieser Pflicht berechtigt den Vertragspartner zur Klage auf Erfüllung und zur Geltendmachung des ihm erwachsenen Schadens.

5.17

Durch das Fehlen eines gemeinsam zu verfolgenden Zweckes unterscheiden sich die partiarischen Verträge von der stillen Gesellschaft. Sie sind bloße Dienst-, Miet-, Pacht- oder Darlehensverträge. Der partiarisch Beteiligte hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die Herbeiführung des erstrebten wirtschaftlichen Erfolgs. Während es für die stille Gesellschaft typisch ist, dass die Gesellschafter als Gleichberechtigte für den gemeinsamen Zweck zusammen, unter gemeinsamer Verantwortung und auf gemeinsame Rechnung tätig werden, wird beim partiarischen Rechtsverhältnis der eine Teil unter eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung tätig und schuldet dem Beteiligten nur eine Abrechnung über die von ihm erzielten Ergebnisse11.

5.18

Auch die dem stillen Gesellschafter gesetzlich zustehenden Kontrollrechte (§ 233 HGB) sind für die Abgrenzung der stillen Beteiligung von den partiarischen Geschäften bedeutsam. Bei den partiarischen Geschäften tritt das Moment der Gewinnbeteiligung zu einem nicht gesellschaftlichen Rechtsverhältnis hinzu. Sie erfolgt als Gegenleistung für die Leistung von Arbeit oder Kapital, jedoch nicht aufgrund gesellschaftlicher Beteiligung. Deshalb ist der commis interessé nicht Gesellschafter, sondern Angestellter. Der Prinzipal schließt die Geschäfte für sich allein als Unternehmer ab und handelt dabei nach seinem Belieben. Der Angestellte hat kein Kontrollrecht; er kann die Vorlage der Bilanz und der Geschäftsbücher nur insoweit verlangen, als es zur Prüfung seines Tantiemeanspruchs erforderlich ist. Es liegt ein partiarischer Arbeits-

5.19

11 Vgl. BFH v. 10.2.1978 – III R 115/76, BFHE 124, 374; BFH v. 22.10.1987 – IV R 17/84, BStBl. II 1988, 62 (64) = FR 1988, 77 = GmbHR 1988, 157; BFH v. 10.11.1987 – VIII R 53/84, FR 1988, 81 = DB 1988, 262; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 28 ff.; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 53.

Blaurock | 75

§ 5 Rz. 5.19 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

vertrag, keine Gesellschaft vor, auch wenn dem Angestellten eine gewisse Mitwirkung bei Festsetzung der Verkaufspreise eingeräumt ist12. 2. Das partiarische Darlehen

5.20 Gegenstand des Darlehensvertrages sind Geld oder andere vertretbare Sachen, die der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber in Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten hat (§ 488 Abs. 1, § 607 Abs. 1 BGB). Die Darlehensvaluta geht ebenso wie die Einlage des stillen Gesellschafters in das Vermögen des Darlehensnehmers über. Wirtschaftlich betrachtet besteht deshalb zwischen dem Darlehen und der stillen Gesellschaft eine enge Verwandtschaft, die dazu geführt hat, dass auf dem Gebiete des von der wirtschaftlichen Betrachtungsweise beherrschten Steuerrechts die Einlage des typischen stillen Gesellschafters im Wesentlichen wie ein Darlehen behandelt wird. a) Bedeutung der Unterscheidung zwischen partiarischem Darlehen und stiller Gesellschaft

5.21 Beide Rechtsinstitute sind jedoch streng zu unterschieden, weil mit ihnen unterschiedliche Folgewirkungen verknüpft sind13: Im Gegensatz zum Darlehensgeber kann der stille Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsvertrags verlangen, dass seine Einlage dem gemeinschaftlichen Zweck entsprechend im Handelsgeschäft des Inhabers verwendet wird (Rz. 12.32). Er hat einen Rechtsanspruch darauf, dessen Durchführung er überwachen und erzwingen kann. Je umfassender die Kontroll- und Überwachungsrechte des Geldgebers sind, umso mehr deutet dies auf das Vorhandensein eines Gesellschaftsverhältnisses hin.

5.22 Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit von der vorgängigen Kündigung des Gläubigers oder Schuldners ab (§ 488 Abs. 3 Satz 1, § 608 Abs. 1 BGB). Die Kündigungsfrist beträgt bei Darlehensverträgen über die Überlassung von Geld drei Monate, Sachdarlehensverträge sind jederzeit kündbar (§ 488 Abs. 3 Satz 2, § 608 Abs. 2 BGB). Bei der stillen Gesellschaft bestimmen sich die Kündigungsmöglichkeiten und Kündigungsfristen hingegen nach § 234 HGB. Wird die Kündigungsfrist des § 234 HGB gleichwohl abbedungen und verkürzt, so kann dies als Indiz gegen das Vorliegen einer stillen Gesellschaft gewertet werden14. Es ist 12 RG v. 1.11.1922 – I 572/21, RGZ 105, 315; RG v. 10.10.1933 – II 148/33, RGZ 142, 13. 13 Nicht überzeugend ist hier Bauer, Die Stille Gesellschaft als Finanzierungsinstrument, S. 48 ff., der aufgrund der gleichen Zwecksetzung und der Möglichkeit einer vertraglichen Annäherung beider Rechtsinstitute die strenge Unterscheidung für nicht aussagekräftig hält. Eine faktische Annäherung durch vertragliche Gestaltung in Einzelfällen kann aber keine Aufhebung der Unterscheidung der ungleichartigen Rechtsinstitute im Generellen rechtfertigen. Auch ist fraglich, ob nicht trotz entgegenstehenden Wortlauts die Auslegung für die Annahme eines stillen Beteiligungsverhältnisses spricht, wenn eine vertragliche Ausgestaltung, insbesondere die Einräumung von Kontrollrechten, nach dem Vorbild der stillen Beteiligung erfolgt. 14 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943.

76 | Blaurock

Abgrenzung gegenüber verwandten Rechtsinstituten | Rz. 5.27 § 5

nach § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB auch eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde zulässig (Rz. 14.30). Während der stille Gesellschafter regelmäßig am Verlust teilnimmt (allerdings ist ein Ausschluss der Beteiligung am Verlust möglich, § 230 Abs. 2 HGB), widerspricht eine Verlustbeteiligung dem Wesen des Darlehens (§ 488 Abs. 1, § 607 Abs. 1 BGB). Tritt deshalb zur Gewinnbeteiligung die Verlustbeteiligung hinzu, so liegt eine Zweckgemeinschaft in der Form einer Innengesellschaft vor. Dem Geldgeber stehen die in § 233 HGB vorgesehenen Kontrollrechte zu. Eine Verlustbeteiligung führt zur Teilnahme am Risiko des Geschäftsinhabers und steht damit der Annahme eines partiarischen Darlehens zwingend entgegen15. Eine Ausnahme hiervon gilt allerdings bei Genussrechten (siehe hierzu Rz. 5.36). Auch eine eingeschränkte Verlustbeteiligung des Stillen dergestalt, dass seine Ansprüche nur Drittgläubigeransprüchen im Rang nachgehen, im Verhältnis zu den Gesellschafteransprüchen aber vorrangig sind, weist einen Eigenkapitalcharakter auf und spricht damit für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft16.

5.23

Auch eine getroffene Regelung über eine Mindestverzinsung spricht nicht entscheidend gegen ein stilles Gesellschaftsverhältnis, wenn neben dieser Festvergütung der Stille auch an dem verbleibenden Gewinn der Inhaberin beteiligt ist17. Ein Ausschluss von der Gewinnbeteiligung liegt erst dann vor, wenn der stille Gesellschafter von jeglicher Beteiligung am Gewinn ausgeschlossen ist.

5.24

Der Darlehensgeber kann seine Forderung im Wege der Abtretung auf einen anderen übertragen. Bei der stillen Beteiligung ist das wegen der im Innenverhältnis bestehenden gesellschaftsrechtlichen Bindungen ohne Zustimmung des anderen Gesellschafters nicht zulässig (Rz. 10.29). Haben die Beteiligten vereinbart, dass der Geldgeber seinen Rückzahlungsanspruch nicht abtreten darf oder er dazu der Zustimmung des Inhabers bedarf, so spricht das, wenn auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, im Zweifel für das Vorhandensein einer stillen Gesellschaft.

5.25

Wer die Hingabe eines Darlehens verspricht, kann im Zweifel den Darlehensvertrag außerordentlich kündigen, wenn in den Vermögensverhältnissen des anderen Teils eine wesentliche Verschlechterung eintritt, durch die der Anspruch auf Rückzahlung gefährdet wird (§ 490 BGB). Allerdings ergibt sich in diesem Fall auch für den stillen Gesellschafter ein Leistungsverweigerungsrecht aus § 273 BGB (Rz. 7.47).

5.26

Wird über das Vermögen des Darlehensnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet, so kann der Gläubiger des partiarischen Darlehens die volle Darlehensforderung als Insolvenzforderung geltend machen. Ist der stille Gesellschafter am Verlust beteiligt, so kann er nur seine um die Verlustbeteiligung geminderte Einlage zur Insolvenztabelle anmelden (§ 236 Abs. 1 HGB). Ist er mit seiner Einlage im Rückstand, muss er sie insoweit zur Masse leisten, als er am Verlust teilnimmt (§ 236 Abs. 2 HGB;

5.27

15 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943. 16 BFH v. 15.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334. 17 BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, BGHZ 127, 176 (180 f.) = GmbHR 1995, 224; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 60.

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§ 5 Rz. 5.27 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Rz. 16.81 ff.). Darüber hinaus kommt auch eine Behandlung der Einlage des Stillen als haftendes Eigenkapital in Betracht (Rz. 16.55, Rz. 16.61 ff.).

5.28 Stirbt der Darlehensnehmer, wird die Rechtsbeziehung mit den Erben fortgesetzt. Der Tod des Geschäftsinhabers hingegen hat nach gesetzlicher Regel (§ 727 Abs. 1 BGB, § 234 Abs. 2 HGB) die Auflösung der Gesellschaft zu Folge18. 5.29 Die Bereichsausnahmeregelung des § 310 Abs. 4 BGB erfasst nur die auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts getroffenen Vereinbarungen und mithin den stillen Gesellschaftsvertrag19. Eine gerichtliche Inhaltskontrolle von standardisierten stillen Gesellschaftsverträgen kann mithin nur über den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) erfolgen. Auch eine teleologische Reduktion des § 310 Abs. 4 BGB ist im Hinblick auf die stille Gesellschaft nicht angebracht, da trotz der bloßen Erwähnung der „Handelsgesellschaften“ in der Gesetzesbegründung zur Vorläuferregelung in § 23 Abs. 1 AGBG ein dahingehender Gesetzeszweck nicht feststellbar ist. Schließlich handelt es sich bei der stillen Gesellschaft nicht um ein Austausch- sondern um ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis, auf das die Inhaltskontrolle der §§ 307 ff. BGB nicht zugeschnitten ist (siehe auch Rz. 9.33). Außerdem kann, wie erwähnt, ein hinreichender Schutz des Stillen über die Inhaltskontrolle nach § 242 BGB gewährleistet werden20. 5.30 Steuerrechtlich war die Unterscheidung bis zum Veranlagungsjahr 2008 für die Gewerbesteuer von Interesse, da die Hinzurechnung der Gewinnanteile des stillen Gesellschafters nach § 8 Nr. 3 GewStG a.F. im Gegensatz zur hälftigen Hinzurechnung beim partiarischen Darlehen in voller Höhe erfolgte21. Ab dem Veranlagungsjahr 200922 werden die stille Beteiligung und das partiarische Darlehen nach § 8 Nr. 1 Buchst. a und c GewStG n.F. bei der Hinzurechnung jedoch gleich behandelt. Für die beschränkte Steuerpflicht und für die Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen ist der Unterschied zwischen Darlehen und stiller Gesellschaft aber weiterhin rechtserheblich (Rz. 29.4). 18 Schäfer in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2017, Vor §§ 705 ff. BGB Rz. 108; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 34; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 234 HGB Rz. 8. 19 BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847; OLG Hamburg v. 22.12.1993 – 5 U 149/93, WM 1994, 499; differenzierend nach der Art des Beitritts Basedow in MünchKomm/BGB, 8. Aufl. 2019, § 310 BGB Rz. 120; vgl. auch H. Schmidt, ZHR 159 (1995), 734 und Ulmer/Schäfer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 310 BGB Rz. 128 f., die für die typische stille Gesellschaft wegen Überwiegens schuldrechtlicher Beziehungen kein Eingreifen der Bereichsausnahme annehmen. 20 Wie hier BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847 (1849); BGH v. 27.11.2000 – II ZR 218/00, NJW 2001, 1270 (1271); BGH v. 13.9.2004 – II ZR 276/02, NJW 2004, 3706 (3708); vgl. zum Meinungsstand wie hier Schmidt in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 310 Abs. 4 BGB Rz. 11; vgl. auch H. Schmidt, ZHR 159 (1995), 734 (737) und K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 122 f., der AGB-Recht auf typische stille Gesellschaftsverträge anwenden möchte und nur atypische Ausgestaltungen unter die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 BGB subsumiert, ebenso Ulmer/Schäfer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 310 BGB Rz. 128 f. 21 Vgl. dazu Pauka, DB 1991, 1402. 22 Änderung durch das UntStRG 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912.

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Abgrenzung gegenüber verwandten Rechtsinstituten | Rz. 5.32 § 5

Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen war bis zum 9.7.2015 auch auf dem Gebiet des Kapitalmarktrechts von Bedeutung. Werden stille Beteiligungen im Inland öffentlich angeboten, trifft den Anbieter nach § 6 VermAnlG die Pflicht, einen Verkaufsprospekt zu veröffentlichen; ist der Prospekt fehlerhaft oder wurde ein Prospekt gar nicht erstellt, kommt eine Haftung nach § 20 Abs. 1 VermAnlG in Betracht (näher hierzu Rz. 18.53, Rz. 18.121). Ursprünglich galt diese Prospektpflicht für partiarische Darlehen nicht. Durch das Kleinanlegerschutzgesetz vom 3.7.201523 wurden in den Katalog von § 1 Abs. 2 VermAnlG mit Wirkung vom 10.7.2015 nunmehr jedoch auch partiarische Darlehen aufgenommen.

5.31

b) Unterscheidungskriterien Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen stellt sich als schwierig dar und muss anhand des Einzelfalls vorgenommen werden. Die partiarischen Darlehen (Beteiligungsdarlehen) sind nach teilweise vertretener Ansicht Sonderfälle stiller Beteiligungen und sollen den §§ 230 ff. HGB unterliegen24. Die Abgrenzungsschwierigkeiten werden damit allerdings nicht behoben, sondern nur auf eine andere Ebene verlagert – die der Unterscheidung von partiarischem und einfachen Darlehen. Es kann zwar nicht geleugnet werden, dass sich die Zweckverfolgung bei der stillen Gesellschaft ebenso wie beim partiarischen Darlehen primär in der Gewinnerzielung verwirklicht25. Andererseits muss sich das Betreiben des Handelsgeschäfts nicht in jedem Falle als bloßer Reflex dieses Gewinnstrebens erweisen. Abhängig von Art und Umfang der Rechte des Beteiligungsinhabers kann dieser in einem Fall mehr, im anderen Fall weniger an dem Handelsgeschäft beteiligt sein und je nachdem an der Zweckverfolgung partizipieren. Das zeigt sich beispielsweise in der Frage, ob der Geschäftsinhaber zur Unternehmensführung primär verpflichtet ist26. Der Vertrag muss daher einer Gesamtbetrachtung unterzogen werden, wobei einzelne vertraglich geregelte Elemente auf einen Willen der Parteien schließen lassen können, die nicht explizit geregelten Fragen den §§ 230 ff. HGB zu unterwerfen. Es ist daher entscheidend, ob die Parteien sich durch den Vertrag zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verbunden haben und ihre schuldrechtlichen Beziehungen ein gesellschaftsrechtliches Element in sich tragen oder ob die Parteien ohne jeden gemeinsamen Zweck lediglich ihre eigenen Interessen verfolgen und ihre Beziehungen zueinander ausschließlich durch die Verschiedenheit ihrer eigenen Interessen bestimmt werden27. Trotz dieses rechtlichen Unterschieds ist es in der Praxis bis23 24 25 26 27

BGBl. I 2015, 1114. Schön, ZGR 1993, 210 (217 ff.). Schön, ZGR 1993, 210 (220 f.). K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 58. Vgl. BGH v. 10.6.1965 – II ZR 6/63, DB 1965, 1589; BGH v. 9.2.1967 – III ZR 226/64, BB 1967, 349; OLG Nürnberg v. 4.12.1967 – 5 U 35/67, DB 1968, 166; BGH v. 26.6.1989 – II ZR 128/88, NJW 1990, 573; BGH v. 29.6.1992 – II ZR 284/91, GmbHR 1992, 747 = NJW 1992, 2696 = EWiR 1992, 1111 m. Anm. Blaurock; BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847; OLG Hamburg v. 22.12.1993 – 5 U 149/93, WM 1994, 499; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 53; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 28 ff.; A. Hueck in FS Lehmann, S. 239 ff.

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5.32

§ 5 Rz. 5.32 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

weilen schwierig, ein Vertragsverhältnis dem einen oder anderen Rechtsinstitut zuzuordnen, wenn aussagekräftige Anzeichen für den Willen der Parteien fehlen. Denn beim partiarischen Darlehen sind die Interessen beider Vertragspartner auf die Erzielung eines möglichst hohen Gewinns gerichtet und auch bei der stillen Gesellschaft erschöpft sich die Mitwirkung des stillen Gesellschafters an der Verwirklichung des gemeinsamen Zwecks vielfach in der Erbringung seiner Einlage.

5.33 Die Abgrenzung bereitet keine Schwierigkeiten, wenn für das hingegebene Geld keine Zinsen oder sonstigen Nutzungen ausbedungen sind oder eine feste, von den wechselnden Geschäftsergebnissen unabhängige Verzinsung oder sonstige Vergütung vereinbart wurde28. In diesen Fällen fehlt es an dem für das stille Gesellschaftsverhältnis notwendigen Erfordernis der Gewinnbeteiligung (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB). Haben die Beteiligten vertraglich vereinbart, dass der Geldgeber seine Vermögenseinlage nicht auf einen anderen übertragen darf29 oder dass er an der Substanz des Vermögens und damit am Risiko des Unternehmens schuldrechtlich beteiligt sein soll, so spricht das für das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses. Betreibt der Empfänger des Geldes kein Handelsgewerbe, so liegt zumindest keine handelsrechtliche stille Gesellschaft, sondern allenfalls eine stille Gesellschaft des bürgerlichen Rechts vor. Ebenso scheidet bei vertraglich vereinbarter Beteiligung des Geldgebers am Verlust des „Darlehensnehmers“ die Annahme eines partiarischen Rechtsgeschäfts aus30; denn einer Verlustbeteiligung stehen die § 488 Abs. 1, § 607 Abs. 1 BGB entgegen, wonach der Empfänger des Darlehens verpflichtet ist, das Darlehen bzw. das Empfangene in Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten. 5.34 Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich jedoch, wenn dem Geldgeber neben oder an Stelle einer festen Verzinsung eine Gewinnbeteiligung unter Ausschluss der Verlustbeteiligung zugesagt ist. Da die Vertragspartner es oft daran fehlen lassen, ihren Willen eindeutig zum Ausdruck zu bringen – sie sprechen von stiller Beteiligung, meinen aber ein Darlehen mit Gewinnbeteiligung und umgekehrt –, muss ihr Wille im Wege der Auslegung ermittelt werden31. Bei diesen fließenden Grenzen lassen sich keine allgemein gültigen Regeln aufstellen. Es kommt auf den im Wege der Auslegung zu ermittelnden Willen der Vertragsschließenden, die wirtschaftlichen Ziele und auf das Gesamtbild aller Umstände im Einzelfall an32. Die von den Parteien gewählte Be-

28 Vgl. OLG Dresden v. 8.9.1999 – 19 U 101/99, DStR 2000, 649 m. Anm. Haas u. NZG 2000, 302 m. Anm. Sosnitza. 29 So auch Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 54. Zu beachten ist aber, dass auch Kredite mit einem Abtretungsverbot versehen werden können (§ 399 BGB). 30 Vgl. BFH v. 22.6.2010 – I R 78/09; OLG Dresden v. 8.9.1999 – 19 U 101/99, DStR 2000, 649 m. Anm. Haas u. NZG 2000, 302 m. Anm. Sosnitza. 31 BGH v. 9.2.1967 – III ZR 226/64, BB 1967, 349; OLG Frankfurt v. 1.12.1981 – 5 U 114/ 81, WM 1982, 198. 32 BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847; BFH v. 10.2.1978 – III R 115/76, BFHE 124, 374; OLG Dresden v. 8.9.1999 – 19 U 101/99, DStR 2000, 649 m. Anm. Haas u. NZG 2000, 302 m. Anm. Sosnitza.

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Abgrenzung gegenüber verwandten Rechtsinstituten | Rz. 5.36 § 5

zeichnung hat lediglich indizielle Bedeutung und schließt somit eine abweichende Beurteilung nicht aus33. Zu berücksichtigen sind insbesondere die wirtschaftlichen Ziele der Vertragsparteien34 (insbesondere steuerrechtliche Aspekte35), die geplante Dauer des Vertragsverhältnisses36, das Fehlen einer Kreditsicherung37, die Einschränkung der Möglichkeiten zur Kündigung oder Anteilsübertragung38, die Kontroll- und Mitspracherechte39, die Verpflichtung des Geschäftsinhabers zur bestimmungsgemäßen Verwendung der Einlage40, Art und Umfang der Kontrollrechte41, sowie die Risikobereitschaft des Geldgebers42. Bei dieser Abwägung aller nach dem Vertragsinhalt maßgebenden Umstände können auch außerhalb des Wortlauts liegende Umstände von Bedeutung sein43. So können u.a. auch die bisherigen wirtschaftlichen Beziehungen der Parteien Anhaltspunkte vermitteln44. Weitere Indizien für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft sind die Ergänzung der Berufe von stillem Gesellschafter und Unternehmen, das Zurverfügungstellen einer Konzession oder die mögliche Eingliederung von Nebenbetrieben. Andererseits kann eine große räumliche Entfernung des Stillen gegen das Vorhandensein einer Gesellschaft sprechen45.

5.35

Ein besonderes Gewicht dürfte unter den genannten Indizien die für das stille Beteiligungsverhältnis sprechende Existenz von weitergehenden Kontroll-, Mitsprache-

5.36

33 BGH v. 19.9.1951 – II ZR 20751, BB 1951, 849; BGH v. 9.2.1967 – II ZR 226/64, BB 1967, 349; BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, FR 1983, 539 = BB 1983, 1515 = DB 1983, 1743 = GmbHR 1983, 281; BFH v. 8.3.1984 – I R 31/80, FR 1984, 423 = BB 1984, 1473 = WM 1984, 1207; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 30 ff.; Kaltenhäuser, GmbH-StB 2013, 86 (87). 34 BMF v. 16.11.1986 – IV C 5 - S 1300-331/87, BStBl. I 1987, 740. 35 So ist der BFH vom Vorliegen einer stillen Gesellschaft ausgegangen, weil nur die Gründung einer stillen Gesellschaft für den Stillen steuerlich von Vorteil war, vgl. BFH v. 19.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334 = GmbHR 2006, 215 = FR 2006, 386. 36 Vgl. dazu BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847 sowie Lienau/Lotz, DStR 1991, 618 (620). 37 BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847; BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943; BFH v. 22.7.1997 – VIII R 12/96, BStBl. II 1997, 761. 38 BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847. 39 Vgl. dazu BGH v. 29.6.1992 – II ZR 284/91, GmbHR 1992, 747 = NJW 1992, 2696 = EWiR 1992, 1111 m. Anm. Blaurock; BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847; BFH v. 15.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 73 Rz. 13 f. 40 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943. Nach FG BadenWürttemberg v. 3.12.2004 – 10 K 225/01, DStRE 2006, 15 (16 f.), kann sich eine solche Verpflichtung aus Prospektangaben zur geplanten Verwendung der Einlagen ergeben. 41 BFH v. 15.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334. 42 Vgl. dazu BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943 sowie Pauka, DB 1991, 1402 (1407). 43 So auch BFH v. 16.7.1986 – I R 78/79, GmbHR 1987, 449 = BFH/NV 1987, 326 u. BMF v. 16.11.1986 – IV C 5 - S 1300-331/87, BStBl. I 1987, 740. 44 BMF v. 16.11.1986 – IV C 5 - S 1300-331/87, BStBl. I 1987, 740. 45 Vgl. zu diesen Indizien Immenga, GmbHR 1988, 506.

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§ 5 Rz. 5.36 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

und Überwachungsrechten haben46. Wer ein Darlehen gibt, überlässt es in der Regel dem Darlehensnehmer, den besten Weg zu suchen, um die Mittel zu verdienen, mit denen er die Zinsen zahlen kann. Kommt es dem Geldgeber lediglich darauf an, dem Unternehmer einen Kredit zu einem vom Geschäftsgewinn abhängigen Zinssatz zur Verfügung zu stellen, so wird regelmäßig ein Darlehensverhältnis mit Gewinnbeteiligung im Willen der Vertragspartner gelegen haben47. Das Interesse des Geldgebers ist hier im Wesentlichen darauf gerichtet, die zur Verfügung gestellte Valuta ungeschmälert zurückzuerhalten und an dem im Geschäftsbetrieb des Darlehensnehmers erzielten Gewinn beteiligt zu sein.

5.37 Allerdings kommt auch der Existenz von Kontroll- und Mitwirkungsrechten nur Indizfunktion zu. Auch wenn der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber gegenüber zur Rechenschaftslegung nicht verpflichtet ist und das Recht zur Bucheinsicht nur aus einer (entsprechenden) Anwendung des § 810 BGB abgeleitet werden kann und die Kontrollrechte des Darlehensgebers daher grundsätzlich sehr beschränkt sind48, ist die vertragliche Vereinbarung weiterer Mitwirkungsmöglichkeiten des Darlehensgebers durchaus möglich, ohne dass dadurch zwingend eine stille Gesellschaft begründet würde. Andererseits kann aus dem Fehlen vertraglich geregelter Überwachungsrechte nicht ohne weiteres auf ein partiarisches Darlehen geschlossen werden, wenn sich die Vertragspartner zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen haben; mit der Vereinbarung einer stillen Gesellschaft hängen die gesetzlich angeordneten Informationsrechte zwingend zusammen49. 3. Genussrechte

5.38 Genussrechte werden fast ausschließlich von Kapitalgesellschaften als Finanzierungsinstrument eingesetzt. Der Genussrechtsinhaber kann dabei für seine Kapitaleinlage eine Gegenleistung erhalten, die sich nach dem Ergebnis oder dem zu verteilenden Jahresabschluss des Genussrechtsschuldners bemisst. Auch eine Beteiligung des Genussrechtsinhabers am Liquidationserlös der Gesellschaft und die Einräumung von Kontrollrechten sind denkbar. Hierdurch kann die wirtschaftliche Stellung des Genussrechtsinhabers derjenigen eines stillen Gesellschafters weitgehend angenähert sein. Die Abgrenzung muss im Einzelfall anhand einer Gesamtbetrachtung vorgenommen werden: Kriterien sind die Beteiligung an Gewinn und Verlust, das Ausfallrisiko des Stillen, die Verpflichtung des Geschäftsinhabers, den Gesellschaftszweck durch eine bestimmte Verpflichtung zu fördern, die Mindestdauer des Rechtsverhältnisses sowie Mitwirkungs- und Kontrollrechte50. Allerdings schließen sich Verlustteilnahme und Genussrecht nicht gegenseitig aus: Es gibt Genussrechte, die am Verlust 46 BGH v. 29.6.1992 – II ZR 284/91, GmbHR 1992, 747 = NJW 1992, 2696 = EWiR 1992, 1111 m. Anm. Blaurock; BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847; BFH v. 15.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334; OLG Dresden v. 8.9.1999 – 19 U 101/99, DStR 2000, 649 m. Anm. Haas u. NZG 2000, 302 m. Anm. Sosnitza. 47 RG v. 29.1.1942 – II 118/41, RGZ 168, 284. 48 Vgl. hierzu Derleder/Wosnitza, ZIP 1990, 901. 49 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943. 50 Vgl. FG Baden-Württemberg v. 3.12.2004 – 10 K 225/01, DStRE 2006, 15 (16 ff.).

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Abgrenzung gegenüber verwandten Rechtsinstituten | Rz. 5.40 § 5

partizipieren51. Wegen des unternehmerischen Risikos des Genussrechtsinhabers wird allerdings teilweise davon ausgegangen, dass solche Genussrechte gleichzeitig ein stilles Gesellschaftsverhältnis begründen52. Dem tritt die h.M.53 jedoch zu Recht entgegen: Rechtlich bleibt das Genussrecht ein einfaches schuldrechtliches Gläubigerrecht auf der Basis eines bloßen Austauschvertrages, dem es an der personalistischen Verbindung zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks mangelt. Der Unterschied kommt auch etwa darin zum Ausdruck, dass die stille Beteiligung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen, das Genussrecht hingegen frei übertragbar54 ist. Die Vorschriften über die stille Gesellschaft mögen Schutzvorschriften zugunsten des Stillen enthalten; doch zwingt dies nicht zu einer Umqualifizierung des Genussrechts in eine stille Beteiligung55: Die Wertungen der §§ 230 ff. HGB können bei der Inhaltskontrolle des Genussrechts56 berücksichtigt werden. 4. Der partiarische Dienstvertrag Der stille Gesellschafter kann seine persönliche Arbeitskraft als Beitrag gegen Gewinnbeteiligung in das Handelsgewerbe des Inhabers einbringen (Rz. 7.38 ff.). Hier entstehen häufig Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen der stillen Gesellschaft und dem partiarischen Dienstvertrag, bei dem den Arbeitnehmern in Ergänzung oder an Stelle der laufenden Lohn- bzw. Gehaltsbezüge Gewinnbeteiligungen gewährt werden. Maßgeblich sind in diesem Zusammenhang die gleichen Grundsätze, die für die Abgrenzung der stillen Beteiligung vom partiarischen Darlehen angeführt wurden (Rz. 5.21 ff., Rz. 5.32). Für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft sprechen die zusätzliche Leistung einer Kapitaleinlage, die Verlustbeteiligung sowie die Personenverschiedenheit von Arbeitgeber und Geschäftsinhaber57.

5.39

Zunächst muss auch hier das Erfordernis der Gewinnbeteiligung (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB) erfüllt sein. Erhalten die Arbeitnehmer ausschließlich feste, vom Geschäftsergebnis unabhängige Bezüge, so fehlt es an diesem Erfordernis und folglich an einer stillen Gesellschaft. Eine bloße Umsatzbeteiligung begründet ebenfalls keine stille Gesellschaft58. Deshalb ist ein Angestellter, der neben einem festen Gehalt nur eine Um-

5.40

51 Wöckener/Becker in Habersack/Mülbert/Schlitt, Rz. 13.14. 52 Habersack, ZHR 155 (1991), 378 (395); Habersack in MünchKomm/AktG, 4. Aufl. 2016, § 221 AktG Rz. 88 f.; Meilicke, BB 1989, 465 (466); Schön, JZ 1993, 925 (929 f.); Schön, ZGR 1993, 210 (235). 53 BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38 (43); FG Baden-Württemberg v. 3.12.2004 – 10 K 225/01, DStRE 2006, 15 (16 ff.); FG Köln v. 25.3.1998 – 12 K 1927/92, EFG 1998, 1214; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 53; Feddersen/Knauth, Eigenkapitalbildung durch Genussscheine, S. 17 f. 54 Habersack in MünchKomm/AktG, 4. Aufl. 2016, § 221 AktG Rz. 210. 55 In diese Richtung aber Habersack in MünchKomm/AktG, 4. Aufl. 2016, § 221 AktG Rz. 89. 56 Zur Inhaltskontrolle von Genussrechten siehe Habersack in MünchKomm/AktG, 4. Aufl. 2016, § 221 AktG Rz. 254 ff. 57 Niedersächsisches FG v. 25.6.2003 – 3 K 38/02, DStRE 2003, 1338 (1339). 58 BFH v. 11.11.1965 – IV 82/62, BStBl. III 1966, 95; vgl. auch BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611.

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§ 5 Rz. 5.40 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

satzbeteiligung bezieht, steuerrechtlich auch dann kein stiller Gesellschafter, wenn er eine unternehmergleiche Stellung innehat und erhebliche kapitalmäßige Bindungen zu dem Unternehmen eingegangen ist59.

5.41 Bezieht der Arbeitnehmer kein festes Gehalt, sondern lediglich eine Gewinnbeteiligung, spricht andererseits vieles für eine stille Gesellschaft. So bejahte der BFH das Vorliegen einer stillen Gesellschaft in einem Fall, in dem die Leitung eines Unternehmens, in welchem die Betriebsinhaberin selbst nicht tätig war, zwei Prokuristen oblag, die kein festes Gehalt, sondern eine Gewinnbeteiligung von je einem Drittel erhielten und denen die Aufnahme als Gesellschafter in Aussicht gestellt war, was später auch geschah60. Den tragenden Grund für die Annahme einer stillen Gesellschaft sah der BFH in der alleinigen Unternehmensleitung der Prokuristen ohne festes Gehalt sowie darin, dass die Entnahmen der Betriebsinhaberin von der Zustimmung der Prokuristen abhängig waren. 5.42 Ist der Arbeitnehmer auch am Verlust beteiligt, wird regelmäßig ebenfalls eine stille Gesellschaft anzunehmen sein, da eine Verlustbeteiligung dem Wesen des Arbeitsverhältnisses fremd ist. 5.43 Unvereinbar mit einem Dienstvertrag, aber durchaus vereinbar mit der stillen Beteiligung wäre die Abrede, dass die Beteiligung des Arbeitnehmers im Falle seines Todes auf seine Erben übergehen soll (§ 234 Abs. 2 HGB). Daher hat der BFH zu Recht eine stille Gesellschaft für den Fall angenommen, dass der Prokurist gegen eine garantierte Entnahme von monatlich 1500 DM und eine Gewinnbeteiligung von 35 % unter Ausschluss der Verlusttragung wie ein Arbeitnehmer tätig ist und dieses Vertragsverhältnis, das dem Prokuristen zwar keine Beteiligung am Anlagevermögen, aber ein Anhörungsrecht bei Abschluss bestimmter Geschäfte und ein Zustimmungsrecht bei Maßnahmen wie der Gesellschafteraufnahme und Prokuraerteilung einräumt, mit seinen Erben fortzusetzen ist61. Neben der vereinbarten Fortsetzung des Vertragsverhältnisses mit den Erben tritt hier als Argument für eine stille Gesellschaft auch die Gewinnbeteiligung gegenüber den festen Bezügen in den Vordergrund. Unter Berücksichtigung des Vertragsinhaltes und des in dem entschiedenen Fall vorhandenen Einflusses sowie der Gestaltungsmöglichkeiten des Prokuristen auf das Betriebsergebnis ist zu schließen, dass sich die Beteiligten zu einer wirklichen Zweckgemeinschaft zusammenschließen wollten und auch zusammengeschlossen haben. 5.44 Als die eigentlich problematischen Abgrenzungsfälle verbleiben diejenigen, in denen vertraglich eine Kombination von festem Grundgehalt und Gewinnbeteiligung unter Ausschluss der Verlustbeteiligung des Arbeitnehmers vereinbart wurde.62 Hier ist für 59 BFH v. 11.11.1965 – IV 82/62 U, BStBl. III 1966, 95; BFH v. 8.5.1962 – I 145/61, HFR 1962, 270 = StRK GewStG § 8 Nr. 2 – 9 R. 81; OLG Dresden v. 24.2.2010 – 13 W 132/10. 60 BFH v. 8.7.1965 – IV 30/63 U, BStBl. III 1965, 558. 61 BFH v. 5.8.1965 – IV 138/63, BStBl. III 1965, 560. 62 Für eine formale Abgrenzung anhand eines Einlagenkontos, K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 55 m.w.N., zur Bedeutung des Einlagenkontos auch Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 234 HGB Rz. 11; a.A. Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 51.

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Abgrenzung gegenüber verwandten Rechtsinstituten | Rz. 5.46 § 5

die Annahme einer stillen Beteiligung entscheidend, dass sich aus einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls ergibt, dass ein auf die Verwirklichung eines gemeinsamen Zwecks gerichtetes gesellschaftliches Verhältnis vorliegt. Die Arbeitsleistung des stillen Gesellschafters steht hier nicht nur im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, sondern bildet zugleich einen Beitrag zu dem gemeinsamen übergeordneten Zweck. Das Zusammenwirken von Arbeit im Betrieb und Unternehmensleitung soll den Unternehmenserfolg und damit den Nutzen für beide Teile erhöhen, sodass von einem partnerschaftlichen Zusammenwirken von Geschäftsinhaber und stillen Gesellschafter gesprochen werden kann63. Die gemeinsame Zweckverfolgung kann sich dabei bereits aus den näheren vertraglichen Vereinbarungen der Parteien insbesondere über die Bezüge des Arbeitnehmers ergeben64. Allerdings kommt es nicht allein auf einzelne Bestimmungen oder Vereinbarungen eines Vertrags an. Vielmehr ist es notwendig, diese im Zusammenhang mit dem gesamten Vertragszweck und mit den von den Parteien verfolgten wirtschaftlichen Zielen einer umfassenden rechtlichen Beurteilung und Würdigung zu unterziehen65. Eine stille Gesellschaft ist danach in der Regel anzunehmen, wenn es sich um eine erhebliche Gewinnbeteiligung insbesondere auch im Verhältnis zur Gesamtvergütung66 handelt, wenn das Dienstverhältnis für die Beteiligten für längere Zeit verbindlich ist und wenn für den Arbeitnehmer nicht nur ein Anspruch auf Entlohnung für seine Dienste besteht67. Eine Gewinnbeteiligung von nur 5 % spricht dabei weniger für eine stille Gesellschaft als eine solche von 30 oder 40 %. Auch die später geplante Übernahme des Betriebs, die fehlende Vereinbarung über Arbeitszeit, Urlaub usw. oder der Ausschluss einer vollständigen Entnahme der Bezüge legen die Existenz einer stillen Gesellschaft nahe. Es kommt aber immer auf die Vertragsgestaltung und auf das Gesamtbild aller Umstände im Einzelfall an. So kann neben der Gewinnbeteiligung durchaus auch eine feste Arbeitsvergütung vereinbart werden. Die Gewährung einer hohen Gewinnbeteiligung begründet andererseits für sich allein noch keine stille Gesellschaft, wenn dem Beteiligten daneben ein festes Gehalt gezahlt wird68.

5.45

Ein besonders wichtiges Indiz bei der Abgrenzung bildet die Feststellung, ob und in welchem Umfange dem Arbeitnehmer Mitwirkungs-, Kontroll- und Überwachungsrechte vertraglich vorbehalten sind. Die bloße Gewinnbeteiligung gibt für sich allein keine Befugnis zur Einflussnahme auf die Geschäftsführung. Wo aber Mitwirkungs-, Kontroll- und Überwachungsrechte vertraglich vereinbart worden sind, besteht zumindest eine Vermutung, dass die Beteiligten eine stille Gesellschaft begründen wollten. Dies gilt auch dann, wenn durch den Gesellschaftsvertrag ein Ver-

5.46

63 Vgl. Reinhardt, Die für die Ordnung der Wirtschaft maßgebenden Rechtsgrundsätze und die Rechtsform der Mitbestimmung, in FS Nipperdey, 1955, S. 235 (246 ff.); BFH v. 7.12.1983 – I R 144/79. 64 BFH v. 28.7.1971 – I R 78/68, BStBl. II 1971, 815. 65 Vögele/Kircher, BB 2000, 1581 (1582 f.). 66 Niedersächsisches FG v. 24.9.1987 – XII 83/86, GmbHR 1988, 367 = EFG 1988, 303 (304). 67 Vgl. dazu auch RFH v. 16.3.1938 – VI 154/38, RStBl 1938, 556. 68 BFH v. 5.6.1964 – IV 108/63, BStBl. III 1965, 51.

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§ 5 Rz. 5.46 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

hältnis der Gleichordnung hinsichtlich der Geschäftsführung und Gewinnbeteiligung zwischen den Beteiligten geschaffen worden ist69; denn dies deutet auf eine gemeinsame und gleichberechtigte Zweckverfolgung hin, da der Dienstvertrag gerade durch ein Abhängigkeitsverhältnis, ein Verhältnis der Über- und Unterordnung gekennzeichnet ist70. Der Nur-Arbeitnehmer ist von dem Geschäftsherrn abhängig. Er ist in den Organismus seines Betriebes eingegliedert und verpflichtet, seinen Weisungen zu folgen. Er nimmt eine Rechtsstellung ein, mit der Mitwirkungs-, Überwachungsund Kontrollbefugnisse gegenüber dem Geschäftsherrn regelmäßig nicht vereinbar sind. Allerdings ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass auch der im Rahmen eines partiarischen Dienstverhältnisses am Gewinn beteiligte Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung der für die Gewinnberechnung notwendigen Auskünfte an sich oder einen unparteiischen Wirtschaftsprüfer hat.

5.47 Ergibt sich das Vorliegen einer stillen Gesellschaft aufgrund anderer Umstände, so kann sich der stille Gesellschafter für die Behauptung, er sei nur Angestellter gewesen, allerdings nicht darauf berufen, dass er kein Mitsprache- oder Überwachungsrecht gehabt habe. Aus § 233 HGB, wonach der stille Gesellschafter lediglich berechtigt ist, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und ihre Richtigkeit unter Einsicht der Papiere und Bücher zu prüfen, ergibt sich, dass die Entscheidungsbefugnis über die Geschicke des Unternehmens dem Geschäftsinhaber grundsätzlich verbleibt. 5.48 Andererseits ist ein am Gewinn beteiligter Geschäftsführer nicht allein deshalb als stiller Gesellschafter anzusehen, weil der Unternehmer mit ihm wichtige, den Betrieb betreffende Entscheidungen erörtert und ihm Einsicht in die Bilanzen und Bücher gewährt71. Dies kann sich bereits aus der Geschäftsführertätigkeit ergeben. Eine stille Beteiligung lässt sich vielmehr erst dann annehmen, wenn die Geschäftsführungstätigkeit mit weiteren Leistungen zusammentrifft, die in dieser Form von einem Nichtgesellschafter nicht erbracht zu werden pflegen72. 5. Partiarische Miet-, Pacht- und Verlagsverträge

5.49 Die Beitragsleistung des stillen Gesellschafters kann in der Weise erbracht werden, dass er bestimmte Gegenstände (Gebäude, bewegliche Sachen, Patente, Lizenzen) nicht in das Eigentum des Geschäftsinhabers überträgt, sondern ihm nur zum Gebrauch überlässt (Rz. 7.31). Es können aber auch Miet- oder Pachtverträge mit Gewinnbeteiligung abgeschlossen werden, wobei die Gewinnbeteiligung des Vermieters,

69 BFH v. 7.2.1968 – I 233/64, BFHE 91, 373; BFH v. 28.1.1982 – IV R 197/79, BStBl. II 1982, 389 = FR 1982, 332; BFH v. 7.12.1983 – I R 144/79, BStBl. II 1984, 373 = FR 1984, 290 = BB 1984, 1028 = DB 1984, 967. 70 RG v. 10.10.1933 – II 148/33, RGZ 142, 13 (21 ff.); BFH v. 7.12.1983 – I R 144/79, FR 1984, 290 = BB 1984, 1028 = DB 1984, 967; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 56 ff. 71 BFH v. 6.10.1971 – I R 215/69, DStZ/A 1972, 197. 72 So auch Niedersächsisches FG v. 24.9.1987 – XII 83/86, GmbHR 1988, 367 = EFG 1988, 303 (304).

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Abgrenzung gegenüber verwandten Rechtsinstituten | Rz. 5.53 § 5

Verpächters oder Patentinhabers in Ergänzung oder an Stelle fester Miet- oder Pachtzinsen oder Lizenzgebühren gewährt wird. Für die rechtliche Abgrenzung und Beurteilung73 gilt dasselbe wie für die anderen partiarischen Verträge. Nicht jede Gebrauchsüberlassung gegen Gewinnbeteiligung führt zu einer stillen Gesellschaft. Entscheidend ist auch hier die Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes74. Ein Indiz dafür ist eine erhebliche Gewinnbeteiligung – nicht hingegen eine Beteiligung lediglich am Umsatz75 –, verbunden mit der Tatsache, dass das Rechtsverhältnis auf beiden Seiten für längere Zeit verbindlich ist. Der Umstand, dass der den Gebrauch Überlassende auch an dem Risiko der Neuinvestitionen und an dem Geschäftsrisiko in hohem Maße teilnimmt und dass ihm Kontroll-, Überwachungs- und Mitwirkungsrechte zustehen, spricht für ein gesellschaftliches Verhältnis und gegen die Annahme eines mit Gewinnbeteiligung ausgestatteten Miet- oder Pachtvertrags. Dasselbe gilt für mit Gewinnbeteiligung ausgestattete Verlagsverträge.

5.50

Allerdings hat der BFH76 im Falle einer Betriebsüberlassung durch eine Mutter an ihren Sohn Kontrollbefugnisse für unbeachtlich angesehen und das Vorliegen eines Pachtvertrags bejaht. Das FG Schleswig-Holstein77 stellte bei der Bejahung einer stillen Gesellschaft darauf ab, dass nicht nur eine zeitlich begrenzte Nutzungsüberlassung vorlag.

5.51

V. Kommissionsgeschäft Gemäß § 383 Abs. 1 HGB ist Kommissionär, wer es gewerbsmäßig übernimmt, Waren oder Wertpapiere für Rechnung eines anderen – des Kommittenten – im eigenen Namen zu kaufen oder zu verkaufen. Die wesentliche Voraussetzung, die das Kommissionsgeschäft kennzeichnet, ist die Übernahme eines Geschäftsabschlusses im Namen des Kommissionärs für Rechnung des Kommittenten.

5.52

Soweit der Kommissionär im eigenen Namen handelt, gleicht seine Rechtsstellung der des Inhabers eines Handelsgeschäfts. Anders als dieser wird jedoch der Kommissionär stets für Rechnung des Kommittenten tätig, wohingegen der Inhaber des Handelsgeschäfts zur Verwirklichung des gemeinschaftlichen Zwecks für gemeinschaftliche Rechnung tätig wird. Die Interessenlage ist beim Kommissionsgeschäft eine andere als bei der stillen Gesellschaft. Das eigene Interesse des Kommissionärs beschränkt sich auf den Erwerb seines Provisionsanspruchs. Im Übrigen handelt er im

5.53

73 Vgl. dazu auch Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 73 Rz. 16 ff. 74 A.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 56, der auf die Einrichtung eines Einlagenkontos abstellt; dies ebenfalls als primären Orientierungspunkt heranziehend Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 234 HGB Rz. 12. 75 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 55; Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 73 Rz. 16. 76 BFH v. 5.6.1964 – IV 213/60, BStBl. III 1965, 49. 77 Schleswig-Holsteinisches FG v. 24.10.1963 – IV 80 - 82/62, EFG 1964, 273.

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§ 5 Rz. 5.53 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Interesse des Kommittenten, der letztlich den Abschluss mit dem Dritten erstrebt und als der wirkliche Geschäftsherr kaufen oder verkaufen und den Preis zahlen oder empfangen will. Insoweit handelt der Kommissionär im fremden Interesse. Was er von dem Dritten erwirbt, kommt wirtschaftlich dem Kommittenten zu. Die praktische Bedeutung des Kommissionsgeschäfts liegt darin, dass der Kommissionär als mittelbarer Stellvertreter seinen eigenen Namen und seinen Kredit für den Kommittenten einsetzt. Bei der stillen Gesellschaft dagegen wird der Geschäftsinhaber nicht nur im Interesse des stillen Gesellschafters, sondern im beiderseitigen Interesse auf gemeinschaftliche Rechnung tätig, wobei die Beteiligten in gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit einen gemeinsamen Zweck zu erreichen versuchen.

VI. Stille Gesellschaft und Treuhand 5.54 Nach der Rechtsprechung schließen sich stille Gesellschaft und Treuhand gegenseitig aus78. Wesentliches Merkmal der Treuhand ist das Handeln des Treuhänders im Interesse und für Rechnung des Treugebers. Dagegen wird der Geschäftsinhaber der stillen Gesellschaft zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks für gemeinschaftliche Rechnung tätig. 5.55 Die Bezeichnung des jeweils zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts als Gesellschaftsvertrag oder Treuhandabrede hat bei der Abgrenzung lediglich indizielle Bedeutung. Maßgeblich ist der materielle Gehalt. 5.56 Wichtigstes Abgrenzungskriterium ist dabei die Dispositionsbefugnis. Obwohl dem Stillen Informations-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte zustehen können, verbleibt dem Geschäftsinhaber ein großer kaufmännischer Handlungsspielraum. Demgegenüber ist der Treuhänder an die konkreten Weisungen des Treugebers gebunden. Dieser übt die tatsächliche Sachherrschaft über das Treuhandvermögen aus. Der Treugeber kann jederzeit Herausgabe seines Vermögens verlangen. Die stille Gesellschaft ist hingegen als Dauerschuldverhältnis mit mitgliedschaftsrechtlichem Einschlag ausgestaltet, wobei jedoch auch eine kurzfristige Kündigungsmöglichkeit vereinbart werden kann79. 5.57 Im Gegensatz zur Gewinnbeteiligung und Risikogemeinschaft bei der stillen Gesellschaft trägt der Treuhänder das Verlustrisiko allein, stehen ihm demgegenüber aber auch etwaige Gewinne zu. Die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung des Treuhänders ist möglich80.

78 Vgl. BFH v. 10.7.2001 – VIII R 35/00, BStBl. II 2001, 646 = FR 2001, 958; bestätigt von BFH v. 28.10.2008 – VIII R 36/04, DStR 2008, 2305 (2308). 79 Für die Möglichkeit des Zusammentreffens von Treuhand und stiller Gesellschaft siehe Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 60, m.w.N. 80 Vgl. BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943; Dötsch, DStZ 1997, 837.

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Abgrenzung gegenüber verwandten Rechtsinstituten | Rz. 5.58 § 5

VII. Zusammenfassung Abzugrenzen von der stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB sind zunächst die anderen Formen einer internen Unternehmensbeteiligung wie die stille Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, die Vornahme von Geschäften für gemeinsame Rechnung und die Unterbeteiligung am Gesellschaftsanteil des Gesellschafters einer Handelsgesellschaft oder eines stillen Gesellschafters. Von den handelsrechtlichen Personengesellschaften unterscheidet sich die stille Gesellschaft, die keine Handelsgesellschaft ist, dadurch, dass ihre Wirkungen sich auf das Innenverhältnis der Beteiligten zueinander beschränken und dass es – auch bei atypischer Ausgestaltung – an einem gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen, an dem der stille Gesellschafter dinglich mitberechtigt ist, fehlt. Hierdurch unterscheidet sich der stille Gesellschafter trotz äußerlicher Ähnlichkeit der Rechtsstellung vom Kommanditisten. Von der stillen Beteiligung scharf zu trennen sind wegen der andersartigen Rechtsfolgen die partiarischen Verträge, bei denen der eine Vertragspartner als Entgelt für die von ihm erbrachten Leistungen am Gewinn des anderen beteiligt wird. Die Abgrenzung gegenüber der stillen Gesellschaft ist in der Praxis oft schwierig. Allgemein gültige Regeln lassen sich nicht aufstellen. Es kommt stets auf die Vertragsgestaltung und auf das Gesamtbild aller Umstände im Einzelfall an. Entscheidend für die Annahme einer stillen Gesellschaft ist der animus contrahendae societatis, d.h. der Wille der Beteiligten, zur Verwirklichung eines gemeinschaftlichen Zwecks zusammenzuwirken. Wichtige Anhaltspunkte für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft sind die dem Vertragspartner eingeräumten Kontroll- und Mitwirkungsrechte, die Dauer des Vertragsverhältnisses, die Höhe der Gewinn- und Verlustbeteiligung und die Risikobereitschaft des Geldgebers, die Unübertragbarkeit bzw. bei Dienstleistungen die Vererblichkeit der Beteiligung, die Einschränkung der Möglichkeiten zur Kündigung oder Anteilsübertragung sowie die Stellung der Gesellschafter zueinander (Gleichordnung oder Über- und Unterordnung). Vom Kommissionsgeschäft unterscheidet sich die stille Gesellschaft durch die völlig andere Interessenlage. Der Inhaber des Handelsgeschäfts wird zwar ebenso wie der Kommissionär nach außen hin im eigenen Namen tätig. Er handelt aber nicht auf fremde Rechnung, sondern in Verfolgung des gemeinsamen gesellschaftlichen Zwecks auf gemeinschaftliche Rechnung. Das Rechtsverhältnis zwischen dem schuldrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligten Stillen und dem Geschäftsinhaber ist schließlich weder ein reines Treuhandverhältnis noch ein bloßer Gewinnabführungsvertrag.

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5.58

§6 Die beteiligten Personen Schrifttum: von Bar, Christian/Mankowski, Peter, Internationales Privatrecht, 2. Band: Besonderer Teil, 2. Aufl. 2019; Beuthien, Volker, Die atypische stille Gesellschaft – Ein Weg zu mehr Eigenkapital für eingetragene Genossenschaften, NZG 2003, 849; Bicker, Eike Thomas, Gläubigerschutz in der grenzüberschreitenden Konzerngesellschaft, 2007; Blaurock, Uwe, Zur stillen Beteiligung mehrerer Personen an einer Apotheke, NJW 1972, 1119; Blaurock, Uwe, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, 1981; Blaurock, Uwe, Die GmbH & Still im Steuerrecht, BB 1992, 1969; Blaurock, Uwe, Die Limited & Still – Bemerkungen zur Stillen Gesellschaft im deutschen Kollisionsrecht, in Festschrift für Harm Peter Westermann zum 70. Geburtstag, 2008, S. 821; Bujotzek, Peter/Mocker, Felix, Kleinanlegerschutzgesetz – offene Fragen beim Crowdinvesting BKR 2015, 358; Canaris, Claus-Wilhelm, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006; Ebert, Sabine, The Law Applicable to Groups of Companies Involving European Companies (Societas Europaea), 25 Company Lawyer 2004, 108; Eidenmüller, Horst, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 2004; Eidenmüller, Horst, Mobilität und Restrukturierung von Unternehmen im Binnenmarkt – Entwicklungsperspektiven des europäischen Gesellschaftsrechts im Schnittfeld von Gemeinschaftsgesetzgeber und EuGH, JZ 2004, 24; Hadding, Walther, Zur gesellschaftsrechtlichen Vereinbarkeit von stillen Vermögenseinlagen und Genussrechten mit dem Förderungszweck eingetragener Kreditgenossenschaften, ZIP 1984, 1295 (Teil I), 1298 (Teil II); Herr, Sascha/Bantleon, Ulrich, Crowdinvesting als alternative Unternehmensfinanzierung – Grundlagen und Marktdaten in Deutschland, DStR 2015, 532; Horn, Norbert, Unternehmensbeteiligung der Arbeitnehmer und Gesellschaftsrecht, ZGR 1974, 133; Janzen, Harald, Die Übertragung und Belastung von Mitgliedschaften in der stillen Gesellschaft, Diss. Marburg, 1979; Kauffeld, Hans-Georg, Die partielle Unternehmensbeteiligung, 2007; König, Johannes, Die subjektive Steuerpflicht der Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts nach dem deutschen Körperschaftsteuerrecht, Diss. Münster, 1958; Lentner, Anton J., Das Gesellschaftsrecht der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV), 1994; Lindley, Nathaniel/Banks, Roderick C. I‘Anson, Partnership, 18th ed. 2002; Mylich, Falk, Die atypische stille Beteiligung als ergänzender Geschäftsanteil, ZGR 2018, 867; Paulick, Heinz, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, zugleich ein Beitrag zur Typenlehre im Gesellschaftsrecht, 1954; Paulick, Heinz, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956; Paulick, Heinz, Die Einmann-GmbH Stille Gesellschaft (StG) im Steuerrecht, GmbHR 1982, 237; Reuter, Dieter, Verbesserung der Risikokapitalausstattung der Unternehmen durch Mitarbeiterbeteiligung?, NJW 1984, 1849; Schmidt, Karsten, Die Vertragsparteien bei der stillen Beteiligung, DB 1976, 1705; Schmidt, Karsten, Sozialansprüche und actio pro socio bei der „GmbH & Still“ – Zur Binnenverfassung der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft, in Festschrift für Gerold Bezzenberger, 2000, S. 401; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die Einmann-GmbH & Still und Mitunternehmerschaft, GmbHR 1983, 202; Sudhoff, Heinrich, Die GmbH & Co. StG, DB 1969, 2069; Tiedtke, Klaus, Die schenkweise Zuwendung einer stillen Beteiligung an ein minderjähriges Kind – Zugleich eine Besprechung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 9.7.1987 IV R 95/ 85, BB 1988, 946; Werner, Rüdiger, Die Unterbeteiligung als Instrument der Unternehmensnachfolge, ZEV 2015, 194; Wiedemann, Herbert, Stille Publikumsgesellschaften, WM 2014, 1985.

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Die beteiligten Personen | Rz. 6.2 § 6

I. Der Inhaber des Handelsgewerbes 1. Überblick Taugliches Beteiligungssubjekt i.S. der §§ 230 ff. HGB ist auf der einen Seite nur eine Person, die ein „Handelsgewerbe“ betreibt1. Das Gesetz nennt diese Person in § 230 Abs. 1 HGB den Inhaber des Handelsgeschäfts. Da mit dem Betrieb eines Handelsgewerbes nach § 1 Abs. 1 HGB die Kaufmannseigenschaft einhergeht, ist der Geschäftsinhaber einer stillen Gesellschaft stets auch Kaufmann i.S. der §§ 1 ff. HGB2. Auch im Rahmen von § 230 Abs. 1 HGB hat man zwischen den eigentlichen Handelsgewerben, bei denen der Gewerbebetrieb (Rz. 6.5 ff.) nach Art und Umfang eine kaufmännische Einrichtung erfordert (vgl. § 1 Abs. 2 HGB; Rz. 6.12), und den uneigentlichen Handelsgewerben kraft Handelsregistereintragung (§§ 2, 3, 5 HGB) zu unterscheiden (Rz. 6.13 ff.). Diese zunächst für Einzelpersonen konzipierten Regelungen gelten nach § 6 Abs. 1 HGB auch für die Personengesellschaften (Rz. 6.18 ff.). Körperschaften, denen das Gesetz ohne Rücksicht auf den Gegenstand des Unternehmens die Eigenschaft eines Kaufmanns beilegt (Kapitalgesellschaften, eingetragene Genossenschaften), betreiben schließlich auch dann kraft Gesetzes ein Handelsgewerbe i.S. des § 230 Abs. 1 HGB, wenn ihr Unternehmen kein Handelsgewerbe oder nicht einmal ein Gewerbe sein sollte (§ 6 Abs. 2 HGB; Rz. 6.24 ff.). Die EWIV ist zwar keine Körperschaft i.S. des § 6 Abs. 2 HGB, gilt jedoch unmittelbar nach § 1 EWIV-AG als eine subsidiär dem Recht der OHG (§§ 105 ff. HGB) unterworfene Handelsgesellschaft i.S. des HGB (Rz. 6.23). Auch der Personengesellschaft, die nur eigenes Vermögen verwaltet und daher kein Gewerbe und erst recht kein Handelsgewerbe betreibt (sog. Vermögensverwaltungsgesellschaft), aber nach § 105 Abs. 2 HGB freiwillig in das Handelsregister eingetragen wurde, kommt als OHG die Eigenschaft als Handelsgesellschaft kraft Gesetzes zu. Wird jedoch von diesen bloßen Formkaufleuten nach § 6 Abs. 2 HGB, § 1 EWIV-AG oder § 105 Abs. 2 HGB eine nicht auf Gewinnerzielung angelegte Tätigkeit ausgeübt, stellt sich gleichwohl noch die Frage, ob es sich um ein Handelsgewerbe handelt, an dem eine stille Beteiligung i.S. des § 230 Abs. 1 HGB begründet werden kann (dazu für die Genossenschaft Rz. 6.27 f. und für die EWIV Rz. 6.23).

6.1

§ 230 Abs. 1 HGB schließt somit grundsätzlich die stille Beteiligung an Unternehmen aus, die wie freiberufliche Unternehmen (Rz. 6.11 und Rz. 6.22)3, nur vorübergehend

6.2

1 Vgl. allerdings auch noch zur stillen Beteiligung an dem Unternehmen einer Kapitalgesellschaft mit ideeller oder gemeinnütziger Zwecksetzung (Rz. 6.24), einer Genossenschaft (Rz. 6.27 f.), einer Gesellschaft in Liquidation (Rz. 6.30) und einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (Rz. 6.36). 2 So Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 6 ff.; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 45; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 34 ff.; Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 5; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 77; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 19. 3 A.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 19, 25 (analoge Anwendung der §§ 230 ff. HGB); ebenso Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 77; wie hier BFH v. 21.9.1989 – IV R 126/88, BFH-NV Nr. 11/90, 692 und Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 75 Rz. 1.

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§ 6 Rz. 6.2 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

betriebene Unternehmen einer Gelegenheitsgesellschaft (Rz. 6.7) oder nicht auf Gewinnerzielung angelegte bzw. nicht nach wirtschaftlichen Grundsätzen betriebene Unternehmen eines Idealvereins (Rz. 6.9 f.) schon gar keine Gewerbe sind. Vorbehalten bleibt insofern lediglich § 6 Abs. 2 HGB (Rz. 6.24). Auch an Kleingewerben sowie an land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmen und deren Nebengewerben kann eine stille Beteiligung i.S. der §§ 230 ff. HGB nicht begründet werden, sofern deren Inhaber nicht nach §§ 2 f. HGB im Handelsregister eingetragen sind (Rz. 6.13 f.).

6.3 Fehlt dem Geschäftsinhaber die Kaufmannseigenschaft, so kann eine stille Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB nicht entstehen. Daraus folgt aber nicht, dass der Gesellschaftsvertrag nichtig wäre. Das Vertragsverhältnis wird vielmehr in der Regel nach den Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu beurteilen sein, wobei es den Beteiligten im Rahmen des dispositiven Rechts vorbehalten ist, zu vereinbaren, dass sich ihre Rechtsbeziehungen im Innenverhältnis nach den Vorschriften über die stille Gesellschaft bestimmen sollen, soweit sie passen. Für die § 233 Abs. 3 HGB und § 136 InsO gilt das jedoch im Zweifel nicht4. Auf die stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts können zudem einzelne Vorschriften des HGB analog zur Anwendung gelangen (Rz. 5.2 f.). Entfällt die Kaufmannseigenschaft nachträglich, so besteht die stille Gesellschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts fort, sofern dies dem übereinstimmenden Willen der Gesellschafter entspricht5. 2. Natürliche Personen als Geschäftsinhaber

6.4 Natürliche Personen werden dadurch zu Geschäftsinhabern i.S. von § 230 Abs. 1 HGB, dass sie ein Handelsgewerbe (§ 1 Abs. 1 HGB; Rz. 6.5 ff.) betreiben (Rz. 6.16). Dieser tätigkeitsbezogene Grundtatbestand setzt den Betrieb eines Gewerbes (Rz. 6.5 ff.) voraus, das gemäß § 1 Abs. 2 HGB wegen des Bedürfnisses nach kaufmännischer Einrichtung (Rz. 6.12) bzw. gemäß §§ 2, 3 und 5 HGB kraft Eintragung in das Handelsregister ein Handelsgewerbe ist bzw. als solches gilt (Rz. 6.13 ff.). Der Betreiber ist (§§ 1, 2, 3 HGB) bzw. gilt (§ 5 HGB) als Einzelkaufmann. a) Gewerbeeigenschaft des betriebenen Unternehmens

6.5 Die Geschäftsinhaberschaft nach § 230 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 HGB setzt zunächst die Existenz eines Gewerbes voraus. Im HGB findet sich allerdings keine gesetzliche Definition des Gewerbebegriffs. Auch im Gewerbeordnungsrecht wird er als historisch gewachsen vorausgesetzt und nur durch den Negativkatalog des § 6 Abs. 1 GewO für die spezifischen Bedürfnisse des Gewerbeordnungsrechts genauer eingegrenzt. Eine steuerrechtliche Definition des Gewerbebetriebs enthält § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG (vgl. auch § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG), der ebenfalls durch positive und negative Katalogtatbestände (z.B. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 18 Abs. 1 EStG) und Steuerrichtlinien (z.B. R 2.1 GewStR 2009) konkretisiert wird. Für den handelsrechtlichen 4 Vgl. BGH v. 22.6.1981 – II ZR 94/80, NJW 1982, 99 m. Anm. K. Schmidt, JuS 1982, 139; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 40. 5 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 75 GesR Rz. 4; Harbarth in Großkomm/ HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 79.

92 | Blaurock

Die beteiligten Personen | Rz. 6.8 § 6

Gewerbebegriff werden hierdurch allerdings nur unverbindliche Anhaltspunkte gegeben6. So betreibt etwa auch ein Apotheker ein Gewerbe i.S. des HGB7, obwohl er nach § 6 Abs. 1 GewO nicht der GewO unterfällt, weil für ihn insbesondere die Sonderbestimmungen des Apothekengesetzes gelten, die allerdings eine stille Beteiligung an einer Apotheke ausdrücklich untersagen (§ 8 Satz 2 ApoG; dazu Rz. 9.77)8. Nach der teilweise umstrittenen traditionellen Rechtsprechung und Lehre wird unter einem Gewerbe eine selbständige9 Tätigkeit verstanden, die nach außen erkennbar und auf Dauer angelegt ist sowie in erlaubter Weise10 mit Gewinnerzielungsabsicht11 und nicht als freier Beruf12 betrieben wird13. Keine Gewerbe sind daher neben den unselbständigen Tätigkeiten (z.B. Tätigkeit eines angestellten Handelsreisenden) zunächst die nach außen nicht erkennbaren Tätigkeiten wie insbesondere die Verwaltung des eigenen Vermögens14. Die bloße innere Absicht, ein Gewerbe zu betreiben, reicht nicht aus. Allerdings kann eine Gesellschaft, die nur ihr eigenes Vermögen verwaltet, nach § 105 Abs. 2 HGB trotz fehlender Gewerbeeigenschaft in das Handelsregister eingetragen und auf diese Weise zur möglichen Partnerin einer stillen Gesellschaft werden.

6.6

Ein Gewerbe muss zudem auf Dauer angelegt sein15. Die Absicht, nur einmalig oder gelegentlich Geschäfte zu tätigen, ist danach nicht ausreichend. Keine Gewerbe sind daher die von einer Einzelperson oder einer Gelegenheitsgesellschaft des bürgerlichen Rechts nur vorübergehend betriebenen Unternehmen. Jedoch ist auch eine regelmäßig (Saisonbetrieb) oder gelegentlich unterbrochene Tätigkeit sowie eine schon bald nach ihrer Begründung planwidrig wieder eingestellte Tätigkeit als Gewerbe zu qualifizieren, sofern sie auf Dauer angelegt ist bzw. war16. Entscheidend ist letztlich, ob nach außen eher der Eindruck einer gewöhnlichen oder einer außergewöhnlichen Tätigkeit entsteht.

6.7

Die Tätigkeit muss nach traditioneller Auffassung erlaubt sein17. Dies ist jedoch nicht im Sinne einer öffentlich-rechtlichen Erlaubnis zu verstehen, da hiervon die Kauf-

6.8

6 BGH v. 16.3.2000 – VII ZR 324/99, NJW 2000, 1940 (1941). 7 Vgl. zur möglichen Eigenschaft einer Apotheke als Handelsgewerbe BGH v. 20.1.1983 – I ZR 13/81, NJW 1983, 2085 (2086). 8 Siehe zur stillen Beteiligung an einer Apotheke vor Einführung von § 8 Satz 2 ApoG Blaurock, NJW 1972, 1119 ff. 9 Zur Selbständigkeit vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB. 10 Mit Recht kritisch dazu K. Schmidt, Handelsrecht, § 9 HR Rz. 32 f. 11 Mit Recht kritisch dazu Hopt in Baumbach/Hopt, § 1 HGB Rz. 15 f.; offengelassen durch BGH v. 24.6.2003 – XI ZR 100/02, BGHZ 155, 240 (245 f.). 12 Mit Recht kritisch dazu K. Schmidt, Handelsrecht, § 9 HR Rz. 21 ff. 13 Näher dazu Oetker in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2009, § 1 HGB Rz. 14 ff. 14 BGH v. 10.5.1979 – VII ZR 97/78, BGHZ 74, 273 (276 f.): Halten eines GmbH-Anteils; OLG Düsseldorf v. 12.3.2002 – 23 U 113/01, NJOZ 2002, 1442 (1444): Halten eines GmbH-Anteils; zur Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Gewerbe instruktiv Schön, DB 1998, 1169 ff. 15 RG v. 5.7.1910 – VII 252/1, RGZ 74, 150. 16 RG v. 12.11.1930 – I 208/30 RGZ 130, 233 (235). 17 Vgl. Oetker in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2009, § 1 HGB Rz. 40 ff.

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§ 6 Rz. 6.8 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

mannseigenschaft nach § 7 HGB gerade unabhängig sein soll. Vielmehr geht es um die Ausgrenzung der von der Rechtsordnung geächteten Gewerbe, deren Betreibern der Zugang zu den Vorteilen und zum Prestige der Kaufmannsstellung (z.B. Ernennung eines Prokuristen nach §§ 48 ff. HGB oder Ernennung zum Handelsrichter nach § 109 GVG) versperrt werden soll18. Unerlaubt sind diejenigen Gewerbe, die insgesamt auf eine gesetz- oder sittenwidrige Tätigkeit gerichtet sind (§§ 134, 138 BGB).

6.9 Nach der früher h.M. musste die Tätigkeit zumindest auch darauf gerichtet sein, einen den Aufwand übersteigenden Ertrag (Gewinn) zu erwirtschaften19. Wer nur mit dem Ziel der Kostendeckung arbeitet, betreibt danach kein Gewerbe. Es genügt aber die Absicht der Gewinnerzielung. Ob tatsächlich und dauerhaft ein Gewinn erzielt wird, ist unerheblich. Der erzielte Gewinn braucht auch nicht die Haupteinnahmequelle des Betreibers zu sein20. Die Gewinnerzielung muss weder das einzige Motiv der Tätigkeit bilden noch eigennützig erfolgen. Gemeinnützigkeit und Gewinnerzielungsabsicht schließen sich daher nicht aus. Die Absicht der Gewinnerzielung ist bei privaten Unternehmen zu vermuten, bei Unternehmen der öffentlichen Hand im Einzelfall festzustellen21. 6.10 Das traditionelle Erfordernis der Gewinnerzielungsabsicht gilt mit Recht zunehmend als überholt. Auch für das Bestehen einer stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB sollte es nicht auf die innere Tatsache der Gewinnerzielungsabsicht, sondern auf einen äußerlich erkennbaren Umstand ankommen. Hierfür bietet sich am ehesten das Kriterium der entgeltlichen Tätigkeit am Markt an22. Denkbar wäre es zudem, auf eine Betriebsführung nach wirtschaftlichen Grundsätzen abzustellen23. Auch der BGH hat zuletzt auf das Erfordernis einer Gewinnerzielungsabsicht verzichtet, wenn er diesen Verzicht auch ausdrücklich auf das Verbraucherkreditrecht beschränkt und die Frage für das Handelsrecht (noch) offen gelassen hat24. 6.11 Die Ausgrenzung der freien Berufe einschließlich der künstlerischen und wissenschaftlichen Tätigkeiten aus dem Gewerbebegriff (vgl. auch § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 PartGG, § 6 Abs. 1 GewO und § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) ist traditionell bedingt. Sachliche Rechtfertigungsgründe wie z.B. die Reglementierung durch das jeweilige Standesrecht, die Personenbezogenheit oder die idealistischen Zielsetzungen freiberuflicher Tätigkeit sind zumindest im Handelsrecht wenig tragfähig25. Trotz der immer wieder geäußerten Kritik hat das HRefG von 1998 an der traditionellen Rechtsstellung der freiberuflich Tätigen und damit an ihrer fehlenden Kaufmannseigenschaft festgehal18 Mit Recht kritisch dazu K. Schmidt, Handelsrecht, § 9 HR Rz. 32 f. 19 St. Rspr. seit RG v. 11.6.1907 – III 21/07, RGZ 66, 143 (148); generell offengelassen jedoch durch BGH v. 24.6.2003 – XI ZR 100/02, BGHZ 155, 240 (245 f.); vgl. zum Diskussionsstand Oetker in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2009, § 1 HGB Rz. 37 ff. 20 OLG Frankfurt a.M. v. 13.11.1990 – 11 U 26/90, NJW-RR 1991, 243 (246). 21 BGH v. 18.1.1968 – VII ZR 101/65, BGHZ 49, 258 (260); eine Gewinnerzielungsabsicht der Sparkassen bejahend RG v. 1.3.1927 – II 371/26, RGZ 116, 227 (228 f.). 22 K. Schmidt, Handelsrecht, § 9 HR Rz. 37 ff. 23 Hopt in Baumbach/Hopt, § 1 HGB Rz. 15 f. 24 BGH v. 24.6.2003 – XI ZR 100/02, BGHZ 155, 240 (245 f.). 25 Siehe dazu nur K. Schmidt, Handelsrecht, § 9 HR Rz. 21 ff.

94 | Blaurock

Die beteiligten Personen | Rz. 6.13 § 6

ten26. Eine stille Beteiligung an einem freiberuflichen Unternehmen i.S. der §§ 230 ff. HGB ist damit nur möglich, wenn neben der freiberuflichen Tätigkeit noch eine das Unternehmen prägende handelsgewerbliche Tätigkeit entfaltet wird (z.B. Krankenhausbetrieb) oder das Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betrieben wird (dazu Rz. 6.24). Anderenfalls handelt es sich im Falle gemeinsamer Zweckverfolgung um eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts, auf die einzelne Regelungen der §§ 230 ff. HGB nur kraft Parteivereinbarung oder Analogie zur Anwendung kommen können (dazu Rz. 5.2 f.). b) Handelsgewerbeeigenschaft des betriebenen Unternehmens aa) Handelsgewerbe kraft Unternehmenszuschnitts nach § 1 HGB Handelsgewerbe ist nach der 1998 Gesetz gewordenen Definition des § 1 Abs. 2 HGB „jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert“. Damit hat der Begriff des Handelsgewerbes seit 1998 nichts mehr mit dem klassischen Warenhandel zu tun. § 1 Abs. 2 HGB ist vielmehr eine Generalklausel, die neben den eigentlichen Handelsgewerben (z.B. Groß- und Einzelhandel) auch die verschiedenen Dienstleistungs- und Handwerksgewerbe erfasst. Maßgeblich ist, ob bei einer wertenden Gesamtbetrachtung nach qualitativen („Art“; z.B. Komplexität der Waren, Produkte, Dienstleistungen und Geschäfte, Kundenstruktur) und quantitativen („Umfang“; z.B. Umsatz, Anlage- und Umlaufvermögen, Anzahl der Beschäftigten und Betriebsstätten, Kreditbedarf) Kriterien eine kaufmännische Einrichtung (z.B. geordnete Buchführung und Korrespondenz, arbeitsteiliges Vorgehen mit dem Einsatz kaufmännischen Personals, Firmenführung) objektiv erforderlich (nicht notwendig vorhanden) ist. Im Interesse der Rechtssicherheit hat der Gesetzgeber § 1 Abs. 2 HGB als widerlegliche Vermutung („es sei denn“) ausgestaltet, so dass bei Vorliegen eines Gewerbes – gleich welcher Art – von der Eigenschaft als Handelsgewerbe und damit vom Kaufmannsstatus ausgegangen werden kann. Die Vermutung spricht auch für das Vorliegen eines Rechtssubjekts, mit dem eine stille Gesellschaftsbeteiligung eingegangen werden kann. Wer ein anderes behauptet, trägt dafür die Darlegungsund Beweislast (§ 292 ZPO). Die Handelsregistereintragung der Firma ist für den Betreiber eines Handelsgewerbes i.S. von § 1 Abs. 2 HGB zwar obligatorisch (§ 29 HGB), hat aber lediglich deklaratorische Wirkung, sodass der Geschäftsinhaber bereits vor der Eintragung tauglicher Partner einer stillen Gesellschaft ist. Der Gesellschaftsvertrag über die stille Beteiligung wird schon mit Vertragsabschluss wirksam.

6.12

bb) Handelsgewerbe kraft Eintragung nach § 2 HGB Kaufleute sind auch diejenigen Kleingewerbetreibenden, die von der Option in § 2 Satz 1 HGB zur Handelsregistereintragung Gebrauch gemacht haben. Als solche un-

26 Röhricht/Graf von Westphalen/Haas in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, Einleitung Rz. 38; Canaris, Handelsrecht, § 2 HR Rz. 8 ff.; hierzu kritisch: K. Schmidt, Handelsrecht, § 9 HR Rz. 21; K. Schmidt, ZIP 1997, 909 (911).

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6.13

§ 6 Rz. 6.13 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

terliegen sie dann zur Gänze den Regelungen des Handelsrechts27, insbesondere der Buchführungspflicht nach § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB. Da in diesen Fällen die Handelsregistereintragung konstitutive Bedeutung hat, liegt vor der Eintragung kein Handelsgewerbe vor. Das schließt nicht aus, dass ein auf Errichtung einer stillen Gesellschaft gerichteter Vertrag, in dem sich der künftige Inhaber und der stille Gesellschafter verpflichten, einerseits die Eintragung im Handelsregister herbeizuführen und den Geschäftsbetrieb aufzunehmen und andererseits die vereinbarte Vermögenseinlage zu leisten, schon vor der Eintragung rechtswirksam abgeschlossen werden kann. Die stille Gesellschaft als solche wird jedoch gemäß § 2 HGB erst mit der Eintragung wirksam28. Kommt der Inhaber seiner gesellschaftsvertraglichen Verpflichtung zur Herbeiführung der Registereintragung und zur Aufnahme des Geschäftsbetriebs nicht nach, kann der stille Gesellschafter auf Erfüllung klagen. Außerdem sind die §§ 230 ff. HGB in diesen Fällen bis zur angestrebten Eintragung im Handelsregister entsprechend anwendbar29. cc) Handelsgewerbe kraft Eintragung nach § 3 HGB

6.14 Die Inhaber eines land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmens sind auch dann keine Kaufleute gemäß § 1 HGB, wenn ihr Unternehmen eine kaufmännische Einrichtung erfordert (§ 3 Abs. 1 HGB). Sie können sich aber freiwillig in das Handelsregister eintragen lassen, wodurch sie die Kaufmannseigenschaft nach § 3 Abs. 2 i.V.m. § 2 HGB erlangen und dem gesamten Handelsrecht unterworfen werden. Im Gegensatz zu den Kaufleuten nach § 2 HGB, die ihre Eintragung bei fortdauerndem kleingewerblichem Zuschnitt wieder rückgängig machen können (§ 2 Satz 3 HGB), bleiben die Inhaber eines land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmens mit kaufmännischem Zuschnitt jedoch bis zur Geschäftsaufgabe zwingend dem Handelsrecht unterstellt (§ 3 Abs. 2 HGB a.E.). Das ansonsten nur Kleingewerbetreibenden zustehende Privileg einer freiwilligen Handelsregistereintragung kommt dem Betreiber eines landoder forstwirtschaftlichen Unternehmens auch für ein kaufmännisches Nebengewerbe zugute (§ 3 Abs. 3 HGB). Eine stille Beteiligung i.S. der §§ 230 ff. HGB besteht damit an einem land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmen bzw. an dem Nebengewerbe eines solchen Unternehmens nur dann, wenn sich der Betreiber freiwillig nach § 2 HGB (kleingewerblicher Zuschnitt) bzw. § 3 Abs. 2, Abs. 3 HGB (handelsgewerblicher Zuschnitt) in das Handelsregister hat eintragen lassen. Auch hier kommt dem Registereintrag konstitutive Bedeutung zu, sodass im Übrigen die Ausführungen zu Rz. 6.13 entsprechend gelten.

27 Canaris, Handelsrecht, § 3 HR Rz. 16; Roth in Koller/Kindler/Roth/Drüen, § 2 HGB Rz. 1. 28 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 23. 29 So auch BFH v. 10.7.2001 – VIII R 45/98, DB 2001, 2072 und nunmehr K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 19, 23 f.

96 | Blaurock

Die beteiligten Personen | Rz. 6.16 § 6

dd) Handelsgewerbe kraft Eintragung nach § 5 HGB Hat jemand, der ein Gewerbe betreibt30 und im Handelsregister eingetragen ist, in Wirklichkeit aber kein Handelsgewerbe i.S. von § 1 HGB betreibt, einen stillen Gesellschafter an seinem Gewerbe beteiligt, so kann gegenüber demjenigen, welcher sich auf die Eintragung beruft, nicht geltend gemacht werden, dass das unter der Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei (§ 5 HGB). Das gilt nicht nur im Innenverhältnis zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter, sondern auch im Verhältnis zu dritten Personen, z.B. für die Zulässigkeit der besonderen Insolvenzanfechtung gegenüber dem stillen Gesellschafter gemäß § 136 InsO. Seit der Reform des Handelsrechts von 1998 ist § 5 HGB in seinem Anwendungsbereich zumindest stark eingeschränkt, wenn nicht gar überflüssig31, da zum einen das Vertrauen in die Kaufmannseigenschaft eines eingetragenen Gewerbetreibenden auch vollständig durch die §§ 2, 3 Abs. 2 und § 105 Abs. 2 HGB geschützt werden könnte32 und zum anderen die Vorschrift dort nicht weiterhilft, wo es am Betrieb eines Gewerbes überhaupt fehlt (z.B. freiberufliche Tätigkeit), da auch § 5 HGB nach allgemeiner Ansicht den Betrieb eines Gewerbes voraussetzt33.

6.15

c) Betreibereigenschaft des Geschäftsinhabers Geschäftsinhaber i.S. des Grundtatbestands ist schließlich nur derjenige, der das Handelsgewerbe i.S. des § 1 Abs. 1 HGB „betreibt“. Dabei kommt es nur darauf an, dass das Handelsgewerbe in seinem Namen geführt wird und er als rechtsfähige natürliche oder juristische Person bzw. als rechtsfähige Personenhandelsgesellschaft aus den in dem Handelsgewerbe wirksam geschlossenen Geschäften berechtigt und verpflichtet wird. Danach ist es unerheblich, ob der Geschäftsinhaber als natürliche Person in „seinem“ Handelsgewerbe auch selbst tätig ist. Er kann sich nicht nur bei einzelnen Geschäften, sondern bei der Führung des Gewerbes überhaupt vertreten lassen. Andererseits ist damit der Vertreter (z.B. Eltern, Geschäftsführer, Insolvenzverwalter) kein Geschäftsinhaber, mit dem eine stille Gesellschaft begründet werden könnte. Der

30 Siehe zu diesem sich aus dem Wortlaut von §§ 2, 105 Abs. 2 HGB ergebenden Erfordernis nur Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 Rz. 88. 31 So zutreffend K. Schmidt, JZ 2003, 585 (588 f.) sowie speziell im Hinblick auf die Möglichkeit echter stiller Beteiligungen K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 21 und Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 88; generell a.A. Canaris, Handelsrecht, § 3 HR Rz. 49 f. 32 So etwa K. Schmidt, ZHR 163 (1999), 87 (91 ff.) mit dem zutreffenden Hinweis, dass § 2 HGB allein auf die objektive Tatsache der Eintragung im Handelsregister abstellt und nicht danach differenziert, ob die Eintragung auch subjektiv freiwillig erfolgte oder nicht; a.A. Canaris, Handelsrecht, § 3 HR Rz. 49 f., der die Anwendung der § 2, § 3 Abs. 2, § 105 Abs. 2 HGB auf eine bereits anfänglich auch subjektiv freiwillige Eintragung beschränken möchte und damit dem § 5 HGB eine Bedeutung in Fällen verschafft, in denen die Handelsregistereintragung lediglich aufgrund einer vermeintlichen Eintragungspflicht nach § 29 HGB erfolgte (siehe dazu näher Jung, Handelsrecht, § 2 HR Rz. 26 f.). 33 Siehe zur ganz h.M. nur BGH 19.5.1960 – II ZR 72/59, BGHZ 32, 307 (313 f.) und speziell im Hinblick auf die Möglichkeit echter stiller Beteiligungen; Harbarth in Großkomm/ HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 88; a.A. K. Schmidt Handelsrecht, § 10 HR Rz. 28 ff.

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6.16

§ 6 Rz. 6.16 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Betreiber muss seine Handelsgeschäfte auch nicht für eigene Rechnung abschließen und kann daher z.B. als Kommissionär auch für fremde Rechnung handeln. Der Betreiber braucht auch nicht der Inhaber des Geschäftsvermögens zu sein, so dass auch der Pächter oder Nießbraucher eines Handelsgewerbes Geschäftsinhaber i.S. des § 230 Abs. 1 HGB sein kann. Ein Geschäftsunfähiger oder beschränkt Geschäftsfähiger kann ebenfalls Betreiber eines Handelsgewerbes sein. Der Geschäftsinhaber muss schließlich über keine besondere Eignung verfügen und kann insbesondere auch ohne eine öffentlich-rechtliche Gewerbeerlaubnis (§ 7 HGB) Geschäftsinhaber sein. 3. Gesellschaften als Geschäftsinhaber a) Handelsgesellschaften aa) Überblick

6.17 Nach § 6 Abs. 1 HGB gelten das gesamte Handelsrecht und damit die §§ 230 ff. HGB auch für die Handelsgesellschaften. Zu den Handelsgesellschaften zählen mit Ausnahme des VVaG (§§ 171 ff. VAG; dazu Rz. 6.29)34 zunächst alle Gesellschaften, die in das Handelsregister eingetragen werden, d.h. die Personenhandelsgesellschaften des HGB (OHG, KG; dazu Rz. 6.18 ff.), die EWIV (Rz. 6.23) und die Kapitalgesellschaften (AG, KGaA, SE, GmbH). Diesen Gesellschaften sind ferner alle entsprechenden ausländischen Kapital- und Personenhandelsgesellschaften gleichgestellt (Rz. 6.31 ff.). Nicht zu den Handelsgesellschaften gehören die nicht eintragungsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB), die als reine Innengesellschaft nicht eintragungsfähige stille Gesellschaft selbst (§§ 230 ff. HGB; vgl. auch die terminologische Unterscheidung in der Überschrift des Zweiten Buches des HGB) sowie die in das Genossenschaftsregister einzutragenden Genossenschaften eG und SCE (vgl. §§ 10, 17 Abs. 2 GenG; Rz. 6.27 f.). An den von diesen Gesellschaften allenfalls betriebenen Unternehmen kann mit Ausnahme von Genossenschaftsunternehmen (Rz. 6.27 f.) nur eine stille Beteiligung in Form der BGB-Gesellschaft erfolgen (Rz. 5.2 f.). bb) Personenhandelsgesellschaften kraft Betriebs eines Handelsgewerbes

6.18 Personengesellschaften können nur als Handelsgesellschaften i.S. des § 6 Abs. 1 HGB stille Gesellschafter an ihrem Unternehmen i.S. der §§ 230 ff. HGB beteiligen (dazu auch noch Rz. 9.66 ff.)35. Eine Personengesellschaft ist zunächst dann Handelsgesellschaft, wenn sie gleich einem Einzelkaufmann ein Handelsgewerbe i.S. des § 1 HGB betreibt. Dies ist der Fall, wenn sie ein Gewerbe betreibt, das nach Art und Umfang eine kaufmännische Einrichtung erfordert (dazu bereits Rz. 6.5 ff.) und kein landoder forstwirtschaftliches Unternehmen darstellt (dazu bereits Rz. 5.14). Derartige Gesellschaften sind dann allein kraft dieses Betriebs und unabhängig von der in diesen Fällen zwar obligatorischen, aber lediglich deklaratorischen Handelsregistereintra34 Nach § 172 VAG gelten für den VVaG zwar u.a. die Vorschriften des Ersten und Vierten Buchs des HGB, doch sind davon ausdrücklich die §§ 1–7 HGB ausgenommen. 35 RG v. 20.12.1929 – II 66/29, RGZ 126, 386; RG v. 8.1.1937 – II 122/36, RGZ 153, 371; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 75 Rz. 5; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 80 ff.

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Die beteiligten Personen | Rz. 6.22 § 6

gung eine rechtsfähige (§ 124 Abs. 1 HGB) offene Handelsgesellschaft (§ 105 Abs. 1 HGB) oder Kommanditgesellschaft (§ 161 HGB). Auf den stillen Gesellschaftsvertrag sind auch vor der Handelsregistereintragung die §§ 230 ff. HGB direkt anwendbar. Sofern von einer Personengesellschaft ein die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 HGB nicht erfüllendes sog. Kleingewerbe betrieben wird, können die Gesellschafter die Gesellschaft freiwillig zur Eintragung in das Handelsregister anmelden. Mit der in diesem Fall konstitutiven Eintragung wird die bisherige BGB-Gesellschaft zur Personenhandelsgesellschaft (§ 105 Abs. 2, § 161 Abs. 2 HGB) oder gilt zumindest als solche (§ 5 HGB). Die stille Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. entsteht in diesen Fällen erst mit der Eintragung der Personengesellschaft, wobei allerdings bereits zuvor die §§ 230 ff. HGB kraft Parteivereinbarung oder Analogie zur Anwendung kommen können (dazu Rz. 6.13 und Rz. 5.2 f.). Entsprechendes gilt für die Personengesellschaft, die ihr eigenes Vermögen verwaltet. Eine solche BGB-Gesellschaft betreibt zwar nicht einmal ein Gewerbe (dazu Rz. 6.6), kann jedoch nach § 105 Abs. 2, § 161 Abs. 2 HGB durch eine freiwillige konstitutive Handelsregistereintragung zur Personenhandelsgesellschaft werden36.

6.19

Wird von der Personengesellschaft ein sonstiges Unternehmen betrieben, das weder in der Verwaltung des eigenen Vermögens besteht noch sonst ein Gewerbe ist (z.B. freiberufliches Unternehmen), ist die Gesellschaft nicht eintragungsfähig und kann auch durch eine irrtümliche Eintragung im Handelsregister nicht die Eigenschaft einer Handelsgesellschaft erlangen. Eine stille Beteiligung an dem von der Gesellschaft als BGB-Gesellschaft betriebenen Unternehmen ist dann nur in der Form einer BGBInnengesellschaft möglich (dazu Rz. 5.2 f.).

6.20

Personengesellschaften, die als Innengesellschaften nach außen hin nicht in Erscheinung treten, sind keine tauglichen Unternehmensträger. Sie sind im Übrigen auch aufgrund ihrer fehlenden Rechtsfähigkeit nicht in der Lage, Gesellschafter einer stillen Gesellschaft zu sein. Das gilt auch für die stille Gesellschaft selbst37.

6.21

Fraglich ist, ob eine stille Beteiligung an einer Partnerschaftsgesellschaft möglich ist. Dagegen spricht in erster Linie die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 2 PartGG, der zufolge die Partnerschaftsgesellschaft kein Handelsgewerbe ausübt, da sie nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PartGG einen Zusammenschluss zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit darstellt und derartige Tätigkeiten traditionell nicht als Gewerbe i.S. des § 1 HGB darstellt. Andererseits ist die Partnerschaft als rechtsfähige Personengesellschaft eine strukturgleiche Variante der offenen Handelsgesellschaft (sog. Schwesterfigur zur OHG). Für die Bejahung der Möglichkeit einer Beteiligung als stiller Gesellschafter spricht auch, dass einige Berufsgruppen (z.B. Wirtschaftsprüfer und Steuerberater) Handelsgesellschaften gründen können, obwohl sie kein Handelsgewerbe betreiben.

6.22

36 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 80; Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 75 Rz. 5. 37 Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 47; Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 5; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 32; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 82.

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§ 6 Rz. 6.22 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Somit können Zusammenschlüsse, welche die Voraussetzungen von § 2 HGB und § 1 Abs. 2 PartGG erfüllen, zwischen der Handelsgesellschaft und der Partnerschaftsgesellschaft wählen. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ist aber nur im ersten Fall eine stille Beteiligung i.S. der §§ 230 ff. HGB möglich38. Dieses Ergebnis mag insofern unbefriedigend erscheinen, als die Möglichkeit einer Beteiligung als stiller Gesellschafter allein von der Rechtsformwahl abhängen würde, obwohl die Gesellschaft in beiden Fällen die gleiche Tätigkeit ausübt und im Wesentlichen die gleichen gesetzlichen Vorschriften Anwendung finden. In Fällen, in denen sich jemand still am Unternehmen einer Partnerschaftsgesellschaft beteiligt und eine stille Gesellschaft des bürgerlichen Rechts entsteht, müssen deshalb die §§ 230 ff. HGB analog anwendbar sein (siehe dazu näher Rz. 5.3).39 Gewährt der Gesellschaftsvertrag dem stillen Gesellschafter Rechte, die ihm eine maßgebliche Einflussnahme auf Leitung und Verwaltung der Partnerschaft ermöglichen (atypisch stille Gesellschaft), sind berufsständische Beschränkungen, insbesondere bei der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, zu beachten (siehe dazu näher Rz. 9.76 ff.).40 cc) EWIV

6.23 Die EWIV ist zwar kraft Gesetzes (§ 1 EWIV-AG) eine Handelsgesellschaft, doch ist zweifelhaft, ob sich stille Gesellschafter an ihrem Unternehmen beteiligen können. Nach Art. 3 Abs. 1 EWIV-VO ist es der EWIV nämlich ausdrücklich untersagt, Gewinne für sich selbst zu erzielen. Angesichts der Tatsache, dass die Tätigkeit der EWIV im Gegensatz selbst zur Genossenschaft ausdrücklich auf die Unterstützung ihrer Mitglieder, also auf Hilfstätigkeiten beschränkt ist und die Gewinnerzielung allenfalls als Nebenzweck verfolgt wird, dürfte die stille Beteiligung an einer EWIV mit ihrem Wesen und ihrer Aufgabenstellung nur schwer zu vereinbaren sein41. Dies zeigt sich auch daran, dass ein etwaiges Ergebnis der Tätigkeit der Vereinigung bei ihren Mitgliedern besteuert wird. Zudem erhebt der Fiskus die Gewerbesteuer nach § 5 Abs. 1 Satz 4 GewStG nicht bei der EWIV, sondern bei deren Mitgliedern. Da sich Gewinne aus der Tätigkeit der EWIV lediglich als Nebeneffekt ergeben können, dürfte jedenfalls kaum ein praktisches Bedürfnis bestehen, sich an einer EWIV still zu beteiligen. dd) Kapitalgesellschaften

6.24 Aktiengesellschaften (§ 3 Abs. 1 AktG), Europäische Aktiengesellschaften mit Sitz in Deutschland (Art. 10 SE-VO 2157/2001 i.V.m. § 3 Abs. 1 AktG; zu SE mit Satzungssitz in einem anderen Mitgliedstaat des EWR Rz. 6.31 f.), Kommanditgesellschaften auf 38 So auch Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 75 Rz. 10; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 82. 39 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 75 Rz. 10 m.w.N. auch zu abweichenden Ansichten. 40 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 82, 138 ff. 41 So auch Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 11; kritisch hierzu Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 98 unter Verweis auf § 1 EWIV-Ausführungsgesetz, wonach die EWIV Formkaufmann ist.

100 | Blaurock

Die beteiligten Personen | Rz. 6.26 § 6

Aktien (§ 3 Abs. 1 und § 278 Abs. 3 AktG) und GmbH (§ 13 Abs. 3 GmbHG) können als Handelsgesellschaften kraft Rechtsform nach § 6 HGB stille Gesellschafter an dem von ihnen betriebenen Unternehmen beteiligen.42 Sie sind auch dann dem Handelsrecht und mithin prinzipiell den §§ 230 ff. HGB unterstellt, wenn sie kein Handelsgewerbe betreiben43. Da eine stille Beteiligung nach § 231 Abs. 2 HGB jedoch zwingend auf Gewinnverteilung angelegt ist, entspricht die stille Gesellschaft mit einer Kapitalgesellschaft aber nur dann dem Wesen einer stillen Beteiligung i.S. der §§ 230 ff. HGB, wenn das von der Kapitalgesellschaft betriebene Unternehmen (nicht notwendig auch die Kapitalgesellschaft selbst) auf Gewinnerzielung angelegt ist. Kapitalgesellschaften können auch im Stadium zwischen ihrer Errichtung und der Erlangung der Rechtspersönlichkeit durch konstitutive Eintragung im Handelsregister stille Gesellschafter beteiligen. Das gilt insbesondere für die Vor-Aktiengesellschaft und die Vor-GmbH44. Die Vorgesellschaften entsprechen nämlich bereits insofern den späteren Kapitalgesellschaften, als es nicht gerade auf die noch fehlende Rechtspersönlichkeit ankommt. Als eine das Beteiligungsunternehmen betreibende Außengesellschaft verfügt die Vorgesellschaft andererseits bereits über die notwendige Verselbständigung gegenüber den Gründergesellschaftern, um selbst Partnerin des stillen Gesellschaftsvertrags sein zu können.

6.25

Prinzipiell sind auch Kapitalverwaltungsgesellschaften entsprechender Rechtsform (§§ 17 ff. KAGB), Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital (§ 108 Abs. 2 Satz 1 KAGB i.V.m. § 3 Abs. 1 AktG) und REIT-Aktiengesellschaften (§ 1 Abs. 3 REITG) als Kapitalgesellschaften Handelsgesellschaften. Eine Kapitalverwaltungsgesellschaft darf jedoch nach § 199 KAGB (OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft) bzw. § 221 Abs. 6 KAGB (AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft) für die gemeinschaftliche Rechnung der Anleger kurzfristige Kredite nur bis zur Höhe von 10 % bzw. 20 % des Wertes des inländischen OGAW bzw. des sonstigen Investmentvermögens aufnehmen. Auch eine Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital kann als intern verwaltete Publikumsinvestmentaktiengesellschaft nach § 112 Abs. 3 Satz 3 KAGB Kredite maximal i.H. von bis zu 10 % ihres Gesellschaftsvermögens aufnehmen, soweit dies den Erwerb von unbeweglichem Vermögen ermöglichen soll, das für die Ausübung ihrer Tätigkeit notwendig ist, wobei die Kreditaufnahme jedoch zusammen mit der Kreditaufnahme gemäß § 199 KAGB nicht mehr als 15 % oder zusammen mit der Kreditaufnahme gemäß § 221 Abs. 6 KAGB nicht mehr als 25 % des Gesell-

6.26

42 Anders zur AG aber Mylich, ZGR 2018, 867 (879 ff.). 43 Vgl. BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, BB 1983, 1515 = DB 1983, 1743 = GmbHR 1983, 281 und BMF v. 26.11.1987 – IV B 2 - S 2241-61/87, BStBl. I 1987, 765; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 20; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 89 (anders noch Zutt in der 4. Aufl.); a.A. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 13, der davon ausgeht, dass die Formkaufleute gemäß § 6 HGB nicht schon deshalb stille Gesellschaftsverhältnisse begründen können, weil sie Kaufmannseigenschaft kraft Rechtsform besitzen; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 75 Rz. 10, der eine planmäßige Gewinnerzielung fordert. 44 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 27; mit der Einschränkung einer bestehenden Gewinnerzielungsabsicht Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 75 Rz. 11 und Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 89.

Blaurock | 101

§ 6 Rz. 6.26 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

schaftsvermögens betragen darf. Es handelt sich bei diesen Regelungen des KAGB um Verbotsgesetze i.S. von § 134 BGB, da die unzulässige Darlehensaufnahme gemäß § 340 Abs. 1 Nr. 2 KAGB ordnungswidrig ist. Daraus ergibt sich, dass langfristige Kreditbeziehungen bzw. solche oberhalb der Schwellenwerte nicht eingegangen werden dürfen. Deshalb muss aufgrund der wirtschaftlichen Nähe der stillen Beteiligung zum partiarischen Darlehen in den betreffenden Fällen auch die Aufnahme stiller Gesellschafter ausgeschlossen sein. Bei der REIT-AG muss schließlich darauf geachtet werden, dass das Eigenkapital 45 % des unbeweglichen Vermögens im Einzel- oder Konzernabschluss nicht unterschreitet. Die übermäßige Fremdkapitalaufnahme ist steuerschädlich gemäß § 18 Abs. 4 i.V.m. § 15 REITG. b) Genossenschaften

6.27 Ob an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften i.S. des Genossenschaftsgesetzes eine stille Beteiligung begründet werden kann, war lange Zeit umstritten45. Die Bedenken ergaben sich aus der arteigenen Förderungsaufgabe der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, denen es gemäß § 1 Abs. 1 GenG obliegt, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs zu fördern, nicht aber zum Zwecke der Gewinnerzielung am allgemeinen Güteraustausch teilzunehmen. Aus diesem Grund wurde überwiegend die Auffassung vertreten, eine stille Beteiligung an einer Genossenschaft sei mit dem Wesen und der Aufgabenstellung der e.G. nicht vereinbar; außerdem regelten die §§ 19, 20 i.V.m. § 18 Satz 2 GenG zwingend und abschließend die Gewinnverwendung, so dass eine Gewinnausschüttung an Nichtmitglieder unmöglich sei46. Diese Bedenken gegen die Zulässigkeit einer stillen Beteiligung an einer eingetragenen Genossenschaft sind heute, nachdem sich die Genossenschaften zu echten Unternehmen entwickelt haben, die zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit auf Gewinnerzielung nicht verzichten können und deshalb wegen ihrer gesetzlich beschränkten Kapitalverhältnisse mehr als andere Unternehmen auf die Stärkung ihres Betriebskapitals bedacht sein müssen, unbegründet und überholt. 6.28 Zumindest die typisch stille Beteiligung an einer Genossenschaft begegnet heute keinen Bedenken47. Die Gewinnerzielungsabsicht ist für die eingetragene Genossenschaft inzwischen ebenso selbstverständlich wie für eine Kapitalgesellschaft. Lediglich die Art und Weise der Gewinnverwendung muss dem gesetzlichen Förderungszweck der eingetragenen Genossenschaft entsprechen. Auf die Gefahr der Unterwanderung des Genossenschaftszwecks durch Nichtmitgliedergeschäfte kommt es nach der Änderung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 GenG nicht mehr an, da solche Geschäfte seither unein45 Vgl. dazu Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 75 Rz. 14; Hadding, ZIP 1984, 1295. 46 Vgl. zu dieser Ansicht Paulick, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, S. 144; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, S. 134 ff.; Schnorr von Carolsfeld, ZfG 9 (1959), 50; K. Schmidt, DB 1976, 1705 (1707); so auch noch Metz in Lang/Weidmüller, 32. Aufl. 1988, § 1 GenG Rz. 269; siehe jetzt aber Schulte in Lang/Weidmüller, § 1 GenG Rz. 99 f. 47 Dazu auch Beuthien, NZG 2003, 849 (850).

102 | Blaurock

Die beteiligten Personen | Rz. 6.29 § 6

geschränkt zulässig sind. Auch § 19 Abs. 1 GenG, der eine Verteilung des Jahresgewinns auf die Genossen vorsieht, regelt nur die Verteilung des Bilanzgewinns, von dem der Gewinnanteil des Stillen bereits zuvor abzuziehen ist48. § 19 GenG soll auch nicht generell die Ausschüttung an Dritte verhindern, sondern lediglich die Rücklagenbildung zu Lasten der Genossen vermeiden. Problematisch ist allenfalls die atypisch stille Beteiligung, wenn der atypisch stille Gesellschafter kein Genosse ist. Allerdings hat auch der atypisch stille Gesellschafter weniger Rechte als ein Genosse. Da sich das Abfindungsguthaben des atypisch stillen Gesellschafters zudem nach dem anteilig erzielten Wirtschaftsergebnis bemisst, erfolgt auch kein Zugriff auf von Genossen erwirtschaftete Rücklagen49. Geschäftspolitische Teilhaberechte stiller Gesellschafter schmälern weder die Selbstverwaltungsbefugnis der Genossen, noch die Organkompetenz der Generalversammlung50. § 48 GenG ist eine Vorschrift, welche die Zuständigkeit der Generalversammlung für die Feststellung des Jahresabschlusses festlegt, jedoch keine Vorgaben zur Art und Weise der Gewinnermittlung enthält51. Gleiches gilt für Vorgenossenschaften52 und für Europäische Genossenschaften (Art. 9 SCE-VO 1435/2003 i.V.m. § 17 Abs. 2 GenG und § 6 Abs. 2 HGB). c) Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit Fraglich ist, ob der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (§§ 171 ff. VAG) ein tauglicher Geschäftsinhaber i.S. der §§ 230 ff. HGB ist53. Zwar verweist § 172 VAG auf Teile des Handelsrechts, doch sind davon ausdrücklich weder die §§ 1–7 HGB noch der Dritte Abschnitt des Zweiten Buches mit den Bestimmungen über die stille Gesellschaft erfasst. Es besteht auch keine gesetzliche Regelung, welche dem VVaG unmittelbar die Qualität einer Handelsgesellschaft kraft Rechtsform zubilligen würde. Für die Möglichkeit einer stillen Beteiligung sprechen gleichwohl die strukturellen Parallelen zur eingetragenen Genossenschaft54 und die Tatsache, dass das (wenn auch nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit) betriebene Versicherungsgeschäft ein klassisches kaufmännisches (Hilfs-)Gewerbe darstellt. Eine stille Beteiligung an dem Unternehmen eines VVaG ist jedenfalls in Form der BGB-Gesellschaft möglich (dazu Rz. 5.2 f.).

48 So auch Beuthien, § 19 GenG Rz. 24; Beuthien, NZG 2003, 849 (851); Hadding, ZIP 1984, 1298 (1302); jetzt auch Schulte in Lang/Weidmüller, § 1 GenG Rz. 99; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 20 m.w.N. 49 Beuthien, § 19 GenG Rz. 25; Beuthien, NZG 2003, 849 (853); Harbarth in Großkomm/ HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 97. 50 Beuthien, NZG 2003, 849 (851). 51 Beuthien, NZG 2003, 849 (852). 52 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 97; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 Rz. 27. 53 Verneinend Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 75 Rz. 16; bejahend Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 99 sowie K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 20. 54 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 99.

Blaurock | 103

6.29

§ 6 Rz. 6.30 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

d) Gesellschaften in Liquidation

6.30 An dem Unternehmen einer Gesellschaft, die als Handelsgesellschaft (dazu Rz. 6.17 ff.) oder Genossenschaft (dazu Rz. 6.27 f.) Geschäftsinhaberin in einer stillen Gesellschaft ist, können stille Beteiligungen auch dann bestehen, wenn sich die Gesellschaft in Liquidation befindet55. Das wird schon daraus deutlich, dass im Rahmen der Liquidation auch das stille Gesellschaftsverhältnis abgewickelt werden muss (dazu Rz. 14.58 ff.), da eine Vollbeendigung ohne Abwicklung des stillen Gesellschaftsverhältnisses nicht möglich ist. Umstritten ist jedoch, ob an Handelsgesellschaften, die sich im Zustand der Abwicklung befinden, neue stille Beteiligungen begründet werden können. Diese Gesellschaften betreiben zwar auch noch während des Liquidationsstadiums ein Handelsgewerbe, ihr Zweck ist jedoch auf Abwicklung und nur noch begrenzt auf Gewinnerzielung gerichtet. Somit ist die Neuaufnahme eines stillen Gesellschafters regelmäßig mit dem Liquidationszweck nicht vereinbar, wenn man berücksichtigt, dass die stille Gesellschaft als Beteiligung an dem Gewinn eines werbenden Geschäftsbetriebs konzipiert ist56. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Aufnahme des stillen Gesellschafters die Absicht der Sanierung durch eine Beschaffung neuen Kapitals zugrunde liegt, mit der die Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft ermöglicht werden soll. Der stille Gesellschafter ist hier an der fortgesetzten und wieder werbenden Gesellschaft beteiligt57. e) Europäische Auslandsgesellschaften

6.31 Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, inwieweit eine stille Gesellschaft deutschen Rechts mit einer europäischen Auslandsgesellschaft begründet werden kann. Diese Frage stellt sich insbesondere mit Blick auf die englische Limited58. Dabei hängt die Anwendbarkeit deutschen Rechts zunächst davon ab, ob ein international zuständiges deutsches Gericht die stille Gesellschaft kollisionsrechtlich als Vertrag (dann Anwendbarkeit der Art. 3 ff. Rom-I-VO) oder als Gesellschaft (dann Geltung der Bereichsausnahme von Art. 1 Abs. 2 Buchst. f. Rom-I-VO und Anwendung des autonomen deutschen Gesellschaftskollisionsrechts) zu qualifizieren hat. Eine vertragliche Qualifikation würde die Möglichkeit der grundsätzlich freien Rechtswahl eröffnen (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Rom-I-VO). Die h.M. geht davon aus, dass die stille Gesellschaft als reine Innengesellschaft vertraglich zu qualifizieren ist59. Diese Ansicht 55 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 29; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 85. 56 So die h.M., vgl. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 14; grds. auch Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 86; a.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 29; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 80. 57 So auch Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 86. 58 Vgl. hierzu näher Blaurock in FS Westermann, S. 821 ff. 59 BGH v. 13.9.2004 – II ZR 276/02, NJW 2004, 3706 (3708); Martiny in MünchKomm/ BGB, 7. Aufl. 2018, Art. 1 Rom-I-VO Rz. 65; Spickhoff in Bamberger/Roth, Art. 1 Rom-IVO, 51. Edition (Stand: 1.8.2019), online, Rz. 40; Hohloch in Erman, Art. 1 Rom-I-VO Rz. 10; v. Hoffmann in Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 37 EGBGB Rz. 48 - 50; Blaurock in FS Westermann, S. 821 (837); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 94;

104 | Blaurock

Die beteiligten Personen | Rz. 6.33 § 6

scheint deshalb vorzugswürdig, weil anders als bei Außengesellschaften kein Grund besteht, die Parteiautonomie der Gesellschafter einzuschränken. Haben die Parteien keine wirksame Rechtswahl getroffen, ist nach Art. 4 Abs. 2 Rom-I-VO grundsätzlich das Recht desjenigen Staates anwendbar, in dem der Vertragspartner, der die vertragscharakteristische Leistung erbringt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, d.h. seinen Lebensmittelpunkt und seine hauptsächlichen sozialen Kontakte hat. Insoweit kann fraglich sein, wer bei einer stillen Beteiligung die charakteristische Vertragsleistung erbringt60. Leistet der typisch beteiligte stille Gesellschafter nur eine Geldeinlage, erbringt der Geschäftsinhaber die charakteristische Leistung, da Geldleistungen regelmäßig unspezifisch sind und die Pflicht zur Führung des Handelsgewerbes bei interner Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters dem Vertrag das Gepräge gibt. Insofern ist die stille Beteiligung nicht mit einem (partiarischen) Darlehen vergleichbar, bei dem der Darlehensgeber die vertragscharakteristische Leistung schuldet. Dasselbe dürfte auch noch für den Fall der typischen Beteiligung mit einer Sacheinlage gelten. Wird der stille Gesellschafter jedoch unter Zurückdrängung des Geschäftsinhabers atypisch still beteiligt, wird er in aller Regel die vertragscharakteristische Leistung erbringen, sofern er entsprechende vertragliche Pflichten z.B. zur Geschäftsführung eingegangen ist und die Gesellschaft nicht nur faktisch beherrscht. Zu berücksichtigen ist in allen Fällen aber auch noch Art. 4 Abs. 3 Rom-I-VO, wonach ggf. eine Korrektur der Verweisung vorzunehmen und das Recht desjenigen Staates anzuwenden ist, mit dem der Vertrag nach der Gesamtheit der Umstände eine offensichtlich engere Verbindung als zu dem nach Art. 4 Abs. 2 Rom-I-VO bestimmten Staat aufweist. Unter Umständen kann bei der atypischen stillen Gesellschaft eine vertragscharakteristische Leistung sogar überhaupt nicht bestimmt werden, so dass dann nach Art. 4 Abs. 4 Rom I-VO eine freie Schwerpunktsuche nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmen ist61.

6.32

Ist das deutsche Recht entweder aufgrund einer wirksamen Rechtswahl oder kraft objektiver Anknüpfung anwendbar, muss die ausländische Gesellschaft, um an der Gründung einer stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB mitwirken zu können, Kaufmann i.S. des HGB sein, was im Wege der Substitution zu beurteilen ist62. Als eine der GmbH vergleichbare Kapitalgesellschaft ist insbesondere auch die englische Limited Kaufmann63. Auch die Societas Europaea (SE) mit Satzungssitz in einem anderen Mitgliedstaat des EWR betreibt ein Handelsgewerbe i.S. des § 230 Abs. 1 HGB

6.33

60 61 62 63

für eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation aber von Bar, Internationales Privatrecht, Bd. 2, 1991, Rz. 617 f., 645; anhand des Organisationsgrades differenzierend nunmehr von Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht, Bd. 2, 2. Aufl. 2019, § 7 Rz. 145 ff. Näher zum Ganzen Blaurock in FS Westermann, S. 821 (833 ff.); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 95. So generell (noch zu Art. 27 EGBGB) Blaurock in FS Westermann, S. 821 (835 f.). Vgl. Rehberg in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 5 Rz. 13 f.; Kindler in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2018, IntGesR Rz. 199 m.w.N.; allgemein zur Substitution: v. Hein in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2018, Einl. IPR Rz. 227 ff. Blaurock in FS Westermann, S. 821 (840 f.); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 94.

Blaurock | 105

§ 6 Rz. 6.33 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

(zur SE mit Satzungssitz in Deutschland bereits Rz. 6.24). Sollte auf die atypisch stille Beteiligung an einer englischen Limited allerdings kraft Rechtswahl oder objektiver Anknüpfung englisches Recht zur Anwendung gelangen, wäre noch zu beachten, dass das englische Gesellschaftsrecht auch einen nur im Innenverhältnis Beteiligten als partner (sleeping partner) ansieht, wenn dieser eine gesellschafterähnliche Stellung innehat64. Will daher der atypisch stille Gesellschafter eine drohende persönliche Haftung als partner bereits im Ansatz vermeiden, muss er die Anwendung des englischen Rechts kollisionsrechtlich verhindern.

6.34 Von der kollisionsrechtlichen Anknüpfung des stillen Gesellschaftsverhältnisses zu unterscheiden ist die Frage, inwieweit Schutzvorschriften aus dem Recht der Auslandsgesellschaft zur Geltung kommen. So sind nach deutschem Recht stille Beteiligungen an einer Aktiengesellschaft als Teilgewinnabführungsvertrag einzuordnen und bedürfen der Zustimmung der Hauptversammlung (siehe Rz. 8.18 ff.). Konzernrechtliche Sachverhalte werden nach h.M. nach dem Statut der betroffenen Gesellschaft beurteilt65. Dabei dürfte sich das Statut der abhängigen Gesellschaft im Hinblick auf Konzernfragen nach dem statutarischen Sitz und nicht nach dem Verwaltungssitz der Gesellschaft bestimmen66. Ob die stille Gesellschaft im internationalen Privatrecht konzernrechtlich zu qualifizieren ist, steht nicht ohne Weiteres fest. Aber auch wenn man das stille Gesellschaftsverhältnis nicht konzernrechtlich qualifiziert, sondern als Unternehmensbeteiligung sui generis, müssen die Schutzvorschriften des ausländischen Gesellschaftsrechts zur Anwendung gelangen. Für gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen ist international-privatrechtlich grundsätzlich auf das Statut der betroffenen Gesellschaft abzustellen67. Eine Anwendung des deutschen Konzernrechts auf die europäische Auslandsgesellschaft erscheint so wenig sachgerecht, wie den Gesellschaftern der ausländischen Gesellschaft jeglichen Schutz zu versagen. Die Vorfrage, welche Gesellschafterschutzvorschriften bei der Einräumung stiller Beteiligungen deutschen Rechts zum Tragen kommen, ist an das Gesellschaftsstatut des Satzungssitzes der Auslandsgesellschaft anzuknüpfen. Wenn das ausländische Recht keine stillen Beteiligungen kennt, bedarf es möglicherweise einer Substitution. 4. Erbengemeinschaften als Geschäftsinhaber

6.35 Erbengemeinschaften können in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit Inhaber eines Handelsgeschäftes und als solche prinzipiell Partner einer stillen Gesellschaft sein. Bei langfristiger Fortsetzung des Handelsgeschäfts unter der bisherigen Firma ohne Nachfolgezusatz und ohne Eintragung der neuen Inhaber im Handelsregister müssen sich die Erben allerdings zumindest so behandeln lassen, als würden sie das Unternehmen in der Rechtsform der OHG fortführen. Der Abschluss eines stillen Be64 Lindley/Banks, Partnership, Rz. 5–30; zum Ganzen Blaurock in FS Westermann, S. 821 (825 ff.). 65 Vgl. OLG Frankfurt v. 23.3.1988 – 9 U 80/84, AG 1988, 267; Großfeld in Staudinger, 13. Bearb. 1998, IntGesR, Rz. 556; Ebert, 25 Company Lawyer 2004, 108 (110). 66 Eidenmüller, JZ 2004, 24 (30); eingehend zum Ganzen Bicker, Gläubigerschutz in der grenzüberschreitenden Konzerngesellschaft, S. 71 ff. 67 Thorn in Palandt, Art. 12 EGBGB Rz. 20 m.w.N.

106 | Blaurock

Die beteiligten Personen | Rz. 6.38 § 6

teiligungsvertrages kann dabei als Indiz für einen derartigen Fortsetzungswillen der Erben herangezogen werden68. Führt ein Teil der Erben das Handelsgeschäft eines Einzelkaufmanns gemeinschaftlich fort, so ist eine stille Beteiligung der abzufindenden Erben nur an der neu entstandenen Handelsgesellschaft zulässig. An den Anteilen der einzelnen Gesellschafter ist nur eine Unterbeteiligung möglich, letztere insbesondere dann, wenn nur einer der übernehmenden Erben Ausgleichsverpflichtungen gegenüber dem oder den abzufindenden Erben hat. 5. Juristische Personen des öffentlichen Rechts als Geschäftsinhaber Stille Gesellschafter können sich auch an dem Unternehmen einer Gebietskörperschaft beteiligen69. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass mit dem Betrieb des Unternehmens eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt wird. Der Annahme einer Gewinnerzielungsabsicht steht dabei die Wahrnehmung gemeinnütziger Aufgaben nicht entgegen, sofern der Betrieb des Unternehmens von der Absicht der Gewinnerzielung beherrscht wird. Dies gilt insbesondere für die Sparkassen, die zwar nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften gehalten sind, ihre Geschäfte „ohne Gewinnstreben“ zu betreiben, ihre Tätigkeit aber dennoch auf die Erzielung von Überschüssen „zur Verwendung für öffentliche, mit dem gemeinnützigen Charakter der Sparkasse in Einklang stehende Zwecke“ ausrichten. Möglicherweise verbietet jedoch das öffentliche Recht eine stille Beteiligung70.

6.36

II. Der stille Gesellschafter 1. Beteiligungsfähigkeit Prinzipiell kann jede Person oder Personengesamtheit, die nach geltendem Recht fähig ist, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, stiller Gesellschafter werden. Daneben hat die Rechtsprechung auch nichtrechtsfähigen Gebilden diese Fähigkeit zuerkannt (z.B. nichtrechtsfähigen Vereinen i.S. des § 54 BGB, nicht eingetragenen Genossenschaften, Erbengemeinschaften). Im Einzelnen gilt:

6.37

a) Natürliche Personen Natürliche Personen können stiller Gesellschafter werden, gleichgültig, ob sie geschäftsunfähig, geschäftsfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind. Nicht voll geschäftsfähige Personen müssen lediglich beim Abschluss des Gesellschaftsvertrages durch ihre gesetzlichen Vertreter vertreten werden (Eltern, Vormund, Pfleger)

68 Vgl. zum Ganzen BGH v. 21.5.1955 – IV ZR 7/55, BGHZ 17, 299 (302); Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 14; K. Schmidt, DB 1976, 1706; vgl. auch BFH v. 9.7.1987 – IV R 95/85, BFHE 150, 539 = BStBl. II 1988, 245 = BB 1988, 43; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 75 Rz. 9. 69 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 75 Rz. 19; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 31. 70 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 31.

Blaurock | 107

6.38

§ 6 Rz. 6.38 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

bzw. bedürfen insoweit deren Zustimmung (§§ 104 ff. BGB). Handelt es sich um eine stille Beteiligung mit Verlustbeteiligung bedarf es zudem der Zustimmung des Familiengerichts zum Abschluss des Gesellschaftsvertrags (§ 1822 Nr. 3 i.V.m. § 1643 Abs. 1 BGB)71. Wenn der Gesellschaftsvertrag in einer Gesellschaft modifiziert werden muss, in der sowohl der Minderjährige bzw. Geschäftsunfähige wie auch dessen Vertreter, Vormund, Pfleger oder Betreuer Gesellschafter sind, muss für jeden Minderjährigen oder Geschäftsunfähigen ein Ergänzungspfleger bzw. Ergänzungsbetreuer bestellt werden, um Interessenkonflikte zu vermeiden (§ 181 i.V.m. § 1629 Abs. 2, § 1795 und § 1908i Abs. 1 BGB). b) Gesellschaften aa) Körperschaften

6.39 Eingetragenen Vereine (§§ 21 ff. BGB), Kapitalgesellschaften (AG, SE, KGaA, GmbH), Genossenschaften (GenG) und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (§§ 171 ff. VAG) verfügen als juristische Personen prinzipiell über die Fähigkeit, sich als stille Gesellschafter zu beteiligen. Als körperschaftlich strukturierte Außengesellschaften können auch der nicht rechtsfähige Verein (§ 54 BGB) und die nicht eingetragene Genossenschaft stille Gesellschafter sein. Bei einer eingetragenen Genossenschaft muss die Beteiligung allerdings der Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder der Genossenschaft zu dienen bestimmt sein (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 GenG). Eine Beteiligung ist weiterhin zulässig, wenn sie gemeinnützigen Bestrebungen der Genossenschaft dient. In diesem Falle darf die Beteiligung jedoch nicht den alleinigen oder überwiegenden Zweck der Genossenschaft bilden (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 GenG). Die Vorschrift des § 1 Abs. 2 GenG stellt allerdings kein Verbotsgesetz i.S. des § 134 BGB dar, so dass eine unter Verstoß gegen diese Norm gebildete Gesellschaft aus Verkehrsschutzgründen gesellschaftsrechtlich wirksam ist72. bb) Personengesellschaften

6.40 Personengesellschaften, die wie die offene Handelsgesellschaft (§ 124 Abs. 1 HGB), die Kommanditgesellschaft (§ 161 Abs. 2 HGB), die EWIV (§ 1 EWIV-AG i.V.m. § 124 Abs. 1 HGB) und die Partnerschaftsgesellschaft (§ 7 Abs. 2 PartGG i.V.m. § 124 Abs. 1 HGB)73 kraft Gesetzes oder wie die BGB-Außengesellschaft kraft Richterrechts74 rechtsfähig sind, können sich prinzipiell als stiller Gesellschafter beteiligen. Bei der EWIV muss die Beteiligung allerdings zur Erreichung des Ziels der EWIV notwendig sein und für Rechnung ihrer Mitglieder erfolgen. Außerdem darf es sich dabei nicht um eine Beteiligung an einem Mitgliedsunternehmen oder einer von der EWIV 71 BGH v. 28.1.1957 – III ZR 155/55, NJW 1957, 672. 72 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 102. 73 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 75 Rz. 23; Harbarth in Großkomm/ HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 101 ff.; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 16. 74 St. Rspr. seit BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341; weitere Nachweise bei K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 34.

108 | Blaurock

Die beteiligten Personen | Rz. 6.44 § 6

abhängigen Tochtergesellschaft handeln, da sonst ein Verstoß gegen das Kreditgewährungs-, Konzernleitungs- bzw. Holdingverbot vorliegen würde (vgl. Art. 3 Abs. 2 Buchst. a), b) und d) EWIV-VO)75. Eine stille Gesellschaft als solche kann sich in Ermangelung eigener Verpflichtungsfähigkeit nicht am Handelsgewerbe eines anderen beteiligen. Dazu sind nur der Inhaber des Handelsgeschäfts und der stille Gesellschafter je für ihre Person in der Lage. cc) Gesellschaften in Liquidation Tritt eine Gesellschaft in Liquidation, bleibt sie bis zur Abwicklung des stillen Gesellschaftsverhältnisses stille Gesellschafterin. Die Neubegründung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses ist einer Gesellschaft in Liquidation allerdings nur möglich, wenn dies mit dem Abwicklungszweck vereinbar ist.

6.41

dd) Gesellschafter von still beteiligten Gesellschaften Soweit rechtsfähige Gesellschaften als solche am Handelsgewerbe eines anderen still beteiligt sind, werden nicht zugleich auch die einzelnen Gesellschafter zu still Beteiligten. Das führt dazu, dass ein Gesellschafterwechsel den Bestand der stillen Beteiligung grundsätzlich nicht berührt76. Etwas anderes gilt jedoch zunächst, wenn der Gesellschafterwechsel zur Auflösung der still beteiligten Gesellschaft führt (z.B. § 727 BGB), da die Beteiligung dann nur noch bis zum Abschluss der Abwicklung der stillen Gesellschaft fortbesteht. Sofern zudem bei der Aufnahme neuer Gesellschafter die Identität der Gesellschaft als solche nicht gewahrt bleibt (Personengesellschaften), besteht die stille Gesellschaft in ihrer bisherigen Zusammensetzung als allein berechtigt und verpflichtet fort, es sei denn, dass der Inhaber des Handelsgewerbes der Neuaufnahme zugestimmt hat. Mit der Zustimmung wird – vorbehaltlich abweichender (ggf. auch stillschweigender) Vereinbarung – die bisherige stille Gesellschaft aufgelöst, und es tritt eine neue, grundsätzlich inhaltsgleiche stille Gesellschaft in neuer Zusammensetzung an ihre Stelle (Rz. 10.34 ff.).

6.42

c) Stiftungen Im Rahmen ihres Stiftungszwecks können sich zudem Stiftungen (§§ 80 ff. BGB) still beteiligen.

6.43

d) Erbengemeinschaften Die schlichte auf Auseinandersetzung angelegte Erbengemeinschaft kann als solche nicht stille Gesellschafterin sein77. Dies sind nur die einzelnen Erben in ihrer gesamt75 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 103. 76 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 101. 77 A.A. RGZ 126, 386 (392); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 101; vgl. zur fehlenden Mitgliedschaftsfähigkeit in einer OHG BGH v. 22.11.1956 – II ZR 222/ 55, BGHZ 22, 186 (192), wobei dort allerdings von einer anteilige Vererbung des Gesellschaftsanteils auf die einzelnen Gesellschafter gemäß ihrer Erbquote ausgegangen wird.

Blaurock | 109

6.44

§ 6 Rz. 6.44 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

händerischen Verbundenheit. Die fortgesetzte Erbengemeinschaft kann jedoch als Gesellschaft qualifiziert und als ggf. sogar unternehmenstragende Außengesellschaft eine stille Beteiligung halten. e) Juristische Personen des öffentlichen Rechts

6.45 Besonderheiten gelten für die stille Beteiligung juristischer Personen des öffentlichen Rechts an Handelsunternehmen (zu Steueraspekten siehe auch noch Rz. 23.12). Es sind insbesondere die jeweiligen haushaltsrechtlichen Vorgaben zur Zulässigkeit einer solchen Beteiligung zu beachten78. Für den Bund bestimmt § 65 BHO die Voraussetzungen für Beteiligungen an privatrechtlichen Unternehmen. Den nordrhein-westfälischen Gemeinden wird in § 108 Abs. 1 Nr. 3 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen i.d.F. der Bekanntmachung vom 14.7.1994 (GV. NW. S. 270) zur Pflicht gemacht, sich an wirtschaftlichen Unternehmen nur zu beteiligen, wenn für die Beteiligung eine Form gewählt wird, welche die Haftung der Gemeinde auf einen bestimmten Betrag begrenzt. § 103 Abs. 1 Nr. 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg i.d.F. der Bekanntmachung vom 24.7.2000 (GBl. S. 581) lässt die Beteiligung von Gemeinden an einem rechtlich selbständigen Unternehmen zu, wenn für die Beteiligung eine Form gewählt wird, bei der die Haftung der Gemeinde auf einen ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag begrenzt wird. Nach Art. 92 Abs. 1 Nr. 3 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern i.d.F. der Bekanntmachung vom 22.8.1998 (GVBl. Bayern S. 796) dürfen sich die Gemeinden an wirtschaftlichen Unternehmen u.a. nur beteiligen, wenn die Haftung der Gemeinde auf einen ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag begrenzt wird, wobei die Rechtsaufsichtsbehörde in begründeten Fällen Ausnahmen zulassen kann. Zweck dieser Vorschriften, die auch in den meisten anderen Gemeindeordnungen anzutreffen sind, ist die Vermeidung einer unbeschränkten Haftung, die mit der Beteiligung verbunden ist. Da der stille Gesellschafter jedoch für die im Rahmen des Handelsgewerbes des Inhabers begründeten Verbindlichkeiten im Außenverhältnis überhaupt nicht haftet und die etwaige Verlusttragung durch den stillen Gesellschafter (vgl. § 231 HGB) keine Haftung darstellt, stehen die erwähnten öffentlich-rechtlichen Bestimmungen der stillen Beteiligung einer Gemeinde oder sonstigen Körperschaft des öffentlichen Rechts am Handelsgewerbe eines anderen nicht entgegen (siehe auch noch zum massenweisen Einsatz stiller Beteiligungen des FMS/SoFFin an notleidenden Kreditinstituten in der Finanzkrise ab 2008 Rz. 7.83). 6.46 frei 2. Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen a) Verschiedenheit von Geschäftsinhaber und Stillem

6.47 Gemäß § 230 Abs. 1 HGB liegt eine stille Gesellschaft vor, wenn sich jemand mit einer Vermögenseinlage am Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt, beteiligt. Daraus ergibt sich, dass der Inhaber des Handelsgewerbes nicht zugleich dessen stiller Gesell78 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 105.

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Die beteiligten Personen | Rz. 6.49 § 6

schafter sein kann. Dies ergibt sich auch aus dem Grundsatz, dass niemand sein eigener Gläubiger und Schuldner sein kann. Beerbt der Geschäftsinhaber den stillen Gesellschafter oder dieser jenen, so führt das zwangsläufig zur Beendigung der stillen Gesellschaft (Rz. 14.68), da diese nicht als Einmanngesellschaft denkbar ist79. Ist eine Körperschaft (Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit) Inhaberin des Handelsgewerbes (dazu Rz. 6.24 ff.) können allerdings deren Gesellschafter zugleich still beteiligt sein (Kombination von Außen- und Innengesellschaft). Das trifft auch für die Einmanngesellschaften zu, bei der eine stille Beteiligung des einzigen Gesellschafters an seiner eigenen Gesellschaft denkbar und zulässig ist80. Von besonderer praktischer Bedeutung ist die Tatsache, dass sich die Gesellschafter der GmbH neben ihrer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung am Stammkapital zugleich auch still am Handelsgewerbe der GmbH beteiligen können. Das gilt auch für den Alleingesellschafter der GmbH, der sich an dem Unternehmen seiner GmbH gleichzeitig still beteiligt (zur GmbH & Still näher Rz. 21.76 ff.). Man spricht insoweit von einer Einmann-GmbH & Still81. Ist der Stille gleichzeitig Gesellschafter der GmbH, sind jedoch einige Besonderheiten zu beachten, damit die Beteiligung steuerrechtlich anerkannt wird (Rz. 21.85 ff.). Die Zulässigkeit dieser Beteiligungsformen ist eine Folge der rechtlichen Trennung der juristischen Person von ihren Gesellschaftern sowie der Tatsache, dass sich die außergesellschaftlichen Beziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern nach individualrechtlichen Grundsätzen bestimmen. Zu den „außergesellschaftlichen“ Beziehungen gehören in diesem Falle auch die Beziehungen, die sich aufgrund eines stillen Beteiligungsverhältnisses ergeben.

6.48

Bei den Personenhandelsgesellschaften (offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft) folgt die handelsrechtliche Möglichkeit einer stillen Beteiligung der Gesellschafter an der Gesellschaft aus § 124 Abs. 1 HGB. Das Steuerrecht betrachtet die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft hingegen als Mitunternehmer des gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs, die steuerlich ebenso

6.49

79 Siehe auch Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 100. 80 BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, BFHE 138, 458 = BStBl. II 1983, 563; BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BFHE 130, 268 = BStBl. II 1980, 477; BFH v. 9.9.1952 – I 55/52 U, BStBl. III 1952, 276 = StRK DMBilG § 30 R. 3; BFH v. 20.8.1954 – I 103/53 U, BStBl. III 1954, 336 = StRK EStG § 15 R. 22; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 35; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 75 Rz. 27; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 84. 81 BFH v. 20.8.1954 – I 130/53 U, BStBl. III 1954, 336; BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = BB 1980, 1087; BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, BStBl. II 1983, 563 = BB 1983, 1515 = DB 1983, 1743; wiederholend: BFH v. 25.5.1988 – I R 92/84, BFH/NV 1989, 258; BFH v. 15.12.1992 – VIII R 42/90, BStBl. II 1994, 702 = BFHE 170, 345 = FR 1993, 436; BFH v. 26.4.1989 – I R 96/85, BFH/NV 1990, 63; BFH v. 5.12.1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841; BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59; vgl. auch Post/Hoffmann, Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, S. 79; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 119; Schulze zur Wiesche, GmbHR 1983, 202; Blaurock, BB 1992, 1969; Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rz. 92; Paulick, GmbHR 1982, 237.

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§ 6 Rz. 6.49 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

wenig wie Einzelkaufleute stille Gesellschafter ihres eigenen (Teil-)Handelsgewerbes sein können (vgl. Rz. 20.23). b) Stille Beteiligung an mehreren Handelsgewerben und an Teilen eines Handelsgewerbes

6.50 Im Regelfall beteiligt sich ein stiller Gesellschafter an einem einzigen Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers als Ganzes. Dies ist jedoch nicht wesensnotwendig. Betreibt eine natürliche Person mehrere Gewerbe, was ihr nach h.M. bei einer hinreichenden organisatorischen Trennung möglich ist82, kann sich die stille Gesellschaft auch auf mehrere Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers beziehen. Im Gesellschaftsvertrag sollte dann genau bestimmt werden, an welchem bzw. welchen dieser Handelsgewerbe die stille Beteiligung bestehen soll. Ansonsten ist dies durch Auslegung zu ermitteln. 6.51 Auf der anderen Seite kann sich die stille Gesellschaft mit einem Geschäftsinhaber, der nur ein einziges Handelsgewerbe betreibt, wie dies bei Gesellschaften nach h.M. zwingend der Fall ist83, auch nur auf Teile eines Handelsgewerbes erstrecken84. Voraussetzung ist allerdings, dass die einzelnen Unternehmensteile hinreichend getrennt sind und auch für sich genommen aufgrund ihres Zuschnitts (Erfordernis einer kaufmännischen Einrichtung; dazu Rz. 6.12) ein eigenes Handelsgewerbe darstellen könnten. Eine hinreichende organisatorische Abgrenzung und Verfestigung ist bei einzelnen Niederlassungen, Betrieben oder abgegrenzten Betriebsteilen bzw. Geschäftszweigen gegeben (stille Beteiligung nur an dem Produktionsbetrieb, nicht auch am Vertrieb; nur an den Großhandels-, nicht an den Einzelhandelsgeschäften; nur an Geschäften mit bestimmten Warengattungen oder nur an einzelnen Zeitschriften eines Verlages85). So hat auch der BFH etwa in den Finanzgeschäften einer GmbH, die Inhaberin des Handelsgewerbes war, einen selbständig abgrenzbaren Geschäftszweig gesehen, an dem eine stille Beteiligung möglich sei86. In diesen Fällen müssen die Beteiligten im Gesellschaftsvertrag die Geschäfte, für welche die stille Beteiligung begründet werden soll, von den anderen Geschäften eindeutig abgrenzen. Auch eine eindeutige Trennung der Buchhaltung und eine klare Absprache über die Verteilung der Gemeinkosten sind erforderlich, um Meinungsverschiedenheiten über die Höhe und den Umfang des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinns oder Verlustes von vornherein auszuschließen. 6.52 Erfüllt der Gegenstand der Beteiligung die vorstehenden Voraussetzungen nicht, besteht lediglich eine stille Beteiligung in Form der BGB-Innengesellschaft. Erfolgt die Beteiligung sogar nur an einzelnen Geschäften, handelt es sich allenfalls um Gesell-

82 K. Schmidt, Handelsrecht, § 12 HR Rz. 68 m.w.N. 83 K. Schmidt, Handelsrecht, § 12 HR Rz. 74 m.w.N. 84 Eingehend dazu Kauffeld, Die partielle Unternehmensbeteiligung, S. 203 ff.; ferner K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 39; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 15. 85 RFH v. 16.3.1938 – VI 167/38, RStBl. 1938, 508. 86 BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BFHE 115, 518 = BStBl. II 1975, 611 = StRK GewStG § 8 Nr. 2–9 R. 121 m. Anm. Paulick.

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Die beteiligten Personen | Rz. 6.54 § 6

schaften bürgerlichen Rechts in Form der Gelegenheitsgesellschaft87 oder des zweigliedrigen Konsortiums (auch sog. Metaverbindung). Häufig wird sogar gar keine Gesellschaft, sondern ein partiarisches Austauschverhältnis (Rz. 5.16 ff.) oder ein Kommissionsgeschäft (§ 383 HGB; Rz. 5.52 ff.) vorliegen. Eine Anwendung der §§ 230 ff. HGB kommt nur im Rahmen einer Analogie in Betracht (Rz. 5.2 f.). So fehlt es etwa an einer stillen Gesellschaft des HGB, wenn jede einzelne Warensendung einzeln abgerechnet wird und auch die Möglichkeit besteht, das Rechtsverhältnis nach jeder Lieferung zu lösen. Gegen die Bedeutung der Einzelabrechnung kann nicht eingewandt werden, die Gewinne seien zwar entgegen § 232 HGB zum jeweiligen Bilanzstichtag nicht festgestellt, immerhin aber doch feststellbar gewesen. Denn gerade die Art der tatsächlichen Handhabung und nicht die alternativ bestehenden Möglichkeiten kennzeichnen ein Vertragsverhältnis. Die Ablehnung der Qualifikation des Rechtsverhältnisses als stille Gesellschaft i.S. des HGB steht der teilweisen Anwendung der §§ 230 ff. HGB kraft (stillschweigender) Parteivereinbarung oder Analogie allerdings nicht in jedem Fall entgegen (dazu Rz. 5.2 f.). c) Unterbeteiligung Haben die Beteiligten vereinbart, dass der eine an dem Gewinn beteiligt sein soll, den der andere als Gesellschafter einer Gesellschaft erzielt, so fehlt es auch dann an der Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen, wenn die Gesellschaft ein Handelsgewerbe betreibt. Es handelt sich um eine Unterbeteiligung in Form einer Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts (Rz. 30.1 ff.), deren Gesellschaftszweck in der Förderung der Beteiligung an der Hauptgesellschaft liegt88. Es bestehen nur Rechtsbeziehungen zwischen dem Hauptbeteiligten und dem Unterbeteiligten, nicht auch zwischen diesem und der Zielgesellschaft. Nicht anders ist es, wenn sich jemand an dem Anteil eines Gesellschafters einer offenen Handelsgesellschaft oder an dem Anteil eines Komplementärs beteiligt. Zwar sind die persönlich haftenden Gesellschafter in der Regel Kaufleute i.S. des HGB. Das Handelsgewerbe wird aber nach den Bestimmungen des Handelsrechts von der offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft unter ihrer eigenen Firma betrieben. In Betracht kommt jedoch eine analoge Anwendung der §§ 230 ff. HGB (Rz. 30.24 f.)89.

6.53

3. Status des stillen Gesellschafters Der stille Gesellschafter muss nicht selbst Kaufmann sein. Ist er nicht Kaufmann, erlangt er durch die Übernahme der stillen Beteiligung keine Kaufmannseigenschaft, da er nach außen nicht in Erscheinung tritt, insbesondere kein Handelsgewerbe betreibt und der Inhaber des Handelsgeschäfts aus den im Betrieb geschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet wird (§ 230 Abs. 2 HGB). Die für Kaufleute geltenden Vorschriften betreffen den stillen Gesellschafter daher nur, wenn er aus anderen Gründen Kaufmann ist. Der stille Gesellschafter untersteht auch nicht dem 87 BFH v. 27.5.1982 – V R 110 u. 111/81, BStBl. II 1982, 678. 88 Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 72. 89 Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 72; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 269.

Blaurock | 113

6.54

§ 6 Rz. 6.54 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

besonderen Gerichtsstand der Mitgliedschaft, da die stille Gesellschaft als Innengesellschaft nicht zu den Gesellschaften i.S. des § 22 ZPO gehört90. 4. Mehrheit von still Beteiligten a) Unmittelbare Beteiligung mehrerer stiller Gesellschafter an einem Handelsgewerbe aa) Mehrheit von unverbunden zweigliedrigen stillen Gesellschaften

6.55 Hat der Inhaber mit mehreren Personen Gesellschaftsverträge abgeschlossen, gilt der Grundsatz der Zweigliedrigkeit. Danach liegen regelmäßig so viele voneinander unabhängige, selbständige Gesellschaften vor, wie stille Gesellschafter beteiligt sind91. Die stille Gesellschaft ist nach der Vorstellung des Gesetzes üblicherweise eine zweigliedrige Gesellschaft. Zwischen den mehreren stillen Gesellschaften bestehen regelmäßig keine Rechtsbeziehungen. Das gilt nicht etwa nur für das sog. Crowdfunding mittels stiller Beteiligungen92, sondern bildet auch die Regel, wenn die stillen Gesellschafter gleichzeitig aufgenommen und die stillen Beteiligungen in einem einzigen Vertrag gebündelt werden. So bestehen auch dann, wenn ein Erbe, der das Handelsgeschäft des Erblassers allein fortführt, seine Miterben in der Weise abfindet, dass er sie an dem Handelsgeschäft still beteiligt, grundsätzlich mehrere stille Gesellschaften, ohne dass die Erben-Gesellschafter untereinander in gesellschaftsrechtlichen Beziehungen stehen. Der Inhaber des Handelsgeschäfts bedarf, wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist, zur Beteiligung weiterer stiller Gesellschafter nicht der Zustimmung der bereits vorhandenen Gesellschafter. Wird die zur Begründung eines weiteren stillen Gesellschaftsverhältnisses gesellschaftsvertraglich erforderliche Zustimmung nicht eingeholt bzw. verweigert, ist die neue stille Gesellschaft gleichwohl wirksam; der Geschäftsinhaber ist allenfalls einem Schadensersatzanspruch oder einer Kündigung aus wichtigem Grund ausgesetzt93. Die Beendigung einer stillen Gesellschaft berührt nicht den Fortbestand der anderen. 6.56 Stehen dem Inhaber mehrere stille Gesellschafter gegenüber, so kann jeder von ihnen die ihm kraft Gesetzes (§ 233 HGB) zustehenden Kontroll- und Überwachungsrechte für sich allein ausüben. Das kann zu einer für den Geschäftsinhaber lästigen, unzumutbaren Behinderung des Geschäftsbetriebs führen. Es wird deshalb in solchen Fällen häufig vereinbart, dass nicht jeder Einzelne für sich befugt sein soll, von den ihm zustehenden Kontrollrechten Gebrauch zu machen, sondern dass die mehreren Gesellschafter ihre Rechte dem Inhaber gegenüber nur gemeinsam aufgrund gemeinschaftlicher Beschlussfassung ausüben dürfen, wobei das Stimmrecht in den Gesellschaftsverträgen zu regeln ist (Mehrheitsbeschluss, Ausübung des Stimmrechts nach Maßgabe der Vermögenseinlagen usw.). Es kann auch vereinbart werden, dass 90 Patzina in MünchKomm/ZPO, 5. Aufl. 2016, § 22 ZPO Rz. 2 f. 91 Vgl. RG v. 1.2.1890 – I 304/89, RGZ 25, 41 (45); Saenger, Die stille Gesellschaft, S. 59; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 106. 92 Zur Eignung stiller Beteiligungen im Rahmen des „Crowdfunding“ siehe Bujotzek/Mocker, BKR 2015, 358 ff. und Herr/Bantleon, DStR 2015, 532 (533). 93 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 106.

114 | Blaurock

Die beteiligten Personen | Rz. 6.59 § 6

der einzelne Gesellschafter ihm über die gesetzlichen Mindestkontrollrechte hinaus eingeräumte Rechte nur ausüben darf, wenn eine bestimmte Zahl der anderen Gesellschafter oder Gesellschafter mit einer bestimmten Höhe ihrer Einlagen die gleichen Rechte geltend machen. Der Gesellschaftsvertrag kann weiter vorsehen, dass mehrere stille Gesellschafter ihre Rechte nur durch einen gemeinsamen Vertreter oder durch einen gemeinsamen bestellten Vertrauensrat auszuüben berechtigt sein sollen. Solche und ähnliche Vereinbarungen halten sich im Rahmen der Vertragsund Gestaltungsfreiheit. Sie erweisen sich im Interesse der Aufrechterhaltung einer geordneten Geschäftsführung als zweckmäßig, da sie den Geschäftsinhaber gegen eine mehrmalige Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht jedem einzelnen Gesellschafter gegenüber schützen. Derartige Vereinbarungen werden dann regelmäßig aber auch dazu führen, dass die stillen Beteiligten ihre Interessen in einer gesonderten BGB-Gesellschaft koordinieren und damit eine Mehrheit von über die BGB-Gesellschaft verbunden zweigliedrigen stillen Gesellschaften bilden (dazu Rz. 6.57). bb) Mehrheit von verbunden zweigliedrigen stillen Gesellschaften Die Zweigliedrigkeit der mehreren stillen Gesellschaften bleibt auch dann bestehen, wenn sich die stillen Gesellschafter zur Wahrung ihrer gemeinsamen Interessen gegenüber dem Inhaber von sich aus zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zusammenschließen, so bleibt jeder einzelne auch in Zukunft dem Inhaber gegenüber stiller Gesellschafter, soweit nichts anderes vereinbart ist94. Der Inhaber behält insbesondere sein Kündigungsrecht. Auch der Zusammenschluss der mehreren Gesellschafter in der Rechtsform eines nicht eingetragenen Vereins zur Wahrung ihrer im Wesentlichen gleichgerichteten Interessen gegenüber dem Inhaber ist rechtlich zulässig. Es bestehen dann mehrere stille Gesellschaften; daneben existiert eine interne Vereinigung der stillen Gesellschafter, die zu dem Geschäftsinhaber keine unmittelbaren Beziehungen zu haben braucht95. Verglichen werden kann diese Konstruktion mit einem Interessenpool verschiedener Aktionäre, die nicht ihre Aktien einbringen, sondern diese GbR nur zur Koordinierung ihrer Interessen gründen.

6.57

Die mehreren stillen Gesellschafter können unter sich und mit dem Inhaber Verpflichtungen vermögensrechtlicher Natur eingehen, z.B. zur Leistung oder zur Erhöhung ihrer Einlagen oder zur Aufrechterhaltung der Einlagen für eine bestimmte Zeit. Dann hat nicht nur der Inhaber aufgrund des stillen Gesellschaftsvertrags einen Anspruch auf Bewirkung der Einlage; es kann auch jeder einzelne Gesellschafter aufgrund der zwischen den Gesellschaftern bestehenden besonderen Vereinbarungen von jedem anderen die Leistung der Vermögenseinlage an den Geschäftsinhaber fordern und klageweise durchsetzen.

6.58

Die Interessenkoordination der mehreren stillen Gesellschafter kann sehr straff organisiert werden. Das ist besonders dann der Fall, wenn eine größere Zahl von stillen Gesellschaftern beteiligt ist, das Geschäftsvermögen im Wesentlichen aus ihren Vermögenseinlagen gebildet wurde und der Geschäftsinhaber nur die Funktionen ei-

6.59

94 Beispiel: BGH v. 13.2.2006 – II ZR 62/04, BB 2006, 792 = GmbHR 2006, 531. 95 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 85.

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§ 6 Rz. 6.59 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

nes Geschäftsführers wahrzunehmen hat (siehe auch noch eingehend zur sog. stillen Publikumsgesellschaft Rz. 18.1 ff.). In solchen Fällen wird dem Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander oft eine Organisation mit körperschaftlicher Verfassung gegeben, die derjenigen einer Aktiengesellschaft weitgehend angeglichen werden kann. So können die stillen Gesellschafter zu Gesellschafterversammlungen zusammentreten und nach Maßgabe ihrer Vermögenseinlagen oder aufgrund von Mehrheitsbeschlüssen über alle wichtigen Angelegenheiten entscheiden. Sie können aus ihrer Mitte einen Aufsichtsrat bestellen, der die Geschäftsführung des Inhabers überwacht, dem oft nur die Rechtsstellung eines weisungsgebundenen, vielleicht sogar jederzeit abrufbaren Angestellten zukommt. Auch bei derartigen Vertragsgestaltungen bestehen, wenn nichts anderes vereinbart ist, im Verhältnis zum Geschäftsinhaber mehrere selbständige, voneinander unabhängige stille Gesellschaften.

6.60 Durch einen Interessenzusammenschluss der stillen Gesellschafter darf allerdings das Kündigungsrecht jedes einzelnen nicht weiter eingeschränkt werden, als es das Gesetz in § 234 HGB zulässt. Die Kündigung des einzelnen für seine Person kann also nicht an die Zustimmung der anderen Gesellschafter oder an einen Mehrheitsbeschluss gebunden oder mit erschwerenden Nachteilen für den Kündigenden verknüpft werden. cc) Mehrgliedrige stille Gesellschaft

6.61 Die Zweigliedrigkeit der stillen Gesellschaft ist jedoch nicht zwingend96. Da Vertragsfreiheit herrscht, kann der Wille der Beteiligten auch darauf gerichtet sein, nur eine stille Gesellschaft mit einer Mehrheit von Teilhabern – ähnlich einer Kommanditgesellschaft mit mehreren Kommanditisten97 – zu errichten (sog. mehrgliedrige stille Gesellschaft)98. Ob das dem Willen der Beteiligten entspricht, ist im Wege der Vertragsauslegung zu ermitteln. Mehrere stille Beteiligungen können so in einem Gesellschaftsvertrag zusammengefasst werden, dass sich die Beteiligten gegenseitig zur Förderung eines gemeinsamen Zweckes verpflichten, wobei der eine das Unternehmen als Inhaber betreibt und die anderen als stille Gesellschafter Einlagen leisten. Bei dieser Vertragsgestaltung besteht nicht nur eine gesellschaftliche Bindung zwischen jedem stillen Gesellschafter und dem Inhaber; es liegt auch nicht nur eine interne Bindung der stillen Gesellschafter untereinander vor, sondern es ist ein alle Beteiligten verbindendes gesellschaftliches Band vorhanden, das eine einheitliche Gesellschaft umschließt99. Die mehrgliedrige stille Gesellschaft besteht nicht selten aus einer 96 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 Rz. 27; BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/ 94, BGHZ 127, 176 (179); a.A. RG v. 1.2.1890 – I 304/89, RGZ 25, 41 (45) und Reuter, NJW 1984, 1849 (1851); ausführlich zum früheren Streitstand Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 75 Rz. 24 f. 97 K. Schmidt spricht daher bei einer entsprechend organisierten GmbH & Still auch von einer „virtuellen KG“ mit „virtuellem Gesamthandsvermögen“: K. Schmidt in FS Bezzenberger, S. 401 (405 f.); so nun auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 81, 87. 98 Siehe dazu etwa den Fall BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 Rz. 26 ff. 99 Vgl. BGH v. 10.7.1958 – II ZR 320/56, WM 1958, 1336; BGH v. 15.11.1971 – II ZR 130/ 69, NJW 1972, 338; BGH v. 21.4.1980 – II ZR 144/79, BB 1980, 958; Koenigs, Die stille

116 | Blaurock

Die beteiligten Personen | Rz. 6.62 § 6

Vielzahl von stillen Gesellschaftern. Für eine derartige sog. stille Publikumsgesellschaft (dazu Rz. 18.1 ff.) gelten die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft mit der Maßgabe, dass der stille Publikumsgesellschafter von dem Inhaber des Handelsgewerbes wegen eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens nicht im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung seiner Beteiligung durch Rückgewähr seiner Einlage Zug um Zug gegen Übertragung seiner Rechte aus der stillen Beteiligung, sondern nur die Leistung eines etwaigen Abfindungsbetrags verlangen kann (dazu Rz. 11.5 ff.)100. b) Mittelbare Beteiligung mehrerer Gesellschafter an einem Handelsgewerbe aa) Beteiligung mehrerer über eine still beteiligte BGB-Außengesellschaft Die mehreren stillen Gesellschafter können sich auch von Anfang an zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zusammenschließen, die ihrerseits – anstelle der einzelnen Gesellschafter – als rechtsfähige Außengesellschaft die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters in einer einzigen zweigliedrigen stillen Gesellschaft erwirbt101. Scheidet ein Gesellschafter aus der BGB-Gesellschaft aus, so berührt das nicht den Bestand der stillen Gesellschaft, sofern das Ausscheiden nicht zur Auflösung der BGBGesellschaft und in Ermangelung einer Fortsetzungsvereinbarung bzw. eines Fortsetzungsbeschlusses zur Abwicklung des stillen Gesellschaftsverhältnisses führt. Bei Fortsetzung der BGB-Gesellschaft findet die Auseinandersetzung nur zwischen dem Ausscheidenden und den übrigen an der BGB-Gesellschaft Beteiligten statt. In diesen Fällen ist nur der BGB-Gesellschaft eine Bilanzabschrift zu erteilen und es gibt nur eine gemeinsame Bucheinsicht der BGB-Gesellschafter. Es wird zudem nur eine gemeinschaftliche Einlage geleistet und nur ein Gewinnanteil ausgewiesen. Eine Kündigung ist lediglich einheitlich für alle Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts möglich. Dem Geschäftsinhaber gegenüber handeln die vertretungsberechtigten Gesellschafter der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts.

Gesellschaft, S. 228; Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 7; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 48; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 44; Blaurock, NJW 1972, 1119; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 100 ff.; Horn in Heymann, 2. Aufl. 1996, § 230 HGB Rz. 61; Horn, ZGR 1974, 133 (157); Sudhoff, DB 1969, 2069 (2070); Janzen, Übertragung und Belastung von Mitgliedschaften in der stillen Gesellschaft, S. 7 ff.; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 83 und K. Schmidt in FS Bezzenberger, S. 401 (403), stellt entscheidend auf die Unterscheidung zwischen dem stillen Einlageverhältnis auf der einen und dem Gesellschaftsverhältnis auf der anderen Seite ab. Das stille Einlageverhältnis besteht seiner Ansicht nach aus nur zwei Parteien, dem stillen Gesellschafter und dem Geschäftsinhaber, lediglich das stille Gesellschaftsverhältnis kann ein Organisationsstatut darstellen und somit mehrgliedrig sein. 100 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104; Mock, DStR 2014, 536 ff. 101 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 86; K. Schmidt, DB 1976, 1705; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 43.

Blaurock | 117

6.62

§ 6 Rz. 6.63 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

bb) Unterbeteiligung an einer stillen Beteiligung

6.63 Der stille Gesellschafter kann seinerseits an seiner Beteiligung einen anderen unterbeteiligen. Rechtsbeziehungen bestehen nur zwischen ihm und dem Unterbeteiligten, nicht zwischen diesem und dem Inhaber des Handelsgeschäfts. Es handelt sich um eine Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts, für welche grundsätzlich die §§ 705 ff. BGB gelten. Die Vorschriften über die stille Gesellschaft können unmittelbar keine Anwendung finden, weil keine Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen vorliegt. Ihrer entsprechenden Anwendung steht allerdings nichts entgegen, soweit sie auf die Unterbeteiligung passen und soweit dies dem Willen der Vertragspartner entspricht.

III. Zusammenfassung 6.64 Voraussetzung für die Errichtung einer stillen Gesellschaft ist, dass der eine Gesellschafter ein Handelsgewerbe betreibt, also Kaufmannseigenschaft i.S. des HGB besitzt. Über die Fähigkeit, stiller Gesellschafter zu werden, verfügen alle natürlichen und juristischen Personen des privaten und öffentlichen Rechts sowie die rechtsfähigen Personengesellschaften unter Einschluss der nicht eingetragenen Vereine und Genossenschaften. Der stille Gesellschafter wird durch die Übernahme der stillen Beteiligung nicht Kaufmann, es sei denn, dass er selbst ein Handelsgewerbe betreibt. Da die Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen stattfinden muss, kann sich der Inhaber eines Einzelunternehmens an seinem eigenen Unternehmen nicht still beteiligen. Dagegen können die Gesellschafter einer Handelsgesellschaft – auch der Einmann-Gesellschafter – zugleich stille Gesellschafter ihrer Gesellschaft sein. Das gilt indessen, soweit es sich um handelsrechtliche Personengesellschaften handelt, nur für den Bereich des Handelsrechts. Steuerrechtlich gelten die Gesellschafter der handelsrechtlichen Personengesellschaften aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise als Mitunternehmer. Eine stille Beteiligung der Mitunternehmer an ihrem eigenen Unternehmen wird deshalb mit steuerlicher Wirkung nicht anerkannt (Rz. 6.47 ff. und Rz. 20.23). Bestehen an einem Handelsgewerbe mehrere stille Gesellschaften, so bleibt, wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist, jede einzelne Gesellschaft in ihrem Bestand unberührt. Zwischen den mehreren Gesellschaften bestehen keine Rechtsbeziehungen. Aufgrund der Vertragsfreiheit können die stillen Gesellschafter aber auch untereinander in Rechtsbeziehungen treten, sei es, dass sie sich von vornherein oder später zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder zu einem Verein zusammenschließen und dem Inhaber des Handelsgewerbes in dieser Rechtsform gegenübertreten (dann kann die Gesellschaft oder der Verein allein die Gesellschaftereigenschaft besitzen), sei es, dass sie ihrem Zusammenschluss im Innenverhältnis eine Organisation mit körperschaftlicher Verfassung geben, d.h. zu einer Gesellschafterversammlung, die über die Durchführung der geschäftlichen Maßnahmen beschließt, zusammentreten und einen Aufsichtsrat bilden, der die Geschäftsführung des Inhabers überwacht. Schließlich ist es auch möglich, dass zwischen dem Geschäftsinhaber und allen stillen Gesellschaftern nur ein einziger Gesellschaftsvertrag mit wechselseiti118 | Blaurock

Die beteiligten Personen | Rz. 6.64 § 6

gen Verpflichtungen besteht. Das alles liegt im Rahmen des dispositiven Rechts und wird durch die gesetzlichen Vorschriften gedeckt, obwohl auf diese Weise im Innenverhältnis die Beziehungen zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter völlig anders gestaltet werden können, als es dem Normaltypus der stillen Gesellschaft entspricht.

Blaurock | 119

§7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters Schrifttum: Berninger, Axel, Die Societas Quoad Sortem – Eine Einbringungsform im Personengesellschaftsrecht, 1994; Berninger, Axel, Vermögenszuordnung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter bei der Einbringung quoad sortem (dem Werte nach) – Zugleich eine Anmerkung zum Beschluss des BGH vom 15.6.2009, II ZR 242/08, DStR 2009, 2015, DStR 2010, 874; Blaurock, Uwe/Berninger, Axel, Kapitalkonto und Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten bei der Anwendung von § 15a EStG – Zugleich eine Besprechung des Urteils des BFH v. 14.5.1991, VIII R 31/88, JZ 1992, 614; Bork, Reinhard, Die Einlagefähigkeit obligatorischer Nutzungsrechte, ZHR 154 (1990), 205; Brandner, Hans Erich/Bergmann, Alfred, Die Schenkung von Gesellschaftsanteilen, in Festschrift für Walter Sigle, 2000, S. 327; Hengeler, Hans Peter, Sogenannte Schenkung stiller Beteiligungen – Erwiderung, ZHR 147 (1983), 329; Herrmann, Elke, Sogenannte Schenkung stiller Beteiligungen, ZHR 147 (1983), 313; Huber, Ulrich, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personengesellschaften des Handelsrechts, 1970; Hueck, Alfred, Die Übertragung von Geschäftsanteilen, ZHR 83 (1920), 1; Mock, Sebastian, Stille in MoMiG zur stillen Gesellschaft? – Das neue (Eigen-)Kapitalersatzrecht und seine Auswirkungen auf das Recht der stillen Gesellschaft, DStR 2008, 1645; Mylich, Falk, Probleme und Wertungswidersprüche beim Verständnis von § 135 Abs. 1 Alt. 2 Nr. 2 InsO n.F., ZGR 2009, 474; Nodoushani, Manuel, Hilfe für die Banken: Die stille Gesellschaft auf dem Gebiet des Finanzsektors, ZBB 2009, 110; Nodoushani, Manuel, Umwandlung stiller Beteiligungen in Aktien zur Erhaltung des Kernkapitals, NZG 2010, 491; Petzoldt, Rolf, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2. Aufl. 1986; Reinhardt, Bärbel, Die Einlage quoad sortem und ihre Darstellung in der Handelsbilanz, DStR 1991, 588; Schmidt, Karsten, Die Kreditfunktion der stillen Einlage, ZHR 140 (1976), 475; Schmidt, Karsten, Obligatorische Nutzungsrechte als Sacheinlagen?, ZHR 154 (1990), 237; Schmidt, Karsten, Formfreie Schenkung von stillen Beteiligungen und Unterbeteiligungen? – Nachdenken über eine fünfzig Jahre alte Rechtsprechungstradition, DB 2002, 829; Tiedtke, Klaus, Die schenkweise Zuwendung einer stillen Beteiligung an ein minderjähriges Kind – Zugleich eine Besprechung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 9.7.1987 IV R 95/85, BB 1988, 946; Westermann, Harm Peter, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaft, 1970; Würdinger, Hans, Anmerkung zu BGH v. 29.10.1952, JZ 1953, 226.

I. Die Pflicht zur Beitragsleistung 1. Beitrag und Einlageleistung

7.1 Wie jeder andere Gesellschafter unterliegt auch der stille Gesellschafter der Pflicht des § 705 BGB, die Erreichung des Gesellschaftszwecks durch einen eigenen Beitrag zu fördern. Eine stille Gesellschaft ohne Pflicht des Stillen zur Beitragsleistung ist nicht denkbar1.

1 Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 1 f.; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 10.

120 | Kauffeld

Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters | Rz. 7.2 § 7

Der Beitrag des Stillen ist streng von der Einlage (dazu Rz. 7.7 ff.) und der Beteiligung des Stillen (dazu Rz. 7.61 ff.) zu trennen2. Hierdurch kann zunächst eine Ausweitung des üblicherweise im Gesellschaftsrecht zugrunde gelegten Begriffs der Einlage als der bilanzierungsfähigen Vermehrung des Unternehmensvermögens vermieden werden3. Anderenfalls ist man nämlich gezwungen, die Einlage des Stillen als jeden vermögenswerten Vorteil, der mit einem Geldbetrag geschätzt werden kann, zu definieren4, um die Beitragsleistung in der Form von Dienstleistungen, Gebrauchsüberlassungen sowie der Überlassung von Kundschaft oder Know-how als mögliche Gegenstände einer Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters zu erfassen5. Darüber hinaus wäre die Anerkennung einer Beitragsleistung durch Einbuchung oder durch in der Vergangenheit erbrachte Dienstleistungen dogmatisch erschwert. Auch die Vereinbarung einer bedingten Einlagepflicht, die nach der hier vertretenen Differenzierung bei sofortiger Einbuchung des Stillen fraglos zulässig ist, könnte sonst in der Praxis nur mit Hilfe einer großzügigen Feststellung der Unbedingtheit der Einlagepflicht anerkannt werden6. Schließlich erweist sich die Differenzierung zwischen Beitrag und Einlageleistung auch in Bilanzierungsfragen als überlegen (siehe dazu § 13). Aus der hier zugrunde gelegten Differenzierung folgt zudem, dass die Leistung einer Einlage keine notwendige Voraussetzung für die Existenz einer stillen Gesellschaft darstellt7. Dies bedeutet, dass es zwar keine stille Gesellschaft ohne Beitragspflicht und ohne Beteiligung des Stillen, wohl aber eine stille Gesellschaft ohne eine persönliche Leistung einer Einlage durch den Stillen geben kann (näher Rz. 7.31 ff.). Die Einlagepflicht ist mithin kein unabdingbares „Strukturmerkmal“ der stillen Beteiligung.

2 Vgl. auch BFH v. 23.2.2000 – VIII R 40/98, BStBl. II 2001, 24; Seffer/Erhardt in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 83 Rz. 1; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II 1d und III 2a; K Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 37, 143; Horn in Heymann, § 230 HGB Rz. 20; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 224 (anders noch Zutt in der Vorauflage). Relevant kann die Differenzierung insbesondere im Hinblick auf die von der Finanzverwaltung vorgenommene Überprüfung der Fremdüblichkeit und Angemessenheit von Gewinnverteilungsabreden sein, da es insoweit auf die Beiträge des stillen Gesellschafters ankommt; so z.B. FG Münster v. 14.5.2019 – 2 K 3371/18F, BB 2019, 2287. 3 Damit ist auch ein Gleichlauf des Begriffs der Einlage mit der bei der Kommanditgesellschaft verwendeten Terminologie gewährleistet; vgl. zum Begriff der Einlage bei der Kommanditgesellschaft v. Falkenhausen/H.C. Schneider in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 17 Rz. 3. 4 Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 20; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 230 HGB Rz. 15. 5 Beispiele nach Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 224. 6 Vgl. dazu auch Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 3. 7 Nach herkömmlicher Auffassung ist die Einlageleistung dagegen unverzichtbares Merkmal der stillen Gesellschaft, d.h. die Parteien müssen zur Begründung einer stillen Gesellschaft eine Verpflichtung zur Leistung einer Einlage, die in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergeht, vereinbaren. Vgl. hierzu etwa BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (177).

Kauffeld | 121

7.2

§ 7 Rz. 7.3 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

2. Umfang der Beitragspflicht

7.3 Der Umfang der Beitragspflicht wird einzig und allein durch den Gesellschaftsvertrag bestimmt, zu dessen essentiali negotii die Bestimmung bzw. Bestimmbarkeit der Beitragsleistung gehört. § 706 Abs. 1 BGB, wonach die Gesellschafter in Ermangelung anderer Vereinbarungen gleiche Beiträge zu leisten haben, ist auf die stille Gesellschaft nicht anwendbar. 7.4 Die Beitragsleistung braucht jedoch nicht ziffernmäßig festzustehen, weil ihr im Gegensatz zur Kommanditeinlage nicht die Eigenschaft einer Haftsumme zukommt. Es genügt, dass sie objektiv bewertbar ist und bestimmt werden kann8. So genügt es, wenn sich ihre Höhe nach dem jeweiligen Bedarf an Betriebskapital bemessen soll9. 7.5 Die Beitragsleistungspflicht kann Veränderungen unterliegen. Der ursprünglich im Gesellschaftsvertrag festgelegte Beitrag braucht einerseits nicht das Maximum der Leistungen des stillen Gesellschafters zu repräsentieren. Zur Erhöhung seines Beitrags oder zur Ergänzung der durch Verlust verminderten Einlage ist er aber nur berechtigt und verpflichtet, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist (§ 707 BGB). Auf der anderen Seite kann dem stillen Gesellschafter die Beitragsleistungspflicht auch (teilweise) erlassen10 oder ein geleisteter Beitrag wieder zurückgewährt werden (dazu Rz. 7.79). All dies können die Gläubiger des Inhabers grundsätzlich nicht verhindern.

II. Die Erbringung der Beitragsleistung 1. Arten der Beitragsleistung und ihre rechtliche Behandlung

7.6 Als Beitrag des stillen Gesellschafters zur stillen Gesellschaft kommt jede Förderung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks i.S. von § 705 BGB in Betracht11. Die Art der Beitragsleistung wird im Gesellschaftsvertrag festgelegt. Der Stille wird seine Beitragspflicht zwar zumeist durch eine eigene bilanzierungsfähige Einlageleistung nach § 230 Abs. 1 HGB erfüllen (dazu Rz. 7.7 ff.). Daneben hat er aber auch die Möglichkeit, seine Beitragspflicht durch schenkweise Einbuchung (Rz. 7.18 ff.) oder andere Maßnahmen zur Förderung des Gesellschaftszwecks (Rz. 7.31 ff.) zu erfüllen. Hieraus können Abgrenzungsprobleme zu anderen Vertragstypen entstehen (dazu Rz. 5.1 ff.).

8 RG v. 30.9.1927 – II 85/27, Recht 1928, Nr. 39; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 235 f. 9 RG v. 30.9.1927 – II 85/27, Recht 1928, Nr. 39. 10 OLG Frankfurt v. 1.12.1981 – 5 U 114/81, WM 1982, 198 (199); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 146, 153. 11 So auch Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 4; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 144; H.P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 322.

122 | Kauffeld

Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters | Rz. 7.8 § 7

a) Beitragsleistung durch bilanzierungsfähige Einlage Zu den Einlagen zählen sämtliche Beiträge, die der Stille unmittelbar zur bilanzierungsmäßigen Vermehrung des Vermögens des Geschäftsinhabers erbringt. Derartige Beiträge müssen nach § 230 Abs. 1 HGB in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie notwendig auch in dessen Eigentum bzw. Inhaberschaft übergehen müssen. Vielmehr genügt es, wenn dem Geschäftsinhaber die rechtliche Verfügungsmöglichkeit über den Gegenstand der Einlage zusteht12. Der Anspruch auf Leistung der Einlage ist daher auch ohne Weiteres abtretbar13. Dass der Beitrag an den Zessionar gezahlt wird, schadet nicht. Durch den Übergang der Vermögenseinlage in das Vermögen des Geschäftsinhabers unterscheidet sich die stille Gesellschaft von der OHG, KG und GbR, für die das Vorhandensein eines den Gesellschaftern zur gesamten Hand zustehenden Gesellschaftsvermögens kennzeichnend ist14.

7.7

Die in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergegangene Einlage ist dem Zugriff der Geschäfts- und Privatgläubiger des Geschäftsinhabers ausgesetzt. Die Einlage ist grundsätzlich jedoch nicht Haftungsobjekt und Realsicherung in dem Sinne, dass sich die Gläubiger des Inhabers unmittelbar an den stillen Gesellschafter halten könnten, sofern er die vertraglich geschuldete Einlage noch nicht vollständig erbracht oder ganz bzw. teilweise wieder zurückerhalten haben sollte. Der stille Gesellschafter haftet anders als der Kommanditist (vgl. §§ 171 f. HGB) auch in diesem Falle nicht für die Geschäftsverbindlichkeiten (§ 230 Abs. 2 HGB). Die Gläubiger des Inhabers können aber dessen Anspruch auf die rückständige Einlage gemäß §§ 829 ff. ZPO pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen15. Nach Beendigung der stillen Gesellschaft hat der stille Gesellschafter seine rückständige Einlage im Allgemeinen nur bis zur Höhe seines Verlustanteils zu erbringen (§ 232 Abs. 2, § 236 Abs. 2 HGB), vgl. Rz. 15.53. Anderes gilt jedoch dann, wenn die vom stillen Gesellschafter übernommene Einlage nach den getroffenen Vereinbarungen Eigenkapitalcharakter für den Geschäftsinhaber hat und deshalb bei Auflösung der stillen Gesellschaft auch noch nicht fällige Raten jedenfalls zu den vertraglichen Fälligkeitsterminen erbracht werden müssen, soweit sie für die Befriedigung der Gläubiger des Geschäftsinhabers benötigt werden16. Dies gilt selbst dann, wenn die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters gesellschaftsvertraglich beschränkt oder sogar völlig ausgeschlossen17 wurde. Zudem können Einlagenrückzahlungen im Falle der Insolvenz des Geschäftsinhabers anfechtbar sein18.

7.8

12 Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 37. 13 Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 230 HGB Rz. 21; vgl. zur Abtretbarkeit von Einlageansprüchen in der Kommanditgesellschaft BGH v. 19.12.1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 = NJW 1975, 1022. 14 Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist das allerdings nicht zwingend. 15 Seffer/Erhardt in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 83 Rz. 29; 16 BGH v. 16.5.2017 – II ZR 284/15, NZG 2017, 907 (908). 17 BGH v. 5.11.1972 – II ZR 145/78, ZIP 1980, 192 (193). 18 BGH v. 28.6.2012 – IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 Rz. 27 = GmbHR 2012, 1181; Mylich, WM 2013, 1010 (1013 f.).

Kauffeld | 123

§ 7 Rz. 7.9 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

7.9 Der Stille kann eine bilanzierungsfähige Einlage entweder durch persönliche Leistung (Rz. 7.10 ff.) oder im Anschluss an eine schenkweise Einbuchung dadurch erbringen, dass er die Einlage dem Geschäftsinhaber belässt (Rz. 7.18 ff.)19. aa) Persönliche Leistung einer Geldeinlage

7.10 Die wichtigste Unterart der persönlichen und bilanzierungsfähigen Einlageleistung ist die der Geldeinlage. Dabei geht es um eine effektive Geldleistung zur freien Verfügung der Gesellschaft, die zunächst in Form einer Barzahlung oder bargeldlose Zahlung (Überweisung, Scheck-, Debit- oder Kreditkartenzahlung) erbracht werden kann. 7.11 Bringt der stille Gesellschafter Forderungen gegen den Geschäftsinhaber ein, so handelt es sich ebenfalls um eine Geldeinlage. Das ist unstreitig für den Fall, dass der stille Gesellschafter Forderungen gegen den Geschäftsinhaber besitzt und mit seinen Forderungen gegen die Einlageforderung des Inhabers aufrechnet. Anders soll es zu bewerten sein, wenn die Forderung des stillen Gesellschafters gegen den Geschäftsinhaber auf die Einlage nur angerechnet und die Forderung in ein Einlageguthaben umgewandelt wird20. Zwar soll dann als Gegenleistung für die Einlagegutschrift auch die Forderung des stillen Gesellschafters gegen den Geschäftsinhaber erlöschen, doch sei dies als Sach-, nicht als Geldeinlage zu werten. Diese Betrachtung ist aber rein begrifflich und verkennt, dass in beiden Fällen der wesentliche Tatbestand der gleiche ist. Es wird in beiden Fällen eine Forderung eingebracht, die gegen den Geschäftsinhaber besteht und zugunsten der Einlagegutschrift erlischt. Diese Wesensgleichheit erfordert eine einheitliche Behandlung. Ob die Forderung nun aufgerechnet oder angerechnet wird, kann nicht dafür maßgeblich sein, sie als Geld- oder Sacheinlage zu behandeln21. 7.12 Durch die Festsetzung eines Entgelts und die anschließende Verrechnung können zudem eine Sacheinlage (dazu Rz. 7.15 ff.) und nicht bilanzierungsfähige Beiträge wie Gebrauchsüberlassungen oder Dienstleistungen (dazu Rz. 7.31 ff.) in eine Geldeinlage umgewandelt werden22. Besteht die Vermögenseinlage beispielsweise in einem Grundstück, dann liegt grundsätzlich eine Sacheinlage vor, die gemäß § 873 Abs. 1, § 925 BGB in das Eigentum des Geschäftsinhabers zu übertragen ist. Es kann aber auch nach dem Willen der Beteiligten ein Kaufvertrag über das Grundstück abgeschlossen werden, bei dem die Kaufsumme als Geldeinlage im Wege der Aufrechnung als Gesellschaftsbeitrag des Veräußerers und künftigen stillen Gesellschafters erbracht wird. Die Unterscheidung ist wichtig für den Fall der Mängelrüge, die bei der Sacheinlage zu anderen Rechtsfolgen führt als beim Kaufvertrag (dazu Rz. 7.56).

19 So auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II 1d. 20 BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174; vgl. auch BFH v. 29.5.2001 – VIII R 10/ 00, BFHE 195, 486 = DB 2001, 2023 (2026) unter III.2.b) aa) der Gründe. 21 So auch Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 225. 22 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 149, 152; Harbarth in Großkomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 227, 229; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 43.

124 | Kauffeld

Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters | Rz. 7.16 § 7

Unter den jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen sind auch die einseitige Aufrechnung und die Tilgung von Geldschulden des Geschäftsinhabers gegenüber Dritten23 durch den stillen Gesellschafter möglich. Obwohl es unzulässig ist, frühere Geldleistungen nachträglich als Einlageleistungen gemäß § 230 Abs. 1 HGB anzusehen oder solche Leistungen rückwirkend in Einlageleistungen umzuwandeln24, kann eine Beteiligung etwa durch Einbuchung oder durch nachträgliche Festsetzung eines Entgelts eingeräumt werden25.

7.13

Solange die Einlage nicht vollständig geleistet ist, können bei entsprechender Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag die dem stillen Gesellschafter zustehenden anteiligen Gewinne zur Erfüllung der Einlagepflicht verwendet werden26. Um zu verhindern, dass Gläubiger des Geschäftsinhabers die gesamte Einlageforderung des Geschäftsinhabers gegenüber dem stillen Gesellschafter pfänden, ist im stillen Gesellschaftsvertrag zu regeln, dass die Einlage nur aus künftigen Gewinnen aufzustocken ist.

7.14

bb) Persönliche Leistung einer Sacheinlage Es ist für die Leistung einer Einlage gemäß § 230 Abs. 1 HGB nicht notwendig, dass sie in Geld erbracht wird; erforderlich ist nur, dass es sich um einen bilanzierungsfähigen, d.h. übertragbaren und bewertbaren Vermögenswert handelt27. Die Einlage kann deshalb neben oder anstelle von Geldeinlagen in Form von Sacheinlagen aller Art erbracht werden. Demnach können Gegenstand der Einlage des stillen Gesellschafters sein: bewegliche Sachen jeder Art (§§ 90, 90a BGB), Grundstücke, Wertpapiere, Forderungen gegen Dritte, Beteiligungen, Urheberrechte, Patente28, Lizenzen, Erbbaurechte, Nießbrauchsrechte29 und auch Sachgesamtheiten wie ein Handelsunternehmen30.

7.15

Die Sacheinlage wird durch Übertragung in das Eigentum des Geschäftsinhabers geleistet (sog. Einbringung quoad dominium; vgl. auch § 230 Abs. 1 HGB). Die Übertragung vollzieht sich dabei nach den allgemeinen sachenrechtlichen Grundsätzen: Einigung und Übergabe (bzw. Übergabesurrogate) bei Geld, Inhaberpapieren und sonstigen beweglichen Sachen (§ 929 BGB), Auflassung und Eintragung bei Grundstücken

7.16

23 Vgl. OLG Frankfurt v. 20.5.1977 – 10 U 215/76, DB 1977, 1841 und RG v. 19.5.1909 – I 294/08, Recht 1909, Nr. 2635. 24 RG v. 30.10.1907 – I 16/07, LZ 1908, 158; Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 9; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 151; Harbarth in Großkomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 228; nur scheinbar a.A. OLG Hamburg v. 12.8.1998 – 11 U 247/96, NZG 1999, 66. 25 Für die h.M. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 151; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 228. 26 So auch Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 8. 27 RG v. 2.10.1924 – II 600/23, Recht 1925, 28 Nr. 5; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 149; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 230. 28 RG v. 28.9.1928 – III 523/27, RGZ 122, 70 (72). 29 Zur Einlagefähigkeit obligatorischer Nutzungsrechte vgl. Bork, ZHR 154 (1990), 205 und K. Schmidt, ZHR 154 (1990), 237. 30 RG v. 24.3.1888 – I 29/88, RGZ 20, 163; RG v. 14.12.1892 – I 303/92, RGZ 30, 57.

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§ 7 Rz. 7.16 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

(§ 873 Abs. 1, § 925 BGB), Abtretung bei Forderungen (§ 398 BGB), Indossierung und Übergabe bei Orderpapieren (Art. 11 ff. WG, Art. 14 ff. ScheckG) und Namensaktien (§ 68 Abs. 1 AktG) sowie bei sonstigen Vermögensrechten nach Sondervorschriften (z.B. § 15 GmbHG, § 15 PatG, § 13 GebrMG, § 27 MarkenG) oder § 413 BGB. Auf die Sachmängelgewährleistung des Stillen wird unten eigens eingegangen (siehe Rz. 7.56).

7.17 Mit der Übergabe beweglicher Sachen, bei Grundstücken mit erfolgter Übergabe oder mit der Eintragung, wenn sie der Übergabe vorausgeht, geht die Gefahr des zufälligen Untergangs auf den Inhaber über (§ 446 BGB analog). § 447 BGB ist entsprechend anwendbar, wenn der stille Gesellschafter auf Verlangen des Inhabers die einzubringenden Sachen an einen anderen Ort als den Erfüllungsort versendet. An dem Verlust, der durch den zufälligen Untergang entsteht, ist der stille Gesellschafter beteiligt, soweit durch den Verlust der laufende Jahresgewinn gemindert wird oder der stille Gesellschafter an den Verlusten des Handelsgeschäfts teilnimmt. cc) Schenkweise Einbuchung

7.18 Häufig – insbesondere unter Familienangehörigen – wird die Einlage des stillen Gesellschafters dadurch geleistet, dass der Geschäftsinhaber einen bestimmten Betrag auf dem Einlagekonto des stillen Gesellschafters unentgeltlich gutschreibt und das eigene Geschäftskonto entsprechend belastet. Die rechtliche Beurteilung dieses Verfahrens ist in zweierlei Hinsicht umstritten31: 7.19 Zunächst wurde im Zusammenhang mit der schenkweisen Einbuchung die Frage aufgeworfen, ob es eine Stille Gesellschaft ohne eine persönliche Einlageleistung des Stillen überhaupt geben könne32. Früher wurde kaum bestritten, dass durch eine bloße Umbuchung sowohl die Schenkung der Einlage an den Stillen als auch die stille Gesellschaft begründet wurde33. Von Herrmann34 wurden hiergegen jedoch Bedenken erhoben. Da der Schenkungsempfänger keinerlei Leistungen erbringe, fördere er nicht den gemeinsamen Zweck der Gesellschaft i.S. von § 705 BGB35, was zur Folge habe, dass eine stille Gesellschaft nicht angenommen werden könne. Der Vertrag begründe nur Ansprüche des vermeintlichen stillen Gesellschafters auf Zahlung von Gewinnanteilen und eines Betrages für den Fall der Vertragsbeendigung. Ausschließlich diese Ansprüche – und nicht etwa eine Gesellschafterposition – seien Schenkungsobjekt. Dem hat Hengeler36 entschieden widersprochen, da es ein unnötiges „Hin- und Herzahlen“ darstellte, wenn der Geschäftsinhaber dem Stillen zunächst Bargeld übereig-

31 Vgl. dazu für die h.M. auch Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 15 ff. und Hengeler, ZHR 147 (1983), 329 m.w.N.; Übersicht bei Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 126 ff.; a.A. Herrmann, ZHR 147 (1983), 313. 32 Verneinend RG v. 8.1.1896 – I 294/96, ZHR 48 (1899), 344 und Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 8; dagegen Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil, S. 194. 33 BGH v. 29.10.1952 – II ZR 16/52, BGHZ 7, 378; BFH v. 19.9.1974 – IV R 95/73, BFHE 113, 558; ausdrücklich bereits A. Hueck, ZHR 83 (1920), 1 (9). 34 Herrmann, ZHR 147 (1983), 313. 35 Herrmann, ZHR 147 (1983), 313 (321, 327). 36 Hengeler, ZHR 147 (1983), 329.

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Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters | Rz. 7.21 § 7

nen und dieser es anschließend als Einlage in die Gesellschaft einbringen würde37. Die einfache Umbuchung verkürze diesen wirtschaftlich gewollten Vorgang nur. Aber auch rechtlich ließe sich die Einlageleistung des stillen Gesellschafters darstellen: Der Geschäftsinhaber verspricht dem Stillen schenkweise den Einlagebetrag, und dieser rechnet die Forderung mit der aus dem geschlossenen Gesellschaftsvertrag entspringenden Einlageverpflichtung auf38. Maßgeblich ist auch hier die oben vorgenommene Unterscheidung zwischen Einlage und Beitrag und die Feststellung, dass es keine beitragslose, wohl aber eine stille Gesellschaft ohne persönliche Einlageleistung des Stillen geben kann. Es ist nämlich nicht erforderlich, dass die Leistung der Einlage durch den stillen Gesellschafter selbst zu erfolgen hat. Entscheidend ist nur, dass der Stille eine Einlage hält, und nicht, dass er sie auch persönlich leistet39. Der in diesem Zusammenhang etwas missverständlich formulierte § 230 HGB besagt lediglich, dass eine von Seiten des Stillen erfolgende Einlageleistung der Natur der stillen Gesellschaft als reiner Innengesellschaft entsprechend nicht in das Vermögen der Gesellschaft, sondern das Vermögen des Geschäftsinhabers übergeht40. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass die Einlageleistung stets durch den stillen Gesellschafter selbst vorgenommen werden muss. Der Beitrag des Stillen besteht in den Fällen der schenkweisen Einbuchung darin, dass er die ihm zugewandte Vermögenseinlage im Handelsgewerbe belässt41.

7.20

Darüber hinaus herrscht Streit in der Frage, inwieweit der Einbuchungsvorgang dem notariellen Beurkundungserfordernis des § 518 BGB unterliegt. Der BGH42, dem sich die Steuerrechtsprechung43 angeschlossen hat, geht insoweit davon aus, dass es sich bei der Einbuchung um eine unentgeltliche Zuwendung des Geschäftsinhabers an den Dritten handele, die der Form des § 518 BGB bedürfe. Da in der Einbuchung des Anteils keine Bewirkung der versprochenen Leistung zu sehen sei, müsse dieses Versprechen, um Rechtswirksamkeit zu erlangen, notariell beurkundet werden. Maßgebend für das Erfordernis der notariellen Beurkundung soll der Charakter der stillen Gesellschaft als Innengesellschaft ohne Gesellschaftsvermögen sein. Bei derartigen Innengesellschaften liege das Vermögen in der Hand eines der Gesellschafter ohne dingliche Beteiligung des anderen; dessen Rechte seien allein schuldrechtlicher Natur und eine dingliche Vermögensübertragung sei nicht gewollt. Ein auf die Einräumung einer

7.21

37 Hengeler, ZHR 147 (1983), 329 (332). 38 Ähnlich bereits A. Hueck, ZHR 83 (1920), 1 (11 f.). 39 So auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II 1d; vgl. auch K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 143; Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 1. 40 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 16, 237; Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 21; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 28; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 11. 41 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 143; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 130; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 230 HGB Rz. 24. 42 BGH v. 29.10.1952 – II ZR 16/52, BGHZ 7, 378 (380); BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (179) = DB 1952, 947; bestätigt durch BGH v. 6.3.1967 – II ZR 180/65, WM 1967, 685 = DB 1967, 1258. 43 Vgl. dazu BFH v. 19.9.1974 – IV R 95/73, BFHE 113, 558 (563) sowie Rz. 9.25 ff.

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§ 7 Rz. 7.21 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

stillen Beteiligung gerichtetes Schenkungsversprechen des Inhabers könne daher durch die buchmäßige Berücksichtigung nicht geheilt werden, da hier nur die eine schuldrechtliche Verpflichtung aus dem Schenkungsversprechen durch die andere schuldrechtliche Verpflichtung aus der stillen Gesellschaft ersetzt werde44.

7.22 Im Schrifttum ist die Ansicht des BGH nur von wenigen begrüßt45, von anderen zumindest eingeschränkt46 und von den meisten abgelehnt47 worden. Kritisch wurde zunächst angemerkt, dass die unentgeltliche Beteiligung an einer Außengesellschaft (OHG, KG) mit Abschluss des Vertrages vollzogen sei, sodass – auch wenn eine Schenkung vorliege – Heilung der Nichtigkeit nach § 518 Abs. 2 BGB eintrete. Zwar bedeute bei der Innengesellschaft die Umbuchung des Vermögensanteils noch nicht die Bewirkung der versprochenen Leistung, wohl aber die Einräumung des Gesellschaftsverhältnisses. Mit der Begründung der Mitgliedschaft sei die Schenkung vollzogen48. Zum Zweiten wird angeführt, dass der Stille durchaus eine Einlage leiste. Das Gesetz verbiete ihm nämlich nicht, seine Einlagen aus Vermögenswerten zu bestreiten, die ihm von Dritten – so auch vom Geschäftsinhaber – zur Verfügung gestellt worden seien. So könne er z.B. auch Geldbeträge, die ihm vom Geschäftsinhaber schenkweise überlassen wurden, als Einlage in die Gesellschaft einbringen. Es sei purer Formalismus, den unnötigen Umweg über eine derartige doppelte Übereignung des Einlagebetrages zu verlangen. Es müsse dem Stillen auch gestattet werden, diesen Geldbetrag gleich in der Gesellschaft zu belassen49. Weiterhin wird darauf verwiesen, dass mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags und der Umbuchung des Einlagebetrages vom Kapitalkonto des Geschäftsinhabers auf das Einlagekonto des Stillen nicht nur ein Schenkungsversprechen seitens des Geschäftsinhabers gegenüber dem Stillen abgegeben, sondern diesem auch gleichzeitig die mitgliedschaftliche Rechtsstellung eines Gesellschafters vermittelt werde. Diese Stellung werde bereits durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrags geschaffen und nicht erst, wie der BGH meine, versprochen. Der Geschäftsinhaber könne nicht mehr tun, als die stille Beteiligung

44 Vgl. hierzu ausführlich Chiusi in Staudinger, Neubearbeitung 2013, § 518 BGB Rz. 43 ff. 45 Herrmann, ZHR 147 (1983), 313 (317 ff.); Hadding/Kießling in Soergel, 13. Aufl. 2012, § 705 BGB Rz. 12; Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil, S. 154 ff.; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 106. 46 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 III 1a. (Einschränkung auf die typische stille Gesellschaft, welche sich in einem qualifizierten Kreditverhältnis erschöpfe und keine dem Kommanditisten ähnliche Beteiligung verschaffe); K. Schmidt, DB 2002, 829 sowie im Folgenden auch K. Schmidt, DB 2002, 829 (834) und K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 100 ff. (Formbedürftigkeit allein der schenkweisen Einbuchung des typisch stillen Gesellschafters durch einen Einzelunternehmer, da es nur dann an einem echten Vermögenstransfer fehle). 47 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 128; Schäfer in MünchKomm/BGB, § 705 BGB Rz. 45; Würdinger, JZ 1953, 226 (227); Hengeler, ZHR 147 (1983), 329; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 37; a.A. Chiusi in Staudinger, Neubearbeitung 2013, § 518 BGB Rz. 43 ff., der sich im Ergebnis der Rechtsprechung anschließt. 48 So z.B. Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 128. 49 Hengeler, ZHR 147 (1983), 329 (332).

128 | Kauffeld

Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters | Rz. 7.26 § 7

durch die Einbuchung einzuräumen. Hierin liege daher der Vollzug des Schenkungsversprechens, so dass eine fehlende notarielle Beurkundung geheilt werde50. Ob der BGH für den Fall einer neuen Entscheidungsmöglichkeit an seiner alten Rechtsprechung, wonach er im Ergebnis für Innengesellschaften schlechthin eine Heilungsmöglichkeit verneint, festhalten würde, ist zu bezweifeln. Denn hiermit setzt sich der BGH zum einen in Widerspruch zu seiner sonstigen Rechtsprechung, mit der er etwa bei der Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf die atypische51 und die typische52 stille Gesellschaft durchaus eine gesellschaftliche Verfestigung der stillen Gesellschaft anerkannt hat.

7.23

Eine Perpetuierung der Rechtsprechung durch den BGH würde auch in Widerspruch zu der die Unterbeteiligung betreffenden Entscheidung des BGH im Fall Suhrkamp stehen, wonach bei der schenkweisen Zuwendung einer Unterbeteiligung von einem heilenden Vollzug auszugehen sei, wenn nicht nur schuldrechtliche Ansprüche, sondern auch mitgliedschaftliche Mitwirkungsrechte eingeräumt würden53. Der BFH hat diese Entscheidung bestätigt, fortentwickelt und die Möglichkeit der Heilung explizit auch auf die atypisch stille Gesellschaft übertragen54. Insofern sollte zumindest die schenkweise Einbuchung eines atypisch stillen Gesellschafters einen möglichen Formmangel durch Vollzug i.S. von § 518 Abs. 2 BGB heilen, weil auch bei ihr eine über das rein schuldrechtliche Verhältnis hinausgehende mitgliedschaftliche Rechtsposition eingeräumt wird55. Schließlich ist auch vom Schutzgedanken des § 518 BGB her die Verneinung der Heilungsmöglichkeit nicht geboten, da die Einbuchung der Beteiligung des Stillen (insbesondere gegenüber der Finanzverwaltung) durchaus einen Publizitätsakt darstellt, in dem sich der Erfüllungswille des Schenkers dokumentiert.

7.24

Angesichts der noch nicht aufgegebenen Rechtsprechung des BGH werden die Beteiligten jedoch einstweilen gut daran tun, den Gesellschaftsvertrag gemäß § 518 Abs. 1 BGB notariell beurkunden zu lassen, wenn jemand in der vorerwähnten Weise unentgeltlich beteiligt werden soll. Es empfiehlt sich auch, unter diesem Gesichtspunkt die Verhältnisse der Vergangenheit zu überprüfen, damit nicht wie im Fall Suhrkamp aus Anlass von Erbfällen die formlos eingeräumte Beteiligung hinsichtlich ihrer gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen angezweifelt werden kann.

7.25

Eine gemischte Schenkung56 ist gegeben, wenn der Inhaber, was handelsrechtlich zulässig ist (vgl. Rz. 7.68 ff.), die Vermögenseinlage höher bewertet, als es ihrem Ver-

7.26

50 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 128; Würdinger, JZ 1953, 226 (227); Schäfer in MünchKomm/BGB, § 705 BGB Rz. 45; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 37. 51 BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157. 52 BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5. 53 BGH v. 29.11.2011 – II ZR 306/09, NZG 2012, 222 (224 f.) mit Anm. Blaurock, NZG 2012, 521 sowie Strnad, ZEV 2012, 394; ähnlich bereits BFH v. 16.1.2008 – II R 10/06, NJWRR 2008, 986. 54 BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, DStR 2014, 2111. 55 So bereits K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 III 1a; im Lichte der jüngsten Rspr. auch Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 11 f. („konsequenterweise“). 56 Hierzu Weidenkaff in Palandt, § 516 BGB Rz. 13 ff.

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§ 7 Rz. 7.26 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

kehrswert entspricht, wie umgekehrt eine Schenkung des stillen Gesellschafters an den Inhaber anzunehmen ist, wenn seine Vermögenseinlage zu gering bewertet wird. Eine gemischte Schenkung kann auch darin gesehen werden, dass dem stillen Gesellschafter eine Gewinnbeteiligung zugesprochen wird, die nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem Wert der von ihm erbrachten Einlage steht.

7.27 Auch die Aufnahme eines lediglich seine Arbeitskraft (hierzu Rz. 7.38 ff.) einbringenden stillen Gesellschafters unter Beteiligung am Gewinn kann, wie bereits der Reichsfinanzhof feststellte, eine Schenkung sein57. 7.28 Aus der Entscheidung des RFH, die in erster Linie eine atypische stille Beteiligung betrifft, aber auch für die typische stille Gesellschaft gilt, ergibt sich, dass eine freigebige Bereicherung des stillen Gesellschafters auf Kosten des Inhabers gegeben ist, wenn die Gewinnbeteiligung so hoch ist, dass sie durch den Wert der Gesellschafterpflichten keinen Ausgleich findet. Die Bereicherung besteht in dem Recht des stillen Gesellschafters auf den Teil der Gewinnbezüge, dem keine Beitragsleistung gegenübersteht. Hinzukommen muss als weitere Voraussetzung für die Feststellung einer Schenkung in subjektiver Hinsicht, dass der Inhaber das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung erkannt und die freigebige Bereicherung des stillen Gesellschafters als Erfolg seines Handelns gewollt hat. Dass dem stillen Gesellschafter die Früchte seiner Arbeit teilweise selbst zufallen und dass er auch von der Arbeit des Inhabers Vorteile hat, spielt für die Beurteilung keine Rolle. Solche Verhältnisse sind immer gegeben, wenn sich mehrere zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles zusammenschließen. Entscheidend ist einzig und allein, ob jeder Vertragsteil zur Erreichung des gemeinschaftlichen Zwecks wertmäßig so viel beisteuert, wie ihm Vorteile erwachsen, oder ob über den Zweck des Zusammenschlusses hinaus eine besondere vermögensrechtliche Bevorzugung eines Beteiligten auf Kosten des anderen gewollt und erreicht wird. Nur dann kann von einer Schenkung gesprochen werden. 7.29 Bei Einräumung einer atypischen stillen Beteiligung durch Einbringung der Arbeitskraft wird also das Gewinnbezugsrecht in der Regel nicht geschenkt, da regelmäßig die Arbeitsleistung als angemessene Beitragsleistung anzusehen ist58. 7.30 Gemäß § 1624 Abs. 1 BGB gilt nicht als Schenkung, was einem Kinde mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung von dem Vater oder der Mutter zugewendet wird (Ausstattung). Demgemäß bedarf ein Ausstattungsversprechen keiner notariellen Beurkundung. Gegenstand einer Ausstattung oder eines Ausstattungsversprechens kann auch die Einräumung einer stillen Beteiligung oder einer Unterbeteiligung sein. Ausstattung oder Ausstattungsversprechen können aber nur vorliegen, wenn die Verheiratung oder die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung in Aussicht steht oder in greifbare Nähe gerückt ist, denn vorher können die Eltern nicht übersehen, was das Kind zur Begründung oder Erhaltung der

57 RFH v. 7.11.1940 – IIIe 18/40, RStBl. 1941, 71; vgl. auch Petzoldt, § 7 ErbStG Rz. 163. 58 FG München v. 21.3.1967 – II 53/66, EFG 1967, 523; vgl. auch Petzoldt, § 7 ErbStG Rz. 201.

130 | Kauffeld

Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters | Rz. 7.34 § 7

Wirtschaft oder der Lebensstellung künftig einmal benötigen wird59. Daraus ergibt sich, dass die Zuwendung einer stillen Beteiligung oder einer Unterbeteiligung an ein noch nicht volljähriges Kind – von besonderen Ausnahmefällen abgesehen – keine Ausstattung i.S. des § 1624 Abs. 1 BGB darstellt. b) Beitragsleistung durch nicht bilanzierungsfähige Beiträge aa) Gebrauchsüberlassung Der vom stillen Gesellschafter zu leistende Beitrag kann auch in einer Gebrauchsüberlassung (sog. Einbringung quoad usum) liegen. Sie stellt entgegen der h.M.60 grundsätzlich keine Vermögenseinlage dar61. Im Falle der Gebrauchsüberlassung findet die Übertragung eines Gegenstandes auf den Geschäftsinhaber zur Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes nicht durch eine Übertragung des Eigentums statt, sondern dadurch, dass ihm der Besitz oder zumindest ein Anspruch auf Überlassung der Sache oder des Rechts, soweit dies zum Gebrauch notwendig ist, eingeräumt wird. Hierdurch wird der Inhaber zumindest in die Lage versetzt, im Interesse der Verwirklichung des Gesellschaftszwecks von den ihm zum Gebrauch überlassenen Vermögenswerten jederzeit ungehindert Gebrauch zu machen.

7.31

Der Geschäftsinhaber darf aber von der Sache oder dem Recht nur den durch den Gesellschaftszweck gestatteten Gebrauch machen. Anderenfalls muss der stille Gesellschafter zustimmen. Die Unterhaltungspflicht bestimmt sich nach dem Gesellschaftsvertrag. Veräußert der stille Gesellschafter ein dem Inhaber zum Gebrauch überlassenes Grundstück während der Dauer der Gesellschaft, so braucht dieser das Grundstück dem Erwerber nicht herauszugeben, solange das Gesellschaftsverhältnis fortbesteht (§ 566 Abs. 1, § 986 Abs. 1 BGB).

7.32

Inwieweit der stille Gesellschafter seine Rechte an dem eingelegten Gegenstand aufgeben muss, bestimmt sich nach dem Gesellschaftsvertrag. So kann der stille Gesellschafter, wenn dem Geschäftsinhaber zur Verfolgung des Gesellschaftszweckes nur ein Mitbenutzungsrecht eingeräumt worden ist, weiterhin das Grundstück oder den Gegenstand als Mitbenutzungsberechtigter nutzen62.

7.33

Bei der Gebrauchsüberlassung trägt der stille Gesellschafter die Gefahr des zufälligen Untergangs. Er ist aber, wenn er seine vereinbarte Einlage ordnungsgemäß erbracht hat, nicht verpflichtet, anstelle des untergegangenen oder verschlechterten Gegenstandes einen anderen Gegenstand als Ersatz einzubringen (§ 707 BGB). Dass er deswegen seinen Gewinnanteil zu einem entsprechenden Teil verliert, ist nach dem vermutlichen Willen der Beteiligten nicht anzunehmen. Nach Sinn und Zweck des

7.34

59 KG v. 30.10.1962 – 6 U 1003/62, FamRZ 1963, 449. 60 Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 108; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 52. 61 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 149; Seffer/Ehrhardt in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 83 Rz. 12. 62 Zur Zulässigkeit des Bruchteilseigentums von Inhaber und stillem Gesellschafter an einzelnen Gegenständen vgl. BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157.

Kauffeld | 131

§ 7 Rz. 7.34 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Gesellschaftsvertrags trifft der Verlust des Gebrauchs daher auch den Inhaber des Handelsgeschäfts. Auf die Sachmängelgewährleistung des Stillen wird unten noch eigens eingegangen (siehe Rz. 7.57).

7.35 Werden Gegenstände in Vollziehung der Einlageverpflichtung dem Inhaber zum Gebrauch überlassen, so können sich Abgrenzungsschwierigkeiten gegenüber anderen Rechtsinstituten ergeben, insbesondere gegenüber den partiarischen Verträgen (dazu Rz. 5.16 ff.). Entstehen Zweifel darüber, ob die Einlage zu Eigentum übertragen oder nur zum Gebrauch überlassen worden ist, so findet die Auslegungsvorschrift des § 706 Abs. 2 BGB sinngemäße Anwendung. Danach ist eine Eigentumsübertragung anzunehmen, wenn es sich um vertretbare oder verbrauchbare Sachen handelt oder wenn Gegenstand der Einlage nicht vertretbare oder nicht verbrauchbare Sachen sind, denen eine Schätzung beigefügt ist, die nicht nur der Gewinnverteilung dienen soll. Es ist ratsam, im Gesellschaftsvertrag eindeutige Vereinbarungen darüber zu treffen, ob die einzubringenden Gegenstände dem Recht oder nur dem Gebrauch nach auf den Geschäftsinhaber übertragen werden sollen. bb) Einbringung eines Vermögensgegenstandes dem Werte nach

7.36 Die Einbringung dem Werte nach (sog. Einbringung quoad sortem)63 richtet sich darauf, der stillen Gesellschaft ohne Eigentumsübertragung den wirtschaftlichen Wert einer Sache zur Verfügung zu stellen. Der im Eigentum des Stillen verbleibende Gegenstand wird nicht nur zur Nutzung und zum Gebrauch überlassen, sondern zusätzlich dem Werte nach in die Gesellschaft eingebracht, d.h. der Stille ist zudem verpflichtet, im Innenverhältnis den Wert der Vermögensgegenstände zur Verfügung zu stellen. So tritt eine Wertsteigerung bzw. ein Wertverlust des eingebrachten Vermögensgegenstands wie bei der Einbringung quoad usum zunächst im Vermögen des in der Eigentumsposition verbliebenen stillen Gesellschafters ein. Der Stille ist jedoch schuldrechtlich verpflichtet, den Inhaber durch eine Ausgleichszahlung so zu stellen, als hätte dieser von Wertsteigerung profitiert bzw. den Wertverlust erlitten64. Die Einbringung quoad sortem stellt mithin eine Zwischenform zwischen Gebrauchsüberlassung und Übereignung dar65. Bei ihr fallen die dingliche und die schuldrechtliche bzw. wirtschaftliche Lage auseinander. 7.37 Praktische Bedeutung hat diese Form der Beitragsleistung insbesondere für die Einbringung von Grundstücken erlangt, da hierdurch wegen der unterbleibenden Eigentumsübertragung Kosten und Steuern gespart werden können. Fehlt es bei der Leistung einer Grundstückseinlage an der erforderlichen notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrags und wurde dieser Mangel nicht nach § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB

63 Vgl. dazu insgesamt Berninger, Die Societas Quoad Sortem; Blaurock/Berninger, JZ 1992, 614 (621) und Schäfer in MünchKomm/BGB, § 706 BGB Rz. 12; zur Darstellung der Einlage in der Handelsbilanz siehe Reinhardt, DStR 1991, 588. 64 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 224. 65 Für die Behandlung der aus dieser „Zwitterstellung“ folgenden Probleme ist hier kein Raum. Ausführlich zur Einbringung quoad sortem: Berninger, Die Societas Quoad Sortem.

132 | Kauffeld

Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters | Rz. 7.40 § 7

geheilt, ist darüber hinaus eine Umdeutung der Einbringung quoad dominium in eine Einbringung quoad sortem denkbar (§ 140 BGB). cc) Dienstleistungen Der Beitrag des stillen Gesellschafters kann auch in Dienstleistungen bestehen66. Dieser Beitrag stellt entgegen der h.M.67 ebenfalls grundsätzlich keine Vermögenseinlage dar68. Um eine Vermögenseinlage handelt es sich nur, wenn für die zu erbringende Dienstleistung ein Entgelt festgesetzt wird, das als Einlage des stillen Gesellschafters verrechnet werden kann (Rz. 7.12)69. Aufgrund vergangener Dienstleistungen kann dem Stillen eine Beteiligung nur durch eine Geldeinlage, die durch Verrechnung mit einer offenen Gehaltsforderung oder einem nachträglich vereinbarten Gehalt erbracht wird, eingeräumt werden70. Neben der Gewinnbeteiligung kann für die Tätigkeit des stillen Gesellschafters schließlich auch eine Sondervergütung vereinbart werden.

7.38

Nicht jede Dienstleistung zur Förderung eines fremden Handelsgeschäftes begründet jedoch eine stille Gesellschaft. So kann auch ein nicht formbedürftiges Gehaltsversprechen vorliegen, ein Dienstvertrag mit Gewinnbeteiligung oder ein aufschiebend bedingter Beteiligungsvertrag. Die Abgrenzung dieser Typen untereinander und zur stillen Gesellschaft muss aufgrund der besonderen Umstände des einzelnen Falles getroffen werden (siehe dazu Rz. 5.39 ff.).

7.39

Soweit die Dienstleistungen allein zum Zwecke der Verrechnung mit der Einlage erbracht werden, ist der Stille ausschließlich in der Eigenschaft eines gewinnbeteiligten Gesellschafters tätig; er ist weder Arbeitnehmer noch Angestellter. Hiervon ist insbesondere dann auszugehen, wenn sich die Höhe des Arbeitsentgelts nach dem jeweiligen Geschäftsergebnis richten soll, also eine schwankende Vergütung bezogen wird. Ist hingegen ein fester Arbeitslohn vereinbart und soll dieser zur Tilgung der Vermögenseinlage übertragen, also nicht ausgezahlt werden, so liegen Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis nebeneinander vor. Aus dem Arbeitsverhältnis ergeben sich dann die üblichen beiderseitigen Rechte und Pflichten.

7.40

66 Vgl. hierzu beispielsweise den der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 1.3.2016 – 10 U 105/15, ZIP 2016, 1437 zugrundeliegenden Sachverhalt, in dem sich ein stiller Gesellschafter als Beitrag zur künftigen Erbringung von Werkleistungen in Form von Architektenleistungen verpflichtet hatte. 67 Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 108; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 52. 68 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 149; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 224. 69 So nun auch BFH v. 10.7.2001 – VIII R 45/98, BFHE 196, 103 = DB 2001, 2072; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 149; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 224. 70 BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (181); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 151; Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 20; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 224.

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§ 7 Rz. 7.41 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

7.41 Bei Verpflichtungen zu nur gelegentlichen Dienstleistungen oder zur Übernahme einer Aushilfstätigkeit ist genauestens zu prüfen, ob ein Gesellschaftszweck gegeben ist und dieser Beitrag den Gesellschaftszweck fördern kann. Bei der Beteiligung von Familienangehörigen als stillen Gesellschaftern bedarf es der besonderen Prüfung, ob deren Tätigkeit dem gemeinsamen Gesellschaftszweck zu dienen bestimmt ist und diesem objektiv förderlich ist. Dies ist auch Voraussetzung der Anerkennung der stillen Familiengesellschaft im Steuerrecht (vgl. hierzu Rz. 21.7 ff.). 7.42 Der Stille wird durch eine Beitragsleistung in der Form von Dienstleistungen nicht zu einem Arbeitnehmer i.S. des Arbeits-, Sozial- und Steuerrechts, so dass die Regelungen über den Kündigungsschutz, die Arbeitnehmerhaftung, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Arbeitnehmerprivilegien in der Insolvenz, die Sozialversicherungspflicht und die Lohnsteuer zunächst keine Anwendung finden. Die Geltung arbeitsrechtlicher Vorschriften kann sich aber aus einem Nebeneinander von Arbeitsverhältnis und Gesellschaftsverhältnis ergeben71. Darüber hinaus kann die Anwendung einzelner arbeitsrechtlicher Vorschriften im Gesellschaftervertrag vereinbart werden72. Insbesondere ist insoweit an die Schutzvorschriften des § 618 BGB zu denken, während die Kündigungsvorschriften der §§ 621 ff. BGB durch § 234 HGB abgelöst werden. Die Haftung des aufgrund des Gesellschaftsvertrags zu Dienstleistungen verpflichteten stillen Gesellschafters bestimmt sich nach § 708 BGB; damit ist in der Regel die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen. Das Unmöglichwerden der Dienste kann zur Auflösung der Gesellschaft aus wichtigem Grunde führen. Ein Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses besteht nicht. dd) Einräumung eines Geld- oder Warenkredits

7.43 Des Weiteren kann der Beitrag des Stillen in der Einräumung eines Geld- oder Warenkredits bestehen, wenn dieser eine gesellschaftsrechtliche Leistung des stillen Gesellschafters darstellt. Von einem selbständigen, in Geld abschätzbaren Vermögenswert kann insbesondere dann ausgegangen werden, wenn dieser Kredit zu besonders günstigen Konditionen eingeräumt wird. Entscheidend werden hier immer die Umstände des jeweiligen Einzelfalles sein. ee) Unterlassungen

7.44 Als Beitrag des Stillen kommt weiterhin die Übernahme der Verpflichtung, ein bestimmtes Geschäft nicht zu beliefern73 oder auf Wettbewerb zu verzichten, in Betracht.

71 Vgl. BSG v. 24.1.2007 – B 12 KR 31/06 R, NZS 2007, 648: Zur Sozialversicherungspflicht eines stillen Gesellschafters mit Anstellungsvertrag. 72 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 224. 73 RG v. 2.10.1924 – II 600/23, Recht 1925, 28 Nr. 5.

134 | Kauffeld

Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters | Rz. 7.48 § 7

ff) Immaterielle Beiträge Schließlich ist die Beitragsleistung durch die Überlassung von Bezugsquellen74, Geschäftsgeheimnissen, Kundschaft, Know-how75 und des Firmenrechts, soweit es übertragbar ist (§ 23 HGB), zulässig.

7.45

2. Zeitpunkt der Beitragsleistung Wann die Vermögenseinlage zu leisten ist, bestimmt sich nach dem Gesellschaftsvertrag. Enthält dieser keine Bestimmungen, so ist sie im Zweifel sofort zu leisten (§ 271 Abs. 1 BGB)76. Für die Folgen des Verzugs mit der Beitragsleistung gelten die allgemeinen Regelungen (Rz. 7.54 f.). Den stillen Gesellschafter kann auch eine Vorleistungspflicht treffen. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn seine Einlage nach dem Gesellschaftsvertrag zum Erwerb des Handelsgeschäfts verwendet werden soll. Der Anspruch auf die Beitragsleistung verjährt – sowohl bei der typischen als auch bei der atypischen stillen Gesellschaft – nach den §§ 195, 199 BGB. § 159 HGB findet mangels planwidriger Regelungslücke und Vergleichbarkeit keine analoge Anwendung77. Bei stillen Beteiligungen am Handelsgewerbe einer GmbH (GmbH & Still) bzw. Aktiengesellschaft (AG & Still) wird zwar teilweise die analoge Anwendung von § 19 Abs. 6 GmbHG bzw. § 54 Abs. 4 AktG in Erwägung gezogen, doch besteht auch insoweit kein Gleichbehandlungsgebot, weil die Beitragsleistung des Stillen nicht Teil einer unter Kapitalschutzüberlegungen im Aktien- und GmbH-Recht besonders geregelten Kapitalaufbringung ist78.

7.46

Verschlechtern sich die Vermögensverhältnisse des Inhabers, bevor der stille Gesellschafter seine Vermögenseinlage geleistet hat, so steht ihm in der einem Austauschvertrag nahekommenden zweigliedrigen Gesellschaft ein Leistungsverweigerungsrecht zu, bis der Inhaber das Handelsgeschäft mit den im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Mitteln ausgestattet oder ihm für seine Einlage Sicherheit bestellt hat (§ 321 BGB analog)79.

7.47

Verschlechtert sich die Vermögenslage des Inhabers erst, nachdem der stille Gesellschafter seine Vermögenseinlage erbracht hat, so kann er den Gesellschaftsvertrag aus wichtigem Grunde kündigen (§ 234 Abs. 1 HGB). Da jedoch die Kündigung das Ge-

7.48

74 RG v. 14.3.1919 – II 393/18, RGZ 95, 147 (150). 75 BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BFHE 115, 518 = BStBl. II 1975, 611 = StRK GewStG § 8 Nr. 2–9 R. 121 m. Anm. Paulick. 76 Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 36; Wedemann in Oetker, § 230 HGB Rz. 87. 77 BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, NZG 2010, 823; OLG Schleswig v. 30.10.2008 – 5 U 66/ 08, NZG 2009, 256 (258); Wedemann in Oetker, § 230 HGB Rz. 87; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 36. 78 BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, NZG 2010, 823; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 106; a.A. K. Schmidt, NZG 2009, 361 (363); Berninger, DStR 2010, 2359 (2362 f.); Partikel in Heidel/Schall, § 230 HGB Rz. 31. 79 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 157 f.

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§ 7 Rz. 7.48 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

sellschaftsverhältnis nur für die Zukunft beendet, muss er einen bereits entstandenen Verlust nach Maßgabe seiner Verlustbeteiligung tragen.

7.49 Im Übrigen bleibt es dem stillen Gesellschafter unbenommen, sich gegen das Risiko abzusichern, das mit der Übertragung seiner Einlage in das Alleinvermögen des Geschäftsinhabers entsteht. Als Sicherungsmaßnahme kann alles vereinbart werden, was nur die Einlage als Vermögenswert in der Hand des Geschäftsinhabers belässt, solange er sich vertragstreu verhält80. 3. Störungen der Beitragsleistung a) Gesetzwidrigkeit oder Sittenwidrigkeit

7.50 Die Gesetz- oder Sittenwidrigkeit der Beitragsleistung führt zur Nichtigkeit (§§ 134, 138 BGB). Nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft (Rz. 11.5 ff.) kommt es dadurch allerdings grundsätzlich nicht zur Rückabwicklung der Gesellschaft, sondern nur zu deren Auflösung und Abwicklung ex nunc. b) Unmöglichkeit

7.51 Die Unmöglichkeit der Beitragsleistung führt zum Erlöschen der primären Leistungspflicht (§ 275 Abs. 1 BGB). Im Falle des § 285 BGB hat der stille Gesellschafter auf Verlangen des Geschäftsinhabers den Ersatz bzw. Ersatzanspruch (stellvertretendes commodum) zur Verfügung zu stellen. Er ist hierzu zum Erhalt seiner eigenen Ansprüche auch berechtigt, sofern die Annahme des Surrogats dem Geschäftsinhaber zumutbar ist. Zum Schadensersatz ist der Stille nur verpflichtet, wenn er die Unmöglichkeit nach Maßgabe von § 708 BGB zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1, 3, § 283 BGB)81. Bei einer beiderseits nicht zu vertretenden Unmöglichkeit ohne Ersatzleistung stellt sich die Frage, ob der Stille seine Ansprüche auf Einlagegutschrift und Gewinnbeteiligung nach § 326 Abs. 1 BGB analog verliert oder ob er statt der unmöglich gewordenen Sacheinlage zur Leistung eines entsprechenden Geldbetrags oder eines anderen tauglichen Surrogats berechtigt und verpflichtet ist. Das Zweite ist jedenfalls anzunehmen, wenn der stille Gesellschafter nach dem Parteiwillen einen bestimmten Vermögenswert einlegen sollte und die unmöglich gewordene Leistung nur die in erster Linie vorgesehene Beitragsform war. Es sollte auch gelten, wenn der leistungspflichtige stille Gesellschafter ein Interesse an der Aufrechterhaltung der Gesellschaft hat und daher bereit ist, statt seiner unmöglich gewordenen Leistung eine andere Sach- oder Geldleistung zu erbringen, deren Annahme dem Geschäftsinhaber zuzumuten ist. Das Recht zur fristlosen Kündigung nach § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB i.V.m. § 723 BGB82 bietet dem Geschäftsinhaber dabei einen ausreichenden Schutz seiner Interessen83. Die zur Auflösung ex nunc führende Kündigung hat zudem den Vorteil, dass sie die Rückabwicklung einer bereits in Vollzug gesetzten Gesellschaft vermeidet (vgl. dazu 80 Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 54. 81 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 160. 82 RG v. 20.10.1934 – I 264/33, RGZ 145, 274 (283); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 160. 83 Hierzu Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 71 m.w.N.

136 | Kauffeld

Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters | Rz. 7.56 § 7

auch Rz. 11.5 ff.). Daher wird jedenfalls in diesen Fällen der Rücktritt nach § 326 Abs. 5 i.V.m. § 323 Abs. 1 BGB verdrängt84. Hat der Geschäftsinhaber die Unmöglichkeit zu vertreten (auch hier gilt § 708 BGB), bleibt er nicht nur zur Gewinnbeteiligung des Stillen verpflichtet (§ 326 Abs. 2 BGB analog), der stille Gesellschafter kann auch aus wichtigem Grunde fristlos kündigen (§ 234 Abs. 1 Satz 2 HGB i.V.m. § 723 BGB) und Schadensersatz verlangen (§ 280 Abs. 1, 3, § 283 BGB).

7.52

Vereitelt die Unmöglichkeit einer zentralen Beitragsleistung des stillen Gesellschafters gar die Verfolgung des Gesellschaftszwecks, wird die Gesellschaft ohnehin nach § 726 BGB ipso iure aufgelöst (Rz. 14.15 ff.).

7.53

c) Verzug Bei Verzug mit der Beitragsleistung haftet der säumige Gesellschafter dem anderen für den Verzugsschaden (§ 280 Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 286, 288 BGB, § 352 HGB). Außerdem kann der Verzug wichtiger Grund zur Kündigung sein, ein Lösungsrecht nach § 323 BGB besteht nicht85.

7.54

Insbesondere in der zweigliedrigen stillen Gesellschaft stellt sich die Frage, ob dem Geschäftsinhaber hinsichtlich seiner Pflichten zur Einlagegutschrift und Gewinnbeteiligung die Einrede des nicht erfüllten Vertrages analog § 320 BGB zusteht, solange der Stille seine Beitragsleistung noch nicht (vollständig) erbracht hat, und ob diese Einrede umgekehrt dem stillen Gesellschafter zusteht, solange der Geschäftsinhaber seiner Geschäftsführungspflicht nicht nachkommt. Zwar ist die stille Gesellschaft im Gegensatz zum partiarischen Darlehen kein Austauschvertrag, sondern auf eine gemeinsame Zweckverfolgung hin angelegt, doch kommt gerade die zweigliedrige stille Gesellschaft einem Austauschvertrag sehr nahe. Die Analogie ist jedoch deshalb abzulehnen, weil sich der Betroffene bereits mit Hilfe des allgemeinen Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB hinreichend schützen kann und es damit an einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz fehlt86.

7.55

d) Mängelgewährleistung Weil das Einbringen einer Sache zu Eigentum Teil einer Leistungsvereinigung zur Erreichung des Gesellschaftszwecks und nicht Teil eines Leistungsaustauschs ist, kann das Kaufrecht nur entsprechende Anwendung finden. So sind auch die Vorschriften über die Mängelgewährleistung der Natur des Gesellschaftsverhältnisses entsprechend nur sinngemäß anwendbar. Danach kann im Falle einer mangelhaften Sacheinlage zunächst nur Nacherfüllung verlangt werden (§ 439 BGB). Im Übrigen sollte der Rück84 RG v. 11.2.1913 – II 461/12, RGZ 81, 303 (305 ff.); RG v. 16.1.1917 – II 345/16, RGZ 89, 333 ff.; RG v. 5.1.1926 – II 153/24, RGZ 112, 280 (283); vgl. auch Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 70. 85 OLG München v. 28.7.2000 – 23 U 4359/99, BB 2000, 2120 (2121); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 161. 86 Larenz, Schuldrecht II/2, § 60 I b m.w.N.

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7.56

§ 7 Rz. 7.56 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

tritt (Wandelung) nur bei sehr erheblichen Mängeln in Betracht kommen, wobei dann die mangelhafte Sache zurückzugeben und an ihrer Stelle der Wert der mangelfreien Sache einzubringen ist. Im Falle der Minderung findet keine relative Herabsetzung der Einlagegutschrift statt; vielmehr ist der Minderwert durch eine zusätzliche Geldeinlage auszugleichen. Es kommen die §§ 437 ff. BGB sinngemäß zur Anwendung. Es gelten die Verjährungsfristen bei der Gewährleistung nach Kaufrecht (§ 438 BGB analog), nach dem sich auch der Gefahrübergang bestimmt (§ 446 BGB analog)87. Hat der Stille handelbare bewegliche Sachen (Waren) zu Eigentum eingebracht, sollte den Geschäftsinhaber zudem die Rügeobliegenheit nach § 377 Abs. 1 HGB analog treffen, sofern auch der stille Gesellschafter Kaufmann ist – er ist es noch nicht allein aufgrund der stillen Beteiligung an dem Handelsgewerbe des anderen – und er den stillen Gesellschaftsvertrag für die Zwecke seines eigenen Handelsgewerbes abgeschlossen hat. Sind als Einlage in die Gesellschaft Architektenleistungen erbracht worden und sind diese mangelhaft, ergeben sich die Rechte gegen den mangelhaft leistenden Gesellschafter aus einer entsprechenden Anwendung der Gewährleistungsregeln des Werkvertrags (§§ 633 ff. BGB)88. Soweit die Architektenleistungen in einem solchen Fall als gesellschaftsvertragliche Beitragsverpflichtung zu erbringen waren, soll für die Frage der Verjährung der hieraus resultierenden Gewährleistungsrechte die werkvertragliche Verjährungsvorschrift des § 634a BGB gelten und nicht die Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB. Danach verjähren mangelbedingte Schadensersatzansprüche gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB in fünf Jahren, beginnend mit Abnahme des vom Stillen gegenüber der Geschäftsinhaberin geschuldeten Werks.

7.57 Ist der zum Gebrauch überlassene Gegenstand mit Mängeln behaftet, die den Gebrauch unmöglich machen oder beeinträchtigen, können grundsätzlich die §§ 536 ff. BGB analog herangezogen werden. Fraglich ist allerdings, ob die historisch bedingte strenge Garantiehaftung des Vermieters nach § 536a Abs. 1 Var. 1 BGB analogiefähig ist89. Die Minderung ist wie bei der analogen Anwendung des Kaufrechts zudem durch eine Ausgleichszahlung des stillen Gesellschafters zu ersetzen (Rz. 7.56). In jedem Fall sind schließlich die Kündigungsvorschriften des Mietrechts durch § 234 HGB und § 723 BGB verdrängt90. 7.58 Der Geschäftsinhaber hat gegen den stillen Gesellschafter einen unmittelbaren Anspruch auf Leistung des Gesellschaftsbeitrags in sein Vermögen. Daher kann der Geschäftsinhaber auch einen unmittelbaren Gewährleistungsanspruch im Fall einer mangelhaften Einlage direkt gegen den stillen Gesellschafter verfolgen und den Geschäftsinhaber auf die Erfüllung seiner Pflichten verklagen. 87 Wie hier Schäfer in MünchKomm/BGB, § 706 BGB Rz. 26 ff.; a.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 162: Vorrang des Gesellschaftsrechts. 88 OLG Stuttgart v. 1.3.2016 – 10 U 105/15, ZIP 2016, 1437 (1437). 89 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 162; a.A. Schäfer in MünchKomm/ BGB, § 706 BGB Rz. 28, der Schadensersatzfolgen alleine auf §§ 280, 281 BGB stützen will und bei fehlendem Verschulden auf Vertragsanpassung oder §§ 723, 737 BGB verweist. 90 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 162; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 232; a.A. Schäfer in MünchKomm/BGB, § 706 BGB Rz. 28.

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Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters | Rz. 7.62 § 7

Steht der Bestand der Gesellschaft in Streit und war die Einlageverpflichtung in Raten zu erfüllen, so ist gemäß § 3 ZPO als Streitwert die Höhe der gesamten Einlageverpflichtung zugrunde zu legen91. e) Sonstige Pflichtverletzungen des stillen Gesellschafters Eine sonstige Pflichtverletzung des Stillen (vgl. § 241 BGB) kann den Geschäftsinhaber ebenfalls zur Kündigung aus wichtigem Grund nach § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB i.V.m. § 723 BGB oder zum Schadensersatz nach § 280 BGB berechtigen.

7.59

f) Störungen von Seiten des Geschäftsinhabers Zu Störungen der Beitragsleistung von Seiten des Geschäftsinhabers kommt es namentlich in Fällen des Gläubigerverzugs, für den die allgemeinen Regeln gelten (§§ 293 ff. BGB). Besteht eine vertragliche Vereinbarung, nach der der Beitrag an einen Treuhänder zu leisten ist, der sicherstellen soll, dass der Beitrag zu einem bestimmten vereinbarten Zweck verwendet wird, und kündigt der Geschäftsinhaber seinerseits das Treuhandverhältnis, so ist der stille Gesellschafter zur Erbringung des Beitrags nicht mehr verpflichtet. Denn die Einschaltung des Treuhänders als Sicherung der vertragsmäßigen Verwendung des Beitrags ist in der Regel wesentliche Voraussetzung für die Beitragspflicht des stillen Gesellschafters. Durch die Kündigung des Treuhandverhältnisses ist diese Bedingung vom Geschäftsinhaber vereitelt worden. Zu einer Beteiligung ohne die vorgesehene Sicherung hat sich der stille Gesellschafter aber nicht verpflichtet92.

7.60

III. Die Folgen der Beitragsleistung 1. Begründung des Beteiligungsverhältnisses Aufgrund seiner Beitragsleistung ergibt sich für den stillen Gesellschafter ein schuldrechtliches Beteiligungsverhältnis, das zu den unabdingbaren Wesensmerkmalen der stillen Gesellschaft gehört93. Das Beteiligungsverhältnis ist im Gesellschaftsvertrag nach Art und Umfang zu bestimmen. Die Gesellschafter haben dabei insbesondere festzulegen, ob sich die schuldrechtliche Beteiligung auf den Gewinn und Verlust, nur auf den Gewinn oder auch auf Wertveränderungen des Geschäftsvermögens erstrecken soll. Die Ansprüche des stillen Gesellschafters auf Rückgewähr der Einlage und Gewinnbeteiligung können durch Bestellung einer Hypothek, eines Pfandrechts, durch Sicherungsübereignung oder Bürgschaft sichergestellt werden (Rz. 10.43).

7.61

Eine Abtretung der Beteiligung durch den stillen Gesellschafter ist nur mit Zustimmung des Geschäftsinhabers zulässig (§ 717 Satz 1 BGB)94. Um Unklarheiten aus-

7.62

91 OLG München v. 23.6.2005 – 7 U 1590/05, DB 2005, 1567. 92 OLG Hamm v. 5.3.1979 – 8 U 22/79, GmbHR 1979, 255. 93 RG v. 8.1.1896 – I 294/96, JW 1896, 76 = ZHR 48 (1899), 344; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 37. 94 Vgl. Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 230 HGB Rz. 26.

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§ 7 Rz. 7.62 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

zuschließen, sollte für den Fall der zulässigen Abtretung durch den stillen Gesellschafter vereinbart werden, dass die Abtretung dem Inhaber gegenüber nur wirksam ist, wenn sie ihm von beiden Vertragsparteien gemeinsam angezeigt wird.

7.63 Da die stille Gesellschaft nicht als solche nach außen auftreten kann, fehlt es bei ihr an einem gemeinschaftlichen Gesellschaftsvermögen95. Demzufolge sind die §§ 718, 719, 738 BGB, die das Vorhandensein eines Gesellschaftsvermögens voraussetzen, auf die stille Gesellschaft nicht anwendbar. Der stille Gesellschafter erlangt daher durch seine Beitragsleistung bzw. die stille Beteiligung keine dingliche Mitberechtigung am Vermögen des Geschäftsinhabers oder auch nur an dem im Handelsgeschäft gebundenen und dem Geschäftsinhaber zugeordneten Vermögen. Hinsichtlich dieser Vermögensmassen besteht weder eine gesamthänderische Berechtigung noch eine solche nach Bruchteilen. Auch der atypisch stille Gesellschafter hat wie ein Gläubiger lediglich obligatorische Ansprüche für den Zeitpunkt der Auseinandersetzung96, sodass auch er nicht intervenieren kann, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Geschäftsinhabers betrieben wird. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass auch bei der stillen Gesellschaft beiden Gesellschaftern an einzelnen Gegenständen Bruchteilseigentum zusteht, wenn nur das Geschäft selbst auf den Namen des Inhabers geführt wird und dieser als der alleinige Träger des Unternehmens erscheint97. 7.64 Die Beteiligung des stillen Gesellschafters ist mithin unabhängig von der dinglichen Vermögenslage zu betrachten. Für die Annahme einer Gesellschaft spielt es keine Rolle, dass es an einer Vermögensgemeinschaft fehlt. Wesensnotwendig ist für die Gesellschaft lediglich der gemeinsame Zweck und die Förderungspflicht98. Entscheidend ist also die Personengemeinschaft; sie ist gegenüber der Vermögensgemeinschaft primär. Im Rahmen einer Gesellschaft ist zwar die Vermögensgemeinschaft die Regel, sie ist aber nicht unentbehrlich und gegenüber der Personengemeinschaft sekundär99. 2. Gutschrift auf dem Einlagekonto a) Bedeutung der Gutschrift

7.65 Die Beitragsleistung ist von der Gutschrift des Einlagewertes auf dem Einlagekonto (auch Kapitalkonto) des Stillen zu unterscheiden100. Die Höhe der Gutschrift des Wertes der Einlage auf dem Einlagekonto des Stillen ist unabhängig vom tatsächlichen Wert der Beitragsleistung und kann als solche von den Gesellschaftern grund95 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 9; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 16; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 103. 96 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 80. 97 BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157 (161); K Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 9; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 16, 22; H.P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 322. 98 Schäfer in MünchKomm/BGB, § 705 BGB Rz. 128 f. 99 Schäfer in MünchKomm/BGB, § 705 BGB Rz. 280; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 14. 100 So auch Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 22; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II 1d.

140 | Kauffeld

Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters | Rz. 7.69 § 7

sätzlich frei vereinbart werden (dazu näher Rz. 7.68 ff.). Die im Gesellschaftsvertrag getroffene Bewertung der Vermögenseinlage müssen die Gesellschafter gegen sich gelten lassen. So können sie weder eine objektiv gerechtfertigte Erhöhung beanspruchen, noch brauchen sie sich eine Anpassung ihres Beteiligungswertes an die wirklichen Verhältnisse gefallen zu lassen. Die freie Vereinbarkeit des Wertes der Einlage beruht auf der Natur der stillen Gesellschaft als einer Innengesellschaft, bei der die Einlage des Stillen lediglich interne Bedeutung hat und anders als die Einlage des Kommanditisten keine für die Gesellschaftsgläubiger maßgebliche Haftsumme darstellt101. Aus diesem Grund findet auch keine Belastung des Einlagekontos im Falle teilweiser Rückständigkeit oder Rückgewähr der Beitragsleistung statt.

7.66

Der Höhe der Gutschrift auf dem Einlagekonto kommt für das interne Beteiligungsverhältnis des Stillen jedoch regelmäßig eine besondere Bedeutung zu, da nach dem Gesellschaftsvertrag die Gewinnverteilung vielfach auf der Grundlage der Kapitalkonten vorgenommen werden wird. Dies gilt auch für den Auseinandersetzungsanspruch, der dem stillen Gesellschafter im Falle der Auflösung zusteht, und für die Feststellung etwaiger Ersatzansprüche, wenn die Einlage in einer Gebrauchsüberlassung bestand und der Wert des überlassenen Gegenstandes durch ein vom Geschäftsinhaber zu vertretendes Verhalten beeinträchtigt worden ist102.

7.67

b) Höhe der Gutschrift aa) Grundsatz der freien Bewertung der Beitragsleistung Die Gutschrift des Wertes der Einlage des Stillen auf dessen Einlagekonto kann von den Gesellschaftern ohne Rücksicht auf den wirklichen Wert des Beitrags oder irgendwelche Bewertungsvorschriften grundsätzlich frei vereinbart werden103. Dies gilt auch für Bareinlagen, bei denen sich die Gutschrift auf dem Einlagekonto ebenfalls nicht mit dem Nominalbetrag der geleisteten Zahlung zu decken braucht. Die Grenze für die Wertfestsetzung wird allein durch § 138 BGB gezogen. Dritte Personen, insbesondere die Gläubiger des Inhabers, haben keine Möglichkeit, die von den Beteiligten vorgenommene Bewertung anzufechten. Im Insolvenzfall kann jedoch unter Umständen nach §§ 129 ff. InsO ein Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters bestehen (dazu Rz. 16.90 ff.).

7.68

Auch bei der Bewertung nicht bilanzierungsfähiger Beiträge (Rz. 7.31 ff.) sind die Gesellschafter ebenso frei wie in der Entscheidung, ob und in welcher Höhe dem Stil-

7.69

101 BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (178 f.); Seffer/Ehrhardt in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 83 Rz. 18; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 38. 102 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 233. 103 BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (178 f.); BGH v. 21.4.1955 – II ZR 227/ 53, BGHZ 17, 130 (134); Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 22; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 234; Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 18; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 150; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 38; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 111.

Kauffeld | 141

§ 7 Rz. 7.69 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

len hierfür eine Gutschrift auf dem Einlagekonto gutgebracht wird. In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die nicht bilanzierungsfähigen Beiträge des Stillen wie Gebrauchsüberlassungen und Dienstleistungen regelmäßig durch eine vom Einlagekonto unabhängige Gewinnbeteiligung des Stillen abgegolten werden104. Deshalb werden hierfür Gutschriften auf dem Einlagekonto nur bei ausdrücklicher Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag vorzunehmen sein. Aus der Nichtberücksichtigung von nicht bilanzierungsfähigen Beiträgen auf dem Einlagekonto kann jedoch nicht gefolgert werden, dass damit regelmäßig auch die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters ausgeschlossen ist. Auch insoweit ist die stille Gesellschaft eine Risikogemeinschaft, so dass der Stille mangels anderweitiger Vereinbarungen auch in diesem Falle am Verlust beteiligt ist. Die Höhe der Verlustbeteiligung ergibt sich dann aus § 231 Abs. 1 HGB und § 722 Abs. 2 BGB105. bb) Über- und Unterbewertung der Beitragsleistung

7.70 Bei der Über- oder Unterbewertung der Einlage ist dennoch Vorsicht geboten. Zum einen sollten die Gesellschafter beachten, dass in der Überbewertung der Vermögenseinlage unter Umständen in Höhe des Mehrwerts eine gemischte Schenkung oder ein Schenkungsversprechen des Geschäftsinhabers an den stillen Gesellschafter, in der Unterbewertung in Höhe des Minderwerts eine solche des stillen Gesellschafters an den Geschäftsinhaber liegen kann106. Insofern droht nicht nur die etwaige Pflicht zur Entrichtung der Schenkungsteuer. Nach Ansicht des BGH bedarf der Gesellschaftsvertrag dann auch prinzipiell unabhängig von der Höhe des Schenkungsanteils der in § 518 Abs. 1 BGB vorgeschriebenen notariellen Beurkundung (vgl. hierzu, Ausnahmen und zur Kritik an der Ansicht des BGH Rz. 7.21 ff.), sofern dem Schenkungsanteil nicht nur ganz geringfügige Bedeutung zukommt. Im Falle einer formunwirksamen gemischten Schenkung kann die stille Beteiligung dann allenfalls aufgrund einer Umdeutung nach § 140 BGB in Höhe des formfreien Teils aufrecht erhalten werden, sofern dies dem hypothetischen Willen der Parteien entspricht107. Diesen Gefahren des Schenkungsrechts können die Gesellschafter bei einer Unterbewertung jedoch durch die Vereinbarung begegnen, dass der Unterschiedsbetrag als Darlehen des stillen Gesellschafters angesehen werden soll. 7.71 Werden von dem stillen Gesellschafter geleistete Dienste mit Rücksicht auf die günstige Entwicklung des Unternehmens höher bewertet, so ist die Sachlage ähnlich wie bei einem Arbeitgeber zu beurteilen, der nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einem Arbeitnehmer ohne rechtliche Verpflichtung, aber im Hinblick auf den Erfolg seiner Arbeitsleistung eine besondere Zuwendung macht. Eine solche Zuwendung ist nach dem Willen der Vertragspartner keine unentgeltliche Zuwendung und fällt daher

104 Vgl. dazu BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (181). 105 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 21. 106 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 150; allgemein zur gemischten Schenkung Weidenkaff in Palandt, § 516 BGB Rz. 13 ff. 107 Seffer/Ehrhardt in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 83 Rz. 18; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 235.

142 | Kauffeld

Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters | Rz. 7.75 § 7

als Entlohnung nicht unter § 516 BGB108. Eine Schenkung liegt deshalb auch nicht in der Höherbewertung der Einlage des stillen Gesellschafters, wenn sie als nachträgliches Entgelt für seine bisherige erfolgreiche Tätigkeit gewollt war109. Allerdings können sich im Einzelfall schwierige Abgrenzungen zur Belohnung (remuneratorische Schenkung) ergeben110. Im Falle der Unterbewertung können sich Nachteile bei der Beendigung der Gesellschaft ergeben. Dies gilt insbesondere für die atypische stille Gesellschaft. Ist nämlich bei der atypischen stillen Gesellschaft für den Fall der Auseinandersetzung nichts Abweichendes vereinbart, so ist jeder Gesellschafter im Verhältnis seiner Einlage an den stillen Reserven und am Geschäftswert beteiligt. Eine Unterbewertung der Einlage des stillen Gesellschafters kommt damit allein dem Geschäftsinhaber zugute, da der Unterschiedsbetrag zwischen dem Nominal- oder Verkehrswert der Einlage und dem im Gesellschaftsvertrag angenommenen niedrigen Wert zu den stillen Reserven gehört. Auch hier steht es den Gesellschaftern jedoch frei, etwas anderes zu vereinbaren.

7.72

Die Beteiligten können die Einlage auch so bewerten, dass sie diese in einem bestimmten Verhältnis zu dem vorhandenen Geschäftsvermögen des Inhabers ansetzen und ihre Höhe von der betragsmäßigen Bewertung des Geschäftsvermögens abhängig machen. Wegen der damit verbundenen Unsicherheiten ist in diesen Fällen die Gefahr einer Überbewertung der Einlage des stillen Gesellschafters oder der Unterbewertung des Geschäftsvermögens des Inhabers besonders groß. Daher sollte man hier angesichts der Auffassung des BGH, wonach in der bloßen Gutschrift auf dem Einlagekonto noch nicht der Vollzug der Schenkung liegen soll, von mündlichen oder privatschriftlichen Vereinbarungen absehen und statt dessen die Formvorschrift des § 518 Abs. 1 BGB beachten.

7.73

cc) Probleme bei der Bewertung der Beitragsleistung Ist im Gesellschaftsvertrag über die Bewertung der Vermögenseinlage nichts vereinbart, so ist sie nach objektiven Maßstäben vorzunehmen, d.h. die Einlage ist regelmäßig mit dem gemeinen Wert im Einbringungszeitpunkt anzusetzen. Als Zeitpunkt der Einbringung ist der Zeitpunkt des Gefahrübergangs zu betrachten, wenn die Beteiligten nicht eine andere Regelung getroffen haben, was ihnen ebenso wie bei der Wertfestsetzung unbenommen bleibt.

7.74

Kommt es zwischen den Beteiligten über die Einlagebewertung zum Streit, muss diese – die Vereinbarung eines Schiedsgutachtens oder eines Schiedsgerichts vorbehalten – durch ein staatliches Gericht erfolgen. Kann die Bewertung unter Zugrundelegung objektiver Maßstäbe nicht vorgenommen werden, ist ein Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft nicht zustande gekommen, weil über einen wesentlichen Punkt des Gesellschaftsvertrags keine Einigung besteht.

7.75

108 Für die h.M. siehe Weidenkaff in Palandt, § 516 BGB Rz. 9a m.w.N. 109 BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (181). 110 Hierzu J. Koch in MünchKomm/BGB, § 516 BGB Rz. 31 f.

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§ 7 Rz. 7.76 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

7.76 Deshalb ist bei der Behandlung dieser Bewertungsfragen schon im Stadium des Vertragsabschlusses größte Sorgfalt geboten. Insbesondere sollten zumindest möglichst genaue Maßstäbe vereinbart werden, nach denen die etwa erst in Zukunft mögliche Fixierung des an sich schon gegenwärtig vorhandenen Vermögenswerts der Einlage erfolgen soll. Dies gilt vor allem auch für die Bewertung von Dienstleistungen, bei der sich oft Schwierigkeiten ergeben, die bei der Ermittlung des Gewinnanteils des Stillen und bei der Beendigung der Gesellschaft akut werden. Es empfiehlt sich daher auch hier eine sorgfältige Klärung der Bewertungsfragen im Gesellschaftsvertrag. 7.77 Kommt es beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags noch nicht zu einer Einigung über die Bewertung der von den Gesellschaftern einzubringenden Gegenstände, setzen die Gesellschafter aber gleichwohl in Kenntnis dieser noch ausstehenden Einigung ihre Gesellschaft im allseitigen Einverständnis in Vollzug, so findet die Auslegungsvorschrift des § 154 Satz 1 BGB keine Anwendung. Die in Vollzug gesetzte Gesellschaft ist keine fehlerhafte Gesellschaft, sondern eine rechtlich voll wirksame Gesellschaft111. c) Variables Einlagekonto

7.78 Das in der Regel vom Geschäftsinhaber als Kreditorenkonto geführte Einlagekonto (auch Kapitalkonto) des stillen Gesellschafters weist nach der Beitragsleistung und der Einlagegutschrift die durch die Auflösung der stillen Gesellschaft aufschiebend bedingte Forderung des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber wegen seiner Beteiligung aus112. Einlage und Gutschrift bleiben grundsätzlich unverändert (festes Einlagekonto). Nur sofern die Parteien dies im Gesellschaftsvertrag vereinbaren (vgl. auch für nicht entnommene Gewinne ausdrücklich § 232 Abs. 3 HGB), kann der stille Gesellschafter seine Einlage erhöhen oder herabsetzen. Namentlich kann auch der dem stillen Gesellschafter zugewiesene und nicht entnommene bzw. anderweitig ausgeglichene Gewinn- oder Verlustanteil bei entsprechender Vereinbarung vom Geschäftskonto (auch Darlehenskonto) auf das Einlagekonto übertragen werden (variables Einlagekonto). Nur dann können auch die Gewinne früherer Jahre zur Abdeckung späterer Verluste verwendet werden. Durch entsprechende Gut- oder Lastschriften verändert sich so der ursprünglich ausgewiesene Betrag der Einlage. Durch auflaufende und auf das variable Einlagekonto zu übertragende Verluste kann die Einlage ihren ursprünglichen und im Gesellschaftsvertrag festgelegten Wert unterschreiten (verminderte Einlage) oder gar mehr als aufgezehrt werden (negatives Einlagekonto). Eine verminderte Einlage bzw. ein passives Einlagekonto hat dann allerdings nur die Bedeutung einer Gewinnauszahlungssperre (§ 232 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 HGB). Hat der stille Gesellschafter die Einlage voll geleistet, so kann er weder während des Bestehens der Gesellschaft noch bei ihrer Beendigung zur Abdeckung des passiven Einlagekontos herangezogen werden113. 111 BGH v. 23.11.1959 – II ZR 187/58, NJW 1960, 430 = BB 1960, 15; OLG Bremen v. 13.7.2001 – 4 U 6/01, NZG 2002, 173 (174). 112 RG v. 20.4.1934 – II 39/34, RGZ 144, 246 (249 f.). 113 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 22 ff.; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 125.

144 | Kauffeld

Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters | Rz. 7.81 § 7

Die Einlage muss nicht unbedingt für die Dauer des Gesellschaftsverhältnisses im Handelsgeschäft des Inhabers belassen werden. Es kann im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden, dass sie nach einer bestimmten Zeit zurückzugewähren ist, ohne dass das Gesellschaftsverhältnis davon berührt würde. Dies ergibt sich aus § 136 InsO, in dem die vollständige oder teilweise Rückgewähr der Einlage bei fortbestehender Gesellschaft ausdrücklich erwähnt wird. Selbst wenn man in der Leistung einer Vermögenseinlage eine unerlässliche Voraussetzung für die Errichtung der Gesellschaft erblickt, kann die Zulässigkeit von deren zeitweiser Rückgewähr nicht bestritten werden. Der Rückgewähr der Einlage stehen andere Leistungen des Inhabers gleich, soweit sie ihren Rechtsgrund in dem stillen Gesellschaftsverhältnis haben. Inwieweit die Rückgewähr der Einlage die Beendigung des stillen Gesellschaftsverhältnisses kennzeichnet, richtet sich folglich ausschließlich nach dem Parteiwillen. Ohne besondere Vereinbarung wird man allerdings von der Rückgewähr auf die Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses schließen dürfen.

7.79

3. Einlage und Haftung Eine von dem stillen Gesellschafter als Beitrag geleistete Einlage geht in das Vermögen des Inhabers über und unterliegt somit uneingeschränkt der Zwangsvollstreckung durch dessen Geschäfts- und Privatgläubiger. Insoweit haftet sie mithin für die Schulden des Inhabers. Hingegen stellt die Beteiligung des stillen Gesellschafters nach der gesetzlichen Regelung des § 236 Abs. 1 HGB grundsätzlich kein haftendes Kapital dar, so dass sie der stille Gesellschafter in der Insolvenz des Inhabers als Insolvenzforderung geltend machen kann, soweit sie nicht durch Verluste aufgebraucht ist. Dies wird insbesondere bei Ausschluss der Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters bedeutsam. Dass die Beteiligung des stillen Gesellschafters nicht zum haftenden Kapital gehört, zeigt sich auch daran, dass er eine rückständige oder wieder zurückerstattete Einlage nur insoweit in die Insolvenzmasse zu leisten hat, als dies zur Deckung seines Anteils am Verlust notwendig ist (§ 236 Abs. 2 HGB). Insofern muss er sich wegen des nicht durch Verluste aufgezehrten Teils seiner Beteiligung nicht auf die Quote verweisen lassen.

7.80

Zu der gesetzlichen Regel des § 236 Abs. 1 HGB, wonach stille Beteiligungen kein haftendes Kapital darstellen, besteht aber eine in der Praxis wichtige Ausnahme: Gemäß § 39 Abs. 4, 5 InsO wird der Anspruch des Stillen auf Rückgewähr seiner Einlage unter den gleichen Voraussetzungen wie der Anspruch auf Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen114 in der Insolvenz als nachrangig behandelt (sog. eigenkapitalersetzende stille Beteiligungen). Da die daraus resultierenden Rechtsfolgen vornehmlich in der Insolvenz des Inhabers eine Rolle spielen, werden die damit zusammenhängenden Fragen unter Rz. 16.23 ff. behandelt.

7.81

114 Mylich, ZGR 2009, 474 (500); a.A. Mock, DStR 2008, 1645 (1647 f.).

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§ 7 Rz. 7.82 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

7.82 Der Begriff des „haftenden Eigenkapitals“ spielt auch für stille Beteiligungen an Kreditinstituten und Wertpapierfirmen in der Capital Requirements Regulation (CRR)115 und im Gesetz über das Kreditwesen (KWG) eine Rolle (näher § 19). Die Kreditinstitute müssen im Interesse der Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, insbesondere zur Sicherung der ihnen anvertrauten Vermögenswerte, ein angemessenes haftendes Eigenkapital aufweisen. Grundsätzlich ist es möglich, stille Beteiligungen so auszugestalten, dass sie die neuen, strengeren Anforderungen der CRR an sog. hartes Kernkapital oder sog. zusätzliches Kernkapital erfüllen. Allerdings knüpft die CRR (anders als § 10 KWG a.F.) nicht mehr an die Rechtsform der stillen Gesellschaft an, so dass hybrides Kernkapital ab 2014 typischerweise als Inhaberschuldverschreibung begeben wird und nicht mehr in der Rechtsform der stillen Einlage. Stillen Einlagen, die vor 2012 begeben wurden und nach alter Rechtslage aufsichtsrechtlich als Eigenmittel gelten, gewährt die CRR während einer Übergangszeit bis Ende 2021 Bestandsschutz (hierzu Rz. 19.2 ff.). 7.83 Die Bedeutung stiller Beteiligungen im Finanzsektor wurde auch daran deutlich, dass sich der Ende 2015 durch den Abwicklungsfonds des Einheitlichen Europäischen Bankenabwicklungsmechanismus (SRM) abgelöste Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS; auch Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung, SoFFin) in der Finanzkrise ab 2008 nach § 7 Abs. 1 FMStFG auch und gerade durch stille Beteiligungen an der Rekapitalisierung von Unternehmen des Finanzsektors beteiligen durfte. Um Verzögerungen, welche den Erfolg von Stabilisierungsmaßnahmen hätten gefährden können, zu vermeiden, wurden stille Beteiligungen an einem Unternehmen des Finanzsektors nach § 15 Abs. 1 FMStBG insofern gegenüber anderen stillen Beteiligungen privilegiert, als sie nicht als Unternehmensvertrag angesehen wurden und ausnahmsweise weder der Zustimmung der Hauptversammlung noch der Eintragung in das Handelsregister bedurften116. Die vom SoFFin massenweise erworbenen stillen Beteiligungen wurden von ihm anschließend nach Möglichkeit wieder veräußert117.

IV. Zusammenfassung 7.84 Mit der Beitragsleistung beteiligt sich der stille Gesellschafter am Handelsgewerbe des Inhabers (Rz. 7.1 ff.). Diese Beteiligung bildet die Grundlage für die Ansprüche des stillen Gesellschafters auf anteiligen Gewinn und etwaigen Liquidationserlös und für seine sonstigen Rechte und Pflichten gesellschaftsrechtlicher Art (Rz. 7.61 ff.). Gegenstand der Beitragsleistung kann alles sein, was der Förderung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks dienlich ist (Rz. 7.6 ff.). Hierzu gehören die bilanzierungsfähigen Einlageleistungen wie die Geldzahlung oder die Sachleistung, aber auch sonstige Bei115 Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 26.6.2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012, ABl. EU L 176 v. 27.6.2013, S. 1–337. 116 Vgl. dazu BT-Drs. 16/10600, 12; zur Bedeutung stiller Beteiligungen für die staatlichen Hilfsmassnahmen in der Finanzkrise nach 2007 Nodoushani, ZBB 2009, 110 ff. 117 Dazu etwa Zimmer/Bueren, NZG 2011, 405 ff.

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Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters | Rz. 7.84 § 7

träge wie Gebrauchsüberlassungen, Dienstleistungen oder die Bereitstellung immaterieller Werte. Bei der Bewertung der sich aus der Beitragsleistung ergebenden Einlage des Stillen haben die Beteiligten freie Hand (Rz. 7.68 ff.). Sie können den Wert nach ihrem Ermessen festsetzen und brauchen dabei auf den objektiven Verkehrswert keine Rücksicht zu nehmen. Der Wert der Vermögenseinlage ist dem stillen Gesellschafter auf seinem Einlagekonto gutzubringen (Rz. 7.65 ff.). Da die nicht bilanzierungsfähigen Beiträge des Stillen wie Gebrauchsüberlassungen und Dienstleistungen regelmäßig durch eine vom Einlagekonto unabhängige Gewinnbeteiligung des Stillen abgegolten werden, werden hierfür Gutschriften auf dem Einlagekonto nur bei ausdrücklicher Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag vorgenommen (Rz. 7.78). Gewinnanteile, die der stille Gesellschafter nicht entnommen hat, erhöhen in Ermangelung abweichender Vereinbarungen nicht seine Vermögenseinlage und sind deshalb wie sonstige Forderungen und Schulden, die aus außergesellschaftlichen Rechtsgeschäften herrühren, nicht auf dem Einlagekonto, sondern auf einem besonderen Darlehenskonto des Stillen auszuweisen. Von Bedeutung ist die Vermögenseinlage grundsätzlich nur im Innenverhältnis zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter. Ihr kommt im Gegensatz zur Kommanditeinlage gegenüber den Gläubigern des Inhabers grundsätzlich keine Garantiefunktion zu (Rz. 7.80 ff.). Wird sie vorzeitig zurückgezahlt, so ändert das nichts an dem Fortbestand der stillen Gesellschaft, wenn nur der stille Gesellschafter weiterhin am Gewinn beteiligt bleibt (Rz. 7.79). Die Gläubiger des Inhabers haben darauf keinen Einfluss (vgl. aber § 136 InsO).

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§8 Gewinn- und Verlustbeteiligung Schrifttum: Adler, Hans/Düring, Walther/Schmaltz, Kurt, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995 ff.; Berninger, Axel, Errichtung einer stillen Gesellschaft an einer Tochter-AG bei bestehendem Beherrschungsvertrag und Gewinnabführungsvertrag zwischen Mutter- und Tochter-AG, DB 2004, 297; Berninger, Axel, Keine Haftung des atypisch stillen Gesellschafters im Außenverhältnis für Verbindlichkeiten des Handelsgeschäftsinhabers nach §§ 128, 171 HGB – Zugleich Anmerkung zum Beschluss des BGH vom 1.3.2010, II ZR 249/08, DStR 2010, 1480, DStR 2010, 2359; Berninghaus, Jochen, Feststellung des Jahresabschlusses in der stillen Gesellschaft?, in Festschrift für Volker Röhricht, 2005, S. 747; Binz, Mark/Mayer, Gerd, Bilanzierungsentscheidungen und Jahresabschlussfeststellung in Personengesellschaften, DB 2007, 1739; Bitsch, Herbert, Gewinnverteilung der GmbH & Stille Gesellschaft, GmbHR 1983, 56; Blaurock, Uwe, Die stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Unternehmensvertrag, in Festschrift für Bernhard Großfeld zum 65. Geburtstag, 1999, S. 83; Bormann, Michael/Hellberg, Claus, Ausgewählte Probleme der Gewinnverteilung in der Personengesellschaft, DB 1997, 2415; Breidenbach, Berthold, Angemessenheit der Gewinnverteilung bei Familien-Personengesellschaften, DB 1980, Beilage 20; Coenenberg, Adolf/Haller, Axel/Schultze, Wolfgang, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 24. Aufl. 2016; Costede, Jürgen, Besonderheiten der mitunternehmerischen Stillen Gesellschaft, StbKRep 1987, 239; Döllerer, Georg, Die Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter in der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, DStR 1984, 383; Döllerer, Georg, Die atypische stille Gesellschaft – gelöste und ungelöste Probleme, DStR 1985, 295; Gebhardt, Joachim, Kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen: Stehenlassen als Gewähren i.S. des § 32a GmbHG?, DB 1984, 1385; Geißler, Markus, Aktuelle und fortdauernde Rechtsprobleme bei der GmbH & Still, GmbHR 2008, 515; Goette, Wulf, Stille Gesellschaft: Investitionszulage als Teil des dem Stillen zustehenden nach steuerlichen Regeln zu ermittelnden Gewinns?, DStR 1995, 1843; Habersack, Mathias, Der praktische Fall: Der lästige Gesellschafter, JuS 1989, 739; Habersack, Mathias, Festvergütung des stillen Gesellschafters – Ein Problem des § 301 AktG?, in Liber amicorum Wilhelm Happ, 2006, S. 49; Häger, Michael/Elkemann-Reusch, Manfred, Mezzanine Finanzierungsinstrumente, 2. Aufl. 2007; Hense, Heinz Hermann, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 1990; Hillers, Klaus, Personengesellschaft und Liquidation, 1988; Hoffmann, Ralf, Sind stille Beteiligungen zwingend Teilgewinnabführungsverträge?, FinanzBetrieb 2005, S. 373; Huber, Ulrich, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personengesellschaften des Handelsrechts, 1970; Huber, Ulrich, Gesellschafterkonten in der Personengesellschaft, ZGR 1988, 1; Jebens, Philipp, Die stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, BB 1996, 701; Kauffeld, Hans-Georg, Die partielle Unternehmensbeteiligung – Gesellschaftsrechtliche Teilhabe an Unternehmensbereichen, 2007; Kinzel, Ulrich-Peter/Schmidberger, Aljoscha, Keine Beteiligung von Genussrechtskapital an den Verlustvorträgen aus den Vorjahren, BKR 2018, 366; Kormann, Berthold, Das negative Kapitalkonto, BB 1974, 893; Kropff, Bruno, Textausgabe des Aktiengesetzes vom 6.9.1965 (Bundesgesetzbl. I S. 1089) und des Einführungstextes zum Aktiengesetz vom 6.9.1965 (Bundesgesetzbl. I S. 1185) mit Begründung des Regierungsentwurfs, Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, Verweisungen und Sachverzeichnis, im Anhang: Aktiengesetz von 1937, 1965; Kulemann, Grit/Harle, Georg, Die Gewinnverteilung in der GmbH & Still, GStB 2000, 14; Märkle, Rudi W., Zur Gewinnverteilung bei Familienpersonengesellschaften, DStR 1973, 131; Manz, Gerhard/Lammel, Stefan, Stille Beteiligungen an Kapitalgesellschaften; Eigenkapitalcharakter und Rang in der Insolvenz nach Inkrafttreten des MoMiG, GmbHR 2009, 1121; Merkt, Hanno, Der Sonderfonds für allgemeine Bankrisiken nach § 340 g HGB und seine bilanzielle Ein-

148 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | § 8 ordnung, BKR 2019, 261; Mertens, Klaus Peter, Die Entscheidungsautonomie des Vorstands und die „Basisdemokratie“ in der Aktiengesellschaft, ZHR 147 (1983), 377; Mertens, Kai, Die stille Beteiligung an der GmbH und ihre Überleitung bei Umwandlungen in die AG, AG 2000, 32; Morshäuser/Dietz-Vellmer, Formelle und inhaltliche Anforderungen bei stiller Beteiligung an einer GmbH, NZG 2011, 1135; Mylich, Falk, Ansprüche gegen stille Gesellschafter nach Auszahlung von Scheingewinnen, ZIP 2011, 2182; Nodoushani, Manuel, Hilfe für die Banken: Die stille Gesellschaft auf dem Gebiet des Finanzsektors, ZBB 2009, 110; Pluskat, Sorika, Zum Anwendungsbereich des § 301 AktG – Anmerkung zu LG Bonn v. 10.1.2006, EWiR 2006, 261; Priester, Hans-Joachim, Zusammentreffen von Gewinnabführungsvertrag und stiller Gesellschaft – Dissonanz oder Konkordanz?, in Festschrift für Arndt Raupach zum 70. Geburtstag, 2006, S. 391; Priester, Hans-Joachim, Jahresabschlussfeststellung bei Personengesellschaften, DStR 2007, 28; Priester, Hans-Joachim, Der Abschluss von Teilgewinnabführungsverträgen im GmbH-Recht, NZG 2020, 1; Rust, Walter, Die Vereinbarkeit einer gewinnunabhängigen Festvergütung zugunsten eines stillen Gesellschafters mit § 301 AktG, AG 2006, 563; Schmidt, Karsten, Konzernrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen für typische stille Beteiligungen an Kapitalgesellschaften? – Zugleich zur systematischen Einordnung des Teilgewinnabführungsvertrages, ZGR 1984, 297; Schmidt, Karsten, Register-Unfähigkeit der GmbH & Still, NZG 2014, 881; Schmidt-Ott, Justus, Publizitätserfordernisse bei atypisch stillen Beteiligungen an dem Unternehmen einer GmbH, GmbHR 2001, 182; Schmidt-Ott, Justus, Nochmals: Publizität und stille Beteiligung am Unternehmen einer GmbH, Replik zu Weigl, GmbHR 2002, 778, GmbHR 2002, 784; Schneider, Uwe H./Rensch, Peter, Die Vertretung und Mitwirkung der Gesellschafter bei der Gründung einer GmbH & Still – Der „Supermarkt-Beschluss“ und seine Bedeutung für die stille Gesellschaft, DB 1989, 713; Schulte, Christian/ Waechter, Thomas, Atypische stille Beteiligungen und § 294 AktG – neue Fassung, alte Probleme?, GmbHR 2002, 189; Schulze-Osterloh, Joachim, Das Recht der Unternehmensverträge und die stille Beteiligung an einer Aktiengesellschaft, ZGR 1974, 427; Schulze-Osterloh, Joachim, Der atypische stille Gesellschafter ist der typische stille Gesellschafter, in Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse, 2001, S. 377; Semler, Johannes, Vorfinanzierung künftigen Aktienkapitals durch stille Gesellschaften, in Festschrift für Winfried Werner, 1984, S. 855; Stimpel, Walter, Anlegerschutz durch Gesellschaftsrecht in der Publikumskommanditgesellschaft, in Festschrift für Robert Fischer, 1979, S. 771; Sudhoff, Heinrich, Gewinnanteil und Auseinandersetzungsquote des stillen Gesellschafters, NJW 1960, 2121; Thöne, Wolfgang A., Behandlung der Gesellschafterdarlehen im Konkurs der Gesellschaft nach der GmbH-Novelle, DB 1980, 2179; Ulmer, Peter, Die Mitwirkung der Kommanditisten an der Bilanzierung der KG, in Festschrift für Wolfgang Hefermehl, 1976, S. 207; Wachter, Stephan, Die Gewinnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, 1996; Weigl, Gerald, Anwendungs- und Problemfelder der stillen Gesellschaft, DStR 1999, 1568; Weigl, Gerald, Zur Eintragungspflicht einer GmbH & Still im Handelsregister, Zugleich: Anmerkungen zu Schmitt-Ott, GmbHR 2001, 182, GmbHR 2002, 778; Weigl, Gerald, Stille Gesellschaft, Treuhand und Unterbeteiligung, 3. Aufl. 2012; Weimar, Robert, Die GmbH & Still im Fortschritt des Gesellschaftsrechts, ZIP 1993, 1509; Weitnauer, Gewinnabhängige mezzanine Unternehmensfinanzierung: Ein Anwendungsbereich der konzernrechtlichen Regeln des Unternehmensvertrags?, GWR 2014, 383; Wertenbruch, Johannes, Beschlussfassung in Personengesellschaft und KG-Konzern, ZIP 2007, 798; Zinkeisen, Klaus, Der Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, 1972.

Kauffeld | 149

§ 8 Rz. 8.1 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

I. Die Gewinnbeteiligung 8.1 Drittes unerlässliches Erfordernis für das Zustandekommen einer stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB ist neben der Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen und neben der Beitragsleistung des stillen Gesellschafters die Beteiligung desselben am Gewinn. Sie kann nicht ausgeschlossen werden (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB). 1. Begriff der Gewinnbeteiligung

8.2 Der Gewinn ist das positive Ergebnis eines Handelsgewerbes innerhalb eines Wirtschaftsjahres, das einen Zeitraum von nicht mehr als 12 Monaten umfasst. Er wird regelmäßig im Rahmen des handelsrechtlichen Jahresabschlusses (Handelsbilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung) der Gesellschaft ermittelt. Kommt es aufgrund einer fehlerhaften Rechnungslegung zur Ausschüttung von Scheingewinnen, können die entsprechenden Zuwendungen als rechtsgrundlos kondiziert werden (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB), sofern nicht ein Fall der arglistigen Bilanzfälschung (vgl. § 814 BGB) vorliegt oder sich der stille Gesellschafter nach § 818 Abs. 3 BGB auf Entreicherung berufen kann1. Es bleibt den Beteiligten jedoch unbenommen, als Grundlage für die Gewinnbeteiligung des Stillen auch den Gewinn zu vereinbaren, der sich aus der Steuerbilanz ergibt. Es empfiehlt sich daher, im Gesellschaftsvertrag in jedem Falle eine eindeutige Regelung darüber zu treffen, welcher Gewinn zugrunde gelegt werden soll. Ist das nicht geschehen, so wird es regelmäßig dem Willen der Beteiligten entsprechen, dass der Gewinn maßgebend sein soll, der sich aus dem handelsrechtlichen Jahresabschluss ergibt (Rz. 8.52 ff.)2. 8.3 Die Gewinnbeteiligung braucht sich nicht auf den Gesamtgewinn des Handelsgewerbes zu beziehen. Sie kann auf die Ergebnisse einer Niederlassung, einer Zweigstelle, einzelner Abteilungen oder bestimmter Geschäftssparten beschränkt sein (dazu Rz. 6.50 f.)3. Hierin liegt kein nach § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB im Rahmen einer stillen Gesellschaft unzulässiger (Teil-)Ausschluss von der Gewinnbeteiligung. Dagegen genügt die Beteiligung nur an einzelnen – auch mehreren – Handelsgeschäften nicht (Rz. 6.51 und Rz. 5.2)4. 8.4 Die nach § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB erforderliche Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters ist dann gegeben, wenn der Anteil des stillen Gesellschafters von dem Ergebnis des Geschäftsbetriebes abhängig ist, wenn er also die Gefahr, dass kein Ge-

1 BGH v. 11.12.2008 – IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137, Rz. 14 ff.; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 232 HGB Rz. 20; a.A. Mylich, ZIP 2011, 2182 ff. (einseitiger unbeachtlicher Kalkulationsirrtum des Geschäftsinhabers). 2 Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 232 HGB Rz. 2 weisen insoweit auch auf den systematischen Zusammenhang der stillen Gesellschaft mit den handelsrechtlichen Bilanzvorschriften hin. 3 Eingehend hierzu Kauffeld, Die partielle Unternehmensbeteiligung, S. 203 ff.; ferner Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 11. 4 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 63; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 39.

150 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.6 § 8

winn erzielt wird, mitzutragen hat5. Das ist nicht der Fall, wenn er einen festen, vom wechselnden Geschäftsergebnis unabhängigen, stets gleich bleibenden Anteil erhält6, wenn er auf von ihm gelieferte Waren einen Zuschlag zum Verkaufspreis erhebt7 oder wenn ihm eine feste Verzinsung seiner Einlage zugesagt wird8. Fehlt es an einer Gewinnbeteiligung, dann bedeutet dies freilich nicht die Nichtigkeit der Vereinbarung, sondern lediglich, dass die Vereinbarung keine stille Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB begründet9. Insoweit stellt die Vorschrift des § 231 Abs. 2 HGB kein Verbotsgesetz i.S. des § 134 BGB dar. Liegt dem Rechtsverhältnis ein gemeinsamer Zweck i.S. von § 705 BGB zugrunde, wird es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts handeln, während in den Fällen der festen Verzinsung der Einlage in der Regel von einem Darlehensverhältnis auszugehen sein wird10. Auch eine bloße Umsatzbeteiligung ist keine Gewinnbeteiligung11. Die Umsatzbeteiligung hat nicht die Erzielung eines Gewinns zur Voraussetzung und muss deshalb auch in Verlustjahren gewährt werden. Für den Umsatzbeteiligten ist die neben dem Gehalt gezahlte Umsatzprovision regelmäßig eine zusätzliche Entlohnung, um seinen Einsatz und sein Interesse zu fördern12. Wird die Umsatzprovision gegen feste Verzinsung im Geschäft des Inhabers belassen, so liegt ein Darlehen vor, das in eine stille Beteiligung umgewandelt werden kann, wenn eine Gewinnbeteiligungsabrede hinzutritt. Eine Umsatzbeteiligung ist allerdings dann einer Gewinnbeteiligung gleichzustellen, wenn die Umsatzbeteiligung mittelbar auf eine Beteiligung am Unternehmenserfolg hinausläuft13.

8.5

Dagegen wird das Merkmal der Gewinnbeteiligung nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Gewinnbeteiligung auf einen Höchst- oder Mindestbetrag festgesetzt wird,

8.6

5 BGH v. 22.12.1953 – IV ZR 87/53, LM Nr. 8 zu § 139 BGB; BayObLG v. 2.1.1951 – UmstBeschwReg. 12/50, NJW 1951, 237 (238). 6 RG v. 1.3.1893 – I 426/92, RGZ 31, 72 (73 f.); RG v. 16.9.1930 – III 381/29, RGZ 130, 1 (4); RG v. 6.12.1935 – II 86/35, JW 1936, 921; BGH v. 22.12.1953 – IV ZR 87/53, LM Nr. 8 zu § 139 BGB; BFH v. 9.7.1969 – I R 188/67, BFHE 96, 397 (402) = BStBl. II 1969, 690 (692); BayObLG v. 2.1.1951 – UmstBeschwReg. 12/50, NJW 1951, 237 (238); OLG Hamburg v. 22.8.1949 – 1 U 218/49, MDR 1950, 229; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 24; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 52, § 231 HGB Rz. 11; Roth in Baumbach/Hopt, § 231 HGB Rz. 2; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 39. 7 RG v. 1.3.1893 – I 426/92, RGZ 31, 72 (73 f.). 8 RG v. 6.12.1928 – IV 93/28, RGZ 122, 387 (390); RG v. 16.9.1930 – III 381/29, RGZ 130, 1 (4). 9 Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 11 mit zusätzlichem Hinweis auf die mögliche analoge Anwendung der §§ 230 ff. HGB. 10 Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 11; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 41 und § 231 HGB Rz. 24; Roth in Baumbach/Hopt, § 231 HGB Rz. 2; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 40. 11 Vgl. Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 11; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 231 HGB Rz. 24. 12 RFH v. 23.2.1944 – VI 312/43, RStBl. 1944, 405 (406); BFH v. 11.11.1965 – IV 82/62 U, BStBl. III 1966, 95. 13 BFH v. 22.10.1987 – IV R 17/84, BFHE 151, 163 (167); K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 38.

Kauffeld | 151

§ 8 Rz. 8.6 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

da auch hier der stille Gesellschafter die Gefahr des Unternehmens mit trägt14. Ist der garantierte Mindestbetrag allerdings so hoch bemessen, dass der Gewinn im Verhältnis zu ihr als unmaßgeblich zurücktritt, liegt keine Gewinnbeteiligung i.S. des § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB vor15. In der Garantie eines Mindestgewinns wird man regelmäßig zugleich den Ausschluss der Verlustbeteiligung zu sehen haben16.

8.7 Da § 232 HGB nachgiebiges Recht enthält17, ist die Gewinn- und Verlustberechnung sowie die Auszahlung des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinns nicht unbedingt zum Schlusse jedes Geschäftsjahres vorzunehmen. Daher ist eine Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern zulässig, nach welcher der stille Gesellschafter in den einzelnen Jahren keine anteiligen Gewinne erhält, sondern nur an dem sich bei der künftigen Auseinandersetzung ergebenden Überschuss teilnehmen soll18. Dabei ist jedoch zu beachten, dass mangels besonderer Vereinbarung die Beteiligung am Geschäftsgewinn nicht ohne weiteres auch die Beteiligung am Liquidationsgewinn umfasst, wenn der Inhaber sein Handelsgeschäft vertragswidrig liquidiert. Denn der Gewinnanspruch bezieht sich nur auf operative Gewinne19. Es können dem stillen Gesellschafter dann nur Schadensersatzansprüche wegen seines ihm entgangenen Gewinns erwachsen20. 2. Möglichkeiten der Gewinnbeteiligung

8.8 Die Art und Weise der Gewinnverteilung und die Festsetzung des Gewinnverteilungsschlüssels werden von den Beteiligten im Wege gegenseitiger Vereinbarung grundsätzlich frei bestimmt. Allfällige Grenzen ergeben sich aus § 138 BGB (siehe dazu etwa Rz. 8.15 und generell Rz. 9.32). 8.9 Zumeist wird vereinbart, dass der stille Gesellschafter einen bestimmten Prozentsatz des Gewinns21 erhalten soll oder dass die Gewinnverteilung auf der Grundlage des Verhältnisses der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters zum Betriebsvermögen des Inhabers vorzunehmen ist. Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist und 14 RG v. 6.12.1928 – IV 93/28, RGZ 122, 387 (390); RG v. 6.12.1935 – II 86/35, JW 1936, 921; BGH v. 22.12.1953 – IV ZR 87/53, LM Nr. 8 zu § 139 BGB; BayObLG v. 2.1.1951 – UmstBeschwReg. 12/50, NJW 1951, 237 (238); OLG Hamburg v. 22.8.1949 – 1 U 218/49, MDR 1950, 229; Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 11; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 24; Roth in Baumbach/Hopt, § 231 HGB Rz. 2. 15 Vgl. BGH v. 19.9.1951 – II ZR 20/51, LM § 335 HGB Nr. 1; Harbarth in Großkomm/ HGB, § 231 HGB Rz. 11. 16 Wie hier: K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 21; Roth in Baumbach/Hopt, § 231 HGB Rz. 3. 17 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 2; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 2; Schubert in Oetker, § 232 HGB Rz. 1. 18 RG v. 6.12.1928 – IV 93/28, RGZ 122, 387 (390). 19 OLG Frankfurt a.M. v. 15.3.2001 – 12 U 219/99, NZG 2001, 696; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 4; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 5. 20 Vgl. Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 230 HGB Rz. 55; so bereits schon OLG Rostock v. 27.6.1908, OLGE 22, 37. 21 Vgl. z.B. BGH v. 18.9.2012 – II ZR 50/11, NZG 2013, 53.

152 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.13 § 8

der stille Gesellschafter seine Einlage erhöhen oder herabsetzen kann (zum variablen Einlagekonto Rz. 7.78), ist im zweiten Fall von der ursprünglichen Vermögenseinlage auszugehen, da die jeweiligen Buchwerte der Vermögenseinlage am Ende eines jeden Geschäftsjahres als Bemessungsgrundlage für die Gewinnverteilung zu sehr der Manipulation durch den Geschäftsinhaber unterworfen sind22. Üblich ist auch die Absprache, dass jeder Gesellschafter aus dem vorhandenen Reingewinn vorweg eine bestimmte Dividende auf sein Kapital erhält und dass erst der restliche Gewinn verteilt wird, wobei die Kapitaldividende freilich nur gezahlt wird, wenn ein Gewinn erwirtschaftet worden ist. Wird dagegen dem stillen Gesellschafter neben der Gewinnbeteiligung eine feste Verzinsung seiner Einlage zugesagt, sind die Zinsen im Zweifel auch dann zu zahlen, wenn ein Gewinn nicht erzielt worden ist oder wenn der erzielte Gewinn gerade nur zur Erfüllung der Zinsverpflichtung ausreicht.

8.10

Es kann ferner vereinbart werden, dass der stille Gesellschafter in bestimmten Grenzen zu Entnahmen aus seiner Vermögenseinlage berechtigt sein soll. Eine solche Vereinbarung kommt in der Praxis selten vor. Sie kann dann aber ein Indiz dafür sein, dass der stille Gesellschafter atypisch beteiligt und einkommensteuerrechtlich als Mitunternehmer zu qualifizieren ist.

8.11

Belässt der stille Gesellschafter seine anteiligen Gewinne im Handelsgewerbe des Inhabers, erhöht er seine Einlage hierdurch nur, wenn dies zwischen den Gesellschaftern vereinbart wurde (§ 232 Abs. 3 HGB). Wird eine solche Vereinbarung getroffen, ist das Einlagekonto variabel ausgestaltet (zum variablen Einlagekonto Rz. 7.78). Es ist dann der jeweilige Stand des Einlagekontos maßgeblich, sofern die Gewinnbeteiligung nach der Parteivereinbarung vom Verhältnis zwischen der Einlage und dem Betriebsvermögen abhängen soll, wofür im Zweifel gerade auch die variable Ausgestaltung des Einlagekontos spricht. Verbleibt der Gewinnanteil hingegen wie im gesetzlichen Regelfall als Darlehen im Handelsgewerbe, so bedarf es für eine Verzinsung des Darlehenskontos der zusätzlichen Vereinbarung, da die für die Einlage gegebenenfalls vereinbarte Mindestdividende keineswegs zwingend auch für die Verzinsung eines Darlehens gilt23.

8.12

Ein Gesellschafter, der nicht mit einer Bar- oder Sacheinlage beteiligt ist, erfährt durch die Einräumung der Gewinnbeteiligung keine unentgeltliche Bereicherung, wenn die Gewinnbeteiligung in angemessenem Verhältnis zu den von ihm übernommenen Pflichten, insbesondere zum Wert seiner Mitarbeit und seines Risikos, steht. Ist jedoch die Gewinnbeteiligung so hoch, dass sie durch den Wert der übernommenen Gesellschafterpflichten keinen Ausgleich findet, so liegt in dem Teil der Gewinnbezüge, dem keine Gegenleistung gegenübersteht, eine freigebige und möglicherweise schenkungsteuerpflichtige sowie nach § 518 Abs. 1 BGB beurkundungsbedürftige Zuwendung an den stillen Gesellschafter. Voraussetzung für die Annahme einer solchen gemisch-

8.13

22 Vgl. dazu eingehend Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 42; vgl. ferner Partikel in Heidel/Schall, § 231 HGB Rz. 3 mit Vorschlägen einer gesellschaftsvertraglichen Gestaltung. 23 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 29.

Kauffeld | 153

§ 8 Rz. 8.13 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

ten Schenkung ist in subjektiver Hinsicht, dass die Beteiligten das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung erkannt und die freigebige Bereicherung des stillen Gesellschafters als Erfolg ihres Handelns gewollt haben (zum Ganzen näher Rz. 7.26 ff.).

8.14 Ob der stille Gesellschafter auch an dem Gewinn aus den im Zeitpunkt der Errichtung der stillen Gesellschaft schwebenden Geschäften oder nur am Gewinn aus den während des Bestehens der Gesellschaft abgeschlossenen Geschäften beteiligt sein soll, muss im Wege der Vertragsauslegung ermittelt werden. Zur Vermeidung von Streitigkeiten empfiehlt sich eine eindeutige Regelung. Fehlt es an einer solchen, wird im Zweifel davon auszugehen sein, dass der stille Gesellschafter nach dem Willen der Beteiligten an allen Gewinnen teilnehmen soll, die während des Bestehens der Gesellschaft realisiert werden (vgl. Rz. 8.91 ff.). 8.15 Während die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters nicht ausgeschlossen werden darf (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB), kann die Beteiligung des Geschäftsinhabers am Gewinn unter Umständen ausgeschlossen werden24. Diese Konstellation ist gelegentlich anzutreffen, wenn der stille Gesellschafter im Innenverhältnis der eigentliche Träger des Unternehmens ist. Der Inhaber erhält dann gewöhnlich ein festes Gehalt. Eine derartige Konstruktion wird man aber nur anerkennen dürfen, wenn die stille Gesellschaft Treuhandcharakter trägt und der Inhaber im Innenverhältnis von den Verlusten befreit ist. Sollte dieses nicht der Fall sein, ist der Vertrag wegen Knebelung sittenwidrig und nach § 138 BGB unwirksam25. 8.16 Geht die Vereinbarung dahin, dass jemand am Gewinn, den ein anderer als Gesellschafter einer Handelsgesellschaft erzielt, beteiligt sein soll, so liegt keine Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen und demzufolge keine stille Gesellschaft vor. Es handelt sich vielmehr um eine Unterbeteiligung, deren Rechtsverhältnisse sich nach den Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestimmen (Rz. 30.1). 8.17 Sollte ausnahmsweise der Gesellschaftsvertrag keine Regelung im Hinblick auf die Gewinnverteilung enthalten, gilt abweichend vom allgemeinen Kopfprinzip (vgl. § 722 Abs. 1 BGB) nach § 231 Abs. 1 HGB ein den Umständen nach angemessener Anteil als bedungen. Als angemessen gilt dabei eine Gewinnverteilung, die sich aus dem Verhältnis der Werte der Beitragsleistungen ergibt26. Ist nur der Anteil am Verlust bestimmt, so gilt dieser im Zweifel auch für die Gewinnbeteiligung (§ 722 Abs. 2 BGB).

24 Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 12; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 25. 25 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 40. 26 Ausführlich Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 8; Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 86 Rz. 37.

154 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.20 § 8

3. Konzernrechtliche Voraussetzungen der Gewinnbeteiligung a) Anwendbarkeit der konzernrechtlichen Sonderregelungen aa) Objektive Anwendbarkeit der §§ 291 ff. AktG auf die stille Gesellschaft als Gewinnabführungsvertrag Die Sonderregelungen über Unternehmensverträge einer AG oder KGaA (§§ 291 ff. AktG) gelten auch für Teilgewinnabführungsverträge. Ein Teilgewinnabführungsvertrag liegt gemäß § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG dann vor, wenn sich eine Aktiengesellschaft verpflichtet, einen Teil ihres Gewinns oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil an einen anderen abzuführen. Dabei ist gemäß § 292 Abs. 2 AktG davon auszugehen, dass Verträge über eine Gewinnbeteiligung von Mitgliedern des Vorstandes und des Aufsichtsrats oder von einzelnen Arbeitnehmern der Gesellschaft sowie eine Abrede über eine Gewinnbeteiligung im Rahmen von Verträgen des laufenden Geschäftsverkehrs (zu dieser Einschränkung und ihrer Bedeutung für die stille Publikumsgesellschaft näher Rz. 8.27 f.) oder von Lizenzverträgen keine Teilgewinnabführungsverträge sind.

8.18

Der Frage27, ob und in welchem Umfang das Recht der Unternehmensverträge28 auf die Vereinbarung einer stillen Gesellschaft mit einer Aktiengesellschaft anzuwenden ist, kommt grundsätzliche Bedeutung zu, zumal das Problem berührt wird, ob und gegebenenfalls welche Verbindungslinien zwischen dem Recht der Personengesellschaften und dem Recht der Unternehmensverbindungen bestehen. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob mit Hilfe gesellschaftsrechtlicher Gestaltungen der Beziehungen zu einer Aktiengesellschaft die für Unternehmensverträge geltenden Vorschriften unterlaufen werden können oder ob das Recht der Unternehmensverträge das Gesellschaftsrecht überlagert29. Auf der anderen Seite wird durch die Behandlung der stillen Beteiligung als Unternehmensvertrag der Abschluss stiller Gesellschaftsverträge mit einer Aktiengesellschaft (zur GmbH Rz. 8.23 f.) inhaltlich und verfahrensmäßig erschwert, was sich auch darin zeigt, dass nach § 15 Abs. 1 FMStBG jedenfalls stille Beteiligungen an einem Unternehmen des Finanzsektors nicht als Unternehmensvertrag gelten sollen, um Verzögerungen zu vermeiden, welche den Erfolg von Stabilisierungsmaßnahmen gefährden könnten30.

8.19

Teilweise wurde die Anwendung der §§ 291 ff. AktG auf das stille Beteiligungsverhältnis mit der Begründung verneint, dass der stille Gesellschafter zusammen mit seinem Partner einen gemeinsamen von dem Ertrag der AG zu unterscheidenden Gewinn erziele, so dass es an einer Abführung des Gewinns der Aktiengesellschaft an den stillen Teilhaber fehle31. Demgegenüber steht die heute ganz überwiegende Auf-

8.20

27 Zum Folgenden näher Blaurock in FS Großfeld, S. 83 ff. 28 Zur rechtspolitischen Angreifbarkeit der Regelung vgl. K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (305 f.). 29 Vgl. dazu Schulze-Osterloh, ZGR 1974, 427. 30 Vgl. dazu BT-Drucks. 16/10600, S. 12 und Nodoushani, ZBB 2009, 110 (113). 31 So etwa noch Nirk in Ziemons/Binnewies, Handbuch Aktiengesellschaft, Rz. I 2277; diese Ansicht wird seit der Neubearbeitung durch Ziemons (siehe 72. Lfg. 2016, Rz. 12.1456) nicht mehr aufrechterhalten.

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§ 8 Rz. 8.20 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

fassung auf dem gegenteiligen Standpunkt und nimmt an, es liege ein Unternehmensvertrag entweder nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG32 oder (bei einer Geschäftsführungsbefugnis des Stillen) nach § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG33 vor. Der letztgenannten Auffassung ist mit der Maßgabe beizupflichten, dass in jedem Falle ein Vertrag nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG gegeben ist. Das Gegenargument, die stille Gesellschaft erziele einen eigenen, von der Aktiengesellschaft zu unterscheidenden Gewinn, kann nicht überzeugen. Es lässt sich mit der Rechtsnatur der stillen Gesellschaft als einer Innengesellschaft ohne eigenes Vermögen nicht vereinbaren. Die Eigenart der stillen Gesellschaft besteht gerade darin, dass der Teilhaber sich an dem Unternehmen eines anderen beteiligt und mit diesem nicht ein gemeinsames Unternehmen gründet. Die vertragliche Vereinbarung bezieht sich demzufolge auf die Partizipation an dem vom Partner erwirtschafteten Gewinn als dem Ertrag ausschließlich dieses anderen Unternehmens. Damit erfüllt der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags das Merkmal der Abführung selbst erwirtschafteten Gewinns an einen anderen. Da in aller Regel nicht der gesamte Gewinn abgeführt werden soll (Rz. 8.9), ist die stille Beteiligung grundsätzlich einem Teilgewinnabführungsvertrag gleichzustellen.

8.21 Diese Gleichstellung gilt unabhängig davon, ob es sich um eine typische oder atypische stille Beteiligung handelt34. Die Vereinbarung insbesondere von erweiterten Geschäftsführungsbefugnissen des Stillen ändert nämlich nichts daran, dass die Sonderregelung der Gewinnabführungsvereinbarungen ihren Bezugspunkt einzig in dem Gewinn der Aktiengesellschaft als solcher hat35. Der Umstand, dass steuerlich der Gewinn auch dem atypisch still beteiligten Gesellschafter als Mitunternehmer als zugerechnet wird, ist auf die zivilrechtliche Beurteilung in diesem Punkt ohne Einfluss. Die steuerliche Bewertung kann kein gemeinschaftliches Vermögen, und damit keinen Gewinn der stillen Gesellschaft, den es zu verteilen gäbe, konstituieren. Eine Partizipation an der Geschäftsführung kann auch nicht dazu führen, einen Betriebsüberlassungsvertrag i.S. von § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG zu begründen, da die Geschäftsführung des Stillen noch immer vorrangig auf Rechnung der Aktiengesellschaft erfolgt, der Betriebsüberlassungsvertrag aber das Handeln des Übernehmenden auf seine Rechnung – wenn auch im Namen der AG – erfordert36. Die Gewinnbeteiligung des Stillen hat nicht zur Folge, dass er nunmehr die Geschäfte gänzlich auf eigene Rechnung führt. Außerdem ist die Ansicht, der Betrieb werde von der stillen Gesellschaft geführt37, mit deren Rechtsnatur als Innengesellschaft nicht zu vereinbaren (da32 BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38 (43); BGH v. 18.9.2012 – II ZR 50/11, NZG 2013, 53; BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NJW-RR 2005, 627 (628); OLG Celle v. 15.5.1996 – 9 U 40/95, WiB 1996, 1052 m. Anm. Notthoff; K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (297); Weitnauer, GWR 2014, 383 (383); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 116; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 64 ff.; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 154. 33 So Schulze-Osterloh, ZGR 1974, 427. 34 Jebens, BB 1996, 701; K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (302 ff.); Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 69. 35 A.A. Schulze-Osterloh, ZGR 1974, 427 (447). 36 Vgl. Emmerich in Emmerich/Habersack, § 292 AktG Rz. 43 f. 37 Schulze-Osterloh, ZGR 1974, 427 (453 f.).

156 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.23 § 8

zu bereits Rz. 8.20). An einen Betriebsüberlassungsvertrag mit dem stillen Gesellschafter als Übernehmendem wäre allenfalls zu denken, wenn dieser allein für die Aktiengesellschaft die Geschäfte führen würde, wobei die Aktiengesellschaft ihrerseits den Status einer sog. „Rentengesellschaft“ hätte. bb) Subjektive Anwendbarkeit der §§ 291 ff. AktG – Geltung für AG und KGaA Die Sonderregelungen über Unternehmensverträge (§§ 291 ff. AktG) gelten nach dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes unmittelbar nur für Verträge, in denen sich eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien zur Gewinnabführung etc. verpflichtet (AG & Still, KGaA & Still).

8.22

Im sog. „Supermarkt-Beschluss“38 hat der BGH jedoch auch für den Abschluss von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen durch eine GmbH Zustimmungsund Formerfordernisse aufgestellt, welche den §§ 293, 299 AktG weitgehend ähneln. Bisweilen wird zudem die analoge Anwendung von § 296 AktG auf den Gewinnabführungsvertrag bei einer GmbH befürwortet39. Damit stellt sich die Frage, ob diese Rechtsprechungsgrundsätze bzw. die §§ 291 ff. AktG analog auch für den Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags durch eine GmbH gelten sollen. Für die GmbH & Still wird die von § 292 AktG angeordnete Gleichstellung der Teilgewinnabführungsverträge mit den Unternehmensverträgen i.S. des § 291 AktG allerdings ganz überwiegend abgelehnt, da es sich bei einem solchen Vertrag nicht um einen echten Unternehmensvertrag mit organisationsrechtlicher Wirkung, sondern einen schuldrechtlichen Austauschvertrag handele40. Auch seien die GmbH-Gesellschafter weniger schutzwürdig als die Aktionäre, da die Geschäftsführung ihren Weisungen unterliege41. Nach einer jüngeren, überzeugenden Entscheidung des BGH gilt dieses jedenfalls dann, wenn ein solcher Vertrag keine satzungsüberlagernde Wirkung hat. Ob einem Teilgewinnabführungsvertrag satzungsüberlagernde Wirkung zukommt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der dem Berechtigten eingeräumten Rechtsstellung zu

8.23

38 BGH v. 24.10.1988 – II ZB 7/88, BGHZ 105, 324. 39 OLG München v. 20.11.2013 – 7 U 5025/11, GmbHR 2014, 535 = mit zust. Anm. Fröhlich, GWR 2014, 217 (m.w.N.). 40 Vgl. BGH v. 16.7.2019 – II ZR 175/18, DStR 2019, 2155 (2156) m.w.N. in Rz. 19 = GmbHR 2019, 1176; BayObLG v. 18.2.2003 – 3Z BR 233/02, NJW-RR 2003, 908 (909) = GmbHR 2003, 534; LG Darmstadt v. 24.8.2004 – 8 O 96/04, AG 2005, 488 (489 f.) = ZIP 2005, 402; K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (309); Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 75 ff.; Jebens, BB 1996, 701 (702 f.); Schneider/Reusch, DB 1989, 713 (715 f.); Priester in FS Raupach, S. 391 (401); Schmidt-Ott, GmbHR 2001, 182; Schmidt-Ott, GmbHR 2002, 784 (785); Morshäuser/Dietz-Vellmer, NZG 2011, 1135 (1136); a.A. jedoch Casper in Ulmer/Habersack/Winter, Anh. zu § 77 GmbHG Rz. 195 u. 203; Weigl, DStR 1999, 1568; Weigl, GmbHR 2002, 778; Mertens, AG 2000, 32; Schulte/Waechter, GmbHR 2002, 189 (190); differenzierend Mertens, AG 2000, 32 (37), der eine entsprechende Anwendung der Grundsätze des Supermarkt-Beschlusses des BGH bei unangemessen hoher Gewinnbeteiligung oder uneingeschränkten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen des Stillen annimmt; zur mangelnden Eintragungsfähigkeit der stillen Beteiligung an einer GmbH im Handelsregister OLG München v. 17.3.2011 – 31 Wx 68/11, DStR 2011, 1139. 41 Jebens, BB 1996, 701 (703).

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§ 8 Rz. 8.23 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

würdigen. Fehlt eine satzungsüberlagernde Wirkung, unterliegen Teilgewinnabführungsverträge mit einer GmbH als abführungspflichtiger Gesellschaft keinen besonderen Wirksamkeitsanforderungen42. Dabei berührt selbst der Formwechsel der abführungsverpflichteten GmbH in eine AG den Fortbestand eines zuvor wirksam abgeschlossenen Teilgewinnabführungsvertrages nicht43. Ob besondere Wirksamkeitsanforderungen dann zu stellen sind, wenn ein Großteil oder zumindest überwiegender Anteil der Gewinne abzuführen ist, hat der BGH in seiner Entscheidung ausdrücklich offen gelassen44.

8.24 Der h.M. ist sowohl für die typische als auch die atypische stille Gesellschaft zuzustimmen: Bei der dem partiarischen Darlehen nahestehenden typischen stillen Gesellschaft fehlt das für Unternehmensverträge charakteristische organisatorische Element, so dass eine Gleichstellung nicht gerechtfertigt ist. Bei der atypischen GmbH & Still, bei der dem stillen Gesellschafter erweiterte Mitspracherechte und/oder obligatorische Substanzbeteiligungen eingeräumt werden, fehlt es, wenn nicht schon an einer planwidrigen Regelungslücke, dann doch zumindest an einem Analogiebedürfnis. Der Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags bedarf dort nämlich einer Ermächtigung im GmbH-Gesellschaftsvertrag oder einer Zustimmung aller Gesellschafter (dazu näher Rz. 9.61 f.). Dies entspricht funktional dem Schutz, den der BGH im Supermarkt-Beschluss45 gewährt hat. Einer Eintragung im Handelsregister und einer Einreichung des stillen Gesellschaftsvertrags beim Handelsregister46 bedarf es bei der GmbH jedoch nicht47. Bei einer Aktiengesellschaft dient die Eintragung auch und gerade dem Schutz künftiger Aktionäre. Dieses Bedürfnis ist bei einer GmbH nicht in gleichem Maße gegeben48. Außerdem wäre es mit dem Gedanken der Rechtssicherheit unvereinbar, wenn das Registergericht eine Beurteilung der Beeinträchtigung der beteiligten Gesellschafter im Einzelfall vornehmen müsste49.

42 BGH v. 16.7.2019 – II ZR 175/18, DStR 2019, 2155 = GmbHR 2019, 1176; kritisch hierzu Priester, NZG 2020, 1 (1 ff.). 43 Allerdings ist nach Formwechsel von der GmbH in eine AG die Eintragung nach § 294 Abs. 1 Satz 1 AktG geboten, wobei ihr aber nur deklaratorische Bedeutung zukommt: BGH v. 16.7.2019 – II ZR 175/18, DStR 2019, 2155 (2158) = GmbHR 2019, 1176. Die Parteien des Teilgewinnabführungsvertrags sind aus dem wirksam begründeten Vertragsverhältnis heraus wechselseitig verpflichtet, die Eintragung herbeizuführen. 44 BGH v. 16.7.2019 – II ZR 175/18, DStR 2019, 2155 (2158) = GmbHR 2019, 1176. 45 BGH v. 24.10.1988 – II ZB 7/88, BGHZ 105, 324. 46 Vgl. BGH v. 30.1.1992 – II ZB 15/91, GmbHR 1992, 253 = ZIP 1992, 395 (Siemens). 47 Ebenso BayObLG v. 18.2.2003 – 3Z BR 233/02, NJW-RR 2003, 908 (909) = GmbHR 2003, 534; AG Berlin-Charlottenburg v. 29.11.2005 – HRB 96299 B, GmbHR 2006, 258; weitergehend OLG München v. 17.3.2011 – 31 Wx 68/11, DStR 2011, 1139 f. („nicht eintragungsfähig“); KG v. 34.3.2014 – 12 W 43/12, NZG 2014, 668 („nicht eintragungsfähig“); K. Schmidt, NZG 2014, 881 („Register-Unfähigkeit der GmbH & Still“); a.A. Mertens, AG 2000, 32 (37); Weigl, GmbHR 2002, 778. 48 Hierzu näher Blaurock in FS Großfeld, S. 83 (90 ff.). 49 BayObLG v. 18.2.2003 – 3Z BR 233/02, NJW-RR 2003, 908 (909) = GmbHR 2003, 534.

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Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.27 § 8

b) Rechtsfolgen der Anwendbarkeit der §§ 291 ff. AktG aa) Notwendigkeit der Zustimmung der Hauptversammlung zum schriftlichen stillen Gesellschaftsvertrag Nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG i.V.m. § 293 Abs. 1 und 3 AktG bedürfen typische und atypische stille Gesellschaftsverträge als Verträge, in denen sich eine AG oder KGaA zur Teilgewinnabführung verpflichtet, zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform und der Zustimmung von mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung in der Hauptversammlung vertretenen Grundkapitals. Dabei kann die Satzung noch eine größere Kapitalmehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen (§ 293 Abs. 1 Satz 3 AktG). Der Vorstand bzw. die Komplementäre der haben der Hauptversammlung ihrer Gesellschaft zudem einen ausführlichen schriftlichen Bericht über den Abschluss und Inhalt des Gewinnabführungsvertrags zu erstatten sowie eine Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in die Wege zu leiten (§§ 293a ff. AktG). Das alles gilt auch für spätere Änderungen des stillen Gesellschaftsvertrags, ohne dass zwischen wesentlichen und unwesentlichen Änderungen zu unterscheiden wäre (§ 295 AktG)50. Bis zur Zustimmung durch die Hauptversammlung und bis zur Eintragung in das Handelsregister (§ 294 AktG) ist der stille Gesellschaftsvertrag bzw. dessen Änderung schwebend unwirksam (§ 293 Abs. 1 Satz 1, § 294 Abs. 2 AktG). Sollte sich die Geschäftsinhaberin ausnahmsweise dazu verpflichten, ihren gesamten Gewinn abzuführen (zu dieser Möglichkeit Rz. 8.15) und wäre die stille Gesellschafterin ebenfalls eine AG oder KGaA, müsste auch deren Hauptversammlung dem stillen Gesellschaftsvertrag entsprechend zustimmen (§ 293 Abs. 2 AktG). Die Bindungswirkung des Vertrags ist aber bereits vor der Zustimmung der Hauptversammlung gegeben51. Sind die aktienkonzernrechtlichen Vorgaben nicht erfüllt worden, entsteht ein fehlerhafter Unternehmensvertrag, auf den die Regeln zur fehlerhaften (stillen) Gesellschaft anzuwenden sind (siehe Rz. 18.51 ff. und Rz. 11.1 ff.).

8.25

Bei einer stillen Publikumsgesellschaft, bei der die stillen Gesellschafter entweder parallel durch zahlreiche zweigliedrige Gesellschaftsverhältnisse oder über eine mehrgliedrige Gesellschaft mit vielen stillen Gesellschaftern an dem Handelsgewerbe einer AG oder KGaA beteiligt sind, erweist sich die nach § 293 AktG bestehende Notwendigkeit der Zustimmung der Hauptversammlung(en) zu jedem Vertragsschluss bzw. jeder Änderung als eine praktische Hürde, weil es bei ihr entweder permanent zu Neuabschlüssen zweigliedriger Gesellschaftsverhältnisse oder zu Änderungen des Vertrags über die mehrgliedrige stille Gesellschaft kommt.

8.26

Eine in § 292 Abs. 2 AktG angelegte Möglichkeit, die Zustimmungspflicht der Hauptversammlung auszuschließen, wäre die Annahme, dem Abschluss der stillen Gesellschaftsverträge lägen Abreden über eine Gewinnbeteiligung durch Verträge des laufenden Geschäftsverkehrs zugrunde. Diesen Fall nimmt das Gesetz von der Anwendung des Rechts der Unternehmensverträge und damit von der Zustimmungspflicht der Hauptversammlung explizit aus, obwohl es sich auch hierbei um Gewinnbeteiligungen handelt. Unter welchen Voraussetzungen die Abrede über eine Gewinn-

8.27

50 BGH v. 18.9.2012 – II ZR 50/11, NZG 2013, 53 Rz. 25 ff. 51 OLG Braunschweig v. 3.9.2003 – 3 U 140/02, ZIP 2003, 1793 (1795).

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§ 8 Rz. 8.27 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

beteiligung im Rahmen von Verträgen des laufenden Geschäftsverkehrs getroffen ist, sagt das Gesetz nicht. Es liegt nahe, hierin Geschäfte zu erblicken, die regelmäßig oder zumindest häufig wiederkehren und sich in dem Bereich bewegen, mit dem die Geschäftsführung nach dem Betrieb des Unternehmens ständig befasst ist52. Unter diesem Aspekt könnten die stillen Beteiligungen als Gegenstand des laufenden Geschäftsverkehrs angesehen werden53. Es erscheint allerdings fraglich, ob mit dieser Argumentation dem Sinn der Befreiungsvorschrift in § 292 Abs. 2 AktG entsprochen wird. Es muss auch berücksichtigt werden, dass der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags für ein Unternehmen in der Regel nicht Gegenstand des üblichen Geschäftsverkehrs ist. Er stellt vielmehr im Personengesellschaftsrecht ein ungewöhnliches Geschäft i.S. des § 116 HGB dar54. Nach der Gesetzesbegründung sollten mit der Vorschrift des § 292 Abs. 2 AktG aber lediglich unbedeutende Gewinnabführungen in üblichen Formen der Gewinnbeteiligung zur Entlastung der Hauptversammlung ausgenommen werden55. Der Gesetzgeber hat keine quantitativen Kriterien als Abgrenzungsmerkmale normiert, sondern stellt, wie auch der Vergleich zu den anderen Alternativen des § 292 Abs. 2 AktG zeigt, qualitativ auf die Art des Vertrags ab56. Außerhalb von engen Ausnahmefällen darf deshalb die Höhe der Gewinnbeteiligung grundsätzlich keine Rolle spielen57, zumal das Gewinnrecht der Aktionäre auch durch mehrere einzelne Teilgewinnabführungsverträge ausgehöhlt werden könnte. Inwieweit die Vereinbarung einer stillen Beteiligung eine nach den Vorstellungen des Gesetzgebers im Wirtschaftsleben übliche Gewinnbeteiligung ist, lässt sich nicht ohne weiteres in dem einen oder anderen Sinne zweifelsfrei bestimmen. Immerhin spricht die Einordnung als ungewöhnliches Geschäft i.S. von § 116 HGB eher dagegen. Entscheidend dürfte jedoch der Gesichtspunkt sein, dass die stillen Beteiligungen bei den Publikumsgesellschaften in der Regel keinen unbedeutenden Charakter tragen. Sie sind vielmehr ein einkalkuliertes, wesentliches Instrument der Kapitalbeschaffung und als solches ein tragender Pfeiler der gesamten Finanzverfassung der Gesellschaft. Damit erhält die Entscheidung über den Abschluss stiller Gesellschaftsverträge den Charakter eines Grundlagenbeschlusses58. Ein solcher kann nicht nach § 292 Abs. 2 AktG von der Zustimmungspflicht der Hauptversammlung ausgenommen werden. Nicht zuletzt spricht auch die Vorschrift des § 294 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AktG gegen die Anwendbarkeit von § 292 Abs. 2 AktG, da der Gesetzgeber dort implizit davon ausgeht, dass auch Massengeschäfte unter § 292 Abs. 1 AktG fallen können59. Über mehrere Unternehmensverträge kann grundsätzlich im Wege der Sammelabstimmung be52 In diese Richtung Semler in FS Winfried Werner, S. 855 (861). 53 So Hoffmann, Finanz-Betrieb 2005, 373 (376 ff.); differenzierend zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft Weitnauer, GWR 2014, 383 (384 f.). 54 K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (302) m.w.N. in Fn. 38; Priester in FS Raupach, S. 391 (396); Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 154. 55 Amtl. Begr. abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz, 1965, S. 379. 56 Emmerich in Emmerich/Habersack, § 292 AktG Rz. 33 m.w.N. 57 So aber Hoffmann, Finanz-Betrieb 2005, 373 (380). 58 A.A. Hoffmann, Finanz-Betrieb 2005, 373 (381), der davon ausgeht, dass es bei im Verhältnis zu Risikoprofil und Gegenleistung angemessener Gewinnbeteiligung keiner Hauptversammlungsentscheidung bedarf. 59 Zutreffend Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (53 f.).

160 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.29 § 8

schlossen werden, wenn kein Aktionär Einspruch gegen dieses Verfahren einlegt und darauf hingewiesen worden ist, dass bei mehrheitlicher Ablehnung eine gesonderte Abstimmung über jeden einzelnen Vertrag zu erfolgen hat60. Denkbar ist auch, die Festschreibung des Zwecks der Einräumung stiller Beteiligungen in der Satzung als Unternehmensgegenstand für ausreichend zu erachten. Man könnte nämlich argumentieren, dass in diesen Fällen der Abschluss der einzelnen Verträge auf einem von der Hauptversammlung gebilligten Unternehmensgegenstand beruhe und im Weiteren eine reine „Routinesache“, in diesem Sinne also „laufender Geschäftsverkehr“ sei. Eine solche Argumentation widerspräche aber der aktienrechtlichen Kompetenzordnung, wie sie sich aus der Auslegung der Kompetenzvorschriften des Aktiengesetzes durch die Rechtsprechung ergibt. Danach ist die Aufnahme eines bestimmten Tätigkeitsfeldes in die Satzung von der Frage der Zustimmung zu dem Geschäft durch die Hauptversammlung strikt zu trennen. Die Festlegung des Unternehmensgegenstandes in der Satzung umschreibt lediglich den Geschäftsbereich, in dem der Vorstand tätig sein darf. Soweit er darüber hinaus in diesem festgelegten Bereich Maßnahmen durchführen will, die nach den Vorschriften des Aktiengesetzes von der Zustimmung der Hauptversammlung abhängig sind, ist diese gesondert einzuholen, da sie die Satzungsbestimmung wegen des zwingenden Charakters der aktienrechtlichen Vorschriften (§ 23 Abs. 5 AktG) nicht ersetzen kann61. Auch die eine Publikums-KG betreffende Entscheidung des BGH62, nach welcher der Kommanditist sich die durch Beitritt weiterer Kommanditisten mittelbar entstehende Veränderung der Gewinnverteilung und Stimmgewichte gefallen lassen müsse, weil eben die Gesellschaft auf den Beitritt von möglichst vielen Anlegern ausgerichtet gewesen sei, kann für die Gegenmeinung nicht ins Feld geführt werden, da der Gesetzgeber den stillen Gesellschaftsvertrag als Teilgewinnabführungsvertrag nun einmal der speziellen Regelung in den §§ 291 ff. AktG unterworfen hat63.

8.28

Ist demnach die Zustimmung der Hauptversammlung einer AG oder KGaA auch im Hinblick auf stille Publikumsgesellschaften unentbehrlich, kann man sich noch fragen, ob ein Zustimmungsbeschluss auch schon vor Abschluss der Verträge gefasst werden kann. Hierfür spricht, dass § 293 Abs. 2 AktG nur eine „Zustimmung“ fordert und damit nach allgemeiner zivilrechtlicher Terminologie sowohl die Einwilligung als auch die Genehmigung ermöglicht (§§ 183, 184 Abs. 1 BGB). Dennoch wird man die Möglichkeit einer Einwilligung nur dann befürworten können, wenn sie im Hinblick auf die Funktion der Kompetenzzuweisung einer aktuellen Genehmigung gleichwertig ist. Das ist sie jedoch nur, wenn der einwilligenden Hauptversammlung im Wesentlichen die gleichen Tatsachen bekannt sind wie einer aktuell aus Anlass eines bestimmten Vertragsschlusses zustimmenden Hauptversammlung. Gerade die aktuelle

8.29

60 BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38 (41). 61 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 (130 f.) und BGH v. 16.11.1981 – II ZR 150/80, BGHZ 82, 188 (197), wo hervorgehoben wird, dass die Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung unabdingbar ist; vgl. auch Mertens, ZHR 147 (1983), 389. 62 BGH v. 24.11.1975 – II ZR 89/74, BGHZ 66, 82 (86 f.). 63 Zur rechtspolitischen Angreifbarkeit dieser Regelung vgl. K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (305 f.).

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§ 8 Rz. 8.29 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Entscheidungsmacht aufgrund der im Einzelfall zu berücksichtigenden Umstände und Auswirkungen des Vertrages auf die Gewinnbeteiligung der Aktionäre ist es, die § 293 AktG der Hauptversammlung sichern will und die bei einer generellen „Erlaubnis“ in Form einer Satzungsbestimmung in der Regel ebenso wenig gegeben ist wie bei einem vorherigen Zustimmungsbeschluss64. Hinzu kommt, dass die §§ 293a-293g AktG ein bestimmtes Procedere der Aktionärsinformation bei der Beschlussfassung vorschreiben, das ohne ein bestimmtes Vertragswerk nicht einzuhalten ist. Auch der BGH hat in dem ähnlich liegenden Fall der Vermögensübertragung ausdrücklich hervorgehoben, dass die vollständige Unterrichtung der Aktionäre ein essentieller Bestandteil sei, der als Grundlage der dem Aktionärsschutz dienenden Kompetenzausübung durch die Hauptversammlung unabdingbar sei, und in diesen Grundsatz explizit die Entscheidung über Unternehmensverträge einbezogen65. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass etwa die Abstimmung über einen Vertragsentwurf zulässig ist, der später unverändert abgeschlossen werden soll66. Sofern die Beteiligungshöhe im Einzelnen oder zumindest bis zu einer Höchstgrenze feststeht, dürfte auch das fehlende Wissen um die Personen der Vertragspartner kein Hindernis darstellen, da die Person des Stillen bei Massengesellschaften für die betreffende Zustimmungsentscheidung kaum eine Rolle spielt. Im Übrigen wird es darauf ankommen, ob die Judikatur bereit ist, im Interesse der verbesserten Funktionsfähigkeit einer Publikums-AG ihre bisherige strenge Handhabung des als Schutz der Aktionäre gedachten Zustimmungsvorbehaltes zumindest dann zu lockern, wenn die Aktionäre die Initiatoren des Anlagemodells sind, also keinen „Schutz“ in Anspruch nehmen wollen. bb) Notwendigkeit der Handelsregistereintragung

8.30 Der Vorstand bzw. die Komplementäre der das Handelsgewerbe betreibenden AG bzw. KGaA haben nach § 294 Abs. 1 AktG das Bestehen und die Art des stillen Gesellschaftsvertrags sowie den Namen des stillen Gesellschafters zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Beim Bestehen einer Vielzahl von Teilgewinnabführungsverträgen kann anstelle des Namens des Stillen auch eine andere Bezeichnung eingetragen werden, die den jeweiligen Teilgewinnabführungsvertrag konkret bestimmt. Der Anmeldung sind der Vertrag sowie, wenn er nur mit Zustimmung auch der Hauptversammlung des stillen Gesellschafters wirksam wird (vgl. § 293 Abs. 2 AktG), die Niederschrift dieses Beschlusses und ihre Anlagen in Urschrift, Ausfertigung oder öffentlich beglaubigter Abschrift beizufügen. Das zuständige Registergericht hat nicht nur eine formelle, sondern auch eine materielle Prüfung der angemeldeten Verträge durchzuführen (§ 294 AktG)67. Der stille Gesellschaftsvertrag wird erst mit der Eintragung in das Handelsregister wirksam (§ 294 Abs. 2 AktG).

64 Vgl. K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (306). 65 BGH v. 16.11.1981 – II ZR 150/80, BGHZ 82, 188, (195 f.). 66 BGH v. 16.11.1981 – II ZR 150/80, BGHZ 82, 188, (194 f.); Altmeppen in MünchKomm/ AktG, § 293 AktG Rz. 34. 67 Zum Eintragungsverfahren Schulte/Waechter, GmbHR 2002, 189.

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Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.33 § 8

cc) Höchstgrenze der Gewinnabführung Nach § 301 Satz 1 AktG kann eine Gesellschaft höchstens den ohne die Gewinnabführung entstehenden und um den Verlustvortrag sowie die gesetzliche Rücklage geminderten (§ 300 AktG) Jahresüberschuss als Gewinn abführen. Dies könnte der Zusage einer Mindestgewinnabführung entgegenstehen. Die Anwendung speziell dieser Vorschrift auf stille Beteiligungen wird allerdings unter zwei Gesichtspunkten – im Ergebnis wiederum zu Unrecht – in Frage gestellt:

8.31

Zum einen wurde teilweise die Anwendung von § 301 AktG auf Teilgewinnabführungsverträge und damit auch auf stille Gesellschaften überhaupt mit der Begründung abgelehnt, die gewinnabführende AG oder KGaA erhalte eine Gegenleistung für das Versprechen der Abführung und diese Gegenleistung trage erst dazu bei, dass Gewinne überhaupt erwirtschaftet werden könnten. Wegen der vereinbarten Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung dürfe es auf einen tatsächlichen Gewinn der AG nicht ankommen, da diese mit der dann gegebenen Möglichkeit, zu Lasten des Vertragspartners erst ihre eigenen Verluste vorzutragen und die gesetzliche Rücklage aufzufüllen, „überkompensiert“ sei68. Die überwiegende Meinung69 spricht sich zutreffend gegen diesen Standpunkt aus und wendet § 301 AktG auf Teilgewinnabführungsverträge an. Dies gebietet bereits der eindeutige Wortlaut der Vorschrift: § 301 AktG verweist ausdrücklich auf § 300 AktG, der die Vorschriften über die gesetzliche Rücklage auf den Teilgewinnabführungsvertrag für anwendbar erklärt70. Ebenso sprechen Sinn und Zweck dafür, dass auch bei Abführung von Teilgewinnen nicht mehr als der erwirtschaftete Gewinn abgeführt wird. Dies dient der Kapitalerhaltung, die auch Ziel der §§ 300 ff. AktG ist. Die Konsequenz, dass die Aktiengesellschaft zu Lasten des Vertragspartners zunächst ihre Verluste vortragen darf, entspricht diesem Schutzgedanken, weil anderenfalls möglicherweise zu Lasten der Gläubiger und der Aktionäre das Unternehmen der Aktiengesellschaft die Verluste nicht aufholen könnte. Dementsprechend hat auch die Gesetzesbegründung die Einbeziehung der Teilgewinnabführungsverträge in § 301 AktG angenommen71. Die vereinbarte Gegenleistung führt zu keiner anderen Beurteilung, da der durch sie ermöglichte Gewinn bei Nichtanwendung des § 301 AktG vollständig dem Berechtigten zufließen könnte. Mithin entspricht es dem Schutzzweck des § 301 AktG auch die Erträgnisse der Einlage der Kapitalbindung zu unterwerfen. Die Gegenleistung ist daher allenfalls bei der Berechnung des höchstens abzuführenden Gewinns zu berücksichtigen. Sie führt aber nicht zur Unanwendbarkeit von § 301 AktG.

8.32

Zum anderen ist zweifelhaft, ob § 301 AktG auch dann Anwendung findet, wenn eine gewinnunabhängige Festvergütung an den stillen Gesellschafter über den Jahres-

8.33

68 So früher Koppensteiner in KölnKomm/AktG, 1. Aufl. 1985, § 301 AktG Rz. 9 ff.; ähnlich auch Altmeppen in MünchKomm/AktG, § 301 AktG Rz. 7 f.; anders Koppensteiner in KölnKomm/AktG, 2. Aufl. 1987, § 301 AktG Rz. 5. 69 Vgl. LG Bonn v. 10.1.2006 – 11 O 79/05, AG 2006, 465 = Der Konzern 2006, 557; Hüffer, § 301 AktG Rz. 2; Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (56). 70 Vgl. die Begründung des RegE, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz, 1965, S. 389 (390). 71 Vgl. dazu die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 301 AktG, S. 389.

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§ 8 Rz. 8.33 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

überschuss hinaus gezahlt wird. Das LG Bonn hat diese Frage verneint72. Die überwiegende Ansicht in der Literatur stimmt diesem Ergebnis zu73. Gegen eine Anwendbarkeit des § 301 AktG wird vorwiegend angeführt, § 301 AktG setze voraus, dass sich die Zahlung gerade als „Abführung eines Gewinnes“ darstelle; dies sei bei der Zahlung einer Festvergütung nicht der Fall; eine Festvergütung sei als Aufwand in der Gewinnund Verlustrechnung darzustellen und sei Grundlage der Gewinnermittlung74. Richtig hieran ist, dass eine Festvergütung für sich genommen keinen Gewinn i.S. des § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB darstellt (siehe Rz. 8.4). Ausweislich des Wortlauts („gleichgültig welche Vereinbarung über die Berechnung des abzuführenden Gewinns getroffen worden sind“) und der Gesetzesbegründung75 soll § 301 AktG jedoch der Dispositionsfreiheit Grenzen setzen, um das gebundene Gesellschaftskapital unabhängig von der Art der Gewinnberechnung zu schützen. Der von § 301 AktG intendierte Schutz würde leer laufen, könnte die Gewinnhöhe auf der ersten Stufe der Gewinn- und Verlustrechnung durch Berücksichtigung von Zuwendungen an den Gesellschafter herabgesetzt werden. Wenn § 301 AktG das Eigenkapital der Gesellschaft schützen soll, muss diese Vorschrift erst recht gelten, wenn gar kein Gewinn gemacht worden ist. Insoweit formalistisch zwischen „Gewinn“ und „Festvergütung“ zu trennen, erscheint nicht sachgerecht. So müssen auch verdeckte Gewinnausschüttungen in den Anwendungsbereich des § 301 AktG fallen. Zwar unterliegt der stille Gesellschafter grundsätzlich weder mit seiner Einlage (vgl. § 236 Abs. 2 HGB) noch gar generell dem Gebot der Kapitalerhaltung76, doch folgt gerade aus § 301 AktG, dass er als Vertragspartner eines Gewinnabführungsvertrags zumindest einer partiellen Kapitalbindung unterliegt77. Seine Leistung wird insoweit Risikokapital, als es um den mit Hilfe seiner Einlage erzielten Gewinn geht. Beide sind gleichsam gesellschaftsrechtlich bedingte Gegenleistung der Beitragsleistung. Eine einheitliche Behandlung ist schließlich geboten, um Umgehungen zu unterbinden. Der Einwand, § 302 AktG regele abschließend die

72 LG Bonn v. 10.1.2006 – 11 O 79/05, AG 2006, 465 (465 f.) = Der Konzern 2006, 557. 73 Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (57 ff.); Pluskat, EWiR 2006, 261 (262); Altmeppen in MünchKomm/AktG, § 301 AktG Rz. 9a; Rust, AG 2006, 563 (565 f.); Weitnauer, GWR 2014, 383 (383); a.A. Elkemann-Reusch in Häger/Elkemann-Reusch, Mezzanine Finanzierungselemente, Rz. 273; Hoffmann, Finanz-Betrieb 2005, 373 (375). 74 LG Bonn v. 10.1.2006 – 11 O 79/05, AG 2006, 465 (465 f.) = Der Konzern 2006, 557; Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (59); Pluskat, EWiR 2006, 261 (262); Rust, AG 2006, 563 (565). 75 Vgl. die Begründung des RegE, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz, 1965, S. 389 (389 f.): Die Gesellschaft soll vor dem Ausweis von Verlusten geschützt werden, die durch eine unbeschränkte Vertragsfreiheit bei der Gewinnberechnung entstehen können. Anders aber Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (58); Pluskat, EWiR 2006, 261 (262); Rust, AG 2006, 563 (565). 76 Zutreffend LG Bonn v. 10.1.2006 – 11 O 79/05, AG 2006, 465 (466) = Der Konzern 2006, 557. 77 Vgl. auch zu der ähnlichen Frage, ob bei Geschäftsführungsverträgen gemäß § 291 Abs. 1 Satz 2 AktG der Anspruch gegen die abhängige Gesellschaft gemäß § 667 BGB dazu führt, dass bereits kein Gewinn entsteht und § 301 AktG nicht anwendbar ist, Emmerich in Emmerich/Habersack, § 301 AktG Rz. 6 und wohl auch BGH v. 1.12.2003 – II ZR 202/01, NZG 2004, 185 (186).

164 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.35 § 8

Konstellation gewinnunabhängiger Zuwendungen78 und sehe eine Ausgleichspflicht gerade nicht für den Teilgewinnabführungsvertrag vor, ist nicht durchschlagend. Denn § 302 AktG schützt nicht nur das Gesellschaftsvermögen, sondern normiert als Kompensation für die weitergehenden Eingriffsrechte79 auch eine über § 301 AktG hinausgehende pauschale Verlustausgleichspflicht. Ist eine Zahlung entgegen § 301 AktG an den stillen Gesellschafter erfolgt, hat die Gesellschaft einen Anspruch auf Rückzahlung dieser Summe. Dieser ergibt sich nicht aus dem Bereicherungsrecht der §§ 812 ff. BGB, sondern bereits aus einer (analogen) Anwendung von § 62 AktG, da die Auszahlung einen Verstoß gegen die mit § 301 AktG bezweckte Vermögensbindung darstellt80. Entsprechende Zahlungen begründen zudem einen Pflichtverstoß des Vorstandes und machen ihn allenfalls schadenersatzpflichtig nach § 93 AktG81.

8.34

dd) Kollision von Gewinnabführungsvertrag und stiller Beteiligung Mit der Qualifikation der stillen Beteiligung als Teilgewinnabführungsvertrag stellt sich schließlich noch die Frage nach ihrem Verhältnis zu einem bereits bestehenden Gewinnabführungsvertrag82. So wurde teilweise vertreten, dass Gewinnabführungsund Teilgewinnabführungsvertrag zueinander in Widerspruch stünden und deswegen die Einräumung einer stillen Beteiligung bei bestehendem Gewinnabführungsvertrag unzulässig sei83. Ganz überwiegend wird inzwischen jedoch angenommen, dass eine stille Beteiligung trotz eines bestehenden Gewinnabführungsvertrags eingeräumt und umgekehrt ein Gewinnabführungsvertrag bei bestehender stiller Beteiligung geschlossen werden kann84. Es ist nämlich nicht von der Hand zu weisen, dass der Teilgewinnabführungsvertrag das Element eines schuldrechtlichen Austauschgeschäfts in sich trägt85 und stille Beteiligungen ein Mittel der Unternehmensfinanzierung sind. Während daher die stille Beteiligung als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung zu verbuchen ist (vgl. § 277 Abs. 3 Satz 2 HGB), umfasst der Gewinnabführungsvertrag nur den Residualgewinn86. Von diesem sind grundsätzlich die Teilgewinnabführungen abzuziehen.

78 LG Bonn v. 10.1.2006 – 11 O 79/05, AG 2006, 465 (466) = Der Konzern 2006, 557; Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (58); Pluskat, EWiR 2006, 261 (262); Rust, AG 2006, 563 (566). 79 Vgl. zu den Grundgedanken des § 302 AktG Emmerich in Emmerich/Habersack, § 302 AktG Rz. 16 f. 80 Vgl. Hirte in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 2005, § 301 AktG Rz. 25 m.w.N. 81 Altmeppen in MünchKomm/AktG, § 301 AktG Rz. 23. 82 Hierzu Berninger, DB 2004, 297; Priester in FS Raupach, S. 391 ff. 83 So Berninger, DB 2004, 297 (299). 84 Altmeppen in MünchKomm/AktG, § 292 AktG Rz. 65 [Fn. 100]; Koch in Hüffer, § 292 AktG Rz. 15 (Aufgabe der Ansicht in der Voraufl.); Schmich, GmbHR 2008, 464; Hageböke, Der Konzern 2013, 334 (343). 85 Vgl. Begründung des RegE, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz, 1965, S. 378 f. 86 Priester in FS Raupach, S. 391 (397). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass auch dieser als Aufwand zu verbuchen ist.

Kauffeld | 165

8.35

§ 8 Rz. 8.36 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

8.36 Selbst wenn Gewinn- und Teilgewinnabführungsvertrag in Widerspruch zueinander stünden, würde dies gleichwohl nicht zur Nichtigkeit der Verträge, sondern nur zu Sekundäransprüchen wegen Vertragsverletzungen führen. So kann eine Pflichtverletzung des Gewinnabführungsvertrags87 darin gesehen werden, dass der Beitrag des Stillen in keinem angemessenen Verhältnis zum Gewinnanspruch steht88. Eine im Innenverhältnis wirkende Pflicht, die Zustimmung des Vertragspartners des Gewinnbeteiligungsvertrags vor Einräumung stiller Beteiligungen einzuholen, dürfte mangels gesetzlicher Grundlage allerdings nicht bestehen89. Den Vorstand trifft insbesondere auch nur eine Pflicht, die Zustimmung der Hauptversammlung zu dem neu hinzutretenden Gewinnabführungsvertrag nach § 293 Abs. 1 AktG und nicht auch zur Änderung des vorbestehenden Vertrags nach § 295 Abs. 1 Satz 1 AktG einzuholen, da sich aufgrund der Relativität der Verträge der Inhalt bestehender Verträge durch den Abschluss weiterer Gewinnabführungsverträge nicht ändert90.

II. Die Verlustbeteiligung 1. Ausschluss der Verlustbeteiligung

8.37 Die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Verlust kann durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden (§ 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB). Das kann auch stillschweigend geschehen. Ein stillschweigender Verlustausschluss wird in der Regel anzunehmen sein, wenn dem stillen Gesellschafter ein Mindestgewinn garantiert ist91. Es handelt sich auch hier um eine Frage der Vertragsauslegung, bei der der wirkliche Wille der Beteiligten zu erforschen ist. 8.38 Dagegen bedeutet die Vereinbarung, der stille Gesellschafter solle bei der Auflösung der Gesellschaft seine Einlage in voller Höhe zurückerhalten, nicht unbedingt den Ausschluss der Verlustbeteiligung. Sie wird regelmäßig dahin zu verstehen sein, dass er während des Bestehens der Gesellschaft am Verlust beteiligt wird, aber bei Beendigung der Gesellschaft seine Vermögenseinlage auch dann in voller Höhe zurückerhalten soll, wenn sein abweichend von der gesetzlichen Regellage variabel geführtes Einlagekonto unter den Betrag der ursprünglichen Einlage gesunken ist92. Der stille Gesellschafter hat bei dieser Vertragsauslegung praktisch einen Teil des Verlustes mitzutragen, da die in den einzelnen Jahren auf ihn entfallenden Gewinne zunächst zur Wiederauffüllung seines durch die Verluste geminderten Einlagekontos zu verwenden

87 Zur Anwendbarkeit der §§ 280 ff. BGB siehe OLG Frankfurt v. 29.6.1999 – 5 U 251/97, NZG 2000, 603 (604). 88 Priester in FS Raupach, S. 391 (398). 89 So aber Priester in FS Raupach, S. 391 (399). 90 So aber Berninger, DB 2004, 297 (299). 91 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 21; Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 14. 92 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 21; Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 15.

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Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.42 § 8

sind, mithin zur Ausschüttung an ihn nicht zur Verfügung stehen (§ 232 Abs. 2 Satz 2 HGB). Ist im Gesellschaftsvertrag nur von der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters die Rede, so ist damit nicht gesagt, dass seine Verlustbeteiligung ausgeschlossen sein soll93. Es gilt vielmehr die Auslegungsregel des § 722 Abs. 2 BGB: Ist nur der Anteil am Gewinn bestimmt, so gilt die Bestimmung im Zweifel für Gewinn und Verlust94.

8.39

2. Möglichkeiten der Verlustbeteiligung Für Ausmaß und Schlüssel der Verlustbeteiligung sind in erster Linie die gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen maßgebend (Rz. 8.107 ff.). Es können dabei für die Verteilung von Gewinn und Verlust verschiedene Maßstäbe zugrunde gelegt werden. Auch eine nur beschränkte Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters ist etwa in der Form möglich, dass er nur bis zu einem bestimmten Betrag oder nur in Höhe eines bestimmten Hundertsatzes seiner Einlage zur Verlusttragung verpflichtet sein soll. Es kann auch vorgesehen werden, dass in späteren Jahren der Verlust vorab aus den gemeinsamen Gewinnen zu decken ist. Zulässig ist schließlich die Abrede, dass der stille Gesellschafter mit seiner Einlage zwar am Verlust teilnimmt, aber nicht verpflichtet ist, spätere Gewinne zur Verlustdeckung zu verwenden, oder dass er berechtigt ist, einen bestimmten Teil seines Gewinnanteils ohne Rücksicht auf etwaige Verluste zu entnehmen.

8.40

Im Gesellschaftsvertrag kann schließlich vereinbart werden, dass der Inhaber des Handelsgeschäfts von der Verlusttragung befreit sein soll, dass also der stille Gesellschafter im Innenverhältnis allein den Verlust zu tragen hat95. Solche Vereinbarungen sind häufig bei atypischen stillen Gesellschaften anzutreffen, wenn der Inhaber nur eine vorgeschobene Person, der stille Gesellschafter aber der Kapitalgeber und Träger des Handelsgeschäfts ist. Das Außenverhältnis wird dadurch nicht berührt; insbesondere beeinflussen solche Abreden nicht die persönliche Haftung des Inhabers für die Geschäftsverbindlichkeiten96. Er kann aber, wenn er von den Gläubigern in Anspruch genommen wird, von dem stillen Gesellschafter Freistellung sowie unter Umständen Ersatz seiner Aufwendungen verlangen.

8.41

III. Mehrstufiges Verfahren: Ermittlung, Verteilung und Ausschüttung Zur Beantwortung der Frage, ob einem stillen Gesellschafter im Hinblick auf seine Beteiligung am Handelsgeschäft des Geschäftsinhabers ein Anspruch auf Auszahlung 93 BGH v. 29.6.1992 – II ZR 284/91, NJW 1992, 2696 (2697); OLG Brandenburg v. 8.2.1995 – 7 U 101/94, NJW-RR 1996, 156 (157); Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 14. 94 BGH v. 30.11.1959 – II ZR 204/57, DB 1960, 261 = BB 1960, 14; OLG Brandenburg v. 8.2.1995 – 7 U 101/94, NJW-RR 1996, 156 (157). 95 Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 19. 96 Schubert in Oetker, § 231 HGB Rz. 11; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 231 HGB Rz. 7.

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8.42

§ 8 Rz. 8.42 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

seines Gewinnanteils zusteht, sind drei Prüfungsebenen zu unterscheiden: Zunächst einmal ist auf einer ersten Stufe das im Verhältnis zum stillen Gesellschafter maßgebende Geschäftsergebnis festzustellen. Es geht also um die Ermittlung der Bemessungsgrundlage. Das Gesetz befasst sich hiermit in § 232 HGB. Auf einer zweiten Stufe stellt sich dann die Frage, mit welchem Anteil der stille Gesellschafter an diesem für ihn relevanten Geschäftsergebnis partizipiert, es geht mithin um die Frage der Verteilung, also des Verteilungsschlüssels. Hierauf gibt das Gesetz in § 231 HGB eine Antwort. Ist der Anteil des stillen Gesellschafters an Gewinn und Verlust nicht bestimmt, so gilt ein den Umständen nach angemessener Anteil als bedungen. Schließlich hat der stille Gesellschafter nur dann einen Anspruch auf Auszahlung seines nach den Stufen 1 und 2 ermittelten Gewinnanteils, wenn ihm dieser auch ausgeschüttet werden kann. Auf einer dritten Stufe geht es daher um die Frage des Auszahlungsanspruchs, mithin der Ausschüttung. Hiermit befasst sich wiederum § 232 Abs. 2 Satz 2 HGB97. Grundsätzlich kann der stille Gesellschafter die Ausschüttung des auf ihn entfallenden Gewinnanteils verlangen, soweit dieser nicht nach § 232 Abs. 2 Satz 2 HGB zur Deckung von Verlusten verwendet wird.

8.43 Sowohl die Bestimmung der Bemessungsgrundlage, also des im Verhältnis zum stillen Gesellschafter maßgebenden Gewinnanteils, als auch die Bestimmung des Verteilungsschlüssels, also des Anteils des stillen Gesellschafters an dem maßgebenden Gewinnanteil, bereiten in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten. Dieses gilt für Fälle typischer und atypischer Ausgestaltung der stillen Beteiligung gleichermaßen. Daher sollte bei Begründung der stillen Beteiligung der sorgfältigen Ausgestaltung der notwendigen Regelungen im stillen Gesellschaftsvertrag sowohl im Hinblick auf die Bestimmung der Bemessungsgrundlage als auch im Hinblick auf die Bestimmung des Verteilungsschlüssels besonderes Augenmerk geschenkt werden. Nur so sind spätere, oftmals gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. 8.44 Im Rahmen der vertraglichen Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage der Ergebnisbeteiligung und des Verteilungsschlüssels ist zu beachten, dass unabdingbares Merkmal der stillen Gesellschaft die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters ist. Daher dürfen die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter auch nicht auf einen Ausschluss der Gewinnbeteiligung hinauslaufen. Dieses wäre etwa der Fall, wenn dem Stillen lediglich eine Verzinsung seiner Einlage oder ein an andere Kriterien als den Gewinn anknüpfendes Entgelt gewährt würde, beispielsweise eine bloße Umsatzbeteiligung. Keinen Ausschluss von der Gewinnbeteiligung stellt es aber dar, wenn sich die Parteien auf eine bestimmte Mindestverzinsung der Einlage oder einen Mindestgewinn der Höhe nach verständigen. 8.45 Wird die Gewinnbeteiligung des Stillen vertraglich ausgeschlossen, so ist eine solche Vereinbarung allerdings nicht nichtig. § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB besagt nur, dass das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien dann keine stille Gesellschaft ist98. Regel97 Diese drei Prüfungsebenen betont nunmehr ebenso zutreffend OLG Schleswig v. 3.5.2019 – 9 U 83/18, NZG 2019, 1220 (1224). 98 Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 11; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 23; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 40.

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Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.48 § 8

mäßig handelt es sich dann um eine Innen-GbR oder um ein Darlehen99. Die Gewinnbeteiligung des Geschäftsinhabers kann dagegen auch im Rahmen einer stillen Gesellschaft ausgeschlossen werden (vgl. Rz. 8.15). 1. Ermittlung der Bemessungsgrundlage (Ertragsermittlung) a) Gesetzliche Regelung – interne Rechnungslegung als Grundlage der Ergebnisberechnung Nach § 232 Abs. 1 HGB sind am Schluss jedes Geschäftsjahres Gewinn und Verlust zu berechnen. Eine Bezugnahme auf die Bemessungsgrundlage „Bilanz“ wie bei der offenen Handelsgesellschaft in § 120 Abs. 1 HGB fehlt. Dies liegt daran, dass die stille Gesellschaft selbst keine Bilanz i.S. des § 242 Abs. 1 HGB aufstellt (vgl. Rz. 13.12 ff.) und sich ihr Gewinn und Verlust auch nicht unmittelbar aus der Bilanz des Inhabers ergeben. Vielmehr bedarf deren Ermittlung ohne besondere vertragliche Vereinbarung grundsätzlich einer eigenen, internen Berechnung durch den Inhaber100.

8.46

Nach der gesetzlichen Regelung ist deswegen der Inhaber grundsätzlich zur Vornahme einer solchen internen Rechnungslegung zur Berechnung des Gewinns und des Verlustes der stillen Gesellschaft verpflichtet. Die gesellschaftsrechtliche Verpflichtung zur Rechnungslegung umfasst dabei auch die Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, soweit sie für die Gewinnberechnung des stillen Gesellschafters erforderlich sind101. Dennoch ist ohne Festlegung der Grundsätze für die Ergebnisberechnung im Gesellschaftsvertrag höchst unklar, welche Berechnungsparameter, die das Gesetz offen lässt oder nur sehr offen regelt, im Einzelfall in die Ermittlung der Bemessungsgrundlage, also des für den stillen Gesellschafter maßgeblichen Gewinns, einzufließen haben. Wie die Bemessungsgrundlage zu bestimmen ist, ist vorrangig dem Gesellschaftsvertrag zu entnehmen.

8.47

Den Beteiligten ist zur Vermeidung von Unklarheiten daher dringend anzuraten, die maßgeblichen Parameter zur Bestimmung der Bemessungsgrundalge der Ergebnisbeteiligung im Gesellschaftsvertrag der stillen Beteiligung genau zu vereinbaren. Neben der Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens (hierzu Rz. 15.21 ff.) handelt es sich bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage (gemeinsam mit der Bestimmung des Verteilungsschlüssels) um den zweiten Regelungsbereich, der den wirtschaftlichen Erfolg einer stillen Beteiligung maßgeblich beeinflusst.

8.48

99 Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 231 HGB Rz. 14; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 231 HGB Rz. 2; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 40; zu den Parallelen zum Darlehen vgl. auch Manz/Lammel, GmbHR 2009, 1121. 100 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 3; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 85 Rz. 12; S. Wachter, Gewinnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, S. 41; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 11 ff.; zur Frage, inwieweit eine Korrekturrechnung in der Praxis tatsächlich jährlich vorzunehmen ist, vgl. Rz. 8.91 ff. 101 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 13; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 19; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 85 Rz. 1.

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§ 8 Rz. 8.49 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

8.49 Zwar ist auch eine stillschweigende Regelung denkbar; so z.B. wenn dem Stillen bei den Vertragsverhandlungen Bilanzen vorgelegt werden und es sich ihm aufdrängen musste, dass diese der Gewinnberechnung zugrunde gelegt werden102. Eine stillschweigende Regelung wird auch dann angenommen, wenn der Inhaber des Handelsgeschäfts und der stille Gesellschafter vereinbart haben, dass für die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters von dem Gewinn auszugehen ist, der sich aus dem testierten handelsbilanziellen Jahresabschluss des Inhabers ergibt. In diesem Fall soll nämlich die Bezugsgröße für den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters der Jahresüberschuss vor Körperschaftsteuer und vor Abzug des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters sein103. Gegen die Annahme, dass mit dem Wortlaut der Vereinbarung als Bezugsgröße für die Ermittlung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters der Handelsbilanzgewinn, also der Gewinn nach Abzug der Körperschaftsteuer und des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters, gemeint sei, sprechen tatsächlich das Wesen und die Besonderheiten der stillen Gesellschaft. Der stille Gesellschafter will mit seiner Beteiligung am Betrieb weder Einfluss auf die steuerlichen Verhältnisse des Geschäftsinhabers nehmen noch selbst von diesen beeinflusst werden. So würde die Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters nach Körperschaftsteuer den Geschäftsinhaber doppelt begünstigen: Zum einen aufgrund der nach Berücksichtigung des Gewinnanteils geringeren Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer und zum anderen aus der Abwälzung eines Teils der Körperschaftsteuer auf den stillen Gesellschafter. Zu einem solchen Begründungsaufwand sollte es jedoch erst gar nicht kommen müssen, da in einem solchen Fall erhebliche Unsicherheiten bestehen, die das Gesellschaftsverhältnis von Anfang an unnötig schwer belasten. Dieses gilt erst Recht, wenn der Bilanzgewinn und -verlust im Sinne von § 268 Abs. 1 Satz 1 HGB in Bezug genommen wird. Auch in diesem Fall entspricht es zumeist nicht dem Wesen und den Besonderheiten der stillen Gesellschaft, dass der stille Gesellschafter jährlich wiederkehrend an Gewinn- und Verlustvorträgen des Geschäftsinhabers aus den Vorjahren teilnimmt, was bei Verlustvorträgen zur Folge hat, dass der stille Gesellschafter mit dem vom Geschäftsinhaber im Vorjahr zu tragenden Anteil am Jahresverlust belastet werden würde, bei Gewinnvorträgen, dass der stille Gesellschafter am im Vorjahr dem Geschäftsinhaber zugewiesenen Gewinnanteil im Folgejahr erneut partizipieren würde. Zudem könnte eine solche Regelung steuerlich die zweifache Besteuerung desselben Gewinns zur Folge haben: Im Vorjahr die Besteuerung beim Geschäftsinhaber und im Folgejahr beim Stillen. Eine derartige Besteuerungssituation würde dem Konzept der Mitunternehmerschaft widersprechen. b) Vereinbarungen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage aa) Die Berechnung von Gewinn und Verlust in der Vertragspraxis

8.50 Die gängige Vertragspraxis weicht von der gesetzlichen Regelung insoweit ab, als sie durchweg den handels- oder steuerrechtlichen Jahresabschluss des Inhabers zur Grundlage der Gewinn- und Verlustberechnung des Inhabers macht und von diesem einzelne Korrekturen vornimmt, um den Gewinn- und Verlust des Inhabers zu be102 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 85 Rz. 25. 103 Vgl. hierzu FG Nürnberg v. 15.6.1999 – I 118/97, EFG 1999, 917 = GmbHR 1999, 995.

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Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.54 § 8

rechnen. Es empfiehlt sich dringend, dieser Praxis zu folgen, da andernfalls die Gewinn- und Verlustberechnung nicht nur einen erheblichen zusätzlichen Aufwand bedeutet, sondern auch leicht zu mannigfaltigen Streitigkeiten zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter führt. Diese Vertragspraxis entbindet allerdings nicht von der Notwendigkeit, Handels- und Steuerbilanz des Inhabers einerseits und interne Rechnungslegung der stillen Gesellschaft andererseits zu unterscheiden. Während die ersten beiden auf zwingendem Recht beruhen und nur in gewissem Maße dem Inhaber Wahlrechte und Beurteilungsspielräume zur Verfügung stellen, steht die interne Berechnung des Gewinns des stillen Gesellschafters vollständig zur Disposition des Vertrages zwischen ihm und dem Inhaber. Sieht der Gesellschaftsvertrag deshalb eine bestimmte Rechnungslegung vor, z.B. die Einschränkung der Bildung stiller Reserven, so ist im Zweifelsfall durch Auslegung festzustellen, ob damit nur die interne Rechnungslegung der stillen Gesellschaft oder auch die externe des Inhabers gemeint ist. Zu berücksichtigen ist dabei einerseits, dass an einer entsprechenden Beeinflussung der externen Rechnungslegung häufig beide Gesellschafter kein Interesse haben; der Sinn solcher Vertragsklauseln besteht regelmäßig nur darin, den Umfang des Gewinnrechts des stillen Gesellschafters näher zu umschreiben, hingegen sollen sie nicht dem Fiskus Vorteile hinsichtlich der Rechnungslegung des Unternehmens verschaffen. Andererseits sollten die internen Korrekturen des Jahresergebnisses des Inhabers aber auch auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt bleiben, um die Berechnung von Gewinn und Verlust nicht unnötig zu erschweren.

8.51

bb) Ausgangspunkt: Jahresüberschuss der Handels- oder Steuerbilanz Als Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters kommt in der Praxis – wie bereits erwähnt – sowohl die Handels- als auch die Steuerbilanz in Betracht. Ob der handelsrechtlich ermittelte oder der steuerrechtlich ermittelte Jahresüberschuss der Gewinnverteilung zugrunde gelegt werden soll, bedarf der Festlegung im Gesellschaftsvertrag. Fehlt eine solche Festlegung, ist der Handelsbilanzgewinn zugrunde zu legen.

8.52

(1) Handelsbilanzgewinn Die handelsrechtlichen Anforderungen an die Bilanz sind durch das Prinzip der Vorsicht gekennzeichnet. Wegen der Risiken, mit denen jede wirtschaftliche Betätigung behaftet ist, sollen die Kapitalgeber und die außenstehenden Dritten vermögensmäßig gesichert werden – ein Ziel, das durch den Grundsatz der vorsichtigen Bewertung der Vermögensposten des Umlaufvermögens erreicht werden soll. Die handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften sollen sicherstellen, dass der Unternehmer seine Vermögenslage nicht günstiger darstellt, als sie in Wirklichkeit ist.

8.53

Die Berechnung des Gewinnanteils auf der Grundlage der Handelsbilanz bringt für den stillen Gesellschafter deshalb Gefahren mit sich. Diese bestehen darin, dass der Geschäftsinhaber insbesondere durch handelsrechtlich zulässige Unterbewertungen auf der Aktivseite stille Reserven zulasten des jährlichen Gewinns bildet, an denen der

8.54

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§ 8 Rz. 8.54 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

lediglich gewinnbeteiligte stille Gesellschafter ohne entsprechende interne Korrektur nicht partizipieren würde. Ebenso kann es beispielsweise zu einer seitens der Stillen nicht erwarteten Ergebnisminderung durch die Bildung eines Sonderpostens nach § 340 g HGB kommen, bei dem sich die Frage stellt, ob es sich um eine Rücklage handelt, über deren Bildung stille Gesellschafter mitzuentscheiden haben104.

8.55 Soll trotz dieser Bedenken das handelsrechtliche Jahresergebnis der Gewinnverteilung zugrunde gelegt werden, so empfiehlt es sich insbesondere bei Eingehen einer typischen stillen Gesellschaft dringend, durch Festlegung von Bewertungsrichtlinien die interne Korrektur genau zu umschreiben. Andernfalls gelten grundsätzlich die bewertungsrechtlichen Vorschriften des HGB (vgl. Rz. 13.68 ff.), die durch das Bestehen der stillen Gesellschaft ohne ausdrückliche vertragliche Bestimmung nur in gewissem Maße eine interne Modifizierung erfahren. (2) Bilanzgewinn und -verlust im Sinne von § 268 Abs. 1 Satz 1 HGB als Bemessungsgrundlage

8.56 Die aus Sicht eines Praktikers bestehende Notwendigkeit, den Regelungen zur Bemessungsgrundlage der Gewinn- und Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters mit höchster Sorgfalt zu begegnen, zeigt sich ganz deutlich an einer Reihe von Entscheidungen105, die sich mit der Auslegung des Begriffs „Bilanzgewinn und -verlust im Sinne von § 268 Abs. 1 Satz 1 HGB“ bei Genussscheinen und stillen Beteiligungen befassen. 8.57 Die Entscheidung des OLG Frankfurt a.M.106 hatte die Frage der Verlustbeteiligung von Genussscheininhabern an einer Publikumsgesellschaft zum Gegenstand. Die formularmäßig vereinbarten Genussscheinbedingungen stellten insoweit auf den „Bilanzverlust“ ab, ohne diesen Begriff weiter zu konkretisieren. Die beklagte Bank hatte ausgehend hiervon die Genussscheininhaber nicht nur am Jahresfehlbetrag, sondern auch an den Verlustvorträgen aus dem Vorjahr beteiligt. Das OLG Frankfurt a.M. hielt dies nach Auslegung des Begriffs „Bilanzverlust“ für zulässig. Die entsprechende Klau104 OLG Schleswig v. 3.5.2019 – 9 U 83/18, NZG 2019, 1220 (1220). Das Rechtsmittelverfahren wird beim BGH unter dem Aktenzeichen II ZR 110/19 geführt. Nach Merkt (BKR 2019, 261 [270 ff.]) handelt es sich bei dem Sonderposten nach § 340g HGB nicht um eine Rücklage im Sinne des Bankbilanzrechts und es kann hiervon, d.h. von der im Ermessen des Bankvorstands liegenden Dotierung, durch vertragliche Vereinbarungen zugunsten von Genussrechtsinhabern oder stillen Gesellschaftern nicht abgewichen werden. Sehr wohl auszuschließen wäre diese für den Stillen nachteilige Dotierung aber dadurch gewesen, dass die Bemessungsgrundlage im stillen Beteiligungsvertrag von vornherein so ausgestaltet wird, dass vertraglich eine Berücksichtigung des Sonderpostens nach § 340g HGB bei der Ermittlung des Ergebnisanteils des stillen Gesellschafters ausgeschlossen wird. 105 OLG Frankfurt a.M. v. 15.7.2015 – 19 U 201/13, NZG 2016, 1027; rechtskräftige Entscheidung des OLG München v. 11.6.2015 – 23 U 3466/14, BeckRS 2015, 11162, Rz. 85 ff.; OLG München v. 12.1.2012 – 23 U 2737/11, BeckRS 2012, 1433; LG Düsseldorf v. 21.12.2018 – 10 O 159/17, BeckRS 2018, 35553. 106 OLG Frankfurt a.M. v. 15.7.2015 – 19 U 201/13, NZG 2016, 1027.

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Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.58 § 8

sel verstoße insbesondere nicht gegen die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB, da sich aus dem Gesetz eindeutig ergebe, was unter einem Bilanzverlust zu verstehen und nach welchen Regeln der Jahresabschluss aufzustellen ist. Dabei stützte sich das OLG Frankfurt a.M. auf die Rechtsprechung des BGH, nach der in Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendete Rechtsbegriffe – insbesondere wenn sie erkennbar auf gesetzliche Regelungen Bezug nehmen – entsprechend ihrer juristischen Fachbedeutung zu verstehen sind107. Der verständige Genussscheininhaber müsse daher davon ausgehen, dass der Begriff „Bilanzverlust“ in dem Sinne zu verstehen ist, den er nach den handelsrechtlichen und aktienrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften hat. Da nach § 268 Abs. 1 Satz 2 HGB und § 158 Abs. 1 AktG auch ein vorhandener Verlustvortrag in den Bilanzverlust einzubeziehen ist, sei auch der in den Genussscheinbedingungen verwendete Begriff „Bilanzverlust“ in dieser Weise auszulegen108. Das OLG München hielt die Auslegung des Begriffs „Bilanzverlust“ indes nicht für eindeutig und wendete daher zugunsten der Genussscheininhaber die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB an109. Diese Regelung findet allerdings aufgrund der Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB für die hier relevante Verlustbeteiligung von stillen Gesellschaftern keine Anwendung (Rz. 18.6, 18.44)110. Die Frage, ob ein stiller Gesellschafter entsprechend der dargestellten Auslegung des OLG Frankfurt a.M., bei einem schlichten Verweis auf die Handelsbilanz auch an Verlustvorträgen zu beteiligen ist, ist ebenso Gegenstand streitiger Auseinandersetzungen111. Vor dem Hintergrund der bislang noch unklaren Rechtslage, ist aus Sicht des 107 BGH v. 19.3.2003 – VIII ZR 135/12, NJW 2003, 2607 (2608); ausdrücklich zum Begriff Bilanzverlust: BGH v. 29.4.2014 – II ZR 395/12, NZG 2014, 661 (663) = AG 2014, 705. Neben dem Wortlaut können auch die außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände berücksichtigt werden, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (BGH v. 19.1.2000 – VIII ZR 275/98, NJW-RR 2000, 1002). Die relevanten Umstände müssen dann dem Erklärungsempfänger allerdings auch bekannt oder zumindest erkennbar gewesen sein (BGH v. 5.10.2006 – III ZR 166/05, NJW 2006, 3777 (3778)). Davon abgesehen sind die Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Geboten ist eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung. In Zweifelsfällen verdient diejenige Auslegung den Vorzug, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen der Vertragsparteien gleichermaßen gerecht werdenden Ergebnis führt. Insgesamt kommt es darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung aller Begleitumstände, insbesondere des Gesamtverhaltens der Parteien und der von ihnen verfolgten Zwecke, redlicherweise verstanden werden durfte. Vgl. hierzu mit Nachweisen zur BGH-Rechtsprechung Ellenberger in Palandt, § 133 BGB Rz. 18. 108 OLG Frankfurt a.M. v. 15.7.2015 – 19 U 201/13, NZG 2016, 1027, Rz. 48 ff.; dem folgend auch: LG Düsseldorf v. 21.12.2018 – 10 O 159/17, BeckRS 2018, 35553, Rz. 40 ff.; a.A. wohl noch LG Frankfurt v. 3.7.2013 – 3 - 13 O 73/08, n.v. (zitiert nach Kinzl/Schmidberger, BKR 2018, 366, dort Nachweis in Fn. 1). 109 OLG München v. 11.6.2015 – 23 U 3466/14, BeckRS 2015, 11162, Rz. 85 ff.; OLG München v. 12.1.2012 – 23 U 2737/11, BeckRS 2012, 1433. 110 So zutreffend OLG Schleswig v. 3.5.2019 – 9 U 83/18, NZG 2019, 1220 (1227). 111 So z.B. hinsichtlich des stillen Beteiligungskapitals an der IKB in Höhe von 200 Mio. Euro, das ausweislich des Wortlauts der Bedingungen des Beteiligungsvertrages eine Regelung zur Verlustpartizipation enthält, nach der der Stille Gesellschafter an einem Bilanz-

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8.58

§ 8 Rz. 8.58 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

stillen Gesellschafters dringend zu empfehlen, die Beteiligung an Verlustvorträgen durch eine ausdrückliche vertragliche Regelung auszuschließen. Hinsichtlich bereits geschlossener Verträge ist indes festzustellen, dass die Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. in der Sache nicht überzeugen kann112. Erst Recht kann eine Auslegung des Begriffs „Bilanzverlust“ in einem stillen Gesellschaftsvertrag nicht zur Beteiligung des stillen Gesellschafters an Verlustvorträgen führen.

8.59 Zutreffend wurde im Schrifttum festgestellt, dass die rein formale Anknüpfung an den gesetzlichen Begriff des Bilanzverlusts aus § 268 Abs. 1 Satz 2 HGB bzw. § 158 Abs. 1 AktG zu einem Zirkelschluss führt113. Denn der Begriff Bilanzverlust enthält nach § 158 AktG, § 2 RechKredV in Verbindung mit Formblättern 2 Posten Nr. 5 bereits Entnahmen aus dem Genussrechtskapital114. Damit bemisst sich die Höhe der Verlustteilnahme nach einer Größe, zu deren Errechnung man die Höhe der Verlustteilnahme kennen muss115. Freilich besteht dieser Zirkelschluss unabhängig von der Anwendung des § 158 AktG und der RechKredV auch bei der Gewinn- und Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters. Diese ist bei der typischen stillen Gesellschaft bereits in der Gewinn- und Verlustrechnung des Inhabers zu berücksichtigen (Verweis). Nach zutreffender Ansicht ist dies zwar bei der atypischen Gesellschaft nicht der Fall (Verweis), auch hier ist die Gewinn- und Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters aber jedenfalls bereits im Bilanzgewinn/Bilanzverlust enthalten. Schon aus diesem Grund ist der Verweis auf die Begriffe Bilanzverlust/Bilanzgewinn nicht rein formal nach dem Wortlaut der bilanzrechtlichen Vorschriften zu bestimmen, vielmehr hat stets eine Korrektur unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck zu erfolgen116. Bei der Auslegung des Begriffs „Bilanzverlust“ in stillen Gesellschaftsverträgen ist überdies zu bedenken, dass es sich hierbei um Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts handelt, weshalb die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB gilt. Dies hat nicht allein zur Folge, dass die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB keine Anwendung findet. Auch ist die zuvor zitierte Rechtsprechung des BGH zur Auslegung im Gesetz verwendeter Begriffe nicht einschlägig. Vor allem aber gilt damit ein gänzlich anderer Auslegungsmaßstab, als bei der Beurteilung der als AGB eingeordneten Genussscheinbedingungen durch das OLG Frankfurt a.M. Während Allgemeine Geschäftsbedingungen, ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden, einheitlich so auszulegen sind, wie ihr Wortlaut von verständlichen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden

112 113 114 115 116

verlust der IKB teilnimmt. Durch eine solche Verlustpartizipation soll sich nach Auffassung der IKB der Buchwert der stillen Einlage durch Beteiligung am Verlustvortrag aus dem Vorjahr von Jahr zu Jahr verringern; vgl. hierzu den Bericht des Vorstands der IKB vom Juli 2016. Becker, NZG 2016, 1021; Kinzl/Schmidberger, BKR 2018, 366. Mülbert/Sajnovits, WM 2017, 1725 (1731); Becker, NZG 2016, 1021 (1023); Kinzl/ Schmidberger, BKR 2018, 366 (369). Mülbert/Sajnovits, WM 2017, 1725 (1731); Becker, NZG 2016, 1021 (1023). Becker, NZG 2016, 1021 (1023). Weitere Beispiele zum Beleg dieser Notwendigkeit nennt Becker, NZG 2016, 1021.

174 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.59 § 8

wird117, gelten für die Auslegung von stillen Gesellschaftsverträgen die allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB. Danach sind Verträge nicht, wie Allgemeine Geschäftsbedingungen objektiv auszulegen, sondern unter Berücksichtigung des tatsächlich von den Parteien Gewollten. Zu erforschen ist deshalb nach § 133 BGB der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften118. Wie das OLG Schleswig erst kürzlich bezüglich der Auslegung stiller Beteiligungsverträge festgestellt hat, ist eine interessengerechte Auslegung geboten, wobei in Zweifelsfällen diejenige Auslegung den Vorzug verdient, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen der Vertragsparteien gleichermaßen gerecht werdenden Ergebnis führt119. Die streng am Wortlaut der § 268 Abs. 1 Satz 2 HGB und § 158 Abs. 1 AktG orientiere Auslegung des OLG Frankfurt a.M. ist wie zuvor dargelegt, bereits nicht frei von Widersprüchen. Die Beteiligung des stillen Gesellschafters an Verlustvorträgen entspricht aber zudem auch nicht dem Gebot einer interessengerechten Vertragsauslegung. Denn damit würde der stille Gesellschafter nicht nur einmal an einem erzielten Jahresfehlbetrag beteiligt, sondern wiederholt, wenn dieser Verlust auf neue Rechnung vorgetragen wird. Der stille Gesellschafter hätte diesen Verlust damit überproportional, das heißt über seinen vertraglich vereinbarten Anteil hinaus, zu tragen. Letztlich wäre es dem Geschäftsinhaber bei der Einbeziehung von Verlustvorträgen sogar möglich, eine nahezu alleinige Verlusttragung des stillen Gesellschafters zu veranlassen120. Auf die nachteiligen steuerlichen Auswirkungen wurde vorstehend bereits hingewiesen (Rz. 8.49). Für die Angemessenheit einer solchen Auslegung lässt sich auch nicht anführen, dass der stille Gesellschafter bei der Einbeziehung von Gewinnvorträgen in den Bilanzgewinn entsprechend profitieren würde. Denn eine damit einhergehende überproportionale Beteiligung des stillen Gesellschafters an einem Jahresüberschuss, entspricht ebenso wenig der Interessenlage der Vertragsparteien eines stillen Beteiligungsvertrags. Darüber hinaus hätte es der Geschäftsinhaber in der Hand, eine mehrfache Beteiligung des stillen Gesellschafters an einem Jahresüberschuss durch Gewinnausschüttung oder Einstellung in Rücklagen zu verhindern. Richtigerweise ist daher davon auszugehen, dass der vertragliche Verweis auf die Handelsbilanz nicht dazu führt, dass ein stiller Gesellschafter auch an Gewinn- oder Verlustvorträgen zu beteiligen ist.

117 Grüneberg, in Palandt § 305c BGB Rz. 16. 118 BGH v. 10.10.2012 – IV ZR 12/11, BeckRS 2012, 23432, Rz. 19. 119 OLG Schleswig v. 3.5.2019 – 9 U 83/18, BeckRS 2019, 8773, Rz. 48 mit Verweis auf BGH v. 8.6.1994 – VIII ZR 103/93, NJW 1994, 2228 (2229); BGH v. 29.3.2000 – VIII ZR 297/98, NJW 2000, 2508 (2509); BGH v. 9.7.2002 – II ZR 228/99, NJW 2002, 747; BGH v. 14.12.2005 – XII ZR 241/03, NJW-RR 2006, 337 (338). 120 Becker, NZG 2016, 1021 (1023); Kinzl/Schmidberger, BKR 2018, 366, die dies jeweils zu Genussrechtsinhabern grafisch bzw. durch eine Beispielrechnung anschaulich darstellen.

Kauffeld | 175

§ 8 Rz. 8.60 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

(3) Steuerbilanzgewinn

8.60 Dass anstatt der Handelsbilanz als Bemessungsgrundlage für die Gewinnverteilung auch die Steuerbilanz herangezogen werden kann, ist seit dem Urteil des BFH vom 9.7.1969121 unbestritten. 8.61 Unter Steuerbilanzgewinn ist grundsätzlich der nach steuerrechtlichen Vorschriften ermittelte Gewinn zu verstehen. Dabei ist Gewinn nach der Legaldefinition in § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. 8.62 Bei Gewerbetreibenden, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung freiwillig Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Dabei sind die steuerlichen Bewertungsvorschriften in § 6 EStG zu beachten. 8.63 Liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 EStG vor, kann statt der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG wahlweise als Gewinn der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben angesetzt werden. Für den einheitlich und gesondert festzustellenden Gewinn der handelsrechtlichen Personengesellschaften gelten die gleichen Gewinnermittlungsvorschriften. Ist eine Körperschaft Inhaberin des Handelsgewerbes, so bestimmt sich die Gewinnermittlung ebenfalls nach den Vorschriften des EStG (§ 8 Abs. 1 KStG). 8.64 Wenn für die Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft die Maßgeblichkeit der Steuerbilanz vereinbart ist, so bedarf es der Auslegung im Einzelfall, ob damit die Steuerbilanz der Kapitalgesellschaft vor oder nach Abzug der Körperschaftsteuer gemeint ist. Obwohl der körperschaftsteuerliche Gewinnbegriff die Körperschaftsteuer und Vermögensteuer bei Kapitalgesellschaften mit einbezieht, ist bei der Bemessungsgrundlage für die stille Gesellschaft nicht ohne Weiteres von diesem auszugehen. Nach Ansicht des BFH122 soll mit der Vereinbarung der Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters lediglich der Vorrang der steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften über die Bilanz bezweckt werden. Somit kann nur die Auslegung im Einzelfall ergeben, was die Parteien mit der Maßgeblichkeit der Steuerbilanz hinsichtlich der Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters gemeint haben. Dabei kommt der ständigen Übung der Vertragspartner eine entscheidende Bedeutung zu. 8.65 Wer sich als stiller Gesellschafter an einem Unternehmen beteiligen will, wird dazu neigen, die Zahlung der Körperschaftsteuer und der Vermögensteuer bei Kapitalgesellschaften als eine private Angelegenheit zu betrachten, die keinen Einfluss auf die 121 BFH v. 9.7.1969 – I R 188/67, BStBl. II 1969, 690; Goette, DStR 1995, 1844. 122 BFH v. 14.8.1974 – I R 35/74, BFHE 113, 298 = BStBl. II 1974, 774.

176 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.68 § 8

Höhe seines Gewinnanteils haben dürfe. Sein Interesse geht dahin, dass die Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Berechnung seines Gewinnanteils auch die Nichtabzugsfähigkeit der Körperschaftsteuer, der Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch und der Vermögensteuer123 nach § 10 Nr. 2 KStG einschließt. Im Gegensatz dazu könnte die Kapitalgesellschaft darauf hinweisen, dass ihre Gesellschafter ebenfalls nur einen Gewinn nach Abzug dieser Steuern beanspruchen können und dass daher eine Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters nach dem Steuerbilanzgewinn „vor Steuern“ den stillen Gesellschafter besser stellen würde als die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft. Hierzu ist jedoch Folgendes zu bemerken: Eine Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters nach Abzug der Körperschaftsteuer würde dazu führen, dass der stille Gesellschafter indirekt die Körperschaftsteuerbelastung der Kapitalgesellschaft mitzutragen hätte. Dies erschien bislang nicht gerechtfertigt, da der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters im Fall der typischen stillen Beteiligung den körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn der Kapitalgesellschaft gerade mindern soll oder im Fall der atypischen stillen Beteiligung der Kapitalgesellschaft nicht zugerechnet wird.

8.66

Im Ergebnis war somit davon auszugehen, dass bei Vereinbarung der Maßgeblichkeit der Steuerbilanz hinsichtlich der Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters im Zweifel der Steuerbilanzgewinn vor Abzug der Körperschaftsteuer zugrunde zu legen war124. Nach der Unternehmenssteuerreform 2008 gilt der Grundsatz fort, dass der stille Gesellschafter nicht indirekt die Körperschaftsteuer mittragen soll. Er bedarf allerdings wegen des neu eingeführten § 4h EStG, der gemäß § 8a Abs. 1 KStG auch für Körperschaften gilt, einer Einschränkung. Soweit die Steuerbilanz Maßstab ist, kommt es auf die steuerrechtlichen Ansatzvorschriften an. Anschließend ist die durch Anwendung von § 4h EStG entstehende zusätzliche Steuerbelastung zu berechnen und der Gewinn insoweit zu mindern. Diese zusätzliche Gewinnminderung beruht darauf, dass die zusätzliche Steuerbelastung durch die Einordnung der typischen stillen Gesellschaft als Fremdfinanzierung durch die stille Gesellschaft selbst mit verursacht wird.

8.67

Soll die Steuerbilanz als Grundlage für die Berechnung des anteiligen Gewinns gewählt werden, so ist zu berücksichtigen, dass die steuerrechtlichen Anforderungen an die Bilanz auf den Ausweis des richtigen, d.h. eines den Tatsachen entsprechenden Ergebnisses gerichtet sind125. Die Bewertung beruht auf objektiven Maßstäben, wobei der Teilwert die unterste Grenze bildet, die nicht unterschritten werden darf. Die Steuerbilanz soll ein möglichst getreues Bild der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse vermitteln. Im Gegensatz zur Handelsbilanz ist sie reservenfeindlich, so dass sich

8.68

123 Nach Paetsch in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 10 KStG, Rz. 44 ist insoweit nur die im Ausland anfallende Vermögenssteuer praktisch relevant, da in Deutschland diese Steuer seit 1996 nach der verfassungsgerichtlichen Entscheidung nicht mehr erhoben wird. 124 So auch Costede, StbKRep 1987, 239 (261). 125 So auch Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 61.

Kauffeld | 177

§ 8 Rz. 8.68 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

insoweit die Ziele des Steuergesetzgebers und die Wünsche des stillen Gesellschafters decken.

8.69 Haben sich die Parteien der stillen Beteiligung auf die Steuerbilanz als Bemessungsgrundlage verständigt, so sind steuerrechtlich zugelassene Abschreibungsmöglichkeiten als auch Investitionsrücklagen nach § 7g Abs. 1 EStG gewinnmindernd zu berücksichtigen. Bei der Frage, ob als Mittel der Steuerersparnis beispielsweise eine Investitionsrücklage gebildet wird, handelt es sich um eine unternehmerische Entscheidung des Inhabers des Unternehmens, die der stille Gesellschafter auch dann dulden muss, wenn sich diese Abschreibungsmöglichkeit für ihn gewinnmindernd auswirkt126. Der Geschäftsinhaber darf die Investitionsrücklage natürlich nicht ohne jegliche (potentielle) Investitionsabsicht bilden, allein um dem stillen Gesellschafter vorsätzlich zu schaden. Soweit plausible betriebswirtschaftliche Gründe für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags gegeben sind, genügt dieses. Die Interessen des stillen Gesellschafters sind dadurch geschützt, dass nach der Beendigung der stillen Gesellschaft für die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens eine noch nicht in Anspruch genommene Investitionsrücklage aufzulösen ist127. 8.70 Bedenken gegen die Verwendung der Steuerbilanz als Grundlage für die Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters ergeben sich allerdings daraus, dass eine Reihe von Ausgaben, die handelsrechtlich und betriebswirtschaftlich Aufwand darstellen, steuerrechtlich nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden128. Das gilt z.B. für die Körperschaftsteuer bei juristischen Personen, für nicht belegte Spenden, für die Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch, für die Hälfte der Aufsichtsratsvergütungen und für in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen. Diese Aufwendungen sind für die Zwecke der Besteuerung dem Handelsbilanzgewinn wieder hinzuzurechnen (§ 10 KStG). 8.71 Sowohl die Handels- als auch die Steuerbilanz des Inhabers bedürfen also gewisser Korrekturen um als Grundlage der Gewinn- und Verlustberechnung für die stille Gesellschaft zu dienen. Die Kautelarpraxis bevorzugt die Steuerbilanz und nimmt die

126 OLG Koblenz v. 22.8.2013 – 6 U 1010/1, BeckRS 2015, 09487, unter Hinweis auf OLG Bremen v. 9.12.1999 – 2 U 57/99, NZG 2000, 949 (950). 127 OLG Bremen v. 9.12.1999 – 2 U 57/99, NZG 2000, 949. 128 Die gegen diese Bedenken von Post/Hoffmann, Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, S. 59, sowie von Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 219 ff., geäußerte Kritik beruht auf einem Missverständnis. Sie verwechseln die Bedenken, die gegen die Verwendung der Steuerbilanz als Grundlage für die Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters erhoben werden, mit der Frage, ob sich der Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft nach dem Gewinn vor oder nach Abzug der Körperschaftsteuer richtet. Wenn die genannten Autoren zutreffend die übrigen nach § 10 KStG nicht abziehbaren Aufwendungen (gemeint sind die dort genannten Aufwendungen mit Ausnahme der Körperschaftsteuer) als abzugsfähig behandelt wissen wollen und somit notwendigerweise den Steuerbilanzgewinn zwecks Berechnung des stillen Gewinnanteils modifizieren müssen, stimmen sie doch der hier vertretenen Auffassung zu.

178 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.73 § 8

dargestellten Korrekturen vor129. Dies hat den Vorzug, dass die Steuerbilanz einer Kontrolle durch die Finanzbehörden unterliegt und insoweit dem stillen Gesellschafter eine erhöhte Richtigkeitsgewähr bietet. Die Unterschiede zwischen der Handelsund Steuerbilanz nivellieren sich in der Praxis freilich, da die meisten Unternehmen eine Einheitsbilanz aufstellen, also die Handelsbilanz soweit wie zulässig der Steuerbilanz anpassen. Im Übrigen hat auch das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG), etwa durch die Abschaffung der handelsrechtlichen Rückstellungswahlrechte oder die Einschränkung außerplanmäßiger Abschreibungen, zu einer weiteren Angleichung der Handelsbilanz an die Steuerbilanz geführt. c) Durchführung der Ertragsberechnung aa) Bemessungsgrundlage bei typisch stiller Beteiligung Zur Berechnung von Gewinn und Verlust des stillen Gesellschafters ist das Jahresergebnis des Inhabers um die Erträge und Aufwendungen zu bereinigen, an denen der stille Gesellschafter nicht teilnimmt. Dies gilt unabhängig davon, ob als Grundlage der Gewinn- und Verlustberechnung der handelsrechtliche oder der steuerrechtliche Jahresabschluss herangezogen wird. Die Korrektur ist dabei dem Gegenstande, der Herkunft und der zeitlichen Entstehung nach vorzunehmen. Der stille Gesellschafter partizipiert nur an demjenigen Erfolg, der seit Bestehen der stillen Beteiligung im Handelsgewerbe des Inhabers realisiert worden ist. Das Jahresergebnis des Inhabers weist hingegen auch Erfolge aus solchen Geschäften aus, die aus früheren Zeiten stammen oder die einem Geschäftsbereich zuzuordnen sind, an dem der stille Gesellschafter nicht beteiligt ist. Umgekehrt sind Erfolge, an denen der stille Gesellschafter teilnimmt und die nicht in den Jahresabschluss des Inhabers Eingang gefunden haben, dem Gewinn des stillen Gesellschafters hinzuzurechnen. Schließlich spielt die Unterscheidung zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft eine erhebliche Rolle bei der Gewinn- und Verlustberechnung.

8.72

Die Beteiligung jedes stillen Gesellschafters erstreckt sich zunächst nur auf die Ergebnisse, die im Rahmen des vereinbarten Gesellschaftszwecks entstanden sind. Ergebnisse aus vertragswidriger Geschäftsführung des Inhabers sind deshalb bei der Gewinnermittlung für den stillen Gesellschafter nicht zu berücksichtigen. Hierzu gehören alle Geschäfte, die nicht dem Gesellschaftszweck entsprechen oder außerhalb der Geschäftsführungsbefugnis des Inhabers liegen130. Maßstab für die Abgrenzung ist im Zweifelsfall das, was bei vergleichbaren Unternehmen üblich ist. Hat der stille Gesellschafter solchen Geschäften allerdings zuvor – gegebenenfalls konkludent – zugestimmt oder genehmigt er diese nachträglich (vgl. Rz. 12.61 f.), so wirken Erfolg und Misserfolg auch für und gegen ihn131.

8.73

129 Vgl. von der Heydt in Münchener Vertragshandbuch, Bd. 1, IX.1 Anm. 10 f.; Kolberg in Formularbuch Recht und Steuern, A. 14.00 Rz. 39 ff.; nunmehr aber a.A. Weigl in Stille Gesellschaft, Treuhand und Unterbeteiligung, S. 63 f. 130 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 12, 15. 131 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 16; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 11.

Kauffeld | 179

§ 8 Rz. 8.74 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

8.74 Aus dem gleichen Grund haben auch Erträge und Aufwendungen aus privaten Geschäften des Inhabers keinen Einfluss auf den verteilungspflichtigen Gewinn eines stillen Gesellschafters. So sind Gewinne, die auf dem schenkweisen Schulderlass von Seiten eines Familienmitglieds oder auf dem Wegfall von Schulden durch Erbfolge beruhen, von der Verteilung an den stillen Gesellschafter ausgeschlossen132. 8.75 In zeitlicher Hinsicht nimmt der stille Gesellschafter hingegen auch an Ergebnissen teil, die aus vor dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags liegenden Handelsgeschäften resultieren, aber erst während des Bestehens der stillen Gesellschaft realisiert werden, sofern nichts anderes vereinbart ist. Es handelt sich insoweit um Ergebnisse aus dem laufenden Geschäftsbetrieb. Wollte man nur Gewinne und Verluste zugrunde legen, die im Zeitraum nach der Gründung der stillen Gesellschaft verursacht wurden, würden sich schwierige Abgrenzungsprobleme ergeben, auf welchen Zeitpunkt (z.B. Vertragsschluss oder Zeitpunkt der Vornahme der Leistungshandlung als Verursachung des Gewinns) man abstellen soll133. 8.76 Aus dem Jahresergebnis des Inhabers sind weiterhin diejenigen Posten herauszurechnen, die nicht das Ergebnis der Geschäftstätigkeit des Inhabers darstellen, sondern die der Gewinnverwendung zuzurechnen sind. Hierzu gehört insbesondere die Bildung offener Rücklagen durch den Inhaber. Sie geht nicht zulasten des stillen Gesellschafters134. Auch Veränderungen des Kapitals des Inhabers gehören nicht zu seiner Geschäftstätigkeit und berühren deswegen nicht den Gewinn und Verlust des stillen Beteiligten. So partizipiert dieser z.B. nicht an dem Agio aus Aktienemissionen135. Gleiches gilt für Gewinn- und Verlustvorträge aus der Zeit vor Gründung einer typischen stillen Gesellschaft136. Anders zu behandeln sind dagegen grundsätzlich Rückstellungen. Sind diese rechtmäßig, wo wirken sie sich gewinnmindernd aus. Werden diese in der Folgezeit aufgelöst, so wird dadurch das Betriebsergebnis zugunsten des stillen Gesellschafters gesteigert. Dies gilt auch dann, wenn die Rückstellungen vor dem Eintritt des stillen Gesellschafters gebildet wurden137. 8.77 Der Gewinnverwendung sind solche Bilanzierungsmaßnahmen gleichzusetzen, die zwar bilanzrechtlich zur Ergebnisermittlung gehören, der Sache nach aber Ergebnisverwendung bedeuten. Die Rechtslage zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter kann insoweit nicht anders beurteilt werden als die zwischen Komplementär und

132 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 3, 17; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 12. 133 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 29. 134 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 13. 135 A.A. Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 30 für Fälle, in denen die Kapitalveränderungen des Inhabers den prozentualen Gewinnanteil des stillen Gesellschafters berühren. Richtigerweise ist dies aber keine Frage der Gewinnverteilung, sondern der Zulässigkeit einseitiger Kapitaländerungen. 136 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 31 f. 137 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB, Rz. 13; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 232 HGB Rz. 4.

180 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.79 § 8

Kommanditist. In der Kommanditgesellschaft bedürften solche Bilanzierungsmaßnahmen der Zustimmung aller Gesellschafter138. Allerdings lässt der BGH in Personengesellschaften eine allgemeine Mehrheitsklausel für die Bilanzfeststellung genügen139. Er hat zwar die Frage, inwieweit Maßnahmen der Bilanzfeststellung erfasst sind, die sich als (verdeckte) Maßnahmen der Gewinnverwendung erweisen, bislang noch nicht entschieden. Man wird aber auch die Ausübung derartiger Wahlrechte unter eine allgemeine Mehrheitsklausel fassen können, weil die minutiöse Festlegung der von einer Mehrheitsentscheidung gedeckten Wahlrechte wenig tunlich ist140. Mit Blick auf § 29 Abs. 1 GmbHG werden auch allgemeine Klauseln in Personengesellschaftsverträgen zur Gewinnthesaurierung für zulässig erachtet141; wird ein Wahlrecht bereits bei der Aufstellung bzw. Feststellung des Jahresabschlusses ausgeübt, kann das Ergebnis nicht anders lauten. Eine derartige Mehrheitsklausel muss im Vertrag zur stillen Gesellschaft selbst enthalten sein. Der Inhaber kann nicht einseitig den Gewinn des stillen Gesellschafters durch Ermessensabschreibungen gemäß § 253 Abs. 4 HGB drücken142. Schließlich kann die Beteiligung des stillen Gesellschafters nur an einem Teilbereich des Unternehmens bestehen, z.B. nur an einer Filiale. Der Inhaber hat dann seine Rechnungslegung so zu organisieren, dass der Erfolg der unterschiedlichen Unternehmenseinheiten isoliert festgestellt werden kann143. Bei Eingehen einer so gearteten stillen Beteiligung sind im Gesellschaftsvertrag diejenigen Handelsgeschäfte genau zu bestimmen, an deren Erfolg der stille Gesellschafter teilnimmt. Zur Vorbeugung von Streitigkeiten sollte auch die Bewertung des internen Leistungsaustauschs zwischen den Unternehmensteilen und die Verteilung von Gemeinkosten von vornherein vertraglich geregelt werden.

8.78

bb) Unterschiede der Gewinnberechnung bei typischer und atypischer stiller Gesellschaft Große praktische Bedeutung für die Gewinnberechnung hat der Unterschied zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft. Ohne besondere vertragliche Vereinbarung nimmt ein stiller Gesellschafter nämlich nicht ohne Weiteres an dem gesamten Erfolg des Unternehmens so teil, wie dies der Inhaber tut. Seine Gewinnbeteiligung ist vielmehr auf solche Gewinne und Verluste beschränkt, die aus dem Betrieb des Handelsgewerbes herrühren144. Dies ist aber nach h.A. nicht bei allen UnternehBGH v. 29.3.1996 – II ZR 263/94, GmbHR 1996, 456 = BB 1996, 1105 (1108). BGH v. 15.1.2007 – II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 (288 ff.) = GmbHR 2007, 437. So auch Binz/Mayer, DB 2007, 1739 (1743). So z.B. Binz/Mayer, DB 2007, 1739 (1742); Priester, DStR 2007, 28 (31); a.A. z.B. Wertenbruch, ZIP 2007, 798 (801). 142 Zutt in Großkomm/HGB, 4. Aufl. 2004, § 232 HGB Rz. 10. 143 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 39. 144 Nur hierauf beruht die Unterscheidung zwischen typischer und atypischer Gesellschaft hinsichtlich der Gewinnverteilung. Hingegen kann aus der Eigenschaft der stillen Gesellschaft als Innengesellschaft für die Gewinnberechnung nichts entnommen werden, zutreffend Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 4. 138 139 140 141

Kauffeld | 181

8.79

§ 8 Rz. 8.79 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

mensgewinnen der Fall. Vom Gewinn des stillen Gesellschafters sind danach insbesondere solche Vermögenszuwächse ausgeschlossen, die auf die Veränderung des Marktwertes des Anlagevermögens zurückzuführen sind. Gleiches gilt für Verluste. Beide sind nach h.A. nicht dem Handelsgewerbe des Inhabers zuzurechnen, sondern beruhen auf unternehmensexternen Ursachen. An ihnen partizipiert der stille Gesellschafter deswegen nicht, weil seine Beteiligung sich nur auf das Handelsgewerbe des Inhabers erstreckt, § 230 Abs. 1 HGB. Für die Gewinnberechnung der typischen stillen Gesellschaft bedeutet dies, dass das Jahresergebnis des Inhabers um solche Erträge und Aufwendungen zu bereinigen ist, die ihre Herkunft nicht im Handelsgewerbe des Inhabers haben145. (1) Ertragsberechnung bei der atypischen stillen Gesellschaft

8.80 Einer Abweichung von den nachstehend für die typische stille Gesellschaft dargestellten Regelungen bedarf es nicht generell bei jeder atypischen Form stiller Beteiligungen. Erschöpft sich die Atypizität der stillen Beteiligung in bloßen Mitspracherechten, besteht kein Grund, von den Regelungen zur Ermittlung des Gewinns bei typischer stiller Beteiligung abzuweichen. 8.81 Anderes gilt nur, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag der stille Gesellschafter zwar nicht dinglich, wohl aber schuldrechtlich an dem Geschäftsvermögen des Inhabers – atypisch – beteiligt ist. Denn das Jahresergebnis des Inhabers entspricht der Wertveränderung des bilanzierten Geschäftsvermögens. Bei der atypischen stillen Gesellschaft mit schuldrechtlicher Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters bedarf es deswegen keiner Unterscheidung der Erträge und Aufwendungen danach, ob sie ihre Ursache in dem Handelsgewerbe des Inhabers haben oder nicht. Dies vereinfacht die Gewinn- und Verlustberechnung für den stillen Gesellschafter erheblich. Der atypische stille Gesellschafter hat Anteil auch an solchen Gewinnen, die nicht im Jahresabschluss ausgewiesen, sondern als stille Reserven thesauriert werden. Sie erhöhen seinen Auseinandersetzungsanspruch, da sie spätestens bei der Auflösung der stillen Gesellschaft im Rahmen einer Bewertung des Geschäftsvermögens aufgedeckt werden. Die Gewinnbeteiligung des atypischen stillen Gesellschafters gleicht damit der eines Kommanditisten146. Identisch ist die Bestimmung der Bemessungsgrundlage mit der eines Kommanditisten bei sogenannter gesplitteter Einlage, wenn also der Beteiligte einen Teil seiner Einlageverpflichtung als Kommanditist und den anderen Teil als stiller Gesellschafter erbringt.

145 H.M. Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 2 f.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 5 ff., insb. Rz. 9; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 10; a.A. Zinkeisen, Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, S. 32; Sudhoff, NJW 1960, 2122; Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 23 ff. 146 Vgl. hierzu auch Geißler, GmbHR 2008, 515 (517).

182 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.84 § 8

(2) Ertragsberechnung bei der stillen Publikumsgesellschaft Ist die atypische stille Gesellschaft als stille Publikumsgesellschaft in Form des mehrgliedrigen Innenverbands strukturiert, bei dem den stillen Gesellschaftern die einem Kommanditisten entsprechenden Rechte eingeräumt werden, so erfolgt für die stillen Gesellschafter in gleicher Weise wie für Kommanditisten die Ergebnisermittlung.

8.82

Anstatt der Handelsbilanz als Bemessungsgrundlage für die Gewinnverteilung ist bei der „Innen-KG“ die Steuerbilanz heranzuziehen, da die Handelsbilanz des Geschäftsinhabers für die Feststellung des verteilbaren Gewinns nicht maßgeblich ist. Denn die Handelsbilanz des Geschäftsinhabers gleicht bei einer „Innen-KG“ lediglich der Bilanz der Komplementärgesellschaft. Unberücksichtigt bleibt der Umstand des den Geschäftsinhaber und die stillen Gesellschafter umschließenden gesellschaftsrechtlichen Bands, das es rechtfertigt, von einer „virtuellen Kommanditgesellschaft“ zu sprechen. Eine solche Bilanz, die sowohl den Geschäftsinhaber als auch die stillen Gesellschafter umfasst, ist die Steuerbilanz der atypischen stillen Gesellschaft147. Bei der stillen Publikumsgesellschaft erfolgt die Feststellung des verteilbaren Gewinns wie bei einer Kommanditgesellschaft bilanziell. Der Jahresabschluss wird vom Geschäftsinhaber in seiner Funktion als „Quasi-Komplementär“ aufgestellt. Wie bei einer Kommanditgesellschaft bedürfen Rücklagenbildung, Abschreibungen, Aufwandsrückstellungen, also alle Bilanzierungsentscheidungen, die der Sache nach Gewinnverwendungsentscheidungen sind, der Zustimmung der stillen Gesellschafter148. Entsprechend hat auch die Feststellung des Jahresabschluss als Grundlage der Ergebnisberechnung durch die stillen Gesellschafter gemeinsam mit dem Geschäftsinhaber zu erfolgen. Damit gibt es neben der Rechnungslegung durch den Geschäftsinhaber eine Bilanzaufstellung und Bilanzfeststellung der stillen Gesellschaft. Durch die Mitwirkung bei der Feststellung entfaltet die Bilanz dann auch Bindungswirkung für die stillen Gesellschafter. Hierbei haben die stillen Gesellschafter das Bedürfnis der „InnenKG“ gegen ihre eigenen Ausschüttungsinteressen abzuwägen149.

8.83

(3) Ertragsberechnung bei der typischen stillen Gesellschaft Bei der typischen stillen Gesellschaft bereitet die genaue Berechnung des Gewinns und des Verlustes Schwierigkeiten. Drei Fragen sind zu unterscheiden: Welche Erträge und Aufwendungen sind dem Handelsgewerbe des Inhabers zuzurechnen und sind deshalb Bestandteil des Gewinns und des Verlustes des stillen Gesellschafters, wie sind diese Erträge und Aufwendungen aus dem Jahresabschluss des Inhabers zu entnehmen und wann sind die Gewinne und Verluste dem stillen Gesellschafter auszuzahlen?

147 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 39. 148 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 40. Für die KG: BGH v. 29.3.1996 – II ZR 263/94, GmbHR 1996, 456 = DNotZ 1997, 577. 149 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 41.

Kauffeld | 183

8.84

§ 8 Rz. 8.85 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

8.85 Für den Umfang der Erfolgsbeteiligung des typischen stillen Gesellschafters kommt es auf die Herkunft der Gewinne und Verluste an150. Auf dem Betrieb des Unternehmens des Inhabers beruht der Erfolg aus Umsatzgeschäften, aus Wertveränderungen im Umlaufvermögen151, aus Verjährung von Geschäftsverbindlichkeiten sowie aus Sanierungsverzichten von Gläubigern152. Auch an Wertveränderungen infolge von Währungsumstellungen hat die Rechtsprechung den typischen stillen Gesellschafter partizipieren lassen, weil auch sie mittelbar dem Betrieb des Handelsgewerbes zuzurechnen sind153. 8.86 Nicht zum Betrieb des Unternehmens gehört die Veräußerung desselben. Gewinne und Verluste gegenüber dem Buchwert (stille Reserven, Firmenwert) gehen grundsätzlich nicht zugunsten und zulasten des stillen Gesellschafters. Dies gilt grundsätzlich auch für die Veräußerung von Teilen des Handelsgewerbes. Eine andere Betrachtung ist hingegen geboten, wenn die Größe des Unternehmens eine Veräußerung von einzelnen Unternehmensteilen als üblich erscheinen lässt. Letzteres wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Geschäftsinhaber zu einer solchen Veräußerung gegenüber dem stillen Gesellschafter berechtigt ist. Verletzt der Inhaber durch die Veräußerung des Handelsgewerbes schuldhaft seine gesellschaftsvertragliche Geschäftsführungspflicht gegenüber dem stillen Gesellschafter, so hat er ihm Schadensersatz zu leisten. Die Höhe bestimmt sich gemäß § 252 BGB danach, welcher Gewinn dem stillen Gesellschafter durch die Vertragsverletzung wahrscheinlich entgangen ist. Hierbei ist eine etwaige Kündigungsmöglichkeit des Inhabers ebenso zu berücksichtigen wie das nach allgemeinen Grundsätzen zu berechnende Auseinandersetzungsguthaben, das dem still Beteiligten nach einer Auflösung der stillen Gesellschaft zugestanden hätte154. 8.87 Keinen Anteil hat der stille Gesellschafter grundsätzlich zudem an marktbedingten Werterhöhungen und -minderungen im Anlagevermögen155. Diese stehen nach h.A. nicht in hinreichendem Zusammenhang mit dem Handelsgewerbe des stillen Gesellschafters. Die Ungleichbehandlung gegenüber marktbedingten Wertveränderungen im Umlaufvermögen wird damit begründet, dass dieses ohne besondere Verein150 Allg. Meinung: K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 5; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 337 HGB Anm. 6; Horn in Heymann, § 232 HGB Rz. 3. 151 RG v. 18.4.1901 – VI 53/1901, JW 1901, 404 (405); K. Schmidt in Schlegelberger, 5. Aufl. 1986, § 232 HGB Rz. 4; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 28; Roth in Baumbach/ Hopt, § 232 HGB Rz. 1. 152 RG v. 17.4.1928 – II 342/27, RGZ 120, 410 (412); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 7 f.; Horn in Heymann, § 232 HGB Rz. 3. 153 RG v. 17.4.1928 – II 342/27, RGZ 120, 410 (412); BGH v. 11.7.1951 – II ZR 45/50, BGHZ 3, 75 (81); BGH v. 30.1.1952 – II ZR 200/51, BGHZ 4, 364 (367); zustimmend K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 8; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 19. 154 Zur Rechtslage bei unzulässiger Veräußerung des Handelsgewerbes durch den Inhaber vgl. allgemein Habersack, JuS 1989, 739. 155 A.A. hierzu Schulze-Osterloh in FS Kruse, S. 377 (379), der davon ausgeht, dass grundsätzlich auch Wertveränderungen im Anlagevermögen bei der Ermittlung des Ausgangsbetrages für die Ergebnisverteilung Berücksichtigung finden. Im Einzelfall gelangen aber beide Ansichten oftmals zu gleichen Ergebnissen.

184 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.89 § 8

barung Gegenstand der Gewinn- und Verlustgemeinschaft zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter sei, während davon beim Anlagevermögen nicht ohne Weiteres ausgegangen werden könne156. Der stille Gesellschafter partizipiert deswegen an der Veräußerung von Anlagevermögen nur insoweit, als dies zur Betriebstätigkeit des Inhabers gehört. Ob hierzu der Austausch alter Maschinen gegen neue gerechnet werden kann, wird unterschiedlich beurteilt157, sollte aber bejaht werden. Grundstücksveräußerungen werden hingegen in aller Regel nicht von der Betriebstätigkeit umfasst158. Grundsätzlich ist der typische stille Gesellschafter auch nicht am Firmenwert beteiligt. Der grundsätzliche Ausschluss des stillen Gesellschafters von Wertveränderungen des Anlagevermögens und des Firmenwertes erfährt eine gewichtige Einschränkung: Immer muss die Wertveränderung ihre Ursache außerhalb des Handelsgewerbes des Inhabers haben. Betriebsbedingte Wertänderungen sind hingegen auch gegenüber dem stillen Beteiligten relevant159. So vermindern Abschreibungen für Abnutzungen auch im Anlagevermögen seinen Gewinn, nicht aber außerplanmäßige Abschreibungen auf den niedrigeren Wert (§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB)160, soweit sie auf ein Sinken der Marktpreise zurückzuführen sind. Umgekehrt gilt, dass Mehrwerte, die erst durch die Aufwendung von Gesellschaftsmitteln geschaffen wurden, auch dem stillen Gesellschafter gebühren161. In der viel zitierten Entscheidung des Reichsgerichts vom 17.4.1928 heißt es hierzu: „Ohne Frage nimmt der stille Gesellschafter an den Wertsteigerungen der während der Dauer der Gesellschaft und mit ihren Mitteln erworbenen oder verbesserten Anlage-Gegenstände teil“162. Gleiches muss auch für den Firmenwert gelten. Zu solchen Werterhöhungen sind die Bebauung eines Grundstücks aus Gesellschaftsmitteln und unter Umständen auch die planmäßige, langfristig gedachte Erhöhung des Firmenwertes durch Werbeaufwendungen zu zählen163.

8.88

Die genaue Abgrenzung, was von der Betriebstätigkeit umfasst wird, kann Schwierigkeiten bereiten164. Dies rechtfertigt allerdings nicht die generelle Aufgabe der Unterscheidung zwischen betriebsbedingten und unternehmensexternen Erfolgen165.

8.89

156 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 9. 157 Für den Regelfall dafür Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 10; für den Regelfall dagegen Roth in Baumbach/Hopt, § 232 HGB Rz. 1. 158 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 10; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 22, unklar aber § 86 Rz. 23 f. 159 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 21 f.; Horn in Heymann, § 232 HGB Rz. 2, § 235 HGB Rz. 11, vgl. aber auch § 235 HGB Rz. 12. 160 Für Geschäftsjahre, die vor dem 1.1.2010 beginnen, finden sich die außerplanmäßigen Abschreibungen auf dem niedrigeren Wert in § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB a.F. 161 RG v. 17.4.1928 – II 342/27, RGZ 120, 410 (411); OLG Frankfurt v. 15.3.2001 – 12 U 214/99, NZG 2001, 696; Roth in Baumbach/Hopt, § 232 HGB Rz. 1. 162 RG v. 17.4.1928 – II 342/27, RGZ 120, 410 (411). Zu dem Geschäftswert äußert sich das RG nicht. 163 Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 337 HGB Anm. 6. 164 Eine eher weite Auffassung der Betriebstätigkeit vertritt insbesondere Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 8 ff., 21 f. 165 So aber insbesondere Zinkeisen, Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, S. 46, und neuerdings wieder S. Wachter, Ge-

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§ 8 Rz. 8.89 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Maßgeblich sind vielmehr die gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter. Sie sind an Hand der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Ist z.B. das Anlagevermögen oder der Firmenwert erst durch die Einlage des stillen Gesellschafters vom Inhaber erworben worden, so ist dies ein Indiz dafür, dass der stille Gesellschafter auch an allen Wertveränderungen des entsprechenden Gegenstandes teilnimmt166.

8.90 Neben der Frage, welche Erträge und Aufwendungen genau von der Betriebstätigkeit des Inhabers erfasst werden, bereitet im Rahmen der Gewinn- und Verlustberechnung vor allem die Frage Schwierigkeiten, wie der abstrakt bestimmte Gewinn des stillen Gesellschafters konkret aus dem Jahresabschluss des Inhabers zu entnehmen ist. Die Erfolgsspaltung, die der Inhaber in seiner Gewinn- und Verlustrechnung vornimmt, ist nämlich nicht mit der Spaltung des Erfolges danach, ob der stille Gesellschafter an ihm teilnimmt oder nicht, identisch. Insbesondere kann nicht das in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesene Betriebsergebnis ohne Weiteres als Maßstab für die Erfolgsbeteiligung des stillen Gesellschafters zugrunde gelegt werden, auch wenn der Umfang der Erfolgsbeteiligung gesellschaftsrechtlich als „Betriebsergebnis“ bezeichnet wird. Denn unter dem Betriebsergebnis wird bilanzrechtlich nicht das Gleiche verstanden wie gesellschaftsrechtlich167. So fallen z.B. Erträge und Aufwendungen aus der Gewährung oder Aufnahme von Krediten nicht unter den Begriff des Betriebsergebnisses im bilanzrechtlichen Sinne, sie sind vielmehr als „sonstige Zinsen und ähnliche Erträge“ bzw. „Zinsen und ähnliche Aufwendungen“ Teil des Finanzergebnisses. Gleichwohl partizipiert an ihnen der stille Gesellschafter168. Andererseits gehören Erträge und Aufwendungen aus dem Verkauf von Gegenständen des Anlagevermögens handelsbilanzrechtlich zum Betriebsergebnis, sofern sie nicht unter außergewöhnlichen Umständen stattfinden, wie z.B. bei der Schließung ganzer Unter-

winnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, S. 87. S. Wachter möchte deswegen konsequenterweise den stillen Gesellschafter auch an der Auflösung von stillen Reserven beteiligen, soweit sie vor Eingehen der stillen Gesellschaft gelegt wurden, S. Wachter, Gewinnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, S. 102 Fn. 271. Gerade insoweit weicht er aber wesentlich von der hier vertretenen Auffassung ab. Entscheidend gegen die Ansicht von S. Wachter spricht, dass ohne besondere vertragliche Vereinbarung nicht anzunehmen ist, dass der Inhaber durch das Eingehen der stillen Gesellschaft dem stillen Gesellschafter einen Teil des Wertes der zu diesem Zeitpunkt in dem Handelsgeschäft vorhandenen stillen Reserven übertragen will. Dies ergibt sich schon daraus, dass regelmäßig weder Inhaber noch stiller Gesellschafter sich zu diesem Zeitpunkt darüber Klarheit verschaffen, inwieweit stille Reserven im Handelsgeschäft vorhanden sind. 166 RG v. 11.11.1930 – II 102/30, HRR 1931 Nr. 527; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 9 sieht daneben darin auch ein mögliches Indiz für eine atypische stille Beteiligung. 167 Zutreffend Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 8 f.; so auch S. Wachter, Gewinnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, S. 48 f., zu den betriebswirtschaftlichen Schwierigkeiten bei der Erfassung des Betriebsergebnisses vgl. Coenenberg, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, S. 675 ff. 168 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 9.

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Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.92 § 8

nehmensteile. Keinen Niederschlag findet schließlich im Jahresabschluss die Unterscheidung, ob Buchgewinne auf eine Veränderung der Marktlage oder darauf zurückzuführen sind, dass die vorangegangenen Abschreibungen für Abnutzung den tatsächlichen abnutzungsbedingten Werteverzehr übertroffen haben. Im letzteren Falle gebührte – nimmt man die oben dargestellte Unterscheidung nach der Herkunft des Erfolges ernst – ein Teil des Buchgewinns dem stillen Gesellschafter. Aus den dargestellten Beispielen ergibt sich, dass der Gewinn und Verlust des typischen stillen Gesellschafters nicht aus dem Jahresabschluss exakt abzulesen ist169. cc) Jahresergebnis des Inhabers als Grundlage für die Gewinnberechnung Eine exakte Berechnung des Gewinns und Verlustes des typischen stillen Gesellschafters erforderte im Grunde deswegen eine gesonderte Buchhaltung beim Inhaber. Dieser Aufwand wird aber in der Praxis nicht getätigt und entspricht auch nicht dem mutmaßlichen Willen des Inhabers und des stillen Gesellschafters. Vielmehr ist davon auszugehen, dass in der Praxis der Gewinn und Verlust auch des typischen stillen Gesellschafters häufig schlicht auf Grundlage des Jahresergebnisses des Inhabers ohne Differenzierung nach der Herkunft des Ergebnisses errechnet wird170. Abweichungen von einer solchen Praxis sind insbesondere dann gerechtfertigt, wenn in dem Jahresergebnis offensichtlich in erheblichem Maße Gewinne enthalten sind, die nur dem Inhaber zustehen. Dies ist z.B. der Fall, wenn durch den Verkauf des Geschäftsgebäudes in hohem Maße stille Reserven aufgedeckt werden.

8.91

Wird der Gewinn und der Verlust des typischen stillen Gesellschafters jährlich ausgezahlt, ohne dass eine Differenzierung nach der Herkunft des Erfolges vorgenommen wird, stellt sich schließlich die Frage, ob diese Gewinnverteilung endgültig ist oder eine nachträgliche Korrektur im Rahmen der Auseinandersetzung nach Auflösung der stillen Gesellschaft erfolgt171. Bei einer endgültigen Gewinnverteilung erhält der stille Gesellschafter im Rahmen der Auseinandersetzung nur sein Einlageguthaben und eventuell weitere vorhandene Forderungen gegen den Inhaber in Höhe des jeweiligen Buchwertes ausgezahlt. Dies macht die Auseinandersetzung einfach, entspricht aber regelmäßig nicht dem Interesse des stillen Gesellschafters. In diesem Fall sind nämlich die während des Bestehens der stillen Gesellschaft zu seinen Lasten gelegten stillen Reserven für ihn endgültig verloren. Dies wiegt umso schwerer, als der Inhaber in weitem Maße den Umfang der stillen Thesaurierung beeinflussen kann. Angesichts dieser Manipulationsmöglichkeiten durch den Inhaber kann ohne besondere vertragliche Vereinbarung nicht davon ausgegangen werden, dass eine solche endgültige Gewinnverteilung von dem stillen Gesellschafter bei Eingehen der Beteiligung gewollt

8.92

169 So auch Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 11; S. Wachter, Gewinnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, S. 62. 170 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 7; Sudhoff, NJW 1960, 2121 (2123); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 40. 171 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 7.

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§ 8 Rz. 8.92 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

war172. Regelmäßig hat deswegen bei der typischen stillen Gesellschaft eine Korrektur der vorangegangenen Gewinnauszahlungen im Rahmen der Auseinandersetzung zu erfolgen.

8.93 Für die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens gelten grundsätzlich dieselben Überlegungen wie für die jährliche Gewinn- und Verlustberechnung. Die Schwierigkeiten einer genauen Berechnung bleiben deswegen die gleichen. Dennoch ist eine rückblickende Korrektur einer jährlichen vorzuziehen, da sie die Gesamtentwicklung des Unternehmens eher erfasst. Die Bemessung des Auseinandersetzungsanspruchs des typischen stillen Gesellschafters wird deswegen auszugehen haben von der Differenz des Geschäftswertes zum Zeitpunkt der Auflösung der stillen Gesellschaft zu dem bei Eingehen der stillen Gesellschaft. Letzterer ist gegebenenfalls zu schätzen173. Die Differenz beider Werte ist je nach vertraglicher Vereinbarung wiederum im Verhältnis der Beiträge des Inhabers zu der des stillen Gesellschafters bei der Auseinandersetzung zu verteilen. Die Umstände des Einzelfalls können einen Auf- oder Abschlag rechtfertigen. 2. Die Feststellung der Ergebnisberechnung

8.94 Aus der Unterscheidung der internen Rechnungslegung der stillen Gesellschaft von der externen Rechnungslegung des Inhabers (vgl. Rz. 13.4, 8.46 ff.) folgt, dass der stille Gesellschafter grundsätzlich weder an der Auf- noch an der Feststellung der Bilanz des Inhabers teilnimmt. Anderes kann insbesondere dann gelten, wenn der stille Gesellschafter aufgrund besonderer vertraglicher Regelung an der Geschäftsführung des Inhabers beteiligt ist174. 8.95 Bislang wurde der internen Jahresrechnung keine besondere rechtliche Qualität zugesprochen. Insbesondere sollte sie nicht von Inhaber und stillem Gesellschafter gemeinsam verbindlich festgestellt werden175. Allenfalls sollte der Inhaber von dem stillen Gesellschafter die Zustimmung zu ihr verlangen können176. Begründet wird diese Ansicht damit, dass das Gesetz eine besondere Feststellung der Jahresrechnung bei der stillen Gesellschaft nicht vorsehe177. Dies ist aber bei keiner Personengesellschaft der Fall. Für die OHG und die KG ist dennoch unbestritten, dass ihre Jahresabschlüsse erst mit der Feststellung durch ihre Gesellschafter zwischen diesen verbindlich wer172 Sudhoff, NJW 1960, 2121 (2126); etwas anderes gilt nach K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 232 HGB Rz. 18, § 235 HGB Rz. 24 allenfalls dann, wenn dem Stillen zuvor Kontrollrechte eingeräumt wurden, mit denen die Bilanzbefugnisse des Inhabers eingeschränkt werden können. 173 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 27. 174 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 85 Rz. 5; allgemein zur Einräumung von Geschäftsführungsbefugnissen an den stillen Gesellschafter bei Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 Rz. 217. 175 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 20; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 Rz. 20. 176 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 85 Rz. 3; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 20. 177 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 85 Rz. 2.

188 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.98 § 8

den. Der Zweck der Feststellung, nämlich die Ansätze der Erfolgsrechnung zukünftigem Streit zwischen den Gesellschaftern möglichst zu entheben178, trifft aber auf die stille Gesellschaft in gleicher Weise zu wie auf Personenhandelsgesellschaften179. Deswegen ist auch für die interne Jahresrechnung der stillen Gesellschaft eine Feststellung durch ihre Gesellschafter anzunehmen. Mit der Feststellung erlangt sie die Qualität eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses180. Hierzu bedarf es jedoch zwingend – nicht notwendig in eigener Person – einer Mitwirkung des stillen Gesellschafters zumindest mittelbar z.B. über einen Beirat. Wenn der stille Gesellschafter, wenn auch nicht in eigener Person, sondern über einen Beirat mittelbar an der Feststellung der internen Rechnungslegung partizipiert hat, ist hierin ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu sehen, das auch einen neuen Lauf der Verjährung gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB auslöst181. Eine stillschweigende Anerkennung der Jahresrechnung kann regelmäßig angenommen werden, wenn der stille Gesellschafter innerhalb angemessener Frist nach ihrer Mitteilung keine Beanstandungen erhebt und ihre Werte in seine Einkommensteuererklärung übernimmt182. Eine Anfechtung des Anerkenntnisses wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung ist möglich183.

8.96

Über die Form, in der die Abrechnung gegenüber dem stillen Gesellschafter zu erfolgen hat, sagt § 232 Abs. 1 HGB nichts aus. Eine Darstellung in Form einer Bilanz oder einer Gewinn- und Verlustrechnung nach den Vorschriften des dritten Buches des HGB ist nicht zwingend erforderlich184.

8.97

Eine Frist, innerhalb derer die Berechnung des Gewinnanteils zu erfolgen hat, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Bei Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung genügt es, wenn die Berechnung innerhalb der für die Aufstellung des Jahresabschlusses des Inhabers festgesetzten Frist erfolgt. Eine frühere Berechnung kann der stille Gesellschafter nicht verlangen. Ist wie bei Einzelkaufleuten und bei handelsrechtlichen Personengesellschaften die Aufstellung des Jahresabschlusses nicht genau befristet, so hat die Abrechnung wie die Aufstellung des Jahresabschlusses innerhalb der einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit zu erfolgen, § 243

8.98

178 Ulmer in FS Hefermehl, S. 207 (210 f.). 179 Berninghaus in FS Röhricht, S. 754 f. 180 Vgl. BGH v. 29.3.1996 – II ZR 263/94, GmbHR 1996, 456 = BB 1996, 1105 (1106); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 20; Habersack in MünchKomm/ BGB, § 781 BGB Rz. 22 ff. 181 So zutreffend Berninger, DStR 2010, 2359 (2364); a.A. BGH, nach dem eine lediglich mittelbare Beteiligung des stillen Gesellschafters durch einen Beitrat für ein verjährungsunterbrechendes Anerkenntnis nicht ausreichend sein solle: BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, GmbHR 2010, 814 = DStR 2010, 1489. 182 Vgl. BGH v. 3.11.1975 – II ZR 87/74, DB 1976, 42 (43); OLG Düsseldorf v. 26.11.1993 – 7 U 146/92, NJW-RR 1994, 1455 (1458). 183 Vgl. RG v. 20.3.1901 – I 477/00, RGZ 48, 77 (82 f.). 184 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 29.

Kauffeld | 189

§ 8 Rz. 8.98 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Abs. 3 HGB185. Geschieht das nicht, kann der stille Gesellschafter auf Vornahme der Berechnung klagen.

8.99 Ist der Inhaber zur Vornahme der Gewinnberechnung verurteilt worden, so wird häufig ein zweiter Prozess zur Geltendmachung des Zahlungsanspruchs erforderlich werden. Ist der stille Gesellschafter in der Lage, seinen Gewinnanteil selbst zu berechnen, kann er sofort Zahlungsklage erheben. Ist er dazu nicht in der Lage, ist es zweckmäßig, im Wege der Stufenklage gemäß § 254 ZPO die Klage auf die Vornahme der Gewinnberechnung mit dem Auszahlungsanspruch zu verbinden186. 3. Bestimmung des Verteilungsschlüssels (Ertragsverteilung) a) Gewinnverteilungsschlüssel

8.100 Haben die Gesellschafter keinerlei Vereinbarung getroffen, so gilt ein den Umständen nach angemessener Anteil als bedungen (§ 231 Abs. 1 HGB). Dies führt aber nicht wie nach § 722 Abs. 1 BGB zu einer Aufteilung nach gleichen Anteilen187. Die Verteilung nach Köpfen wäre bei der stillen Gesellschaft nicht gerechtfertigt. Die Verteilung von Gewinn und Verlust ist vielmehr dann angemessen, wenn sie in gleichem Verhältnis steht wie die Beiträge des Inhabers und des stillen Gesellschafters zueinander188. Zur Bemessung der Beitragsleistungen sind alle Umstände des einzelnen Falles zu berücksichtigen: Art und Größe der Einlage des stillen Gesellschafters, Teilnahme am Verlust oder Verlustausschluss, Ausschluss von der Haftung, Einsatz der Arbeitskraft, Verhältnis der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters zum Betriebsvermögen des Inhabers189. Im Streitfalle entscheidet über die Angemessenheit das Gericht. 8.101 Soweit die Beteiligten keine Gestaltung wählen, die zu einem Ausschluss der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters führt, können die Beteiligten den Gewinnverteilungsschlüssel im Übrigen frei vereinbaren. Sie sind insoweit keinen beschränkenden Bestimmungen unterworfen. Auch eine stillschweigende Regelung ist denkbar; so z.B. wenn die Beteiligten ohne ausdrückliche Abrede den Gewinn jahrelang nach bestimmten Maßstäben unter sich verteilt haben190. So kann vereinbart werden, dass auf jeden ein bestimmter Hundertsatz des Gewinnes und des Verlustes entfällt oder dass der Erfolg entsprechend dem Verhältnis der Einlage des stillen Gesellschafters zu dem Geschäftsvermögen des Inhabers oder nach dem Verhältnis ihrer Kapitalanteile ver185 Vgl. zur Aufstellungsfrist Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 243 HGB Rz. 38 ff. 186 Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 232 HGB Rz. 3. 187 Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 231 HGB Rz. 4; Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 8. 188 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 37. 189 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 37; Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 8. 190 Zuletzt bestätigt durch FG Köln v. 13.1.2016 – 14 K 2673/13, Rz. 82 f.: Hiernach kann ein bestimmter Gewinnanteil auch dann vereinbart worden sein, wenn die Beitrittserklärungen nicht ausdrücklich einen Gewinn- oder Verlustanteil des Stillen nennen. Ein bestimmter Gewinnanteil kann sich in diesem Fall – auch konkludent – aus den übrigen Unterlagen ergeben, so etwa aus dem bisherigen Zahlungsweg und Zahlungsverkehr.

190 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.102 § 8

teilt werden soll. Soll sich der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters nach dem Verhältnis der beiderseitigen Einlagen richten, so ist das Verhältnis dieser Einlagen maßgebend, nicht das Verhältnis der Einlage des stillen Gesellschafters zum jeweiligen Geschäftsvermögen. Bezugspunkt ist die Höhe der ursprünglichen Einlage, nicht die des Einlagekontos zum Bilanzstichtag (vgl. Rz. 8.9)191. Als Bemessungsgrundlage sind die jeweils zum Bilanzstichtag zu ermittelnden Kapital- und Einlagekonten der Gesellschafter nicht geeignet192. Auch eine unangemessene Gewinnverteilung, die dem wirtschaftlichen oder persönlichen Einsatz des stillen Gesellschafters an Kapital oder Arbeit nicht entspricht, ist bürgerlich-rechtlich wirksam, wenn die Formvorschrift des § 518 Abs. 1 BGB beachtet worden ist, soweit es sich um ein Schenkungsversprechen handelt (vgl. Rz. 7.21 ff.)193. Die Vereinbarung über eine unangemessene Gewinnverteilung kann aber steuerlich beanstandet werden, was insbesondere bei Familiengesellschaften im Form der GmbH & atypisch Still der Fall ist. Das Gesellschaftsverhältnis wird hier zwar anerkannt, das Finanzamt nimmt aber eine Korrektur der Gewinnverteilung vor. Der GmbH wird bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Mitunternehmerschaft gemäß § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) AO der angemessene Gewinnanteil zugerechnet, denn die Korrektur der Gewinnverteilung findet im Rahmen der Verteilung des Gewinns der Mitunternehmerschaft statt. Zwar nimmt die GmbH mit dem Verzicht auf den erreichbaren Gewinnanteil den Verzicht auf eine Vermögensmehrung in Kauf und wendet gleichzeitig ihrem Gesellschafter im Hinblick auf das Gesellschaftsverhältnis außerhalb der Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zu. Eine dadurch eintretende Minderung des Einkommens der Kapitalgesellschaft würde ertragsteuerlich die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erfüllen. Infolge der Korrektur der Gewinnverteilung auf der Ebene der Mitunternehmerschaft kommt es jedoch nicht zu der von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorausgesetzten Minderung des Einkommens der Kapitalgesellschaft. Denn der für die GmbH festgestellte Gewinnanteil ist in festgestellter Höhe bei der Veranlagung der Kapitalgesellschaft anzusetzen194. Die einem atypisch stillen Gesellschafter gegenüber vorgenommene vGA führt bei diesem zu einer Sonderbetriebseinnahme im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG im Rahmen der atypisch stillen Gesellschaft. Zu den Fällen, dass zwischen beiden Ge-

191 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 42. 192 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 42. 193 Zur Frage eines Schenkungsversprechens durch die Zusage der Gesellschaft an den stillen Gesellschafter, eine Zinszahlung auch dann zu leisten, wenn hierauf wegen eines Jahresfehlbetrages kein Anspruch besteht, vgl. BGH v. 18.9.2012 – II ZR 50/11, BB 2013, 206: entgegen OLG Hamburg v. 11.2.2011 – 11 U 12/10, NZG 2011, 619 f. = AG 2011, 339 liegt hierin keine Schenkung, weil der Leistungszweck des Gesellschaftsverhältnisses der Unentgeltlichkeit entgegensteht. Folglich ist auch die Wahrung der von § 518 Abs. 1 BGB vorgesehenen Form nicht erforderlich. 194 BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, DStR 2015, 2229 (2232) = GmbHR 2015, 1169 unter Hinweis auf BFH v. 12.2.2015 – IV R 48/11, BFH NV 2015, 1025 (1025 f.) = GmbHR 2015, 948.

Kauffeld | 191

8.102

§ 8 Rz. 8.102 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

sellschaftergruppen Personenidentität oder familiäre Bindungen bestehen Rz. 21.38, 21.44 ff. und Rz. 21.63 ff.195.

8.103 Aus der weitgehenden Vertragsfreiheit resultiert, dass etwa auch vereinbart werden kann, dass der stille Gesellschafter am Gewinn in einem größeren Ausmaß als am Verlust beteiligt sein soll196, dass sein Gewinnanteil einen bestimmten, zahlenmäßig festgelegten Betrag nicht überschreiten darf oder dass er erst am Gewinn beteiligt sein soll, nachdem der Inhaber bestimmte Beträge oder eine bestimmte Dividende vorweg erhalten hat; auch hier hängt die Beteiligung von den wechselnden Geschäftsergebnissen, insbesondere davon ab, dass ein entsprechend hoher Gewinn erwirtschaftet wird. 8.104 Wandelt der persönlich haftende Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft oder ein Kommanditist seine Beteiligung in eine stille Beteiligung um und werden im Gesellschaftsvertrag keine neuen Vereinbarungen über die künftige Gewinn- oder Verlustbeteiligung getroffen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass er entsprechend seinem bisherigen Anteil auf Grundlage der bisherigen Bemessungsgrundlage auch in Zukunft am Gewinn oder Verlust beteiligt bleiben soll, dass aber ein ihm bisher zugestandener Vorzugsgewinnanteil künftig wegfällt197. 8.105 Weder dem Inhaber noch dem stillen Gesellschafter steht kraft Gesetzes eine Vorzugsdividende zu198. Wegen des Rechts des Inhabers zu Entnahmen aus dem Geschäft vgl. Rz. 12.25; zur Vereinbarkeit einer gewinnunabhängigen Festvergütung für den stillen Gesellschafter mit § 301 AktG vgl. Rz. 8.33. Ist nur der Anteil am Gewinn oder am Verlust bestimmt, so gilt die Bestimmung im Zweifel für Gewinn und Verlust (§ 722 Abs. 2 BGB). 8.106 Bei der stillen Publikumsgesellschaft bestimmt sich der Ergebnisverteilungsschlüssel nach den „festen“ Einlagekonten der stillen Gesellschafter als „Quasi-Kommanditisten“. b) Verlustverteilungsschlüssel

8.107 Ebenso wie der Gewinnverteilungsschlüssel bestimmt sich auch die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters in erster Linie nach den Vereinbarungen der Gesell195 BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, DStR 2015, 2229 (2231 f.) = GmbHR 2015, 1169; FG Nürnberg v. 15.6.1999 – I 118/97, EFG 1999, 917 = GmbHR 1999, 995; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 14 f.; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 231 HGB Rz. 10 (auch für stille Beteiligungen von Gesellschaftern einer GmbH); zur Bestimmung der Angemessenheit der Gewinnverteilung zugunsten eines stillen Gesellschafters bei Familienpersonengesellschaften vgl. BGH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, NZG 2009, 758 ff.; nach BGH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, DStR 2015, 2229 = GmbHR 2015, 1169 gelten gleiche Grundsätze auch, wenn der Alleingesellschafter einer GmbH zugleich als atypisch stiller Gesellschafter an dieser beteiligt ist; vgl. hierzu auch Geißler, GmbHR 2008, 515 (517). 196 Genauso kann aber auch umgekehrt eine den stillen Gesellschafter im Hinblick auf die Verlustbeteiligung benachteiligende Regelung vereinbart werden, so Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 86 Rz. 49. 197 Vgl. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 10. 198 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 41.

192 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.111 § 8

schafter. Anders als bei der Gewinnbeteiligung des Stillen kann im Gesellschaftsvertrag bestimmt werden, dass der stille Gesellschafter nicht am Verlust beteiligt sein soll (§ 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB). Der Verlustausschluss kann sich auch aus den Umständen ergeben. Ist dem stillen Gesellschafter z.B. ein Mindestgewinn garantiert, so bedeutet das, dass er am Verlust nicht teilnimmt199. Die Vereinbarung, dass er bei Beendigung der Gesellschaft seine Einlage voll zurückerhalten soll, kann nach dem Willen der Beteiligten ein Ausschluss der Verlustbeteiligung sein. Die Vereinbarung kann aber auch dahin auszulegen sein, dass der Ausschluss der Verlustbeteiligung nur im Rahmen der Endabrechnung, nicht auch für die einzelnen Jahre der Dauer der stillen Gesellschaft, gewollt ist. Was gemeint ist, muss durch Auslegung ermittelt werden (vgl. Rz. 8.37 ff.).

8.108

Ist nur die Beteiligung am Gewinn geregelt, so ist dieser Verteilungsschlüssel im Zweifel auch für den Verlustanteil maßgeblich (§ 722 Abs. 2 BGB). Haben die Gesellschafter keinerlei Vereinbarung getroffen, so gilt ein den Umständen nach angemessener Anteil als bedungen (§ 231 Abs. 1 HGB); insoweit gelten die für die Bestimmung eines angemessenen Gewinnanteils zu beachtenden Grundsätze entsprechend (vgl. Rz. 8.95 ff.).

8.109

Der stille Gesellschafter nimmt am Verlust nur bis zum Betrag seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage teil, § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB. Er hat insoweit dieselbe rechtliche Stellung wie der Kommanditist (§ 167 Abs. 3 HGB)200. Der auf ihn entfallende Verlustanteil wird von seinem Einlagekonto abgeschrieben. Das kann dazu führen, dass das Einlageguthaben passiv wird. Insoweit verliert der stille Gesellschafter das Recht auf Rückzahlung seiner Vermögenseinlage. Anders ist es bei Dienstleistungen und Gebrauchsüberlassungen, die auf dem Einlagekonto nicht gutgebracht worden sind (vgl. Rz. 7.31 ff.). In diesen Fällen braucht der stille Gesellschafter einen etwaigen Verlust nicht in Geld zu ersetzen. Er haftet nur mit seinen künftigen Gewinnen, nicht auch – bei Gebrauchsüberlassungen – mit dem Wert der überlassenen Sache201.

8.110

Es kann auch vereinbart werden, dass der stille Gesellschafter über seine Einlage hinaus am endgültigen Verlust beteiligt sein soll. Der stille Gesellschafter muss dann bei der Auflösung der Gesellschaft i.H. des übernommenen Betrags dem Inhaber Zahlung leisten und insoweit auch einen Passivsaldo ausgleichen. Die Deckungspflicht kann bei entsprechenden Vereinbarungen im Innenverhältnis auch so weit gehen, dass der stille Gesellschafter sich verpflichtet, uneingeschränkt für etwaige Verluste einzustehen202. Eine solche uneingeschränkte Nachschusspflicht während oder nach Beendigung der Gesellschaft gilt aber noch nicht dann als vereinbart, wenn im Gesell-

8.111

199 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 55; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 50. 200 Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 232 HGB Rz. 21. 201 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 50. 202 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 12, 176; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 49; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 77 f.; OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, GmbHR 1986, 387 = ZIP 1986, 917.

Kauffeld | 193

§ 8 Rz. 8.111 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

schaftsvertrag einer atypisch stillen Gesellschaft bestimmt ist, dass der „stille Gesellschafter im Verhältnis am Verlust uneingeschränkt teilnimmt, jedoch unbeschadet seiner nur auf die Einlage beschränkten Haftung nach außen“203. Hierdurch wird das Haftungsprivileg des stillen Gesellschafters nach § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB noch nicht abbedungen. Mit einer solchen Vereinbarung wird lediglich bestimmt, dass durch entsprechende Belastung des Kapitalkontos des stillen Gesellschafters dessen künftige Gewinnquoten geschmälert werden. Soll eine schwerwiegende, wirtschaftlich der Haftung eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters gleichkommende Verlusttragungspflicht des stillen Gesellschafters gewollt sein, so bedarf es einer ausdrücklichen Verpflichtungserklärung204. 4. Auszahlung des Gewinnanteils a) Der Auszahlungsanspruch des stillen Gesellschafters

8.112 Wann der Anspruch des stillen Gesellschafters auf seinen Gewinnanteil entsteht, ist in § 232 Abs. 1 HGB nicht ausdrücklich geregelt. Zwar ist das Ergebnis eines Geschäftsjahres schon am Bilanzstichtag verursacht, der daraus resultierende Gewinn oder Verlust des Inhabers hängt aber wesentlich von der Ausübung von Wahlrechten und Beurteilungsspielräumen bei der Aufstellung der Bilanz ab. Bevor diese Entscheidungen nicht getroffen sind, ist somit der gewinnabhängige Anspruch des stillen Gesellschafters seiner Höhe nach noch nicht entstanden205. 8.113 In Ausnahme davon sind die Gewinnansprüche des stillen Gesellschafters jeweils in dem Jahr zu aktivieren, in dem der Gewinn bei dem Inhaber erwirtschaftet wurde, wenn zwischen beiden Personenidentität, also eine wirtschaftliche Einheit, besteht. Das ist auch dann der Fall, wenn der Stille seine Bilanz vor der des Inhabers erstellt. Die Bestimmbarkeit der Höhe des Gewinnanspruchs steht dann seiner Feststellung gleich206. 8.114 Der Auszahlungsanspruch wird spätestens mit der Berechnung des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinnanteils fällig. Verzögert der Inhaber die Abrechnung, so gilt als Fälligkeitstag der Zeitpunkt, zu dem er den Gewinn bei ordnungsmäßigem Geschäftsgang hätte berechnen können207. 203 OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, GmbHR 1986, 387 = ZIP 1986, 918. 204 OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, GmbHR 1986, 387 = ZIP 1986, 918; BGH v. 17.3.1966 – II ZR 282/63, NJW 1966, 1309. 205 So auch Döllerer, DStR 1984, 833; Costede, StbKRep 1987, 254; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 380 ff.; offengelassen von BFH v. 19.2.1991 – VIII R 106/87, FR 1991, 392 = GmbHR 1991, 385 = BB 1991, 1301; a.A. BFH v. 11.10.1968 – III 246/64, BStBl. II 1969, 123 = BFHE 94, 261 ff.; BFH v. 16.2.1979 – III R 37/77, BStBl. II 1979, 278 = BFHE 127, 56 ff. 206 BFH v. 19.2.1991 – VIII R 106/87, FR 1991, 392 = GmbHR 1991, 385 = BB 1991, 1301 f. m. Anm. Hoffmann. 207 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 200; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 24; Roth in Baumbach/Hopt, § 232 HGB Rz. 4; Horn in Heymann, § 232 HGB Rz. 7; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 33; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 232 HGB Rz. 14.

194 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.120 § 8

Schließt eine OHG mit einem Dritten einen stillen Gesellschaftsvertrag ab, so kann der stille Gesellschafter seinen Gewinnanspruch nicht nur gegen die Gesellschaft, sondern auch gegen die einzelnen Gesellschafter unmittelbar geltend machen. Die Ansprüche, die dem stillen Gesellschafter gegen die Personengesellschaft aus dem stillen Gesellschaftsverhältnis zustehen, beruhen auf einem Rechtsverhältnis, das diese mit ihm als einem Dritten abgeschlossen hat. Für die Verpflichtungen aus diesem Rechtsverhältnis kommt die allgemeine Haftungsvorschrift des § 128 HGB zur Anwendung. Der stille Gesellschafter ist nicht Mitgesellschafter der einzelnen Mitglieder der Personengesellschaft; er steht mit ihnen als Einzelperson nicht in einem unmittelbaren Gesellschaftsverhältnis. Folglich haften diese ihm auch nicht aus ihrem Gesellschaftsverhältnis untereinander, sondern aus einem Rechtsgeschäft, das sie namens ihrer Gesellschaft mit dem stillen Gesellschafter abgeschlossen haben208.

8.115

Der Auszahlungsanspruch erlischt nicht mit der Feststellung der nächsten Jahresbilanz. Da § 122 HGB auf die stille Gesellschaft keine Anwendung findet, kann der stille Gesellschafter auch dann Auszahlung verlangen, wenn die Liquidität des Inhabers dadurch in Mitleidenschaft gezogen wird. Sein Auszahlungsanspruch kann aber durch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht eingeschränkt werden, z.B. wenn die Geltendmachung des Zahlungsanspruchs der Gesellschaft zum offenbaren Schaden gereichte209.

8.116

Erfüllungsort für die Auszahlung des anteiligen Gewinns ist der Ort der gewerblichen Niederlassung des Inhabers; dieser ist verpflichtet, den Gewinnanteil dem stillen Gesellschafter zu übersenden (§§ 269, 270 BGB).

8.117

Der Anspruch des stillen Gesellschafters auf den Gewinnanteil ist abtretbar (§ 717 BGB), pfändbar und verpfändbar210. Der neue Gläubiger kann jedoch Zahlung erst nach Eintritt der Fälligkeit, d.h. nach Vornahme der Berechnung durch den Inhaber, verlangen.

8.118

Der fällige Anspruch auf den anteiligen Gewinn ist, wenn der stille Gesellschafter Kaufmann ist, mit 5 % zu verzinsen (§§ 352, 353 HGB), mit Verzugseintritt unabhängig von der Kaufmannseigenschaft mit 5 % über dem Basiszinssatz (§ 352 Abs. 1 HGB i.V.m. § 288 BGB). Ist ein Verbraucher nicht beteiligt, beträgt der Zinssatz acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz211.

8.119

Der Auszahlungsanspruch verjährt nach § 195 BGB in drei Jahren212.

8.120

208 BGH v. 11.1.1960 – II ZR 69/59, BB 1960, 188. 209 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 22; Roth in Baumbach/Hopt, § 232 HGB Rz. 4; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 40; Schubert in Oetker, § 232 HGB Rz. 16. 210 Schubert in Oetker, § 232 HGB Rz. 17; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 36; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 232 HGB Rz. 14. 211 Schubert in Oetker, § 232 HGB Rz. 17. 212 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 35; BGH v. 6.4.1981 – II ZR 186/80, BGHZ 80, 357.

Kauffeld | 195

§ 8 Rz. 8.121 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

b) Auszahlungsanspruch und Einlage des stillen Gesellschafters

8.121 Der stille Gesellschafter kann Auszahlung auch verlangen, wenn er seine Einlage noch nicht bewirkt hat. Ist die Einlageforderung fällig, so kann der Inhaber gegen den Gewinnauszahlungsanspruch des stillen Gesellschafters aufrechnen oder, wenn die Einlage nicht in einer Geldleistung besteht, den Gewinn zurückbehalten (§ 273 BGB). 8.122 Die Auszahlung des Gewinnanteils kann so lange nicht verlangt werden, wie das Einlageguthaben des stillen Gesellschafters durch Verluste unter die vertragsmäßige Höhe gesunken ist, § 232 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 HGB. In diesem Fall ist der jährliche Gewinn zunächst zur Auffüllung der Einlage zu verwenden213. Auszahlung des Gewinns nach Ausgleichung eines Passivsaldos kann der stille Gesellschafter auch erst dann verlangen, wenn sein Einlagekonto mindestens den auf seine Einlage geleisteten Betrag erreicht. Dieser ganz h.A.214 wird vereinzelt entgegengehalten, ihre Interpretation des regelmäßigen Parteiwillens sei zu generell, vielmehr müsse von Fall zu Fall geprüft werden, „ob die Gesellschafter beabsichtigen, dem stillen Partner das Risiko aufzubürden, unter Umständen jahrelang keinerlei Gewinn zu erhalten, obwohl das Handelsgeschäft seines Partners gewinnbringend arbeitet, nur weil in einer vorausgegangenen Geschäftsperiode die Verlustanteile wesentlich höher waren als die geleistete Vermögenseinlage“215. Hierbei handelt es sich um die Konsequenz der Verlustbeteiligung vergangener Jahre. Es wird insoweit nicht generell interpretiert, sondern gerade das gewollte Verlustrisiko verwirklicht, wenn der stille Gesellschafter mit seinem Anteil am künftigen Gewinn an der Deckung früherer Verluste teilnimmt216. Das bedeutet aber nicht, dass der stille Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zum Ausgleich eines danach bestehenden Passivsaldos verpflichtet ist.

8.123 Da die Vermögenseinlage nur im Verhältnis der beiden Gesellschafter zueinander Bedeutung hat, können die Beteiligten eine Gewinnauszahlung aber auch für den Fall vereinbaren, dass das Einlagenkonto noch durch Verlust vermindert ist. Die Gläubiger des Inhabers können das nicht verhindern. Gegebenenfalls haben sie das Insolvenzanfechtungsrecht aus § 136 InsO (vgl. Rz. 16.96 ff.). 8.124 Wird dem stillen Gesellschafter irrtümlich ein Gewinnanteil ausgezahlt, obwohl sein Einlagekonto in der Bilanz des Inhabers durch Verlust gemindert war, muss er ihn auf Verlangen des Inhabers zurückzahlen. Gleiches gilt, wenn die Bilanz des In213 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 49. 214 Vgl. Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 48; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 49; Horn in Heymann, § 232 HGB Rz. 10; Fichtelmann, GmbH & Still im Steuerrecht, Rz. 38; aus der Rspr. OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, GmbHR 1986, 387 = ZIP 1986, 917. 215 Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 86 ff. 216 Wie hier K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 32; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 49; OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, GmbHR 1986, 387 = ZIP 1986, 917.

196 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.126 § 8

habers zu Unrecht Gewinne ausgewiesen hatte, die dann als „Scheingewinne“ an den stillen Gesellschafter ausgezahlt wurden. Zwar kann es hierdurch nicht zu einer Außenhaftung des stillen Gesellschafters nach einer entsprechenden Anwendung der §§ 128, 171 HGB kommen217. Allerdings greift § 172 Abs. 5 HGB auch nicht in analoger Anwendung zum Schutze des stillen Gesellschafters im Innenverhältnis ein. Nach h.A. wird durch ihn allenfalls eine direkte Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern ausgeschlossen, nicht hingegen aber eine interne Rückzahlungspflicht gegenüber der Kommanditgesellschaft218. Gerade um die interne Rückzahlungspflicht gegenüber dem Inhaber geht es aber bei der stillen Gesellschaft219. Hingegen sind zu Recht bezogene oder gutgeschriebene Gewinnanteile beim Eintritt späterer Verluste nicht zurückzuzahlen, § 232 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 HGB. Die Auszahlung des Gewinnanteils kann im Gesellschaftsvertrag näher geregelt werden, etwa durch die Vereinbarung, dass sie dem Inhaber nicht zum Schaden gereichen darf oder dass der Gewinnanteil ganz oder teilweise zur Deckung der rückständigen Vermögenseinlage zu verwenden ist. Im letzteren Fall bildet der Gewinn einen Teil der Vermögenseinlage, die zur Deckung späterer Verluste herangezogen werden kann. Soweit im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist, beschränken sich die Ansprüche des stillen Gesellschafters auf die Zahlung seines anteiligen Gewinns. Es kann ihm aber auch das Recht eingeräumt werden, sich alljährlich einen bestimmten Betrag seines Einlagekontos – meist in Form einer nach dessen Stand berechneten Kapitaldividende – auszahlen zu lassen. Die Entnahme ist, soweit sie höher als der auf ihn entfallende Gewinnanteil ist, von dem Einlagekonto abzubuchen. Es liegt insoweit eine teilweise Rückgewähr der Einlage vor, die im Konkurs des Inhabers ein Anfechtungsrecht aus § 136 InsO begründet (vgl. Rz. 16.96 ff.).

8.125

Hat der stille Gesellschafter seine Einlage vollständig geleistet und ist das Einlagekonto nicht durch Verluste geschmälert, so kann ein weiterer Gewinnanteil dem

8.126

217 BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, GmbHR 2010, 814 = DStR 2010, 1480. So zutreffend auch Mylich, ZIP 2011, 2182 (2183). 218 Horn in Heymann, § 172 HGB Rz. 23; Roth in Baumbach/Hopt, § 172 HGB Rz. 9; a.A. m.w.N. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, §§ 171, 172 HGB Rz. 93 f.; Mylich, ZIP 2011, 2182 (2184 f.) lehnt einen Rückforderungsanspruch ab und begründet das damit, dass der stille Gesellschafter auf die Fehlerhaftigkeit der Gesellschaftsbilanz keinen Einfluss habe und wendet deshalb die Grundsätze zum Kalkulationsirrtum hierauf an. Gegen eine solche Vergleichbarkeit spricht aber, dass im Unterschied zu den gängigen Fällen dieses Irrtums, den stillen Gesellschafter eine Treuepflicht trifft (vgl. dazu auch Rz. 8.94). 219 Mylich (ZIP 2011, 2182 [2184 ff.]) differenziert entgegen der ganz herrschenden Ansicht zwischen typischer und atypischer stiller Beteiligung: Der typische stille Gesellschafter sei mangels Mitwirkung an der Jahresabschlussfeststellung keinen Rückzahlungsansprüchen des Geschäftsinhabers ausgesetzt, beim atypisch stillen Gesellschafter ergebe sich der Anspruch aus § 812 BGB bzw. der Erstattungspflicht des § 31 GmbHG. Diese Differenzierung überzeugt im Ergebnis nicht, da es im Hinblick auf die Rückzahlungsverpflichtung von im Jahresabschluss des Geschäftsinhabers ausgewiesenen Scheingewinnen für eine Anwendbarkeit des § 812 BGB nicht darauf ankommt, ob der stille Gesellschafter an der Feststellung des Jahresabschluss mitgewirkt hat oder nicht. Vgl. zur h.A. Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 28.

Kauffeld | 197

§ 8 Rz. 8.126 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Einlagekonto nur gutgeschrieben werden, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist (§ 232 Abs. 3 HGB). Eine solche Vereinbarung kann auch stillschweigend getroffen werden; so z.B. wenn der anteilige Gewinn mit Wissen des stillen Gesellschafters dem Einlagekonto gutgeschrieben oder wenn ihm auf diesen Betrag eine Vorzugsdividende ausgezahlt wird. Es liegt dann eine im beiderseitigen Einverständnis vorgenommene nachträgliche Erhöhung der anfänglich übernommenen Einlage vor220.

8.127 Sind dagegen keine besonderen Vereinbarungen getroffen worden, ist der nicht ausgezahlte Gewinnanteil des stillen Gesellschafters wie eine reine Gläubigerforderung zu behandeln. Der Gewinnanspruch ist ihm auf einem besonderen Konto (Darlehenskonto) gutzuschreiben und steht ihm ohne Rücksicht auf spätere Verluste, die nur vom Einlagekonto abgebucht werden, jederzeit zur Auszahlung zur Verfügung. Besonderheiten können sich in diesem Zusammenhang für typische stille Gesellschafter einer GmbH bzw. GmbH & Co. KG sowie für GmbH-Gesellschafter, die gleichzeitig am Unternehmen der GmbH still beteiligt sind, ergeben. Lassen sie ihren Gewinnanteil in einer wirtschaftlichen Krisensituation des Unternehmens stehen, müssen sie damit rechnen, dass die stehen gelassenen Gewinne unter bestimmten Voraussetzungen als insolvenzrechtlich relevante Gesellschafterdarlehen angesehen werden (vgl. Rz. 16.30)221. Nach der Änderung des GmbH-Rechts durch das MoMiG werden Gesellschafterdarlehen ausschließlich insolvenzrechtlich beurteilt. Es kommt nun nicht mehr darauf an, dass der stehen gelassene Gewinnanspruch kapitalersetzend war, sondern lediglich darauf, dass der atypisch stille Gesellschafter sich diesen Anspruch innerhalb eines Jahres vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat auszahlen lassen, vgl. § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO.

IV. Zusammenfassung 8.128 Die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters ist zwingendes Merkmal der stillen Gesellschaft. Sein Gewinnanteil muss von den wechselnden Ergebnissen des Handelsgewerbes abhängig sein, d.h. er muss das Risiko, dass kein Gewinn erzielt wird, mittragen (Rz. 8.2 ff.). Eine Umsatzbeteiligung ist der Gewinnbeteiligung grundsätzlich nicht gleichzustellen (Rz. 8.5). Für den Inhaber des Handelsgewerbes gilt diese Regelung nicht, er kann durch den Gesellschaftsvertrag von der Teilnahme am Gewinn ausgeschlossen werden (Rz. 8.15). Meist wird dann aber ein partiarisches Dienstverhältnis vorliegen. Wie der Gewinn unter den Gesellschaftern zu verteilen ist, ob dies aufgrund der Handelsbilanz oder der Steuerbilanz zu geschehen hat, ist ebenso der Parteidisposition

220 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 28; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 45. 221 Vgl. BGH v. 7.11.1994 – II ZR 270/93, BGHZ 127, 336 m.w.N.; BGH v. 13.2.2006 – II ZR 62/04, GmbHR 2006, 531; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 48; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 232 HGB Rz. 16.

198 | Kauffeld

Gewinn- und Verlustbeteiligung | Rz. 8.129 § 8

überlassen, wie die Festlegung des Gewinnverteilungsschlüssels und der Gewinnbeteiligungsmodalitäten (Rz. 8.8 ff.). Der stille Beteiligungsvertrag mit einer Aktiengesellschaft als Geschäftsinhaber unterliegt aufgrund der Gewinnbeteiligung des Stillen als (Teil-)Gewinnabführungsvertrag den §§ 291 ff. AktG (Rz. 8.18 ff.). Sein Abschluss bedarf daher der Zustimmung der Hauptversammlung (Rz. 8.25 ff.) und der Eintragung in das Handelsregister (Rz. 8.30). Die Auszahlung einer Festvergütung über den Gewinn hinaus stellt einen Verstoß gegen § 301 AktG dar (Rz. 8.31 ff.). Eine stille Beteiligung kann auch bei bestehendem Gewinnabführungsvertrag eingeräumt werden; es kommen aber Schadensersatzansprüche des herrschenden Unternehmens in Betracht (Rz. 8.35 f.). Auf die stille Beteiligung an einer GmbH sind die §§ 291 ff. AktG jedoch nicht anwendbar (Rz. 8.23 f.). Im Gesellschaftsvertrag kann bestimmt werden, dass der stille Gesellschafter nicht am Verlust beteiligt sein soll. Das kann auch stillschweigend geschehen, etwa dadurch, dass ihm ein Mindestgewinn garantiert wird (Rz. 8.37 ff.). Mit auf das Innenverhältnis beschränkter Wirkung kann die Teilnahme des Inhabers am Geschäftsverlust ausgeschlossen werden (Rz. 8.41). Seine Rechtsstellung dritten Personen gegenüber wird davon aber nicht berührt. Wird er von Geschäftsgläubigern in Anspruch genommen, ist ihm der stille Gesellschafter zum Ersatz seiner Aufwendungen verpflichtet. Die Prüfung, ob einem stillen Gesellschafter ein Anspruch auf Auszahlung eines Gewinnanteils zusteht, erfolgt dreistufig: Ermittlung der Bemessungsgrundlage, Bestimmung des Verteilungsschlüssels und Prüfung des Auszahlungsanspruchs (Rz. 8.42). Für Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die Bestimmung des Verteilungsschlüssels ist in erster Linie der Gesellschaftsvertrag maßgebend. Die gesetzlichen Vorschriften greifen nur ein, wenn es an einer vertraglichen Regelung fehlt. Anders als bei der offenen Handelsgesellschaft sind Gewinn und Verlust nicht nach Köpfen, sondern in einem den Umständen nach angemessenen Verhältnis zu verteilen (Rz. 8.49). Die Verteilung von Gewinn und Verlust in der stillen Gesellschaft bestimmt sich nach einer internen Rechnungslegung, die vom Inhaber durchzuführen ist. Als Grundlage der Gewinn- und Verlustberechnung kann gesellschaftsvertraglich entweder der handels- oder der steuerrechtliche Jahresabschluss des Inhabers bestimmt werden. In beiden Fällen sind Korrekturrechnungen vorzunehmen (Rz. 8.50 f.). Der stille Gesellschafter nimmt nur an dem Erfolg teil, der aus dem Betrieb des Handelsgewerbes stammt, an dem die stille Beteiligung besteht. An Werterhöhungen und Wertminderungen des Anlagevermögens sowie des Firmenwertes partizipieren typische stille Gesellschafter hingegen nicht, soweit diese Änderungen auf betriebsexternen Ursachen beruhen. Werden zulasten des Gewinns während der stillen Gesellschaft stille Reserven gelegt, so ist dies bei Berechnung des Abfindungsguthabens des stillen Gesellschafters angemessen zu berücksichtigen. Vertraglich kann vereinbart werden, dass der stille Gesellschafter atypisch an jeder Vermögensänderung des Handelsgeschäftes teilnimmt (Rz. 8.67 ff.).

Kauffeld | 199

8.129

§ 8 Rz. 8.129 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Was für die Berechnung des anteiligen Gewinns gilt, gilt sinngemäß für die Berechnung des anteiligen Verlustes, sofern nicht die Verlustbeteiligung durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen ist. Der stille Gesellschafter nimmt am Verlust nur bis zum Betrag seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage teil. Ist die Einlage durch Verluste vermindert worden, müssen künftige Gewinne zunächst zur Wiederauffüllung der Einlage bis zu ihrer anfänglichen Höhe verwendet werden. Erst dann erlangt der stille Gesellschafter seinen Gewinnauszahlungsanspruch wieder. Es handelt sich dabei um dispositives Recht, so dass trotz Minderung der Einlage eine Gewinnausschüttung möglich ist (vgl. aber § 136 InsO).

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§9 Errichtung der stillen Gesellschaft Schrifttum: Beuthien, Volker, Die atypische stille Gesellschaft – Ein Weg zu mehr Eigenkapital für eingetragene Genossenschaften?, NZG 2003, 849; Beyer-Petz, Ines, Der stille Gesellschafter in der Steuerberatungsgesellschaft – Berufsrechtliche Zulässigkeit, arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen, DStR 2008, 73; Blaurock, Uwe, Zur stillen Beteiligung mehrerer Personen an einer Apotheke, NJW 1972, 1119; Blaurock, Uwe, Vollzug der unentgeltlichen Zuwendung einer neu begründeten Unterbeteiligung, NZG 2012, 521; Bornemann, Alexander, Stille Publikumsgesellschaft im Spannungsfeld von Gesellschafts- und Bankenaufsichtsrecht, ZHR 166 (2002), 211; Brox, Hans, Die unentgeltliche Aufnahme von Kindern in eine Familien-Personengesellschaft, in Festschrift für Bosch, 1976, S. 75; Demgensky, Sascha/ Erm, Andreas, Der Begriff der Einlagen nach der 6. KWG-Novelle, WM 2001, 1445; Fichtelmann, Helmar, Stille Gesellschaft mit (minderjährigen) Kindern – Zivilrechtliche Problembereiche und deren steuerrechtliche Behandlung, EStB 2000, 202; Fischer, Robert, Fragen aus dem Recht der stillen Gesellschaft, JR 1962, 201; Florstedt, Tim, Der „stille Verband“, 2007; Gernhuber, Joachim/Coester-Waltjen, Dagmar, Lehrbuch des Familienrechts, 6. Aufl. 2010; Hueck, Alfred, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 4. Aufl. 1971; Hueck, Alfred, Die stille Beteiligung bei Handelsgesellschaften, in Festschrift für H. Lehmann, 1937, S. 239; Klamroth, Sabine, Zur Anerkennung von Verträgen zwischen Eltern und minderjährigen Kindern – Zivilrechtliche Gültigkeit und tatsächliche Durchführung als Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung, BB 1975, 525; Knopp, Werner, Gründung stiller Gesellschaften bei Beteiligung Minderjähriger, NJW 1962, 2181; Löhnig, Martin, Treuhand: Interessenwahrnehmung und Interessenkonflikte, Habil. 2006; Lutz, Alexander, Anmerkung zum BGH-Urteil v. 29.11.2011, MittBayNot 2012, 482; Nagel, Manfred, Familiengesellschaft und elterliche Gewalt, 1968; Natschke, Thomas, Die stille Gesellschaft als Gestaltungsinstrument, StB 1998, 181; Rosenau, Heinz, Beteiligung Minderjähriger an gesellschaftsrechtlichen Unternehmensformen, BB 1965, 1393; Rosenau, Heinz, Die Gründung einer stillen Gesellschaft mit Minderjährigen, BB 1969, 1080; Roth, Wulf-Henning, Nichtigkeit von Gesellschaftsverträgen bei Verstoß gegen das europäische Kartellverbot, in Grundmann et al. (Hrsg.), Festschrift für Klaus J. Hopt zum 70. Geburtstag am 24. August 2010, S. 2881; Schmidt, Harry, Stille Gesellschaft und AGB-Gesetz – Bemerkungen zum Urteil des BGH vom 10. Oktober 1994 (II ZR 32/94, Hamburg), ZHR 159 (1995), 734; Schmidt, Karsten, Konzernrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen für typische stille Beteiligungen an Kapitalgesellschaften – Zugleich zur systematischen Einordnung des Teilgewinnabführungsvertrags, ZGR 1984, 297; Schmidt, Karsten, RegisterUnfähigkeit der GmbH & Still, NZG 2014, 881; Schneider, Uwe H., Die Vertretung und die Mitwirkung der Gesellschafter bei der Gründung einer GmbH & Still – Der „Supermarkt-Beschluss“ und seine Bedeutung für die stille Gesellschaft, DB 1989, 713; Schubert, Claudia, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft und das Haustürwiderrufsrecht – Gesellschaftsrecht und Verbraucherschutz im Konflikt, WM 2006, 1328; Schulze-Osterloh, Joachim, Das Recht der Unternehmensverträge und die stille Beteiligung an einer Aktiengesellschaft, ZGR 1974, 427; Semler, Johannes, Vorfinanzierung zukünftigen Aktienkapitals durch stille Gesellschaften, in Festschrift für W. Werner, 1984, S. 855; Strnad, Oliver, Was gilt für Unterbeteiligungen nach der Suhrkamp-Entscheidung des BGH?, ZEV 2012, 394; Stürner, Rolf, Der lediglich rechtliche Vorteil, AcP 173 (1973), 402; Tiedtke, Klaus, Unentgeltliche Beteiligung eines Kindes als stiller Gesellschafter, DB 1977, 1064; Tiedtke, Klaus, Zur steuerlichen Anerkennung von stillen Beteiligungen minderjähriger Kinder – Eine Besprechung des BFH-Urteils vom 1979-12-19 I R 176/77, FR 1980, 421; Tiedtke, Klaus, Die schenkweise Zuwendung einer stillen Beteiligung an ein minderjähriges Kind – Zugleich eine Besprechung des Urteils des Bun-

Lamprecht | 201

§ 9 Rz. 9.1 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht desfinanzhofs vom 9.7.1987 IV R 95/85, BB 1988, 946; Weigl, Gerald, Anwendungs- und Problemfelder der stillen Gesellschaft, DStR 1999, 1568.

I. Errichtung durch Gesellschaftsvertrag 1. Bedeutung des Gesellschaftsvertrags

9.1 Die stille Gesellschaft entsteht – vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung – mit dem Wirksamwerden des Gesellschaftsvertrags. Dies gilt auch dann, wenn der stille Gesellschafter seinen Beitrag noch nicht geleistet oder der Inhaber den Betrieb seines Handelsgeschäfts noch nicht begonnen hat1. Eine Eintragung in das Handelsregister erfolgt grundsätzlich nicht2. 9.2 Der Gesellschaftsvertrag bildet angesichts der weitreichenden Gestaltungsfreiheit der Parteien die inhaltliche Grundlage der stillen Gesellschaft. Er ist bestimmend und richtungweisend für das gesellschaftsrechtliche Verhältnis des Inhabers und des stillen Gesellschafters und enthält die Vorschriften, die dieses Verhältnis regeln. Soweit er keine Vereinbarungen über die Beziehungen der Vertragspartner zueinander enthält, greifen ergänzend die §§ 230 ff. HGB und die §§ 705 ff. BGB ein – letztere jedoch nur insoweit, als sie mit dem Wesen der stillen Gesellschaft vereinbar sind3. Nicht anwendbar sind die Vorschriften, die voraussetzen, dass die Gesellschaft als eigenes Rechtssubjekt konstituiert ist und damit alle Bestimmungen zum Außenverhältnis der Gesellschaft4. Da die stille Gesellschaft keine Handelsgesellschaft ist, kann das Recht der Handelsgesellschaften, insbesondere das der OHG und KG, nicht einmal ergänzend zur Anwendung kommen5. 2. Wesentlicher Inhalt des Gesellschaftsvertrags

9.3 Durch den Gesellschaftsvertrag (siehe zu Vertragsmustern den IV. Teil (M 1, M 2); zum Inhalt näher Rz. 10.1 ff.) verpflichten sich der Inhaber des Handelsgeschäfts und der stille Gesellschafter, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten (vgl. § 705 BGB). Zu den wesentlichen Vertragspunkten (essentialia negotii), über die sich die Parteien zwingend zu einigen haben, gehört daher zunächst der gemeinsame Zweck. Er besteht in dem Streben nach Erzielung von Gewinn durch das von dem Geschäftsinhaber auf gemeinsame Rechnung betriebene Handelsgewerbe6. Ein gemeinsamer, jedoch nicht auf Gewinnerzielung gerichteter Zweck führt ebenso 1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 119; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 124. 2 Zur Rechtslage bei Aktiengesellschaften, vgl. Rz. 9.59. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 6; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 3. 4 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 76 Rz. 14. 5 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 20; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, 5. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 4. 6 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 13.

202 | Lamprecht

Errichtung der stillen Gesellschaft | Rz. 9.5 § 9

wenig zu einer stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB wie ein gemeinsames Streben nach Gewinn durch den Betrieb eines Unternehmens, das kein Handelsgewerbe (dazu Rz. 6.1 ff.) ist. Keine stille Gesellschaft liegt vor, wenn jeder Partner nur den eigenen Zweck verfolgt und einen Vertrag nur abschließt, um im Austausch für die eigene Leistung eine Gegenleistung zu erhalten, ohne sich zur gemeinschaftlichen Förderung eines den Eigeninteressen vorgehenden gemeinsamen Zwecks zu verpflichten (Rz. 9.7, 5.17 ff.). Darüber hinaus müssen die Parteien eines stillen Gesellschaftsvertrages (Rz. 6.1 ff.) und der Gegenstand der Beteiligung, d.h. das von einer Partei betriebene Handelsgewerbe als Ganzes oder zu einem abgrenzbaren Teil (Rz. 6.1 ff.), ebenso bestimmt sein wie die Beitragsleistung bzw. Einlage des stillen Gesellschafters (Rz. 7.1 ff.). Aus dem Gesellschaftsvertrag muss zudem erkennbar sein, dass sich die Gesellschaft auf das Innenverhältnis beschränkt und der stille Gesellschafter keine dingliche Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen erhält (Rz. 10.2). Die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters ist zwar zwingend (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB), kann hilfsweise aber auch nach § 231 Abs. 1 HGB festgelegt werden („den Umständen nach angemessener Anteil“), so dass eine Vereinbarung über die Art und den Schlüssel der Gewinnverteilung (Rz. 8.8 ff., 8.100 ff.) nicht zu den unabdingbaren Vertragspunkten gehört. 3. Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrags Die typische stille Gesellschaft ist noch mehr als die typische Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Schuldvertrag, bei dem die organisationsrechtlichen Elemente hinter der individuellen schuldrechtlichen Verpflichtung der Gesellschafter zurücktreten, weil die Gesellschaft nach außen hin nicht in Erscheinung tritt, von den Gesellschaftern in dinglicher Hinsicht kein Gesellschaftsvermögen gebildet wird und die Gesellschaft regelmäßig zweigliedrig ausgestaltet ist. Durch die schuldvertragliche Grundlage unterscheidet sich die stille Gesellschaft einerseits von den Körperschaften, die auf einem sozialrechtlichen Gesamtakt beruhen, und andererseits von der schlichten Rechtsgemeinschaft, die keinen Vertrag, sondern die Tatsache gemeinsamen Rechtserwerbs bzw. des gemeinsamen Haltens und Verwaltens eines Vermögensgegenstands zur Grundlage hat.

9.4

Insbesondere bei der typischen stillen Gesellschaft ist der Gesellschaftsvertrag seinem Wesen nach zwar vor allem Schuldvertrag, er enthält mit seinen gemeinschaftsbegründenden, sozial- und personenrechtlichen Regelungen aber auch organisationsrechtliche Elemente7. Wenn in § 705 BGB nur die schuldrechtliche Seite betont wird, so darf nicht übersehen werden, dass die Verpflichtung zur gegenseitigen Förderung eines gemeinsamen Zwecks auch den personenrechtlichen Zusammenschluss mit umfasst. Deshalb enthält der Gesellschaftsvertrag regelmäßig nicht nur Bestimmungen über die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Gesellschafter, sondern er regelt auch die Organisation, die mitgliedschaftlichen Rechte auf Mitwirkung, Aufsicht und Unterrichtung, auf Teilnahme am Gewinn und am Verlust, auf das Auseinandersetzungsguthaben sowie die Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses.

9.5

7 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 76 Rz. 6.

Lamprecht | 203

§ 9 Rz. 9.6 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

9.6 Umstritten ist, ob der Abschluss eines Gesellschaftsvertrags im Sinne von § 343 Abs. 1 HGB auf Seiten des Geschäftsinhabers „zum Betrieb seines Handelsgewerbes“ gehört8 oder als Organisationsakt generell vom Anwendungsbereich der §§ 343 ff. HGB ausgenommen ist9; ferner, inwieweit der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags in diesem Sinne generell als Organisationsakt einzustufen ist10. Je nachdem ist der stille Gesellschaftsvertrag auf Seiten des Inhabers stets und auf Seiten des stillen Gesellschafters dann ein Handelsgeschäft, wenn die stille Beteiligung dem Handelsgeschäft des stillen Gesellschafters dient. Vorzugsweise bedarf es insoweit einer differenzierenden Betrachtung: Auf gesetzestypisch ausgestaltete, kreditvertragsähnliche stille Beteiligungen sind die §§ 343 ff. HGB grundsätzlich anwendbar; hingegen scheidet ihre Anwendung auf stille Gesellschaften, deren Verfassung einer Innen-KG sich annähert, grundsätzlich aus. 9.7 Der Gesellschaftsvertrag, der seine rechtliche Grundlage in § 705 BGB hat, ist ein schuldrechtlicher Vertrag, aber kein gegenseitiger Vertrag i.S. der §§ 320 ff. BGB11. Wenn § 705 BGB den Inhalt des Gesellschaftsvertrags dahin umschreibt, dass sich die Gesellschafter „gegenseitig“ verpflichten, die Erreichung des gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten, so besagt das, dass aufgrund des Gesellschaftsvertrags jeder von dem anderen bestimmte Leistungen, die als „Beiträge“ bezeichnet werden, und darüber hinaus ein Verhalten verlangen kann, das die Erreichung des gemeinsamen Zwecks fördert. Das Wort „gegenseitig“ besagt aber nicht, dass jeder für sich Leistungen des anderen zu empfangen hätte, d.h. dass die Leistung des einen die Gegenleis8 So die früher h.L., die OHG- und KG-Verträge den §§ 343 ff. HGB aber ebenfalls nicht unterwarf – mit dem Argument, die Handelnden seien bei Vertragsschluss noch keine Kaufleute, vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, 38. Aufl. 2018, § 343 HGB Rz. 3. 9 So BGH v. 5.5.2011 – IX ZR 144/10, BGHZ 189, 299 Rz. 23. Das obiter dictum betraf ein Kooperationsverhältnis, das vom BGH im entschiedenen Fall gerade nicht als (Innen-)Gesellschaft, sondern als Austausch- und damit Handelsgeschäft eingestuft worden war. Unternehmensrechtliche Organisationsgeschäfte generell vom Begriff des Handelsgeschäfts ausnehmend Roth in Koller/Kindler/Roth/Drüen, 9. Aufl. 2019, § 343 HGB Rz. 6; Pamp in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 343 HGB Rz. 9. 10 Verträge über stille Gesellschaften i.S.v. § 343 HGB generell nicht als Organisationsakte und damit als Handelsgeschäft einstufend: Pamp in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 343 HGB Rz. 9. Zwischen stillen Beteiligungen als qualifizierten Kreditverhältnissen und auf Organisationsstatut beruhenden stillen Beteiligungen differenzierend K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 4. Aufl. 2019, § 343 HGB Rz. 7. 11 So auch RG v. 5.4.1935 – II 327/34, RGZ 147, 340 (342); RG v. 27.9.1938 – I 36/38, RGZ 158, 321 (326); OLG München v. 28.7.2000 – 23 U 4359/99, BB 2000, 2120 (2121); Habermeier in Staudinger, Neubearb. 2003, § 706 BGB Rz. 16 ff.; Schäfer in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2017, § 705 BGB Rz. 155 ff. und 163 ff.; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 121 (mit ausführlicher Darstellung des Streitstandes, Rz. 116 ff.; anders noch Zutt in der Vorauflage); Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl. 2017, § 6 Rz. 3 ff.; a.A. (allerdings mit starker Einschränkung bezüglich der Anwendbarkeit der §§ 320 ff. HGB); Grüneberg in Palandt, 78. Aufl. 2019, Einführung vor § 320 BGB Rz. 6; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 27 f.; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 76 Rz. 9; offengelassen: BGH v. 19.12.2005 – II ZR 234/04, ZIP 2006, 279; differenzierend K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 158 f.

204 | Lamprecht

Errichtung der stillen Gesellschaft | Rz. 9.18 § 9

tung für die Leistung des anderen wäre. Der Gesellschaftsvertrag ist nicht auf einen Leistungsaustausch, sondern auf eine Leistungsvereinigung zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks gerichtet. Für den Austauschvertrag ist kennzeichnend, dass er erfüllt ist, wenn die gegenseitigen Leistungen erbracht sind, wohingegen die durch die Begründung einer stillen Gesellschaft geschaffene Organisation die Gesellschafter auch noch und erst recht verbindet, wenn die Beiträge geleistet sind. Zur Anwendbarkeit der §§ 320 ff. BGB bei Störungen der Beitragsleistung vgl. Rz. 7.50 ff. 4. Abschluss des Gesellschaftsvertrags a) Beteiligte aa) Grundkonstellation Die Grundkonstellation bildet der Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags durch zwei voll geschäftsfähige natürliche Personen als Parteien einer zweigliedrigen Gesellschaft (zum Grundsatz der Zweigliedrigkeit Rz. 6.55). Diese können den Vertrag selbst und allein, d.h. ohne die Mitwirkung von gesetzlichen bzw. organschaftlichen Vertretern (Rz. 9.40 ff. bzw. Rz. 9.58 ff.) und/oder von (weiteren) Gesellschaftern (Rz. 9.58 ff.) wirksam abschließen, wobei es ihnen aber auch freisteht, bevollmächtigte Stellvertreter einzuschalten (dazu Rz. 9.55 ff.). Der Vertrag über eine derartige zweigliedrige Gesellschaft kommt dann grundsätzlich nach den allgemeinen Regelungen der §§ 145 ff. BGB und allenfalls der rechtsgeschäftlichen Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB, §§ 48 ff. HGB) zustande. frei

9.8

9.9– 9.17

bb) Besondere Konstellationen Besondere Konstellationen des Vertragsschlusses bestehen zunächst beim Abschluss durch Stellvertreter. So werden Geschäftsunfähige als Partei eines stillen Gesellschaftsvertrages durch ihre gesetzlichen Vertreter repräsentiert (dazu Rz. 9.40). Minderjährige über sieben Jahre (dazu Rz. 9.41 ff.) und Betreute unter Einwilligungsvorbehalt (dazu Rz. 9.44) können den Gesellschaftsvertrag zwar selbst schließen, bedürfen hierfür aber der Zustimmung (Einwilligung oder Genehmigung) ihres gesetzlichen Vertreters. Eine besondere Situation entsteht zudem vor allem dadurch, dass die im rechtsgeschäftlichen Verkehr verselbständigten Gesellschaften (Körperschaften, Personenhandelsgesellschaften, Außengesellschaften bürgerlichen Rechts, ggf. Erbengemeinschaften) als solche nicht rechtsgeschäftlich handeln können, sondern durch ihre Organe (dazu Rz. 9.58 ff.) oder durch bevollmächtigte Personen (dazu Rz. 9.55 f.) vertreten werden müssen. Auch voll geschäftsfähige natürliche Personen können schließlich einen Dritten mit der rechtsgeschäftlichen Vertretung beim Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags betrauen. In den Fällen der Testamentsvollstreckung, Nachlasspflegschaft und Insolvenzverwaltung können durch den Amtsvertreter hingegen keine stillen Gesellschaftsverträge abgeschlossen werden (Rz. 9.54). Im Übrigen kommt der Vertrag unter Mitwirkung des im fremden Namen eine eigene Willenserklärung abgebenden Vertreters bzw. seine Zustimmung erteilenden gesetzlichen Vertreters nicht allein nach den allgemeinen Regelungen der §§ 145 ff. BGB, sondern Lamprecht | 205

9.18

§ 9 Rz. 9.18 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

auch den allgemeinen (§§ 164 ff. BGB) und besonderen (teilweise familien-, handelsund gesellschaftsrechtlichen) Regeln der gesetzlichen, organschaftlichen und rechtsgeschäftlichen Stellvertretung zustande (dazu näher Rz. 9.35 ff.).

9.19 Eine zweite besondere Situation entsteht, wenn mehrere stille Gesellschafter abweichend vom Grundsatz der Zweigliedrigkeit (dazu Rz. 6.55) gemeinsam mit dem Geschäftsinhaber eine stille Gesellschaft bilden (sog. mehrgliedrige stille Gesellschaft). Das ist allerdings nicht schon dann der Fall, wenn sich mehrere stille Gesellschafter jeweils gesondert und sei es auch zur gleichen Zeit mit dem einen Geschäftsinhaber zu mehreren zweigliedrigen stillen Gesellschaften zusammenschließen (zur Mehrheit von sog. unverbunden zweigliedrigen stillen Gesellschaften Rz. 6.55 f.). Dies gilt auch, wenn sich die mehreren stillen Gesellschafter untereinander koordinieren (zur Mehrheit von sog. verbunden zweigliedrigen stillen Gesellschaften Rz. 6.57 ff.) oder eine von ihnen gegründete Gesellschaft zwischenschalten, die den zweigliedrigen stillen Gesellschaftsvertrag dann mit dem Geschäftsinhaber durch einen Stellvertreter abschließt (dazu Rz. 6.62; zur Stellvertretung von Gesellschaften Rz. 9.58 ff.) oder wenn der stille Gesellschafter eines zweigliedrigen stillen Gesellschaftsvertrages einen anderen an seiner stillen Beteiligung unterbeteiligt (dazu Rz. 6.63). Von einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft kann daher nur die Rede sein, wenn sich mehrere stille Gesellschafter durch einen einzigen Gesellschaftsvertrag koordiniert und durch ein einigendes gesellschaftsrechtliches Band mit dem Geschäftsinhaber verbunden an dessen Handelsgewerbe beteiligen (dazu Rz. 6.61)12. Der entsprechende Vertragsschluss muss nicht gemeinschaftlich am selben Ort und zur selben Zeit erfolgen, sodass auch ein Umlaufverfahren möglich ist bzw. der Qualifikation als mehrgliedrige Gesellschaft nicht entgegensteht. Möglich ist zudem die notwendige oder freiwillige Einschaltung von Stellvertretern (dazu Rz. 9.35 ff.). Die Aufnahme weiterer stiller Gesellschafter erfolgt nach personengesellschaftlichen Regeln durch Vertrag mit dem Geschäftsinhaber und allen anderen Stillen13. Eine Bevollmächtigung des Geschäftsinhabers bzw. seiner Organe zum Abschluss von Aufnahmeverträgen ist jedoch möglich (näher zur stillen Publikumsgesellschaft § 18)14. b) Vorvertrag

9.20 Der Inhalt eines erst künftig abzuschließenden Gesellschaftsvertrags kann in einem Vorvertrag, für dessen Formbedürftigkeit die gleichen Vorschriften wie für den Gesellschaftsvertrag selbst gelten, festgelegt werden. Er gibt den Beteiligten einen klagbaren Anspruch auf Abschluss des Gesellschaftsvertrags.

12 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 Rz. 27; BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/ 94, BGHZ 127, 176 (179); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 83 f.; a.A. RG v. 1.2.1890 – I 304/89, RGZ 25, 41 (45) und Reuter, NJW 1984, 1849 (1851); ausführlich zum früheren Streitstand Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 75 Rz. 24 f. 13 Zum Ganzen Florstedt, Der „stille Verband“, S. 30 ff.; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 80 ff. 14 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 84 a.E.

206 | Lamprecht

Errichtung der stillen Gesellschaft | Rz. 9.23 § 9

c) Konsensbildung Für den Austausch der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärungen der Parteien bzw. ihrer Stellvertreter gelten die allgemeinen Regelungen der §§ 145 ff. BGB. Die Lehre vom kaufmännischen Bestätigungsschreiben kann auch im Rahmen von Gesellschaftsverhältnissen anwendbar sein. Erforderlich ist, dass nicht nur der Inhaber, sondern auch der stille Gesellschafter Kaufmann ist bzw. ähnlich einem Kaufmann am Geschäftsleben teilnimmt und von ihm erwartet werden kann, dass er wie ein Kaufmann verfährt und einem Bestätigungsschreiben soweit erforderlich widerspricht. Die ausgetauschten Willenserklärungen müssen in allen objektiv wesentlichen Vertragspunkten übereinstimmen (zu den sog. essentialia negotii Rz. 9.3, 10.2) und der Bestätigende muss verständigerweise mit dem Einverständnis des anderen rechnen dürfen. Solange sich die Beteiligten zudem nicht über alle subjektiv wesentlichen Vertragspunkte, d.h. diejenigen Punkte geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur eines Partners eine Vereinbarung getroffen werden sollte, ist der Gesellschaftsvertrag im Zweifel nicht zustande gekommen (§ 154 Abs. 1 BGB). Eine Einigung nur über die objektiv wesentlichen Punkte genügt regelmäßig nicht, es sei denn, dass für die übrigen Punkte die gesetzliche Regelung vereinbart oder Feststellung durch ein Schiedsgericht, einen Dritten oder einen Gesellschafter vorgesehen ist (§§ 315 ff., 319 BGB).

9.21

Allerdings ist in Anlehnung an die Lehre von der Gesellschaft auf fehlerhafter Vertragsgrundlage ein kündbarer Gesellschaftsvertrag anzunehmen, wenn die Gesellschafter in Kenntnis des unvollständigen Gesellschaftsvertrags die Errichtung der Gesellschaft geplant und sich mit der Aufnahme der Tätigkeit vor einer vollständigen Vereinbarung einverstanden erklärt haben15. Bei fehlerhafter Vertragsgrundlage muss auch in diesem Fall nur nach § 723 BGB gekündigt werden, da die stille Gesellschaft selbst dann keine Handelsgesellschaft ist, wenn auch der stille Gesellschafter kraft Betriebs eines anderweitigen Handelsgewerbes oder kraft Gesellschaftsform Kaufmann sein sollte, sodass § 133 HGB (Notwendigkeit der Auflösungsklage) nicht zum Tragen kommt. Liegt ein versteckter Einigungsmangel vor, so gilt gemäß § 155 BGB das Vereinbarte, sofern anzunehmen ist, dass der Vertrag auch ohne eine Bestimmung über den Punkt, über den in Wirklichkeit keine Einigung besteht, geschlossen sein würde. Das wird regelmäßig angenommen werden können, wenn die Beteiligten den gemeinsamen Zweck in der vorgesehenen Weise verfolgen. Die tatsächliche Durchführung des Vertrags kann dann dahingehend ausgelegt werden, dass er nach dem Willen der Parteien im Übrigen Gültigkeit haben soll.

9.22

d) Zeitpunkt des Wirksamwerdens Grundsätzlich wird der Gesellschaftsvertrag im Zeitpunkt des Zugangs (siehe zum Zugang unter Abwesenden § 130 BGB) der letzten für sein Zustandekommen erfor15 Vgl. dazu allg. BGH v. 28.11.1953 – II ZR 188/52, BGHZ 11, 190 (192); vgl. dazu auch Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 76 Rz. 3 sowie ausführlich Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, 5. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 69 ff.

Lamprecht | 207

9.23

§ 9 Rz. 9.23 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

derlichen Willenserklärung wirksam. Eine gesetzliche Ausnahme bildet die stille Gesellschaft an einer Aktiengesellschaft, welche als Unternehmensvertrag erst mit der Zustimmung der Hauptversammlung und der konstitutiven Eintragung in das Handelsregister wirksam wird (§ 293 Abs. 1 Satz 1, § 294 Abs. 2 AktG). Außerdem kann durch Parteivereinbarung eine Befristung (künftiges gewisses Ereignis) oder aufschiebende Bedingung (künftiges ungewisses Ereignis) für das Inkrafttreten des Gesellschaftsvertrags vorgesehen werden16. So kommt es in der Praxis nicht selten vor, dass der persönlich haftende Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft zugunsten seiner Kinder eine stille Beteiligung eingeht, die mit seinem Tode wirksam werden soll (Befristung), wobei als Einlage der künftigen stillen Gesellschafter das gelten soll, was dem Ausgeschiedenen als Abfindung zugekommen wäre. Vereinbarungen, dass der Gesellschaftsvertrag rückwirkend ab einem bestimmten, in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt Gültigkeit haben soll, sind handelsrechtlich zulässig17. Steuerlich werden sie jedoch grundsätzlich nicht anerkannt (Rz. 20.12)18. 5. Mängel des Gesellschaftsvertrags a) Formmängel aa) Formerfordernisse

9.24 Der Abschluss des Gesellschaftsvertrags ist grundsätzlich formfrei möglich. Er kann daher auch stillschweigend durch schlüssiges Handeln zustande kommen19. Es empfiehlt sich jedoch in jedem Falle aus Gründen der Beweissicherung, den Vertrag zumindest privatschriftlich abzufassen. Nur so lassen sich Meinungsverschiedenheiten über seinen Inhalt – insbesondere die Gewinn- und Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters – soweit wie nur irgend möglich ausschließen. Auch die steuerliche Anerkennung des stillen Gesellschaftsverhältnisses kann voraussetzen, dass der Gesellschaftsvertrag schriftlich geschlossen worden ist. Der Einhaltung einer bestimmten Form bedarf es nur ausnahmsweise aufgrund spezieller Vorschriften: (1) Grundstücksbezogene Verpflichtungen

9.25 Nach § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB bedarf die Verpflichtung zur Übertragung und zum Erwerb von Grundstücken der notariellen Beurkundung. Verpflichtet sich etwa der stille Gesellschafter zur Übertragung eines Grundstücks in das Vermögen des Geschäftsinhabers oder der Geschäftsinhaber zur Übertragung des Eigentums an einem 16 Wedemann in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 50; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, 3. Aufl. 2014, § 230 HGB Rz. 20; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 124. 17 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 119. 18 BFH v. 12.5.2016 – IV R 27/13, BFH/NV 2016, 1559 Rz. 34; BFH v. 5.3.1981 – IV R 150/ 76, BFHE 132, 563; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 119. 19 BFH v. 16.5.2018 – VI R 45/16, BFHE 261, 508 = BStBl. II 2019, 60 Rz. 19 m.w.N.; Roth in Baumbach/Hopt, 38. Aufl. 2018, § 230 HGB Rz. 10; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 95; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 18.

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Errichtung der stillen Gesellschaft | Rz. 9.27 § 9

Grundstück an den stillen Gesellschafter nach Auflösung der Gesellschaft, so bedarf der Vertrag der notariellen Beurkundung20. Sind der Inhaber und der stille Gesellschafter Miteigentümer eines zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücks und soll für den Fall der Auflösung der Gesellschaft der Anteil des einen an den das Handelsgeschäft weiterführenden Gesellschafter übertragen werden, so ist auch hier die Formvorschrift des § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB zu beachten. Die Einhaltung der gleichen Form ist erforderlich, wenn der Gesellschaftsvertrag die schuldrechtliche Verpflichtung zur Veräußerung von Grundstücken an Dritte enthält. Der Formmangel wird geheilt, wenn die in den Formvorschriften vorgesehenen Handlungen vorgenommen werden (§ 311b Abs. 1 Satz 2 BGB). Keiner Beurkundung bedarf der Gesellschaftsvertrag hingegen aufgrund der bloßen Tatsache, dass sich im Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers ein Grundstück befindet, weil durch die Errichtung der stillen Gesellschaft die Rechtszuständigkeit des Inhabers keine Änderung erfährt, insbesondere kein Gesamthandsvermögen entsteht21. Die notarielle Beurkundung ist grundsätzlich22 auch entbehrlich, wenn sich ein Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag bloß zur Belastung eines Grundstücks verpflichtet, weil diese Verpflichtung weder von § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB23 noch von § 873 Abs. 2 BGB24 erfasst wird. Verpflichtet sich der stille Gesellschafter nur zur Gebrauchsüberlassung (Rz. 7.31 f.) oder zur Einbringung quoad sortem (Rz. 7.36 f.) eines in seinem Alleineigentum stehenden Grundstücks, so ist § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB mangels einer Eigentumsübertragung nicht anwendbar. Etwas anderes gilt dagegen, wenn sich der stille Gesellschafter verpflichtet, das Eigentum an dem zunächst nur zur Benutzung überlassenen Grundstück auf den Inhaber zu übertragen, wenn das Geschäft eine Reihe von Jahren ohne Verlust gearbeitet hat. Hier ist § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB wiederum einschlägig.

9.26

(2) Schenkungsversprechen und Verfügungen von Todes wegen Gemäß § 518 Abs. 1 BGB beurkundungspflichtig ist das Eingehen einer stillen Gesellschaft, wenn es mit einem formbedürftigen Schenkungsversprechen verbunden wird. Wird versprochen, die Einlage in eine stille Gesellschaft schenkweise einzubringen, erstreckt sich die Formbedürftigkeit dieses Schenkungsversprechens auch auf den Ge-

20 Vgl. BFH v. 18.3.2005 – II R 19/02, BFH/NV 2005, 1368 Rz. 9 m.w.N. 21 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 125; Roth in Baumbach/ Hopt, 38. Aufl. 2018, § 230 HGB Rz. 10. 22 Ausnahmen bilden die Verpflichtung zur Bestellung eines Erbbaurechts (§ 11 Abs. 2 ErbbauRG) und eines dinglichen Vorkaufsrechts (dazu nur Grüneberg in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 311b BGB Rz. 11). 23 Siehe nur Grüneberg in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 311b BGB Rz. 7. 24 § 873 Abs. 2 BGB betrifft nur die dingliche Verfügung und auch insoweit ist die Beurkundung der dinglichen Einigung oder die Abgabe der Erklärungen vor dem Grundbuchamt oder deren Einreichung beim Grundbuchamt oder die Aushändigung einer entsprechenden Eintragungsbewilligung durch den Berechtigten nur erforderlich, damit eine Bindung an die dingliche Einigung gegeben ist.

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9.27

§ 9 Rz. 9.27 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

sellschaftsvertrag25. Gleiches gilt, wenn eine Forderung freigiebig zugewendet wird, mit welcher der Beschenkte seine Einlageverpflichtung aus einer im Schenkungsvertrag avisierten Beteiligung an einer stillen Gesellschaft bewirken soll26. Nach früherer Rechtsprechung des BGH sollte in diesen Fällen die Zuwendung der Einlage keine Bewirkung der Schenkung i.S.v. § 518 Abs. 2 BGB darstellen mit der Folge, dass das stille Gesellschaftsverhältnis nicht fehlerfrei zustande kommt27. Für die Zuwendung von Anteilen an Innengesellschaften, mit denen mitgliedschaftliche Rechte verbunden sind, hat der BGH diese – von der Literatur seit jeher kritisierte – Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben28. Der BFH hat sich dieser Auffassung angeschlossen29 und die Überzeugung geäußert, dass die Rechtsprechungsänderung des BGH gleichermaßen für atypische wie für typische stille Gesellschaften gelten müsse30. Zutreffenderweise ist daher davon auszugehen, dass die alte Rechtsprechung des BGH generell aufgegeben ist und bei sämtlichen stillen Gesellschaften und sonstigen Innengesellschaften eine Heilung einer fehlenden notariellen Beurkundung gem. § 518 Abs. 2 BGB möglich ist31. Allerdings wird dies in der Literatur nicht durchweg so gesehen32. Solange keine abschließende Rechtsprechung des BGH in dieser Hinsicht vorliegt, muss die Kautelarjurisprudenz daher entscheiden, ob sie bei schenkweiser Einräumung einer stillen Gesellschaft nicht vorsorglich doch die notarielle Form einhält. Die Beachtung dieser Form ist jedenfalls erforderlich, wenn die Schenkung im Wege der Einbuchung nicht zeitgleich vollzogen werden kann oder soll. Formfrei ist die Zuwendung einer stillen Beteiligung in jedem Fall, wenn sie auf Grund einer Ausstattung i.S. von § 1624 BGB erfolgt. Wird die stille Beteiligung durch Vermächtnis zugewendet, hat der Begünstigte einen schuldrechtlichen Anspruch auf Einräumung der stillen Beteiligung. Im Rahmen der Erfüllung dieses Anspruchs bedarf das Eingehen einer stillen Beteiligung nur dann der Beurkundung, wenn über die – formfreie – Erfüllung des Vermächtnisses hinaus eine schenkweise Übertragung erfolgt. (3) Sonstige bedeutsame Formerfordernisse

9.28 Die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags ist weiterhin notwendig, wenn sich der stille Gesellschafter in ihm zur Übertragung seines gegenwärtigen Vermögens oder eines Bruchteils seines gegenwärtigen Vermögens (§ 311b Abs. 3 BGB) verpflichtet. Ebenfalls der notariellen Form bedarf jegliche Verpflichtung zur Abtretung

25 26 27 28 29 30 31 32

BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, BFHE 246, 349 Rz. 19 m.w.N. = GmbHR 2014, 1278. BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, BFHE 246, 349 Rz. 19 a.E. = GmbHR 2014, 1278. BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 Rz. 13. BGH v. 29.11.2011 – II ZR 306/09, BGHZ 191, 354 Rz. 21 ff. (mit Darstellung der Entwicklung des Rechts- und Meinungsstands). BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, BFHE 246, 349 Rz. 20 ff. (mit Darstellung der Entwicklung des Rechts- und Meinungsstands) = GmbHR 2014, 1278. BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, BFHE 246, 349 Rz. 25 = GmbHR 2014, 1278. Blaurock, NZG 2012, 521 (524). Eine Differenzierung innerhalb der Innengesellschaften befürwortend Strnad, ZEV 394 (398); Lutz, MittBayNot 2012, 482 (483).

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Errichtung der stillen Gesellschaft | Rz. 9.30 § 9

eines GmbH-Anteils (§ 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG)33. Auch bei der Abtretung eines GmbH-Anteils wird der Formverstoß durch Vollzug geheilt (§ 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG)34, der aber seinerseits notarieller Form bedarf (§ 15 Abs. 3 GmbHG). Ein Schriftformerfordernis besteht zudem unabhängig von seinem konkreten Inhalt für den stillen Gesellschaftsvertrag mit einer AG oder KGaA nach § 293 Abs. 3 AktG (zur Qualifikation der stillen Gesellschaft als Unternehmensvertrag i.S. der §§ 291 ff. AktG näher Rz. 8.18 ff.). bb) Rechtsfolgen von Formmängeln Ist die vorgeschriebene Form nicht beachtet und der Formmangel nicht geheilt worden, so ist im Zweifel der ganze Gesellschaftsvertrag fehlerhaft (Rz. 11.2 ff.). Bei der Wichtigkeit, die den formgeschützten Verträgen im Allgemeinen zukommt, wird man in der Regel davon ausgehen müssen, dass der Gesellschaftsvertrag ohne den nichtigen Teil nicht abgeschlossen worden wäre (§ 139 BGB; siehe dazu auch Rz. 11.2 ff.). Um Zweifeln nach Möglichkeit aus dem Wege zu gehen, empfiehlt es sich, in den Gesellschaftsvertrag eine salvatorische Erhaltungsklausel des Inhalts aufzunehmen, dass seine Wirksamkeit im Falle der Nichtigkeit einzelner (ggf. bestimmt bezeichneter) Bestimmungen im Übrigen nicht berührt werden soll35. Eine solche Klausel stellt eine wirksame Abbedingung der dispositiven Regelung des § 139 BGB dar. Sie schließt die Gesamtnichtigkeit zwar nicht definitiv aus, führt aber zu einer Umkehrung der Vermutung des § 139 BGB in ihr Gegenteil, sodass die Nichtigkeit des gesamten Vertrags nur dann eintritt, wenn die Aufrechterhaltung des Rechtsgeschäfts im Einzelfall von dem durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen wird36.

9.29

b) Willensmängel Das Wirksamwerden des Gesellschaftsvertrags kann schließlich durch Willensmängel vereitelt werden. Ist die Beitrittserklärung eines Gesellschafters wegen Geschäftsunfähigkeit oder beschränkter Geschäftsfähigkeit (§§ 104 bis 113 BGB) oder aus einem anderen Grunde (§§ 116 bis 118 BGB) nichtig, so hat das regelmäßig die Fehlerhaftigkeit des Gesellschaftsvertrags zur Folge. Ferner können die Parteien ihre Willenserklärungen wegen Irrtums (§§ 119 bis 122 BGB) oder wegen arglistiger Täuschung bzw. Drohung (§ 123 BGB) mit Wirkung ex tunc (§§ 142 f. BGB) anfechten. In sämtlichen Fällen sind dann die von der Rechtsprechung und Lehre entwickelten Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft zu prüfen (Rz. 11.2 ff.).

33 34 35 36

Vgl. BGH v. 15.3.2010 – II ZR 84/09, MDR 2010, 821 Rz. 7. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 96. Vgl. dazu auch Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 76 Rz. 23. BGH v. 15.3.2010 – II ZR 84/09, NJW 2010, 1660.

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9.30

§ 9 Rz. 9.31 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

c) Inhaltsmängel aa) Verstöße gegen zwingende Vorschriften des Gesellschaftsrechts

9.31 Die gesellschaftsvertraglichen Regelungen sind zunächst aus inhaltlichen Gründen unwirksam, wenn sie gegen zwingende gesellschaftsrechtliche Bestimmungen verstoßen (§ 134 BGB). Das Gesetzesrecht der stillen Gesellschaft ist jedoch weitgehend dispositiv. Außerdem führt die Missachtung der zwingenden Wesensmerkmale der stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB (Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks durch Beitragsleistung nach § 230 Abs. 1 HGB i.V.m. § 705 BGB, Beteiligung an einem nach § 230 Abs. 1 Betrieb eines Handelsgewerbes durch den Geschäftsinhaber, Gewinnbeteiligung des Stillen nach § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB) nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages, sondern nur zur Umqualifikation des Vertrags als partiarisches Austauschverhältnis bzw. BGB-Gesellschaft. Neben etwaigen auch den Gesellschaftsvertrag berührenden Formvorschriften (dazu Rz. 9.25 ff.) sind nur die ohnehin beschränkten Informations- und Kontrollrechte des stillen Gesellschafters nach §§ 233, 235 Abs. 3 HGB (näher Rz. 12.43 ff.) und das Kündigungsrecht (vgl. § 723 Abs. 3 BGB; näher Rz. 14.20 ff.) generell zwingend. Die stille Beteiligung an einer Aktiengesellschaft ist zudem als Unternehmensvertrag nur wirksam, wenn die Hauptversammlung der schriftlichen Vereinbarung auf der Grundlage eines geprüften Berichts zustimmt und der Vertrag in das Handelsregister eingetragen wird (§§ 293 ff. AktG; dazu Rz. 8.18 ff.). bb) Verstöße gegen die guten Sitten

9.32 Der stille Gesellschaftsvertrag ist zudem nichtig, wenn er den guten Sitten zuwiderläuft (§ 138 BGB). Eine inhaltliche Grenze der Vertragsfreiheit bildet daher etwa die sittenwidrige Knebelung eines Gesellschafters durch den Ausschluss der Gewinnbeteiligung des Geschäftsinhabers (für den Stillen vgl. § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB) bei Fortbestand der Verlusttragung37 oder bei übermäßigen Einschränkungen des Kündigungsrechts des Stillen („Einmauerungsverbot“). Da im Falle der Sittenwidrigkeit gewichtige Interessen der Allgemeinheit berührt sind, sind zumindest die einzelnen Klauseln und unter Umständen der gesamte Vertrag von Anfang an nichtig (zur Teilnichtigkeit und salvatorischen Klauseln siehe Rz. 9.29). Die Anerkennung einer fehlerhaften Gesellschaft kommt bei Sittenwidrigkeit nicht in Betracht (dazu näher Rz. 11.19 ff.). cc) Verstöße gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

9.33 Handelt es sich bei dem stillen Gesellschaftsvertrag oder seinen Anhängen um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S. des § 305 Abs. 1 BGB, stellt sich die Frage der Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB. Zwar sind nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB Gesellschaftsverträge vom Anwendungsbereich der Vorschriften über die Einbeziehungs-, Auslegungs- und Inhaltskontrolle von AGB ausdrücklich ausgenommen, doch ist die Geltung von § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB für die stille Gesellschaft umstritten. So wird 37 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 40.

212 | Lamprecht

Errichtung der stillen Gesellschaft | Rz. 9.34 § 9

bisweilen gleichwohl von einer prinzipiellen Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB ausgegangen, wenn wie bei der typischen stillen Gesellschaft das schuldrechtliche Element überwiegt und eine Verwandtschaft zum partiarischen Darlehen gegeben ist38. Der Begriff „Gesellschaftsrecht“ des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB ist jedoch weit zu verstehen und daher auch auf die stille Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB anwendbar39. Auch eine teleologische Reduktion der Vorschrift kommt weder hinsichtlich der typischen noch gar der atypischen stillen Gesellschaft in Betracht, da es sich bei dem Gesellschaftsvertrag auch bei typischer Ausgestaltung nicht um einen reinen Austauschvertrag handelt. Außerdem unterliegen die von einem Geschäftsinhaber für eine Vielzahl von Gesellschaftsverträgen mit stillen Gesellschaftern vorformulierten Vertragsbedingungen insbesondere nach §§ 242 und 315 BGB sowie §§ 134 und 138 BGB einer ähnlichen objektiven Auslegung und Inhaltskontrolle wie AGB40. Dadurch werden die Unanwendbarkeit des AGB-Rechts kompensiert und die stillen Gesellschafter hinreichend geschützt41. Zwar können von der Gegenansicht Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen partiarischem Austauschvertrag und typischem stillem Gesellschaftsvertrag ins Feld geführt werden42, doch bestehen solche Abgrenzungsschwierigkeiten auch bei einer Differenzierung zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften. 6. Widerruf des Gesellschaftsvertrags Wenn dem stillen Gesellschafter beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags die Eigenschaft eines Verbrauchers zukommt, kann ihm bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen unter den allgemeinen Voraussetzungen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB43 zustehen (§ 312g Abs. 1 i.V.m. §§ 312b, 312c BGB)44. Ein für die Anwendbarkeit dieser Widerrufsrechte nach § 312 Abs. 1 BGB erforderliches entgeltliches Geschäft liegt aber nur dann vor, wenn bei der stillen Beteiligung nicht die Mitgliedschaft in der Innengesellschaft, sondern die Kapi-

38 Harry Schmidt, ZHR 159 (1995), 734 (744); Hubert Schmidt in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl. 2013, § 310 BGB Abs. 4 Rz. 11 (insbesondere bei Einschränkung von Zustimmungsrechten des stillen Gesellschafters); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 124; Ulmer/Schäfer in Ulmer/Brandner/Hensen, § 310 BGB Rz. 128 f. 39 So auch BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, ZIP 1994, 1847 (1849); KG v. 17.2.2004 – 14 U 334/02, KGR Berlin 2004, 477. 40 BGH v. 13.9.2004 – II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095. 41 BGH v. 5.7.2018 – IX ZR 139/17, MDR 2018, 1276 Rz. 17; BGH v. 27.11.2000 – II ZR 218/00, NJW 2001, 1270 (1271); BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, ZIP 1994, 1847 (1849); Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 76 Rz. 10; Goette, DStR 1995, 108; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 136; teilweise ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 125. 42 So etwa K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 124. 43 Zum Widerrufsrecht nach Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie (RL 2011/83/EU) in das deutsche Recht Wendehorst, NJW 2014, 577 ff. 44 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, DB 2005, 332; KG v. 17.2.2004 – 14 U 334/02, KGR Berlin 2004, 477.

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9.34

§ 9 Rz. 9.34 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

talanlage im Vordergrund steht (näher Rz. 18.61 ff.)45. Für die Rückabwicklung nach Widerruf finden die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft Anwendung (dazu Rz. 11.2 ff.)46. Die Widerrufsbelehrung hat auch einen Hinweis darauf zu enthalten, dass im Falle des Widerrufs die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft zur Anwendung gelangen47.

II. Besonderheiten der Errichtung durch Vertreter 1. Allgemeine Probleme des Vertragsschlusses durch Stellvertreter a) Missbrauch der handelsrechtlichen Vertretungsmacht

9.35 Der aus Gründen des Verkehrsschutzes typisierte Umfang der organschaftlichen Vertretungsmacht (§ 126 HGB, § 82 AktG, § 37 GmbHG, § 27 GenG, § 7 Abs. 3 PartGG) und der handelsrechtlichen Vollmachten (§§ 49 f., 54 HGB) kann in der Person des Vertreters zu einer Diskrepanz zwischen gesetzlichem Können im Außenverhältnis und vertraglich geregeltem Dürfen im Innenverhältnis führen. Bei internen Beschränkungen der Vertretungsmacht besteht dann eine nicht unerhebliche Missbrauchsgefahr, welche sich auch auf die Wirksamkeit des Abschlusses von stillen Gesellschaftsverträgen auswirken kann. In Zusammenhang mit stillen Gesellschaften wird in der Literatur vor allem der Fall erörtert, dass der gesetzliche Vertreter einer Gesellschaft einem stillen Gesellschafter evident objektiv unangemessene Vermögensrechte einräumt48. 9.36 Zwar können die intern zwischen Einzelkaufmann bzw. Gesellschaft und Vertreter festgelegten Grenzen nach den genannten Vorschriften einem Dritten im Außenverhältnis grundsätzlich nicht entgegengehalten werden, so dass der stille Gesellschaftsvertrag in der Regel auch dann wirksam ist, wenn der Vertreter hierzu im Innenverhältnis nicht befugt war, da der zwingend definierte Umfang der Vertretungsmacht eines organschaftlichen Vertreters oder eines Prokuristen bzw. Handlungsbevollmächtigten das entsprechende Geschäft grundsätzlich deckt (dazu näher Rz. 9.55 ff.). Die wichtigste gesetzlich anerkannte Ausnahme von diesem Grundsatz bildet die Gesamtvertretung, welche auch dann, wenn sie nicht die dispositive gesetzliche Regel darstellt (vgl. § 78 Abs. 2 Satz 1 AktG, § 35 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, § 25 Abs. 1 Satz 1 GenG), von den Parteien vereinbart werden kann (§ 125 Abs. 2 Satz 1 HGB, § 7 Abs. 3 PartGG, § 278 Abs. 2 i.V.m. § 161 Abs. 2, § 125 Abs. 2 Satz 1 HGB). Die Möglichkeit, die Vertretungsmacht eines Prokuristen auf den Wirkungskreis der Hauptniederlassung oder einer Zweigniederlassung zu beschränken (sog. Filialprokura nach § 50 Abs. 3 HGB), so dass dieser dann auch eine stille Beteiligung vertretungsweise nur an 45 Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, 5. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 64; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 27. 46 BGH v. 18.3.2014 – II ZR 119/13, NJW 2014, 2022 Rz. 11 m.w.N. 47 BGH v. 18.3.2014 – II ZR 119/13, NJW 2014, 2022 Rz. 11. 48 Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, 5. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 46; K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (311); Langenbucher in K. Schmidt/Lutter, § 292 AktG Rz. 19 (für Teilgewinnabführungsvertrag).

214 | Lamprecht

Errichtung der stillen Gesellschaft | Rz. 9.38 § 9

der betreffenden Niederlassung einräumen könnte, spielt demgegenüber eine untergeordnete Rolle. Andere einschränkende Vereinbarungen sind grundsätzlich nur im Innenverhältnis zwischen Vertreter und Prinzipal von Bedeutung. Ein Dritter muss sie nur dann ausnahmsweise gegen sich gelten lassen, wenn es sich um einen offensichtlichen Missbrauch der Vertretungsmacht handelt. Nach teilweise vertretener Ansicht ist ein Missbrauch der Vertretungsmacht entsprechend dem Wortsinn nur dann gegeben, wenn sich der Vertreter der Pflichtwidrigkeit seines Handelns bewusst ist49. Richtigerweise sollte es jedoch nicht auf die einem Erklärungsgegner nicht erkennbare innere Einstellung des Vertreters, sondern allein auf die objektive Pflichtwidrigkeit und die Bösgläubigkeit des Dritten ankommen50. Danach muss sich die Berufung des Partners des stillen Gesellschaftsvertrages auf die Vertretungsmacht im konkreten Fall wegen seiner Bösgläubigkeit als ein Verstoß gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben darstellen (§§ 138 und 242 BGB). Dies ist zunächst bei einem arglistigen Zusammenwirken zwischen Vertreter und Geschäftspartner zum Nachteil des Prinzipals (sog. Kollusion) und bei positiver Kenntnis des Geschäftspartners vom Missbrauch der Vertretungsmacht gegeben. Außerdem kann sich der Partner eines stillen Gesellschaftsvertrages auch dann nicht auf die Vertretungsmacht berufen, wenn er von den im Innenverhältnis bestehenden Grenzen der Vertretungsmacht zwar keine Kenntnis hatte, seine Unkenntnis jedoch auf grober Fahrlässigkeit beruhte, weil der Missbrauch offensichtlich zu Tage trat (sog. Evidenztheorie)51. Erforderlich sind daher massive Verdachtsmomente für einen Missbrauch52. Anderenfalls würde der von §§ 49 f., 54, 126 HGB, § 82 AktG, § 37 GmbHG, § 27 GenG und § 7 Abs. 3 PartGG bezweckte Verkehrsschutz zu sehr unterlaufen. Handelt der Vertreter ersichtlich und objektiv zum Nachteil des Prinzipals, so ist dies ein Indiz dafür, dass sich der Missbrauch dem Geschäftspartner hat aufdrängen müssen53.

9.37

Die Rechtsfolgen eines Missbrauchs der Vertretungsmacht sind umstritten. Nach einer Auffassung handelt der Vertreter zwar im Außenverhältnis mit Vertretungsmacht, doch kann der Prinzipal dem Geschäftspartner, der sich auf die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrags beruft und etwa einen vertraglichen Erfüllungsanspruch geltend macht, den Einwand der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB bei Kollusion) bzw. des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB bei Kenntnis oder Evidenz) entgegenhalten54. Teilwei-

9.38

49 So für den Missbrauch der Prokura BGH v. 3.10.1989 – XI ZR 154/88, NJW 1990, 384 (385); Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 12 Rz. 37. 50 So auch für die einfache rechtsgeschäftliche Vollmacht BGH v. 18.5.1988 – IVa ZR 59/ 87, NJW 1988, 3012 (3013) und für die organschaftliche Vertretungsmacht BGH v. 14.3.1988 – II ZR 211/87, NJW 1988, 2241 (2243) sowie für die Prokura K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Aufl. 2014, § 16 Rz. 73. 51 Siehe dazu generell für Fälle des Missbrauchs nur BGH v. 25.10.1994 – XI ZR 239/93, BGHZ 127, 239 (241) und BGH v. 29.6.1999 – XI ZR 277/98, NJW 1999, 2883 f.; sich hingegen sogar mit einer den gebotenen Verkehrsschutz missachtenden einfachen Fahrlässigkeit begnügend BGH v. 25.3.1968 – II ZR 208/64, BGHZ 50, 112 (114). 52 Vgl. dazu den Fall BGH v. 29.6.1999 – XI ZR 277/98, NJW 1999, 2883 f. 53 Vgl. für einen GmbH-Geschäftsführer BGH v. 19.6.2006 – II ZR 337/05, ZIP 2006, 1391. 54 So etwa BGH v. 25.3.1968 – II ZR 208/64, BGHZ 50, 112 (114 f.).

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§ 9 Rz. 9.38 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

se wird dieser Einwand als Einrede betrachtet55, so dass der entsprechende Anspruch des Geschäftspartners nur dann nicht durchsetzbar ist, wenn der Vertretene, dem damit im Ergebnis nach Art von § 177 Abs. 1 BGB ein Wahlrecht zusteht, die Einrede erhebt. Nach allgemeiner Dogmatik müsste der Einwand des Rechtsmissbrauchs bzw. der Sittenwidrigkeit jedoch von Amts wegen beachtet werden. Nach h.L. steht das missbräuchliche Vertreterhandeln hingegen einem Handeln ohne Vertretungsmacht gleich. Die Rechtsfolgen des Vertreterhandelns bestimmen sich nach dieser Ansicht mithin in Analogie zu den §§ 177 ff. BGB56. b) Insichgeschäfte

9.39 Nach § 181 BGB kann ein Vertreter ein Rechtsgeschäft im Namen des Prinzipals mit sich im eigenen Namen (sog. Selbstkontrahieren) oder mit sich als Vertreter eines Dritten (sog. Mehrvertretung) nur vornehmen, wenn ihm dies besonders gestattet ist (vgl. auch Rz. 9.45). Ausnahmen hiervon gelten nur dann, wenn das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht oder wenn es für den Vertretenen lediglich rechtlich vorteilhaft ist57. Die Regelung gilt auch für sämtliche gesetzliche Vertreter von Gesellschaften. Der Anwendungsbereich dieser Norm ist daher grundsätzlich eröffnet, wenn Eltern oder Vertreter von Gesellschaften, zwischen sich und den von ihnen vertretenen Personen ein stilles Gesellschaftsverhältnis eingehen wollen. Bei Gesellschaften ist die Gestattung des Insichgeschäfts von dem Organ auszusprechen, welches den gesetzlichen Vertreter bestellt. Handelt der Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer einer GmbH, entnimmt die Rechtsprechung § 35 Abs. 3 GmbHG hierfür das Erfordernis, dass die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB in der Satzung geregelt und daher zu ihrer Wirksamkeit im Handelsregister eingetragen sein muss. Über das Insichgeschäft mit einem Alleingesellschafter ist zudem unverzüglich eine Niederschrift aufzunehmen; nach § 35 Abs. 3 Satz 2 GmbHG gilt dies auch dann, wenn der Handelnde nicht zugleich alleiniger Geschäftsführer ist. 2. Der Vertragsschluss unter Mitwirkung gesetzlicher Vertreter a) Fälle der notwendigen Mitwirkung eines gesetzlichen Vertreters aa) Gesellschafterstellung von geschäftsunfähigen natürlichen Personen

9.40 Ist einer der Vertragspartner geschäftsunfähig i.S. des § 104 BGB, so hat für ihn der gesetzliche Vertreter den Gesellschaftsvertrag abzuschließen (vgl. § 105 Abs. 1 BGB). So müssen insbesondere Kinder unter sieben Jahren beim Vertragsschluss von ihren Eltern (§ 1626 Abs. 1, § 1629 Abs. 1, 2 BGB) oder hilfsweise einem Vormund (§ 1793 Abs. 1 Satz 1 BGB) vertreten werden.

55 Löhnig, Treuhand, S. 655. 56 Zum Ganzen Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 12 Rz. 40 ff. und K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Aufl. 2014, § 16 Rz. 67 ff. 57 Vgl. zu letzteren Ausnahme BGH v. 27.9.1972 – IV ZR 225/69, BGHZ 59, 236 Rz. 11.

216 | Lamprecht

Errichtung der stillen Gesellschaft | Rz. 9.43 § 9

bb) Gesellschafterstellung von beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen Minderjährige über sieben Jahre können den Gesellschaftsvertrag aufgrund ihrer beschränkten Geschäftsfähigkeit zwar selbst abschließen, bedürfen hierfür aber grundsätzlich der Zustimmung (Einwilligung oder Genehmigung) ihres gesetzlichen Vertreters (§§ 106, 107, 108 Abs. 1 BGB). Keiner Zustimmung bedarf der Minderjährige jedoch u.a. zu einer Willenserklärung, durch die er lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt. Insofern ist umstritten, ob die stille Beteiligung dem Minderjährigen dann lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt und damit einer Zustimmung nicht bedarf, wenn ihm die stille Beteiligung durch Einbuchung oder die Einlageleistung geschenkt wird, dem Minderjährigen hieraus auch keine weiteren Verpflichtungen erwachsen und er am Verlust keinen Anteil hat. Die Rechtsprechung hat sich unter Hinweis auf die zumeist langfristige Bindung der Einlage des Minderjährigen auch in diesen Fällen für eine Zustimmungsbedürftigkeit ausgesprochen58. Die h.L. ist dem entgegengetreten59. Dabei ist zwar richtig, dass sowohl Rechte als auch Pflichten in einer Innengesellschaft wie der stillen Gesellschaft gerade für den stillen Gesellschafter einen anderen Charakter haben als bei einem Mitglied einer Außengesellschaft und insbesondere die Pflichtengebundenheit durch den Verlustausschluss stark reduziert wird. Dennoch bleibt eine rechtliche Bindung des Beteiligten aus dem Gesellschaftsvertrag erhalten. Diese Mitgliedschaftspflichten reichen aus, um ein nicht lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft annehmen zu können60. Erst recht ist kein lediglich rechtlicher Vorteil gegeben, wenn sich der stille Gesellschafter einem Wettbewerbsverbot oder anderen Pflichten im Gesellschaftsvertrag unterwirft, die mit einer Vertragsstrafe sanktioniert sind61.

9.41

Hat der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des Familiengerichts einen Minderjährigen zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts ermächtigt, so ist dieser für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Das kann auch die Aufnahme eines stillen Gesellschafters oder die Beteiligung als stiller Gesellschafter sein, es sei denn, dass dazu der gesetzliche Vertreter der Genehmigung des Familiengerichts bedarf (§ 112 Abs. 1 Satz 2 BGB; dazu Rz. 9.46 ff.).

9.42

Hat der gesetzliche Vertreter einen Minderjährigen ermächtigt, in Dienst oder in Arbeit zu treten, so ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche die Eingehung oder Aufhebung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses der gestatteten Art oder die Erfüllung der sich aus einem solchen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen betreffen. Ausgenommen sind Verträge, zu denen der gesetzliche Vertreter der Genehmigung des Familiengerichts bedarf (§ 113 Abs. 1 Satz 2

9.43

58 BFH v. 28.11.1973 – I R 101/72, BStBl. II 1974, 289 (290); OLG Hamm v. 22.1.1974 – 15 W 36/73, OLGZ 1974, 158 (162); a.A. FG Sachsen-Anhalt v. 23.5.2013 – 1 K 1568/07, EFG 2013, 1632 (aufgehoben durch BFH v. 12.5.2016 – IV R 27/13, BFH/NV 2016, 1559). 59 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 105; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 157; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 23. 60 So auch Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 76 Rz. 54. 61 BFH v. 12.5.2016 – IV R 27/13, BFH/NV 2016, 1559 Rz. 26 f.

Lamprecht | 217

§ 9 Rz. 9.43 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

BGB; dazu Rz. 9.46 ff.). Die für einen einzelnen Fall erteilte Ermächtigung gilt im Zweifel als allgemeine Ermächtigung zur Eingehung von Verhältnissen derselben Art (§ 113 Abs. 4 BGB). Im Rahmen dieser Vorschrift kann der Minderjährige auch ein partiarisches Dienstverhältnis (Rz. 5.39 ff.) eingehen. Ob er auch eine stille Gesellschaft begründen kann, in die er seine Arbeitskraft einbringt, lässt sich nur anhand der Umstände des Einzelfalls beantworten. Wenn seine Verlustbeteiligung ausgeschlossen ist und ihm durch den Gesellschaftsvertrag keine besonderen Pflichten, insbesondere zur Geschäftsführung, auferlegt werden, bestehen keine rechtlichen Bedenken, die Frage zu bejahen. cc) Gesellschafterstellung von Betreuten unter Einwilligungsvorbehalt

9.44 Sofern für den grundsätzlich voll geschäftsfähigen Betreuten ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden ist (§ 1903 BGB), findet das Minderjährigenrecht mit Ausnahme der in § 107 BGB getroffenen Einschränkung hinsichtlich der lediglich vorteilhaften Geschäfte entsprechende Anwendung. Auf die Ausführungen unter Rz. 9.41 ff. kann mithin im Übrigen verwiesen werden. b) Besondere Anforderungen an die Mitwirkung eines gesetzlichen Vertreters aa) Bestellung eines Ergänzungspflegers

9.45 Für den gesetzlichen Vertreter, der am Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags als Vertreter eines Geschäftsunfähigen (§ 104 BGB) oder als Zustimmender an Willenserklärungen eines Minderjährigen (§§ 107 ff. BGB) bzw. unter Einwilligungsvorbehalt stehenden Betreuten (§ 1903 BGB) mitwirken muss, gelten grundsätzlich die allgemeinen Regelungen über die gesetzliche Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB: Abgabe einer eigenen Willenserklärung in fremdem Namen mit gesetzlicher Vertretungsmacht) bzw. die Zustimmung (§§ 182 ff. BGB). Daher hat auch ein gesetzlicher Vertreter das Verbot des Insichgeschäfts nach § 181 BGB zu beachten, wenn er selbst Partner des Gesellschaftsvertrags oder dessen Vertreter ist (dazu Rz. 9.39)62. Familienrechtliche Vertretungsverbote ergeben sich zudem aufgrund der §§ 1629 Abs. 2 und 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB, wenn der Gesellschaftsvertrag mit dem Ehegatten oder einem in gerader Linie Verwandten des gesetzlichen Vertreters abgeschlossen wird. Insoweit sind mithin insbesondere die Eltern von der Vertretung ihrer Kinder ausgeschlossen. Die Gründung einer typischen stillen Gesellschaft zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern bedarf daher der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers. Der Abschluss eines Gesellschaftsvertrags zwischen einem Elternteil und seinen noch minderjährigen Kindern ist nämlich grundsätzlich kein Rechtsgeschäft, das den Kindern lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Auch bei der Gründung einer typischen stillen Gesellschaft – selbst unter Ausschluss der Beteiligung der Kinder am Verlust – bleibt die Tatsache bestehen, dass die Kinder verpflichtet sind, die schenkweise überlassenen Beträge als Einlage so zu leisten, dass sie in das Vermögen des Inhabers

62 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 156; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, 5. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 56.

218 | Lamprecht

Errichtung der stillen Gesellschaft | Rz. 9.47 § 9

des Handelsgewerbes übergehen. Damit sind die schenkweise überlassenen Beträge dem wirtschaftlichen Schicksal des Unternehmens wieder verbunden. Der Abschluss eines solchen Vertrags begründet für die Kinder die Verpflichtung zur Leistung einer Einlage in das Unternehmen des Elternteils, bringt ihnen also nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil. Das gilt nach der hier vertretenen Ansicht auch dann, wenn etwa ein Elternteil ihnen die zur Leistung ihrer Einlagen erforderlichen Mittel selbst schenkt oder die stille Beteiligung durch schenkweise Einbuchung einräumt und das Kind auch nicht am Verlust beteiligt ist63. Deshalb ist die Zuziehung eines für jedes der Kinder besonders zu bestellenden Ergänzungspflegers sowohl für den Abschluss als auch für die Änderungen des Gesellschaftsvertrags (§ 1909 BGB) geboten, da andernfalls der Vertrag infolge Verstoßes gegen das Verbot des § 181 BGB rechtsunwirksam und ertragsteuerlich nicht anzuerkennen ist64. bb) Genehmigung des Familiengerichts Der gesetzliche Vertreter des Geschäftsinhabers, der am Vertragsschluss als Vertreter eines Geschäftsunfähigen nach §§ 164 ff. BGB oder als Zustimmender an Willenserklärungen eines Minderjährigen nach §§ 107 ff. BGB mitwirken muss, bedarf zur Aufnahme eines stillen Gesellschafters regelmäßig nicht der familiengerichtlichen Genehmigung (vgl. § 1822 BGB)65. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn es sich um einen Vertrag, der auf den entgeltlichen Erwerb oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist, oder um einen Gesellschaftsvertrag handelt, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird (§ 1643 Abs. 1, § 1822 Nr. 3 BGB). Unter welchen Voraussetzungen auf der Seite des Geschäftsinhabers ein Gesellschaftsvertrag zum Betrieb eines Handelsgewerbes i.S. des § 1822 Nr. 3 BGB vorliegt, ist im Einzelnen zweifelhaft:

9.46

Der Vertrag über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft als solcher ist nicht auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gerichtet. Der Geschäftsbetrieb ist hier lediglich Voraussetzung und Mittel zur Erreichung des gemeinschaftlichen Zwecks, und zwar als Beitrag des Geschäftsinhabers, im Gegensatz zum Beitrag des stillen

9.47

63 Vgl. BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635 unter Bezugnahme auf BFH v. 19.12.1979 – I R 176/77, BB 1980, 762. Vertritt man dagegen die Auffassung, bei Ausschluss der Verlustteilnahme handele es sich bei der Einräumung einer stillen Gesellschaft um ein rechtlich lediglich vorteilhaftes Geschäft, so braucht für diesen Fall kein Ergänzungspfleger bestellt zu werden, vgl. z.B. Tiedtke, DB 1977, 1064. 64 BFH v. 12.5.2016 – IV R 27/13, BFH/NV 2016, 1559 Rz. 23 ff.; BFH v. 28.11.1973 – I R 101/72, BFHE 111, 85 = BStBl. II 1974, 289; BFH v. 9.7.1987 – IV R 95/85, FR 1987, 623 (624); BFH v. 9.7.1987 – IV R 95/85, BStBl. II 1988, 245; Groh, BB 1987, 1505 (1507); Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 23; a.A. Tiedtke, BB 1988, 946 (948) mit dem Argument, in der Sache liege die Schenkung einer stillen Beteiligung als solche vor, worin lediglich ein rechtlicher Vorteil zu sehen sei, § 181 BGB finde daher keine Anwendung. 65 Roth in Baumbach/Hopt, 38. Aufl. 2018, § 230 HGB Rz. 8; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 22; Wedemann in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 54.

Lamprecht | 219

§ 9 Rz. 9.47 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Gesellschafters, der in der Regel in seiner Vermögenseinlage besteht66. Die Erwägung, dass der Kaufmann nach Eingehung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses nicht mehr frei ist hinsichtlich der Entscheidungen über Fortführung, Einstellung oder Veräußerung des Unternehmens67, ändert hieran als bloß mittelbare Konsequenz des Gesellschaftsverhältnisses nichts68.

9.48 Fraglich ist allerdings, ob dies nach dem Schutzgedanken, der dem § 1822 Nr. 3 BGB zugrunde liegt, auch für atypische stille Beteiligungen gelten kann69. Hier ist zu differenzieren. Bei der atypischen stillen Gesellschaft, bei welcher der stille Gesellschafter schuldrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligt ist, bedarf es ebenfalls keiner familiengerichtlichen Genehmigung gemäß § 1822 Nr. 3 BGB70. Etwas anderes muss aber für die atypische stille Gesellschaft gelten, bei der der stille Gesellschafter Aufgaben der Geschäftsführung wahrnimmt, da hier dem Geschäftsinhaber weitgehend die Herrschaft über sein Unternehmen entzogen werden kann. Insoweit liegt dann ein Gesellschaftsvertrag zum gemeinsamen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts i.S. des § 1822 Nr. 3 BGB vor. 9.49 Gehören Grundstücke zum Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers, kommen die § 1643 Abs. 1, § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht zur Anwendung, weil durch die Begründung der stillen Gesellschaftsverhältnisse keine Änderung in den Eigentumsverhältnissen des Inhabers eintritt. Dagegen kann der Gesellschaftsvertrag nur mit familiengerichtlicher Genehmigung abgeschlossen werden, wenn darin die Verpflichtung zur Verfügung über ein Grundstück oder über ein Recht an einem Grundstück (§ 1821 Abs. 1 Nr. 4 BGB) eingegangen wird oder wenn der Vertrag auf den entgeltlichen Erwerb eines Grundstücks, eines eingetragenen Schiffs oder Schiffsbauwerks oder eines Rechts an einem Grundstück gerichtet ist (§ 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB)71. 9.50 Es ist umstritten, ob der gesetzliche Vertreter des stillen Gesellschafters zum Abschluss des Gesellschaftsvertrags der familiengerichtlichen Genehmigung nach den § 1643 Abs. 1, § 1822 Nr. 3 BGB bedarf. Mit der Begründung, der stille Gesellschafter 66 Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 35, 38; Fischer, JR 1962, 202; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 108; a.A. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 83 ff.; Saenger, Die stille Gesellschaft, S. 147 ff.; Zimmermann in Soergel, 13. Aufl. 2000, § 1822 BGB Rz. 25; Knopp, NJW 1962, 2181 (2185). 67 Vgl. Knopp, NJW 1962, 2181 (2185). 68 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 108; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 166. 69 Nagel, Familiengesellschaft und elterliche Gewalt, S. 75 ff., lehnt jede teleologische Auslegung des § 1822 Nr. 3 BGB und jede Anwendung auf stille Gesellschaftsverhältnisse ab; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 108 will dagegen § 1822 Nr. 3 BGB bereits anwenden, sobald der stille Gesellschafter Kommanditistenrechte erhält. Ebenso Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 22; Wedemann in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 54. Danach würde eine schuldrechtliche Beteiligung des stillen Gesellschafters aus Gesellschaftsvermögen für die Anwendung des § 1822 Nr. 3 BGB regelmäßig ausreichen. 70 A.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 108; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 166. 71 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 167.

220 | Lamprecht

Errichtung der stillen Gesellschaft | Rz. 9.50 § 9

werde nicht Mitinhaber und es liege nur ein Akt der Vermögensanlage vor, verneint ein Teil der Literatur das Erfordernis der familiengerichtlichen Genehmigung72. Andere dagegen bejahen eine generelle Genehmigungsbedürftigkeit, da die konkreten Risiken der jeweiligen Beteiligung vom Familiengericht zu überprüfen seien73. Vorzug verdient eine teleologische, auf den gesetzlichen Schutzzweck und das Schutzbedürfnis des stillen Gesellschafters abstellende Betrachtungsweise, die im Ergebnis wie folgt differenziert: Eine atypische stille Gesellschaft mit schuldrechtlicher Beteiligung am Geschäftsvermögen, mit Geschäftsführungsbefugnissen sowie Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters, stellt für diesen einen Gesellschaftsvertrag zum Betrieb eines Handelsgewerbes gemäß § 1822 Nr. 3 BGB dar74. Dasselbe muss auch für die typische stille Beteiligung gelten, wenn der stille Gesellschafter am Verlust beteiligt ist75. Dabei ist gleichgültig, ob der Stille die Beteiligung schenkweise erhalten hat und die Verluste somit nach § 232 Abs. 2 HGB auf die geschenkte Einlage begrenzt sind76. Hat dagegen der stille Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag nur eine einmalige Kapitaleinlage zu zahlen, ohne am Verlust, am Geschäftsvermögen oder an der Geschäftsführung beteiligt zu sein, so bedarf der Vertragsabschluss nicht der familiengerichtlichen Genehmigung i.S. der § 1643 Abs. 1, § 1822 Nr. 3 BGB77. Die Genehmigungspflicht des § 1822 Nr. 3 BGB ist im Interesse und zum Schutz des Vertretenen für die Fälle geschaffen, in denen dem Minderjährigen aus der Beteiligung an einem Erwerbsgeschäft und aus dem Abschluss eines Gesellschaftsvertrags, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird, Schulden oder Nachteile drohen. Das ist aber nicht zu befürchten, wenn der Minderjährige nur eine einmalige Kapitaleinlage leistet und darüber hinaus weder am Risiko noch am Verlust des Betriebs beteiligt ist. 72 Nagel, Familiengesellschaft und elterliche Gewalt, S. 73 ff.; Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 36 ff.; Gernhuber/Coester-Waltjen, Lehrbuch des Familienrechts, 6. Aufl. 2010, § 60 Rz. 110; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 92, für die typische stille Gesellschaft; Fischer, JR 1962, 202; Rosenau, BB 1965, 1393. 73 LG München II v. 6.11.1998 – 1 O 4221/98, NJW-RR 1999, 1018; differenzierend aber und nunmehr wie hier Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 161 ff.; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 82 f.; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 34; Brüggemann, FamRZ 1990, 124 (127); Kroll-Ludwigs in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2017, § 1822 BGB Rz. 26. 74 Vgl. Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 93; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 62, 134; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 105 f.; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 163; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 24. 75 LG Bielefeld v. 25.10.1968 – 3a T 193/68, NJW 1969, 753; so auch Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 76 Rz. 57; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 162. 76 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 106. 77 BGH v. 28.1.1957 – III ZR 155/55, JZ 1957, 382 = FamRZ 1957, 121 = NJW 1957, 672; Fichtelmann, EStB 2000, 202 (205); Schulte-Bunert in Erman, § 1822 BGB Rz. 17; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 106; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 164; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 76 Rz. 57; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 24.

Lamprecht | 221

§ 9 Rz. 9.50 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Gegen diese Auffassung wird eingewandt, dass sie zu Rechtsunsicherheit führe, da die Beteiligten bei der Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten nicht mit hinreichender Sicherheit das Vorliegen der oben genannten Kriterien beurteilen könnten. Somit könne auch nicht die Notwendigkeit einer familiengerichtlichen Genehmigung und damit die Wirksamkeit der Vereinbarung selbst abgeschätzt werden. Daher soll eine generelle, von der Selbsteinschätzung der Beteiligten unabhängige familiengerichtliche Prüfung des Gesellschaftsvertrags erforderlich sein78. Dagegen ist jedoch einzuwenden, dass es keine Anhaltspunkte für eine fehlende Eindeutigkeit oder Bestimmtheit der genannten Kriterien gibt. Eine Prüfung der Genehmigungsbedürftigkeit durch die Beteiligten ist insofern auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit ausreichend. Im Übrigen würde die Attraktivität derartiger stiller Beteiligungen bei Annahme einer generellen familiengerichtlichen Genehmigungsbedürftigkeit ohne zureichenden Grund geschmälert.

9.51 Daneben wird der Genehmigungsvorbehalt des § 1822 Nr. 1 BGB nur ganz selten einschlägig sein. Diese Vorschrift betrifft nach Ansicht des BGH nämlich nur solche Rechtsgeschäfte, bei denen der Wille beider Vertragspartner auf eine Verpflichtung zur Verfügung über das Vermögen eines Beteiligten im Ganzen geht. Dabei genügt ein auf die Übertragung einzelner bestimmter Vermögensgegenstände gerichteter Vertrag selbst dann nicht, wenn diese Vermögensstücke tatsächlich das ganze Vermögen des Vertretenen ausmachen79. 9.52 Die familiengerichtliche Genehmigung kann aber auch noch aus anderen Gründen zur Errichtung einer stillen Gesellschaft erforderlich sein (§§ 1807 ff., 1811, 1821 Abs. 1 Nr. 1–4, § 1822 Nr. 5, § 1643 Abs. 1 BGB). 9.52a Bestehen Zweifel, ob eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich ist oder nicht, ist zu empfehlen, zumindest einen Negativbeschluss des Familiengerichts einzuholen, dass keine Genehmigung erforderlich ist. Diesen muss das Familiengericht auf Antrag erlassen80. Ein solcher Negativbeschluss schafft nicht nur zivilrechtlich Rechtssicherheit, sondern beugt auch davor vor, dass die stille Gesellschaft steuerlich mangels zivilrechtlicher Wirksamkeit nicht anerkannt wird. 9.53 Der vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft, an der Geschäftsunfähige, Minderjährige oder unter Einwilligungsvorbehalt stehende Betreute beteiligt sind, kann eine stille Gesellschaft im Namen der Gesellschaft ohne familiengerichtliche Genehmigung eingehen81. Aus dem Umstand, dass an einer Personenhandelsgesellschaft nicht voll geschäftsfähige Personen beteiligt sind, folgt nicht, dass der Abschluss des Gesellschaftsvertrags über eine stille Gesellschaft nach § 1822 Nr. 3 BGB der familiengerichtlichen Genehmigung bedarf und mangels einer solchen Genehmigung unwirksam ist. Die Befugnis des persönlich haftenden Gesellschafters, 78 LG München II v. 6.11.1998 – 1 O 4221/98, NJW-RR 1999, 1018; Zutt in Großkomm/ HGB, 4. Aufl. 2004, § 230 HGB Rz. 65; Kroll-Ludwigs in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2017, § 1822 BGB Rz. 26. 79 Götz in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 1822 BGB Rz. 2 m.w.N. 80 Vgl. OLG Jena. v. 22.3.2013 – 2 WF 26/13, ZEV 2013, 521 Rz. 14. 81 Vgl. BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, GmbHR 1971, 47.

222 | Lamprecht

Errichtung der stillen Gesellschaft | Rz. 9.56 § 9

die Gesellschaft zu vertreten, wird durch die Beteiligung eines Minderjährigen an der Gesellschaft nicht eingeschränkt82. Die Beteiligung eines Minderjährigen an einer Personenhandelsgesellschaft bewirkt nicht, dass die Rechtsgeschäfte, zu denen Minderjährige der familiengerichtlichen Genehmigung bedürfen, auch für die Gesellschaft selbst nicht ohne Genehmigung des Familiengerichts abgeschlossen werden können. Die vertretungsberechtigten Gesellschafter können solche Geschäfte vielmehr ohne weiteres im Namen der Gesellschaft vornehmen. Jede andere Entscheidung würde die ganze Personengesellschaft unter die Kontrolle des Familiengerichts stellen. Das aber wäre praktisch untragbar, denn damit würde dem Familiengericht in weitem Umfang die Entscheidung kaufmännischer Zweckmäßigkeitsfragen bei der Führung des Gesellschaftsunternehmens aufgebürdet83. 3. Der Vertragsschluss durch Vertreter kraft Amtes Testamentsvollstrecker, Nachlasspfleger und Insolvenzverwalter können in ihrer jeweils besonderen Eigenschaft mit Wirkung für die von ihnen vertretenen Personen keine stillen Gesellschaftsverträge abschließen.

9.54

4. Der Vertragsschluss durch rechtsgeschäftliche Vertreter a) Anwendungsbereich der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht Der Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags durch Vertreter, die nach §§ 167 ff. BGB über eine entsprechende Vollmacht i.S. des § 166 Abs. 2 Satz 1 BGB verfügen ist generell möglich. So können sich natürliche Privatpersonen ebenso beim Abschluss des Vertrages rechtsgeschäftlich vertreten lassen wie Einzelkaufleute oder Gesellschaften.

9.55

b) Vertretung speziell durch Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte Als eine nach ihrem zwingenden gesetzlichen Umfang (§§ 49 f. HGB) besonders weitreichende Art der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht kann die Prokura nur von einem Kaufmann, d.h. dem Inhaber eines Handelsgewerbes (dazu Rz. 6.1 ff.), erteilt werden (§ 48 Abs. 1 HGB). Möglich ist dies mithin in jedem Fall dem Geschäftsinhaber einer stillen Gesellschaft, weil dieser per Definition ein auf gemeinsame Rechnung mit dem stillen Gesellschafter geführtes Handelsgewerbe betreibt (vgl. § 230 HGB). Der künftige stille Gesellschafter kann sich hingegen nur dann von einem Prokuristen bei Vertragsschluss vertreten lassen, wenn er aufgrund anderer Umstände als seiner Beteiligung, welche ihm die Kaufmannseigenschaft nicht vermittelt (dazu Rz. 6.53), Kaufmann ist. Im Rahmen seiner Vertretungsmacht (§ 49 HGB) kann der Prokurist grundsätzlich einen stillen Gesellschafter an dem Handelsgewerbe seines Prinzipals beteiligen oder über die Kaufmannseigenschaft verfügenden stillen Gesellschafter eine stille Beteiligung eingehen. Die Grenzen der Vertretungsmacht des Prokuristen liegen dort, wo durch den Vertragsabschluss die rechtliche Organisation des eigenen Han82 Vgl. BGH v. 20.9.1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 (30). 83 A. Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, S. 309.

Lamprecht | 223

9.56

§ 9 Rz. 9.56 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

delsgeschäfts tief greifende Änderungen erfahren würde (sog. Grundlagen- oder Inhabergeschäfte). Das kann bei der Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters der Fall sein, dem aufgrund des Gesellschaftsvertrags Einfluss auf die Geschäftsführung des Unternehmens zustehen soll. Hierin könnte eine so wesentliche Veränderung der rechtlichen Grundlagen des Handelsgeschäfts liegen, dass für sie die allgemeine Vertretungsmacht des Prokuristen nicht ausreicht84. Vor diesem Hintergrund sollte der Geschäftsinhaber dem Prokuristen zur Sicherheit eine die Begründung der atypischen stillen Gesellschaft deckende Spezialvollmacht erteilen.

9.57 Dem Handlungsbevollmächtigten steht die Aufnahme eines stillen Gesellschafters nicht zu. Seine Vollmacht erstreckt sich nur auf Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb des Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt (§ 54 Abs. 1 HGB). Da bereits die Darlehensaufnahme nach § 54 Abs. 2 HGB nicht mehr zu diesen gewöhnlichen Geschäften gehört, muss dies erst recht für eine auch nur typische, geschweige denn atypische stille Gesellschaft gelten. Zum Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags bedarf daher auch der Generalhandlungsbevollmächtigte einer besonderen Vollmacht. 5. Der Vertragsschluss durch organschaftliche Vertreter a) Vertragsschluss durch eine AG oder KGaA aa) Die AG oder KGaA als Geschäftsinhaberin

9.58 Die stille Beteiligung an dem Handelsgewerbe einer AG bzw. KGaA kommt durch einen Gesellschaftsvertrag zwischen dem stillen Gesellschafter einerseits und der AG bzw. KGaA, regelmäßig vertreten durch den Vorstand (§ 78 AktG) bzw. die Komplementäre (§ 278 Abs. 2 AktG i.V.m. § 161 Abs. 2, § 125 HGB), andererseits zustande. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, gilt vorbehaltlich abweichender Satzungsbestimmung der Grundsatz der Gesamtvertretung (§ 78 Abs. 2 Satz 1 AktG). Die Komplementäre der KGaA haben hingegen vorbehaltlich abweichender Satzungsbestimmung Einzelvertretungsmacht (§ 278 Abs. 2 i.V.m. § 161 Abs. 2, § 125 Abs. 2 HGB). 9.59 Nach zutreffender h.M. (dazu eingehend Rz. 8.18 ff.) bedarf der Abschluss eines atypischen oder auch nur typischen stillen Gesellschaftsvertrages durch eine Aktiengesellschaft als Geschäftsinhaberin als Teilgewinnabführungsvertrag der Zustimmung der Hauptversammlung nach § 293 Abs. 1 AktG. Sollte sich die Geschäftsinhaberin ausnahmsweise dazu verpflichten, ihren gesamten Gewinn abzuführen (zu dieser Möglichkeit Rz. 8.15) und wäre die stille Gesellschafterin ebenfalls eine AG oder KGaA, müsste auch deren Hauptversammlung dem stillen Gesellschaftsvertrag entsprechend zustimmen (§ 293 Abs. 2 AktG). Dieses konzernrechtliche Zustimmungserfordernis hat nicht nur eine interne Bedeutung, sondern ist neben der konstitutiven Handelsregistereintragung des Vertrags (§ 294 Abs. 2 AktG) Wirksamkeitsvoraussetzung (§ 293 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 293 Abs. 2 Satz 1 AktG). Die Bindungswirkung des Vertrags 84 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 89; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 118.

224 | Lamprecht

Errichtung der stillen Gesellschaft | Rz. 9.61 § 9

ist aber bereits vor der Zustimmung der Hauptversammlung gegeben85. Sind die aktienkonzernrechtlichen Vorgaben nicht erfüllt worden, entsteht ein fehlerhafter Unternehmensvertrag, auf den die Regeln zur fehlerhaften (stillen) Gesellschaft anzuwenden sind (siehe Rz. 11.2 ff., 18.51 ff.). bb) Die AG oder KGaA als stille Gesellschafterin Die Zustimmung der Hauptversammlung einer sich still beteiligenden AG bzw. KGaA ist abgesehen von dem eher theoretischen Fall des § 293 Abs. 2 AktG (Rz. 8.25) nach dem Gesetz nur erforderlich, wenn das gesamte Gesellschaftsvermögen in das Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers eingebracht werden soll (§ 179a AktG)86. Nach der Holzmüller-Doktrin ist der Vorstand einer AG aber auch dann verpflichtet, die Beteiligung als stille Gesellschafterin der Hauptversammlung zur Zustimmung zu unterbreiten, wenn sich die AG vertraglich zur Einbringung eines bedeutenden Unternehmensteils verpflichtet, und die hiermit einhergehenden Maßnahmen „an der Kernkompetenz der Hauptversammlung, über die Verfassung der Gesellschaft zu bestimmen, rühren und in ihren Auswirkungen einem Zustand nahezu entsprechen, der allein durch eine Satzungsänderung herbeigeführt werden kann“87. Entsprechendes dürfte für die KGaA nach § 278 Abs. 2 AktG i.V.m. § 164 Satz 1 Halbs. 2 HGB gelten. Die entsprechenden Beschlüsse bedürfen dann einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst. Die Zustimmungserfordernisse nach der Holzmüller-Doktrin und nach § 278 Abs. 2 AktG i.V.m. § 164 Satz 1 Halbs. 2 HGB haben im Gegensatz zu denjenigen nach §§ 179a, 293 Abs. 2 AktG (Wirksamkeitsvoraussetzung) allerdings nur interne Wirkung (Verantwortlichkeit der pflichtwidrig handelnden Exekutivorganmitglieder) und lassen daher die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrags grundsätzlich88 unberührt (§ 82 Abs. 1 AktG bzw. § 278 Abs. 2 AktG i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB).

9.60

b) Vertragsschluss durch eine GmbH aa) Die GmbH als Geschäftsinhaberin Die stille Beteiligung an dem Handelsgewerbe einer GmbH kommt durch einen Gesellschaftsvertrag zwischen dem stillen Gesellschafter einerseits und der GmbH, regelmäßig vertreten durch den oder die Geschäftsführer, andererseits zustande89. Die mehreren Geschäftsführern vorbehaltlich abweichender Satzungsbestimmung nur gemeinschaftlich zustehende organschaftliche Vertretungsmacht gemäß §§ 35, 37 GmbHG deckt jedenfalls den Abschluss eines typischen stillen Gesellschaftsver-

85 OLG Braunschweig v. 3.9.2003 – 3 U 140/02, ZIP 2003, 1793 (1795). 86 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 147. 87 So die Formulierung in BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, BGHZ 159, 30 Rz. 48. 88 Vorbehalten bleibt nach allgemeiner Stellvertretungslehre der sog. Missbrauch der Vertretungsmacht in Fällen der Kollusion sowie der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Geschäftsinhabers (dazu Rz. 9.35 ff.). 89 Vgl. ausführlich zu diesem Thema Schneider/Reusch, DB 1989, 713.

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9.61

§ 9 Rz. 9.61 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

trags. Der Mitwirkung der Gesellschafterversammlung bedarf es insoweit nicht90. Zwar könnte man dagegen einwenden, dass der Stille „nicht unerhebliche Einflussmöglichkeiten“ erhalte und daher für die Wirksamkeit des Vertrages über die Errichtung einer stillen Gesellschaft ein Beschluss der Gesellschafterversammlung notwendig sei91. Auf der anderen Seite erschöpfen sich die Möglichkeiten der Einflussnahme jedoch im schuldrechtlichen Bereich. Es ist eine stille Beteiligung „an [einem] Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt“ (§ 230 Abs. 1 HGB). Der Einfluss bleibt also stets mittelbar. Die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses sind insofern nicht betroffen. Lediglich im Innenverhältnis wird man im Zweifel davon ausgehen, dass der Abschluss des stillen Beteiligungsvertrags durch den oder die Geschäftsführer der Zustimmung der Gesellschafter bedarf92. Schließt der Geschäftsführer der GmbH pflichtwidrig einen stillen Beteiligungsvertrag ab, ergeben sich in der Regel keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit im Außenverhältnis. Die interne Pflichtwidrigkeit schlägt nur nach den allgemeinen Grundsätzen über den Missbrauch der Vertretungsmacht auf das Außenverhältnis durch (dazu Rz. 9.35 ff.).

9.62 Zweifelhaft ist dagegen die Vertretungsmacht des Geschäftsführers, wenn eine atypische stille Beteiligung an dem Handelsgewerbe einer GmbH begründet werden soll. Hier wird man eine besondere Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag oder, falls eine solche fehlt, die Zustimmung aller GmbH-Gesellschafter verlangen müssen, soweit Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses betroffen sind93. Eine Eintragung in das Handelsregister ist weder zulässig noch erforderlich, solange das stille Beteiligungsverhältnis nicht die Grenze zu einem Beherrschungsvertrag bzw. zu einem Vertrag über die Abführung des gesamten Gewinns überschreitet; eine Einstufung als Teilgewinnabführungsvertrag genügt nicht für eine Eintragungspflicht in das Handelsregister94. bb) Die GmbH als stille Gesellschafterin

9.63 Die Geschäftsführer einer GmbH verfügen jedenfalls nach §§ 35, 37 GmbHG über die entsprechende Vertretungsmacht, ihre GmbH still an dem Handelsgewerbe eines anderen zu beteiligen. Regelmäßig wird der stille Gesellschaftsvertrag auch intern von der Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer gedeckt sein. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn es sich um ein ungewöhnliches Geschäft handelt oder der Gesellschaftsvertrag bzw. Gesellschafterbeschlüsse die Geschäftsführungsbefugnis einschränken (§ 37 Abs. 1 GmbHG)95. Diese internen Beschränkungen schlagen aber nur 90 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 88; K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (307 ff.); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 114 m.w.N.; anders inzwischen Weigl, DStR 1999, 1568 (1572); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 151. 91 Vgl. Weigl, DStR 1999, 1568 (1572). 92 So auch Morshäuser/Dietz-Vellmer, NZG 2011, 1135 (1136); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 114. 93 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 115; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 3. Aufl. 2014, § 230 HGB Rz. 30; Harbarth in Großkomm/ HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 152. 94 KG Berlin v. 24.3.2014 – 12 W 43/12, GmbHR 2014, 756 (757) Rz. 13 m.w.N. 95 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 76 Rz. 86.

226 | Lamprecht

Errichtung der stillen Gesellschaft | Rz. 9.67 § 9

in den Fällen des Missbrauchs der Vertretungsmacht auf das Außenverhältnis und damit die Wirksamkeit des stillen Gesellschaftsvertrages durch (Rz. 9.35 ff.). c) Vertragsschluss durch eine Genossenschaft aa) Die Genossenschaft als Geschäftsinhaberin An dem Unternehmen einer Genossenschaft sind sowohl typisch stille Beteiligungen als auch atypisch stille Beteiligungen möglich (dazu Rz. 6.27 f.)96. Dabei deckt die Vertretungsmacht des Vorstands nach §§ 26 f. GenG zumindest die Begründung typischer stiller Beteiligungsverhältnisse mit der Genossenschaft als Geschäftsinhaberin. Wie bei der GmbH sind auch bei der Genossenschaft weitreichende Beschränkungen der internen Vertretungsbefugnis möglich (§ 27 Abs. 1 Satz 2 GenG), die auf das Außenverhältnis aber nur im Falle des Missbrauchs der Vertretungsmacht durchschlagen (Rz. 9.35 ff.). Fraglich ist die Macht des Vorstands, einen atypisch stillen Gesellschaftsvertrag mit der Genossenschaft als Geschäftsinhaberin zu schließen. Angesichts der Diskussion um die Zulässigkeit stiller Beteiligungen an einer Genossenschaft überhaupt (dazu Rz. 6.27 f.) sollte diese die genossenschaftliche Selbstverwaltung und Selbsthilfe berührende Beteiligung vom Vorstand nur mit der Zustimmung der Generalversammlung bewilligt werden können.

9.64

bb) Die Genossenschaft als stille Gesellschafterin Der Abschluss typischer und atypischer stiller Gesellschaftsverträge für die Genossenschaft als stille Gesellschafterin bereitet dem Vorstand im Außenverhältnis keine Probleme. Allenfalls hat er interne Beschränkungen zu beachten (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 2 GenG).

9.65

d) Vertragsschluss durch eine Personenhandelsgesellschaft aa) Die Personenhandelsgesellschaft als Geschäftsinhaberin Die Errichtung der stillen Gesellschaft ist ein Rechtsgeschäft, das die OHG oder KG als nach § 124 Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB rechtsfähige Einheit mit dem Dritten abschließt. Der stille Gesellschafter begründet ein Gesellschaftsverhältnis nur mit dem Geschäftsinhaber, d.h. mit der offenen Handelsgesellschaft oder der Kommanditgesellschaft als in sich geschlossener Einheit und tritt nicht in die Gesamthandsgemeinschaft der Gesellschafter ein.

9.66

Die Aufnahme eines typischen stillen Gesellschafters bedeutet keine Änderung der Grundlagen der OHG oder KG97. Seit der Entscheidung des Reichsgerichts vom

9.67

96 Vgl. Sächsisches FG v. 2.12.2004 – 5 K 76/99, EFG 2005, 111 Rz. 2. 97 RG v. 8.1.1937 – II 122/36, RGZ 153, 371; BGH v. 14.2.1957 – II ZR 190/55, WM 1957, 543; BGH v. 11.1.1960 – II ZR 69/59, WM 1960, 187; BGH v. 18.10.1962 – II ZR 12/61, WM 1962, 1353; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 32; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 95; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 86 ff.; A. Hueck, Das Recht der offenen

Lamprecht | 227

§ 9 Rz. 9.67 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

8.1.193798 hat sich demgemäß in Rechtsprechung und Lehre die Auffassung durchgesetzt, dass ein Vertrag über die Gründung einer stillen Gesellschaft im Außenverhältnis rechtswirksam von dem oder den vertretungsberechtigten Gesellschaftern abgeschlossen werden kann und die Zustimmung der übrigen Gesellschafter hierzu nicht erforderlich ist. Zum Abschluss eines solchen Rechtsgeschäfts ist daher jeder Gesellschafter befugt, der nicht von der Vertretung ausgeschlossen ist, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag eine Gesamtvertretung vorschreibt (§§ 125, 126 HGB).

9.68 Soll der stille Gesellschafter jedoch aufgrund des Gesellschaftsvertrags Einfluss auf die Geschäftsführung haben, selbst Geschäftsführungsbefugnisse wahrnehmen, in der Gesellschafterversammlung Stimmrechte ausüben oder schuldrechtlich an der Vermögensentwicklung beteiligt werden, ist eine andere Beurteilung notwendig. In diesen Fällen der Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters reicht die Vertretungsmacht des einzelnen Gesellschafters nicht aus. Hier werden die Grundlagen der Gesellschaft als solche berührt, was einer Änderung des Gesellschaftsvertrags gleichkommt. Dazu ist der einzelne vertretungsberechtigte Gesellschafter aber nicht berechtigt (§ 126 Abs. 1 HGB). Er kann die Gesellschaft auch nicht schuldrechtlich in dieser Richtung binden99. Möglich ist es aber, die Vertretungsmacht der organschaftlichen Vertreter bereits im Gesellschaftsvertrag auf die Gründung einer solchen Gesellschaft zu erweitern. Rechtsdogmatisch liegt hierin eine Einwilligung der anderen Gesellschafter100. 9.69 Weigern sich die anderen Gesellschafter oder auch nur einer von ihnen, dem atypischen stillen Gesellschaftsvertrag zuzustimmen, so erhält der Dritte keine Gesellschafterstellung. Damit fällt im Zweifel der ganze auf die Gründung der stillen Gesellschaft gerichtete Vertrag wegen Unmöglichkeit der Erfüllung in sich zusammen. Waren dem Dritten schon bindende Zusicherungen gemacht worden, so können für ihn Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschafter entstehen, die ihre Vertretungsbefugnis überschritten haben. 9.70 Im Innenverhältnis ist die Frage von Bedeutung, ob der Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags ein Rechtsgeschäft ist, das der gewöhnliche Betrieb des HandelsgewerHandelsgesellschaft, S. 293 ff.; A. Hueck in FS Lehmann, S. 247; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 111; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 149. 98 RG v. 8.1.1937 – II 122/36, RGZ 153, 371. 99 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2016, § 126 HGB Rz. 11; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 150; a.A.: Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 87; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 95, soweit dem Stillen die vermögensrechtliche Stellung eines OHG-Gesellschafters eingeräumt werden soll (anders dagegen für die Einräumung von Mitverwaltungsrechten an den stillen Gesellschafter); Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 42 ff., wonach allein durch die schuldrechtliche Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters die Grundlagen der Gesellschaft nicht berührt werden. Für den Fall der Beteiligung an der Geschäftsführung bejaht auch er zur Wirksamkeit des Vertrags das Zustimmungserfordernis sämtlicher Gesellschafter; zustimmend insoweit A. Hueck in FS Lehmann, S. 239 (249 ff.). 100 Schubert in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 41.

228 | Lamprecht

Errichtung der stillen Gesellschaft | Rz. 9.72 § 9

bes der Gesellschaft mit sich bringt, oder ob eine Handlung vorliegt, die darüber hinausgeht, so dass zu ihrer Vornahme ein Beschluss sämtlicher Gesellschafter erforderlich ist (§ 116 Abs. 2, § 164 HGB) bzw. den Kommanditisten ein Widerspruchsrecht zusteht (§ 164 HGB). Die Entscheidung ist von den Verhältnissen der einzelnen Gesellschaft und von der Bedeutung und Tragweite des einzelnen Geschäfts abhängig. In der Regel stellt die Aufnahme eines stillen Gesellschafters eine so einschneidende Maßnahme dar, dass sie nicht mehr zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gerechnet werden kann und deshalb die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist101. Fehlt es daran, so wird der von den vertretungsberechtigten Gesellschaftern abgeschlossene Vertrag in seiner Rechtswirksamkeit allerdings nicht berührt (§ 126 Abs. 2 HGB), sofern nicht ein Missbrauch der Vertretungsmacht gegeben ist (dazu Rz. 9.35 ff.)102. In jedem Fall sind die vertretungsberechtigten Gesellschafter den anderen Gesellschaftern gegenüber für die aus der schuldhaften Überschreitung ihrer internen Geschäftsführungsbefugnisse entstehenden Schäden ersatzpflichtig. In der Regel wird auch ein wichtiger Grund zur Entziehung der Geschäftsführung (§ 117 HGB) und Vertretung (§ 127 HGB) und zur Klage auf vorzeitige Auflösung der Gesellschaft (§ 133 HGB) gegeben sein103. bb) Die Personenhandelsgesellschaft als stille Gesellschafterin Will sich eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft am Handelsgewerbe eines anderen still beteiligen, so können die vertretungsberechtigten Gesellschafter im Rahmen ihrer Vertretungsmacht den Gesellschaftsvertrag nach außen hin auch ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter rechtswirksam abschließen (§ 126 Abs. 1 HGB), es sei denn, dass es um die Verpflichtung zur Übertragung des Unternehmens geht. Zu einer Veräußerung des Unternehmens berechtigt die gesetzliche Vertretungsbefugnis des § 126 HGB nicht. Sie würde nämlich eine Änderung des Gesellschaftsverhältnisses bewirken und geht deshalb über den Rahmen des § 126 HGB hinaus104. Es bedarf daher in diesem Falle des Zusammenwirkens aller Gesellschafter.

9.71

Ob in der Beteiligung einer Personenhandelsgesellschaft am Handelsgeschäft eines anderen als stiller Gesellschafter ein ungewöhnliches Geschäft zu sehen ist, für das es im Innenverhältnis der Beschlussfassung durch sämtliche OHG-Gesellschafter bedarf (§ 116 Abs. 2 HGB), bzw. bei dem die Kommanditisten ein Widerspruchsrecht haben (§ 164 HGB), richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Jedenfalls dann, wenn eine langfristige Bindung flüssiger Mittel erfolgt oder eine erhebliche Einlage-

9.72

101 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 86 ff.; A. Hueck in FS Lehmann, S. 239 (249); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 111; Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 40 ff.; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 76 Rz. 59; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 3. Aufl. 2014, § 230 HGB Rz. 28. 102 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 76 Rz. 59; Harbarth in Großkomm/ HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 149; allgemein zum Missbrauch der Vertretungsmacht Schubert in MünchKomm/BGB, 8. Aufl. 2018, § 164 BGB Rz. 213 ff. 103 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 149. 104 Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 45; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2016, § 126 HGB Rz. 11; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 145.

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§ 9 Rz. 9.72 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

pflicht begründet wird, wird der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags zu den ungewöhnlichen Geschäften zu rechnen sein105. Das gilt auch bei Begründung einer atypisch stillen Beteiligung. e) Vertragsschluss durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts

9.73 Da die Gesellschaft bürgerlichen Rechts per Definition kein Handelsgewerbe betreibt, kann sie sich nur als rechtsfähige Außengesellschaft still an dem Handelsgewerbe eines anderen beteiligen. Die Macht der geschäftsführenden Gesellschafter zur Vertretung der Gesellschaft bei derartigen Gesellschaftsverträgen ist dann nach § 714 BGB von der Reichweite ihrer Befugnis zur Geschäftsführung abhängig. Danach gilt der Grundsatz der Gesamtvertretungsmacht. f) Vertragsschluss durch eine Gesellschaft in Liquidation

9.74 Die Liquidatoren einer Handelsgesellschaft können grundsätzlich keine stillen Gesellschaftsverträge schließen, da darin eine Wiederaufnahme der werbenden Tätigkeit der Handelsgesellschaft zu sehen sein würde. Eine Ausnahme gilt lediglich im Fall der Aufnahme von stillen Gesellschaftern mit ihrer Einlage zu Zwecken der Sanierung (siehe Rz. 6.30). g) Vertragsschluss durch eine Erbengemeinschaft

9.75 Die Erbengemeinschaft ist als solche nach h.M. nicht rechtsfähig106 und kann daher nur als sog. fortgesetzte Erbengemeinschaft in der Rechtsform der offenen Handelsgesellschaft ein Handelsgewerbe betreiben und an diesem stille Gesellschafter nach den für die OHG geltenden Vertretungsregeln beteiligen (dazu bereits Rz. 9.66 ff.). Bei der schlicht auf Abwicklung angelegten Erbengemeinschaft sind es hingegen die einzelnen Miterben, welche der Begründung einer stillen Gesellschaft an dem ererbten Handelsgewerbe sämtlich zustimmen müssen107, wobei die Begründung der stillen Gesellschaft auch als ein Indiz für den Fortsetzungswillen der Miterben betrachtet werden kann.

III. Wirtschaftsrechtliche Errichtungsschranken 1. Gewerbe- und berufsrechtliche Errichtungsschranken

9.76 Bei der stillen Gesellschaft, insbesondere der atypischen stillen Gesellschaft, bei der dem Stillen Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt werden, ergeben sich besondere Probleme, wenn ein Handelsgewerbe wegen seiner Bedeutung für die Allgemeinheit nur mit einer dem Geschäftsinhaber persönlich erteilten öffentlich-rechtlichen Kon105 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 145; Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 76 Rz. 65. 106 Siehe nur Edenhofer in Palandt, 78. Aufl. 2019, vor § 2032 BGB Rz. 1 m.w.N. 107 BFH v. 9.7.1987 – IV R 95/85, BStBl. II 1988, 245; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 117.

230 | Lamprecht

Errichtung der stillen Gesellschaft | Rz. 9.78 § 9

zession betrieben werden darf und/oder in wirtschaftlich unabhängiger Weise auszuüben ist. a) Stille Beteiligungen an Apotheken Durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Apothekenwesen vom 4.8.1980108 wurde § 8 Satz 2 ApoG dahingehend geändert, dass die bis dahin109 grundsätzlich zulässige stille Beteiligung an einer Apotheke in Form einer stillen Gesellschaft seit 1980 unzulässig ist110. Hiermit soll verhindert werden, dass die öffentlich-rechtliche Verantwortung des Geschäftsinhabers für die ordnungsgemäße Führung des Betriebs durch privatrechtliche Bindungen berührt wird. Angesichts der Tatsache, dass eine nationale Regelung nach Meinung des EuGH einer Person, die kein Apotheker ist, die Inhaberschaft und den Betrieb einer Apotheke verwehren kann111, ist das Verbot mit EU-Recht vereinbar112. Rechtsgeschäfte, die ganz oder teilweise gegen § 8 Satz 2 ApoG verstoßen, sind nichtig (§ 12 ApoG). Die erbrachten Leistungen sind nach Bereicherungsgrundsätzen zurückzugewähren113. Wer vorsätzlich oder fahrlässig aufgrund einer nach § 8 Satz 2 ApoG unzulässigen Vereinbarung Leistungen erbringt oder annimmt oder eine solche Vereinbarung in sonstiger Weise ausführt, handelt ordnungswidrig und muss mit einer Geldbuße von bis zu 20 000 Euro rechnen (§ 25 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ApoG)114.

9.77

b) Stille Beteiligungen an Rechtsberatungsunternehmen Sofern die Rechtsberatung im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit als Einzelanwalt oder in Partnerschaft (GbR, PartG) erfolgt, ist eine stille Beteiligung i.S. der §§ 230 ff. HGB schon deshalb ausgeschlossen, weil ein freiberufliches Unternehmen unabhängig von seiner Größe nicht als Gewerbe und damit auch nicht als Handelsgewerbe gilt, die Beteiligung an einem Handelsgewerbe aber eine zwingende Voraussetzung für das Bestehen einer stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB darstellt. Rechtsanwälte können allerdings nach § 59c Abs. 1 BRAO auch eine Rechtsanwaltsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH gründen, wobei dieser dann nach § 13 Abs. 3 GmbHG i.V.m. § 6 Abs. 1 HGB die Eigenschaft als Formkaufmann zukommt, so dass stille Beteiligungen insoweit nicht per se ausgeschlossen sind. Aber auch insoweit kann eine stille Beteiligung nur mit Gesellschaftern in Form einer sog. gesplitteten Einlage begründet werden, da es nach § 59e Abs. 3 Alt. 2 BRAO unzulässig ist, 108 BGBl. I 1980, 1142 ff.; Neufassung S. 1993 ff. 109 Siehe zur Rechtslage vor 1980 Blaurock, NJW 1972, 1119 ff. sowie die Vorauflage Rz. 9.75. 110 Zu europarechtlichen Bedenken an § 8 Satz 2 ApoG Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 138, der sich aber letztlich unter Berufung auf die Entscheidung EuGH v. 19.5.2009 – C-171/07 bzw. C-172/07, NJW 2009, 2112 ff. – wonach eine nationale Regelung einer Person, die kein Apotheker ist, den Besitz und den Betrieb einer Apotheke verwehren kann –, für eine Europarechtskonformität ausspricht. 111 EuGH v. 19.5.2009 – C-171/07 bzw. C-172/07, NJW 2009, 2112 ff. („DocMorris“). 112 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 138. 113 BGH v. 15.10.2013 – II ZR 112/11, GuT 2013, 216 Rz. 10, juris; OLG Brandenburg v. 26.1.2016 – 3 U 138/09, Rz. 50, juris m.w.N. 114 Vgl. BGH v. 25.4.2002 – 4 StR 152/01, BGHSt 47, 285 Rz. 12.

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9.78

§ 9 Rz. 9.78 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Dritte am Gewinn einer Rechtsanwaltsgesellschaft zu beteiligen, was wiederum der zwingenden Gewinnbeteiligung eines stillen Gesellschafters nach § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB widerspricht115. Eine Ausnahme von dem Drittbeteiligungsverbot an Rechtsanwaltsgesellschaften ist zudem nach dem Sinn und Zweck der Regelung für die in der Rechtsanwalts-GmbH beschäftigten Berufsträger zu machen (teleologische Reduktion). Während die erste Alternative von § 59e Abs. 3 BRAO auch nicht stimmberechtigte Rechtsanwälte erfassen soll, sind von der zweiten Alternative zumindest die in der GmbH beschäftigten Berufsträger ausgenommen116. Damit kann der in dem Unternehmen einer Rechtsanwalts-GmbH tätige Berufsträger entweder GmbH-Gesellschafter mit allen Vermögens- und Mitverwaltungsrechten sein, sich als stiller Gesellschafter zumindest an dem von den GmbH-Gesellschaftern festgestellten und ggf. auch nur an dem zur Ausschüttung freigegebenen Gewinn der GmbH beteiligen oder ein Angestellter der GmbH sein. c) Stille Beteiligungen an Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen

9.79 Die stille Beteiligung an Steuerberatungsunternehmen, die i.S. des § 1 StBerG Hilfe in Steuersachen leisten, ist nicht prinzipiell ausgeschlossen. Einschränkungen ergeben sich aber zunächst daraus, dass die Steuerberatung als freiberufliche Tätigkeit gilt und damit eine stille Beteiligung an dem Unternehmen eines einzelnen Berufsträgers i.S. des § 3 Nr. 1 StBerG, einer GbR i.S. der §§ 705 ff. BGB oder einer Partnerschaftsgesellschaft i.S. des § 3 Nr. 2 StBerG bzw. des PartGG nicht möglich ist. Zwar können sich Steuerberater als Steuerberatungsgesellschaft (§ 3 Nr. 3, §§ 49 ff. StBerG) durchaus in einer für die stille Beteiligung tauglichen Rechtsform (AG, KGaA, GmbH, OHG und KG) organisieren (§ 49 Abs. 1 StBerG), doch ist auch dann noch zu differenzieren: Berufsträger können sowohl typische als auch atypische stille Beteiligungen an dem Unternehmen einer als Steuerberatungsgesellschaft anerkannten AG, KGaA, GmbH, OHG oder KG eingehen117. Nichtberufsträgern kann aber auch insoweit nur eine typisch stille Beteiligung gewährt werden, die ihnen keinen Einfluss auf die Gesellschaft und deren Gesellschafter und damit auf die Berufsträger ermöglicht118. Vergleichbares gilt auch für die stille Beteiligung an Wirtschaftsprüfungsunternehmen bzw. stille Gesellschaftsverhältnisse mit Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (§§ 27 f. WiPrO)119. Die Gegenansicht, die Nichtberufsträgern grundsätzlich die stille Beteiligung versagen will, kann nicht überzeugen120. Der Gesetzgeber hat im Hinblick auf die Urteile des Bundesgerichtshofs zur stillen Beteiligung an einer Apotheke nur im 115 Vgl. zum Verstoß gegen § 59c Abs. 2 BRAO im Wege einer stillen Gesellschaft OLG Köln v. 1.8.2013 – I-18 U 29/13, MDR 2013, 1071 Rz. 19 ff. 116 Brüggemann in Feuerich/Weyland, § 59e BRAO Rz. 15. 117 Vorausgesetzt wohl von OLG Düsseldorf v. 14.3.1996 – StO 6/93, NJW-RR 1997, 313; vgl. auch Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 77 Rz. 13 f.; keine Diskussion in BSG v. 24.1.2007 – B 12 KR 31/06 R, NZS 2007, 648. 118 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 77 Rz. 14; Harbarth in Großkomm/ HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 140. 119 Vgl. dazu näher Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 77 Rz. 15. 120 Beyer-Petz, DStR 2008, 73 (75).

232 | Lamprecht

Errichtung der stillen Gesellschaft | Rz. 9.82 § 9

Apothekengesetz ein ausdrückliches Verbot der stillen Beteiligung verankert. Dieses kann nicht verallgemeinert werden. d) Sonstige gewerberechtliche Einschränkungen Sofern Gewerbe wie beispielsweise das Versteigerungsgewerbe (§ 34b GewO) lediglich in der Form eines Einzelkaufmanns, einer GbR oder einer aus natürlichen Personen bestehenden OHG betrieben werden dürfen, finden die für die Zulässigkeit stiller Beteiligungen an Apotheken vor der Änderung des Apothekengesetzes entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze121 entsprechende Anwendung122. Danach ist eine typische stille Beteiligung grundsätzlich möglich. Nichtig und nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen abzuwickeln ist eine stille Beteiligung an den genannten Gewerben jedoch dann, wenn der Betreiber durch die stille Gesellschaft in der Führung seines Gewerbes in einer nicht mehr hinnehmbaren Weise beeinflusst bzw. behindert wird und/oder in eine wirtschaftliche Abhängigkeit (z.B. durch einen sehr ungünstigen Gewinnverteilungsschlüssel) gerät.

9.80

2. Finanzmarktrechtliche Errichtungsschranken Durch die Sechste KWG-Novelle vom 5.6.1997 wurde eine kapitalmarktrechtliche Schranke für stille Beteiligungen an Publikumsgesellschaften aufgestellt: Der Kreis der nach dem Gesetz über das Kreditwesen erlaubnispflichtigen Bankgeschäfte (§ 1 Abs. 1 KWG) wurde in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG (Einlagengeschäft) durch einen Auffangtatbestand erweitert, dem auch typische stille Beteiligungen unterliegen können (näher Rz. 18.166 ff.)123.

9.81

3. Kartellrechtliche Errichtungsschranken a) Anwendbares Kartellrecht Kartellrechtliche Schranken für die Errichtung einer stillen Gesellschaft können sich sowohl aus dem Kartellverbot (§§ 1 ff. GWB, Art. 101 Abs. 1 AEUV) als auch aus den Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle (§§ 35 ff. GWB, VO (EG) Nr. 139/ 2004) ergeben. Beide kartellrechtlichen Normenkomplexe sind nebeneinander an-

121 BGH v. 24.9.1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214 = WM 1980, 12 (14) = NJW 1980, 638 (639); BGH v. 3.11.1982 – IVa ZR 47/81, WM 1982, 1439 (1440); dazu auch bereits Blaurock, NJW 1972, 1119 ff. 122 Vgl. dazu näher Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 77 Rz. 6. 123 VG Berlin v. 22.2.1999 – 25 A 276/95, DB 1999, 1377 (1378 ff.); Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 34; Demgensky/Erm, WM 2001, 1445 (1449); Bornemann, ZHR 166 (2002), 211 (215 f.); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 88; zur etwaigen Bankerlaubnispflicht von Gesellschafterdarlehen in Personenhandelsgesellschaften im Lichte von BGH v. 19.3.2013 – VI ZR 56/12 und des aktualisierten Merkblatts der BaFin Fischer/Nicolai, WM 2014, 1709 und Galla/Müller, ZIP 2015, 1862.

Lamprecht | 233

9.82

§ 9 Rz. 9.82 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

wendbar124. Im Bereich des Kartellverbots gelten die Vorschriften des GWB und des AEUV parallel, wobei allerdings Art. 101 AEUV für das deutsche Recht sowohl den Mindest- als auch den Maximalstandard vorgibt. Im Bereich der Zusammenschlusskontrolle sind die Vorschriften des GWB nur anwendbar, soweit die Europäische Kommission nach der VO (EG) Nr. 139/2004 nicht zuständig ist. b) Stille Gesellschaft und Kartellverbot

9.83 Bei einer stillen Gesellschaft sind wettbewerbsbeschränkende Zwecke oder Wirkungen selten125. Bei Anwendung der §§ 1 ff. GWB und des Art. 101 Abs. 1 AEUV auf eine stille Gesellschaft ist aber stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalls zu achten. 9.84 Der Wettbewerb i.S. von § 1 GWB bzw. Art. 101 Abs. 1 AEUV wird durch die gemeinsame Verfolgung einer Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen einer typischen stillen Gesellschaft regelmäßig nicht spürbar beeinflusst. Ausnahmen können sich allerdings bei hohen stillen Beteiligungen ergeben, wenn das damit verbundene erhebliche Interesse des Stillen am wirtschaftlichen Erfolg des Geschäftsinhabers negative Folgen für den Wettbewerb erwarten lässt. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang eine etwaige Pflicht des stillen Gesellschafters, auf dem Markt des vom Geschäftsinhaber betriebenen Handelsgewerbes Wettbewerb zu unterlassen. Auch die Vereinbarung eines solchen Wettbewerbsverbots stellt jedoch bei gegebener Funktionsnotwendigkeit für die stille Gesellschaft keinen Verstoß gegen § 1 GWB bzw. Art. 101 Abs. 1 AEUV dar (siehe dazu auch Rz. 12.35)126. 9.85 Bei der Gründung einer atypischen stillen Gesellschaft, bei der der stille Gesellschafter am Geschäftsvermögen und/oder der Geschäftsführung beteiligt wird, ist im Hinblick auf § 1 GWB bzw. Art. 101 Abs. 1 AEUV immer genauestens zu untersuchen, ob durch die gesellschaftliche Bindung wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen bezweckt oder zumindest bewirkt werden. 9.86 Ein Verstoß gegen § 1 GWB bzw. Art. 101 Abs. 1 AEUV führt, sofern nicht die Legalisierungsmöglichkeiten der §§ 2 f. GWB bzw. Art. 101 Abs. 3 AEUV eingreifen, zur Nichtigkeit (§ 134 BGB i.V.m. § 1 GWB bzw. Art. 101 Abs. 2 AEUV) oder Teilnichtigkeit (§ 139 BGB). Umstritten ist, ob im Falle der Nichtigkeit die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft (Rz. 11.2 ff.) anzuwenden sind127. Nach Auffassung der Rechtsprechung ist das zu verneinen, weil es sich bei dem Kartellverbot um ein im öffentlichen Interesse zur institutionellen Sicherung der Wettbewerbsfreiheit erlassenes Gesetz handele128. 124 Hoffmann/Doehner in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 78 Rz. 2; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 141. 125 Hoffman/Doehner in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 78 Rz. 3 ff. 126 Anders wohl für die einvernehmliche Einstellung der bisherigen Tätigkeit des Stillen Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 142 („liegt ein Verstoß gegen das Kartellverbot nahe“). 127 Ausführlich dazu Roth in FS Hopt, 2881 (2881 ff.). 128 BGH v. 13.11.1990 – KZR 2/89, NJW-RR 1991, 1002 (1003).

234 | Lamprecht

Errichtung der stillen Gesellschaft | Rz. 9.88 § 9

c) Stille Gesellschaft und Fusionskontrolle Voraussetzung für die Anwendung der §§ 35 ff. GWB bzw. der VO (EG) Nr. 139/ 2004129 auf die stille Gesellschaft ist, dass diese sich als Zusammenschluss (§ 37 GWB bzw. Art. 3 VO (EG) Nr. 139/2004) zweier Unternehmen darstellt und dabei die entsprechenden Umsatzgrenzwerte (§ 35 GWB bzw. Art. 1 VO (EG) Nr. 139/2004) erreicht werden130. Aufgrund der sehr hohen Umsatzgrenzwerte bei der europäischen Fusionskontrollverordnung dürfte die europäische Zusammenschlusskontrolle bei stillen Gesellschaften keine nennenswerte Bedeutung erlangen. Im Übrigen ist der Zusammenschlusstatbestand des europäischen Rechts verglichen mit § 35 GWB enger und beschränkt sich auf den Kontrollerwerb131. Sowohl der Vermögenserwerb gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB als auch der Anteilserwerb gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB sind regelmäßig ausgeschlossen132. Der Kontrollerwerb gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB und der Einflusserwerb gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB kommen aber bei der atypisch stillen Gesellschaft beim Vorhandensein von Veto- und Weisungsrecht in Betracht133.

9.87

IV. Zusammenfassung Der Gesellschaftsvertrag bildet die Grundlage der stillen Gesellschaft (Rz. 9.1 ff.). Soweit in ihm das Verhältnis der Gesellschafter nicht vollständig geregelt ist, finden ergänzend die §§ 230 ff. HGB und die §§ 705 ff. BGB mit Ausnahme der Vorschriften, die ein Außenverhältnis und ein Gesellschaftsvermögen voraussetzen, Anwendung, nicht dagegen die Vorschriften über die handelsrechtlichen Personengesellschaften. Bei dem stillen Gesellschaftsvertrag handelt es sich nicht um einen Austauschvertrag i.S. der §§ 320 ff. BGB (Rz. 9.7). Es liegt kein Leistungsaustausch, sondern eine Leistungsvereinigung zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes vor. Die Vorschriften über gegenseitige Verträge sind deshalb nicht anwendbar – auch nicht entsprechend. Auch ohne diese Vorschriften lassen sich sachgerechte, dem Gesellschaftszweck Rechnung tragende Ergebnisse sichern. Der Gesellschaftsvertrag bedarf keiner Form, soweit sich nicht die Formbedürftigkeit aus anderen gesetzlichen Bestimmungen (§ 311b Abs. 1 und 3, § 518 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 3, 4 GmbHG, § 293 Abs. 3 AktG) ergibt (Rz. 9.24 ff.). Die Errichtung einer stillen Gesellschaft muss unter Umständen bzw. kann durch gesetzliche, rechtsgeschäftliche oder organschaftliche Vertreter erfolgen (Rz. 9.35 ff.). Das wirft regelmäßig Fragen der Vertretungsmacht im Außenverhältnis und der Ver129 VO (EG) Nr. 139/2004 des Rates v. 20.1.2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“). 130 Vgl. dazu auf der Grundlage des GWB a.F. v. 22.12.1989, näher Hoffmann/Doehner in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 78 Rz. 11 m.w.N.; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 143; vgl. zu § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB bei der stillen Gesellschaft: OLG Düsseldorf v. 6.7.2005 – VI-Kart 26/04(V) WuW/E 2005, 1271 ff. 131 So auch Hoffmann/Doehner in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 78 Rz. 22. 132 Hoffmann/Doehner in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 78 Rz. 12 und 16 f. 133 Hoffmann/Doehner in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 78 Rz. 15 und 20.

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9.88

§ 9 Rz. 9.88 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

tretungsbefugnis im Innenverhältnis auf. Ob bei Minderjährigkeit eines Vertragspartners zum Abschluss des Gesellschaftsvertrags eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich ist, ist für die atypische stille Gesellschaft regelmäßig zu bejahen, für die typische stille Gesellschaft regelmäßig zu verneinen (Rz. 9.46 ff.). Will eine OHG oder KG einen stillen Gesellschafter aufnehmen oder sich am Handelsgewerbe eines anderen still beteiligen, so handelt es sich im Innenverhältnis zumeist um ungewöhnliche Geschäfte, die der Beschlussfassung aller Gesellschafter unterliegen. Nach außen sind sie regelmäßig wirksam, auch wenn nicht alle Gesellschafter zugestimmt haben. Die Gesellschafter, die ihre Geschäftsführungsbefugnis überschritten haben, sind aber den anderen Gesellschaftern für die ihnen entstandenen Schäden ersatzpflichtig (Rz. 9.66 ff.). Der Vorstand und die Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften haben ebenfalls die im Innenverhältnis bestehenden Beschränkungen ihrer Geschäftsführungsbefugnis zu beachten (Rz. 9.58 ff.). Die Errichtung einer stillen Gesellschaft kann gewerberechtlichen, kapitalmarktrechtlichen und kartellrechtlichen Beschränkungen unterliegen (Rz. 9.1 ff.).

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§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags Schrifttum: Jung, Peter, Firmen von Personenhandelsgesellschaften nach neuem Recht, ZIP 1998, 677; Koenigs, Folkmar, Die stille Gesellschaft, Hamburg 1956; Kort, Michael, Das Informations- und Prüfungsrecht des stillen Gesellschafters gemäß § 233, DStR 1997, 1372; Lörcher, Gino, Das neue Recht der Schiedsgerichtsbarkeit, DB 1998, 245; Schmidt, Karsten, Neues Schiedsverfahrensrecht und Gesellschaftsrechtspraxis, ZHR 162 (1998), 265.

I. Der Mindestinhalt des Gesellschaftsvertrags Das Gesetz enthält keine Bestimmungen darüber, welchen Inhalt im Einzelnen der Gesellschaftsvertrag haben muss. Es überlässt die Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Beziehungen weitgehend der Gestaltungsfreiheit der Beteiligten. Ihr zufolge können sie ihre rechtlichen Beziehungen im Innenverhältnis so ordnen, wie es ihnen am zweckmäßigsten erscheint. Verwiesen sei an dieser Stelle auf die sich im Anhang befindenden Musterverträge einer typischen stillen Gesellschaft und einer atypischen stillen Gesellschaft i.S. des Steuerrechts.

10.1

Immerhin müssen sich aus dem Gesellschaftsvertrag die wesentlichen Merkmale einer stillen Gesellschaft eindeutig ergeben. Es muss aus ihm ersichtlich sein,

10.2

– dass eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung des stillen Gesellschafters am Handelsgewerbe eines anderen gewollt ist (animus contrahendae societatis), – dass der stille Gesellschafter sich verpflichtet, einen Beitrag zu leisten, der, sofern er in einer Vermögenseinlage besteht, in das Vermögen des Inhabers übergeht, – dass der stille Gesellschafter keine dingliche Mitberechtigung am Geschäftsvermögen erhält, – dass die Vereinigung sich auf das Innenverhältnis beschränkt und – dass der stille Gesellschafter am Gewinn beteiligt ist. Soll er am Verlust nicht beteiligt sein, so muss die Verlustbeteiligung vertraglich ausgeschlossen werden. Für die rechtliche Qualifikation des Vertrages als Vertrag über eine stille Gesellschaft ist der Rechtsfolgewille maßgeblich, den die Beteiligten in den Vertragsklauseln zum Ausdruck gebracht haben. Ihre eigene Bezeichnung ist dagegen unerheblich, wenn diese im Widerspruch zum dokumentierten Rechtsfolgewillen steht1. So ist etwa die von ihnen gewählte Bezeichnung für die rechtliche Beurteilung des Vertrages nicht entscheidend, wenn sich aus dem Vertragsinhalt ein Widerspruch mit dem Gesellschaftsrecht im Allgemeinen oder mit dem Recht der stillen Gesellschaft im Besonderen ergibt. Soll nach dem Gesellschaftsvertrag der „stille“ Gesellschafter auch dinglich 1 BFH v. 10.2.1978 – III R 115/76, WM 1978, 994 (995).

Blaurock | 237

10.3

§ 10 Rz. 10.3 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

am Geschäftsvermögen beteiligt sein oder soll das Handelsgewerbe unter einer gemeinschaftlichen Firma betrieben werden, so liegt niemals eine stille Gesellschaft vor, auch wenn der Personenzusammenschluss als solche bezeichnet wird. Andererseits steht der Gebrauch einer unrichtigen Vertragsbezeichnung der Annahme einer stillen Gesellschaft nicht entgegen, wenn der Vertrag in seinen wesentlichen Grundlagen die Merkmale der stillen Gesellschaft aufweist.

II. Der sonstige Inhalt des Gesellschaftsvertrags 10.4 Die Beteiligten sollten es niemals bei dem Mindestinhalt, der das Wesen der stillen Gesellschaft ausmacht, bewenden lassen. Sie sollten darüber hinaus weitere Regelungen in den Gesellschaftsvertrag aufnehmen, um von vornherein in jeder Hinsicht klare und eindeutige Rechtsverhältnisse zu schaffen. 1. Firma, Sitz und Gegenstand des Unternehmens

10.5 Es ist an sich nicht erforderlich, in den Gesellschaftsvertrag eine Bestimmung zum Gegenstand des Unternehmens aufzunehmen. Die Aufnahme einer diesbezüglichen vertraglichen Regelung ist in jedem Falle aber zweckmäßig und ratsam, weil der Inhaber des Handelsgeschäfts mit der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters dann nicht nach seinem Belieben verfahren kann, sondern verpflichtet ist, sie im Rahmen des vereinbarten und genau umschriebenen Gegenstandes des Unternehmens einzusetzen. Das ist wichtig, wenn der Inhaber mehrere Handelsgeschäfte unter verschiedenen Firmen betreibt, der stille Gesellschafter aber nur an den Ergebnissen eines Unternehmens oder einzelner Geschäftszweige beteiligt sein soll. Aus denselben Gründen ist die genaue Festlegung der Firma und des Sitzes des Handelsgeschäfts zu empfehlen. a) Die Firma

10.6 Die stille Gesellschaft nimmt nicht unter einer gemeinschaftlichen Firma am Rechtsverkehr teil. Als Innengesellschaft tritt sie nach außen nicht in Erscheinung. Es gibt nur die Firma des Inhabers des Handelsgewerbes, für die die §§ 17 ff. HGB gelten. 10.7 Wesentliche Funktionen der Firma sind die Firmenunterscheidbarkeit, die Ersichtlichkeit der Gesellschaftsform und der Haftungsverhältnisse (§§ 18, 19 HGB). Die Firmenbildung des Einzelkaufmanns folgt den allgemeinen Regeln: Die Firma muss zur Kennzeichnung geeignet sein, Unterscheidungskraft besitzen (§ 18 Abs. 1 HGB) und darf nicht gegen das Irreführungsverbot verstoßen (§ 18 Abs. 2 HGB). Es besteht vorbehaltlich der genannten Einschränkungen die Wahl zwischen Personen-, Sach- und Phantasiefirmen. Die Firma darf keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse irrezuführen, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind (§ 18 Abs. 2 Satz 1 HGB). Der Name des stillen Gesellschafters darf also in der Firma grundsätzlich nicht erscheinen. Dies würde fälschlicherweise auf das Vorhandensein einer Außengesellschaft (OHG oder KG) hinweisen. Auch können ein Kaufmann 238 | Blaurock

Inhalt des Gesellschaftsvertrags | Rz. 10.10 § 10

und ein stiller Gesellschafter nicht zusammen als „Kaufmann & Stiller e.K.“ firmieren, da ein derartiges Auftreten nach außen in sich widersprüchlich und auch irreführend wäre2. Es ist aber auch denkbar, dass jemand ein bestehendes Handelsgeschäft unter Lebenden erwirbt und dass der bisherige Inhaber daran still beteiligt bleibt. In diesem Falle darf für das Geschäft die bisherige Firma, in der der Name des nunmehr still Beteiligten enthalten ist, mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortgeführt werden, wenn der bisherige Geschäftsinhaber und nunmehrige stille Gesellschafter in die Fortführung der Firma ausdrücklich einwilligt (§ 22 Abs. 1 HGB)3. Wird dies richtig eingetragen und bekannt gemacht, so ist Vertrauensschutz nur noch in den neben § 15 Abs. 2 HGB verbleibenden Grenzen möglich, also dann, wenn besondere Aufklärungspflichten verletzt wurden. Eine allgemeine Rechtsscheinhaftung des stillen Gesellschafters durch seine Namensnennung in der Firma wird in keinem Fall begründet4. Entsprechendes gilt, wenn ein Handelsgeschäft aufgrund eines Nießbrauchs, eines Pachtvertrags oder eines ähnlichen Verhältnisses übernommen wird (§ 22 Abs. 2 HGB). Ferner kann der still Beteiligte sein bisher selbst betriebenes Handelsgewerbe zusammen mit der Firma als Vermögenseinlage in das Handelsgewerbe des Inhabers einbringen (§ 23 HGB). Es gehört dann die Firma zum Vermögen des Inhabers.

10.8

Eine abgeleitete Firma kann also weitergeführt werden, auch wenn in ihr der Name des stillen Gesellschafters enthalten ist. Um jedoch kein Missverständnis über die Haftungsverhältnisse aufkommen zu lassen, ist es zweckmäßig, durch Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes klarzustellen, dass der stille Gesellschafter nicht Mitinhaber des Handelsgeschäfts ist.

10.9

Auf die Firma einer OHG, KG, AG, KGaA, GmbH oder eG hat die stille Beteiligung keinen Einfluss. Ob zur Vermeidung von möglichen Irrtümern ein Hinweis auf das Vorliegen einer stillen Gesellschaft in der Firma grundsätzlich zu unterbleiben hat (§ 18 Abs. 2 HGB), ist strittig5. Die Namen anderer Personen als der persönlich haftenden Gesellschafter durften vor der HGB-Reform 1998 nicht in die Firma einer OHG oder KG aufgenommen werden (§ 19 Abs. 4 HGB a.F.). Ob nunmehr die Namen von Kommanditisten aufgenommen werden dürfen oder ob ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB vorliegt, ist umstritten6. Der Gesetzgeber wollte das Firmenrecht durch die Abschaffung des § 19 Abs. 4 HGB a.F. gerade liberalisieren, so dass über § 18 Abs. 2 HGB n.F. nicht die aufgegebenen alten Wertungen wiederhergestellt werden dürfen7. Hingegen ist es zutreffend, wenn trotz

10.10

2 Canaris, Handelsrecht, § 11 HR Rz. 7. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 15. 4 Anders noch Art. 299 ADHGB (1861). Heute allgemeine Meinung, vgl. nur Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 236; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 15. 5 Ablehnend noch die 6. Aufl., Rz. 10.10. 6 Für die Möglichkeit der Aufnahme zusätzlicher Personen: Heidinger in MünchKomm/ HGB, 4. Aufl. 2016, § 18 HGB Rz. 175, 178; Hopt in Baumbach/Hopt, § 19 HGB Rz. 22; Canaris, Handelsrecht, § 11 HR Rz. 5; a.A. Jung, ZIP 1998, 677 (682). 7 Canaris, Handelsrecht, § 11 HR Rz. 5.

Blaurock | 239

§ 10 Rz. 10.10 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

der Liberalisierung des Firmenrechts weiterhin unter Verweis auf § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB die Aufnahme der Namen von Nichtgesellschaftern in die Firma abgelehnt wird. Es muss wenigstens eine mittelbare Unternehmensbeteiligung gegeben sein8. Für die Aufnahme des Stillen in die Firma ergibt sich folgende Lösung: Der Stille ist mittelbar durch seine Einlage am Geschäft der Handelsgesellschaft beteiligt. Handelt es sich um eine KG, weiß der Außenstehende ohnehin nicht, ob alle Namensträger in der Firma persönlich haftende Gesellschafter sind. Der Name des stillen Gesellschafters kann folglich in die Firma aufgenommen werden. Handelt es sich um eine OHG, erschließt sich aus dem Verbot der Aufnahme von Nichtgesellschaftern, dass alle Namensgeber der Firma persönlich haften. Die Aufnahme des Namens eines stillen Gesellschafters ist in diesem Fall irreführend gemäß § 18 Abs. 2 HGB. Ob in die Firma der GmbH die Namen anderer Personen als der Gesellschafter aufgenommen werden dürfen, ist ebenfalls am Maßstab des Irreführungsverbots des § 18 Abs. 2 HGB zu ermitteln. Da den Gläubigern gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG nur die GmbH mit ihrem Vermögen haftet, kann aus Sicht der Gläubiger kein Vertrauen entstehen, dass eine in der Firma aufgeführte Person persönlich haftet. Die Aufnahme des Namens des stillen Gesellschafters in die Firma der GmbH ist daher zulässig. Nichts anderes gilt für die AG. Der Rechtsformzusatz „GmbH & Still“ ist dagegen aufgrund der Eignung zur Irreführung über die Haftungsverhältnisse firmenrechtlich unzulässig.

10.11 Verstöße gegen die Vorschriften über die Handelsfirma berechtigen das Registergericht zum Einschreiten gemäß § 37 Abs. 1 HGB i.V.m. § 392 FamFG und können für den stillen Gesellschafter eine Haftung für die Verbindlichkeiten des Inhabers begründen. Soweit ein stiller Gesellschafter unzulässig in die Firma des e.K. oder der OHG aufgenommen worden ist, kommt eine Haftung gegenüber Gläubigern als Scheinhandelsgesellschafter in Betracht. 10.12 Zum Schutz des stillen Gesellschafters und im Interesse der ordnungsgemäßen Verwendung seiner Vermögenseinlage ist es zulässig, im Innenverhältnis zu vereinbaren, dass der Inhaber die Firma, die im Zeitpunkt der Errichtung der Gesellschaft bestand, ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters nicht ändern darf. Aber auch ohne ausdrückliche Vereinbarung wird man im Wege der Vertragsauslegung in der Regel zu demselben Ergebnis kommen müssen, insbesondere dann, wenn der Inhaber noch unter einer anderen Firma Handelsgeschäfte betreibt oder an anderen Firmen beteiligt ist. b) Der Gegenstand des Unternehmens

10.13 Gegenstand des Unternehmens einer stillen Gesellschaft kann jedes Handelsgewerbe sein (Rz. 5.2 ff.). Auch hier werden die Beteiligten gut daran tun, im Gesellschaftsver-

8 Canaris, Handelsrecht, § 11 HR Rz. 6; a.A. in Bezug auf Personengesellschaften mit einem Rechtsformzusatz nach § 19 Abs. 2 HGB: Heidinger in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2016, § 18 HGB Rz. 179; OLG Karlsruhe v. 24.2.2010 – 11 Wx 15/09, RNotZ 2010, 482.

240 | Blaurock

Inhalt des Gesellschaftsvertrags | Rz. 10.17 § 10

trag das Handelsgewerbe, an dem die stille Gesellschaft stattfinden soll, nach Art, Geschäftszweig und Umfang so genau wie möglich zu umschreiben und zu vereinbaren, dass der Geschäftsinhaber den Gegenstand des Unternehmens nicht ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters verändern darf. Auch diese Vereinbarung beschränkt sich in ihrer Wirkung auf das Innenverhältnis. Handelt ihr der Inhaber zuwider, so liegt darin eine Verletzung des Gesellschaftsvertrags, die den stillen Gesellschafter zum Ersatz des ihm entstandenen Schadens berechtigt und ihm einen wichtigen Grund zur fristlosen Lösung des Gesellschaftsverhältnisses geben kann (Rz. 12.7 ff. und 14.30 ff.). Wird in der Form der stillen Gesellschaft ein erlaubtes Glücksspiel betrieben, so verstößt das nicht gegen § 134 BGB9. Wegen atypischer stiller Gesellschaften an Unternehmen, für deren Betrieb eine persönliche Konzession erforderlich ist, siehe Rz. 9.76 ff.

10.14

c) Der Sitz des Unternehmens Da die stille Gesellschaft keine Außengesellschaft ist, hat sie keinen Sitz im handelsrechtlichen Sinne. Der Sitz des Handelsgewerbes, d.h. der Ort, wo die Verwaltung geführt wird, bestimmt sich nach den für den Inhaber geltenden Bestimmungen. Im Gesellschaftsvertrag kann – wiederum beschränkt auf das Innenverhältnis – vereinbart werden, dass der Inhaber zur Verlegung des Sitzes seines Handelsgeschäfts der Zustimmung des stillen Gesellschafters bedarf. Ist eine solche Bestimmung nicht in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen, wird man in der Regel aufgrund der gegebenen Interessenlage im Wege der Auslegung zu demselben Ergebnis kommen.

10.15

Der Sitz ist maßgebend für den Gerichtsstand (§ 17 ZPO). Bei Rechtsstreitigkeiten ist die stille Gesellschaft weder aktiv noch passiv parteifähig10. Nur der Inhaber des Handelsgeschäfts ist Partei. In den von ihm oder gegen ihn geführten Prozessen kann der stille Gesellschafter Zeuge sein. Die stille Gesellschaft hat keinen eigenen Gerichtsstand. § 22 ZPO ist nicht anwendbar. Für Streitigkeiten der Gesellschafter untereinander ist sowohl während des Bestehens als auch nach Auflösung der Gesellschaft die Kammer für Handelssachen zuständig (§ 95 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a, § 96, § 98 GVG).

10.16

2. Informations-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte des stillen Gesellschafters § 233 Abs. 1 HGB, wonach der stille Gesellschafter berechtigt ist, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und ihre Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen, enthält nachgiebiges Recht11. In den Gesellschaftsverträgen werden häufig Vereinbarungen getroffen, durch die die Kontrollrechte des stil-

9 BGH v. 19.9.1963 – II ZR 76/61, MDR 1963, 988. 10 Für den Fall einer notwendigen Beiladung der stillen Gesellschaft erfolgt die Vertretung durch den Empfangsberechtigten, vgl. BFH v. 21.12.2011 – IV B 101/10, BFH/NV 2012, 598. 11 Vgl. Kort, DStR 1997, 1372.

Blaurock | 241

10.17

§ 10 Rz. 10.17 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

len Gesellschafters erweitert oder beschränkt werden (siehe dazu näher Rz. 12.45 ff.)12. Eine Erweiterung wird regelmäßig vereinbart, wenn es sich um eine hohe Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters handelt, wenn er auch an den Anlagewerten, an den Rücklagen und am Geschäfts- oder Firmenwert beteiligt sein soll oder wenn er im Innenverhältnis der eigentliche Geschäftsherr ist.

10.18 Eine Beschränkung der Informations- und Kontrollrechte ist zweckmäßig, wenn mehrere stille Gesellschafter vorhanden sind und der Inhaber daran interessiert ist, dass nicht jeder einzelne seine Rechte selbständig und unabhängig von den anderen ausübt (dazu Rz. 5.56), wenn die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters für das Handelsgeschäft nur geringe Bedeutung hat oder wenn er selbst ein Handelsgewerbe betreibt und mit dem Geschäftsinhaber im Wettbewerb steht. 10.19 Bei einer aus diesen Gründen erfolgenden Beschränkung der Informations- und Kontrollrechte im Gesellschaftsvertrag ist allerdings darauf zu achten, dass die vertraglichen Regelungen die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters nicht zu sehr beschneiden, denn eine zu starke Beschränkung seiner Informations- und Kontrollrechte kann die Existenz einer stillen Gesellschaft überhaupt in Frage stellen oder sittenwidrig bzw. nichtig sein (Rz. 12.46)13. 10.20 Obgleich der stille Gesellschafter kraft Gesetzes keine Mitwirkungsbefugnisse hat, können ihm solche durch den Gesellschaftsvertrag übertragen werden (Rz. 12.36, 12.45 ff., 12.61 ff.). Hier ist wiederum der Privatautonomie ein weiter Spielraum gelassen. Bestimmte Rechtshandlungen (Änderung der Firma, des Sitzes) oder bestimmte Rechtsgeschäfte (Grundstücksgeschäfte, Erwerb und Veräußerungen von Betrieben und Beteiligungen, Beteiligung weiterer stiller Gesellschafter, wesentliche Anstellungsverträge) können zu ihrer Wirksamkeit im Innenverhältnis von der Zustimmung oder Genehmigung des stillen Gesellschafters abhängig gemacht werden. Er kann an der Geschäftsführung beteiligt werden, sei es zusammen mit dem Inhaber, sei es neben ihm oder unter seinem gänzlichen Ausschluss; er kann mit Wirkung nach außen zum Handlungsbevollmächtigten oder Prokuristen bestellt werden (Rz. 12.36 ff.). 3. Beitragsleistung, Gewinn- und Verlustbeteiligung

10.21 Art und Höhe der Beitragsleistung sowie ihre Bewertung sind im Gesellschaftsvertrag festzulegen. Dasselbe gilt für die Höhe des Gewinn- und Verlustanteils, für den der Gewinn- und Verlustverteilung zugrunde zu legenden Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel (vgl. Rz. 7.1 ff.), sowie dafür, ob die Gewinn- und Verlustverteilung auf der Grundlage der Handelsbilanz (Jahresabschluss) oder der Steuerbilanz vorgenommen werden soll (vgl. Rz. 8.64 ff.)14. Soll der stille Gesellschafter nicht am Verlust be12 Zum Umfang eines gesellschaftsvertraglich vereinbarten Einsichtsrechts des stillen Gesellschafters bei Beteiligung des Geschäftsinhabers an weiteren Gesellschaften vgl. BGH v. 16.1.1984 – II ZR 36/83, ZIP 1984, 702. 13 Vgl. Kort, DStR 1997, 1372 (1375). 14 Zur Auslegung einer Verlustbeteiligungsregelung in stiller Gesellschaft und in atypisch stiller Gesellschaft in Abgrenzung zur persönlichen Nachschusspflicht des stillen Gesellschafters vgl. OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, ZIP 1986, 916.

242 | Blaurock

Inhalt des Gesellschaftsvertrags | Rz. 10.24 § 10

teiligt sein, so bedarf dies der Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag (§ 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB; vgl. dazu Rz. 7.61). Sofern der Stille seine Beitragsleistung erbracht hat15, ist er zu weiteren Leistungen an den Inhaber nur verpflichtet, wenn im Gesellschaftsvertrag eine solche „Nachschusspflicht“ vorgesehen ist (§ 707 BGB)16. Dasselbe gilt für die nachträgliche Erhöhung der Vermögenseinlage. Insbesondere vermehrt der von dem Stillen der Gesellschaft belassene Gewinn dessen Einlage nur dann, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde (§ 232 Abs. 3 HGB). Selbst dann, wenn eine „Nachschussverpflichtung“ oder eine Verpflichtung zur Einlagenerhöhung im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist, beschränkt sich diese Vereinbarung ebenso wie die Verpflichtung zur Leistung des ursprünglichen Beitrags auf das Innenverhältnis. Die Gläubiger des Inhabers können daraus keine unmittelbaren Ansprüche gegen den stillen Gesellschafter herleiten, wohl aber die Forderung des Inhabers gegen ihn auf Leistung des rückständigen Beitrags pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen.

10.22

4. Auseinandersetzungsguthaben, schwebende Geschäfte In jedem Fall sollte der Gesellschaftsvertrag die Berechnung des Auseinandersetzungsanspruchs des stillen Gesellschafters bei Beendigung der stillen Gesellschaft regeln. Das Gesetz bestimmt in § 235 Abs. 1 HGB hierzu lediglich, dass das Guthaben des stillen Gesellschafters in Geld zu berichtigen ist, lässt die näheren Modalitäten aber offen. Dies birgt den Keim für Streit bei der Auseinandersetzung in sich, da mit ihr zu klären ist, inwieweit der stille Gesellschafter für in dem Handelsgewerbe vorhandene stille Reserven abzufinden ist. Dies gilt in jedem Fall für die atypische stille Gesellschaft mit Vermögensbeteiligung des Stillen, die sich gerade durch die umfassende Abfindung für solche stille Reserven auszeichnet (vgl. Rz. 4.28 ff.), aber auch für die übrigen Formen der stillen Gesellschaft. Denn auch bei ihnen kommt eine solche Abfindung in Betracht, soweit während des Bestehens der stillen Gesellschaft stille Reserven (ggf. auch Verluste) gebildet wurden, an denen der stille Gesellschafter zwar nicht im Jahr ihrer wirtschaftlichen Verursachung, wohl aber bei Beendigung der stillen Gesellschaft partizipieren soll (vgl. Rz. 15.22 ff., 15.24). Die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens ist deswegen zentraler Bestandteil jedes Vertrages über die Errichtung einer stillen Gesellschaft.

10.23

Empfehlenswert ist es, die letzte Jahresschlussbilanz vor der Auflösung der stillen Gesellschaft zur Grundlage der Berechnung des Auseinandersetzungsanspruchs zu bestimmen, um auf diese Weise die gesonderte Erstellung einer Bilanz im Falle der Beendigung der stillen Gesellschaft zu vermeiden. Dies entspricht ohnehin der Regelung in §§ 132, 234 Abs. 1 Satz 1 HGB, sollte darüber hinaus aber auch für alle anderen

10.24

15 Zur Frage, wann eine Einlage geleistet ist, vgl. BFH v. 24.4.2014 – IV R 18/10, GmbHR 2014, 1113. 16 Zur Bestimmtheit der Nachschusspflicht vgl. BGH v. 4.7.2005 – II ZR 354/03, ZIP 2005, 1455; BGH v. 23.1.2006 – II ZR 306/04, ZIP 2006, 562; BGH v. 23.1.2006 – II ZR 126/04, ZIP 2006, 754; BGH v. 19.3.2007 – II ZR 73/06, ZIP 2007, 812; BGH v. 21.5.2007 – II ZR 96/06, ZIP 2007, 1458.

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§ 10 Rz. 10.24 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Fälle des Ausscheidens gelten. Für die darüber hinausgehende Berechnung des Abfindungsguthabens sind verschiedene Regelungen denkbar (vgl. hierzu im Einzelnen Rz. 15.28 f.). Dem Gestaltungswillen der Gesellschafter sind insoweit nur geringe Grenzen gesetzt. Insbesondere können die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Zulässigkeit von Abfindungsbeschränkungen bei Gesamthandsgesellschaften nur sehr bedingt auf die stille Gesellschaft übertragen werden, da bei der typischen stillen Gesellschaft der stille Gesellschafter ohnehin nur in sehr eingeschränktem Maße über den Buchwert seiner Einlage hinaus abzufinden ist (vgl. Rz. 15.22 ff.), der Vergleichsmaßstab für Abfindungsbeschränkungen bei stillen Gesellschaften also von vornherein ein anderer ist als bei Gesamthandsgesellschaften. Dennoch können auch bei stillen Gesellschaften Abfindungsbeschränkungen unter Umständen unwirksam sein.

10.25 Unwirksam können bei typischen stillen Gesellschaften vor allem Abfindungsklauseln sein, die die Abfindung unter den Buchwert der Einlage des stillen Gesellschafters senken. In diesem Fall wird noch von der gesetzlichen Regelung des § 235 Abs. 1 HGB nach unten abgewichen. Hierin liegt zumindest dann ein Verstoß gegen § 138 BGB, wenn die Klausel Gläubiger unangemessen benachteiligt, weil sie nur für den Fall der Gläubigerkündigung gilt17, oder wenn sie den stillen Gesellschafter unangemessen benachteiligt, weil sie auch dann anzuwenden ist, wenn der Geschäftsinhaber die stille Gesellschaft kündigt, ohne dass der stille Gesellschafter hierfür einen wichtigen Grund gesetzt hat18. Entsprechend der Rechtslage bei Gesamthandsgesellschaften wird man auch sonst eine Abfindung unter dem Buchwert regelmäßig als unwirksam ansehen müssen, sofern sie nicht ausnahmsweise durch besondere Interessen des Geschäftsführers gerechtfertigt ist19. Insofern kommt insbesondere in Betracht, dass Liquiditätsinteressen des Geschäftsinhabers zumindest die Fälligkeit des Abfindungsguthabens hinausschieben20. Hingegen hat die Rechtsprechung lediglich in dem Umstand, dass die Beteiligung dem Gesellschafter von dem Inhaber zuvor geschenkt war, keine Rechtfertigung für eine Abfindungsbeschränkung gesehen21. Ob ein gänzlicher Ausschluss der Abfindung im Falle des Todes eines Gesellschafters wie bei Gesamthandsgesellschaften unter dem Gesichtspunkt gerechtfertigt sein 17 BGH v. 7.4.1960 – II ZR 69/58, BGHZ 32, 151 (155); BGH v. 12.6.1975 – II ZB 12/73, BGHZ 65, 22 (26 ff.). 18 BGH v. 29.5.1978 – II ZR 52/77, NJW 1979, 104; vgl. auch BGH v. 9.1.1989 – II ZR 83/ 88, ZIP 1989, 770 (772). 19 BGH v. 16.12.1991 – II ZR 58/91, BGHZ 116, 359 (376). 20 Vgl. OLG München v. 8.10.2014 – 15 U 756/14 (bestätigt durch Beschluss des BGH v. 22.9.2015 – II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 mit der Folge der Revisionsrücknahme). Hier verlangten die stillen Gesellschafter einer KG nach fristgerechter und wirksamer Kündigung klageweise die Auszahlung ihrer vertraglich vereinbarten Abfindung. Die beklagte KG hingegen verweigerte unter Berufung auf eine entsprechende Klausel die Auszahlung, da bei einer Auszahlung der Abfindung auch mit der Geltendmachung von Ansprüchen weiterer stiller Gesellschafter zu rechnen sei, die die Beklagte in ihrer Gesamtsumme nicht erfüllen könne, was dann ihre Insolvenz zur Folge habe. Der Klage wurde stattgegeben, da die Klausel einen Zahlungsausschluss nur für den Fall der Insolvenzgefährdung durch die Rückzahlung der konkreten Einzeleinlage vorsah. Die Berufung blieb ohne Erfolg. 21 BGH v. 9.1.1989 – II ZR 83/88, ZIP 1989, 770 (772) (Gesamthandsgesellschaft).

244 | Blaurock

Inhalt des Gesellschaftsvertrags | Rz. 10.28 § 10

kann, dass die Regelung für alle Gesellschafter gleichmäßig gilt, erscheint wegen der unterschiedlichen Struktur von Gesamthands- und Innengesellschaften zweifelhaft. Unwirksam können bei typischen stillen Gesellschaften ferner Klauseln sein, die das unentziehbare Kündigungsrecht nach § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB schwerwiegend beeinträchtigen, weil sie speziell für den Fall der Kündigung im Verhältnis zum Buchwert der Einlage entweder eine unverhältnismäßig niedrige oder eine unverhältnismäßig hohe Abfindung bestimmen. Hingegen ist für die bei Gesamthandsgesellschaften im Zusammenhang mit Abfindungsbeschränkungen bedeutsame ergänzende Vertragsauslegung nur sehr eingeschränkt Raum, da typische stille Gesellschafter anders als Gesamthandsgesellschafter per definitionem grundsätzlich nur an dem buchmäßig ausgewiesenen Erfolg des Handelsgewerbes partizipieren. Anderes kann nur dann gelten, wenn während des Bestehens der stillen Gesellschaft im Übermaß stille Reserven gelegt wurden, an denen der stille Gesellschafter sonst – entgegen der Intention des Gesellschaftsvertrags – gar nicht teilhaben würde. Selbst in diesem Fall werden aber häufig die Interessen an einer einfachen Berechnung des Abfindungsguthabens die Abfindung zum Buchwert rechtfertigen. Für atypische stille Gesellschaften gilt insofern prinzipiell nichts anderes als für typische stille Gesellschaften, da gerade die Regelung des Abfindungsguthabens für die Unterscheidung zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften von Bedeutung ist22. Wenn sich aus dem Inbegriff aller Vertragsbestandteile deutlich ergibt, dass die Vertragsparteien eine volle Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters vereinbaren wollten, können die Grundsätze über Abfindungsbeschränkungen bei Gesamthandsgesellschaften angewandt werden23.

10.26

Gemäß § 235 Abs. 2 HGB nimmt der stille Gesellschafter an dem Gewinn und Verlust der zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäfte teil. Für die Gewinne und Verluste aus den im Zeitpunkt der Errichtung der Gesellschaft schwebenden Geschäften sieht das Gesetz keine Regelung vor. Im Zweifel ist der stille Gesellschafter daran zu beteiligen, da sie einen Teil der regulären Geschäftsergebnisse bilden (siehe näher Rz. 15.65 ff.).

10.27

In beiden Fällen handelt es sich um nachgiebiges Recht. Es kann deshalb die Beteiligung des stillen Gesellschafters an den Gewinnen der bei Beginn der Gesellschaft schwebenden Geschäfte, die dann aber eindeutig gekennzeichnet werden müssen, ausgeschlossen werden. Dasselbe gilt für die Beteiligung an den bei Auflösung der Gesellschaft schwebenden Geschäften. Es kann auch so verfahren werden, dass dem stillen Gesellschafter ohne Rücksicht auf das Ergebnis der endgültig abgewickelten Geschäfte vertraglich ein Pauschalabfindungsbetrag zuerkannt wird (Rz. 15.71).

10.28

22 Vgl. OLG München v. 8.7.1992 – 7 U 1562/91, NJW-RR 1994, 161; zur Zulässigkeit von Buchwertklauseln bei stillen Publikumsgesellschaften: Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 262–268. 23 Zu diesen vgl. Haas in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 131 HGB Rz. 61 ff.

Blaurock | 245

§ 10 Rz. 10.29 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

5. Übertragung der Beteiligung

10.29 Der Charakter der stillen Gesellschaft als Personengesellschaft gestattet grundsätzlich keine Übertragung der Mitgliedschaft und der nichtvermögensrechtlichen Ansprüche, die den Gesellschaftern aus dem Gesellschaftsverhältnis gegeneinander zustehen, auf dritte Personen. Es würde ihrer personenrechtlichen Verbundenheit widersprechen, wenn ein Gesellschafter seine Beteiligung ohne Zustimmung des anderen auf eine dritte Person übertragen könnte, mit der der andere nun fortan zusammenarbeiten müsste24. Damit ist die freie Übertragbarkeit für den personenrechtlichen Teil der Mitgliedschaft ohne Zustimmung des anderen Gesellschafters ausgeschlossen, und zwar sowohl hinsichtlich einzelner Befugnisse als auch hinsichtlich der Summe der Einzelrechte, die zu dem personenrechtlichen Teil der Mitgliedschaft gehören. 10.30 Unübertragbar sind deshalb auf Seiten des stillen Gesellschafters das ihm vertraglich eingeräumte Recht auf Teilnahme an der Geschäftsführung, ihm vertraglich zustehende Zustimmungs-, Widerspruchs- und Informationsrechte und die Kontrollrechte aus § 233 HGB (vgl. § 717 Satz 1 BGB). Auf Seiten des Inhabers sind die ihm zustehenden Rechte und Pflichten zur Förderung des gemeinschaftlichen Zweckes sowie die vermögensrechtlichen Sozialansprüche wie etwa der Anspruch auf eine vereinbarte Vermögenseinlage von der Übertragung ausgeschlossen. 10.31 Auch die vermögensrechtliche Beteiligung kann während des Bestehens der Gesellschaft nicht einseitig auf Dritte übertragen werden, da auch sie einen integrierten Bestandteil der Mitgliedschaft bildet und von ihr nicht ohne Zustimmung des anderen Gesellschafters gelöst werden kann. 10.32 Dagegen sind die Ansprüche auf den anteiligen Gewinn und auf das künftige Auseinandersetzungsguthaben übertragbar (§ 717 Satz 2 BGB)25. Es handelt sich um vermögensrechtliche Geldansprüche, die übertragen werden können, weil sie nicht mehr in den Gesellschaftsbereich gehören, sondern bereits der vermögensrechtlichen Individualsphäre des stillen Gesellschafters zugeordnet sind. Soweit die Ansprüche übertragbar sind, können sie gepfändet oder verpfändet werden. Eine Pfändung ist auch möglich, wenn im Gesellschaftsvertrag die Nichtabtretbarkeit vereinbart worden ist (§ 851 Abs. 2 ZPO). 10.33 Mit der Abtretung des Gewinnanspruchs geht grundsätzlich nur das Recht auf Auszahlung des festgestellten Gewinns auf den Abtretungsempfänger über. In Übereinstimmung mit dem im Recht der Personengesellschaft allgemein geltenden Grundsatz (§ 717 BGB), wonach die Rechte der Gesellschafter unübertragbar sind und einzelne Rechte im allgemeinen nur insoweit abgetreten und vom Gesellschaftsanteil abgespalten werden können, als das Gesetz selbst Ausnahmen zulässt, können auch die dem stillen Gesellschafter nach § 233 HGB zustehenden Informations- und Überwachungsrechte nicht übertragen werden. Der Abtretungsempfänger kann deshalb 24 Allgemein zur Frage der Abspaltbarkeit von mitgliedschaftlichen Rechten mit und ohne Zustimmung des Mitgesellschafters vgl. BGH v. 10.11.1951 – II ZR 111/50, BGHZ 3, 354 (357). 25 BGH v. 3.11.1975 – II ZR 98/74, NJW 1976, 189 = GmbHR 1976, 37.

246 | Blaurock

Inhalt des Gesellschaftsvertrags | Rz. 10.37 § 10

weder die Mitteilung des Jahresabschlusses noch die Einsicht in die Geschäftsbücher und Geschäftspapiere verlangen. Es würde der Höchstpersönlichkeit der gesellschaftsrechtlichen Informations- und Überwachungsrechte widersprechen, sie einem Dritten zur Ausübung im eigenen Namen zu überlassen. Wenn hiernach auch kein allgemeines Informations- und Überwachungsrecht übertragen werden kann, so kann doch nicht an der Tatsache vorbeigegangen werden, dass durch die Abtretung auch das Recht auf Auszahlung des Gewinnanteils erworben wurde. Hierbei handelt es sich um einen Zahlungsanspruch, der seinem Inhalt nach unbestimmt ist. Er entsteht nur dann und soweit, als ein Gewinn festgestellt wird. In einem solchen Fall enthält die Verpflichtung, den jeweils festgestellten Gewinnanteil des übertragenden Gesellschafters dem Abtretungsempfänger auszuzahlen, nach Treu und Glauben auch das Gebot, diesem den errechneten Gewinnanteil der Höhe nach mitzuteilen26. Selbstverständlich kann jeder Gesellschafter mit Zustimmung des anderen seine Beteiligung und die damit verbundenen Gesellschaftsrechte auf einen anderen übertragen. Das kann auch schon im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden. Anhand des Gesellschaftsvertrags ist dann zu ermitteln, welche Form der Beteiligungsübertragung im Einzelnen dem Willen der Beteiligten entspricht.

10.34

Danach kann es sein, dass die stille Gesellschaft zwischen den bisher beteiligten Personen im Zeitpunkt der Übertragung enden soll. Dann kommt zwischen dem verbleibenden Gesellschafter und dem Erwerber der Beteiligung ein neuer Gesellschaftsvertrag – im Zweifel zu den bisherigen Bedingungen – zustande.

10.35

Dem im Gesellschaftsvertrag niedergelegten Willen der Beteiligten wird es allerdings in der Regel entsprechen, einen Übergang der Mitgliedschaft als Ganzes unter Wahrung der Identität der bestehenden stillen Gesellschaft anzunehmen27. Diese Form der Beteiligungsübertragung vollzieht sich zwischen ausscheidendem und neu eintretendem Gesellschafter, und bei ihr tritt der neue Geschäftsinhaber oder stille Gesellschafter im vollen Umfang in die Rechtsstellung seines Vorgängers ein28. Bei einem Wechsel des Geschäftsinhabers erhält der neue Geschäftsinhaber damit einen wirtschaftlichen Ausgleich für die gegenüber dem stillen Gesellschafter übernommenen Verpflichtungen vom alten Geschäftsinhaber. Bei einem Wechsel des stillen Gesellschafters findet diesen der neue stille Gesellschafter ab.

10.36

Eine Sonderregelung gilt für den Fall des Todes eines Beteiligten. Während die stille Gesellschaft durch den Tod des Inhabers aufgelöst wird, führt der Tod des stillen Gesellschafters nicht zur Auflösung (§ 234 Abs. 2 HGB). Den Gesellschaftern bleibt es jedoch unbenommen, zu vereinbaren, dass beim Tod des Inhabers die Gesellschaft mit seinen Erben fortgesetzt oder dass sie beim Tod des stillen Gesellschafters aufgelöst werden soll (Rz. 14.43 ff., 14.49 ff.).

10.37

26 BGH v. 3.11.1975 – II ZR 98/74, NJW 1976, 189 = GmbHR 1976, 37; Habermeier in Staudinger, 13. Bearb. 2003, § 717 BGB Rz. 19. 27 So allgemein für Personengesellschaften BGH v. 28.4.1954 – II ZR 8/53, BGHZ 13, 179 (185). 28 BGH v. 8.11.1965 – II ZR 223/64, BGHZ 44, 229 (231); Schäfer in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2017, § 719 BGB Rz. 17 ff.

Blaurock | 247

§ 10 Rz. 10.38 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

10.38 Die grundsätzliche Unübertragbarkeit der stillen Beteiligung lässt den Unterschied gegenüber dem Darlehen deutlich erkennen. Obwohl sich im Regelfalle die Verpflichtung des stillen Gesellschafters in der Leistung der übernommenen Vermögenseinlage erschöpft und deshalb dem Darlehen wirtschaftlich nahe kommt, ist die Interessenlage eine wesentlich andere. Dem Inhaber des Handelsgeschäfts kann es nicht gleichgültig sein, wer ihm als stiller Gesellschafter gegenübersteht, ebenso wie es dem stillen Gesellschafter nicht gleichgültig sein kann, mit wem er es als Inhaber zu tun hat. Für den Inhaber ist das Interesse an der Unübertragbarkeit der Beteiligung besonders offensichtlich, wenn der stille Gesellschafter seine Einlage noch nicht oder noch nicht voll geleistet oder wenn er sich zur Einbringung persönlicher Dienstleistungen verpflichtet hat, wenn er an der Geschäftsführung beteiligt ist oder über weitgehende Mitwirkungs-, Zustimmung- und Kontrollrechte verfügt. Aber auch bei normaler Gestaltung des Gesellschaftsverhältnisses verbietet der gemeinsam zu verfolgende Gesellschaftszweck, dass dem Inhaber ohne oder gegen seinen Willen ein anderer stiller Gesellschafter aufgezwungen wird. Will dagegen der stille Gesellschafter an seiner Beteiligung einen anderen unterbeteiligen, bedarf es dazu nicht der Zustimmung des Inhabers, weil zwischen diesem und dem Unterbeteiligten keine Rechtsbeziehungen entstehen (hierzu näher Rz. 30.27 f.). 10.39 Andererseits hat auch der stille Gesellschafter ein berechtigtes Interesse daran, dass ohne seinen Willen kein Inhaberwechsel stattfindet. Es kann deshalb im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass der Inhaber sein Handelsgeschäft, an dem die Beteiligung besteht, nicht oder nur mit Zustimmung des stillen Gesellschafters veräußern oder in eine andere Rechtsform umwandeln darf (Rz. 12.15 ff., Rz. 17.1 ff.). Mit einer derartigen Klausel würde noch einmal ausdrücklich festgeschrieben, dass es der gemeinsam zu verfolgende Gesellschaftszweck verbietet, dem stillen Gesellschafter ohne oder gegen seinen Willen einen anderen Geschäftsinhaber aufzuzwingen. Darüber hinaus kann aber auch die Aufnahme weiterer Gesellschafter von der Zustimmung des still Beteiligten abhängig gemacht werden. 6. Dauer der stillen Gesellschaft, Kündigung

10.40 Soll die Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen werden, muss dies im Gesellschaftsvertrag vereinbart sein. Mit dem Ablauf der vorgesehenen Zeit löst sich dann die Gesellschaft auf (Rz. 14.11 f.). Soll sie weiterhin fortbestehen, bedarf es eines neuen Vertrags, der auch stillschweigend geschlossen werden kann29. In der Fortführung des Handelsgeschäfts durch den Inhaber über die vorgesehene Zeit hinaus ist eine solche stillschweigende Vereinbarung nicht zu sehen. Es muss vielmehr zwischen den Beteiligten eine Einigung darüber bestehen, dass das Gesellschaftsverhältnis fortbestehen soll. Das den Gesellschaftern zustehende Kündigungsrecht kann im Gesellschaftsvertrag abweichend von den nachgiebigen gesetzlichen Vorschriften geregelt werden (Rz. 14.23 ff.).

29 BayObLG v. 2.1.1951 – UmstBeschwReg. 12/50, NJW 1951, 237 (238).

248 | Blaurock

Inhalt des Gesellschaftsvertrags | Rz. 10.44 § 10

7. Geheimhaltung der stillen Gesellschaft Das Bestehen des stillen Gesellschaftsverhältnisses braucht an sich vor der Öffentlichkeit nicht geheim gehalten zu werden. Häufig macht der Inhaber mit Einwilligung des stillen Gesellschafters seinen Gläubigern im Interesse seiner Kreditwürdigkeit davon Mitteilung. Rechtsbeziehungen zwischen diesen und dem stillen Gesellschafter werden dadurch nicht erzeugt. Insbesondere haftet der stille Gesellschafter nicht für die im Rahmen des Handelsgeschäfts begründeten Verbindlichkeiten. Hierzu bedarf es gesonderter Vereinbarungen (siehe näher Rz. 12.65 ff.). Eine Rechtsscheinhaftung des Stillen wird lediglich dann begründet, wenn er den Anschein hervorruft oder unterhält, er sei Geschäftsinhaber oder persönlich haftender Gesellschafter30.

10.41

Die Beteiligten können aber auch daran interessiert sein, dass die stille Gesellschaft nach außen nicht bekannt wird (zur Problematik des Transparenzregisters näher Rz. 2.16 ff.). Sie können dann diesbezügliche Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag treffen. Bei schuldhafter Zuwiderhandlung ergeben sich Schadensersatzverpflichtungen. Auch ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses kann gegeben sein (Rz. 12.31, dort auch zur Geheimhaltung als Ausfluss der Treuepflicht des Geschäftsinhabers).

10.42

8. Gewährung von Sicherheiten an den stillen Gesellschafter Im Gesellschaftsvertrag kann vereinbart werden, dass der Abfindungsanspruch des stillen Gesellschafters durch Pfandrechte, Hypotheken oder im Wege der Sicherungsübereignung gesichert werden soll. Die hypothekarische Sicherung der Einlage führt, da der Auseinandersetzungsanspruch des stillen Gesellschafters erst mit der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses entsteht, zunächst zur Entstehung einer Eigentümergrundschuld, die sich im Zeitpunkt der Auflösung in eine Fremdhypothek verwandelt31. Aber auch der künftige Auseinandersetzungsanspruch muss bereits der Höhe nach bestimmbar sein, um die (vorläufige) Eigentümergrundschuld eintragen zu können32. Auch Vereinbarungen darüber, dass der Abfindungsanspruch in angemessenen Raten zurückzuzahlen ist, um nicht die Liquidität des Unternehmens zu gefährden, haben sich in der Praxis als zweckmäßig erwiesen.

10.43

9. Vereinbarung eines Schiedsgerichts Die Vereinbarung eines Schiedsgerichts, also eines privaten Gerichts, das im schiedsrichterlichen Verfahren entscheidet, hat den Vorteil, dass Streitigkeiten nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen werden müssen; die stille Beteiligung wird also auch im Falle eines Rechtsstreits nicht publik. Dazu kommt, dass Meinungsverschiedenheiten in aller Regel auf diese Weise verhältnismäßig schnell beigelegt werden können.

30 BAG v. 16.3.1955 – 2 AZR 28/54, JZ 1955, 582; BGH v. 6.11.1963 – IV ZR 32/63, WM 1964, 296 (297). 31 BayObLG v. 2.1.1951 – UmstBeschwReg. 12/50, NJW 1951, 237 (238). 32 Herrler in Palandt, § 1113 BGB Rz. 9 und 18.

Blaurock | 249

10.44

§ 10 Rz. 10.45 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

10.45 Durch das Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz 1997 wurden die im Wesentlichen noch aus dem Jahr des Inkrafttretens der ZPO (1879) stammenden Vorschriften des zehnten Buchs der ZPO einer grundlegenden Reform unterworfen, die sich weitgehend an dem UNCITRAL-Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit orientiert. Während jedoch das Modellgesetz nur für die internationale Schiedsgerichtsbarkeit gedacht war, gelten die geänderten Vorschriften des deutschen Rechts ohne Unterschied, ob es sich um ein internationales oder nationales Verfahren handelt33. Die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen, die vor dem Inkrafttreten am 1.1.1998 geschlossen worden sind, beurteilt sich gemäß § 33 EGZPO nach dem bis dahin geltenden Recht34. 10.46 § 1029 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass durch eine Schiedsvereinbarung alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen den Parteien in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis entstanden sind oder künftig entstehen, der Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterworfen werden können. Gegenstand der Schiedsvereinbarung kann jeder vermögensrechtliche Anspruch sein; auch Schiedsvereinbarungen über nichtvermögensrechtliche Ansprüche haben insoweit Wirkung, als die Parteien berechtigt sind, über den Gegenstand des Streites einen Vergleich zu schließen (§ 1030 Abs. 1 ZPO). Grundsätzlich kann also eine Schiedsvereinbarung über alle Probleme, die sich im Zusammenhang mit einer stillen Beteiligung ergeben, getroffen werden. Die Schiedsrichter treffen in freier Beweiswürdigung eine billige Entscheidung, gegen die allerdings grundsätzlich kein Rechtsmittel gegeben ist (§ 1055 ZPO). 10.47 Die Schiedsklausel könnte etwa lauten35: „Alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag sollen unter Ausschluss des Rechtswegs durch ein Schiedsgericht entschieden werden. Den Schiedsvertrag haben die Parteien in einer besonderen Urkunde als Bestandteil dieses Gesellschaftsvertrags niedergelegt.“

10.48 Die Schiedsvereinbarung bedarf der Dokumentenform. Eine mündliche Vereinbarung genügt den Anforderungen des § 1031 ZPO auch dann nicht, wenn kein Verbraucher (§ 13 BGB) an der Vereinbarung beteiligt ist; hingegen müssen die Voraussetzungen von § 126a BGB nur bei der Beteiligung von Verbrauchern erfüllt sein36. 10.49 Ohne Beteiligung eines Verbrauchers ist lediglich eine Form erforderlich, die einen Nachweis der Schiedsvereinbarung zulässt37. In welchen Fällen ein Nachweis des Bestehens einer solchen Vereinbarung gesichert ist, ist beispielhaft in § 1031 ZPO aufgezählt. Ausreichend ist es danach, wenn die Schiedsvereinbarung in einem beiderseitig unterzeichneten Dokument oder in zwischen den Parteien gewechselten Dokumenten enthalten ist (§ 1031 Abs. 1 Alt. 1 und 2 ZPO). Daneben genügt auch eine einseitige schriftliche Erklärung, wenn der andere Teil nicht rechtzeitig einen nach der Verkehrssitte erforderlichen Widerspruch erklärt (§ 1031 Abs. 2 ZPO); weiterhin ist 33 34 35 36 37

Lörcher, DB 1998, 245 (245). Vgl. hierzu Münch in MünchKomm/ZPO, 5. Aufl. 2017, Vor §§ 1025 ff. ZPO Rz. 178. So Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 30. Voit in Musielak/Voit, § 1031 ZPO Rz. 4. Vgl. Geimer in Zöller, § 1031 ZPO Rz. 5.

250 | Blaurock

Inhalt des Gesellschaftsvertrags | Rz. 10.54 § 10

die Bezugnahme auf ein eine Schiedsklausel enthaltendes Dokument zulässig, wenn der bezugnehmende Vertrag den Formerfordernissen genügt (§ 1031 Abs. 3 ZPO). Eine Schiedsvereinbarung wird auch durch Begebung eines Konnossements begründet, in dem ausdrücklich auf die in einem Chartervertrag enthaltene Schiedsklausel Bezug genommen wird (§ 1031 Abs. 4 ZPO). Der Mangel der Form wird jedoch durch die Einlassung auf die schiedsgerichtliche Verhandlung zur Hauptsache geheilt (§ 1031 Abs. 6 ZPO). Ist dagegen ein Verbraucher beteiligt (hierzu gehören nicht Existenzgründer38), was in aller Regel bei stillen Beteiligungen an einer Publikumsgesellschaft der Fall sein wird, so unterliegt die Schiedsvereinbarung bezüglich der Form strengeren Anforderungen. Die Abrede muss in einer von den Parteien eigenhändig unterzeichneten Urkunde enthalten sein (§ 1031 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Diese Urkunde darf keine anderen Vereinbarungen als diejenige über das Schiedsgericht enthalten, es sei denn die Vereinbarung ist notariell beurkundet (§ 1031 Abs. 5 Satz 3 ZPO).

10.50

Weitere Mechanismen zum Schutz des Verbrauchers, wie eine allgemeine Überlegenheitsklausel nach dem Vorbild des § 1025 Abs. 2 ZPO, sind nach heutiger Rechtslage im Gesetz nicht angelegt. Ein ausreichender Schutz wird durch das Formerfordernis des § 1031 Abs. 5 ZPO und durch das Gleichbehandlungsgebot des § 1042 Abs. 1 ZPO gewährleistet39.

10.51

Ist einer der beiden Vertragspartner minderjährig und wird ein Schiedsvertrag vorgesehen, so bedarf der Vormund der Genehmigung des Familiengerichtes zu dem Schiedsvertrag, es sei denn, dass der Gegenstand des Streits in Geld schätzbar ist und den Wert von 3000 Euro nicht übersteigt (§ 1822 Nr. 12 BGB). Handeln für das minderjährige Kind die Eltern, so bedürfen diese der familiengerichtlichen Genehmigung nicht (§ 1643 Abs. 1 BGB).

10.52

Abweichend von der früheren Rechtslage, die in § 1028 ZPO a.F. zwei Schiedsrichter vorsah, sofern keine anderen Parteivereinbarungen bestanden, bestimmt der geltende § 1034 Abs. 1 Satz 2 ZPO das Dreier-Schiedsgericht als den gesetzlichen Regelfall40. Die weitere Verfahrensregeln zu der Bildung des Schiedsgerichts in §§ 1035–1039 ZPO sichern nicht zuletzt die Ausgewogenheit des Schiedsgerichts41.

10.53

Für die Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten unter den Beteiligten über die Höhe des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters, über die Höhe seines Auseinandersetzungsguthabens, über Fragen der Gewinnermittlung, über Abschreibungs-, Buchführungs- und Bilanzierungsfragen wird häufig unter Ausschluss des Rechtswegs die Zuständigkeit eines öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfers oder Steuerberaters vereinbart.

10.54

38 39 40 41

BGH v. 24.2.2005 – III ZB 36/04, SchiedsVZ 2005, 157. Vgl. Geimer in Zöller, 31. Aufl. 2016, Vor § 1025 ZPO Rz. 10. So auch schon früher die überwiegende Praxis; Lörcher, DB 1998, 245 (246). Münch in MünchKomm/ZPO, 5. Aufl. 2017, § 1034 ZPO Rz. 1.

Blaurock | 251

§ 10 Rz. 10.55 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

10. Regelung der Erbfolge beim Tode des Inhabers a) Die erbrechtliche Regelung

10.55 Will der Inhaber für den Fall seines Todes, dass sein Unternehmen nur von einem Erben fortgeführt wird, dass aber die anderen Erben daran beteiligt sein sollen, so kann er sie zu gleichen Teilen als Erben einsetzen und bestimmen, dass das Unternehmen ungeteilt von dem als Nachfolger Ausersehenen als Einzelunternehmen fortzuführen ist, wohingegen die anderen Erben mit ihren Erbteilen an dem Unternehmen still beteiligt werden. 10.56 Beispiele für die Errichtung von Testamenten: „Meine Erben sind mein Sohn und mein Enkel zu gleichen Teilen. Meiner Ehefrau vermache ich meinen Hausrat und mein gesamtes außerbetriebliches Vermögen. Sie erhält ferner von den Erben eine lebenslängliche Rente von monatlich ... Euro, die bei Wiederverheiratung fortfällt. Mein Unternehmen soll zunächst als Einzelunternehmen durch meinen Sohn fortgesetzt werden. Mein Enkel ist mit seinem Anteil am Geschäftsvermögen still beteiligt, aber im Falle einer Auseinandersetzung wie der Gesellschafter einer OHG zu behandeln. Er hat das Recht, als gleichberechtigter Teilhaber in das alsdann als OHG weiterzuführende Unternehmen einzutreten.“ „Zu meinem Alleinerben bestimme ich meinen Neffen Fritz. Meine Ehefrau erhält zur Abfindung ihrer Erbansprüche eine stille Beteiligung in Höhe der Hälfte des Nachlasswertes. Diese endet im Falle ihrer Wiederverheiratung, sonst bei ihrem Ableben. Im Falle ihrer Wiederverheiratung erhält sie nur den Buchwert ihres Anteils in zehn gleichen Jahresraten ausgezahlt. Erlischt die stille Beteiligung durch ihren Tod, so hat der Geschäftsinhaber das Guthaben zuzüglich eines Aufschlags von ... v.H. in zehn gleichen Jahresraten an ihre Erben auszuzahlen. Auf die stille Beteiligung ist nach Abzug eines angemessenen Unternehmergewinns eine Gewinnbeteiligung von mindestens einem Viertel des verbleibenden Gewinns auszuschütten.“

10.57 Der Erblasser kann auch durch Vermächtnisanordnung den Erben verpflichten, den überlebenden Ehegatten oder andere Familienangehörige als stille Gesellschafter in das von ihm fortzuführende Unternehmen aufzunehmen. Besteht an dem Unternehmen bereits eine stille Gesellschaft, so müssen die getroffenen Vereinbarungen und die durch den Gesellschaftsvertrag geschaffenen Bindungen beachtet werden. Lässt der Gesellschaftsvertrag die Aufnahme der Erben als stille Gesellschafter zu, so entstehen keine Schwierigkeiten. Dagegen können vertragliche Einschränkungen der Übertragbarkeit bei Weigerung der anderen Beteiligten die Erfüllung des Vermächtnisses unmöglich machen. Hier bietet sich oft als Ausweg die Einsetzung eines Erben oder Vermächtnisnehmers, der seinerseits verpflichtet wird, die anderen Angehörigen an seiner Beteiligung unterzubeteiligen (Rz. 30.3 f.). 10.58 Zur Verhinderung des Eindringens familienfremder Personen kann bestimmt werden, dass beim Ableben eines Beteiligten, der keine Abkömmlinge hinterlässt, die Beteiligung gegen oder ohne Abfindung an die eigene Familie zurückfallen soll. 10.59 Setzt der Inhaber für den Fall seines Todes seinen Ehegatten als Alleininhaber ein, so ist es zweckmäßig, den Abkömmlingen zur Abgeltung ihres Pflichtteils wenigstens 252 | Blaurock

Inhalt des Gesellschaftsvertrags | Rz. 10.63 § 10

die Hälfte des gesetzlichen Erbteils als Erben zuzuwenden; auch hier bietet sich die Errichtung einer stillen Gesellschaft in vielen Fällen als zweckmäßige Lösung an, sei es in typischer oder in atypischer Form. Auch als Übergangsregelung zur Überbrückung eines vorläufigen Zustandes ist die Form der stillen Gesellschaft geeignet, z.B. wenn minderjährige, als Nachfolger ausersehene Kinder erst heranwachsen oder sich noch in der Ausbildung befinden. Hier findet meist eine Beteiligung an den Rücklagen und am Geschäftswert des Unternehmens statt (Rz. 2.18 ff.).

10.60

Ist der Erblasser selbst am Handelsgewerbe eines anderen still beteiligt, so endet bei seinem Tode das Gesellschaftsverhältnis regelmäßig nicht (§ 234 Abs. 2 HGB). Er kann deshalb durch letztwillige Verfügung anordnen, wer von seinen Erben an seine Stelle als stiller Gesellschafter treten und die Gesellschaft fortsetzen soll. Es müssen aber auch hier die getroffenen Vereinbarungen und die durch den Gesellschaftsvertrag geschaffenen Bindungen beachtet werden (vgl. zum Tod des stillen Gesellschafters im Einzelnen Rz. 14.49 ff.).

10.61

b) Die gesellschaftsvertragliche Regelung Um den reibungslosen Übergang des Unternehmens vom Erblasser auf seine Erben zu gewährleisten und das Unternehmen den Zufälligkeiten des Erbgangs zu entziehen, wird vielfach die Übertragung auf die künftigen Erben bereits unter Lebenden vollzogen. Die Beteiligung der pflichtteilsberechtigten Erben an dem Unternehmen schon zu Lebzeiten des Geschäftsinhabers und ihre gleichzeitige Bindung durch den Gesellschaftsvertrag stellen eine geeignete Möglichkeit dar. Dabei werden die Erben, die im Geschäft nicht selbst tätig sein sollen, zweckmäßig als stille Gesellschafter beteiligt, während der oder die zur Nachfolge bestimmten Erben die Stellung von Kommanditisten oder persönlich haftenden Gesellschaftern erhalten. Damit ist eine Einflussnahme der abzufindenden Erben auf die Geschäftsführung ausgeschlossen. Auch das Entstehen einer Erbengemeinschaft beim Tode des Geschäftsinhabers wird vermieden. Die Beziehungen der Erben richten sich hinsichtlich des Unternehmens nach dem Gesellschaftsvertrag. Die stillen Gesellschafter können sich den Bestimmungen des Vertrags nicht dadurch entziehen, dass sie den Pflichtteil fordern, weil ihre Gesellschafterstellung nicht auf Erbrecht, sondern auf dem unter Lebenden geschlossenen Gesellschaftsvertrag und der darin vorweggenommenen Erbfolge beruht.

10.62

Ist im Gesellschaftsvertrag festgelegt, dass beim Tode des Inhabers seine Beteiligung den übrigen Gesellschaftern anteilmäßig zuwachsen soll, so fällt sein Kapitalanteil nicht in den Nachlass. Die Erben, die nur als stille Gesellschafter beteiligt sind, werden in einem solchen Falle sowohl von der Erbfolge in das Unternehmen als auch von den auf dem Gesellschaftsvertrag beruhenden Zuwendungen ausgeschlossen, da sie mit einer festen Einlage, nicht aber als Gesamthänder am Gesellschaftsvermögen beteiligt sind und ihnen infolgedessen die Zuwendung nicht zugutekommt. Sie haben allenfalls einen Anspruch gegen die Miterben auf Ergänzung ihres Pflichtteils (§ 2325 BGB), wenn die vertragliche Bestimmung, der zufolge der Kapitalwert der Beteiligung des Erblassers unmittelbar auf die Erben-Gesellschafter übergeht, nicht länger als zehn

10.63

Blaurock | 253

§ 10 Rz. 10.63 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Jahre vor dem Erbfall festgelegt wurde (vgl. zum Tod des Geschäftsinhabers im Einzelnen Rz. 14.42 ff.).

10.64 Diese Gestaltung bietet die Möglichkeit, die Ansprüche der zum Ausscheiden bestimmten Erben auf ein Mindestmaß zu beschränken und die Wirkung der Abfindung auf die Liquidität des Unternehmens durch entsprechende Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags abzuschwächen. Gleichzeitig bietet diese Regelung steuerliche Vorteile. Liegt nämlich die schenkweise Kapitalübertragung vom Vater auf die Kinder länger als zehn Jahre vor dem Erbfall, so werden die Erwerbe bei der Errechnung der Erbschaftsteuer nicht zusammengerechnet (§ 14 ErbStG). Auf diese Weise kommen die Erben zweimal in den Genuss der Freibeträge. Gleichzeitig wird die Gesamtbelastung durch die progressive Erbschaftsteuer vermindert. Bei solcher Vertragsgestaltung empfiehlt es sich, weitere Bestimmungen in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen, z.B. über die Dauer der stillen Gesellschaft, über Kündigungsmöglichkeiten, über die Teilnahme der stillen Gesellschafter am Gewinn und Verlust (Beschränkung der Gewinnbeteiligung auf einen bestimmten Teil des Gesamtgewinns oder auf einen VomHundertsatz ihrer Einlagen), über ihr Recht zur Gewinnentnahme (nur insoweit, als es die Geschäftslage zulässt), über eine etwaige Substanzbeteiligung, über die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens (Ratenzahlungen zur Verhinderung einer Beeinträchtigung der Liquidität des Unternehmens) usw. 11. Weitere Regelungen

10.65 Als weitere Regelungen im Gesellschaftsvertrag kommen in Betracht: – Festlegung der Mindestanforderungen, die an die Buchführung des Inhabers zu stellen sind (vgl. Rz. 13.1 ff.), – Bestimmungen über die Höhe der vorzunehmenden Abschreibungen (vgl. Rz. 13.80 ff.), – Behandlung des Geschäfts- und Firmenwertes bei der Auseinandersetzung (vgl. Rz. 15.28), – Vereinbarung von Wettbewerbsbeschränkungen und Wettbewerbsverboten (vgl. Rz. 12.35 ff.), – Vereinbarung von Vertragsstrafen für den Fall, dass einer der Beteiligten gegen die ihm obliegenden Verpflichtungen verstößt, sowie – Vereinbarung, dass der stille Gesellschafter berechtigt sein soll, als offener Teilhaber in das Handelsgeschäft einzutreten oder bei Veräußerung des Handelsgeschäfts ein Vorkaufsrecht auszuüben.

III. Zusammenfassung 10.66 Über den Inhalt des Gesellschaftsvertrags enthält das Gesetz keine Vorschriften. Es muss aus dem Vertrag jedoch eindeutig hervorgehen, dass eine stille Gesellschaft errichtet werden soll. Die gesetzlichen Merkmale, die in ihrer Gesamtheit das Wesen 254 | Blaurock

Inhalt des Gesellschaftsvertrags | Rz. 10.66 § 10

der stillen Gesellschaft ausmachen, müssen deshalb als Mindestinhalt im Gesellschaftsvertrag niedergelegt sein. Darüber hinaus sollten es aber die Beteiligten nicht bei der Festlegung des Mindestinhalts bewenden lassen. Sie sollten alle ihre Beziehungen so erschöpfend und umfassend wie nur irgend möglich regeln, um Meinungsverschiedenheiten über ihre Rechte und Pflichten weitestgehend auszuschalten. Welche Punkte im Gesellschaftsvertrag zweckmäßig berücksichtigt werden, ergibt sich beispielhaft aus der obigen Übersicht. Soweit der Gesellschaftsvertrag Lücken aufweist, greifen ergänzend die §§ 230 ff. HGB und die §§ 705 ff. BGB ein, letztere jedoch nur insoweit, als sie sich nicht auf das Außenverhältnis und auf das Vorhandensein eines gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögens beziehen.

Blaurock | 255

§ 11 Mängel des Gesellschaftsvertrags Schrifttum: Blaurock, Uwe, Zur Anwendung der für die fehlerhafte Gesellschaft geltenden Grundsätze auf die stille Gesellschaft, WuB II H. § 230 HGB 1.05; Blaurock, Uwe/Gimmler, Milena, Zur Gewährung von Schadensersatzansprüchen bei fehlerhafter (stiller) Beteiligung an Publikumsgesellschaften, ZGR 2014, 371; Canaris, Claus-Wilhelm, Bankvertragsrecht, Bd. 1, 3. Aufl. 1988; Fischer, Robert, Die faktische Gesellschaft, NJW 1955, 849; Fischer, Robert, Anmerkung zu BGH Urt. v. 29.11.1952 – II ZR 25/52, BGH LM Nr. 4 zu § 335 HGB; Florstedt, Tim, Der „stille Verband“, 2007; Flume, Werner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. I, Teil 1: Die Personengesellschaft, 1977; Ganßmüller, Helmut, Einzelfragen zum Recht der Gesellschaft auf mangelhafter Vertragsgrundlage, DB 1955, 257; Gimmler, Die Lehre vom fehlerhaften Organverhältnis am Beispiel des fehlerhaft bestellten Geschäftsführers der GmbH, 2016; Grunewald, Barbara, Gesellschaftsrecht, 10. Aufl. 2017; Habscheid, Walther J., Faktische Innengesellschaften? BB 1955, 50; Konzen, Horst, Fehlerhafte stille Beteiligungen an Kapitalanlagegesellschaften, in Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S. 1133; Mock, Sebastian, Die fehlerhafte mehrgliedrige stille Gesellschaft, DStR 2014, 536 (Teil I) und 598 (Teil II); Möhle, Fritz, Die Personengesellschaft OHG, KG, StG, 2. Aufl. 1957; Rödig, Jürgen, Bereicherung ohne Rechtfertigung durch Gesellschaftsvertrag, 1972; Röwer, Heinz-Hugo, Fehlerhafte Innengesellschaften, Freundesgabe für Willi Weichler zum 70. Geburtstag, 1997, S. 115 ff.; Schäfer, Carsten, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, 2002; Schäfer, Carsten, Zur Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband bei Schadensersatzansprüchen atypischer stiller Gesellschafter, GWR 2014, 25; Schmidt, Karsten, „Fehlerhafte Gesellschaft“ und allgemeines Verbandsrecht, AcP 186 (1986), 421; Schulze-Osterloh, Joachim, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, 1972; Schumann, Hans, Handelsrecht, Bd. I: Handelsgesellschaften, 1954; Siebert, Wolfgang, Die faktische Innengesellschaft, BB 1958, 1065; Stimpel, Walter, Aus der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Gesellschaftsrecht, ZGR 1973, 73; Tettinger, Peter W., Die fehlerhafte stille Gesellschaft – Zivilrechtlicher Anlegerschutz durch bankrechtliche Erlaubnisvorbehalte? (Teil II), DStR 2006, 903; Ulmer, Peter, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft – gesicherter Bestand des Gesellschaftsrechts oder methodischer Irrweg?, in Festschrift für Werner Flume, Bd. II, 1978, S. 301; Weber, Hansjörg, Zur Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, 1978; Wiesner, Georg, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, 1980 (mit Besprechung von Blaurock, Uwe, AcP 181 (1981), 451).

I. Die Lehre von der Gesellschaft mit fehlerhafter Vertragsgrundlage 11.1 Entspricht ein an sich wirksamer Gesellschaftsvertrag nicht den an eine stille Gesellschaft zu stellenden Anforderungen – findet die Beteiligung nicht an dem Handelsgewerbe eines anderen statt, fehlt es an der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters oder wird vereinbart, dass das Geschäftsvermögen den Gesellschaftern zur gesamten Hand zustehen oder dass die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen werden soll –, so ist der Gesellschaftsvertrag nicht unwirksam. Er vermag nur nicht eine stille Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB zu begründen. Es wird regelmäßig eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts vorliegen. Auch eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft kann gegeben sein. 256 | Blaurock

Mängel des Gesellschaftsvertrags | Rz. 11.3 § 11

Anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn der Gesellschaftsvertrag an Mängeln leidet, die nach den allgemeinen Vorschriften des BGB dessen Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit bedingen. Hier ist daran zu denken, dass ein Gesellschafter im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geschäftsunfähig war, dass der Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) verstößt oder der im Einzelfall erforderlichen Form1 entbehrt. In Betracht kommen weiterhin die Fälle der Anfechtbarkeit des Gesellschaftsvertrags wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung sowie die Fälle des versteckten Einigungsmangels (§ 155 BGB). In jüngerer Zeit werden dem auch die Fälle gleichgestellt, in denen ein Verbraucher in Bezug auf seine Beitrittserklärung zum Gesellschaftsvertrag wirksam einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag widerrufen hat (§ 312g Abs. 1, § 312b Abs. 1 i.V.m. § 355 Abs. 1 BGB)2 (siehe Näheres unter Rz. 18.61 ff.).

11.2

Es gehört zu den mittlerweile gesicherten Erkenntnissen des Gesellschaftsrechts3, dass mit derartigen Mängeln behaftete Gesellschaftsverträge nicht ohne Weiteres nach den allgemeinen, für die Rückabwicklung von nichtigen bzw. unwirksamen Schuldverhältnissen geltenden Vorschriften zu behandeln sind. Die sog. Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft erkennt vielmehr an, dass auch rechtsfehlerhaft begründete Gesellschaften als bestehende angesehen werden können und nicht ex tunc als inexistent betrachtet werden müssen4. Hintergrund dieser überwiegend anerkannten Lehre5 ist das Bedürfnis nach Verkehrsschutz einerseits und Bestandsschutz andererseits. So soll beispielsweise eine ins Leben getretene Gesellschaft sich etwaigen Gläubigern gegenüber nicht darauf berufen können, sie sei wegen eines nach den §§ 116 ff. BGB zur Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit führenden Mangels niemals zur Entstehung gelangt (Verkehrsschutz)6. Darüber hinaus wird für das Verhältnis der Gesellschafter untereinander eine rückwirkende Abwicklung der fehlerhaften Gesellschaft für nicht interessengerecht sowie insbesondere bei Vorliegen von Gesamthandsvermögen für

11.3

1 Z.B. Schriftformerfordernis bei stillen Beteiligungsverträgen an einer AG gemäß § 293 Abs. 3 AktG; vgl. BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262) = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock WuB II H. § 230 HGB 1.05. 2 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock WuB II H. § 230 HGB 1.05. 3 So BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8). 4 Zum Verhältnis von Vertragsauslegung einerseits und dem Institut der fehlerhaften Gesellschaft andererseits als Instrumente zur Aufrechterhaltung einer fehlerhaft zustande gekommenen Gesellschaft siehe Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 106 ff.; zur dogmatischen Fundierung siehe Gimmler, Die Lehre vom fehlerhaften Organverhältnis am Beispiel des fehlerhaft bestellten Geschäftsführers der GmbH, S. 149 ff. 5 Kritisch aber Rödig, Bereicherung ohne Rechtfertigung durch Gesellschaftsvertrag, S. 61 ff.; Schulze-Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, S. 272 ff.; Weber, Zur Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 102 ff., 159 ff.; vgl. hierzu auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 GR I 3. 6 In diesem Bereich trifft sich die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft mit der allgemeinen Rechtsscheinhaftung. Nach dem heutigen Stand der Dogmatik stehen beide Rechtsinstitute aber selbständig nebeneinander und sind scharf zu trennen. Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 GR I 3; für die Abgrenzung zur Scheingesellschaft vgl. Schäfer in Großkomm/ HGB, 5. Aufl. 2009, § 105 HGB Rz. 367.

Blaurock | 257

§ 11 Rz. 11.3 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

undurchführbar gehalten und stattdessen lediglich die Auflösung für die Zukunft unter Maßgabe gesellschaftsrechtlicher Abwicklungsvorschriften zugelassen (Bestandsschutz).

11.4 Auf diesen beiden Anliegen der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft beruhen deren nachstehend zusammengefasste Grundsätze7. Es wird im Verhältnis der Gesellschafter zueinander davon ausgegangen, dass aufgrund des mangelhaften Vertrages eine tatsächliche Gemeinschaft begründet worden ist, zu deren Beseitigung es im Falle der handelsrechtlichen Personengesellschaft einer besonderen Auflösungsklage bedarf8, für die jeder Grund genügt, der nach den allgemeinen Regeln die Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags zur Folge hat9. Bis zur Rechtskraft des Auflösungsurteils wird die Gesellschaft als bestehend behandelt. Die Gesellschafter sind zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet, wie wenn der Gesellschaftsvertrag gültig wäre. Gewinn und Verlust sind nach den getroffenen Vereinbarungen zu verteilen. Es gelten für die Gesellschafter alle Rechte und Pflichten, wie sie sich aus einem gültigen Vertrag ergeben. Ist das Auflösungsurteil ergangen, so richtet sich die Auseinandersetzung nach den Vorschriften über die Auflösung einer gültigen Gesellschaft10. Im Außenverhältnis gelten für die Beziehungen zu Dritten die Vorschriften des Gesellschaftsrechts. Die Gesellschafter können sich den Gläubigern gegenüber nicht auf die Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags berufen. Sie müssen sich ihnen gegenüber so behandeln lassen, als ob auch nach außen hin eine gültige Gesellschaft bestünde. Das gilt vor allem hinsichtlich der Haftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten11. Positive Voraussetzung für den Eintritt dieser Rechtsfolgen ist das Vorliegen eines nach den allgemeinen Regeln anfechtbaren oder nichtigen Gesellschaftsvertrags12, der in Vollzug gesetzt worden ist13. Für das Merkmal des Vollzuges genügen nach wohl

7 Ausführlich Schäfer in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2009, § 105 HGB Rz. 315 ff.; Schäfer in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2017, § 705 BGB Rz. 323 ff. 8 RG v. 13.11.1940 – II 44/40, RGZ 165, 193; BGH v. 24.10.1951 – II ZR 18/51, BGHZ 3, 285 (289). 9 BGH v. 24.10.1951 – II ZR 18/51, BGHZ 3, 285 (292). 10 RG v. 13.11.1940 – II 44/40, RGZ 165, 193 (199); BGH v. 24.10.1951 – II ZR 18/51, BGHZ 3, 285 (289); Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2 GR V 4. 11 BGH v. 8.11.1965 – II ZR 267/64, BGHZ 44, 235 (237). 12 Die früher auf dem Boden der Theorie der faktischen Vertragsverhältnisse vertretene Lehre von der faktischen Gesellschaft, wonach auch rein tatsächliche gemeinschaftliche Betätigung ausreichen sollte, ist heute überwunden. Nachdem der BGH sich von dieser Lehre schon in der Entscheidung v. 28.11.1953 – II ZR 188/52, BGHZ 11, 190 distanziert hatte, vollzog BGH v. 5.3.1964 – II ZR 208/61, LM Nr. 19 zu § 105 HGB (m. Anm. Fischer) zur Klarstellung auch eine terminologische Wendung von der „faktischen“ zur „fehlerhaften“ Gesellschaft. 13 Kritisch zu diesem Erfordernis Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 117 ff.

258 | Blaurock

Mängel des Gesellschaftsvertrags | Rz. 11.4 § 11

h.M. bereits interne Vollzugshandlungen wie z.B. die Leistung der Beiträge14. Nicht ausreichend ist die Leistung von Beiträgen, die lediglich auf das vom Beteiligten zu zahlende Agio angerechnet worden sind15. Ist der Gesellschaftsvertrag zur Begründung der stillen Gesellschaft mit einer Aktiengesellschaft als Unternehmensträger abgeschlossen, so bedarf er zwar als Teilgewinnabführungsvertrag gemäß § 293 Abs. 1 Satz 1, § 294 Abs. 2, § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der Hauptversammlung und der Eintragung in das Handelsregister16. Nach der Rechtsprechung des BGH hindert die fehlende Zustimmung aber weder die Anwendbarkeit der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft noch ist die Eintragung eine Voraussetzung des Vollzugs, auch in diesem Fall genügt die Leistung der Einlage durch den Stillen17. Negatives Erfordernis ist, dass die Anerkennung der fehlerhaften Gesellschaft nicht mit gewichtigen Interessen der Allgemeinheit oder besonders schutzwürdiger Personen in Widerspruch tritt18. So können Verstöße gegen § 134 BGB oder § 138 BGB die Annahme einer bis zur Geltendmachung des Mangels als bestehend zu behandelnden Gesellschaft ausschließen19. Auch der Minderjährigenschutz geht dem Interesse an der Anerkennung einer fehlerhaften Gesellschaft vor20. Die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft werden hingegen nicht zugunsten des Schutzes arglistig getäuschter Personen verdrängt21. Auch verbraucherschutzrechtliche Erwägungen stehen einer Anwendung der Grundsätze nicht entgegen22.

14 BGH v. 25.5.1954 – II ZR 167/53, BGHZ 13, 320 (321); BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (2. LS); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2016, § 105 HGB Rz. 236; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2 GR V 3; Hadding in Soergel, 13. Aufl. 2011, § 705 BGB Rz. 75; a.A. Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, S. 157 ff.; Schäfer in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2017, § 705 BGB Rz. 331. 15 OLG Hamburg v. 14.7.1999 – 11 U 15/99, DStR 1999, 2043. 16 BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38 (43). 17 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (2. LS); Wälzholz, DStR 2003, 1533; a.A. Koch in Hüffer/Koch, § 291 AktG Rz. 21 m.w.N. 18 BGH v. 24.10.1951 – II ZR 18/51, BGHZ 3, 285 (288); BGH v. 6.2.1958 – II ZR 210/56, BGHZ 26, 330 (334); BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (9). 19 BGH v. 25.3.1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234 (241); BGH v. 24.9.1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214 (217 f.). 20 BGH v. 30.9.1982 – II ZR 58/81, NJW 1983, 748; LAG Hamm v. 17.2.2000 – 4 Sa 1150/ 99, NZA-RR 2001, 177. 21 St. Rspr. BGH v. 19.12.1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 (345 f.). 22 Früher st. Rspr. BGH v. 2.7.2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201 (207) (HWiG); nach Vorlage an den EuGH weiterhin BGH v. 12.7.2010 – II ZR 292/06, ZIP 2010, 1540, dazu Näheres unter Rz. 18.51 f.

Blaurock | 259

§ 11 Rz. 11.5 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

II. Der fehlerhafte stille Gesellschaftsvertrag im Besonderen 1. Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf die stille Gesellschaft

11.5 Da die oben genannten Grundsätze hauptsächlich im Rahmen der Beurteilung von Außengesellschaften entwickelt worden sind, versteht es sich nicht von selbst, dass sie auch auf Innengesellschaften, insbesondere auf die stille Gesellschaft Anwendung finden. Zur Beantwortung der Frage, ob die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auch für das stille Beteiligungsverhältnis gelten, ist allein der Aspekt des Bestandsschutzes von Interesse. Da die stille Gesellschaft als solche nicht nach außen auftritt, spielt der Gesichtspunkt des Verkehrsschutzes nur eine eingeschränkte Rolle (vgl. Rz. 11.5). Es geht dementsprechend um die Frage, ob es gerechtfertigt bzw. erforderlich ist, bei mangelhaften stillen Beteiligungsverhältnissen statt einer Rückabwicklung nach den allgemeinen Grundsätzen des BGB aus Gründen des Bestandsschutzes für die fehlerhaft zustande gekommene stille Gesellschaft den gesellschaftsrechtlichen Abwicklungsnormen den Vorzug zu geben. a) Meinungsstand

11.6 Hierzu finden sich in Rechtsprechung und Schrifttum einander widerstreitende Stellungnahmen23. Ein Teil der Literatur geht davon aus, für die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft sei das Vorhandensein von Gesamthandsvermögen unabdingbare Voraussetzung; für die stille Gesellschaft komme dieses Rechtsinstitut mithin schon von vornherein nicht in Betracht24. Insbesondere die ältere Literatur stellt hierbei darauf ab, dass die Wiederherstellung des früheren Zustandes durch Abwicklung nach Bereicherungsrecht nur bei gesamthänderisch gebundenem Vermögen Schwierigkeiten bereite. Bei der stillen Gesellschaft, bei der die Einlage in das alleinige Vermögen des Inhabers gelange, bestünden hier jedoch keine Probleme25.

11.7 Zum gleichen Ergebnis gelangen Teile des Schrifttums, die freilich von einem anderen Ausgangspunkt her argumentieren, indem sie an die Doppelnatur des Gesellschaftsverhältnisses als Schuldverhältnis und Organisation26 anknüpfen und dem Gesamthandsvermögen zur Begründung dieser Doppelnatur zentrale Bedeutung beimessen27. Erst die einverständliche Schaffung von Gesamthandsvermögen führe zur Überlage-

23 Einen Überblick zu den verschiedenen dogmatischen Ansätzen geben Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 42 ff.; Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, S. 120 ff.; Schäfer in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2017, § 705 BGB Rz. 358 ff. 24 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 90 ff., 111; Möhle, Die Personengesellschaft OHG, KG, StG, S. 28, 315; Schumann, Handelsrecht, Bd. I, S. 294; Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 166. 25 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 99, 104 f., 111 f.; Schumann, Handelsrecht, Bd. I, S. 294. 26 Hierzu Flume, BGB AT I/1, § 2 III, S. 13 ff.; Ulmer in FS Flume II, S. 301 (308 ff., 318). 27 Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 81 ff., 162 ff.; Röwer in FS Weichler, S. 120 (127); Schäfer in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2009, § 105 HGB Rz. 326; ebenso

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Mängel des Gesellschaftsvertrags | Rz. 11.7 § 11

rung des bis dahin uneingeschränkt den Nichtigkeits- und Anfechtungsregeln unterliegenden Schuldverhältnisses durch die gesellschaftliche „Organisation“, weil allein die Gesamthandsgemeinschaft eine eigene im Rechtsverkehr erhebliche Handlungsorganisation und damit ein besonderes über das reine Schuldverhältnis hinausgehendes Organisationsmoment aufweise28. Mit der einverständlichen Schaffung von Gesamthandsvermögen und damit der gesellschaftlichen Organisation sei den Gesellschaftern die uneingeschränkte Dispositionsbefugnis bezüglich ihrer das Innenverhältnis nunmehr überschreitenden Beziehungen entzogen; sie müssten sich für den Zeitraum bis zur Geltendmachung des Mangels grundsätzlich an der Gesamthandsgemeinschaft und deren Vertragsgrundlage festhalten lassen. Eine Abänderung der gesellschaftsrechtlichen Beziehungen könne daher abweichend von den allgemeinen Grundsätzen nur ex nunc erfolgen29. Mit dem Merkmal der Gesamthand stehe überdies ein eindeutiges Abgrenzungskriterium für den Anwendungsbereich der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft zur Verfügung, wohingegen die grundsätzliche Ausdehnung auf Innengesellschaften ohne Gesamthandsvermögen mit der schwierigen und oft zu Zufallsergebnissen führenden Frage der Abgrenzung zwischen Innengesellschaft und partiarischem Rechtsverhältnis belastet sei30. Schließlich könne ein sachgerechter Ausgleich bei Auseinandersetzung durch die flexiblen Wertmaßstäbe des § 818 Abs. 1 bis 3 BGB31 oder durch Annahme eines gesetzlichen Vertrauensschuldverhältnisses32 hergeleitet werden, ohne dass es der Anwendung gesellschaftsrechtlicher Normen bedürfe. Ebenfalls auf organisationsrechtliche Momente stellt eine weitere Ansicht ab, die jedoch die notwendige Organisation als Voraussetzung für die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nur bei Körperschaften und rechtsfähigen Personengesellschaften und folglich nicht bei der stillen Gesellschaft als gegeben sieht33. Ausdifferenzierter und daher auch schwieriger in ihrer Handhabung ist eine weitere Ansicht aus der jüngeren Literatur, die bei stillen Gesellschaften zwischen „stillen Kreditgesellschaften“ und „stillen Verbänden“ unterscheidet34. Nur bei stillen Verbänden soll wegen dort bestehender Rückabwicklungsschwierigkeiten die Grundsätze der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft Anwendung finden35. Kennzeichnend für einen solchen stillen Verband soll wiederum sein, dass der Geschäfts-

28 29 30 31 32 33 34 35

im Grundsatz K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 GR I 3 sowie K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 132 f. mit abweichenden Folgerungen, die unter Rz. 11.19 ff. dargestellt sind. Ulmer in FS Flume II, S. 301 (311 ff.); Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 89 ff.; insoweit anders K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 II 3, dazu Rz. 11.19 ff. Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 114 ff.; Ulmer in FS Flume II, S. 301 (312 ff.); Schäfer in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2017, § 705 BGB Rz. 359a. Schäfer in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2017, § 705 BGB Rz. 356. Ulmer in FS Flume II, S. 301; siehe auch Rödig, Bereicherung ohne Rechtfertigung durch Gesellschaftsvertrag, S. 61 ff. Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 171 ff. Bälz in MünchHdb.GesR Bd. 1, 3. Aufl. 2009, § 100 Rz. 337 ff.; a.A. nunmehr Miras in MünchHdb.GesR Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 100 Rz. 102 ff. Florstedt, Der „stille Verband“, S. 1 ff. Florstedt, Der „stille Verband“, S. 78 ff.

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§ 11 Rz. 11.7 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

inhaber den Nutzen der Unternehmung für Rechnung der Innen-Gesellschafter zieht36.

11.8 Eine andere, in der Literatur vor allem in Anschluss an BGHZ 8, 157 vertretene Ansicht sieht die Rechtfertigung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft darin, dass die Rechtsordnung die Tatsache der Schaffung gemeinsamer Werte durch gemeinsame Tätigkeit nicht rückwirkend negieren könne. Sie hält dementsprechend die Anwendung dieses Rechtsinstitutes nur in den Fällen der atypischen stillen Gesellschaft für zulässig, in denen die internen Rechtsverhältnisse denjenigen bei den Personenhandelsgesellschaften angenähert sind37. Entscheidend sei nicht das Vorhandensein von Gesamthandsvermögen, sondern das Vorliegen einer auf gewisse Dauer angelegten, werteschaffenden Arbeitsgemeinschaft38. 11.9 Auch innerhalb dieser Auffassung finden sich verschiedene Akzentuierungen. So wird einerseits eine vermögensrechtliche Beteiligung am Handelsgeschäft in Kombination mit tätiger Mitwirkung im Unternehmen gefordert39. Andere Autoren legen entscheidendes Gewicht auf die obligatorische Beteiligung am Wert des Unternehmens40 oder heben wesentlich auf die Geschäftsführungstätigkeit des Stillen ab41. Eine dritte Ansicht lässt es genügen, wenn alternativ eines dieser beiden Merkmale gegeben ist42. Fehle es dagegen an diesen Kriterien, so sollen die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft nicht eingreifen, da die typische stille Gesellschaft keine werteschaffende Arbeitsgemeinschaft sei, vielmehr den Dauerschuldverhältnissen nahe stehe und ebenso wie diese keinen Bestandsschutz genießen könne43. 11.10 Eine Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft nur auf atypische stille Gesellschaftsformen befürwortet auch Karsten Schmidt44, wobei auch er sich in der Begründung von der zuerst genannten Lehre unterscheidet. Er schließt sich im Grundsatz der Auffassung an, dass die Rechtfertigung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft in der Doppelnatur der Personengesellschaft als Schuldverhältnis und Organisation gesehen werden müsse45. Mit der Berücksichtigung organisationsrechtlicher Elemente lasse die Lehre ferner ein allgemeines verbandsrechtliches Prinzip er-

36 Florstedt, Der „stille Verband“, S. 30 ff., 257. 37 So zunächst BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157 (167); OLG Nürnberg v. 28.4.1961 – 1 U 12/61, BB 1961, 1341 (1342); Siebert, BB 1958, 1065; Fischer, NJW 1955, 849; Habscheid, BB 1955, 50; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 106. 38 Siebert, BB 1958, 1065 (1068); Habscheid, BB 1955, 50 (52). 39 So schon BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157 (167). 40 Fischer, Anm. zu BGH LM Nr. 4 zu § 335 HGB. 41 Habscheid, BB 1955, 50 (52); Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 55 f. 42 Siebert, BB 1958, 1065 (1070). 43 Siebert, BB 1958, 1065 (1067); Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 51 f. 44 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 131 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 GR II 3. 45 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 GR II 3; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 132.

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Mängel des Gesellschaftsvertrags | Rz. 11.11 § 11

kennen, das gleichermaßen für Kapital- und Personengesellschaften gelte46. Als zentrales Merkmal für das organisatorische Element sieht er allerdings nicht die Gesamthand, sondern die für Handelsgesellschaften kennzeichnende Kombination von Vermögensgemeinschaft und Mitgliedschaftsrechten an, die bei einer typischen stillen Gesellschaft nicht vorliege, vielmehr nur angenommen werden könne, wenn der stille Gesellschafter schuldrechtlich am Unternehmensvermögen beteiligt sei und ihm mitgliedschaftliche Mitverwaltungsrechte mindestens in Gestalt eines Widerspruchsrechtes nach Art des § 164 HGB oder eines Stimmrechtes zugestanden seien. Das Vorliegen nur eines dieser Merkmale reiche nicht aus47. Die höchstrichterliche Rechtsprechung wendet die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf alle stillen Gesellschaftsverhältnisse an, und differenziert dabei in zweigliedrige, mehrgliedrige und Publikumsgesellschaften48. Große Teile des Schrifttums haben sich dem angeschlossen49. Am Anfang dieser zum Teil durch die Obergerichte widersprochenen50, inzwischen jedoch gefestigten51 Rechtsprechung steht die Erstreckung des Anwendungsbereichs von den Außengesellschaften auf die atypische stille Gesellschaft mit Vermögensbeteiligung und Geschäftsführungsbefugnissen des Stillen durch die Entscheidung des BGH vom 29.11.195252. Der BGH hob in diesem Urteil noch auf die faktische Begründung gemeinsamer Werte durch beiderseitige 46 K. Schmidt AcP 186 (1986), 421 (424 ff.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht,§ 6 GR I 3; ebenso Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, S. 137 ff. 47 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 GR II 3; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 133 f.; a.A. Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, S. 144 f. (gegen Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf jegliche Form der Innengesellschaft). 48 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, NZG 2013, 1422 ff. 49 Stimpel, ZGR 1973, 73 (101); Habermeier in Staudinger, 13. Bearb. 2003, § 705 BGB Rz. 59; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 10 GR II 3; Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 11; Sprau in Palandt, § 705 BGB Rz. 19a; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 69; Konzen in FS Westermann, S. 1133 (1144 ff.); Grunewald, Gesellschaftsrecht, § 4 GR Rz. 31 jedoch mit Ausnahme bei „problemlos möglicher Rückabwicklung“. 50 OLG Schleswig v. 13.6.2002 – 5 U 78/01, ZIP 2002, 1244 (1247); OLG Jena v. 26.2.2003 – 4 U 786/02, ZIP 2003, 1444; OLG Hamm v. 11.3.2009 – 8 U 21/08, juris. 51 BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8 f.); BGH v. 25.3.1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234 (237); BGH v. 24.9.1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214 (217); BGH v. 12.2.1973 – II ZR 133/70, WM 1973, 900 (901); BGH v. 25.11.1976 – II ZR 187/75, WM 1977, 196 (197); BGH v. 14.10.1991 – II ZR 212/90, WM 1992, 490 (491); BGH v. 29.6.1992 – II ZR 284/91, WM 1992, 1576; BGH v. 24.5.1993 – II ZR 136/92, WM 1993, 1277 (1278); BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock WuB II H. § 230 HGB 1.05; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 310/03, NZG 2005, 467; BGH v. 29.11.2004 – II ZR 149/03, NZG 2005, 472; BGH v. 29.11.2004 – II ZR 149/03, NZG 2005, 476; BGH v. 26.9.2005 – II ZR 314/03, NZG 2006, 57 (58); BGH v. 1.8.2014 – II ZR 411/13, juris; BGH v. 11.2.2014 – II ZR 219/13; BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 = AG 2014, 41; OLG Hamburg v. 23.8.2013 – 11 U 11/13, NZG 2013, 1391; OLG Köln v. 7.8.2013 – 18 U 90/13, juris; BGH v. 23.7.2013 – II ZR 143/12, ZIP 2013, 1761; OLG Dresden v. 30.1.2013 – 13 U 1683/12, NZG 2013, 1142; OLG München v. 28.11.2012 – 20 U 2232/12, ZIP 2013, 414; OLG Dresden v. 30.12.2009 – 12 U 825/09, juris. 52 BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157.

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11.11

§ 11 Rz. 11.11 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Tätigkeit der Gesellschafter auf der Grundlage eines dem Recht der Personenhandelsgesellschaften angeglichenen Innenverhältnisses ab. Später53 erachtete der BGH als tragenden Grund für die Rechtfertigung des Instituts der fehlerhaften Gesellschaft den Charakter des Gesellschafterverbundes als Leistungs- und Risikogemeinschaft. Den Vollzug dieser Gemeinschaft könne die Rechtsordnung nicht ignorieren. Da auch die stille Gesellschaft ungeachtet der schwächeren Bindung der Partner und ohne Rücksicht auf die Gestaltung im Einzelfall wegen der langfristig vereinbarten Teilung von Gewinn und Verlust des Unternehmens in Verbindung mit einer Einlageleistung des Stillen als Leistungs- und Risikogemeinschaft angesehen werden könne, müssten auch hier die allgemeinen Rückabwicklungsvorschriften zugunsten des Bestandsschutzes durch Anwendung gesellschaftsrechtlicher Normen zurücktreten. Nach dem Urteil des BGH vom 19.11.2013 soll die Lehre der fehlerhaften Gesellschaft auf die mehrgliedrige stille Publikumsgesellschaft mit der Maßgabe Anwendung finden, dass ein stiller Gesellschafter einen ihm im Zuge des Beitritts entstandenen Vermögensschaden unter Anrechnung seiner gegebenenfalls bestehenden Abfindungsanspruchs geltend machen kann, wenn dadurch die gleichmäßige Befriedigung von Abfindungsund Auseinandersetzungsansprüchen der übrigen stillen Gesellschafter nicht gefährdet werde54. Anderenfalls gelange man zu dem grob unbilligen Ergebnis, dass in Zeiten wirtschaftlichen Niedergangs das Risiko der Betriebsführung entgegen dem im Gesellschaftsvertrag erklärten Willen der Gesellschafter allein dem Geschäftsinhaber zugewiesen werde, und andererseits die in einer Phase wirtschaftlichen Aufschwungs auch auf dem Kapitalbeitrag des stillen Gesellschafters beruhenden Erfolge des Unternehmens allein dem Inhaber zugute kämen, während der Stille mit einem geringerwertigen Bereicherungsanspruch abgefunden werde. Eine sachgerechte Risikoverteilung erfordere daher die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf alle stillen Beteiligungsverhältnisse, ohne Unterschied, ob diese gesetzestypisch oder atypisch ausgestaltet seien55. b) Stellungnahme

11.12 Der Auffassung der Rechtsprechung ist zuzustimmen. Sie berücksichtigt zutreffend den Umstand, dass die Gesellschafter zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks eine Leistungs- und Risikogemeinschaft eingehen wollen. Diesem Gesichtspunkt kann das Bereicherungsrecht nur sehr bedingt Rechnung tragen. Bei einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung nach den §§ 812, 818 BGB nimmt der Stille am Verlust nur insoweit teil, als tatsächlich gezogene Nutzungen i.S. von § 818 Abs. 1 BGB vorliegen. An Gewinnen partizipiert er lediglich, soweit sie sich als tatsächlich gezogene Nutzungen der Einlage darstellen56. Dieser auf rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen im Rahmen von reinen Austauschverträgen zugeschnittene Rückabwicklungsmodus kann die bei einer Personengesellschaft regelmäßig komplexere 53 BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8 f.). 54 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 = AG 2014, 41. Hierzu eingehend Blaurock/Gimmler, ZGR 2014, 371; Mock, DStR 2014, 536 und 598; Schäfer, GWR 2014, 25. 55 BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8 f.). 56 Vgl. hierzu Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 166 ff.

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Mängel des Gesellschaftsvertrags | Rz. 11.12 § 11

Interessenlage nicht immer hinreichend berücksichtigen. So kann insbesondere bei atypischen stillen Gesellschaften die Tatsache, dass die Gesellschafter etwa einverständlich in dem Unternehmen tätig waren, unter Umständen dessen Wert gemeinsam geschaffen sowie sich während der Dauer der Vertragsdurchführung im Vertrauen auf dessen Wirksamkeit an den vereinbarten Modalitäten zur Verfolgung des gemeinsamen Zwecks ausgerichtet haben, auch in der rechtlichen Beurteilung nicht unberücksichtigt bleiben. Eine von den Parteien gewollte und bewusst durchgeführte Risikogemeinschaft rückwirkend als inexistent zu betrachten und eine auf Austauschverhältnisse zugeschnittene Rückabwicklung mit einer vom erklärten Parteiwillen abweichenden Risikoverteilung vorzunehmen, erscheint nicht sachgerecht. Zwar trifft es zu, dass im Rahmen eines rückwirkend abzuwickelnden fehlerhaften Vertragsverhältnisses die Beziehungen der Parteien zueinander regelmäßig nach anderen Maßstäben als den von den Parteien ursprünglich vereinbarten beurteilt werden. Dies ist an sich keine Besonderheit allein der Gesellschaftsverträge. Eine Sonderstellung der Gesellschaftsverträge insbesondere gegenüber sonstigen Dauerschuldverhältnissen rechtfertigt sich aber aus dem Aspekt der Leistungs- und Risikogemeinschaft und der zu ihrem Funktionieren bestehenden gesellschaftsrechtlichen Bindung, die sich beispielsweise in der Zustimmungspflicht bei Veränderungen der Grundlagen des Handelsgeschäftes äußert (vgl. dazu näher Rz. 12.9 ff.)57, ihren Ausdruck aber auch in der Behandlung der Einlage des Stillen in der Insolvenz findet, indem diese in Höhe des Verlustanteils als haftendes Kapital angesehen wird (vgl. dazu auch Rz. 16.16 ff., 16.80 ff.)58. Zwar ist es im Einzelfall nicht immer einfach, ein stilles Gesellschaftsverhältnis von einem partiarischen Dienst- oder Darlehensvertrag zu trennen. Hier gibt es die bekannten Abgrenzungsprobleme, die zu schwer prognostizierbaren Einzelfallentscheidungen der Gerichte führen können (vgl. hierzu Rz. 5.1 ff.). Hierbei handelt es sich indessen um ein allgemeines Problem, aus dessen Schwierigkeit und der zu einzelfallorientierten Ergebnissen führenden Behandlung nichts gegen die Anwendung der Regeln der fehlerhaften Gesellschaft auf alle Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft hergeleitet werden kann. Für die Anwendbarkeit dieser Lehre ist vielmehr auf das Ergebnis einer solchen Abgrenzung zurückzugreifen. Die Grenze der Anwendbarkeit der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft verläuft dort, wo die stille Gesellschaft in ein partiarisches Rechtsverhältnis übergeht. Da sich die Abgrenzung beider Gestaltungsformen ungeachtet der im Detail anzuwendenden Maßstäbe an dem für ein Gesellschaftsverhältnis charakteristischen gemeinsam verfolgten Zweck orientiert (siehe Rz. 5.16 ff.) und dieser auch den Ausgangspunkt für die Korrektur der allgemeinen Rückabwicklungsvorschriften im Rahmen der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft darstellt, erscheint diese Grenzziehung auch folgerichtig. Im Übrigen hat sie gegenüber der Auffassung, die eine Anwendung lediglich auf bestimmte atypische stille Gesellschaftsformen befürwortet, den Vorteil, dass keine zu-

57 Dort auch ausführlich zu den gesellschaftsrechtlichen Bindungen; vgl. auch Steckhan, Die Innengesellschaft, S. 119 ff. allgemein zu Innengesellschaften. 58 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 GR V 2, meint, aus der gesetzlichen Regelung eine Beurteilung der Einlage als qualifizierten Kredit herleiten zu können. Damit drängt er den gesellschaftsrechtlichen Aspekt als Regelungsgrund für die § 236 HGB, § 136 InsO zurück. Ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 236 HGB Rz. 5.

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§ 11 Rz. 11.12 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

sätzlichen Abgrenzungsprobleme hinsichtlich der Bestimmung der Gesellschaftsformen auftauchen, die im Unterschied zu anderen Bestandsschutz verdienen und so keine über die allgemeine Abgrenzung zu partiarischen Rechtsverhältnissen hinausgehenden Rechtsunsicherheiten schafft.

11.13 Es ist den von der Rechtsprechung abweichenden Stimmen in der Literatur zuzugeben, dass sich in bestimmten Fällen, vor allem im Grenzbereich zwischen partiarischem Rechtsverhältnis und stiller Gesellschaft, mit bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung ebenfalls interessengerechte Ergebnisse erzielen lassen, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die Praxis durch Berücksichtigung von Vertrauensgesichtspunkten dem Bereicherungsrecht eine gewisse Flexibilität verleiht59. Auch mit der Annahme eines gesetzlichen Vertrauensschuldverhältnisses mögen sachgerechte Ergebnisse zu erzielen sein60. Der von der Rechtsprechung eingeschlagene Weg hat diesen Lösungen gegenüber jedoch den Vorzug, dass er eine im Gesellschaftsrecht weitgehend anerkannte Rechtsfigur zur Gewinnung sachgerechter Ergebnisse einsetzt und so ein zur Beurteilung aller fehlerhaften Gesellschaften einheitliches Instrument zur Verfügung stellt, das ein typisch gesellschaftsrechtliches Bedürfnis nach Modifizierung der bürgerlichrechtlichen Nichtigkeits- und Anfechtungsfolgen befriedigt und auch dann zu interessengerechten Rechtsfolgen führt, wenn ein Bedürfnis für eine solche Modifikation im Einzelfall nicht hervortritt. Dies trägt wesentlich zur Rechtsklarheit und Rechtssicherheit bei61. 11.14 Auch wenn man wie Wiesner62 das Hauptaugenmerk auf den Vertrauensschutz unter den Gesellschaftern legt, ist die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft der Konstruktion eines spezifischen Vertrauensschuldverhältnisses vorzuziehen. Denn das schutzwürdige Interesse der Gesellschafter im Hinblick auf die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrags kann sich nur auf die Geltung der gesetzlichen Normen bzw. des vertraglich Vereinbarten erstrecken. Gerade diesen Regeln verhilft aber das Institut der fehlerhaften Gesellschaft zur Anerkennung, indem es das Gesellschaftsverhältnis – grundsätzlich – als bestehend behandelt und so die gesellschaftsrechtlichen Normen zur Anwendung bringt sowie die nicht fehlerhaften Vertragsbestimmungen unberührt lässt. 11.15 Zudem gelangt man mit der Ansicht der Rechtsprechung auch zu sachgerechten Ergebnissen im Fall der Insolvenz des Handelsunternehmens, einem Bereich, bei dem das reine Innenverhältnis der Gesellschafter verlassen wird und auch Folgen für 59 In der Literatur wird darüber hinaus teilweise versucht, den Bestandsschutz auch im Bereicherungsrecht durch eine entsprechende Anwendung des in § 346 Satz 2 BGB a.F. enthaltenen Gedankens, die Vergangenheit möglichst unangetastet zu lassen, zu berücksichtigen; hierzu Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 170 f. 60 So Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 171 ff. 61 So auch Stimpel, ZGR 1973, 73 (101 f.). 62 Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 171 ff., 177 ff. Der Umstand, dass Wiesner zur sachgerechten Behandlung fehlerhafter Innengesellschaften auf ein gesetzliches Vertrauensschuldverhältnis angewiesen ist, verdeutlicht die Fragwürdigkeit seines Ausgangspunktes, die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft sei nur bei Vorliegen einer Gesamthand anzuwenden.

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Mängel des Gesellschaftsvertrags | Rz. 11.17 § 11

außenstehende Gläubiger des Inhabers zu bedenken sind. Nur wenn man die auf fehlerhaftem Gesellschaftsvertrag vollzogene stille Gesellschaft grundsätzlich als bestehend behandelt und dadurch die Anwendung der § 236 HGB und § 136 InsO eröffnet, kann die Einlage des Stillen in der Insolvenz des Geschäftsinhabers dem Gedanken der bewusst durchgeführten Leistungs- und Risikogemeinschaft entsprechend nach Maßgabe des § 236 HGB als haftendes Kapital angesehen werden. Soweit man Bestandsschutz für die fehlerhafte stille Gesellschaft nicht gewähren will, wirkt dies zum Nachteil der Insolvenzgläubiger, da der Stille in diesem Fall auch in der Höhe seiner Einlage, in der er nach dem Gesellschaftsvertrag am Verlust beteiligt sein soll, mit ihnen konkurriert. Den Gläubigern würde die nach dem Vertrag am Verlust teilnehmende Einlage als haftendes Kapital entzogen. Weiterhin ist auch die Anwendung des in § 136 InsO geregelten besonderen Insolvenzanfechtungstatbestandes (dazu ausführlich Rz. 16.96 ff.) von der Annahme eines bestehenden Gesellschaftsverhältnisses bzw. eines Gesellschaftsverhältnisses, das mindestens im Jahr vor Insolvenzeröffnung rechtswirksam bestanden hat (siehe Rz. 16.101), abhängig63. Nimmt man die stille Gesellschaft aus dem Anwendungsbereich der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft heraus, so führt das zu einem Ausschluss des besonderen Insolvenzanfechtungsrechts für die Gläubiger des Inhabers. Sieht man die ratio des § 136 InsO darin, den Informationsvorsprung des stillen Gesellschafters vor den anderen Unternehmensgläubigern zu sanktionieren64, so ist nicht einzusehen, warum die Gläubiger bei einer fehlerhaften stillen Gesellschaft schlechter stehen sollen, denn bei tatsächlicher Durchführung des stillen Beteiligungsverhältnisses kommt dem Stillen der Insidervorteil ebenfalls zugute. Auch eine Einschränkung auf atypische stille Gesellschaften ist nicht angezeigt65, weil nach dem Gesetz schon die Interessenlage bei einer typischen stillen Gesellschaft für ein besonderes Insolvenzanfechtungsrecht ausreicht. Nichts anderes kann dann für die durchgeführte fehlerhafte stille Gesellschaft gelten.

11.16

Schließlich eröffnet die Anwendung der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft auch die Möglichkeit, dem wegen des Vertragsmangels kündigenden Gesellschafter ein Recht auf Überprüfung des vom Geschäftsinhaber errechneten Auseinandersetzungsguthabens nach Maßgabe des § 233 HGB zu geben, wenn man zutreffenderweise diese Norm auch auf den ausscheidenden Gesellschafter anwendet (zur anders lautenden h.M. siehe Rz. 15.50 ff., 15.73 ff.). Das führt zu dem sachgerechten Ergebnis, dass der wegen des Vertragsmangels Kündigende ebenso wie der aus einer fehlerfrei zustande gekommenen stillen Gesellschaft Ausscheidende sich zur Kontrolle seiner Auseinandersetzungsansprüche auf die gesellschaftsrechtliche Norm des § 233 HGB

11.17

63 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, Anh. § 236 HGB Rz. 41; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 236 HGB Anh. Rz. 9; siehe auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 GR V 2a, wo eine analoge Anwendung auf sonstige Fälle langfristiger Unternehmensfinanzierung befürwortet wird. 64 Hierzu K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, Anh. § 236 HGB Rz. 3. 65 So aber im Ergebnis K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, Anh. § 236 HGB Rz. 9, 19; § 230 HGB Rz. 134.

Blaurock | 267

§ 11 Rz. 11.17 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

stützen kann und nicht auf das allgemeine Auskunfts- oder Einsichtsrecht aus §§ 810, 242 BGB beschränkt ist.

11.18 Von dem so dargelegten Standpunkt aus versteht es sich, dass es für die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf das Vorliegen von Gesamthandsvermögen entgegen anderen Auffassungen in der Literatur nicht ankommen kann. Es ist nicht so, dass sich nur bei Bildung von gesamthänderisch gebundenem Vermögen die Schwierigkeiten ergeben, die zu einer Modifikation der allgemeinen Regeln führen müssen; und es ist auch nicht so, dass sich die Funktion des Rechtsinstituts der fehlerhaften Gesellschaft allein in der adäquaten Rückabwicklung von gesamthänderischem Eigentum einer werbenden Personengesellschaft erschöpft; vielmehr müssen die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft auch als Instrument zur sachgerechten Abwicklung bewusst durchgeführter Leistungs- und Risikogemeinschaften verstanden werden66. Wenn in der neueren Literatur der Gesamthand zentrale Bedeutung für die Annahme eines gesellschaftlichen Organisationsstatuts beigemessen und allein bei Vorliegen einer solchen „Organisation“ die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft befürwortet, für stille Gesellschaften also generell ausgeschlossen wird, so ist dem nicht zu folgen. Wäre dies richtig, so müsste sowohl der BGB-Gesellschaft mit Bruchteilsvermögen als auch der BGB-Außengesellschaft ohne Gesellschaftsvermögen ein organisationsrechtliches Element abgesprochen werden, was nicht zutrifft. Sowohl die vermögenslose BGB-Außengesellschaft als auch die BGB-Gesellschaft mit Bruchteilsvermögen ist ein auch personenrechtlich relevantes Gebilde, bei dem jeweils eine über ein bloßes Schuldverhältnis hinausgehende Verfestigung vorhanden ist. Die gesamthänderische Bindung betrifft lediglich die Bildung eines gesellschaftlichen Sondervermögens, die zu dem selbst bereits Organisationscharakter tragenden Gesellschaftsverhältnis hinzutritt67. Überzeugender ist demgegenüber schon die Argumentation von Karsten Schmidt68, der die entscheidenden Merkmale für ein genügend verfestigtes Organisationsstatut in einer den Personenhandelsgesellschaften angenäherten Vermögens- und Organisationsstruktur sieht. Letztlich vermag aber auch diese Ansicht die Interessenlage bei typischen stillen Gesellschaften nicht hinreichend zu berücksichtigen, da sie das gesetzestypische stille Beteiligungsverhältnis lediglich als qualifiziertes Kreditverhältnis begreift und so die gesellschaftsrechtlichen Aspekte, die einen Bestandsschutz auch für typische stille Gesellschaften rechtfertigen, in den Hintergrund drängt. Zudem kann auch diese Auffassung nicht begründen, warum die in § 236 HGB und § 136 InsO für typische stille Gesellschaften geregelte Behandlung der Einlage in der Insolvenz bei einem stillen Beteiligungsverhältnis auf fehlerhafter Vertragsgrundlage nur bei atypischer Ausgestaltung zum Zuge kommen soll. Schließlich ist auch in Rechnung zu stellen, dass eine Beschränkung des Bestandsschutzes auf atypische stille Gesellschaftsformen zusätzliche Abgrenzungsprobleme mit sich brächte. Neben die Trennung von Gesellschaft und partiarischem Rechtsverhältnis träte die Abgrenzung derjenigen Gesellschaftsform, die Bestandsschutz verdient, von derjenigen, bei welcher eine Rück-

66 Vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2 GR V 2. 67 Blaurock, AcP 181 (1981), 451 (453). 68 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 132 ff.

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Mängel des Gesellschaftsvertrags | Rz. 11.20 § 11

abwicklung nach allgemeinen Regeln vorzunehmen ist. Da hier die Abgrenzungskriterien nicht abschließend bestimmt und gleichfalls fließende Übergänge denkbar sind69, wären die Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zusätzlich belastet. Dies wird durch die von der Rechtsprechung vertretene Auffassung vermieden70. Ihr ist aus diesem und aus den zuvor genannten Gründen zu folgen. Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft ist somit auf die stille Gesellschaft generell anwendbar, ohne dass es auf die Ausgestaltung im Einzelfall ankommt. 2. Grenzen der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft Die rechtliche Anerkennung einer fehlerhaften stillen Gesellschaft findet jedoch entsprechend den eingangs (Rz. 11.1 ff.) dargestellten allgemeinen Grundsätzen dieser Lehre dort ihre Grenze, wo gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder bestimmter, besonders schutzwürdiger Personen entgegenstehen71. Dies sind die Fälle der Gesetzwidrigkeit i.S. von § 134 BGB72, der groben Sittenwidrigkeit i.S. von § 138 BGB73 sowie solche Konstellationen, bei denen ein Gesellschafter durch Täuschung oder Drohung zum Beitritt bewogen wird und die bloße Auflösung dem Täuschenden bzw. Drohenden ungerechtfertigte Vorteile brächte74. Schließlich ist auch der Minderjährigenschutz hier zu nennen75.

11.19

a) Gesetzes- und Sittenwidrigkeit Im Falle der Gesetzes- bzw. Sittenwidrigkeit ist danach zu unterscheiden, ob lediglich einzelne, den Gesellschaftszweck nicht unmittelbar betreffende Klauseln der Nichtigkeitssanktion der §§ 134, 138 BGB unterfallen oder ob der Gesellschaftszweck selbst mit dem Gesetz oder den guten Sitten nicht vereinbar ist. Die Unvereinbarkeit nur einzelner Klauseln mit den §§ 134, 138 BGB lässt die Gültigkeit des übrigen Gesellschaftsvertrags in der Regel unberührt76. Die mangelhafte Vertragsbestimmung ist nicht anzuwenden, die dadurch entstandene Lücke durch ergänzende Vertragsaus-

69 Siehe nur K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 133; Siebert, BB 1958, 1065 (1068 ff.). 70 Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 107, der eine fehlende Einzelfallgerechtigkeit bemängelt, verkennt, dass sich die gefestigte Rechtsprechung des BGH gerade an Einzelfällen zu orientieren hatte. 71 BGH v. 24.10.1951 – II ZR 18/51, BGHZ 3, 285 (288); BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (9). 72 BGH v. 25.3.1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234 (241); BGH v. 24.9.1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214. 73 BGH v. 9.2.1970 – II ZR 76/68, LM Nr. 18 zu § 138 (Cd) BGB; OLG Dresden v. 30.12.2009 – 12 U 825/09, juris. 74 BGH v. 12.5.1954 – II ZR 167/53, BGHZ 13, 320 (323); BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (10). 75 BGH v. 30.4.1955 – II ZR 202/53, BGHZ 17, 160 (167); BGH v. 20.9.1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 (29); BGH v. 30.9.1982 – III ZR 58/81, NJW 1983, 748. 76 BGH v. 9.2.1970 – II ZR 76/68, LM Nr. 18 zu § 138 (Cd) BGB; BGH v. 12.2.1973 – II ZR 69/70, WM 1973, 900 (901); BGH v. 16.11.1981 – II ZR 213/80, NJW 1982, 877 (879).

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11.20

§ 11 Rz. 11.20 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

legung zu schließen77. Nur ausnahmsweise ist Totalnichtigkeit des Gesellschaftsvertrags anzunehmen, etwa wenn die betreffende Klausel für die Gesellschafter von fundamentaler Bedeutung ist oder der wirksame Restvertrag zu von den Gesellschaftern offensichtlich nicht gewollten Ergebnissen führt78. Die Regel des § 139 BGB kann angesichts der Bestrebungen nach Bestandsschutz bei mangelbehafteten Gesellschaftsverträgen allenfalls sehr eingeschränkte Anwendung finden79. Dennoch ist es zur Vermeidung von Zweifeln sinnvoll, eine salvatorische Klausel in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.

11.21 Ist dagegen der Gesellschaftszweck selbst mit den §§ 134, 138 BGB nicht vereinbar, so führt dies zur Totalnichtigkeit des Gesellschaftsvertrags80. Im Recht der stillen Gesellschaft sind in diesem Zusammenhang vor allem Fälle praktisch geworden, in denen es um berufsspezifische Anforderungen (Konzessionen, Sachkunde etc.) zum Betrieb des Unternehmens geht81. Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass die berufsspezifischen Anforderungen grundsätzlich nur für den Geschäftsinhaber gelten, da er allein das Geschäft betreibt. Ein Verstoß berührt deshalb nicht zwingend den Bestand des Gesellschaftsvertrages82. Dessen Nichtigkeit ist vielmehr erst anzunehmen, wenn die konkrete Ausgestaltung und Durchführung des Gesellschaftsvertrages dem Sinn und Zweck der Verbotsnorm zuwiderläuft. Dies hat der BGH beispielsweise bejaht, wenn der stille Gesellschafter eines Inkassounternehmens nicht die Erlaubnis nach dem früheren Art. 1 § 1 RBerG besaß, aber maßgeblichen Einfluss auf die Führung der Geschäfte ausüben konnte83. Nichtigkeit nach § 134 BGB hat der BGH auch für den Fall angenommen, dass die stille Beteiligung an einer Apotheke den Apotheker als Erlaubnisinhaber entgegen den Intentionen des Apothekengesetzes in persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit bringt84. 11.22 Handelt es sich bei dem Abschluss stiller Beteiligungsverträge um konzessionspflichtige Einlagengeschäfte, d.h. um solche typisch stillen Gesellschaften, bei denen die Verlustbeteiligung ausgeschlossen wurde und die durch Publikumsbeteiligungsgesellschaften vertrieben werden, stellt sich die Frage, ob ein Verstoß gegen § 32 KWG zum Ausschluss der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft und zur Nichtigkeit gemäß § 134 BGB führt (siehe Rz. 18.51 ff.). 77 Schäfer in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2009, § 132 HGB Rz. 39. 78 Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 107, 108; Schäfer in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2017, § 705 BGB Rz. 53. 79 Schäfer in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2009, § 132 HGB Rz. 39; Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 106 f. 80 Schäfer in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2009, § 105 HGB Rz. 332. 81 BGH v. 25.3.1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234; BGH v. 24.9.1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214; BGH v. 15.10.2013 – II ZR 112/11. 82 Die Führung des Geschäftes ohne Konzession kann aber die Auflösung der Gesellschaft nach § 726 BGB zur Folge haben, wenn der Geschäftsinhaber die Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession nicht erfüllen kann. 83 BGH v. 25.3.1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234 (239 ff.). 84 BGH v. 24.9.1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214 (217 ff.). Nach heutiger Rechtslage ist die stille Beteiligung eines Nichtapprobierten an einer Apotheke generell untersagt, Art. 1 Nr. 3 des Änderungsgesetzes zum ApothG, BGBl. I 1980, 1142, dazu Rz. 9.75 f.

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Mängel des Gesellschaftsvertrags | Rz. 11.23 § 11

Nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG sind Bankgeschäfte ohne die nach § 32 KWG erforderliche Erlaubnis verboten. Das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis berührt jedoch nach Ansicht des BGH die Wirksamkeit der mit den Kunden geschlossenen Verträge nicht, da das Verbot sich nicht gegen den Inhalt des Rechtsgeschäfts, sondern nur gegen seine Vornahme richte85. Dem ist zuzustimmen. Dem Schutzbedürfnis desjenigen, der sein Geld auf der Grundlage eines Einlagengeschäfts aus der Hand gegeben hat, wird dadurch am besten Rechnung getragen, dass man von einem wirksamen Geschäft ausgeht; die Annahme einer Nichtigkeit derartiger Geschäfte nach § 134 BGB verbunden mit einem zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch aus § 812 BGB und seinen rechtlichen Nachteilen stellt keine sachgerechte Lösung zum Schutz des stillen Gesellschafters dar. Es genügt vielmehr nach dem Schutzzweck des § 32 KWG und analog § 15 Abs. 5 KWG, dass der Kunde seine Einlage sofort zurückfordern kann86. Bereits dem Gesellschafterkonto zugewiesene Gewinne sind zurückzugewähren. b) Verstoß gegen berufsrechtliche Regelungen Auch bei Verstoß gegen eine berufsrechtliche Regelung hat der BGH die Nichtigkeit der Gesellschaft bejaht, wenn durch ihre Anerkennung der gesetzlich verbotene Zustand der Sache nach legitimiert würde87. In diesen Fällen verdient die stille Gesellschaft keinen Bestandsschutz. Die Rechtsordnung kann nicht ein von ihr verbotenes und für nichtig erklärtes Rechtsverhältnis anerkennen, das laufend neue Rechte und Pflichten begründet. Das Interesse der Gesellschafter an der Anerkennung des von ihnen gewollten und tatsächlich begründeten Zustandes muss hinter die entgegenstehenden Belange der Allgemeinheit zurücktreten. Der BGH hat allerdings eine Ausnahme für den Fall zugelassen, dass die Gesellschafter nicht bewusst gegen das Verbotsgesetz verstoßen sondern vielmehr ihre – wegen Fehlens einer behördlichen Genehmigung – gesetzwidrige Geschäftstätigkeit in Übereinstimmung mit der Konzessionsbehörde ausgeübt haben88. Von dieser Ausnahme abgesehen bewirkt die unheilbare Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags, dass an die Stelle der Ansprüche und Verpflichtungen aus dem Gesellschaftsvertrag die im allgemeinen Vertragsrecht geltenden Nichtigkeitsfolgen treten, wonach die aufgrund eines nichtigen Rechtsverhältnisses erbrachten gegenseitigen Leistungen nach Bereicherungsgrundsätzen abzurechnen und zurückzugewähren sind, wobei namentlich § 817 BGB zu beachten ist89.

85 BGH v. 14.7.1966 – II ZR 240/64, WM 1966, 1101 (1102); BGH v. 18.10.1978 – VIII ZR 278/77, WM 1978, 1268 (1269); vgl. auch Sack/Seibl in Staudinger, Neubearbeitung 2017, § 134 BGB Rz. 258. 86 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 1173; Sack/Seibl in Staudinger, Neubearbeitung 2017, § 134 BGB Rz. 258; Tettinger, DStR 2006, 903 (904). 87 BGH v. 28.9.1995 – II ZR 257/94, DStR 1995, 1722 m. Anm. Goette. 88 BGH v. 24.4.1954 – II ZR 35/53, LM Nr. 8 zu § 105 HGB; a.A. Schäfer in MünchKomm/ BGB, 7. Aufl. 2017, § 705 BGB Rz. 334 m.w.N., der betont, dass die Nichtexistenz der Gesellschaft ex tunc keine angemessene Lösung darstelle und es überdies auf subjektive Kriterien bei der Prüfung des Vorrangs öffentlicher Interessen nicht ankomme. 89 BGH v. 25.3.1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234 (242).

Blaurock | 271

11.23

§ 11 Rz. 11.24 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

c) Minderjährigenschutz

11.24 Die Fälle des Vorrangs schutzwürdiger Interessen einzelner betreffen vor allem die Eingehung einer stillen Gesellschaft durch Minderjährige. Die Rechtsordnung des BGB stellt den Schutz der in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkten oder geschäftsunfähigen Personen generell über den allgemeinen Vertrauens- und Verkehrsschutz, er muss daher auch Vorrang vor dem gesellschaftsrechtlichen Bestandsschutzinteresse haben, das für den Minderjährigen Verpflichtungen und damit rechtliche Nachteile mit sich brächte90. Liegt demnach eine auf Eingehung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses gerichtete, infolge von Geschäftsunfähigkeit aber von Anfang an nichtige Willenserklärung vor (§ 105 Abs. 1 BGB), so entsteht keine, insbesondere auch keine als bestehend zu behandelnde fehlerhafte stille Gesellschaft. Der Geschäftsunfähige erlangt aus dem nichtigen Gesellschaftsvertrag weder Rechte noch binden ihn Pflichten. Er kann die Rückerstattung bereits geleisteter Beiträge und Einlagen in Anwendung der §§ 812, 818, 985 ff. BGB verlangen. Handelt es sich um einen beschränkt Geschäftsfähigen, so treten diese Rechtsfolgen nur ein, wenn die erforderliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters fehlt (hierzu Rz. 9.41). 11.25 Streitig ist indessen, ob zum Schutz des nur beschränkt oder überhaupt nicht Geschäftsfähigen die allgemeinen Rückabwicklungsvorschriften mit der Folge partiell modifiziert werden sollen, dass zwar das Verlustrisiko ausgeschlossen, die Gewinnbeteiligung aber aufrecht zu erhalten ist. Von der früher überwiegenden Auffassung wurde dies im Hinblick auf den so zu erreichenden optimalen Schutz der betreffenden Personen bejaht91. Dagegen wird jedoch geltend gemacht, dem Gesellschaftsrecht sei die Position eines Gesellschafters, der nur Rechte, aber keine Pflichten habe, unbekannt; die Anerkennung einer solchen Position sei auch nicht vertretbar, da das in der Führung eines kaufmännischen Unternehmens liegende Risiko unzulässigerweise in vollem Umfang auf die andere Partei abgewälzt werde92. Für die stille Gesellschaft muss dieses Argument freilich relativiert werden, da § 231 Abs. 2 HGB den Ausschluss von der Beteiligung am Verlust ausdrücklich zulässt. Die Verlagerung des Verlustrisikos auf den Inhaber des Unternehmens ist dem Recht der stillen Gesellschaft also nicht grundsätzlich unbekannt. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass für den Fall der vereinbarten Nichtteilnahme am Verlust der Gesellschaftsvertrag in seiner Gesamtheit auf diese Risikoverteilung durch entsprechende Ausgestaltung der Rechte und Pflichten der Gesellschafter zugeschnitten wird. Dem nicht oder nur beschränkt Geschäftsfähigen das Verlustrisiko abzunehmen und die Gewinnverteilungsabrede, die auf der Grundlage auch einer Verlustteilnahme vereinbart wurde, aufrechtzuerhalten, ist ein schwer wiegender Eingriff in das Vertragsgefüge, der auch unter dem Aspekt des Minderjährigenschutzes nicht zwingend erscheint. Diesem 90 Vgl. u.a. BGH v. 17.2.1992 – II ZR 100/91, NJW 1992, 1503 (1504); kritisch dazu: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 GR III 3a; LAG Hamm v. 17.2.2000 – 4 Sa 1150/99, NZA-RR 2001, 177. 91 Ganßmüller, DB 1955, 257 (260); Keßler in Staudinger, 12. Bearb. 1979, § 705 BGB Rz. 134. 92 Schäfer in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2009, § 105 HGB Rz. 337; Schäfer in MünchKomm/ BGB, 7. Aufl. 2017, § 705 BGB Rz. 337.

272 | Blaurock

Mängel des Gesellschaftsvertrags | Rz. 11.26 § 11

Schutzbedürfnis ist Genüge getan, wenn der Minderjährige keine Nachteile zu erleiden hat und so gestellt wird, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen. Darüber hinausgehend Gewinnanteile außerhalb von § 818 Abs. 1 BGB generell zuzusprechen, erfordert der Minderjährigenschutz dagegen nicht. Soweit Dienstleistungen eingebracht werden, können auch diese im Rahmen einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung berücksichtigt werden93. Für die in der Praxis wichtigen Fälle des Minderjährigenschutzes stellt sich das Problem ohnehin in abgeschwächter Schärfe. Es sind dies die Konstellationen, in denen beschränkt Geschäftsfähige beteiligt sind, deren Willenserklärungen bei Fehlen etwa erforderlicher familiengerichtlicher Genehmigung oder bei mangelnder, aber notwendiger Einschaltung eines besonderen Pflegers nicht nichtig, sondern schwebend unwirksam sind. Hier bleibt es den gesetzlichen Vertretern und dem Familiengericht vorbehalten, durch Erteilung der Genehmigung bzw. deren Verweigerung den Vertrag in seiner Wirksamkeit endgültig zu beeinflussen. Im Rahmen dieser Entscheidung kann eine Orientierung an der geschäftlichen Entwicklung des Unternehmens vorgenommen und damit das Interesse des Minderjährigen an einer Gewinn bringenden Beteiligung berücksichtigt werden. Dadurch dürfte seinem Schutzinteresse hinreichend Rechnung getragen sein. Ein weiter gehender Eingriff in den Vertrag dergestalt, dass allein die Gewinnabrede Bestand hat, der Restvertrag aber unwirksam sein soll, ist nicht angezeigt94. d) Arglistige Täuschung und widerrechtliche Drohung Für den Fall der arglistigen Täuschung oder widerrechtlichen Drohung ist im Prinzip keine allgemeine Ausnahme von den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft anzuerkennen95. Der getäuschte bzw. bedrohte Gesellschafter ist vielmehr auf das außerordentliche Kündigungsrecht zu verweisen. Bei der hierauf folgenden Auseinandersetzung können Schadensersatzansprüche des benachteiligten Gesellschafters (etwa aus § 311 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB [culpa in contrahendo] oder aus § 826 BGB) berücksichtigt werden, so dass dessen schützenswerten Interessen hinreichend Rechnung getragen wird96. Der BGH hat allerdings verschiedentlich ausgesprochen, dass er auch von diesem Grundsatz eine Ausnahme zulassen will, wenn eine besonders grobe Sittenwidrigkeit vorliegt, oder ein Sachverhalt gegeben ist, in dem sich ein Gesellschafter durch Drohung oder Täuschung einen überaus günstigen Gewinn- und Liquidationsanteil einräumen lässt und ein deswegen in die Auseinandersetzungsrech-

93 Schwab in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2017, § 818 BGB Rz. 88 ff. 94 Schäfer in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2009, § 105 HGB Rz. 337 ff. 95 BGH v. 19.12.1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 (345); BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (9 f.); BGH v. 30.3.1967 – II ZR 102/65, BGHZ 47, 293 (300); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 GR III 3; Schäfer in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2017, § 705 BGB Rz. 340; Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, S. 279 ff.; Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 134 f. 96 BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (10); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 GR III 3.

Blaurock | 273

11.26

§ 11 Rz. 11.26 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

nung einzustellender Schadensersatzanspruch keinen genügenden Ausgleich schafft97. Bisher ist ein solcher Sachverhalt jedoch noch nicht praktisch geworden. Allerdings wirkt die neuere Rechtsprechung des BGH, nach der in zweigliedrigen stillen Publikumspersonengesellschaften der Hauptgesellschafter den getäuschten Stillen ohne Berücksichtigung des aktuellen Wertes der Beteiligung im Wege des Schadensersatzes so zu stellen hat, als sei der Stille niemals Gesellschafter geworden, im Ergebnis wie eine Abkehr vom Vorrang des Bestandsschutzes vor den Interessen des Getäuschten (siehe dazu Rz. 18.54 ff.)98. e) Fehlende Gesellschaft und Scheingesellschaft

11.27 Schließlich kommt die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nicht zum Zuge, falls es überhaupt an einem – wenn auch fehlerhaften – Gesellschaftsvertrag fehlt. Sind sich die Beteiligten von vornherein darüber im klaren, eine Gesellschaft nicht errichten zu wollen, können sie nicht verlangen, im Verhältnis zueinander als Gesellschafter behandelt zu werden99, so z.B. auch bei der nur zum Schein eingegangenen stillen Gesellschaft100. 3. Anwendbare Regelungen

11.28 Ist entsprechend dem Ausgeführten nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft zu verfahren, so sind die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter bis zur Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses durch fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde im Ganzen gesehen den für die gültige Gesellschaft maßgebenden Normen zu unterstellen. Für ihre Rechte und Pflichten ist neben dem Gesetz der Gesellschaftsvertrag heranzuziehen, soweit nicht gerade seine mangelhaften Teile die Grundlage bieten müssten. Die Gesellschafter können also alle Rechte aus dem Gesellschaftsvertrag gegeneinander geltend machen, z.B. den Anspruch auf Leistung der vereinbarten Beiträge und auf Erfüllung der Pflicht zur Geschäftsführung. Im Einzelfall kann jedoch die Rechtsausübung aus dem Vertrag gegen Treu und Glauben verstoßen und dann unzulässig sein. 11.29 Die Beendigung der stillen Gesellschaft führt zur Auseinandersetzung unter den Beteiligten gemäß § 235 HGB (siehe Rz. 15.1 ff.). Das Auseinandersetzungsguthaben ist bei der typischen stillen Gesellschaft aufgrund einer Erfolgsermittlungsbilanz, bei der atypischen stillen Gesellschaft aufgrund einer Liquidationsbilanz zu ermitteln, obwohl es in der Regel nicht zu einer Liquidation des Handelsgewerbes kommt. Bei der Auseinandersetzung sind etwaige Schadensersatzansprüche der Gesellschafter wegen 97 BGH v. 12.5.1954 – II ZR 167/53, BGHZ 13, 320 (323); BGH v. 6.2.1958 – II ZR 210/56, BGHZ 26, 330 (335); BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (9 f.); ablehnend das überwiegende Schrifttum. 98 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262) = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock WuB II H. § 230 HGB 1.05. 99 BGH v. 28.11.1953 – II ZR 188/52, BGHZ 11, 190. 100 BGH v. 27.5.1953 – II ZR 171/52, BGH LM Nr. 4 zu § 105 HGB; Schäfer in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2009, § 105 HGB Rz. 367 ff.

274 | Blaurock

Mängel des Gesellschaftsvertrags | Rz. 11.33 § 11

der Vertragsmängel zu berücksichtigen. Hier kommen etwa Ansprüche desjenigen in Betracht, der die Auflösung der Gesellschaft wegen Wuchers oder Betrugs verlangt. Bei der Auflösung wegen Irrtums hat nach § 122 Abs. 2 BGB derjenige, der sich geirrt hat, dem anderen Teil den Vertrauensschaden zu ersetzen101. Einer Auflösungsklage bedarf es zur Beendigung der stillen Gesellschaft nicht. Es genügt formlose Kündigung – auch bei der atypischen stillen Gesellschaft. Beim Vorliegen eines im öffentlichen Interesse gegebenen Nichtigkeitsgrundes kann sich jeder ohne Weiteres auf die Nichtigkeit berufen.

11.30

Die Rechtsprechung hat die Anwendung der §§ 133, 140 HGB auf die stille Gesellschaft auch in den Fällen abgelehnt, in denen vereinbart war, dass im Innenverhältnis das Recht der offenen Handelsgesellschaft gelten soll102. Es genügt erforderlichenfalls eine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO. Ist der Mangel nach Vertragsschluss, aber vor seiner Geltendmachung fortgefallen, so hat der kündigende Gesellschafter kein schutzwürdiges Interesse mehr an der Beendigung der stillen Gesellschaft. Der Vertragsmangel muss noch im Zeitpunkt der Kündigung bestehen.

11.31

Ein möglichweise bestehender Schadensersatzanspruch des stillen Gesellschafters gegen den Geschäftsinhaber wegen arglistiger Täuschung, widerrechtlicher Drohung oder wegen eines Prospektfehlers wird durch die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft nicht ausgeschlossen. Diese Regeln entfalten insoweit keine Sperrwirkung. Dies hat der BGH zunächst bei der zweigliedrigen stillen Publikumsgesellschaft angenommen103, dann mit seinem Urteil vom 19.11.2013 aber auch für die mehrgliedrige stille Publikumsgesellschaft bejaht104. Allerdings gilt hierbei eine Einschränkung: Im Wege des Schadensersatzanspruchs kann im Interesse der übrigen stillen Gesellschafter nur auf solche Vermögenswerte zugegriffen werden, die nicht für die Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft benötigt werden105.

11.32

III. Zusammenfassung Nach ständiger Rechtsprechung sind sowohl auf die typische wie auf die atypische stille Gesellschaft die Grundsätze über die Gesellschaft mit fehlerhafter Vertragsgrundlage anwendbar, d.h. dem Gesellschaftsvertrag anhaftende Mängel führen grundsätzlich nicht zu seiner Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit, sondern nur zur Möglichkeit der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde. Die Annahme ursprünglicher Nichtig101 Vgl. dazu BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (10). 102 RG v. 27.11.1940 – II 67/40, RGZ 165, 260. 103 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262) = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock WuB II H. § 230 HGB 1.05. 104 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104; bestätigt durch BGH v. 11.2.2014 – II ZR 219/13; BGH v. 1.8.2014 – II ZR 411/13, juris. 105 Eingehend zur Berücksichtigung von Schadensersatzansprüchen und einer möglichen Sperrwirkung der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft Blaurock/Gimmler, ZGR 2014, 371; Mock, DStR 2014, 536 und 598.

Blaurock | 275

11.33

§ 11 Rz. 11.33 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

keit würde sowohl bei der typischen wie bei der atypischen stillen Gesellschaft nicht zu sachgerechten Ergebnissen führen, vor allem dann, wenn die stille Gesellschaft schon längere Zeit bestanden hat und mit Hilfe der stillen Beteiligung Werte geschaffen worden sind, die bei Vernichtung des Gesellschaftsverhältnisses ex tunc allein dem Geschäftsinhaber verbleiben, während sich der stille Gesellschafter mit der Rückforderung seiner ursprünglichen Vermögenseinlage begnügen muss und auf mehr oder weniger unsichere Schadensersatzansprüche106 angewiesen ist. Wenn die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft zur Anwendung kommen, tritt an die Stelle anfänglicher Nichtigkeit die nur in die Zukunft wirkende Kündigung aus wichtigem Grunde, die zur Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses und zur anschließenden Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten führt. Einer Auflösungsklage bedarf es nicht. Bis zur Auflösung bestimmen sich die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter nach den für die gültige Gesellschaft maßgebenden Vorschriften und nach den im Gesellschaftsvertrag getroffenen Vereinbarungen, soweit sie nicht gerade mit dem die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit begründenden Mangel behaftet sind. Die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft finden keine Anwendung, wenn eine Willenseinigung der Beteiligten über die Errichtung einer stillen Gesellschaft nicht vorliegt, wenn der Gesellschaftsvertrag gegen im öffentlichen Interesse erlassene Vorschriften verstößt, sich als Scheingeschäft darstellt oder von einem Geschäftsunfähigen abgeschlossen worden ist. Ist der Vertrag von einem in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten abgeschlossen, so hängt seine Wirksamkeit von der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters ab. §§ 108, 109 BGB finden Anwendung.

106 Beispielsweise die Schadensersatzansprüche des Gesellschafters gegen den täuschenden Mitgesellschafter (bei Gelingen des Kausalitätsbeweises).

276 | Blaurock

§ 12 Geschäftsführung Schrifttum: Blaurock, Uwe, Einfluss im Unternehmen und die gesellschaftliche Haftungsstruktur, in Festschrift für W. Simpel, 1985, S. 553; Blaurock, Uwe, Haftung eines atypischen stillen Gesellschafters, NZG 2010, 974; Erkens, Michael, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen bei der Unternehmensübertragung und Unternehmensumwandlung – Eine Untersuchung zur stillen Gesellschaft und zur Unterbeteiligung, Diss. Bonn, 2000; Hartmann, Bernhard, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983; Haupt, Günter/ Reinhardt, Rudolf, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 1952; Hepting, Reinhard, Die Personengesellschaft als Konzernobergesellschaft: Informationsrechte des außenstehenden Gesellschafters, in Festschrift für K. Pleyer, 1986, S. 301; Hueck, Alfred, Die stille Beteiligung bei Handelsgesellschaften, in Festschrift für H. Lehmann, 1937, S. 239; Hueck, Götz, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht, Habil. Münster, 1958; Löffler, Joachim, Zur Reichweite des gesetzlichen Wettbewerbsverbots in der Kommanditgesellschaft, NJW 1986, 223; Paulick, Heinz, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, zugleich ein Beitrag zur Typenlehre im Gesellschaftsrecht, 1954; Schlitt, Michael, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters in der typischen stillen Gesellschaft und in der stillen Publikumsgesellschaft, Diss. Mainz, 1996; Schmidt, Karsten, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden – Ein Beitrag zur gesellschaftsrechtlichen Institutionenbildung, 1984; Schmidt, Karsten, Zur Gesellschafterhaftung in der „Innen-KG“ – Bemerkungen zur typisch-atypischen Gesellschaft, NZG 2009, 361; Sudhoff, Heinrich/Sudhoff, Martin, Die stille Beteiligung bei der Umwandlung des „Hauptunternehmens“ in eine GmbH oder GmbH & Co., GmbHR 1981, 235; Windbichler, Christine, Schadensersatzansprüche des stillen Gesellschafters – Besprechung der Entscheidung BGH WM 1987, 1193 ff., ZGR 1989, 434.

I. Überblick Kraft des Gesellschaftsvertrags sind die Gesellschafter verpflichtet, für die Erreichung des gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise tätig zu werden. Danach hat der Inhaber des Handelsgeschäfts zwingend das Recht und die Pflicht zum Betrieb des Handelsgewerbes (Rz. 12.2 ff.) sowie in aller Regel zu weiteren Maßnahmen der Geschäftsführung (Rz. 12.18 f.). Der stille Gesellschafter ist hingegen zur Geschäftsführung nur berechtigt und verpflichtet, soweit sich dies zumindest konkludent aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt (Rz. 12.36). Im Hinblick auf die Geschäftsführung durch den Geschäftsinhaber stehen dem stillen Gesellschafter jedoch gewisse gesetzliche Kontroll- und Zustimmungsrechte zur Verfügung, welche durch den Gesellschaftsvertrag erweitert oder beschränkt werden können (Rz. 12.43 ff., 12.61 ff.). Aus der schuldvertraglichen und personenrechtlichen Bindung sowie insbesondere als Folge der gemeinsamen Zweckverfolgung ergibt sich für alle Gesellschafter einer stillen Gesellschaft zudem eine Treuepflicht, die nicht nur die Geschäftsführung maßgeblich prägt (Rz. 12.29 ff., 12.41 ff.). Aufgrund der nach der gesetzlichen Regellage unterschiedlichen Stellung der Gesellschafter im Hinblick auf die Geschäftsführung und der im Wesentlichen nur kapitalmäßigen Beteiligung des stillen Gesellschafters spielt der das gesamte Gesellschaftsrecht beherrschende Gleichbehandlungsgrundsatz Lamprecht | 277

12.1

§ 12 Rz. 12.1 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

bei der typischen stillen Gesellschaft regelmäßig keine Rolle. Ausnahmen gelten für das Verhältnis mehrerer stiller Gesellschafter insbesondere in einer Publikumsgesellschaft untereinander1 sowie in der atypischen stillen Gesellschaft, in welcher der stille Gesellschafter im Innenverhältnis ausnahmsweise gleichberechtigt an der Geschäftsführung mitwirkt2.

II. Geschäftsführungsbezogene Rechte und Pflichten des Geschäftsinhabers 1. Recht und Pflicht zur Geschäftsführung a) Recht und Pflicht zum Betrieb des Handelsgewerbes aa) Übernahme der Geschäftsinhaberschaft

12.2 Der Geschäftsinhaber ist begriffsnotwendig zum Betrieb eines Handelsgewerbes auf gemeinsame Rechnung der Gesellschafter berechtigt und verpflichtet. Seine Unternehmerstellung wird hiervon nicht berührt; er behält seine Kaufmannseigenschaft und nach außen die volle Verfügungsfreiheit über das Handelsgeschäft. Die Pflicht zum Betrieb erfüllt der Geschäftsinhaber dadurch, dass das Handelsgewerbe in seinem Namen geführt wird und er als rechtsfähige natürliche oder juristische Person bzw. als rechtsfähige Personenhandelsgesellschaft aus den in dem Handelsgewerbe wirksam geschlossenen Geschäften berechtigt und verpflichtet wird. Der Geschäftsinhaber muss hingegen nicht persönlich in „seinem“ Handelsgewerbe tätig sein. Er kann sich nicht nur bei einzelnen Geschäften, sondern bei der Führung des Gewerbes überhaupt vertreten lassen, sofern es sich nicht um dem Inhaber vorbehaltene Geschäfte handelt (dazu Rz. 12.6) und er sich nicht im Gesellschaftsvertrag wie regelmäßig auch zur persönlichen Geschäftsführung verpflichtet hat (dazu Rz. 12.18 f.). Der Geschäftsinhaber braucht auch nicht der Inhaber des Geschäftsvermögens zu sein, so dass er auch als Pächter oder Nießbraucher seine Betriebspflicht erfüllen kann. Die Geschäftsfähigkeit ist ebenfalls nicht vorausgesetzt, sodass auch ein Geschäftsunfähiger oder beschränkt Geschäftsfähiger seine Betriebspflicht erfüllen kann, sofern nur prinzipiell dafür Sorge getragen ist, dass die in seinem Namen geschlossenen Geschäfte wirksam sind bzw. werden können. 12.3 Da der Geschäftsinhaber im Außenverhältnis der alleinige Betreiber des Handelsgewerbes ist, gibt es bei der stillen Gesellschaft keine Vertretung im rechtstechnischen Sinne. Als Innengesellschaft betreibt die stille Gesellschaft kein Handelsgewerbe und tätigt selbst keine Geschäfte. Nach außen tritt allein der Inhaber unter seiner Firma auf. Willenserklärungen sind allein ihm gegenüber abzugeben. Er wird aus den von ihm abgeschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet (§ 230 Abs. 2 HGB). Seine Rechtsstellung im Außenverhältnis ist die gleiche, wie wenn die stille Gesellschaft nicht vorhanden wäre. Sie kann auch durch Vereinbarungen im Innenver1 Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 10 GR I 4 b), S. 882; zur stillen Publikumsgesellschaft näher in § 18. 2 Näher G. Hueck, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht, S. 42 ff.

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Geschäftsführung | Rz. 12.5 § 12

hältnis nicht beschränkt werden. Deshalb sind Handlungen des Geschäftsinhabers, die ihm durch den Gesellschaftsvertrag untersagt sind oder zu denen er der Zustimmung des stillen Gesellschafters bedarf, Dritten gegenüber voll wirksam, es sei denn, dass der Geschäftsinhaber und der Dritte vorsätzlich zusammenwirken, um den stillen Gesellschafter zu schädigen (§§ 138, 826 BGB). Da der Inhaber weder die Gesellschaft noch den stillen Gesellschafter vertritt, kann er weder von der „Vertretung“ ausgeschlossen noch kann ihm diese entzogen werden. Die Gründe, die bei der offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft zur Entziehung der Vertretungsmacht berechtigen (vgl. § 127 HGB), führen bei der stillen Gesellschaft in der Regel zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde. Kommt es für die Anwendung einer Rechtsnorm (z.B. §§ 116 ff., 530, 932 BGB, § 35 GewO) auf die persönlichen Umstände der ein Handelsgewerbe betreibenden Personen an (z.B. Kenntnis, Unkenntnis, Kennenmüssen, Arglist, Gesinnungen, Irrtümer, Zuverlässigkeit, Sachherrschaft, Nähebeziehungen, Reichtum), ist grundsätzlich allein auf den Geschäftsinhaber abzustellen. So kann auch der stille Gesellschafter in Prozessen, die von dem Geschäftsinhaber oder gegen ihn geführt werden, mangels Parteistellung Zeuge sein. Ausnahmen ergeben sich nur dann, wenn der stille Gesellschafter das Verhalten des Geschäftsinhabers generell bestimmt oder im maßgeblichen Einzelfall gesteuert hat, wie dies bei einer atypischen Ausgestaltung der stillen Gesellschaft oder bei konkreten Weisungen denkbar ist (vgl. auch für den Fall der Stellvertretung § 166 Abs. 2 BGB).

12.4

bb) Aufnahme der Geschäftstätigkeit Hat der Geschäftsinhaber bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags den Geschäftsbetrieb noch nicht begonnen, so ist er zur alsbaldigen Aufnahme berechtigt und verpflichtet. Kommt er der Verpflichtung nicht nach, kann der stille Gesellschafter auf Aufnahme des Geschäftsbetriebs klagen3. Vollstreckt wird gemäß § 888 Abs. 1 ZPO. § 888 Abs. 3 ZPO ist nicht anwendbar, da diese Vorschrift zum Schutze der abhängigen Arbeitnehmer eingeführt worden ist und nur das Erzwingen der aus einem Vertrag i.S. des § 611 BGB geschuldeten Dienste verhindern soll. Insoweit fehlt es für eine entsprechende Anwendung auf Gesellschafter an einer vergleichbaren Interessenlage4. Sofern für den Betrieb des betreffenden Handelsgewerbes eine öffentlich-rechtliche Gewerbeerlaubnis erforderlich ist, hat der Geschäftsinhaber diese aufgrund seiner Betriebspflicht einzuholen.

3 Vgl. Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 194, 210; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 137, 156; Seffer/Erhardt in MünchHdb. GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 80 Rz. 22; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 151; a.A. KG v. 15.11.1900, DJZ 1901, 50; Saenger, Die stille Gesellschaft, S. 131 ff. 4 So auch Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 151 Fn. 126; a.A. Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 35.

Lamprecht | 279

12.5

§ 12 Rz. 12.6 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

cc) Vornahme von Inhabergeschäften

12.6 Der Betrieb des Handelsgewerbes umfasst auch die Vornahme der hierzu erforderlichen und allein dem Inhaber vorbehaltenen Geschäfte. Zu diesen Geschäften gehören die obligatorische Anmeldung der Firma zur Eintragung in das Handelsregister (§ 29 HGB), die Unterschrift unter dem Jahresabschluss (§ 245 HGB) und die Erteilung der Prokura (§ 48 Abs. 1 HGB). dd) Erhaltung der Grundlagen des Handelsgeschäfts

12.7 Aus dem Recht und der Verpflichtung, den Geschäftsbetrieb fortan auf gemeinschaftliche Rechnung so zu führen, wie es dem gemeinschaftlichen Zweck entspricht, ergeben sich für den Inhaber mannigfache Beschränkungen, die er dem stillen Gesellschafter gegenüber einzuhalten verpflichtet ist. Er muss auf die berechtigten Interessen seines Teilhabers Rücksicht nehmen und sich bei allen seinen Entscheidungen, Maßnahmen und Handlungen von dem Gesellschaftszweck leiten lassen, dem er nicht zuwiderhandeln darf. Keinesfalls darf er dem Unternehmen Mittel entziehen, die zu seiner unbehinderten Fortführung und zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks erforderlich sind5. Auf der anderen Seite kann der stille Gesellschafter vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarungen oder eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht verlangen, dass der Geschäftsinhaber das Handelsgewerbe abweichend von den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen auf bestimmte z.B. weniger risikoreiche Tätigkeitsfelder beschränkt. 12.8 Dazu gehört, dass sich der Betrieb des Handelsgeschäfts in den Grenzen halten muss, die bei gleichartigen, mit gleichen Mitteln ausgestatteten Unternehmen üblich sind6. Diese Feststellung ist allerdings derart weit und so allgemein gefasst, dass sie der unternehmerischen Initiative des Inhabers einen erheblichen Spielraum lässt. Dabei ist zu beachten, dass sich feste, allgemeingültige Regeln für ein dem Gesellschaftszweck entsprechendes Verhalten des Inhabers nicht aufstellen lassen. Stets muss das Verhalten auf seine Übereinstimmung mit dem Gesellschaftszweck hin unter Berücksichtigung aller Umstände und Verhältnisse des einzelnen Falles gewürdigt werden7. Es lassen sich jedoch einige äußerste Grenzen feststellen, jenseits derer das Verhalten des Geschäftsinhabers mit dem Zweck der stillen Gesellschaft nicht mehr vereinbar ist. 12.9 Ohne Zustimmung seines Teilhabers darf der Geschäftsinhaber das Handelsgeschäft in seinen Grundlagen, wie sie im Zeitpunkt der Errichtung der stillen Gesellschaft bestanden haben, nicht umgestalten, erweitern oder einschränken, weil dadurch die Interessen des stillen Gesellschafters – insbesondere im Hinblick auf den ihm zugesicherten Gewinnanteil, auf seine vertraglich nicht ausgeschlossene Verlustbeteiligung und auf Auszahlung seines Auseinandersetzungsguthabens – beeinträchtigt werden 5 Wedemann in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 75. 6 RG v. 8.3.1918 – II 409/17, RGZ 92, 292; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 137 f.; Seffer/Ehrhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 80 Rz. 8; Wedemann in Oetker, 5. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 71 f. 7 So auch Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 199; Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 80 Rz. 8.

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Geschäftsführung | Rz. 12.12 § 12

können. Der stille Gesellschafter hat Anspruch darauf, dass das Handelsgeschäft gegenüber dem Zeitpunkt der Gesellschaftsgründung in seinen wesentlichen Grundlagen nicht verändert wird8. Eine Änderung der Art oder des Umfangs des Handelsgeschäfts ohne seine Zustimmung ist nur in engen Grenzen möglich und zulässig, soweit sie handelsüblich ist und der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt9. Dasselbe gilt für eine Änderung des Gegenstandes des Unternehmens, eine Firmenänderung oder Sitzverlegung, weil auch durch derartige Grundlagengeschäfte das Wagnis des Handelsgeschäfts und damit die Gewinnaussichten des stillen Gesellschafters ungünstig beeinflusst werden können (siehe auch Rz. 10.12 ff.)10. Hier zeigen sich der Wert und die Bedeutung eindeutiger Vereinbarungen, weil bei den fließenden Grenzen bezüglich dessen, was dem Inhaber noch erlaubt und was – weil dem gemeinsamen Zweck zuwiderlaufend – als unzulässig anzusehen ist, keine festen Regeln aufgestellt werden können. Ob eine Änderung der wesentlichen Grundlagen des Handelsgeschäfts vorgenommen worden ist, lässt sich stets nur von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben, der Handelsüblichkeit und der Verkehrssitte feststellen. Dabei kommt gerade bei der stillen Gesellschaft dem Grundsatz von Treu und Glauben wegen der beschränkten Kontrollrechte des stillen Gesellschafters eine gesteigerte Bedeutung zu (dazu näher Rz. 12.29 ff.).

12.10

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie zu verfahren ist, wenn der Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass eine Änderung der Grundlagen des Handelsgeschäfts ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters zulässig sein soll. Derartige Fälle lagen den Gerichten verschiedentlich zur Entscheidung vor11.

12.11

Während die Rechtsprechung hier zunächst die Auffassung vertrat, die Verpflichtung des Unternehmers zur unveränderten Fortführung des Betriebes sei konstitutives Merkmal einer stillen Gesellschaft, ihr vertraglicher Ausschluss12 verhindere daher

12.12

8 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 199; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 138; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, 3. Aufl. 2014, § 230 HGB Rz. 51. 9 BGH v. 25.9.1963 – V ZR 133/61, DB 1963, 1604 = BB 1963, 1277. 10 Wedemann in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 76; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, 3. Aufl. 2014, § 230 HGB Rz. 51. 11 BFH v. 10.3.1971 – I R 73/67, BFHE 102, 242 = BStBl. II 1971, 589 = StRK FGO § 40 R. 24 m. Anm. Paulick/Salch; FG Nürnberg v. 17.12.1975 – V 187/73, EFG 1976, 303; BFH v. 16.8.1978 – I R 28/76, BFHE 126, 51 = BStBl. II 1979, 51. 12 Der dem FG Nürnberg v. 17.12.1975 – V 187/73, EFG 1976, 303 zur Beurteilung vorliegende Vertrag bestimmte Folgendes: „Die stillen Gesellschafter können keinen Handlungen der persönlich haftenden Gesellschafter widersprechen, auch nicht der Umwandlung, dem Verkauf oder der Auflösung der Gesellschaft. Auch gegen den Eintritt weiterer persönlich haftender Gesellschafter, Kommanditisten oder stiller Gesellschafter sowie gegen Erhöhung oder Verminderung der Einlage eines anderen stillen Gesellschafters, Kommanditisten oder persönlich haftenden Gesellschafters können keine Einwendungen erhoben werden. Diese Akte unterliegen lediglich der Beschlussfassung der persönlich haftenden Gesellschafter.“

Lamprecht | 281

§ 12 Rz. 12.12 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

das Entstehen einer stillen Beteiligung13, gab sie diese Ansicht später zu Recht auf. Nunmehr geht die Spruchpraxis dahin, dass der Ausschluss der Verpflichtung zur Fortführung des Betriebes durch den Unternehmer im Gesellschaftsvertrag lediglich in Zweifelsfällen bei der Abgrenzung zwischen einer stillen Gesellschaft und anderen Rechtsverhältnissen entscheidende Bedeutung erlangen kann, der Annahme einer stillen Gesellschaft aber nicht schon grundsätzlich entgegensteht. Das gilt insbesondere für die Abgrenzung der stillen Gesellschaft vom partiarischen Arbeitsverhältnis, weil hier der Ausschluss der Verpflichtung, den Betrieb unverändert fortzuführen, ein Indiz für das Abhängigkeitsverhältnis des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber sein kann, wie es gerade das partiarische Arbeitsverhältnis kennzeichnet14. Umgekehrt hat die Rechtsprechung es als Indiz für das Vorliegen einer stillen Beteiligung (und nicht eines partiarischen Darlehens) gewertet, wenn die Einstellung oder außergewöhnliche Einschränkung des Betriebs vertraglich ausdrücklich von der Zustimmung des Kapitalgebers abhängig gemacht wird15. ee) Fortführung des Handelsgeschäfts

12.13 Aus der Verpflichtung des Geschäftsinhabers zu einem den Gesellschaftszweck fördernden Betrieb des Handelsgewerbes ergibt sich, dass er den Gewerbebetrieb fortzuführen hat16 und ohne Zustimmung seines Teilhabers weder zur ganzen oder teilweisen Veräußerung des Geschäfts noch zu dessen Einstellung berechtigt ist, weil hierdurch die Erreichung des Gesellschaftszwecks zumindest maßgeblich beeinträchtigt oder gar unmöglich wird17. Auf der anderen Seite kann auch der stille Gesellschafter vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarungen nicht verlangen, dass der Geschäftsinhaber das Handelsgewerbe ganz bzw. teilweise veräußert oder einstellt. 12.14 Ist im Falle der Einstellung des Handelsgeschäfts dessen Fortführung möglich, so kann der stille Gesellschafter die Erfüllung des Vertrags begehren18. Wird das Handelsgeschäft nur vorübergehend eingestellt und besteht Aussicht, den Geschäftsbetrieb in absehbarer Zeit im Wesentlichen in unveränderter Form wieder aufzunehmen, wird der Fortbestand der stillen Gesellschaft nicht berührt. Der stille Gesellschafter kann, sobald die Gründe für die vorübergehende Betriebseinstellung weggefallen sind, die Erfüllung des Vertrags in der vereinbarten Form verlangen. Unter den Voraussetzungen von § 281 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB verpflichtet die unberechtigte Einstellung des Geschäftsbetriebs den Inhaber dem stillen Gesellschafter ge13 So ausdrücklich FG Nürnberg v. 17.12.1975 – V 187/73, EFG 1976, 303; auch BFH v. 10.3.1971 – I R 73/67, BFHE 102, 242 unter unrichtiger Auslegung von BGH v. 25.9.1963 – V ZR 133/61, BB 1963, 1277 und BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611 (614). 14 BFH v. 16.8.1978 – I R 28/76, BFHE 126, 51 = BStBl. II 1979, 51. 15 BFH v. 19.10.2005 – I R 48/04, BFHE 211, 524 = BStBl. II 2006, 334 Rz. 15 m.w.N. = GmbHR 2006, 215. 16 BGH v. 29.6.1987 – II ZR 173/86, MDR 1988, 119 Rz. 16. 17 Roth in Baumbach/Hopt, 38. Aufl. 2018, § 230 HGB Rz. 13; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 138. 18 Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 3. Aufl. 2014, § 230 HGB Rz. 54 (ggf. Vollstreckung nach § 888 Abs. 2 ZPO).

282 | Lamprecht

Geschäftsführung | Rz. 12.16 § 12

genüber auch zum Schadensersatz statt der Leistung. Hätte der Geschäftsinhaber jedoch das Recht gehabt, die Gesellschaft wegen dauernder Unrentabilität des Unternehmens fristlos zu kündigen, so wird der stille Gesellschafter in der Regel nicht geschädigt sein, es sei denn, dass der Inhaber die Unrentabilität zu vertreten hat19. In Anlehnung an § 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1 AktG kann bloßes Missmanagement allerdings nicht als „Vertretenmüssen“ eingestuft werden20. Im Falle der Veräußerung des Handelsgeschäfts setzt sich das Gesellschaftsverhältnis nicht ohne Weiteres mit dem Erwerber fort. Für den Eintritt des neuen Unternehmensinhabers in die gesellschaftsrechtliche Position des Veräußernden bedarf es einer gesonderten Übertragung dieser Gesellschafterstellung. Zur Wirksamkeit einer solchen Übertragung ist neben dem Einvernehmen von Alt- und Neuunternehmer das Einverständnis des stillen Gesellschafters erforderlich. Rechtstechnisch kann der erforderliche Konsens in einem dreiseitigen Vertrag zwischen allen Beteiligten oder in einer Vereinbarung zwischen dem veräußernden Geschäftsinhaber und dem Erwerber unter Zustimmung des stillen Gesellschafters hergestellt werden (siehe auch Rz. 10.36). Dabei kann die Zustimmung des stillen Gesellschafters auch schon vorab im Gesellschaftsvertrag erklärt werden. Hinsichtlich der schuldrechtlichen Bindung ist der Geschäftsinhaber im Verhältnis zum stillen Gesellschafter bei einer Veräußerung des Unternehmens als verpflichtet anzusehen, bei der Übertragung seiner Gesellschafterstellung auf Verlangen des Stillen mitzuwirken. Demgegenüber unterliegt grundsätzlich weder der Stille noch der Erwerber des Handelsgeschäfts einer rechtlichen Bindung, das Gesellschaftsverhältnis mit dem jeweils anderen fortzusetzen. Einschränkungen können sich aber namentlich für den stillen Gesellschafter aus seiner Treuebindung ergeben21.

12.15

Fehlt das erforderliche Einverständnis des stillen Gesellschafters oder des Erwerbers zur Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses, so tritt der neue Inhaber trotz erfolgter Geschäftsübernahme insoweit nicht in die Position des Veräußernden ein. Hinsichtlich des Gesellschaftsverhältnisses mit dem Altunternehmer wird teilweise angenommen, dieses werde wegen Unmöglichkeit der Erreichung des Gesellschaftszwecks aufgelöst22. Dem ist jedoch nicht zuzustimmen23, weil hierdurch dem stillen Gesellschafter die Möglichkeit genommen würde, die Fortführung des Handelsgeschäfts durch den früheren Geschäftsinhaber zu verlangen. An einem solchen Verlangen, gegebenenfalls auch an einer Geltendmachung durch Klageerhebung, kann der stille Gesellschafter ein Interesse haben. Die Weiterführung des Handelsgeschäfts und damit die Rückübertragung des Unternehmens sind auch nicht grundsätzlich unmöglich. Daher ist anstelle der Auflösung der stillen Gesellschaft gemäß § 726 BGB anzunehmen, dass dem stillen Gesellschafter die Wahl bleibt, ob er das Gesellschaftsverhältnis aus wichti-

12.16

19 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 200. 20 OLG Oldenburg v. 22.6.2006 – 1 U 34/03, GmbHR 2006, 1263. 21 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 108, 138; Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 80 Rz. 12; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 94. 22 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 255. 23 Ebenso Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 202.

Lamprecht | 283

§ 12 Rz. 12.16 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

gem Grunde kündigen oder die Fortführung des Unternehmens durch seinen Mitgesellschafter verlangen will24. Im Falle der Kündigung ist ihm sein Partner in der Regel zum Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) verpflichtet.

12.17 Die Wirksamkeit der Geschäftsveräußerung wird in diesem Fall nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Erwerber von dem Bestehen der stillen Gesellschaft Kenntnis hatte. Nur wenn er mit dem Veräußerer in einer die guten Sitten verletzenden Weise zusammenwirkte, um den stillen Gesellschafter zu schädigen (sog. Kollusion), ist er zur Wiederherstellung des früheren Zustandes verpflichtet (§§ 826, 249 BGB). Im Innenverhältnis ist der Inhaber dem stillen Gesellschafter gegenüber schadensersatzpflichtig. Der stille Gesellschafter kann aber nicht auch einen Anteil an dem bei der Veräußerung des Geschäfts erzielten Gewinn, insbesondere an dem für den ideellen Wert des Geschäfts gezahlten Entgelt beanspruchen. Daran hat er ebenso wenig Anteil wie an dem Geschäft selbst. Ihm ist nur derjenige Gewinn zu ersetzen, der ihm bei ertragsmäßiger Fortführung des Geschäfts voraussichtlich zugeflossen wäre25. b) Recht und Pflicht zur sonstigen Geschäftsführung

12.18 Der Beitrag, welchen der Geschäftsinhaber zur Förderung des gemeinsamen Zwecks zu leisten hat, wird sich regelmäßig nicht allein im schlichten Betrieb des Handelsgewerbes auf gemeinsame Rechnung und in der Vornahme der hierzu erforderlichen Inhabergeschäfte erschöpfen. Vielmehr ist der Geschäftsinhaber nach dem Gesellschaftsvertrag in aller Regel und im Zweifel auch dazu berechtigt und verpflichtet, selbst an der sonstigen Geschäftsführung „seines“ Handelsgewerbes mitzuwirken. Insofern ist der Inhaber dann nicht nur berechtigt, für die Gesellschaft tätig zu werden, sondern auch dazu verpflichtet, persönlich Geschäftsführungshandlungen (z.B. Vornahme von Rechtsgeschäften, Buchführung, Erteilung von Weisungen) sorgfältig vorzunehmen und dabei die Interessen der Gesellschaft bestmöglich wahrzunehmen. Die Verfolgung eigener, gesellschaftsfremder Interessen ist nur bei einer ausdrücklichen Gestattung im Gesellschaftsvertrag zulässig. Auf der anderen Seite ist der Geschäftsinhaber zur Erbringung weiterer zweckfördernder Beiträge aus seinem Privatvermögen und insbesondere auch zur Leistung einer Einlage nur verpflichtet, wenn dies im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehen ist. Das gilt zudem für allfällige Nachschusspflichten des Geschäftsinhabers (§ 707 BGB). 12.19 Die Geschäftsführung umfasst zwar alle gewöhnlichen und außergewöhnlichen bzw. rechtsgeschäftlichen und tatsächlichen Tätigkeiten zur Förderung des Gesellschaftszwecks. Der stille Gesellschafter kann auch einer außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahme weder widersprechen (vgl. demgegenüber für den Kommanditisten § 164 HGB) noch kann er verlangen, dass bestimmte, von ihm gewünschte Geschäfte vorgenommen oder unterlassen werden. Der Geschäftsinhaber ist jedoch im Innen24 Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1981, 235 (236); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 202 nimmt eine Auflösung nach § 726 BGB allerdings dann an, wenn der Erwerber eine Rückübertragung strikt ablehnt. 25 Vgl. RG v. 8.3.1918 – II 409/17, RGZ 92, 292.

284 | Lamprecht

Geschäftsführung | Rz. 12.21 § 12

verhältnis gegenüber dem stillen Gesellschafter dazu verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, die für den Umfang seines Handelns nach außen durch Gesetz oder Vertrag festgesetzt sind. So darf er insbesondere nicht die Grundlagen des Handelsgewerbes ändern (dazu Rz. 12.7 ff.). Durch den Gesellschaftsvertrag können zudem bestimmte Geschäfte untersagt oder intern von der Zustimmung des stillen Gesellschafters abhängig sein (dazu Rz. 12.61 ff.)26. Auf die Einhaltung dieser Schranken ist gerade bei der stillen Gesellschaft besonderes Gewicht zu legen, weil die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters gegenüber dem Inhaber im Regelfalle außerordentlich schwach ist. Eine Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnisse hat nur im Innenverhältnis rechtliche Bedeutung und kann zu Schadensersatzverpflichtungen des Inhabers führen. Im Außenverhältnis sind die Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen voll wirksam. Es kann sich also ein Dritter, der mit dem Inhaber ein Rechtsgeschäft abgeschlossen hat, nicht darauf berufen, dieses sei unwirksam, weil der Inhaber die ihm gegenüber dem stillen Gesellschafter obliegenden Verpflichtungen bezüglich der Ausübung seiner Geschäftsführungsbefugnis verletzt habe27. Dasselbe gilt für den stillen Gesellschafter im Verhältnis zu dem Dritten. c) Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis Es steht den Beteiligten frei, in welcher Weise sie im Innenverhältnis ihre Rechtsbeziehungen regeln wollen. Sie können demgemäß auch das Recht und die Pflicht des Geschäftsinhabers zur Geschäftsführung beschränken. Dies kann zunächst in der Weise geschehen, dass dem stillen Gesellschafter Kontroll-, Zustimmungs- und Widerspruchsrechte zugebilligt werden. So kann im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass der Inhaber bestimmte Geschäfte nur mit Zustimmung des stillen Gesellschafters vornehmen darf (Rz. 12.61 ff.) oder bestimmte Geschäfte (z.B. Spekulationsgeschäfte) zu unterlassen hat. Schließlich kann im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden, dass der stille Gesellschafter berechtigt sein soll, dem Inhaber die Geschäftsführung zu entziehen, an seiner Stelle selbst die Geschäfte zu führen oder einen anderen damit zu beauftragen. Auf diese Weise kann die Leitung des Handelsgeschäfts in die Hand von Personen gelegt werden, die nicht die volle vermögensrechtliche Verantwortung für das Unternehmen tragen (Rz. 12.36 ff.).

12.20

Derartige Vereinbarungen stehen der Annahme einer stillen Gesellschaft grundsätzlich nicht entgegen28. Ist der Inhaber im Innenverhältnis von der Geschäftsführung ausgeschlossen, so fragt es sich allerdings, ob überhaupt noch eine stille Gesellschaft oder nur ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag vorliegt. Zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis des Geschäftsinhabers durch den stillen Gesellschafter bedarf es zudem einer ausdrücklichen Vertragsbestimmung. Eine so weit

12.21

26 Wedemann in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 74. 27 Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 3. Aufl. 2014, § 230 HGB Rz. 53; Wedemann in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 79; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 47. 28 BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157 (160); BGH v. 27.3.1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583; BGH v. 6.11.1963 – IV ZR 32/63, DB 1964, 476.

Lamprecht | 285

§ 12 Rz. 12.21 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

gehende Maßnahme kann nicht allein auf § 712 BGB gestützt werden, weil dem Geschäftsinhaber durch die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis praktisch verboten würde, sein ihm ausschließlich gehörendes Handelsgeschäft zu betreiben. Fehlt es an einer ausdrücklichen Vertragsbestimmung, bleibt dem Stillen nur die Kündigung des Gesellschaftsvertrags aus wichtigem Grunde29. d) Entzug der Geschäftsführungsbefugnis

12.22 Gemäß § 712 BGB kann einem Gesellschafter die ihm zustehende Geschäftsführungsbefugnis durch Beschluss der anderen Gesellschafter entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Da der Inhaber bei normaler Gestaltung des Gesellschaftsvertrags (zu Sonderformen Rz. 12.36 ff.) die Geschäftsführung allein innehat und im eigenen Namen ausübt, kann ihm der stille Gesellschafter die Geschäftsführung jedoch nicht entziehen. § 712 BGB ist nicht anwendbar. Der stille Gesellschafter kann nur das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grunde kündigen (§ 723 BGB) und den ihm durch die vorzeitige Auflösung der Gesellschaft entgehenden Gewinn als Schadensersatzforderung geltend machen, wenn den Inhaber ein Verschulden trifft30. Die Schadensersatzforderung besteht in der Vergütung des Gewinns, den der stille Gesellschafter bei vertragsmäßiger Weiterführung des Geschäfts mit Wahrscheinlichkeit erwarten konnte (§ 252 BGB). e) Vergütung der Geschäftsführung

12.23 Der Inhaber erhält für seine Geschäftsführungstätigkeit kraft Gesetzes keine Vergütung. Er kann, wenn nichts anderes vereinbart ist, lediglich für Aufwendungen, die er in Angelegenheiten der Gesellschaft aus seinem Privatvermögen gemacht hat und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte, Ersatz verlangen (§§ 713, 670 BGB), d.h. er kann diese Beträge entnehmen oder sich gutschreiben. Die weitergehende Ersatzpflicht gemäß § 110 HGB gilt nicht für die typische stille Gesellschaft. Bei der im Innenverhältnis an eine handelsrechtliche Personengesellschaft angeglichenen atypischen stillen Gesellschaft ist allerdings eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift in Betracht zu ziehen31. 12.24 Die Beteiligten können vereinbaren, dass dem Inhaber als Gegenleistung für seine Geschäftsführungstätigkeit vorab ein bestimmter Teil des Gewinns zur Verfügung gestellt wird, sei es in der Form eines „festen Gehalts“ oder eines Vorzugsgewinnanteils. Während das „Gehalt“ den Gesamtgewinn verringert und deshalb je nach dem Gewinnanteil des Inhabers auch zu seinen Lasten geht, verringert ein Vorzugsgewinn-

29 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 154; Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, S. 65. 30 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 211 ff.; Mock in Röhricht/ Graf von Westphalen/Haas, 5. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 91; Wedemann in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 79 f. 31 Roth in Baumbach/Hopt, 38. Aufl. 2018, § 230 HGB Rz. 18; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 180.

286 | Lamprecht

Geschäftsführung | Rz. 12.26 § 12

anteil allein den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters32. Soll dem Geschäftsinhaber eine Vergütung für die Führung der Geschäfte der stillen Gesellschaft unabhängig vom Gewinn, d.h. auch in Jahren, in denen kein Gewinn zu verzeichnen ist, gezahlt werden, so müssen die entsprechenden Beträge von den Einlagekonten der stillen Gesellschafter zugunsten des Kapitalkontos des Geschäftsinhabers abgebucht werden. Beteiligt sich jemand still an einer handelsrechtlichen Personengesellschaft, so gehen die Vergütungen, die im Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft für die Geschäftsführung vorgesehen sind, nur dann zu Lasten des stillen Gesellschafters, wenn es in dem stillen Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. Andernfalls muss der Berechnung des auf ihn entfallenden anteiligen Gewinns der Gesamtgewinn der Personengesellschaft zugrunde gelegt werden. Da der Inhaber des Handelsgewerbes sein eigenes Geschäft betreibt, ist er grundsätzlich zu Privatentnahmen zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten für sich und seine Familie berechtigt. Aber er muss, was die Höhe der Entnahmen anbelangt, auf das Vorhandensein des stillen Gesellschafters und auf die Verwirklichung des gemeinsamen Zweckes Rücksicht nehmen. Keinesfalls darf er dem Unternehmen Mittel entziehen, die zu seiner unbehinderten Fortführung und zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks erforderlich sind33. Zweckmäßigerweise wird im Gesellschaftsvertrag das Entnahmerecht des Inhabers näher geregelt.

12.25

f) Folgen pflichtwidriger Geschäftsführungsmaßnahmen Verletzt der Inhaber schuldhaft die ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegenden Pflichten, so macht er sich dem stillen Gesellschafter gegenüber schadensersatzpflichtig. Das gilt auch, wenn er die Auflösung der Gesellschaft schuldhaft herbeiführt oder dem stillen Gesellschafter einen Grund zur vorzeitigen Kündigung gegeben hat. Nur wenn der Betrieb des Handelsgewerbes unter ein gesetzliches oder polizeiliches Verbot fällt oder wenn das Handelsgewerbe wegen einer Erkrankung des Inhabers nicht fortgeführt werden kann oder sich als dauernd unrentabel erweist, so fehlt es an einem Verschulden und damit an einer Schadenersatzpflicht des Inhabers. Der Schadensersatzanspruch umfasst den entgangenen Gewinn, mit dessen Entstehen bei Fortführung des Geschäfts nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen voraussichtlich gerechnet werden konnte34. Dagegen hat der stille Gesellschafter auf den Gewinn, den der Inhaber durch die unberechtigte Geschäftsveräußerung erzielt hat, keinen Anspruch, da dieser Veräußerungsgewinn seine Ursache nicht in dem laufenden Betrieb des Handelsgeschäfts hat. Ein Schadensersatzanspruch des stillen Gesellschafters wegen entgangenen Gewinns bleibt auch in diesem Falle unberührt35.

32 33 34 35

Dazu auch Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 196. So auch Wedemann in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 75. Wedemann in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 79. Windbichler, ZGR 1989, 434 (440).

Lamprecht | 287

12.26

§ 12 Rz. 12.27 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

12.27 Die Beteiligten haften einander aus dem Gesellschaftsvertrag für die Sorgfalt, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen (§ 708 BGB: diligentia quam in suis)36. Für seine Angestellten trifft den Inhaber dem stillen Gesellschafter gegenüber die Haftung für Erfüllungsgehilfen. Er hat jedoch deren Verschulden auch nur im Rahmen des § 708 BGB zu vertreten (§ 278 BGB). Dieser gemilderte Haftungsmaßstab erklärt sich aus dem zwischen den Gesellschaftern bestehenden Vertrauensverhältnis. Für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haften sie in jedem Falle (§ 277 BGB). Die gemilderte Haftung besteht jedoch nur, wenn es um die Nichterfüllung gesellschaftsrechtlicher Verpflichtungen, insbesondere auch der Einlageverpflichtung geht, nicht aber, wenn der stille Gesellschafter als Dritter, z.B. als Verkäufer, Vermieter oder Angestellter aufgrund besonderen Dienstvertrags, auftritt oder tätig wird. Auch die Handlungen, die der Inhaber außerhalb seiner Geschäftsführungsbefugnis für die stille Gesellschaft vornimmt, können nicht als Erfüllung einer gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung angesehen werden. Der Inhaber haftet insoweit für jedes Verschulden37. Keine Anwendung findet § 708 BGB ferner in den Fällen stiller Publikumsgesellschaften oder der stillen Beteiligung an einer Publikumsgesellschaft38. Hier haften der Geschäftsinhaber sowie die Initiatoren des Kapitalanlagemodells gemäß § 276 BGB für jedes Verschulden, weil es an dem in § 708 BGB vorausgesetzten Vertrauensverhältnis fehlt (näher Rz. 18.88 ff.)39. Die Beweislast dafür, dass ein nachlässiges Verhalten dem in eigenen Angelegenheiten beobachteten Verhalten entspricht, trifft den Gesellschafter, der sich auf die gemilderte Haftung beruft40. Da § 708 BGB nachgiebiges Recht enthält, ist die Einführung einer strengeren oder noch milderen Haftung möglich. Die Haftung wegen Vorsatzes kann nicht im Voraus erlassen werden (§ 276 Abs. 3 BGB). 12.28 Der stille Gesellschafter ist gemäß § 723 Abs. 1 Satz 2 berechtigt, das Gesellschaftsverhältnis fristlos zu kündigen, wenn in der Pflichtverletzung des Inhabers ein wichtiger Grund liegt. Gemäß § 723 Abs. 1 Satz 3 BGB liegt ein solcher Grund insbesondere vor, wenn der Inhaber eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt hat oder wenn ihm die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird. Trifft den Inhaber Verschulden, ist er dem stillen Gesellschafter zudem zum Schadensersatz verpflichtet.

36 BGH v. 11.9.2018 – II ZR 161/17, GmbHR 2019, 22 Rz. 26 (für Außengesellschafter einer BGB-Innengesellschaft); Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, 5. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 97; Partikel in Heidel/Schall, 2. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 42. 37 RG v. 22.10.1938 – II 58/38, RGZ 158, 302 (312). 38 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 165. 39 Zur Publikums-KG: BGH v. 4.7.1977 – II ZR 150/75, BGHZ 69, 207 (209 ff.); BGH v. 12.11.1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321 (328) = GmbHR 1980, 127. 40 BGH v. 26.6.1989 – II ZR 128/88, NJW 1990, 573 Rz. 28 (für BGB-Innengesellschaft); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 193.

288 | Lamprecht

Geschäftsführung | Rz. 12.30 § 12

2. Treuepflicht a) Rechtsgrund der Treuepflicht Unmittelbarer Ausfluss des personenrechtlichen stillen Gesellschaftsverhältnisses ist die aus dem Gesellschaftszweck sich ergebende Treuepflicht41. Der Zusammenschluss zum Betrieb eines Handelsgewerbes auf gemeinschaftliche Rechnung bedingt ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis und steht in besonderem Maße unter dem Grundsatz von Treu und Glauben, ohne den ein Zusammenwirken nicht denkbar ist und der gemeinsame Zweck nicht verwirklicht werden kann. Solche Treuepflichten bestehen auch bei stillen Gesellschaften42, deren Besonderheiten aber zu berücksichtigen sind. Auf der einen Seite darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die persönlichen Bindungen zwischen den Beteiligten im Regelfall schwächer ausgeprägt sind als bei den nach dem gesetzlichen Typus auf der persönlichen Mitarbeit der Gesellschafter beruhenden Personengesellschaften und dass der typische stille Gesellschafter an der Geschäftsführung nicht beteiligt ist. Das führt dazu, dass rein persönliche Differenzen und Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten nur in Ausnahmefällen unter dem Blickpunkt der Verletzung der Treuepflicht einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung geben können. Auf der anderen Seite sind aber auch die nur geringen Einflussmöglichkeiten des stillen Gesellschafters auf die Geschäftsführung bei der Bewertung der auf dem Spiele stehenden Interessen einzubeziehen, sodass ein Verhalten des Inhabers, das bei den anderen Personengesellschaften wegen der wesentlich weitergehenden Überwachungs- und Mitwirkungsrechte der Gesellschafter nicht als Treuepflichtverletzung zu werten ist, bei der stillen Gesellschaft geeignet sein kann, das Vertrauen des stillen Gesellschafters zur Person des Inhabers zu erschüttern.

12.29

b) Inhalt der Treuepflicht aa) Allgemeine Pflicht zur Zweckförderung und Rücksichtnahme Die Treuepflicht begründet allgemein eine Pflicht des Geschäftsinhabers, den Gesellschaftszweck über seine geschuldeten Beitragsleistungen hinaus nach besten Kräften zu fördern und auf die gesellschaftsbezogenen (nicht: privaten) Interessen des stillen Gesellschafters Rücksicht zu nehmen. Aufgrund der Treuepflicht ist der Inhaber verpflichtet, nicht nur alles zu unterlassen, was dem gemeinsamen Zweck schädlich sein könnte, sondern auch alles zu tun, was den Umständen nach erforderlich ist und ihm zugemutet werden kann, um den gemeinsamen Zweck zu fördern. Die Treuepflicht findet jedoch ihre Grenzen an der Wahrnehmung berechtigter eigener Interessen, namentlich wenn es um Rechte aus dem Gesellschaftsverhältnis geht, die dem Inhaber in seinem Interesse gewährt worden sind. Wo diese Grenzen zwischen einem noch mit der Treuepflicht zu vereinbarenden Verhalten und einer schuldhaften Verletzung der Treuepflicht liegen, lässt sich nur unter Berücksichtigung und Abwägung aller Umstände des Einzelfalls feststellen. 41 BGH v. 11.7.1951 – II ZR 45/50, BGHZ 3, 75 (81); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 185; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 140, 155. 42 Vgl. BGH v. 29.6.1987 – II ZR 173/86, MDR 1988, 119 Rz. 16.

Lamprecht | 289

12.30

§ 12 Rz. 12.31 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

12.31 Konkret kann sich aus der Treuepflicht für den Geschäftsinhaber zunächst die Verpflichtung ergeben, das Bestehen der stillen Gesellschaft dritten Personen gegenüber geheim zu halten43. Das folgt zwar nicht schon aus dem Wesen der stillen Gesellschaft, kann aber in der Regel als stillschweigend vereinbart und von den Beteiligten gewollt unterstellt werden (§§ 157, 242 BGB). Wird einer solchen ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung zuwider von einem Beteiligten das Bestehen der Gesellschaft nach außen hin offenbart, können sich für den anderen Teil Schadensersatzansprüche und das Recht zur fristlosen Kündigung ergeben. Mit der Treuepflicht unvereinbar ist auch ein Verhalten, das ohne hinreichenden Grund die vermögensrechtlichen Ansprüche des stillen Gesellschafters beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht. Die insoweit zentrale Pflicht zur im Wesentlichen unveränderten Fortführung des Handelsgewerbes ergibt sich für den Geschäftsinhaber allerdings nicht allein aus der Treuepflicht, sondern in erster Linie aus seiner Pflicht zur Geschäftsführung (dazu bereits Rz. 12.2 ff.). Die Treuepflicht begründet für den Geschäftsinhaber jedoch nicht die Pflicht, einer Änderung des Gesellschaftsvertrags nur deshalb zuzustimmen, weil der Gewinn des Stillen sich anders entwickelt als erwartet44. Eine solche Pflicht kann sich nur unter den Voraussetzungen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ergeben. Insofern ist namentlich in Erinnerung zu rufen, dass der Gesellschaftsvertrag für den Geschäftsinhaber nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht zur im Wesentlichen unveränderten Fortführung des Handelsgewerbes begründet. bb) Pflicht zur zweckentsprechenden Verwendung der Beitragsleistungen

12.32 Aufgrund der Treuepflicht des Geschäftsinhabers hat der stille Gesellschafter insbesondere auch einen Rechtsanspruch darauf, dass der Inhaber die Beitragsleistungen nur zu dem im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Zweck einsetzt und das Geschäftsvermögen nicht in einer dem Gesellschaftszweck zuwiderlaufenden Weise schmälert45. Auch darf der Inhaber dem Unternehmen keine wesentlichen Vermögensgegenstände entfremden46. Verwendet der Geschäftsinhaber die Beitragsleistung anders, als es im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist, kann der stille Gesellschafter auf Erfüllung klagen oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen bzw. das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grunde vorzeitig kündigen. Der Geschäftsinhaber darf dem Handelsgeschäft auch nicht unzulässig Mittel entziehen, da ein Gesellschafter einen Beitrag, den er nach dem Gesellschaftsvertrag zur Erreichung des gemeinsamen Zweckes zu erbringen hat, nicht einseitig zu mindern oder wieder zurückzuerhalten vermag. Anderenfalls kann der stille Gesellschafter auf Wiederzuführung entsprechender Mittel oder auf Schadensersatz klagen47.

43 Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 49. 44 So aber FG Bremen v. 1.9.2005 – 1 K 53/05, DStRE 2007, 939 (943). 45 BGH v. 29.6.1987 – II ZR 173/86, MDR 1988, 119 Rz. 16; Wedemann in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 75; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 3. Aufl. 2014, § 230 HGB Rz. 50. 46 RG v. 20.12.1929 – II 66/29, RGZ 126, 386 (391). 47 Roth in Baumbach/Hopt, 38. Aufl. 2018, § 230 HGB Rz. 13.

290 | Lamprecht

Geschäftsführung | Rz. 12.34 § 12

cc) Wettbewerbsverbot Für die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft (§§ 113 f. HGB) und einer Partnerschaftsgesellschaft (§ 6 Abs. 3 PartGG) sowie die Komplementäre einer Kommanditgesellschaft (§ 161 Abs. 2, § 165 HGB) enthält das Gesetz anders als für die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer stillen Gesellschaft Regelungen zum Wettbewerbsverbot der Gesellschafter. Danach dürfen diese ohne Einwilligung der anderen Gesellschafter weder in dem Handelszweig der Gesellschaft Geschäfte machen noch an einer anderen gleichartigen Handelsgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafter teilnehmen (§ 112 Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB, § 6 Abs. 3 PartGG). Verletzt ein Gesellschafter diese Verpflichtung, so kann die Gesellschaft Schadensersatz fordern oder stattdessen von dem Gesellschafter verlangen, dass er die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft eingegangen gelten lasse und die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgebe oder seinen Anspruch auf sie abtrete (§ 113 Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB, § 6 Abs. 3 PartGG). Das Recht der stillen Gesellschaft enthält zwar keine derartigen Vorschriften, es stellt sich jedoch die Frage der analogen Anwendung der §§ 112 f., 165 HGB. Während eine solche Analogie für die typische stille Gesellschaft abzulehnen ist, weil es an den engen persönlichen Beziehungen, welche die Grundlage derart einschneidender Wettbewerbsbeschränkungen bilden, zwischen den Beteiligten fehlt, ist bei einer atypischen stillen Gesellschaft die für eine Analogie erforderliche Vergleichbarkeit des geregelten und des ungeregelten Sachverhalts gegeben48. Es steht dann nicht mehr der die typische stille Gesellschaft kennzeichnende kapitalistische Aspekt im Vordergrund. Vielmehr gewinnen hier wie bei einer Personenhandelsgesellschaft die engen persönlichen Beziehungen an Bedeutung. Den Geschäftsinhaber einer atypischen stillen Gesellschaft trifft dann wie den Komplementär einer Kommanditgesellschaft ein allgemeines Wettbewerbsverbot, bei dessen Verletzung das Eintrittsrecht des § 113 Abs. 1 HGB zum Zuge kommt49. Gegen das Wettbewerbsverbot getätigte Geschäfte gelten dann als auf gemeinsame Rechnung abgeschlossen, sodass der stille Gesellschafter an deren Ertrag partizipiert.

12.33

Die Ablehnung einer analogen Anwendung der §§ 112 f. HGB auf die typische stille Gesellschaft bedeutet jedoch nicht, dass der Inhaber unbehindert Wettbewerbsgeschäfte vornehmen könnte. Die Schranken ergeben sich aus der Treuepflicht50. Richtungweisend und entscheidend dafür, was er in dieser Hinsicht tun und lassen darf, ist seine Verpflichtung, das Handelsgeschäft für gemeinschaftliche Rechnung zu führen, die Verwirklichung des gemeinsamen Zweckes zu fördern und die im gemeinsamen Interesse der Beteiligten liegenden Gewinnaussichten nicht durch Wettbewerbsgeschäfte zu schmälern. Er darf deshalb keine Geschäfte, die nach dem Gesellschafts-

12.34

48 Zur Vereinbarkeit derartiger Analogien mit der Berufsfreiheit der betroffenen Gesellschafter Nicolin, Berufsfreiheit, S. 137 ff. 49 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 142; vgl. auch Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 188 (anders noch Zutt in der 4. Aufl.); Doehner/Hoffmann in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 82 Rz. 3 ff. 50 Vgl. dazu auch Doehner/Hoffmann in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 82 Rz. 3; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 190.

Lamprecht | 291

§ 12 Rz. 12.34 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

zweck in den Rahmen seines Handelsgewerbes fallen und auf gemeinsame Rechnung vorzunehmen sind, auf eigene Rechnung abschließen. Tätigt er solche Geschäfte außerhalb seines Handelsgewerbes unter seinem bürgerlichen Namen, unter der Firma eines anderen von ihm betriebenen Handelsgeschäfts oder durch einen Strohmann, so ist das eine Verletzung der Treuepflicht, die Schadensersatzansprüche des stillen Gesellschafters auslösen kann. Ein Eintrittsrecht steht diesem jedoch nicht zu. Dagegen kann der Inhaber alle Geschäfte für eigene Rechnung abschließen, die nicht in den Rahmen seines Handelsgewerbes fallen, die ihm nach dem Gesellschaftsvertrag gestattet sind, denen der stille Gesellschafter zugestimmt oder nicht widersprochen hat, vorausgesetzt, dass durch den Abschluss dieser Geschäfte die stille Gesellschaft als solche nicht geschädigt wird51.

12.35 Zur Vermeidung von Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten über die Wettbewerbsverhältnisse ist deren ausführliche Regelung im Gesellschaftsvertrag zu empfehlen. Der Inhaber kann von allen Wettbewerbsbeschränkungen befreit werden, ihm kann aber auch jeglicher Wettbewerb in dem Handelszweig der stillen Gesellschaft und jede sonstige Betätigung untersagt werden. Auch eine Sicherung dieser Vereinbarung für den Fall ihrer Verletzung durch Vertragsstrafen ist zulässig. Der Vertragsfreiheit sind allerdings Schranken durch die Berufsfreiheit des betroffenen Gesellschafters (Art. 12 Abs. 1 GG)52 und das Kartellrecht (§ 1 GWB und Art. 101 AEUV)53 gesetzt. Ein vertragliches Wettbewerbsverbot ist daher nur zulässig, wenn es funktionsnotwendig, d.h. zur Durchsetzung des Gesellschaftszwecks erforderlich ist.

III. Geschäftsführungsbezogene Rechte und Pflichten des stillen Gesellschafters 1. Recht und Pflicht zur Geschäftsführung a) Erfordernis einer vertraglichen Vereinbarung

12.36 Nach dem Gesetz ist der stille Gesellschafter zur Geschäftsführung weder berechtigt noch verpflichtet. Hat er den von ihm übernommenen Beitrag vertragsgemäß geleistet (dazu Rz. 7.1 ff.), kann er, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht, zu weiteren Leistungen nicht herangezogen werden. Zur einseitigen Erhöhung der übernommenen Beitragsleistung ist er weder verpflichtet noch berechtigt (§ 707 BGB). In der Regelung ihrer Innenbeziehungen sind die Parteien des stillen Gesellschaftsvertrags jedoch grundsätzlich frei. Der stille Gesellschafter kann daher vertraglich zusammen mit dem Inhaber, neben ihm oder an seiner Stelle zur Geschäftsführung berechtigt oder verpflichtet sein. Die (teilweise) Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis auf den stillen Gesellschafter kann auch durch schlüssiges Verhalten erfol51 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 225. 52 Dazu eingehend Nicolin, Berufsfreiheit, S. 132 ff., 142 f. und 148 f. 53 Dazu nur BGH v. 6.12.1962, BGHZ 38, 306 (311 ff.); BGH v. 21.2.1978 – KZR 6/77, BGHZ 70, 331 (334 ff.); BGH v. 5.12.1983 – II ZR 242/82, BGHZ 89, 162 (169) = GmbHR 1984, 203; Wiedemann, Gesellschaftsrecht Bd. 1, S. 730 ff.; Beuthien, ZHR 142 (1978), 259, 289.

292 | Lamprecht

Geschäftsführung | Rz. 12.38 § 12

gen54. Derartige Vereinbarungen stehen der Annahme einer (atypischen) stillen Gesellschaft grundsätzlich nicht entgegen55. Ist der Inhaber im Innenverhältnis von der Geschäftsführung ausgeschlossen, stellt sich allerdings die Frage, ob überhaupt noch eine stille Gesellschaft oder nur ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag vorliegt. b) Vertretung durch den stillen Gesellschafter Alle diese und ähnliche Absprachen haben nur im Innenverhältnis Bedeutung. Nach außen hin kann die alleinige Handlungsbefugnis des Inhabers weder ausgeschlossen noch rechtswirksam beschränkt werden56. Soll der stille Gesellschafter auch im Außenverhältnis mit Wirkung für und gegen das Handelsgewerbe des Inhabers handeln können, muss ihm von dem Geschäftsinhaber als Prinzipal eine Prokura oder Handlungsvollmacht erteilt werden57. Die Vertretungsbefugnis des Stillen muss sich stets auf die Vertretung des Geschäftsinhabers beschränken; sie darf sich nicht als eine Vertretung der Gesellschaft selbst darstellen58, weil sonst der Rechtsschein einer Außengesellschaft erweckt würde. Wird die Prokura oder Handlungsvollmacht mit Rücksicht auf die Gesellschafterstellung des Stillen aufgrund einer im Gesellschaftsvertrag verankerten Verpflichtung des Geschäftsinhabers erteilt59, so bildet die Vollmacht einen Bestandteil der Mitgliedschaft des Stillen mit der Folge, dass der Widerruf der Prokura oder Handlungsvollmacht sich nach den Bestimmungen des Gesellschaftsrechts richtet und eine Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses erforderlich macht. § 52 Abs. 1 HGB passt nicht für die gesellschaftsrechtliche Regelung der Prokura oder Handlungsvollmacht eines Gesellschafters und ist deshalb in diesen Fällen nicht anwendbar60. Im Gesellschaftsvertrag kann jedoch etwas anderes vereinbart werden. Es können insbesondere die Voraussetzungen festgelegt werden, unter denen dem stillen Gesellschafter die Prokura oder Handlungsvollmacht entzogen werden kann.

12.37

c) Entzug der vertraglich übertragenen Geschäftsführungsbefugnis Bei einer dem stillen Gesellschafter vertraglich eingeräumten Geschäftsführungsberechtigung ist § 712 Abs. 1 BGB analog anzuwenden, so dass der Geschäftsinha54 BGH v. 18.10.1965 – II ZR 232/63, DB 1966, 187; OLG Nürnberg v. 26.1.1968 – 6 W 10/ 68, DB 1968, 479; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 217. 55 BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157 (160); BGH v. 27.3.1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583; BGH v. 6.11.1963 – IV ZR 32/63, DB 1964, 476; Harbarth in Großkomm/ HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 217. 56 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 217. 57 Partikel in Heidel/Schall, 2. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 36; vgl. aus Rspr. BFH v. 14.6.1972 – II R 116/69, BFHE 106, 239 = BStBl. II 1972, 734 Rz. 1 („Erteilung einer unentziehbaren Einzelprokura“ zugunsten des stillen Gesellschafters); RG v. 10.10.1933 – II ZR 148/33, RGZ 142, 13 (16) (Möglichkeit eines stillen Beteiligungsverhältnisses mit Prokuristen). 58 BGH v. 27.3.1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 217. 59 Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 58. 60 BGH v. 27.6.1955 – II ZR 232/54, BGHZ 17, 392 (für Kommanditisten); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 217.

Lamprecht | 293

12.38

§ 12 Rz. 12.38 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

ber bei Vorliegen eines wichtigen Grundes berechtigt ist, dem stillen Gesellschafter die Befugnis zur Führung der Geschäfte zu entziehen und die Geschäftsführung wieder selbst zu übernehmen61. Lag kein wichtiger Grund vor, hat der stille Gesellschafter einen Anspruch auf Wiedereinräumung der Geschäftsführungsbefugnis62. d) Vergütung der vertraglich übertragenen Geschäftsführung

12.39 Der stille Gesellschafter, dem Geschäftsführungsbefugnisse übertragen wurden, hat ebenso wenig wie der Inhaber einen Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit63, sofern nicht im Gesellschaftsvertrag eine Geschäftsführervergütung oder neben dem Gesellschaftsvertrag ein gesonderter Dienstvertrag vereinbart wurde. In dem zuletzt genannten Fall genießt der stille Gesellschafter in arbeits- und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht den besonderen Schutz des abhängigen Angestellten. Das Arbeitsverhältnis kann nur unter Beachtung der Kündigungsschutzbestimmungen gekündigt werden. Für die Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses kommen dagegen die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften zur Anwendung64. e) Haftung für pflichtwidrige Geschäftsführungsmaßnahmen

12.40 Der zur Geschäftsführung berechtigte stille Gesellschafter hat dem Inhaber gegenüber nach § 708 BGB nur für die Sorgfalt einzustehen, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, wenn seine Geschäftsführungsbefugnis oder seine Bestellung zum Prokuristen bzw. Handlungsbevollmächtigten auf dem Gesellschaftsvertrag beruht. Ist er aufgrund besonderen Dienstvertrags Geschäftsführer, Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter, so haftet er nach den allgemeinen Vorschriften für jedes Verschulden (vgl. dazu Rz. 12.26 ff.)65. Handlungen, welche der stille Gesellschafter ohne die erforderliche Ermächtigung durch den Inhaber oder unter Überschreitung seiner Zuständigkeit vornimmt, fallen ebenso wie die entsprechenden Handlungen des Inhabers unter den Begriff der Geschäftsführung ohne Auftrag und lösen eine verschärfte Haftung aus. Sie können durch den Inhaber genehmigt werden und gelten dann im Innenverhältnis als im Rahmen des Handelsgeschäfts abgeschlossen. 2. Treuepflicht

12.41 Im Rahmen des gemeinsam zu verfolgenden Zwecks ist auch der stille Gesellschafter gehalten, auf die gemeinschaftlichen Interessen Rücksicht zu nehmen und nicht

61 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 158; Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, S. 64; Wedemann in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 95; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 58; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 217. 62 Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 58. 63 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 196, 219. 64 RG v. 10.10.1933 – II 148/33, RGZ 142, 13 (16); Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 160. 65 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 191 f.

294 | Lamprecht

Geschäftsführung | Rz. 12.42 § 12

zum Nachteil der Gesellschaft zu handeln66. Dazu gehört im Zweifel die Geheimhaltung des Gesellschaftsverhältnisses. Auch bei der Ausübung der ihm vertraglich eingeräumten Zustimmungs- und Widerspruchsrechte werden seine Entscheidungen durch den Grundsatz von Treu und Glauben bestimmt67. Er muss sich dabei von sachgerechten, die Verwirklichung des gemeinschaftlichen Zwecks fördernden Erwägungen leiten lassen. Eine Pflicht zur Zustimmung wird anzunehmen sein, wenn durch die Ablehnung das Gemeinschaftsinteresse oder der Gesellschaftszweck beeinträchtigt werden würde. Der stille Gesellschafter, der durch willkürliche Verweigerung seiner Zustimmung zu notwendigen sachdienlichen Maßnahmen der Geschäftsführung seine Treuepflicht gröblich vernachlässigt, macht sich schadensersatzpflichtig. Der Schaden kann darin bestehen, dass sich der andere Teil zur fristlosen Kündigung gezwungen sieht und diese ihm Nachteile bringt. Ist nach dem Gesellschaftsvertrag für ein Rechtsgeschäft des Geschäftsinhabers die Zustimmung des stillen Gesellschafters erforderlich und wird die Zustimmung treuwidrig verweigert, ist das Geschäft nicht nur wie generell gegenüber dem Dritten gleichwohl wirksam. Der Geschäftsinhaber handelte auch im Innenverhältnis nicht pflichtwidrig, weil er sich über den treuwidrigen Widerspruch hinwegsetzen durfte68. Ist die Verweigerung der erforderlichen Zustimmung hingegen mit der Treuepflicht zu vereinbaren, geht das von dem Geschäftsinhaber gleichwohl vorgenommene Geschäft allein auf Rechnung und Gefahr des Inhabers. Intensive Treuepflichten können bestehen, wenn der stille Gesellschafter ausnahmsweise an der Geschäftsführung beteiligt ist. Je nach Art und Umfang dieser Beteiligung können sich für ihn dann auch ohne eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung die gleichen Treuebindungen wie für den Geschäftsinhaber ergeben (vgl. Rz. 12.29 ff.)69. Das gilt insbesondere für das gesetzliche Wettbewerbsverbot. Ein solches besteht für den typischen stillen Gesellschafter nämlich nicht70. Es wäre bei zutreffender Wertung der beiderseitigen Interessen sachlich nicht gerechtfertigt, weil er nur mit seiner Vermögenseinlage beteiligt ist und an der Geschäftsführung nicht teilnimmt, so dass er regelmäßig auch keinen tieferen Einblick in den Geschäftsbetrieb des Inhabers hat. Er steht insoweit einem Kommanditisten gleich, für den ebenfalls kein gesetzliches Wettbewerbsverbot besteht (§ 165 HGB). Der typische stille Gesellschafter kann demzufolge Geschäfte, die in den Handelszweig der Gesellschaft fallen, auf eigene Rechnung abschließen, auch wenn er dabei die ihm aus seiner Beteiligung

66 Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 56; Mock in Röhricht/ Graf von Westphalen/Haas, 5. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 90; Partikel in Heidel/Schall, 2. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 37. 67 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 155; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 186. 68 RG v. 22.10.1938 – II 58/38, RGZ 158, 302 (310 f.). 69 Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 74 ff. 70 BGH v. 6.12.1962 – KZR 4/62, BGHZ 38, 306 Rz. 24 f.; BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 Rz. 27 (für typisch Unterbeteiligten); vgl. dazu insgesamt Doehner/Hoffmann in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 82 Rz. 2; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 156; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 190.

Lamprecht | 295

12.42

§ 12 Rz. 12.42 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

zugeflossenen Kenntnisse und Erfahrungen benutzt. Nur darf er nicht geradezu die Interessen des Inhabers schädigen71. Eine andere Beurteilung kann aber gerechtfertigt sein, wenn er als atypischer stiller Gesellschafter Einfluss auf die Geschäftsführung hat oder wenn er selbst Kaufmann ist und sich in dem Handelszweig des Inhabers geschäftlich betätigt. Hier ergibt sich auch für ihn aus dem Grundsatz von Treu und Glauben die Verpflichtung, sich eines den Gesellschaftszweck schädigenden oder beeinträchtigenden Wettbewerbs zu enthalten72. Für seine wettbewerbsrechtliche Stellung gilt in diesem Falle dasselbe, was oben (Rz. 12.33 ff.) für den Inhaber ausgeführt worden ist. Ist der stille Gesellschafter alleiniger Geschäftsführer, ist § 112 HGB entsprechend anwendbar, wenn nichts Abweichendes vereinbart wird73. Darüber hinaus können dem stillen Gesellschafter im Rahmen des kartellrechtlich Zulässigen74 vertragliche Wettbewerbsbeschränkungen,75 deren Einhaltung durch Vertragsstrafen gesichert werden kann, auferlegt werden. 3. Kontrollrechte a) Allgemeine Grundsätze aa) Verfügbarkeit der Kontrollrechte

12.43 Das Gesetz und insbesondere § 233 HGB, der teils wörtlich (Abs. 1 und 3), teils sachlich (Abs. 2) der Regelung in § 166 HGB entspricht, gewährt dem stillen Gesellschafter verschiedene Informations- und Kontrollrechte. Durch diese nur eingeschränkt beschränkbaren Kontrollbefugnisse unterscheidet sich die stille Gesellschaft von den partiarischen Geschäften (vgl. hierzu Rz. 5.16 ff., 12.46). Ob der stille Gesellschafter seine eigenen Verpflichtungen erfüllt, insbesondere seine vereinbarte Einlage geleistet hat, ist für die Geltendmachung der Rechte aus § 233 HGB unerheblich76. Nach h.M. stehen die Rechte aus § 233 HGB, wenn nichts anderes vereinbart ist, dem stillen Gesellschafter allerdings nur zu, solange die Gesellschaft besteht, nicht mehr dagegen nach ihrer Auflösung zum Zwecke der Nachprüfung des Auseinandersetzungsguthabens und in Ansehung der schwebenden Geschäfte77. Später kann die Vorlage der Bü-

71 Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, 5. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 104; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 190. 72 Doehner/Hoffmann in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 82 Rz. 9. 73 BGH v. 5.12.1983 – II ZR 242/82, DB 1984, 495 (496) = GmbHR 1984, 203 (für Kommanditisten); Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 134; Löffler, NJW 1986, 223 (227); siehe auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 156; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, 5. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 96; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 57. 74 Doehner/Hoffmann in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 82 Rz. 13 f. 75 Vgl. hierfür z.B. BGH v. 20.12.1956 – II ZR 166/55, BGHZ 23, 10 Rz. 10; LSG Berlin-Brandenburg v. 7.7.2017 – L 1 KR 387/16, DStR 2017, 2182 Rz. 48; FG München v. 21.1.2003 – 13 K 4478/98, juris Rz. 23. 76 Roth in Baumbach/Hopt, 38. Aufl. 2018, § 233 HGB Rz. 1. 77 BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (324); OLG Hamburg v. 4.3.2004 – 11 U 200/03, NZG 2004, 715 (715); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 233

296 | Lamprecht

Geschäftsführung | Rz. 12.45 § 12

cher und Geschäftspapiere nur unter den Voraussetzungen des § 810 BGB verlangt werden78. bb) Unübertragbarkeit der Kontrollrechte Die gesetzlichen und vertraglichen Kontrollrechte stehen dem stillen Gesellschafter grundsätzlich nur persönlich zu79. Der im Recht der Personengesellschaft geltende Grundsatz des § 717 Satz 1 BGB, wonach die Rechte der Gesellschafter unübertragbar sind und einzelne Rechte im allgemeinen nur insofern abgetreten werden können, als das Gesetz selbst Ausnahmen zulässt, gilt auch für die Informations- und Überwachungsrechte des stillen Gesellschafters nach § 233 HGB (siehe Rz. 10.29 f.). Im Falle der gemäß § 717 Satz 2 BGB zulässigen Abtretung des Anspruchs auf den Gewinnanteil kann der Abtretungsempfänger daher vom Geschäftsinhaber weder die Mitteilung des Jahresabschlusses noch die Einsicht in die Geschäftsbücher und Geschäftspapiere verlangen80. Allerdings enthält die Verpflichtung, den jeweils festgestellten Gewinnanteil des stillen Gesellschafters dem Abtretungsempfänger auszuzahlen, nach Treu und Glauben auch das Gebot, diesem den errechneten Gewinnanteil der Höhe nach mitzuteilen81. Das Abspaltungsverbot schließt allerdings nicht aus, dass sich der stille Gesellschafter bei der Wahrnehmung seiner Informations- und Kontrollrechte durch einen anderen stillen Gesellschafter oder einen zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten vertreten oder unterstützen lässt (dazu auch noch Rz. 12.49). So werden insbesondere in einer stillen Publikumsgesellschaft die Informations- und Kontrollrechte der einzelnen stillen Gesellschafter gegenüber dem Geschäftsinhaber zumeist durch einen Vertreter oder Beirat wahrgenommen (dazu näher Rz. 18.47, 18.84).

12.44

cc) Gestaltbarkeit der Kontrollrechte Im Gesellschaftsvertrag können die Kontrollrechte des stillen Gesellschafters gegenüber der gesetzlichen Regellage grundsätzlich erweitert oder beschränkt werden. Eine Erweiterung der Kontrollrechte des stillen Gesellschafters ist vor allem anzutreffen, wenn ihm Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt werden oder wenn er im Innenverhältnis an dem Geschäftsvermögen und an den Rücklagen beteiligt sein soll. Häufig

78

79 80 81

HGB Rz. 31; Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 81 Rz. 20; Fahse/ Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 233 HGB Rz. 5; Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 139 ff. RG v. 17.3.1926 – II 304/25, JW 1926, 1812; BGH v. 8.4.1976 – II ZR 203/74, DB 1976, 2106 (2107); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 233 HGB Rz. 31; Seffer/ Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 81 Rz. 20; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 233 HGB Rz. 5; Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 140. Dazu näher Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 141 ff. BGH v. 8.7.1957 – II ZR 54/56, BGHZ 25, 115 (122 ff.); OLG Brandenburg v. 23.7.2014 – 7 U 75/13, juris Rz. 99. BGH v. 3.11.1975 – II ZR 98/74, GmbHR 1976, 37.

Lamprecht | 297

12.45

§ 12 Rz. 12.45 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

werden in diesem Zusammenhang dem stillen Gesellschafter zusätzlich die durch § 233 Abs. 2 HGB verdrängten Kontrollrechte nach § 716 BGB sowie verschiedene Zustimmungs- und Widerspruchsrechte zugebilligt. Darüber hinaus kann im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden, dass der stille Gesellschafter berechtigt sein soll, dem Inhaber die Geschäftsführung zu entziehen oder einen anderen mit der Geschäftsführung zu beauftragen. Auf diese Weise kann die Leitung des Handelsgeschäfts in die Hand von Personen gelegt werden, die nicht die volle vermögensrechtliche Verantwortung für das Unternehmen tragen (Rz. 12.36 ff.). Die Durchsetzung solcher vertraglich eingeräumten Kontrollrechte kann jedoch nicht im Verfahren nach § 233 Abs. 3 HGB erfolgen. Der stille Gesellschafter muss insoweit ordentlich klagen82.

12.46 Auf der anderen Seite ist auch eine Einschränkung der in § 233 Abs. 1 HGB vorgesehenen Kontrollrechte möglich und zulässig83. Sie wird zu erwägen sein, wenn der stille Gesellschafter selbst Kaufmann und in demselben Handelszweig tätig ist oder wenn die stille Beteiligung im Rahmen des Handelsgeschäfts des Inhabers nicht ins Gewicht fällt. Die Beschränkung kann darin bestehen, dass der stille Gesellschafter nicht alle Bücher oder dass er die Bücher nicht selbst einsehen darf, sondern einen Buchsachverständigen damit betrauen muss, oder dass beim Vorhandensein mehrerer stiller Gesellschafter die Kontrollrechte nur durch einen Ausschuss oder einen Vertrauensmann ausgeübt werden dürfen. Bei der Beschränkung der Kontrollrechte ist indessen Zurückhaltung geboten, weil bei zu starker Einschränkung Zweifel am Vorliegen eines echten Gesellschaftsverhältnisses entstehen können. Dieser Gesichtspunkt spielt insbesondere in steuerlicher Hinsicht eine wichtige Rolle (Rz. 20.1 ff.). Auch kann eine zu starke Beschränkung sittenwidrig und nichtig sein, besonders wenn der Verdacht einer unredlichen Geschäftsführung besteht. Das außerordentliche Kontrollrecht aus wichtigen Gründen nach § 233 Abs. 3 HGB ist allerdings ohnehin zwingender Natur (Rz. 12.50). b) Einzelne gesetzliche Kontrollrechte aa) Das ordentliche Informationsrecht nach § 233 Abs. 1 HGB

12.47 Der stille Gesellschafter ist gemäß § 233 Abs. 1 HGB berechtigt, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses, d.h. der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung (§ 242 Abs. 3 HGB), zu verlangen und deren Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen84. Unter „Bilanz“ versteht das Gesetz zwar grundsätzlich die Handelsbilanz. Soweit für die Berechnung des Gewinn- und Verlustanteils des stillen Gesellschafters nach dem Gesellschaftsvertrag jedoch die Steuerbilanz maßgeb-

82 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 233 HGB Rz. 37. 83 Differenzierend Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 233 HGB Rz. 36 m.w.N., nach dem es einen uneinschränkbaren Kernbereich des Informationsrechts gibt (z.B. Überlassung einer Kopie des Jahresabschlusses sowie dessen Prüfung). 84 Dazu näher Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 85 ff.

298 | Lamprecht

Geschäftsführung | Rz. 12.49 § 12

lich ist, muss auch diese abschriftlich mitgeteilt werden85. Wird neben dem alljährlich nach den allgemeinen Vorschriften aufzustellenden Jahresabschluss eine besondere Abrechnung über den auf den stillen Gesellschafter entfallenden anteiligen Gewinn erstellt, so kann er stets auch die Mitteilung des Jahresabschlusses verlangen. Zwischenabschlüsse und Prüfungsberichte sind jedoch nicht mitzuteilen. In Bezug auf diese Dokumente hat der stille Gesellschafter jedoch ein Einsichtsrecht. Aus § 233 Abs. 1 HGB ergibt sich für den stillen Gesellschafter ein notfalls im Klagewege gegen den Inhaber durchsetzbarer Anspruch auf ordnungsgemäße Buchführung und Bilanzierung86. Das gilt auch, wenn der Inhaber als Einzelkaufmann mit kleinem Handelsgewerbe von einer Befreiung von der handelsrechtlichen Buchführung und Rechnungslegung nach §§ 241a, 242 Abs. 4 HGB profitiert, da er auch dann für ordnungsgemäße Aufzeichnungen, die eine geeignete Grundlage für die Gewinnermittlung abgeben, sorgen muss. Das Recht des stillen Gesellschafters zur Einsicht in die Bücher und Papiere ist im Gegensatz zu § 118 HGB funktional auf das zur Kontrolle des mitgeteilten Jahresabschlusses erforderliche Maß beschränkt87. Zu den Büchern und Papieren gehören sämtliche für den Jahresabschluss relevanten Unterlagen des Handelsgewerbes. Zeit, Ort und Art der Einsicht werden im Einzelfall durch die Treuepflicht bestimmt. Mitnahme oder Versendung der entsprechenden Dokumente kann der Stille regelmäßig nicht verlangen88. Ungeachtet der eingeschränkten Formulierung und der grundsätzlichen Nichtanwendbarkeit der Rechte nach § 716 BGB hat das LG Hamburg indes auch dem stillen Gesellschafter entsprechend der Rechtsprechung des BGH zu anderen Personengesellschaften das Recht zuerkannt, jedenfalls bei Vorliegen einer Publikumsgesellschaft Namen und Anschriften etwaiger Mitgesellschafter zu erfahren89.

12.48

Der stille Gesellschafter kann sich, wenn es sich als notwendig erweist und wenn nicht berechtigte Belange des Inhabers entgegenstehen, der Hilfe eines Buchsachverständigen bedienen90. Erhebt der Inhaber gegen den vom stillen Gesellschafter beauftragten Sachverständigen begründete Bedenken, so ist die Bucheinsicht einem vom Gericht zu bestellenden Buchsachverständigen zu übertragen. War die Zuziehung des Sachverständigen wegen der Mangelhaftigkeit der Buchführung objektiv erforderlich, so kann der Stille Ersatz der ihm dadurch entstandenen Kosten verlangen91. Soweit ihm die

12.49

85 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 233 HGB Rz. 6; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, 5. Aufl. 2019, § 233 HGB Rz. 2; weitergehend und für eine generelle Pflicht zur Vorlage der Steuerbilanz Roth in Baumbach/Hopt, 38. Aufl. 2018, § 233 HGB Rz. 3. 86 A.A. OLG Hamburg v. 4.3.2004 – 11 U 200/03, ZIP 2004, 1099 (1100), wonach nur ein Anspruch auf Übermittlung eines aufgestellten Jahresabschlusses besteht. Andernfalls soll sich der Stille mit seinen Informationsrechten aus § 810 BGB behelfen. 87 Dazu näher Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 150 ff. 88 Vgl. dazu Roth in Baumbach/Hopt, 38. Aufl. 2018, § 233 HGB Rz. 4. 89 LG Hamburg v. 4.5.2017 – 330 O 110/15, juris Rz. 20. 90 BGH v. 16.1.1984 – II ZR 36/83, BB 1984, 1273 Rz. 28. 91 OLG München v. 1.4.1954 – 6 U 1895/53, BB 1954, 669; Roth in Baumbach/Hopt, 38. Aufl. 2018, § 118 HGB Rz. 5; zum Kostenersatz a.A. OLG Düsseldorf v. 13.6.1929 – 6 U 36/29, JW 1929, 2169.

Lamprecht | 299

§ 12 Rz. 12.49 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Kosten nicht erstattet werden, liegen steuerlich Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen vor. bb) Das außerordentliche Informationsrecht nach § 233 Abs. 3 HGB

12.50 Auf Antrag des stillen Gesellschafters kann das Gericht, wenn wichtige Gründe vorliegen, die Mitteilung des Jahresabschlusses oder sonstige Aufklärungen sowie die Vorlage der Bücher und Papiere jederzeit anordnen (§ 233 Abs. 3 HGB). Diese Vorschrift, die über die Rechte nach § 233 Abs. 1 HGB hinaus auch die Anordnung sonstiger Aufklärungen ermöglicht, ist zwingendes Recht und kann daher im Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden92. Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn ein berechtigtes Misstrauen gegen die Geschäftsführung und insbesondere der Verdacht auf unredliche Verhaltensweisen besteht und der stille Gesellschafter die Information zur Ausübung seiner Gesellschafterrechte benötigt93. Verdacht auf Unterschleif kann namentlich dann bestehen, wenn die Bucheinsicht nach § 233 Abs. 1 HGB ohne triftigen Grund verweigert wurde. Ebenso kann eine formal unzureichende Rechnungslegung die Notwendigkeit sonstiger, d.h. über das ordentliche Mitteilungsund Einsichtsrecht nach § 233 Abs. 1 HGB hinausgehender Aufklärungen begründen und daher einen wichtigen Grund bilden94. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist keine Ermessensfrage. Es handelt sich vielmehr um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Dagegen liegt es im pflichtgemäßen Ermessen des Richters, welche Anordnungen er treffen will (Vorlage von Bilanzen oder Zwischenbilanzen, Umfang der Buchvorlage, Zuziehung von Sachverständigen usw.). 12.51 Behauptet der Inhaber, er habe keine Bilanzen aufgestellt, so steht das einer gerichtlichen Anordnung gemäß § 233 Abs. 3 HGB nicht entgegen. Die Anordnung braucht sich nicht auf die Bilanzen und Bücher der dem Antrag vorhergehenden zehn Jahre (§ 257 Abs. 4 HGB) zu beschränken. Vielmehr umfasst § 233 Abs. 3 HGB bei Vorliegen eines wichtigen Grundes auch Auskünfte über die Geschäftsführung des Geschäftsinhabers im Allgemeinen und die damit im Zusammenhang stehenden Unterlagen95. Sind dem stillen Gesellschafter jedoch durch den Gesellschaftsvertrag Geschäftsführungsbefugnisse übertragen worden, so kann er in der Regel nicht das Einschreiten des Gerichts verlangen, da er bereits die Möglichkeiten hat, die ihm die gerichtliche Anordnung verschaffen soll.

92 Zum Verständnis von § 233 Abs. 3 HGB im Verhältnis zu Abs. 1 siehe K. Schmidt, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden, S. 74 i.V.m. S. 79; vgl. auch Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 100 ff.; zur zwingenden Natur von § 233 Abs. 3 HGB auch Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 233 HGB Rz. 39 und Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 233 HGB Rz. 9. 93 Vgl. zur letzteren Einschränkung OLG Düsseldorf v. 27.7.2015 – I-3 Wx 7/14, GmbHR 2015, 1091 Rz. 8. 94 Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 3. Aufl. 2014, § 233 HGB Rz. 15; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 233 HGB Rz. 34. 95 BGH v. 14.6.2016 – II ZB 10/15, BGHZ 210, 363 Rz. 13 f. = GmbHR 2016, 1141 (zu Kommanditisten) mit Betonung der Parallelität der Regelungen in § 166 Abs. 3 und § 233 Abs. 3 HGB.

300 | Lamprecht

Geschäftsführung | Rz. 12.55 § 12

Der Antrag ist im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu stellen. Antragsgegner ist der Inhaber des Handelsgeschäfts96. Die Entscheidung erfolgt im Beschlussverfahren (§ 375 Nr. 1 FamFG) oder bei entsprechender Vereinbarung durch ein Schiedsgericht (siehe Rz. 10.44 ff.). Da das Recht aus § 233 Abs. 3 HGB nur einem stillen Gesellschafter zusteht, ist die Frage, ob ein stilles Beteiligungsverhältnis oder etwa ein partiarisches Darlehen vorliegt, als Sachurteilsvoraussetzung auch in diesem Verfahren zu klären. Wahlweise kann der Anspruch auch im Streitverfahren durchgesetzt werden, wenn der wichtige Grund in der Verweigerung des allgemeinen oder vertraglichen Prüfungsrechts besteht97.

12.52

cc) Die Kontrolle von Beteiligungen Ist der Inhaber seinerseits an einem weiteren Unternehmen beteiligt, so kann es für den stillen Gesellschafter von Interesse sein, sich auch über die Beziehungen zu dem mit dem Geschäftsinhaber verbundenen Unternehmen sowie über dessen Geschäftstätigkeit zu informieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn laut Gesellschaftsvertrag die Einlage in das Unternehmen fließen soll, an welchem der Geschäftsinhaber beteiligt ist. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit sich das Kontrollrecht des stillen Gesellschafters auf ein Unternehmen erstreckt, an dem nicht er, sondern der Inhaber im Rahmen seines Handelsgeschäfts beteiligt ist98. Zur Beantwortung bedarf es einer Differenzierung:

12.53

Vom Kontrollrecht sind grundsätzlich alle Unterlagen des Inhabers betreffend die Geschäftsvorgänge zwischen den verbundenen Unternehmen erfasst, da es sich hierbei um Angelegenheiten handelt, die in den Bereich der Geschäftsführung des Unternehmens fallen, an dem der stille Gesellschafter beteiligt ist99. Es handelt sich um Geschäftsmaßnahmen, deren Kontrolle dem stillen Gesellschafter durch § 233 HGB gerade ermöglicht werden soll. Eine Einschränkung erfährt dieses Recht lediglich insoweit, als es dem Zweck dienen muss, eine sachgerechte Prüfung der Bilanzen zu ermöglichen100.

12.54

Demgegenüber kommt nach der Rechtsprechung eine Erstreckung des Informationsrechts auch auf Unterlagen des mit dem Inhaber verbundenen Unternehmens selbst prinzipiell nicht in Betracht. Es wird vielmehr grundsätzlich an der Eigenständigkeit der Rechtsbeziehungen zwischen dem Stillen und dem Geschäftsinhaber einerseits sowie zwischen letzterem und dem Drittunternehmen andererseits festgehalten. Folglich werden gesellschaftsrechtliche Kontrollbefugnisse bezüglich der Geschäftsführung des

12.55

96 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 233 HGB Rz. 8; siehe aber auch OLG Köln v. 30.5.1967 – 2 Wx 217/66, OLGZ 1967, 362, wo ausnahmsweise als Antragsgegner auch der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH zugelassen wird. 97 OLG Köln v. 30.5.1967 – 2 Wx 217/66, OLGZ 1967, 362; OLG Stuttgart v. 18.2.1970 – 8 W 350/69, OLGZ 1970, 262; OLG Hamm v. 27.2.1970 – 15 W 4/70, MDR 1970, 594. 98 Dazu näher Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 80 ff. 99 BGH v. 20.6.1983 – II ZR 85/82, ZIP 1983, 935 (936); BGH v. 16.1.1984 – II ZR 36/83, GmbHR 1985, 20 = NJW 1984, 2470 Rz. 15. 100 BGH v. 8.7.1957 – II ZR 54/56, BGHZ 25, 115 (120).

Lamprecht | 301

§ 12 Rz. 12.55 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

mit dem Inhaber verbundenen Unternehmens allein dem Inhaber und nicht dem stillen Gesellschafter gewährt. Die bloße Beteiligung des Geschäftsinhabers an einem dritten Unternehmen könne für diesen in der Regel auch nicht die Pflicht begründen, dem stillen Gesellschafter Einsicht in die Unterlagen jenes Unternehmens zu verschaffen101. Zur Rechtfertigung dieser Auffassung wird neben dem formellen Aspekt der Verschiedenheit der Rechtssubjekte angeführt, dass ein Informationsrecht des mit der zu kontrollierenden Gesellschaft nicht in unmittelbaren Rechtsbeziehungen stehenden stillen Gesellschafters den schutzwürdigen Interessen der übrigen an dem Unternehmen beteiligten Gesellschafter zuwiderliefe102.

12.56 Aus dem Gesichtspunkt des Interessenkonfliktes leitet der BGH auch Ausnahmetatbestände zu dem von ihm aufgestellten Grundsatz ab. Haben grundsätzlich die Belange der an dem Drittunternehmen neben dem Inhaber beteiligten Gesellschafter Vorrang vor den Informationsinteressen des stillen Gesellschafters, so sollen dessen Belange dann ein Übergewicht gewinnen, wenn sein unverzichtbar geschützter Bereich tangiert wird. Der unverzichtbar geschützte Bereich wird dabei vom BGH in Anlehnung an den wichtigen Grund des § 233 Abs. 3 HGB bestimmt. Liegt ein wichtiger Grund i.S. dieser Regelung vor, so ist der unverzichtbar geschützte Bereich des stillen Gesellschafters berührt, womit sein außerordentliches Informationsrecht dann auch die Geschäftsunterlagen des mit dem Inhaber verbundenen Unternehmens umfasst103. Wann ein solcher wichtiger Grund vorliegt, der eine Ausweitung des Kontrollrechts rechtfertigt, hat die Rechtsprechung nicht abschließend festgelegt. Diese Frage dürfte nur nach einer einzelfallbezogenen, umfassenden Interessenabwägung zu beantworten sein. Hierbei verbietet sich eine zu enge Anlehnung an die Vorschrift des § 233 Abs. 3 HGB und der zu dieser ergangenen Rechtsprechung. Das gesetzlich geregelte außerordentliche Informationsrecht ist auf den internen Interessenausgleich der Partner des stillen Gesellschaftsverhältnisses zugeschnitten. Bei der Prüfung einer Ausweitung des Informationsrechts auf Beteiligungsunternehmen sind zusätzliche Drittinteressen mit zu berücksichtigen, was in der Regel dazu führen wird, dass an den wichtigen Grund, der eine Erstreckung des Informationsrechts rechtfertigen soll, höhere Anforderungen zu stellen sind, als dies im Zweipersonenverhältnis nötig ist. § 233 Abs. 3 HGB ist in diesem Zusammenhang eher als positivrechtlicher Ansatzpunkt zur Rechtfertigung eines Mindestschutzbereichs für den stillen Gesellschafter zu verstehen, wenn der Inhaber im Rahmen seines Handelsgeschäftes Beteiligungen an anderen Unternehmen hält, wodurch er auch deren Interessen in bestimmter Weise verpflichtet ist104. Entsprechend diesem Zweck, einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Beteiligten herbeizuführen, muss das Merkmal „wichtiger Grund“ ausgelegt werden.

101 BGH v. 16.1.1984 – II ZR 36/83, GmbHR 1985, 20 = NJW 1984, 2470; zu dieser Entscheidung Hepting in FS Pleyer, S. 301 ff. 102 BGH v. 16.1.1984 – II ZR 36/83, GmbHR 1985, 20 = NJW 1984, 2470; BGH v. 20.6.1983 – II ZR 85/82, ZIP 1983, 935 (936). 103 BGH v. 16.1.1984 – II ZR 36/83, GmbHR 1985, 20 = NJW 1984, 2470. 104 So wohl auch Hepting in FS Pleyer, S. 301 (307).

302 | Lamprecht

Geschäftsführung | Rz. 12.59 § 12

Der BGH105 hat einen wichtigen Grund in einem Fall angenommen, in welchem des stillen Gesellschafters Einlage in die Beteiligungsgesellschaft floss und diese auch diejenigen Geschäfte tätigte, die Zweck des stillen Gesellschaftsvertrags waren, so dass sie auch die Gewinne erwirtschaftete, die dem Stillen zugutekommen sollten. Ein weiteres Gefährdungsmoment bestand zudem in einer besonderen personellen und finanziellen Verflechtung des Geschäftsinhabers mit dem Beteiligungsunternehmen. Bei dieser Konstellation sah der BGH den Zugang des stillen Gesellschafters zu Informationen über die wesentlichen mit seiner Einlage finanzierten Geschäfte versperrt und damit die schützenswerten Belange des Stillen – insbesondere auch durch die Gefährdungslage wegen der Verflechtung – nicht mehr hinreichend gewahrt. Er erweiterte daher das außerordentliche Informationsrecht auch auf Unterlagen des Beteiligungsunternehmens106.

12.57

Die gleichen Erwägungen bestimmen auch den Umfang des Kontrollrechtes, wenn der Geschäftsinhaber im Rahmen seines Handelsbetriebes eine hundertprozentige Beteiligung an einer anderen Gesellschaft hält, wie dies bei einer Betriebsaufspaltung in der Regel der Fall ist. Bei einer solchen Konstellation, bei der die Beteiligungsgesellschaft ein hundertprozentiges Tochterunternehmen des Inhabers ist, werden Interessen Dritter, die gegenüber dem Informationsinteresse des stillen Gesellschafters abzuwägen wären, überhaupt nicht berührt. Da der Inhaber alle Anteile an dem Beteiligungsunternehmen hält, stehen letztlich nur seine Belange denen des stillen Gesellschafters gegenüber. Dieser gesellschaftsinterne Interessenkonflikt wird in § 233 HGB geregelt. Der in § 233 HGB dem Inhaber auferlegten Pflicht darf sich dieser nicht unter Hinweis auf die formale Verschiedenheit zwischen sich und der Tochtergesellschaft entziehen. Der stille Gesellschafter kann vielmehr auch Einsicht in die Unterlagen des Tochterunternehmens verlangen107.

12.58

Die ausnahmsweise Erstreckung des Informationsrechts auf Bilanzen und Geschäftsunterlagen des Beteiligungsunternehmens geht nicht so weit, dass der stille Gesellschafter gegen dieses einen Anspruch auf Ausübung seines Kontrollrechts hätte. Informationsschuldner bleibt vielmehr der Geschäftsinhaber108. Daraus folgt vor allem, dass das Recht des Stillen auf Information durch die entsprechende Rechtsstellung des Geschäftsinhabers im Beteiligungsunternehmen begrenzt ist.

12.59

105 BGH v. 16.1.1984 – II ZR 36/83, GmbHR 1985, 20 = NJW 1984, 2470 (2471). 106 Zustimmend Hepting in FS Pleyer, S. 301 (306 f.); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 233 HGB Rz. 13; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 233 HGB Rz. 30. 107 BGH v. 8.7.1957 – II ZR 54/56, BGHZ 25, 115 (117 f.); Hepting in FS Pleyer, S. 301 (302, 306); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 233 HGB Rz. 30; Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 81 Rz. 19. 108 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 233 HGB Rz. 13; Fahse/GesmannNuissl in Ensthaler, 8. Aufl. 2015, § 233 HGB Rz. 7; Hepting in FS Pleyer, S. 301 (302).

Lamprecht | 303

§ 12 Rz. 12.60 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

dd) Weitere gesetzliche Kontrollrechte

12.60 Der stille Gesellschafter verfügt nicht über die weiteren Rechte, welche durch § 716 BGB und § 118 HGB dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter eingeräumt werden (§ 233 Abs. 2 HGB). Das Recht, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft jederzeit persönlich zu unterrichten, die Geschäftsbücher und die Papiere der Gesellschaft einzusehen und sich aus ihnen eine Übersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anzufertigen, kann ihm lediglich vertraglich eingeräumt werden (Rz. 12.45)109. Aus der Beschränkung von § 233 Abs. 2 HGB ergibt sich zugleich, dass der stille Gesellschafter während des Bestehens der Gesellschaft nicht die Vorlage der Geschäftsbücher nach § 810 BGB verlangen kann. Anderenfalls könnte er über diese Vorschrift die beschränkte Einsicht nach § 233 HGB vereiteln110. So ist er auch nicht berechtigt, selbst eine Inventur aufzunehmen, den Kassenbestand zu prüfen oder Auskunft über den Stand der einzelnen Geschäfte zu verlangen. Nicht ausgeschlossen wird durch § 233 HGB hingegen das Recht des Prozessgerichts, nach §§ 258, 260 HGB die Vorlage der Handelsbücher anzuordnen. Einen Anspruch auf Rechnungslegung gemäß § 259 BGB hat der stille Gesellschafter nur, wenn die Handelsbücher, die er zur Nachprüfung der Richtigkeit der Bilanz einzusehen berechtigt ist, keinen hinreichenden Aufschluss zu geben vermögen111. 4. Zustimmungsrechte a) Anwendungsbereich des Zustimmungserfordernisses

12.61 Im Außenverhältnis ist der Geschäftsinhaber alleiniger Betreiber des Handelsgewerbes und kann sämtliche Geschäfte auch ohne eine Zustimmung des stillen Gesellschafters wirksam vornehmen (vgl. auch Rz. 12.2 ff.)112. Nach dem Gesellschaftsvertrag ist der Geschäftsinhaber allerdings gegenüber dem stillen Gesellschafter im Innenverhältnis verpflichtet, seine gesamte Geschäftsführung so einzurichten, dass der gemeinsame Zweck gefördert wird und dabei den berechtigten gesellschaftsbezogenen Interessen des Stillen Rechnung getragen wird. Dies bedingt nicht nur bei Grundlagengeschäften, welche zu einer Änderung des stillen Gesellschaftsvertrags führen, sondern auch bei Geschäften, welche den im Wesentlichen unveränderten Fortbestand des Handelsgewerbes berühren oder nicht zu den üblicherweise in einem solchen Handelsgewerbe getätigten Geschäften gehören (sog. außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen) ein Bedürfnis nach interner Zustimmung des stillen Gesellschafters. Lediglich bei gewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen, welche die Verfolgung des gemeinsamen Zweckes regelmäßig mit sich bringt (Miete von Geschäftsräumen, Wareneinkauf und -verkauf, Einstellung des Personals, Buchführung usw.) ist seine Zustimmung auch im Innenverhältnis entbehrlich, sofern der Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes vorsieht.

109 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 233 HGB Rz. 37. 110 Vgl. auch Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 132. 111 RG v. 2.11.1926 – II 594/25, JW 1927, 368; vgl. auch Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 132. 112 Wedemann in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 74, 79.

304 | Lamprecht

Geschäftsführung | Rz. 12.64 § 12

Die Abgrenzung der gewöhnlichen von den außergewöhnlichen Geschäften bereitet häufig Schwierigkeiten. Eine eindeutige Grenzziehung ist nicht möglich. Die Entscheidung kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles getroffen werden, wobei der Gegenstand des Handelsgewerbes, seine Größe, die Handelsüblichkeit, die kaufmännische Verkehrsauffassung und der Grundsatz von Treu und Glauben zu berücksichtigen sind. Ungewöhnlich sind Geschäfte, die nicht dem Gesellschaftszweck entsprechen oder die Grundlagen des Handelsgewerbes ändern (z.B. Übergang vom Einzelhandel zum Großhandel oder von der Fabrikation zum Handel und umgekehrt), welche das Geschäftsvermögen so beanspruchen, dass die Erreichung des Gesellschaftszwecks gefährdet wird (z.B. Beeinträchtigung der Liquidität), oder welche sich nicht mehr in den Grenzen dessen halten, was bei Unternehmen gleicher Art und gleicher Kapitalverhältnisse handelsüblich ist (z.B. landesweite Werbekampagne für ein bislang regional tätiges Unternehmen)113.

12.62

b) Modalitäten und Wirkungen der Zustimmung Will der Inhaber außergewöhnliche Geschäfte auch für Rechnung des stillen Gesellschafters abschließen bzw. wesentliche Änderungen im Handelsgewerbe auch mit Wirkung für und gegen den stillen Gesellschafter vornehmen, so muss er im Innenverhältnis dessen Einwilligung oder Genehmigung einholen. Ob der stille Gesellschafter einwilligen oder genehmigen will, hängt von seiner grundsätzlich freien Entschließung ab. Er braucht diese Geschäfte nicht gegen sich gelten zu lassen, kann sie aber auch genehmigen, so dass sie für und gegen ihn wirken. Er muss jedoch, sobald er von einem solchen Geschäft Kenntnis erlangt, seine Entscheidung unverzüglich treffen. Das gebietet der Grundsatz von Treu und Glauben. Er darf also nicht abwarten, wie sich das Geschäft entwickelt, ob es Gewinn oder Verlust bringen wird, um es im ersten Falle zu genehmigen und seinen Anteil an dem erzielten Gewinn zu verlangen und es im letzteren Falle als für ihn unverbindlich zurückzuweisen. Ist ihm der Abschluss eines Geschäfts, das gegen den Gesellschaftszweck verstößt oder über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgeht, bekannt geworden und erhebt er dagegen keinen Widerspruch, so ist darin unter Umständen eine stillschweigende Genehmigung zu sehen114. Hatte er das Geschäft schon vorher abgelehnt, ist eine spätere Genehmigung ausgeschlossen. Ausnahmsweise kann der stille Gesellschafter kraft seiner Treuepflicht zur Zustimmungserteilung verpflichtet sein (Rz. 12.41).

12.63

c) Missachtung des Zustimmungserfordernisses Außergewöhnliche Geschäfte, welchen der stille Gesellschafter nicht zugestimmt hat, entfalten ihm gegenüber keine Wirkungen, so dass er an den durch sie verursachten Gewinnen und Verlusten nicht teilnimmt115. Der stille Gesellschafter kann zudem, wenn der Inhaber schuldhaft dem Gesellschaftsvertrag zuwiderhandelt oder gegen 113 RG v. 8.3.1918 – II 409/17, RGZ 92, 292 (293). 114 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 179; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 208. 115 RG v. 8.3.1918 – II 409/17, RGZ 92, 292 (294).

Lamprecht | 305

12.64

§ 12 Rz. 12.64 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

den Gesellschaftszweck verstößt, Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung verlangen. Er kann schließlich den Gesellschaftsvertrag aus wichtigem Grunde kündigen und die Gesellschaft vorzeitig zur Auflösung bringen. Auch hier bleibt ihm die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vorbehalten. 5. Haftung des stillen Gesellschafters für die im Handelsgewerbe begründeten Verbindlichkeiten

12.65 Da die stille Gesellschaft keine Außengesellschaft ist, sind die §§ 709 bis 712 BGB nicht anwendbar. Der stille Gesellschafter wird aus den Rechtsgeschäften, die vom Inhaber des Handelsgeschäfts abgeschlossen werden, weder berechtigt noch verpflichtet. Das wäre nur der Fall, wenn die Geschäfte auch in seinem Namen abgeschlossen worden wären. Im Verhältnis zu den Gläubigern des Inhabers entspricht die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters – abgesehen von dem Sonderfall der Insolvenz (dazu Rz. 16.1 ff.) – der eines Darlehensgebers. Daher darf § 171 Abs. 2 HGB selbst dann nicht zulasten eines stillen Gesellschafters analog herangezogen werden, wenn dieser kraft Gesellschaftsvertrags atypisch dieselben Rechte und Pflichten wie ein Kommanditist erhalten soll (sog. „Innen-KG“)116. Nach außen tritt nämlich auch dann nur der Geschäftsinhaber in Erscheinung. Auf die Eintragung der Haftsumme des stillen Gesellschafters wird im Gegensatz zur Eintragung der Haftsumme des Kommanditisten bewusst verzichtet. 12.66 Der stille Gesellschafter kann den Gläubigern des Geschäftsinhabers allerdings aus anderen Gründen haften, wenn er sich ihnen gegenüber verbürgt, eine Schuldmitübernahme vereinbart oder einen Garantievertrag abgeschlossen hat117. Darüber hinaus kann sich eine Haftung aus Rechtsschein ergeben, wenn der stille Gesellschafter wie der Geschäftsinhaber oder Gesellschafter einer OHG aufgetreten ist118. Hingegen wird seine Haftung nicht schon dadurch begründet, dass das stille Gesellschaftsverhältnis nach außen bekannt gegeben wurde (siehe auch Rz. 10.41)119. 12.67 Eine unmittelbare Haftung des stillen Gesellschafters kommt auch nicht aufgrund einer atypischen Ausgestaltung der Geschäftsführungsverhältnisse in Betracht. Auch der Umstand, dass der Geschäftsinhaber wirtschaftlich lediglich ein Strohmann des stillen Gesellschafters ist, genügt nicht für dessen Außenhaftung120. Sie ist andererseits aber auch nicht auf die Fälle der eigenen vertraglichen Mitverpflichtung oder 116 BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, NZG 2010, 823 (823) = GmbHR 2010, 814; OLG Schleswig v. 30.10.2008 – 5 U 66/08, NZG 2009, 256; zustimmend Blaurock, NZG 2010, 974 (975); Berninger, DStR 2010, 2359; K. Schmidt, NZG 2009, 361 (362); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 13. 117 BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, NZG 2010, 823 (823) = GmbHR 2010, 814; Blaurock, NZG 2010, 974 (975); Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, 5. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 119. 118 BGH v. 6.11.1963 – IV ZR 32/63, BB 1964, 327; vgl. auch Harbarth in Großkomm/ HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 268; Berninger, DStR 2010, 2359 (2362). 119 BFH v. 5.2.2002 – VIII R 31/01, NZG 2002, 741 (743); Berninger, DStR 2010; 2359 (2362). 120 BGH v. 6.11.1963 – IV ZR 32/63, BB 1964, 327.

306 | Lamprecht

Geschäftsführung | Rz. 12.68 § 12

des Rechtsscheins zu beschränken. Vielmehr ist sie auch dann zu bejahen, wenn der stille Gesellschafter das Gesellschaftsverhältnis bewusst dazu missbraucht, sich auf Kosten redlicher Dritter in sittenwidriger Weise Vorteile zu verschaffen121.

IV. Zusammenfassung Aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben sich für die Beteiligten zahlreiche auf die gemeinsame Zweckverfolgung und damit die Geschäftsführung bezogene Rechte und Pflichten. So ist der Geschäftsinhaber begriffsnotwendig zum im Wesentlichen unveränderten Betrieb des Handelsgewerbes im eigenen Namen (Rz. 12.2 ff.) sowie zumeist zu weiteren Geschäftsführungsmaßnahmen in „seinem“ Handelsgewerbe (Rz. 12.18 f.) verpflichtet. Da er als Inhaber des Handelsgewerbes im eigenen Namen auftritt und das dem Handelsgewerbe dienende Betriebsvermögen rechtlich ihm allein zugeordnet ist, ist seine Rechtsstellung im Außenverhältnis die gleiche, wie wenn die stille Gesellschaft nicht bestünde. Im Innenverhältnis ergeben sich jedoch daraus, dass der Geschäftsbetrieb auf gemeinschaftliche Rechnung geht, Beschränkungen und Bindungen mannigfacher Art. Der Inhaber hat das Geschäft so zu führen, dass der gemeinsame Zweck erreicht wird. Er ist verpflichtet, die wesentlichen Grundlagen des Handelsgewerbes, wie sie im Zeitpunkt der Begründung des Gesellschaftsverhältnisses bestanden, zu erhalten, das Handelsgeschäft weder zu veräußern noch einzustellen noch seine Rechtsform ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters zu verändern (Rz. 12.7 ff.). Außergewöhnliche Maßnahmen und Geschäfte, die außerhalb des Handelsgewerbes liegen, braucht dieser nicht gegen sich gelten zu lassen; er nimmt an den daraus resultierenden Gewinnen und Verlusten nicht teil, es sei denn, dass er diese Geschäfte genehmigt hat (Rz. 12.61 ff.). Weitere Verpflichtungen und Beschränkungen ergeben sich für den Inhaber aus seiner Treuepflicht hinsichtlich der Verwendung der Vermögenseinlage, hinsichtlich der Privatentnahmen und in Bezug auf die Vornahme von Wettbewerbsgeschäften (Rz. 12.30 ff.). Verstöße verpflichten den Inhaber zum Schadensersatz, wobei seine Haftung nur eine solche für Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten ist, und berechtigen den stillen Gesellschafter unter Umständen zu vorzeitiger Kündigung des Gesellschaftsvertrags. Im Außenverhältnis haben diese Beschränkungen jedoch keine Bedeutung. Für den stillen Gesellschafter besteht wegen seiner in der Regel nur kapitalmäßigen Beteiligung und wegen seines nur geringen Einflusses auf die Geschäftsführung kein allgemeines Wettbewerbsverbot. Aber auch er hat nach Treu und Glauben alles zu unterlassen, was der Verwirklichung des gemeinsamen Zweckes abträglich sein könnte. Zur Wahrung seiner Interessen gibt ihm § 233 HGB gewisse – wenn auch nur schwa121 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 239; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, 5. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 119; im Ergebnis ähnlich Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 267, der für eine unmittelbare Haftung des stillen Gesellschafters verlangt, dass dieser den Tatbestand einer unerlaubten Handlung (§ 826 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB) erfüllt.

Lamprecht | 307

12.68

§ 12 Rz. 12.68 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

che – Kontrollrechte, die durch den Gesellschaftsvertrag erweitert, aber auch beschränkt werden können (Rz. 12.44 ff.). Den stillen Gesellschafter trifft nur eine Haftung für die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten. Da das Verhältnis der Gesellschafter untereinander durch nachgiebige Bestimmungen geregelt ist, bleibt ihnen ein weiter Spielraum, ihre beiderseitigen Rechte und Pflichten vertraglich so festzulegen, wie es ihren Zielen im einzelnen Falle am besten entspricht. Derartige Vereinbarungen können auch das Recht und die Pflicht des stillen Gesellschafters zur Geschäftsführung bedingen (Rz. 12.36 ff.). Eine persönliche Außenhaftung des stillen Gesellschafters für die von dem Geschäftsinhaber in seinem Handelsgewerbe begründeten Verbindlichkeiten kommt allerdings auch in solchen Konstellationen nur bei einem Missbrauch in Betracht (Rz. 12.65 ff.).

308 | Lamprecht

§ 13 Buchführung und Jahresabschluss Schrifttum: Adler, Hans/Düring, Walther/Schmaltz, Kurt, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995 ff.; Bächer, Christian, Bilanzierung von Mezzanine-Kapital nach HGB, IFRS und US-GAAP, 2009; Baetge, Jörg/Winkeljohann, Norbert/Haenelt, Timo, Die Bilanzierung des gesellschaftsrechtlichen Eigenkapitals von Nicht-Kapitalgesellschaften nach der novellierten Kapitalabgrenzung des IAS 32 (rev. 2008), DB 2008, 1518; Berninghaus, Jochen, Feststellung des Jahresabschlusses in der stillen Gesellschaft? – Zugleich ein Beitrag zur Bilanzfeststellung im Personengesellschaftsrecht, in Festschrift für Volker Röhricht zum 65. Geburtstag, 2005, S. 747; Birke, Alfons, Die Behandlung von Barabfindungen an ausscheidende Gesellschafter (§§ 738 ff. BGB) im Jahresabschluss der Personengesellschaft nach Handels- und Steuerrecht, Pfaffenweiler 1990; Bösl, Konrad/Sommer, Michael (Hrsg.), Mezzanine Finanzierung, 2006; Felix, Günther, Zur Angabepflicht stiller Beteiligungen im Anhang des Jahresabschlusses, BB 1987, 1495; Glade, Anton, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, 2. Aufl. 1995; Groh, Manfred, Eigenkapitalersatz in der Bilanz, BB 1993, 1882; Groh, Manfred, Das negative Kapitalkonto des stillen Gesellschafters, in Ertragsbesteuerung, Festschrift für Ludwig Schmidt, 1993, S. 439; Groh, Manfred, Ausscheiden eines Gesellschafters in der Bilanz der Personengesellschaft, BB 1994, 540; Groh, Manfred, Nutzungseinlage, Nutzungsentnahme und Nutzungsausschüttung, DB 1988, 514; Groh, Manfred, Die Bilanz der Unterbeteiligungsgesellschaft, in Festschrift für Hans-Joachim Priester zum 70. Geburtstag, 2007, S. 107; Heinen, Edmund, Handelsbilanzen, 12. Aufl. 1986; Heinz, Peter, Die GmbH und die atypisch stille Gesellschaft – Handels- und steuerrechtliche Fragen, in Steuerrecht Gesellschaftsrecht Berufsrecht, Festschrift für Berufsakademie Villingen, 1995, S. 54; Hense, Heinz H., Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 1990; Hennrichs, Joachim/Schlotter, Carsten, Körperschaftsteuerliche Behandlung von Genussrechten, DB 2016, 2072; Herrmann, Horst, Zur Bilanzierung bei Personenhandelsgesellschaften – Die Überarbeitung der HFAStellungnahme 1/1976; WPg 1994, 500; Herrmann, Horst, Auswirkungen von Veränderungen im Gesellschafterbestand in der Bilanz der Personenhandelsgesellschaft, in Personengesellschaft und Bilanzierung, IDW, Düsseldorf 1990, S. 167; Heuser, Paul/Theile, Carsten (Hrsg.), IFRS-Handbuch – Einzel- und Konzernabschluss, 5. Aufl. 2012; Jacob, Harald, Eigenkapital deutscher Personengesellschaften nach IFRS/IAS, 2010; Kaldenbach, Peter, Bilanzierung stiller Beteiligungen bei negativem Kapitalkonto im Konzernabschluss, BB 1997, 1089; KnobbeKeuk, Brigitte, Stille Beteiligung und Verbindlichkeiten mit Rangrücktrittsvereinbarungen im Überschuldungsstatus und in der Handelsbilanz des Geschäftsinhabers, ZIP 1983, 127; Knobbe-Keuk, Brigitte, Die gesetzliche Regelung des negativen Kapitalkontos des Kommanditisten – eine Missgeburt, NJW 1980, 2557; Kormann, Berthold, Das negative Kapitalkonto, BB 1974, 893; Korn, Christian, Der stille Gesellschafter in Handels- und Steuerbilanz, SteuK 2011, 428; Krämer, Joachim, E-Bilanz bei atypisch stiller Unterbeteiligung, GmbH-StB 2018, 15; Kuhn, Steffen/Scharpf, Paul (Hrsg.), Rechnungslegung von Financial Instruments nach IFRS, 3. Aufl. 2006; Küting, Karlheinz/Dürr, Ulrike, Mezzanine-Kapital – Finanzierungsentscheidung im Sog der Rechnungslegung, DB 2005, 1529; Küting, Karlheinz/Pfitzer, Norbert/Weber, ClausPeter, Handbuch der Rechnungslegung, Loseblattwerk, Bd. 1a; Küting, Karlheinz/Kessler, Harald, Eigenkapitalähnliche Mittel in der Handelsbilanz und im Überschuldungsstatus, BB 1994, 2103; Küting, Karlheinz/Kessler, Harald/Harth, Hans-Jörg, Genussrechtskapital in der Bilanzierungspraxis, BB 1996, Beilage 4; Langholz, Hans-Georg/Vahle, Peter, Handels- und steuerrechtliche Behandlung des Abfindungsguthabens des ausscheidenden atypisch stillen Gesellschafters für einen Geschäfts- oder Firmenwert, DStR 2000, 763; Lüdenbach, Norbert/ Hoffmann, Wolf-Dieter, Kein Eigenkapital in der IAS/IFRS-Bilanz von Personengesellschaften

Kauffeld | 309

§ 13 Rz. 13.1 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht und Genossenschaften?, BB 2004, 1042; Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter, IFRSRechnungslegung für Personengesellschaften als Theater des Absurden, DB 2005, 404; Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter, Die Neuregelung des IASB zum Eigenkapital bei Personengesellschaften, DB 2006, 1797; Memento Bilanzrecht für die Praxis 2009 Handelsrecht, Steuerrecht und IFRS, 3. Aufl. 2009; Meurer, Ingetraut, Eigenkapital und Fremdkapital in der stillen Gesellschaft am Beispiel von Kreditinstituten, RdF 2018, 72; Mock, Sebastian, Stille im MoMiG zur stillen Gesellschaft? Das neue (Eigen)Kapitalersatzrecht und seine Auswirkungen auf das Recht der stillen Gesellschaft, DStR 2008, 1645; Müller, Welf, Wohin entwickelt sich der bilanzrechtliche Eigenkapitalbegriff?, in Rechnungslegung im Wandel, Festschrift für Wolfgang Dieter Budde, 1995, S. 445; Riepolt, Johannes, E-Bilanz der atypisch stillen Gesellschaft, StuB 2018, 132; Schaber, Mathias/Kuhn, Steffen/Eichhorn, Sonja, Eigenkapitalcharakter von Genussrechten in der Rechnungslegung nach HGB und IFRS, BB 2004, 315; Scheffler, Eberhard, Eigenkapital im Jahres- und Konzernabschluss nach IFRS, 2006; Schild, Marc/Follert, Florian/ Behr, Martin, Die Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital im kapitalmarktorientierten Jahresabschluss, ZGR 2018, 735; Schmidt, Karsten, Quasi-Eigenkapital als haftungsrechtliches und als bilanzielles Problem, in Bilanz- und Konzernrecht – Festschrift für Reinhard Goerdeler, 1987, S. 487; Schmidt, Martin, Eigenkapital nach IAS 32 bei Personengesellschaften: aktueller IASB-Vorschlag und Aktivitäten anderer Standardsetzer, BB 2006, 1563; Schmidt, Martin, IAS 32 (rev. 2008): Ergebnis- statt Prinzipienorientierung, BB 2008, 434; Schulze-Osterloh, Joachim, Die Personengesellschaft als Bilanzierungssubjekt und Bilanzierungsobjekt, in Personengesellschaft und Bilanzierung, IDW, Düsseldorf 1990, S. 129; Schulze zur Wiesche, Dietrich W., Zur Bilanzierung von typischen stillen Beteiligungen, in Rechnungslegung im Wandel, Festschrift für Wolfgang Dieter Budde, 1995, S. 579; Stollenwerk, Arnd, Steuerneutralität bei GmbH & Still – GmbH & Co. KG & Still, GmbH-StB 2001, 48; Thiel, Jochen/Lüdtke-Handjery, Alexander, Bilanzrecht, 6. Aufl. 2010; Thömmes, Otmar, Die Auswirkungen des Eintritts und Ausscheidens von Gesellschaftern in Personenhandelsgesellschaften auf die Handelsbilanz, 1991; Vollmer, Lothar/Maurer, Torsten, Die Eignung von sanierenden stillen Beteiligungen und Sanierungsgutscheinen zur Abwehr der Überschuldung, DB 1994, 1173; von Wolfersdorff, Janine, Steuerbilanzieller Ausweis von Genussrechtskapital: Neues zur Maßgeblichkeit, StuB 2018, 801; Wahl, Adalbert, Die Vermögenseinlage des atypischen stillen Gesellschafters in der Handelsbilanz und im Überschuldungsstatus der GmbH, GmbHR 1975, 169; Wahl, Adalbert, Einkommensteuerliche Gleichwertigkeit von Mitunternehmerschaften mit und ohne Gesamthandsvermögen, in Handelsbilanzen und Steuerbilanzen, Festschrift für Heinrich Beisse, 1997, S. 521; Weitnauer, Wolfgang, Handbuch Venture Capital, 6. Aufl. 2019; Werner, Horst, Stilles Gesellschaftskapital und Genussrechtskapital als stimmrechtsloser Eigenkapitalersatz, 4. Aufl. 2004; Werner, Horst, Mit Mezzanine-Finanzierung die Eigenkapitalquote erhöhen, 2. Aufl. 2007; Westerfelhaus, Herwarth, Die stille Gesellschaft im Bilanzrecht, DB 1988, 1173; Zwirner, Christian/Heyd, Steffen/Zieglmaier, Hannes, Sonderfragen zum Eigenkapital in der Handels- und Steuerbilanz, StuB Beilage zu Heft 7/2018, 1.

I. Überblick 1. Grundlagen

13.1 Für die Buchführung und den Jahresabschluss relevant ist mangels „eigener“ Rechnungslegung der stillen Gesellschaft (hierzu Rz. 13.12 ff.) die Erfassung der stillen Gesellschaft in der Buchhaltung und im Jahresabschluss des Inhabers des Handelsgewerbes (eingehend hierzu Rz. 13.16 ff. und Rz. 13.93 ff.) und die Behandlung der stillen Gesellschaft in der Rechnungslegung des stillen Gesellschafters (eingehend hierzu 310 | Kauffeld

Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.3 § 13

Rz. 13.79 ff. und Rz. 13.107 ff.). In beiden Fällen stellt sich damit die Frage nach der Behandlung der stillen Gesellschaft im Bilanzrecht. Für die Behandlung der stillen Gesellschaft im Bilanzrecht ist maßgeblich, ob die stille Beteiligung als Eigenkapital oder als Fremdkapital zu qualifizieren ist. Hierfür fehlen handelsrechtlich spezielle gesetzliche Regelungen1, weswegen eine Abgrenzung leider nicht mit der wünschenswerten Klarheit möglich ist. Daher handelt es sich bei der bilanzrechtlichen Qualifikation als eigenkapitalähnliche stille Beteiligung oder als Beteiligung mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung neben der Qualifizierung der stillen Einlage nach insolvenzrechtlichen Maßstäben (vgl. Rz. 16.3 ff.) und der steuerrechtlichen Einstufung der stillen Einlage als steuerrechtliches Eigenkapital (vgl. Rz. 20.70 ff.; 22.31) um die dritte für die Rechtspraxis zentrale Fragestellung im Recht der stillen Gesellschaft.

13.2

Die Bedeutung der Qualifikation stiller Beteiligungen als Eigenkapital oder Fremdkapital beruht darauf, dass der bilanzielle Ausweis einer stillen Beteiligung im Eigenkapital gegenüber dem Ausweis einer stillen Beteiligung als Verbindlichkeit erhebliche Bedeutung für die Rechte und Pflichten der Beteiligten hat. Nachfolgend ist in der Tabelle „Überblick über die Rechtsstellung der Beteiligten“ diese Bedeutung der Qualifikation der stillen Einlage als Eigenkapital/Fremdkapital für die rechtliche Ausgestaltung der stillen Beteiligung exemplarisch aufgezeigt:

13.3

Auswirkung

Einlage mit Eigenkapitalcharakter

Einlage mit Fremdkapitalcharakter

Ausweis Bilanz

Ausweis im Eigenkapital

Nach § 266 Abs. 3 Satz 8 HGB als „sonstige Verbindlichkeit“

Ausweis ausstehender offener Einlagen

Offen vom Gesellschaftskapital abzusetzen (§ 272 Abs. 2 Satz 2 u. 3 HGB); wenn eingefordert: Forderung gegen Gesellschafter

Kein Ausweis

Auswirkung von Gewinnauszahlungen auf die Ermittlung des handelsrechtlichen Jahresüberschusses

Ergebnisneutral, da Gewinnverwendung

GuV-wirksam, da Betriebsausgabe

Ausstehende Einlagen in Insolvenz

Stiller Gesellschafter schuldet rückständige Einlagen für Schulden des Geschäftsinhabers

(-)

1 Hennrichs/Schlotter, DB 2016, 2072 (2074).

Kauffeld | 311

§ 13 Rz. 13.3 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht Auswirkung

Einlage mit Eigenkapitalcharakter

Einlage mit Fremdkapitalcharakter

Aufrechnungsverbot

§ 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG analog im Fall der GmbH & Co. KG & Still für den atypisch stillen Gesellschafter mit Gegenforderungen (z.B. Schadensersatzansprüchen)

(-)

Insolvenzanfechtung

§ 136 Abs. 1 InsO

– § 136 Abs. 1 InsO – § 135 InsO

Behandlung im Überschuldungstatus

Rückzahlungsanspruch des Stillen bleibt unberücksichtigt

Rückzahlungsanspruch des Stillen Verbindlichkeit, es sei denn Nachrang vereinbart

Gläubigerstellung

(-), damit keine Schadensersatzansprüche gegen Organe

(+)

§ 236 HGB

(-)

(+), Anmeldung zur Insolvenztabelle

Bestellung Sicherheiten

(-), nicht möglich, nur Liquidationspräferenz

(+)

Außenhaftung (§§ 128, 171 HGB analog)

(-)

(-)

Verjährung Einlageverpflichtung

Regelverjährung nach § 195 BGB: 3 Jahre (§ 161 Abs. 2, § 159 Abs. 1 HGB (-), BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, GmbHR 2010, 814 [815])

Regelverjährung nach § 195 BGB: 3 Jahre

2. Abgrenzung zur internen Rechnungslegung

13.4 Von der Frage nach einem Jahresabschluss der stillen Gesellschaft zu trennen ist die Berechnung des Gewinns und Verlustes des stillen Gesellschafters. Hierzu bedarf es in der Regel einer internen Rechnungslegung, die aber nicht eine Bilanz i.S. des Handelsrechts ist2. Sie ist regelmäßig von dem Inhaber durchzuführen, um den Gewinnund Verlustanteil des stillen Gesellschafters zu errechnen. Zwar greift sie in der Regel auf die gleiche Buchhaltung des Inhabers zurück, die Unterscheidung zwischen beiden Formen der Rechnungslegung ist aber schon deswegen geboten, weil das Bilanzrecht zwingendes öffentliches Recht darstellt, während die interne Rechnungslegung zur Disposition der Gesellschafter steht. Im Folgenden wird nur auf die Bilanzierung im 2 I.S. der internen Rechnungslegung der stillen Gesellschaft sind auch die Ausführungen zur „Jahresrechnungslegung bei typischer stiller Beteiligung“ bei K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 232 HGB Rz. 11–21 zu verstehen.

312 | Kauffeld

Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.8 § 13

erstgenannten Sinne eingegangen. Die Erörterung der internen Rechnungslegung erfolgte bereits in § 8 (Gewinn- und Verlustbeteiligung, vgl. Rz. 8.46 ff.). 3. Behandlung im Überschuldungsstatus Neben der Abgrenzung von der internen Rechnungslegung ist die Behandlung der stillen Gesellschaft im Bilanzrecht von der Behandlung der stillen Gesellschaft im Überschuldungsstatus zu unterscheiden. Ob der Inhaber rechnerisch überschuldet ist, wird an Hand einer gesonderten Überschuldungsbilanz (Überschuldungsstatus) festgestellt, die nicht der Handelsbilanz entspricht3. Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit die stille Beteiligung in den Überschuldungsstatus Eingang findet. Die Erörterung der Behandlung der stillen Gesellschaft im Überschuldungsstatus bleibt § 16 (Die stille Gesellschaft in der Insolvenz) vorbehalten (vgl. Rz. 16.15 ff.).

13.5

4. Die steuerliche Gesamtbilanz Schließlich ist die Behandlung der stillen Gesellschaft im Bilanzrecht auch noch von der Behandlung der stillen Gesellschaft nach steuerrechtlichen Grundsätzen zu unterscheiden. Ob sich aus den steuerlichen Regelungen die Verpflichtung einer originären Buchführungs- und Bilanzierungspflicht der atypisch stillen Gesellschaft herleiten lässt, wird nicht einheitlich gesehen4 (vgl. Rz. 22.25 ff.). Der BFH hat zuletzt ausdrücklich offengelassen, ob es aufgrund der Steuerrechtssubjektivität der atypisch stillen Gesellschaft einer Gewinnermittlung im Wege einer „eigenen“ Steuerbilanz bedarf5.

13.6

Seit der Bundesfinanzhof die mitunternehmerische atypisch stille Gesellschaft als „Subjekt der Gewinnerzielung“ anerkennt6, wird von einer steuerrechtlichen Buchführungs- und Bilanzierungspflicht zwar nicht „der“ stillen Gesellschaft, aber doch „für die“ (atypische) stille Gesellschaft auszugehen sein. Ermittelt der Geschäftsinhaber den Gewinn im Wege der Bilanzierung (wie in der GmbH & atypisch Still), ist zur Gewinnermittlung eine steuerliche Gesamtbilanz der atypisch stillen Gesellschaft aufzustellen. Diese Gesamtbilanz besteht aus der Handels- und Steuerbilanz des Geschäftsinhabers und aus einer Sonderbilanz des stillen Gesellschafters; hieraus ist der steuerliche Gesamtgewinn abzuleiten7.

13.7

Keine Gewinnermittlung im Wege einer Gesamtbilanz, sondern eine additive Gesamtgewinnermittlung der Ergebnisse der Steuerbilanz und der Ergebnisse aus Ergänzungs- und Sonderbilanzen des atypisch Stillen verlangte zunächst die Finanzverwaltung. Gesamtbilanz der Rechtsprechung und additive Gewinnermittlung der Finanzverwaltung führen jedoch zu denselben Ergebnissen (Rz. 22.29 f.).

13.8

BGH v. 18.12.2000 – II ZR 191/99, GmbHR 2001, 197 (198). K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 188. BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328. BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = GmbHR 1997, 563 = DB 1997, 1060; BFH v. 5.2.2002 – VIII R 31/01, BFHE 198, 101 = BStBl. II 2002, 464 = FR 2002, 770; BFH v. 5.7.2002 – IV B 42/02, BFH/NV 2002, 1447; BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328. 7 BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328.

3 4 5 6

Kauffeld | 313

§ 13 Rz. 13.8 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Zur Erörterung der steuerrechtlichen Gesamtbilanz bei atypisch stiller Gesellschaft und den notwendigen Ergänzungen vgl. Rz. 22.26 f.

13.9 Aufgrund des BMF-Schreibens vom 24.11.2017 zur Übermittlungspflicht einer E-Bilanz in Fällen atypisch stiller Gesellschaften gemäß § 5b EStG kann nunmehr aus Sicht der Finanzverwaltung nicht mehr in Frage stehen, dass aufgrund der Verpflichtung zur Einreichung einer E-Bilanz nach § 5b EStG eine originäre steuerliche Buchführungs- und Bilanzierungspflicht der atypisch stillen Gesellschaft besteht8. Das BMF-Schreiben ist für Jahresabschlüsse, deren Wirtschaftsjahr ab dem 1.1.2018 begonnen haben, anzuwenden. 13.10 In seinem Schreiben vom 24.11.2017 stellt das BMF klar, dass für die Dauer des Bestehens einer atypisch stillen Gesellschaft das Unternehmen ganz oder teilweise der atypisch stillen Gesellschaft zugeordnet wird. Somit ist steuerrechtlich für die „Kapitalgesellschaft & atypisch Still“ analog einer Mitunternehmerschaft eine E-Bilanz mit allen relevanten Berichtsbestandteilen und Angaben (z.B. KKE, Angaben zu den Gesellschaftern) zu übermitteln. 13.11 Wird das gesamte Unternehmen der stillen Gesellschaft zugeordnet, besteht für den Inhaber des Handelsgewerbes keine Pflicht zur Abgabe einer E-Bilanz9, sondern diese ist allein zur Erklärung der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung der atypischen stillen Gesellschaft abzugeben. Gemäß BMF-Schreiben bleibt die bestehende Verpflichtung zur Übermittlung einer E-Bilanz zu der Steuererklärung des Inhabers des Handelsgewerbes für einen Gewerbebetrieb, den der Inhaber des Handelsgewerbes ertragsteuerlich neben dem der atypisch stillen Gesellschaft zuzuordnenden Betrieb unterhält, unberührt. Dieses ist immer dann der Fall, wenn es sich lediglich um eine partielle atypisch stille Beteiligung handelt, aber auch, wenn es sich z.B. um einen Gewerbebetrieb kraft Rechtsform nach § 8 Abs. 2 KStG (Fälle der GmbH & atypisch Still) oder um Personengesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 3 EStG handelt10. In diesen Fällen ist zusätzlich zur E-Bilanz der Mitunternehmerschaft vom Geschäftsinhaber auch eine E-Bilanz für den Geschäftsinhaber zu übermitteln. Die E-Bilanz des Geschäftsinhabers beinhaltet dann in der Regel ausschließlich die spiegelbildlich gebuchte Beteiligung an der Mitunternehmerschaft, das Eigenkapital des Geschäftsinhabers und die Körperschaftsteuerrückstellung.11

8 BMF v. 24.11.2017 – IV C 6 - S 2133-b/17/10004; Dok 2017/0914052, GmbHR 2018, 112 = DStR 2017, 2666; zur Buchführungs- und Bilanzierungspflicht Riepolt, SteuerStud 2016, 549 (549 ff.). 9 Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass es sich bei der E-Bilanz um eine „Steuerbilanz“ handelt, die neben der gebuchten Steuerbilanz auch eine Gewinn- und Verlustrechnung umfasst. Technisch ist es allerdings auch möglich, eine gebuchte Handelsbilanz durch eine interne Überleitungsrechnung in eine Bilanz mit steuerrechtlich zutreffenden Wertansätzen überzuleiten und diese als „Steuerbilanz“ zu übermitteln. Wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, ist auch eine Gewinn- und Verlustrechnung mit steuerlichen Werten zu erstellen und zu übermitteln. 10 Riepolt, StuB 2018, 132 (133). 11 Vgl. hierzu Riepolt, StuB 2018, 132 (132 ff.).

314 | Kauffeld

Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.15 § 13

II. Keine handelsrechtliche Rechnungslegungspflicht der stillen Gesellschaft Die stille Gesellschaft ist definitionsgemäß eine reine Innengesellschaft und kann demzufolge weder eigenes Vermögen bilden, das sie bilanzieren könnte, noch Adressat einer Bilanzierungspflicht sein. Daher ist die stille Gesellschaft nach Handelsrecht weder buchführungs- noch bilanzierungspflichtig. Dies ist jedenfalls für die typische stille Gesellschaft unstrittig.

13.12

Umstritten ist, ob die atypische stille Gesellschaft handelsrechtlich buchführungsund bilanzierungspflichtig ist. Eine Ansicht in der Literatur geht davon aus, dass bei der atypischen stillen Gesellschaft, jedenfalls in der Form der „Innen-KG“, eine Pflicht zur Buchführung und Bilanzerstellung besteht. Begründet wird dies damit, dass sich eine geordnete Abrechnung nur erreichen lasse, wenn der stillen Gesellschaft eine eigene Buchführung und damit auch eine eigene Bilanz zugebilligt werden12. Es sei analog § 167 Abs. 1, § 120 Abs. 1 HGB eine „Als-ob-Handelsbilanz“ einer „virtuellen Kommanditgesellschaft“ aufzustellen13. Bestätigt sieht sich diese Meinung auch durch die Rechtsprechung des BFH, der die atypisch stille Gesellschaft als „Subjekt der Gewinnerzielung und -ermittlung“ ansieht, die eine eigene Steuerbilanz aufzustellen hat14 und kann sich hierzu nunmehr nach dem BMF-Schreiben zur steuerlichen Pflicht der atypisch stillen Gesellschaft zur Erstellung und Einreichung einer E-(Steuer-)Bilanz vom 24.11.2017 auch auf die Finanzverwaltung berufen (hierzu Rz. 13.9 ff.).

13.13

Richtigerweise ist auch für die atypische stille Gesellschaft keine Ausnahme von dem Grundsatz angezeigt, dass stille Gesellschaften als reine Innengesellschaften handelsrechtlich nicht buchführungs- oder bilanzierungspflichtig sind15. Eine handelsrechtliche Buchführungspflicht ergibt sich jedenfalls nicht aus dem Gesetz. Weder ist die stille Gesellschaft Kaufmann i.S. des § 238 Abs. 1 HGB, noch verweist § 232 HGB für die Ermittlung des Jahresergebnisses auf § 120 HGB, wie dies bei § 167 Abs. 1 HGB für die Kommanditgesellschaft der Fall ist.

13.14

Die Erstellung einer eigenen Handelsbilanz der atypischen stillen Gesellschaft ist auch gesellschaftsrechtlich nicht zwingend geboten. Zwar ist dies eine Möglichkeit, den zu verteilenden Gewinn zu ermitteln, dieser kann jedoch mittels einer internen Nebenrechnung aus der Bilanz des Inhabers ermittelt werden. Zwingend notwendig dürfte

13.15

12 Groh in FS Priester, S. 107 (108). 13 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 39 f. Etwas missverständlich insofern Berninghaus in FS Röhricht, S. 747 ff., der von der Feststellung des Jahresabschlusses der stillen Gesellschaft spricht, darunter aber offensichtlich keinen Jahresabschluss i.S. der §§ 242 ff. und 262 ff. HGB, sondern eine interne Rechnungslegung versteht, siehe Berninghaus in FS Röhricht, S. 751 f. 14 BFH v. 2.2.1999 – II B 112/97, BFH/NV 1999, 912; BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = DB 1997, 1060. Auf die Frage, inwieweit eine Steuerbilanz der stillen Gesellschaft anzuerkennen ist, wird unter Rz. 22.22 ff. eingegangen. 15 Ebenso Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rz. 426; BFH v. 3.5.2000 – IV B 46/99, BFH/NV 2000, 1014 (unter 2.b); Kraus in Weitnauer, Handbuch Venture Capital, Teil D Rz.108.

Kauffeld | 315

§ 13 Rz. 13.15 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

eine eigene Handelsbilanz der atypischen stillen Gesellschaft nur sein, wenn der Gesellschaftsvertrag die Aufstellung einer solchen als Grundlage für die Gewinnermittlung und Verteilung zwingend vorsieht.

III. Die stille Gesellschaft in der Rechnungslegung des Inhabers nach HGB 1. Buchführungs- und Bilanzierungspflicht des Inhabers

13.16 Als Kaufmann ist der Inhaber grundsätzlich zur Buchführung und zur Aufstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet (§ 238 Abs. 1 Satz 1, § 242 Abs. 1 Satz 1 HGB). An diese handelsrechtliche Bilanzierungspflicht knüpft in § 140 AO auch das Steuerrecht an16. Dabei hat sich der BFH ausdrücklich dagegen ausgesprochen, dass sich die Verpflichtung zur Buchführung und die Aufbewahrungspflichten mit der Liquidation der stillen Gesellschaft auf die stillen Gesellschafter verlagern17. 13.17 Eine größenabhängige Ausnahme von der Koinzidenz zwischen Kaufmannseigenschaft und handelsrechtlicher Bilanzierungspflicht sehen die durch das BilMoG18 eingeführten §§ 241a, 242 Abs. 4 HGB vor. Einzelkaufleute, die an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren nicht mehr als 600 000 Euro Umsatzerlöse und 60 000 Euro Jahresüberschuss aufweisen, sind nicht bilanzierungspflichtig (§ 241a Abs. 1 Satz 1, § 242 Abs. 4 HGB). Im Fall der Neugründung treten die Rechtsfolgen schon ein, wenn die Voraussetzungen des § 241a Abs. 1 Satz 1 HGB am ersten Abschlussstichtag nach der Neugründung nicht überschritten werden (§ 241a Abs. 1 Satz 2 HGB). Kleinere Unternehmen können sich daher auf die deutlich einfachere Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG beschränken. Das Erfordernis der Führung von Bestandskonten, Inventarisierung und Kassenführung entfällt. Um festzustellen, ob die Schwellenwerte eingehalten sind, genügt es, dass nach überschlägiger Ermittlung unter Berücksichtigung der handelsrechtlichen Vorschriften zum Jahresabschluss ein Überschreiten der Schwellenwerte nicht zu erwarten ist. In entsprechender Weise ist fortdauernd zu überwachen, ob die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen19. Die Erleichterungen gelten nicht für Personenhandelsgesellschaften und Genossenschaften. 13.18 Die Buchführungspflicht bedeutet für den Inhaber insbesondere auch die Aufgabe, alle Geschäftsvorfälle, die sich aus der stillen Beteiligung ergeben, in den Konten seiner Finanzbuchhaltung zu erfassen. Hierzu ist die Bildung eines Einlagekontos für die Darstellung der Beteiligung des stillen Gesellschafters und die eines Privatkontos für die Darstellung seines Gewinnanteils erforderlich. Das Einlagekonto wird zweckmäßi-

16 Zur Ausnahme bei der atypischen stillen Gesellschaft bzgl. der Verpflichtung zur Einreichung einer E-Bilanz vgl. Rz. 13.6. Zur Steuerbilanz der atypischen stillen Gesellschaft vgl. Rz. 22.22 ff. 17 BFH v. 4.10.1991 – VII B 93/90, BStBl. II 1992, 59. 18 BGBl. I 2009, 1102. 19 Vgl. Begründung zum RegE, BR-Drucks. 344/08, S. 100.

316 | Kauffeld

Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.21 § 13

gerweise in die Unterkonten „Pflichteinlage“, „Verlustvortrag“ und ggf. „Entnahmen“ untergliedert. Hat der stille Gesellschafter seine Einlage noch nicht vollständig erbracht, ist unter Umständen zur Darstellung dieses Sachverhaltes außerdem ein Konto für eingefordertes, noch nicht eingezahltes Kapital zu schaffen. Die Salden dieser Konten sind in die Bilanz zu übernehmen. Bei der Auf- und Feststellung sowie der Unterzeichnung der Bilanz wirkt der stille Gesellschafter nach der gesetzlichen Regelung nicht mit. Für die Unterzeichnung nach § 245 HGB lässt sich auch vertraglich nichts anderes vereinbaren, da diese Vorschrift öffentlich-rechtlicher Natur ist und deswegen nicht zur Disposition der Gesellschafter steht. Hinsichtlich der Auf- und Feststellung sind abweichende vertragliche Vereinbarungen zulässig, aber nicht ratsam. Ist die Inhaberin ihrerseits eine Gesellschaft, stellt die Einräumung eines Mitwirkungsrechts des stillen Gesellschafters an der Bilanzfeststellung ein Grundlagengeschäft dar. Ein solches Mitwirkungsrecht kann deswegen nur von allen Mitgliedern der Gesellschaft gewährt werden. Der Geschäftsführer allein ist hierzu nicht befugt.

13.19

Bei der Gründung einer stillen Gesellschaft ist bilanz- und gesellschaftsrechtlich die Leistung der Einlage durch den stillen Gesellschafter von der Einräumung der stillen Beteiligung durch den Inhaber zu unterscheiden20. Die bilanzrechtliche Diskussion konzentriert sich auf die Passivierung der Beteiligung und damit des Einlageguthabens des stillen Gesellschafters. Sie wird deswegen im Folgenden vor der Aktivierung der Einlageleistung dargestellt.

13.20

Dabei ist zuerst Stellung zu nehmen, ob die mannigfaltigen zivilrechtlichen Ausgestaltungsformen der stillen Gesellschaft dazu zwingen, hinsichtlich der Bilanzierung stille Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter von eigenkapitalähnlichen stillen Beteiligungen zu unterscheiden, und wenn ja, nach welchen Kriterien die Abgrenzung zu erfolgen hat. Erst dann kann auf den konkreten Ausweis der Beteiligung in der Bilanz eingegangen werden. Hinsichtlich der Bewertung steht schließlich die Frage nach der Möglichkeit negativer Einlagekonten des stillen Gesellschafters im Vordergrund. Auf der Aktivseite der Bilanz des Inhabers ist insbesondere auf die Bewertung der Einlageleistung und ihr Verhältnis zur Höhe der Beteiligung einzugehen. 2. Passivierung der stillen Beteiligung Durch die Gründung der stillen Gesellschaft wird der stille Gesellschafter an dem Handelsgewerbe des Inhabers beteiligt. Aus der Definition der stillen Gesellschaft als Innengesellschaft folgt, dass dieser Beteiligung kein dinglicher Anteil an dem Geschäftsvermögen des Inhabers entspricht. Die Beteiligung erschöpft sich vielmehr in obligatorischen Ansprüchen des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber, nämlich insbesondere in dem Auseinandersetzungsanspruch, der mit der Gründung der stillen Gesellschaft entsteht und nach Auflösung der stillen Gesellschaft von dem Inhaber zu erfüllen ist, § 235 Abs. 1 HGB. Dieser Anspruch entspricht auch schon vor Auflösung der Gesellschaft den Anforderungen an eine passivierungsfähige Schuld des Inha-

20 Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 92 f.

Kauffeld | 317

13.21

§ 13 Rz. 13.21 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

bers und stellt damit die Grundlage für die Bilanzierung der stillen Beteiligung dar21. Deren Bilanzierung richtet sich folglich nach Höhe und Ausgestaltung dieses Anspruchs.

13.22 Das Konto, das diese Beteiligung in der Finanzbuchhaltung dokumentiert, wird als „Einlagekonto“ bezeichnet22. Unter welcher Position dieses Konto in der Bilanz des Inhabers auszuweisen ist, ist umstritten. Ursache hierfür ist, dass nach überwiegender Meinung die stille Beteiligung abweichend von der Regelung der §§ 230 ff. HGB vertraglich so sehr Eigenkapital angenähert sein kann, dass der Ausweis als Schuld des Inhabers nicht mehr dem Gebot der Bilanzklarheit gemäß § 243 Abs. 2 HGB entspricht23. Unter welchen genauen Voraussetzungen bilanziell eine solche eigenkapitalähnliche stille Beteiligung angenommen werden kann, ist allerdings innerhalb dieser h.M. ebenso umstritten wie die Frage, wie sie ggf. dann in der Bilanz des Inhabers darzustellen ist. 13.23 Hingegen wollen Westerfelhaus und Groh alle Formen stiller Beteiligungen einheitlich in der Bilanz erfassen. Groh begründet seine Auffassung damit, dass eine stille Beteiligung nie hinreichend dem bilanziellen Eigenkapital angenähert werden könne, weil die stille Beteiligung immer Innengesellschaft bleibe24. Konsequenterweise will Groh sie deswegen immer als Verbindlichkeit in der Bilanz darstellen. Hingegen erkennt Westerfelhaus an, dass stille Beteiligungen eigenkapitalähnliche Züge annehmen können. Um aber Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen einzelnen Formen zu vermeiden, will er jede stille Gesellschaft in eine neu zu schaffende Bilanzposition „stille Einlagen“ einstellen, die der des Eigenkapitals folgen und noch vor etwaigen Sonderposten mit Rücklagenanteil in der Bilanz stehen solle25. Beide Ansichten haben zu Recht keine Gefolgschaft gefunden. Sie vermeiden zwar Abgrenzungsfragen, werden aber der Informationsfunktion der Bilanz nicht gerecht. Sowohl für die Gläubiger des Unternehmens als auch für dessen Gesellschafter ist nämlich nicht die Eigenschaft der

21 Groh, BB 1993, 1882 (1891); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 144 ff. 22 Die Bezeichnung „Einlagekonto“ darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Konto bilanziell nicht die „Einlage“ des stillen Gesellschafters i.S. des § 230 HGB repräsentiert, sondern dessen wertmäßig nicht unbedingt gleich hohe stille Beteiligung. Im Folgenden wird der allgemein üblichen Terminologie „Einlagekonto“ (vgl. Seffen/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 22; Schubert/Waubke in Beck’scher BilanzKomm., § 266 HGB Rz. 192; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 166; vgl. auch Gaffron in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 84 Rz. 21 zur Terminologie „negativen Einlagekonto“ bei Verlusten) gefolgt und auf die Einführung des Begriffs „Beteiligungskonto“ verzichtet. 23 Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127 (130); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 183 ff.; Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 10; K. Schmidt in FS Goerdeler, S. 487 (491, 498 f.); Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 91 f.; Schubert/Waubke in Beck’scher BilanzKomm., § 266 HGB Rz. 192 und Schubert in Beck’scher BilanzKomm, § 247 HGB Rz. 235 f.; Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rz. 582; Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2111, 2114). 24 Groh, BB 1993, 1882 (1891 f.). 25 Westerfelhaus, DB 1988, 1173 (1178).

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Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.24 § 13

stillen Gesellschaft als Innengesellschaft hinsichtlich ihrer Bilanzierung entscheidend, sondern vielmehr die Teilnahme der stillen Beteiligung an einem Verlust, an einem Liquidationsüberschuss sowie ggf. an einem Insolvenzverfahren des Unternehmens. Gerade darin unterscheiden sich aber stille Beteiligungen, abhängig von ihrer Ausgestaltung wesentlich voneinander. Die bilanzielle Differenzierung zwischen eigenkapitalähnlichen stillen Beteiligungen und solchen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter ist deswegen mit § 25 RechKredV26 auch in das Recht der Rechnungslegung eingegangen. Mit der überwiegenden Meinung ist diese differenzierende Betrachtungsweise auf alle Handelsgewerbe, an denen eine stille Beteiligung besteht, anzuwenden. a) Abgrenzung eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen von stillen Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter Die Abgrenzung eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen von solchen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter hat an den bilanzrechtlichen Begriff des Eigenkapitals anzuknüpfen27. Hierfür fehlen handelsrechtlich spezielle gesetzliche Regelungen28, weswegen eine Abgrenzung nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung leider nicht mit der wünschenswerten Klarheit möglich ist. Die steuerrechtliche Unterscheidung zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft kann nicht übernommen werden, da diese nur auf den Begriff der Mitunternehmerschaft, nicht aber auf den des bilanziellen Eigenkapitals abzielt29. Nicht ohne Weiteres anwendbar sind auch die Kriterien, die nach dem Gesetz bzw. der Rechtsprechung dazu führen, dass stille Beteiligungen in der Krise und der Insolvenz des Unternehmens haftungsrechtlich als „nachrangig“ nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO (bzw. nach Rechtslage vor Umsetzung des MoMiG30 als „Eigenkapitalersatz“) behandelt werden, denn der bilanzrechtliche Eigenkapitalbegriff ist auch insoweit selbständig31.

26 Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute v. 10.2.1992, BGBl. I 1992, 203. 27 Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2114); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 144. 28 Hennrichs/Schlotter, DB 2016, 2072 (2074). 29 Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127 (128); Hennrichs/Schlotter, DB 2016, 2072 (2073, 2075); Wahl, GmbHR 1975, 169 (170–173) und Müller in FS Budde, S. 445 (462), verwenden zwar zur Unterscheidung unterschiedlich zu bilanzierender Formen stiller Gesellschaften das Begriffspaar „typische“ und „atypische“ stille Gesellschaft, allerdings nicht i.S. des Bestehens bzw. Nichtbestehens einer Mitunternehmerschaft. Unklar insoweit Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 579 (580 ff.), der nur die Bilanzierung typischer stiller Gesellschaften behandelt, aber offen lässt, ob er den Begriff der atypischen stillen Gesellschaft im steuerrechtlichen Sinne versteht. 30 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen v. 23.10.2008, BGBl. I 2008, 2026. 31 Vgl. auch Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 23.

Kauffeld | 319

13.24

§ 13 Rz. 13.25 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

13.25 In der Literatur herrscht noch kein Konsens darüber, welche positiven Merkmale eine stille Beteiligung erfüllen muss, um in der Bilanz nicht als Schuld des Inhabers, sondern als eigenkapitalähnlicher Posten zu erscheinen. Die verschiedenen Meinungen hierzu spiegeln dabei die Uneinigkeit über den genauen bilanzrechtlichen Begriff des Eigenkapitals wider32. Weitgehende Übereinstimmung besteht nur insoweit, dass zumindest solchen stillen Beteiligungen, die nicht am Verlust des Handelsgewerbes teilnehmen oder die bei Insolvenz des Inhabers nach § 236 HGB als Insolvenzforderung geltend gemacht werden können, Fremdkapitalcharakter zukommt. Gerade die Teilnahme am Insolvenzverfahren und eine gewinnunabhängige Vergütung zeichnen nämlich Fremdkapital als solches aus33. Verlustbeteiligung und Nachrangigkeit stellen deswegen die Mindestanforderungen an eine eigenkapitalähnliche stille Beteiligung dar. 13.26 Der stille Gesellschafter nimmt in diesem Sinne am Verlust teil, wenn sich sein Auseinandersetzungsanspruch um den Betrag seiner Verlustanteile mindert und er keine festen Ansprüche gegen den Inhaber wegen der Einlageleistung hat. Eine Grundverzinsung eigenkapitalähnlicher Beteiligungen ist folglich ausgeschlossen. Sie würde eine latente Bedrohung der den Gläubigern zur Verfügung stehenden Haftungsmasse bedeuten34. Hingegen ist mit Verlustbeteiligung nicht gemeint, dass der stille Gesellschafter im Innenverhältnis unbeschränkt haftet. 13.27 Nachrangigkeit stellt ein zusätzliches Merkmal eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen dar, weil aus § 236 Abs. 1 HGB folgt, dass auch stille Beteiligungen mit Verlustbeteiligung unter Umständen als Insolvenzforderungen angemeldet werden können. Mit der h.M. spielt es dabei keine Rolle, ob die Nachrangigkeit auf einer besonderen Nachrangabrede oder auf der Anwendung von gesetzlichen Vorschriften (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) bzw. von der Rechtsprechung entwickelten Regeln beruht35. Allerdings wird man ohne besondere Nachrangabrede besondere Vorsicht bei der Klassifizierung der stillen Beteiligung als nachrangig walten lassen müssen.

32 Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 10; Kropff in MünchKomm/BilanzR, § 272 HGB Rz. 287; Küting/Kessler, BB 1994, 2103; Müller in FS Budde, S. 445 (455 ff.); Hennrichs/Schlotter, DB 2016, 2072 (2074 f.). 33 Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2105); Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 90; K. Schmidt in FS Goerdeler, S. 487 (490); Groh, BB 1993, 1882; so auch Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127 (129), auf S. 129 allerdings mit missverständlichem Hinweis auf die gesetzliche Regelung in § 231 HGB (§ 336 HGB a.F.), klarstellend auf S. 130; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 4c, S. 110 (insoweit ebenfalls missverständlich); Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 12; teilweise abweichend Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 105–115. 34 Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2105). 35 HFA 1/94, WPg 1994, 419 (420); Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2105); Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rz. 582; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 91; a.A. Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 15, der im Falle gesetzlich angeordneter Nachrangigkeit von Fremdkapital ausgeht; vgl. auch Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 129 (130 f.): Nachrangabrede erforderlich.

320 | Kauffeld

Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.29 § 13

Teile der Literatur gehen allerdings nicht ausdrücklich auf Nachrangigkeit und Verlustbeteiligung ein, sondern geben stattdessen die schuldrechtliche Gleichstellung des stillen Gesellschafters mit einem Kommanditisten als Kriterium für die Eigenkapitalähnlichkeit seiner stillen Beteiligung an36. Dieses Kriterium sollte aber zur Abgrenzung nicht verwendet werden. Zwar entspricht es in der Regel den genannten Mindestanforderungen, für die genaue Unterscheidung erweist es sich aber als zu eng, weil die Gleichstellung mit einem Kommanditisten bedingt, dass der stille Gesellschafter bei der Auseinandersetzung auch an etwaigen stillen Reserven beteiligt wird. Diese positive Teilhabe am gesamten Geschäftsvermögen ist aber für die maßgeblichen Gläubiger- und Gesellschafterinteressen und damit für die Behandlung der stillen Beteiligung in der Bilanz unerheblich.

13.28

Während Teile des Schrifttums es bei Nachrangigkeit und Verlustbeteiligung als Kriterien belassen37, fordern andere darüber hinaus, dass die Einlage des stillen Gesellschafters längerfristig dem Handelsgewerbe zur Verfügung steht. Sie verweisen zu Recht darauf, dass erst die Längerfristigkeit die Gläubiger des Inhabers davor sichert, dass ihre Haftungsmasse auch in Zukunft nicht durch die Auszahlung der stillen Beteiligung geschmälert wird38. Untereinander besteht dabei allerdings keine Einigkeit, wann dies der Fall ist. Die Anforderungen an die Beteiligung reichen von „unkündbar“39 über „quasi unkündbar“40 bis zu „längerfristig nicht kündbar“41. Nur vereinzelt wurde § 10 Abs. 4 KWG a.F. oder § 53 Abs. 3a VAG a.F. als genauerer Maßstab für die Längerfristigkeit der Beteiligung herangezogen42. Längerfristigkeit bedeutete dann, dass die Einlage mindestens fünf Jahre zur Verfügung steht und der Auseinandersetzungsanspruch frühestens zwei Jahre nach dem Bilanzstichtag fällig werden kann.

13.29

36 Müller in FS Budde, S. 445 (462); Wahl, GmbHR 1975, 169 (172 f.), geht von der Gleichstellung mit einem Kommanditisten aus, lässt aber ausdrücklich offen, inwieweit geringere Anforderungen genügen. 37 Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127 (130); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 250, mit Differenzierungen nach der Rechtsform des Unternehmens; Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 17 f.; K. Schmidt in FS Goerdeler, S. 487 (491), 498 f. 38 Zu Recht weisen Zwirner/Heyd/Ziegelmaier, StuB Beilage zu Heft 7/2018, 1 (4), darauf hin, dass die Angaben zur stillen Beteiligung im Anhang Aufschluss darüber geben müssen, ob die Voraussetzungen zur Bilanzierung von Eigenkapital vorliegen und damit insbesondere die Restlaufzeit sowie frühestmögliche Kündigungs- bzw. Rückzahlungstermine anzugeben sind. Ebenso Kropff in MünchKomm/BilanzR, § 272 HGB Rz. 281. 39 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 91. 40 Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rz. 582. 41 Schubert in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rz. 235. 42 Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2111, 2114); Schimpfky in Bösl/Sommer, Mezzanine Finanzierung, S. 149; Kraus in Weitnauer, Handbuch Venture Capital, Teil D Rz.111; seit der in allen EU-Mitgliedstaaten unmittelbar geltenden CRR-VO (Verordnung (EU) Nr. 575/ 2013) werden die stillen Beteiligungen eine Kapitalklasse herabgestuft und nur noch bis einschließlich 2021 ratierlich abschmelzend als Eigenkapitalinstrument anerkannt (vgl. hierzu Meurer, RdF 2018, 72 (72)).

Kauffeld | 321

§ 13 Rz. 13.30 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

13.30 Ein Teil des Schrifttums spricht statt von einer Längerfristigkeit der Beteiligung von einer Nachhaltigkeit, da der Begriff „Längerfristigkeit“ bereits die Möglichkeit einer Befristung unterstelle43. Nachhaltigkeit ist nach dieser Auffassung jedenfalls dann gegeben, wenn der Einlage des Stillen eine Auszahlungsverpflichtung gegenüberstehe oder wenn ein Auseinandersetzungsguthaben in Abweichung von § 236 HGB erst bei Liquidation des Geschäfts nachrangig gegenüber den Gläubigern auszuzahlen sei. Auch nach dieser Auffassung schließt allerdings das bei der stillen Gesellschaft stets bestehende Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde (§ 234 HGB i.V.m. § 723 BGB) die Nachhaltigkeit nicht aus44. 13.31 Ein anderer Teil des Schrifttums stellt zur Qualifikation der stillen Beteiligung als Eigen- oder Fremdkapital auf die Stellungnahme des Instituts der Wirtschaftsprüfer zu Genussrechtskapital ab45. Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat in seiner Stellungnahme HFA 1/94 zur Bilanzierung von Genussrechten bei Kapitalgesellschaften, die insoweit mit stillen Beteiligungen vergleichbar sind, gefordert, dass Genussrechtskapital langfristig zur Verfügung gestellt worden sein muss, um als eigenkapitalähnliches Kapital bilanziert zu werden. Es hat allerdings zugleich zutreffend auf den abweichenden Regelungszweck des KWG hingewiesen und es deswegen abgelehnt, dessen Maßstäbe für die Langfristigkeit der Kapitalzuführung zu übernehmen. Es hat vielmehr auf die Angabe bestimmter Mindestzeiträume verzichtet und stattdessen nur gefordert, die Restlaufzeit im Anhang anzugeben46. 43 Kropff in MünchKomm/BilanzR, § 272 HGB Rz. 259 ff. (zum Genussrechtskapital), Rz. 287 (zur stillen Gesellschaft). 44 Kropff in MünchKomm/BilanzR, § 272 HGB Rz. 287. 45 Hierzu Zwirner/Heyd/Ziegelmaier, StuB Beilage zu Heft 7/2018, 1 (3); Meurer, RdF 2018, 72 (72), die zutreffend darauf hinweist, dass wegen des rein schuldrechtlichen Charakters von Genussrechten sich die in der Verlautbarung des IDW genannten Merkmale nicht ohne weiteres auf die Bilanzierung von stillen Beteiligungen übertragen lassen, da stille Beteiligungen nach §§ 230 ff. HGB gesellschaftsrechtlich veranlasst sind. 46 HFA 1/94, WPg 1994, 419 (420) Zur Bilanzierungspraxis bei Genussrechten aufschlussreich: Küting/Kessler/Harth, BB 1996, Beilage 4. Die Bilanzierung von Genussrechtskapital, seine Zuordnung zum Eigenkapital und der Umfang der Maßgeblichkeit der handelsbilanziellen Abbildung für die steuerrechtliche Behandlung sind in jüngerer Zeit nach Erlass der mittlerweile wieder aufgehobenen Verfügung zur körperschaftsteuerlichen Behandlung von Genussrechten der OFD Nordrhein-Westfalen v. 12.5.2016 (S 2742 – 2016/0009-St131, DStR 2016, 1816) Gegenstand intensiver Diskussion in der Literatur. Mit Erlass des Finanzministers von NRW v. 18.7.2018 hat die Finanzverwaltung die zuvor zu Recht kritisierte Auffassung zum Ausweis von Genussrechtskapital in der OFD-Verfügung v. 12.5.2016 (richtigerweise kritisch zur OFD-Verfügung etwa Hennrichs/Schlotter, DB 2016, 2072 (2072 ff.); ebenso Meurer, RdF 2018, 72 (72 ff.)) wieder aufgegeben. Danach ist Genussrechtskapital nach den handelsrechtlichen GoB gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG in der Steuerbilanz als Verbindlichkeit anzusetzen und Vergütungen auf dieses Genussrechtskapital sind grundsätzlich als Betriebsausgaben abzugsfähig, soweit nicht § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG greift, also eine Beteiligung am Gewinn sowie am Liquidationserlös vereinbart ist. Damit geht die Finanzverwaltung nunmehr statt von einer Geltung des Maßgeblichkeitsprinzips für handelsbilanzielle (Eigenkapital-)Ausweisgrundsätze von einer Geltung des Maßgeblichkeitsprinzips hinsichtlich allein der materiellen – ergebniswirksamen – GoB aus. Genussrechtskapital bildet daher in der Steuerbilanz stets Fremd-

322 | Kauffeld

Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.35 § 13

Hinsichtlich der Langfristigkeit ist weiterhin zu beachten, dass gemäß § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB i.V.m. § 723 BGB die Kündbarkeit zumindest wegen wichtigen Grundes nicht vertraglich ausgeschlossen werden kann, so dass es „unkündbare“ stille Beteiligungen nicht gibt. Gegen die Bestimmung fester Mindestzeiträume der Unkündbarkeit spricht hingegen, dass dies unter Umständen dazu nötigt, dieselbe stille Beteiligung während ihres Bestehens von eigenkapitalähnlichem zu Fremdkapital umzuqualifizieren. Darüber hinaus können sich die Gläubiger auch bei anderen Eigenkapitalposten nicht darauf verlassen, dass diese dem Unternehmen dauernd erhalten bleiben.

13.32

Angesichts dieser Schwierigkeiten erscheint es vorzugswürdig, zumindest bei stillen Beteiligungen auf unbestimmte Zeit auf die gesetzliche Wertung des § 136 InsO zurückzugreifen. Der Schutz der Gläubiger des Inhabers vor Schmälerung ihrer Haftungsmasse wird danach dadurch gewährleistet, dass eine Rückgewähr der stillen Beteiligung in der Krise des Unternehmens anfechtbar ist. Da bei stillen Beteiligungen auf unbestimmte Zeit zudem die Vermutung besteht, dass eine längerfristige Kapitalzufuhr beabsichtigt ist, sollten sie als eigenkapitalähnlich bilanziert werden, soweit sie auch die Kriterien der Nachrangigkeit und Verlustbeteiligung erfüllen47.

13.33

Letztlich hängt die Frage der bilanziellen Einordnung stiller Beteiligungen als Fremdoder Eigenkapital in der vom Gläubiger- und Kapitalschutz geprägten Rechnungslegung48 von der gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung im Einzelfall ab. Nach den handelsrechtlichen GoB sind die Einlagen stiller Gesellschafter nur dann bilanzielles Eigenkapital, wenn die Merkmale (1) Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung, (2) Nachrangigkeit des Einlagenrückzahlungsanspruchs im Insolvenzfall sowie (3) Verlustteilnahme bis zur Höhe der Einlage kumulativ erfüllt sind49.

13.34

Ist eines dieser Merkmale nicht erfüllt, ist die stille Einlage nicht als Eigenkapital, sondern als Fremdkapital zu erfassen. Bestehen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Zweifel, ob eine stille Beteiligung die genannten Kriterien erfüllt, so ist nach dem Vorsichtsprinzip von einer Beteiligung mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter auszugehen50.

13.35

47 48 49 50

kapital ab, auch wenn in der Handelsbilanz Eigenkapital passiviert wird. Vgl. hierzu v. Wolfersdorff, StuB 2018, 801 (801 ff.); Zwirner/Heyd/Ziegelmaier, StuB Beilage zu Heft 7/ 2018, 1 (4). Auf die Möglichkeit der Minderung der Haftungsmasse im nächsten Geschäftsjahr stellt auch HFA 1/94, WPg 1994, 419 (420) ab, soweit es sich um grundsätzlich als Eigenkapital zu bilanzierende Genussrechte handelt. Hierzu Schild/Follert/Behr, ZGR 2018, 735 (744). So auch Schubert in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rz. 235; vertiefend zur Relevanz der Kapitalabgrenzung Schild/Follert/Behr, ZGR 2018, 735 (739 ff.). Küting in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, § 272 HGB Rz. 29.

Kauffeld | 323

§ 13 Rz. 13.36 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

b) Bilanzierung stiller Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter

13.36 Nach h.M. sind stille Beteiligungen, die die Kriterien der Eigenkapitalähnlichkeit nicht erfüllen, als Verbindlichkeiten des Inhabers auszuweisen51. Der abweichenden Ansicht Glades, selbst stille Beteiligungen, die dem gesetzlichen Regelungsmodell entsprechen, seien in einen Sonderposten zwischen dem Eigenkapital und den Rückstellungen zu bilanzieren52, widerspricht die Erkenntnis, dass gerade solche Beteiligungen qualifizierte Kreditverhältnisse (vgl. § 236 HGB) darstellen und deswegen als solche in der Bilanz erscheinen müssen. Dem wird aber nur der Ausweis als Verbindlichkeit gerecht. Im Interesse der Bilanzklarheit und der Praktikabilität der Bilanzierung ist auch den Meinungen nicht zu folgen, die weitere grundsätzliche Differenzierungen hinsichtlich der Bilanzposition stiller Beteiligung mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter vornehmen wollen53. 13.37 Innerhalb der Verbindlichkeiten erscheinen stille Beteiligungen grundsätzlich unter der Position des § 266 Abs. 3 C. 8. HGB „sonstige Verbindlichkeiten“54. Die Einlagenrückzahlungsverpflichtung des Inhabers gegenüber dem Stillen stellt eine passivierungspflichtige Verbindlichkeit dar, die gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB mit dem Erfüllungsbetrag zu bewerten ist55. Besitzt der stille Gesellschafter aber seinerseits Unternehmenseigenschaft, kommt als speziellere Position insbesondere § 266 Abs. 3 C. 7. HGB „Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht“ in Betracht56. Ist der stille Gesellschafter gleichzeitig ein verbundenes Unternehmen, ist die Einlagenrückzahlungsverpflichtung unter der Position des § 266 Abs. 3 C. 6 HGB „Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen“ zutreffend. In allen drei Fällen ist die Bildung eines Unterbilanzpostens für die Darstellung der stillen Beteiligung gemäß § 265 Abs. 5 Satz 1 HGB zulässig. Nicht anzugeben sind die Namen der stillen Gesellschafter57.

13.38 Besteht das Unternehmen in der Rechtsform der GmbH oder der AG und ist der stille Gesellschafter seinerseits GmbH-Gesellschafter bzw. Aktionär, sind zusätzlich 51 Schubert in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rz. 235, § 266 HGB Rz. 192; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 91; Reinhard in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, § 247 HGB Rz. 97; Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 11; Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 579 (588), jeweils m.w.N.; so auch FG München v. 26.10.2015 – 7 K 122/14, juris, Rz. 23. 52 Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rz. 582. 53 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 62: ggf. Sonderposten zwischen Eigenkapital und Rückstellungen; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 171 ff.: ggf. Ausweis unter den Rückstellungen, ihm folgend Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 102 f. 54 FG München v. 26.10.2015 – 7 K 122/14, juris, Rz. 23, unter Hinweis auf BFH v. 6.3.2003 – XI R 24/02, BStBl. II 2003, 656 = FR 2003, 723. 55 Korn, SteuK 2011, 428 (431). 56 Zur Frage, ob ein Beteiligungsverhältnis besteht, vgl. Rz. 13.81 ff. 57 Bezzenberger in MünchHdb.GesR Bd. 2, 1991, § 18 Rz. 12.

324 | Kauffeld

Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.40 § 13

bei der Bilanzierung die Anforderungen des § 42 Abs. 3 GmbHG zu beachten, der in der Alternative „Verbindlichkeiten“ auch stille Beteiligungen erfasst58. Die Bewertung der stillen Beteiligung in der Bilanz richtet sich nach der Höhe des Auseinandersetzungsanspruchs, wie er nach den vertraglichen Vereinbarungen zum Bilanzstichtag besteht. Bestehen keine besonderen Vereinbarungen, ist zu Beginn der stillen Gesellschaft der Verkehrswert der Einlage des stillen Gesellschafters anzusetzen59. Soll nach dem Gesellschaftsvertrag die Beteiligung absichtlich höher sein als der Wert der Einlage, so ist danach zu unterscheiden, ob der Auseinandersetzungsanspruch erst über die vereinbarte Dauer der stillen Gesellschaft oder sofort in Höhe des Betrages der Beteiligung entstehen soll, was insbesondere bei einer gemischten Schenkung anzunehmen ist. Im ersten Fall ist die Höhe der Beteiligung in der Bilanz ratierlich aufzustocken, im zweiten von Anfang an in voller Höhe auszuweisen60.

13.39

c) Bilanzierung eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen Für die Position, unter denen stille Beteiligungen mit eigenkapitalähnlichem Charakter in der Bilanz auszuweisen sind, werden zwei Posten diskutiert. Entweder soll hierfür ein Untergliederungspunkt in der Passivposition „A. Eigenkapital“ gebildet werden61; oder es wird die Schaffung eines neuen Hauptgliederungspunktes, z.B. mit der Bezeichnung „Nach A.“, für die Darstellung eigenkapitalähnlicher Beteiligungen vorgeschlagen62. Zutreffend wird dabei allerdings darauf hingewiesen, dass es sich hierbei eher um ein Detailproblem handelt, nämlich welche Darstellungsweise funktionsgerechter ist63. Wichtiger als die Position in der Bilanz ist eine aussagekräftige Bezeichnung des entsprechenden gemäß § 265 Abs. 5 HGB zu bildenden Postens. Auch die Stellungnahme HFA 1/94 des Instituts der Wirtschaftsprüfer zur Bilanzierung von Genussrechtskapital hat die genaue Stellung in der Bilanz freigestellt, sich aber zumindest für den Ausweis unter der Position „A. Eigenkapital“ ausgesprochen. Angesichts der divergierenden Meinungen, welchen Inhalt ein neuer Hauptgliederungs-

58 Crezelius in Scholz, § 42 GmbHG Rz. 27. 59 Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 9; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 167; für die Fälle eines Differenzbetrages zwischen Rückzahlungsanspruch und aktivierter Einlageleistung siehe Rz. 13.42. 60 So auch HFA 1/94, WPg 1994, 419 (421) zur Bilanzierung von Genussscheinen. 61 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 91; § 266 HGB Rz. 179; Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2114); Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rz. 582; K. Schmidt in FS Goerdeler, S. 487 (496); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 251–264; Wahl, GmbHR 1975, 169 (173); Vollmer/Maurer, DB 1994, 1173 (1175); Reinhard in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, § 247 HGB Rz. 97; Dusemond/Knop in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, § 266 HGB Rz. 121 f.; so nun auch Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 19. 62 Schubert/Waubke in Beck’scher BilanzKomm., § 266 HGB Rz. 192; Knobbe-Keuk, Bilanzund Unternehmenssteuerrecht, § 4 V, S. 107 f. 63 K. Schmidt in FS Goerdeler, S. 487 (499).

Kauffeld | 325

13.40

§ 13 Rz. 13.40 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

punkt „Nach A.“ haben soll, erscheint deswegen ein Ausweis als Untergliederungspunkt der Position „A. Eigenkapital“ vorzugswürdig64.

13.41 Wird die Einlage des stillen Gesellschafters im Eigenkapital ausgewiesen, muss dies auch bei verkürztem Ausweis nach § 266 Abs. 1 Sätze 2–4 HGB in einer besonderen Position geschehen. Kleinstkapitalgesellschaften sollten eine in das Eigenkapital einbezogene wesentliche Einlage unter der Bilanz angeben, weil die gesetzliche Vermutung, dass der Abschluss auch ohne die Angabe ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild ergibt, bei wesentlichen Einlagen zu entkräften sein wird (§ 264 Abs. 1 Satz 4 HGB). 13.42 Die Höhe der Bewertung ergibt sich bilanztechnisch aus der Bewertung der aktivierten Einlageleistung. Dies bedeutet in der Regel die Passivierung zum Nennbetrag. Probleme können sich aber ergeben, wenn der Rückzahlungsbetrag die Höhe der Einlageleistung übersteigt. Beispielhaft sei der Fall genannt, dass ein Investor anstatt einen Zero-Bond65 zu gewähren, eine eigenkapitalähnliche stille Beteiligung übernimmt. Als Entgeltleistung wird ihm die Differenz zwischen Einlageleistung und Rückzahlungsanspruch als Rendite gewährt. Bei Behandlung der stillen Beteiligung als Fremdkapital kann für den Unterschiedsbetrag ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden (§ 250 Abs. 3 HGB; siehe im Einzelnen Rz. 12.50). Bei der Qualifikation als Eigenkapitalposten ist dies nicht möglich. Bei der Beantwortung der Frage, wie das Disagio auszugleichen ist, ist zu berücksichtigen, dass der Differenzbetrag zwischen Einlage und stiller Beteiligung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine nachträgliche – im Rückzahlungszeitpunkt zu zahlende – Vergütung für die Übernahme der stillen Beteiligung darstellt. Es erscheint daher sachgerecht, diesen Unterschiedsbetrag als gesonderten Aufwandsposten auszuweisen. 3. Aktivierung der Beitragsleistung des stillen Gesellschafters

13.43 Während die Beteiligung des stillen Gesellschafters auf der Passivseite der Bilanz erscheint, ist seine Beitragsleistung unter demjenigen Bilanzposten zu aktivieren, der der Art des durch den stillen Gesellschafter geleisteten Gegenstandes entspricht66. Dies gilt freilich nur, sofern der geleistete Gegenstand als Einlage überhaupt aktivierungsfähig ist. Neben der Aktivierungsfähigkeit des Beitrags des stillen Gesellschafters wirft auch die Bewertung einer geleisteten Einlage besondere Fragen auf. a) Aktivierungsfähigkeit des Beitrages

13.44 Konstituierendes Merkmal jeder stillen Gesellschaft ist, dass der stille Gesellschafter die Erreichung des gemeinsamen Zwecks der stillen Gesellschaft durch eine hierzu

64 Vgl. die jeweils unterschiedlichen Auffassungen zu einem neuen Hauptgliederungspunkt bei Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rz. 582; Westerfelhaus, DB 1988, 1173 (1177) und Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127 (131). 65 Nullkuponanleihe, Darlehen ohne laufende Zinszahlung mit Verzinsung am Ende der Laufzeit. 66 Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 7.

326 | Kauffeld

Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.48 § 13

geeignete Beitragsleistung fördert. Nicht erforderlich ist hingegen, dass er in eigener Person eine Einlage leistet, die als aktivierungsfähiger Vermögensgegenstand in das Vermögen des Inhabers übergeht67. Vielmehr kann seine Beteiligung im Rahmen einer Schenkung des Inhabers auch durch Einbuchen entstehen68. Damit stellt sich die Frage, welche Beitragsleistungen als Einlage des stillen Gesellschafters in der Bilanz des Inhabers konkret aktiviert werden können. Das Kriterium der Bilanzierungsfähigkeit wird zunächst bedeutsam bei Leistung von Nutzungen und Nutzungsrechten als Beitrag des stillen Gesellschafters. Diese haben zwar beide einen schätzbaren Vermögenswert, aber nur die Leistung eines Nutzungsrechts kann als Einlage aktiviert werden, weil nur dieses einen Vermögensgegenstand darstellen kann. Letzteres setzt allerdings seinerseits voraus, dass das Nutzungsrecht entweder gegen einen Dritten besteht oder aber von dem Gesellschaftsverhältnis so gelöst ist, dass es selbständig verwertbar ist69.

13.45

Ansprüche auf Dienstleistungen stellen keine verwertbaren und greifbaren Vermögensgegenstände dar und können deswegen nie aktiviert werden; dies stellt § 27 Abs. 2 Halbs. 2 AktG für die Aktiengesellschaft klar, gilt aber darüber hinaus bei Dienstleistungsversprechen für jede Gesellschaftsform70.

13.46

In beiden Fällen ist es aber möglich, als Einlage eine Geldschuld des stillen Gesellschafters zu bestimmen, mit der vereinbarte Entgelte für Nutzungen oder Dienstleistungen verrechnet werden, nachdem diese geleistet worden sind71.

13.47

Für Geschäftsjahre, die vor dem 1.1.2010 begonnen haben, ergab sich dies daraus, dass die gleichzeitige Gewährung einer Beteiligung die Entgeltlichkeit des Erwerbes i.S. des § 248 Abs. 2 HGB bedeutet72. Für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2009 begonnen haben, wurde das Aktivierungswahlrecht durch das BilMoG ohnehin auch auf selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände erweitert, § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB. Zwar sind bestimmte Vermögensgegenstände in § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB vom Aktivierungswahlrecht ausgenommen, doch auch hier gilt weiterhin, dass diese

13.48

67 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 37. 68 Vgl. hierzu Rz. 7.18 ff. und wegen der einzuhaltenden Formvorschriften bei einer Schenkung Rz. 7.21 ff. 69 Wobei nach h.M. nur dingliche Nutzungsrechte zu aktivieren sind. Obligatorische Nutzungsrechte werden bei der Auflösung der stillen Gesellschaft regelmäßig entfallen und stellen daher keinen greifbaren Vermögenswert dar, vgl. Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 7; ferner Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 4 IV 2, S. 88 f.; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 112 ff.; Groh, DB 1988, 514 (519 ff.). 70 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 118; vgl. auch Schubert/Gadek in Beck’scher BilanzKomm., § 255 HGB Rz. 156 f. mit Einschränkungen u.a. bei Personengesellschaften; Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 7. 71 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 149; Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 7; Groh, DB 1988, 514 (519). 72 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 248 HGB Rz. 21.

Kauffeld | 327

§ 13 Rz. 13.48 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

wegen der Entgeltlichkeit des Erwerbes aufgrund Gewährung einer Beteiligung nicht selbst geschaffen sind.

13.49 Die Aktivierung ausstehender Einlageverpflichtungen stiller Gesellschafter unterscheidet sich nicht von der bei anderen Gesellschaftsformen, denn dass die stille Gesellschaft vor Leistung der Einlage wieder aufgelöst werden kann, bedeutet nicht, dass die Einlageverpflichtung nur eine nicht zu aktivierende Eventualforderung wäre73. Auch auflösend bedingte Forderungen sind zu aktivieren74. Da gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen ist, widerspricht der Aktivierung auch nicht die Möglichkeit, dass in der Insolvenz die Einlageverpflichtung wegen § 236 Abs. 2 HGB nur bedingt bestehen kann. Je nach Rechtsform des Handelsgewerbes finden folglich § 272 Abs. 1 HGB oder die entsprechenden Regelungen für einzelkaufmännische Unternehmungen und Personengesellschaften Anwendung für die Aktivierung der ausstehenden Einlageforderung75. Sowohl bei der typisch als auch bei der atypisch stillen Gesellschaft sind eingeforderte, noch ausstehende Einlagen von stillen Gesellschaftern als Forderungen des Geschäftsinhabers auszuweisen76. b) Bewertung der Einlage

13.50 Die geleistete Einlage des stillen Gesellschafters wird grundsätzlich mit ihrem Zeitwert angesetzt77. Liegt dieser unter der Höhe der eingeräumten Beteiligung, so ist der Differenzbetrag entweder als Aufwand oder als Entnahme des Inhabers zu verbuchen. Im ersten Fall besteht gemäß § 250 Abs. 3 HGB zumindest bei stillen Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter auch die Möglichkeit, den Differenzbetrag in einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten einzustellen und diesen über die vereinbarte Laufzeit der stillen Gesellschaft als Aufwand abzuschreiben78. Steuerrechtlich ist Letzteres geboten79. 13.51 Liegt der Zeitwert der Einlageleistung über dem Wert der eingeräumten Beteiligung, so kann wahlweise auch der niedrigere Beteiligungswert angesetzt werden mit der 73 So aber Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 138. 74 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 54. 75 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 247 HGB Rz. 69 f.; enger Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 96: Aktivierung nur soweit der stille Gesellschafter auch in der Insolvenz seiner Einlageverpflichtung nachkommen muss. 76 Stollenwerk, GmbH-StB 2011, 48 (49). 77 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 255 HGB Rz. 96 f.; Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, I Rz. 480; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 124 ff. 78 HFA 1/94, WPg 1994, 419, 421 zur Bilanzierung von Genussrechten. Zur Abschreibung bei unbestimmter Laufzeit vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 250 HGB Rz. 95. Man beachte die komplementäre Möglichkeit, die Höhe der Beteiligung in Raten zu erhöhen, vgl. Rz. 13.42. 79 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 7 V 2, S. 282.

328 | Kauffeld

Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.53 § 13

Folge, dass eine stille Reserve entsteht. Dies entspricht der h.M. zu Gesellschaftereinlagen bei anderen Rechtsformen80. Sind stille Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter allerdings auf Zeit eingegangen worden, ist § 250 Abs. 2 HGB zu beachten, der zwingend die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens für Einnahmen vorsieht, soweit sie Ertrag für eine bestimmte81 Zeit nach dem Bilanzstichtag darstellen82. 4. Bilanzielle Behandlung von Gewinnen, Verlusten und Entnahmen Über die Einlage und die Beteiligung hinaus sind auch Gewinne, Verluste und Entnahmen des stillen Gesellschafters sowie sonstige Forderungen und Verbindlichkeiten ihm gegenüber zu bilanzieren.

13.52

Die Gewinnansprüche des stillen Gesellschafters erhöhen grundsätzlich nicht seine Beteiligung, § 232 Abs. 3 HGB; sie stellen vielmehr selbständige Forderungsrechte dar, die ein von der Beteiligung unterschiedliches Schicksal haben. Sie sind deswegen auf einem gesonderten Passivkonto (Gewinn- oder Darlehenskonto) zu verbuchen und in der Bilanz des Geschäftsinhabers als „sonstige Verbindlichkeit“ gemäß § 266 Abs. 3 HGB auszuweisen83. Sie sind in den Abschluss des Jahres einzustellen, in dem der Gewinn erwirtschaftet und damit der Gewinnanspruch wirtschaftlich verursacht wurde84. Dieses gilt auch dann, wenn sich die tatsächliche Höhe des Gewinnanspruchs noch durch die Bilanzpolitik des Geschäftsinhabers verändern kann. Besteht die Auszahlungspflicht gegenüber Kreditinstituten, gegenüber verbundenen Unternehmen oder gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, ist sie unter den entsprechenden Sonderposten auszuweisen85.

13.53

Bestehen weitere Verbindlichkeiten des Unternehmens gegenüber dem stillen Gesellschafter, bietet es sich an, diese und die Gewinnansprüche jeweils als Unterkonten zu einem allgemeinen „Privatkonto“ des stillen Gesellschafters zu führen. Das Gewinnkonto geht in der Bilanz in den Posten „C. 8. Sonstige Verbindlichkeiten“ bzw. in den jeweils spezielleren Posten ein. Ist im Gesellschaftsvertrag die Erhöhung der stillen Beteiligung durch stehen gelassene Gewinnanteile vereinbart, so sind die Gewinn-

80 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 255 HGB Rz. 97; Gaffronr in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 9; a.A. Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 131 mit Nachweisen zur Gegenmeinung. 81 Zu den Anforderungen vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 250 HGB Rz. 31 ff., 115. 82 So auch HFA 1/94, WPg 1994, 419 (421) zur Bilanzierung von Genussrechten. 83 Kraus in Weitnauer, Handbuch Venture Capital, Teil D Rz.114. 84 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 283; so auch BFH v. 19.2.1991 – VIII R 106/87, BStBl. II 1991, 569 zur Bilanzierung des Gewinnanspruchs in der Bilanz des stillen Gesellschafters; richtigerweise führt auch die neuere Rspr. des Großen Senats des BFH v. 7.8.2000 – GrS 2/99, BFHE 192, 339 = BStBl. II 2000, 632 nicht zu einer phasengleiche Aktivierung, vgl. Rz. 22.43. 85 Kropff in MünchKomm/BilanzR, § 272 HGB Rz. 286.

Kauffeld | 329

§ 13 Rz. 13.53 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

anteile dem Einlagekonto gutzuschreiben86. Gleiches gilt, solange die Höhe des Einlagekontos durch frühere Verluste unter dem Wert der vereinbarten stillen Beteiligung liegt. Bei Ungewissheit über die Auszahlungshöhe ist die Auszahlungspflicht als Rückstellung zu passivieren87.

13.54 Verlustanteile des stillen Gesellschafters werden zu Lasten seines Einlagekontos gebucht, auch wenn das Unternehmen weitere Verbindlichkeiten gegenüber dem stillen Gesellschafter hat. Dies geschieht, indem in seinem Einlagekonto ein „Verlustvortragskonto“ als Korrekturunterkonto gebildet wird, das die entsprechenden Verlustanteile aufnimmt88. Dieses Vorgehen erleichtert das Feststellen einer Sperre für die Auszahlung zukünftiger Gewinnanteile des stillen Gesellschafters. In der Bilanz findet es hingegen keinen Niederschlag, wenn der stille Gesellschafter gemäß § 231 Abs. 2 HGB vertraglich vereinbart hat, dass er nur mit einem Teil seiner Beteiligung am Verlust des Unternehmens teilnimmt89. 13.55 Überschreiten die Verluste die Höhe der Beteiligung, müssen ohne besondere vertragliche Regelung zukünftige Gewinne auch diese Verluste abdecken, bevor sie wieder an den stillen Gesellschafter auszuzahlen sind. Das Einlageguthaben des stillen Gesellschafters hat dann folglich einen negativen Wert.90 13.56 Die bilanzielle Behandlung eines solchen sog. negativen Einlageguthabens ist umstritten. Die Aktivierung einer Forderung des Inhabers gegen den stillen Gesellschafter in Höhe des negativen Einlageguthabens scheidet aus, weil der stille Gesellschafter gemäß § 232 Abs. 2 Satz 2 HGB am Verlust nur bis zur Höhe seiner Einlage teilnimmt, folglich der Inhaber gegen den stillen Gesellschafter auch keine verwertbare Forderung hat, was Voraussetzung für die Aktivierung eines entsprechenden Vermögensgegenstandes wäre91. Anderes kann nur in den Fällen gelten, in denen der stille Gesellschafter gegenüber dem Inhaber zur unbeschränkten Übernahme von Verlusten verpflichtet ist (vgl. zu solchen Fällen Rz. 8.41). 13.57 Zur bilanziellen Behandlung negativer Einlageguthaben wird deshalb einerseits die Auffassung vertreten, sie schlicht durch negative Einlagekonten auszudrücken. Der Passivsaldo soll dann in der Bilanz des Einzelkaufmanns oder der Personengesellschaft 86 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 247 HGB Rz. 65. 87 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 90; Kropff in MünchKomm/BilanzR, § 272 HGB Rz. 286; Schubert/Waubke in Beck’scher BilanzKomm., § 266 HGB Rz. 201; Küting/Kessler BB 1994, 2103 (2114). 88 Grottel/Baldamus in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rz. 709; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 49 f.; Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 21, sprechen sich im Gegensatz zur Vorauflage nicht mehr für die Möglichkeit eines bilanziellen Ausweises auf der Aktivseite (Verlustvortragskonto) aus. 89 So Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 247 HGB Rz. 72 für eine von der Pflichteinlage abweichende Hafteinlage eines Kommanditisten. 90 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 49 m.w.N. 91 Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 21.

330 | Kauffeld

Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.59 § 13

als nicht durch Einlagen gedeckter Verlustanteil des stillen Gesellschafters am Ende der Aktivseite ausgewiesen werden92. Sollte die stille Gesellschaft vor Wiederauffüllung des Einlagekontos durch Gewinne aufgelöst werden, so müsste in diesem Fall der Betrag des negativen Kapitalkontos als Verlust des entsprechenden Jahres zu Lasten des Inhabers gebucht werden93. In Betracht kommt andererseits, negative Einlagekonten nicht zuzulassen und den Verlustanteil des stillen Gesellschafters als zusätzlichen Verlust des Inhabers zu verbuchen. Zukünftige Gewinne sind in diesem Fall ebenfalls nur dem Kapitalkonto des Inhabers zuzuführen, solange nicht die Beteiligung rechnerisch wieder einen positiven Wert erreicht94. Für stille Beteiligungen an Kapitalgesellschaften sind negative Einlagekonten in der Bilanz nicht zuzulassen. Verlustanteile, die auf den stillen Gesellschafter entfallen, sind vielmehr hier in die Position „A. V. Jahresfehlbetrag“ bzw. „A. V. Bilanzverlust“ zu übernehmen. Andernfalls bestände bei Aktiengesellschaften die Möglichkeit, dass Gewinne um den Betrag des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Verlustes entgegen den gesetzlichen Kapitalerhaltungsvorschriften an die Aktionäre ausgeschüttet werden95.

13.58

Bei Kapitalgesellschaften ist der Ausweis von negativen Einlagekonten atypischer stiller Gesellschafter jedoch möglich, wenn ausstehende Einlagen bestehen und in der Bilanz ein Nettoausweis nach der ausstehenden stillen Einlage vorgenommen wurde. In Geschäftsjahren, die vor dem 1.1.2010 begannen, konnte noch zwischen Netto- und Bruttoausweis gewählt werden, § 272 Abs. 1 Satz 3 HGB a.F. Aufgrund der Änderung durch das BilMoG96 ist für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2009 beginnen, allein der Nettoausweis zulässig, § 272 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 HGB. Soweit eine bedungene Einlage noch nicht eingefordert ist, ist sie offen vom gezeichneten Kapital bzw. Kapitalanteil abzusetzen97. Entsteht lediglich durch den saldierten Ausweis der ausstehenden Einlagen mit dem gezeichneten stillen Einlagekapital und dem Verlustanteil ein negatives Einlagekonto, so ist ein Ausweis negativer Einlagekonten bis zur Höhe der gezeichneten Einlage zulässig, wenn die ausstehenden Einlagen den Gläubigern als Verlustdeckungspotential zur Verfügung stehen. Damit die Erträge aus den Verlustzuweisungen, soweit sie die geleisteten Einlagen der stillen Gesellschafter übersteigen, den Aktionären nicht als Ausschüttungspotential zur Verfügung stehen, ist, um der Funktion der gesetzlichen Kapitalerhaltungsvorschriften Rechnung zu tragen, eine Ausschüttungssperre durch Bildung einer Rücklage herzustellen.

13.59

92 Bezzenberger in MünchHdb.GesR Bd. 2, 1. Aufl. 1991, § 18 Rz. 14; offen dagegen Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 21. 93 Kormann, BB 1974, 893 (894) für atypische stille Gesellschaften. 94 So Zutt in Großkomm/HGB, 4. Aufl. 2004, § 232 HGB Rz. 30; unentschieden K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 31. 95 Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 21. 96 BGBl. I 2009, 1102. 97 Stollenwerk, GmbH-StB 2011, 48 (49).

Kauffeld | 331

§ 13 Rz. 13.60 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

13.60 Auch bei stillen Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter dürfen unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens keine negativen Einlagekonten gebildet werden. Grund hierfür ist, dass sonst der Verlust des Geschäftsinhabers nicht mehr periodengerecht ermittelt werden kann. 13.61 Hingegen bestehen bei eigenkapitalähnlichen Beteiligungen an einzelkaufmännischen Unternehmen und Personengesellschaften nicht in gleichem Maße Bedenken gegen negative Einlagekonten wie bei Kapitalgesellschaften, da bei diesen Rechtsformen das Eigenkapitalkonto variabel geführt wird. Eigenkapitalähnliche stille Beteiligungen ähneln hier folglich stark Einlagen von Kommanditisten. Die Bildung negativer Kapitalkonten für Kommanditeinlagen ist aber anerkannt98 und wird in § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG vorausgesetzt. Die gegen diese Anerkennung vorgebrachten Argumente sind zwar nicht unbeachtlich99, es geht aber nicht an, bei insoweit gleicher Problemlage die mit Kommanditeinlagen vergleichbaren stillen Beteiligungen anders zu behandeln als diese100. Solange deswegen Kommanditeinlagen mit negativem Wert bilanziert werden dürfen, muss das auch für stille Beteiligungen gelten101. Andernfalls wäre auch die Verweisung für atypische stille Beteiligungen auf § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG in § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG unverständlich. 13.62 Zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter können unabhängig vom Gesellschaftsverhältnis weitere Forderungen und Verbindlichkeiten bestehen. Sie lassen bilanzrechtlich die Beteiligung des stillen Gesellschafters unberührt. Vielmehr sind sie auf gesonderte Forderungs- bzw. Verbindlichkeitenkonten zu verbuchen; letztere stellen ggf. ein Unterkonto zu einem allgemeinen Privatkonto des stillen Gesellschafters dar. Eine Saldierung verbietet sich. 13.63 Von solchen Forderungen des Inhabers gegen den stillen Gesellschafter zu unterscheiden ist die Gewährung einer zeitweiligen Entnahme des stillen Gesellschafters von seiner Beteiligung. Sie wird von seinem Einlagekonto über das Entnahmenunterkonto abgebucht. Abgrenzungskriterium ist insoweit, ob spätere Gewinne zur Auffüllung des Einlagekontos bis zur Höhe der vereinbarten Einlage dienen oder ausgeschüttet werden sollen102. 13.64 frei

98 Vgl. BFH v. 13.3.1964 – VI 343/61 S, BStBl. III 1964, 359; BFH v. 10.11.1980 – GrS 1/ 79, BStBl. II 1981, 164. 99 Vgl. Knobbe-Keuk, NJW 1980, 2557 (2558). 100 So aber Groh in FS L. Schmidt, S. 439 (443 ff.). 101 Kormann, BB 1974, 893 (894). 102 Vgl. Schulze-Osterloh in IDW, Personengesellschaft und Bilanzierung, S. 129 (136).

332 | Kauffeld

Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.66 § 13

5. Die stille Gesellschaft in der Gewinn- und Verlustrechnung sowie im Anhang a) Typisch stille Gesellschaft mit Fremdkapitalcharakter Der stille Gesellschaftsvertrag stellt bilanziell grundsätzlich einen Teilgewinnabführungsvertrag dar (vgl. Rz. 8.20)103. Dies bedingt auch die Behandlung der stillen Beteiligung in der Gewinn- und Verlustrechnung des Inhabers. Der Gewinn ist im Posten „Erträge und Aufwendungen aus Teilgewinnabführungsverträgen“ auszuweisen, § 277 Abs. 3 Satz 2 HGB104. Verlustanteile des stillen Gesellschafters, die von seinem Einlagekonto abgebucht werden, sind als Erträge aus Teilgewinnabführungsverträgen auszuweisen und damit als „Ertrag aus Verlustübernahme“, § 277 Abs. 3 Satz 2 HGB. Bei Wiederauffüllung der Einlage ist der Gewinnanteil als „Aufwand aus Verlustübernahme“ zu behandeln105. Im Anhang des Jahresabschlusses des Inhabers ist die stille Beteiligung nicht anzugeben106.

13.65

Bei fremdkapitalähnlichen typisch stillen Gesellschaften ist eine jährlich feste Vergütung als Zinsaufwand nach § 275 HGB Bestandteil der Gewinn- und Verlustrechnung. Auch gewinnunabhängige Zahlungen sind als Aufwand des Geschäftsinhabers zu verbuchen. Auch wenn der Geschäftsinhaber keinen Gewinn erzielt, sind Zahlungen an den stillen Gesellschafter zulässig, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht, also etwa dann, wenn dem stillen Gesellschafter eine fest Verzinsung seiner Einlage versprochen wird, die unabhängig davon ist, ob der jährliche Gewinn zur Deckung des garantierten Betrags ausreicht oder ob überhaupt Gewinn erzielt wird107. b) Atypisch stille Gesellschaft mit Eigenkapitalcharakter Bei einer Qualifizierung als Eigenkapital darf der Gewinn- und Verlustanteil des Stillen den Jahresüberschuss des Geschäftsinhabers nicht mehr beeinflussen. Zahlungen sind Teil der Ergebnisverwendung und berühren die Gewinn- und Verlustrechnung nicht. Ein Gewinnanteil ist daher in der Gewinn- und Verlustrechnung bei eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligung nach dem Jahresüberschuss abzuziehen. Ein Verlustanteil ist an gleicher Stelle hinzuzurechnen, wodurch sich der Bilanzgewinn entsprechend verändert. Die Gegenbuchung erfolgt auf dem im Eigenkapital ausgewiesenen Kapitalkonto des stillen Gesellschafters108. Anders sieht dieses die h.M. in der Literatur, die entsprechend der Behandlung von Genussrechten unabhängig von der 103 Für die Gewinn- und Verlustrechnung unbestritten; Wirtschaftsprüfer-Handbuch, Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland, Bd. 1, 14. Aufl. 2012, T Rz. 262 m.w.N. 104 Westerfelhaus, DB 1988, 1173 (1178); Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 275 HGB Rz. 214; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 277 HGB Rz. 58; Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 124; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 292 ff. (mit Darstellung von Sonderfällen). 105 Bächer, Bilanzierung von Mezzanine-Kapital, S. 45. 106 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 285. 107 BGH v. 3.7.2018 – IX ZR 139/17, DStR 2018, 2592 (2593). 108 Korn, SteuK 2011, 428 (432); Werner, Mezzanine-Finanzierung, S. 104; Bächer, Bilanzierung von Mezzanine-Kapital, S. 45.

Kauffeld | 333

13.66

§ 13 Rz. 13.66 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Bilanzierung als Eigen- oder Fremdkapital die Vergütung des Stillen erfolgswirksam in der GuV erfasst109. Die erfolgswirksame Behandlung der Vergütung von eigenkapitalähnlichen stillen Gesellschaftern ist aber kritisch zu beurteilen, da es für ein nach § 264 HGB den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage nicht angebracht ist, Vergütungen für Eigenkapital erfolgswirksam zu behandeln. 6. Ergebnisänderungen aufgrund Betriebsprüfung

13.67 Kommt es infolge einer Betriebsprüfung beim Geschäftsinhaber zur Festsetzung eines Mehr- oder Mindergewinn für ein früheres Jahr, so führt dieses steuerlich zu einer Berichtigung der Veranlagung und zur Berücksichtigung des Mehr- oder Mindergewinns im Jahr der Fehlerquelle oder in den Fällen der Bilanzberichtigung im ersten offenen Jahr (vgl. Rz. 22.186 ff.). Das Ergebnis der Betriebsprüfung muss sich aber nicht zwangsläufig auf den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters auswirken. a) Handelsbilanz als Ergebnisverteilungsmaßstab

13.68 Ist im Gesellschaftsvertrag die Handelsbilanz zum alleinigen Ergebnisverteilungsmaßstab bestimmt worden (vgl. Rz. 8.52 ff.), bleibt der Ergebnisanteil des stillen Gesellschafters von steuerlichen Ergebniskorrekturen unberührt, wenn sich aufgrund der Außenprüfung nur der Steuerbilanzgewinn, nicht aber der Handelsbilanzgewinn ändert (vgl. Rz. 22.185 f.). b) Steuerbilanz als Ergebnisverteilungsmaßstab

13.69 Ist die Steuerbilanz Ergebnisverteilungsgrundlage (siehe Rz. 8.55), ist der stille Gesellschafter grundsätzlich an allen Ergebnisänderungen nach der Außenprüfung zu beteiligen. Erhöht sich aufgrund einer Außenprüfung der Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters, ist er in der Prüferbilanz insoweit als Verbindlichkeit zu bilanzieren. Der Mehrgewinn kann nicht als bereits durch die Betriebsprüfung festgestellt angesehen werden, sondern sein Zufluss erfolgt erst mit der Gutschrift des Mehrgewinns (siehe Rz. 22.187). 7. Bilanzieller Ausweis von Abfindungszahlungen an atypische stille Gesellschafter

13.70 Handelsbilanzrechtlich ist Anspruchsverpflichteter der Abfindungsbeträge der Geschäftsinhaber. Er muss diese Abfindungsverbindlichkeit auf der Passivseite seiner Bilanz ausweisen. Fraglich ist jedoch, welche Gegenbuchung vorzunehmen ist.

109 Vgl. hierzu Bächer, Bilanzierung von Mezzanine-Kapital, S. 46. Diese Auffassung zum Ausweis der Auszahlungen auf beteiligungsähnliche Genussrechte, die nicht die Vorgaben des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erfüllen, in der GuV als Aufwand teilt nunmehr auch die Finanzverwaltung, vgl. hierzu die Ausführungen in Fn. 46.

334 | Kauffeld

Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.74 § 13

Die Gegenbuchung ist unproblematisch, solange die Abfindung dem Nominalwert des Kapitalkontos des ausscheidenden atypischen stillen Gesellschafters entspricht. Dann findet ein bloßer Passivtausch statt. An die Stelle des Kapitalanteils des ausscheidenden stillen Gesellschafters tritt die Abfindungsverbindlichkeit.

13.71

Hieran ändert sich auch nichts, wenn die Abfindungsverbindlichkeit höher ist als das Kapitalkonto des ausscheidenden Gesellschafters. Auch hier ist zunächst das Kapitalkonto des ausscheidenden Gesellschafters auszubuchen. Nur hinsichtlich der Gegenbuchung für den Mehrbetrag besteht keine gesicherte Rechtsauffassung110.

13.72

a) Steuerbilanz Unter einkommensteuerrechtlichen Gesichtspunkten hat der BFH diese Frage schon wiederholt zugunsten eines Gleichklangs der Lösungen beim Ausscheiden atypischer stiller Gesellschafter und Personenhandelsgesellschafter entschieden111. Übersteigt das nach Maßgabe der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen unter Einbeziehung der stillen Reserven sowie des Geschäfts- und Firmenwerts zu ermittelnde Abfindungsguthaben die Buchkapitalkonten des atypischen stillen Gesellschafters, so wird mit dem übersteigenden Betrag der Anteil des atypischen stillen Gesellschafters an den stillen Reserven des Unternehmensvermögens, gegebenenfalls mit einem die stillen Reserven übersteigenden Teilbetrag der Anteil des atypischen stillen Gesellschafters an dem Geschäfts- und Firmenwert des Handelsgewerbes des Inhabers des Handelsgeschäfts vergütet. Mit dieser Abgeltung hat der Inhaber des Handelsgeschäfts ein aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut erworben.

13.73

Begründet wird dieses Ergebnis damit, dass der Geschäftsinhaber einkommensteuerrechtlich die schuldrechtlichen wertmäßigen Anteile des stillen Gesellschafters an den ihm zivilrechtlich und wirtschaftlich selbst gehörenden Wirtschaftsgütern erworben hat112. In der Steuerbilanz müssen daher die über den Buchwert des Kapitalkontos gezahlten Geldabfindungen für stille Reserven und/oder den Geschäftswert unabhängig davon, ob ein Mitunternehmer mit oder ohne Gesamthandsvermögen ausscheidet, anteilig als Anschaffungskosten bei den jeweiligen Vermögenswerten aktiviert werden113.

13.74

110 Herrmann in IDW, Personengesellschaft und Bilanzierung, S. 167 (184). 111 BFH v. 30.3.1989 – I R 130/85, BFH/NV 1989, 780 ff.; BFH v. 3.6.1997 – VIII B 73/96, BFH/NV 1997, 838 f. 112 Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 496; insoweit mit unzutreffender Begründung Langholz/Vahle, DStR 2000, 763 (765), die eine Einzelfallbegründung des BFH v. 10.8.1978 – IV R 54/74, DStR 1979, 116 f. zum Maßstab der Rspr. erheben. Der BFH betonte in der genannten Entscheidung, dass die Besonderheit jenes Falles darin lag, dass der ausscheidende stille Gesellschafter keinen ausdrücklichen vertraglichen Anspruch auf eine Vergütung der stillen Reserven und des Geschäftswerts hatte. Die besondere Einzelfallqualität der Entscheidung hebt auch das FG Baden-Württemberg in der Entscheidung v. 25.6.1998 – 14 K 290/96, EFG 1998, 647, hervor. 113 Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 482 (488).

Kauffeld | 335

§ 13 Rz. 13.75 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

b) Handelsbilanz

13.75 Eine Wertaufstockung in der Handelsbilanz der Geschäftsinhaberin ist bei Abfindung der schuldrechtlichen Vermögensansprüche von atypischen stillen Gesellschaftern grundsätzlich unzulässig114. Der Inhaber des Handelsgeschäfts hat mit der Abgeltung des Geschäfts- oder Firmenwerts kein unter handelsbilanziellen Aspekten aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut i.S. des § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB115 erworben. Die Gesellschaft nimmt die Abfindungsverbindlichkeit nicht auf sich, um zusätzliche Vermögensgegenstände zu erlangen (§ 255 Abs. 1 HGB). Auch um nachträgliche Anschaffungskosten handelt es sich nicht, weil hiervon nur gesprochen werden kann, wenn die Aufwendungen den Wert der Vermögensgegenstände tatsächlich erhöhen116 oder hierzu doch geeignet sind117: Beides trifft hier nicht zu118. Eine Wertaufstockung im Rahmen des § 253 Abs. 5 HGB119, an die man denken mag, führt nicht zum gewünschten Ergebnis, da sie die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten der einzelnen Vermögensgegenstände nicht überschreiten darf und außerdem angemessene planmäßige Abschreibungen berücksichtigen muss120. Wenn dadurch lediglich in der Vergangenheit vorgenommene Abschreibungen, die entweder überhöht waren oder nicht mehr notwendig sind, rückgängig gemacht werden, dem Ausscheidenden also ihm durch Bilanzierungsmaßnahmen bisher vorenthaltene Gewinnanteile nunmehr gutgebracht werden, ist sie zulässig, soweit nicht die Anschaffungskosten der Gesellschaft für den betreffenden Vermögensgegenstand überschritten werden. 13.76 Damit scheint es sich bei der Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters, jedenfalls insoweit, als sie das Nominalkapital des Ausscheidenden übersteigt, um Aufwand der Gesellschaft zu handeln121. Dabei würde aber übersehen werden, dass es durch das Gesellschaftsverhältnis bedingte Vermögensmehrungen oder -minderungen gibt, die als Einlagen und Entnahmen auch in der Handelsbilanz den Gewinn der Gesellschaft weder erhöhen noch verringern122. Die Auszahlung des Kapitalkontos oder die Be114 Langholz/Vahle, DStR 2000, 763 (764); Wahl in FS Beisse, S. 521 (526); so ohne Begründung im Ergebnis auch Heinz in FS Berufsakademie Villingen, S. 54 (58). 115 Entspricht § 255 Abs. 4 Satz 1 HGB vor Inkrafttreten des BilMoG v. 25.5.2009, BGBl. I 2009, 1102. 116 BGH v. 31.10.1978 – KZR 5/77, BB 1979, 387. 117 BFH v. 16.11.1982 – VIII R 167/78, BFHE 137, 55. 118 Groh, BB 1994, 540 (540); so im Ergebnis auch Thömmes, Die Auswirkungen des Eintritts und Ausscheidens von Gesellschaftern in Personengesellschaften auf die Handelsbilanz, S. 53. 119 Entspricht § 280 Abs. 1 HGB a.F., der durch das BilMoG v. 25.5.2009, BGBl. I 2009, 1102, für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2009 beginnen, aufgehoben wurde. 120 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 280 HGB Rz. 9 zu § 280 HGB a.F. 121 So im Fall des Ausscheidens aus einer Personenhandelsgesellschaft Heinen, Handelsbilanzen, S. 416 ff.; Birke, Behandlung von Barabfindungen an ausscheidende Gesellschafter im Jahresabschluss, S. 378 ff.; so auch vertreten im Fall des Ausscheidens eines atypischen stillen Gesellschafters von Langholz/Vahle, DStR 2000, 763 (764); Heinz in FS Berufsakademie Villingen, S. 54 (58). 122 Groh, BB 1994, 540 (540).

336 | Kauffeld

Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.79 § 13

gründung der Abfindungsschuld zu Lasten eben dieses Kontos ist offenbar eine solche Entnahme des Gesellschafters. Dies gilt auch für die Mehrabfindung, denn in Wahrheit darf die Abfindung, unabhängig von ihrem Umfang, den Gesellschaftsgewinn in keinem Fall beeinflussen. Das Ausscheiden eines Gesellschafters ist kein betrieblicher, sondern ein gesellschaftsrechtlich bedingter Vorgang, so dass sich die Abfindung im Ganzen als Entnahme darstellt123. Tätigt der stille Gesellschafter Entnahmen während des Bestehens der Laufzeit, so werden diese seinem Kapitalkonto belastet. Entnahmen führen während des Bestehens des stillen Beteiligungsverhältnisses nicht zu einem ertragswirksamen Vorgang. Das Einlagekonto des stillen Gesellschafters, das durch zulässige Entnahmen negativ geworden ist und für das keine Einlageverpflichtung besteht, hat den Charakter eines gesellschaftsrechtlichen Verrechnungspostens. Es darf dabei keinen Unterschied machen, ob vor Ausscheiden Entnahmen in Höhe des potentiellen Anteils an den stillen Reserven gestattet werden oder diese erst nach Ausscheiden ausgeglichen werden.

13.77

Daher ist der Ausweis der Abfindung unter einem Korrekturposten zum Eigenkapital vorzunehmen. Der Korrekturposten könnte etwa bezeichnet werden als „Sonderposten aus der Abfindung ausscheidender atypischer stiller Gesellschafter“ und kann zwar nicht allgemein aus Überschüssen späterer Jahre aufgelöst werden, sondern nur aus dem Teil des Überschusses, der aus der Auflösung der bezahlten stillen Reserven stammt124. Kann bei einer späteren Veräußerung kein Veräußerungsgewinn in entsprechender Höhe erzielt werden, so ist der fehlende Deckungsbetrag als Verlust des Geschäftsjahres zu verbuchen. Zur Wahrung der Kapitalerhaltungsvorschriften ist auch für diesen Sonderposten bei einer Kapitalgesellschaft die Bildung einer Rücklage in entsprechender Höhe unumgänglich.

13.78

IV. Die stille Gesellschaft in der Rechnungslegung des stillen Gesellschafters 1. Buchführungs- und Bilanzierungspflicht des stillen Gesellschafters Ist der stille Gesellschafter selbst Kaufmann, so kommt auch für ihn eine Buchführungs- und Bilanzierungspflicht hinsichtlich der stillen Beteiligung in Betracht. Voraussetzung hierfür ist, dass die stille Beteiligung zum Geschäftsvermögen des stillen Gesellschafters zählt. Bei Gesellschaften stimmt dieses mit dem Gesellschaftsvermögen überein; beim Einzelkaufmann hingegen muss zwischen seinem Privat- und seinem Unternehmensvermögen unterschieden werden. Nur die Vermögensgegenstände, die seiner unternehmerischen Tätigkeit dienen, sind zu bilanzieren. Ist eine klare Zuordnung nicht möglich, was bei stillen Beteiligungen häufig vorkommen wird, so ist der nach außen erkennbar gewordene Wille des stillen Gesellschafters maßgeb123 Vgl. hierzu Groh, BB 1994, 540 (541); Herrmann in IDW, Personengesellschaft und Bilanzierung, S. 167 (187); Herrmann, WPg 1994, 500 (509). 124 Insoweit ungenau Groh, BB 1994, 540 (542), der die Auflösung des Korrekturpostens allgemein aus Überschüssen der Folgejahre zulassen will.

Kauffeld | 337

13.79

§ 13 Rz. 13.79 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

lich. Steuerrechtlich entspricht dies der Unterscheidung zwischen notwendigem Betriebs- und Privatvermögen sowie gewillkürtem Betriebsvermögen125. 2. Aktivierung der Mitgliedschaft in der stillen Gesellschaft

13.80 Der bilanzierungspflichtige stille Gesellschafter hat die Vermögensgegenstände, die ihm aus dem Gesellschaftsvertrag zustehen, zu aktivieren. Hierzu gehört vornehmlich die Mitgliedschaft des stillen Gesellschafters selbst. Als Inbegriff aller gesellschaftsvertraglichen Rechte und Pflichten des stillen Gesellschafters stellt sie nämlich einen einheitlichen Vermögensgegenstand dar und bildet das Stammrecht, auf dem die einzelnen verselbständigten Gewinnansprüche gründen126. 13.81 An welcher Stelle die Mitgliedschaft des stillen Gesellschafters in der Bilanz auszuweisen ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Gemäß § 247 Abs. 2 HGB erscheint sie unter dem Gliederungspunkt „A. Anlagevermögen“, wenn sie bestimmt ist, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen, andernfalls unter dem Gliederungspunkt „B. Umlaufvermögen“. Der jeweilig einschlägige Untergliederungspunkt hängt seinerseits davon ab, ob die Mitgliedschaft bilanzrechtlich als Anteil oder als Ausleihung bzw. Forderung anzusehen ist. Schließlich ist umstritten, unter welchen Umständen die Mitgliedschaft in einer stillen Gesellschaft unter den Begriff der Beteiligung i.S. des § 271 Abs. 1 Satz 1 HGB fällt. 13.82 Die Zuordnung der Mitgliedschaft in das Anlage- oder in das Umlaufvermögen richtet sich als Finanzanlage vornehmlich nach der beabsichtigten Zeitdauer der Beteiligung127. Finanzanlagen mit einer gesamten Laufzeit unter einem Jahr gelten dabei stets als Umlaufvermögen, solche mit einer Laufzeit von über vier Jahren stets als Anlagevermögen. Bei Laufzeiten zwischen ein und vier Jahren ist die Absicht des Inhabers maßgeblich128. Diese Kriterien können auf stille Gesellschaften mit befristeter Vertragsdauer übernommen werden. Bei unbefristeten stillen Gesellschaften kann es hingegen nur auf den Willen des stillen Gesellschafters ankommen, die stille Beteiligung über einen längeren Zeitraum zu halten. Angesichts der geringen Fungibilität der Beteiligung und der Verpflichtung des stillen Gesellschafters, den Gesellschaftszweck zu fördern, ist eine solche Absicht regelmäßig zu vermuten129. 13.83 Im Umlaufvermögen wird die stille Beteiligung unter „B. II. 4. sonstige Vermögensgegenstände“ bilanziert130. Im Anlagevermögen ist für Mitgliedschaften, die dem ge125 Zur handels- und steuerrechtlichen Abgrenzung des Privatvermögens vom Betriebsvermögen vgl. Schmidt/Ries in Beck’scher BilanzKomm., § 246 HGB Rz. 55 ff. 126 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 313; Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 26. 127 Hoyos/F. Huber in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rz. 356 f.; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 333, 351; vgl. auch Adler/Düring/ Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 247 HGB Rz. 105 ff. 128 Hoyos/F. Huber in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rz. 357. 129 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 336. 130 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 351; Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 26.

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Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.84 § 13

setzlichen Typus entsprechen, ein Ausweis unter „A. III. 6. sonstige Ausleihungen“ zu verlangen131, auch wenn die Beteiligung grundsätzlich als Anteil i.S. des Bilanzrechts zu qualifizieren ist132. Die Bezeichnung des Gliederungspunktes kann an die Tatsache angepasst werden, dass er auch stille Beteiligungen erfasst. Dem abweichenden Vorschlag von Westerfelhaus und Hense, die Mitgliedschaft als Beteiligung i.S. des § 271 Abs. 1 HGB zu bilanzieren133, ist hingegen dann zu folgen, wenn der Anteil vom stillen Gesellschafter gehalten wird, um eine dauernde Verbindung zu dem Unternehmen, an dem der Anteil besteht, zu schaffen. Als hinreichendes Indiz für ein solches unternehmerisches Interesse des stillen Gesellschafters am Unternehmen des Inhabers können Art und Umfang der stillen Beteiligung ausreichen134. Die Bewertung der Mitgliedschaft erfolgt nach den allgemeinen Regeln zu den Anschaffungskosten135. Zu diesen sind neben dabei anfallenden Steuern und Provisionen als Anschaffungsnebenkosten auch später stehen gelassene Gewinne des stillen Gesellschafters als nachträgliche Anschaffungskosten zu zählen136. Vermindern Verlustanteile das Einlagekonto des stillen Gesellschafters oder wird seine Mitgliedschaft auf andere Weise in ihrem Wert vermindert, so ist von ihrem Bilanzwert gemäß § 253 Abs. 3 bzw. Abs. 4 HGB137 eine entsprechende Abschreibung vorzunehmen138. Hingegen kommen planmäßige Abschreibungen nicht in Betracht, da die Mitgliedschaft in ihrer Nutzbarkeit nicht i.S. des § 253 Abs. 3 Satz 1 HGB zeitlich begrenzt ist. In einer Verlustsituation besteht bei Bilanzierung im Umlaufvermögen (§ 253 Abs. 4 Satz 1 HGB) eine Abschreibungspflicht. Bei Bilanzierung im Anlagevermögen ist diese 131 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, DStR 2012, 1024 (2026) = GmbHR 2012, 764; FG München v. 26.10.2015 – 7 K 122/14, BeckRS 2015, 96192; Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 379 (392). 132 Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 271 HGB Rz. 13; mit Einschränkungen Grottel/Kreher in Beck’scher BilanzKomm., § 271 HGB Rz. 15; a.A.: Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 580 (592); Groh, BB 1993, 1882 (1892); Adler/Düring/ Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 271 HGB Rz. 7 m.w.N., der für die stille Gesellschaft als Innengesellschaft hierfür erweiterte Kontrollrechte des stillen Gesellschafters verlangt, einschränkend aber Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 266 HGB Rz. 72, 81. Dagegen zu Recht Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 321 ff. 133 Westerfelhaus, DB 1988, 1173 (1178); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 329 ff. 134 Vgl. Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 271 HGB Rz. 11; Grottel/Kreher in Beck’scher BilanzKomm., § 271 HGB Rz. 16 ff.; weiter gehend Zacharias/ Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 130: Dauerhaftigkeit der stillen Beteiligung genügt. 135 Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 29; zu dem genauen Umfang der Anschaffungskosten einer stillen Beteiligung vgl. Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 351 ff. 136 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 356. 137 Entsprechen inhaltlich § 253 Abs. 2 bzw. Abs. 3 HGB in der bis zum Inkrafttreten des BilMoG gültigen Fassung. 138 So mit unterschiedlichen Begründungen: Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 358 ff.; Groh, BB 1993, 1882 (1892); Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 392 ff.; Kaldenbach, BB 1997, 1089 (1090).

Kauffeld | 339

13.84

§ 13 Rz. 13.84 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Pflicht bei einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung gegeben, wenn die Anschaffungskosten höher als der beizulegende Wert sind (§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB).

13.85 Bei voraussichtlich nicht dauerhaften Wertminderungen besteht bei Ausweis im Anlagevermögen für Geschäftsjahre, die vor dem 1.1.2010 begonnen haben, ein Abschreibungswahlrecht, § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB a.F. Aufgrund der Änderungen durch das BilMoG139 besteht dieses Wahlrecht in Geschäftsjahren, die nach dem 31.12.2009 begonnen haben, nur noch bei Finanzanlagen (§ 253 Abs. 3 Satz 4 HGB). Da aber die stille Beteiligung im Anlagevermögen stets entweder als sonstige Ausleihung (§ 266 Abs. 2 A. III. 6. HGB) oder Beteiligung (§ 266 Abs. 2 A. III. 3. HGB) zu bilanzieren ist, stellt sie stets eine Finanzanlage dar. Insoweit besteht auch weiterhin ein Bewertungswahlrecht. 13.86 Soweit Abschreibungen wegen dauernder oder vorübergehender Wertminderung der Mitgliedschaft vorgenommen werden, bestimmt sich der niedrigere beizulegende Wert nach dem voraussichtlichen Ertragswert der stillen Beteiligung140. Das bisher nur für Kapitalgesellschaften bestehende Wertaufholungsgebot nach § 280 HGB ist nach Einführung des § 253 Abs. 5 HGB durch das BilMoG für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2009 begonnen haben, rechtsformunabhängig zu beachten. Ein niedrigerer Wertansatz darf dann grundsätzlich nicht mehr beibehalten werden, soweit die Gründe für die außerordentliche Abschreibung der Mitgliedschaft in späteren Geschäftsjahren entfallen. 3. Die stille Gesellschaft in der Gewinn- und Verlustrechnung sowie im Anhang

13.87 Gewinne des stillen Gesellschafters stellen für ihn Erträge aus Teilgewinnabführungsverträgen, Verluste Aufwendungen aus Verlustübernahme dar141. Gesellschaftsrechtlich entstehen diese Gewinnansprüche grundsätzlich erst mit der Bilanzaufstellung des Unternehmens, an dem die Beteiligung besteht. Nach allgemeinen Regeln sind sie auch erst zu diesem Zeitpunkt zu bilanzieren. In Fällen, in denen zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter aber wirtschaftliche Verflechtungen bestehen, ist nach der Rechtsprechung der Gewinn beim Stillen in der gleichen Periode zu bilanzieren wie in der Bilanz des Inhabers (vgl. Rz. 8.108). 13.88 Kapitalgesellschaften müssen gemäß § 285 Nr. 11 i.V.m. § 271 Abs. 1 HGB im Anhang Angaben über Anteile an anderen Unternehmen machen, wenn die Anteile mindestens 20 % des Kapitals des Unternehmens betragen. Allerdings gelten stille Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter nicht als Anteile i.S. dieser

139 BGBl. I 2009, 1102. 140 Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 134. 141 Schmidt/Peun in Beck’scher BilanzKomm., § 275 HGB Rz. 207, § 277 Rz. 23; Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 275 HGB Rz. 300; Westerfelhaus, DB 1988, 1173 (1179); Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 580 (594); a.A. Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 136.

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Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.90 § 13

Vorschrift, so dass mit der h.M. eine Angabepflicht nur für eigenkapitalähnliche stille Beteiligungen anzuerkennen ist142.

V. Behandlung der stillen Gesellschaft nach IFRS/IAS 1. Allgemeines a) Bedeutung und Anwendungsbereich In den letzten Jahren haben internationale Rechnungslegungsstandards immer mehr an Bedeutung gewonnen. Nicht nur international aufgestellte Unternehmen sind heute gezwungen, sich mit dieser Materie zu befassen. Mit Verordnung vom 19.7.2002143 hat der europäische Gesetzgeber einheitliche Rechnungslegungsstandards für die konsolidierten Jahresabschlüsse börsennotierter Unternehmen erlassen (Art. 4 IFRS-VO). Die Verordnung ist unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht (Art. 288 AEUV) und verpflichtet die kapitalmarktorientierten Unternehmen dazu, ihren Konzernabschluss nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) aufzustellen. Relevanz erlangen die IFRS aber nicht nur bei konsolidierten Abschlüssen börsennotierter Gesellschaften. Der nationale Gesetzgeber hat mit § 315a Abs. 3 HGB, beruhend auf Art. 5 IFRS-VO, ein Wahlrecht für Konzernabschlüsse nicht börsennotierter Unternehmen geschaffen. Die IFRS verfolgen dabei das Ziel, Investoren am Kapitalmarkt mit aktuellen, entscheidungsrelevanten Informationen über die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu versorgen und international vergleichbar zu machen144. Die weltweite Verständlichkeit und Anerkennung wird dadurch verstärkt, dass die IFRS stark an die in den Vereinigten Staaten verbindlichen US-GAAP angenähert sind.

13.89

Einzelabschlüsse müssen weiterhin nach nationalen Rechnungslegungsstandards aufgestellt werden. Dies ist schon deshalb verständlich, weil die Bilanzierung nach IFRS anderen Bewertungsprinzipen folgt und damit nicht als Grundlage für die Gewinnausschüttung (§ 58 Abs. 4 AktG, § 29 Abs. 1 GmbHG, § 120 Abs. 1, § 167 Abs. 1 HGB) oder die steuerliche Gewinnermittlung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) geeignet ist145. Fakultativ können Unternehmen daneben einen Abschluss auf IFRS-Basis erstellen. Dies kann vor allem zur besseren Information potentieller Anleger empfehlenswert sein und wird vom Gesetzgeber dadurch begünstigt, dass dieser Abschluss statt des HGBAbschlusses veröffentlicht werden kann (§ 325 Abs. 2a HGB). Für Zwecke der Ausschüttungsbemessung und der Besteuerung ist aber auch weiterhin ein HGB-Einzelabschluss aufzustellen.

13.90

142 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 285 HGB Rz. 226; a.A. Felix, BB 1987, 1495, der aber verkennt, dass in § 286 Abs. 3 Satz 2 HGB nicht über die stille Gesellschaft, sondern über das Unternehmen des Inhabers zu berichten ist. 143 Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 v. 19.7.2002 – IFRS-VO, ABl. EU Nr. L 243, S. 1, zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVO (EG) 297/2008 v. 11.3.2008, ABl. EU Nr. L 97, S. 62. 144 Vgl. den zweiten Erwägungsgrund zur IFRS-VO. 145 Vgl. RegE zum BilReG, BR-Drucks. 326/04, S. 44 f.

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§ 13 Rz. 13.91 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

b) Bilanzierungsgrundsätze nach IFRS/IAS

13.91 Die IFRS verfolgen einen stark objektivierten Maßstab. Das Informationsinteresse von Anlegern (decision usefulness) steht stärker im Vordergrund als das in Deutschland traditionell stark ausgeprägte Vorsichtsprinzip zum Schutz der Gläubiger. Daher unterscheiden sich die Prinzipien der internationalen Rechnungslegung bzw. deren Gewichtung teilweise erheblich von den deutschen Bilanzierungsgrundsätzen. Systemtragendes Prinzip ist – neben dem auch im deutschen Recht vorherrschenden Prinzip der Periodenabgrenzung (§ 242 Abs. 1 Satz 1 HGB bzw. IASC-F. 22146, accrual basis) und Unternehmensfortführung (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB bzw. IASC-F. 23, going concern) – der Grundsatz der fair presentation (IAS 1.7). In erster Linie soll die Bilanz eine wirklichkeitsgetreue Darstellung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens für den Anleger darstellen (true and fair view, IASC-F. 46). Hierzu müssen die Informationen im Jahresabschluss verständlich (understandability, IASC-F. 25), entscheidungserheblich (relevance and materiality, IASC-F. 26–30), zuverlässig und vollständig (reliability and completeness, IASC-F. 31, 32 und 38) sowie mit früheren Abschlüssen und Abschlüssen anderer Unternehmen vergleichbar sein (comparability, IASC-F. 39–42). Das Vorsichtsprinzip (prudence, IASC-F. 37) spielt im Vergleich zum deutschen Bilanzrecht eine eher untergeordnete Rolle147. Geschäfte sind nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt und nicht nach formaljuristischen Kriterien zu beurteilen (substance over form, IASC-F. 35). Unterschiede zeigen sich vor allem in den weniger strikten Aktivierungs-, Passivierungs- und Bewertungsvorschriften der IFRS, die im Vergleich zum nationalen Recht weitere Gestaltungsspielräume eröffnen, u.a. bei der Bewertung von immateriellen Vermögenswerten und Zeitwerten148. Eine gewisse Annäherung in diesem Punkt hat durch das BilMoG stattgefunden (siehe Rz. 13.33). 13.92 Keinerlei Aussagen treffen die IFRS zu Funktionen des Eigenkapitals oder seiner gesellschaftsrechtlichen Bedeutung149. Detailliertere Vorschriften enthalten die IFRS/ IAS allerdings über Angabe und Darstellung sowie Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten. Für die bilanzielle Erfassung der stillen Beteiligung stellen sich wiederum zwei Fragen: zum einen, wie die stille Beteiligung im Jahresabschluss des Inhabers (vgl. Rz. 13.93 ff.), zum anderen wie sie im Abschluss eines rechnungslegungspflichtigen stillen Gesellschafters zu bilanzieren ist (vgl. Rz. 13.107 ff.).

146 Das sog. Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statements (Rahmenkonzept des ehem. IASC für die Aufstellung und Darstellung von Abschlüssen) beinhaltet Rahmengrundsätze und Leitlinien der Rechnungslegung, ist aber kein eigener Standard (IASC-F. 2). Es ist, von Ausnahmefällen abgesehen (z.B. bei ausdrücklichem Verweis, IAS 8.11 (b)), nicht unmittelbar für die Bilanzierung maßgeblich. Bei Divergenzen zu IFRS/IAS gehen die Standards vor (IASC-F. 2, 3). Es dient vor allem als Grundlage für die Neu- und Weiterentwicklung eines einheitlichen Konzepts durch das IASB und den nationalen Gesetzgeber (IASC-F. 1 (a)-(c)), aber auch als Leitlinie für die Aufstellung (IASC-F. 1 (d)) und Interpretation (IASC-F. 1 (e), (f)) von Abschlüssen nach internationalen Standards. 147 Memento Bilanzrecht für die Praxis, Rz. 2.123. 148 Thiel/Lüdtke-Handjery, Bilanzrecht, Rz. 64. 149 Schild/Follert/Behr, ZGR 2018, 735 (741).

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Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.96 § 13

2. Erfassung der stillen Beteiligung in der Rechnungslegung des Inhabers Auch bei Bilanzierung nach den internationalen Rechnungslegungsvorschriften IFRS/ IAS ist zu bestimmen, ob die jeweiligen stille Beteiligung als Fremd- oder Eigenkapital auszuweisen ist. Die Qualifikation der stillen Einlage als Fremd- oder Eigenkapital richtet im Fall der stillen Einlage nach IAS 32 „Finanzinstrumente: Darstellung“ und IAS 39 „Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung“.

13.93

a) Bilanzierung nach IAS 32 Obwohl IAS 32 detaillierte Regelungen über Angabe und Darstellung von Finanzinstrumenten enthält, sucht man eine Vorschrift über die Bilanzierung stiller Beteiligungen vergeblich, was sich schon dadurch erklären lässt, dass diese hybride Finanzierungsform den meisten europäischen Staaten (insbesondere dem englischen Recht) unbekannt ist. Ob die Beteiligung nach IFRS/IAS als Eigenkapital ausgewiesen werden kann, richtet sich demnach nach den allgemeinen Vorschriften. Eine positive Definition von Eigenkapital existiert nicht. Nach der Konzeption der IFRS-Rechnungslegung stellt das Eigenkapital den Restwert der Vermögenswerte des Unternehmens nach Abzug aller Schulden dar (vgl. IASC-F. 49 (c)). Die stille Beteiligung kann daher nur dann als Eigenkapital bilanziert werden, wenn sie nicht als (unter Umständen langfristige) Verbindlichkeit zu erfassen ist.

13.94

Nach IAS 32.17 hängt die Einordnung eines Finanzinstruments (IAS 32.16) maßgeblich davon ab, ob eine vertragliche Verpflichtung des Emittenten zur Abgabe flüssiger Mittel an den Inhaber des Finanzinstruments besteht. In dieser Hinsicht sind bei der stillen Gesellschaft zwei Gestaltungsmöglichkeiten denkbar. Zum einen kann die Gesellschaft auf bestimmte Zeit geschlossen werden, dann existiert der Anspruch des Gesellschafters auf sein Auseinandersetzungsguthaben bereits von Anfang an. Dabei führt die Nachrangigkeit oder Langfristigkeit der Kapitalüberlassung nach der Konzeption des IAS 32 zu keinem anderen Ergebnis150. Die stille Gesellschaft ist deshalb eine finanzielle Verbindlichkeit nach IAS 32.11.

13.95

Die stille Gesellschaft kann aber auch auf unbestimmte Zeit eingegangen werden. Der Auseinandersetzungsanspruch entsteht in diesem Fall erst mit Auflösung der Gesellschaft. Aus IAS 32.18 (b) und 32.19 (b) folgt aber, dass der Rückzahlungsanspruch nicht zwingend von Beginn an bestehen muss, sondern ein Finanzinstrument bereits dann als Fremdkapital zu qualifizieren ist, wenn dem Inhaber ein Kündigungsrecht zusteht (puttable instruments) bzw. sich der Emittent dem Rückzahlungsanspruch nicht entziehen kann. Ein gesetzliches Kündigungsrecht steht bilanziell einem vertraglichen Kündigungsrecht gleich (vgl. auch IAS 32.13)151. Demnach sind alle Finanzinstrumente, die pflichtgemäß oder wahlweise einen Rückzahlungsanspruch begründen können, als Verbindlichkeiten zu behandeln152. Unberücksichtigt bleibt dabei, ob

13.96

150 M. Schmidt, BB 2006, 1563 (1563); Kuhn/Scharpf, Rechnungslegung von Financial Instruments nach IFRS, Rz. 3880. 151 Kuhn/Scharpf, Rechnungslegung von Financial Instruments nach IFRS, Rz. 3720. 152 So auch Küting/Dürr, DB 2005, 1529 (1530); Schaber/Kuhn/Eichhorn, BB 2004, 315 (318); Schimpfky/Schneider in Bösl/Sommer, Mezzanine Finanzierung, S. 152.

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§ 13 Rz. 13.96 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

der vom Unternehmen zu zahlende Betrag noch nicht feststeht (z.B. weil es sich um eine Residualgröße handelt), ob das Kündigungsrecht langen Kündigungsfristen unterliegt oder ob der Inhaber sein Kündigungsrecht bereits ausgeübt hat153. Aus der Tatsache wiederum, dass das ordentliche Kündigungsrecht bei der auf unbestimmte Zeit eingegangenen stillen Gesellschaft nicht ausgeschlossen, sondern höchstens modifiziert werden kann (Rz. 14.23), ergibt sich, dass die stille Beteiligung auch bei Eingehung auf unbestimmte Zeit grundsätzlich als Verbindlichkeit ausgewiesen werden muss154. Für die typisch stille Gesellschaft hat ein Ausweis als Verbindlichkeit auch deswegen zu erfolgen, weil der typisch stille Gesellschafter nicht an den stillen Reserven des Geschäftsinhabers beteiligt ist und es dem Stillen damit für einen Ausweis seiner Einlage als Eigenkapital an einem beteiligungsproportionalen Anspruch an dem Nettovermögen der Gesellschaft fehlt155. Prinzipiell ist es nach IAS/IFRS aber nicht relevant, ob es sich um eine typisch stille Gesellschaft gemäß §§ 230–236 HGB oder um eine atypisch stille Gesellschaft handelt. In beiden Fällen wir die stille Beteiligung als finanzielle Verbindlichkeit qualifiziert. Dabei erfolgt der Ausweis gemäß IAS 1.88 (j) unter den sonstigen Verbindlichkeiten. Um das Verständnis der Finanzlage des Geschäftsinhabers zu verbessern, kann gemäß IAS 1.69 und IAS 1.74 ein gesonderter Posten für die stille Beteiligung gebildet werden.

13.97 Nach der Gegenansicht von Werner156 soll hingegen eine Bilanzierung als Eigenkapital möglich sein, wenn der stille Gesellschafter an den Verlusten des Geschäftsbetriebs beteiligt ist157. Bei einer entsprechenden Vereinbarung und tatsächlich eingetretenen Verlusten habe der Gesellschafter nämlich gerade keinen Anspruch auf Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens. Eine Lösung, wonach je nach momentan bestehendem Auseinandersetzungsanspruch die Beteiligung als Eigen- oder Fremdkapital qualifiziert wird, erscheint aber nicht praktikabel. 13.98 Zielführender erscheint der Einwand, dass bereits bei Eingehung der Gesellschaft der Rückzahlungsanspruch nicht unbedingt ist. Insbesondere unter Berücksichtigung des substance over form-Prinzips (IASC-F. 35) könnte die Einordnung als Eigenkapital treffender sein; immerhin ist dies nach deutschem Recht bei entsprechender Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags anerkannt (vgl. Rz. 13.24 ff.). Zu betonen ist aber, dass der Grundsatz des IASC-F. 35 keine unmittelbare Geltung beansprucht, sondern durch IAS 32 ausgeformt wird. Zwar enthält IAS 32.18 einen entsprechenden Hinweis auf die Maßgeblichkeit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, wird aber in IAS 32.18 (b) weiter konkretisiert. Danach ist ein Finanzinstrument selbst dann als finanzielle Verbindlichkeit zu qualifizieren, wenn die Höhe des Betrags an abfließenden finan153 M. Schmidt, BB 2006, 1563 (1563). 154 So auch Schimpfky/Schneider in Bösl/Sommer, Mezzanine Finanzierung, S. 152; Scheffler, Eigenkapital im Jahres- und Konzernabschluss nach IFRS, S. 59, 45; Lüdenbach in Lüdenbach/Hoffmann, IFRS-Kommentar, § 20 Rz. 8, LS: Wirt 762/8; Heuser/Theile, IFRSHandbuch, Rz. 2060 (Mezzanine Kapital); Küting/Dürr, DB 2005, 1529 (1532 f.). 155 Jacob, Eigenkapital deutscher Personengesellschaften nach IFRS/IAS, S. 60. 156 Werner, Stilles Gesellschaftskapital, S. 78 f. 157 Der von Werner, Stilles Gesellschaftskapital, S. 78 vorgeschlagene Ausschluss des Kündigungsrechts ist nach der hier vertretenen Auffassung (Rz. 14.23) nicht möglich.

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Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.100 § 13

ziellen Mitteln durch die Vermögenswerte des Emittenten (Residualanspruch) bestimmt wird. Insofern ist die stille Beteiligung grundsätzlich als Verbindlichkeit zu bilanzieren. b) IAS 32-Amendment (IAS 32.16A und 16B) Die Qualifikation von Finanzinstrumenten als Fremdkapital bei einer (gesetzlichen) Kündigungsmöglichkeit des Investors führte aber auch zu dem aus deutscher Sicht befremdlichen Ergebnis, dass sogar die Einlagen der Gesellschafter von Personengesellschaften – nach HGB ein eindeutiger Fall von Eigenkapital – in der IFRS-Bilanz als Verbindlichkeiten ausgewiesen werden mussten. Auch hier kann ein Kündigungsrecht der Gesellschafter nicht ausgeschlossen werden (§ 723 Abs. 3 BGB). Dies wurde zwar zum Teil in der Literatur bestritten158; IAS 32 lässt aber insofern keinen Raum für eine „berichtigende“ Auslegung159. Zu Recht wurde die Sachrichtigkeit dieses Ergebnisses bezweifelt160. Neben den für deutsche Bilanzadressaten ungewohnten Bezeichnungsvorgaben führte die geltende Rechtslage zu evident sachwidrigen Bewertungsfolgen. Die potentielle Rückzahlungsverpflichtung war mit dem Verkehrswert (fair value) zu bewerten, die Wertänderung als Ertrag oder Aufwand zu erfassen. Je positiver sich der anteilige Unternehmenswert entwickelte, je besser es also dem Unternehmen ging, desto schlechter fiel die Abbildung der wirtschaftlichen Situation in der Bilanz aus161.

13.99

Das IASB hat hierauf reagiert und am 22.6.2006 einen Reformentwurf162 in Form eines Zusatzes zu IAS 32 (IAS 32-Amendment) zur Diskussion gestellt. Am 14.2.2008 hat das IASB mit Wirkung zum 1.1.2009 die Amendments to IAS 32 (Financial Instruments: Presentation and IAS 1 Presentation of Financial Statements: Puttable Financial Instruments and Obligations Arising on Liquidation) formell verabschiedet, welche sich vom Reformentwurf aus dem Jahre 2006 jedoch erheblich unterscheiden163. Die Änderung führt dazu, dass wenigstens die Einlagen von Personengesellschaftern als Eigenkapital bilanziert werden können164. Zu untersuchen ist daher, ob es Ausgestaltungsformen der stillen Gesellschaft geben kann, die einen Ausweis der stillen Beteiligung als Eigenkapital ermöglichen.

13.100

158 Lüdenbach/Hoffmann, BB 2004, 1042; Hoffmann, DB 2005, 404 sowie Hoffmann, DB 2006, 1797. 159 Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, Rz. 2052; Hoffmann IDW, RS HFA 9, Tz. 49; wovon im Übrigen auch das IASB ausgeht, vgl. nur die Begründung zum Reformentwurf des IASB. 160 Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, Rz. 2050, das IASB habe sich mit der Regelung „ohne Not in eine Sackgasse manövriert“. 161 Vgl. Lüdenbach/Hoffmann, BB 2004, 1042 (1047). 162 Exposure Draft of Proposed Amendments to IAS 32 Financial Instruments: Presentation and IAS 1 Presentation of Financial Statements: Financial Instruments Puttable at Fair Value and Obligations Arising on Liquidation, abrufbar unter https://www.iasb.org. 163 Anerkennungsverfahren (Endorsement) der Europäischen Kommission abgeschlossen durch Kommissionsverordnung v. 21.1.2009, ABl. EU Nr. L 17, S. 23. 164 Baetge/Winkeljohann/Haenelt, DB 2008, 1518; M. Schmidt, BB 2008, 434.

Kauffeld | 345

§ 13 Rz. 13.101 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

13.101 Regelungskern des Zusatzes ist die Modifikation des Begriffs der finanziellen Verbindlichkeit (financial liability). Danach können auch vertraglich wie gesetzlich kündbare Finanzinstrumente (puttable financial instruments) unter bestimmten Bedingungen als Eigenkapital (equity) klassifiziert werden. Damit soll sichergestellt werden, dass auch solche Finanzinstrumente dem Eigenkapital unterfallen, die zwar durch individuelle Kündigung des Kapitalgebers dem Unternehmen entzogen werden können, jedoch in voller Höhe an Risiken und Chancen der Unternehmenstätigkeit partizipieren (sog. risk and reward approach). Rechtstechnisch realisiert dies der Entwurf weniger durch eine prinzipielle Begriffsmodifikation des Fremdkapitals165, sondern durch eine detaillierte, stark kasuistische Aufzählung der Fälle, die als kündbare Finanzinstrumente dem Eigenkapital unterfallen sollen. 13.102 Der Reformentwurf aus dem Jahre 2006 verfolgte den risk and reward approach konsequent dadurch, dass er entscheidend auf die letztrangige Haftung im Insolvenzfalle abstellte. Maßgeblich war danach, ob der Inhaber des Finanzinstruments bei Kündigung oder Liquidation nur einen Rückzahlungsanspruch zum fair value des anteiligen Nettovermögens des Unternehmens hatte166. Dies wurde dadurch konkretisiert, dass das Finanzinstrument zur letztrangigen Kapitalklasse (most subordinated class) der emittierten Finanzinstrumente gehören musste. Das trifft zwar für die typische stille Beteiligung nicht zu (vgl. § 238 Abs. 1 HGB, § 38 InsO). Nach dem Entwurf erschien es aber zumindest denkbar, dass die stille Beteiligung als Eigenkapitalinstrument ausgestaltet werden konnte. Nicht ausreichend ist hierfür, dass der stille Gesellschafter im Rang nach den übrigen Insolvenzgläubigern haftet (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Damit der Gesellschafter in die letztrangige Kapitalklasse (most subordinated class) fällt, muss er insolvenzrechtlich gleichrangig (§ 199 InsO) neben dem Inhaber des Handelsgeschäfts aus dem verbleibenden Überschuss befriedigt werden (vgl. Rz. 16.64). Anders als nach HGB (Rz. 13.29 ff.) kam es dagegen nicht auf die Langfristigkeit der Kapitalüberlassung an. Der Reformentwurf unterschied gerade zwischen unkündbaren Instrumenten (perpetual instruments), die bereits bisher als Eigenkapital zu qualifizieren waren, und den kündbaren Finanzinstrumenten (puttable instruments), die ausnahmsweise dem Eigenkapital unterfallen. In seinen Erwägungsgründen zu dem Reformentwurf (ED IAS 32-Basis for Conclusions 22) stellte das IASB zudem ausdrücklich fest, dass die (neue) Eigenkapitalklasse der instruments puttable at fair value nicht dem Prinzip der Dauerhaftigkeit der Kapitalüberlassung folgt, sondern

165 Aus diesem Grund bereits zum Reformentwurf kritisch M. Schmidt, BB 2006, 1563 (1565); das IASB betont aber selbst, dass es sich bei dem Zusatz zu IAS 32 nur um kurzfristige Änderungen handelt und langfristige Projekte des IASB davon nicht berührt werden. 166 Kumulativ mussten hierzu folgende Voraussetzungen erfüllt sein (vgl. ED IAS 32.11): (a) Das Finanzinstrument muss zum beizulegenden Zeitwert (fair value) des anteiligen Nettovermögens des Unternehmens (pro rata share of the net assets of the entity) emittiert werden. (b) Das Instrument verpflichtet den Emittenten bei Kündigung nur zur Rückzahlung zum fair value des anteiligen Nettovermögens des Unternehmens. (c) Im Fall der Liquidation ist der Inhaber nur i.H. seines anteiligen Nettovermögenswerts berechtigt.

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Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.106 § 13

ging davon aus, dass mit einer Abfindung zum fair value des anteiligen Nettovermögenswerts eine Schädigung der übrigen Kapitalgeber ausgeschlossen wird. Im Standard Setting-Verfahren ist der Reformentwurf erheblich modifiziert und durch eine Vielzahl weiterer Kriterien erweitert worden. Nach IAS 32.16A kann ein kündbares Finanzinstrument dann als Eigenkapital klassifiziert werden, wenn es (a) den Inhaber des Instruments im Falle der Liquidation berechtigt, seinen anteiligen Nettovermögenswert einzufordern, (b) zur letztrangigen Kapitalklasse gehört, (c) alle kündbaren Finanzinstrumente der letztrangigen Kapitalklasse dieselben Merkmale aufweisen, (d) außer der Verpflichtung des Unternehmens im Falle der Kündigung das Instrument zurückzunehmen, den Emittenten zu keinen anderen finanziellen Leistungen verpflichtet und (e) der erwartete Zahlungsstrom über dessen Laufzeit substanziell auf dem Jahresergebnis, den Änderungen des Buchwerts des Nettovermögens oder der Änderung des Unternehmenswerts basiert.

13.103

Insbesondere das Merkmal, dass alle Instrumente der letztrangigen Kapitalklasse dieselben Merkmale (identical features) aufweisen müssen, erweist sich bei der Ausgestaltung der stillen Beteiligung als schwierig. Ob hierfür bereits die unterschiedliche Form der Haftung im Außenverhältnis ausreicht, erscheint zweifelhaft. Für eine rein bilanzielle – am risk and reward approach orientierte – Betrachtungsweise kann dies sinnvollerweise keinen Unterschied machen. Ebenso verhält es sich mit Regelungen über die Geschäftsführung und Vertretung. Bezeichnenderweise enthalten auch die Beispiele in IAS 32.16A (c) lediglich einen Verweis auf die Kündbarkeit und die Berechnungsmethode für den Abfindungsanspruch und betreffen damit ausschließlich finanzielle Gestaltungsmerkmale167. Die Stellung des stillen Gesellschafters ist aber auch in finanzieller Hinsicht praktisch immer unterschiedlich zur Stellung des Inhabers ausgestaltet. Die stille Beteiligung dürfte sich daher auch in Zukunft nicht als Mezzanines Finanzierungsinstrument zur Aufbesserung des Eigenkapitals in IFRS-Bilanzen eignen.

13.104

c) Bewertung der Einlage Sobald die stille Einlage dem Geschäftsinhaber zufließt, ist sie zu bewerten. Die Bewertung hat beim Zufluss mit dem fair value gemäß IAS 39.43 zu erfolgen168. Nach IAS 39.48 entspricht der beizulegende Zeitwert dem Wert der Gegenleistung bzw. dem erhaltenen Betrag an flüssigen Mitteln oder anderen finanziellen Vermögenswerten.

13.105

Als finanzielle Verbindlichkeiten ist die stille Einlage entweder in der Kategorie „other liabilities“ oder in der Kategorie „financial liabilities at fair value through profit or loss“ zuzuordnen. Im letzteren Fall erfolgt bei jeder Folgebewertung der stillen Einlage die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert. Üblicherweise ist die stille Einlage aber als „other liabilities“ einzuordnen, sodass dann gemäß IAS 39.47 die Bewer-

13.106

167 Ebenso Baetge/Winkeljohann/Haenelt, DB 2008, 1518 (1519); insbesondere zu Buchwertklauseln bei der Abfindung M. Schmidt, BB 2008, 434 (435 f.). 168 Bächer, Bilanzierung von Mezzanine-Kapital, S. 47.

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§ 13 Rz. 13.106 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

tung mit den fortgeführten Anschaffungskosten unter Beachtung der Effektivzinsmethode erfolgt. Die Bilanzierung der stillen Gesellschaft als Fremdkapital hat zur Folge, dass die Ergebnisanteile des Stillen erfolgswirksam im Periodenergebnis erfasst werden169. 3. Erfassung der stillen Beteiligung in der Rechnungslegung des stillen Gesellschafters

13.107 Beim stillen Gesellschafter stellt die Beteiligung einen finanziellen Vermögenswert i.S. von IAS 32.11 (financial asset) dar. Die Darstellung in der Bilanz richtet sich nach der beabsichtigten Verwendung und Haltedauer unter Angabe der Bezeichnung des Finanzinstruments170. Nach IAS 39.45 wird zwischen vier verschiedenen Kategorien für Finanzinstrumente unterschieden: (a) Finanzielle Vermögenswerte, die erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden (financial assets at fair value through profit or loss), (b) bis zur Endfälligkeit gehaltene Finanzinvestitionen (held-to-maturity Investments), (c) Kredite und Forderungen (loans and receivables) und (d) zur Veräußerung verfügbare Vermögenswerte (available-for-sale financial assets). Die erstmalige Bewertung erfolgt nach IAS 39.43 bei allen Instrumenten mit dem beizulegenden Zeitwert (fair value). Unterschiede ergeben sich bei der Folgebewertung des Vermögenswerts. Nach IAS 39.46 ist bei finanziellen Vermögenswerten, die erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden sowie bei zur Veräußerung verfügbaren Vermögenswerten auch bei der Folgebewertung der beizulegende Zeitwert maßgeblich, während bis zur Endfälligkeit gehaltene Finanzinvestitionen und Kredite und Forderungen mit den fortgeführten Anschaffungskosten anzusetzen sind. 4. Angaben im Anhang

13.108 Zu den finanziellen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten sind im Anhang des Jahresabschlusses umfangreiche Angaben zu machen. Gemäß IAS 32.51-95 sind die Adressaten des Abschlusses insbesondere über Umfang und Art des Finanzinstruments sowie wesentliche Vertragsbedingungen, die Einfluss auf die Höhe, den Zeitpunkt und die Wahrscheinlichkeit des Eintritts künftiger Cash-Flows haben, zu informieren171. Zudem sind Angaben über die angewendeten Bilanzierungs- und Bewertungskriterien sowie die Bewertungsmethoden zu machen.

VI. Zusammenfassung 13.109 Zur Buchführung und Bilanzierung ist regelmäßig nur der Inhaber verpflichtet; den stillen Gesellschafter treffen entsprechende Pflichten nur, wenn er selbst Kaufmann ist. Die stille Gesellschaft als solche ist hingegen nie Trägerin von Buchführungs- und 169 Bächer, Bilanzierung von Mezzanine-Kapital, S. 48. 170 Schimpfky/Schneider in Bösl/Sommer, Mezzanine Finanzierung, S. 152. 171 Schimpfky/Schneider in Bösl/Sommer, Mezzanine Finanzierung, S. 154.

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Buchführung und Jahresabschluss | Rz. 13.109 § 13

Bilanzierungspflichten. Inhaber und gegebenenfalls stiller Gesellschafter haben die Geschäftsvorfälle, die sich aus der stillen Beteiligung ergeben, in ihrer Finanzbuchhaltung zu erfassen und die entsprechenden Vermögensgegenstände und rechtlichen Verpflichtungen in ihrer Bilanz darzustellen. In der Bilanz des Inhabers hängt der Ausweis der Beteiligung des stillen Gesellschafters von ihrer zivilrechtlichen Ausgestaltung ab. Grundsätzlich sind unbefristete, nachrangige Beteiligungen mit Verlustbeteiligung als eigenkapitalähnlich anzusehen. Ihre Darstellung erfolgt in einem Untergliederungspunkt des Eigenkapitals. Andere Beteiligungen haben überwiegenden Fremdkapitalcharakter. Sie werden regelmäßig unter den „sonstigen Verbindlichkeiten“ erfasst. Die Höhe des Ausweises der Beteiligung in der Bilanz richtet sich grundsätzlich nach dem Auseinandersetzungsanspruch des stillen Gesellschafters172. Aktivierungsfähige Einlageleistungen des stillen Gesellschafters sind unter dem Bilanzposten auszuweisen, der der Art des geleisteten Vermögensgegenstandes entspricht. Gewinne des stillen Gesellschafters erhöhen ohne besondere vertragliche Vereinbarung nicht seine Einlage und sind deshalb auf einem gesonderten Verbindlichkeitenkonto zu verbuchen. Verluste gehen zu Lasten seines Einlagekontos. Eigenkapitalähnliche Beteiligungen an einzelkaufmännisch betriebenen Unternehmen oder Personengesellschaften können auf Grund vorheriger Verluste ein negatives Einlagekonto aufweisen. In der Gewinn- und Verlustrechnung stellt der stille Gesellschaftsvertrag einen Teilgewinnabführungsvertrag dar. Soweit der stille Gesellschafter eine Bilanz aufstellt, erfolgt der Ausweis seiner Mitgliedschaft in der stillen Gesellschaft grundsätzlich unter dem Posten „A. III. Finanzanlagen“. Sie ist unter dem Unterposten „A. III. 6. sonstige Ausleihungen“ darzustellen, wenn der stille Gesellschafter mit seiner stillen Beteiligung keine unternehmerischen Interessen verfolgt, andernfalls unter dem Posten „A. III. 3. Beteiligungen“. Die Höhe des Ausweises richtet sich nach den Anschaffungskosten, zu denen auch auf dem Einlagekonto stehen gelassene Gewinnanteile des stillen Gesellschafters gehören. Ist der Wert der Mitgliedschaft des stillen Gesellschafters durch Verluste oder auf sonstige Weise gemindert, sind entsprechende außerordentliche Abschreibungen zu tätigen. Prinzipiell ist es nach IAS/IFRS nicht relevant, ob es sich um eine typisch stille Gesellschaft gemäß §§ 230–236 HGB oder um eine atypisch stille Gesellschaft handelt. In beiden Fällen wir die stille Beteiligung als finanzielle Verbindlichkeit qualifiziert. Die stille Beteiligung dürfte sich daher auch in Zukunft nicht als Mezzanines Finanzierungsinstrument zur Aufbesserung des Eigenkapitals in IFRS-Bilanzen eignen.

172 Ausnahme bei eigenkapitalähnlichem Charakter: Höhe der Bilanzierung als Eigenkapital hängt von der Höhe der Einlageleistung ab. Bei Differenzbetrag Passivierung des Disagios als Aufwendung, siehe Rz. 13.42.

Kauffeld | 349

§ 14 Auflösung der stillen Gesellschaft Schrifttum: Blaurock, Uwe, Anmerkung zu BGH v. 7.2.1994, EWiR § 230 HGB 1/94, 584; Blaurock, Uwe, Die Stellung des stillen Gesellschafters bei Sanierung des Geschäftsinhabers im Insolvenzplanverfahren, in Festschrift für Rolf Stürner zum 70. Geburtstag, 2013, Bd. I, S. 659; Blaurock, Uwe/Pordzik, Philipp, Die Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft, NZG 2018, 81; Geck, Reinhard, Die Auflösung der stillen Gesellschaft unter besonderer Berücksichtigung der Auseinandersetzung, DStR 1994, 657; Glenk, Hartmut, Die typische stille Beteiligung an einer GmbH aus Sicht des Gesellschaftsrechts, INF 1995, 176; Glenk, Hartmut, Die atypische stille Beteiligung an einer GmbH aus Sicht des Gesellschaftsrechts, INF 1995, 401; Gottwald, Peter, Insolvenzrechts-Handbuch, 4. Aufl. 2010; Hartmann, Bernhard, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983; Knieper, Rolf/Fromm, Hartmut, Erbrecht und Gesellschaftsrecht bei der Gesellschafternachfolge, NJW 1980, 766; Mock, Die Insolvenz des Gesellschafters – der tote Winkel des Insolvenzrechts?!, in Festschrift für Gerhard Pape zum 65. Geburtstag, 2019, S. 223; Reusch, Peter, Anmerkung zu BGH v. 8.7.1992, WuB II H. § 235 HGB, S. 439; Schmidt, Karsten, Das Vollstreckungs- und Insolvenzrecht der stillen Gesellschaft, KTS 1977, 1; Siebert, Wolfgang, Aktuelle Rechtsfragen zur Mitgliedschaft in Personengesellschaften, StbJb. 1955/56, 299 f., 316 f.; Siebert, Wolfgang, Die Nachfolge von Todes wegen in die Mitgliedschaft des Gesellschafters einer Offenen Handelsgesellschaft, NJW 1955, 809; Sudhoff, Heinrich/Sudhoff, Martin, Die stille Beteiligung bei Umwandlung des „Hauptunternehmens“ in eine GmbH oder GmbH & Co, GmbHR 1981, 235; Tassius, Isabelle, Die Innen-KG, 2019; van Venrooy, Gerd J., Unwirksamkeit der unzeitigen Kündigung in den gesetzlich geregelten Fällen, JZ 1981, 53.

I. Das Wesen der Auflösung 14.1 Die Auflösung der stillen Gesellschaft – auch in atypischer Gestalt – unterscheidet sich in ihrem Wesen grundlegend von der Auflösung der handelsrechtlichen Personen- und Kapitalgesellschaften. Es sind zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter nur schuldrechtliche Beziehungen abzuwickeln. Eine Liquidation im eigentlichen Sinne findet nicht statt. Das Handelsgeschäft als solches bleibt bestehen und wird in der Regel ohne Veränderung seiner Grundlagen vom Inhaber weitergeführt. Deshalb wird die Auflösung auch nicht in das Handelsregister eingetragen. 14.2 Dass es bei der stillen Gesellschaft – auch bei der atypischen stillen Gesellschaft – nicht zu einer Liquidation im rechtstechnischen Sinne kommt, erklärt sich daraus, dass es kein Gesellschaftsvermögen, keine Gesellschaftsforderungen und keine Gesellschaftsschulden gibt, die im Interesse der Gläubiger in einem besonderen Verfahren abgewickelt werden müssten. Der Inhaber ist und bleibt Eigentümer des Handelsgeschäfts, und er ist und bleibt auch nach der Auflösung der stillen Gesellschaft seinen Gläubigern verhaftet. Er ist demzufolge auch nicht Liquidator; § 147 HGB findet keine Anwendung. Er kann nicht wie ein Liquidator abberufen und durch einen anderen Liquidator ersetzt werden. Kommt er seinen ihm in Ansehung der „Auseinandersetzung“ obliegenden Pflichten nicht ordnungsgemäß nach, so kann der stille Gesell350 | Blaurock

Auflösung der stillen Gesellschaft | Rz. 14.5 § 14

schafterseine berechtigten Interessen im Wege einstweiliger Verfügungen sichern lassen und Schadensersatzansprüche geltend machen. Im Zeitpunkt der Auflösung hört die stille Gesellschaft auf, ihren bisherigen Gesellschaftszweck, den Betrieb des Handelsgewerbes im Ganzen zu gemeinsamem Nutzen, zu verfolgen; entgegen der h.M. besteht sie aber mit dem Zweck der Abwicklung der schwebenden Geschäfte zu gemeinsamem Nutzen fort, bis die Auseinandersetzung abgeschlossen ist1. Sie geht nicht sofort unter, sondern besteht als Abwicklungsgesellschaft weiter2, wobei sich die gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten der Beteiligten entsprechend dem veränderten Zweck anpassen. Die Gesellschafter sind nicht mehr verpflichtet, den primären Gesellschaftszweck z.B. durch Leistung der Einlage oder Fortführung des Handelsgeschäftes zu fördern, aber sie sind verpflichtet, die schwebenden Geschäfte abzuwickeln, das Endguthaben des Stillen zu ermitteln und dieses auszuzahlen oder einen etwaigen Passivsaldo zu decken. Da der primäre Gesellschaftszweck fortgefallen ist, erlöschen bestehende Wettbewerbsverbote. Etwaige Geschäftsführungsbefugnisse des stillen Gesellschafters, die auf dem Gesellschaftsvertrag beruhen, gelten zu seinen Gunsten als fortbestehend, bis er von der Auflösung Kenntnis erlangt oder sie kennen muss (§ 729 BGB), es sei denn, die Gesellschaft wurde durch Kündigung aufgelöst.

14.3

Die h.M. nimmt hingegen an, dass die Auflösung der stillen Gesellschaft zugleich deren Vollbeendigung zur Folge hat. Die hierfür vorgetragene Begründung, bei der stillen Gesellschaft sei kein Gesamthandsvermögen abzuwickeln, ist zwar sachlich richtig, trägt aber nicht den Schluss, dass für den Zeitraum, in dem noch gemeinsame Geschäfte schweben, der stille Gesellschafter nicht noch Rechte aus dem Gesellschaftsvertrag hat. Dies gilt insbesondere für das Informationsrecht aus § 233 HGB3. Die h.M. muss in diesem Fall den stillen Gesellschafter auf ein Einsichtsrecht in die Bücher gemäß § 810 BGB beschränken4.

14.4

Der Stille nimmt nicht mehr am Gewinn und Verlust künftiger Geschäfte teil. Nur am Gewinn und Verlust der zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäfte bleibt er beteiligt (vgl. hierzu Rz. 15.64). Bestanden zwischen ihm und dem Inhaber auch außergesellschaftliche, individualrechtliche Rechtsbeziehungen (Lieferungs-, Anstellungs-, Miet-, Pacht-, Darlehensverträge), so werden sie durch die Auflösung der stil-

14.5

1 Ebenso Roth in Baumbach/Hopt, § 234 HGB Rz. 1; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 174; Blaurock/Pordzik, NZG 2018, 81 (82); Horn in Heymann, 2. Aufl. 1996, § 234 HGB Rz. 2, 13; a.A. die h.M. vgl. BGH v. 22.10.1990 – II ZR 247/89, DStR 1991, 622; BGH v. 22.6.1981 – II ZR 94/80, NJW 1982, 99 (100); Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 261, 284; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Drüen, § 234 HGB Rz. 19; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 1; Tassius, Die Innen-KG, S. 99 ff.; differenzierend K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 1; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 234 HGB Rz. 1, 39. 2 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 174. 3 Wie hier Horn in Heymann, 2. Aufl. 1996, § 235 HGB Rz. 20. 4 Insofern konsequent OLG Hamburg v. 4.3.2004 – 11 U 200/03, NZG 2004, 715 f.; das Erlöschen der Informationsrechte nach § 233 HGB ebenfalls konstatierend Mock in Röhricht/ Graf von Westphalen/Haas, § 234 HGB Rz. 3.

Blaurock | 351

§ 14 Rz. 14.5 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

len Gesellschaft an sich nicht berührt. Doch wird besonders bei Dauerschuldverhältnissen im Zweifel davon auszugehen sein, dass sie nach dem Willen der Beteiligten mit der Auflösung der Gesellschaft beendet sein sollen. Es kommt auf die Vereinbarungen und auf den im Wege der Vertragsauslegung zu ermittelnden Willen der Beteiligten an.

14.6 Sind mehrere Personen nebeneinander still an einem Handelsgewerbe beteiligt, so berührt die Auflösung einer stillen Gesellschaft nicht den Fortbestand der anderen, da diese voneinander unabhängig und hinsichtlich ihrer Existenz selbständig sind. Anderes gilt jedoch, wenn ausnahmsweise eine mehrgliedrige stille Gesellschaft vereinbart wurde5. 14.7 Entschließen sich die Gesellschafter, das Gesellschaftsverhältnis trotz Vorliegens eines Auflösungsgrundes aufrechtzuerhalten, so haben sie einander im Zweifel so zu stellen, als ob die Gesellschaft ohne Unterbrechung als werbende fortbestanden habe. Der stille Gesellschafter nimmt dann am Gewinn und Verlust der in der Zwischenzeit abgeschlossenen Geschäfte teil. Betrachtet man die Gesellschaft trotz Eintritts eines Auflösungsgrundes als fortbestehend, so ergibt sich dies von selbst. Nimmt man dagegen automatische Vollbeendigung an, so bedürfte dies einer eigenen Regelung im Gesellschaftsvertrag. Eine stillschweigende Aufrechterhaltung der auf bestimmte Zeit errichteten stillen Gesellschaft nach § 134 HGB ist jedoch nicht schon in der Fortführung des Geschäftsbetriebes durch den Inhaber zu sehen. Die Parteien müssen die Gesellschaft vielmehr als fortbestehend behandeln, vor allem im Hinblick auf die Gewinnund Verlustbeteiligung6.

II. Die Auflösungsgründe 14.8 Die Auflösungsgründe sind im Wesentlichen dieselben wie bei der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§§ 723 ff. BGB). Sie sind im Gesetz nicht abschließend aufgezählt. Es können im Gesellschaftsvertrag beliebige weitere Auflösungsgründe vereinbart werden. Systematisch können die gesetzlich zwingenden von den unter dem Vorbehalt abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelung stehenden Auflösungsgründen unterschieden werden. 14.9 Fortsetzungsklauseln entsprechend § 736 BGB kommen nur bei mehrgliedrigen stillen Gesellschaften in Betracht7. Bei auf Dauer angelegten stillen Publikumsgesellschaften empfiehlt sich ihre Vereinbarung, da ihre Gesellschafter regelmäßig den Bestand der Gesellschaft nicht von einem Auflösungsgrund abhängig machen wollen, der nur die Person eines Gesellschafters betrifft. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung ist 5 Vgl. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 2; Geck, DStR 1994, 657. 6 Horn in Heymann, 2. Aufl. 1996, § 234 HGB Rz. 4; unter dem Aspekt der Neugründung Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 234 HGB Rz. 14. 7 Goette, Anm. zu BGH v. 13.11.1995 – II ZR 235/94, DStR 1996, 31; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 56.

352 | Blaurock

Auflösung der stillen Gesellschaft | Rz. 14.13 § 14

deswegen von einer solchen stillschweigenden Fortsetzungsklausel auszugehen8. Im Zweifel gelten die Regelungen über Auflösung und Ausscheiden für Personenhandelsgesellschaften, insbesondere auch § 131 HGB, entsprechend9. 1. Auflösung durch Vereinbarung der Gesellschafter Die Gesellschafter können jederzeit beschließen, die Gesellschaft aufzulösen. Der Beschluss braucht die Auflösung nicht für sofort auszusprechen, sondern kann sie für einen bestimmten zukünftigen Zeitpunkt festlegen. Eine Auflösung der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft durch Mehrheitsbeschluss ist nur zulässig, wenn diese Möglichkeit im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist.

14.10

2. Zeitablauf, Bedingungseintritt, Erreichen und Unmöglichwerden des Zwecks a) Ablauf der im Gesellschaftsvertrag festgelegten Zeit Ist die stille Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen, so löst sie sich mit Ablauf der vorgesehenen Zeit auf. Es ist den Beteiligten nicht verwehrt, vor Ablauf der Zeit ihre Fortdauer zu vereinbaren.

14.11

Ist die stille Gesellschaft solcherart zeitlich begrenzt, besteht kein ordentliches Kündigungsrecht. Es lebt aber bei stillschweigender Fortsetzung der Gesellschaft wieder auf, da diese dann nach § 134 HGB als auf unbestimmte Zeit fortgesetzt gilt. Trotz Vereinbarung einer zeitlich begrenzten Dauer des Gesellschaftsvertrags bleibt die Möglichkeit der Kündigung aus wichtigem Grunde bestehen (vgl. Rz. 14.30 ff.)10. Dieses Kündigungsrecht kann vertraglich nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden (§ 234 Abs. 1 Satz 2 HGB, § 723 BGB). Macht der stille Gesellschafter von seinem Recht zur vorzeitigen Kündigung Gebrauch, so können die Gläubiger des Inhabers nicht von ihm Schadensersatz verlangen, weil er durch die vorzeitige Auflösung der Gesellschaft ihnen gegenüber den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt habe – eine Folge der Tatsache, dass zwischen ihm und den Gläubigern des Inhabers keine Rechtsbeziehungen bestehen.

14.12

b) Eintritt einer im Gesellschaftsvertrag vereinbarten auflösenden Bedingung Eine unter einer auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) eingegangene stille Gesellschaft wird mit Bedingungseintritt aufgelöst.

8 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 74 Rz. 36; vgl. auch § 91 Rz. 38 für die Insolvenz eines Gesellschafters. 9 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 2. 10 Geck, Anm. zu BGH v. 4.3.1991 – II ZR 181/90, DStR 1991, 623 (624).

Blaurock | 353

14.13

§ 14 Rz. 14.14 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

c) Erreichen des vereinbarten Zwecks (§ 726 BGB)

14.14 Die Auflösung der stillen Gesellschaft tritt ein, sobald der vertraglich festgesetzte Zweck erreicht ist11. Einer Auflösungsklage bedarf es nicht. Das gilt auch, wenn die Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen und diese noch nicht abgelaufen ist (z.B. Errichtung einer stillen Gesellschaft zum Zwecke der Ausbeute eines bestimmten Rohstoffvorkommens oder zum Zwecke der Verwertung eines bestimmten Warenlagers). Bei Zweifeln über die Beendigung der Gesellschaft empfiehlt sich Kündigung aus wichtigem Grunde oder Auflösung durch Vereinbarung. d) Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks (§ 726 BGB)

14.15 Auch hier tritt die Auflösung von selbst ein, mag auch die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Zeit noch nicht abgelaufen sein. Die Unmöglichkeit, den Gesellschaftszweck zu erreichen, stellt einen Wegfall der objektiven Geschäftsgrundlage dar; sie tritt nur ein, wenn das Erreichen des Zwecks vollständig und endgültig unmöglich geworden ist12. Stellt der Geschäftsinhaber sein Handelsgewerbe ein, kann die stille Gesellschaft ihren Zweck – Förderung des Gewerbes – nicht mehr erreichen. Bei nur vorübergehender Einstellung besteht das Gesellschaftsverhältnis fort, solange die Möglichkeit der Wiederaufnahme dieses oder eines entsprechenden Geschäftsbetriebs gegeben ist, mögen auch einzelne Pflichten wie etwa die Pflicht zu einer bestimmten Tätigkeit – weil zur Zeit unausführbar – ruhen. 14.16 Ein Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks liegt insbesondere vor, wenn dem Inhaber erforderliche Genehmigungen oder Erlaubnisse nicht erteilt werden oder das Handelsgeschäft aus rechtlichen Gründen endgültig nicht fortgeführt werden kann. 14.17 Ein Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks liegt auch vor, wenn einem Kreditinstitut, an dem stille Gesellschafter beteiligt sind, die Erlaubnis, Bankgeschäfte zu betreiben, gemäß § 35 Abs. 2 KWG entzogen wird. Bestimmt in diesen Fällen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, dass das Kreditinstitut abzuwickeln ist, so wirkt diese Entscheidung wie ein Auflösungsbeschluss (§ 38 Abs. 1 Satz 2 KWG). Sie führt automatisch auch zur Auflösung der stillen Gesellschaft. 14.18 Nachhaltige Unrentabilität des Handelsgeschäfts bedeutet nicht Unmöglichkeit der Zweckerreichung. Hier ist aber in der Regel ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde gegeben13. 14.19 Subjektives Unvermögen eines Beteiligten steht der objektiven Unmöglichkeit gleich. Ein Verschulden ist nicht erforderlich. In den Fällen der vertragswidrigen Aufgabe, Einstellung oder Veräußerung des Handelsgeschäfts durch den Inhaber, des Einbrin11 Geck, Anm. zu BGH v. 22.10.1991 – II ZR 247/89, DStR 1991, 622 (623). 12 BGH v. 23.5.1957 – II ZR 250/55, BGHZ 24, 279 (293); BGH v. 12.7.1982 – II ZR 157/81, BGHZ 84, 379 (381). 13 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 16, 49; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 32, 60; RG v. 28.1.1927 – II 25/26, JW 1927, 1350; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 234 HGB Rz. 7.

354 | Blaurock

Auflösung der stillen Gesellschaft | Rz. 14.21 § 14

gens des Unternehmens in eine Kapitalgesellschaft und in ähnlichen Fällen liegt eine vom Inhaber zu vertretende Unmöglichkeit der Erfüllung der gesellschaftsvertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem stillen Gesellschafter vor, die zu Schadensersatzansprüchen führen kann. 3. Kündigung (§ 234 Abs. 1 HGB) Die Kündigungsvorschriften, die für die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gelten, passen nicht uneingeschränkt für die stille Gesellschaft, weil der Inhaber des Handelsgeschäfts nicht der Gefahr jederzeitiger Kündigung nach § 723 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgesetzt sein darf. Er muss für längere Zeit mit gleich bleibenden Verhältnissen rechnen können und Zeit haben, sich auf die Auflösung der Gesellschaft und auf die damit verbundene Rückzahlung der Einlage vorzubereiten14. Zweck des § 234 Abs. 1 HGB ist es daher, die ordentliche Kündigung nach den für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften, die Kündigung aus wichtigem Grunde dagegen nach den Vorschriften für die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zu regeln. Bei der ordentlichen Kündigung soll, da der stille Gesellschafter mit dem Handelsgewerbe eines Kaufmanns in Beziehung steht, den kaufmännischen Erfordernissen, insbesondere der Bedeutung des Geschäftsjahrs, Rechnung getragen werden, wohingegen kein Bedürfnis besteht, die bei der offenen Handelsgesellschaft notwendige Auflösungsklage für die stille Gesellschaft zu übernehmen. Deshalb verweist § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB insoweit auf die Regelung des § 723 BGB.

14.20

a) Die ordentliche Kündigung Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ist notwendiges Strukturelement bei Personengesellschaften, die auf unbestimmte Zeit oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangen sind. Jeder Gesellschafter hat das unentziehbare Recht zur Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses, wenn die Voraussetzungen der §§ 132 und 134 HGB gegeben sind. Diese Vorschriften sind unabdingbar. Die Kündigung kann, wenn die Gesellschaft für unbestimmte Zeit eingegangen ist, nur für den Schluss eines Geschäftsjahres erklärt werden; sie muss mindestens 6 Monate vor diesem Zeitpunkt stattfinden (§ 132 HGB). Auch eine Kündigung vor Vollzug der Gesellschaft ist wirksam15. Dasselbe gilt für eine Gesellschaft, die für die Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangen ist oder nach dem Ablauf der für ihre Dauer bestimmten Zeit stillschweigend fortgesetzt wird (§ 134 HGB). Nicht gleichzusetzen ist einer solchen Gesellschaft eine Gesellschaft, die auf bestimmte Zeit eingegangen ist, wenn die Zeit so bemessen wurde, dass sie der mutmaßlichen Lebensdauer eines Gesellschafters gleichkommt oder sie übersteigt16.

14 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 44. 15 BGH v. 13.4.1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277 m. Anm. H.-F. Müller, WuB II H. § 723 BGB. 16 Roth in Baumbach/Hopt, § 134 HGB Rz. 3; K. Schmidt in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2009, § 134 HGB Rz. 33; einschränkend Emmerich in Heymann, 2. Aufl. 1996, § 131 HGB Rz. 5.

Blaurock | 355

14.21

§ 14 Rz. 14.22 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

14.22 Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige, an den anderen Gesellschafter zu richtende formlose Willenserklärung. Ist eine Gesellschaft Geschäftsinhaber, so ist die Kündigung von der Vertretungsmacht des vertretungsberechtigten Organs gedeckt, da die inneren Rechtsverhältnisse der Gesellschaft nicht betroffen werden17. Bei Publikumsgesellschaften genügt der Zugang beim Inhaber, seine Vollmacht zur Entgegennahme von Beitrittserklärungen erstreckt sich grundsätzlich auch auf die von Kündigungen18. 14.23 Das ordentliche Kündigungsrecht kann durch den Gesellschaftsvertrag zwar modifiziert, aber nicht ausgeschlossen werden19; dies ist auch nicht auf Schleich- oder Umwegen, etwa durch praktisch unzumutbare Nachteile für den Kündigenden nach Ausübung seines Rechtes (z.B. Gewinnsperren u.Ä.), möglich, da solche Umgehungsbestimmungen entsprechend § 723 Abs. 3 BGB nichtig sind20. Wird daher die Ausübung des Kündigungsrechts im Gesellschaftsvertrag mit wirtschaftlichen Nachteilen verknüpft, die die Kündigung praktisch unmöglich machen, so ist darin ein unzulässiger Ausschluss oder eine unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechts zu sehen; so etwa, wenn bei der atypischen stillen Gesellschaft mit Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters dieser für den Fall der ordentlichen Kündigung nicht an den Rücklagen beteiligt sein oder das Auseinandersetzungsguthaben erst nach einer langen Zeit ausbezahlt erhalten soll. Nichtig ist deshalb auch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall der ordentlichen Kündigung, regelmäßig auch die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots für die Zeit nach dem Ausscheiden (zu Abfindungsklauseln vgl. Rz. 10.25 f.). 14.24 Im Falle des BGH-Urteils vom 19.1.196721 hatten die Gesellschafter einer OHG die Beteiligung eines Gesellschafters in der rechtsirrigen Vorstellung, sie könnten diesem durch die Vereinbarung einer auf Lebenszeit unkündbaren stillen Gesellschaft eine Versorgung sichern, in eine stille Beteiligung umgewandelt. Da aber eine auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangene stille Gesellschaft einer auf unbestimmte Zeit eingegangenen Gesellschaft gleichsteht, ist ein auf Lebenszeit abgeschlossener Gesellschaftsvertrag als ein gemäß § 132 HGB jederzeit kündbarer Gesellschaftsvertrag zu behandeln, für den nach der zwingenden Vorschrift des § 723 Abs. 3 BGB die ordentliche Kündigung nicht ausgeschlossen werden kann. In diesem Fall – so führt der BGH aus –, in dem sich die Vertragschließenden in einem gemeinsamen Irrtum über die Rechtslage befunden hätten, könne aber die Kündigung nach den Regeln über das Fehlen der Geschäftsgrundlage für eine bestimmte Zeit unzulässig sein. Es sei daher eine Anpassung des Vertrags an die wirkliche Rechtslage in der Weise geboten, dass

17 BGH v. 17.4.1989 – II ZR 258/88, WM 1989, 878; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 20. 18 BGH v. 19.12.1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 (347). 19 BGH v. 20.12.1956 – II ZR 166/55, BGHZ 23, 10; BGH v. 19.1.1967 – II ZR 27/65, BB 1967, 309. 20 Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 107; differenzierend K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 47. 21 BGH v. 19.1.1967 – II ZR 27/65, BB 1967, 309.

356 | Blaurock

Auflösung der stillen Gesellschaft | Rz. 14.28 § 14

eine auf bestimmte Zeit eingegangene stille Gesellschaft angenommen und für diese Zeit die ordentliche Kündigung nicht zugelassen werde. Eine für die Dauer der Hauptgesellschaft abgeschlossene gesellschaftsrechtliche Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil kann wie eine für unbestimmte Zeit vereinbarte Unterbeteiligung gekündigt werden, wenn die Dauer der Hauptgesellschaft weder zeitlich noch durch ihren Zweck begrenzt und deshalb ungewiss ist22.

14.25

Die Kündigung darf sich aber auch nicht als missbräuchliche Rechtsausübung darstellen, wobei allerdings fraglich ist, ob bei der ordentlichen Kündigung eines Gesellschaftsverhältnisses überhaupt eine missbräuchliche Rechtsausübung angenommen werden kann. Selbst wenn dies bejaht wird, darf auf diese Weise nicht ein praktischer Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts herbeigeführt werden23.

14.26

Eine Ausnahme hierzu findet sich aber im Recht der Publikumspersonengesellschaften. Kündigt der Geschäftsinhaber einer stillen Publikumsgesellschaft einem oder allen stillen Gesellschaftern, so ist die Kündigung nur wirksam, wenn für sie ein sachlicher Grund vorliegt. Die Kündigung des Inhabers unterliegt damit der gerichtlichen Kontrolle im gleichen Umfange, wie wenn ein Komplementär einer Publikumskommanditgesellschaft eine Option zur Übernahme der Kommanditbeteiligungen ausübt24. Eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung, die dem Geschäftsinhaber das einseitige Recht gibt, die kapitalanlegenden stillen Gesellschafter nach freiem Ermessen „hinauszukündigen“ ist deshalb grundsätzlich unwirksam25. Dies ist zum Schutz der Kapitalanleger notwendig, da andernfalls das freie Kündigungsrecht vom Inhaber leicht dazu missbraucht werden könnte, Druck auf unliebsame Gesellschafter auszuüben. Bei einer Publikumsgesellschaft besteht darüber hinaus das erhebliche Risiko, dass der Inhaber sein Kündigungsrecht so ausübt, dass ihm und nicht den Anlegern die Früchte einer erfolgreichen Investition zukommen (hierzu näher § 18).

14.27

Die Kündigungsfristen der §§ 132 und 134 HGB können im Gesellschaftsvertrag verlängert oder verkürzt, sie können für den Inhaber und den stillen Gesellschafter verschieden bemessen werden. Fehlt es an der Wahrung der Kündigungsfrist, so gilt

14.28

22 BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 165. 23 BGH v. 20.12.1956 – II ZR 166/55, BGHZ 23, 10 (16): Kündigung einer stillen Gesellschaft, die durch Vergleich über erbrechtliche Streitigkeiten zwischen Geschwistern errichtet worden war. Der BGH entschied: „Da die Beklagten erst nach Ablauf von 12 Jahren das Gesellschaftsverhältnis zum Ablauf des 13. Jahres gekündigt haben, kann eine solche Kündigung auch unter Berücksichtigung der Umstände, die der Kläger für den Abschluss des Vergleichs maßgebend bezeichnet hat, ... nicht als eine missbräuchliche Rechtsausübung angesprochen werden. Daraus folgt, dass die von den Beklagten ausgesprochene Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses auch nicht nach § 242 BGB als unwirksam angesehen werden kann.“; vgl. Geck, DStR 1994, 657 (659). 24 Vgl. BGH v. 3.5.1982 – II ZR 78/81, BGHZ 84, 11 (14 f.); BGH v. 21.3.1988 – II ZR 135/ 87, BGHZ 104, 50 (56 f.). 25 Blaurock, Anm. zu BGH v. 7.2.1994 – II ZR 191/92, EWiR § 230 HGB 1/94, 585 (586); Glenk, INF 1995, 401 (404); Horn in Heymann, 2. Aufl. 1996, § 234 HGB Rz. 11.

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§ 14 Rz. 14.28 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

die Kündigung in der Regel für den nächsten zulässigen Termin. Die Gesellschafter können sie aber auch als rechtzeitig abgegeben gelten lassen. Darin liegt ein Auflösungsbeschluss (vgl. Rz. 14.10) zu dem in der Kündigung angegebenen Termin.

14.29 Eine ordnungsgemäß ausgesprochene Kündigung kann nicht einseitig zurückgenommen, wohl aber durch Vereinbarung der Beteiligten rückgängig gemacht werden. b) Die außerordentliche Kündigung

14.30 Ist die Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen, so ist die Kündigung vor dem Ablauf der Zeit nur zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ist eine Kündigungsfrist bestimmt, so ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes die Kündigung ohne Einhaltung dieser Frist zulässig (§ 234 HGB, § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB). Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ist sie bereits vor Invollzugsetzung des Gesellschaftsvertrags zulässig, da das Vertragsverhältnis als solches schon mit Vertragsschluss in Kraft tritt und gewisse Rechtswirkungen erzeugt26. 14.31 Die fristlose Kündigung ist stets nur das äußerste Mittel und dann verwehrt, wenn andere zumutbare Möglichkeiten – wie etwa die Neuverhandlung – bestehen, um einen Missstand zu beseitigen27. 14.32 Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn die Fortsetzung der stillen Gesellschaft für den kündigenden Gesellschafter unzumutbar geworden ist, also insbesondere wenn ein Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung verletzt28 oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird. Der wichtige Grund kann in der Person dessen liegen, der von dem Kündigungsrecht Gebrauch macht, aber auch in der Person des anderen Gesellschafters oder in sonstiger Weise gegeben sein. Auch eine unverschuldete Unmöglichkeit kann ein wichtiger Kündigungsgrund sein, ebenso ein Verhalten des Inhabers, das zu berechtigtem Misstrauen gegen seine Tüchtigkeit und Rechtschaffenheit Anlass gibt, auch dauernde Unrentabilität oder die Einstellung des Geschäftsbetriebs (vgl. Rz. 14.15 ff., aber auch Rz. 14.58 ff.). Verändert der Inhaber ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters die Gesellschafterstruktur, die wesentlichen Grundlagen seines Handelsgewerbes oder die Rechtsform seines Unternehmens, so ist der stille Gesellschafter zur fristlosen Kündigung berechtigt. Zur Beantwortung der Frage, ob es dem Stillen zumutbar ist, das Gesellschaftsverhältnis in der veränderten Form fortzusetzen, bedarf es grundsätzlich einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und einer umfassenden Interessenabwägung29. Führt die Bindung des Miterben des stillen Gesellschafters, den der Erblasser entsprechend dem Gesellschaftsvertrag zu seinem Nachfolger bestimmt und der das Eintrittsrecht ausgeübt hat, an die Testamentsvollstreckung

26 27 28 29

BGH v. 13.4.1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277. Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 186. BGH v. 18.10.1965 – II ZR 232/63, WM 1966, 29 (31). BGH v. 12.7.1982 – II ZR 157/81, BGHZ 84, 379 (382); K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 49.

358 | Blaurock

Auflösung der stillen Gesellschaft | Rz. 14.36 § 14

bzw. gegenüber den Miterben zu Unzuträglichkeiten, die den Mitgesellschaftern nicht zuzumuten sind, so kann dies ein wichtiger Kündigungsgrund sein30. Was als wichtiger Grund anzusehen ist, kann im Gesellschaftsvertrag näher geregelt werden. Es kann vereinbart werden, dass die Gründe, die bei der offenen Handelsgesellschaft zur Auflösung gemäß § 133 HGB berechtigen, wichtige Gründe zur fristlosen Kündigung sein oder dass bestimmte Tatsachen einen wichtigen Grund oder keinen wichtigen Grund bilden sollen31. Das Verbot der Beschränkung des Kündigungsrechts in § 723 Abs. 3 BGB nimmt den Gesellschaftern nicht das Recht zu vereinbaren, dass bestimmte Vorfälle den Fortbestand der Gesellschaft nicht in Frage stellen sollen. Allerdings ist der generelle Verzicht auf die außerordentliche Kündigung nach § 723 Abs. 3 BGB nichtig32. Es kann deshalb auch nicht eine Vertragsstrafe oder ein Austrittsgeld für den Fall der Kündigung rechtswirksam vereinbart werden. Zulässig ist dagegen die Vereinbarung, ein Schiedsgericht solle das Vorliegen eines wichtigen Grundes bindend feststellen, weil in der Übertragung der Entscheidung auf das Schiedsgericht keine Beschränkung des Kündigungsrechts liegt. Ebenso erscheint es unbedenklich zu vereinbaren, dass der stille Gesellschafter, der dem Inhaber einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung gegeben hat oder der aus einem in seiner Person liegenden und von ihm zu vertretenden wichtigen Grund fristlos kündigt, nur den Buchwert seiner Vermögenseinlage zurückerhalten, an den stillen Reserven aber nicht beteiligt sein soll.

14.33

Ob ein wichtiger Grund vorliegt, entscheidet im Streitfall das Prozessgericht. Die Grenze der Zumutbarkeit ist dabei weder aufgrund der subjektiven Ansichten des Kündigenden noch derjenigen seines Partners, sondern anhand eines möglichst objektiven Maßstabs festzustellen.

14.34

Die Beweislast für das Vorliegen eines wichtigen Grundes trifft den Kündigenden. Er kann dabei solche Tatsachen nicht geltend machen, die schon vor Abschluss des Gesellschaftsvertrags vorlagen und ihm bekannt waren. Wohl aber kann er sie zur Unterstützung solcher Ereignisse anführen, die sich erst später abgespielt oder herausgestellt haben.

14.35

Auch beim Vorliegen eines wichtigen Grundes darf die Kündigung nicht zur Unzeit erfolgen, es sei denn, dass ein wichtiger Grund gerade auch für die unzeitige Kündigung gegeben ist (§ 723 Abs. 2 BGB). Durch die Kündigung zur Unzeit wird zwar die Gesellschaft aufgelöst33; der Kündigende hat aber dem anderen Teil den ihm entstandenen Schaden zu ersetzen, der den entgangenen Gewinn bis zu dem Tag umfasst, zu dem die reguläre Auflösung der Gesellschaft hätte herbeigeführt werden können. Auf die Einrede der Kündigung zur Unzeit kann verzichtet werden. Macht der stille Gesellschafter von seinem Recht zur vorzeitigen Kündigung Gebrauch, so können jedoch

14.36

30 BGH v. 28.6.1962 – II ZR 61/61, WM 1962, 1084. 31 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 49 a.E.; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 268. 32 Glenk, INF 1995, 176 (180). 33 H.M., vgl. die Literaturnachweise bei van Venrooy, JZ 1981, 53 Fn. 6; a.A. mit beachtlichen Gründen van Venrooy, JZ 1981, 53 (57).

Blaurock | 359

§ 14 Rz. 14.36 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

die Gläubiger des Inhabers nicht von ihm Schadensersatz verlangen, weil er durch die vorzeitige Auflösung der Gesellschaft ihnen gegenüber den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt habe, da zwischen ihm und den Gläubigern des Inhabers keine Rechtsbeziehungen bestehen.

14.37 Hat der stille Gesellschafter an den Inhaber eine Sache für bestimmte Zeit unkündbar vermietet, so beendet auch die Kündigung nach § 723 BGB nicht ohne Weiteres auch den Mietvertrag (vgl. Rz. 14.5). 14.38 Umstritten sind die Fälle der freien Hinauskündigungsklausel. Früher galt der Grundsatz, dass eine derartige freie Hinauskündbarkeit eines Gesellschafters nach dem Willen eines Gesellschafters nicht zulässig ist34. Diese Rechtsprechung wurde jedoch in den letzten Jahren gelockert, sofern die Hinauskündigung durch besondere Umstände ausnahmsweise sachlich gerechtfertigt ist35. Das hat auch für die stille Gesellschaft Bedeutung: Wird die stille Beteiligung im Zusammenhang mit einer Mitarbeit im Unternehmen des Kaufmannes oder der Handelsgesellschaft gewährt, so ist der Kaufmann bzw. das Vertretungsorgan der Handelsgesellschaft bei Beendigung des (Mit-)Arbeitsverhältnisses im Zweifel zur Kündigung der stillen Beteiligung berechtigt. 4. Kündigung durch einen Privatgläubiger des stillen Gesellschafters (§§ 234, 135 HGB)

14.39 Unter bestimmten Voraussetzungen hat ein Privatgläubiger des stillen Gesellschafters nach §§ 234, 135 HGB das Recht, die Gesellschaft unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist zum Ende des Geschäftsjahres zu kündigen, und zwar auch dann, wenn die Gesellschaft auf bestimmte Zeit eingegangen ist. 1. Es muss innerhalb der letzten sechs Monate vor Ausspruch der Kündigung erfolglos eine Zwangsvollstreckung – gleich durch wen – in das bewegliche Vermögen des stillen Gesellschafters versucht worden sein36. 2. Der Gläubiger muss einen nicht nur vorläufig vollstreckbaren Schuldtitel gegen den stillen Gesellschafter erwirkt und 3. aufgrund dieses Schuldtitels die Pfändung und Überweisung des Anspruchs des stillen Gesellschafters auf dasjenige erwirkt haben, was ihm bei der Auseinandersetzung zukommt. Die Pfändung allein genügt nicht.

34 BGH v. 7.2.1994 – II ZR 191/92, BGHZ 125, 74 (zur atypischen stillen Gesellschaft) m.w.N.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 2. Aufl. 2005, § 234 HGB Rz. 54. 35 BGH v. 8.3.2004 – II ZR 165/02, NJW 2004, 2013 (zur GbR); BGH v. 19.9.2005 – II ZR 173/04, NJW 2005, 3641 (Managermodell/zur GmbH); BGH v. 19.9.2005 – II ZR 342/03, NJW 2005, 3644 (Mitarbeitermodell/zur GmbH); BGH v. 19.3.2007 – II ZR 300/05, NJW-RR 2007, 913 (Erbengemeinschaft/zur KG); BGH v. 7.5.2007 – II ZR 281/05, NJWRR 2007, 1256 (Gemeinschaftspraxis). 36 Emmerich in Heymann, 2. Aufl. 1996, § 135 HGB Rz. 9; Roth in Baumbach/Hopt, § 135 HGB Rz. 6.

360 | Blaurock

Auflösung der stillen Gesellschaft | Rz. 14.42 § 14

Die Gesellschaft wird dann zum Ende des Geschäftsjahres aufgelöst, und der Gläubiger erlangt ein Pfandrecht an dem Auseinandersetzungsanspruch des stillen Gesellschafters (§ 1273 BGB). Der Inhaber kann die Auflösung dadurch abwenden, dass er die Schuld des stillen Gesellschafters bezahlt (§ 268 BGB). Seine Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch des stillen Gesellschafters bleiben ihm auch gegenüber dem Privatgläubiger erhalten (§ 404 BGB). Ist die Kündigung wirksam geworden, so bleibt sie es auch, wenn ihre Voraussetzungen später wegfallen. Der Gläubiger selbst erlangt durch die Pfändung und Kündigung nicht die Stellung eines stillen Gesellschafters und demzufolge auch kein Mitwirkungsrecht bei der Berechnung des Guthabens. Vertragliche Vereinbarungen über die Berechnung des Guthabens sind auch für ihn verbindlich, wenn sie nicht erst nach der Pfändung getroffen worden sind oder nur den Zweck haben, seine Rechte aus § 234 Abs. 1 HGB zu beeinträchtigen.

14.40

§ 725 BGB ist nicht anwendbar, weil es einen Anteil an einem Gesellschaftsvermögen nicht gibt. Das gilt auch für die atypische stille Gesellschaft. Für die Gläubiger des Inhabers des Handelsgewerbes ist ein entsprechendes Kündigungsrecht nicht vorgesehen, weil sie jederzeit die Möglichkeit des Zugriffs auf sein Vermögen einschließlich der Einlage des Stillen haben37. Hat dieser seine Einlage noch nicht oder noch nicht vollständig erbracht, so können sie den Anspruch des Inhabers darauf pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Der stille Gesellschafter kann aber, wenn ein Gläubiger in das Vermögen des Inhabers vollstreckt, das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grunde kündigen38. Nimmt er allerdings bis zur Höhe seiner Einlage am Verlust der stillen Gesellschaft teil, so wandelt sich der Anspruch auf Erbringung der Einlage um in einen Anspruch auf Verlustausgleich39. Dieser ist dann, da die Kündigung nur ex nunc wirkt, als solcher pfändbar.

14.41

5. Tod oder Todeserklärung eines Gesellschafters, Auflösung von Handelsgesellschaften a) Tod des Geschäftsinhabers Gemäß § 727 Abs. 1 BGB endet die stille Gesellschaft mit dem Tode oder der Todeserklärung des Inhabers40. Der Grund für diese Regelung liegt in der Abhängigkeit des Gedeihens des Handelsgewerbes von seiner Person und seiner persönlichen Tüchtigkeit und entspricht somit den Interessen des stillen Gesellschafters. Die Auflösung tritt auch ein, wenn die Erben des Inhabers das Handelsgeschäft fortführen. Sie haben dem stillen Gesellschafter den Tod unverzüglich anzuzeigen (§ 727 Abs. 2 BGB). Ob sie den Stillen zur Fortführung der Geschäfte verpflichtet sind, ist umstritten. Eine solche Pflicht zur Fortführung ergibt sich für die schwebenden Geschäfte unstreitig aus § 235 Abs. 2 HGB. Soweit dies zur Vertragsabwicklung erforderlich ist, muss aber auch § 727 Abs. 2 BGB Anwendung finden. Denn eine Gefährdung der Auseinander37 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 52; Mock in Röhricht/ Graf von Westphalen/Haas, § 234 HGB Rz. 23. 38 K. Schmidt, KTS 1977, 4. 39 Geck, DStR 1994, 657 (659). 40 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 7.

Blaurock | 361

14.42

§ 14 Rz. 14.42 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

setzungsansprüche kann auch Vorkehrungen erfordern, die über die Abwicklung der schwebenden Geschäfte hinausgehen. Da die Gesellschaft durch die Auflösung nicht vollbeendet wird (Rz. 14.1 ff.), bleiben die Erben zur Fortführung verpflichtet, soweit dies zur Sicherung des neuen Gesellschaftszweckes – der Abwicklung – erforderlich ist41. Die gleiche Pflicht obliegt dem stillen Gesellschafter, wenn er nach dem Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung berechtigt war, bis zum Eintritt der Erben.

14.43 Der Tod des Geschäftsinhabers führt nicht zur Auflösung der stillen Gesellschaft, wenn im Gesellschaftsvertrag etwas anderes vereinbart ist. Die Vereinbarung kann die Fortsetzung der Gesellschaft zwischen Stillem und Erben oder nur ein diesbezügliches Forderungsrecht zugunsten des Erben oder des Stillen vorsehen. Eine Anordnung des Inhabers im Wege einer letztwilligen Verfügung bringt diese Wirkung nicht hervor. 14.44 Ist vereinbart, dass die stille Gesellschaft mit den Erben fortgesetzt werden soll, so bestimmt sich ausschließlich nach erbrechtlichen Vorschriften, wer Erbe ist (gesetzliche oder testamentarische Erbfolge). Ist nur ein Erbe vorhanden, so tritt er an die Stelle des Inhabers. Sind mehrere Erben vorhanden, so treten sie im Zeitpunkt des Erbfalls dem stillen Gesellschafter als Erbengemeinschaft gegenüber. Ist ein Miterbe an der Erbfolge in das Handelsgeschäft nicht interessiert, kann er nicht die Fortsetzung der Gesellschaft ablehnen, er kann nur die Erbschaft als solche ausschlagen. Allerdings kann der Gesellschaftsvertrag ein solches Recht zur Ablehnung allein der Gesellschafterstellung vorsehen. Ansonsten hat der Erbe unter Umständen nach Annahme der Erbschaft ein Recht zu fristloser Kündigung aus wichtigem Grunde. Er ist nicht berechtigt, seinen Verbleib davon abhängig zu machen, dass ihm gemäß § 139 HGB die Rechtsstellung eines Kommanditisten eingeräumt wird. 14.45 Soll im Wege der Erbauseinandersetzung das Handelsgeschäft nur einem oder einigen Miterben zugewiesen werden, so bedarf dies vorbehaltlich anderer gesellschaftsvertraglicher Regelungen der Zustimmung des stillen Gesellschafters. Wird sie nicht erteilt, so liegt in der Übertragung auf den Miterben eine Verletzung des für die Erbengemeinschaft verbindlichen Gesellschaftsvertrags, die den stillen Gesellschafter zur Klage auf Erfüllung oder auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung berechtigt. 14.46 Die Umwandlung der Erbengemeinschaft in eine offene Handelsgesellschaft ist auch ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters zulässig, wenn alle Miterben die Rechtsstellung von persönlich haftenden Gesellschaftern erhalten. Die Interessen des Stillen werden dadurch nicht beeinträchtigt. Dagegen ist seine Zustimmung erforderlich, wenn sich einige Erben von der offenen Handelsgesellschaft ausschließen oder sich nur als Kommanditisten beteiligen wollen oder wenn das Unternehmen in eine

41 Blaurock/Pordzik, NZG 2018, 81 (82); ähnlich Horn in Heymann, 2. Aufl. 1996, § 234 HGB Rz. 19; a.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 8 (mit Einschränkungen für die atypische stille Gesellschaft); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 44; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 91 Rz. 22 f.; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas § 234 HGB Rz. 8.

362 | Blaurock

Auflösung der stillen Gesellschaft | Rz. 14.51 § 14

Kapitalgesellschaft umgewandelt werden soll42. Vorrangig ist in allen Fällen die Auslegung der Fortsetzungsklausel. Ein Testamentsvollstrecker kann weder das Handelsgeschäft in eine Kapitalgesellschaft noch die an dem Handelsgeschäft entstandenen Mitgliedschaftsrechte der Erben in stille Beteiligungen umwandeln. Dazu sind nur die Erben selbst befugt.

14.47

Im Gesellschaftsvertrag kann vereinbart werden, dass beim Tode des Inhabers das Handelsgewerbe auf den stillen Gesellschafter übergehen soll. Die Vereinbarung gibt einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erben. Die im Zeitpunkt der Übertragung bestehende stille Gesellschaft erlischt durch Konfusion (vgl. Rz. 14.68). Die Erben des Inhabers scheiden aus. Ihr Auseinandersetzungsguthaben errechnet sich aus der Bilanz.

14.48

b) Tod des stillen Gesellschafters Durch den Tod des stillen Gesellschafters wird vorbehaltlich abweichender gesellschaftsvertraglicher Vereinbarung die Gesellschaft nicht aufgelöst (§ 234 Abs. 2 HGB). Auch diese Regelung entspricht der Interessenlage, weil der stille Gesellschafter bei typischer Vertragsgestaltung nur kapitalmäßig beteiligt ist und der Aufrechterhaltung des Gesellschaftsverhältnisses mit seinen Erben regelmäßig keine in deren Person liegende Gründe entgegenstehen.

14.49

Anders stellt sich die Situation dar, wenn dem Stillen in der atypisch stillen Gesellschaft Geschäftsführungs- und Mitverantwortungsrechte eingeräumt worden sind und ihm damit die Mitbestimmung über die Geschicke des Geschäfts zugestanden wurde. In solchen Fällen kann dem Geschäftsinhaber nicht ohne Weiteres zugemutet werden, auch dem Erben oder einer Erbengemeinschaft diese Rechtsstellung einzuräumen. Rasner43 nimmt daher einen stillschweigenden Ausschluss des § 234 Abs. 2 HGB an und gelangt so zur zwingenden Auflösung der Gesellschaft. Die überwiegende Auffassung will dem Inhaber dagegen ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund geben44. Dies ist auch interessengerecht, da das Kündigungsrecht den Interessen des Inhabers völlig genügt, dabei aber auch die Fortsetzung ohne besondere Vereinbarung zulässt.

14.50

Ist nur ein Erbe vorhanden, so tritt dieser im Zeitpunkt des Erbfalls kraft Erbrechts an die Stelle des stillen Gesellschafters, ohne dass es einer besonderen Erklärung bedarf. Ist er an dem Erwerb der stillen Beteiligung nicht interessiert, muss er die ganze Erbschaft ausschlagen. Er hat, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, kein Recht, nur die stille Beteiligung auszuschlagen, im Übrigen aber die Erbschaft an-

14.51

42 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 49; vgl. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 10. 43 Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 139. 44 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 48; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 58; Horn in Heymann, 2. Aufl. 1996, § 234 HGB Rz. 15 f.; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 91 Rz. 24; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 234 HGB Rz. 24.

Blaurock | 363

§ 14 Rz. 14.51 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

zunehmen. Rückt der Erbe in die Stellung als stiller Gesellschafter ein, so verliert er nicht das Recht, sich gegenüber den Ansprüchen des Inhabers auf die beschränkte Erbenhaftung zu berufen.

14.52 Rücken mehrere Erben in die stille Gesellschafterstellung ein, so treten sie dem Inhaber nicht einzeln mit der ihrem Erbteil entsprechenden Einlage als selbständige Gesellschafter, sondern als Erbengemeinschaft (d.h. als ein stiller Gesellschafter) gegenüber, die die Rechte und Pflichten gemeinsam ausübt. Die Verteilung des Gewinns auf die einzelnen Erben ist Nachlassteilung. 14.53 Eine Sondererbfolge in die stille Beteiligung, die dazu führte, dass jeder Erbe einzeln wie bei der OHG und der KG Gesellschafter würde, existiert auch bei der atypischen stillen Gesellschaft nicht45. Die Sondererbfolge stellt eine Ausnahme zum Grundsatz der Universalsukzession im Erbrecht dar, die ihre Rechtfertigung vor allem in haftungsrechtlichen Überlegungen findet46. Diese spielen bei der Innengesellschaft aber keine Rolle und können deswegen eine Sondererbfolge in die stille Beteiligung nicht rechtfertigen47. Dies gilt auch für atypische stille Beteiligungen, bei denen z.B. der stille Gesellschafter an der Geschäftsführung teilnimmt oder die eine Verbandsstruktur aufweisen48, denn die Universalsukzession in den Nachlass steht nicht zur Disposition des Gesellschaftsvertrags. Auch reichen einfache Zweckmäßigkeitserwägungen nicht aus, für die stille Gesellschaft von einem so tragenden Grundsatz wie dem der Gesamtrechtsnachfolge eine Ausnahme zu machen49. Die Annäherung der atypischen stillen Gesellschaft an die Kommanditgesellschaft findet ihre Grenze dort, wo es um die Folgen des begriffsbildenden Unterschieds zwischen Innen- und Außengesellschaft geht. Eine Sondererbfolge in die stille Beteiligung gibt es deswegen genauso wenig wie die Sondererbfolge eines Erben des Inhabers in das Handelsgeschäft. 14.54 Wird die Erbengemeinschaft durch Auseinandersetzung aufgelöst, so hat das auf die stille Gesellschaft keinen Einfluss. Insbesondere wird dadurch die stille Beteiligung nicht in mehrere Teile aufgespalten, wenn nicht der Inhaber der Auseinandersetzung zustimmt oder der Gesellschaftsvertrag etwas anderes vorsieht50. Es kann sich aber der Inhaber im Gesellschaftsvertrag verpflichten, der unter den Erben getroffenen Regelung zuzustimmen.

45 Leipold in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2017, § 1922 BGB Rz. 113. 46 Vgl. BGH v. 22.11.1956 – II ZR 222/55, BGHZ 22, 186 (192); BGH v. 20.4.1972 – II ZR 143/69, BGHZ 58, 316 (317). 47 Vgl. Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 252 f. 48 So aber Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 91 Rz. 26 insbesondere für die gesplittete Einlage; Knieper/Fromm, NJW 1980, 2677 (2688); Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 253 f.; zurückhaltender aber K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 57. 49 A.A. offenbar Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 253 f. mit dem Argument, auf diese Weise ließe sich ein unterschiedliches Schicksal von Kommanditeinlage und stiller Einlage beim Tode des stillen Gesellschafters vermeiden. 50 RG v. 20.12.1929 – II 66/29, RGZ 126, 386 (392).

364 | Blaurock

Auflösung der stillen Gesellschaft | Rz. 14.58 § 14

Im Gesellschaftsvertrag kann vereinbart werden, dass nicht alle, sondern nur einzelne Erben oder nur Familienangehörige Rechtsnachfolger sein sollen51. Da das Erbrecht für die stille Gesellschaft nur eine Gesamtnachfolge aller Erben kennt, kann der im Gesellschaftsvertrag als Nachfolger bestimmte Miterbe den Gesellschaftsanteil jedoch nicht unmittelbar erwerben; vielmehr muss die Vermögenseinlage des Stillen dem benannten Miterben im Wege der Auseinandersetzung zugewiesen werden52. Hat der Stille testamentarisch seinen Nachfolger bestimmt (in Übereinstimmung mit dem Gesellschaftsvertrag), so kann es sich um ein Vorausvermächtnis oder eine Teilungsanordnung handeln. Beide haben nur schuldrechtliche Wirkung, d.h. sie begründen ein Forderungsrecht gegen den Beschwerten bzw. die Erbengemeinschaft53, nicht aber gegen den Geschäftsinhaber.

14.55

Es kann im Gesellschaftsvertrag dem Erben oder einem Nichterben auch ein Eintrittsrecht eingeräumt werden. Es handelt sich dabei in der Regel um einen Vertrag zugunsten eines Dritten (§§ 328, 331 BGB)54. Der Eintrittsberechtigte kann also entscheiden, ob er die Gesellschaft mit dem Inhaber fortsetzen will oder nicht. Eine Eintrittspflicht kann auf diesem – gesellschaftsvertraglichen – Wege für den Bedachten nicht begründet werden.

14.56

Die Wahrnehmung der Gesellschafterrechte durch einen Testamentsvollstrecker ist grundsätzlich möglich, und zwar auch bei der atypisch stillen Gesellschaft. Die Testamentsvollstreckung bedarf jedoch für diesen Fall immer der Zustimmung des Geschäftsinhabers55.

14.57

c) Auflösung von Inhaber-Handelsgesellschaften Ist eine Handelsgesellschaft Inhaberin des Handelsgewerbes, so ist deren Auflösung nicht dem Tod einer natürlichen Person gleichzustellen56. Die Auflösung einer Handelsgesellschaft als Geschäftsinhaberin leitet zunächst nur ihre Abwicklung ein, führt aber nicht ipso iure zur Auflösung der stillen Gesellschaft. Während der Abwicklung kann aber auch diese aufgelöst werden, und zwar insbesondere durch Kündigung der Liquidatoren oder des stillen Gesellschafters, bzw. nach § 726 BGB durch Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks. Durch die Abwicklung wird zwar der Zweck der Handelsgesellschaft geändert, derjenige der stillen Gesellschaft – Förderung des Handelsgewerbes der Inhabergesellschaft – aber noch nicht vereitelt. Eine Auflösung der stillen Gesellschaft nach § 726 BGB ist erst dann anzunehmen, wenn die Handelsgesellschaft zur Fortsetzung des Geschäftsbetriebes endgültig nicht mehr in der Lage

BGH v. 28.6.1962 – II ZR 61/61, WM 1962, 1084. A.A. Siebert, StbJb. 1955/56, 299 (316 ff.). Weidlich in Palandt, § 1939 BGB Rz. 1, § 2048 BGB Rz. 1 ff. Siebert, NJW 1955, 812; Siebert, StbJb. 1955/56, 316. Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 91 Rz. 32; BGH v. 3.7.1989 – II ZB 1/ 89, NJW 1989, 3152 (3153). 56 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 157/81, BGHZ 84, 379 (380); K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 7, 24.

51 52 53 54 55

Blaurock | 365

14.58

§ 14 Rz. 14.58 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

ist57. Von diesem Zeitpunkt an befindet sich die stille Gesellschaft dann ihrerseits im Stadium der Auflösung und ist abzuwickeln58. Vollbeendigung der Handelsgesellschaft ist nicht erforderlich59, da diese erst nach Erlöschen auch der Abfindungsansprüche des stillen Gesellschafters eintreten kann. Die Auflösung der Handelsgesellschaft wird nach Lage des Einzelfalles häufig aber auch einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen, so dass die stille Gesellschaft meist schon vor Unmöglichwerden des Zwecks durch Kündigung aufgelöst werden wird. Daneben steht es den Gesellschaftern frei, die Auflösung der Handelsgesellschaft gesellschaftsvertraglich als Auflösungsgrund zu bestimmen.

14.59 Dagegen kann an der Abwicklungsgesellschaft eine stille Beteiligung grundsätzlich nicht neu vereinbart werden, es sei denn, dass diese stille Beteiligung gerade den Abwicklungszweck fördern soll. 14.60 Aus dem Gesellschaftsvertrag sind die Liquidatoren zur ordnungsgemäßen Abwicklung der Geschäftsinhaberin verpflichtet. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, so stehen dem Stillen Schadensersatzansprüche zu. 14.61 Beschließen die Gesellschafter der Geschäftsinhaberin willkürlich und ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters deren Auflösung, so kann darin eine schuldhafte Verletzung des Gesellschaftsvertrags mit dem Stillen liegen. In diesem Falle der Vollbeendigung genügt es, dass der stille Gesellschafter einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung hat60. Setzt die aufgelöste Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb fort, kann der stille Gesellschafter verlangen, dass das Gesellschaftsverhältnis fortgesetzt wird. Ist die stille Gesellschaft dagegen noch nicht vollbeendet, so hat der stille Gesellschafter einen Anspruch auf Rückumwandlung der Abwicklungsgesellschaft in eine werbende Gesellschaft, allerdings nur dann, wenn die Gesellschafter der Geschäftsinhaberin dadurch nicht in die persönliche Haftung gedrängt werden. Während man von GmbH-Gesellschaftern verlangen kann, von der Abwicklungsgesellschaft wieder zur werbenden überzugehen, kann das von Gesellschaftern einer Personenhandelsgesellschaft nicht verlangt werden. In diesem Fall muss sich der stille Gesellschafter mit Schadensersatzansprüchen begnügen. 6. Insolvenz eines Gesellschafters (§ 728 BGB)

14.62 Die stille Gesellschaft ist in Ermangelung eines Gesellschaftsvermögens als solche nicht insolvenzfähig. Wird über das Vermögen des Inhabers oder des stillen Gesellschafters das Insolvenzverfahren eröffnet, so führt das nach allgemeiner Meinung nach § 728 Abs. 2 BGB zur Auflösung der Gesellschaft. Für den Fall der Insolvenz des Stillen erscheint dieses Ergebnis gerechtfertigt. Den Gläubigern des Stillen wird damit im Falle seiner Insolvenz der Zugriff auf den Abfindungsanspruch ermöglicht. Die 57 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 157/81, BGHZ 84, 379 (380); K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 28; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 121; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 234 HGB Rz. 12, 26. 58 Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 113; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 271. 59 So aber Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 91 Rz. 44. 60 Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 250.

366 | Blaurock

Auflösung der stillen Gesellschaft | Rz. 14.65 § 14

Anwendung von § 728 Abs. 2 BGB auch im Fall der Insolvenz des Geschäftsinhabers ist allerdings nicht gerechtfertigt. Die Gläubiger haben jederzeit Zugriff auf dessen gesamtes Vermögen, sodass der Aspekt des Gläubigerschutzes keine tragfähige Begründung für die Auflösung der Gesellschaft darstellt. Auch zum Schutz des Stillen ist die Auflösung der Gesellschaft nicht geboten. Dies gilt insbesondere, wenn die Rettung des Geschäftsinhabers möglich erscheint. Ursprünglich ordnete die Vorschrift die Auflösung der Gesellschaft nur für den Fall des Konkurses eines Gesellschafters an; bei einem Vergleich blieb die Gesellschaft bestehen. Durch die Insolvenzrechtsreform wurde in § 728 Abs. 2 BGB dann aber lediglich das Wort „Konkursverfahren“ durch „Insolvenzverfahren“ ersetzt, ohne zu berücksichtigen, dass damit auch die geplanten Sanierungsfälle mit erfasst wurden. Daher ist § 728 Abs. 2 BGB bei Insolvenz des Geschäftsinhabers teleologisch zu reduzieren; die stille Gesellschaft wird nicht aufgelöst. Den Interessen der Gesellschafter ist durch die Einräumung eines außerordentlichen Kündigungsrechts Rechnung zu tragen.61 Die Auflösung knüpft an den Erlass des Eröffnungsbeschlusses, nicht erst an dessen Zustellung an. Die sofortige Beschwerde nach § 34 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 InsO hat keine aufschiebende Wirkung, § 4 InsO i.V.m. § 570 Abs. 1 ZPO62. Ob die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses rückwirkend seine Folgen hinsichtlich der stillen Gesellschaft beseitigt63, kann dahinstehen, da sich die stille Gesellschaft durch die Auflösung nur in eine Abwicklungsgesellschaft umwandelt und nicht sofort beendigt wird. Diese wandelt sich auch dann wieder in eine werbende stille Gesellschaft um, wenn das Insolvenzverfahren eingestellt (§ 207 Abs. 1 InsO) wird64. In der Regel wird aber ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung gegeben sein.

14.63

§ 736 BGB, wonach der Gesellschaftsvertrag vorsehen kann, dass der in Insolvenz geratene Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet und diese unter den anderen Gesellschaftern fortbesteht, ist auf eine nur aus zwei Gesellschaftern bestehende stille Gesellschaft naturgemäß nicht anwendbar. Anders liegt es dagegen bei einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft im Falle der Insolvenz nur eines stillen Gesellschafters65.

14.64

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Nachlass eines Gesellschafters hat die Auflösung der stillen Gesellschaft nicht zur Folge. § 728 BGB ist auf diesen Fall weder direkt noch entsprechend anzuwenden66, es sei denn, dass der Gesellschafts-

14.65

61 Eingehend Blaurock in FS Stürner, Bd. I, S. 659 ff.; Blaurock/Pordzik, NZG 2018, 81 (82 f.); zustimmend Mock in FS Pape, S. 230 f.; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 234 HGB Rz. 9, 15; anders aber die noch h.M. Hierzu etwa Roth in Baumbach/Hopt, § 234 HGB Rz. 5; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 11; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 51. 62 Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 16 Rz. 40. 63 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 91 Rz. 34. 64 A.A. Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 52. 65 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 56; Horn in Heymann, 2. Aufl. 1996, § 234 HGB Rz. 19. 66 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 50.

Blaurock | 367

§ 14 Rz. 14.65 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

vertrag etwas anderes bestimmt. Unter Umständen ist eine Kündigung aus wichtigem Grunde möglich67. 7. Sonstige mögliche Auflösungsgründe

14.66 Weitere Auflösungsgründe können im Gesellschaftsvertrag beliebig vereinbart werden. Zur Auflösung können teilweise auch folgende, bisher noch nicht erwähnte Gründe führen. 14.67 Der Verlust der Geschäftsfähigkeit eines Beteiligten führt grundsätzlich nicht zur Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses. Für den nicht voll geschäftsfähigen Teil handelt sein gesetzlicher Vertreter. Unter Umständen ist der andere Gesellschafter zur Kündigung aus wichtigem Grunde berechtigt. Das wird regelmäßig nur dann in Betracht kommen, wenn der Inhaber die Geschäftsfähigkeit verliert oder wenn dem stillen Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag Geschäftsführungsbefugnisse übertragen sind. 14.68 Die stille Gesellschaft wird aufgelöst durch Konfusion, also grundsätzlich wenn sich durch Erbgang oder Verschmelzung die Rechtsstellung des Inhabers mit der des stillen Gesellschafters in einer Person vereinigt. 14.69 Schließen der Inhaber und der stille Gesellschafter miteinander die Ehe, so berührt das nicht den Bestand der stillen Gesellschaft, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben oder Gütertrennung vereinbaren, weil weder bei dem einen noch bei dem anderen Güterstand das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten sind. Anders ist die Rechtslage, wenn Gütergemeinschaft (§ 1416 BGB) vereinbart ist. In das Gesamtgut fallen die Beteiligungen aber auch dann nur bei Zustimmung der Gesellschafter, da sie nach § 719 Abs. 1 BGB nicht durch Rechtsgeschäft übertragbar sind und daher nach § 1417 Abs. 2 BGB grundsätzlich zum Sondergut zählen68. 14.70 Die Frage, ob die stille Gesellschaft aufgelöst wird, wenn der Inhaber kein Handelsgewerbe mehr betreibt, ist streitig; sie ist von Bedeutung für die Kaufleute nach §§ 2 und 3 HGB, wenn die Eintragung im Handelsregister gelöscht wird. Es fehlt dann an einer nach § 230 HGB für die stille Gesellschaft wesentlichen Voraussetzung. Die Gesellschaft besteht aber, wenn es – was in der Regel unterstellt werden kann – dem Willen der Beteiligten entspricht, als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts weiter69; auf sie können die Vorschriften über die stille Gesellschaft, soweit sie passen, entsprechend angewendet werden.

67 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 49. 68 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 57. 69 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 262; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 65; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 42 a.E.; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 234 HGB Rz. 26, 27 spricht von einer „Innengesellschaft anderer Art“ und plädiert für eine entsprechende Anwendung der §§ 230 ff. HGB.

368 | Blaurock

Auflösung der stillen Gesellschaft | Rz. 14.73 § 14

Wird dem stillen Gesellschafter die Einlage zurückgewährt, so entfällt eine wesentliche Voraussetzung für die Errichtung einer stillen Gesellschaft. Auf den Fortbestand der rechtswirksam begründeten Gesellschaft hat die Rückgewähr der Einlage jedoch grundsätzlich keinen Einfluss. Das ergibt sich einmal aus § 136 InsO, wo der Gesetzgeber selbst diese Möglichkeit in Erwägung zieht, zum anderen daraus, dass die Einlage auch durch Verluste oder vereinbarte Entnahmen aufgezehrt werden kann, ohne dass dies die Auflösung der Gesellschaft zur Folge hat. Soll durch die Rückgewähr dem Geschäftsinhaber die Einlage endgültig entzogen werden, so liegt darin allerdings meist auch eine einverständliche Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses70.

14.71

Die Unternehmens- oder Anteilsveräußerung durch den Geschäftsinhaber führt als solche nicht zur Auflösung der stillen Gesellschaft, da der Geschäftsinhaber Rechtssubjekt und durch das Gesellschaftsverhältnis gebunden bleibt. Denkbar ist aber eine Auflösung durch Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks (§ 726 BGB; vgl. Rz. 14.15 ff.).

14.72

III. Zusammenfassung Die Auflösung der stillen Gesellschaft führt zur Umwandlung in eine Abwicklungsgesellschaft mit dem Zweck der Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern. Diese liegt allein in den Händen des Inhabers. Der stille Gesellschafter wirkt an ihr nicht mit, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Als Auflösungsgründe erwähnt das Gesetz in § 234 Abs. 1 HGB lediglich die ordentliche Kündigung der Gesellschaft durch einen Gesellschafter oder durch den Gläubiger des stillen Gesellschafters und verweist dazu auf die entsprechenden Vorschriften aus dem Recht der OHG, wohingegen sich die fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde nach § 723 BGB bestimmt. Sie kann durch den Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen oder erschwert werden. Da die stille Gesellschaft eine Sonderform der Innengesellschaft bürgerlichen Rechts ist, wird die rudimentäre Regelung des § 234 HGB durch die §§ 705 ff. BGB ergänzt: § 726 HGB (Erreichung oder Unmöglichwerden des vereinbarten Zwecks), § 728 HGB (Insolvenz eines Gesellschafters), § 727 HGB (Tod des Inhabers des Handelsgewerbes). Im letzteren Falle kann im Gesellschaftsvertrag die Fortsetzung der Gesellschaft mit seinen Erben vorgesehen werden. Durch den Tod des stillen Gesellschafters wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt. Diese Regelung ist nicht erschöpfend. Als weitere Auflösungsgründe sind zu nennen der Ablauf der im Gesellschaftsvertrag festgelegten Zeit, der Eintritt einer auflösenden Bedingung, Vereinbarung der Gesellschafter. Den Beteiligten bleibt es unbenommen, beliebige weitere Auflösungsgründe zu vereinbaren.

70 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 91 Rz. 41; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 5; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 66.

Blaurock | 369

14.73

§ 14 Rz. 14.73 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Im Bereich der atypischen stillen Gesellschaft und der Publikumsgesellschaft gilt es, auch für die Auflösungsgründe die Spezifika der jeweiligen Unternehmensform zu berücksichtigen, welche z.B. die Kündigungsrechte ausschließen oder modifizieren können. Liegt kein zwingender Auflösungsgrund vor, so ist stets zu fragen, ob nicht die Voraussetzungen eines außerordentlichen Kündigungsrechts nach § 723 BGB erfüllt sind. Dazu ist immer eine Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles erforderlich.

370 | Blaurock

§ 15 Auseinandersetzung Schrifttum: Beck, Lukas, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 20.9.2016, II ZR 124/15, EWiR 2017, 41; Brete, Raik, Auflösung einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft: Sofortige Beendigung – keine Liquidation, GmbHR 2016, R177; Blaurock, Uwe/Pordzik, Philipp, Die Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft, NZG 2018, 81; Hartmann, Bernhard, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983; Hillers, Klaus, Personengesellschaft und Liquidation, Diss., Bielefeld 1987; Marquardt, Michael, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 16.5.1994, WiB 1994, 906; Mock, Sebastian, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 3.2.2015, Az. II ZR 335/13 – Zur Durchsetzungssperre bei der Auseinandersetzung nach Kündigung einer stillen Gesellschaft; Müller, Hans-Friedrich, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 13.4.1995, WuB II H. § 723 BGB, S. 994; Schmidt, Karsten, „Anwachsung“: Was ist das, und ... gibt es das noch?, in Festschrift für Ulrich Huber, 2006, S. 969; Schmidt, Karsten, Auflösung der stillen Gesellschaft: Blitzschlag oder Abwicklungsprozedur? Überlegungen zum Urteil des BGH vom 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 641; Schulze-Osterloh, Joachim, Der atypische stille Gesellschafter ist der typische stille Gesellschafter!, in Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse, 2001, S. 377; Staake, Marco, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 8.12.2015, II ZR 333/14, WuB 2016, 399; Sudhoff, Gewinnanteil und Auseinandersetzungsguthaben des stillen Gesellschafters, NJW 1960, 2121; Zinkeisen, Klaus, Der Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, Diss. Hamburg, 1972.

I. Begriff und Wesen 1. Die gesetzliche Regelung Nach der Auflösung der stillen Gesellschaft hat sich der Inhaber des Handelsgeschäfts mit dem stillen Gesellschafter auseinanderzusetzen und dessen Guthaben in Geld zu berichtigen (§ 235 Abs. 1 HGB). Bei der Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft handelt es sich jedoch nicht um eine Liquidation im herkömmlichen gesellschaftsrechtlichen Sinne. Zumindest in dogmatischer Hinsicht unterscheidet sich die Abwicklung von der Auseinandersetzung i.S. der §§ 738–740 BGB erheblich. Diese Vorschriften beziehen sich nach der allgemeinen Konzeption der Regelungen über die Gesellschaft zunächst auf die Außengesellschaft und verfolgen den Zweck, das Gesellschaftsvermögen aus seiner gesamthänderischen Gebundenheit zu lösen und den einzelnen Gesellschaftern ihren Anteil an dem Vermögen tatsächlich zuzuführen. Dessen bedarf es bei der stillen Gesellschaft nicht1, weil in dinglicher Hinsicht ein gemeinschaftliches Vermögen nicht vorhanden ist und eine persönliche Haftung des stillen 1 Im Hinblick auf die sog. „Innen-KG“ ist dieses umstritten. Ausdrücklich gegen eine liquidationsgleiche Abwicklung auch in einem solchen Fall: BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422 (423); dagegen: K. Schmidt, NZG 2016, 641 (645), der in einem solchen Fall vor dem Hintergrund der treuhänderischen Vermögensstruktur zutreffend von einer „virtuellen Liquidation“ spricht und feststellt, dass der Geschäftsinhaber in einem solchen Fall einer „Innen-KG“ Liquidatorenaufgaben erfüllt.

Kauffeld | 371

15.1

§ 15 Rz. 15.1 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Gesellschafters den Gläubigern gegenüber entfällt. Die stille Gesellschaft hat keine Verbindlichkeiten, die im Rahmen einer Liquidationsphase vorrangig zu erfüllen sein könnten2.

15.2 Bereits an anderer Stelle (Rz. 14.3) ist dargelegt worden, dass auch die stille Gesellschaft nicht automatisch mit ihrer Beendigung erlischt, sondern zunächst mit dem Zweck der Abwicklung fortbesteht, wobei sich die gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten entsprechend dem Abwicklungszweck anpassen3. Fraglich ist aber, ob dieser Befund notwendigerweise die Anwendung der §§ 738–740 BGB (analog) nach sich zieht. Insbesondere K. Schmidt4 will die §§ 738–740 BGB (zumindest teilweise) auch auf die stille Gesellschaft anwenden. Dabei sei aber auf die Besonderheiten der Innengesellschaft sowie auf Spezialvorschriften des HGB Rücksicht zu nehmen. Im Einzelnen ergebe sich daraus vor allem eine Rückgabepflicht nach § 732 i.V.m. § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB und die Anwendung des § 740 BGB auf schwebende Geschäfte, wobei die allgemeine Vorschrift in wesentlichen Teilen von § 235 HGB verdrängt werde5. Auch die Regeln über die Anwachsung (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB) seien modifiziert anzuwenden. Zwar finde keine „dingliche“ – genauer: die Rechtszuständigkeit betreffende – Anwachsung des Gesellschaftsanteils statt. Anwachsung i.S. des § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB könne aber auch als ein rein vermögensmäßiger Zuwachs des „Anteils am Gesellschaftsvermögen“ verstanden werden6. 15.3 Dagegen scheidet nach allgemeiner Auffassung7 eine entsprechende Anwendung der Schuldbefreiungsverpflichtung nach § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB aus, weil es ihrer mangels gemeinschaftlicher Schulden nicht bedarf. Ebenso existiert keine Haftung für Fehlbeträge gemäß § 739 BGB, da der stille Gesellschafter nach § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB nur bis zum Betrag seiner Einlage am Verlust teilnimmt. 15.4 Hierzu ist zu bemerken: Die auf die Außengesellschaft bezogenen §§ 705 ff. BGB können immer nur insoweit Anwendung finden, als ihnen nicht Spezifika der stillen Gesellschaft als Innengesellschaft entgegenstehen. Das starke Modifikationsbedürfnis zeigt, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Abfindungsregeln die Außengesellschaft im Blick hatte. Die Gesetzeskonzeption geht eben vom Bestehen eines Gesellschaftsvermögens und gemeinschaftlicher Schulden aus (§ 738 Abs. 1 BGB). Auch die

2 So ausdrücklich BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422 (423); Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 61; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 234 HGB Rz. 13. 3 Hierzu instruktiv Blaurock/Pordzik, NZG 2018, 81 (81 ff.). 4 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 3 ff.; K. Schmidt in FS Huber, S. 969; wohl auch Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 2 f. zumindest für eine analoge Anwendung der Berechnungsgrundsätze des § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB; für die analoge Anwendung von § 738 Abs. 2 BGB auch RG v. 5.11.1918 – II 243/18, RGZ 94, 106 (108). 5 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 5, 9. 6 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 4. 7 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 6, 8; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 2; Stuhlfelner in Heidelberger Komm/HGB, § 235 HGB Rz. 1; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 1.

372 | Kauffeld

Auseinandersetzung | Rz. 15.6 § 15

Reduktion des § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB wird dem Prinzip der Anwachsung nicht gerecht. Vielmehr handelt es sich dabei nach traditionellem Verständnis um ein tragendes Prinzip der Gesamthand, das sich nicht in der vermögensrechtlichen Zuordnung erschöpft. Es bedeutet (zumindest dem idealtypischen gesetzlichen Ausgangsmodell nach) einen Wechsel in der gesamthänderischen Berechtigung und damit eine umfassende Neuzuordnung der gesellschaftsrechtlichen Verfügungs- und Verwaltungsbefugnisse8. Zwar ist zuzugeben, dass nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der GbR im vermögensrechtlichen Bereich eine „dingliche“ Neuzuordnung des Gesellschaftsvermögens auch bei der bürgerlich-rechtlichen Außengesellschaft nicht mehr stattfindet. Allein hieraus den Schluss auf deren Entbehrlichkeit zu ziehen, erscheint aber methodisch angreifbar, da der Gesetzgeber bei Schaffung des § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB noch von einem überkommenen Verständnis der Rechtsfähigkeit der Gesamthand ausging9. Die §§ 738–740 BGB, die ein Gesellschaftsvermögen voraussetzen, sind deshalb auf die typische stille Gesellschaft nicht anwendbar10. Zu Recht weist Harbarth11 aber auf die geringen praktischen Konsequenzen dieses Streits hin. Die Anwendung der § 738 Abs. 1 Satz 1, § 740 BGB wird auch von der Gegenauffassung stark relativiert. Nach der hier vertretenen Auffassung ergibt sich eine (ohnehin selten eingreifende) Rückgabepflicht für Gegenstände, die der Stille zum Gebrauch eingebracht hat, aus § 732 BGB (siehe Rz. 15.33).

15.5

Das eben Gesagte gilt auch für die atypische stille Gesellschaft. Zwar bringt die vermögensmäßige Beteiligung am Geschäft des Inhabers einige Besonderheiten bei der Auseinandersetzung mit sich; auch der atypische stille Gesellschafter hat aber nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf verhältnismäßige Beteiligung am Wert des Geschäftsvermögens und kann deswegen nicht die Versilberung des im Alleineigentum des Geschäftsinhabers stehenden Vermögens verlangen12. Die Auseinandersetzung sowohl einer typischen als auch einer atypischen stillen Gesellschaft ähnelt also weniger der Liquidation einer Gesamthandsgesellschaft als vielmehr dem Ausscheiden ei-

15.6

8 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 5 I 2a, S. 249 sowie § 5 II 1c, S. 258; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 4 III, S. 30 f.; Hueck/Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 3 Rz. 4 ff., insbes. Rz. 8 m.w.N. 9 Dies verkennt K. Schmidt freilich nicht (vgl. bloß K. Schmidt in FS Huber, S. 973), plädiert aber für eine entsprechende Änderung auch des Verständnisses von der Anwachsung (K. Schmidt in FS Huber, S. 979 ff.); im Gegensatz zur Frage der Rechtsfähigkeit der GbR ist diese Frage jedoch weit weniger virulent. 10 Wie hier: Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 287; B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983, S. 117; Hillers, Personengesellschaft und Liquidation, 1987, S. 437; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 2; Stuhlfelner in Heidelberger Komm/HGB, § 235 HGB Rz. 1; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 1; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 235 HGB Rz. 2; Schäfer in MünchKomm/BGB, § 738 BGB Rz. 10, 71. 11 Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 2. 12 RG v. 20.2.1941 – II 99/40, RGZ 166 (164 f.).

Kauffeld | 373

§ 15 Rz. 15.6 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

nes Gesamthandsgesellschafters aus einer solchen13. Wie der Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft hat auch der stille Gesellschafter nach der Auflösung lediglich noch einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Inhaber des Handelsgeschäfts auf Auszahlung seines Abfindungsguthabens, bei dem die Einzelansprüche der Gesellschafter aus dem stillen Gesellschaftsverhältnis unselbstständige Rechtsposten der nach § 235 Abs. 1 HGB vorzunehmenden Auseinandersetzungsrechnung sind und daher im Grundsatz nicht mehr selbstständig geltend gemacht werden können (zu den Ausnahmen vgl. Rz. 15.8)14.

15.7 Zweck der Auseinandersetzung innerhalb eines stillen Gesellschaftsverhältnisses ist es deshalb nur, in einem einheitlichen Verfahren die gesamten aus dem Gesellschaftsverhältnis entspringenden Ansprüche gegeneinander zu verrechnen. Das setzt nicht voraus, dass ein Gesamthandsvermögen vorhanden ist. Auch ohne eine gesamthänderische Vermögensbindung bestehen Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter, die eine Auseinandersetzung im Wege einer Gesamtabrechnung erforderlich machen15; mehrfache Zahlungsvorgänge sollen auch hier nach Möglichkeit vermieden werden. Die einzelnen Geldzahlungsansprüche zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter können folglich nach Auflösung der stillen Gesellschaft nicht mehr einzeln geltend gemacht werden. Sie werden vielmehr zu (einfachen) Rechnungsposten innerhalb der Gesamtabrechnung16. Unerheblich hierfür ist, ob man wie vorstehend der Ansicht folgt, dass das stille Gesellschaftsverhältnis hinsichtlich der Abwicklung der zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäfte (§ 235 Abs. 2 HGB) mit darauf beschränktem Zweck fortbesteht17, oder entsprechend der Rechtsprechung des BGH annimmt, dass die Auflösung der stillen Gesellschaft, die als bloße Innengesellschaft über kein gesamthänderisch gebundenes Gesellschaftsvermögen verfügt, grundsätzlich zu deren sofortigen 13 Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 1; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 2; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 3; Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 1 sowie § 235 HGB Rz. 2. 14 Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 Rz. 14. 15 BGH v. 3.2.2015 – II ZR 335/13, NZG 2015, 674 (674); BGH v. 29.6.1992 – II ZR 284/91, NJW 1992, 2697 = GmbHR 1992, 747; BGH v. 27.3.1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583; Hillers, Personengesellschaft und Liquidation, 1987, S. 439 f.; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 235 HGB Rz. 18; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 1; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 7; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 4 und Rz. 14 ff.; a.A. Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 1. Zum besonderen Fall einer „Innen-KG“ mit treuhänderisch vermitteltem „Gesellschaftsvermögen“ vgl. BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422; K. Schmidt, NZG 2016, 641. 16 BGH v. 2.7.1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (305); BGH v. 12.5.1977 – III ZR 91/75, DB 1977, 2040; BGH v. 10.4.1989 – II ZR 158/88, NJW-RR 1989, 866 (867); BGH v. 28.1.1991 – II ZR 48/90, NJW-RR 1991, 1049; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 4 und 14; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 9; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 256; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 18; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 15; a.A. Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 1; BGH v. 23.11.1967 – II ZR 199/66, BB 1968, 268. 17 Vgl. auch Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 2 f.; Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 1.

374 | Kauffeld

Auseinandersetzung | Rz. 15.9 § 15

Beendigung führt18. Der Grundsatz der Gesamtabrechnung gilt für alle Erscheinungsformen stiller Gesellschaften, typisch wie atypische. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind für die Fälle anzuerkennen, in denen durch die selbständige Geltendmachung einzelner Rechnungsposten das Ergebnis der Auseinandersetzung (teilweise) in zulässiger Weise vorweggenommen wird und insbesondere die Gefahr von Hin- und Herzahlungen nicht besteht19. Dieses ist etwa immer dann der Fall, wenn der stille Gesellschafter mit Sicherheit einen bestimmten Mindestbetrag von dem Inhaber verlangen kann (vgl. Rz. 15.42)20. Hierfür kommt insbesondere die Rückzahlung des Einlageguthabens in Betracht, wenn der stille Gesellschafter nicht am Verlust der Gesellschaft teilnimmt21. In einem solchen Fall muss der stille Gesellschafter nicht erst im Wege der Stufenklage auf Errechnung seines Abfindungsguthabens und anschließende Auszahlung klagen22, sondern kann sogleich unmittelbar Klage auf Auszahlung des Buchwerts seiner stillen Beteiligung klagen. Solche Mindestbeträge bleiben auch nach Auflösung der stillen Gesellschaft selbständig einklagbar.

15.8

Die Gefahr von Hin- und Herzahlungen besteht aber immer dann, solange nicht mit Sicherheit feststeht, dass sich im Rahmen der (weiteren) Auseinandersetzung in jedem Fall ein positiver Saldo für den Stillen ergeben wird. Das Interesse des stillen Gesellschafters an einer raschen Zahlung ist nur insoweit schutzwürdig, als hinreichend sicher feststeht, dass er den vor Beendigung der Auseinandersetzung geforderten Betrag nicht zurückzahlen muss. Diesem Interesse ist dadurch gedient, dass für die Geltendmachung eines jedenfalls feststehenden Mindestbetrags eine Ausnahme von der Gesamtabrechnung gilt23. Sollten die außerhalb der Gesamtabrechnung geltend gemachten Forderungen nicht hinreichend sicher feststehen, so enthält nach Auffassung des BGH die Geltendmachung nicht mehr isoliert einklagbarer, weil in eine Auseinandersetzungsrechnung einzubeziehender Forderungen ohne Weiteres auch das Feststellungsbegehren, dass die entsprechenden Forderungen in die Auseinandersetzungsrechnung (als unselbstständige Rechnungsposten) eingestellt werden24. Zur Auseinandersetzung gehören damit alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um zu ermitteln, was dem stillen Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner Einlage nach Ermittlung von Gewinn und Verlust zusteht25. Eine Auseinandersetzung ist 18 So ausdrücklich BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422 (423 f.). 19 BGH v. 3.2.2015 – II ZR 335/13, NZG 2015, 674 (674). 20 BGH v. 29.6.1992 – II ZR 284/91, NJW 1992, 2696 (2697) = GmbHR 1992, 747; BGH v. 27.3.1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 18; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 294 f.; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, § 235 HGB Rz. 7; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 16. 21 BGH v. 4.3.1991 – II ZR 181/90, DStR 1991, 623. 22 Vgl. zu diesem grundsätzlich gebotenen zweistufigen Vorgehen: BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422 (424). 23 BGH v. 3.2.2015 – II ZR 335/13, NZG 2015, 674 (675 f.). 24 Vgl. hierzu BGH v. 3.2.2015 – II ZR 335/13, NZG 2015, 674 (676) m.w.N. zur st. Rspr. des BGH. 25 RG v. 7.6.1943 – II 34/43, RGZ 171, 133; BGH v. 27.3.1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583.

Kauffeld | 375

15.9

§ 15 Rz. 15.9 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

auch dann erforderlich, wenn der stille Gesellschafter selbst keine eigene Einlage in das Vermögen des Inhabers geleistet hat, da auch in diesem Fall, Gewinnansprüche von Seiten des stillen Gesellschafters bestehen können26. Ob im Rahmen der Auseinandersetzung auch außergesellschaftliche Beziehungen zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter, z.B. Lieferungs-, Miet-, Pacht-, oder Arbeitsverträge, abgewickelt werden, hängt davon ab, ob sie ihrem Inhalte nach ebenfalls von der Auflösung der stillen Gesellschaft erfasst sein sollen und damit den gesellschaftsrechtlichen Bindungen unterliegen. In diesem Fall werden auch solche Drittgläubigeransprüche der stillen Gesellschafter Teil der Gesamtabrechnung zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter27. Ist dieses nicht der Fall, sondern steht der stille Gesellschafter dem Geschäftsinhaber in Bezug auf die geltend gemachte Forderung wie jeder dritte Gläubiger gegenüber, ist es nicht einzusehen, weshalb er anders als jeder außenstehende Gläubiger auf die Erfüllung seiner Forderung soll warten müssen, bis die Auseinandersetzungsrechnung feststeht28.

15.10 Die Abwicklung der schuldrechtlichen Beziehungen erfolgt bei der typischen stillen Gesellschaft grundsätzlich aufgrund einer für den Auflösungstag vom Geschäftsinhaber29 aufzustellenden Erfolgsermittlungsbilanz30. Das entspricht der Tatsache, dass der typische stille Gesellschafter nur am Gewinn, nicht auch an den Vermögenswerten beteiligt ist. Ist er als atypischer stiller Gesellschafter auch an den Vermögenswerten beteiligt, bedarf es der Aufstellung einer Abschichtungsbilanz bzw. Vermögensbilanz, in der auch die in dem Unternehmen vorhandenen Rücklagen und ein etwaiger Geschäfts- oder Firmenwert, an denen der Ausscheidende Anteil hat, zu berücksichtigen sind. Der grundlegende Unterschied in der Auseinandersetzung beider Formen der stillen Gesellschaft wird allerdings dadurch relativiert, dass bei der Auseinandersetzung einer typischen stillen Gesellschaft regelmäßig zusätzlich die Gewinnverteilung der vorangegangenen Jahre zu korrigieren ist (dazu Rz. 15.24)31.

26 Vgl. BGH v. 16.5.1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185. 27 Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 1. 28 Zur parallelen Rechtslage bei der GbR BGH v. 3.4.2006 – II ZR 40/05, NJW-RR 2006, 1268 (1270); Schäfer in MünchKomm/BGB, § 730 BGB Rz. 53 (m.w.N. zum Meinungsstand), wo darauf hingewiesen wird, dass es der Gesellschaft unbenommen bliebe, mit Gegenansprüchen gegen den Gesellschafter aufzurechnen oder unter Berufung auf absehbare Nachschussansprüche die Missbrauchseinrede (§ 242 BGB) zu erheben. 29 Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 5 a.E.; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 2; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 16, 19. 30 BGH v. 16.5.1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185 (1186); BGH v. 13.4.1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277; B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983, S. 119; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 7; im Ergebnis ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 16; a.A. Zinkeisen, Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, S. 93. 31 Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 11; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 15 ff.

376 | Kauffeld

Auseinandersetzung | Rz. 15.12 § 15

§ 235 HGB enthält dispositives Recht32. Vertragliche Modifikationen der Abfindung sind wirksam, soweit sie nicht das Kündigungsrecht der Gesellschafter unzumutbar einschränken oder gegen § 138 BGB verstoßen (Rz. 14.23 f.). In diesem Rahmen können die Gesellschafter die Auseinandersetzung so vereinbaren, wie es ihnen am zweckmäßigsten erscheint. Das gilt insbesondere für die Berechnung des Guthabens des stillen Gesellschafters33. Es kann z.B. vereinbart werden, dass die Gesellschaft im Innenverhältnis nach Art einer Handelsgesellschaft liquidiert werden soll, so z.B. wenn der stille Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag die Rechtsstellung eines OHG-Gesellschafters haben oder am Betriebsvermögen beteiligt sein soll oder es sich um eine in der Form einer „Innen-KG“ ausgestaltete mehrgliedrige stille Gesellschaft handelt34. Es gelten dann die §§ 145 ff. HGB, d.h. alle Liquidationsmaßnahmen bedürfen im Innenverhältnis seiner Zustimmung (§ 150 HGB)35. Die §§ 146 und 147 HGB sind sinngemäß anwendbar36. Aber nach außen handelt auch hier der Inhaber allein; nur er wird durch die von ihm zur Durchführung der Liquidation vorgenommenen Geschäfte berechtigt und verpflichtet. Im Außenverhältnis ist eine Gleichstellung des stillen Gesellschafters mit einem OHG-Gesellschafter oder Kommanditisten im Zweifel selbst dann nicht gewollt, wenn eine Liquidation vereinbart ist. Eine Eintragung der Liquidation im Handelsregister findet nicht statt. Auch eine Mitwirkung bei der Erstellung der Auseinandersetzungsbilanz kann nur bei eindeutiger Vertragsregelung als vereinbart gelten37.

15.11

Zur Vereinfachung kann auch vereinbart werden, dass der eine Gesellschafter eine feste Abfindung, der andere – auch der stille Gesellschafter – das Handelsgeschäft erhalten soll. Zur Übernahme des Handelsgeschäfts kann der betreffende Gesellschafter berechtigt, aber auch verpflichtet sein38. Die Berechnung der Abfindung kann auch modifiziert werden, z.B. kann vereinbart werden, dass der Gesellschafter zu Buchwerten abgefunden werden soll und dass stille Reserven nicht aufzulösen sind39. Sagt in diesem Fal-

15.12

32 BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, BB 1994, 2439; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 55; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 10 m.w.N. 33 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 58. 34 Blaurock/Pordzik, NZG 2018, 81 (84). 35 Vgl. auch Königs, Die stille Gesellschaft, S. 301; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 55; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 11, 66. 36 Ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 66, jedoch soll § 146 Abs. 1 HGB sinngemäß anwendbar sein; nach der hier vertretenen Auffassung ergibt sich dies bereits aus ergänzender Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB). 37 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 66. 38 Im Einzelnen vgl. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 67; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 56 f. Eine Verpflichtung des Geschäftsinhabers zur Übertragung des Unternehmens auf den stillen Gesellschafter kann auch ohne ausdrückliche Vereinbarung anzunehmen sein, wenn der stille Gesellschafter der eigentliche Unternehmensinhaber ist, vgl. Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 56 f. 39 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 36; nach Meinung von K. Schmidt müsste sich letzteres allerdings von selbst verstehen; richtigerweise bedarf es aber einer entsprechenden Regelung, da der (auch typisch) Stille an den stillen Reserven, die während des Bestehens der stillen Gesellschaft aufgelaufen sind, bei der Auseinandersetzung partizipiert, vgl. Rz. 15.23 ff.

Kauffeld | 377

§ 15 Rz. 15.12 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

le der Gesellschaftsvertrag nichts über Art und Höhe der Abfindung, dann ist ein angemessenes Entgelt zugrunde zu legen, das unter Berücksichtigung des gemeinen Wertes und des vorhandenen Geschäfts- oder Firmenwertes zu ermitteln ist (§ 316 BGB).

15.13 Die Frage, ob für eine stille Gesellschaft, bei der die Stillen schuldrechtlich wie Kommanditisten zu behandeln sind, ein Liquidationsverfahren entsprechend den Regeln der §§ 145 ff. HGB stattfindet, wird uneinheitlich beantwortet40. In der Literatur finden sich zustimmende41 wie ablehnende42 Meinungen. Ohne eine ausdrückliche Vereinbarung lehnt der BGH auch für den Fall einer als „Innen-KG“ ausgestalteten mehrgliedrigen stillen Gesellschaft die entsprechende Anwendbarkeit der §§ 145 ff., 155, 161 Abs. 2 HGB ausdrücklich ab43. Auch bei einer als „Innen-KG“ ausgestalteten mehrgliedrigen stillen Gesellschaft fehle es an einem gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen. Die stille Gesellschaft habe keine Verbindlichkeiten, die im Rahmen der Liquidationsphase vorrangig zu erfüllen sein könnten. Der BGH will zumindest dann, wenn nur die Auflösung der stillen Gesellschaft beschlossen worden sei, der Auffassung, es fände eine Innen-Liquidation statt, nicht folgen44.

15.14 Diese Argumentation des BGH überzeugt nicht. Sie lässt den besonderen Charakter einer als virtuellem Verband ausgestalteten mehrgliederigen stillen Gesellschaft unberücksichtigt. Der nach außen auftretende Geschäftsinhaber verwaltet das Vermögen quasi treuhänderisch für die stillen Gesellschafter. Blaurock/Pordzik weisen zutreffend darauf hin, dass es sich aus binnenrechtlicher Sicht gerade nicht um ein Unternehmen des Geschäftsinhabers handele, mit dem dieser nach Belieben verfahren könne; vielmehr sei das Unternehmen der Gesellschaft insgesamt zugeordnet45. K. Schmidt hat dies damit erklärt, dass der Geschäftsinhaber nur als treuhänderischer Quasi-Komplementär der Innengesellschaft als einer Quasi-KG operiere46. Diese macht sich die Rechtsfähigkeit des Geschäftsinhabers für ihre eigenen Zwecke zunutze. Die liquidationslose Auflösung der stillen Gesellschaft wird den Interessen der beteiligten Gesellschafter somit nicht gerecht, da ansonsten der Geschäftsinhaber berechtigt wäre, das Unternehmen unter Abfindung der stillen Gesellschafter fortzuführen47. Daher kann bei der im Innenverhältnis als Kommanditgesellschaft ausgestalteten stillen Gesellschaft im Regelfall davon ausgegangen werden, dass zumindest konkludent die Auseinandersetzung nach den Regeln der §§ 145 ff. HGB vereinbart wurde. Bei Fehlen 40 Blaurock/Pordzik, NZG 2018, 81 (84). 41 Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 234 HGB Rz. 1; Tassius, S. 99; Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 Rz. 1; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 1. 42 K. Schmidt, NZG 2016, 641 (645); Blaurock/Pordzik, NZG 2018, 81 (85); Roth in Baumbach/Hopt, § 234 HGB, Rz. 1. 43 BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422 (423). 44 BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422 (423); zustimmend: Staake in WuB 2016, 399, (401 f.); Brete in GmbHR R177, R178, der mit der fehlenden rechtlichen Identität zwischen den Gesellschaften argumentiert. 45 Blaurock/Pordzik, NZG 2018, 81 (84). 46 K. Schmidt, NZG 2016, 641 (645). 47 Blaurock/Pordzik, NZG 2018, 81 (84).

378 | Kauffeld

Auseinandersetzung | Rz. 15.17 § 15

einer entsprechenden Vereinbarung kann sich dieses Ergebnis auch aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ergeben. Es findet also im Regelfall eine Liquidation entsprechend den §§ 145 ff. HGB statt. 2. Zeitpunkt der Auseinandersetzung Stichtag für die Auseinandersetzung ist der Tag der Auflösung, nicht der Schluss des Geschäftsjahrs, es sei denn, dass die Auflösung gerade zu diesem Tage erfolgt ist oder die Beteiligten eine andere Vereinbarung getroffen haben48. Eine andere Vereinbarung ist insbesondere dann geboten, wenn die Parteien eine unterjährige Zwischenrechnung verhindern wollen. Hierzu können die Beteiligten übereinkommen, dass eine Auflösung immer nur am Schluss eines Geschäftsjahres erfolgen kann und damit die Bildung eines Rumpfgeschäftsjahres zu unterbleiben hat. Soll eine unterjährige Auflösung der stillen Gesellschaft möglich bleiben, kann zur Vermeidung eines Zwischenabschlusses vereinbart werden, dass das auf den Jahresabschluss errechnete Auseinandersetzungsguthaben anteilig gekürzt wird49.

15.15

Etwas anderes gilt bei Ausscheiden eines am Gewinn beteiligten Angestellten; für die Berechnung seines Anteils am Jahresgewinn ist stets die zum Schluss des Jahres aufgestellte Jahresbilanz maßgebend, gleichgültig wann er ausgeschieden ist. Es ist also – vorbehaltlich einer abweichenden vertraglichen Vereinbarung – nicht notwendig, eine Zwischenbilanz zum Tage des Ausscheidens aufzustellen. Die Tatsache, dass der Angestellte während des Bilanzjahres ausgeschieden ist, wirkt sich nur dahin aus, dass der Betrag, der ihm nach der Jahresbilanz bei Tätigkeit während des ganzen Geschäftsjahres zukommen würde, im Verhältnis der Zeit, während der er gearbeitet hat, zu der Zeit des ganzen Geschäftsjahres betragsmäßig herabgesetzt wird50.

15.16

II. Auseinandersetzungsguthaben 1. Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens Die Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens ist als Geschäftsführungsmaßnahme Sache des Inhabers. Ist im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorgesehen, hat der Stille keinen Anspruch auf Mitwirkung, sondern ist auf die Kontrollrechte des § 233 HGB beschränkt, wobei nach wohl überwiegender (nicht jedoch zutreffender) Auffassung dem Stillen nicht einmal die umfangreicheren Kontrollrechte nach § 233 HGB zustehen sollen (siehe eingehend Rz. 15.73). Andererseits kann dem stillen Gesellschafter gesellschaftsvertraglich ein Mitwirkungsrecht eingeräumt werden. Dies ist 48 RG v. 30.10.1928 – 28/28 II, JW 29, 320; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 17; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 13; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 11; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 3; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 7; Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 1; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 19. 49 Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 13. 50 BAG v. 3.6.1958 – 2 AZR 406/55, BAGE 5, 317; ebenso LAG Düsseldorf v. 23.7.2003 – 12 Sa 260/03, juris; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 17.

Kauffeld | 379

15.17

§ 15 Rz. 15.17 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

insbesondere anzunehmen, wenn er schon vor Auflösung an der Geschäftsführung beteiligt war. Auch ohne Mitwirkungsrecht ist der Stille nach § 233 BGB aufgrund seiner gesellschaftlichen Treuepflicht vor dem Hintergrund seiner auch nach Auflösung der Gesellschaft fortbestehenden Kontrollrechte verpflichtet, die Auseinandersetzungsrechnung des Geschäftsinhabers anzuerkennen oder deren Anerkennung begründet zu verweigern51.

15.18 Bei der Ermittlung des Auseinandersetzungsanspruchs handelt es sich neben der im Jahresrhythmus vorzunehmenden Ermittlung der Gewinn- und Verlustbeteiligung (hierzu eingehend Rz. 8.46 ff.) um den zweiten Regelungsbereich, mittels dessen der wirtschaftliche Erfolg der stillen Beteiligung maßgeblich bestimmt wird. Daher ist die Aufnahme von gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen zur Ermittlung des Auseinandersetzungsanspruchs dringend zu empfehlen. Bei der Ausgestaltung dieser Regelungen ist besondere Sorgfalt auch deswegen anzuwenden, weil die Regelungen für den stillen Gesellschafter in einer Beteiligungsphase relevant werden, in der sich Geschäftsinhaber und stiller Gesellschafter bereits getrennt haben. Der Zwang zu einem gedeihlichen Zusammenwirken und zu einer wechselseitigen Rücksichtnahme besteht zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Unklarheiten und Unvollständigkeiten bei den getroffenen Regelungen führen zumeist zu komplexen und damit kostenintensiven Rechtsstreitigkeiten. Streitvermeidend wirken Regelungen, die von vornherein die Ermittlung des Abfindungsguthabens dem Inhaber durch Übertragung auf einen Wirtschaftsprüfer ganz entziehen oder aber die Überprüfung der Ermittlungstätigkeit durch den Inhaber in die Hände eines Wirtschaftsprüfers legen. Soll der Wirtschaftsprüfer laut gesellschaftsvertraglicher Regelungen den Auseinandersetzungsanspruch „ermitteln“, setzt ein „Ermitteln“ eigene Feststellungen des ermittelnden Wirtschaftsprüfers voraus, darf nicht auf den bloßen Nachvollzug der angestellten Berechnungen des Geschäftsinhabers beschränkt sein oder sich gar nur in einer bloßen Plausibilitätsprüfung erschöpfen52. Sollen die Angaben des Geschäftsinhabers lediglich auf ihre Plausibilität geprüft werden, so ist dieses ausdrücklich so zu vereinbaren.

15.19 Haben die Gesellschafter nicht etwas anderes vereinbart, hat der Inhaber die Berechnung des Guthabens unverzüglich nach der Auflösung vorzunehmen. Eine Verzögerung stellt eine gesellschaftsvertragliche Nebenpflichtverletzung des Geschäftsinhabers da, die den Geschäftsinhaber mit dem Auseinandersetzungsguthaben des Stillen in Verzug bringen kann53. In einem solchen Fall kann der stille Gesellschafter auf Auskunft über sein Abfindungsguthaben klagen. Prozessual bietet sich meist an, im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) daneben den noch nicht bezifferbaren Zahlungs51 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 19; Zutt in Großkomm/HGB, 4. Aufl., § 235 HGB Rz. 16; a.A. Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 3; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 30 m.w.N. in Fn. 63. 52 OLG Köln v. 15.2.2017 – 18 U 112/16, juris Rz. 17. 53 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 19; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 29.

380 | Kauffeld

Auseinandersetzung | Rz. 15.21 § 15

anspruch gegen den Inhaber geltend zu machen (vgl. auch Rz. 15.42)54. Dabei sind die stufenweise erhobenen Ansprüche auf Rechnungslegung und Zahlung prozessual selbstständige Teile eines einheitlichen Verfahrens mit der Folge, dass zunächst nur über den Anspruch auf Rechnungslegung zu befinden ist55. In diesem ersten Verfahrensabschnitt ist daher auch ohne Bedeutung, ob etwa ein Rangrücktritt vereinbart wurde, da dieser dem Anspruch auf Berechnung des Abfindungsguthabens von vornherein nicht entgegenstehen kann. Die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der stille Gesellschafter mit seinem Abfindungsanspruch hinter Ansprüchen anderer Gläubiger zurücktreten muss, stellt sich erst auf der zweiten Stufe, wenn der Abfindungsanspruch des stillen Gesellschafters berechnet und von diesem in einer bezifferten Höhe geltend gemacht wurde. Die Abwicklung noch schwebender Geschäfte berechtigt den Inhaber nicht, die Berechnung des Guthabens hinauszuzögern, auch wenn zu erwarten ist, dass diese Geschäfte seine Höhe beeinflussen werden56. Denn die Abwicklung der schwebenden Geschäfte erfolgt außerhalb der auf den Auflösungszeitpunkt zu erstellenden Auseinandersetzungsrechnung57. Ebenso wie bei einer Außengesellschaft kommt es auch bei der Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters dazu, dass die einzelnen gesellschaftsbezogenen Forderungen ihre Selbständigkeit verlieren und sich in einfache Rechnungsposten verwandeln (vgl. Rz. 15.7 f.)58. Diese sind für die Gesellschafter der stillen Gesellschaft nicht mehr einzeln verfolgbar. Dieses hat zur Folge, dass sich eine Partei nicht erst durch Aufrechnung oder die Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten im Einzelfall zur Wehr setzen muss. Dieser Grundsatz der Durchsetzungssperre gilt nur im Ausnahmefall bei Drittgläubigeransprüchen (vgl. Rz. 15.9).

15.20

2. Höhe des Auseinandersetzungsguthabens Die Höhe der Beteiligung des Stillen bei Beendigung der Gesellschaft ist davon abhängig, welche Vereinbarungen die Gesellschafter über die Behandlung ihrer Beteiligungskonten getroffen haben und welche Entwicklung diese Konten in der Zeit bis zur Auflösung der Gesellschaft genommen haben. Wenn die Beteiligten besondere Darlehenskonten geführt haben, muss festgestellt werden, welchen Konten während dieser Zeit eingezahlte Beträge und stehen gebliebene Gewinne gutgeschrieben und welche Konten mit etwa entnommenen Beträgen belastet worden sind. Werden stehen gebliebene Gewinne vom Stillen unabhängig vom Beteiligungskonto geltend gemacht, kommt es darauf an, wie mit den stehen gebliebenen Gewinnen des Inhabers zu verfahren war. Waren sie seinem Beteiligungskonto gutzuschreiben, kann sich dadurch 54 Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 3; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 43. 55 BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422 (424) unter Hinweis auf die Rechtslage bei der GbR in dem vom BGH am 22.3.2011 entschiedenen Fall: BGH v. 22.3.2011 – II ZR 206/09, NZG 2011, 697. 56 So wohl auch Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 3. 57 BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422 (423). 58 Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 14; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 15; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 18.

Kauffeld | 381

15.21

§ 15 Rz. 15.21 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

das Verhältnis der beiden Beteiligungskonten zugunsten des Inhabers geändert haben. Waren sie seinem Darlehenskonto gutzubringen, können sie dadurch im Verhältnis der Beteiligten den Wert des Geschäftsvermögens verringert haben. Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte kann für den Zeitpunkt der Auflösung erst das Verhältnis der beiden Beteiligungskonten und damit die prozentuale Beteiligung der Gesellschafter am Geschäftsvermögen bestimmt werden, von der bei der Auseinandersetzung und der Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters auszugehen ist59. a) Höhe bei typischen stillen Beteiligungen

15.22 Das Auseinandersetzungsguthaben des typischen stillen Gesellschafters besteht regelmäßig aus dem Buchwert seiner Vermögenseinlage, wie sie sich am Auflösungstage aufgrund der Buchführung auf dem Einlagekonto ergibt, vermehrt oder – bei Verlustbeteiligung – vermindert um das Ergebnis des letzten Geschäftsjahres bis zum Tage der Auflösung. Das dem stillen Gesellschafter zustehende Ergebnis wird nach den gleichen Grundsätzen ermittelt, die für die Ermittlung des laufenden Jahresergebnisses gelten (vgl. Rz. 8.72 ff., insbesondere Rz. 8.79 ff.). Bei der Auseinandersetzung einer typischen stillen Gesellschaft ist nicht der wahre Wert des gesamten Unternehmens oder des Teilbereichs, auf das sich die stille Beteiligung beschränkt hat, zu berücksichtigen. Da der typische stille Gesellschafter nicht am Vermögen beteiligt ist, nimmt er an der Erhöhung des Geschäfts- oder Firmenwerts nicht teil60. Dieses gilt auch dann, wenn der Firmenwert bei Auflösung der stillen Gesellschaft durch Unternehmensveräußerung realisiert wird61. Es ist also auch die Auseinandersetzungsbilanz eine echte Erfolgsermittlungsbilanz; sie ist keine Liquidations-(Vermögens-)Bilanz, weil der typische stille Gesellschafter nicht am Geschäftsvermögen beteiligt ist62. 15.23 Bei der Abrechnung sind nur solche Einlagen zu berücksichtigen, die tatsächlich geleistet und dem stillen Gesellschafter auf dem Einlagekonto gutgebracht worden sind. Das trifft auf Einlagen, die in einer Gebrauchsüberlassung oder in der Leistung von Diensten bestanden, nicht zu, es sei denn, dass der Wert der Gebrauchsüberlassung oder der Dienste vereinbarungsgemäß dem Einlagekonto gutgeschrieben worden ist. Ist das nicht geschehen, kann bei der Auseinandersetzung ein solcher Wert auf dem Einlagekonto nicht verrechnet werden (vgl. Rz. 7.31 f., 7.38). 15.24 Mit der Saldierung der gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten, korrigiert um den Gewinn und Verlust des laufenden Geschäftsjahrs, hat die Auseinandersetzung bei der typischen stillen Gesellschaft ihr Bewenden, soweit der stille Gesellschafter jährlich jeweils an dem gesamten, ihm zukommenden Gewinn und Verlust teilgenommen hat63. Gerade dies ist aber wegen der Schwierigkeiten einer genauen jähr59 60 61 62 63

BGH v. 24.9.1952, BGHZ 7, 174 f. Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 19. Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 27. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 16. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 22; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 21.

382 | Kauffeld

Auseinandersetzung | Rz. 15.25 § 15

lichen Gewinnabrechnung für den typischen stillen Gesellschafter häufig nicht der Fall. Im Rahmen der Berechnung des Auseinandersetzungsanspruchs des typischen stillen Gesellschafters ist deswegen auch die vorangegangene Gewinn- und Verlustverteilung zwischen ihm und dem Inhaber zu korrigieren (Rz. 8.84 ff.)64. Die Schwierigkeit und die Streitanfälligkeit der Auseinandersetzung bei der typischen stillen Gesellschaft liegen in der Bezifferung dieser Korrektur. Auf sie zu verzichten ist zwar zulässig, entspricht aber nicht dem Interesse des stillen Gesellschafters. Ein Verzicht kann deswegen nur bei einer klaren Regelung im Gesellschaftsvertrag angenommen werden65. Der Korrektur im Rahmen der Auseinandersetzung liegen dieselben Grundsätze zugrunde wie der jährlichen Gewinn- und Verlustverteilung. Sie betrifft deswegen zunächst die im Geschäftsvermögen vorhandenen Rücklagen, die während des Bestehens der Gesellschaft aus den laufenden Betriebsgewinnen oder aus überhöhten Abschreibungen gebildet wurden und dadurch in den zurückliegenden Jahren den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters entsprechend vermindert haben66. Für offene Rücklagen ist dies unstrittig67. Schwieriger ist die Beurteilung der Rechtslage bei stillen Rücklagen/Reserven, wobei K. Schmidt zutreffend darauf hingewiesen hat, dass es im Wesentlichen darum geht, inwieweit die Jahresbilanzen (in denen die stillen Reserven nicht erfasst werden) auch in der Auseinandersetzung maßgeblich sein sollen68. Nach seiner Auffassung ist eine rechtliche Gleichbehandlung der stillen mit den offenen Rücklagen weder juristisch haltbar noch entspreche sie den kaufmännischen Gepflogenheiten69. Das trifft so aber nicht zu. Dem Gesetz nach ist eine Koppelung der Jahresabschlüsse an die Auseinandersetzungsbilanz nicht zwingend vorgegeben. Vielmehr verfolgen beide ganz unterschiedliche Zwecke. Ursache für die Entstehung von stillen Reserven ist das bilanzrechtliche Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Es ist Ausdruck einer vorsichtigen Bewertung von Gegenständen des Betriebsvermögens und soll im Interesse der Gesellschaft die Ausschüttung bloßer Buchgewinne verhindern. Dass diese Gewinne nicht bilanzwirksam erfasst werden, ändert aber nichts daran, dass sie im ordentlichen Geschäftsverkehr tatsächlich erwirtschaftet wurden. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB ist auf die Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens nach Auflösung der Gesellschaft jedoch nicht mehr anwendbar. Im dogmatischen Ansatz ist daher Keul70 zu folgen: Die während des Bestehens der stillen Gesell-

64 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 9, 22; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 22; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 21 ff. 65 Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 13; Sudhoff, NJW 1960, 2121 (2126). 66 Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 12; Hillers, Personengesellschaft und Liquidation, 1987, S. 437. 67 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 23; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 19; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 12; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 4; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 24; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 12. 68 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 24. 69 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 24; vgl. auch Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 25 f. 70 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 11.

Kauffeld | 383

15.25

§ 15 Rz. 15.25 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

schaft entstandenen stillen Reserven sind aufzulösen und dem Stillen anteilig gutzuschreiben71. Bewertungsmaßstab ist dabei der handelsrechtliche Teilwert. Im Ergebnis unterscheiden sich beide Auffassungen allerdings kaum. Auch die Gegenansicht geht davon aus, dass diese Frage vorrangig nach dem (ggf. auslegungsbedürftigen) Gesellschaftsvertrag zu lösen ist72. Im Zweifel sei sogar davon auszugehen, dass aus Betriebsgewinnen entstandene stille Reserven aufzulösen sind, da grundsätzlich anzunehmen sei, dass der Stille nur während seiner Beteiligung mit einer Gewinnschmälerung einverstanden ist73. Auch ist der typische stille Gesellschafter an einer durch die Aufwendung von Gesellschaftsmitteln herbeigeführten Vermehrung des Geschäftsvermögens zu beteiligen74. Die aus Gesellschaftsmitteln vorgenommenen Investitionen sind daher bei der Auseinandersetzung zu berücksichtigen75.

15.26 Die Notwendigkeit zur Vornahme von Korrekturen im Rahmen der Auseinandersetzungsbilanz kann sich auch daraus ergeben, dass in der Vergangenheit Abschreibungen, die nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung hätten vorgenommen werden müssen, unterlassen worden sind. Da die regelmäßigen Absetzungen für Abnutzung stets auch zu Lasten des stillen Gesellschafters gehen, weil sie im regelmäßigen Geschäftsbetrieb verursacht worden sind, hat ihre Unterlassung in früheren Jahren zu überhöhten Gewinnanteilen des stillen Gesellschafters geführt. Es entspricht der Billigkeit und dem Interesse des Inhabers, dass die unterlassenen Abschreibungen nunmehr nachgeholt werden und zu einer Verminderung des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters führen76. Er ist aber nicht verpflichtet, früher bezogene Gewinne zurückzuzahlen, wenn sich bei der Auseinandersetzung herausstellt, dass sie in Wirklichkeit nicht vorhanden gewesen sind77. 15.27 Der ausscheidende stille Gesellschafter ist grundsätzlich nicht an den immateriellen Werten des Unternehmens, insbesondere an dem Geschäfts- oder Firmenwert zu beteiligen, weil für die typische stille Gesellschaft das Fehlen einer – wenn auch nur

71 Im Ergebnis ebenso Schulze-Osterloh in FS Kruse, S. 377 (387); Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 12; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 13; einschränkend Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 3, wonach stille Reserven nur dann Berücksichtigung finden sollen, wenn deren Bildung dem Stillen gegenüber unzulässig war. 72 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 22. 73 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 24; wie sich allerdings bei dieser Annahme eine gegenteilige kaufmännische Gepflogenheit entwickeln soll, erscheint zweifelhaft; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 25. 74 RG v. 17.4.1928 – II 342/27, RGZ 120, 410. 75 BGH v. 30.11.1959 – II ZR 204/57, DB 1960, 261. 76 Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 12; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 24. 77 RG v. 20.3.1901 – I 477/00, RGZ 48, 77; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 32.

384 | Kauffeld

Auseinandersetzung | Rz. 15.30 § 15

schuldrechtlichen – Vermögensbeteiligung wesenseigen und charakteristisch ist78. Anderes gilt insbesondere, wenn der Geschäftswert aus Mitteln des Geschäftsvermögens zu Lasten auch des anteiligen Gewinns des stillen Gesellschafters in früheren Jahren gebildet worden ist (vgl. hierzu Rz. 8.87 ff.)79. Es ist offensichtlich, dass im Vertrag über eine typische stille Gesellschaft die Auseinandersetzung näher geregelt werden sollte80. In Betracht kommen hierzu entweder das genaue Bestimmen der Berechnungsmodalitäten, das Festlegen eines pauschalen Zuschlags auf den Buchwert zugunsten des stillen Gesellschafters oder der Ausschluss jeder Ergebniskorrektur81. Vereinbart kann auch werden, dass der stille Gesellschafter zwar nicht an dem Geschäftswert als solchem beteiligt ist, wohl aber an dessen Wertzuwachs während des Bestehens der stillen Gesellschaft. Der Unterschied zur atypischen stillen Gesellschaft liegt dann darin, dass der stille Gesellschafter nicht an dem Geschäftswert beteiligt ist, soweit er schon vor Gründung der stillen Gesellschaft bestand. Diese Form der Beteiligung kann allerdings nicht als Regel unterstellt werden, auch sie bedarf der besonderen vertraglichen Vereinbarung. Eine Schätzungsgrundlage für die Ergebniskorrektur erhält man im Übrigen, wenn man den Wertzuwachs des Geschäftsvermögens in Verhältnis zu den Beitragsleistungen des Inhabers und des stillen Gesellschafters setzt.

15.28

Diese bei der Auseinandersetzung gegebenenfalls vorzunehmenden Korrekturen haben mit der für die atypische stille Gesellschaft charakteristischen schuldrechtlichen Beteiligung des stillen Gesellschafters an den Anlagewerten, an den (bei Gründung der Gesellschaft bereits bestehenden, im Übrigen vgl. Rz. 15.25) Rücklagen und am Geschäfts- oder Firmenwert nichts zu tun. Sie haben ihre Ursache nicht in einer „Substanzbeteiligung“ des stillen Gesellschafters, sondern darin, dass während des Bestehens der Gesellschaft seine anteiligen Gewinne zu niedrig oder zu hoch errechnet worden sind. Sie führen also nicht zur Behandlung der Beteiligung als atypische stille Gesellschaft – auch nicht auf dem Gebiete des Steuerrechts (vgl. hierzu Rz. 20.52 ff., 22.2 ff.).

15.29

b) Höhe bei atypischen stillen Beteiligungen mit schuldrechtlicher Vermögensbeteiligung Nach anderen Grundsätzen als bei der typischen stillen Gesellschaft bestimmt sich die Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens, wenn der stille Gesellschafter 78 H.M.: BGH v. 12.5.1986 – II ZR 11/86, ZIP 1986, 774 f.; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 27; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 26; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 289; B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983, S. 122 f.; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 12; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 14; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 4; a.A. Zinkeisen, Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, 1972, S. 33, 89. 79 Weitergehend Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 12 f.; Schulze-Osterloh in FS Kruse, S. 377 (387). 80 Ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 22. 81 So auch Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 117 f.

Kauffeld | 385

15.30

§ 15 Rz. 15.30 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

schuldrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligt ist. Bestimmt der Gesellschaftsvertrag nichts anderes, so ist der Inhaber verpflichtet, den Wert des schuldrechtlichen Anteils des atypischen stillen Gesellschafters am Geschäftsvermögen diesem in Geld zu ersetzen. Es bedarf dazu der Aufstellung einer Vermögensbilanz auf den Zeitpunkt der Auflösung, in die nicht die Buchwerte, sondern die wirklichen Werte der einzelnen zum Betriebsvermögen gehörenden Vermögensgegenstände einzustellen sind82. Maßgeblich ist der Fortführungswert83, sofern nicht auch das Handelsgeschäft aufgelöst wird. Der stille Gesellschafter erhält darüber hinaus seinen Anteil an den offenen Rücklagen und an dem Geschäftswert84. Dieser ist zu schätzen.

15.31 Der stille Gesellschafter, der schuldrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligt ist, wird also im Gegensatz zum typischen stillen Gesellschafter nicht mit dem berichtigten Buchwert seiner Einlage abgefunden; er erhält ein Auseinandersetzungsguthaben, das sich von dem eines OHG-Gesellschafters nicht unterscheidet und dessen Wert sich nach dem tatsächlichen Geschäftswert bestimmt85. Der Gesellschaftsvertrag kann auch hier die Modalitäten für die Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens im Einzelnen und abweichend von den obigen Ausführungen regeln. Es kann die Berücksichtigung des Geschäftswertes oder bestimmter Rücklagen ausgeschlossen, es kann ihnen aber auch in Form eines Zuschlags zum Buchwert des Einlagekontos Rechnung getragen werden. Enthält der Gesellschaftsvertrag Abreden über die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens, ohne die Behandlung des Geschäftswerts zu erwähnen, so spricht das dafür, dass er außer Betracht bleiben soll. 3. Sonderfälle der Auseinandersetzung

15.32 Ergibt die Berechnung für den stillen Gesellschafter ein Guthaben, so ist dieses in Geld zu berichtigen (§ 235 Abs. 1 HGB). Das Abfindungsguthaben gibt ihm einen schuldrechtlichen Anspruch auf Zahlung des festgestellten Betrags durch den Inhaber; dieser ist in Höhe des Guthabens Schuldner des stillen Gesellschafters86. 15.33 Diejenigen Wirtschaftsgüter, die zum Gebrauch überlassen worden sind, sind mit der Auflösung der Gesellschaft an den stillen Gesellschafter zurückzugeben, wenn sie 82 BGH v. 13.4.1995 – II ZR 132/94, NJW-RR 1995, 1061; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 235 HGB Rz. 58; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 301; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 28; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 22; Kindler in Koller/Kindler/Roth/ Morck, § 235 HGB Rz. 5. 83 Marquardt, WiB 1994, 906. 84 Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 22; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 58. 85 BGH v. 16.5.1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185 (1186); BGH v. 13.4.1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277; B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983, S. 117; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 192 f.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 58; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 27; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 22. 86 RG v. 20.2.1941 – II 99/40, RGZ 166, 160 (164 f.); RG v. 20.12.1929 – II 66/29, RGZ 126, 393; BGH v. 2.5.1983 – II ZR 148/82, NJW 1983, 2375; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 27.

386 | Kauffeld

Auseinandersetzung | Rz. 15.36 § 15

der Inhaber nicht zur Abwicklung der schwebenden Geschäfte benötigt (§ 732 BGB)87. a) Dienstleistungen als Beitrag des stillen Gesellschafters Ist ein Einlagekonto nicht geführt worden und haben die Parteien auch keine Vereinbarung getroffen, nach der der Wert der Dienste einem Einlagekonto des stillen Gesellschafters gutzuschreiben gewesen wäre, dann ist in aller Regel dem stillen Gesellschafter ein solcher Wert bei der Auseinandersetzung auch nicht gutzubringen88. Der Grund hierfür besteht darin, dass sich Dienstleistungen zwar unter Umständen über das Ende der Gesellschaft hinaus zugunsten des Unternehmens auswirken mögen; sie schlagen sich aber in der Regel im Geschäftsvermögen nicht in so bestimmter Weise nieder, dass sie dort bei Beendigung der Gesellschaft als fest umrissener und messbarer Vermögenswert festzustellen wären. Von seiner in Dienstleistungen bestehenden Einlage ist deshalb nichts zu erstatten. Man wird dies am treffendsten mit dem hypothetischen Willen der Parteien begründen können89. Mit dem Verzicht, die Einlage auf dem Kapitalkonto des Stillen zu erfassen, zeigen die Parteien, dass sie ihr keinen bilanziellen Wert zumessen. Schon aufgrund praktischer Schwierigkeiten ist nicht davon auszugehen, dass sie die Wertbemessung (erst) bei Auflösung der Gesellschaft vornehmen wollten. Mit der Gewinnbeteiligung, die das Entgelt für die Nutzungen darstellt, die das Unternehmen aus der Einlage ziehen konnte, sind die Dienstleistungen abschließend berücksichtigt. Das entspricht auch der im Regelfall für die stille Gesellschaft anwendbaren Vorschrift des § 733 Abs. 2 Satz 3 BGB, nach der für Einlagen, die in der Leistung von Diensten bestanden, kein Ersatz verlangt werden kann.

15.34

Das alles gilt aber nicht, wenn wegen der besonderen Ausgestaltung der Dienste und der Eigenart der für die Gewinnbeteiligung vereinbarten Berechnungsmethode die bis zum Ausscheiden geleisteten Dienste des stillen Gesellschafters durch den Gewinnanteil nicht voll abgegolten sind und wenn insoweit der Erfolg dieser Dienste bei Auflösung der Gesellschaft im Geschäftsvermögen noch als greifbarer und messbarer Vermögenswert vorhanden ist. Denn dann fehlt es an den tatsächlichen Voraussetzungen, die es rechtfertigen, den Ersatz für Dienstleistungen auszuschließen.

15.35

In einem solchen Ausnahmefall wird die auszuzahlende Einlage des Stillen nicht nach dem tatsächlich erzielten Gewinn berechnet, weil dies § 235 Abs. 1 HGB widerspräche. Vielmehr hat der Stille einen Anspruch auf Ersatz seiner im Geschäftsvermögen verbliebenen Einlage in einer Höhe, die sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft bestimmt90.

15.36

87 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 12 wendet hier § 738 BGB analog an, vgl. Rz. 15.2. 88 BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (181); RG v. 14.12.1938 – II 109/38, SeuffA 93 Nr. 59; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 38 f. 89 Zutreffend daher K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 14. 90 BGH v. 22.11.1965 – II ZR 189/63, NJW 1966, 501; Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 1; zweifelnd K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 14, der stattdessen eine Lösung über bereicherungsrechtliche Grundsätze (§ 812 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BGB) oder die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) befürwortet.

Kauffeld | 387

§ 15 Rz. 15.37 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

b) Sachleistungen als Beitrag des stillen Gesellschafters

15.37 Bei Einlagen, die zum Gebrauch überlassen wurden, die also Eigentum des stillen Gesellschafters geblieben sind, trägt dieser die Gefahr des zufälligen Untergangs. Für normale Abnutzung kann er keinen Ersatz verlangen, wohl aber hat er Anspruch auf Entschädigung, wenn die Wertminderung infolge vertragswidriger Benutzung oder mangelnder Sorgfalt des Inhabers (§ 708 BGB) eingetreten ist. 15.38 Der stille Gesellschafter hat auch dann nur einen Geldanspruch, wenn seine Einlage in einer Sacheinlage bestand, die in das Eigentum des Inhabers übertragen worden ist; er kann nicht die Rückübertragung des Eigentums verlangen, wie er andererseits nicht verpflichtet ist, an Stelle seines Auszahlungsanspruchs die noch vorhandene Sacheinlage zurückzunehmen. Anders ist es zu beurteilen, wenn vereinbart worden ist, dass die formell zu Eigentum übertragenen Sacheinlagen ihm im Innenverhältnis zugewiesen bleiben sollten. Dann ist er schuldrechtlich berechtigt und verpflichtet, sie bei Auflösung der Gesellschaft zurückzunehmen. 15.39 Ist der stille Gesellschafter bei Auflösung der Gesellschaft mit einer Sacheinlage im Rückstand, kann der Inhaber deren Leistung weiterhin verlangen. Es verwandelt sich sein Anspruch nicht in eine Geldforderung (siehe Rz. 15.56).

III. Auszahlungsanspruch 15.40 Der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben ist übertragbar (§ 717 Satz 2 BGB). Die Übertragung ist schon vor dem Ausscheiden möglich. Es handelt sich um einen künftigen Anspruch. Wird dieser Anspruch abgetreten, so wird diese Vorausabtretung hinfällig, wenn der Gesellschafter seine Beteiligung auf eine andere Person überträgt, da die Forderung in der Person des Zedenten (des ehemaligen Gesellschafters) nicht mehr entstehen kann. Für den Fall der Gesamtrechtsnachfolge gilt dies allerdings nicht. Die Vorausabtretung bleibt bestehen, da der Gesamtrechtsnachfolger in die Position seines Vorgängers einrückt. Dagegen ist der Anspruch auf Vornahme der Auseinandersetzung nicht abtretbar; er steht als Ausfluss des Gesellschaftsverhältnisses nur dem stillen Gesellschafter zu (§ 717 Satz 1 BGB). 15.41 Da der stille Gesellschafter als solcher kein Kaufmann ist, kann er wegen seines Auseinandersetzungsguthabens erst Zinsen mit Verzugseintritt gemäß § 288 BGB beanspruchen. Ist er dagegen selbst Kaufmann und ist der Gesellschaftsvertrag ein beiderseitiges Handelsgeschäft, sind für sein Auseinandersetzungsguthaben bereits mit Fälligkeit 5 % Zinsen zu zahlen (§§ 352, 353 HGB)91.

91 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 294; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 31; Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 2; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 2.

388 | Kauffeld

Auseinandersetzung | Rz. 15.42 § 15

1. Fälligkeit des Auseinandersetzungsanspruchs Die Fälligkeit des Auseinandersetzungsguthabens bestimmt sich nach § 271 BGB. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH92 und der vorherrschenden Ansicht in der Literatur93 entsteht der Anspruch auf ein Auseinandersetzungsguthaben (positives Abfindungsguthaben) bzw. auf einen Verlustausgleichsanspruch (negatives Abfindungsguthaben) mit dem Ausscheiden des stillen Gesellschafters und wird regelmäßig erst nach der Auseinandersetzung gemäß § 235 Abs. 1 HGB in Form der Durchführung einer Gesamtabrechnung fällig94. Die Beweislast für eine frühere oder spätere Fälligkeit aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Regelungen trägt damit diejenige Partei, die sich hierauf beruft. Auslegungsunklarheiten gehen im Grundsatz zu ihren Lasten95. Ohne vorherige Auseinandersetzung kann nur dann Auszahlung verlangt werden, wenn mit Sicherheit feststeht, dass ein bestimmter Betrag geschuldet ist96 oder sich die Gesellschafter auf einen der Höhe nach bestimmten Auszahlungsbetrag verständigt haben. Letzteres ist beispielsweise dann der Fall, wenn nach einer Regelung des Gesellschaftsvertrages der stille Gesellschafter berechtigt ist, seine Guthaben auf dem Kapitalkonto und dem Verrechnungskonto zu entnehmen, sobald die stille Gesellschaft endet97. Wird die Berechnung des Auseinandersetzungsanspruchs verzögert, tritt die Fälligkeit in dem Zeitpunkt ein, in dem der Inhaber nach Treu und Glauben den Auseinandersetzungsanspruch hätte errechnen können98. Der stille Gesellschafter kann in diesem Falle auf Vornahme der Berechnung des Auseinandersetzungsanspruchs klagen. Zweckmäßig wird er mit dieser Klage die Klage auf Zahlung seines Guthabens verbinden, wobei die Angabe des genauen Betrags bis zu dessen Feststellung vorbehalten wird (Stufenklage gemäß § 254 ZPO)99. Liegen die Verhältnisse so einfach, dass sich

92 BGH v. 6.12.2016 – II ZR 140/15, NZG 2017, 339; BGH v. 3.2.2015 – II ZR 335/13, ZIP 2015, 1116 Rz. 15; BGH v. 8.11.2004 – II ZR 300/02, ZIP 2005, 82 (84) = GmbHR 2005, 232; BGH v. 29.6.1992 – II ZR 284/91, DNotZ 1993, 619 (620 f.) = GmbHR 1992, 747; so auch OLG Koblenz v. 25.1.2018 – 6 U 134/17, juris Rz. 17. 93 Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 2; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 2; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 29; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 41; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 34. 94 So auch BGH v. 3.2.2015 – II ZR 335/13, StBW 2015, 472; Mock, EWiR 2015, 471 (472). 95 Etwas anderes gilt dann, wenn es sich um Regelungen im Gesellschaftsvertrag einer stillen Publikumsgesellschaft handelt (vgl. hierzu Rz. 18.44). In Anlehnung an § 305c Abs. 2 BGB gehen in diesem Fall Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Geschäftsinhabers als Verwender (vgl. hierzu BGH v. 16.2.2016 – II ZR 348/14, NZG 2016, 424). 96 BGH v. 29.6.1992 – II ZR 284/91, ZIP 1992, 1552 (1553) = GmbHR 1992, 747. 97 LG Hamburg v. 12.4.2016 – 322 O 514/15, juris Rz. 20 ff. 98 Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 2; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 34; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 29. 99 BGH v. 16.5.1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185 (1186); so auch H.-F. Müller, Anm. zum BGH-Urteil v. 13.4.1995, WuB II H. § 723 BGB, S. 994; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 235 HGB Rz. 53; Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 3; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 9; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 43.

Kauffeld | 389

15.42

§ 15 Rz. 15.42 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

der endgültige Anspruch des Stillen ohne besonderes Abrechnungsverfahren ermitteln lässt, oder kann er den Betrag selbst berechnen, so wird er unmittelbar auf Zahlung klagen. Kann er nur einen Mindestbetrag angeben, der ihm auf jeden Fall zusteht, kann dessen Zahlung verlangt werden (vgl. Rz. 15.8)100. War z.B. der stille Gesellschafter am Verlust nicht beteiligt, dann ist die Klage auf Rückzahlung der Einlage auf jeden Fall berechtigt und begründet, und es bleibt nur noch die Berechnung des bis zum Auflösungstage entstandenen anteiligen Gewinns offen. Bei Verlustbeteiligung genügt zur Rechtfertigung der Klage auf Rückzahlung der Einlage der Nachweis, dass bis auf das letzte, noch nicht abgerechnete Geschäftsjahr stets ein Gewinnanteil ausgezahlt worden ist und dass auch das letzte Geschäftsjahr keinen Verlust erbracht hat101.

15.43 Es empfiehlt sich, im Gesellschaftsvertrag nähere Bestimmungen über die Auszahlung des Guthabens zu treffen, damit die Liquidität des Inhabers nicht beeinträchtigt wird (Vereinbarung von Zahlungsfristen oder Ratenzahlungen). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Regelungen eines Gesellschaftsvertrages, die nach dem klaren Wortlaut lediglich den Fall eines positiven Abfindungsguthabens regeln, d.h. die Konstellation, dass dem ausscheidenden stillen Gesellschafter ein Zahlungsanspruch gegen den Geschäftsinhaber zusteht und nicht umgekehrt, im Zweifel nicht zur Bestimmung der Fälligkeit eines Zahlungsanspruchs des Geschäftsinhabers gegen den Stillen herangezogen werden können. Denn Regelungen zur Auszahlung von Guthaben dienen der Rücksichtnahme auf die Liquiditätslage der Gesellschaft und sollen damit allein dieser einen Vorteil verschaffen102. Ebenso wenig lassen sich Auszahlungsregelungen für den Fall des Ausscheidens eines stillen Gesellschafters einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft auf den Fall der Auflösung der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft übertragen. In beiden Fällen fehlt es an einer Vergleichbarkeit der Interessenlage103. Der Gesellschaftsvertrag sollte daher für die verschiedenen Ausscheidens- und Beendigungsszenarien jeweils individuelle Auszahlungsregelungen regeln. Zulässig ist es, bereits die Fälligkeit des Auseinandersetzungsguthabens solange und soweit auszuschließen, als deren Geltendmachung einen Grund für die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit des Geschäftsinhabers darstellen würde104. Die Frage, wann von einer solchen Insolvenzgefährdung auszugehen ist, kann für die verschiedenen Formen der stillen Beteiligung nicht einheitlich beantwortet werden, sondern hängt von der Ausgestaltung im Einzelfall ab. Bei Bestehen von mehreren zweigliedrigen stillen Gesellschaftsverhältnissen an der Geschäftsinhaberin, die nicht miteinander vertraglich verbunden sind, kommt es für die Annahme der Insolvenzgefährdung nach vorstehender gesellschaftsvertraglicher Regelung nicht auf die Abfin-

100 BGH v. 27.3.1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583; BGH v. 2.7.1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (305) = DB 1962, 1108; BGH v. 8.7.1976 – II ZR 34/75, DB 1977, 89 = WM 1976, 1030; BGH v. 12.5.1977 – III ZR 91/75, DB 1977, 2040. 101 Ähnlich K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 53, der alleine auf den Nachweis des nicht eingetretenen Verlusts im Rumpfgeschäftsjahr abstellt. 102 OLG Koblenz v. 25.1.2018 – 6 U 134/17, juris Rz. 10. 103 BGH v. 6.12.2016 – II ZR 140/15, NZG 2017, 339 (340). 104 BGH v. 22.9.2015 – II ZR 310/14, ZIP 2016, 266; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 41.

390 | Kauffeld

Auseinandersetzung | Rz. 15.46 § 15

dungsansprüche der weiteren Gesellschafter an. Handelt es sich jedoch um zweigliedrige, miteinander verbundene stille Beteiligungsverhältnisse oder von vornherein um ein mehrgliedriges Beteiligungsverhältnis, so sind jedenfalls dann die Abfindungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter zu berücksichtigen, wenn ein Ausscheidensgrund vorliegt, auf den sich alle stillen Gesellschafter berufen könnten (beispielsweise Erreichung der einheitlich vereinbarten Laufzeit oder Zweckerreichung). Zulässig ist es auch, das Auseinandersetzungsguthaben des Stillen im Wege einer lebenslänglichen oder zeitlich begrenzten Rente an den Ausscheidenden oder einen von ihm benannten Dritten zu vereinbaren. Im Anwendungsbereich des KWG handelt es sich nach Ansicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht dabei um ein Einlagengeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG), das nach § 32 KWG der aufsichtsrechtlichen Erlaubnis durch die BaFin bedarf (vgl. hierzu Rz. 18.168)105.

15.44

2. Durchsetzung des Auseinandersetzungsanspruchs Erkennt der stille Gesellschafter das vom Inhaber errechnete Guthaben nicht an, weil es seiner Meinung nach zu niedrig festgestellt worden ist, kann er mindestens den von ihm selbst errechneten Betrag unter Berufung auf die Handelsbücher des Inhabers einklagen. Es ist dann dessen Sache nachzuweisen, dass die von ihm geführten Handelsbücher fehlerhaft waren, wenn er den Anspruch bestreitet106.

15.45

Besteht über die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens eines stillen Gesellschafters Streit, so darf das Gericht nicht ohne Weiteres von der Verlust- und Gewinnrechnung ausgehen, die der Inhaber des Handelsgewerbes aufgestellt hat und deren Richtigkeit der stille Gesellschafter bestreitet. Die Gewinn- und Verlustrechnung ist nur eine, aber nicht die einzige Grundlage für die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens. Daneben sind die Bücher und Schriften des Geschäftsinhabers heranzuziehen und, soweit sie die Geschäftsvorgänge nicht oder nicht vollständig erfassen, ist auch auf diese zurückzugehen. Für eine Auseinandersetzung sind stets die wirklichen, nicht nur die buchmäßig erfassten Verhältnisse maßgebend. Der stille Gesellschafter kann deshalb gegen den Inhaber Klage mit dem Ziel erheben, dass das Gericht für einzelne Posten der Abschichtungsbilanz andere Werte verbindlich feststellt, als der Inhaber ausgewiesen hat107. Er kann nicht auf die Aufstellung einer Gegenrechnung verwiesen werden, weil er hierzu in der Regel nicht in der Lage sein wird. Der Beweis dafür, dass die Einlage des stillen Gesellschafters durch Verluste aufgezehrt sei, obliegt dem Inhaber des

15.46

105 Mangels Entscheidungserheblichkeit offengelassen in BGH v. 21.3.2005 – II ZR 149/03, ZIP 2005, 763 (765) mit Verweis auf die Erweiterung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG durch die Sechste KWG-Novelle v. 22.10.1997, BGBl. I 1997, 2518; LG Göttingen v. 10.1.2012 – 2 O 368/10, ZIP 2012, 1169 (1170); zur Qualifikation einer stillen Beteiligung als Einlagengeschäft i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG vgl. auch KG Berlin v. 23.12.2011 – 1 Ss 139/11, juris. 106 Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 54; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 294. 107 BGH v. 16.5.1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185.

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§ 15 Rz. 15.46 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Handelsgewerbes, der insoweit zur Rechenschaft verpflichtet ist108. Im Übrigen ist nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen jeder Gesellschafter für die Höhe seiner eigenen Einlage beweispflichtig. Eine Klage mit dem Ziel, dass das Gericht die gesamte Abschichtungsbilanz feststelle, ist unzulässig109.

15.47 Die Durchsetzbarkeit der Ansprüche des stillen Gesellschafters in der Insolvenz des Inhabers hängt im Wesentlichen von dem kapitalmäßigen Charakter der stillen Beteiligung ab110. Grundsätzlich ist der stille Gesellschafter gemäß § 236 Abs. 1 HGB Insolvenzgläubiger i.S. des § 38 InsO und steht damit deutlich besser als andere Gesellschafter. Er kann somit mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Einlage, soweit sie den Betrag des auf ihn entfallenden vertragsmäßigen Verlustanteils übersteigt, als Insolvenzforderung geltend machen und muss diese gemäß §§ 174 ff. InsO beim Insolvenzverwalter anmelden. Das gilt grundsätzlich auch für den schuldrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligten atypischen stillen Gesellschafter. Auch dessen Rückforderungsanspruch bildet, soweit er die seine Garantiehaftung begrenzende Verlustbeteiligung übersteigt, grundsätzlich ein Gläubigerrecht, das als Insolvenzforderung geltend gemacht werden kann. Auch Schadenersatzansprüche des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber sind insoweit Insolvenzforderungen (vgl. auch Rz. 16.43).Eigenkapitalähnliche Beteiligungen finden im Insolvenzverfahren keine Beachtung111. Wird die stille Beteiligung als eigenkapitalähnlich qualifiziert, ist ein Rückgriff auf § 236 HGB nicht möglich. Dies ergibt sich daraus, dass eine eigenkapitalähnliche stille Einlage entgegen dem in § 236 HGB geregelten Normalfall haftendes Kapital darstellt, das in der Insolvenz nicht geschmälert werden soll. Dem stillen Gesellschafter bleibt somit nur eine Auseinandersetzungsforderung nach Vollzug der Schlussverteilung gemäß § 199 InsO, wenn ein Überschuss an Barmitteln besteht112. 15.48 Zur Durchsetzung und Sicherung seiner Ansprüche kann der stille Gesellschafter erforderlichenfalls eine einstweilige Verfügung oder einen Arrest beantragen, §§ 916 f., 935 f. ZPO. 15.49 Ist er mit der Leistung seiner Geldeinlage im Rückstand, braucht er sie nach der Auflösung der Gesellschaft nicht mehr zu erbringen, wenn sein Einlagekonto einen Aktivsaldo aufweist.

108 BGH v. 30.11.1959 – II ZR 204/57, BB 1960, 14; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 47; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 54; Roth in Baumbach/ Hopt, § 235 HGB Rz. 3; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 236 HGB Rz. 9; vgl. auch BGH v. 16.5.1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185. 109 BGH v. 16.5.1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185. 110 Vgl. hierzu ausführlich Rz. 16.50 ff. 111 So im Grundsatz zutreffend Mylich, WM 2013, 1010 (1014); hierzu Rz. 16.55 ff. 112 Vgl. BGH v. 9.2.1981 – II ZR 38/80, NJW 1981, 2251 (2252). Gerade bei Publikumsgesellschaften kann die Liquidation u.U. auch einen Überschuss erwirtschaften, vgl. OLG Frankfurt v. 22.1.1980 – 22 U 190/78, WM 1981, 1371.

392 | Kauffeld

Auseinandersetzung | Rz. 15.53 § 15

3. Kontrollrechte des stillen Gesellschafters Welche Rechte der stille Gesellschafter zur Nachprüfung der Schlussrechnung hat, ist streitig. Nach der hier vertretenen Auffassung ist § 233 HGB anzuwenden113. Die h.M., wonach § 233 HGB nur während bestehender Gesellschaft anwendbar sei114, verträgt sich nicht mit dem Fortbestand der stillen Gesellschaft als Abwicklungsgesellschaft und der insoweit noch nachwirkenden Gesellschaftertreue (siehe Rz. 15.74).

15.50

Der BGH hat sich jedoch der h.M. angeschlossen115. Nach seiner Ansicht kann sich der Stille zur Prüfung der Richtigkeit der Auseinandersetzungsbilanz nicht mehr auf die Rechte aus § 233 Abs. 1 und 3 HGB berufen; vielmehr müsse er sein Verlangen auf Bucheinsicht auf § 810 BGB stützen.

15.51

Aus Gründen der Sicherheit empfiehlt es sich in jedem Falle, im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich das Weiterbestehen der Kontrollrechte des Stillen auch nach der Auflösung der stillen Gesellschaft festzulegen116. Zu weit geht jedoch das OLG Hamburg117, wenn es meint, dass in diesen Fällen das Gericht bei Vorliegen von wichtigen Gründen auch die teilweise Vorlegung eines über das Unternehmen erstatteten finanzamtlichen Betriebsprüfungsberichts an den stillen Gesellschafter anordnen könne. Der Betriebsprüfungsbericht ist kein Geschäftspapier.

15.52

IV. Das passive Einlagekonto 1. Grundsätzliche Bedeutung als Auszahlungssperre Ist das Einlagekonto des stillen Gesellschafters passiv, so braucht er, wenn er seine Einlage voll erbracht hat, den Passivsaldo nicht auszugleichen, da er am Verlust nur bis zum Betrag seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage teilnimmt (§ 232 Abs. 2 Satz 1 HGB)118.

113 So auch Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 5; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 20; Saenger, Die stille Gesellschaft, S. 143; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 88; Lang, Die Typen der stillen Gesellschaft und die Anwendung gesellschaftsrechtlicher Normen auf sie, 1930, S. 64. 114 Vgl. nur Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 30; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 171; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 49; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 338 HGB Rz. 5. 115 BGH v. 11.7.1968 – II ZR 92/67, WM 1968, 1245; zur GmbH BGH v. 28.4.1977 – II ZR 208/75, DB 1977, 1248; a.A. OLG Frankfurt v. 28.2.1967 – 5 U 27/66, BB 1967, 1182. 116 Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 88. 117 OLG Hamburg v. 11.5.1965 – 2 U 19/65, MDR 1965, 666. 118 OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, ZIP 1986, 916 (917); Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 2; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 35 und 61 (zur atypischen stillen Gesellschaft); Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 22; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 3; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 235 HGB Rz. 17, 23; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 5.

Kauffeld | 393

15.53

§ 15 Rz. 15.54 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

15.54 Soweit die Einlage rückständig und fällig ist, muss mit ihr der Passivsaldo ausgeglichen werden119. Reicht sie zum vollen Ausgleich nicht aus, dann ist lediglich die rückständige Einlage zu leisten120. Ist der Passivsaldo geringer als der Rückstand, braucht dieser im Zeitpunkt der Fälligkeit nur in Höhe des Passivsaldos erbracht zu werden. Der stille Gesellschafter kann also niemals mehr als eine Einlage und den zur Deckung früherer Verluste verwendeten Gewinn verlieren. 15.55 Bestand die Einlage vereinbarungsgemäß in Dienstleistungen oder Gebrauchsüberlassungen, so verliert der stille Gesellschafter schlimmstenfalls den Gewinnanteil, den er zum Ausgleich des Passivsaldos zur Verfügung stellen muss, da zur Verlustdeckung nur eine Einlage in Betracht kommt, die ihm auf dem Einlagekonto gutgebracht worden ist. Das ist bei Gebrauchsüberlassung und Dienstleistung regelmäßig nicht der Fall (vgl. Rz. 7.31 ff., 7.38). 15.56 Zweifelhaft ist, ob der stille Gesellschafter verpflichtet ist, den Passivsaldo in Geld abzudecken, wenn er nach dem Gesellschaftsvertrag eine Sacheinlage zu erbringen hatte und diese noch rückständig ist. K. Schmidt121 bejaht das mit dem Hinweis, dass bei der Auseinandersetzung die Einlage nur noch als Deckungsobjekt für den Verlust Bedeutung habe und es deshalb auf die nach dem Gesellschaftsvertrag vereinbarte Einlage, die zur Förderung des Gesellschaftszwecks dienen sollte, nicht mehr ankomme. Aus dem Gesetz lässt sich dies nicht herleiten. Der Inhaber kann auch nach der Auflösung der stillen Gesellschaft zum Ausgleich des Passivsaldos nur das verlangen, was im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist. Freilich können die Parteien für diesen Fall (unter Umständen auch konkludent) Abweichendes vereinbaren. Zum Ausgleich in Geld ist der stille Gesellschafter, wenn allein Sacheinlagen vereinbart worden sind, nicht verpflichtet; seine Leistungspflicht wird durch die Auflösung der stillen Gesellschaft inhaltlich nicht verändert122. 15.57 Doch kann sich der inhaltlich auf eine Sacheinlage gerichtete Anspruch in einen Geldanspruch umwandeln. Dies richtet sich zunächst nach dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht. Erbringt der stille Gesellschafter die Sacheinlage nicht oder nicht vertragsgemäß und hat er dies zu vertreten (§ 276 BGB), kann der Inhaber nach Ablauf einer angemessenen Nachfrist Schadensersatz statt der Leistung fordern (§ 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB, bei mangelhafter Leistung unter Umständen über § 437 Nr. 3 BGB analog). Ohne Ablauf einer angemessenen Frist ist der Schadensersatzanspruch begründet, wenn die Fristsetzung entweder entbehrlich ist (§ 281 Abs. 2 BGB) oder die Leistung unmöglich ist (§ 280 Abs. 1 und 3, § 283 BGB). Der Inhaber kann bei Unmöglichkeit außerdem die Herausgabe des Surrogats (z.B. eine Versicherungsleis119 OLG München v. 30.4.2014 – 20 U 2169/13, BeckRS 2014, 21235, Rz. 59 = juris. 120 OLG München v. 30.4.2014 – 20 U 2169/13, BeckRS 2014, 21235, Rz. 59, 62 = juris. 121 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 34; ebenso Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 235 HGB Rz. 18. 122 So die überwiegende Auffassung, vgl. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 296 f.; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 124; B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983, S. 126; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 42; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, S. 107 Rz. 212; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 340 HGB Anm. 11; Möhle, Die Personengesellschaft OHG, KG, StG, S. 375.

394 | Kauffeld

Auseinandersetzung | Rz. 15.61 § 15

tung für die Zerstörung) nach § 285 BGB verlangen, selbst wenn der Stille die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat. Auch außerhalb des Leistungsstörungsrechts berücksichtigt das allgemeine Schuldrecht den Fall, dass eine Leistung durch veränderte Umstände für die Parteien nicht mehr ihre ursprüngliche Bedeutung hat. Zum einen besteht die Möglichkeit, die Sacheinlagepflicht vertraglich in eine Geldleistung zu ändern (§ 311 Abs. 1 BGB). Erbringt der stille Gesellschafter mit Zustimmung des Inhabers seine Sacheinlageschuld durch Geldzahlung, ist zudem an eine Annahme an Erfüllungs statt (§ 264 Abs. 1 BGB) zu denken. Zum anderen eröffnen die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) flexible Lösungsmöglichkeiten. Dabei wird in der Regel davon auszugehen sein, dass das Fortbestehen der Gesellschaft für die Sacheinlage beiderseitige Geschäftsgrundlage ist und zumindest der Inhaber, hätte er von der Auflösung der Gesellschaft vor Leistungserbringung gewusst, eine Geldleistung vereinbart hätte. Ob der Vertrag nach § 313 Abs. 1 BGB entsprechend angepasst werden kann, hängt also regelmäßig von Zumutbarkeitserwägungen, insbesondere der vertraglichen Risikoverteilung, ab. Dies ist normativ zu bestimmen und hängt von einer umfassenden Interessenabwägung ab, bei der einerseits berechtigte Interessen des stillen Gesellschafters, die Sachleistung noch zu erbringen, und andererseits der (unter Umständen vom Stillen vorhersehbare) Wegfall des Interesses des Inhabers an der Leistung in natura gegeneinander abzuwägen sind.

15.58

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der Gefahr, dass die Sacheinlage billigerweise nicht mehr ihrer vertraglichen Funktion entsprechen kann, mit allgemeinen Grundsätzen des BGB begegnet werden kann. Eine Abkehr vom Grundsatz, dass Verträge in natura zu erfüllen sind, ist daher nicht angebracht, zumal damit berechtigte Interessen des Stillen pauschal unberücksichtigt blieben.

15.59

Ob der stille Gesellschafter für die durch vorzeitige Auflösung der Gesellschaft fortgefallenen Dienstleistungen Ersatz zu leisten hat, richtet sich nach den Gründen der Auflösung. Eine solche Verpflichtung besteht, wenn er durch sein vertragswidriges Verhalten den Inhaber zur fristlosen Kündigung veranlasst hat. Bei der Höhe der Schadensersatzleistung ist jedoch auch der Fortfall der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters zu berücksichtigen.

15.60

2. Gewinnunabhängige Ausschüttungen Schwierige gesellschaftsvertragliche Auslegungsfragen ergeben sich in der Praxis oftmals, wenn stille Gesellschafter während des Bestehens der stillen Beteiligung Auszahlungen aus dem Vermögen des Geschäftsinhabers erhalten haben, die nicht als Gewinnausschüttungen zu qualifizieren sind (sogenannte gewinnunabhängige Ausschüttungen). Im Grundsatz ist nämlich ein stiller Gesellschafter, der auf der Grundlage einer Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag eine Auszahlung erhält, obwohl sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert wird, nur dann zur Rückzahlung an den Geschäftsinhaber verpflichtet, wenn der Ge-

Kauffeld | 395

15.61

§ 15 Rz. 15.61 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

sellschaftsvertrag dies vorsieht, also einen Vorbehalt der Rückforderung enthält123. Bei einer Rückzahlung der Einlage entsteht ein Rückgewähranspruch des Geschäftsinhabers damit nicht automatisch, sondern kann sich nur aus anderen Rechtsgründen ergeben, insbesondere aus einer entsprechenden vertraglichen Abrede. Solche Abreden waren in der jüngeren Vergangenheit Gegenstand höchstrichterlicher Klärung durch den BGH124 und Gegenstand der Entscheidung von Instanzgerichten125. Bei mehrgliedrigen stillen Gesellschaften muss eine solche Vereinbarung der Inhaltskontrolle standhalten und daher hinreichend bestimmt sein126. Aus den Entscheidungen lassen sich folgende Grundsätze ableiten:

15.62 Bei einer stillen Publikumsgesellschaft lässt sich allein aus der Bestimmung im Gesellschaftsvertrag, dass eine solche Ausschüttung „auf Darlehenskonto gebucht wird“ und bei einem Verzicht des Gesellschafters auf diese Entnahmen „die Bildung einer Darlehensverbindlichkeit“ entfällt, nicht mit der aus der Sicht eines beitretenden Gesellschafters erforderlichen Klarheit entnehmen, dass die Ausschüttung unter dem Vorbehalt der Rückforderung steht127. Selbst eine Bestimmung im Gesellschaftsvertrag einer stillen Publikumsgesellschaft, dass Ausschüttungen von Liquiditätsüberschüssen den Stillen als unverzinsliche Darlehen gewährt werden, sofern die Ausschüttungen nicht durch Guthaben auf den Gesellschafterkonten gedeckt sind, kann den Anforderungen an eine klare und unmissverständliche Regelung der Rückzahlungspflicht der Stillen nicht genügen, wenn im Gesellschaftsvertrag weitere Regelungen enthalten sind, wonach unklar ist, ob und wie nach einem Beschluss der Gesellschafterversammlung Liquiditätsüberschüsse auszuschütten und entstandene Entnahmeansprüche der Stillen auf den Gesellschafterkonten zu buchen sind128. 3. Vertragliche Sonderregelungen

15.63 Aufgrund der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit können die Beteiligten durch entsprechende ausdrückliche und unmissverständliche Regelung im Gesellschaftsvertrag vereinbaren, dass der stille Gesellschafter über seine Vermögenseinlage hinaus am Verlust beteiligt sein soll. Eine einfache Verlustbeteiligungsklausel genügt hierfür nicht129. Eine solche Vereinbarung wirkt nur im Innenverhältnis. Sie hat zur Folge, dass der stille Gesellschafter bei Auflösung der Gesellschaft in Höhe der von ihm über-

123 BGH v. 28.2.2017 – II ZR 120/15, NZG 2016, 2264. 124 BGH v. 16.2.2016 – II ZR 348/14, NZG 2016, 424; BGH v. 12.3.2014 – II ZR 73/11 u. II ZR 74/11, NZG 2013, 738. 125 OLG Hamm v. 4.2.2015 – I 8 U 89/14, juris Rz. 58; OLG Köln v. 11.8.2003 – 18 U 13/ 03, juris Rz. 21 ff. 126 BGH v. 20.9.2016 – II ZR 124/15, juris Rz. 15; Wedemann in Oetker § 232 HGB Rz. 20; Beck in EWiR, 2017, 41 (42). Zum Umgang mit Unklarheiten von gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen bei stillen Publikumsgesellschaften siehe auch Rz. 18.43. 127 BGH v. 12.3.2014 – II ZR 73/11, NZG 2013, 738. 128 BGH v. 16.2.2016 – II ZR 348/14, NZG 2016, 424 (426). 129 OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, ZIP 1986, 916 (918).

396 | Kauffeld

Auseinandersetzung | Rz. 15.66 § 15

nommenen Verpflichtung den gesamten Passivsaldo auszugleichen und dem Inhaber entsprechende Zahlungen zu leisten hat. Die Übernahme der Verlustdeckungspflicht kann so weit gehen, dass der stille Gesellschafter im Innenverhältnis unbeschränkt für die Verluste mit seinem eigenen Vermögen einzustehen hat130.

V. Abwicklung schwebender Geschäfte 1. Begriff der schwebenden Geschäfte Da die Auflösung der stillen Gesellschaft diese von einer werbenden in eine Abwicklungsgesellschaft umwandelt, bleibt der stille Gesellschafter an dem Gewinn und Verlust, der sich aus den schwebenden Geschäften ergibt, weiterhin beteiligt (§ 235 Abs. 2 HGB), wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist. Wenn es keine gemäß § 235 Abs. 2 HGB abzuwickelnden schwebenden Geschäfte gibt, tendiert die Dauer der Abwicklungsgesellschaft allerdings gegen Null131.

15.64

Für die im Zeitpunkt der Errichtung der stillen Gesellschaft schwebenden Geschäfte trifft das Gesetz keine Regelung. Ob der stille Gesellschafter an ihren Ergebnissen beteiligt ist, richtet sich nach dem Gesellschaftsvertrag. Im Zweifel wird die Beteiligung zu bejahen sein, weil die Gewinne (und Verluste) aus diesen Geschäften Bestandteil des laufenden Jahresgewinnes (-verlustes) sind, an dem der stille Gesellschafter anteilmäßig teilnimmt132.

15.65

Unter den Begriff der schwebenden Geschäfte fallen alle Geschäfte, zu deren Ausführung der Inhaber im Zeitpunkt der Auflösung bereits verpflichtet war, die aber in diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig abgewickelt sind (z.B. Vergleiche über eine Streitigkeit, schwebende Prozesse, abgeschlossene, aber noch nicht oder noch nicht vollständig erfüllte Verträge usw.)133. Geschäfte, die lediglich geplant oder nur unverbindlich vorbesprochen sind, sind keine schwebenden Geschäfte in diesem Sinne, auch nicht Geschäfte, an deren Ergebnissen der stille Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag nicht teilnimmt. Dagegen wird man zu den schwebenden Geschäften auch diejenigen Verträge rechnen müssen, die der Geschäftsinhaber erst nach Beginn des Abwicklungsstadiums abschließt, wenn und soweit ihr Abschluss erforderlich und daher berechtigt war, um die stille Gesellschaft möglichst rasch und reibungslos vollständig abzuwickeln134. Deliktshandlungen und Dauerschuldverhältnis-

15.66

130 BGH v. 17.3.1966 – II ZR 282/63, BGHZ 45, 204 (für den Fall der unbeschränkten Haftung eines Kommanditisten); OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, ZIP 1986, 916 (917); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 35 und 61. 131 So zutreffend Blaurock/Pordzik, NZG 2018, 81 (81). 132 Ebenso Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 298. 133 BGH v. 16.12.1985 – II ZR 38/85, WM 1986, 709; BGH v. 29.4.1985 – II ZR 167/84, WM 1985, 1166; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 16; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 27; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 50; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 38. 134 Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 116.

Kauffeld | 397

§ 15 Rz. 15.66 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

se fallen regelmäßig nicht unter die schwebenden Geschäfte; anderes kann gelten, wenn ein besonders enger Zusammenhang zum Gesellschaftszweck besteht135.

15.67 Die Abwicklung der schwebenden Geschäfte ist Aufgabe des Inhabers (§ 235 Abs. 2 Satz 1 HGB), die außerhalb der Auseinandersetzung zu erfüllen ist136. Hierdurch soll die Auseinandersetzung zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter von der Einbeziehung der bei Auflösung noch schwebenden Geschäfte erleichtert werden. Der stille Gesellschafter wirkt dabei nicht mit, auch wenn er während der Dauer der Gesellschaft zur Geschäftsführung berechtigt war137. Das ergibt sich entweder aus einer analogen Anwendung des § 740 Abs. 1 Satz 2 BGB oder – dogmatisch konsequenter – unmittelbar aus § 235 Abs. 2 Satz 1 HGB (vgl. Rz. 15.2). Der Inhaber hat die Geschäfte nach seinem Ermessen abzuwickeln. Er darf dabei nicht willkürlich verfahren; er hat weiterhin auch auf die Interessen des Ausgeschiedenen Rücksicht zu nehmen138, was nach der hier vertretenen Auffassung bereits aus den auch im Abwicklungsstadium bestehenden gesellschaftsrechtlichen Rücksichtnahmepflichten folgt. Er kann, wenn es zur Beendigung dieser Geschäfte erforderlich ist, neue Geschäfte eingehen139, an deren Ergebnissen der stille Gesellschafter ebenfalls beteiligt bleibt.

15.68 Da die stille Gesellschaft während der Abwicklung als Abwicklungsgesellschaft fortbesteht (Rz. 14.3), hat der Geschäftsinhaber bei der Abwicklung nur für die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten einzustehen. § 708 BGB ist weiterhin anzuwenden140. 2. Beteiligung des stillen Gesellschafters am Ergebnis schwebender Geschäfte

15.69 In welchem Umfang der stille Gesellschafter an den Ergebnissen der schwebenden Geschäfte beteiligt bleibt, bestimmt sich nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen. Seine Beteiligung an den Ergebnissen der schwebenden Geschäfte kann auch völlig ausgeschlossen werden141. Dies wird zum Teil wegen der Streitanfälligkeit der Beteiligung an schwebenden Geschäften empfohlen142. 135 Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 16; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 39 m.w.N. 136 So jüngst BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422; Harbarth in Großkomm/ HGB, § 235 HGB Rz. 68; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 42, 47. 137 B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983, S. 115; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 42; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 52. 138 Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 5; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 42. 139 Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 5. 140 So auch Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 298; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 42 mit rechtspolitischen Bedenken. 141 BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, BGHZ 127, 176 (181); K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 235 HGB Rz. 48; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 59; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 11; in diese Richtung auch Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 4. 142 Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 59 f.

398 | Kauffeld

Auseinandersetzung | Rz. 15.74 § 15

Ein solcher Ausschluss ist jedoch nicht schon dann anzunehmen, wenn der stille Gesellschafter an den zur Zeit der Errichtung der stillen Gesellschaft schwebenden Geschäften beteiligt worden ist, weil die Gewinne und Verluste aus diesen Geschäften während des Bestehens der stillen Gesellschaft anfallen und deshalb einen Teil des laufenden Jahresergebnisses, an dem der Stille beteiligt ist, bilden143. Der Ausschluss muss vielmehr ausdrücklich und unmissverständlich vereinbart werden, da die Beteiligung des Stillen an den schwebenden Geschäften in § 235 Abs. 2 HGB ausdrücklich geregelt ist144.

15.70

Aus Gründen der vereinfachten Berechnung wird häufig vereinbart, dass der stille Gesellschafter zur Abgeltung seiner Beteiligung ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Ergebnisse der schwebenden Geschäfte einen Zuschlag zu seinem Guthaben oder eine feste Abfindungssumme erhalten soll.

15.71

Wenn keine andere Regelung getroffen worden ist, kann der stille Gesellschafter am Schluss jedes Geschäftsjahres Rechenschaft über die inzwischen abgewickelten Geschäfte, Auszahlung des ihm gebührenden Betrags und Auskunft über den Stand der noch nicht abgewickelten Geschäfte verlangen (§ 235 Abs. 3 HGB). Das Geschäftsjahr ist der Zeitraum, für den der Inhaber nach Auflösung der Gesellschaft seinen Jahresabschluss erstellt145. Er braucht mit dem Geschäftsjahr der aufgelösten Gesellschaft nicht übereinzustimmen. Selbstverständlich kann vereinbart werden, dass der Abrechnung weiterhin das für die stille Gesellschaft maßgebend gewesene Geschäftsjahr zugrunde zu legen ist, obwohl der Geschäftsinhaber seinen Gewinn für einen anderen Zeitraum ermittelt.

15.72

Streitig ist, ob dem stillen Gesellschafter zur Nachprüfung der Abrechnung die Rechte aus § 233 HGB zustehen. Rechtsprechung und h.L. verneinen das mit der Maßgabe, dass er nur noch die Vorlage der Bücher und Papiere im Rahmen des § 810 BGB verlangen kann146 (vgl. bereits Rz. 15.51). In der Tat ist dies konsequent, wenn man davon ausgeht, dass Auflösung und Vollbeendigung bei der Innengesellschaft zusammenfallen (dann bliebe es aber dennoch bei § 235 Abs. 3 HGB). Dass dieser Ansicht nicht zu folgen ist, wurde jedoch bereits (Rz. 14.3) dargelegt147.

15.73

Dies bestätigt auch ein Blick auf die Kontrollrechte: § 235 Abs. 3 HGB zeigt, dass sich Inhaber und Stiller auch nach Auflösung der Gesellschaft nicht wie gewöhnliche Schuldner und Gläubiger gegenüberstehen, sondern dass aus der aufgelösten gesellschaftsrechtlichen Beziehung noch (spezifisch gesellschaftsrechtliche) Rechte und

15.74

143 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 297 f.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 48; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 59. 144 Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 11. 145 Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 73. 146 BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (324); BGH v. 11.7.1968 – II ZR 108/ 67, DB 1969, 39; BGH v. 3.11.1975 – II ZR 98/74, BB 1976, 11; BGH v. 8.4.1976 – II ZR 203/74, DB 1976, 2106 (2107); Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 171; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 30; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 53. 147 Wie hier Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 5; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 20.

Kauffeld | 399

§ 15 Rz. 15.74 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Pflichten folgen148. Richtigerweise bleibt § 233 HGB daher dem Grunde nach anwendbar. Fraglich ist jedoch, wie sich die Anwendung des § 233 HGB zu § 235 Abs. 3 HGB verhält. In konkurrenzrechtlicher Hinsicht würde § 235 Abs. 3 HGB die allgemeinen Auskunftsrechte verdrängen, wenn es sich dabei um eine speziellere (die allgemeine Vorschrift gänzlich ausschließende) Regelung handeln würde. Jedoch sagt § 235 Abs. 3 HGB zunächst nur etwas über den Umfang des Informationsrechts nach der Auflösung der stillen Gesellschaft aus. Zur Beantwortung der Frage, wie der Inhaber dieser Pflicht genügen kann, ist auf § 233 Abs. 1 HGB zu rekurrieren. Auch ist § 235 Abs. 3 HGB nicht so zu verstehen, dass er das außerordentliche Informationsrecht aus § 233 Abs. 3 HGB beschränken will. Eine andere Auffassung würde den – auch nach Auflösung fortwirkenden – gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten nicht gerecht149. Jedoch werden die allgemeinen Informationsrechte im Abwicklungsverhältnis in ihrem Umfang von § 235 Abs. 3 HGB überlagert. Inhaltlich beschränken sie sich daher auf die Kontrolle der Abwicklung der schwebenden Geschäfte150.

15.75 Dem stillen Gesellschafter ist alljährlich sein Anteil am Ergebnis der inzwischen abgewickelten Geschäfte auszuzahlen. Der Inhaber kann – vorbehaltlich einer abweichenden Regelung im Gesellschaftsvertrag – die Auszahlung nicht mit der Begründung verweigern, dass aus den noch nicht beendeten Geschäften Verluste zu erwarten seien151. 15.76 Entstehen Verluste, muss der stille Gesellschafter den auf ihn entfallenden Anteil bis zur Höhe seiner übernommenen Einlage tragen, es sei denn, dass diese bereits verloren ist. Auch er kann die Bezahlung seines Verlustanteils nicht mit der Begründung verweigern, dass aus den noch nicht abgewickelten Geschäften voraussichtlich Gewinne zu erwarten sind, die zum Verlustausgleich verwendet werden können152.

VI. Zusammenfassung 15.77 Nach Auflösung der Gesellschaft hat der Inhaber das Auseinandersetzungsguthaben des stillen Gesellschafters zu ermitteln und auszuzahlen. Es besteht aus dem Buchwert der Einlage, wie sie sich aufgrund der Buchführung am Auflösungstage auf dem Einlagekonto ergibt, vermehrt um den bis zu diesem Tage auf ihn entfallenden anteiligen Gewinn oder – bei Verlustbeteiligung – vermindert um den auf ihn entfallenden anteiligen Verlust. Der anteilige Gewinn oder Verlust wird wie bei einer bestehenden Gesellschaft aufgrund einer Erfolgsermittlungsbilanz festgestellt. Er bedarf jedoch gewisser Korrekturen, die zum Ausgleich dafür vorgenommen werden müssen, dass der stille Gesellschafter in früheren Jahren zu geringe oder überhöhte Ge148 Ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 49; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 20. 149 A.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 49. 150 Wie hier Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 5; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 20. 151 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 45. 152 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 46.

400 | Kauffeld

Auseinandersetzung | Rz. 15.77 § 15

winnanteile erhalten hat. Mit einer Substanzbeteiligung hat das nichts zu tun. Die Korrekturen haben ihre Ursache nicht in einer schuldrechtlichen Vermögensbeteiligung, sondern in der bisherigen Gewinnermittlung. Bei der atypischen Gesellschaft bedarf es der Aufstellung einer Abschichtungs- oder Vermögens-(Liquidations-)Bilanz zum Auflösungstage, die die Grundlage für die Feststellung des Anteils des stillen Gesellschafters an dem tatsächlichen Geschäftswert des Unternehmens abgibt. Diese Regelung ist jedoch nicht zwingend. Die Durchführung der Auseinandersetzung und die Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens bestimmen sich in erster Linie nach dem Gesellschaftsvertrag. Das Auseinandersetzungsguthaben ist eine reine Gläubigerforderung des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber und ist stets in Geld zu befriedigen. Der stille Gesellschafter ist weder berechtigt noch verpflichtet, die Rückgabe etwaiger, dem Geschäftsinhaber zu Eigentum übertragener Sacheinlagen zu verlangen. Der Anspruch auf ein Auseinandersetzungsguthaben (positives Abfindungsguthaben) bzw. auf einen Verlustausgleichsanspruch (negatives Abfindungsguthaben) entsteht mit dem Ausscheiden des stillen Gesellschafters und wird regelmäßig erst nach der Auseinandersetzung gemäß § 235 Abs. 1 HGB in Form der Durchführung einer Gesamtabrechnung fällig. Führt die Auseinandersetzung zu einem passiven Einlagekonto des stillen Gesellschafters, so braucht er den Passivsaldo nicht auszugleichen, wenn er seine vereinbarte Einlage erbracht hatte. Soweit er mit ihr rückständig und diese fällig ist, muss er sie zum Ausgleich des Passivsaldos nunmehr leisten. Rückständige Sacheinlagen, Gebrauchsüberlassungen und Dienstleistungen verwandeln sich mit der Auflösung nicht ohne weiteres in Geldansprüche des Inhabers. Letzteres kann allerdings – neben der einvernehmlichen Änderung der Schuld – durch die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts oder der Störung der Geschäftsgrundlage eintreten. Gewinnunabhängige Ausschüttungen muss der stille Gesellschafter an den Geschäftsinhaber zur Deckung eines Passivsaldos nur dann zahlen, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht, also einen Vorbehalt der Rückforderung enthält. Dieses wird jedoch regelmäßig der Fall sein. Der stille Gesellschafter nimmt nach der Auflösung der Gesellschaft noch an dem Gewinn (und dem Verlust) teil, der sich aus den zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäften ergibt, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht. Er kann am Schluss jedes Geschäftsjahres Rechenschaft über die inzwischen beendeten Geschäfte, Auszahlung des ihm gebührenden Betrags und Auskunft über den Stand der noch schwebenden Geschäfte verlangen.

Kauffeld | 401

§ 16 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz Schrifttum: Altmeppen, Holger, Kapitalersatz und Rangrücktritt unter Geltung der InsO, ZHR 164 (2000), 349; Bayer, Walter/Graff, Simone, Das neue Eigenkapitalersatzrecht nach dem MoMiG, DStR 2006, 1654; Berninger, Axel, Keine Haftung des atypischen stillen Gesellschafters im Außenverhältnis für Verbindlichkeiten des Handelsgeschäftsinhabers nach §§ 128, 171 HGB, DStR 2010, 2359; Bitter, Georg, Die typische und atypische stille Gesellschaft im Recht der Gesellschafterdarlehen, ZIP 2019, 146; Blaurock, Uwe, Die Stellung des stillen Gesellschafters bei Sanierung des Geschäftsinhabers im Insolvenzplanverfahren, in Festschrift für Rolf Stürner zum 60. Geburtstag, 2013, S. 659; Blaurock, Uwe, Haftung eines atypischen stillen Gesellschafters, NZG 2010, 964; Blaurock, Uwe, Anmerkung zum Urteil des LG Essen v. 24.7.1992, WuB II H. § 236 HGB 1.93, S. 359; Blaurock, Uwe/Pordzik, Philipp, Die Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft, NZG 2018, 81; Bork, Reinhard, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, 2006; Bork, Reinhard, Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts zugunsten des Insolvenzrechts?, ZGR 2007, 250; Florstedt, Tim, Der stille Verband, 2007; Florstedt, Tim, Zum Ordnungswert des § 136 InsO, ZInsO 2007, 914; Florstedt, Tim, Das „materielle Eigenkapital der verbandsverfassten GmbH & Still, ZIP 2017, 2433; Gehrlein, Markus, Die Behandlung von Gesellschafterdarlehen durch das MoMiG, BB 2008, 846; Gehrlein, Markus, Das neue GmbH-Recht, 2009; von Gerkan, Hartwin/Hommelhoff, Peter, Handbuch des Kapitalersatzrecht, 2. Aufl. 2002; Haas, Ulrich/Hommelhoff, Peter, Vom Eigenkapitalersatz zur Gesellschafterfremderziehung zur Gesellschafterfremdfinanzierung, 3. Aufl. 2012; Gottwald, Peter, Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2015; Gundlach, Ulf/Frenzel, Volkhard/Schmidt, Nikolaus, Der Auseinandersetzungsanspruch des stillen Gesellschafters in der Insolvenz des Unternehmensträgers – zugleich ein Beitrag zu § 84 InsO, ZIP 2006, 501; Haas, Ulrich, Das neue Kapitalersatzrecht nach dem RegEMoMiG, ZInsO 2007, 617; Haas, Ulrich/Vogel, Oliver, Der atypisch stille Gesellschafter als nachrangiger Insolvenzgläubiger, NZI 2012, 875; Habersack, Mathias, Der Finanzplankredit und das Recht der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterhilfen, ZHR 161 (1997), 457; Habersack, Mathias, Gesellschafterdarlehen nach MoMiG: Anwendungsbereich, Tatbestand und Rechtsfolgen der Neuregelung, ZIP 2007, 2145; Heckel, Sven-Olaf, Innengesellschaften im Konkurs, 1990; Hess, Harald, Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 1, 2. Aufl. 2001; Huber, Ulrich, Finanzierungsfolgenverantwortung de lege lata und de lege ferenda, in Festschrift für Hans-Joachim Priester, 2007, S. 259; Karollus, Martin, Zur geplanten Reform des Kapitalersatzrechts, ZIP 1996, 1893; Krolop, Kaspar, Mit dem MoMiG vom Eigenkapitalersatz zu einem insolvenzrechtlichen Haftkapitalerhaltungsrecht?, ZIP 2007, 1738; Landsmann, Lena Katharina, Die stille Gesellschaft in der Insolvenz, 2007; Manz, Gerhard/Lammel, Stefan, Stille Beteiligungen an Kapitalgesellschaften: Eigenkapitalcharakter und Rang in der Insolvenz nach Inkrafttreten des MoMiG, GmbHR 2009, 1121; Mincke, Wolfgang, Kreditsicherung und kapitalersetzende Darlehen – Zugleich ein Vorschlag zur Einordnung kapitalersetzender Darlehen, ZGR 1987, 521; Mock, Sebastian, Stille im MoMiG zur stillen Gesellschaft?, DStR 2008, 1645; Mock, Sebastian, Die Insolvenz des Gesellschafters – der tote Winkel des Insolvenzrechts?!, in Festschrift für Gerhard Pape, 2019, S. 223; Mylich, Falk, Probleme und Wertungswidersprüche beim Verständnis von § 135 Abs. 1 Alt. 2 Nr. 2 InsO n.F., ZGR 2009, 474; Mylich, Falk, Die Einlage des atypisch stillen Gesellschafters und die zur Rückzahlung bestellten Sicherheiten im Insolvenzverfahren der Handelsgesellschaft, WM 2013, 1010; Noack, Ulrich, Gesellschaftsrecht (Kommentar zur InsO, Sonderband 1), 1999; Pentz, Andreas, Die Änderungen und Ergänzungen der Kapitalersatzregeln im GmbH-Gesetz, GmbHR 1999, 437; Renner, Cornelius, Die Stellung des atypisch stillen Gesellschafters in der Insolvenz des Geschäftsinhabers, ZIP 2002, 1430; Reusch, Peter, Eigenkapital und Eigenkapi-

402 | Kauffeld

Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.3 § 16 talersatz im Rahmen der stillen Gesellschaft, BB 1989, 2358; Rohlfing, Bernd/Wegener, Burghard/Oettler, Frank, Der Fall der „Göttinger Gruppe“ – Insolvenzbedingte Risiken bei stillen Beteiligungen, ZIP 2008, 865; Schmidt, Karsten, Das Vollstreckungs- und Insolvenzrecht der stillen Gesellschaft, KTS 1977, 1 (65, 72); Schmidt, Karsten, Die Kreditfunktion der stillen Einlage, ZHR (140) 1976, 475; Schmidt, Karsten, Zurechnungsprobleme um das Zwerganteilsprivileg des § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG, GmbHR 1999, 1269; Schmidt, Karsten, Eigenkapitalersatz und Überschuldungsfeststellung, GmbHR 1999, 9; Schmidt, Karsten, Stille Einlage zwischen Leihkapital und Eigenkapital, JuS 2012, 1131; Servatius, Wolfgang, Gläubigerschutz durch Covenants, 2008; Servatius, Wolfgang, Stille Beteiligung; Eigenkapitalcharakter, WuB 2018, 361; Wagner, Klaus-R., Der atypisch stille Gesellschafter im Konkurs der Massengesellschaft, KTS 1979, 53; Weisser, Johannes, Nachschusspflicht von GmbH-Gesellschaftern für sog. Milestone Payments im Insolvenzfall?, GmbHR 2004, 1370.

I. Grundlagen Die stille Gesellschaft ist als reine Innengesellschaft unabhängig von seiner typischen oder atypischen Ausgestaltung, gleich ob als zweigliedriges Rechtsverhältnis oder mehrgliedriger Verband, nicht rechtsfähig und in Ermangelung eines eigenen Gesellschaftsvermögens nicht insolvenzfähig. Eine Insolvenz der stillen Gesellschaft gibt es mangels Insolvenzfähigkeit nicht. Daher geht es bei der stillen Gesellschaft in der Insolvenz immer nur um die Rechtsfolgen einer Insolvenz des Inhabers oder des stillen Gesellschafters.

16.1

Wenngleich die Rechtsfolgen einer Insolvenz des Geschäftsinhabers oder des stillen Gesellschafters auf die stille Gesellschaft in § 236 HGB, § 728 BGB sowie in der Insolvenzordnung geregelt sind, sind sie aufgrund der Formenvielfalt stiller Gesellschaften nicht immer leicht zu ermitteln und für die Vertragspraxis mit Gestaltungsunsicherheiten behaftet. In beiden Fällen hängen die Rechte und Verpflichtungen des stillen Gesellschafters maßgeblich von der Qualifizierung seiner Einlage als Fremdkapital oder Eigenkapital nach insolvenzrechtlichen Kriterien ab. Zudem ist die Qualifizierung der Einlage des Stillen als Fremdkapital oder Eigenkapital nach insolvenzrechtlichen Kriterien auch dafür maßgeblich, inwieweit die stille Beteiligung in die gesondert zu erstellenden Überschuldungsbilanz, die nicht der Handelsbilanz entspricht1, Eingang findet und der Inhaber damit überhaupt rechnerisch überschuldet ist.

16.2

Die Qualifizierung der stillen Einlage nach insolvenzrechtlichen Maßstäben unterscheidet sich von der Einstufung der stillen Beteiligung als wirtschaftliches Eigenkapital, von der bilanzrechtlichen Qualifikation als eigenkapitalähnliche stille Beteiligung oder als Beteiligung mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter (vgl. Rz. 13.2 ff.) und von der steuerrechtlichen Einstufung der stillen Einlage als steuerrechtliches Eigenkapital (vgl. Rz. 20.70 ff.). Die Qualifizierung der stillen Einlage nach insolvenzrechtlichen Maßstäben hat daher in der Rechtspraxis schon in vielen Fällen die Beteiligten unvorbereitet getroffen. Für zusätzliche Komplexität sorgt die Anwendung der durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Miss-

16.3

1 BGH v. 18.12.2000 – II ZR 191/99, GmbHR 2001, 197 (198).

Kauffeld | 403

§ 16 Rz. 16.3 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

bräuchen vom 23.10.20082 (MoMiG) ins Insolvenzrecht überführten ehemaligen Eigenkapitalersatzregelungen. Die Einstufung der stillen Beteiligung als „eigenkapitalersetzend“ führt dazu, dass die Forderung des stillen Gesellschafters auf Auszahlung seines Auseinandersetzungsguthabens nunmehr „nachrangig“ i.S. von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist.

16.4 Oftmals will ein stiller Gesellschafter aber keinesfalls, dass seine Forderung auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens in den Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder sogar des § 199 InsO rückt. Ebenso wenig will er, dass erhaltene Kapitalrückzahlungen und Vergütungen im letzten Jahr und erhaltene Besicherungen in den letzten 10 Jahren vor Stellung des Insolvenzantrags gemäß § 135 InsO dem Risiko der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter ausgesetzt sind3. Dieses Risiko will der Stille erst recht nicht für sonstige Finanzierungsleistungen eingehen, die er selbst oder mit ihm verbundene Unternehmen parallel zur Einlageleistung im Zuge der Begründung der stillen Beteiligung gewährt haben. Die Anfechtbarkeit einer für die sonstige Finanzierungsleistung in der Regel bestehende Besicherung durch den Insolvenzverwalter stellt in einem solchen Fall sicherlich die gravierendste Rechtsfolge dar. 16.5 Vorstehende Komplexität sorgt dafür, dass es sich bei der Behandlung der stillen Gesellschaft in der Insolvenz um eine äußerst praxisrelevante Fragestellung handelt, die die Beteiligten bereits im Zuge der Ausgestaltung einer stillen Beteiligung berücksichtigen müssen, wollen sie böse Überraschungen in einem späteren Krisenfall vermeiden. 1. Auflösung der stillen Gesellschaft durch Insolvenz

16.6 Die stille Gesellschaft als solche ist in Ermangelung eigener Rechtsfähigkeit und in Ermangelung eines Gesellschaftsvermögens nicht insolvenzfähig, sie wird aber sowohl von der Insolvenz des Inhabers, der dann Gemeinschuldner ist, als auch von der Insolvenz des stillen Gesellschafters erfasst. Sowohl die Insolvenz des Geschäftsinhabers als auch die Insolvenz des stillen Gesellschafters führen zu einer Auflösung der stillen Gesellschaft4. Zur Auseinandersetzung siehe Rz. 16.45 ff. a) Auflösung durch Insolvenz des Geschäftsinhabers

16.7 Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt zur Auflösung der Gesellschaft im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung, § 728 BGB5. Eine fortbestehende stille Gesellschaft wie beim früheren Vergleichsverfahren gibt es aufgrund des vereinheitlichten Insolvenzverfahrens nicht mehr.

2 3 4 5

BGBl. I 2008, 2026. Vgl. hierzu Manz/Lammel, GmbHR 2009, 1121. Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 232 HGB Rz. 39 f. BGH v. 24.2.1969 – II ZR 123/67, BGHZ 51, 350 (352); OLG Brandenburg v. 9.6.2004 – 7 U 212/03, GmbHR 2004, 1390 (1391); Weisser, GmbHR 2004, 1370 (1373); Noack, Gesellschaftsrecht, Rz. 652; Schäfer in MünchKomm/BGB, § 728 BGB Rz. 33 m.w.N.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 11.

404 | Kauffeld

Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.11 § 16

Anders zu beurteilen ist die Frage der Anwendbarkeit des § 728 Abs. 2 Satz 1 BGB auch dann nicht, wenn es um die Frage der Stellung des stillen Gesellschafters bei Sanierung des Geschäftsinhabers im Insolvenzplanverfahren geht. In der Literatur wird zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass in diesem Fall – wie beim früheren Vergleichsverfahren – gute Gründe dafür sprechen, die Alles-oder-Nichts-Regel des § 728 Abs. 2Satz 1 BGB teleologisch zu reduzieren und den Fortbestand der stillen Gesellschaft trotz Insolvenz des Geschäftsinhabers zu unterstellen6. Dabei kann den Interessen des stillen Gesellschafters sicherlich durch die Annahme eines außerordentlichen Kündigungsrechts des stillen Gesellschafters hinreichend Rechnung getragen werden7. Letztlich ist diese Lösung de lege lata aber nicht vom Regelungsgehalt des § 236 HGB gedeckt, der den Auseinandersetzungsanspruch des Stillen nach Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts nicht davon abhängig macht, dass der stille Gesellschafter die außerordentliche Kündigung der stillen Gesellschaft gegenüber dem Insolvenzverwalter erklärt.

16.8

Auf den insolventen Geschäftsinhaber sind die Vorschriften der InsO über die rechtliche Stellung des Gemeinschuldners anzuwenden. Das Insolvenzverfahren umfasst das gesamte der Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen, das ihm zur Zeit der Insolvenzeröffnung gehört und das er während des Verfahrens erlangt (§§ 35, 36 InsO). Deshalb bildet auch die dem Inhaber zu Eigentum übertragene Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters einen Teil seiner Insolvenzmasse, die zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger dient. Beiträge des stillen Gesellschafters, die dieser außerhalb der stillen Einlage leistet, unterliegen den allgemeinen Regeln. So kann der stille Gesellschafter lediglich zur Nutzung überlassene Gegenstände aussondern, sofern es sich nicht um eine Nutzungsüberlassung gemäß § 135 Abs. 3 InsO handelt (hierzu Rz. 16.50).

16.9

b) Auflösung durch Insolvenz des Stillen Ebenso wie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Geschäftsinhabers führt auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des stillen Gesellschafters notwendigerweise zur Auflösung der Gesellschaft (§ 728 BGB)8.

16.10

Soweit es sich bei der stillen Gesellschaft um eine mehrgliedrige stille Gesellschaft mit einer Mehrzahl von stillen Gesellschaftern handelt, kann allerdings eine Fortsetzung vereinbart werden, § 736 Abs. 1 BGB9. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des stillen Gesellschafters führt dann zu einem Ausscheiden des

16.11

6 Blaurock/Pordzik, NZG 2018, 81 (82); Blaurock in FS Stürner, S. 659 (664); so nunmehr auch Mock in FS Pape, S. 223 (230), der zudem darauf verweist, dass die umfassenden Sanierungsmöglichkeiten bei der Schaffung der §§ 230 ff. HGB weitgehend unbekannt waren. 7 Blaurock in FS Stürner, S. 659 (664 f. und 671). 8 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 43; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 236 HGB Rz. 47; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 322; Blaurock in FS Stürner, S. 659 (660). 9 Marotzke in Heidelberger Komm/InsO, § 118 InsO Rz. 6; Hirte in Uhlenbruck, § 11 InsO Rz. 393.

Kauffeld | 405

§ 16 Rz. 16.11 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

stillen Gesellschafters nach dem Regelungsgedanken des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB. 2. Insolvenzgründe

16.12 Insolvenzgründe (§§ 16 ff. InsO) sind für den Inhaber Zahlungsunfähigkeit und, soweit es sich bei ihm um eine juristischen Person oder eine Personengesellschaft ohne natürliche Person als persönlich haftendem Gesellschafter (§ 19 Abs. 3 InsO) handelt, auch die Überschuldung (§§ 17, 19 InsO). Mit der Insolvenzrechtsreform hat der Gesetzgeber in § 19 Abs. 2 InsO den Begriff der Überschuldung innerhalb der Insolvenzordnung legaldefiniert. 16.13 Die Prüfung hatte für Insolvenzanträge vor dem 18.10.2008 zweistufig zu erfolgen. Danach war eine rechtliche Überschuldung als Insolvenzgrund gegeben, wenn das Vermögen des Inhabers bei Einzelverwertung der Aktiva nicht mehr dessen bestehende Verbindlichkeiten decken würde (rechnerische Überschuldung), und zudem eine Prognose über das Fortbestehen des Handelsgewerbes negativ ausfällt (Lebensfähigkeitsprognose)10. Jedoch ging weder aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 InsO noch aus der Begründung zu § 23 RegE (§ 19 InsO)11 eine zwingende Prüfungsreihenfolge hervor. Aus diesem Grunde konnte nach wohl überwiegender Auffassung der Literatur sowohl von den Liquidationswerten als auch von den Fortführungswerten ausgegangen werden, die dann in einer zweiten Stufe jeweils durch die Prognosewerte bzw. Liquidationswerte zu korrigieren oder zu bestätigen waren12. In der Praxis würde zunächst einmal festgestellt, ob die Fortführungsprognose positiv oder negativ ausfällt und je nach Ergebnis wurde dann in einem zweiten Schritt die nach dem Ergebnis der Prüfung „richtige“ Bewertungsmethode durchgeführt. 16.14 Im Zuge der Erschütterungen im nationalen und internationalen Finanzsystem wurde durch das Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarkts (Finanzmarktstabilisierungsgesetz) vom 17.10.200813 die Legaldefinition in § 19 Abs. 2 InsO geändert. Für Insolvenzanträge seit dem 18.10.2008 wurde in § 19 Abs. 2 InsO bestimmt, dass Überschuldung vorliegt, wenn „das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.“ Damit schließt nunmehr bereits die überwiegende Wahrscheinlichkeit der Unternehmensfortführung die Überschuldung als Antragsgrund und damit auch eine Antragspflicht aus. Die zunächst vorgesehene Verfalldauer dieser Legaldefinition in § 19 Abs. 2 InsO14 hat sich durch Entfristung erledigt.

10 Vgl. dazu BGH v. 13.7.1992 – II ZR 269/91, BGHZ 119, 201; Uhlenbruck in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rz. 28. 11 Abgedruckt in Hess, 2. Aufl. 2001, § 19 InsO Rz. 2 ff. 12 Ausführlich dazu Uhlenbruck in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rz. 28, 38. 13 BGBl. I 2008, 1982. 14 Vgl. Art. 5 FMStG v. 17.10.2008, BGBl. I 2008, 1982 i.V.m. Art. 1 FMStÄndG v. 24.9.2009, BGBl. I 2009, 3151.

406 | Kauffeld

Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.18 § 16

3. Berücksichtigung stiller Beteiligungen in der Überschuldungsbilanz Ob der Inhaber rechnerisch überschuldet ist, wird an Hand einer gesonderten Überschuldungsbilanz (Überschuldungsstatus) festgestellt, die nicht der Handelsbilanz entspricht15. Hierbei stellt sich die Frage, in welcher Weise die stille Beteiligung in den Überschuldungsstatus Eingang findet. Dieses hängt von der Ausgestaltung der stillen Beteiligung im Einzelfall ab.

16.15

a) Die stille Beteiligung als Fremdkapital In den Überschuldungsstatus sind alle gegenwärtigen bestehenden Verbindlichkeiten einzustellen, die für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus der Insolvenzmasse zu befriedigen wären.

16.16

Im gesetzlichen Regelfall stellt eine stille Einlage des typisch stillen Gesellschafters eine passivierungsfähige und -pflichtige Verbindlichkeit des Geschäftsinhabers dar und hat damit Fremdkapitalcharakter (siehe Rz. 12.54 ff.). Dieses gilt zumindest für solche stillen Beteiligungen, die nicht am Verlust des Handelsgewerbes teilnehmen oder die bei Insolvenz des Inhabers als Insolvenzforderung nach § 236 Abs. 2 HGB geltend gemacht werden können. Das gilt grundsätzlich auch für den schuldrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligten atypischen stillen Gesellschafter. Auch dessen Rückforderungsanspruch bildet, soweit er die seine Garantiehaftung begrenzende Verlustbeteiligung übersteigt, grundsätzlich ein Gläubigerrecht, das als Verbindlichkeit in der Handelsbilanz auszuweisen ist. Ist die stille Beteiligung als Fremdkapital zu bilanzieren, kann der stille Gesellschafter deren Rückforderung gemäß § 236 Abs. 1 HGB als Insolvenzforderung geltend machen, soweit sie den Betrag des auf ihn entfallenden Verlustanteils übersteigt, so dass sie im Überschuldungsstatus insoweit zu passivieren ist16.

16.17

b) Die stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter Unter bestimmten Voraussetzungen ergibt eine wirtschaftliche Betrachtung ausnahmsweise einen dem Eigenkapital gleichgestellten Charakter der Einlage (sog. eigenkapitalähnliche stille Beteiligung). Da es keinen im Innenverhältnis der stillen Gesellschaft wirkenden gesetzlichen Kapitalerhaltungsgrundsatz gibt17, setzt die haftungsmäßige Gleichstellung der stillen Beteiligung mit Eigenkapital eine entsprechende vertragliche Vereinbarung voraus18. Bei einer Publikumsgesellschaft sind die entsprechenden Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag hierzu objektiv auszulegen. Der isolierte Rücktritt auf die Stufe von Eigenkapital (§ 199 Satz 2 InsO), ohne dass weitere vertragliche Vereinbarungen zur Qualifizierung als Eigenkapital getroffen werden, ge15 BGH v. 18.12.2000 – II ZR 191/99, GmbHR 2001, 197 (198). 16 BGH v. 21.3.1983 – II ZR 139/82, NJW 1983, 1855; Uhlenbruck in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rz. 62. 17 Servatius, WuB 2018, 361 (364) mit Hinweis auf BGH v. 20.4.2017 – IX ZR 189/16, DStR 2017, 1941 (1942 f.). 18 Bitter, ZIP 2019, 146 (152 f.); Servatius, WuB 2018, 361 (364).

Kauffeld | 407

16.18

§ 16 Rz. 16.18 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

nügt grundsätzlich nicht. Im Überschuldungsstatus ist der Rückzahlungsanspruchs des Stillen nur dann und insoweit nicht zu passivieren, wie sich der Finanzier zusätzlich im Interesse der Gläubiger bindet (§ 328 BGB), die Zusage insbesondere nicht frei kündbar und aufhebbar ist19.

16.19 Eine bloße Beteiligung des stillen Gesellschafters am Verlust des Inhabers reicht für die haftungsmäßige Gleichstellung nicht aus, schadet aber selbstverständlich auch nicht. Für die Annahme einer (konkludenten) Vereinbarung kann die rein bilanzielle Behandlung der stillen Einlage als Eigenkapital durch den Inhaber nicht herangezogen werden20. Diese kann zumindest aber als Indiz für einen entsprechenden Willen der Parteien bei der Auslegung der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen herangezogen werden. 16.20 Es bleibt abzuwarten, ob der BGH vor dem Hintergrund seiner Entscheidung vom 20.4.2017 künftig noch das in der Vergangenheit verfolgte Konzept gesetzlicher Umqualifizierung anwenden wird21 oder aber seine Entscheidungen ausschließlich auf die Auslegung gesellschaftsvertraglicher Regelungen stützen wird. Nach Auffassung des BGH bestand auch ohne vertragliche Regelungen Eigenkapitalund damit Haftkapitalqualität immer dann, wenn das Haftkapital einer Kommanditgesellschaft in Form sog. „gesplitteten Einlagen“ aufgebracht wurde, d.h. teils durch Kommanditisteneinlagen, teils durch stille Einlagen22. Eigenkapital- und damit Haftkapitalqualität hat die stille Einlage aber auch dann, wenn die Einlage des stillen Gesellschafters einen Teil der Eigenkapitalgrundlage einer KG bildete, soweit dem Stillen intern die Rechtsstellung eines Kommanditisten, insbesondere hinsichtlich der Informations- und Kontrollrechte, eingeräumt war23. Weiterhin kam nach der Rechtsprechung des BGH der stillen Einlage ein eigenkapitalähnlicher Charakter zu, wenn die Einlage für den Geschäftszweck unerlässlich ist und die wirtschaftliche Betätigung ohne die Einlage nicht aufgenommen werden könnte, was insbesondere bei Publikumsgesellschaften der Fall sein kann (siehe Rz. 18.1 ff.)24 oder dann, wenn die stille Einlage im Verhältnis zum Grundkapital des Unternehmens sehr hoch ist25. Für die 19 Vgl. hierzu Bitter, ZIP 2019, 146 (150). 20 OLG Hamm v. 6.3.1996 – 8 U 155/95, WM 1997, 2323 (2324); OLG Köln v. 26.8.1999 – 1 U 43/99, AG 2000, 281 (283). 21 BGH v. 20.4.2017 – IX ZR 189/16, DStR 2017, 1941 (1942 f.). Hierzu kritisch Servatius, der hierin entweder eine unzulässige Fiktion nicht gewollten Parteiverhaltens oder aber eine mangels gesetzlicher Anordnung der entsprechenden Umqualifizierung nicht haltbare Rechtsfortbildung sieht: Servatius in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 236 HGB Rz. 16. 22 BGH v. 12.5.1977 – II ZR 89/75, BGHZ 69, 160; BGH v. 9.2.1981 – II ZR 38/80, NJW 1981, 2251. 23 OLG Frankfurt a.M. v. 30.4.1997 – 23 U 204/95, EWiR 1997, 555 m. Anm. von Gerkan; OLG Hamm v. 6.3.1996 – 8 U 155/95, EWiR 1997, 707 m. Anm. von Gerkan; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 6. 24 BGH v. 28.11.1977 – II ZR 235/75, BGHZ 70, 61 (62); Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 218, 270. 25 Vgl. hierzu Manz/Lammel, GmbHR 2009, 1121 (1123) m.w.N. in Fn. 34; diesen Aspekt nunmehr ebenso betonend BGH v. 16.5.2017 – II ZR 284/15, NZG 2017, 907 (908).

408 | Kauffeld

Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.23 § 16

künftig nur noch auf Grundlage der Auslegung gesellschaftsvertraglicher Bestimmungen vorgenommene Qualifizierung stiller Einlagen als materielles Eigenkapital spricht manches, da der BGH in seiner Entscheidung vom 16.5.2017 zwei der vorstehenden Grundsätze aus den vertraglichen Regelungen herleitete. Die Annahme des Eigenkapitalcharakters der stillen Einlage begründete der II. Senat in dieser Entscheidung nämlich mit dem Verhältnis des vom Geschäftsinhaber eingelegten Kapitals von 500.000 Euro zur Höhe der stillen Einlagen in Höhe von insgesamt 150 Mio. Euro und dem Umstand, dass die Mitwirkungsrechte der stillen Gesellschafter in dem zugrundeliegenden Fall denjenigen eines Kommanditisten vergleichbar waren26. Sind die Voraussetzungen für eine eigenkapitalähnliche Behandlung erfüllt, kommt der stillen Einlage ein dem Eigenkapital gleichgestellter Charakter zu. Der Rückzahlungsanspruch des Stillen ist deshalb im Überschuldungsstatus zur Berechnung der tatsächlichen Überschuldung stets außer Acht zu lassen27. Unbeachtlich ist auch das Kleinbeteiligungsprivilegs des § 39 Abs. 5 InsO.

16.21

frei

16.22

c) Die „eigenkapitalersetzende“ stille Beteiligung mit Nachrang Schließlich kann die stille Einlage zwar nominell Fremdkapitalcharakter aufweisen, jedoch materiell aufgrund besonderer Umstände „eigenkapitalersetzend“ und damit nachrangig zu behandeln sein. Der Nachrang kann sich dabei einerseits aus der gesetzlichen Qualifikation der stillen Beteiligung als wirtschaftlich einem Gesellschaftsdarlehen vergleichbare Rechtshandlung ergeben (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO), oder andererseits aus einer vertraglichen Qualifikation der stillen Beteiligung als nachrangig mittels Rangrücktritt im Sinne von § 39 Abs. 2 InsO28. Die Unterscheidung zwischen der gesetzlichen Rückstufung und der (freiwilligen) vertraglichen Rückstufung ist sehr wichtig, da (1) eine Anfechtung gemäß § 135 InsO nur bei einem gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO im Rang zurückgestuften Kapital möglich ist, nicht hingegen bei isolierten vertraglichen Rangrücktritten29 und (2) sich eine Pflicht des atypisch stillen Gesellschafters auf Einzahlung noch nicht geleisteter Beiträge allein aus dem vertraglichen Charakter als Eigenkapital ergeben kann, während das Gesellschafterdarlehensrecht eine solche Pflicht nicht zu begründen vermag30.

26 BGH v. 16.5.2017 – II ZR 284/15, NZG 2017, 907 (908). Im Ergebnis zustimmend bei Publikumsgesellschaften, wenngleich kritisch zu der Begründung im Allgemeinen Servatius in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 236 HGB Rz. 15b; Florstedt, ZIP 2017, 2433 (2438 ff.). 27 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 8; Grundlach in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rz. 60. 28 Vgl. hierzu Bitter, ZIP 2019, 146 (147). 29 So zutreffend Bitter, ZIP 2019, 146 (149) m.w.N. zum Diskussionsstand in der Literatur in Fn. 48. 30 Bitter, ZIP 2019, 146 (150).

Kauffeld | 409

16.23

§ 16 Rz. 16.24 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

aa) Gesetzlicher Nachrang der stillen Beteiligung nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO

16.24 Dem Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO unterfallen Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen entsprechen. Eine solche wirtschaftliche Entsprechung kann sich einerseits aus der Ausdehnung des sachlichen Anwendungsbereichs ergeben. Dies ist der Fall, wenn eine der Darlehensvergabe wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung vorliegt. Die wirtschaftliche Entsprechung kann daneben aber auch aus einer Ausdehnung des persönlichen Anwendungsbereichs folgen. Davon ist auszugehen, wenn einem Nichtgesellschafter aufgrund vertraglicher Vereinbarungen eine der Gesellschafterstellung zumindest angenäherte Rechtsposition zukommt31. 16.25 Eine Ausdehnung des sachlichen Anwendungsbereichs liegt insbesondere vor, wenn ein Gesellschafter sich zusätzlich durch eine stille Beteiligung an der Gesellschaft beteiligt. Die stille Einlage ist als darlehensgleiche Leistung des Gesellschafters anzusehen32. Unerheblich ist in diesem Fall, ob dem Stillen aus der stillen Beteiligung selbst gesellschafterähnliche Rechte erwachsen, da der persönliche Anwendungsbereich aufgrund seiner (regulären) Gesellschafterstellung ohnehin erfüllt ist33. 16.26 Der Ausdehnung des persönlichen Anwendungsbereichs steht nicht entgegen, dass in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO anders als in § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG a.F. nicht mehr von Rechtshandlungen eines Dritten die Rede ist, die der Darlehensgewährung entsprechen. Durch diese Formulierung soll sich nichts daran ändern, dass Dritte aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtung als Gesellschafter behandelt werden können34. Es kommt daher auch in diesem Fall eine Anfechtung nach § 135 InsO in Betracht35. Entspricht die Stellung des Stillen im Innenverhältnis derjenigen eines Gesellschafters, so finden auf ihn die Regeln über die Gesellschafterdarlehen nach der InsO Anwendung36. Für diese Frage entscheidend soll wie bereits im früheren Eigenkapitalersatzrecht ein Doppeltatbestand sein, der aus einer Gewinn und-/oder Vermögensteilhabe sowie der Möglichkeit der Einflussnahme auf die Geschäftsführung und die Gestaltung der Gesellschaft besteht37.

31 Zur Unterscheidung zwischen der Ausdehnung des persönlichen und des sachlichen Anwendungsbereichs instruktiv: Bitter, ZIP 2019, 146. 32 BGH v. 23.11.2017 – IX ZR 218/16, DStR 2018, 40 = GmbHR 2018, 151. 33 BGH v. 23.11.2017 – IX ZR 218/16, DStR 2018, 40 = GmbHR 2018, 151; zustimmend: Bitter, ZIP 2019, 146 (148). 34 BGH v. 28.6.2012 – IX ZR 191/11, DStR 2012, 2137 (2138) = GmbHR 2012, 1181 unter Hinweis auf BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 131/10, BGHZ 188, 363 = GmbHR 2011, 413; Bork, ZGR 2007, 250 (254); Haas, ZInsO 2007, 617 (620); Bayer/Graff, DStR 2006, 1654 (1659); Krolop, ZIP 2007, 1738 (1743); Servatius, Gläubigerschutz durch Covenants, § 17 III; RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 137. 35 A.A. Huber in FS Priester, S. 259 (281), der allenfalls eine analoge Anwendung des § 135 InsO in Betracht zieht und sich für ausschließliche Anwendung des § 136 InsO ausspricht. 36 So ausdrücklich BGH v. 28.6.2012 – IX ZR 191/11, DStR 2012, 2137 = GmbHR 2012, 1181; vgl. hierzu auch die kritische Besprechung von Mylich, WM 2013, 1010 (1010 ff.). 37 Bitter, ZIP 2019, 146 (154), m.w.N. (Fn. 102).

410 | Kauffeld

Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.30 § 16

bb) Vertraglicher Nachrang der stillen Beteiligung nach § 39 Abs. 2 InsO Es ist ohne Weiteres möglich, die Kapitaleinlage des Stillen über die Verlustbeteiligung des § 231 Abs. 2 BGB hinaus mit einem gesonderten Rangrücktritt zu versehen38. Die ausdrückliche Erklärung eines vertraglichen Nachrangs wird insbesondere dann vorkommen, wenn die stille Einlage geleistet wird, um eine Insolvenz des Inhabers abzuwenden. Die haftungsmäßige Gleichstellung erfolgt dadurch, dass Inhaber und stiller Gesellschafter eine Nachrangabrede vereinbaren, die aus der Rückzahlungsforderung eine nachrangige Insolvenzforderung nach § 39 Abs. 2 InsO macht39.

16.27

In solchen Fällen war umstritten, ob einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechende stille Beteiligungen im Überschuldungsstatus außer Acht gelassen werden können, wenn der stille Beteiligte zugleich Gesellschafter des Unternehmens ist. Die Handhabung in der Überschuldungsbilanz kann auch von der bilanziellen Handhabung im Jahresabschluss abweichen, da der Überschuldungsstatus eine Sonderbilanz zum Zweck der Feststellung der Insolvenzreife darstellt40.

16.28

Die bislang h.M.41 ging davon aus, dass der Anspruch auf Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens in der Überschuldungsbilanz zu passivieren war. Anderes sollte nur im Falle einer vertraglichen Rangrücktrittsvereinbarung gelten. Ursprünglich wollte der Gesetzgeber bei der Änderung der InsO im Rahmen des MoMiG von dieser Auffassung Abstand nehmen. Er hat sich aber kurz vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens anders entschieden und nimmt gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO n.F. nur Gesellschafterdarlehen und gleichgestellte Forderungen aus der Überschuldungsbilanz heraus, für die ein vertraglicher Nachrang besteht42. Damit kann die Frage der Passivierung von Gesellschafterdarlehen und gleichgestellten Verbindlichkeiten als geklärt gelten. Die stille Beteiligung ist – abgesehen von einem vereinbarten Nachrang – auch bei Qualifikation als „eigenkapitalersetzende“ Gesellschafterleistung in jedem Fall in der Überschuldungsbilanz aufzunehmen. Eine eigenkapitalersetzende stille Beteiligung bleibt Fremdkapital und unterliegt nur einer gesetzlichen Bindung nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO43. Der eigenkapitalersetzende Charakter der stillen Beteiligung führt lediglich zur Überlagerung des § 236 HGB.

16.29

Der Umfang der Nachrangabrede kann vertraglich frei vereinbart werden. Sie kann sich nur auf die Auseinandersetzungsforderung beziehen oder auch Darlehen und stehen gelassene Gewinne des stillen Gesellschafters umfassen. Sie kann bloß die Geltendmachung in der Insolvenz oder auch weitergehend jede Geltendmachung ausschließen, soweit dies zur Vermeidung einer rechnerischen Überschuldung des Inhabers erforderlich ist. Zulässig ist auch eine Vereinbarung, dass der Inhaber die Zah-

16.30

38 39 40 41

Servatius in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 236 HGB Rz. 15. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 7. K. Schmidt, GmbHR 1999, 9 (10). BGH v. 8.1.2001 – II ZR 88/89, ZIP 2001, 235 (237) m. Anm. Altmeppen; Altmeppen, ZHR 164 (2000), 349 (362); 6. Aufl., Rz. 17.53; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 8; K. Schmidt, GmbHR 1999, 9. 42 Gehrlein, Das neue GmbH-Recht, Rz. 64. 43 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 173.

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§ 16 Rz. 16.30 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

lung verweigern kann, solange er eine Unterbilanz aufweist44. Der Rangrücktritt kann jederzeit einvernehmlich wieder aufgehoben werden, eine entsprechende Vereinbarung ist aber unter Umständen anfechtbar45.

16.31 Regelmäßig ist der vertragliche Rangrücktritt in der Weise auszulegen, dass der stille Gesellschafter bei einer Auseinandersetzung außerhalb der Insolvenz seine Ansprüche erst geltend machen kann, wenn die Befriedigung der Drittgläubiger gesichert ist. Hingegen kann ihm nicht ohne Weiteres entnommen werden, dass der stille Gesellschafter verpflichtet wird, ausstehende Zahlungen auch nach Insolvenzeröffnung noch leisten zu müssen46. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn die Parteien gewollt haben, dass die stille Beteiligung auch insoweit eine eigenkapitalähnliche Funktion erhält. 16.32 Vorstehendes gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn die stille Beteiligung an einer GmbH besteht, ohne dass der stille Gesellschafter zugleich deren Gesellschafter ist. Auch dann finden die Vorschriften über Gesellschafterdarlehen auf die sonstigen Leistungen des stillen Gesellschafters Anwendung, soweit die Position des stillen Gesellschafters vertraglich an die eines GmbH-Gesellschafters angenähert ist47. Welche Anforderungen an eine solche atypische Ausgestaltung der stillen Gesellschaft zu stellen sind, wird nicht einheitlich beantwortet. Zum Teil wird es für ausreichend erachtet, dass der stille Gesellschafter schuldrechtlich am Vermögen der GmbH beteiligt ist48, zum überwiegenden Teil werden aber zusätzliche unternehmerische Einflussmöglichkeiten des stillen Gesellschafters für erforderlich gehalten49. Der BGH hat betont, dass eine typische stille Beteiligung nicht ausreicht50. Mit der h.M. ist davon auszugehen, dass nur ein gegenüber der gesetzlichen Regelung erweiterter unternehmerischer Einfluss des stillen Gesellschafters die Gleichstellung seiner Beteiligung mit haftendem Kapital rechtfertigen kann. Ob sich dieser Einfluss 44 Zu den verschiedenen Arten der Nachrangabrede vgl. Priester, DB 1977, 2431. 45 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 29. 46 OLG Brandenburg v. 9.6.2004 – 7 U 212/03, GmbHR 2004, 1390 (1392); OLG Hamm v. 3.5.1993 – 8 U 184/92, ZIP 1993, 1321 (1322); LG Essen v. 24.7.1992 – 42 O 74/92, WM 1992, 1982; Weisser, GmbHR 2004, 1370 (1374). 47 BGH v. 7.11.1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 (9 ff.); OLG Hamburg v. 13.10.1989 – 11 U 108/89, GmbHR 1990, 393 (394); OLG Köln v. 27.10.2011 – 18 U 43/11, BeckRS 2011, 26392, S. 4; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 29; Roth in Baumbach/ Hopt, § 236 HGB Rz. 5; siehe auch Florstedt, Der stille Verband, S. 140 ff. 48 So wohl OLG Hamburg v. 13.10.1989 – 11 U 108/89, GmbHR 1990, 393; Schmid/Hamann, DStR 1992, 952. 49 OLG Saarbrücken v. 1.9.1998 – 4 U 635/97 – 253, ZIP 1999, 2150 (2151); BGH v. 7.11.1988 – II ZR 46/88, ZIP 1989, 95 (96); Brandes, EWiR, § 32a GmbHG, 4/90, 787; Reusch, BB 1989, 2358 (2363); v. Falkenhausen/H.C. Schneider in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 17 Rz. 22; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 236 HGB Rz. 9 fordert weitreichende Mitspracherechte; Florstedt, Der stille Verband, S. 216 ff. (Einlage als Eigenkapital bei „stillen Verbänden“, also solchen Beteiligungsformen, bei denen der Inhaber den Nutzen den stillen Gesellschaftern gutbringt, S. 57). 50 BGH v. 7.11.1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 (9); BGH v. 13.2.2006 – II ZR 62/04, GmbHR 2006, 531 (532); so auch OLG Hamburg v. 13.10.1989 – 11 U 108/89, GmbHR 1990, 393; K. Schmidt in Scholz, 10. Aufl. 2006, §§ 32a, 32b GmbHG Rz. 32.

412 | Kauffeld

Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.35 § 16

auf eine konkrete Einflussnahme oder auf eine Einbeziehung gerade in den mitgliedschaftlichen Verbund zu beziehen hat, erscheint zweifelhaft51. Ist der stille Gesellschafter als Quasi-Gesellschafter anzusehen, fanden bis zum Inkrafttreten des MoMiG52 die §§ 30 f. GmbHG a.F. entsprechende Anwendung53. Das MoMiG hat mit der Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts zwar die strengere Behandlung von Gesellschafterdarlehen an unternehmensspezifische Chancen und Risiken geknüpft. Daraus wird man jedoch nicht folgern können, dass immer dann eine eigenkapitalersetzende stille Beteiligung vorliegt und § 135 InsO bereits einschlägig ist, wenn der Stille bereits uneingeschränkt an Gewinn und Verlust beteiligt ist und lediglich über Kontrollrechte verfügt54. Im Gegenteil legt die Neukonzeption der Gesellschafterdarlehen als Korrelat der Haftungsbeschränkung eine eher restriktive Handhabe nahe55. Die Finanzplanabrede lässt sich aufgrund der zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten nicht abschließend in das vorstehend dargestellte Ordnungsschema einordnen. Eine Finanzplanabrede liegt dann vor, wenn nach den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen oder in einer vertraglichen Nebenabrede zwischen dem Inhaber und dem Stilen die stille Einlage als Risikokapital qualifiziert wird, das der Stille nicht ohne Weiteres bei einer Gefährdung der Liquidität abziehen können soll. Entsprechend der tatsächlichen Ausgestaltung der Finanzplanabrede kann die stille Beteiligung als Eigenkapital oder als nachrangige Insolvenzforderung zu behandeln sein56.

16.33

d) Altfälle Die Diskussion zur Passivierung von stillen Beteiligungen, die Gesellschafterdarlehen gleichzusetzen sind, ist daher allenfalls für Altfälle relevant, d.h. für stille Beteiligungen bei einem Insolvenzantrag vor dem 1.11.2008. Insoweit wird auf die 6. Aufl. (Rz. 17.45 ff.) verwiesen.

16.34

4. Insolvenzantragspflicht des stillen Gesellschafters Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben nach § 15a Abs. 1 InsO die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Insolvenzantrag zu stellen. Wird eine GmbH führungslos57, trifft den Gesellschafter eine Pflicht einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens 51 Hierzu Servatius, Gläubigerschutz durch Covenants, § 17 III 2c, V, der maßgeblich auf die konkrete Einflussnahme abhebt. 52 BGBl. I 2008, 2026. 53 BGH v. 7.11.1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 (9); BGH v. 13.2.2006 – II ZR 62/04, GmbHR 2006, 531 (532). 54 So aber Krolop, ZIP 2007, 1738 (1743 in Fn. 71). 55 Habersack, ZIP 2007, 2145 (2148); gegen Einbeziehung sogar des atypischen Stillen Huber in FS Priester, S. 259 (281); a.A. Servatius, Gläubigerschutz durch Covenants, § 17 V, VII 4b (weitgehende Einbeziehung von Nichtgesellschaftern infolge Einflussnahme). 56 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 236 HGB Rz. 41. 57 Zum Begriff der Führungslosigkeit siehe Gehrlein, BB 2008, 645 (648), der Führungslosigkeit nicht bei Unerreichbarkeit, sondern nur bei konkludenter Amtsniederlegung annehmen will.

Kauffeld | 413

16.35

§ 16 Rz. 16.35 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

zu stellen, es sei denn, dass er von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis hat (§ 15a Abs. 3 InsO n.F.). Von vornherein nicht in Zweifel zu ziehen ist, dass weder der stille Gesellschafter einer stillen Beteiligung mit Fremdkapitalcharakter noch der stille Gesellschafter einer eigenkapitalersetzenden stillen Beteiligung eine Pflicht zur Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens trifft.

16.36 Zweifelhaft ist aber, ob den eigenkapitalähnlich beteiligten stillen Gesellschafter eine solche Antragspflicht trifft. Hiergegen spricht zwar, dass der eigenkapitalähnlich stille Beteiligte formal keine Gesellschafterstellung innehat; auch ist die Abgrenzung zwischen dem stillen Gesellschafter als Fremdkapitalgeber und Eigenkapitalgeber im Einzelfall oftmals schwierig, so dass dem Insolvenzgericht die Prüfung des Antragsrechts schwer fallen könnte. Dass es auf die formale Stellung als Gesellschafter aber nicht entscheidend ankommen kann, wird allerdings dadurch bestätigt, dass man ganz überwiegend58 davon ausgeht, dass auch ein faktischer Geschäftsführer zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet ist (§ 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG a.F.; § 15a Abs. 1 InsO). Zweck der erweiterten Antragspflicht des § 15a Abs. 3 InsO ist es, einen Anreiz für die Gesellschafter zu setzen, wieder aktionsfähige Organe zu bestellen59. Ist der eigenkapitalähnlich beteiligte Stille aber im Innenverhältnis berechtigt, den Geschäftsführer mit zu bestellen, so muss auch auf ihn Druck entfaltet werden, einen Geschäftsführer zu bestellen. Der eigenkapitalähnlich beteiligte Stille ist daher zur Stellung eines Insolvenzantrags gemäß § 15a Abs. 3 InsO in einer führungslosen GmbH verpflichtet. 5. Anwendbarkeit der Vorschriften über nachrangige Gesellschafterdarlehen

16.37 Hat der eigenkapitalähnlich still beteiligte Gesellschafter dem insolventen Geschäftsinhaber ein Darlehen gewährt, so unterfällt dieses Darlehen den Vorschriften über nachrangige Gesellschafterdarlehen60. Nach dem bis 2008 geltenden § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG a.F. fanden die Vorschriften über Gesellschafterdarlehen auch Anwendung auf die Rechtshandlungen eines Gesellschafters oder eines Dritten, die der Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechen. Beteiligte sich ein Gesellschafter eigenkapitalähnlich, so musste auch ein in der Krise gewährtes Darlehen wie das eines Gesellschafters behandelt werden. Dies hatte zum einen zur Folge, dass die Regeln über die Kapitalerhaltung auf die Rückgewährung des Darlehens (§§ 30, 31 GmbHG

58 BGH v. 9.7.1979 – II ZR 118/77, BGHZ 75, 96 (106 f.); BGH v. 21.3.1988 – II ZR 194/87, BGHZ 104, 44 (46); BGH v. 25.2.2002 – II ZR 196/00, BGHZ 150, 61 (68 ff.); K. Schmidt in Scholz, 11. Aufl. 2015, § 64 GmbHG Rz. 153; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, 20. Aufl. 2020, § 64 GmbHG Rz. 6; Schmidt-Leithoff/Baumert in Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 64 GmbHG Rz. 24, Vor § 64 GmbHG Rz. 49; kritisch hingegen Haas, DStR 2003, 423 f. 59 Begründung des RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 136. 60 BGH v. 7.11.1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 (9); OLG Hamm v. 13.9.2000 – 8 U 79/99, NJW-RR 2001, 247 (248); Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, 4. Aufl. 2002, § 32a GmbHG Rz. 75.

414 | Kauffeld

Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.39 § 16

analog) Anwendung fanden (sog. Rechtsprechungsregeln)61. Maßgeblich waren dabei die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 32a GmbHG a.F. Aus den neben den Rechtsprechungsregeln anzuwendenden sog. Novellenregeln war zum einen zu entnehmen, dass das in der Krise bewilligte Darlehen lediglich als nachrangige Forderung in der Insolvenz zu behandeln und eine Handlung, die dem Gesellschafter für das Darlehen eine Sicherheit oder Befriedigung gewährte, anfechtbar ist, wenn sie in den letzten zehn Jahren bzw. dem letzten Jahr vor Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder vor Anfechtung vorgenommen worden ist. Das MoMiG hat die Konzeption der Gesellschafterdarlehen und gleichgestellter Rechtshandlungen als eigenkapitalersetzende Leistungen aufgegeben62 und die Gesellschafterdarlehen und gleichgestellte Rechtshandlungen durch insolvenzrechtliche Schutzgesetze geregelt. Die Gesellschafterdarlehen und gleichgestellte Rechtshandlungen werden seitdem nicht von den Regeln über die Kapitalerhaltung erfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG); §§ 32a und b GmbHG a.F. wurden aufgehoben. Stattdessen bleibt es bei der Anordnung der insolvenzrechtlichen Nachrangwirkung (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, ergänzt um § 39 Abs. 4 und 5 und § 44a InsO) und den Vorschriften über die Anfechtbarkeit (§ 135 InsO, ergänzt um § 135 Abs. 2, § 143 Abs. 3 InsO). Zum Nachrang der § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO unterfallenden Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen entsprechen, vgl. Rz. 16.23 ff.

16.38

Das MoMiG hatte einen bemerkenswerten Wandel in der Einordnung der atypisch stillen Beteiligung zur Folge. Vor dem Inkrafttreten des MoMiG unterwarf die Rechtsprechung den atypisch stillen Gesellschafter als Hauptanwendungsfall der Finanzierung durch einen gesellschaftergleichen Dritten einer Sonderbehandlung in Form der Gleichstellung mit (echtem) Eigenkapital63. Nach Inkrafttreten des MoMiG unterläge der atypisch Stille damit in gleicher Weise wie stille Beteiligungen mit Eigenkapitalcharakter (vgl. hierzu Rz. 16.17) nicht nur dem Nachrang des § 39 InsO, sondern dem weiteren Nachrang des § 199 InsO. Eigenkapitalersetzend war daher nur das von einem solchen stillen Gesellschafter zusätzlich gewährte Darlehen64.Tatsächlich geht aber nach Inkrafttreten der Konzeptionsänderung durch das MoMiG sowohl der IX. Zivilsenat des BGH65 als auch die herrschende Auffassung in der Literatur66 davon aus, dass auf die Einlage des atypisch stillen Gesellschafters das Gesellschaftsdarlehensrecht anzuwenden ist. Auf eine Rückzahlung der Einlage ist damit § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anzuwenden, nicht das Kapitalerhaltungsrecht. Eine Pflicht auf Ein-

16.39

61 BGH v. 26.3.1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370 (378); BGH v. 7.11.1988 – II ZR 46/88, WM 1989, 14 (16). 62 Vgl. Begründung des RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 138; Habersack, ZIP 2007, 2145; Gehrlein, BB 2008, 846. 63 Vgl. Bitter, ZIP 2019, 146 (148), m.w.N. in Fn. 30 u. 32. 64 BGH v. 7.11.1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 (11). 65 BGH v. 28.6.2012 – IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 (378 f.) = DStR 2012, 2137 (2138) = GmbHR 2012, 1181. 66 Bitter, ZIP 2019, 146 (149), m.w.N. zum Streitstand in Fn. 37; a.A. in Ablehnung der BGH-Entscheidung Mylich, WM 2013, 1010 (1010 ff.).

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§ 16 Rz. 16.39 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

zahlung noch nicht geleisteter Beiträge atypisch stiller Gesellschafter vermag das Gesellschafterdarlehensrecht nicht zu begründen67. Eine solche Pflicht kann sich allein aus dem vertraglichen Charakter als Eigenkapital ergeben. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung kommt es für die Anwendung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO auf den stillen Gesellschafter darauf an, dass die stille Beteiligung in der Weise atypisch ausgestaltet ist, dass dem Stillen im Gesellschaftsvertrag eine Rechtsstellung eingeräumt wird, die der Rechtsstellung eines Gesellschafters entspricht und damit dergestalt atypisch ausgestaltet ist, dass zugunsten des Stillen eine Gewinn und-/oder Vermögensteilhabe sowie der Möglichkeit der Einflussnahme auf die Geschäftsführung und die Gestaltung der Gesellschaft besteht (Doppeltatbestand aus variabler Erlösbeteiligung und Möglichkeit der Einflussnahme)68. Ob eine stille Beteiligung den Doppeltatbestand aus variabler Erlösbeteiligung und Einflussnahmemöglichkeit erfüllt, hängt von der Rechtsform derjenigen Gesellschaft ab, an der sich der Stille beteiligen will. Bei eine KG muss die eingeräumte Erlösbeteiligung und Einflussnahmemöglichkeit den Minimalanforderungen genügen, die zugunsten eines Kommanditisten bei einer KG bestehen69.

16.40 Erfüllen stille Gesellschafter den Doppeltatbestand aus variabler Erlösbeteiligung und Möglichkeit der Einflussnahme, unterliegen neben seiner Einlage auch die von ihm daneben gewährten Darlehen als unmittelbarer Anwendungsfall dem § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO70. 16.41 Gemäß § 39 Abs. 5 InsO, der dem früheren § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG a.F. entspricht, fällt ein Darlehen aber dann aus dem Anwendungsbereich der Vorschriften über Gesellschafterdarlehen heraus, wenn der Gesellschafter nicht geschäftsführend ist und mit 10 % oder weniger am Haftkapital beteiligt ist (sog. „Kleinbeteiligungsprivileg“). Das Kleinbeteiligungsprivileg gilt dabei auch für einen stillen Gesellschafter, wenn seine Beteiligung einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entspricht71. Fraglich ist freilich, wann eine stille Beteiligung einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entspricht. Hierüber besteht in der Literatur und Rechtsprechung wenig Klarheit. 16.42 Nach Auffassung des IX. Senats des BGH muss der stille Gesellschafter hierzu nicht einmal annähernd einem GmbH-Gesellschafter gleichstehen72. Die überwiegende Auffassung stellt darauf ab, ob der wirtschaftliche Gesellschafter eine Beteiligung i.H. von mehr als 10 % des Stammkapitals73 innehat und kumulativ mit Mitwirkungsrech67 68 69 70

Bitter, ZIP 2019, 146 (150). Bitter, ZIP 2019, 146 (154), m.w.N. (Fn. 102), eingehend bereits Rz. 16.28. Überzeugend Bitter, ZIP 2019, 146 (155). BGH v. 23.1.2018 – II ZR 246/15, DStR 2018, 571 (577) = GmbHR 2018, 416; BGH v. 24.9.2013 – II ZR 39/12, GWR 2013, 515 (515) = GmbHR 2013, 1318 zur Nachrangigkeit einer Zinsforderung und Rückforderbarkeit erfolgter Zinszahlungen; BGH v. 7.11.1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 (11). 71 BGH v. 28.6.2012 – IX ZR 191/11, DStR 2012, 2137 (2139) = GmbHR 2012, 1181. 72 BGH v. 28.6.2012 – IX ZR 191/11, DStR 2012, 2137 (2139) = GmbHR 2012, 1181. 73 Florstedt, Der stille Verband, S. 225.

416 | Kauffeld

Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.43 § 16

ten ausgestattet ist, die denjenigen eines mit mehr als 10 % beteiligtem Gesellschafter entsprechen74. Auf eine bloße vermögensmäßigen Beteiligung in mehr als zehnprozentiger Höhe bei entsprechend geringerem Einfluss des Stillen im Innenverhältnis lasse sich der Ausschluss des Kleinbeteiligungsprivilegs nicht stützen75, da mit der rein vermögensmäßigen Beteiligung entsprechende Mitwirkungsrechte nicht zwingend korrespondieren. Diese sind aber Voraussetzung, um eine stille Beteiligung als „eigenkapitalersetzend“ qualifizieren zu können (siehe Rz. 16.18). Teilweise wird in § 39 Abs. 5 InsO aber auch eine widerlegliche Vermutung gesehen, so dass das Kleinbeteiligungsprivileg auch dann entfallen kann, wenn die Beteiligungsschwelle von mehr als 10 % nicht überschritten ist, die Beteiligungsrechte aber denjenigen eines mit mehr als 10 % beteiligtem Gesellschafter entsprechen76. Allerdings führt dieser Ansatz dazu, dass die mit der Typisierung bezweckte Rechtssicherheit konterkariert würde, wenn vom Mindesterfordernis einer zehnprozentigen Beteiligung vom Stammkapital abgesehen würde. Eine Einschränkung der Vorschrift auf solche Gesellschafter mit einer Beteiligung, wie sie typischerweise ein mit 10 % beteiligter Gesellschafter innehat, muss daher ausscheiden77. Gilt diese Typisierung bei der GmbH, muss sie auch dem mit weniger als 10 % vermögensmäßig beteiligten stillen Gesellschafter zugutekommen. Der stille Gesellschafter darf darüber hinaus nicht als geschäftsführend angesehen werden. Ist der stille Gesellschafter nicht formaler Geschäftsführer, wird man von einer Geschäftsführung nur dann ausgehen können, wenn er über solche Einflussmöglichkeiten wie ein Geschäftsführer verfügt78. Auch das Sanierungsprivileg des § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO findet auf einen Erwerber, der eine atypisch stille Beteiligung erwirbt, Anwendung. Die Vorschrift spricht zwar einerseits von dem Erwerb von Anteilen durch einen Darlehensgeber, andererseits aber vom Gläubiger eines Anspruchs i.S. von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Auch dem Darlehensgeber, der eine atypische stille Beteiligung erwirbt, muss daher das Sanierungsprivileg zugutekommen. Eine Schlechterstellung gegenüber dem Erwerb von Anteilen erscheint nicht gerechtfertigt79.

16.43

frei

16.44

74 Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, 4. Aufl. 2002, § 32a GmbHG Rz. 99 (§ 32a GmbHG ist 2008 weggefallen); Pentz, GmbHR 1999, 437 (447); Landsmann, Die stille Gesellschaft in der Insolvenz, S. 112 f. 75 So aber von Gerkan/Hommelhoff, Handbuch des Kapitalersatzrechts, Rz. 3.22. 76 Haas, ZInsO 2007, 617 (620); Haas/Kolmann/Pauw in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 92 Rz. 414. 77 Zutreffend K. Schmidt in Scholz, 10. Aufl. 2006, §§ 32a, b GmbHG Rz. 198, 200. Keine Bedenken hingegen unter dem Aspekt der Rechtssicherheit Haas, ZInsO 2007, 617 (620). 78 Landsmann, Die stille Gesellschaft in der Insolvenz, S. 112. 79 von Gerkan/Hommelhoff, Handbuch des Kapitalersatzrechts, Rz. 4.26; Landsmann, Die stille Gesellschaft in der Insolvenz, S. 113 f.; Habersack, ZIP 2007, 2145 (2148).

Kauffeld | 417

§ 16 Rz. 16.45 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

II. Insolvenz des Geschäftsinhabers 1. Die Auseinandersetzung a) Durchführung der Auseinandersetzung

16.45 Die Durchführung der Auseinandersetzung obliegt dem Insolvenzverwalter (§ 80 InsO, § 235 HGB), der dem stillen Gesellschafter gegenüber die Rechte und Pflichten wahrzunehmen hat, die bisher dem Inhaber des Handelsgewerbes zustanden. War im Gesellschaftsvertrag vorgesehen, dass der Inhaber zu bestimmten Rechtsgeschäften der Zustimmung des stillen Gesellschafters bedarf, so gilt diese Vereinbarung nicht gegenüber dem Insolvenzverwalter. Dagegen sind gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen über die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens auch für ihn verbindlich80. 16.46 Die Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft erfolgt nach h.A. nach § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO außerhalb des Insolvenzverfahrens81. Damit gilt die Verpflichtung des Insolvenzverwalters zur Aufstellung der Auseinandersetzungsrechnung als Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO und kann damit außerhalb des Insolvenzverfahrens im Wege der Auskunfts- und Stufenklage durchgesetzt werden. Hierdurch bleibt dem Stillen das Risiko der Forderungsanmeldung einer selbst berechneten Forderung und bei Widerspruch der Erhebung einer Feststellungsklage gemäß §§ 169 f. InsO erspart. Denn errechnet der Stille einen zu niedrigen Forderungsbetrag und wird diesem Forderungsbetrag widersprochen, könnte der Stille keinen höheren Betrag als den angemeldeten mehr geltend machen, § 181 InsO. Aber auch bei Anwendung des § 84 InsO auf stille Gesellschaften kann der Stille wegen seiner auf das Gemeinschaftsverhältnis gegründeten Forderungen kein Absonderungsrecht gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 InsO am Anteil des Geschäftsinhabers geltend machen82. 80 Im Übrigen gelten für die Ermittlung des Guthabens die Ausführungen unter Rz. 15.17 ff. 81 Für eine Anwendung von § 84 InsO Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 236 HGB Rz. 2; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 236 HGB Rz. 2; Eickmann in Heidelberger Komm/InsO, § 84 InsO Rz. 6; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 341 HGB Anm. 2, 7; Wagner, KTS 1979, 56; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 270. Gegen eine Anwendung von § 84 InsO eine im Vordringen befindliche Meinung in der Literatur unter Hinweis darauf, dass die stille Gesellschaft als reine Innengesellschaft nicht über ein Gesamthands- oder Gemeinschaftsvermögen verfügt, wie dies von § 84 InsO vorausgesetzt werde K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 12 f.; K. Schmidt, KTS 1977, 18; Gundlach/Frenzel/N. Schmidt, ZIP 2006, 501 (502 f.); Heckel, Innengesellschaften im Konkurs, S. 59–86, 155; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 236 HGB Rz. 12 ff.; Hirte in Uhlenbruck, § 84 InsO Rz. 6 unter Aufgabe der Auffassung in der 12. Aufl. Zur angeblich fehlenden Relevanz der Fragestellung Bergmann/Gehrlein in MünchKomm/InsO, 3. Aufl. 2013, § 84 InsO Rz. 12 f. Zum Nachteil, dass bei Nichtanwendung von § 84 Abs. 1 InsO der stille Gesellschafter nicht vor Anmeldung seiner Forderung nach Betrag und Rechtsgrund gegen den Insolvenzverwalter auf Feststellung eines bestimmten Guthabens oder auf Abrechnung klagen kann vgl. Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 236 HGB Rz. 18. 82 Vgl. BR-Drucks. 1/1992, S. 136; Koenigs, Die stille Gesellschaft, Die stille Gesellschaft, S. 308; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 270 ff.

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Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.50 § 16

Der von Wagner für den atypisch stillen Gesellschafter in der Insolvenz des Geschäftsinhabers (bei Massengesellschaften) vertretenen Gegenansicht kann nicht gefolgt werden. Wagner nimmt im Anschluss an das BGH-Urteil vom 24.9.195283 an, es müsse ein Gemeinschaftsvermögen fingiert werden, was zur Folge habe, dass der atypisch stille Gesellschafter seinen Anteil aussondern und wegen seiner auf das Gemeinschaftsverhältnis gegründeten Forderungen ein Absonderungsrecht am Anteil des Geschäftsinhabers geltend machen könne84. Wagner missversteht indessen den BGH, wenn er dessen Ausführungen zu einer Auseinandersetzung ohne Insolvenz auf die Auseinandersetzung gerade wegen der Insolvenz überträgt. Der BGH hat zwar festgestellt, dass die vereinbarte Beteiligung des Stillen bedeute, dieser müsse bei der Auseinandersetzung so gestellt werden, als ob er gesamthänderisch beteiligt wäre; es wurde aber betont, dass die Vereinbarung keine Außenwirkung habe85. In der Insolvenz des Geschäftsinhabers kommt es jedoch nicht auf die gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen, sondern auf das tatsächliche Vorhandensein eines Gemeinschaftsvermögens an, damit § 84 Abs. 1 Satz 2 InsO Anwendung finden kann. Ein Recht auf abgesonderte Befriedigung (§ 84 Abs. 1 Satz 2 InsO) steht dem Stillen damit in Ansehung seines Guthabens grundsätzlich86 nicht zu, da er am Geschäftsvermögen des Inhabers nicht dinglich beteiligt ist87.

16.47

§ 84 InsO ist auch keineswegs mit § 236 HGB austauschbar, da letzterer die Geltendmachung des Auseinandersetzungsguthabens betrifft, während es bei § 84 Abs. 1 Satz 2 InsO um die abgesonderte Befriedigung wegen der auf das Gemeinschaftsverhältnis gegründeten Forderungen geht. § 236 HGB ist auch nicht lex specialis gegenüber § 84 Abs. 1 Satz 2 InsO88. Findet § 236 HGB keine Anwendung, also in den Fällen, in denen die stille Einlage Eigenkapitalcharakter hat, so kommt auch nicht § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO zum Zuge89, vielmehr nimmt der Stille hinsichtlich seiner Einlage nur nach § 199 Satz 2 InsO an der Insolvenz teil90, die Einlage ist für ihn vollständig verloren.

16.48

Aus anderen Gründen kann der stille Gesellschafter aber ein Recht auf abgesonderte Befriedigung haben; so wenn ihm z.B. zur Sicherung seiner Vermögenseinlage oder seines Guthabens ein Pfandrecht bestellt oder Gegenstände sicherungsweise übereignet worden sind (§§ 49 ff. InsO)91.

16.49

Hatte der Stille dem Inhaber in Erfüllung seiner Einlagepflicht Sachen zum Gebrauch überlassen, so steht ihm in Ansehung dieser Sachen, die sein Eigentum geblieben

16.50

83 84 85 86

87 88 89 90 91

BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 175 (178). Wagner, KTS 1979, 53 (58). BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 175 (178). Nach Auffassung von K. Schmidt müssen für den Fall einer „Innen-KG“ Sonderregeln gelten, da dann das „Zweckvermögen“ als Gegenstand einer Verwaltungstreuhand und als virtuelle Gesamthand verwaltetes Sondervermögen der Aussonderung (§ 47 InsO) zugunsten des stillen Verbands unterliegt: K. Schmidt, NZG 2016, 641 (645) m.w.N. Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 270, 276. Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 270, 275 f. So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 38. Vgl. nur BGH v. 9.2.1981 – II ZR 38/80, ZIP 1981, 734 (735). Z.B. RG v. 1.5.1914 – II 21/14, RGZ 84, 434 (436).

Kauffeld | 419

§ 16 Rz. 16.50 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

sind, ein Aussonderungsrecht zu (§ 47 InsO)92. Ein Aussonderungsrecht hat der Stille aber dann nicht, wenn der den Gegenstand quoad dominum eingebracht hat. Trotz des Treuhandcharakters der Beteiligung hat der Stille keinen Rückübertragungsanspruch93. b) Höhe des Auseinandersetzungsanspruchs

16.51 Die Berechnung der Insolvenzforderung richtet sich im Wesentlichen nach den für die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens festgestellten Grundsätzen (vgl. hierzu Rz. 15.1 ff.). Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung des Guthabens ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, § 80 InsO. Bis dahin nimmt der stille Gesellschafter an Gewinn und Verlust des Handelsgewerbes teil, bis zu diesem Zeitpunkt fließen auch etwaige Schadensersatzansprüche des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber in das Guthaben mit ein. Die durch die Insolvenzeröffnung möglicherweise verursachte weitere Entwertung des Betriebsvermögens bleibt für die Berechnung seines Auseinandersetzungsguthabens außer Betracht. Wertveränderungen und Verluste, die bei der insolvenzmäßigen Verwertung des Geschäftsvermögens eintreten, belasten ihn nicht; sie gehen aber auch nicht zu seinem Vorteil94. Deshalb beeinflussen die Ergebnisse des vom Insolvenzverwalter fortgesetzten Geschäftsbetriebs, soweit es sich nicht um die Abwicklung schwebender Geschäfte handelt, das Guthaben des stillen Gesellschafters weder im günstigen noch im ungünstigen Sinne. Dasselbe gilt für einen dem Inhaber bewilligten Zwangsvergleich, der die Auseinandersetzung mit dem stillen Gesellschafter nicht berührt. Dagegen sind die im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung schwebenden Geschäfte i.S. der §§ 103 f. InsO bei der Auseinandersetzung mit dem Ergebnis zu berücksichtigen, das ihre Abwicklung durch den Insolvenzverwalter mit sich gebracht hat.

16.52 Die Abwicklung dieser Geschäfte vollzieht sich nach den §§ 103 ff. InsO. Danach kann der Insolvenzverwalter nach seiner pflichtgemäßen Entscheidung den noch schwebenden Vertrag an Stelle des Gemeinschuldners erfüllen und Erfüllung von dem anderen Teil verlangen oder die Erfüllung ablehnen. Im ersten Falle sind die Ansprüche aus zweiseitigen Verträgen, deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Verfahrens erfolgen muss, voll zu befriedigende Masseschulden (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO), wohingegen im Falle der Ablehnung der Vertragserfüllung Schadensersatzansprüche entstehen können, die als Insolvenzforderungen geltend zu machen sind und nur mit der Insolvenzquote befriedigt werden. Das kann für die Insolvenzmasse im einzelnen Falle günstiger sein als das Festhalten an der Vertragserfüllung. Es können sich daraus aber Nachteile für den stillen Gesellschafter, der an den Ergebnissen dieser Geschäfte beteiligt bleibt, ergeben, wenn sie zu den Verlusten führen, die er anteilig mitzutragen hat. Unter Berücksichtigung der Interessen des Insolvenzverwalters und des stillen Gesellschafters dürfte es der Bil92 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 2. 93 So zutreffend BGH v. 18.12.1954, BB 1955, 331. 94 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 236 HGB Rz. 20.

420 | Kauffeld

Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.54 § 16

ligkeit entsprechen, dass dem stillen Gesellschafter nur die Verluste angerechnet werden, die auch bei ordnungsgemäßer Abwicklung der schwebenden Geschäfte außerhalb des Insolvenzverfahrens entstanden wären95. Nimmt der Insolvenzverwalter die Berechnung des Guthabens nicht oder nicht rechtzeitig vor, kann der stille Gesellschafter gegen ihn auf Rechnungslegung und Vornahme der Auseinandersetzung klagen. Die Verpflichtung hierzu gilt nach wohl immer noch h.M. als Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 InsO)96. Er kann aber auch, wenn er dazu in der Lage ist, sein Guthaben selbst berechnen und den errechneten Betrag als Insolvenzforderung anmelden (§§ 174, 176 InsO). Damit setzt er sich jedoch der Gefahr aus, dass der Insolvenzverwalter oder die Insolvenzgläubiger Widerspruch erheben (§ 178 InsO) und dass er dadurch zur Feststellungsklage gemäß § 180 InsO gezwungen wird, mit der er keinen höheren als den angemeldeten Betrag geltend machen kann (§ 181 InsO). Es ist deshalb zweckmäßiger, gegen den Insolvenzverwalter auf Feststellung zu klagen, dass das Guthaben den errechneten Betrag erreicht bzw. mindestens in der errechneten Höhe besteht. Dann braucht die Anmeldung zur Insolvenztabelle erst vorgenommen zu werden, wenn das Feststellungsurteil rechtskräftig geworden ist97. Die Zulässigkeit der Feststellungsklage des Stillen hängt dabei von seinem Rechtsschutzbedürfnis i.S. des § 256 Abs. 1 ZPO ab.

16.53

c) Auseinandersetzungsguthaben Wurde das Guthaben rechtskräftig festgestellt, dann können die anderen Insolvenzgläubiger die angemeldete Forderung nicht mehr bestreiten. Ergibt die vom Insolvenzverwalter durchgeführte Berechnung für den stillen Gesellschafter ein Guthaben, so ist dieses eine echte Insolvenzforderung i.S. des § 38 InsO, die den gleichen Rang wie die anderen nicht bevorrechtigten Insolvenzforderungen hat und mit der sich nach Befriedigung aller bevorrechtigten Gläubiger ergebenden Insolvenzquote bedacht wird. Der stille Gesellschafter wird in der Regel nicht wie der Kommanditist erst nach allen anderen Insolvenzgläubigern befriedigt. Dies ist vielmehr nur dann der Fall, wenn im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vereinbart wurde, dass er seine Einlage erst nach Befriedigung der Gläubiger zurückfordern darf98 oder wenn die stille Einlage Eigenkapital darstellt99. Seine Vermögenseinlage ist nicht als Haftungsobjekt und Realsicherung für die Gläubiger des Inhabers gedacht.

95 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 19; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 236 HGB Rz. 21; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 305. 96 Haas/Mock in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 94 Rz. 187 m.w.N. zum Meinungsstand in Fn. 521. 97 Haas/Mock in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 94 Rz. 189; a.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 16; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 341 HGB Anm. 2. 98 BGH v. 1.3.1982 – II ZR 23/81, BGHZ 83, 341 (345) = WM 1982, 896 = ZIP 1982, 1077. 99 BGH v. 17.12.1984 – II ZR 36/84, NJW 1985, 1079 (1080) = BB 1985, 372.

Kauffeld | 421

16.54

§ 16 Rz. 16.55 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

2. Ansprüche des stillen Gesellschafters

16.55 Die Ansprüche des stillen Gesellschafters in der Insolvenz des Inhabers hängen im Wesentlichen von dem kapitalmäßigen Charakter der stillen Beteiligung ab100. Grundsätzlich ist die stille Einlage als Fremdkapital zu qualifizieren. Ausnahmsweise ist sie jedoch bei entsprechender atypischer Ausgestaltung wie ein Gesellschafterdarlehen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu behandeln oder sogar bei entsprechenden gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen als eigenkapitalähnlich einzustufen, wobei in Rechtsprechung und Lehre die Terminologie für das frühere Eigenkapitalersatzrecht oft missverständlich verwendet worden war101. Die Frage ist nicht ohne praktische Bedeutung, da stille Beteiligungen häufig gerade zur Sanierung von Unternehmen eingegangen werden, was eine differenzierte Betrachtung im Insolvenzfall erfordert. a) Anspruch auf Rückzahlung der stillen Einlage aa) Die stille Beteiligung mit Fremdkapitalcharakter

16.56 Das Insolvenzrisiko des stillen Gesellschafters – und zwar jedes stillen Gesellschafters – ist einheitlich geregelt. Der stille Gesellschafter ist gemäß § 236 Abs. 1 HGB Insolvenzgläubiger i.S. des § 38 InsO und steht damit deutlich besser als andere Gesellschafter. Er kann somit mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Einlage, soweit sie den Betrag des auf ihn entfallenden vertragsmäßigen Verlustanteils übersteigt102, als Insolvenzforderung geltend machen und muss diese gemäß §§ 174 ff. InsO beim Insolvenzverwalter anmelden. Anders als der Kommanditist haftet der stille Gesellschafter somit in der Insolvenz der Gesellschaft mit der den Verlustanteil übersteigenden Einlage nicht für die Geschäftsschulden und tritt insoweit nicht hinter die übrigen Gläubiger zurück, sondern kann seine Auseinandersetzungsforderung – ähnlich einem Darlehen – gleichrangig mit den übrigen Gläubigern geltend machen103. Er kann mit diesem Anspruch auch grundsätzlich gemäß § 94 InsO aufrechnen104, wenn die Gegenforderung bei Verfahrenseröffnung im Kern angelegt war105. Dadurch unterscheidet sich der stille Gesellschafter grundlegend von den Gesellschaftern der Handelsgesellschaften, deren Einlagen oder die an ihre Stelle tretenden Vermögenswerte die Insolvenzmasse bilden und deren Mitgliedschaftsrechte daher keine Insolvenzgläubigerrechte begründen.

100 Einführung in die Problematik bei Reusch, BB 1989, 2358; Habersack, ZHR 161 (1997), 457. 101 Nicht hinreichend nach dem Kapitalcharakter der stillen Einlage differenziert auch Renner, ZIP 2002, 1430. bei der Untersuchung der Folgen der Insolvenz des Geschäftsinhabers für die Stellung des atypisch stillen Gesellschafters. 102 Servatius in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 236 HGB Rz. 12 f. 103 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 93 Rz. 8. 104 BGH v. 21.3.1983 – II ZR 139/82, NJW 1983, 1855 (1856); Gottwald in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 45 Rz. 20 f. 105 BGH v. 14.12.1983 – VIII ZR 352/82, BGHZ 89, 189 (192); zur Aufrechnung des Stillen mit Schadensersatzansprüchen Rohlfing/Wegener/Oettler, ZIP 2008, 865 (867).

422 | Kauffeld

Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.60 § 16

Das gilt grundsätzlich auch für den schuldrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligten atypischen stillen Gesellschafter. Auch dessen Rückforderungsanspruch bildet, soweit er die seine Garantiehaftung begrenzende Verlustbeteiligung übersteigt, grundsätzlich ein Gläubigerrecht, das als Insolvenzforderung geltend gemacht werden kann. Auch Schadensersatzansprüche des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber sind insoweit Insolvenzforderungen (vgl. auch Rz. 16.52)106.

16.57

§ 236 Abs. 1 HGB enthält nachgiebiges Recht; es können also die Gläubiger besser und der Stille schlechter gestellt werden als die gesetzliche Regelung107.

16.58

Ergibt die gemäß § 235 Abs. 3 HGB durchzuführende Abrechnung für den stillen Gesellschafter einen Gewinn, so muss er diesen als Insolvenzforderung anmelden (§§ 174 ff. InsO)108.

16.59

Bei typisch stillen Gesellschaften ist ungeklärt, ob auch ratierlich zu erbringende und nicht rückständige Einlagen im Rahmen der Verlustbeteiligung gemäß § 232 Abs. 2, § 236 HGB in der Auseinandersetzung oder Insolvenz geleistet werden müssen. Der BGH hat diese Entscheidung in seinem Urteil vom 16.5.2017 für die gesetzestypische stille Beteiligung ausdrücklich offengelassen109.

16.60

Nach zutreffender Ansicht sind vereinbarte, aber noch nicht fällige Einlageraten nicht als „rückständig“ anzusehen und daher – auch bei grundsätzlicher Verlusttragungspflicht – nicht mehr zu leisten110. Nach anderer Auffassung ist die gesamte noch offene Einlageschuld des stillen Gesellschafters unabhängig von ihrer Fälligkeit „rückständig“ im Sinne von § 236 Abs. 2 HGB, kann aber vom Insolvenzverwalter erst bei Eintritt der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Fälligkeit verlangt werden111. Kann eine vereinbarte Fälligkeitsvoraussetzung wegen der Insolvenz des Geschäftsinhabers nicht mehr eintreten, sei die Einlage daher – selbst bei Verlusttragungspflicht – nicht mehr zu leisten112. In der Praxis werden die beiden vorstehenden Auffassungen kaum zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen, da die Parteien in der Regel im Gesellschaftsvertrag bestimmt haben, wofür die Einlagen der Stillen zu verwenden sind, nämlich zur Verwirklichung bestimmter Vorhaben. Insoweit besteht daher regelmäßig eine Zweckbindung, die als Bedingung in der Insolvenz des Geschäftsinhabers nicht mehr eintreten kann. Dieses hat zur Folge, dass eine Fälligkeit der noch nicht zu Finanzierungszwecken erbrachten Einlagen nicht mehr eintreten kann und daher der Stille auch nach der letztgenannten Auffassung trotz Verlusttragungspflicht nicht zu leisten braucht. OLG Stuttgart v. 7.1.1981 – 12 U 126/80, ZIP 1981, 135 (137). OLG Hamm v. 6.3.1996 – 8 U 155/95, WM 1997, 2323 (2324). Haas in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 94 Rz. 190. BGH v. 16.5.2017 – II ZR 284/15, NZG 2017, 907 (908) m.w.N. zum Streitstand. Servatius in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2019, § 235 Rz. 4a, § 236 Rz. 9; OLG München v. 30.4.2014 – 20 U 2169/13, BeckRS 2014, 21235, Rz. 59. 111 OLG Frankfurt v. 8.9.2003 – 1 U 205/02, OLGR 2004, 133 f.; Roth in Baumbach/Hopt, § 236 HGB Rz. 4; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 21 f. 112 OLG Brandenburg v. 9.6.2004 – 7 U 212/03, GmbHR 2004, 1390 (1391). 106 107 108 109 110

Kauffeld | 423

§ 16 Rz. 16.61 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

bb) Die stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter

16.61 Wenn und soweit der Einlage des stillen Gesellschafters nach den vertraglichen Vereinbarungen Eigenkapitalcharakter zukommt, findet die Einlage im Insolvenzverfahren keine Beachtung113. Wird die stille Beteiligung als eigenkapitalähnlich qualifiziert, ist ein Rückgriff auf § 236 HGB nicht möglich. Dies ergibt sich daraus, dass eine eigenkapitalähnliche stille Einlage entgegen dem in § 236 HGB geregelten Normalfall haftendes Kapital darstellt, das in der Insolvenz nicht geschmälert werden soll114. Kommt der gesamten übernommenen Einlage nach den vertraglichen Vereinbarungen von Beginn an Eigenkapitalcharakter zu, ist sie daher im Fall der Beendigung der Gesellschaft auch noch in vollem Umfang gemäß den vertraglichen Vereinbarungen zu entrichten115. 16.62 Aus diesem Grunde kann sich der stille Gesellschafter, der mit seiner Einlage säumig ist, nicht auf die Privilegierung des § 236 Abs. 2 HGB berufen. Die stille Einlage bleibt unbeschränkt wie eine Kommanditisteneinlage in der Insolvenzmasse. 16.63 Dem stillen Gesellschafter bleibt somit nur eine Auseinandersetzungsforderung nach Vollzug der Schlussverteilung gemäß § 199 InsO, wenn ein Überschuss an Barmitteln besteht116. Da die Erfüllung des Herausgabeanspruchs nunmehr Bestandteil der insolvenzrechtlichen Handlungspflichten des Verwalters ist, steht zu seiner Durchsetzung nicht mehr – wie früher – der ordentliche Rechtsweg offen. Der stille Gesellschafter kann sich hierzu nur der durch die InsO eröffneten Möglichkeiten bedienen117. cc) Die eigenkapitalersetzende stille Beteiligung

16.64 Zwischen den normalen Insolvenzforderungen nach § 38 InsO bei stillen Beteiligungen mit Fremdkapitalcharakter und der Befriedigung der Auseinandersetzungsforderungen stiller Gesellschafter bei stillen Beteiligungen mit Eigenkapitalcharakter aus dem Überschuss nach § 199 Satz 2 InsO führen eigenkapitalersetzende stille Beteiligungen zu nachrangigen Insolvenzforderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder nach § 39 Abs. 2 InsO. Bei der einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechenden stillen Einlage kann der stille Gesellschafter einen Rückforderungsanspruch hinsichtlich seiner erbrachten Einlage nur als nachrangiger Insolvenzgläubiger gel-

113 So im Grundsatz zutreffend Mylich, WM 2013, 1010 (1014). Die Maßgeblichkeit der vertraglichen Vereinbarung zu Recht hervorhebend Bitter, ZIP 2019, 146 (14). 114 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 6 f. 115 BGH v. 16.5.2017 – II ZR 284/15, NZG 2017, 907 (908). 116 Vgl. BGH v. 9.2.1981 – II ZR 38/80, NJW 1981, 2251 (2252). Gerade bei Publikumsgesellschaften kann die Liquidation u.U. auch einen Überschuss erwirtschaften, vgl. OLG Frankfurt v. 22.1.1980 – 22 U 190/78, WM 1981, 1371. 117 In Betracht kommt eine Verhängung von Zwangsgeld nach § 58 Abs. 2 InsO. Auch haftet der Verwalter bei schuldhafter Nichterfüllung der ihm gegenüber dem stillen Gesellschafter obliegenden Pflichten gemäß § 60 Abs. 1 InsO auf Schadensersatz, vgl. Nerlich/Römermann, § 199 InsO Rz. 10.

424 | Kauffeld

Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.66 § 16

tend machen. Gleiches gilt für Schadensersatzansprüche gegen den Inhaber118. Die Anmeldung nachrangiger Forderungen erfordert eine entsprechende Aufforderung durch das Insolvenzgericht gemäß § 164 Abs. 3 Satz 1 InsO119. Besteht die stille Beteiligung an einer GmbH und ist der stille Gesellschafter zugleich deren Gesellschafter, so wurde schon nach der früheren Rechtslage § 236 HGB durch § 32a Abs. 1, 3 GmbHG a.F. überlagert. Voraussetzung war, dass die Einlage des stillen Gesellschafters oder sonstige Leistungen in einem Zeitpunkt gewährt wurden, in dem ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten. Zwar erfasste § 32a Abs. 1 GmbHG a.F. nur Darlehen von Gesellschaftern; stille Beteiligungen entsprechen diesen aber wirtschaftlich, so dass gemäß § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG a.F. auf sie Abs. 1 in gleicher Weise angewendet werden konnte wie auf Gesellschafterdarlehen120. Stille Einlagen hatten demnach Eigenkapitalersatzfunktion, wenn sie einer GmbH gewährt wurden, die kreditunwürdig war, oder wenn sie zu deren Sanierung aufgebracht wurden121. Dem Gewähren stand das Stehenlassen einer solchen Beteiligung unter gewissen Umständen gleich122. Ob es sich um eine typische oder um eine atypische stille Beteiligung handelt, war unerheblich.

16.65

Nach dem Inkrafttreten des MoMiG sind Forderungen auf die Rückgewähr eines Darlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, nachrangig in der Insolvenz zu befriedigen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Auch unter der Geltung der Neuregelung ist davon auszugehen, dass eine atypisch stille Beteiligung bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Darlehen gleichzustellen ist123. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung kommt es für die Anwendung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO darauf an, dass die stille Beteiligung in der Weise atypisch ausgestaltet ist, dass dem Stillen im Gesellschaftsvertrag eine Rechtsstellung eingeräumt wird, die der Rechtsstellung eines Gesellschafters entspricht und damit dergestalt atypisch ausgestaltet ist, dass zugunsten des Stillen eine Gewinn und-/oder Vermögensteilhabe sowie der Möglichkeit der Einflussnahme auf die Geschäftsführung und die Gestaltung der Gesellschaft besteht124.

16.66

Wird dem Gesellschafter seine Einlage an ihn als still Beteiligten zurückgewährt, muss er die Einlage der Gesellschaft zurückgewähren (§ 143 Abs. 1 Satz 1 InsO), wenn die 118 BGH v. 1.3.1982 – II ZR 23/81, BGHZ 83, 341 (344). 119 OLG Köln v. 27.10.2011 – 18 U 43/11, BeckRS 2011, 26392, S. 4. 120 So ausdrücklich § 32a Abs. 7 RegE 1977; BReg-Drucks. 404/77 = BT-Drucks. 8/3908, S. 10, 40; Ausschussbericht v. 16.4.1980, BT-Drucks. 8/3908, S. 73 f.; K. Schmidt in Scholz, 10. Aufl. 2006, §§ 32a, 32b GmbHG Rz. 127. Hingegen können kapitalersetzende Darlehen nicht ohne Weiteres dogmatisch als stille Beteiligungen eingeordnet werden, so aber Mincke, ZGR 1987, 521; zutreffend Landsmann, Die stille Gesellschaft in der Insolvenz, S. 125 ff. 121 Zu den Merkmalen der Kreditunwürdigkeit und der Sanierungsfunktion vgl. K. Schmidt in Scholz, 10. Aufl. 2006, §§ 32a, 32b GmbHG Rz. 38 ff. 122 Vgl. hierzu K. Schmidt in Scholz, 10. Aufl. 2006, §§ 32a, 32b GmbHG Rz. 47 ff. 123 Begründung des RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 138; ausführlich Mylich, ZGR 2009, 474 (499 f.); teilweise abweichend Mock, DStR 2008, 1645. 124 Bitter, ZIP 2019, 146 (154), m.w.N. (Fn. 102), eingehend bereits Rz. 16.28.

Kauffeld | 425

§ 16 Rz. 16.66 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Rechtshandlung gemäß § 135 Abs. 1 InsO angefochten worden ist. Der Bundesgerichtshof behandelt die Einlage des Stillen, soweit die Voraussetzungen des § 135 Abs. 1 InsO vorliegen, als Gesellschafterdarlehen und nicht als Eigenkapital125.

16.67 Das Recht des Kapitalersatzrechts wurde durch das MoMiG zudem rechtsformneutral in die InsO überführt, so dass die vorstehenden Regeln nunmehr nicht nur für die GmbH, sondern für alle Gesellschaftsformen gemäß § 39 Abs. 4 InsO gelten. Ob eine stille Beteiligung den Doppeltatbestand aus variabler Erlösbeteiligung und Einflussnahmemöglichkeit erfüllt, hängt von der Rechtsform derjenigen Gesellschaft ab, an der sich der Stille beteiligen will. Bei einer KG muss die eingeräumte Erlösbeteiligung und Einflussnahmemöglichkeit den Minimalanforderungen genügen, die zugunsten eines Kommanditisten bei einer KG bestehen126. 16.68 Gemäß § 39 Abs. 4 InsO gilt die Nachrangwirkung auch für solche Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Erfasst werden daher auch stille Beteiligungen an einer KG oder OHG ohne natürliche Person als persönlich haftendem Gesellschafter, wenn der stille Gesellschafter zugleich Gesellschafter der KG oder der OHG ist. 16.69 Die Regelungen über Gesellschafterdarlehen gelten dann nicht, wenn die Voraussetzungen des § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO (Sanierungsprivileg) vorliegen oder der Gesellschafter weder geschäftsführend tätig ist noch mit mehr als 10 % am Haftkapital beteiligt ist (§ 39 Abs. 5 InsO). 16.70 Effektiver Schutz vor Umgehung durch Splitten der Kapitalbeteiligungen lässt sich an dieser Stelle nicht mit Hilfe einer teleologischen Reduktion des § 39 Abs. 5 InsO auf die Fälle, in denen der Kleinanleger keinerlei unternehmerische Einflussmöglichkeit hat, erreichen, da insoweit das eindeutige positive Recht entgegensteht. Gesetzesnah und daher vorzuziehen ist eine Einschränkung des Anwendungsbereichs über eine Zurechnungskasuistik127. § 39 Abs. 5 InsO ist nicht anwendbar, wenn die Summe der einem Gesellschafter zugerechneten Gesellschaftsanteile die Mindestbeteiligung von 10 % übersteigt, sowie wenn ein Nicht-Geschäftsführer maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung hat. Dagegen muss das Kleinbeteiligungsprivileg Anwendung finden, wenn z.B. die Anteilsverkleinerung durch Rechtsnachfolge erfolgt. 16.71 Nach der früheren Rechtslage waren nach den sog. Rechtsprechungsregeln auf eigenkapitalersetzende stille Beteiligungen die Vorschriften der §§ 30, 31 GmbHG anwendbar128. Die Vorschriften über die Kapitalerhaltung finden jedoch nach der neuen Rechtslage keine Anwendung mehr auf die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen

125 BGH v. 28.6.2012 – IX ZR 91/11, NZI 2012, 860 (861); hierzu kritisch Mylich, WM 2013, 1010 (1013 ff.), der gegen einen Rückgriff auf § 39 InsO ist und stattdessen auf eine Eigenkapitalerweiterung verweist. Hierzu auch K. Schmidt, JuS 2012, 1131 (1132). 126 Überzeugend Bitter, ZIP 2019, 146 (155). 127 K. Schmidt, GmbHR 1999, 1269 (1270). 128 Vgl. hierzu die 6. Aufl., Rz. 17.21 ff.

426 | Kauffeld

Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.75 § 16

oder die Befriedigung von Forderungen, die diesen wirtschaftlich entsprechen (§ 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n.F.)129. Der Ausschluss der stillen Beteiligung von der Teilnahme am Insolvenzverfahren gemäß § 236 Abs. 1 HGB kann auch unabhängig vom Willen der Beteiligten kraft Gesetzes erfolgen.

16.72

Ist die Nachrangigkeit des Auseinandersetzungsanspruchs vereinbart worden, so hängt von der Auslegung des Rangrücktritts ab130, ob die Rückzahlungsforderung den Rang nach § 39 Abs. 2 InsO oder einen dem Gesellschafterdarlehen gleichen Rang nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO hat. Soweit der Rangrücktritt nur dokumentieren soll, dass die Forderung als Eigenkapitalersatz zu behandeln ist, ist von einer Gleichrangigkeit mit Forderungen vom Rang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO auszugehen. Gelangt man durch Auslegung zu keinem Ergebnis, so gilt die Auslegungsregel des § 39 Abs. 2 InsO. Danach ist im Zweifel der Rückforderungsanspruch nach den nachrangigen Insolvenzforderungen des § 39 Abs. 1 InsO geltend zu machen. Eine Anfechtung ist dann sowohl nach § 135 als auch nach § 136 InsO möglich131. Wird allerdings der Nachrang der stillen Beteiligung aufgehoben, kommt nur eine Anfechtung nach § 136 InsO in Betracht132. Hat der typische stille Beteiligte zusätzlich ein Nachrangdarlehen gewährt und stehen ihm umfassende Befugnisse zu, die über § 233 HGB hinausgehen, kommt eine analoge Anwendung von § 136 InsO auch auf die Rückzahlung des Nachrangdarlehens in Betracht133.

16.73

dd) Der stille Gesellschafter im Insolvenzplanverfahren Der typische stille Gesellschafter in Gestalt eines Fremdkapitalgebers nimmt als Gläubiger am Insolvenzplanverfahren teil. Der typische stille Gesellschafter gehört zur Gruppe der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger. Besteht eine Verlustbeteiligung, so kann gemäß § 226 Abs. 2 InsO eine Unterscheidung von sonstigen Fremdkapitalgebern gerechtfertigt sein. Im Übrigen sind die §§ 224, 226, 245 InsO zu beachten.

16.74

Ist die stille Beteiligung einem Gesellschafterdarlehen vergleichbar, so wird der stille Gesellschafter als nachrangiger Gläubiger nur dann am Insolvenzplanverfahren beteiligt, soweit seine Forderung nicht als durch den Insolvenzplan erlassen gilt (§ 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 InsO), wie dies die Regel ist (§ 225 Abs. 1 InsO). Als Haftungsverantwortlicher nimmt der stille Gesellschafter einer Beteiligung mit eigenkapitalähnlichem Charakter mangels Gläubigerforderung von vornherein nicht am Insolvenzplanverfahren teil.

16.75

129 130 131 132 133

So auch Mock, DStR 2008, 1645 (1648). K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 29. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 32. Krolop, ZIP 2007, 1738 (1741 f.). K. Schmidt, ZHR 140 (1976), 475 (490 f.); Krolop, ZIP 2007, 1738 (1743).

Kauffeld | 427

§ 16 Rz. 16.76 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

b) Schadensersatz für den Verlust der stillen Einlage

16.76 Sollte der Verlust der Einlage des stillen Gesellschafters auf einer Pflichtverletzung des Inhabers beruhen, kann der Stille den aus der Pflichtverletzung resultierenden Schadensersatzanspruch als Insolvenzforderung im Insolvenzverfahren geltend machen, soweit eine solche Geltendmachung nicht nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft gesperrt ist. Etwas anderes gilt auch dann, wenn die Einlage wie Eigenkapital zu behandeln ist. 3. Ansprüche gegen den stillen Gesellschafter a) Keine Haftung gegenüber Dritten

16.77 Unabhängig von der kapitalmäßigen Qualifikation der stillen Einlage haftet der stille Gesellschafter in der Insolvenz des Geschäftsinhabers gegenüber den Gläubigern nicht für die Verbindlichkeiten des Geschäftsinhabers des Handelsgeschäfts134. Für eine analoge Anwendung des § 171 HGB besteht kein Raum, weil Gläubiger des Unternehmers bezüglich der stillen Gesellschafter nicht durch die Bezeichnung der Gesellschaftsform des Unternehmers in Verbindung mit einer Handelsregistereintragung auf die Existenz von weiteren Gesellschaftern hingewiesen werden, die schutzwürdiges Vertrauen in die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft erzeugen könnten. Da die stille Gesellschaft eine reine Innengesellschaft ohne Gesamthandsvermögen und Registerpublizität ist, sind weder die §§ 709 bis 712 BGB noch die § 128, § 161 Abs. 2, § 171 HGB anwendbar (vgl. Rz. 12.65 ff.)135. 16.78 Der BGH hatte bereits früh entschieden, dass selbst ein atypisch stiller Gesellschafter im Außenverhältnis für die Verbindlichkeiten des Inhabers des Handelsgeschäfts grundsätzlich nicht persönlich haftet. Damit hat sich der BGH gegen früher in der Literatur vertretene Stimmen136 gewandt, die einen Gleichlauf von (Unternehmens-) Herrschaft und (Außen-)Haftung forderten137. Dies gilt selbst dann, wenn der stille Gesellschafter zum Generalbevollmächtigten ernannt und ihm die diesem besonderen Verhältnis zugrunde liegenden Pflichten übertragen werden138. 16.79 Für eine Außenhaftung des stillen Gesellschafters bedarf es daher immer eines besonderen Haftungsgrunds. Dieser kann etwa ein Schuldbeitritt, ein Bürgschaftsversprechen, eine Haftung nach § 311 Abs. 3 BGB oder ein sonstiger Rechtsschein zum Beispiel bei Auftreten des stillen Gesellschafters wie ein Gesellschafter einer OHG sein139.

134 BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, DStR 2010, 1489 (1489). 135 BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, DStR 2010, 1489; OLG Celle v. 29.10.2008 – 9 U 68/08, NZG 2009, 1075; Blaurock, NZG 2010, 974 (975); Berninger, DStR 2010, 2359. 136 Paulick, Handbuch der stillen Gesellschaft, 3. Aufl. 1981, § 9 II; H.-P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Personengesellschaftsrecht, 1970, 325. 137 Blaurock, NZG 2010, 974 f. 138 Vgl. hierzu Blaurock, NZG 2010, 974 f. 139 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 13; K. Schmidt, NZG 2009, 361; Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 27.

428 | Kauffeld

Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.84 § 16

b) Anspruch des Geschäftsinhabers auf Einzahlung rückständiger Einlagen aa) Die stille Beteiligung mit Fremdkapitalcharakter Weist das Einlagekonto des stillen Gesellschafters im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung einen Passivsaldo aus, so kommt es darauf an, ob er seine Vermögenseinlage voll erbracht hat oder ob er mit ihr im Rückstand ist. Hat er seine Einlage voll geleistet, braucht er den Passivsaldo nicht auszugleichen. Jedoch ist die Einlage i.H. des Verlustanteils endgültig für ihn verloren.

16.80

Ist die Einlage rückständig, so hat er sie bis zu dem Betrag, welcher zur Deckung seines Anteils am Verlust erforderlich ist, zur Insolvenzmasse einzuzahlen, sobald sie nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung fällig ist140. Die Leistung kann nicht deshalb verweigert werden, weil aus noch schwebenden Geschäften ein Gewinnanteil zu erwarten ist. Der stille Gesellschafter kann allenfalls gemäß § 95 InsO aufrechnen, wobei gemäß § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO sein Gewinnanspruch nicht später als der Einlageanspruch fällig sein darf.

16.81

Eine Vereinbarung, wonach der stille Gesellschafter am Verlust überhaupt nicht oder nur in geringerem Maße als am Gewinn beteiligt ist, behält auch im Insolvenzverfahren ihre Wirksamkeit. Nur ein speziell auf den Insolvenzfall beschränkter Verlustbeteiligungsausschluss ist unwirksam. Das ist im Interesse der Insolvenzgläubiger zwingendes Recht. Es kann durch den Gesellschaftsvertrag dem stillen Gesellschafter gegenüber den Insolvenzgläubigern keine Sonderstellung eingeräumt werden. Deshalb ist die Vereinbarung, dass ihm für den Fall der Insolvenzeröffnung die Verpflichtung zur Leistung der rückständigen Einlage erlassen sein soll, dem Insolvenzverwalter gegenüber unwirksam. Dagegen sind, weil dadurch die Interessen der Insolvenzgläubiger nicht beeinträchtigt werden, gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen zulässig und rechtswirksam, durch die die Pflichten des stillen Gesellschafters im Insolvenzverfahren erweitert werden, z.B. die Vereinbarung, dass er abweichend von der Regelung des § 236 Abs. 1 HGB erst nach allen anderen Insolvenzgläubigern befriedigt werden soll (vgl. § 10 Abs. 4 Satz 1 KWG betr. das haftende Eigenkapital) oder dass er über seine Vermögenseinlage hinaus zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger beschränkt oder unbeschränkt Zuschüsse zu leisten habe. Unberührt bleiben auch Vereinbarungen, die sich nicht auf das Auseinandersetzungsverfahren, sondern auf die Berechnung des Guthabens beziehen.

16.82

Der BGH141 hat jedoch klargestellt, dass eine Verlustzuweisung sowie deren buchhalterische Ausweisung als Forderung gegen den stillen Gesellschafter allein noch kein Anerkenntnis einer Nachschusspflicht entgegen § 232 Abs. 2 HGB und somit keine klagbare Forderung gegen den stillen Gesellschafter darstellt.

16.83

Soweit die rückständige Einlage nicht zur Verlustdeckung benötigt wird, braucht sie nicht erbracht zu werden – auch nicht, wenn sie bereits vor Insolvenzeröffnung fällig

16.84

140 Str., wie hier Roth in Baumbach/Hopt, § 236 HGB Rz. 4; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 310; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 22; a.A. Geßler in Schlegelberger, 4. Aufl. 1988, § 341 HGB Rz. 4; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 341 HGB Anm. 5. 141 KG v. 3.7.1998 – 14 U 8243/96, NZG 1999, 23.

Kauffeld | 429

§ 16 Rz. 16.84 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

und der stille Gesellschafter im Verzuge war. Gegenüber dem Anspruch des Insolvenzverwalters auf Leistung der rückständigen Einlage könnte der stille Gesellschafter mit seinem Rückzahlungsanspruch aufrechnen.

16.85 Hieraus ergibt sich, dass die Einbuße des stillen Gesellschafters im Insolvenzfall umso größer ist, je mehr er auf seine Einlage eingezahlt hat142. Vgl. dazu die folgenden von Hueck gebildeten Beispiele: a) Einlage 100.000 Euro; Verlustanteil laut Gesellschaftsvertrag 1/5 Verlust 200.000 Euro. Guthaben des stillen Gesellschafters 60.000 Euro. Insolvenzdividende 20 % Insolvenzquote 12.000 Euro. Einbuße des stillen Gesellschafters 88.000 Euro. b) Ist die Einlage noch nicht eingezahlt, dann braucht der stille Gesellschafter nur seinen Verlustanteil i.H. von 40.000 Euro einzuzahlen. Seine Einbuße ist gegenüber a) um 48.000 Euro geringer. c) Hatte der stille Gesellschafter 60.000 Euro eingezahlt, so verbleibt ihm nach Abzug seines Verlustanteils von 40.000 Euro ein Guthaben von 20.000 Euro, auf das er 4000 Euro Insolvenzdividende erhält. Einbuße 56.000 Euro. bb) Die stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter

16.86 Hat die rückständige stille Einlage jedoch eigenkapitalähnlichen Charakter, dann muss sie, soweit sie zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist, in die Insolvenzmasse geleistet werden, und zwar in voller Höhe und unabhängig von der Höhe der Verlustanteile des Stillen143. Entsprechend ist der atypisch stille Gesellschafter, der sich zu einer ratenweise zu erbringenden Einlage verpflichtet hatte, bei Beendigung der Gesellschaft zur Zahlung seiner noch nicht erbrachten Einlageraten einschließlich der im Beendigungszeitpunkt noch nicht fälligen Raten jedenfalls zu den vertraglichen Fälligkeitsterminen verpflichtet, soweit seine Einlage zur Befriedigung der Gläubiger des Geschäftsinhabers benötigt wird144. Dies ergibt sich daraus, dass eine eigenkapitalähnliche stille Einlage entgegen dem in § 236 HGB geregelten Normalfall haftendes Kapital darstellt, das in der Insolvenz nicht geschmälert werden soll145. Wird die stille Beteiligung als eigenkapitalähnlich qualifiziert, ist ein Rückgriff auf § 236 HGB nicht möglich. Aus diesem Grunde kann sich der stille Gesellschafter, der mit seiner Einlage säumig ist, nicht auf die Privilegierung des § 236 Abs. 2 HGB berufen146. Die Einlage ist so zu leisten, wie es im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. Ist der stille Gesellschafter zur Leistung seiner Sacheinlage verpflichtet, so verwandelt sich diese wegen der In-

142 143 144 145 146

Hueck/Windbichler, 21. Aufl. 2008, Gesellschaftsrecht, § 18 Rz. 17. BGH v. 16.5.2017 – II ZR 284/15, NZG 2017, 907 (908) = ZIP 2017, 1365. BGH v. 16.5.2017 – II ZR 284/15, NZG 2017, 907 (908) = ZIP 2017, 1365. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 8. BGH v. 9.2.1981 – II ZR 38/80, NJW 1981, 2251 (2252) = WM 1981, 761 = ZIP 1981, 734; BGH v. 17.12.1984 – II ZR 36/84, NJW 1985, 1079 = BB 1985, 372 = ZIP 1985, 347; zuletzt ausdrücklich bestätigt durch BGH v. 16.5.2017 – II ZR 284/15, NZG 2017, 907 = ZIP 2017, 1365.

430 | Kauffeld

Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.88 § 16

solvenzeröffnung nicht in eine Geldeinlage147. Die stille Einlage mit Eigenkapitalcharakter bleibt entsprechend § 30 GmbHG, § 172 HGB unbeschränkt der Insolvenzmasse verhaftet. Bei einer GmbH & Still ergeben sich bei kapitalsicherungswidrigen Rückzahlungen Ansprüche entsprechend § 31 GmbHG. Unter Umständen muss die Einlage nach Insolvenzeröffnung in voller Höhe und unabhängig von einer vertraglichen Verlustbeteiligung in die Insolvenzmasse einbezahlt werden, sofern dies für die Befriedigung der Insolvenzgläubiger nötig ist148. Bei Geschäftsinhabern mit anderer Rechtsform finden diese Grundsätze entsprechende Anwendung, so dass in der Regel kein Bedürfnis für eine entsprechende Anwendung des § 136 InsO besteht149. Trägt der Liquidator des Inhabers, soweit er dazu in der Lage ist, die Vermögensverhältnisse des Inhabers vor, liegt beim stillen Gesellschafter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Einzahlung der ausstehenden Einlage nicht erforderlich ist, um eine ordnungsgemäße Abwicklung zu gewährleisten150.

16.87

cc) Die eigenkapitalersetzende stille Beteiligung Ist der stille Gesellschafter mit seiner Einlage säumig, ist § 236 Abs. 2 HGB aufgrund des einem Gesellschafterdarlehen vergleichbaren Charakters nicht anwendbar. Mit dem Erlöschen der stillen Gesellschaft durch die Insolvenzeröffnung entfällt auch die Verpflichtung zur Einzahlung der säumigen Einlage. Die Qualifizierung als eigenkapitalersetzend führt dazu, dass die stille Beteiligung wie eine existenzerhaltende Eigenfinanzierung zu behandeln ist. Da aber die säumige Einlage nicht zugeführt wurde, wäre ein Einzahlungsanspruch nur begründet, wenn es eine Pflicht zur angemessenen Kapitalausstattung gäbe, die aber gerade nicht allein durch den eigenkapitalersetzenden Charakter bzw. die Gleichsetzung mit einem Gesellschafterdarlehen begründet wird. Demnach kann der Insolvenzverwalter die ausstehende Einlage nicht einfordern151. Gerade hierin besteht ein bedeutsamer Unterschied zu stillen Beteiligungen mit Eigenkapitalcharakter. Dort können ausstehende Einlagen eingefordert werden, wenn es zur Gläubigerbefriedigung notwendig ist (siehe Rz. 16.86).

16.88

frei

16.89

147 A.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 18, § 235 HGB Rz. 34. 148 BGH v. 17.12.1984 – II ZR 36/84, WM 1985, 284; BGH v. 5.11.1979 – II ZR 145/78, WM 1980, 332; BGH v. 28.6.1999 – II ZR 272/98, DB 1999, 1647 (1648); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 41 f. 149 Ähnlich K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 34, der allerdings mit der bloßen Gleichstellung der atypischen stillen Einlage mit Eigenkapitalcharakter das rechtspolitische Bedürfnis nach Insolvenzhaftung für nicht befriedigt hält und daher einen Anwendungsbereich des § 136 InsO sieht. 150 BGH v. 5.11.1979 – II ZR 145/78, WM 1980, 332 (332 f.); BGH v. 3.7.1978 – II ZR 54/ 77, WM 1978, 898 (899) zur Kommanditeinlage. 151 OLG Hamm v. 3.5.1993 – 8 U 184/92, ZIP 1993, 1321 (1322); Blaurock, Anm. zu LG Essen v. 24.7.1992 – 42 O 74/92, WuB II H. § 236 HGB 1.93.

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§ 16 Rz. 16.90 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

4. Die Insolvenzanfechtung

16.90 Nur selten findet der Insolvenzverwalter die Insolvenzmasse unverkürzt vor. Schuldner, denen der Zusammenbruch droht, verschieben oder verschleudern häufig Vermögensstücke, um mit dem Erlös zu flüchten, um sie für ihre Familie zu retten oder um ihnen nahe stehende Gläubiger zu begünstigen. 16.91 Dem begegnet der Gesetzgeber mit der in der InsO geregelten Insolvenzanfechtung, die eine die Gläubiger benachteiligende Rechtshandlung voraussetzt (§ 129 InsO), die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt ist und den Insolvenzgläubigern zum Nachteil gereicht, d.h. im Erfolgsfalle ihren Zugriff vereitelt oder schmälert. Diese allgemeine Voraussetzung der Anfechtbarkeit ergibt sich aus dem Anfechtungszweck und steht zur Beweislast des Insolvenzverwalters, der den Rückgewähranspruch nach § 143 InsO erhebt. Der Benachteiligungsvorgang löst die Anfechtbarkeit aber nur aus, wenn er sich unter bestimmten erschwerenden Umständen vollzieht (§§ 130 bis 136 InsO). 16.92 Die „besondere Insolvenzanfechtung“ oder Krisenanfechtung (§§ 130 bis 132 InsO) beruht auf dem Gedanken, dass das Vermögen des Schuldners, sobald er erkennbar insolvenzreif geworden ist, der Gesamtheit seiner persönlichen Gläubiger unter Verlustgemeinschaft verfangen sein soll. Danach sind aufgrund der zeitlichen Nähe zum Insolvenzverfahren solche Rechtshandlungen anfechtbar, die bei Zahlungsunfähigkeit oder nach Stellung des Eröffnungsantrags (§ 13 InsO) von dem Gemeinschuldner gegenüber einem Insolvenzgläubiger getätigt wurden, wenn es hierdurch zu einer Benachteiligung der übrigen Gläubiger kommt (§ 129 Abs. 1 InsO). Es wird bei den Voraussetzungen danach unterschieden, ob der Insolvenzgläubiger die Rechtshandlung bereits in dieser Art und zu dieser Zeit beanspruchen konnte (kongruente Deckung, § 130 InsO) oder nicht (inkongruente Deckung, § 131 InsO) oder ob das Rechtsgeschäft unmittelbar benachteiligend war (§ 132 InsO). 16.93 Daneben sieht § 133 InsO die sog. Absichtsanfechtung vor. Danach sind Rechtshandlungen anfechtbar, die der Gemeinschuldner während der letzten zehn Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach dem Eröffnungsantrag in der dem anderen Teil bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat. Anfechtbar sind auch absichtlich benachteiligende entgeltliche Verträge mit nahe stehenden Personen (§ 138 InsO), wenn der Vertragsabschluss nicht früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag liegt. 16.94 Weiterhin ist die sog. Schenkungsanfechtung geregelt (§ 134 InsO). Anfechtbar sind allgemein die in den letzten vier Jahren vor der Eröffnung des Verfahrens vorgenommenen unentgeltlichen Leistungen. Im Gegensatz zu Vorabgewinnen liegt bei Vorabvergütungen an den stillen Gesellschafter eine nach § 134 InsO anfechtbare unentgeltliche Leistung regelmäßig nicht vor. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich bei den Vorabvergütungen um ein gewinnunabhängiges Zahlungsversprechen als Gegenleistung für die Einlage handelt152. Ein solches liegt insbesondere dann vor, wenn dem 152 BGH v. 5.7.2018 – IX ZR 139/17, ZIP 2018, 1746; vgl. auch OLG Hamm v. 12.12.2016 – I-8 U 44/16, ZIP 2017, 1123.

432 | Kauffeld

Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.96 § 16

stillen Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag eine feste Mindestverzinsung seiner Einlage zugesagt wurde153. Eine unentgeltliche Leistung liegt ebenfalls dann nicht vor, wenn eine Auszahlung an einen stillen Gesellschafter erfolgt, mit der nach einer Kündigung der Gesellschaftsbeteiligung ein Auseinandersetzungsguthaben des stillen Gesellschafters ausgezahlt wird. Nach zutreffender Auffassung des BGH scheitert eine Insolvenzanfechtung nach § 134 InsO regelmäßig aber auch dann, wenn es sich nach der Auslegung des Gesellschaftsvertrags um Vorauszahlungen auf mögliche Gewinne handelt, die insolvente Gesellschaft zum Zeitpunkt der Auszahlung aber tatsächlich keine Gewinne mehr erwirtschaftet hatte und überschuldet war154. Eine unentgeltliche Leistung liegt auch in diesem Fall nicht vor, da dem stillen Gesellschafter bei einer rechtsgrundlosen Leistung eine die Zuwendung ausgleichende Verpflichtung in Form des bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruchs des Geschäftsinhabers entsteht. Als unentgeltliche Leistungen sind daher richtigerweise nur Zahlungen auf sogenannte Scheingewinne anzusehen, wenn der Geschäftsinhaber also wusste, dass kein Anspruch auf Auszahlung eines Gewinns bestand155. Allerdings ist aufgrund der Ausgestaltung der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft als Publikumsgesellschaft dann nicht § 31 GmbHG, sondern vielmehr § 62 AktG analog anzuwenden. Damit ist ein weitergehender Schutz des beim Empfang gutgläubigen Anlegers verbunden, da der bereicherungsrechtliche Rückforderungsanspruch des Geschäftsinhabers nach § 62 Abs. 1 Satz 2 AktG ausgeschlossen ist. Schließlich sieht § 135 InsO eine kapitalerhaltende Anfechtung vor, mit der die Sicherung oder Befriedigung eines Gläubigers eines Gesellschafterdarlehens oder von Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, angegriffen wird (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO).

16.95

a) Die Sonderregelung des § 136 InsO Die oben genannten Anfechtungstatbestände der §§ 130–135 InsO werden ergänzt durch die Anfechtbarkeit der Teilhaberbegünstigung gemäß § 136 InsO156. Die Vorschrift übernimmt im Wesentlichen den früheren § 236 HGB in die InsO. Sie hat ihren Grund in der Erwägung, dass der stille Gesellschafter vielfach zu dem Inhaber in einem Verhältnis steht, das es ihm ermöglicht, in dessen Vermögenslage Einblick zu nehmen157. Das bringt die Gefahr mit sich, dass er, wenn sich die Vermögensverhältnisse des Inhabers verschlechtern, seine Vermögenseinlage im Zusammenwirken mit

153 OLG Hamm v. 12.12.2016 – I-8 U 44/16, ZIP 2017, 1123. 154 So jedoch noch die Vorinstanz, OLG Oldenburg v. 24.5.2017 – 1 U 25/16, ZIP 2017, 1286 (1288). 155 BGH v. 5.7.2018 – IX ZR 139/17, ZIP 2018, 1746. 156 Die Regelung des § 136 InsO entspricht inhaltlich im Wesentlichen § 237 HGB a.F. 157 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 3; Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rz. 2; für zusätzliche Berücksichtigung unternehmerischer Chancen und Risiken Krolop, ZIP 2007, 1738 (1742); kritisch und für Aufhebung des § 136 InsO Florstedt, ZInsO 2007, 914 (917 f.).

Kauffeld | 433

16.96

§ 16 Rz. 16.96 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

diesem dem Zugriff der Gläubiger entzieht, um sich vor Verlusten zu schützen158. Die Insolvenzgläubiger haben dann unter den im Gesetz festgelegten Voraussetzungen die Möglichkeit, die Rückgewähr anzufechten. aa) Unabdingbarkeit

16.97 Da § 136 InsO eine im Interesse der Insolvenzgläubiger geschaffene Vorschrift ist, enthält sie zwingendes Recht, das nicht durch anderweitige Vereinbarungen der Beteiligten zum Nachteil der Insolvenzgläubiger ausgeschlossen oder eingeschränkt werden kann159. Wohl aber ist es zulässig, Vereinbarungen zu treffen, die den Insolvenzgläubigern über den § 136 InsO hinaus weitere Zugriffsmöglichkeiten eröffnen. bb) Verhältnis zu anderen Anfechtungsregeln

16.98 Das Anfechtungsrecht aus § 136 InsO steht selbständig neben den in §§ 130 ff. InsO geregelten übrigen Anfechtungstatbeständen160. Mit Hilfe dieses Anfechtungsrechts sollen dem Insolvenzverwalter zugunsten der Insolvenzgläubiger weitere Zugriffsmöglichkeiten verschafft oder erhalten werden. Die übrigen Anfechtungstatbestände (§§ 130 ff. InsO) können aber Bedeutung erlangen, wenn die Voraussetzungen des § 136 InsO nicht gegeben sind. Stützt der Insolvenzverwalter den anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch auf die §§ 130 ff. InsO, dann schlägt der Einwand aus § 136 Abs. 2 InsO nicht durch. Unberührt bleibt die Regelung des § 236 HGB161. Muss ein stiller Gesellschafter nach den §§ 130 ff. InsO seine Einlage wieder zurückzahlen, so hindert ihn das nicht, seine Forderung nach § 236 Abs. 1 HGB anzumelden. 16.99 Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Einlage des stillen Gesellschafters einem Gesellschafterdarlehen gleichzustellenden Charakter hat. Ist eine gleichgestellte Einlage dem stillen Gesellschafter vorher zurückgewährt worden, so ist dies gemäß § 135 InsO, § 6 AnfG anfechtbar. Die Anfechtung hat zur Folge, dass der stille Gesellschafter die Einlage seinerseits zurückgewähren muss, § 143 InsO, § 11 AnfG. Der stille Gesellschafter kann jedoch keine Forderung nach § 236 Abs. 1 HGB anmelden, da diese Regelung von den Vorschriften der InsO überlagert wird (siehe Rz. 16.65 f.). cc) Voraussetzungen der besonderen Insolvenzanfechtung gemäß § 136 InsO

16.100 Wie schon bei den übrigen Anfechtungsvorschriften, wird der Anfechtungszeitraum an den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens geknüpft. § 136 Abs. 2 InsO konkretisiert den Tatbestand dahingehend, dass nicht mehr allgemein auf Umstände abgestellt wird, die zur Insolvenz führen, sondern dass die Anfechtung ausgeschlos158 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 3; K. Schmidt, KTS 1977, 68; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 342 HGB Anm. 1. 159 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 5; Stöber in Westermann/Wertenbruch, Hdb. Personengesellschaften, Rz. I 233d. 160 Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rz. 16. 161 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 7; Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rz. 17.

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Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.105 § 16

sen ist, wenn erst nach der Vereinbarung ein Eröffnungsgrund (§§ 16 bis 19 InsO) eingetreten ist. dd) Vorliegen einer stillen Beteiligung Der Anfechtungsanspruch setzt zunächst eine stille Beteiligung voraus. Die stille Gesellschaft muss nur innerhalb des letzten Jahres vor Insolvenzeröffnung rechtswirksam bestanden haben. Im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder der Ausübung des Anfechtungsrechts braucht sie jedoch nicht mehr zu bestehen. Sie kann zu diesem Zeitpunkt bereits aufgelöst sein. Deshalb entfällt die Anfechtungsmöglichkeit gemäß § 136 InsO, wenn der Gesellschaftsvertrag nichtig war oder im Falle seiner Anfechtbarkeit vernichtet worden ist, es sei denn, dass die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft (siehe Rz. 11.1 ff.) entsprechende Anwendung finden162.

16.101

ee) Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Die Ausübung des Anfechtungsrechts aus § 136 Abs. 1 InsO setzt das Stellen des Antrags163 zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Inhabers voraus. Das Insolvenzverfahren darf noch nicht seinen Abschluss gefunden haben. Ist eine handelsrechtliche Personengesellschaft Inhaberin des Handelsgewerbes, so ist der Antrag auf das Insolvenzverfahren über deren Vermögen maßgeblich; ein Antrag auf Insolvenzeröffnung über das Vermögen eines Gesellschafters gewährt kein Anfechtungsrecht.

16.102

ff) Besondere Vereinbarung zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter Zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und dem stillen Gesellschafter müssen im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Vereinbarungen getroffen worden sein, durch die dem stillen Gesellschafter seine Einlage ganz oder teilweise zurückgewährt oder sein Anteil an dem entstandenen Verlust ganz oder teilweise erlassen worden ist. War die Übereinkunft schon früher erfolgt, ist sie aber erst im Insolvenzvorjahr ausgeführt worden, dann fehlt es an der Voraussetzung für die Anfechtung aus § 136 InsO.

16.103

Anfechtbar sind gemäß § 136 Abs. 1 InsO nur solche Rechtshandlungen, die auf einer „freiwilligen“ Vereinbarung beruhen, in Abgrenzung zu zwingenden Rückgewährtatbeständen (siehe Rz. 16.119 ff.). Anfechtbar ist daher auch diejenige Rückgewähr, die aufgrund der Vereinbarung im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt wurde (§ 141 InsO).

16.104

Anzufechten ist nicht die Vereinbarung der Rückgewähr der Einlage, sondern die darauf beruhende Rückgewähr selbst. Wenn nur eine Vereinbarung zur Rückgewähr oder zum Erlass des Verlustanteils getroffen, aber noch nicht ausgeführt worden ist,

16.105

162 BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8 f.). 163 Hierin besteht ein Unterschied zu § 237 HGB a.F., der auf die Eröffnung des Konkursverfahrens abstellte.

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§ 16 Rz. 16.105 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

besteht keine Anfechtungsmöglichkeit. Andererseits ist der Insolvenzverwalter weder berechtigt noch verpflichtet, die Vereinbarung auszuführen. Einem diesbezüglichen Verlangen des stillen Gesellschafters könnte er die Einrede der Arglist entgegenhalten.

16.106 Rückgewähr der Einlage liegt vor, wenn sie dem stillen Gesellschafter ganz oder teilweise aus dem Vermögen des Inhabers zurückgezahlt oder wenn die Rückzahlung durch einen Dritten für Rechnung des Inhabers erfolgt ist. Eine Rückgewähr der Einlage ist auch gegeben, wenn sie dem stillen Gesellschafter zwar nicht in Geld zugeflossen ist, wenn er aber andere Werte dafür erhalten hat. Deshalb ist auch in den Fällen der Aufrechnung oder der Leistung an Erfüllungs statt eine Rückgewähr der Einlage anzunehmen, denn auch hier wird die Insolvenzmasse geschmälert164. Der Rückgewähr gleichzustellen ist es, wenn die im Handelsgeschäft des Inhabers verbleibende Vermögenseinlage innerhalb der maßgeblichen Jahresfrist durch Bestellung von Pfandrechten oder Hypotheken oder im Wege der Sicherungsübereignung aus dem Vermögen des Inhabers gesichert worden ist, da durch diese zur abgesonderten Befriedigung berechtigenden Sicherungen die Insolvenzmasse benachteiligt wird165. Bestand dagegen die Einlage des stillen Gesellschafters in einer Gebrauchsüberlassung, so fällt die Rückgewähr der zum Gebrauch überlassenen Gegenstände nicht unter § 136 InsO, weil diese nicht zum beschlagnahmefähigen Vermögen des Inhabers gehörten. Der stille Gesellschafter hat insoweit ein Aussonderungsrecht gemäß § 46 InsO. 16.107 Wird die Vermögenseinlage im Wege der Novation in ein Darlehen umgewandelt, so liegt darin noch keine Rückgewähr166. Solange das Darlehen nicht zurückgezahlt und der Verlustanteil nicht erlassen ist, ist die Insolvenzmasse nicht benachteiligt, so dass ein Anfechtungsrecht nicht gegeben ist. Wird dagegen das Darlehen innerhalb des Insolvenzvorjahres zurückgezahlt, dann ist, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 136 InsO gegeben sind, die Rückgewähr anfechtbar. 16.108 Erfolgt die Rückgewähr der Einlage aufgrund eines rechtskräftigen Urteils oder im Wege der Zwangsvollstreckung, so ist sie anfechtbar, wenn der Rückgewähranspruch selbst auf einer besonderen Vereinbarung beruhte. 16.109 Der Rückgewähr der Vermögenseinlage stellt das Gesetz den ganzen oder teilweisen Erlass des Anteils am entstandenen Verlust gleich, wenn der stille Gesellschafter vertraglich am Verlust beteiligt ist. Aber auch bei Ausschluss der Verlustbeteiligung kann die vorzeitige Rückgewähr der Einlage angefochten werden, weil der Ausschluss der Verlustbeteiligung im Insolvenzverfahren keinen Anspruch auf die volle Rückzahlung der Einlage gewährt. Der Erlass künftiger Verluste fällt nicht unter § 136 InsO. Die Aufhebung der Verlustbeteiligung für die Zukunft begründet kein Anfechtungsrecht 164 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 12; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 316. 165 RG v. 1.5.1914 – II 21/14, RGZ 84, 434 (435); Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 128; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 315; Roth in Baumbach/Hopt, § 236 HGB Rz. 6. 166 So die h.A., vgl. nur K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 12 m.w.N. zum Meinungsstand in Fn. 23.

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Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.113 § 16

des Insolvenzverwalters167; unter Umständen kann aber eine Anfechtung gemäß §§ 130 ff. InsO in Betracht kommen. Der Erlass der Einlage selbst ist beim typischen stillen Gesellschafter keine gemäß § 136 Abs. 1 InsO anfechtbare Rechtshandlung. Bei gesetzestypischer Ausgestaltung der stillen Beteiligung riskiert der stille Gesellschafter außer den auf ihn entfallenden Verlustanteil immer nur die bereits erbrachte Einlage. Der Erlass kann sich jedoch wirtschaftlich als Erlass des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Verlustanteils darstellen, z.B. dann, wenn der stille Gesellschafter mit seiner Einlage im Rückstand ist und sein Einlagekonto einen Passivsaldo aufweist168.

16.110

Die Anfechtung kann auch dadurch begründet sein, dass dem stillen Gesellschafter Gewinne ausgezahlt werden, die zur Deckung früherer Verluste hätten verwendet werden müssen (§ 232 Abs. 2 HGB). Die Gewinnauszahlung steht in diesem Falle wirtschaftlich der teilweisen Rückgewähr der Einlage gleich.

16.111

gg) Gläubigerbenachteiligung Die Rechthandlung ist nur anfechtbar, wenn gemäß § 129 InsO die Gläubiger benachteiligt werden, indem die Insolvenzmasse verkürzt wird. Maßgeblich ist dafür die Differenzhypothese, d.h. die wirtschaftliche Betrachtung der Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger mit und ohne die Rechtshandlung169. Danach kann sogar eine bloße Erschwerung des Gläubigerzugriffs eine Gläubigerbenachteiligung darstellen170. Die Beweislast für die Gläubigerbenachteiligung trägt der Insolvenzverwalter171.

16.112

hh) Ausschluss der Anfechtbarkeit Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn die Insolvenz auf Umständen beruht, die erst nach Vereinbarung der Rückgewähr oder des Erlasses des Verlustanteils und unabhängig davon eingetreten sind (§ 136 Abs. 2 InsO), wenn z.B. die Insolvenz die Folge einer später unternommenen oder fehlgeschlagenen Spekulation oder die Folge des späteren plötzlichen Zusammenbruchs eines Geschäftspartners des Inhabers war. Die Neuregelung des § 136 Abs. 2 InsO ist gegenüber § 237 Abs. 2 HGB a.F. zwar eine Konkretisierung und soll somit handhabbarer für die Praxis sein, jedoch schränkt dies die Anfechtungsmöglichkeit mehr ein als zuvor172. Letztlich beruht dies auf dem Normzweck: § 136 InsO ist eine Variante der besonderen Insolvenzanfechtung, nicht der Absichtsanfechtung (§ 133 InsO). Es kommt daher auf die Insolvenz des Ge-

167 Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rz. 10; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 17. 168 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 15. 169 Huber in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rz. 51. 170 BGH v. 5.11.1980 – VIII ZR 230/79, BGHZ 78, 318 (328). 171 Huber in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rz. 51. 172 Vgl. Kreft in Heidelberger Komm/InsO, § 136 InsO Rz. 3.

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16.113

§ 16 Rz. 16.113 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

schäftsinhabers im Zeitpunkt der Rechtshandlungen an, nicht auf die Absichten der Beteiligten173.

16.114 Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 136 Abs. 2 InsO liegt beim stillen Gesellschafter174. Er muss den Nachweis führen, dass der Eröffnungsgrund ausschließlich durch Umstände verursacht worden ist, die nach dem Zeitpunkt der Vereinbarung eingetreten sind. Hat die Rückgewähr der Einlage, die ordnungsgemäß zur Verlustdeckung hätte verwendet werden müssen, zur Insolvenzeröffnung beigetragen, so ist die Anfechtung begründet. Sie kann nicht mit dem Einwand bekämpft werden, im Zeitpunkt der Vereinbarung habe ein Eröffnungsgrund noch nicht vorgelegen175. Eröffnungsgrund i.S. von § 136 Abs. 2 InsO ist nicht bloß die Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder die Überschuldung (§ 19 InsO), sondern es genügt bereits die drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO)176. 16.115 Die Anfechtung aus § 136 InsO ist zudem tatbestandlich ausgeschlossen, wenn die Rückzahlung nicht vom freien Willen des Geschäftsinhabers abhängt, sondern aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Rückgewährpflicht erfolgt177. Es besteht daher kein Anfechtungsrecht, wenn sich die Gewinnentnahme, Einlagenrückgewähr oder dingliche Sicherung bereits aus dem ursprünglichen Gesellschaftsvertrag oder einer länger als ein Jahr zurückliegenden Änderung desselben ergab. Kein Anfechtungsrecht besteht auch dann, wenn der Gesellschaftsvertrag erst im Insolvenzvorjahr abgeschlossen wurde178 und die stille Gesellschaft aus vertraglichen oder gesetzlichen Gründen – Tod des stillen Gesellschafters, Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen – aufgelöst wird. 16.116 Ebenso ist die Anfechtung ausgeschlossen, wenn der Gesellschaftsvertrag von Anfang an nichtig war oder rückwirkend vernichtet worden ist, der „stille Gesellschafter“ also seine Vermögenseinlage nicht als „Gesellschafter“, sondern z.B. gemäß §§ 812 ff. BGB zurückerhalten hat179. Dies gilt aber nicht, soweit die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft (siehe Rz. 11.1 ff.) entsprechend eingreifen180; jedoch schließt eine Kün-

173 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 21. 174 BGH v. 1.3.1982 – II ZR 23/81, BGHZ 83, 341 (346); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 25; Huber in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 50 Rz. 20. 175 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 22. 176 Gehrlein in MünchKomm/InsO, § 136 InsO Rz. 24; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 23; Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rz. 14. 177 BGH v. 27.11.2000 – II ZR 218/00, NJW 2001, 1270; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 18; Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rz. 5. 178 RG v. 1.5.1914 – II 21/14, RGZ 84, 434 (438); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 20. 179 RG v. 24.11.1914 – II 358/14, LZ 1915 Sp. 507; OLG Stuttgart v. 16.6.1999 – 20 U 5/99, OLGR Stuttgart 1999, 285. 180 Gehrlein in MünchKomm/InsO, § 136 InsO Rz. 5; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 19; Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rz. 4.

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Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.118 § 16

digung aus wichtigem Grund wegen der Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft wiederum die Freiwilligkeit der Rückzahlung und somit § 136 InsO aus181. Eine freiwillige Rückgewähr liegt weiterhin nicht vor, wenn ein gesetzliches oder vertragliches Kündigungsrecht, vor allem das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde, berechtigterweise ausgeübt wurde182, so dass § 136 InsO tatbestandlich nicht erfüllt ist. In diesem Fall würde auch die zugunsten des stillen Gesellschafters erfolgte Sicherungsübereignung keine anfechtbare Rückgewähr darstellen183. Wird in Anbetracht der Kündigungsmöglichkeit ein Vergleich geschlossen, so ist auch der Vergleichsanspruch nicht als freiwillige Rückgewähr anzusehen184. Das OLG Celle185 zog es zumindest in Betracht, das bloße Bestehen eines Kündigungsrechts ausreichen zu lassen, um § 136 InsO auszuschließen. Anders entschied dagegen mit Recht das OLG Hamm186. Ein § 136 InsO ausschließender Auszahlungsanspruch aufgrund eines Kündigungsrechts entsteht erst durch die Ausübung des Kündigungsrechts. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 136 InsO, der an eine Vereinbarung über die Einlagenrückgewähr anknüpft, die als solche wesensmäßig subjektive Gesichtspunkte in sich trägt, und nicht gänzlich durch das Vorliegen einer bestimmten materiellen Rechtslage ersetzt werden kann. Ob eine Ausübung vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln, § 133 BGB. Entscheidend hierbei ist, dass der anspruchsbegründende Willensakt des stillen Beteiligten in einem Zusammenhang mit dem Kündigungsrecht steht187. Hierbei müssen auch Erklärungen im Vorfeld einer späteren einvernehmlichen Vertragsauflösung berücksichtigt werden.

16.117

In den genannten Fällen ist die Rückgewähr der Vermögenseinlage nur eine Folge der Ausübung des Kündigungsrechts oder der Auflösung der Gesellschaft. Ob die Kündigung eine ordentliche oder eine solche aus wichtigem Grund war und ob der Inhaber

16.118

181 BGH v. 27.11.2000 – II ZR 218/00, NJW 2001, 1270; OLG Oldenburg v. 20.5.1999 – 1 U 24/99, NZG 1999, 896 (896 f.) m. Anm. Michalski/Schulenburg; OLG Stuttgart v. 16.6.1999 – 20 U 5/99, OLGR Stuttgart 1999, 285; OLG Düsseldorf v. 17.12.1998 – 6 U 193/97, NZG 1999, 652 m. Anm. Zeidler; OLG Celle v. 22.9.1999 – 9 U 1/99, NZG 2000, 85 (86) m. Anm. Sosnitza. 182 BGH v. 27.11.2000 – II ZR 218/00, DStR 2001, 266 (268); OLG Celle v. 22.9.1999 – 9 U 1/99, NZG 2000, 85 (86); OLG Oldenburg v. 20.5.1999 – 1 U 24/99, NZG 1999, 896 (897). 183 BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 = GmbHR 1971, 47 = WM 1971, 183; Preuß in Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kapitel 11 Rz. 12. 184 OLG München v. 23.7.1999 – 15 U 2827/99, NZI 2000, 180; OLG Oldenburg v. 20.5.1999 – 1 U 24/99, NZG 1999, 896 (897) (für Aufhebungsvertrag); Rohlfing/Wegener/Oettler, ZIP 2008, 865 (868); Preuß in Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kapitel 11 Rz. 16. 185 OLG Celle v. 22.9.1999 – 9 U 1/99, NZG 2000, 85 (86). 186 OLG Hamm v. 2.3.1999 – 27 U 257/98, NJW-RR 1999, 1415 (1417); zustimmend Preuß in Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kapitel 11 Rz. 17. 187 Dem Fall lag ein Aufhebungsvertrag zugrunde, der ausdrücklich durch „unvorhergesehenen Geldbedarf“ des stillen Gesellschafters motiviert war. Gleichzeitig war der durch eine erfolgte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung fehlerhafte Gesellschaftsvertrag kündbar. Der Aufhebungsvertrag und der Parteivortrag ließen jedoch keinen Zusammenhang zu dieser Kündigung wegen arglistiger Täuschung erkennen.

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§ 16 Rz. 16.118 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

des Handelsgeschäfts das Kündigungsrecht anerkannt oder bestritten hat, ist unerheblich, sofern nur die Kündigung nach dem Gesellschaftsvertrag oder nach dem Gesetz berechtigt war. War sie das nicht, hat sich aber der Inhaber mit ihr einverstanden erklärt, dann liegt allerdings eine Vereinbarung vor, die – wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind – zur Anfechtung berechtigt, denn hier wird dem stillen Gesellschafter auf Kosten der Insolvenzgläubiger ein Vorteil verschafft, auch wenn die Absicht der Gläubigerbenachteiligung nicht vorliegt.

16.119 Ebenso schließt allein das Bestehen eines Anfechtungsrechts des stillen Gesellschafters die Insolvenzanfechtung nach § 136 InsO nicht aus, wenn die Rückgewähr nicht auf der Anfechtung des stillen Gesellschaftsvertrags beruht. Zwar würde man in diesen Fällen entgegen den Grundsätzen zur fehlerhaften Gesellschaft statt eines außerordentlichen Kündigungsgrundes eine Rückwirkung der Anfechtung auf den Zeitpunkt der einvernehmlichen Vertragsauflösung annehmen müssen, da sich das Gesellschaftsverhältnis nach Vertragsauflösung und vor Ausübung des Anfechtungsrechts nicht mehr in Vollzug befindet. Jedoch sind hinsichtlich der Anfechtbarkeit die Grundsätze der hypothetischen Kausalität nur in engen Grenzen zu beachten188, da eine zu weitgehende Berücksichtigung hypothetischer Reserveursachen letzten Endes zur Aushebelung jeglicher Anfechtbarkeit führen würde189. Infolgedessen kann eine Reserveursache immer nur dann beachtlich sein, wenn sie erstens real (also nicht nur gedacht) ist, und wenn sie zweitens bei Fortfall gerade und nur der anfechtbaren Rechtshandlung den gleichen Nachteil wie diese herbeigeführt hätte190. Die Anfechtung des Gesellschaftsvertrags durch den stillen Gesellschafter führt aber bei Fortfall der vorherigen Vertragsauflösung aufgrund der dann wieder gegebenen Anwendbarkeit der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft lediglich zu einem außerordentlichen Kündigungsgrund und kann somit mangels Rückwirkung nicht den gleichen Nachteil herbeiführen wie die vorherige Vertragsauflösung. Eine Reserveursache in Gestalt einer späteren Anfechtung ist daher auch bei Berücksichtigung hypothetischer Kausalverläufe unbeachtlich. 16.120 Der Anfechtungsanspruch verjährt gemäß der Neufassung von § 146 Abs. 1 InsO nach den Verjährungsvorschriften des BGB (vgl. § 199 BGB). Die Geltendmachung der Anfechtung wird durch den Ablauf der Frist nicht gehindert (§ 146 Abs. 2 InsO). b) Die Durchführung der Insolvenzanfechtung

16.121 § 136 InsO kann nur im Insolvenzverfahren zur Anwendung kommen, nicht auch außerhalb des Insolvenzverfahrens zugunsten von Einzelgläubigern, weil es an einer mit § 6 AnfG vergleichbaren Regelung für stille Beteiligungen fehlt191. Das Anfechtungsrecht steht allein dem Insolvenzverwalter zu. Der Inhaber kann es nicht gel188 Dazu auch BGH v. 7.6.1988 – IX ZR 144/87, ZIP 1988, 1060 (1061); BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 153/93, ZIP 1995, 134 (137). 189 Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, § 129 InsO Rz. 26. 190 Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, § 129 InsO Rz. 26. 191 Zur Anfechtungsmöglichkeit gemäß § 6 AnfG bei einer einem Gesellschafterdarlehen vergleichbaren stillen Beteiligung, siehe Rz. 16.127 f.

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Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.124 § 16

tend machen und auf seiner Grundlage von ihm vorgenommene Rechtshandlungen anfechten, auch wenn er beabsichtigt, die dadurch in sein Vermögen zurückfließenden Werte seinen Gläubigern zur Verfügung zu stellen192. Anfechtungsgegner ist der stille Gesellschafter oder dessen Erbe (§ 145 InsO). Der Insolvenzverwalter kann das Anfechtungsrecht im Wege der Klage oder in Form einer unbefristeten Einrede oder Replik gegenüber dem Anspruch des stillen Gesellschafters geltend machen193. Die Klage geht auf Rückgewähr dessen, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Gemeinschuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, zur Insolvenzmasse (§ 143 InsO). Der Rückgewähranspruch ist ein Bestandteil der Insolvenzmasse. Der stille Gesellschafter ist verpflichtet, die Zugriffslage herzustellen, die bestehen würde, wenn die anfechtbare Handlung unterblieben wäre. Er muss also die in bar zurückgewährte Einlage zurückzahlen, bei Aufrechnung mit der Einlage diese erbringen, bei Erhalt einer Sicherheit diese aufgeben und den Gegenstand der Sicherung herausgeben. Im Falle des Erlasses des Verlustanteils muss er sich diesen von seinem Guthaben abschreiben lassen oder die rückständige Einlage zur Deckung des zu Unrecht erlassenen Verlustanteils leisten. Die Erstattung einer etwaigen Gegenleistung bestimmt sich nach § 144 Abs. 2 InsO (z.B. Herabsetzung der Gewinnbeteiligung gegen Verlusterlass). Andererseits leben nach erfolgter Rückgewähr die Forderungen des stillen Gesellschafters wieder auf (§ 144 Abs. 1 InsO).

16.122

Ist die stille Gesellschaft zugleich mit der Vereinbarung, auf der die angefochtene Rückgewähr beruht, aufgelöst worden, kann der stille Gesellschafter gemäß § 236 Abs. 1 HGB sein Guthaben in der im Auflösungszeitpunkt vorhandenen Höhe als Insolvenzforderung anmelden. Die spätere Entwicklung berührt die Höhe des Guthabens nicht, da die Auflösung durch die Anfechtung, die sich allein gegen die Rückgewähr der Vermögenseinlage oder den Erlass des Verlustanteils richtet, nicht beseitigt wird. Ist die stille Gesellschaft mit der Rückgewähr der Einlage nicht aufgelöst worden, so muss das Guthaben des stillen Gesellschafters auf den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung festgestellt werden.

16.123

c) Rückforderungsansprüche bei stillen Beteiligungen als Surrogat für Gesellschafterdarlehen aa) Innerhalb des Insolvenzverfahrens Unterliegt die stille Einlage den Vorschriften über Gesellschafterdarlehen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO), kommt neben § 136 InsO auch eine Anfechtung gemäß § 135 InsO in Betracht194. Das ist insbesondere wegen der nachrangigen Einordnung der sich daraus ergebenden Insolvenzforderung des stillen Gesellschafters gemäß § 39 InsO beacht-

192 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 26. 193 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 27. 194 Zeuner in Smid, § 135 InsO Rz. 57.

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16.124

§ 16 Rz. 16.124 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

lich195. Die weiterhin in § 135 InsO enthaltene Formulierung „gleichgestellte Forderung“ zielt auf § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO ab, so dass auch solche Forderungen in den Anwendungsbereich von § 135 InsO einbezogen werden, die wirtschaftlich einer Darlehensgewährung entsprechen. Dies trifft daher auch für eine einem Gesellschafterdarlehen gleichzusetzende stille Beteiligung des Gesellschafters an seiner Gesellschaft196 oder einem Dritten mit wesentlichem Einfluss auf die Gesellschaft zu197.

16.125 Nach § 135 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, wenn für die Forderung aus einem Darlehen i.S. von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder für eine gleichgestellte Forderung eine Sicherung in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag eine Sicherung gewährt (§ 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO) oder dem Gesellschafter in dem letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Befriedigung verschafft worden ist (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Damit können alle im letzten Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags erfolgten Rückzahlungen der stillen Einlage anfechtbar sein. Ebenso könnten die von dem stillen Gesellschafter oder von mit verbundenen Unternehmen parallel zur stillen Beteiligung gewährte Darlehen betroffen sein, so dass eine Anfechtung der im letzten Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags geleisteten Zahlungen oder der gewährten Sicherheiten droht. Voraussetzung ist hierfür, dass der stille Gesellschafter sowohl im Hinblick auf seinen Einfluss als auch im Hinblick auf seine vermögensmäßige Beteiligung einem offen beteiligten Gesellschafter vergleichbar ist198. Wann genau eine „wirtschaftliche Vergleichbarkeit“ besteht, ist nicht abschließend geklärt. Insoweit kommt es auf eine Gesamtbetrachtung an199, die sich an dem Leitbild der Gesellschafterstellung hinsichtlich des Geschäftsinhabers zu orientieren hat200. Bei Begründung einer typischen stillen Gesellschaft ist eine wirtschaftliche Vergleichbarkeit von vornherein zu verneinen, dieses ergibt sich bereits aus der Anwendbarkeit von § 236 HGB. In seiner Entscheidung vom 28.6.2012 hat der BGH festgehalten, dass der atypisch stille Gesellschafter einer GmbH & Co. KG mit seinen Ansprüchen wirtschaftlich dem Gläubiger eines Gesellschafterdarlehens entspricht, wenn in einer Gesamtbetrachtung seine Stellung nach dem Beteiligungsvertrag der eines Kommanditisten im Innenverhältnis weitgehend angenähert ist. Der Nachrang seiner Ansprüche in der Insolvenz der Geschäftsinhaberin kann danach jedenfalls dann bestehen, wenn im Innenverhältnis 195 Eingehend zu den unterschiedlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen von § 135 InsO und zu den §§ 130 ff. InsO Mylich, ZGR 2009, 474 (477 ff.). Diese Kriterien gelten teilweise auch für den Vergleich von § 135 und § 136 InsO. 196 Hat ein Gesellschafter zusätzlich zu seiner Beteiligung als Gesellschafter eine (typische) stille Beteiligung übernommen, stellt der Anspruch auf Rückgewähr der stillen Einlage eine einem Darlehen gleichgestellte Forderung dar: Damit sind Rückzahlungen anfechtbar nach § 135 Abs. 1 InsO, sofern die Beteiligung als Gesellschafter über das Kleinbeteiligungsprivileg des § 39 Abs. 5 InsO hinausgeht und kein Fall des § 39 Abs. 4 S. 2 InsO vorliegt: BGH v. 23.11.2017 – IX ZR 218/16, MDR 2018, 113 = GmbHR 2018, 151. 197 Zeuner in Smid, § 135 InsO Rz. 29, 57; Hess, § 135 InsO Rz. 91 ff. 198 Vgl. hierzu Manz/Lammel, GmbHR 2009, 1121 (1125). 199 BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 131/10, NZI 2011, 257 (258) = GmbHR 2011, 413; vgl. hierzu auch Haas/Vogel, NZI 2012, 875 (876 f.). 200 BGH v. 28.6.2012 – IX ZR 191/11, NZI 2012, 860 (861) = GmbHR 2012, 1181; vgl. hierzu auch Haas/Vogel, NZI 2012, 875 (876 f.).

442 | Kauffeld

Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.128 § 16

das Vermögen der Geschäftsinhaberin und die Einlage des Stillen als gemeinschaftliches Vermögen behandelt werden, die Gewinnermittlung wie bei einem Kommanditisten stattfindet, die Mitwirkungsrechte des Stillen in der GmbH & Co. KG der Beschlusskompetenz eines Kommanditisten in Grundlagenangelegenheiten jedenfalls in ihrer schuldrechtlichen Wirkung gleich kommen und die Informations- und Kontrollrechte des Stillen denen eines Kommanditisten nachgebildet sind201. Bei einer stillen Beteiligung an einer GmbH kommt es zu einer Anwendbarkeit der Regeln des Eigenkapitalersatzrechts, wenn der atypisch stille Gesellschafter aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung des stillen Gesellschaftsverhältnisses hinsichtlich seiner vermögensmäßigen Beteiligung und seines Einflusses auf die Geschicke der Gesellschaft weitgehend einen GmbH-Gesellschafter gleichsteht. Dieses hat der BGH für den Fall einer 95%igen Gewinnbeteiligung sowie dem Recht zur Vertretung der Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung kraft Vollmacht202. Hat ein Gesellschafter einem Dritten für dessen Darlehensgewährung in der Krise der Gesellschaft (sog. gesellschafterbesicherte Drittdarlehen) eine Sicherheit bestellt oder sich dafür verbürgt und kommt es zu einer Auszahlung an den Dritten, so kann die Rückzahlung des gesellschafterbesicherten Darlehens an den Dritten gegenüber dem Gesellschafter203 angefochten werden (§ 135 Abs. 2, § 143 Abs. 3 InsO). Hiernach muss der Gesellschafter die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse i.H. der bestellten Sicherheit der Insolvenzmasse erstatten. Der Darlehensgläubiger kann nur anteilsmäßige Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen, soweit er sich nicht durch die Sicherheit befriedigen konnte (§ 44a InsO).

16.126

bb) Außerhalb des Insolvenzverfahrens Ist die Einlage haftungsmäßig einem Gesellschafterdarlehen gleichgestellt, kommt eine Anfechtung der Rückzahlung außerhalb des Insolvenzverfahrens gemäß § 6 AnfG in Betracht, der insoweit dem § 135 InsO entspricht. Dadurch wird der Schutz der Gesellschaftsgläubiger über den bloßen Insolvenzschutz hinaus auf jede Vermögensinsuffizienz erweitert204.

16.127

Seit Inkrafttreten des MoMiG kommt eine Rückforderung nur noch bei erfolgter Anfechtung auf der Grundlage von § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO nach gemäß § 135 InsO erfolgter Anfechtung in Betracht. Vor erfolgter Anfechtung darf das Darlehen daher zurückgezahlt werden. Allerdings greift jedoch bereits regelmäßig § 64 Satz 3 GmbHG

16.128

201 BGH v. 28.6.2012 – IX ZR 191/11, NZI 2012, 860 (861) = GmbHR 2012, 1181. Im dem der Entscheidung des BGH zugrundeliegenden Fall lag eine eigenkapitalähnliche Beteiligung wohl trotz der im Übrigen „Innen-KG-ähnlichen“ Ausgestaltung der Beteiligung schon deshalb nicht vor, weil die Inhaberin der stillen Gesellschafterin zur Sicherung des Auseinandersetzungsguthabens sämtliche Kundenforderungen abgetreten hatte. K. Schmidt, JuS 2012, 1131 (1133) sieht den Grund hierfür in den kreditähnlichen Rückzahlungsmodalitäten. 202 BGH v. 24.9.2013 – II ZR 39/12, NZG 2013, 1385 (1386) = GmbHR 2013, 1318. 203 Gehrlein, BB 2008, 846 (853). 204 Paulus in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 6 AnfG Rz. 1.

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§ 16 Rz. 16.128 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

ein, wenn die Zahlung zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führt. Diese Vorschrift begründet in diesem Fall auch ein Verbot der Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen205.

16.129 frei

III. Insolvenz des stillen Gesellschafters 16.130 Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des stillen Gesellschafters führt grundsätzlich zur Auflösung der Gesellschaft (§ 728 BGB)206. Dieses gilt nur dann nicht, wenn es zur Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens (§§ 315 ff. InsO) über das Vermögen des stillen Gesellschafters kommt (hierzu Rz. 14.65)207. 16.131 Der Auffassung, dass § 728 BGB auch dann nicht anzuwenden sei, wenn die stille Beteiligung im Beteiligungsvertrag übertragbar gestellt ist und bei Auseinandersetzung ein geringerer Betrag realisiert werden würde, kann nicht gefolgt werden208. Denn insoweit fehlt es schon an der für eine teleologische Reduzierung erforderlichen „verdeckten Lücke“. Es besteht kein alleiniges schutzwürdiges Interesse des insolventen stillen Gesellschafters am Fortbestand der stillen Gesellschaft. Denn es kann durchaus dem schutzwürdigen Interesse des Geschäftsinhabers entsprechen, dass trotz Möglichkeit zur Übertragung der stillen Beteiligung eine solche Übertragungsmöglichkeit gerade nicht gegeben sein soll, wenn es zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des stillen Gesellschafters kommt. Weiterhin lässt vorstehend genannte Ansicht von Mock außer Acht, dass es im Fall der Insolvenzeröffnung dem Insolvenzverwalter immer einseitig möglich wäre, in analoger Ausübung des insolvenzrechtlichen Sonderkündigungsrechts für Dauerschuldverhältnisse die stille Beteiligung zu beenden und damit das Auseinandersetzungsguthaben zu fordern. Ohne ausdrückliche Regelung dem Insolvenzverwalter dieses einseitige Wahlrecht einzuräumen, entspricht zumeist nicht dem Interesse des Geschäftsinhabers bei Einräumung der stillen Beteiligung. Zudem wären mit vorstehender Auffassung in der Praxis erhebliche Rechtsunsicherheiten verbunden, da zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des stillen Gesellschafters gerade nicht absehbar ist, ob der Insolvenzverwalter für die stille Beteiligung einen höheren Betrag als das Auseinandersetzungsguthaben realisieren kann. Von einem „versehentlich zu weiten Wortlaut“ kann bei § 728 BGB daher keine Rede sein, eine teleologische Reduzierung für den Fall einer Übertagbarkeit der stillen Beteiligung scheidet aus. Sollte es im Fall einer Insolvenz des stillen Gesellschafter sowohl im Interesse des Geschäftsinhabers (zum Beispiel aus Liquiditätsgesichtspunkten) als auch im Interesse 205 Haas, ZInsO 2007, 617 (619); Gehrlein, BB 2008, 846 (854). 206 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 43; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 236 HGB Rz. 47; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 322; Blaurock in FS Stürner, S. 659 (660). 207 A.A. Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 54. 208 So neuerdings Mock in FS Pape, S. 223 (230), der § 728 Abs. 2 Satz 1 BGB für diesen Fall teleologisch reduzieren will; ebenso Blaurock/Pordzik, NZG 2018, 81 (82).

444 | Kauffeld

Die stille Gesellschaft in der Insolvenz | Rz. 16.133 § 16

des Insolvenzverwalters (zum Beispiel zur Vermeidung von Schwierigkeiten zur Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens oder aufgrund ordentlicher Verzinsung) liegen, dass das stille Beteiligungsverhältnis auf einen Erwerber übertragen wird, so ist zu erwarten, dass hierüber in der Praxis eine Verständigung herbeigeführt werden kann. Soweit es sich bei der stillen Gesellschaft um eine mehrgliedrige stille Gesellschaft mit einer Mehrzahl von stillen Gesellschaftern handelt, kann eine Fortsetzung vereinbart werden, § 736 Abs. 1 BGB209. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des stillen Gesellschafters führt dann zu einem Ausscheiden des stillen Gesellschafters nach dem Regelungsgedanken des § 131 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 HGB. Dass die Auseinandersetzung, die nach § 235 HGB der Inhaber des Handelsgeschäfts vorzunehmen hat, im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des stillen Gesellschafters ebenso wie bei der Insolvenz des Geschäftsinhabers außerhalb des Insolvenzverfahrens stattfindet, ist selbstverständlich (§ 84 Abs. 1 Satz 1 InsO i.V.m. § 235 HGB)210. Das vom Geschäftsinhaber zu errechnende Auseinandersetzungsguthaben des stillen Gesellschafters fällt in dessen Insolvenzmasse und steht zur Verteilung an die Insolvenzgläubiger zur Verfügung. Der Auseinandersetzungsanspruch bei Auflösung bzw. der Abfindungsanspruch des Stillen bei Ausscheiden ist vom Insolvenzverwalter gegen den Geschäftsinhaber geltend zu machen und zur Masse zu ziehen. Ist das Einlagekonto des Stillen passiv und ist er mit seiner Einlage im Rückstand, so steht dem Inhaber, soweit der stille Gesellschafter zum Verlustausgleich verpflichtet ist, eine einfache Insolvenzforderung zu.

16.132

IV. Zusammenfassung Wird über das Vermögen des Inhabers das Insolvenzverfahren eröffnet, so kann der stille Gesellschafter seine Einlage, soweit sie den Betrag des auf ihn entfallenden Anteils am Verlust übersteigt, als Insolvenzgläubiger geltend machen. Praxisrelevante Ausnahmen bestehen im Falle von nachrangigen Gesellschafterdarlehen vergleichbarer atypisch stiller und eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen. Diese liegen insbesondere bei § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 InsO, bei Beteiligungen an Publikumsgesellschaften sowie dann vor, wenn zur Erreichung des Gesellschaftszwecks der Inhabergesellschaft die stille Einlage unerlässlich ist. Die Auseinandersetzung ist vom Insolvenzverwalter außerhalb des Insolvenzverfahrens nach den Vorschriften des § 235 HGB durchzuführen (§ 84 InsO). Das für den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ermittelte Auseinandersetzungsguthaben ist vom

209 Marotzke in Heidelberger Komm/InsO, § 118 InsO Rz. 6; Hirte in Uhlenbruck, § 11 InsO Rz. 393. 210 Hirte in Uhlenbruck, § 84 InsO Rz. 6; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 322; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 236 HGB Rz. 48; K. Schmidt, KTS 1977, 8; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 272.

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16.133

§ 16 Rz. 16.133 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

stillen Gesellschafter als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anzumelden. Ergibt die Auseinandersetzung ein passives Einlagekonto und hat der stille Gesellschafter seine vereinbarte Einlage voll geleistet, braucht der Passivsaldo nicht ausgeglichen zu werden. Ist die Einlage rückständig, hat sie der stille Gesellschafter bis zu dem Betrag, welcher zur Deckung seines Verlustanteils erforderlich ist, zur Insolvenzmasse einzuzahlen. Lediglich bei aufgrund vertraglicher Vereinbarung als eigenkapitalähnlich zu qualifizierenden stillen Beteiligungen können ausstehende Einlagen über den Verlustanteil hinaus durch den Insolvenzverwalter eingefordert werden. In der Insolvenz des stillen Gesellschafters, die ebenfalls zur Auflösung der Gesellschaft führt, fällt das Auseinandersetzungsguthaben in seine Insolvenzmasse und dient der Befriedigung seiner Gläubiger. Einen bei der Auseinandersetzung sich ergebenden Passivsaldo, zu dessen Abdeckung der stille Gesellschafter verpflichtet ist, kann der Inhaber als Insolvenzforderung anmelden. Infolge der Neuregelung des Eigenkapitalersatzrechts ist die Rückzahlung der Einlage an den stillen Gesellschafter zulässig und verstößt nicht gegen § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG. Die Rückgewähr kann aber nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO angefochten werden, wenn sie innerhalb eines Jahres vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte. Zur Wahrung der berechtigten Interessen der Gläubigergemeinschaft eröffnet § 136 InsO neben den allgemeinen Anfechtungstatbeständen der §§ 130 ff. InsO einen weiteren selbständigen Anfechtungstatbestand speziell für die stille Gesellschaft. Anfechtbar sind die ganze oder teilweise Rückgewähr der Einlage des stillen Gesellschafters aufgrund einer im letzten Jahr vor Stellung des Antrags auf Insolvenzeröffnung zwischen ihm und dem Inhaber getroffenen Vereinbarung und der ganze oder teilweise Erlass seines Anteils an dem entstandenen Verlust. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn die Insolvenz in Umständen seinen Grund hat, die erst nach der Vereinbarung der Rückgewähr oder des Erlasses eingetreten sind. Wird die stille Beteiligung als eigenkapitalähnlich qualifiziert, ist ein Rückgriff auf § 136 InsO nicht erforderlich, da stille Einlagen mit Eigenkapitalcharakter gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO zurückgefordert werden können. Die Durchführung des Anfechtungsverfahrens liegt beim Insolvenzverwalter und bestimmt sich nach den §§ 129 ff. InsO. Der stille Gesellschafter muss das, was er aufgrund der anfechtbaren Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen erlangt hat, an die Insolvenzmasse zurückgewähren. Dafür leben seine Insolvenzforderungen wieder auf.

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§ 17 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung Schrifttum: Bachmann, Gregor/Veil, Rüdiger, Grenzen atypischer stiller Beteiligung an einer Aktiengesellschaft, ZIP 1999, 348; Balser, Heinrich/Bokelmann, Gunther/Piorreck, Friedrich/ Dostmann, Dieter/Kauffmann, Walter, Umwandlung – Verschmelzung – Vermögensübertragung, 1990; Blaurock, Uwe/Brandner, Gerd, Zum Übergang der stillen Beteiligung im Fall der Verschmelzung – Anmerkung zum Urteil des LG Bonn vom 15.2.2001 (14 O 54/00), EWiR 2001, 445 (446); Crezelius, Georg, Stille Beteiligungen und Unterbeteiligungen bei Umstrukturierungen, in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1992/93, 229; Eidenmüller, Horst (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 2. Aufl. 2010; Erkens, Michael, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen bei der Unternehmensübertragung und Unternehmensumwandlung – Eine Untersuchung zur stillen Gesellschaft und zur Unterbeteiligung, Diss. Frankfurt, 2000; Felix, Günther, Gesellschafterwechsel infolge der Umwandlung einer GmbH auf eine Personengesellschaft oder einen Gesellschafter als Einzelunternehmer, BB 1987, 1265; Flume, Werner, Die werdende juristische Person, in Festschrift für Ernst Geßler zum 65. Geburtstag, 1970, S. 3; Goutier, Klaus/Knopf, Rüdiger/Tulloch, Anthony, Kommentar zum Umwandlungsrecht – Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz –, 1996; Heidenhain, Martin, Sonderrechtsnachfolge bei der Spaltung, ZIP 1995, 801; Heidenhain, Martin, Spaltungsvertrag und Spaltungsplan, NJW 1995, 2873; Heiss, Manuela, Die Spaltung von Unternehmen im deutschen Gesellschaftsrecht, Diss. Köln, 1994; Hennrichs, Joachim, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen einschließlich Verschmelzung und Spaltung, 1995; Hennrichs, Joachim, Zum Formwechsel und zur Spaltung nach dem neuen Umwandlungsgesetz, ZIP 1995, 794; Hirte, Heribert/Bücker, Thomas (Hrsg.), Grenzüberschreitende Gesellschaften, 2. Aufl. 2006; Hüffer, Uwe, Der Schutz besonderer Rechte in der Verschmelzung, in Festschrift für Marcus Lutter zum 70. Geburtstag, 2000, S. 1227; Jung, Peter, Die stille Gesellschaft in der Spaltung, ZIP 1996, 1734; Koenigs, Folkmar, Die stille Gesellschaft, Habil. Berlin, 1961; Koch, Céline/Ott, Sabine, Die Umwandlung einer (a)typisch stillen in eine unmittelbare Beteiligung, NWB 2018, 2501; Krause, Nils/Kulpa, Norman, Grenzüberschreitende Verschmelzungen – Vor dem Hintergrund der „Sevic“-Entscheidung und der Reform des deutschen Umwandlungsrechts –, ZHR 171 (2007), 38; Manz, Gerhard/Mayer, Barbara/Schröder, Albert, Europäische Aktiengesellschaft SE, 3. Aufl. 2019; Mertens, Kai, Umwandlung und Universalsukzession – Die Reform von Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung und Formwechsel, Diss. Kiel, 1993; Mertens, Kai, Zur Universalsukzession in einem neuen Umwandlungsrecht, AG 1994, 66; Mertens, Kai, Die stille Beteiligung an der GmbH und ihre Überleitung bei Umwandlungen in die AG, AG 2000, 32; Müller, Hans-Friedrich, Internationalisierung des deutschen Umwandlungsrechts – Die Regelung der grenzüberschreitenden Verschmelzung, ZIP 2007, 1081; Neuner, Kurt, Verschmelzung beendet ipso iure die stille Gesellschaft?, ÖStZ 1996, 69; Neye, Hans-Werner/Timm, Birte, Mehr Mobilität für die GmbH in Europa – Das neue Recht der grenzüberschreitenden Verschmelzungen, GmbHR 2007, 561; Richter, Anita/Dümichen, Tim, Die atypisch stille Beteiligung als Gestaltungsinstrument bei Umwandlungen von Familienpersonengesellschaften, Ubg 2012, 748; Schmidt, Karsten, Umwandlung stiller Beteiligungen in GmbH-Geschäftsanteile – Überlegungen nach dem Urteil des BGH vom 3.11.2015 – II ZR 13/14, NZG 2015, 1396, NZG 2016, 4; Schulze zur Wiesche, Dieter, Beendigung einer GmbH & Still, GmbHR 1984, 320; Schürnbrand, Jan, Gewinnbezogene Schuldtitel in der Umstrukturierung, ZHR 173 (2009), 689; Schwarz, Hansjürgen, Umwandlung mittelständischer Unternehmen im Handels- und Steuerrecht – Erläuterungen zum neuen

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§ 17 Rz. 17.1 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht UmwG und UmwStG mit Hinweisen zur Wahl der optimalen Rechtsform, 1995; Schwedhelm, Rolf, Die Unternehmensumwandlung – Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, Einbringung, 9. Aufl. 2019; Sedlmayer, Eleonore, Stiller Gesellschafter in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, DNotZ 2003, 611; Semler, Johannes, Vorfinanzierung zukünftigen Aktienkapitals durch stille Gesellschaften, in Festschrift für W. Werner, 1984, S. 855; Stern, Elisabeth, Verschmelzung von Kapitalgesellschaften und Stille Beteiligung, ÖJZ 1997, 87; Suchanek, Markus, Die atypisch stille Gesellschaft im Umwandlungsfall, Ubg 2012, 431; Sudhoff, Heinrich/Sudhoff, Martin, Die stille Beteiligung bei Umwandlung des „Hauptunternehmens“ in eine GmbH oder GmbH & Co, GmbHR 1981, 235; Theil, Clemens, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung und Unterbeteiligung bei der Umwandlung des Unternehmens, 1982; Weng, Barbara, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, insbesondere der Verschmelzung, Diss. Tübingen, 2007; Westermann, Harm Peter, Die versteckte stille Gesellschaft, in Festschrift für Peter Ulmer zum 70. Geburtstag, 2003, S. 657; Windbichler, Christine, Schadensersatzansprüche des stillen Gesellschafters – Besprechung der Entscheidung BGH WM 1987, 1193, ZGR 1989, 434; Winter, Martin, Die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters in der Verschmelzung des Geschäftsinhabers, in Festschrift für Martin Peltzer zum 70. Geburtstag, 2001, S. 645.

I. Die stille Gesellschaft und die Umwandlung des Geschäftsinhabers 1. Stille Gesellschaft und Einzelübertragung des Unternehmens des Geschäftsinhabers

17.1 Umstrukturierungen können mittels Einzelübertragung der Vermögensgegenstände des Unternehmens erfolgen (sog. „Asset-Deal“). Hierbei bleibt der rechtliche Bestand des übertragenden Rechtsträgers unverändert, nur das von ihm betriebene Unternehmen, d.h. seine Betriebsgrundlagen und wesentlichen Funktionen, werden im Wege der Einzelrechtsnachfolge übertragen. Dieser Weg ist aufwendig und kompliziert, da die Besonderheiten der jeweiligen Einzelrechtsübertragung beachtet werden müssen. Alternativ kommen für Umstrukturierungen Verfahren der Gesamtrechtsnachfolge, der Teilgesamtrechtsnachfolge bzw. des Formwechsels nach dem UmwG oder die Anwachsung von Personengesellschaften in Betracht. a) Mitwirkungsbedürftigkeit des stillen Gesellschafters zur Übertragung des Unternehmens

17.2 Da das Unternehmen keinen eigenen Gegenstand im Rechtssinne darstellt, sind in Falle seines Übergangs im Wege der Einzelübertragung nach dem sachenrechtlichen Spezialitätsgrundsatz alle Sachen, Rechte, Rechtsverhältnisse und Verbindlichkeiten des Unternehmens, soweit sie auf den Erwerber übergehen sollen, jeweils nach den für sie geltenden Vorschriften auf den Erwerber zu übertragen. Dies bedingt insbesondere bei der Übertragung von Rechtsverhältnissen sowie dem Übergang von Verbindlichkeiten die Zustimmung von Vertragspartnern bzw. Gläubigern. Hingegen bedürfen diese Übertragungsakte grundsätzlich nicht der Mitwirkung des stillen Gesellschafters. Dies gilt auch dann, wenn der Geschäftsinhaber im Innenverhältnis der Zu-

448 | Lamprecht

Die stille Gesellschaft in der Umwandlung | Rz. 17.4 § 17

stimmung des stillen Gesellschafters zu einer solchen Übertragung bedarf1. Denn ein solches obligatorisches Zustimmungsbedürfnis entfaltet gemäß § 137 Satz 1 BGB keine dingliche Wirkung. Anderes gilt nur ausnahmsweise dann, wenn der stille Gesellschafter an Gegenständen des Unternehmens selbst dinglich beteiligt ist. Dies ist etwa der Fall, wenn der stille Gesellschafter Sachen oder Rechte nur zur Nutzung („ad usum“) in die Gesellschaft eingebracht hat oder wenn zum Unternehmen Verbindlichkeiten gehören, die gegenüber dem stillen Gesellschafter bestehen. Eine wirksame Schuldübernahme durch den Erwerber setzt dann gemäß § 414 BGB voraus, dass der stille Gesellschafter als Gläubiger der Schuldübernahme zustimmt. b) Übergang der stillen Gesellschaft Auch die Stellung des Geschäftsinhabers innerhalb des stillen Gesellschaftsverhältnisses kann im Wege der Einzelübertragung identitätswahrend, d.h. unter Übernahme aller Rechte und Pflichten, auf den Erwerber des Unternehmens übertragen werden. Erforderlich ist hierzu ein dreiseitiges Rechtsgeschäft zwischen altem Inhaber, neuem Inhaber und stillem Gesellschafter (vgl. Rz. 12.15). Der Übergang des stillen Gesellschaftsverhältnisses auf den Erwerber des Unternehmens ist daher nur mit Zustimmung des stillen Gesellschafters möglich. Diese Zustimmung kann im Vorhinein erteilt werden. Ohne ein solches dreiseitiges Rechtsgeschäft setzt sich das stille Gesellschaftsverhältnis nicht mit dem Erwerber fort. Dies gilt auch dann, wenn § 25 HGB auf den Erwerber Anwendung findet. Denn nach h.M. ordnet diese Vorschrift nicht den Eintritt des Erwerbers in ganze Rechtsverhältnisse, sondern – entsprechend seinem Wortlaut – lediglich dessen Haftung für „alle im Betrieb des Geschäftes begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers“ an.

17.3

Ob nach den Vereinbarungen zwischen Erwerber und Veräußerer die stille Gesellschaft auf den Veräußerer übergehen soll, ist Frage des Einzelfalls. In dem Vertrag, welcher der Übertragung zugrunde liegt, sollte dies ausdrücklich geregelt werden. Gleiches gilt für die Rechtsfolgen, die eintreten sollen, wenn der Übergang des stillen Beteiligungsverhältnisses auf den Erwerber scheitert – etwa deswegen, weil der stille Gesellschafter seine hierfür erforderliche Zustimmung verweigert. Sinnvoll wird es vielfach sein, den stillen Gesellschafter von vornherein in die Übertragung einzubinden. Dies ist auch deswegen empfehlenswert, weil im Zuge des Übergangs das stille Beteiligungsverhältnis unter Umständen anzupassen ist. Erwirbt der Erwerber das Handelsgeschäft etwa zu einem bereits bestehenden eigenen hinzu, ist entweder die Gewinn- und Verlustberechnung innerhalb der stillen Gesellschaft hieran anzupassen oder es sind Regelungen für die Aufteilung im Sinne einer fortan bestehenden partiellen stillen Beteiligung zu treffen.

17.4

1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 138, § 234 HGB Rz. 39; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 154; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, 5. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 96.

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§ 17 Rz. 17.5 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

c) Haftung des Erwerbers

17.5 Auf Grund der Übertragung kann es zu einer Haftung des Erwerbers für bereits entstandene Ansprüche des stillen Gesellschafters gemäß § 25 Abs. 1 HGB kommen. Eine solche Haftung setzt nach der Vorschrift voraus, dass die stille Beteiligung vom Inhaber „im Betrieb“ seines Handelsgeschäftes aufgenommen worden ist. Dies ist nach allgemeiner Auffassung dann der Fall, wenn die Aufnahme der stillen Beteiligung wirtschaftlich einer Kreditaufnahme gleicht. Hingegen gehört das Eingehen einer stillen Beteiligung, bei der organisationsrechtliche Elemente überwiegen und die im Innenverhältnis einer Kommanditbeteiligung angeglichen ist, ebenso wenig zum Betrieb eines Handelsgewerbes wie die Aufnahme eines Kommanditisten2. Begrenzt ist die Haftung zudem auf solche Ansprüche des stillen Gesellschafters, deren Rechtsgrund bei der Geschäftsübernahme bereits gelegt war3. Hierzu gehören gutgeschriebene Gewinnansprüche, die der stille Gesellschafter sich trotz Fälligkeit noch nicht hat auszahlen lassen. Ansprüche, die erst auf Grund der Geschäftsübernahme oder nach ihr entstehen, werden hingegen nicht von § 25 Abs. 1 HGB umfasst. Der Erwerber haftet daher nicht für etwaige Schadensersatzansprüche, die dem stillen Gesellschafter auf Grund der Geschäftsübernahme gegen den alten Inhaber erwachsen. d) Zustimmungsbedürftigkeit der Übertragung im Innenverhältnis

17.6 Anders als im Außenverhältnis ist im Innenverhältnis für die Übertragung des gesamten Handelsgewerbes stets die Zustimmung des Stillen erforderlich. Denn durch den stillen Gesellschaftsvertrag verpflichtet sich der Geschäftsinhaber, den Betrieb des Handelsgewerbes als gemeinsamen Zweck der Gesellschaft zu fördern. Hierzu gehört notwendigerweise, selbst dieses Handelsgewerbe zu betreiben. Hiermit ist die Übertragung des gesamten Handelsgewerbes aber schlicht unvereinbar, weswegen sie der Zustimmung des stillen Gesellschafters bedarf. 17.7 Auch für teilweise Veräußerungen des Handelsgeschäftes besteht vielfach eine Zustimmungsbedürftigkeit des stillen Gesellschafters. Denn die Geschäftsführung hat so zu erfolgen, wie es dem gemeinsamen Zweck entspricht, und hat auf die berechtigten Interessen des stillen Gesellschafters Rücksicht zu nehmen. Der stille Gesellschafter hat indes Anspruch darauf, dass das Handelsgeschäft gegenüber dem Zeitpunkt der Gesellschaftsgründung in seinen wesentlichen Grundlagen nicht verändert wird4. Insbesondere dürfen die Gewinnaussichten des stillen Gesellschafters durch eine Teilveräußerung des Handelsgewerbes nicht nachteilig beeinflusst werden (siehe auch Rz. 10.39 ff.)5. Eine Änderung der Art oder des Umfangs des Handelsgeschäfts 2 Zutreffend mit dieser Einschränkung K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2018, § 343 HGB Rz. 7. Das Eingehen stiller Beteiligungen uneingeschränkt als „zum Betrieb“ des Handelsgeschäftes ansehend Pamp in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 343 HGB Rz. 9 jeweils m.w.N. 3 BGH v. 25.4.1996 – I ZR 58/94, MDR 1996, 1250 Rz. 9. 4 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 199; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 138; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 3. Aufl. 2014, § 230 HGB Rz. 51. 5 Wedemann in Oetker, 6. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 76; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, 3. Aufl. 2014, § 230 HGB Rz. 51.

450 | Lamprecht

Die stille Gesellschaft in der Umwandlung | Rz. 17.9 § 17

ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters ist daher allenfalls zulässig, soweit sie handelsüblich ist6. Eine ohne Zustimmung erfolgte Übertragung des Unternehmens ist dem Stillen gegenüber pflichtwidrig, soweit nicht ausnahmsweise wegen Vorliegens besonderer Umstände eine Zustimmungspflicht des Stillen aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht besteht7. Nimmt der Veräußerer von einer pflichtwidrigen Unternehmensübertragung keinen Abstand, kann der stille Gesellschafter diese im Klagewege verhindern. Bei Grundlagengeschäften wie Aufgabe, Übertragung oder Umwandlung kann er eine Klage auf Fortführung des Unternehmens bzw. auf Unterlassen der jeweiligen Maßnahme erheben8. Die Pflicht zur vertragsgemäßen Führung des Unternehmens begründet Erfüllungsansprüche und kann durch Leistungsklage oder einstweilige Verfügung durchgesetzt werden. Die Zwangsvollstreckung erfolgt nach § 888 Abs. 1 ZPO. § 888 Abs. 3 ZPO ist als Ausnahmevorschrift zu § 888 Abs. 1 ZPO nur auf Dienstleistungen anwendbar, nicht auch entsprechend auf Leistungspflichten aus einem stillen Gesellschaftsverhältnis9.

17.8

Überträgt der Inhaber das Handelsgewerbe ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters und damit pflichtwidrig, wird teilweise angenommen, die stille Gesellschaft werde wegen Unmöglichkeit der Erreichung des Gesellschaftszwecks aufgelöst10. Dem ist jedoch nicht zuzustimmen, weil hierdurch dem stillen Gesellschafter die Möglichkeit genommen würde, die Fortführung des Handelsgeschäfts durch den früheren Geschäftsinhaber zu verlangen. An einem solchen Verlangen, gegebenenfalls auch an eine Geltendmachung durch Klageerhebung, kann der stille Gesellschafter ein Interesse haben. Die Weiterführung des Handelsgeschäfts und damit die Rückübertragung des Unternehmens sind auch nicht als grundsätzlich unmöglich anzusehen. Daher ist nicht die Auflösung der stillen Gesellschaft gemäß § 726 BGB anzunehmen11, vielmehr bleibt dem stillen Gesellschafter die Wahl, ob er das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grunde kündigen oder die Fortführung des Unternehmens durch sei-

17.9

6 BGH v. 25.9.1963 – V ZR 133/61, DB 1963, 1604 = BB 1963, 1277. 7 Vgl. hierzu Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 31 f.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 138; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, 5. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 92. 8 So auch Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 151; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 157, 179; Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 80 Rz. 22, die allerdings eine Vollstreckbarkeit ablehnen; a.A. Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 38, der dem stillen Gesellschafter lediglich Schadensersatzansprüche gewährt. 9 A.A. Seffer/Ehrhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 80 GesR Rz. 22; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 210; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, 3. Aufl. 2014, § 230 HGB Rz. 54, die eine Vollstreckungsmöglichkeit ablehnen. 10 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 255. 11 A.A. Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 63; differenzierend Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 202, der eine Auflösung nach § 726 BGB annimmt, wenn der Erwerber eine Rückübertragung strikt ablehnt.

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§ 17 Rz. 17.9 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

nen Mitgesellschafter verlangen will12. Im Falle der Kündigung ist ihm sein Partner in der Regel zum Schadensersatz wegen Verletzung einer Vertragspflicht aus § 280 BGB verpflichtet. Gleiches gilt bei Weigerung der Fortführung, obwohl ihm diese möglich ist. e) Beteiligung des stillen Gesellschafters am Veräußerungsgewinn der Unternehmensübertragung

17.10 Wird die stille Gesellschaft nicht mit dem Unternehmenserwerber fortgesetzt, so ist hinsichtlich der Beteiligung des stillen Gesellschafters am Veräußerungsgewinn danach zu differenzieren, aus welchem Grund es zur Auflösung des stillen Gesellschaftsverhältnisses kam. Erfolgt die Übertragung ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters, so wird übereinstimmend vertreten, dass die Rechtsfolgen des im Innenverhältnis nicht gestatteten Geschäfts allein den Geschäftsinhaber treffen und der Stille nicht am entsprechenden Gewinn oder Verlust teilnimmt13. Liegt dessen Zustimmung zur Unternehmensübertragung vor, so ist umstritten, inwieweit der Stille nunmehr an dem Gewinn der Unternehmensübertragung teilnimmt14. Sieht man in dem Betrieb des Handelsgewerbes jegliche Nutzung des Unternehmens, so hat der Stille ein Recht darauf, an dem jeweiligen Gewinn zu partizipieren15. Diesem weiten „Nutzungsbegriff“ ist jedoch nicht zu folgen, da mit ihm die Grenzen zwischen typisch und atypisch stiller Gesellschaft verwischt werden. Der Veräußerungsgewinn ergibt sich gerade nicht aus dem Betrieb des Handelsgewerbes. Dem Stillen ist nur der Gewinn zu ersetzen, der ihm bei ertragsmäßiger Fortführung des Geschäfts voraussichtlich zugeflossen wäre (vgl. Rz. 12.17). 2. Stille Gesellschaft und Verschmelzung des Geschäftsinhabers a) Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übertragenden Rechtsträger

17.11 Sowohl bei der Verschmelzung durch Neugründung (§ 2 Nr. 2 UmwG) als auch bei der Verschmelzung durch Aufnahme (§ 2 Nr. 1 UmwG) wird das Handelsgewerbe, an dem der Stille sich beteiligt hatte, mit der übernehmenden Gesellschaft im Wege der Universalsukzession vereinigt16. Ein Verbleib der stillen Gesellschaft bei dem alten Rechtsträger ist wegen dessen zwangsläufigen Erlöschens gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG ausgeschlossen17. 12 Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1981, 235 (236); ähnlich K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 39. 13 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 288; Roth in Baumbach/Hopt, 38. Aufl. 2018, § 232 HGB Rz. 2. 14 Dagegen Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 288; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 235 HGB Rz. 26; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 235 HGB Rz. 27; dafür Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 65; Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 92 Rz. 13. 15 So Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 65. 16 Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 140. 17 Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 93; Blaurock/Brandner, EWIR 2001, 445 (446).

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Die stille Gesellschaft in der Umwandlung | Rz. 17.13 § 17

Im Hinblick auf das Schicksal der stillen Beteiligung ist zwischen deren Übertragbarkeit überhaupt sowie der Zustimmungsbedürftigkeit im Außen- und Innenverhältnis zu unterscheiden. aa) Die prinzipielle Übertragbarkeit der stillen Beteiligung Die stille Beteiligung ist nach h.A. auch ohne gesellschaftsvertragliche Regelung als Gesamtheit im Rahmen der Verschmelzung übertragbar18. Dies folgt aus der in § 20 UmwG angeordneten Gesamtrechtsnachfolge des übernehmenden Rechtsträgers19. Er tritt in die Rechte und Pflichten des Vorgängers umfassend ein. Teil des Vermögens des Geschäftsinhabers und damit Gegenstand der Gesamtrechtsnachfolge i.S. von § 20 UmwG ist der Gesellschaftsanteil des Geschäftsinhabers an der stillen Gesellschaft, d.h. die Mitgliedschaft des Geschäftsinhabers in der stillen Gesellschaft.

17.12

Bedenken gegen einen Übergang auch der Gesellschafterstellung auf den Nachfolger könnten sich allenfalls aus dem Umstand ergeben, dass das Gesetz für den wichtigsten Fall der Gesamtrechtsnachfolge, den Tod des Geschäftsinhabers, gerade nicht den Übergang der Mitgliedschaft auf den oder die Nachfolger, sondern die Auflösung der Gesellschaft anordnet (§ 727 Abs. 1 BGB)20. Ohne anders lautende gesellschaftsvertragliche Vereinbarung wäre dementsprechend der Übergang der Gesellschafterstellung des Geschäftsinhabers bei Umwandlung nicht möglich, wenn man diese dem gesetzlich geregelten Fall des Todes des Geschäftsinhabers gleichstellen wollte. Für eine solche Gleichstellung spricht der Umstand, dass mit dem Untergang des übertragenden Rechtsträgers und der Ersetzung durch den übernehmenden/neuen Rechtsträger eine für die stille Gesellschaft als personenbezogenes Beteiligungsverhältnis ähnlich fundamentale Veränderung eintritt wie beim Tode des Geschäftsinhabers. Ein Unterschied zu dem in § 727 Abs. 1 BGB geregelten Sachverhalt ergibt sich jedoch insoweit, als bei der Verschmelzung der alte Unternehmensträger in dem neuen aufgeht und gewissermaßen „fortlebt“. Somit besteht bei der Verschmelzung neben der wirtschaftlichen Kontinuität zumindest auch eine personelle Teilkontinuität21. Es widerspräche schließlich dem Ziel des Umwandlungsrechts, die Umwandlung durch Universalsukzession zu erleichtern, würde man ausgerechnet Gesellschaftsverhältnisse

17.13

18 So auch OLG Köln v. 26.10.2000 – 18 U 79/00, AG 2001, 426 (427); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 101; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/ Haas, 5. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 31; Stern, ÖJZ 1997, 87 (91); Grünwald, Umwandlung, Verschmelzung, Spaltung, S. 295, entgegen Stern, so wohl auch die h.L. in Österreich. A.A. öVwGH v. 19.9.1995, 95/14/0053, wonach die Verschmelzung zur automatischen Beendigung der stillen Gesellschaft führt; vgl. Neuner, ÖStZ 1996, 69. 19 Vgl. Winter in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 8. Aufl. 2018, UmwG/UmwStG, § 20 UmwG Rz. 55 u. 68 und Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, 1996, § 20 UmwG Rz. 16; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 33, 59; Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 53 ff., 87 ff. und 140; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 273 f.; Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1981, 235; Felix, BB 1987, 1265 (1268); Semler in FS Werner 1984, S. 862. 20 Hierzu auch Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 102. 21 Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 96; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 87 Rz. 11.

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§ 17 Rz. 17.13 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

von der Gesamtrechtsnachfolge ausnehmen. Daher ist eine Gleichstellung der Verschmelzung mit dem Fall des Todes des Geschäftsinhabers nicht gerechtfertigt22. Die Alternative der Auflösung der stillen Gesellschaft ist schon deswegen nicht sachgerecht, weil dem stillen Gesellschafter auch dann die Möglichkeit genommen würde, das stille Beteiligungsverhältnis mit dem übernehmenden Rechtsträger fortzusetzen, wenn dies in seinem Interesse wäre23. Wird dagegen die stille Gesellschaft nach der Verschmelzung zunächst weiter fortgesetzt, so bleibt dem Stillen bei einer erheblichen Rechtsverletzung immer das Recht zur außerordentlichen Kündigung erhalten. bb) Informationspflichten des Geschäftsinhabers

17.14 Das stille Beteiligungsverhältnis ist zur Information der Anteilsinhaber als Sonderrecht im Verschmelzungsbericht und Verschmelzungsvertrag zu erwähnen (§ 5 Abs. 1 Nr. 7 und § 8 UmwG). Soweit jedoch das Bekanntwerden bestimmter Tatsachen über die stille Beteiligung zu unverhältnismäßigen Nachteilen führen würde, besteht ein Geheimnisschutz gemäß § 8 Abs. 2 UmwG. Von einer Veröffentlichung im Bericht kann abgesehen werden, wenn stattdessen die Gründe für den Geheimnisschutz genannt werden24. 17.15 Ist eine Geheimhaltung vereinbart oder hat der stille Gesellschafter ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse, dann kann er bei dennoch erfolgter Offenlegung im Verschmelzungsbericht wegen Beeinträchtigung seiner Rechte außerordentlich kündigen und gegebenenfalls Schadensersatz verlangen. Dieses Dilemma des Geschäftsinhabers, einerseits der Berichtspflicht nachzukommen und andererseits seine Verschwiegenheitsverpflichtung nicht zu verletzen, kann zu einer Einschränkung der Berichtspflicht insoweit führen, als der Name des stillen Gesellschafters nicht genannt zu werden braucht. 17.16 Wie ein Außengesellschafter hat auch der stille Gesellschafter ein Interesse daran, möglichst frühzeitig über die geplante Verschmelzung informiert zu werden. § 42 UmwG sieht bei der Verschmelzung von Personenhandelsgesellschaften vor, dass der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf und der Verschmelzungsbericht den Gesellschaftern, die von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind, spätestens zusammen mit der Einberufung der Gesellschafterversammlung zu übersenden sind. § 42 UmwG soll damit die Gesellschafter vorab informieren, damit sie ihr Stimmrecht bei der Beschlussfassung über den Verschmelzungsvertrag interessengerecht ausüben können. Eine entsprechende Anwendung von § 42 UmwG auf stille Beteiligungen ist interessengerecht, da auch der stille Gesellschafter von der Geschäftsführung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Ebenso wie für einen Außengesellschafter stellt die Verschmelzung für den stillen Gesellschafter ein zustimmungsbedürftiges Rechtsge22 Blaurock/Brandner, EWIR 2001, 445 (446); so auch Winter in FS Peltzer, S. 645 (649); Sedlmayer, DNotZ 2003, 611 (616); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 102; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 87 Rz. 11. 23 Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 97. 24 Drygala in Lutter, 6. Aufl. 2019, § 8 UmwG Rz. 50 ff.; Winter in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 8 UmwG Rz. 29 ff.

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Die stille Gesellschaft in der Umwandlung | Rz. 17.18 § 17

schäft dar, wenngleich die Erklärung des Stillen keine Rechtswirkungen im Außenverhältnis entfaltet25. Daher hat der Geschäftsinhaber den stillen Gesellschafter von dem Verschmelzungsvorhaben in jedem Fall in analoger Anwendung von § 42 UmwG spätestens mit der Einberufung der Gesellschafterversammlung zu unterrichten26. Eine Informationspflicht zu einem früheren Zeitpunkt kann sich aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ergeben, so etwa im Fall einer Publikation des Vertrags über die Errichtung der stillen Gesellschaft im Verschmelzungsbericht27. cc) Zustimmungsbedürftigkeit Der Konflikt zwischen den Grundsätzen der Universalsukzession (automatische Fortsetzung des Beteiligungsverhältnisses mit dem neuen Geschäftsinhaber) und denjenigen des Rechts der stillen Gesellschaft (Zustimmungsbedürftigkeit bei Strukturänderungen im Handelsgewerbe) zeigt sich insbesondere bei der Frage der Notwendigkeit einer Zustimmung des Stillen zur Verschmelzung des Geschäftsinhabers. Hierbei ist zwischen dem Außenverhältnis und dem Innenverhältnis zu unterscheiden28.

17.17

Im Außenverhältnis, d.h. für die Rechtsverhältnisse zwischen dem übertragenden Träger des Handelsgewerbes bzw. dem Stillen und einem Dritten, ist die Übertragung der stillen Beteiligung im Rahmen einer Verschmelzung auch ohne Zustimmung des Stillen wirksam29. Dies gilt auch im Falle der Vereinbarung eines entsprechenden Zustimmungserfordernisses im Beteiligungsvertrag30 und bei einer Benachteiligung des Stillen durch den Verschmelzungsvertrag. Die Gegenauffassung ist mit dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit im Verschmelzungsvorgang, der sich durchaus auch als Vorgang zulasten Dritter erweisen kann31, nicht zu vereinbaren.

17.18

25 Anders Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 112, der eine grundsätzliche Zustimmungsbedürftigkeit der Verschmelzung im Innenverhältnis ablehnt und damit aufgrund fehlender Beteiligung des Stillen an der Umwandlung eine Analogie zu § 42 UmwG. 26 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 87 Rz. 18. 27 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 87 Rz. 18. 28 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 30 ff., 32; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 205; Jung, ZIP 1996, 1734 (1736); Crezelius in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1992/93, 229 (231). 29 H.M., vgl. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 33; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 106; Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, 6. Aufl. 2017, Anh. nach § 77 GmbHG Rz. 165; Crezelius in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1992/93, 229 (231); Winter in FS Peltzer, S. 645 (648); a.A. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 274 (schwebende Unwirksamkeit). 30 Winter in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 20 UmwG Rz. 68; Felix, BB 1987, 1265 (1267 f.); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 Rz. 106; a.A. Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, 1996, § 20 UmwG Rz. 16, der allerdings nicht zwischen Außen- und Innenverhältnis unterscheidet und bei dem die Zustimmungsverweigerung nur zu einer Auflösung der stillen Gesellschaft, aber nicht zu einer Hinderung der Verschmelzung führt. 31 Vgl. dazu Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, S. 99 ff.

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§ 17 Rz. 17.19 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

17.19 Dies ergibt sich aus den für das Außenverhältnis als abschließend gedachten Regelungen der Verschmelzungsvoraussetzungen im UmwG, nach denen lediglich eine Zustimmung der Anteilsinhaber zum Verschmelzungsvertrag gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 UmwG verlangt wird. 17.20 Darüber hinaus würde es der Zielsetzung des neuen Umwandlungsrechts, die Umwandlung zu erleichtern, widersprechen, wenn man über den Wortlaut des UmwG hinaus ein Zustimmungserfordernis des Stillen mit Außenwirkung aus allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts herleiten würde. Denn Kern einer erleichterten Universalsukzession ist deren grundsätzlich autarke Umsetzung durch das Unternehmen ohne Mitwirkungsbefugnisse Dritter32. 17.21 Für ein Zustimmungserfordernis mit einer die Verschmelzung gegebenenfalls hindernden Außenwirkung besteht schließlich angesichts des möglichen anderweitigen Schutzes des Stillen (siehe dazu Rz. 17.25 ff.) kein Bedürfnis. Der stille Gesellschafter gehört nicht zu den Anteilsinhabern i.S. des § 13 Abs. 1 Satz 1 UmwG33. Die stille Beteiligung stellt vielmehr ein Sonderrecht i.S. von § 23 UmwG dar; hierfür spricht, dass die Rechtsposition des Stillen den in § 23 UmwG genannten Gewinnrechten nahe steht und insbesondere bei atypisch stillen Beteiligungen ein vergleichbares Schutzbedürfnis besteht34. 17.22 Im Innenverhältnis muss der Geschäftsinhaber jedoch regelmäßig die Zustimmung des Stillen zur Verschmelzung einholen35. Die Zustimmungsbedürftigkeit kann sich dabei bereits aus dem stillen Gesellschaftsvertrag ergeben36. Daneben besteht grundsätzlich eine Zustimmungsbedürftigkeit kraft Gesetzes37. Denn als ein die Organisati-

32 Dies bringt auch die Begründung zum Referentenentwurf, BMJ v. 15.4.1992 – III A 1 – 3501/1, S. 6, zum Ausdruck; vgl. auch Mertens, AG 1994, 66 (69) und Jung, ZIP 1996, 1734 (1736). 33 Vgl. dazu näher Jung, ZIP 1996, 1734 (1736). 34 Grunewald in Lutter, 6. Aufl. 2019, § 23 UmwG Rz. 19; Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, 1996, § 23 UmwG Rz. 10; Winter in FS Peltzer, S. 645 (650 f.); Jung, ZIP 1996, 1734 (1738); Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 87 Rz. 17; a.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 36; Vossius in Widmann/Mayer, Stand 03/2019, § 23 UmwG Rz. 11 und Hüffer in FS Lutter, S. 1227 (1235 f.), die dem stillen Gesellschafter über die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) bzw. über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) helfen wollen. 35 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 87 Rz. 13; Hüffer in FS Lutter, S. 1227 (1237); Sedlmayer, DNotZ 2003, 611 (618); Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 55 f.; so auch für die mitgliedschaftliche atypische stille Gesellschaft K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 34; Winter in FS Peltzer, S. 645 (652 ff.); a.A. bei typischer stiller Beteiligung aber K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 33; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 205; Winter in FS Peltzer, S. 645 (651 f.). 36 Vgl. zur Auslegung von derartigen Zustimmungsklauseln allgemein Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, S. 118 f.; Mertens, AG 1994, 66 (72). 37 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 138.

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Die stille Gesellschaft in der Umwandlung | Rz. 17.24 § 17

on des Handelsgewerbes veränderndes und als außergewöhnliches Geschäft38, das die Belange des Stillen entscheidend berührt, gehört die Verschmelzung zu den zustimmungsbedürftigen Grundlagengeschäften. Diesem Ergebnis lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass sich das Gesetz für den Vorrang der Umwandlungsfreiheit des Rechtsträgers vor dem Schutz der Vertragsfreiheit Dritter entschlossen hat und somit die Gesamtrechtsnachfolge umfassend jegliche Mitwirkung bzw. Zustimmung Dritter zum Umwandlungsvorgang im Außen- wie auch im Innenverhältnis entbehrlich macht39. Denn Kern einer erleichterten Universalsukzession ist deren grundsätzlich autarke Umsetzung durch das Unternehmen ohne Mitwirkungsbefugnisse Dritter im Außenverhältnis. Der Freiheit zu einer autarken Entscheidung im Innenverhältnis hat sich der Geschäftsinhaber jedoch durch die Eingehung einer stillen Gesellschaft begeben. Der Grundsatz des Vorrangs der Umwandlungsfreiheit wird durch ein internes Zustimmungserfordernis, was immer auch vertraglich vereinbart werden könnte, nicht betroffen. Auch der Einwand, eine interne Zustimmungspflicht widerspreche dem gesetzlichen Leitbild des § 23 UmwG, wonach ein Anspruch gegen den neuen Rechtsträger auf „Nachbesserung“ zustehe40, vermag nicht zu überzeugen; denn § 23 UmwG regelt so wie § 20 UmwG nur Fragen des Außenverhältnisses. Entbehrlich ist die interne Zustimmung durch den stillen Gesellschafter nur dann, wenn deren Verweigerung unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht, die auch bei stillen Publikumsgesellschaften besteht, rechtsmissbräuchlich wäre41. In einem solchen Fall kann sich der Stille sogar schadensersatzpflichtig machen. Eine Treuwidrigkeit dürfte aber nur selten vorliegen. Abzuwägen sind das haftungsrechtliche, steuerliche und geschäftspolitische Interesse des Stillen an der Fortführung des Handelsgewerbes durch den bisherigen Geschäftsinhaber und das Interesse des Geschäftsinhabers an der Durchführung der geplanten Umstrukturierungsmaßnahme. Treuwidrig kann die Zustimmungsverweigerung insbesondere dann sein, wenn die dem Stillen entstehenden Nachteile durch eine Vertragsanpassung ausgeglichen werden können. Denkbar ist auch, dass der Stille rechnungsförmig weiterhin an dem in dem neuen Unternehmensträger in der Regel fortbestehenden Geschäftsfeld des bisherigen Geschäftsinhabers beteiligt wird. Derartige Angebote des Unternehmensträgers zur Vertragsanpassung können daher die interne Zustimmungsbedürftigkeit entfallen lassen42.

17.23

dd) Die Rechtslage bei Zustimmung des Stillen Die Zustimmung des Stillen, die auch bereits vorab im Gesellschaftsvertrag erteilt werden kann, ist an keine besondere Form gebunden. Sie kann daher auch konkludent

38 Vgl. dazu BGH v. 25.9.1963 – V ZR 133/61, WM 1963, 1209 (1210); BGH v. 29.6.1987 – II ZR 173/86, WM 1987, 1193 (1194). 39 So aber Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 114. 40 So Winter in FS Peltzer, S. 645 (651). 41 Vgl. dazu auch Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 205. 42 Vgl. dazu insgesamt Jung, ZIP 1996, 1734 (1737).

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17.24

§ 17 Rz. 17.24 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

wie z.B. durch Fortführung der Geschäftsbeziehung erteilt werden43. Die Zustimmung enthält zugleich das Einverständnis mit der durch den Gesellschafterwechsel erforderlichen Änderung des Gesellschaftsvertrags. Darüber hinaus steht es den Parteien frei, bereits vor Durchführung der Verschmelzung weitere Vertragsänderungen zur künftigen Absicherung des Stillen zu vereinbaren44. Daneben hat der Stille auch nach Eintragung der Verschmelzung einen Anspruch gegen den übernehmenden/neuen Rechtsträger45 auf Vertragsanpassung nach § 23 UmwG (sog. Verwässerungsschutz), denn der Stille zählt zu den durch § 23 UmwG geschützten Inhabern von Sonderrechten (siehe Rz. 17.21 ff.)46. Verweigert der Geschäftsinhaber eine angemessene Vertragsanpassung, steht dem Stillen das Recht zur außerordentlichen Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses zu47. Zweifelhaft ist, ob dem stillen Gesellschafter ein Anspruch auf Sicherheitsleistung für Altansprüche nach § 22 UmwG zustehen kann. Dies ist zu verneinen; die Stellung des stillen Gesellschafters, der eine Unternehmensbeteiligung hält, unterscheidet sich wesentlich von der Lage sonstiger Drittgläubiger48. ee) Die Rechtslage bei fehlender Zustimmung des Stillen

17.25 Wird die Zustimmung des Stillen nicht eingeholt, stellt sich zunächst die Frage, ob die stille Gesellschaft wegen Unmöglichkeit der Erreichung des Gesellschaftszwecks gemäß § 726 BGB aufzulösen ist49. Dies wird man aber nur dann annehmen können, wenn der Gesellschaftszweck auf das Betreiben eines genau umschriebenen Handelsgewerbes für gemeinsame Rechnung gerichtet war und das Handelsgewerbe des übernehmenden/neuen Rechtsträgers einen grundsätzlich anderen Charakter aufweist50. 17.26 Die Vertragsverletzung des Geschäftsinhabers bzw. die Nichtbeachtung des Mitwirkungsrechts des Stillen gibt diesem einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des stillen Gesellschaftsvertrags gegenüber dem übernehmenden Rechts43 Vgl. zu den verschiedenen Formen der Zustimmung eingehend Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1981, 235. 44 Vgl. auch Jung, ZIP 1996, 1734 (1738) und Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 140 f. 45 Für eine gesamtschuldnerische Haftung des übernehmenden und des übertragenden Rechtsträgers jedoch Heiss, Spaltung von Unternehmen im Deutschen Gesellschaftsrecht, S. 144. 46 So auch Winter in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 23 UmwG Rz. 5 u. 8; Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, 1996, § 23 UmwG Rz. 10 und Jung, ZIP 1996, 1738. 47 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 33; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 112. 48 Jung, ZIP 1996, 1734 (1738); a.A. Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 108; Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 80. 49 Grundsätzlich ablehnend Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 140 und Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 273 f.; für eine mögliche Auflösung im Falle einer Umwandlung nach § 56a UmwG a.F. Crezelius in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1992/93, 229 (231 f.). 50 So auch Jung, ZIP 1996, 1734 (1738); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 103.

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Die stille Gesellschaft in der Umwandlung | Rz. 17.28 § 17

träger (§ 723 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB). Der stille Gesellschafter muss sich dabei nicht auf eine ansonsten vorrangige Anpassung des Gesellschaftsvertrags gemäß § 23 UmwG verweisen lassen51. Darüber hinaus hat der Stille einen Anspruch auf Ersatz sämtlicher ihm durch die Verschmelzung entstehenden Schäden. Dieser Anspruch wegen der Verletzung einer Pflicht aus dem stillen Gesellschaftsvertrag richtet sich wie der Auseinandersetzungsanspruch gegen den übernehmenden Rechtsträger52, da die Fiktion des Fortbestehens des übertragenden Rechtsträgers nach § 25 Abs. 2 UmwG entgegen dem weiter gefassten Wortlaut der Vorschrift nicht auf Ansprüche Dritter gegen den übertragenden Rechtsträger anwendbar ist53. Die Mitglieder der Vertretungs- und Aufsichtsorgane haften dem Stillen, sofern sie ihre Pflichten zur Prüfung der Vermögenslage der Rechtsträger und beim Abschluss des Verschmelzungsvertrages verletzt haben (vgl. § 25 Abs. 1 UmwG). § 25 Abs. 1 UmwG erfasst jedoch nicht Pflichtverletzungen aus sonstigen vertragsrechtlichen Verhältnissen54 und damit auch nicht die Missachtung eines internen Zustimmungsvorbehalts zugunsten des Stillen. Auch wenn der Anspruch auf Naturalrestitution gerichtet ist und der Stille daher so zu stellen ist, als sei die Verschmelzung nicht vorgenommen worden55, ist damit keine Rückgängigmachung der Verschmelzung verbunden. Die Verschmelzung genießt vielmehr nach außen Bestandsschutz (vgl. auch § 20 Abs. 2 UmwG)56.

17.27

ff) Rechtsformabhängiges Zustimmungserfordernis des übernehmenden Rechtsträgers Handelt es sich bei dem übernehmenden Rechtsträger um eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien, stellt die typische wie atypische stille Gesellschaft einen Teilgewinnabführungsvertrag i.S. von § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG dar (vgl. hierzu auch Rz. 8.18 ff.). Diese bedürfen gemäß § 293 AktG der Zustimmung der Hauptversammlung mit mindestens Dreiviertelmehrheit. Der Verschmelzungsbeschluss, der nach § 65 Abs. 1 UmwG ebenfalls mindestens einer Dreiviertelmehrheit bedarf, enthält dann – vorbehaltlich besonderer satzungsmäßiger Erfordernisse nach § 293 Abs. 1 Satz 3 AktG – gleichzeitig die Zustimmung der Hauptversammlung zum stillen Gesellschaftsverhältnis. Unterbleibt jedoch in den Fällen des § 62 Abs. 1 UmwG, in denen die übernehmende Aktiengesellschaft bereits 90 % oder mehr des Kapitals einer übertragenden Kapitalgesellschaft hält und ein Verschmelzungsbeschluss damit nicht erforderlich ist, der Zustimmungsbeschluss zum stillen Gesellschaftsvertrag, stellt die mangelnde Zustimmung der Hauptversammlung der über51 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 40; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, 5. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 31; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 112; Jung, ZIP 1996, 1734 (1738) und Crezelius in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1992/93, 229 (231 f.). 52 Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 125. 53 Grunewald in Lutter, 6. Aufl. 2019, § 25 UmwG Rz. 28 m.w.N. 54 Grunewald in Lutter, 6. Aufl. 2019, § 25 UmwG Rz. 11. 55 Vgl. BGH v. 29.6.1987 – II ZR 173/86, WM 1987, 1193 (1194). 56 Dazu näher Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1981, 235 (238); Jung, ZIP 1996, 1734 (1738).

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17.28

§ 17 Rz. 17.28 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

nehmenden Gesellschaft keinen Auflösungsgrund dar. Die Vorschriften des UmwG, hier insbesondere § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG, verdrängen die aktienrechtlichen Bestimmungen, da ansonsten entgegen der Konzeption des Gesetzes einzelne Rechtsverhältnisse nicht dem Grundprinzip der Universalsukzession unterliegen würden57. Eine Schutzbedürftigkeit besteht aufgrund des formalisierten Verfahrens und hinreichenden Schutzniveaus im UmwG nicht.

17.29 Handelt es sich beim übernehmenden Rechtsträger um eine GmbH, so besteht in der Regel kein entsprechendes Zustimmungserfordernis der Gesellschafter zum Abschluss eines typisch stillen Gesellschaftsvertrags, da es eine den §§ 292, 293 AktG entsprechende konzernrechtliche Norm im Recht der GmbH nicht gibt. Daher erfordert auch der Übergang auf eine übernehmende GmbH keine Zustimmung. Die organschaftliche Vertretungsmacht des Geschäftsführers gemäß § 35 GmbHG deckt bereits den Abschluss von typisch stillen Beteiligungsverträgen (hierzu eingehend Rz. 9.61). Zweifelhaft ist hingegen, ob auch dann kein Zustimmungserfordernis besteht, wenn eine atypische stille Beteiligung auf einen übernehmenden Rechtsträger in Rechtsform einer GmbH übergeht. Denn die Begründung einer atypisch stillen Beteiligung bedarf nach einhelliger Ansicht einer besonderen Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag oder, falls eine solche fehlt, der Zustimmung der GmbH-Gesellschafter, da Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses betroffen sind (vgl. Rz. 9.62)58. Es ist dann allerdings umstritten, ob der Zustimmungsbeschluss einstimmig gefasst werden muss59 oder zur Begründung einer solchen atypischen stillen Gesellschaft eine satzungsändernde Mehrheit gemäß § 53 Abs. 2 GmbHG60 genügt. Genügt eine satzungsändernde Mehrheit, so ist auch bei einer atypischen stillen Gesellschaft die Verschmelzung problemlos, da für den Verschmelzungsbeschluss einer übernehmenden GmbH gemäß § 13 Abs. 1, § 50 Abs. 1 UmwG die gleiche Dreiviertelmehrheit der an der Beschlussfassung beteiligten Gesellschafter erforderlich ist. Fordert man Einstimmigkeit, so ist fraglich, ob trotzdem ein Verschmelzungsbeschluss mit Dreiviertelmehrheit der Stimmen für die Fortführung der stillen Gesellschaft genügt. 17.30 Ebenso wie bei der Aktiengesellschaft widerspricht auch bei der GmbH die Auflösung der stillen Gesellschaft dem Grundsatz der Universalsukzession und dem umfangreichen Gläubigerschutz. Geht man von einem Einstimmigkeitserfordernis aus, könnten die beteiligten Rechtsträger die Umwandlung dazu nutzen, sich des stillen Gesellschafters zu entledigen, ohne dass dieser sich dagegen wehren könnte61. Auch würde das Erfordernis der Einstimmigkeit nicht praxisrelevant sein, da der Gesellschaftsvertrag nach § 53 Abs. 2 GmbHG mit qualifizierter Mehrheit dahingehend ge57 So auch Winter in FS Peltzer, S. 645 (650); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 105. 58 Horn in Heymann Bd. 2, 2. Aufl. 1996, § 230 HGB Rz. 26; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 76 Rz. 77, 82; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 115. 59 So Horn in Heymann Bd. 2, 2. Aufl. 1996, § 230 HGB Rz. 24; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 115. 60 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 76 Rz. 82. 61 So richtig Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 130.

460 | Lamprecht

Die stille Gesellschaft in der Umwandlung | Rz. 17.33 § 17

ändert werden kann, dass atypische stille Beteiligungen zugelassen werden und damit auch atypische stille Gesellschaften in jedem Fall fortzuführen wären. Man muss den Geschäftsführer der übernehmenden GmbH in diesem Fall als verpflichtet ansehen, einen entsprechenden satzungsändernden Beschluss der GmbH herbeizuführen, um so mögliche Schadensersatzansprüche des stillen Gesellschafters gegen den verschmelzenden Rechtsträger zu verhindern. Alles dies spricht bei der GmbH gegen das Einstimmigkeitserfordernis. Ist die stille Beteiligung auf eine Kapitalgesellschaft übergegangen, stellt sich die Frage, ob eine Eintragung nach § 294 Abs. 1 AktG zu erfolgen hat. Zum Teil wird vertreten, die Eintragung der stillen Beteiligung sei konstitutiv; erfolge sie nicht, sei die stille Gesellschaft unwirksam und über die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft abzuwickeln62. Es sind vor allem zukünftige Gläubiger und Vertragspartner zu schützen. Dieses Ziel kann indessen erreicht werden, indem die Geschäftsleitung einem Registerzwang zur Anmeldung der stillen Beteiligung unterworfen wird63. Wegen § 294 Abs. 2 AktG wäre die stille Gesellschaft mit der Eintragung der Verschmelzung als schwebend unwirksam anzusehen bis zu ihrer Eintragung in das Register des übernehmenden Rechtsträgers. Die Annahme einer solchen (schwebenden) Unwirksamkeit lässt sich nicht mit dem Gedanken der Universalsukzession bei der Verschmelzung vereinbaren64.

17.31

Bei einer Personenhandelsgesellschaft als übernehmendem Rechtsträger erfordert die Zustimmung zum Verschmelzungsbeschluss grundsätzlich Einstimmigkeit. Daher ergibt sich auch dann kein weiteres Zustimmungserfordernis, wenn dem Stillen bei Eingehen des Beteiligungsverhältnisses in vermögensrechtlicher oder organisatorischer Hinsicht einem Kommanditisten vergleichbare Rechte eingeräumt werden, was als Sozialakt grundsätzlich die einstimmige Beschlussfassung aller Gesellschafter erfordert65. Wurde von § 43 Abs. 2 UmwG Gebrauch gemacht und sieht eine gesellschaftsrechtliche Mehrheitsklausel eine Dreiviertelmehrheit für den Verschmelzungsbeschluss vor, so reicht diese Mehrheit auch für den Übergang des stillen Beteiligungsverhältnisses auf die übernehmende Personenhandelsgesellschaft aus. Eine entsprechende Satzungsbestimmung ist dahingehend auszulegen, dass mit ihr nicht nur für den Umwandlungsbeschluss, sondern bei der Umwandlung generell auf jede anderweitig notwendige Einstimmigkeit verzichtet wurde.

17.32

Erst recht bedarf die Übernahme von typisch stillen Beteiligungsverträgen keiner Zustimmung der Gesellschafter, da bereits deren Begründung für diese keinen Sozialakt darstellt, an dem alle Gesellschafter teilnehmen müssen. Daher kann auch die Fort-

17.33

62 Mertens, AG 2000, 32 (38); so auch noch die 6. Aufl., Rz. 18.52. 63 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 87 Rz. 15; Harbarth in Großkomm/ HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 105; Westermann in FS Ulmer, S. 657 (671 f.); Winter in FS Peltzer, S. 645 (650); Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 108. 64 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 87 Rz. 15; Westermann in FS Ulmer, S. 657 (671 f.); Winter in FS Peltzer, S. 645 (650); Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 108. 65 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 112.

Lamprecht | 461

§ 17 Rz. 17.33 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

führung der Beteiligungsverhältnisse nach Übergang im Wege der Universalsukzession durch die vertretungsberechtigten Gesellschafter erfolgen. Folglich bestehen sowohl typische als auch atypische stille Gesellschaften in jedem Fall an der übernehmenden Personenhandelsgesellschaft fort66. b) Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger

17.34 Grundsätzlich gilt in diesen Fällen das unter Rz. 17.17 ff. Ausgeführte entsprechend. Auch hier besteht eine Zustimmungsbedürftigkeit nur im Innenverhältnis, die gegebenenfalls unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht einzuschränken ist. Da der Verwässerungsschutz des § 23 UmwG nur bei stillen Beteiligungen an dem übertragenden Rechtsträger eingreift, ist das Zustimmungserfordernis für den Schutz des Stillen von besonderer Bedeutung67. Auch für die Rechtsfolgen bei fehlender Zustimmung des Stillen gilt das bereits Gesagte (Rz. 17.25 ff.). Andererseits steht dem übernehmenden Geschäftsinhaber bei einer Besserstellung des Stillen regelmäßig kein Anspruch auf Anpassung des stillen Gesellschaftsvertrags zu68. 3. Stille Gesellschaft und Spaltung des Geschäftsinhabers

17.35 Die in den §§ 123 ff. UmwG geregelte Spaltung vollzieht sich grundsätzlich nach den Verschmelzungsvorschriften (§ 125 UmwG). Allerdings hat der Gesetzgeber die für die Spaltung charakteristische partielle Universalsukzession zum Teil den Regeln über die Singularsukzession unterstellt (§ 126 Abs. 1 Nr. 9, § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Hieraus entstehen zahlreiche Rechtsprobleme69. a) Stille Beteiligung am übertragenden Rechtsträger aa) Die prinzipielle Übertragbarkeit der stillen Beteiligung in der Spaltung

17.36 Das stille Beteiligungsverhältnis ist im Rahmen der bei der Spaltung eintretenden partiellen Universalsukzession (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) als Ganzes übertragbar70. Dem Übergang steht dabei der missglückte Wortlaut des § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG nicht entgegen. Das Vertragsverhältnis der stillen Gesellschaft als einer Gesamtheit von Rechten und Pflichten sollte ebenfalls zu den Gegenständen i.S. des § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG gehören71, obwohl dort offenbar bewusst72 nur von „Gegenständen des Aktiv- und Passivvermögens“ ganz i.S. der zu § 90 BGB entwickelten Begriffsdefinition die Rede ist.

66 67 68 69 70 71

So zutreffend Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 132. Dazu Jung, ZIP 1996, 1734 (1739). Dazu näher Jung, ZIP 1996, 1734 (1739). Vgl. dazu eingehend Jung, ZIP 1996, 1734. So auch Jung, ZIP 1996, 1734 und implizit Heidenhain, NJW 1995, 2873 (2877 f.). So auch Heidenhain, NJW 1995, 2873 (2877 f.); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 115; ebenso Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 140; Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 113 ff. 72 Vgl. dazu die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 12/6699, S. 118.

462 | Lamprecht

Die stille Gesellschaft in der Umwandlung | Rz. 17.40 § 17

Richtigerweise ist unter den Begriff der Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens alles das zu fassen, was nach dem Willen der Parteien aufzuteilen und grundsätzlich im Wege einer Universalsukzession übertragbar ist. Die Aktivierungs- bzw. Passivierungsfähigkeit der jeweiligen Gegenstände nach Rechnungslegungsgrundsätzen spielt dabei keine Rolle73. Gegenstände in diesem weiten Sinne sind daher u.a. neben den der stillen Gesellschaft ähnlichen (Teil)-Gewinnabführungsverträgen auch Gesellschaftsverhältnisse als solche74.

17.37

Ein Grund, die Gesellschaftsverhältnisse einschließlich der stillen Gesellschaft im Gegensatz zu den anderen Vertragsverhältnissen und im Gegensatz zur Verschmelzung nicht an der (partiellen) Universalsukzession teilhaben zu lassen, ist nicht ersichtlich75. Angesichts des gesetzgeberischen Ziels, die Spaltung durch Universalsukzession zu erleichtern, entspricht es nicht dem Willen des Gesetzgebers, ohne ausdrückliche Regelung gerade die wichtigen (gesellschaftsrechtlichen) Vertragsverhältnisse einschließlich des stillen Beteiligungsverhältnisses von der Rechtsnachfolge auszunehmen und die übertragende Rechtsträgerin auf die unvollständige wie umständliche Einzelübertragung der Vertragsrechte und -pflichten zu verweisen76. Ein Verbleib der stillen Gesellschaft wie anderer Vertragsverhältnisse beim übertragenden Rechtsträger ist zudem nur bei dessen Fortbestand und damit allein in den Fällen der Abspaltung und Ausgliederung denkbar.

17.38

bb) Information des Stillen und Zustimmungsbedürftigkeit Was die Information des Stillen von der Spaltung betrifft, kann auf die Ausführungen zur Verschmelzung (Rz. 17.14 ff.) verwiesen werden.

17.39

Früher war unklar, ob die stille Gesellschaft nach dem neuen Umwandlungsrecht wie andere Vertragsverhältnisse77 im Wege der partiellen Universalsukzession automatisch auch ohne Zustimmung des Stillen übergeht. Seit der Aufhebung von § 132 UmwG durch das 2. Änderungsgesetz vom 19.4.200778 ist jedoch die Rechtslage dahin geklärt, dass es auf die Zustimmung des Stillen nicht mehr ankommt.

17.40

73 Vgl. dazu die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 12/6699, S. 118; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 126 UmwG Rz. 68; Heidenhain, NJW 1995, 2873 (2876). 74 Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 126 UmwG Rz. 91; Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, S. 125 ff. 75 Für einen Gleichlauf zwischen Verschmelzung und Spaltung beim Übergang von Mitgliedschaften in Personengesellschaften auch Heidenhain, ZIP 1995, 801 (803 f.); vgl. auch Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, S. 146 ff. 76 Vgl. auch Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, S. 125 ff. 77 Für den Übergang von Vertragsverhältnissen allgemein: Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 126 UmwG Rz. 97; für eine Zustimmungsbedürftigkeit jedoch Mertens, AG 1994, 66 (72), der (auf der Basis der § 126 Abs. 2 und § 131 Abs. 1 Nr. 1 des Referentenentwurfs zum UmwG) bei der Übertragung von Vertragsverhältnissen allgemein die Zustimmung der jeweiligen Vertragspartner für erforderlich hält. 78 Zweites Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 19.4.2007, BGBl. I 2007, 542.

Lamprecht | 463

§ 17 Rz. 17.41 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

b) Stille Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger

17.41 Hinsichtlich der stillen Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger in der Spaltung kann auf die Ausführungen unter Rz. 17.34 verwiesen werden, da für den übernehmenden Rechtsträger keinerlei Unterschiede zwischen Verschmelzung und Spaltung bestehen. 4. Stille Beteiligung und Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Handelsgesellschaft

17.42 Die Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Handelsgesellschaft kann gemäß §§ 152 ff. UmwG durch (teilweise) Ausgliederung zur Aufnahme bzw. Neugründung durchgeführt werden. Hierdurch kann der Einzelkaufmann sein Unternehmen oder einen Teil desselben im Wege der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge entweder auf eine bestehende Personenhandelsgesellschaft, Kapitalgesellschaft bzw. eingetragene Genossenschaft (Ausgliederung zur Aufnahme) oder eine neu zu gründende Kapitalgesellschaft (Ausgliederung zur Neugründung) übertragen. Dies erleichtert ihm insbesondere die Einbringung seines Unternehmens als Sacheinlage, die bislang nur durch Einzelübertragung erfolgen konnte79. Für diese Variante des Formwechsels gelten die Ausführungen zur stillen Beteiligung in der Spaltung (Rz. 17.35 ff.)80 entsprechend. 5. Stille Gesellschaft und Formwechsel des Geschäftsinhabers

17.43 Im Gegensatz zur Verschmelzung und Spaltung handelt es sich bei einem Formwechsel um einen rein gesellschaftsinternen Organisationsakt des Trägers des Handelsgewerbes, bei dem keine Vermögensübertragung auf einen anderen Rechtsträger stattfindet und grundsätzlich81 kein Gesellschafterwechsel erfolgt. Neben den im Umwandlungsgesetz geregelten Formwechseln (Rz. 17.44 ff.) bestehen aber auch noch zwei weitere Möglichkeiten eines Formwechsels (Rz. 17.50 f.). a) Formwechsel im Anwendungsbereich des Umwandlungsgesetzes

17.44 Das Umwandlungsrecht ist bestrebt, einer Handelsgesellschaft grundsätzlich alle denkbaren Formwechsel ohne Vermögensübertragung zu ermöglichen82. Zwar bedarf der durch Beschluss der Gesellschafter gemäß § 193 Abs. 1 UmwG herbeizuführende Formwechsel nach § 233 Abs. 2 UmwG i.V.m. § 50 Abs. 2 UmwG und § 241 Abs. 2 UmwG i.V.m. § 50 Abs. 2 UmwG der Zustimmung von Gesellschaftern, die besondere Rechte in der Gesellschaft innehaben und diese aufgrund des Formwechsels zu verlieren drohen. Wie bereits dargelegt (Rz. 17.21), gehört der stille Gesellschafter 79 Vgl. die Gesetzesbegründung zu § 152 UmwG, BT-Drucks. 12/6699, S. 128. 80 Vgl. dazu auch Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 152 UmwG Rz. 31. 81 Ausnahmen bestehen beim Formwechsel auf eine KGaA (§ 233 Abs. 3 Satz 3 UmwG) und einen VVaG (§§ 291 ff. UmwG). 82 Zu den erweiterten Möglichkeiten des Formwechsels vgl. Sagasser/Luke in Sagasser/Bula/ Brünger, 5. Aufl. 2017, § 26 Rz. 1 ff.

464 | Lamprecht

Die stille Gesellschaft in der Umwandlung | Rz. 17.46 § 17

jedoch nicht zu den Gesellschaftern i.S. der genannten Vorschriften. Der Stille ist auch hier im Außenverhältnis allein durch die von § 204 UmwG für anwendbar erklärte Regelung des § 23 UmwG (Rz. 17.24) und die Schadensersatzvorschrift des § 205 UmwG, der § 25 UmwG (Rz. 17.27) entspricht, geschützt. Zudem besteht ein internes Zustimmungserfordernis des stillen Gesellschafters83. Der Stille ist von dem geplanten Formwechsel in entsprechender Anwendung der für die Anteilsinhaber geltenden § 216, § 230 Abs. 1, § 238, § 251 Abs. 1 UmwG zu informieren84. Außerdem kann er wegen des Vorliegens wichtiger Gründe die gerichtliche Anordnung von Auskünften und die Vorlage notwendiger Dokumente begehren (§ 233 Abs. 3 HGB). Ebenso wie einem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter fehlt nämlich auch dem stillen Gesellschafter der Einblick in den Umwandlungsvorgang, so dass er sein internes Zustimmungsrecht nicht sachgerecht ausüben kann. Es bedarf daher einer vorherigen Information. Der Stille hat ferner aufgrund der genannten Vorschriften einen Anspruch auf Übersendung des Umwandlungsberichts, der in seinem Interesse auch dann erstellt werden muss, wenn er eigentlich gemäß § 192 Abs. 2 Satz 1 UmwG entbehrlich ist. Die stille Beteiligung ist außerdem zur Information der Gesellschafter im Umwandlungsbericht zu erwähnen85. Die für den Stillen im Zuge des Formwechsels gemäß § 23 UmwG vorgesehenen Maßnahmen sind schließlich gemäß § 194 Abs. 1 Nr. 5 UmwG in den Umwandlungsbeschluss aufzunehmen.

17.45

Der Formwechsel unter Kapitalgesellschaften (§§ 238 ff. UmwG) lässt die Identität des Unternehmensträgers und des Unternehmens unangetastet. Daher steht die Fortsetzung der stillen Gesellschaft nicht in Frage86, auch wenn § 202 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UmwG nur den Fortbestand der Beteiligungen der Anteilsinhaber betrifft. Der Stille hat dabei einen Anspruch auf Vertragsanpassung gemäß § 23 UmwG. Ein Recht zur außerordentlichen Kündigung (vgl. dazu auch Rz. 17.26) ist nur anzunehmen, wenn ein im Gesellschaftsvertrag vorgesehenes Zustimmungserfordernis missachtet wurde oder die Rechte und Interessen des Stillen durch den Formwechsel nicht unwesentlich

17.46

83 Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 127; Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 54 ff.; für die Beschränkung interner Zustimmungserfordernisse auf atypisch stille Beteiligte hingegen Schürnbrand, ZHR 173 (2009), 689 (701 f.); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 32; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 113 und Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 87 Rz. 30; vgl. zur Trennung zwischen Innen- und Außenverhältnis beim Formwechsel K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4 Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 179 und Sudhoff, GmbHR 1981, 235 (236). 84 Ebenso wie bei der Verschmelzung im Hinblick auf § 42 UmwG lehnt auch hier Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 194, eine analoge Anwendbarkeit ab, obwohl auch er beim Formwechsel (S. 196) ein internes Zustimmungserfordernis für erforderlich hält. 85 A.A. Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 193. 86 Horn in Heymann Bd. 2, 2. Aufl. 1996, § 234 HGB Rz. 28; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 31; Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 54.

Lamprecht | 465

§ 17 Rz. 17.46 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

beeinträchtigt werden87. Wann ein solcher Sachverhalt vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls88. In Betracht kommt schließlich auch die subsidiäre deliktsähnliche Haftung der handelnden Organe des formwechselnden Unternehmensträgers gemäß § 205 UmwG für sämtliche aus einem schuldhaft fehlerhaften Umwandlungsbericht bzw. Umwandlungsbeschluss dem Stillen entstehenden Nachteile89. Insoweit ist der Stille den nach dieser Vorschrift anspruchsberechtigten Gesellschaftsgläubigern gleichzustellen. Die schuldhafte Missachtung des nur zwischen dem Unternehmensträger und dem Stillen bestehenden vertraglichen Zustimmungserfordernisses führt jedoch nicht zu einer Haftung der Organe des Unternehmensträgers aufgrund der nur für umwandlungsrechtliche Pflichtverstöße geschaffenen Norm. In den seltenen Fällen anderweitiger schädigender Pflichtverletzung bleibt die Haftung andererseits aber auch bei einer Zustimmung des Stillen zum Formwechsel unberührt90.

17.47 Auch der Formwechsel unter Kapitalgesellschaften (§§ 238 ff. UmwG) hat trotz der Identität des Unternehmensträgers und des Unternehmens das Publizitätserfordernis des § 294 AktG zu berücksichtigen. Wandelt sich eine GmbH in eine Aktiengesellschaft um, so sind vor allem zukünftige Gläubiger und Vertragspartner zu schützen. Eine unterschiedliche Behandlung von Aktiengesellschaften, die durch reguläre Gründung entstanden sind, zu solchen, die aus einem Formwechsel hervorgehen, kann beim Publizitätserfordernis nicht gerechtfertigt sein. Es gilt daher der Grundsatz der Diskontinuität der Rechtsform, d.h. es müssen bei der Fortsetzung der Rechtsbeziehungen nach Formwechsel die für die neue Rechtsform maßgeblichen Vorschriften beachtet werden. Hierzu gehört auch § 294 Abs. 1 AktG. Die Eintragung wirkt dabei aber lediglich deklaratorisch (vgl. Rz. 17.31). 17.48 Beim Formwechsel einer Personenhandelsgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft und umgekehrt (§§ 214 ff., 228 ff. UmwG) gilt hinsichtlich des stillen Beteiligungsverhältnisses die gleiche Regelung wie für den Formwechsel unter Kapitalgesellschaften. Bei Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine GbR kann die stille Gesellschaft in Ermangelung eines Handelsgewerbes lediglich als eine solche des bürgerlichen Rechts91 fortgeführt werden. b) Im Umwandlungsgesetz nicht geregelte Formwechsel

17.49 Das in § 1 Abs. 2 UmwG enthaltene Analogieverbot hat nicht zur Folge, dass die nach dem früheren Recht möglichen, im Umwandlungsgesetz jedoch nicht geregelten Formwechsel nicht mehr möglich wären, sondern führt in Verbindung mit § 190

87 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 31. 88 Dannecker in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2012, § 335 HGB Rz. 47; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 31; Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 54. 89 Zu Einzelheiten dieses Schadensersatztatbestandes vgl. Laumann in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, 1996, § 205 UmwG Rz. 4 ff. 90 Laumann in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, 1996, § 205 UmwG Rz. 14. 91 Vgl. dazu Schücking in MünchHdb.GesR Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 3 Rz. 48.

466 | Lamprecht

Die stille Gesellschaft in der Umwandlung | Rz. 17.52 § 17

Abs. 2 UmwG lediglich dazu, dass die den Formwechsel erleichternden Vorschriften des Umwandlungsgesetzes nicht zur Anwendung gelangen. Auch der Formwechsel unter Personenhandelsgesellschaften wird vom Umwandlungsgesetz nicht erfasst (§ 214 Abs. 1 UmwG) und unterfällt damit den zu §§ 105 ff. HGB entwickelten allgemeinen Regelungen eines Formwechsels von Rechts wegen92. Auch hier bleibt die Identität des alten Rechtsträgers in neuem Rechtskleid als Partner des stillen Gesellschaftsverhältnisses gewahrt. Lediglich die Haftungsstruktur der Gesellschaft und der Status der Gesellschafter kann durch den Formwechsel einer Veränderung unterworfen sein. Zur internen Zustimmungsbedürftigkeit des Formwechsels ist daher auf die Ausführungen zur negativen Veränderung der Haftungsstruktur und den Gesellschafterwechsel im Unternehmensträger zu verweisen (Rz. 17.17 ff.).

17.50

Scheidet der vorletzte Gesellschafter aus, wandelt sich die Personenhandelsgesellschaft in ein einzelkaufmännisches Unternehmen um. In diesen Fällen geht nach allgemeinem Recht das Vermögen der Personenhandelsgesellschaft ohne Liquidation im Wege der Universalsukzession93 auf den verbleibenden Einzelkaufmann über. Die stille Gesellschaft findet daher im Unterschied zu der soeben behandelten Variante wie bei der Universalsukzession des Umwandlungsrechts ipso iure ihre Fortsetzung mit dem verbleibenden Einzelkaufmann. Das mit dieser Form der Umwandlung zwingend verbundene Ausscheiden zumindest eines Gesellschafters erfordert im Innenverhältnis jedoch dann die Zustimmung des Stillen, wenn dies im stillen Gesellschaftsvertrag so vorgesehen ist oder der Stille wie etwa beim Ausscheiden eines persönlich haftenden Gesellschafters hierdurch einen nicht unerheblichen Nachteil erleidet. Die Missachtung des Zustimmungserfordernisses im Innenverhältnis berechtigt den Stillen auch hier zur außerordentlichen Kündigung94 und zum Schadensersatz (zu Einzelheiten siehe Rz. 17.27). Der Schadensersatzanspruch richtet sich gegen den Einzelkaufmann als Rechtsnachfolger.

17.51

II. Die Umwandlung des stillen Gesellschafters Ist ein Einzelkaufmann oder eine Gesellschaft mit einer stillen Einlage an einem Handelsunternehmen beteiligt, so stellt sich gleichfalls die Frage, welchen Einfluss eine Umgestaltung der Unternehmensform des stillen Gesellschafters auf den Bestand des Gesellschaftsverhältnisses hat. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen der Umwandlung mit Universalsukzession (Verschmelzung, Spaltung und Umwandlung des einzelkaufmännischen Unternehmens) und dem bloßen Formwechsel.

92 Horn in Heymann Bd. 2, 2. Aufl. 1996, § 161 HGB Rz. 93; Roth in Baumbach/Hopt, 38. Aufl. 2018, Einl. vor § 105 HGB Rz. 21. 93 Roth in Baumbach/Hopt, 38. Aufl. 2018, § 131 HGB Rz. 7, 35. 94 Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 169 f.

Lamprecht | 467

17.52

§ 17 Rz. 17.53 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

1. Umwandlung mit Universalsukzession

17.53 In diesen Fällen ist die stille Beteiligung einem automatischen Übergang auf den Rechtsnachfolger unterworfen. Die zu den §§ 717 und 719 BGB entwickelten außergesetzlichen Grundsätze der Anteilsübertragung, wonach die stille Beteiligung als solche ohne Zustimmung des Geschäftsinhabers nicht übertragen werden kann (vgl. dazu Rz. 10.29)95, finden in den Fällen der Universalsukzession keine Anwendung96. Vielmehr ergibt sich die Rechtsnachfolge des übernehmenden Rechtsträgers in die Stellung als Stiller aus einer analogen Anwendung des § 234 Abs. 2 HGB97. 17.54 Im Hinblick auf das interne Erfordernis einer Zustimmung des Geschäftsinhabers zur Umwandlung darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Interesse des Geschäftsinhabers hauptsächlich der stillen Einlage gilt. Diese bleibt ihm auch bei Änderung der Unternehmensform auf Seiten des stillen Gesellschafters erhalten98. Seine Belange werden daher nicht wesentlich beeinträchtigt99. Deshalb wird man annehmen müssen, dass der stille Gesellschafter für den Regelfall auch im Innenverhältnis zum Geschäftsinhaber berechtigt ist, eine Veränderung der Unternehmensform ohne dessen Zustimmung vorzunehmen100. Darüber hinaus wird dem Geschäftsinhaber nur in besonders gelagerten Fällen einer Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses bis zum nächstmöglichen ordentlichen Kündigungstermin ein außerordentliches Kündigungsrecht zustehen. Andererseits kann aber auch der Stille aus der von ihm vorgenommenen Umwandlung seines Unternehmens keinen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses herleiten. 2. Formwechsel des stillen Gesellschafters

17.55 Der bloße Formwechsel des stillen Gesellschafters bleibt in aller Regel ohne Auswirkung auf das stille Beteiligungsverhältnis, da die Rechtsform des Stillen für den Geschäftsinhaber grundsätzlich ohne Bedeutung ist.

95 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 244. 96 So auch Felix, BB 1987, 1265 (1267 f.); zum Übergang von Beteiligungen allgemein vgl. Winter in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 20 UmwG Rz. 63 ff. bzw. Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 131 UmwG Rz. 38 sowie Heidenhain, ZIP 1995, 801 (804). 97 Winter in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 20 UmwG Rz. 68. 98 Vossius in Widmann/Mayer, Stand 04/2018, § 20 UmwG Rz. 167. 99 Vossius in Widmann/Mayer, Stand 04/2018, § 20 UmwG Rz. 167. 100 So auch Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, 1996, § 20 UmwG Rz. 16; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 30; im Ergebnis ebenso Felix, BB 1987, 1265 (1267).

468 | Lamprecht

Die stille Gesellschaft in der Umwandlung | Rz. 17.58 § 17

III. Die Umwandlung der stillen Beteiligung Die stille Gesellschaft ist als reine Innengesellschaft ohne Registerpublizität als solche nicht der Verschmelzung, der Spaltung oder des Formwechsels fähig101. Bei den folgenden Fallgestaltungen handelt es sich daher nicht um solche einer Umwandlung im eigentlichen Sinne.

17.56

1. Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Gesellschaftsanteil an der Inhabergesellschaft In den Gesellschaftsverträgen wird bisweilen vorgesehen, dass der stille Gesellschafter seine stille Beteiligung gegebenenfalls in einen Gesellschaftsanteil am Unternehmen des Geschäftsinhabers umwandeln kann. Hierbei handelt es sich nicht um die grundsätzlich im UmwG geregelte Umwandlung eines Rechtsträgers, sondern um die Begründung eines Mitgliedschaftsverhältnisses in der Unternehmensträgergesellschaft102.

17.57

a) Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Personengesellschaftsanteil Tritt der Stille als persönlich haftender Gesellschafter oder Kommanditist in das Handelsgeschäft des Inhabers ein, so wird die stille Gesellschaft im Zweifel aufgelöst103. Der Eintritt vollzieht sich nach den Grundsätzen, die für den Eintritt eines Gesellschafters in das Handelsgewerbe eines Einzelkaufmanns oder in eine Personengesellschaft gelten. Eine Auseinandersetzung gemäß § 235 HGB findet nicht statt. Die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters wird zu seinem Anteil am Betriebsvermögen der offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft. Es wird lediglich eine interne Umbuchung seines Guthabens auf sein Kapitalkonto vorgenommen, d.h. das Einlagekonto, das bisher den Charakter eines Gläubigerkontos hatte, wird nunmehr als echtes Kapitalkonto weitergeführt (Sacheinlage). Erhält der Stille die Rechtsstellung eines persönlich haftenden Gesellschafters, so gilt § 130 HGB. In der Praxis wird die stille Beteiligung häufig in eine Kommanditeinlage umgewandelt104. Dies liegt zum einen an der wirtschaftlichen Ähnlichkeit der Anlageform und zum anderen daran, dass die bis zur Eintragung bestehende unbeschränkte Haftung des Kommanditisten durch Begründung einer vorübergehenden stillen Beteiligung des beitretenden Kommanditisten umgangen werden kann. Der stille Gesellschafter haftet in diesen Fällen wie ein neu eintretender Kommanditist (§ 173 HGB).

101 Vgl. für die Verschmelzung auch Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, 1996, § 3 UmwG Rz. 9; allgemein Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 71. 102 Vgl. hierzu Koch/Ott, NWB 2018, 2501. 103 So auch Balser/Bokelmann/Piorreck, Umwandlung – Verschmelzung – Vermögensübertragung, Rz. H 727; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 72. 104 Vgl. hierzu Richter/Dümichen, Ubg 2012, 478 unter 4.3.

Lamprecht | 469

17.58

§ 17 Rz. 17.59 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

b) Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Kapitalgesellschaftsanteil

17.59 Hat der an einem einzelkaufmännischen Unternehmen beteiligte Stille das Recht, Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zu werden, so stellt die entsprechende Vertragsklausel einen auf Gründung einer Kapitalgesellschaft gerichteten Vorvertrag (Vorgründungsvertrag) dar105, der der für die Errichtung der Kapitalgesellschaft vorgeschriebenen Form bedarf106. Von dieser Möglichkeit wird häufig Gebrauch gemacht, wenn beim Tode des Inhabers zunächst nur ein Erbe das Handelsgeschäft fortführen soll, wohingegen die anderen Erben die Rechtsstellung von stillen Gesellschaftern erhalten107. Machen diese später von ihrem Recht Gebrauch, so muss unter Auflösung der stillen Gesellschaft eine Kapitalgesellschaft errichtet werden, an der sie entsprechend ihrem Einlagekonto mit Aktien oder GmbH-Anteilen beteiligt werden. Meist wird ihnen zu diesem Zweck ihr Einlagekonto ausgezahlt, um zum Erwerb der Aktien oder GmbH-Anteile verwendet zu werden; es kann aber auch der Weg der Sacheinlage gewählt werden. 17.60 Die Umwandlung stiller Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in Aktien oder GmbH-Anteile108 erfolgt in der Weise, dass die stille Gesellschaft aufgelöst wird und der ehemalige Stille i.H. des Wertes seiner stillen Beteiligung eine Sacheinlage bei der Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten tätigt. Für die Gewährung der neuen Gesellschaftsrechte hat die Kapitalgesellschaft – soweit nicht zulässigerweise eigene Anteile ausgegeben werden können – die Bestimmungen und Formvorschriften der Kapitalerhöhung zu beachten (§ 55 GmbHG, §§ 182 ff. AktG). Die Gesellschaft hat für eine zügige und ordnungsgemäße Durchführung der Kapitalerhöhung zu sorgen. Dem Inferenten steht ohne Vereinbarung einer Befristung oder Bedingung ein Lösungsrecht von dem Übernahmevertrag nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu, wenn der angemessene Zeitraum für eine Bindung des Inferenten überschritten wird oder es aus anderen Gründen nicht zur Kapitalerhöhung kommt. Rechtsfolge ist ein Rücktrittsrecht nach § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB. Nach Erklärung des Rücktritts kann der Inferent verlangen, dass die infolge der Übertragung erloschene stille Beteiligung neu begründet wird109. Bei einer großen Anzahl stiller Gesellschafter ist denkbar und gegenüber der Kapitalerhöhung durch Einlagen auch praktikabler, eine bedingte Kapitalerhöhung zur Gewährung von Bezugs- oder Umtauschrechten an die stillen Gesellschafter analog zu den Modalitäten bei Wandelschuldverschreibungen zu beschließen. Unter Umständen kommt auch die Schaffung eines genehmigten Kapitals i.S. der §§ 202 ff. AktG bzw. § 55a GmbHG in Betracht, um dem Vorstand eine größere Flexibilität bei Umtauschtransaktionen zu ermögli105 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 277; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 73; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 62. 106 So auch Balser/Bokelmann/Piorreck, Umwandlung – Verschmelzung – Vermögensübertragung, Rz. H 728; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 62; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 73; a.A. Flume in FS Geßler 1971, S. 19. 107 RG v. 22.10.1937 – II 58/37, RGZ 156, 129. 108 BGH v. 3.11.2015 – II ZR 13/14, NZG 2015, 1396; K. Schmidt, NZG 2016, 4; dazu auch schon Schulze zur Wiesche, GmbHR 1984, 320. 109 BGH v. 3.11.2015 – II ZR 13/14, NZG 2015, 1396.

470 | Lamprecht

Die stille Gesellschaft in der Umwandlung | Rz. 17.64 § 17

chen. Eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln scheidet dagegen auch im Falle des Bestehens atypischer stiller Gesellschaften in jedem Fall aus, da derartige Einlagen nicht zu den offenen Rücklagen der AG zählen. 2. Der Wechsel zwischen typischer und atypischer stiller Beteiligung Die Umwandlung einer typischen in eine atypische stille Beteiligung und umgekehrt wird durch eine rein interne entsprechende Ausweitung bzw. Beschränkung der gesellschaftsvertraglichen Rechte des Stillen herbeigeführt110.

17.61

IV. Die Umwandlung eines Gesellschaftsanteils in eine stille Beteiligung Die Umwandlung eines Personengesellschaftsanteils in ein stilles Beteiligungsverhältnis wird durch Ausscheiden des Gesellschafters nach den allgemeinen Regeln und den Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags mit dem gegebenenfalls infolge des Ausscheidens umgewandelten Träger des Handelsgewerbes vollzogen. Die Umwandlung kann sich auch im Rahmen der Erbfolge in Form einer stillschweigenden Fortführung des Beteiligungsverhältnisses des Erblassers durch die Erben als stille Gesellschafter vollziehen111.

17.62

Zur Umwandlung eines Kapitalgesellschaftsanteils in eine stille Gesellschaft bedarf es neben der Beendigung des Gesellschafterverhältnisses und dem Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags einer Kapitalherabsetzung nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 222 ff. AktG und § 58 GmbHG).

17.63

V. Die stille Gesellschaft in der grenzüberschreitenden Umwandlung 1. Verschmelzung Im Zuge der Europäisierung des Gesellschaftsrechts haben grenzüberschreitende Umwandlungen an Bedeutung gewonnen: Der EuGH hat die grenzüberschreitende Verschmelzung als von der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) geschützt angesehen112; daneben ist die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapital- und Personengesellschaften gesetzlich kodifiziert113. Eine grenzüberschreitende Verschmel-

110 Vgl. Schwedhelm, Die Unternehmensumwandlung, Rz. 2174. 111 Vgl. dazu RG v. 29.10.1942 – II 47/42, RGZ 170, 98 (102 f. u. 112). 112 So noch zu Art. 43 EG EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-411/03, GmbHR 2006, 140 (SEVIC Systems AG); zu aktuellen Nachweisen Jung in Schwarze, EU-Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 54 AEUV Rz. 46 ff. 113 Zweites Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 19.4.2007, BGBl. I 2007, 542. Das Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 26.10.2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, ABl. EU Nr. L 310, S. 1.

Lamprecht | 471

17.64

§ 17 Rz. 17.64 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

zung ist ferner im Zusammenhang mit der Europäischen Gesellschaft (SE) bedeutsam: Gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 SE-VO kann eine SE durch Verschmelzung gegründet werden. Ist eine (deutsche) Gesellschaft an der Verschmelzung als übertragender Rechtsträger beteiligt, erlischt sie (§ 122a Abs. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UmwG; Art. 29 Abs. 1 Buchst. c SE-VO), und die übernehmende Gesellschaft wird Gesamtrechtsnachfolgerin der übertragenden Gesellschaft (§ 122a Abs. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG; Art. 29 Abs. 1 Buchst. a SE-VO). Grundsätzlich gehen damit auch mittelbare Unternehmensbeteiligungen auf den ausländischen Unternehmensträger über. Dass das ausländische Recht eventuell keine stillen Beteiligungen kennt, ist unmaßgeblich, da international-privatrechtlich bereits die Vereinbarung einer stillen Beteiligung an einer Auslandsgesellschaft möglich ist (vgl. Rz. 6.31 ff.) und die Gesamtrechtsnachfolge einer Auslandsgesellschaft in ein vorhandenes stilles Gesellschaftsverhältnis stattfinden kann. Außerdem wäre es mit der sekundärrechtlich verankerten Gesamtrechtsnachfolge unvereinbar, wenn das Recht der übernehmenden Gesellschaft eine mittelbare Beteiligung hiervon ausnehmen wollte. Im Verhältnis zu innerstaatlichen Verschmelzungen ergeben sich keine wesentlichen Abweichungen: Soweit die Vorschriften nichts Abweichendes bestimmen, kommt grundsätzlich das nationale Umwandlungsrecht zur Anwendung (§ 122 Abs. 2 UmwG, Art. 18 SE-VO). Eine Zustimmungspflicht besteht auch hier nur im Innenverhältnis. Die stillen Beteiligungen und die für sie vom übernehmenden Rechtsträger gewährten Beteiligungen müssen im Verschmelzungsplan enthalten sein (vgl. § 122c Abs. 2 Nr. 7 UmwG; Art. 20 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f. SE-VO). Dabei gilt auch der Geheimnisschutz (§ 122a Abs. 2, § 122e, § 8 Abs. 2 UmwG bzw. Art. 18 SE-VO i.V.m. § 8 Abs. 2 UmwG; vgl. Rz. 17.14). Dem stillen Gesellschafter sind grundsätzlich gleichwertige Rechte zu gewähren (vgl. § 122a Abs. 2, § 23 UmwG bzw. Art. 24 Abs. 1 Buchst. c SE-VO i.V.m. § 23 UmwG)114. Grundsätzlich kommt das Personalstatut der ausländischen Gesellschaft im Hinblick auf gesellschaftsrechtliche Schutzvorschriften zur Anwendung, wenn eine stille Beteiligung deutschen Rechts eingeräumt wird (siehe Rz. 6.34). Die europäischen Rechtsvorschriften regeln den Übergang der Rechte und Pflichten aber grundsätzlich abschließend; aktienrechtliche Schutzvorschriften des ausländischen Gesellschaftsrechts kommen daher grundsätzlich nicht zur Anwendung.

17.65 frei

114 Allerdings bezieht sich § 23 UmwG in seinem Anwendungsbereich nur auf deutsche übernehmende Gesellschaften; dem deutschen Gesetzgeber fehlt auch die Regelungsbefugnis, Ansprüche gegen ausländische Gesellschaften zu regeln – vgl. Müller, ZIP 2007, 1081 (1087 bei Fn. 75). Deshalb ist fraglich, woraus sich die Verpflichtung zur Gewährung gleichwertiger Rechte für ausländische Gesellschaften ergibt. Der deutsche Gesetzgeber hat auch keine dem § 8 SEAG vergleichbare Regelung für Sonderrechte erlassen. Die Pflicht zur Gewährung gleichwertiger Rechte ist jedoch Ausfluss gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten; die übernehmende Gesellschaft tritt in das Gesellschaftsverhältnis und diese Pflichten ein. Deswegen wird man § 23 UmwG analog anwenden können.

472 | Lamprecht

Die stille Gesellschaft in der Umwandlung | Rz. 17.68 § 17

2. Spaltung Auch die grenzüberschreitende Spaltung wird als von Art. 49 AEUV gewährleistet angesehen115. Kollisionsrechtlich vollzieht sich die grenzüberschreitende Spaltung nach den Grundsätzen der Vereinigungstheorie116. Die Vorschriften des UmwG über die Spaltung finden daher Anwendung.

17.66

3. Formwechsel Ein Formwechsel ist im Recht der Europäischen Aktiengesellschaft möglich: Eine SE kann durch Formwechsel gegründet werden (Art. 37 Abs. 1, 2 Abs. 4 SE-VO). Bei der Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine SE (mit Sitz in Deutschland117 und damit deutschen Rechts) kommen über Art. 37 Abs. 5 bis 7 SE-VO und über Art. 15 SEVO die §§ 190 ff. UmwG118 zur Anwendung. Im Verhältnis zum rein innerstaatlichen Formwechsel (hierzu Rz. 17.43 ff.) ergeben sich keine Unterschiede; es sind lediglich die vorrangigen Regelungen des Art. 37 SE-VO zu berücksichtigen, die für eine stille Beteiligung keine weiteren Besonderheiten bedeuten. Über § 204 UmwG findet auch § 23 UmwG entsprechende Anwendung119.

17.67

Auch eine Satzungssitzverlegung einer SE ist möglich (Art. 8 SE-VO)120. Diese hat zur Folge, dass die SE weitestgehend dem Aktienrecht des Zuzugsstaats unterliegt121, die Satzungssitzverlegung kommt deshalb einem Formwechsel nahe122. Art. 8 SE-VO ist grundsätzlich als abschließende Regelung zu verstehen123, die den Rückgriff auf nationales Recht sperrt. Die stille Beteiligung ist nicht im Verlegungsplan nach Art. 8 Abs. 2 SE-VO aufzuführen. Im Verlegungsbericht sind allerdings Auswirkungen auf stille Beteiligungen darzulegen (vgl. Art. 8 Abs. 3 SE-VO). Der stille Gesellschafter hat das Recht, den Verlegungsplan und -bericht einzusehen (vgl. Art. 8 Abs. 4 SE-VO). Im Innenverhältnis ist der Stille gemäß § 233 Abs. 3 HGB gesondert zu informieren (vgl. Rz. 17.45). Mangels Einschlägigkeit des UmwG scheidet eine Anwendung des § 23 UmwG aus. Allerdings gilt sein Rechtsgedanke für die Satzungssitzverlegung entsprechend; die Beteiligung des Stillen muss in ihrem Bestand gesichert sein.

17.68

115 Engert in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, 2. Aufl. 2010, § 4 Rz. 97; Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38 (46 f.). 116 Engert in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, 2. Aufl. 2010, § 4 Rz. 104. 117 Der Sitz der Gesellschaft muss beibehalten werden (vgl. Art. 37 Abs. 3 SE-VO). 118 Vgl. Schäfer in MünchKomm/AktG, 4. Aufl. 2017, Art. 37 SE-VO Rz. 4 m.w.N.; J. Schmidt in Lutter/Hommelhoff/Teichmann, SE-Kommentar, 2. Aufl. 2015, Art. 37 SE-VO Rz. 3, 7 f.; Schröder in Manz/Mayer/Schröder, 3. Aufl. 2019, Art. 37 SE-VO Rz. 70. 119 Vgl. zu den Verweisen auf das nationale Aktienrecht im Einzelnen Schröder in Manz/ Mayer/Schröder, 3. Aufl. 2019, Art. 37 SE-VO Rz. 92. 120 Die grenzüberschreitende Satzungssitzverlegung von anderen Gesellschaften ist nicht von Art. 49 AEUV geschützt; vgl. noch zu Art. 43 EG OLG München v. 4.10.2007 – 31 Wx 36/07, BB 2007, 2247 (2248). 121 Art. 9 Abs. 1 Buchst. c) ii) SE-VO; siehe zum Ganzen Schäfer in MünchKomm/AktG, 4. Aufl. 2017, Art. 1 SE-VO Rz. 3. 122 Schäfer in MünchKomm/AktG, 4. Aufl. 2017, Art. 8 SE-VO Rz. 3. 123 Schröder in Manz/Mayer/Schröder, 3. Aufl. 2019, Art. 8 SE-VO Rz. 8.

Lamprecht | 473

§ 17 Rz. 17.69 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

VI. Zusammenfassung 17.69 Eine ausdrückliche Regelung zur stillen Gesellschaft in der Umwandlung ist im Umwandlungsgesetz und Umwandlungssteuergesetz nicht enthalten. Bei der Erörterung der möglichen Fallkonstellationen muss einerseits zwischen den wichtigsten Umwandlungsformen (Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel) unterschieden und andererseits nach der Rolle des Geschäftsinhabers im Umwandlungsprozess (übertragender Rechtsträger, übernehmender Rechtsträger) differenziert werden. Bei der Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übertragenden Rechtsträger wird das Gesellschaftsverhältnis als Ganzes mit dem übernehmenden Rechtsträger als Gesamtrechtsnachfolger automatisch fortgesetzt (§ 20 UmwG; dazu Rz. 17.11 ff.). Nur im Innenverhältnis ist die Zustimmung des rechtzeitig von dem Verschmelzungsvorhaben zu informierenden stillen Gesellschafters einzuholen (Rz. 17.14 ff.). Die gegebenenfalls auch konkludent zu erteilende Zustimmung des Stillen enthält zugleich sein Einverständnis mit der wegen des Gesellschafterwechsels erforderlichen Änderung des Gesellschaftsvertrags. Die bisherige Rechtsstellung des Stillen bleibt gegenüber dem neuen Geschäftsinhaber gewahrt (§ 23 UmwG; dazu Rz. 17.24). Wird die Zustimmung des Stillen nicht eingeholt (Rz. 17.25 ff.), gibt diese Vertragsverletzung des alten Geschäftsinhabers dem Stillen einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des stillen Gesellschaftsvertrags gegenüber dem übernehmenden Rechtsträger (§ 723 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB). Darüber hinaus hat der Stille gegen den übertragenden Rechtsträger aus positiver Vertragsverletzung einen Anspruch auf Ersatz sämtlicher ihm durch die Verschmelzung entstehenden Schäden. Die Verschmelzung kann er jedoch nicht mehr rückgängig machen. Für die Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger gilt grundsätzlich das Gleiche (Rz. 17.34). Der auch hier nur im Innenverhältnis erforderlichen Zustimmung des Stillen kommt allerdings besondere Bedeutung zu, da der Verwässerungsschutz des § 23 UmwG nicht eingreift und der Stille daher seine Rechtsposition zumeist nur durch vertragliche Vereinbarungen erhalten kann. Das stille Beteiligungsverhältnis ist auch im Rahmen der bei der Spaltung eintretenden partiellen Universalsukzession (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) als Ganzes übertragbar (Rz. 17.35 ff.). § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG steht dem nicht entgegen. Da sich die Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Handelsgesellschaft gemäß §§ 152 ff. UmwG nur im Wege der (teilweisen) Ausgliederung zur Aufnahme bzw. Neugründung durchführen lässt, gelten für diese Form der Umwandlung die Ausführungen zur stillen Beteiligung in der Spaltung entsprechend (Rz. 17.42). Bei einem Formwechsel des Inhabers des Handelsgewerbes (Rz. 17.43 ff.), der sich im Anwendungsbereich des UmwG nicht nur unter Kapitalgesellschaften, sondern auch zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften ohne Vermögensübertragung als reiner Organisationsakt vollzieht, ist der Stille von dem geplanten Formwechsel gemäß § 233 Abs. 3 HGB bzw. analog § 216, § 230 Abs. 1, § 238, § 251 Abs. 1 UmwG zu informieren (Rz. 17.45). Der Stille genießt auch hier den Verwässerungsschutz nach § 204 UmwG i.V.m. § 23 UmwG und hat gegebenenfalls einen Schadensersatzanspruch gemäß § 205 UmwG. Hinsichtlich des internen Zustimmungserfor474 | Lamprecht

Die stille Gesellschaft in der Umwandlung | Rz. 17.69 § 17

dernisses ist auf das Verschmelzungsrecht zu verweisen. Besonderheiten gelten für die von der Regelung des UmwG nicht erfassten Formwechsel unter Personenhandelsgesellschaften (Rz. 17.50). Bei einer Umwandlung des stillen Gesellschafters ist zwischen der Umwandlung mit Universalsukzession (Verschmelzung, Spaltung, Umwandlung des einzelkaufmännischen Unternehmens) und dem bloßen Formwechsel zu unterscheiden (Rz. 17.52 ff.). Die stille Gesellschaft ist als reine Innengesellschaft ohne Registerpublizität als solche nicht der Verschmelzung, der Spaltung oder des Formwechsels fähig. Bei der Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Gesellschaftsanteil handelt es sich nicht um eine Umwandlung im eigentlichen Sinne, sondern um die Begründung eines Mitgliedschaftsverhältnisses in der Unternehmensträgergesellschaft (Rz. 17.56 ff.). Die Umwandlung einer typischen in eine atypische stille Beteiligung und umgekehrt wird durch eine rein interne Ausweitung bzw. Beschränkung der gesellschaftsvertraglichen Rechte des Stillen herbeigeführt (Rz. 17.61). Die Umwandlung eines Personengesellschaftsanteils in ein stilles Beteiligungsverhältnis wird durch Ausscheiden des Gesellschafters nach den allgemeinen Regeln und den Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags mit dem gegebenenfalls infolge des Ausscheidens umgewandelten Träger des Handelsgewerbes vollzogen. Die Umwandlung kann sich auch im Rahmen der Erbfolge in Form einer stillschweigenden Fortführung des Beteiligungsverhältnisses des Erblassers durch die Erben als stille Gesellschafter vollziehen (Rz. 17.62). Zur Umwandlung eines Kapitalgesellschaftsanteils in eine stille Gesellschaft bedarf es zusätzlich einer Kapitalherabsetzung nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 222 ff. AktG und § 58 GmbHG; dazu Rz. 17.63). Sofern grenzüberschreitende Umwandlungen möglich sind, wie dies bei einer Verschmelzung nach §§ 122a ff. UmwG, Art. 54 i.V.m. Art. 49 AEUV (Personengesellschaften) bzw. Art. 17 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 SE-VO (Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft), bei einer Spaltung nach Art. 54 i.V.m. Art. 49 AEUV, bei einem grenzüberschreitenden Formwechsel nach Art. 37 Abs. 1, 2 Abs. 4 SE-VO (Europäische Aktiengesellschaften) sowie bei einer Sitzverlegung nach Art. 8 SE-VO (Europäische Aktiengesellschaften) der Fall ist, setzt sich das stille Gesellschaftsverhältnis aufgrund der eintretenden Rechtsnachfolge mit der ausländischen Gesellschaft fort. Im Rahmen des Umwandlungsprozesses kommt dabei größtenteils deutsches Recht zur Anwendung (Rz. 17.64 ff.).

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§ 18 Die stille Publikumsgesellschaft Schrifttum: Albracht, Peter, Die stille Gesellschaft im Recht der Publikumspersonengesellschaften, 1990; Altmeppen, Holger, Die Pflicht zur Herausgabe der Gesellschafterliste einer Fondsgesellschaft?, NZG 2010, 1321; Armbrüster, Christian, Gesellschaftsrecht und Verbraucherschutz, 2005; Armbrüster, Christian/Joos, Michael, Zur Abwicklung fehlerhafter stiller Beteiligungen, ZIP 2004, 189; Asmus, Thomas/Markwardt, Karsten, Der anonyme Quasi-Gesellschafter, ZIP 2012, 1581; Assmann, Heinz-Dieter/Schütze, Rolf A., Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007; BaFin, Merkblatt – Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts (Stand: März 2014), veröffentlicht unter www.bafin.de; BaFin, Merkblatt – Hinweise zum Tatbestand des Kreditgeschäfts (Stand: April 2014), veröffentlicht unter www.bafin.de; Bayer, Walter/Riedel, Jens, Kapitalbeteiligung an Personengesellschaften und Anlegerschutz, NJW 2003, 2567; Blaurock, Uwe, Stille Publikumsgesellschaften im Rechte der Bankenaufsicht, in Festschrift für Theodor Heinsius, 1991, S. 33; Blaurock, Uwe, Zur stillen Beteiligung mehrerer Personen an einer Apotheke, NJW 1972, 1119; Blaurock, Uwe, Urteilsanmerkung zu BGH v. 29.6.1987 (II ZR 173/86), EWIR § 230 HGB 1/87, 1219; Blaurock, Uwe, Zur Anwendung der für die fehlerhafte Gesellschaft geltenden Grundsätze auf die stille Gesellschaft, WuB II H. § 230 HGB 1.05; Blaurock, Uwe, Informations- und Beratungspflichten bei der Kreditvergabe, in Zivil- und Wirtschaftsrecht im Europäischen und Globalen Kontext, in Festschrift für Norbert Horn zum 70. Geburtstag, 2006, S. 697; Blaurock, Uwe, Stille Publikumsgesellschaften im Rechte der Bankenaufsicht, in Festschrift für Theodor Heinsius, 1991, S. 33; Blaurock, Uwe/Gimmler, Milena, Zur Gewährung von Schadensersatzansprüchen bei fehlerhafter (stiller) Beteiligung an Publikumsgesellschaften, ZGR 2014, 371; Bohlken, Lars/ Lange, Meik, Die Prospekthaftung im Bereich geschlossener Fonds nach §§ 13 Abs. 1 Nr. 3, 13a Verkaufsprospektgesetz n.F., DB 2005, 1259; Bödeker, Vinzenz, Anlegerschutz und „Grauer Kapitalmarkt“ – Ein Überblick über die jüngsten Aktivitäten des Gesetzgebers, GWR 2011, 278; Bornemann, Alexander, Stille Publikumsgesellschaften im Spannungsfeld von Gesellschafts- und Bankaufsichtsrecht, ZHR 166 (2002), 211; Dannecker, Marcus, Die richterliche Inhaltskontrolle der Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften, 1992; Dietrich, Jürgen, Die Publikums-Kommanditgesellschaft und die gesellschaftsrechtlich geschützten Interessen, 1988; Domrich, Dirk, Die Rückgängigmachung von Beitrittserklärungen, Grundeigentum, 2001, 1103; Fleischer, Holger, Prospektpflicht und Prospekthaftung für Vermögensanlagen des Grauen Kapitalmarkts nach dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz, BKR 2004, 339; Florstedt, Tim, Der stille Verband, 2007; Flume, Werner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 1, Teil 1, Die Personengesellschaft, 1977; Franzen, Martin, Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft, 1999; Gehrlein, Markus, Anlegerschutz bei stillen Beteiligungen – Abschied von der fehlerhaften Gesellschaft?, WM 2005, 1489; Geibel, Stefan, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft als Beschränkung von Schadensersatzansprüchen?, BB 2005, 1009; Goette, Wulf, Kein Abfindungsanspruch bei Rückzahlung der Einlage bei einer zweigliedrigen Gesellschaft, DStR 2006, 245; Goette, Wulf, Vereinheitlichung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Schrottimmobilien, DStR 2006, 1099; Großkommentar zum AktG, hrsg. von Hopt, Klaus J./Wiedemann, Herbert, 1. Lieferung: Einleitung A–D, 4. Aufl. 1992; Habersack, Mathias, Finanzierter Grundstücks- und Anteilserwerb im Wandel, BKR 2006, 305; Habersack, Mathias/Verse, Dirk A., Rechtsfragen der Mitarbeiterbeteiligung im Spiegel der neueren Rechtsprechung, ZGR 2005, 451; Hebig, Michael/Zacharias, Erwin, Handbuch der betrieblichen Vermögensbildung, 1991; Heckelmann, Dieter, Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen: eine Studie über die Grenzen der Gestaltungsfreiheit beim Ausscheiden aus der Offenen Handelsgesellschaft, 1973; Heid, Peter, Die Inhaltskontrolle des Vertrages der

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§ 18 Rz. 18.1 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht Sozialansprüche und actio pro socio bei der „GmbH & Still“, in Festschrift für Gerold Bezzenberger, 2000, S. 401; Schmidt, Karsten, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden, 1984; Schneider, Uwe H., Die Inhaltskontrolle von Gesellschaftsverträgen, ZGR 1978, 1; Schubert, Claudia, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft und das Haustürwiderrufsrecht, WM 2006, 1328; Spindler, Gerald, Kapitalmarktreform in Permanenz – Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz, NJW 2004, 3449; Schwark, Eberhard, Kapitalanlegerschutz im deutschen Gesellschaftsrecht, ZGR 1976, 271; Tassius, Isabelle, Die Innen-KG, 2019; Tettinger, Peter W., Die fehlerhafte stille Gesellschaft – Zivilrechtlicher Anlegerschutz durch bankrechtliche Erlaubnisvorbehalte? (I), DStR 2006, 849; Tettinger, Peter W., Die fehlerhafte stille Gesellschaft – Zivilrechtlicher Anlegerschutz durch bankrechtliche Erlaubnisvorbehalte? (II), DStR 2006, 903; Ulmer, Peter/Dopfer, Jürgen, Anlegerschutz und Gesellschaftsrecht, BB 1978, 461; Wagner, Klaus, Geschlossene Fonds gemäß dem KAGB, ZfBR 2015, 113; Wagner, Klaus, Zur aktuellen Rechtsprechung des II. Zivilsenats des BGH betreffend stille Beteiligungen im Kapitalanlagemodell, NZG 2005, 499; Wälzholz, Eckhard, Die fehlerhafte stille Gesellschaft und deren Rückabwicklung, DStR 2003, 1533; Wertenbruch, Johannes, Rückabwicklung einer Kapitalanlage in Form einer stillen Gesellschaft – Urteilskomplex Göttinger Gruppe, NJW 2005, 2823; Westermann, Harm Peter, Gesellschaftsbeitritt als Verbraucherkreditgeschäft? (I), ZIP 2002, 189; Westermann, Harm Peter, Gesellschaftsbeitritt als Verbraucherkreditgeschäft? (II), ZIP 2002, 240; Wiedemann, Herbert, Die Legitimationswirkung von Willenserklärungen im Recht der Personengesellschaften, in Festschrift für Harry Westermann, 1974, S. 585; Wiedemann, Herbert, Stille Publikumsgesellschaften, WM 2014, 1985; Wiedemann, Herbert, Die Stille Beteiligung – ein Vorschlag für die Gesetzgebung, NZG 2016, 1; Wiedemann, Herbert, Alte und Neue Kommanditgesellschaften, NZG 2013, 1041; Wolfer, Hendrik, Anspruch auf Daten von Mitgesellschaftern in Personengesellschaften? – Ein Überblick über die Rechtsprechung nach BGH, Az. II ZR 187/09, GWR 2011, 77; Ziegler, Jens, Gesellschaftsvertragliche Abfindungsklauseln mit Ratenzahlung, DB 2000, 2107; Ziegler, Ole, Die Prospekthaftung am nicht-organisierten Kapitalmarkt im Spannungsverhältnis zu personen-gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen, DStR 2005, 30; Zimmer, Daniel/Cloppenburg, Matthias, Haftung für falsche Information des Sekundärmarktes auch bei Kapitalanlagen des nicht geregelten Kapitalmarktes?, ZHR 171 (2007), 519.

I. Allgemeines 18.1 Stille Publikumsgesellschaften sind zur Kapitalsammlung auf den Beitritt einer Vielzahl öffentlich geworbener, rein kapitalistisch beteiligter Anleger ausgerichtet. Sie erfreuen sich besonderer Beliebtheit, weil sie die Möglichkeit eröffnen, die Geschäftsleitung fest zu bestimmen, das Kapital ohne Handelsregisterpublizität auf einfache Weise herauf- oder herabzusetzen sowie beliebig viele neue Mitgliedschaftsrechte begründen zu können. Hinzu kam in der Vergangenheit der Vorteil, dass stille Publikumsgesellschaften kaum einer staatlichen Kontrolle unterlagen und besondere Anlegerschutzregularien zu Beginn ihres Aufstiegs als Gesellschaftsform zur Kapitalsammlung nicht bestanden. 18.2 Spiegelbild zu den besonderen rechtlichen Vorteilen der stillen Publikumsgesellschaft bestehen aber auch besondere rechtliche Probleme, die bei der stillen Publikumsgesellschaft durch die Verwendung der Rechtsform der Personengesellschaft für Zwecke entstehen, für die eigentlich die Kapitalgesellschaften, insbesondere die Aktiengesellschaften, geschaffen und geeignet sind. Während das Aktienrecht durch zwingende 478 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.5 § 18

Vorschriften die Interessen der Anlagegesellschafter schützt, fehlt es im Recht der Personengesellschaften an solchen Normen, die dem Anleger die Gewähr einer angemessenen Rechtsstellung geben1. Solche zwingenden Normen sind im Recht der Personengesellschaften grundsätzlich nicht nötig, da dort in der Regel ein individuell abgeschlossener, interessenausgleichender Gesellschaftsvertrag Vertragsgerechtigkeit gewährleistet2. Bei der stillen Publikumsgesellschaft versagt dieser Schutzmechanismus, weil dort statt einer Beteiligung aller Gesellschafter ein kleiner Kreis von Initiatoren den Gesellschaftsvertrag vorformuliert. Der Anleger kann später lediglich der bereits bestehenden Gesellschaft unter den Bedingungen des vorgegebenen Gesellschaftsvertrags beitreten. Darüber hinaus ergeben sich rechtliche Probleme aus der vom gesetzlichen Leitbild der Personengesellschaft abweichenden körperschaftlichen Verfassung der Publikumspersonengesellschaften, auf die die Regelungen für Personengesellschaften nicht ohne weiteres anzuwenden sind. Die Gesellschaft ist darauf angelegt, eine von vornherein nicht begrenzte Anzahl von rein kapitalistisch beteiligten Anlegern aufzunehmen, ein fester Mitgliederbestand ist nicht vorgesehen. Das Einstimmigkeitsprinzip ist vom Mehrheitsprinzip abgelöst. Aber auch aus dem öffentlichen Vertrieb der Anteile an stillen Publikumsgesellschaften ergeben sich zahlreiche Probleme.

18.3

Die Kombination der besonderen Beliebtheit der stillen Publikumsgesellschaft als Rechtsform mit Kapitalsammelfunktion sowie die rechtlichen Probleme aufgrund der Atypizität der stillen Publikumsgesellschaft als kapitalistische Publikumspersonengesellschaft haben dazu geführt, dass sich die Rechtsprechung und die Literatur in der jüngsten Vergangenheit häufig mit verschiedenen Rechtsfragen bei stillen Publikumsgesellschaften beschäftigt haben. Das Recht der stillen Publikumsgesellschaft wurde hierdurch in den vergangenen Jahren durch zahlreiche Grundsatzentscheidungen des BGH zu Publikumspersonengesellschaften im Allgemeinen3, zu stillen Publikumsgesellschaften im Besonderen4 sowie durch mindestens ebenso zahlreiche Beiträge in der Literatur5 in erheblichem Umfang konkretisiert.

18.4

In seinen Grundsatzentscheidungen billigt der BGH den auch nur mittelbaren Anlegern von Publikumsgesellschaften den Status von „Quasi-Gesellschaftern“ zu, deren Rechte er damit dem Status unmittelbarer Gesellschafter weitgehend annähert. Dabei betont der BGH zu Recht, dass die Beteiligten ihr gesellschafterliches Innenverhältnis so gestalten können, als ob sie selbst Gesellschafter wären, da die Gestaltung ihrer

18.5

1 Hüffer, JuS 1979, 460. 2 Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 21 III 1. 3 BGH v. 11.1.2011 – II ZR 187/09, NZG 2011, 276; BGH v. 5.2.2013 – II ZR 134/11, NZG 2013, 379. 4 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, NZG 2013, 1422; BGH v. 23.7.2013 – II ZR 143/12, ZIP 2013, 1761; BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, ZIP 2013, 2355; BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, ZIP 2016, 523; BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, ZBB 2010, 312. 5 Vgl. hierzu K. Schmidt in FS Bezzenberger, 401; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 81; K. Schmidt, ZHR 178 (2014), 10; Blaurock/Pordzik, NZG 2018, 81 (83 ff.); grundlegend zur Anwendbarkeit der Lehre der fehlerhaften Gesellschaft aber z.B. auch Blaurock/Gimmler, ZGR 4/2014, 371.

Kauffeld | 479

§ 18 Rz. 18.5 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

internen Rechtsbeziehungen unter Beachtung der sich aus dem Gesellschaftsverhältnis ergebenden Bindungen im Allgemeinen einer freien vertraglichen Vereinbarung zugänglich sei6. Damit besteht auch für die Beteiligten einer stillen Publikumsgesellschaft die Möglichkeit, ihre Rechtsbeziehungen untereinander der wirklichen Sachlage anzupassen und auch die still Beteiligten zu Trägern der gesellschaftsrechtlichen Befugnisse und Pflichten im Innenverhältnis zu machen. Die unternehmenstragenden Gesellschaft übt dann im Innenverhältnis nur noch die Rolle als Verwalterin des mitunternehmerischen Vermögens aus7, das der aus der unternehmenstragenden Gesellschaft und allen stillen Gesellschaftern gebildeten gesellschaftsrechtlichen Gestaltung zuzuordnen ist8. Damit richtet sich der Umfang der unternehmerischen Betätigung der unternehmenstragenden Gesellschaft von vornherein nach den von den stillen Anlegern zur Verfügung gestellten Geldern.

18.6 Damit hat der BGH das der stillen Publikumsgesellschaft zugrunde liegende Personengesellschaftsrecht in mehrfacher Hinsicht an den Zweck der Massenbeteiligung angepasst und ein an das Kapitalgesellschaftsrecht angelehntes Sonderrecht entwickelt, bei dem der Schutz der Anleger im Vordergrund steht: – Wegen der Bereichsausnahmeregelung des § 310 Abs. 4 BGB finden die §§ 305 bis 310 BGB zwar keine unmittelbare Anwendung, ein entsprechender Schutz wird aber durch eine Inhaltskontrolle erreicht, die sich am AGB-Recht orientiert (Rz. 5.29)9. – Um die Eindeutigkeit und Erkennbarkeit der gesellschaftsvertraglichen Pflichten bei einem für eine Vielzahl von stillen Anlegern einseitig vorformulierten Vertragsregelungen zu gewährleisten, ist Schriftform erforderlich (vgl. hierzu Rz. 18.41). – In Abweichung von dem im Personengesellschaftsrecht geltenden Prinzip kann eine vorbehaltlos akzeptierte, von der vertraglichen Regelung abweichende Vertragspraxis keine Vertragsänderung bewirken10. – Die Auslegung des Statuts einer stillen Publikumsgesellschaft erfolgt nach dem objektiven Erklärungsgehalt, weil das Statut einer stillen Publikumsgesellschaft wie eine Satzung und nicht wie eine Individualvereinbarung behandelt werden muss. – § 312b Abs. 1 BGB über den Widerruf von außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen bzw. angebahnten Geschäften und § 358 BGB über verbundene Verträge sind zu. – Soweit die stillen Anleger das Anlagekapital aufbringen und der Geschäftsinhaber weder am Gewinn noch am Verlust nennenswert beteiligt ist, sondern nur eine Tätigkeitsvergütung und Aufwendungsersatz erhält, ist eine gesellschaftsvertragliche

Vgl. hierzu BGH v. 5.2.2013 – II ZR 134/11, NZG 2013, 379 (380). Vgl. hierzu K. Schmidt, NZG 2016, 4 (6). BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, NZG 2013, 1422 (1425). Vgl. hierzu Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 110, unter Hinweis auf BGH v. 27.11.2000 – II ZR 218/00, NJW 2001, 1270. 10 BGH v. 5.2.1990 – II ZR 94/89, NJW 1990, 2684. 6 7 8 9

480 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.8 § 18

Bestimmung unwirksam, die dem Geschäftsinhaber das einseitige Recht gibt, einzelne stille Anleger nach freiem Ermessen hinauszukündigen11. – Ob eine Beteiligung an einer stillen Publikumspersonengesellschaft als „Einlagengeschäft“ i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG zu qualifizieren ist und damit einer Erlaubnis der BaFin bedarf (§ 32 KWG), ist aufgrund der Gesamtumstände der Vereinbarung einzelfallbezogen zu entscheiden. Hervorzuheben sind an dieser Stelle die zahlreichen Beiträge von Karsten Schmidt, dessen Rechtsfigur der „Innen-KG“ äußerst anschaulich die Rechtssituation bei der in der Praxis wohl am häufigsten vorzufindenden Gestaltungsvariante der (mehrgliedrigen) stillen Publikumsgesellschaft bezeichnet. Bei dieser wird in den Beteiligungsverträgen meist vorgesehen, dass die Anleger wie Kommanditisten behandelt werden sollen, ohne dass diese tatsächlich Kommanditisten werden. Entsprechend des Konzepts der „Innen-KG“ wird das Gesellschaftsvermögen treuhänderisch vom Geschäftsinhaber verwaltet. Der Terminus „Innen-KG“ scheint sich im Recht der stillen Publikumsgesellschaft mittlerweile durchzusetzen12. Der BGH hat den Begriff der „Innen-KG“ in den Leitsatz seines Urteils vom 8.12.201513 übernommen; auch die Vorinstanz, das OLG Hamburg, verwendete den Begriff der „Innen-KG“ bereits14. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass sich die von Karsten Schmidt entwickelte Rechtsfigur der „Innen-KG“ aufgrund der umfangreichen Rechtsfortbildungen durch die Rechtsprechung im Ergebnis kaum auswirkt. Die „Innen-KG“ ist als dogmatisches Konzept zu verstehen, das die umfangreichen Rechtsfortbildungen zu ordnen versucht15.

18.7

Ausfluss dieser umfangreichen Entwicklungen im Recht der stillen Publikumsgesellschaft in den letzten Jahren sind erste Beiträge in der Literatur, die eine gesetzliche Normierung der stillen Publikumsgesellschaft fordern16.

18.8

11 BGH v. 7.2.1994 – II ZR 191/92, II ZR 188/92, NJW 1994, 1156 f. 12 Grundlegend zur Innen-KG nunmehr auch Tassius, Die Innen-KG, die zutreffend bei entsprechender atypischen Ausgestaltung der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft von einer „schuldrechtlichen Kopie einer Kommanditgesellschaft“ spricht (S. 13); vgl. hierzu auch Kauffeld/Mock, ZIP 2019, 1411 (1412 ff.). 13 BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, DStR 2016, 880 (880). 14 OLG Hamburg v. 31.10.2014 – 11 U 57/13, NZG 2015, 552. 15 So im Ergebnis auch Tassius, Die Innen-KG, S. 133. 16 Aufgrund dieser Entwicklungen in den letzten Jahren vertritt beispielsweise Wiedemann die Ansicht, dass diese Erscheinungsform der stillen Gesellschaft eigens im HGB gesetzlich zu regeln sei: Wiedemann, NZG 2016, 1; Wiedemann, WM 2014, 1985; ebenso nunmehr Kauffeld/Mock, ZIP 2019, 1411 (1411 ff.) und Tassius, Die Innen-KG, S. 136. Mit Sicherheit würde die Schaffung ausdrücklicher Regelungen zum Recht der stillen Publikumsgesellschaft auch zur Rechtsklarheit und Rechtssicherheit beitragen. Stille Anleger wären nicht mehr in der Mehrzahl der Fälle gezwungen, ein Mindestmaß an Schutzrechten klagend durchzusetzen, sondern dürften sich darauf verlassen, dass ihnen die Initiatoren der Anlagen von vornherein einen gewissen Bestand an Schutzrechten belassen. Der Rechtsanwender wäre bei der Beantwortung von rechtlichen Fragestellungen künftig nicht mehr dazu gezwungen, im Wege einer „case law-Studie“ mehr oder weniger die gesamte höchstrichterliche Rechtsprechung auszuwerten, um dann für den konkreten Fall aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse eine rechtliche Einschätzung abgeben zu können.

Kauffeld | 481

§ 18 Rz. 18.8 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Erfolgt ist eine gesetzliche Regulierung des Rechts der stillen Publikumsgesellschaft durch den Gesetzgeber bereits insoweit, dass er öffentlich angebotene Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften durch das am 1.6.2012 in Kraft getretene Vermögensanlagengesetz17 einer gegenüber der vorherigen Rechtslage deutlich umfassenderen Kontrolle unterwarf. Aufgrund der mit stillen Publikumsgesellschaften eingeworbenen oftmals hohen Kapitalien18 wurde der Gestaltungsspielraum der Emittenten stiller Beteiligungen an Publikumsgesellschaften erheblich eingeschränkt. Mit dem am 22.7.2013 in Kraft getretenen KAGB wurde zudem eine Prospekterstellungspflicht und eine Prospekthaftung für solche stille Beteiligungen an Publikumsgesellschaften eingeführt, die als stille Beteiligungen an Investmentvermögen i.S. des KAGB zu qualifizieren sind. Stille Beteiligungen können nämlich auch Anlagen i.S. von § 1 Abs. 1 KAGB sein19. Tassius20 weist zutreffend darauf hin, dass man diesen Tatbestand beispielsweise für das Urteil des BGH vom 8.12.201521 zur Auflösung einer als Innen-KG ausgestalteten stillen Gesellschaft zu bejahen habe. Es ist daher zu erwarten, dass der nunmehr einschlägige Anwendungsbereich des KAGB der Innen-KG weite Teile ihrer in der Vergangenheit von der Wirtschaftspraxis eingeräumten Entfaltungsmöglichkeit nehmen wird.

18.9 Auch ohne umfassende gesetzliche Regelung des Rechts der stillen Publikumsgesellschaft hat die intensive Rechtsfortbildung jedenfalls dazu geführt, dass man mittlerweile wohl von einem Sonderrecht der stillen Publikumsgesellschaft sprechen kann, wenngleich die stille Publikumsgesellschaft kein eigenständiger Typus22 ist (vgl. Rz. 5.51 ff.). 1. Begriff und Zulässigkeit der stillen Publikumsgesellschaft

18.10 Bereits durch den Begriff der „stillen Publikumsgesellschaft“ werden zutreffend die wesentlichen Strukturmerkmale dieser Form der Kapitalaufnahme am Kapitalmarkt umschrieben: Eine Vielzahl von untereinander koordinierten, in der Regel aber nicht bekannten Anlegern23 beteiligt sich mittels atypisch stiller Beteiligung kapitalistisch an einer körperschaftlich verfassten Personengesellschaft oder an einer Kapitalgesellschaft, die Mitgliedschaftsrechte auf dem öffentlichen Kapitalmarkt anbie17 In wesentlichen Punkten nochmals angepasst durch das am 10.7.2015 in Kraft getretene Kleinanlegerschutzgesetz, vgl. zu den Einzelheiten Rz. 18.132 ff. 18 Vgl. hierzu beispielsweise BGH v. 16.5.2017 – II ZR 284/15, ZIP 2017, 1365 Tz. 2: Nach dem atypisch stillen Gesellschaftsvertrag belief sich das vom Geschäftsinhaber eingelegte Kapital auf 500.000 Euro, das stille Gesellschaftskapital betrug bis zu 150 Mio. Euro und konnte durch den Geschäftsinhaber durch Aufnahme weiteren stillen Kapitals auf bis zu 190 Mio. Euro erhöht werden. 19 Poelzig/Volmer, DNotZ 2014, 483; Wagner, ZfBR 2015, 113 (114). 20 Tassius, Die Innen-KG, S. 89. 21 BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, DStR 2016, 880. 22 Zutreffend Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 109. 23 Hierbei kommt es nicht auf die tatsächlich erreichte Gesellschafterzahl an; vielmehr ist die Ausgestaltung der Gesellschaftsverhältnisse als kapitalistische Beteiligung für eine Vielzahl von Anlegern entscheidend: BGH v. 9.11.1987 – II ZR 100/87, BGHZ 102, 172 (177).

482 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.12 § 18

tet, ohne dass die Anleger hierbei einen ihre Interessen wahrenden Einfluss auf die Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses gehabt haben24. Die Zulässigkeit von stillen Publikumsgesellschaften ergibt sich aus der allgemeinen Zulässigkeit atypischer Gestaltungen im Gesellschaftsrecht25, insbesondere kapitalistisch strukturierter Personengesellschaften26.

18.11

Folgende Gesichtspunkte sind wichtige Indizien für das Vorliegen einer stillen Publikumsgesellschaft:

18.12

– Beteiligung einer Vielzahl von untereinander in der Regel nicht bekannten stillen Anlegern an einem „stillen Verband“ oder „virtuellem Rechtsträger“27; – Beteiligung der stillen Anleger aus ausschließlich kapitalistischen Motiven; – Verwendung vorgefertigter Angebote zum Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags in großer Zahl; – Interessenten haben auf die inhaltliche Gestaltung (bis auf die Höhe der Anlagebeträge und die Laufzeit) keinen Einfluss; – für die Beurteilung der Frage, ab welchen Mindestbeträgen und Mindestanlagezeiten eine unternehmerische Beteiligung sinnvoll erscheint, ist nicht die Sicht des Unternehmers maßgeblich; es besteht vielmehr eine Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Anlagebeträge und der Laufzeiten in einer Angebotsvielfalt, um hierdurch dem Interesse der Anleger auf eine nach individuellen Bedürfnissen abgestimmte Anlageform nachzukommen; – die unternehmenstragende Gesellschaft übt im Innenverhältnis die Rolle als Verwalterin des den stillen Gesellschaftern treuhänderisch zugewiesenen mitunternehmerischen Vermögens aus28, das der aus der unternehmenstragenden Gesellschaft und allen stillen Gesellschaftern gebildeten gesellschaftsrechtlichen Gestaltung zuzuordnen ist29;

24 Zur stillen Publikumsgesellschaft: BGH v. 14.4.1975 – II ZR 147/73, BGHZ 64, 238 (241); BGH v. 3.5.1982 – II ZR 78/81, BGHZ 84, 11 (13); Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, S. 121; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 21 III 1; Kauffeld/Mock, ZIP 2019, 1411 (1411). 25 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 III. 26 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 5, 88 ff. 27 Allein eine Mehrheit von stillen Gesellschaftern, deren Beteiligungen sich in einem bloßen Rechtsverhältnis zwischen den stillen Gesellschaftern und der unternehmenstragenden Gesellschaft begründen, genügt nicht: K. Schmidt, NZG 2016, 4 (6). 28 Vgl. hierzu K. Schmidt, NZG 2016, 4 (6). Florstedt stellt für das Vorliegen eines mehrgliedrigen stillen Verbands nicht in erster Linie auf das Vorhandensein einer „Organisation“ ab, sondern auf die wirtschaftliche („wahre“) Inhaberschaft der stillen Anleger am Unternehmensvermögen; Florstedt, S. 57 ff. Letztendlich ist aber beides Spiegelbild der Erscheinungsform „stille Publikumsgesellschaft“. 29 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, NZG 2013, 1422 (1425).

Kauffeld | 483

§ 18 Rz. 18.12 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

– der Umfang der unternehmerischen Betätigung der unternehmenstragenden Gesellschaft richtet sich von vornherein nach dem von den stillen Anlegern eingeworbenen Kapitalstock; – es werden laufend Gelder angenommen.

18.13 Aus der Eigenschaft einer stillen Publikumsgesellschaft, sowohl stille Gesellschaft als auch Massengesellschaft zu sein, ergeben sich Grenzen der Dispositionsfreiheit. Zunächst einmal müssen die Beschränkungen aus dem Recht der stillen Gesellschaft selbst beachtet werden. Es liegt nur dann eine stille Gesellschaft und nicht ein anderes Rechtsverhältnis vor, wenn die körperschaftliche Ausgestaltung die wesensprägenden Begriffsmerkmale einer stillen Gesellschaft berücksichtigt: Zwingender Natur sind die unentziehbare Handlungsbefugnis des Geschäftsinhabers (§ 230 HGB), das außerordentliche Kündigungsrecht des stillen Gesellschafters (§ 234 Abs. 1 Satz 2 HGB), das Kontrollrecht nach § 233 Abs. 3 HGB, das Kündigungsrecht des Gläubigers (§ 234 Abs. 1 Satz 1 HGB), die Beteiligung am Gewinn und die insolvenzrechtlichen Vorschriften (§ 236 HGB, § 136 InsO). 18.14 Im Übrigen hat die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags die allgemeinen gesetzlichen Schranken für die Errichtung einer stillen Gesellschaft zu berücksichtigen (siehe Rz. 9.7 ff.). Hierzu zählen nicht nur die §§ 134, 138 BGB, sondern auch diejenigen allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätze, die einen unentziehbaren Mindestbestand an Gesellschafterrechten sichern. Die persönliche Rechtsposition des Gesellschafters in einer körperschaftlich strukturierten Gesellschaft ist durch den Grundsatz der Gleichbehandlung und die allgemeine Treuepflicht im Bestand geschützt30. 2. Geschichtliche Entwicklung und Perspektive

18.15 Bereits vor Schaffung des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches (1861) kannte man stille Publikumsgesellschaften. Es bestand aufgrund der Entwicklung von Handel und Industrie das Bedürfnis, größere Mengen von Kapital in Gesellschaften zu binden. Die Rechtsform der Aktiengesellschaft war aber oftmals weniger geeignet, da in den meisten deutschen Ländern ihre Errichtung von einer staatlichen Genehmigung abhängig war (Konzessionssystem)31. Daher wurde schon damals die stille Gesellschaft als bevorzugte Gesellschaftsform für die Kapitalsammlung benutzt32. 18.16 Entscheidend für die Erfolgsgeschichte „Publikumspersonengesellschaft“ im 20. Jahrhundert war das Steuerrecht, nämlich die Entdeckung der steuerbegünstigten Kapitalanlage33. Aus volkswirtschaftlichen und sozialpolitischen Gründen führte der Gesetzgeber zu Beginn der 60er Jahre verschiedene Steuervergünstigungen ein. Diese steuer30 BGH v. 15.11.1982 – II ZR 62/82, BGHZ 85, 350 (361) = GmbHR 1983, 297. 31 Dies galt bis zur Aktienrechtsnovelle 1870, die im ADHGB das Registrierungsverfahren einführte; vgl. Assmann in GroßKomm/AktG, 4. Aufl. 2004, Einl. Rz. 21 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 26 II 2b. 32 Dietrich, Die Publikums-Kommanditgesellschaft, S. 24. 33 Vgl. hierzu und zum Folgenden: Hebig/Zacharias, Handbuch der betrieblichen Vermögensbildung, Rz. 752 f.; Heid, DB 1985, Beilage 4, 2.

484 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.18 § 18

liche Begünstigung geschah in erster Linie durch die Zulassung von erhöhten Abschreibungen, die an die Stelle der Absetzungen nach § 7 EStG a.F. traten, und von Sonderabschreibungen, die neben den Abschreibungen nach § 7 EStG a.F. in Anspruch genommen werden konnten34. Die erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen fingierten steuerlich Verluste, die nicht notwendigerweise den tatsächlichen betriebswirtschaftlichen Verlusten entsprechen mussten. Gefördert werden sollten strukturschwache Regionen sowie bestimmte benachteiligte Wirtschaftszweige und Personenkreise. An diesen Anlagen, bei denen die Anleger aufgrund einer mitunternehmerischen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG an Buchverlusten partizipieren konnten, waren gut verdienende Teile der Bevölkerung interessiert, die aufgrund der Steuerprogression mit einem Spitzensteuersatz von 56 % den größeren Teil ihrer Einkünfte an den Fiskus abführen mussten. Die Verluste wurden im Wege des Verlustausgleichs nach § 2 Abs. 3 a.F. EStG mit den eigenen positiven Einkünften verrechnet und so die Einkommenssteuerlast in einkommensstarken Jahren gesenkt. Erträge aus den gebildeten stillen Reserven sollten dann in späteren, einkommensschwächeren Jahren bei niedrigerer Steuerbelastung realisiert werden. Neben einen Steuerstundungseffekt konnte somit günstigstenfalls auch eine tatsächliche Steuerentlastung treten. Daher wurden anfangs der 60er Jahre Publikumspersonengesellschaften in der Regel als Abschreibungsgesellschaften gegründet. Dieses geschah in der Folgezeit verstärkt in der Rechtsform der „Kapitalgesellschaft & Still“, da auch die Verlustanteile des atypisch stillen Gesellschafters unter § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG fallen und somit negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb darstellen, die der Anleger persönlich gewinnmindernd nutzen kann. Die Beteiligung einer Vielzahl stiller Gesellschafter zu gleichen Bedingungen an einem Geschäftsinhaber führte zur Anerkennung35 der Mehrgliedrigkeit der stillen Gesellschaft. In der Folgezeit versuchte der Gesetzgeber immer wieder korrigierend auf die Ausnutzung der steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten einzuwirken. Im Jahre 1971 wurde zur Beseitigung der Nutzungsmöglichkeiten der Sonderabschreibungen die allgemeine Verlustklausel des § 7 Abs. 6 EStG a.F. eingeführt. Nach ihr durften Sonderabschreibungen und erhöhte Absetzungen nicht mehr zur Entstehung oder Erhöhung eines Verlustes führen. Sie galt nicht für die Berlinförderung und nur eingeschränkt für Schifffahrtsbeteiligungen. Als Ausweichreaktion traten an die Stelle der Abschreibungs- die Verlustzuweisungsgesellschaften. Bei ihnen versprachen die Gesellschaften unter Ausnutzung der Bilanzierungsvorschriften hohe Verlustzuweisungen von mehr als 100 % des eingesetzten Kapitals.

18.17

Mit dem Gesetz vom 20.8.198036 zur Änderung des KStG, EStG sowie weiterer Gesetze wurden durch die Einführung eines neuen § 15a EStG die Möglichkeiten der steuerlichen Geltendmachung von Verlusten weiter eingeschränkt (ausführlicher hierzu Rz. 22.69 ff.). Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG ist für einen Kommanditisten der Verlust-

18.18

34 Kaligin, Risiken und Rechtsschutzmöglichkeiten des Kommanditisten, S. 1 f. 35 Die überkommene Auffassung betrachtete die stille Gesellschaft per definitionem als zweigliedrig: Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 228; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 27 m.w.N. in Fn. 2. 36 BGBl. I 1980, 1545.

Kauffeld | 485

§ 18 Rz. 18.18 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

ausgleich ausgeschlossen, wenn ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Diese Regelung gilt gemäß § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG37 auch für einen atypisch stillen Gesellschafter und über den Verweis in § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG auch für den typischen stillen Gesellschafter.

18.19 Seit dem 1.1.1999 wurden die Regelungen der §§ 2 Abs. 3, 2b und 10d EStG a.F. den Verlustausgleich erheblich beschränkt. § 2 Abs. 3 EStG wurde jedoch teilweise und § 2b EStG vollständig zum 1.1.2004 wegen verfassungsrechtlicher Bedenken wieder aufgehoben. In der Folgezeit hat der Gesetzgeber allerdings durch Einführung des § 15b EStG zum 15.11.2005 (Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen) und des § 15 Abs. 4 Sätze 6–8 EStG zum 12.4.2003 (Verlusttransfer zwischen Kapitalgesellschaften mittels stiller Beteiligungen) die Verlustausgleichsmöglichkeiten weiter eingeschränkt (vgl. Rz. 22.68). Auch die durch die Unternehmensteuerreform 2008 eingeführte Zinsschranke (§ 4h EStG) für die mitunternehmerische atypische stille Gesellschaft und das Werbungskosten- und Verlustabzugsverbot (§ 20 Abs. 6 und 9 EStG) bei der typischen stillen Gesellschaft zielen auf die Vermeidung des Transfers von Verlusten oder des Abzugs von Fremdfinanzierungsaufwendungen. Daher kommt es den Anlegern bei ihrem Engagement in einer stillen Publikumsgesellschaft in erster Linie nicht mehr auf steuerliche Verlustzuweisungen an. Stattdessen erkennt die Wirtschaftspraxis die Vorteile der stillen Publikumsgesellschaft als anonyme Finanzierungsform, ohne Formerfordernisse, ohne Registereintragung (anders nur bei der Publikumsgesellschaft AG & Still, hierzu Rz. 8.26, 18.10, 18.33 ff.) und vor allem ohne Außenhaftung. Die Wirtschaftspraxis verschaffte sich damit in Gestalt des stillen Gesellschafters einer atypisch stillen Publikumsgesellschaft einen „bequemen Konkurrenten“38 zum Kommanditisten. 18.20 Wird die Erzielung einer möglichst hohen Rendite angestrebt, kommen als Geschäftsgegenstand solcher Gesellschaften besonders kapitalintensive und risikoreiche Geschäfte wie Explorationen oder Projekte zur Gewinnung regenerativer Energien in Betracht. Aber auch Film-, Fernseh- und Musikproduktionen werden finanziert. Wesentliche Bedeutung erlangten mit der Rentenreform 2001 auch die komplexe Altersversorgung und Vermögensbildung39. Daher stehen auch Modelle der privaten Altersvorsorge durch Beteiligung an stillen Publikumsgesellschaften im Anlegerinteresse40. Dabei erwiesen sich mehrgliedrige atypisch stille Publikumsgesellschaften seit dem Jahr 2003 als geeignete Rechtsträger für geschlossene Immobilienfonds oder für „Blind Pool“-Fonds, bei denen der Anleger zum Zeitpunkt der Zeichnung noch nicht weiß, welche Anlageobjekte angekauft werden. 18.21 Diese Entwicklung hatte zur Folge, dass erstmals größeren Bevölkerungskreisen unabhängig von der Höhe ihres Einkommens Zutrittsmöglichkeiten zu solchen Beteiligungen eröffnet wurden. Dieser – auch gesellschaftsvertraglich – erheblich schutz37 Zur Kritik am Wortlaut dieses Absatzes vgl. Meßmer, BB 1981, Beilage 1, 1 (13 f.); Knobbe-Keuk, StuW 1981, 97 (102). 38 Wiedemann, WM 2014, 1985 (1987). 39 Wagner in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 15 Rz. 85. 40 Vgl. OLG Celle v. 15.5.1996 – 9 U 41/95, AG 1996, 370.

486 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.24 § 18

bedürftigere Personenkreis verfügt regelmäßig über geringere Einkommen, so dass in zahlreichen Fällen eine Fremdfinanzierung der Beteiligung notwendig ist. Auch besteht aufgrund des unbestimmten Anlegerkreises für mehrgliedrige atypisch stille Publikumsgesellschaften eine Pflicht zur Herausgabe von Verkaufsprospekten. Schließlich werden die Beteiligungen an atypisch stillen Publikumsgesellschaften in der Regel von gewerblichen Vermittlern vertrieben. Hieraus ergeben sich eine Fülle schwieriger Fragen des Verbraucher- und Anlegerschutzes (hierzu Rz. 18.38 ff., 18.51 ff., 18.62 ff.; vgl. auch Rz. 18.94 ff.). 3. Die geeignete Rechtsform für Publikumsgesellschaften Typische Publikumsgesellschaften waren zunächst die Aktiengesellschaft und die Kommanditgesellschaft auf Aktien, deren Angebot sich an den organisierten Kapitalmarkt richtete. Bis Mitte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts war die Publikumsaktiengesellschaft die fast ausschließliche Rechtsform, derer sich Kapitalnachfrager am Markt bedienten. Dies änderte sich mit einer fortschreitenden Perfektionierung des Aktienrechts, insbesondere des Aktionärsschutzes, und der Entdeckung der steuerbegünstigten Kapitalanlage41. Neben die Publikumsaktiengesellschaften traten als Instrument für das Massenanlagegeschäft am Kapitalmarkt die Publikumspersonengesellschaften. Hier konnten die Kompetenzen der Geschäftsleitung fest bestimmt, das Kapital auf einfache Weise herauf- oder herabgesetzt sowie beliebig viele neue Mitgliedschaftsrechte begründet werden.

18.22

Von den Personengesellschaften scheiden sowohl OHG als auch GbR als Rechtsformen einer Publikumsgesellschaft aus. Bereits in der Vergangenheit waren die Anleger regelmäßig nicht bereit, sich über ihre Einlage hinaus an der Gesellschaft zu engagieren und eine persönliche Haftung zu übernehmen. Mittlerweile verbietet § 5b VermAnlG sogar ausdrücklich das öffentliche Angebot von Finanzanlagen, bei denen eine über den eingezahlten Anlagebetrag hinausgehende Haftung des Anlegers begründet wird. Mit einer solchen Nachschusspflicht wäre eine Beteiligung als OHGoder GbR-Gesellschafter an einer Publikumsgesellschaft nach § 128 HGB bzw. § 128 HGB analog verbunden. Somit kommen nur solche Rechtsformen der Personengesellschaften in Betracht, bei denen die Haftung des Gesellschafters auf seine Einlage beschränkt ist42. Für den Anleger verbleibt somit aus Haftungsgründen die Möglichkeit, sich als Kommanditist oder als stiller Gesellschafter an einer Publikumsgesellschaft zu beteiligen. Dies geschah zunächst vorwiegend in der Rechtsform der GmbH & Co. KG. Da die Zahl der stillen Gesellschafter nicht begrenzt ist, eignet sich jedoch auch die stille Gesellschaft zur Kapitalaufnahme auf dem „grauen Kapitalmarkt“ in besonderem Maße.

18.23

Die stille Publikumsgesellschaft wird überwiegend als gewerbliche Mitunternehmerschaft i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausgestaltet. Während aber eine Mitunternehmerschaft bei einer Kommanditgesellschaft steuerlich immer schon dann anerkannt wird, wenn die Gesellschaft das gesetzliche Regelstatut der Kommanditgesell-

18.24

41 Moll, BB 1982, Beilage 3, 1 (3). 42 Kaligin, Risiken und Rechtsschutzmöglichkeiten des Kommanditisten, S. 4.

Kauffeld | 487

§ 18 Rz. 18.24 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

schaft mindestens annähernd erfüllt, wird der typische stille Gesellschafter steuerlich wie ein Darlehensgeber behandelt. Er bezieht Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Damit eine stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusehen ist, muss der stille Gesellschafter über ein gewisses, wenn auch geringes Maß an Unternehmerinitiative verfügen, so z.B. durch die Möglichkeit zur Ausübung von Stimm- und Kontrollrechten. Entscheidend aber ist, dass der stille Gesellschafter auch am Unternehmerrisiko teilnimmt. Dazu muss er am laufenden Gewinn und Verlust sowie in der Regel bei der Auseinandersetzung auch an den stillen Reserven und am Firmenwert beteiligt sein (siehe dazu eingehend Rz. 20.67 ff., insbesondere Rz. 20.73).

18.25 Mittlerweile übertreffen derart ausgestaltete stille Publikumsgesellschaften in Form der AG- oder GmbH & atypisch Still die früher bevorzugte GmbH & Co. KG hinsichtlich ihrer Bedeutung als „Kapitalsammelbecken“43. Wesentlicher Grund für die Wahl der stillen Publikumsgesellschaft ist die im Vergleich zur Publikums-KG günstigere Haftungssituation: Mangels Handelsregistereintragung besteht bei stillen Publikumsgesellschaften anders als bei der Publikums-KG nicht die Gefahr der Außenhaftung des Anlegers für Verbindlichkeiten des Inhabers des Handelsgeschäfts nach § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB44. Der stille Gesellschafter kann damit von Gesellschaftsgläubigern nicht direkt in Anspruch genommen werden, die Haftungsbeschränkung auf die Einlage besteht von Beginn der Beteiligung an und nicht erst wie bei der KG ab Eintragung im Handelsregister. Rückzahlungen auf die stille Einlage lassen die Haftung, anders als bei der KG nach § 172 Abs. 4 HGB, nicht wieder aufleben. Die Gründung, Kapitalerhöhung und -herabsetzung ist einfach und billig. Darüber hinaus können mit der Rechtsform der stillen Gesellschaft unproblematisch Beteiligungsgesellschaften an einzelnen Betriebsstätten oder Geschäftsbereichen begründet werden (siehe Rz. 6.35). 18.26 Da allerdings die stille Beteiligung an einer AG oder KGaA nach heute gesicherter Auffassung (vgl. Rz. 8.26) als Teilgewinnabführungsvertrag zu qualifizieren ist, bestehen in der Praxis erhebliche Probleme zur Umsetzung einer stillen Publikumsgesellschaft in der Rechtsform der AG & Still oder KGaA & Still. Sowohl die nach § 293 AktG bestehende Notwendigkeit der Zustimmung der Hauptversammlung mit qualifizierter Mehrheit als auch die Notwendigkeit zur Eintragung in das Handelsregister erweisen sich als praktische Hürden von erheblicher Bedeutung, weil es bei stillen Publikumsgesellschaften, bei der die stillen Gesellschafter entweder parallel durch zahlreiche zweigliedrige Gesellschaftsverhältnisse oder über eine mehrgliedrige Gesellschaft mit vielen stillen Gesellschaftern an dem Handelsgewerbe einer AG oder KGaA beteiligt sind, entweder permanent zu Neuabschlüssen zweigliedriger Gesellschaftsverhältnisse oder zu Änderungen des Vertrags über die mehrgliedrige stille Gesellschaft kommt.

43 Blaurock in FS Heinsius, S. 33. 44 Keine analoge Anwendung der § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB: BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, GmbHR 2010, 814 = DStR 2010, 1489; OLG Schleswig v. 30.10.2008 – 5 U 66/08, NZG 2009, 256.

488 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.28 § 18

4. Emission am „grauen Kapitalmarkt“ Stille Publikumsgesellschaften, deren Anteile öffentlich angeboten werden, dienen in der Regel als Kapitalsammelstellen für Investitionen in Immobilien oder gewerbliche Unternehmungen. Für derartige Beteiligungen besteht kein organisierter Handel. Sie werden am sog. „grauen Kapitalmarkt“ oder „freien Kapitalmarkt“ angeboten. Der „freie Kapitalmarkt“ ist Teil des Kapitalmarkts, der den Handel mit langfristigen Krediten und Beteiligungskapital (in verbriefter und unverbriefter Form) umfasst.

18.27

Die Popularität der stillen Publikumsgesellschaft als Rechtsform zur Kapitalsammlung am „Grauen Kapitalmarkt“ hat zwangsläufig auch legislatorische Beachtung gefunden und dazu geführt, dass stille Publikumsgesellschaften als Produkt des „Grauen Kapitalmarkts“ einer strengeren Regulierung unterworfen wurden, um der nicht anlegergerechten Vermittlung und Beratung hinsichtlich stiller Publikumsbeteiligungen entgegenzuwirken45. Mit dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz vom 28.10.200446 verfolgte der Gesetzgeber zunächst das Ziel, durch die Erweiterung der für Wertpapiere bereits bestehenden Prospektpflicht auf nicht in Wertpapieren verbriefte Anlageformen (§ 8f VerkProspG a.F.) und damit stille Beteiligungen, flankiert durch entsprechende Haftungsansprüche (§§ 13, 13a VerkProspG a.F.), den Anlegerschutz durch größere Produkttransparenz und Stärkung der Haftungsansprüche der Anleger zu verbessern47. Seit Inkrafttreten des Vermögensanlagengesetzes zum 1.6.2012 (VermAnlG) unterliegt die Emission von Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften einer nochmals deutlich umfassenderen Kontrolle durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)48, in deren Rahmen die BaFin auch eine Kohärenzprüfung vornimmt, also prüft, ob der Prospekt frei von inneren Widersprüchen ist49. Es steht damit nicht mehr jedermann frei, gewerblich Vermögensanlagen zu initiieren und zu platzieren, ohne einen Nachweis besonderer Qualifikation und über die Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben erbringen zu müssen. Seit Inkrafttreten des VermAnlG zum 1.6.2012 können stille Beteiligungen an den Emittenten durch die Anbieter nicht mehr einfach in den unterschiedlichsten Ausgestaltungsformen angeboten werden. Vielmehr unterliegen stille Beteiligungen als Beteiligungen am Ergebnis eines Unternehmens i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG den Anforderungen des VermAnlG und damit der Kontrolle der BaFin. Daneben begründet das VermAnlG auch einen Anlegerschutz durch Werbe- und Vertriebsbeschränkungen, die Verpflichtung zur Herausgabe von Kurzinformationen und Warnhinweisen, eine Verlängerung der Ausschlussfristen zur Geltendmachung von Haftungsansprüchen von 6 Monaten auf zwei Jahre oder etwa das Verbot zur Emission von stillen Beteiligungen mit Nachschusspflichten. Daneben darf es sich bei der Ausgabe der

18.28

45 Bödeker, GWR 2011, 278 (278). 46 BGBl. I 2004, 2630. 47 RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 1. Daneben besteht strafrechtlicher Schutz für den Bereich der Publikumspersonengesellschaften auch durch § 264a StGB. 48 Zur Erfassung der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft durch § 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG vgl. Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 217 ff. 49 Bödeker, GWR 2011, 278 (279).

Kauffeld | 489

§ 18 Rz. 18.28 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

stillen Beteiligung auch nicht um eine erlaubnispflichtige bankgeschäftliche Tätigkeit handeln, da dann die Aufsicht der BaFin aufgrund des KWG greift (vgl. hierzu Rz. 18.167 ff.).

18.29 Auch wurde die Gewerbeordnung angepasst und Finanzanlagenvermittler müssen nun eine behördliche Erlaubnis für ihr Gewerbe beantragen, wozu sie nach § 34f Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 GewO eine Berufshaftpflichtversicherung nachweisen und eine IHK-Prüfung abgelegt haben müssen, die ihnen die notwendige Sachkunde über die fachlichen und rechtlichen Grundlagen sowie die Kundenberatung bescheinigt. Auch müssen sich die Vermittler im Vermittlerregister bei der örtlichen Industrieund Handelskammer registrieren lassen (§ 11a GewO).

II. Das Sonderrecht der stillen Publikumsgesellschaft 1. Die Errichtung der stillen Publikumsgesellschaft a) Gestaltungsvarianten

18.30 Stille Publikumsgesellschaften werden in erster Linie in zwei Gestaltungsvarianten umgesetzt. Zum einen durch die Beteiligung mehrerer stiller Gesellschafter auf der Grundlage mehrerer selbständiger, zweigliedriger, aber gleich lautender Gesellschaftsverträge, zum anderen durch die Beteiligung an einem einheitlichen mehrgliedrigen stillen Gesellschaftsverhältnis mit allen Anlegern. Letztere führt zu einem mehrgliedrigen Innenverband, der neben den stillen Gesellschaftern auch den Unternehmensträger umfasst50. 18.31 Wenngleich die beiden Gestaltungsvarianten der stillen Publikumsgesellschaft einen gewissen Rechtsrahmen für die Ausgestaltung der Beteiligung vorgeben, führt die Vertragsfreiheit auch bei den stillen Publikumsgesellschaften zu einer großen Gestaltungsvielfalt im Einzelnen. Häufig ist eine als atypische stille Gesellschaft errichtete Publikumsgesellschaft so ausgestaltet, dass die stillen Gesellschafter das Anlagekapital aufbringen und der Geschäftsinhaber weder am Gewinn noch am Verlust nennenswert beteiligt ist, sondern eine Vergütung für die Geschäftsführung und Aufwendungsersatz erhält. Es besteht regelmäßig eine schuldrechtliche Beteiligung am Gesellschaftsvermögen. In der Regel werden nicht nur die Kontrollrechte des § 233 HGB durch weitergehende Einsichts- und Auskunftsrechte erweitert, sondern darüber hinaus auch Widerspruchs- und Zustimmungsrechte bei außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen entsprechend § 164 HGB vereinbart. Hingegen spielt

50 BGH v. 7.2.1994 – II ZR 191/92, BGHZ 125, 74 (76) = GmbHR 1994, 324 = NJW 1994, 1156; nach BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, BGHZ 127, 176 (179) = GmbHR 1995, 224 besteht Gestaltungsfreiheit. Gewerbesteuerlich ist dies ohne Bedeutung: Es handelt sich in beiden Fällen um einen Gewerbebetrieb, BFH v. 8.2.1995 – I R 127/93, BFHE 177, 332 = FR 1995, 789. Vgl. zu den unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten einer stillen Publikumsgesellschaft auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 83; Kauffeld/ Mock, ZIP 2019, 1411 (1412 ff.).

490 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.33 § 18

die Einräumung weit reichender Geschäftsführungsrechte bei Publikumspersonengesellschaften kaum eine Rolle51. Gelegentlich kommt es auch zur Kombination von stiller Beteiligung und Kommanditbeteiligung (zur sog. gesplitteten Einlage siehe auch Rz. 16.20)52. Dann handelt es sich immer um eine mehrgliedrige stille Gesellschaft53. In diesem Fall ist das gesellschaftsrechtliche Band zwischen den Anlegern als stille Gesellschafter und der Geschäftsinhaberin bereits durch das einheitliche Gesellschaftsverhältnis der Komplementärin und der Kommanditisten als Außengesellschafter der Kommanditgesellschaft begründet. In der Praxis nicht ungewöhnlich ist auch die Beschränkung der Beteiligung auf einzelne Geschäftsbereiche des Unternehmens54. Bei Zweigliedrigkeit besteht eine Vielheit von stillen Gesellschaftsverträgen55, die regelmäßig durch eine Innengesellschaft unter den stillen Gesellschaftern koordiniert werden56. Selbst die Verbindung aller stillen Gesellschaftsverhältnisse in einer Urkunde muss nichts anderes besagen57. Die den stillen Gesellschaftern zustehenden Kontroll- und Mitwirkungsrechte werden oftmals gebündelt durch einen gemeinsamen Vertreter oder Treuhänder58 wahrgenommen59. Auch die Verknüpfung der stillen Beteiligungsverhältnisse durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter den Beteiligten ist zahlreich60.

18.32

Bei der mehrgliedrigen Ausgestaltung ist der Wille der Beteiligten darauf gerichtet, nur eine stille Gesellschaft mit einer Mehrheit von Teilhabern – ähnlich einer Kommanditgesellschaft mit mehreren Kommanditisten61 – zu errichten (sog. mehrgliedri-

18.33

51 Blaurock in FS Heinsius, S. 33 (38). 52 BGH v. 12.5.1977 – II ZR 89/75, BGHZ 69, 160 = WM 1977, 1136; BGH v. 5.11.1979 – II ZR 145/78, NJW 1980, 1522; BGH v. 9.2.1981 – II ZR 38/80, NJW 1981, 2251 = WM 1981, 761. 53 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 89 f. 54 Albracht, Die stille Gesellschaft im Recht der Publikumspersonengesellschaften, S. 20. 55 Vgl. RG v. 1.2.1890, RGZ 25, 41 (45); Reinhardt/Schultz, Gesellschaftsrecht, S. 135; Saenger, Die stille Gesellschaft, S. 59; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 107. 56 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 85. 57 K. Schmidt, NZG 2016, 4 (5). 58 Vgl. hierzu Blaurock, EWIR § 230 HGB 1/87, 1219 (Anm. zu BGH v. 29.6.1987 – II ZR 173/86, GmbHR 1988, 56). Im besprochenen Fall koordinierte eine GbR die Vielzahl der bilateralen Gesellschaftsverhältnisse. 59 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 107 f. 60 BGH v. 7.2.1994 – II ZR 191/92, BGHZ 125, 74 (77) = GmbHR 1994, 324 = NJW 1994, 1156; BGH v. 14.11.1994 – II ZR 160/33, GmbHR 1995, 589 = NJW 1995, 1353 (1355). Harbarth spricht in diesen Fällen von einer „verbundenen zweigliedrigen Gesellschaft“: Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 107 f. 61 K. Schmidt spricht daher bei einer entsprechend organisierten GmbH & Still zutreffend von einer „virtuellen KG“ mit „virtuellem Gesamthandsvermögen“: K. Schmidt in FS Bezzenberger, S. 401 (405 f.); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 81.

Kauffeld | 491

§ 18 Rz. 18.33 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

ge stille Gesellschaft)62. Mitunter wird eine mehrgliedrige Verbandsstruktur63 auch durch die Einschaltung eines Treuhänders ersetzt. Dann beteiligt sich allein der Treuhänder als stiller Gesellschafter am Unternehmen, während der Treuhänder seinerseits mit dem Treugeber einen Treuhandvertrag abschließt64. Treuhänderfunktion kann auch eine unter den Anlegern gebildete GbR haben. Aus dieser Form der mittelbaren stillen Beteiligung über einen Treuhänder oder eine GbR ergeben sich aber keine spezifischen Probleme für das Recht der stillen Publikumsgesellschaft65.

18.34 Wesensmerkmal der stillen Publikumsgesellschaft ist damit auch nicht eine der vorstehend beschriebenen rechtlichen Konstruktionen als zwei- oder mehrgliedriger Verband. Wesensmerkmal ist die ausschließlich kapitalistisch motivierte Beteiligung einer Vielzahl von untereinander in der Regel nicht bekannten stillen Gesellschafter66. 18.35 Die gewünschte Strukturierung der stillen Publikumsgesellschaft als kapitalistische Personengesellschaft wird allerdings durch das Bestehen mehrerer unabhängiger stiller Gesellschaften erschwert. Darum sind die Gesellschaften zweckmäßigerweise so zu bilden, dass nur eine mehrgliedrige stille Gesellschaft mit einer Mehrheit von Teilhabern errichtet wird. Es ist also im Folgenden davon auszugehen, dass die stille Publikumsgesellschaft nicht etwa ein Bündel von einzelnen stillen Gesellschaften ist, sondern dass eine einheitliche Gesellschaft vorliegt, die die Geschäftsinhaber und alle stillen Gesellschafter mit einem gesellschaftlichen Band umschließt67. Es können Kontrollorgane eingeführt werden (z.B. ein Beirat oder Aufsichtsrat) oder auch eine Gesellschafterversammlung, an der alle stille Gesellschafter und der Geschäftsinhaber teilnehmen.

62 Blaurock, NJW 1972, 1120. 63 Zum Diskussionsstand bezüglich der Begriffe „Mehrgliedrigkeit“ und „stiller Verband“ und deren Korrelation vgl. Tassius, Die Innen-KG, S. 30 ff., insbesondere S. 36 ff. 64 Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 87 f.; diese Konstellation wird im Weiteren nicht behandelt, vgl. zu stillen Beteiligung als Gegenstand von Treuhandverhältnissen: K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, Vor § 230 HGB Rz. 33 ff., insbesondere Rz. 44, 51, 57. 65 Daher kann an dieser Stelle auf die Ausführungen von Rspr. und Lehre zu den Treuhandverhältnissen an Publikumskommanditgesellschaften verwiesen werden. Anschaulich zuletzt BGH v. 5.2.2013 – II ZR 134/11, NZG 2013, 379; BGH v. 11.1.2011 – II ZR 187/09, NZG 2011, 276; BGH v. 22.1.1979 – II ZR 178/77, BGHZ 73, 294; BGH v. 30.3.1987 – II ZR 163/86, ZIP 1987, 912; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, Vor § 230 HGB Rz. 86; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 66 ff., S. 123 ff. 66 Zutreffend Harbarth in GroßKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 109; Polzer in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 75 Rz. 2. 67 Diese Auffassung, die es im Rahmen der für die stille Gesellschaft geltenden Vertragsfreiheit für möglich hält, mehrere stille Gesellschafter durch „ein alle Beteiligten umfassendes gesellschaftliches Band“ zu einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft zusammenzuschließen (so bereits sehr früh Koenigs, S. 4 u. 228 und Paulick, Handbuch der stillen Gesellschaft, 2. u. 3. Aufl., § 5 II 3 b), fand zunächst keine Zustimmung, ist nunmehr aber in der Rspr. und Literatur ganz herrschende Auffassung.

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Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.38 § 18

Solche mehrgliedrigen Innenverbände, bei denen den stillen Gesellschaftern die einem Kommanditisten entsprechenden Rechte eingeräumt werden, haben in der jüngsten Zeit durch Entscheidungen des BGH und der Diskussion in der Literatur deutlich stärker an Kontur gewonnen, so dass man insoweit mittlerweile von einer gesicherten Rechtsfigur sprechen kann, für die sich der von Karsten Schmidt geprägte Begriff der „Innen-KG“ durchzusetzen scheint68.

18.36

In der Vertragspraxis kommt es mitunter vor, dass die vorstehend dargestellten Varianten der stillen Publikumsgesellschaft nicht sauber unterschieden werden. Stille Beteiligungsverträge enthalten so oftmals Regelungen, die auf verschiedene Gestaltungsvarianten bei derselben Publikumsgesellschaft schließen lassen. In solchen Fällen kommt es dann zur sachgerechten Einordnung der Gestaltung auf eine Gesamtschau aller Umstände an69. Dabei ist der Vertrag nicht nach dem Willen und der Vorstellung der Gründer auszulegen, sondern nach dem objektiven Erklärungsbefund70 (vgl. Rz. 18.42). Für die Annahme eines mehrgliedrigen stillen Gesellschaftsverhältnisses kommt es somit allein auf die Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen an und es ist nicht erforderlich, dass im Gesellschaftsvertrag das Wort „mehrgliedrig“ ausdrücklich aufgeführt wird71. Bei der Auslegung ist auch zu berücksichtigen, dass man sich lange Zeit nicht der Möglichkeit zur mehrgliedrigen Ausgestaltung stiller Beteiligungsverhältnisse bewusst war. Daher dürfte immer dann, wenn die Binnenorganisation nicht nur der gemeinsamen Willensbildung und Kontrolle der stillen Gesellschafter dient, sondern auch der Geschäftsinhaber Teil der Binnenorganisation sein soll, eine mehrgliedrige stille Publikumsgesellschaft vorliegen72.

18.37

Darüber hinaus kann das Vorliegen einer von den Parteien gewollten mehrgliedrigen stillen Gesellschaft den folgenden Auslegungsumständen entnommen werden73:

18.38

– Gesellschaftsbeschlüsse werden von den stillen Gesellschaftern gemeinsam mit dem Geschäftsinhaber in Gesellschafterversammlungen oder im schriftlichen Beschlussverfahren gefasst.

68 K. Schmidt weist zutreffend darauf hin, dass es sich bei dem still organisierten Verband um einen „Archetyp“ der stillen Beteiligung handelt (K. Schmidt, NZG 2016, 4 [8]), was Wiedemann wiederum durch Verweis auf die frühen Kodifikationen im Preußischen Allgemeinen Landrecht und dem österreichischem ABGB belegt (Wiedemann, NZG 2016, 1 [3]). Zur Begriffsprägung durch K. Schmidt seit mehr als 15 Jahren: K. Schmidt in FS Bezzenberger, S. 401 (405 f.); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 81; K. Schmidt, NZG 2014, 881 (883). Zur Innen-KG auch Rz. 18.7. 69 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 83. 70 OLG Hamburg v. 24.11.1995 – 11 U 174/93, DB 1996, 1403. 71 So ausdrücklich BGH v. 27.1.2015 – II ZR 349/13, BeckRS 2015, 04821. 72 Der stille Verband stellt sich nach Tassius, Die Innen-KG, (S. 47) dar als „eine stille Gesellschaft, bei der durch Übertragung bestimmter Willensbildungs- und ggf. auch Kontrollkompetenzen auf eine Gesellschafterversammlung als solche bzw. auf einen Bei- oder Aufsichtsrat als solchen die Voraussetzungen für einen verselbständigten Ablauf der gesellschaftsrechtlichen Vorgänge geschaffen sind“. 73 BGH v. 27.1.2015 – II ZR 349/13, BeckRS 2015, 04821.

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§ 18 Rz. 18.38 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

– Für im Einzelnen aufgeführte, über den laufenden Betrieb hinausgehende Maßnahmen bedarf der Geschäftsinhaber eines zustimmenden Gesellschaftsbeschlusses. – Die stillen Gesellschafter haben Kontrollrechte wie Kommanditisten oder die Gesellschaft hat einen Ausschuss, der die Geschäftsführung des Geschäftsinhabers überwacht und dessen Mitglieder von den stillen Gesellschaftern gemeinsam mit dem Geschäftsinhaber in einer Gesellschafterversammlung durch Gesellschaftsbeschluss gewählt werden. – Die Kündigung eines stillen Gesellschafters (oder des Geschäftsinhabers) hat nicht die Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft insgesamt, sondern lediglich das Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters zur Folge. – Die unternehmenstragende Gesellschaft ist bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht „Geschäftsinhaberin“, sondern übt im Innenverhältnis die Rolle als Verwalterin des den stillen Gesellschaftern treuhänderisch zugewiesenen mitunternehmerischen Vermögens aus74. – Bei der Gewinnverteilung handelt es sich nicht um eine Gewinnabführung der Geschäftsinhaberin aus dem Eigenvermögen, sondern um eine Verteilung des Gewinns der stillen Publikumsgesellschaft nach KG-Regeln. – Der Umstand, dass die stillen Gesellschafter sich von vornherein mit unterschiedlichen Laufzeiten an der Gesellschaft beteiligen und ihr Gesellschaftsverhältnis unabhängig von den anderen Gesellschaftern gesondert beenden können, führt nicht zur Annahme bloß zweigliedriger Gesellschaftsverhältnisse. b) Beitritt zu einer stillen Publikumsgesellschaft

18.39 Die Aufnahme neuer Gesellschafter erfolgt bei mehrgliedriger Ausgestaltung nach personengesellschaftsrechtlichen Regeln durch Vertrag mit allen bereits am Verband beteiligten. Wie bei der Publikums-KG ist es auch bei der stillen Publikumsgesellschaft zulässig, die Geschäftsinhaberin oder eine sonstige Vertrauensperson für den Abschluss neuer Aufnahmeverträge zu bevollmächtigen75. Es handelt sich nicht bloß um den Abschluss eines zweiseitigen Rechtsverhältnisses, sondern um den Eintritt neuer Gesellschafter76. 18.40 Regelmäßig sehen die Gesellschaftsverträge stiller Publikumsgesellschaften Beitrittserklärungen vor, durch die dem Geschäftsinhaber eine Einzelermächtigung zur Aufnahme weiterer stiller Gesellschafter erteilt wird. Im Übrigen dürfte sich, soweit man wegen der Auswirkungen auf das Unternehmen das Einverständnis aller Gesellschafter zum Beitritt weiterer Gesellschafter zur Voraussetzung macht, im Zweifel eine derartige Ermächtigung an den Geschäftsinhaber durch Auslegung des Gesellschaftsvertrags ergeben. Stille Publikumsgesellschaften sind als Kapitalsammelstellen

74 Vgl. hierzu K. Schmidt, NZG 2016, 4 (6). 75 Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 94 f. 76 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 74 Rz. 14; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 84.

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Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.43 § 18

gerade darauf angelegt, Kapital durch die Aufnahme einer Vielzahl von Anlegern aufzubringen. c) Der Gesellschaftsvertrag aa) Form Für stille Publikumsgesellschaften gilt der Grundsatz der Formfreiheit nicht. Zwar bedarf die Aufnahme eines stillen Gesellschafters in eine AG oder GmbH nicht der Form der § 179 Abs. 1, § 181 AktG, § 53 Abs. 2 GmbHG, da es sich weder um eine Satzungsänderung noch um eine Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz handelt. Jedoch erfordert bei einseitig vorformulierten Vertragswerken die vom BGH entwickelte Inhaltskontrolle die Eindeutigkeit und Erkennbarkeit gesellschaftsvertraglicher Pflichten. Hieraus resultiert ein Schriftformerfordernis77. Eine formlose Änderung des Gesellschaftsvertrages durch mehrjährige, vom Vertrag abweichende Übung, wie sie bei dem gesetzlichen Leitbild entsprechenden Personengesellschaften anerkannt ist, kommt bei Publikumsgesellschaften grundsätzlich nicht in Betracht. Bei stiller Beteiligung an einer AG & Still oder KGaA & Still führt die Qualifikation der stillen Beteiligung als Teilgewinnabführungsvertrag ebenso zum Schriftformerfordernis (§ 292 Abs. 1 Nr. 2, § 293 Abs. 3, § 278 Abs. 3 AktG; vgl. hierzu Rz. 8.25).

18.41

bb) Auslegung und Inhaltskontrolle Während bei einer gesetzestypischen stillen Gesellschaft unter den Gesellschaftern der Grundsatz der Vertragsfreiheit gilt und bei Auslegungsfragen nach der subjektiven Auslegungsmethode vorzugehen ist, gelten bei der stillen Publikumsgesellschaft andere Grundsätze: Der Gesellschaftsvertrag einer stillen Publikumsgesellschaft ist, weil er seinem Charakter nach keine Individualvereinbarung, sondern eine Satzung ist, nach dem objektiven Erklärungsbefund auszulegen78. Dabei bleiben Wille und Vorstellung der Gründer außer Acht, wenn sie nicht in dem Gesellschaftsvertrag ihren Niederschlag gefunden haben79.

18.42

Unternehmungen dieser Art bringen es mit sich, dass die Anlagegesellschafter untereinander und zu den eigentlichen Unternehmensgesellschaftern in keinerlei persönlichen oder sonstigen Beziehungen stehen. In der Öffentlichkeit geworben, können sie, wenn sie beitreten wollen, nur einen Gesellschaftsvertrag unterzeichnen, der fertig vorformuliert ist und auf dessen inhaltliche Ausgestaltung sie keinen irgendwie gearteten Einfluss ausüben können. Die Rechtslage ist daher ähnlich wie bei allgemeinen Geschäftsbedingungen und Formularverträgen, die nicht zwischen den Parteien ausgehandelt werden, bei denen vielmehr für eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle die künftigen Rechtsbeziehungen einseitig vorweg festgelegt werden und infolgedessen

18.43

77 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 74 Rz. 11; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 89 f.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 97. 78 Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 170. 79 OLG Hamburg v. 24.11.1995 – 11 U 174/93, DB 1996, 1403.

Kauffeld | 495

§ 18 Rz. 18.43 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

der Vertragskompromiss als Gewähr dafür fehlt, dass die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt worden sind. Ebenso wie dort besteht auch bei Gesellschaftsverträgen der hier vorliegenden besonderen Art zum Schutze der Anlagegesellschafter ein Bedürfnis, dem unter solchen Umständen leicht möglichen Missbrauch der Vertragsfreiheit mit Hilfe einer an den Maßstäben von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgerichteten Inhaltskontrolle durch die Gerichte zu begegnen80.

18.44 Jedoch findet bei einer mehrgliedrigen stillen Publikumsgesellschaft aufgrund der Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 BGB keine Inhaltskontrolle von Gesellschaftsverträgen gemäß den §§ 305 ff. BGB statt81, selbst wenn Bedingungen enthalten sind, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S. des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB gelten (vgl. hierzu Rz. 9.33)82. Kompensiert wird diese Unanwendbarkeit des AGB-Rechts aber dadurch, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BGH die von einem Unternehmen für eine Vielzahl von Gesellschaftsverträgen mit stillen Gesellschaftern vorformulierten Vertragsbedingungen zu Recht einer ähnlichen objektiven Auslegung und Inhaltskontrolle wie allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen83. Unklarheiten gehen zu Lasten des Verwenders. Des Weiteren sind Vertragsbestimmungen unwirksam, die die Anlagegesellschafter unangemessen in ihren Rechten beschränken oder sonst belasten84. cc) Die Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags

18.45 Sofern sich die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft AG & Still an ein breites Anlagepublikum wenden will, also eine Vielzahl von Vertragsschlüssen angestrebt wird, erweist sich die Notwendigkeit der Zustimmung der Hauptversammlung zu jedem einzelnen Vertragsschluss nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG i.V.m. § 293 Abs. 1 AktG und die Eintragung in das Handelsregister nach § 294 AktG als eine praktische Hürde85. Allerdings sind die Zustimmung der Hauptversammlung und die Eintragung 80 St. Rspr.: BGH v. 14.4.1975 – II ZR 147/73, BGHZ 64, 238; BGH v. 27.11.2000 – II ZR 218/00, ZIP 2001, 243; BGH v. 13.9.2004 – II ZR 276/02, NJW 2004, 3706 (3708); Wiedemann in FS Westermann, S. 585 (591). 81 BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, NJW 1995, 192 (193). 82 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 125; Kauffeld/Mock, ZIP 2019, 1143 (1148) mit weiteren Nachweisen in Fn. 18. 83 Nach der Rechtsprechung des 2. Zivilsenats des BGH unterliegen die Regelungen in Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften der Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 BGB (vormals § 23 AGBG) und damit einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen: BGH v. 14.3.2017 – II ZR 42/16, juris Rz. 15; BGH v. 16.2.2016 – II ZR 348/14, NZG 2016, 424 (426) m.w.N. in Rz. 14. Hieraus folgt in Anlehnung an § 305c Abs. 2 BGB, dass Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen: BGH v. 12.3.2013 – II ZR 73/11, NZG 2013, 738 (740). 84 BGH v. 14.4.1975 – II ZR 147/73, BGHZ 64, 238 (239). 85 Vgl. BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38 (43); ausführlich hierzu und zur Zustimmungsproblematik bei der GmbH & Still unter Rz. 8.18 ff. Das KG Berlin hat in seinem Beschluss v. 24.3.2014 die herrschende Auffassung in der Literatur bestätigt, wonach stille Gesellschaftsverträge mit einer GmbH nicht – auch nicht analog § 294 AktG

496 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.47 § 18

keine Voraussetzungen für den Vollzug der stillen Beteiligung i.S. der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft. Hierzu reicht vielmehr die Einlageleistung durch den stillen Gesellschafter in das Vermögen des Geschäftsinhabers aus86. Der Anleger kann dann auch bei Fehlen der aktienrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen seine Beteiligung nur ex nunc kündigen87, er muss sich allerdings explizit gerade auf diesen Grund beziehen88. d) Binnenorganisation der stillen Publikumsgesellschaft Bei der stillen Publikumsgesellschaft ist es ebenso wie bei der Publikums-KG nicht sinnvoll, wenn jeder stille Gesellschafter seine Rechte, insbesondere seine Kontrollund Überwachungsrechte für sich allein ausübt. Deshalb wird auch die stille Publikumsgesellschaft derart körperschaftlich organisiert, dass die stillen Gesellschafter ihre Rechte dem Inhaber gegenüber nur gemeinsam über die Gesellschafterversammlung wahrnehmen können und dass ein Aufsichtsorgan die Geschäfte des Inhabers überwacht89. Wird eine Gesellschafterversammlung eingerichtet, so gehören dieser nicht nur die Anleger, sondern auch der Geschäftsinhaber an90. Es kommen aktienrechtliche Grundsätze zur Anwendung, so z.B. § 121 Abs. 4 AktG hinsichtlich der Einberufung der Gesellschafterversammlung91. Die Beschlussgegenstände müssen nicht entsprechend § 51 GmbHG zusammen mit der Einladung zur Gesellschafterversammlung mitgeteilt werden. Gesellschafter, die Aufgaben im Interesse aller stillen Gesellschafter wahrnehmen, können aufgrund Beschlusses der Gesellschafterversammlung für ihre Aufwendungen entlohnt werden, auch wenn sie Mitglieder eines fakultativen Beirats sind und für ihre anders gearteten organschaftlichen Aufgaben bereits eine Vergütung erhalten. Für eine gerichtliche Kontrolle der Angemessenheit des Aufwendungsersatzes in entsprechender Anwendung von § 113 AktG ist Raum92.

18.46

In der Regel sieht der Gesellschaftsvertrag der stillen Publikumsgesellschaft die Einrichtung eines Kontrollorgans in Gestalt eines Beirats, Verwaltungsrats oder Aufsichtsrats vor. Dabei ist zu beachten, dass es sich hierbei nicht um ein Kontrollorgan des Geschäftsinhabers handelt, das durch den Gesellschaftsvertrag des Geschäftsinhabers zu etablieren wäre, sondern um ein Organ der stillen Publikumsgesellschaft93.

18.47

86 87 88 89 90 91 92 93

als Teilgewinnabführungsverträge – in das Handelsregister einzutragen sind: KG v. 24.3.2014 – 12 W 43/12, GmbHR 2014, 756 = NZG 2014, 668; hierzu K. Schmidt, NZG 2014, 881. BGH v. 19.11.2013 – II ZR 320/12, BeckRS 2013, 20423, Rz. 21 = juris. BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262) = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock, WuB II H. § 230 HGB 1.05; zu den Rechtsfolgen der fehlerhaften Gesellschaft siehe Rz. 18.51. BGH v. 8.5.2006 – II ZR 123/05, NZG 2006, 540 (541). BGH v. 21.4.1980 – II ZR 144/79, WM 1980, 868; OLG Düsseldorf v. 13.3.1985 – 15 U 173/84, GmbHR 1985, 334 = WM 1985, 872. Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 74 Rz. 26; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 84. BGH v. 30.3.1998 – II ZR 20/97, NJW 1998, 1946. BGH v. 30.3.1998 – II ZR 20/97, NJW 1998, 1946. So auch Reusch, S. 196 und S. 200; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 74 Rz. 31.

Kauffeld | 497

§ 18 Rz. 18.47 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Die Errichtung eines Beirats dient der Koordinierung der stillen Gesellschafter und der Überwachung der Geschäftsführung. Hinsichtlich der Kompetenzen kann bei nicht geregelten Fragestellungen auf die Rechtsprechung zur Publikumskommanditgesellschaft zurückgegriffen werden94.

18.48 Die Zustimmung der Gesellschafterversammlung oder auch des Kontrollorgans wird in den Gesellschaftsverträgen lediglich bei einigen wichtigen Entscheidungen vorgesehen. Bei derartigen zustimmungsbedürftigen Maßnahmen handelt es sich um solche, mit denen der Geschäftsinhaber bei nicht abgestimmter Vornahme gegen seine gesellschaftsvertraglichen Verpflichtungen zur Förderung des Gesellschaftszwecks und Erhaltung der Grundlagen des Handelsgeschäfts verstoßen würde (vgl. hierzu Rz. 12.9 ff.). Häufig werden den stillen Gesellschaftern die einem Kommanditisten zustehenden Befugnisse eingeräumt. Zumeist werden die stillen Gesellschafter berufen sein, über alle über den laufenden Geschäftsbetrieb hinausgehenden Maßnahmen der Hauptgesellschaft, der „Quasi-Komplementärin“, zu entscheiden. 18.49 Nehmen die Anleger ihre Rechte unmittelbar oder durch einen Treuhänder in der Gesellschafterversammlung wahr, so ist bei einer stillen Publikumsgesellschaft das Einstimmigkeitsprinzip zugunsten des Mehrheitsprinzips aufgegeben. Um angesichts der Vielzahl der Gesellschafter auf unvorhergesehene Ereignisse und Notwendigkeiten schnell zu reagieren, hatte der BGH für Publikumspersonengesellschaften bereits im Jahr 1984 den Bestimmtheitsgrundsatz aufgegeben95. Mittlerweile hält der BGH allgemein gefasste Mehrheitsklauseln in Gesellschaftsverträgen generell für uneingeschränkt wirksam96 und misst dem Bestimmtheitsgrundsatz für die erste Prüfungsstufe, also die formelle Legitimation einer Mehrheitsentscheidung, keine Bedeutung mehr zu97. Zu überprüfen ist eine Mehrheitsentscheidung lediglich noch auf einer zweiten Stufe hinsichtlich ihrer materiellen Wirksamkeit, also insoweit, ob trotz Zulassung der betreffenden Mehrheitsentscheidung im Gesellschaftsvertrag ein unzulässiger Eingriff in schlechthin unverzichtbare oder in „relativ unentziehbare“, das heißt in nur mit Zustimmung des einzelnen Gesellschafters oder aus wichtigem Grund entziehbare Mitgliedschaftsrechte vorliege98. Im zweiten Fall komme es darauf an, ob die Gesellschaftermehrheit die inhaltlichen Grenzen der ihr erteilten Ermächtigung eingehalten und sich nicht etwa treupflichtwidrig über beachtenswerte Belange der Minderheit hinweggesetzt habe. 18.50 Mangels Geltung des Bestimmtheitsgrundsatzes ist es nicht erforderlich, dass der Gesellschaftsvertrag der stillen Publikumsgesellschaft die Beschlussgegenstände näher bezeichnen muss, über die durch Mehrheitsbeschluss zu entscheiden ist99. Auch ist darüber hinaus ein Anleger aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gehal-

94 95 96 97 98 99

Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 74 Rz. 32 m.w.N. BGH v. 5.11.1984 – II ZR 111/84, GmbHR 1985, 152 = DB 1985, 479. BGH v. 21.10.2014 – II ZR 84/13, GmbHR 2014, 1303 = NJW 2015, 859. BGH v. 21.10.2014 – II ZR 84/13, GmbHR 2014, 1303 = NJW 2015, 859. BGH v. 21.10.2014 – II ZR 84/13, GmbHR 2014, 1303 = NJW 2015, 859 (860). Für die Frage der formellen Legitimation wurde der Bestimmtheitsgrundsatz vom BGH nunmehr endgültig für das gesamte Personengesellschaftsrecht aufgegeben.

498 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.52 § 18

ten, einer Maßnahme zuzustimmen, widersprechende Anleger werden zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft so behandelt, als hätten sie der Maßnahme zugestimmt. Eines Klageverfahrens zur Abgabe der Zustimmung nach § 894 ZPO bedarf es nicht100. e) Die stille Publikumsgesellschaft auf fehlerhafter Vertragsgrundlage Die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft hat für stille Publikumsgesellschaften insbesondere Bedeutung bei Widerruf des Beitritts nach § 355 BGB, nach Anfechtung der stillen Beteiligung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) und bei Rückabwicklungsverlangen in Gestalt von Schadensersatzansprüchen aus c.i.c. (§ 280, § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB) oder Prospekthaftung. Bedeutung hat die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auch für die Frage, ab wann für den stillen Gesellschafter nach Abschluss des Beitrittsvertrages zu einer stillen Publikumsgesellschaft ein den Verjährungsbeginn auslösender Schaden zu bejahen ist101. Fehlerhaft ist der Beitritt als stiller Gesellschafter auch dann, wenn die die allgemeinen gesetzlichen Schranken für die Errichtung einer stillen Gesellschaft nicht berücksichtigt wurden (siehe Rz. 9.7 ff.) oder bei der Beteiligung an einer AG die zwingenden §§ 292–294 AktG nicht beachtet wurden, insbesondere die Hauptversammlung der Beteiligung nicht zugestimmt hat oder diese nicht ins Handelsregister eingetragen wurde.

18.51

aa) Ausgangsüberlegungen Die Rechtsprechung unterwirft jede Form der stillen Beteiligung den Grundsätzen über fehlerhafte Gesellschaften102. Ein fehlerhafter Beitritt zur stillen Publikumsgesellschaft führt, sobald das Gesellschaftsverhältnis in Vollzug gesetzt, insbesondere die Einlage geleistet wurde, nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht zu dessen Unwirksamkeit von Anfang an, sondern hat lediglich zur Folge, dass dem Anleger ein ex nunc wirkendes Austrittsrecht, d.h. ein Recht zur außerordentlichen

100 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 II b; BGH v. 5.11.1984 – II ZR 111/84, GmbHR 1985, 152 = DB 1985, 479. 101 Dem BGH ist darin zuzustimmen, dass hiervon erst dann auszugehen ist, wenn ein Austritt aus der stillen Publikumsgesellschaft nur noch nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft möglich ist. Erst dann liegen Umstände vor, aufgrund derer der stille Gesellschafter von seiner Anlageentscheidung nicht mehr ohne finanzielle Einbuße Abstand nehmen kann: BGH v. 8.11.2018 – III ZR 628/16, NJW 2019, 356. Der Auffassung, dass dieses jedoch nur bei mehrgliedrig ausgestaltetem Beteiligungsverhältnis der Fall sein soll und nicht bei zweigliedriger Ausgestaltung des Beteiligungsvertrages (OLG München v. 7.12.2017 – 23 U 1683/17, juris), kann nicht gefolgt werden. Zur Rechtsprechung bei einer zweigliedrigen stillen Gesellschaft vgl. Rz. 18.53. 102 Siehe etwa BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock, WuB II H. § 230 HGB 1.05; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 310/03, NZG 2005, 467; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 140/03, NZG 2005, 472; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 149/ 03, NZG 2005, 476; BGH v. 26.9.2005 – II ZR 314/03, NZG 2006, 57 = ZIP 2005, 2060; vgl. hierzu auch Rz. 11.1 ff.

Kauffeld | 499

18.52

§ 18 Rz. 18.52 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Kündigung, zusteht. Auch die Mehrheit in der Literatur103 erkennt bei einer Publikumsgesellschaft den Bestandsschutz gegen Nichtigkeitsfolgen an, da das stille Gesellschaftsverhältnis hinreichende organisatorische Elemente aufweise104.

18.53 Für den bei Abschluss eines stillen Gesellschaftsverhältnisses fehlerhaft aufgeklärten Anleger entschied der BGH daher zunächst auch, dass die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft bis zur Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses der Durchsetzung eines auf Einlagerückgewähr gerichteten Schadensersatzanspruches aus vorvertraglichem Verschulden entgegenstehe105. Denn nach ständiger Rechtsprechung106 führt grundsätzlich nicht einmal ein durch arglistige Täuschung (§ 123 BGB) veranlasster Beitritt eines Anlegers zu einer Publikumsgesellschaft zur Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Anfechtungsvorschriften mit der Folge, dass die gesellschaftsrechtliche Stellung ex tunc beendet wird und die gezahlten Einlagen zurückzugewähren sind107. Gleiches gilt bei mangelhafter Aufklärung im Zuge der Beitrittsverhandlungen (§§ 280, 311 Abs. 2 BGB) oder bei falschen oder fehlenden Prospektinformationen (§ 20 VermAnlG und § 306 KAGB)108. Bei einer in Vollzug gesetzten Gesellschaft kann der fehlerhafte beigetretene Anleger seine Mitgliedschaft nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft allein durch ein ex nunc wirkendes Austrittsrecht beenden und erhält in diesem Fall – Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung – sein Auseinandersetzungsguthaben ausgezahlt109. Schadensersatz kann ein stiller Gesellschafter bei mehrgliedriger Ausgestaltung des Beteiligungsverhältnisses an einer stillen Publikumsgesellschaft neben einem etwaigen Abfindungsguthaben nur insoweit geltend machen, als hierdurch die Abfindungsansprüche der anderen stillen Gesellschafter nicht beeinträchtigt werden110. Allein hierdurch kann das mit den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft verbundene Ziel der gleichmäßigen Belastung aller stillen

103 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 133 f.; weitere Nachweise zum Streitstand in der Literatur in Rz. 11.11. 104 Dieses verkennt das OLG Schleswig v. 13.6.2002 – 5 U 78/01, ZIP 2002, 1244 bei seiner ergebnisorientierten Argumentation. 105 BGH v. 24.5.1993 – II ZR 136/92, NJW 1993, 2107 (2108). 106 BGH v. 19.12.1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 (345 f.). 107 So auch OLG Düsseldorf v. 16.2.2017 – 6 U 157/16, juris Rz. 30, für den Fall einer mittelbaren Kommanditbeteiligung an einer Publikumsgesellschaft. 108 Gerade in den Fällen falscher oder fehlender Prospektinformationen unterliegen nämlich alle stillen Beteiligungen demselben Fehler und hat sich ihre Rückabwicklung damit einheitlich zu gestalten. Damit verdrängen die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft die spezialgesetzlichen Haftungsbestimmungen der § 20 VermAnlG und § 306 KAGB. Str., wie hier Ziegler, DStR 2005, 30 (32 f.); a.A. Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 71 Rz. 16 m.w.N. in Fn. 56. 109 Grundlegend BGH v. 28.11.1953 – II ZR 188/52, BGHZ 11, 190; Westermann, ZIP 2002, 240 (241). Die Unwirksamkeit des Gesellschaftsbeitritts und damit als Rechtsfolge die Rechtsgrundlosigkeit und Rückforderbarkeit der erbrachten Leistungen i.S. des § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB besteht erst, wenn gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder bestimmter, besonders schutzwürdiger Personen einer derartigen Rückabwicklung entgegenstehen. 110 BGH v. 6.12.2016 – II ZR 140/15, NZG 2017, 339 (341); BGH v. 3.11.2015 – II ZR 270/ 14, WM 2016, 72.

500 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.54 § 18

Gesellschafter im Wege der geordneten Auseinandersetzung erreicht werden. Ein einzelner Gesellschafter darf sich nicht seiner Beteiligung an den von allen stillen Gesellschaftern zu tragenden Schulden des Geschäftsinhabers durch Aufrechnung entziehen können. Prozessual bleibt dem stillen Gesellschafter zur Geltendmachung des weitergehenden Schadens nur der Weg der Feststellungsklage111. Diesem Regime unterliegen nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auch die Mängel der Beitrittserklärung eines Anlegers112. Das Auszahlungsguthaben wird in der Regel durch Verlustzuweisungen gemindert sein. Es ist sogar möglich, dass sich in der Auseinandersetzung aufgrund von Verlustzuweisungen oder gewinnunabhängigen Auszahlungen ein Negativsaldo zulasten des Gesellschafters ergibt, so dass sich die Frage nach Nachschussforderungen gegen den austrittswilligen Gesellschafter stellt113. bb) Folgen bei zweigliedriger Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses Keine uneingeschränkte Anwendung der Regeln der fehlerhaften Gesellschaft soll nach der Rechtsprechung des BGH jedoch in dem Fall einer zweigliedrigen stillen Gesellschaft stattfinden. Ohne gesellschaftsrechtliche Verbindung zwischen den Stillen und damit zweigliedriger Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses soll der Anspruch des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber des Handelsgeschäfts auf Einlagenrückgewähr jedenfalls dann im Ergebnis keinen Beschränkungen nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft unterliegen, wenn der Inhaber des Handelsgeschäfts gleichzeitig verpflichtet ist, den stillen Gesellschafter im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er nicht beigetreten wäre. Zur Begründung hat der BGH auf die Besonderheiten der stillen Gesellschaft (in dem damaligen Anlagemodell) im Gegensatz zu einer Publikumsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer Kommanditgesellschaft abgestellt. Wer einer solchen Publikumsgesellschaft beitrete, um sein Vermögen anzulegen, könne bei einer mangelhaften Aufklärung über die Risiken und Chancen des Anlageprojekts von der Gesellschaft weder Schadensersatz noch sonst Rückabwicklung seiner Gesellschaftsbeteiligung verlangen, weil die fehlerhafte Aufklärung der Gesellschaft nicht zugerechnet werden könne. Der einzelne Gesellschafter habe auf die Beitrittsverträge neuer Gesellschafter keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten, trete insoweit auch nicht in Erscheinung und sei im Gegenteil bei seinem eigenen Eintritt in die Gesellschaft regelmäßig selbst getäuscht oder jedenfalls nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Wohl aber habe der eintretende Gesellschafter Schadensersatzansprüche gegen die Initiatoren der Gesellschaft, gegen die Gründungsgesellschafter und gegen diejenigen, die sonst für die Mängel seines Beitritts verantwortlich seien. In derartigen 111 BGH v. 6.12.2016 – II ZR 140/15, NZG 2017, 339 (341). 112 Vgl. hierzu u.a. Westermann, ZIP 2002, 240 (243 ff.); Moll, BB 1982 Beilage 3, 1 (3); Domrich, Grundeigentum, 1103; a.A. OLG Rostock v. 1.3.2001 – 1 U 122/99, BB 2001, 906 = WM 2001, 1413 m. Anm. Mankowski, WuB IV D. § 1 HWiG 1.01; Rohlfing, NZG 2003, 854. 113 So der Sachverhalt in BGH v. 5.5.2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 = NZG 2008, 460. Zur Ausgleichspflicht des negativen Kapitalkontos siehe Rz. 15.53 ff.

Kauffeld | 501

18.54

§ 18 Rz. 18.54 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Fällen akzeptierte es der BGH mithin bislang, dass getäuschte Anleger ihre geleisteten Zahlungen unabhängig von den Ansprüchen anderer Anleger als Schadensersatz wegen vorvertraglichen Aufklärungsverschulden in vollem Umfang zurückverlangen können. Einem solchen Anspruch stehen nach Ansicht des BGH die Regeln von der fehlerhaften Gesellschaft nicht entgegen114, zumindest wenn es sich um zweigliedrige stille Gesellschaften handelt115.

18.55 In der Literatur finden sich für diese Lösung ebenso zustimmende116 wie ablehnende117 Meinungen. Bedenklich ist, dass mit der Entscheidung, dem Anleger Schadensersatzansprüche in Höhe seiner ursprünglichen Einlage unabhängig vom aktuellen Wert seiner Beteiligung (Abfindungsguthaben) zu gewähren, der mit der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft verfolgte Bestandsschutz faktisch leer läuft118. 18.56 Sämtliche Entscheidungen betrafen Anlagemodelle, an denen eine Vielzahl von Anlegern als stille Gesellschafter beteiligt war. Diesen Gesellschaftern ist in der Regel bekannt, dass sie sich an einer in Form von gebündelten stillen Beteiligungen organisierten Publikumsgesellschaft beteiligen119. Ihnen ist ebenso bekannt, dass das Investitionskapital, an dem die Stillen häufig durch entsprechende Vertragsgestaltungen wirtschaftlich partizipieren, nur gemeinsam aufgebracht werden kann. Diese Zusammenhänge verbinden die zahlreichen einzelnen Stillen zu einer echten Leistungs- und Risikogemeinschaft, aus der sich die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft rechtfertigt und damit auch der Schutz der Kapitalgrundlage. Wenn den Mitgesellschaftern vom BGH mit der Begründung, es handele sich um zweigliedrige, voneinander unabhängige Beteiligungen120, der Schutz versagt wird, so erscheint diese Sichtweise als zu formal. Auch der Einwand, demjenigen, der sich aufgrund eines Prospektmangels, einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder aus sonstigen Gründen schadensersatzpflichtig gemacht habe, dürfe es nicht zugutekommen, dass er gleichzeitig auch an dem mit dem geschädigten Anleger geschlossenen Gesellschaftsvertrag 114 BGH v. 19.7.2004 – II ZR 354/02, NZG 2004, 961; BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 310/03, NZG 2005, 467; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 149/03, NZG 2005, 476; BGH v. 26.9.2005 – II ZR 314/03, NZG 2006, 57 = ZIP 2005, 2060. 115 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262); jüngst auch OLG München v. 7.12.2017 – 23 U 1683/17, juris; vgl. auch Goette, DStR 2006, 245. 116 Konzen in FS Westermann, S. 1133 (1151 ff.); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 135; Tettinger, DStR 2006, 903 (906 ff.); von Livonius, EWiR 2006, 133; Gehrlein, WM 2005, 1489 (1494 ff.); Wertenbruch, NJW 2005, 2823 (2825); Geibel, BB 2005, 1009 (1015); Bayer/Riedel, NJW 2003, 2567 (2571 f.); nur im Ergebnis Hey, NZG 2004, 1057; C. Schäfer, ZHR 170 (2006), 373 (394). 117 Armbrüster/Joos, ZIP 2004, 189 (197 ff.); Armbrüster, Gesellschaftsrecht und Verbraucherschutz, S. 35 ff.; Loritz, DB 2004, 2459; Lenenbach, WuB II H. § 230 HGB 2.05; Wagner, NZG 2005, 499; Wälzholz, DStR 2003, 1533 (1535). 118 Siehe bereits Blaurock, WuB II H. § 230 HGB 1.05; ähnlich Oechsler, NJW 2008, 2471 (2475). 119 Vgl. Armbrüster/Joos, ZIP 2004, 189 (192, 197 ff.) („koordinierte stille Beteiligungen“). 120 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262); vgl. auch Goette, DStR 2006, 245.

502 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.57 § 18

beteiligt sei121, kann nicht überzeugen. Dies leuchtet zwar ein, soweit der Hauptgesellschafter eine natürliche Person ist. In den Fällen der in Form von stillen Publikumsgesellschaften organisierten Anlagemodelle ist der Hauptgesellschafter jedoch in der Regel eine Kapitalgesellschaft, deren Vermögen wiederum hauptsächlich aus den Einlagen der zahlreichen Anleger besteht122. Eine Inanspruchnahme trifft deshalb in erster Linie diese Anleger. Um eine Entlastung des Täuschenden zu vermeiden, erscheint demgegenüber die Haftung der übrigen verantwortlichen Personen angezeigt. Hierfür steht insbesondere die Eigenhaftung des Vertreters (§ 311 Abs. 3 BGB) zur Verfügung. Berücksichtigt man, dass sich insbesondere atypische stille Anlegerbeteiligungen und Kommanditbeteiligungen häufig sehr ähnlich sind und die Wahl der Gesellschaftsform für das Anlageprojekt oftmals beinahe zufällig geschieht, so erscheint ein Gleichlauf in der Abwicklung fehlerhafter Beteiligungen geboten. Bei den (nicht stillen) Publikumsgesellschaften ist jedoch anerkannt, dass dem Anleger wegen der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft keine Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaft zustehen können, die über das Abfindungsguthaben hinausgehen123. cc) Folgen bei Mehrgliedrigkeit des Gesellschaftsverhältnisses Ob die Beschränkung eines auf Rückabwicklung gerichteten Schadensersatzes durch die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auch dann wegfalle, wenn es sich nicht um die fehlerhafte Gründung einer zweigliedrigen stillen Gesellschaft, sondern um den fehlerhaften Beitritt zu einer mehrgliedrigen stillen Publikumsgesellschaft handelt, ließ der BGH zunächst offen124. Dieses hat der BGH in zwei jüngeren Entscheidungen aus dem Jahr 2013 ausdrücklich entschieden125 und in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2015 bekräftigt126. In seinen Entscheidungen führt der BGH zunächst einmal aus, dass Kapitalanleger, die mit einer Vermögenseinlage als stille Gesellschafter einer aus allen stillen Gesellschaftern und dem Inhaber des Handelsgewerbes bestehenden Publikumsgesellschaft beitreten, von dem Inhaber des Handelsgewerbes wegen eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens nicht im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung ihrer Beteiligung durch Rückgewähr der Einlagen Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus den stillen Beteiligungen verlangen können. Vielmehr steht ihnen nur ein Anspruch auf ein (etwaiges) Abfindungsguthaben nach den Regeln der fehlerhaften Gesellschaft zu. Dabei kann es auch keinen Unterschied machen, ob die erbrachten Einlagen auf bereicherungsrechtlicher Grundlage oder als Schadens121 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262); BGH v. 21.3.2005 – II ZR 310/ 03, NZG 2005, 467 (469); BGH v. 26.9.2005 – II ZR 314/03, NZG 2006, 57 (58) = ZIP 2005, 2060. 122 Vgl. Armbrüster, Gesellschaftsrecht und Verbraucherschutz, S. 38. 123 BGH v. 21.7.2003 – II ZR 387/03, BGHZ 156, 46 (51 f.); zuletzt BGH v. 5.5.2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018. 124 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262). 125 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 320/12, juris; BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 = ZIP 2013, 2355 = DNotZ 2014, 374. Als obiter dictum wird in beiden Entscheidungen vom BGH nochmals betont, dass die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auch auf typische stille Gesellschaften anwendbar sind. 126 BGH v. 3.11.2015 – II ZR 270/14, WM 2016, 72.

Kauffeld | 503

18.57

§ 18 Rz. 18.57 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

ersatz zurückverlangt werden. In beiden Fällen ist der Anspruch des Kapitalanlegers auf die Höhe seines Abfindungsguthabens im Zeitpunkt des Ausscheidens begrenzt. Bereits bei der Berechnung des Abfindungsguthabens müssen die hypothetischen Abfindungsansprüche (nicht aber die Schadensersatzansprüche) aller anderen Anleger berücksichtigt werden. Zudem muss das Gesellschaftsvermögen eine Abfindung des Stillen zulassen. Ein stiller Gesellschafter kann damit einen ihm im Zuge seines Beitritts entstandenen Vermögensschaden unter Anrechnung seines gegebenenfalls bestehenden Abfindungsanspruches nur dann geltend machen, wenn dadurch die gleichmäßige Befriedigung von Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüchen der übrigen stillen Gesellschafter nicht gefährdet wird127. Nach zutreffender Ansicht des Bundesgerichtshofs trifft dabei allerdings den Geschäftsinhaber die Darlegungund Beweislast dafür, dass eine Auszahlungssperre vorliegt, also der Schadensersatzanspruch durch konkurrierende Abfindungsansprüche der Mitgesellschafter gesperrt ist128.

18.58 Der BGH stellt dabei zu Recht darauf ab, dass Geschäftsinhaber und stille Publikumsgesellschaft nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Entgegen der Auffassung des BGH erscheint eine solche isolierte Betrachtung allerdings auch schon in der zweigliedrigen stillen Gesellschaft nicht angebracht, denn auch bei einer solchen Gestaltung bedarf es der separaten Würdigung des Geschäftsinhabers in seiner Rolle als unternehmenstragende Gesellschaft sowie in seiner Rolle als Mitgesellschafter. In beiden Fällen sind die Einlagen der stillen Anleger dem Geschäftsinhaber in seiner Funktion als Unternehmensträger zugeflossen129. Für den geschädigten Anleger folgt hieraus, dass er gegenüber dem Geschäftsinhaber in seiner Funktion als Unternehmensträger allein auf die „Rückgewähr“ seiner Einlage in Form des ihm nach Kündigung zukommenden Auseinandersetzungs- bzw. Abfindungsanspruches verwiesen ist. 18.59 Nach Versagung eines auf Rückabwicklung der fehlerhaften Beteiligung gerichteten Schadensersatzanspruches erkennt der BGH im nächsten Schritt zutreffend, dass sich hieraus nicht die vollständige Versagung eines Schadensersatzanspruches gegen den Geschäftsinhaber ableitet. Ein über den eigenen Abfindungsanspruch hinausgehender Anspruch auf Ersatz des durch den Abfindungsanspruch nicht ausgeglichenen Schadens besteht allerdings nur dann, wenn (i) die Vermögenslage des Handelsbetriebs, (ii) die Höhe der – hypothetischen – Abfindungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter und (iii) die Liquidität der Publikumsgesellschaft es zulassen, dem einzelnen Anleger einen weitergehenden Schaden auszugleichen. Soweit das Vermögen der un127 BGH v. 3.11.2015 – II ZR 270/14, WM 2016, 72. 128 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 = ZIP 2013, 2355. Gelingt es dem Geschäftsinhaber nicht darzulegen und zu beweisen, dass es ihm neben den Abfindungsguthaben seiner weiteren atypisch stillen Gesellschafter nicht möglich sei, den über das Abfindungsguthaben hinausgehenden Schadensersatzanspruch des stillen Gesellschafters ohne Gefährdung der Ansprüche der Mitgesellschafter zu erfüllen, greift die Auszahlungssperre nicht und dem Anleger steht ein unbeschränkter Schadensersatzanspruch zu. So zutreffend OLG Hamburg v. 5.6.2015 –11 U 206/12, LS 2, juris; ebenso Mock, DStR 2014, 598 (600). 129 Hierzu grundlegend Blaurock/Gimmler, ZGR 2014, 371 (393).

504 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.61 § 18

ternehmenstragenden Gesellschaft nicht reicht, um zusätzlich den Schadensersatzanspruch des Anlegers zu befriedigen, kann der Anleger seinen Schadensersatzanspruch zumindest dem Grund und der Höhe nach feststellen lassen. Von vornherein nicht erforderlich ist aber, ob das Vermögen des Geschäftsinhabers ausreicht, um Schadensersatzansprüche anderer Anleger zu befriedigen130. Im Übrigen bleibt es dem stillen Gesellschafter unbenommen, Schadensersatzansprüche gegen die Initiatoren der Gesellschaft, gegen die Gründungsgesellschafter und gegen diejenigen, die sonst für die Mängel seines Beitritts verantwortlich sind, geltend zu machen131. Soweit sich ein Ersatz- und damit Einlagenrückgewähranspruch des stillen Gesellschafters aus spezialgesetzlichen Haftungsbestimmungen ergibt, namentlich aus § 20 f. VermAnlG, ist dieser nach vorherrschender Auffassung in der Literatur nicht in der zuvor beschriebenen Weise beschränkt132. Dieses Ergebnis überzeugt aber nicht im Falle, dass das Vermögen der zur Verantwortung gezogenen Geschäftsinhaber-Gesellschaft im Wesentlichen aus den Einlagen der in einem mehrgliedrigen Verband organisierten stillen Gesellschafter aufgebracht worden ist und den Haftungsfonds für die Abfindungsansprüche der Mitgesellschafter bildet.

18.60

f) Der Abschluss stiller Beteiligungen außerhalb von Geschäftsräumen aa) Außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene Verträge nach §§ 312b, 312g BGB Die Vorschrift des § 312g Abs. 1 BGB133 über den Widerruf von außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Verträgen („AGV“) ist auf den Abschluss eines entgeltlichen Vertrages über die Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses anzuwenden, wenn der Zweck des Vertragsschlusses vorrangig in der Anlage von Kapital besteht und nicht darin, Mitglied einer Gesellschaft zu werden134. Dies soll auch dann gelten, wenn sich der Anleger außerhalb von Geschäftsräumen i.S. der §§ 312b, 312g BGB über einen Treuhänder mittelbar an der Publikumsgesellschaft beteiligt135. Vo130 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, NZG 2013, 1422 (1426). 131 BGH v. 19.7.2004 – II ZR 354/02, ZIP 2004, 1707; Schweizer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 101 Rz. 47. 132 Hellgardt, ZBB 2012, 73 ff.; Weber, ZHR 176 (2012), 184 (216 f.); Casper in Großkomm/ HGB, § 161 HGB Rz. 163; a.M. C.Schäfer, ZIP 2012, 2421 (2422 f.); Schnauder, NJW 2013, 3207 (3210); offen gelassen von Nobbe, WM 2013, 193 (197); Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 71 Rz. 16; a.A. Ziegler, DStR 2005, 30 (32 f.). 133 Gemäß Art. 229 § 5 EGBGB gelten bei Dauerschuldverhältnissen im Hinblick auf mögliche Widerrufsrechte seit dem 1.1.2003 nur noch die Vorschriften des BGB in der jeweils gültigen Fassung. 134 EuGH v. 15.4.2010 – C 215/08, NJW 2010, 1511 auf Vorlage des BGH v. 5.5.2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 = NZG 2008, 460. Noch zum HWiG: BGH v. 17.9.1996 – XI ZR 164/95, BGHZ 133, 254 (261); BGH v. 2.7.2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201 (203); BGH v. 18.10.2004 – II ZR 352/02, NZG 2005, 35 (Kommanditgesellschaft); BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (Stille Gesellschaft); Grüneberg in Palandt, § 312 BGB Rz. 7; Westermann, ZIP 2002, 189 (197). 135 Bei dem abgeschlossenen Treuhandvertrag handelte es sich im einen „Vertrag über eine entgeltliche Leistung“ i.S. von § 1 Abs. 1 HWiG, weil sich der Anleger in der Hoffnung

Kauffeld | 505

18.61

§ 18 Rz. 18.61 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

raussetzung der Anwendbarkeit des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 1 BGB ist allerdings, dass der stille Gesellschafter Verbraucher ist. Ein Verbraucher ist gemäß § 13 BGB eine natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Zur privaten Sphäre gehört die Verwaltung und Anlage eigenen Vermögens136. In der Regel wenden sich Publikumsbeteiligungsgesellschaften an Verbraucher.

18.62 Einem Verbraucher steht im Grundsatz ein Widerrufsrecht des Gesellschaftsvertrags zu, wenn der zum Beitritt führende Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen des Vertragspartners bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit beider Parteien geschlossen wurde, wenn der Verbraucher sein Angebot außerhalb von Geschäftsräumen des Vertragspartners bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit beider Parteien abgegeben hat, wenn der Vertrag zwar innerhalb der Geschäftsräume geschlossen wird, der Verbraucher aber außerhalb der Geschäftsräume persönlich und individuell angesprochen wurde oder aber wenn der Vertrag auf einem Ausflug geschlossen wurde, der organisiert wurde, um beim Verbraucher gezielt zu werben oder mit ihm entsprechende Verträge abzuschließen (§§ 312b, 312g Abs. 1 BGB). 18.63 Die frühere Ausnahme vom Widerrufsrecht im Falle des Vertragsschlusses oder der entsprechenden Verhandlungen am Arbeitsplatz oder in einer Privatwohnung auf Bestellung des Stillen (§ 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB a.F.) wurde entscheidend eingeschränkt und ist in der heutigen Fassung für stille Beteiligungen ohne Relevanz (vgl. § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 11 BGB: Ein Widerrufsrecht besteht demnach in derartigen Situationen nur bei solchen Verträgen nicht, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen); auch die Bagatellausnahme des § 312 Abs. 3 Nr. 2 BGB a.F. wird in der aktuellen Gesetzesfassung nur noch in Form von erleichterten Informationspflichten gegenüber dem Verbraucher gemäß Art. 246 Abs. 2 EGBGB aufgegriffen. Weiterhin gilt jedoch, dass der Stille den Vertragsschluss nicht widerrufen kann, wenn seine Willenserklärung notariell beurkundet worden ist (§ 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 13 BGB). 18.64 Der Widerruf muss innerhalb von 14 Tagen erfolgen (§ 355 Abs. 2 BGB). Die Frist beginnt nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher entsprechend den Anforderungen des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder des Art. 246b § 2 Abs. 1 EGBGB ordnungsgemäß unterrichtet hat (§ 356 Abs. 3 BGB).

der Gewinnerzielung zur Entgeltzahlung für den Erwerb eines für ihn von dem Treuhänder zu haltenden Gesellschaftsanteils verpflichtet hat: BGH v. 2.7.2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201 = ZIP 2001, 1364. 136 BGH v. 23.10.2001 – XI ZR 63/01, ZIP 2001, 2224; BGH v. 10.6.1974 – VII ZR 44/73, BGHZ 63, 32 (33); BGH v. 10.5.1979 – VII ZR 97/78, BGHZ 74, 273 (276 f.); Ellenberger in Palandt, § 13 BGB Rz. 3.

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Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.67 § 18

bb) Widerruf nach §§ 355 ff. BGB Falls die notwendige Belehrung nicht oder nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, so begann der Lauf der Zweiwochenfrist nach alter Gesetzesfassung nicht (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.). Der Umstand, dass damit theoretisch eine ewige Widerrufsmöglichkeit des Verbrauchers im Falle nicht ordnungsgemäßer Belehrung möglich war, hat sich nunmehr geändert: Das Widerrufsrecht erlischt mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen (§ 356 Abs. 3 Satz 3 BGB) spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem in Abs. 2 oder § 355 Abs. 2 Satz 2 genannten Zeitpunkt (§ 356 Abs. 3 BGB in Umsetzung von Art. 10 Abs. 1 VerbrR-RL).

18.65

cc) Höhe des Rückgewähranspruchs Allerdings wird der Rückgewähranspruch infolge wirksamen Widerrufs nur in Ausnahmefällen sämtliche Beiträge in voller Höhe umfassen. Denn nach ständiger Rechtsprechung137 führt grundsätzlich nicht einmal ein durch arglistige Täuschung (§ 123 BGB) veranlasster Beitritt eines Anlegers zu einer Publikumsgesellschaft zur Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Anfechtungsvorschriften mit der Folge, dass die gesellschaftsrechtliche Stellung ex tune beendet wird und die gezahlten Einlagen zurückzugewähren sind; vielmehr kann bei einer in Vollzug gesetzten Gesellschaft der getäuschte Anleger seine Mitgliedschaft nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft allein durch ein ex nunc wirkendes Austrittsrecht beenden und erhält in diesem Fall – Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung – sein Auseinandersetzungsguthaben ausgezahlt138.

18.66

Bisher wurde ganz überwiegend davon ausgegangen, dass die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auch im Fall der Beendigung der Mitgliedschaft in einer Publikumsgesellschaft nach dem Verbraucherschutzrecht Anwendung findet139. Auch nach einem wirksamen Widerruf sollte deshalb dem stillen Gesellschafter statt der geleisteten Vermögenseinlage lediglich sein Auseinandersetzungsguthaben auszuzahlen sein. Es stellte sich indes die Frage, ob eine solche Rechtsfolge mit der Vorgabe des Art. 5 Abs. 2 der Haustürgeschäfterichtlinie vereinbar ist, nach der der Verbraucher „aus allen aus dem widerrufenen Vertrag erwachsenden Verpflichtungen [zu] entlassen ist“. Daran anknüpfend hat der BGH dem EuGH die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die Zahlung nur des aktuellen Abfindungsguthabens nach ausgeübtem

18.67

137 BGH v. 19.12.1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 (345 f.). 138 Grundlegend BGH v. 28.11.1953 – II ZR 188/52, BGHZ 11, 190; Westermann, ZIP 2002, 240 (241). Die Unwirksamkeit des Gesellschaftsbeitritts und damit als Rechtsfolge die Rechtsgrundlosigkeit und Rückforderbarkeit der erbrachten Leistungen i.S. des § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB besteht erst, wenn gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder bestimmter, besonders schutzwürdiger Personen einer derartigen Rückabwicklung entgegenstehen. 139 Zum HWiG: BGH v. 2.7.2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201 = ZIP 2001, 1364; BGH v. 18.10.2004 – II ZR 352/02, NZG 2005, 35; BGH v. 27.6.2006 – II ZR 218/04, ZIP 2006, 1388; BGH v. 5.5.2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 = NZG 2008, 460; Schubert, WM 2006, 1328.

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§ 18 Rz. 18.67 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Haustürwiderruf aus nationalen gesellschaftsrechtlichen Gründen der Richtlinie widersprechen würde140.

18.68 Zu Recht führt der BGH insoweit Gründe an, die für die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft sprechen141. Im Ausgangspunkt liegt auch bei einem verbraucherschützenden Widerruf ein Mangel im Gesellschaftsverhältnis vor, bei dem zu berücksichtigen ist, dass eine Abwicklung organisationsrechtlicher Gebilde wegen der dort vorhandenen vielfältigen Rechtsbeziehungen nicht denselben Regeln folgen kann, wie die Abwicklung in zweiseitigen Austauschbeziehungen (siehe allgemein bereits Rz. 11.2 ff.), auf die die Haustürgeschäfterichtlinie lediglich zugeschnitten ist. Mit dem Verbraucherschutz ist auch kein der Anwendung der fehlerhaften Gesellschaft entgegenstehendes höherrangiges Interesse gegeben. Vielmehr verlangen die bei einem Austritt des Gesellschafters betroffenen Interessen gerade die ausgleichende Wirkung der fehlerhaften Gesellschaft. So ist zum einen das Interesse der Drittgläubiger am ungeschmälerten Bestand der Gesellschaft zu berücksichtigen142. Dieses Interesse wiederum muss gerade durch gesellschaftsrechtliche Institute wie die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft gesichert werden, da die Haustürgeschäfterichtlinie wegen ihres Zuschnitts auf zweiseitige Austauschverhältnisse hierzu keine Regelung bereithält. Ebenso sind die Bestandsschutzinteressen der Mitgesellschafter zu berücksichtigen. Es wäre problematisch, wenn sich aufgrund des Austritts einzelner Gesellschafter mit der Folge der Zahlung der ursprünglichen Einlageleistung sowohl die Beteiligungsbasis als auch die Vermögensbasis der Gesellschaft zulasten der Mehrheit rückwirkend verändern könnte. Hierdurch würde nicht nur der Zweck des Verbraucherschutzes für die überwiegende Anzahl der (Verbraucher-)Gesellschafter konterkariert, sondern es würde i.S. eines „Windhundrennens“ derjenige Verbraucher in ungerechtfertigter Weise privilegiert, der seine Beitrittserklärung am schnellsten widerruft und die Rückabwicklung vollzieht. 18.69 Der EuGH hat sich letztlich diesen überzeugenden Ausführungen des BGH im Ergebnis angeschlossen und geht insoweit trotz der prinzipiellen Anwendbarkeit der Vorschriften des Widerrufsrechts auf die Beitrittserklärung von Verbrauchern davon aus, dass die Anwendung der Lehre der fehlerhaften Gesellschaft auf diese Konstellationen mit der Folge, dass ein Ausscheiden grundsätzlich nur mit ex-nunc-Wirkung ermöglicht wird, nicht europarechtswidrig ist143. Demzufolge steht das Europarecht der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nicht entgegen, wodurch eine Beschränkung des Verbrauchers in erster Linie auf sein Auseinandersetzungsguthaben weiterhin möglich ist. 18.70 Auf Grundlage der Rechtsprechung des BGH ist dann im Weiteren im Hinblick auf die Folgen des Widerrufs des Erwerbs der stillen Publikumsgesellschaft nach § 355 BGB danach zu unterscheiden, ob das Beteiligungsverhältnis zweigliedrig oder mehr140 BGH v. 5.5.2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 = NZG 2008, 460. 141 BGH v. 5.5.2008 – II ZR 292/06, Rz. 19 ff., ZIP 2008, 1018 = NZG 2008, 460. 142 Das Verkehrsschutzinteresse greift freilich im Fall der stillen Gesellschaft als reiner Innengesellschaft nicht. Siehe bereits Rz. 11.5. 143 EuGH v. 15.4.2010 – C 215/08, NJW 2010, 1511.

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Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.71 § 18

gliedrig ausgestaltet ist. Im Fall einer zweigliedrigen stillen Gesellschaft soll der Geschäftsinhaber nach der Rechtsprechung des BGH verpflichtet sein, den stillen Anleger im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet144 (ausführlich hierzu Rz. 18.54 ff.). Bei mehrgliedriger Ausgestaltung der stillen Beteiligung besteht nach zwei parallelen Entscheidungen des BGH vom 19.11.2013 ein Schadensersatzanspruch des Stillen nach fehlerhaftem Beitritt dann, sofern die Befriedigung dieses Anspruchs nicht die gleichmäßige Befriedigung von Abfindungs- und Auseinandersetzungsansprüchen der übrigen stillen Gesellschafter gefährdet145 (ausführlich hierzu Rz. 18.57 ff.). g) Der finanzierte Beteiligungserwerb aa) Das verbundene Geschäft Die Regelung des § 358 BGB über verbundene Geschäfte erfasst auch den Beitritt zu einer Publikumsgesellschaft außerhalb von Geschäftsräumen, wenn er mit einem Finanzierungsvertrag i.S. des § 491 BGB verbunden ist. Hierbei erstreckt § 358 Abs. 1 BGB das für den Gesellschaftsbeitritt zur Publikumsgesellschaft geltende Widerrufsrecht nach § 312g BGB auch auf den Verbraucherdarlehensvertrag (§ 491 BGB). Was verbundene Verträge sind, regelt § 358 Abs. 3 BGB. Erforderlich ist hiernach zum einen eine Verknüpfung beider Verträge, d.h. der Kredit muss zu dem Zweck gewährt werden, dass die Einlageschuld des stillen Gesellschafters beglichen wird. Zum anderen müssen beide Verträge aus der Sicht des Verbrauchers eine wirtschaftliche Einheit bilden, somit Geschäftsinhaber und Darlehensgeber dem Verbraucher wie eine Vertragspartei gegenüberstehen146. Nach § 358 Abs. 3 Satz 2 BGB ist eine wirtschaftliche Einheit insbesondere dann anzunehmen, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung des Verbrauchers finanziert oder im Falle der Finanzierung durch einen Dritten, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages der Mitwirkung des Unternehmers bedient. Nach Ansicht des BGH enthält diese Norm eine unwiderlegliche Vermutung. Die erforderliche Mitwirkung sei gegeben, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande komme, der von sich aus die Bank um Finanzierung seines Anlagegeschäfts ersuche, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Anlagevertreibers dem Interessenten zugleich mit den Anlageunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt habe, das sich zuvor dem Anlagevertreiber gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte147. Durch den Widerruf entfällt nicht nur die Bindung an den Gesellschaftsbeitritt, sondern auch diejenige an den Verbraucher-

144 BGH v. 19.7.2004 – II ZR 354/02, NZG 2004, 961; BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 310/03, NZG 2005, 467; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 149/03, NZG 2005, 476; BGH v. 26.9.2005 – II ZR 314/03, NZG 2006, 57 = ZIP 2005, 2060; vgl. auch Goette, DStR 2006, 245. 145 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, NZG 2013, 1422 (1424 ff.). 146 OLG Köln v. 5.12.1994 – 12 U 75/94, ZIP 1995, 21. 147 BGH v. 21.7.2003 – II ZR 387/02, BGHZ 156, 46 (51); BGH v. 25.4.2006 – XI ZR 193/ 04, BGHZ 167, 252 (257); jeweils noch zur Vorgängernorm § 9 Abs. 1 VerbrKrG.

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18.71

§ 18 Rz. 18.71 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

darlehensvertrag. Beide Verträge sind gemäß § 357 BGB abzuwickeln. Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Verbraucherdarlehensvertrages dürfen dem Anleger nach § 358 Abs. 4 Satz 4 BGB nicht auferlegt werden. Der Ausgleich zwischen Geschäftsinhaber und Darlehensgeber richtet sich nach deren vertraglichen Abreden oder nach §§ 812 ff. BGB.

18.72 Widerruft der Gesellschafter allein den Verbraucherkreditvertrag (§ 495 BGB), so erstreckt § 358 Abs. 2 BGB das Widerrufsrecht auf den verbundenen Vertrag, den Gesellschaftsbeitritt. Beide Verträge sind grundsätzlich gemäß § 357 BGB abzuwickeln, § 358 Abs. 4 BGB. Allerdings ist der Zweck des Haustürwiderrufsrechts zu beachten, der es dem Kunden (Anleger) ermöglichen will, innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist frei und ohne Furcht vor finanziellen Nachteilen die Entscheidung zu treffen, ob er an seinen Verpflichtungserklärungen festhalten will oder nicht. Dieser Zweck macht es nach gefestigter Ansicht des BGH erforderlich, dass dem Darlehensgeber nach dem Widerruf kein Zahlungsanspruch gegen den Darlehensnehmer in Höhe des Darlehenskapitals zusteht, sondern eine Rückabwicklung unmittelbar zwischen dem Kreditgeber und dem Partner des finanzierten Geschäfts zu erfolgen hat148. Dies findet nunmehr auch seine Stütze in § 358 Abs. 2, Abs. 4 Satz 5 BGB. Hiernach tritt der Kreditgeber im Verhältnis zum Verbraucher in das Abwicklungsverhältnis anstelle des Unternehmers ein, sofern dem Unternehmer der Kredit bei Zugang der Widerrufserklärung bereits zugeflossen war. Im Ergebnis trägt die finanzierende Bank das Anlagerisiko, da sie vom Kreditnehmer nur die Übertragung des Gesellschaftsanteiles verlangen kann. Die sich daraus ergebenden Rechte unterliegen freilich den Regeln der fehlerhaften Gesellschaft149, die zwar nicht im Verhältnis Kreditnehmer/Bank gelten150, wohl aber im Verhältnis Bank/Unternehmergesellschafter – zwischenzeitliche Verluste aus der Beteiligung muss also die Bank tragen151. 18.73 Nach § 358 Abs. 2 BGB bewirkt ein Widerruf des Darlehensvertrages zugleich einen Widerruf des Gesellschaftsbeitritts. Auch wenn er gegenüber dem Darlehensgeber erklärt worden ist, ist er gegenüber dem Geschäftsinhaber wirksam. § 358 Abs. 2 BGB ist jedoch dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass der Verbraucher am Gesellschaftsbeitritt festhalten und sich nur vom Kreditvertrag lösen kann, wenn er den Widerruf auf den Kreditvertrag beschränkt. 18.74 Bedeutung hat die Verbindung der Geschäfte auch dann, wenn der Anleger bei dem Erwerb der stillen Beteiligung arglistig getäuscht worden ist. In diesem Fall ist der Anleger zur jederzeitigen fristlosen Kündigung der Beteiligung berechtigt und kann dem Darlehensrückzahlungsanspruch der finanzierenden Bank den gegen den Geschäftsinhaber zustehenden Abfindungsanspruch entgegenhalten, § 359 148 BGH v. 25.4.2006 – XI ZR 193/04, BGHZ 167, 252; ebenso bereits BGH v. 17.9.1996 – XI ZR 164/95, BGHZ 133, 254 (259 ff.); jeweils zu § 3 HWiG a.F. 149 Zu den europarechtlichen Bedenken an der Geltung der fehlerhaften Gesellschaft im vorliegenden Kontext und der entsprechenden Vorlagefrage durch den BGH an den EuGH siehe Rz. 18.67. 150 BGH v. 25.4.2006 – XI ZR 193/04, BGHZ 167, 252 (260). 151 C. Schäfer, DStR 2006, 1753 (1755); a.A. Westermann, ZIP 2002, 240 (244 f.).

510 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.75 § 18

Satz 1 BGB152. Ansprüche gegen andere Personen wie Gründungsgesellschafter, Fondsinitiatoren, maßgebliche Betreiber, Manager und Prospektherausgeber kann der Anleger hingegen in diesem Rahmen nicht der Bank entgegenhalten153. Der Anleger kann aber neben der Gesellschaftsbeteiligung oftmals auch den damit verbundenen Darlehensvertrag anfechten, sofern bei der Vermittlung sowohl der Gesellschaftsbeteiligung als auch des Darlehens nur ein Vermittler aufgetreten ist und die Täuschung auch für den Darlehensvertrag kausal war, wovon bei einem verbundenen Geschäft nach Ansicht des BGH regelmäßig auszugehen ist154. Nach der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH155 steht dem Anleger im Falle des verbundenen Vertrages aber zusätzlich ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss gegen die kreditgebende Bank zu, sofern ihm aus der Beteiligung ein Vermögensschaden erwachsen ist. Dies ist vor allem relevant, wenn die Anfechtungsfrist gemäß § 124 Abs. 1 BGB verstrichen ist oder es an der Arglist fehlt. Nach Ansicht des BGH muss sich die Bank insoweit das täuschende Verhalten des Vermittlers zurechnen lassen, weil dieser nicht Dritter i.S. des § 123 Abs. 2 BGB sei. Eine derartige Zurechnung vorsätzlichen Verschuldens im Rahmen eines Schadensersatzanspruches habe bei einem verbundenen Geschäft zu erfolgen, um nicht im Verhältnis zur Zurechnung der arglistigen Täuschung in einen unvertretbaren Wertungswiderspruch zu geraten156. Nach dem Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) muss die Bank den Anleger so stellen, wie er ohne Täuschung gestanden hätte. Dann soll nach der Lebenserfahrung davon auszugehen sein, dass der Anleger dem Fonds nicht beigetreten wäre und den Kredit nicht aufgenommen hätte. Die Bank müsste dies im konkreten Fall gegebenenfalls widerlegen. Dadurch wird das gleiche Ergebnis wie im Falle des ausgeübten Haustürwiderrufs erreicht, nämlich die Zuweisung des Anlagerisikos an die Bank. Der stille Gesellschafter und Kreditnehmer muss nicht den Kredit zurückzahlen, sondern nur seinen Fondsanteil bzw. nach Kündigung den Abfindungsanspruch an die Bank abtreten, die ihrerseits dem Anleger die Rückerstattung von Zins- und Tilgungsleistungen schuldet, abzüglich dem Anleger zugeflossene Fondsausschüttungen und Steuervorteile, die diesem im Wege der Vorteilausgleichung angerechnet werden. Der Rückgriff des Darlehensgebers gegen den Geschäftsinhaber richtet sich nach den bestehenden vertraglichen Abreden, hilfsweise nach Bereicherungsrecht157.

152 BGH v. 25.4.2006 – XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 (249). 153 BGH v. 25.4.2006 – XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 (250) im Einvernehmen mit dem II. Zivilsenat, der zuvor anders entschieden hatte, BGH v. 14.6.2004 – II ZR 393/02, BGHZ 159, 294 (311 ff.); zur neueren Verständigung der beiden Senate Goette, DStR 2006, 1099. 154 BGH v. 25.4.2006 – XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 (250 f.). 155 BGH v. 25.4.2006 – XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 (251 f.); vgl. hierzu Goette, DStR 2006, 1099; Habersack, BKR 2006, 305; C. Schäfer, DStR 2006, 1753. 156 Kritisch Habersack, BKR 2006, 305 (309). 157 BGH v. 17.9.1996 – XI ZR 164/95, BGHZ 133, 254 = ZIP 1996, 1940; Grüneberg in Palandt, § 359 BGB Rz. 21.

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18.75

§ 18 Rz. 18.76 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

bb) Nicht verbundene Geschäfte

18.76 Die genannten Grundsätze gelten nicht, sofern es sich nicht um ein verbundenes Geschäft handelt. Bei Sachverhalten mit finanzierten Fondsbeteiligungen, die zeitlich vor dem 1.1.2002 entstanden sind, kann es trotz Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen des verbundenen Geschäfts an einem solchen fehlen, weil es sich bei dem Darlehen um einen sog. Realkredit handelt, der unter die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG a.F. fällt158. Hiernach ist entscheidend, ob der Kredit von der Sicherung eines Grundpfandrechts abhängig gemacht wird. Es ist unerheblich, ob der Kreditnehmer das Grundpfandrecht selbst bestellt oder, wie regelmäßig im Falle von Fondsbeteiligungen, etwa ein globales Grundpfandrecht bereits vor Abschluss des Verbraucherkreditvertrages bestellt worden ist. Damit fällt bei entsprechender Ausgestaltung grundsätzlich auch der finanzierte Fondsbeitritt und nicht nur der finanzierte Immobilien- bzw. Wohnungseigentumserwerb unter die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG a.F.159. Allerdings findet sich eine solche Regelung im geltenden Recht nicht, auch die Ausnahmeregelung des § 358 Abs. 3 Satz 3 BGB gilt nur für den finanzierten Erwerb von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten. 18.77 Hat der Kreditnehmer in einem solchen Fall den Darlehensvertrag widerrufen, so kann er dem Anspruch der Bank auf Erstattung des Kreditbetrages nicht die fehlerhafte Gesellschaftsbeteiligung entgegenhalten, denn § 359 BGB gilt gerade nicht160. Der in dieser Vorschrift geregelte Einwendungsdurchgriff ist abschließend, er kann nicht für weitere Fälle auf § 242 BGB gestützt werden161. Der EuGH hat zwar Art. 4 der Haustürwiderrufsrichtlinie162 in der Weise ausgelegt, dass der Verbraucher vor den Risiken einer kreditfinanzierten Kapitalanlage zu schützen sei, die er im Falle einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung der Bank hätte vermeiden können163. Unter Bezugnahme auf diese Vorgaben hat der BGH offengelassen, welche Konsequenzen sich für den Fall ergeben könnten, in dem dem Anleger ein Haustürwiderrufsrecht bezüglich des Darlehensvertrags zusteht und er bei Abgabe seiner auf den Kreditvertrag gerichteten Erklärung noch nicht an das finanzierte Geschäft gebunden war. Zumindest jedoch für den Fall, dass der Anleger bereits an das finanzierte Geschäft gebunden war (Vertrag zur stillen Beteiligung zeitlich vor Darlehensvertrag), könne sich kein Abwicklungsmodus nach den Regeln des verbundenen Geschäfts ergeben. Denn in diesem Fall hätte auch eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung durch die Bank den Verbraucher nicht vor den Anlagerisiken schützen können164. Diese mangelnde Kau158 Vgl. die Überleitungsvorschrift des Art. 229, § 5 EGBGB, nach der u.a. das VerbrKrG für Schuldverhältnisse, die vor dem 1.1.2002 entstanden sind, gilt. 159 BGH v. 25.4.2006 – XI ZR 29/05, BGHZ 167, 223 (229 ff.); BGH v. 24.4.2007 – XI ZR 340/05, NJW 2007, 2404 (2405); anders vorher BGH v. 14.6.2004 – II ZR 393/02, BGHZ 159, 294 (308). 160 BGH v. 16.5.2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 (9). 161 Grüneberg in Palandt, § 358 BGB Rz. 1. 162 RL 85/577/EWG v. 20.12.1985, ABl. EG Nr. L 372, S. 31. 163 EuGH v. 25.10.2005 – Rs. C-350/03, Slg. I 2005, 9215, Rz. 94 ff. (Schulte); EuGH v. 25.10.2005 – Rs. C-229/04, Slg. I 2005, 9273, Rz. 49 (Crailsheimer Volksbank). 164 BGH v. 16.5.2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 (12 f.).

512 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.78 § 18

salität steht nach Ansicht des BGH auch einem Schadensersatzanspruch, der sich auf der unterbliebenen Widerrufbelehrung gründet, entgegen165. cc) Verstöße gegen Aufklärungspflichten Bei der Frage, inwieweit die Bank dem Kreditnehmer für Verstöße gegen Aufklärungspflichten haftet, gelten nur im Ansatz die anerkannten Grundsätze, nach denen der Bank eine Aufklärungspflicht etwa bei einem konkreten Wissensvorsprung in Bezug auf die arglistige Täuschung des Anlegers durch Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren auferlegt ist und nach denen der Kreditnehmer diesen Wissensvorsprung zu beweisen hat166. Der XI. Zivilsenat des BGH ergänzt sie vielmehr im Interesse der Effektivierung des Verbraucherschutzes bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen, die nicht als verbundene Geschäfte behandelt werden können, und um dem in den Entscheidungen des EuGH vom 25.10.2005167 zum Ausdruck kommenden Gedanken des Verbraucherschutzes vor Risiken von Kapitalanlagemodellen im nationalen Recht Rechnung zu tragen168. Im Wesentlichen kommt er dem Anleger mit Beweislasterleichterungen entgegen. Die Kenntnis der finanzierenden Bank von der arglistigen Täuschung durch den Vertreiber oder von ihm eingeschalteten Personen und somit ein Aufklärungspflichten begründender Wissensvorsprung werden widerleglich vermutet, wenn Fondsinitiatoren bzw. die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Anlage vom Fondsinitiator oder Vermittler angeboten wurde und deren Angaben evident unrichtig sind169. Für das institutionalisierte Zusammenwirken ist erforderlich, dass zwischen dem Fondsinitiator, den von ihm beauftragten Vermittlern und der finanzierenden Bank ständige Geschäftsbeziehungen bestanden. Derartige Geschäftsbeziehungen können etwa in Form einer Vertriebsvereinbarung, eines Rahmenvertrages oder konkreter Vertriebsabsprachen bestehen. Sie können sich aus der Überlassung von Büroräumen durch die Bank an vom Fondsinitiator eingeschaltete Vermittler ergeben, aber auch aus der von der Bank unbeanstandeten Benutzung von Kreditformularen durch die Vermittler. Ständige Geschäftsbeziehungen sind auch darin zu sehen, dass die Vermittler dem Kreditinstitut wiederholt Finanzierungen von Beteiligungen desselben Objekts vermittelt haben. Das zur Beweislasterleichterung weiter erforderliche Angebot der Finanzierung durch den Vermittler liegt vor, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zu Stande kommt, der von sich aus eine Bank zur Finanzierung seiner Beteiligung sucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Fondsinitiators dem Interessenten im Zusammenhang mit den Anlageunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt hat,

165 BGH v. 16.5.2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 (16 ff.), m.w.N. zur Literatur. 166 Allgemein Blaurock in FS Horn, S. 697 ff. 167 EuGH v. 25.10.2005 – Rs. C-350/03, Slg. I 2005, 9215 (Schulte) und EuGH v. 25.10.2005 – Rs. C-229/04, Slg. I 2005, 9273 (Crailsheimer Volksbank). 168 BGH v. 16.5.2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 (22 ff.). 169 BGH v. 16.5.2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 (23 f.); BGH v. 24.4.2007 – XI ZR 340/05, NJW 2007, 2404 (2407).

Kauffeld | 513

18.78

§ 18 Rz. 18.78 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

das sich zuvor dem Fondsinitiator gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte. Die Voraussetzung der evidenten Unrichtigkeit liegt vor, wenn die Angaben des Vermittlers sich objektiv als grob falsch dargestellt haben, so dass sich aufdrängte, dass die kreditgebende Bank sich der Kenntnis der Unrichtigkeit der Tatsachen geradezu verschloss. h) Stellvertretung und Verbraucherschutz

18.79 Die Praxis beim Vertrieb von Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften wirft die Frage auf, wie das Verbraucherschutzrecht in Zusammenhang mit dem Stellvertretungsrecht des BGB anzuwenden ist. Anlass hierzu gibt die Vermittlung von Anteilen an stillen Publikumsgesellschaften durch unangekündigte Vertreterbesuche. 18.80 Ob die situationsbedingten Voraussetzungen des Verbraucherschutzes bei Abschluss eines Vertrages durch einen Vertreter für diesen oder aber für den Vertretenen vorliegen muss, regelte das Verbraucherschutzrecht nicht. Zu unterscheiden ist, ob beim Vertragsschluss ein Vertreter für den Verbraucher handelt oder ob der Vertreter für den Unternehmer auftritt. Für ersteren Fall räumt der XI. Zivilsenat des BGH in mittlerweile gefestigter Rechtsprechung170 dem Schutz des Rechtsverkehrs durch die Regeln des Stellvertretungsrechts den Vorrang vor dem Verbraucherschutz im Fall des Vertragsabschlusses bzw. der Vertragsanbahnung außerhalb der Geschäftsräume ein. Insbesondere ist der Darlehensvertrag, den der Treuhänder namens und in Vollmacht des Verbrauchers geschlossen hat, für diesen nicht deshalb unwirksam, weil er die Treuhandvertrags- und die damit verbundene Vollmachtserklärung aufgrund einer Verhandlungssituation i.S. des § 312b BGB abgegeben hat. Anders ist es jedoch, wenn der Unternehmer einen Vertreter oder Vermittler für sich handeln lässt. War der BGH im Einklang mit der früheren ganz h.M.171 zunächst davon ausgegangen, dass es darauf ankomme, ob dem Unternehmer das Handeln seines Vertreters oder Vermittlers in der Haustürsituation nach den Kriterien des § 123 Abs. 2 BGB zugerechnet werden konnte172, so entscheidet er später unter Einfluss der Rechtsprechung des EuGH zur Haustürwiderrufsrichtlinie173 anders. Demnach kommt es bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 312b BGB für das Bestehen eines Widerrufsrechtes allein darauf an, dass beim Vertragsschluss objektiv eine § 312b Abs. 1 BGB entsprechende Situation außerhalb von Geschäftsräumen vorgelegen habe174.

170 BGH v. 28.3.2006 – XI ZR 239/04, NJW 2006, 2118; BGH v. 24.4.2001 – XI ZR 40/00, ZIP 2001, 911 = NJW 2001, 1931; BGH v. 2.5.2000 – XI ZR 150/99, BGHZ 144, 223 = ZIP 2000, 1155 = NJW 2000, 2268; BGH v. 2.5.2000 – XI ZR 243/99, ZIP 2000, 1158; BGH v. 2.5.2000 – XI ZR 108/99, ZIP 2000, 1152 = NJW 2000, 2270. Zustimmend Peters/Gröpper, WM 2001, 2199. 171 Siehe nur Ulmer in MünchKomm/BGB, 5. Aufl. 2007, § 312 BGB Rz. 30 m.w.N. 172 BGH v. 14.6.2004 – II ZR 395/01, BGHZ 159, 280 (285 f.) m.w.N. 173 EuGH v. 25.10.2005 – Rs. C-229/04, Slg. I 2005, 9273, Rz. 41 ff. (Crailsheimer Volksbank). 174 Zum § 312 BGB a.F.: BGH v. 20.6.2006 – XI ZR 224/05, BKR 2006, 448 (449 f.); BGH v. 14.2.2006 – XI ZR 255/04, BB 2006, 853 = ZIP 2006, 652 = WM 2006, 674; Masuch in MünchKomm/BGB, 5. Aufl. 2007; zum § 312b: Grüneberg in Palandt, § 312 BGB Rz. 8.

514 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.83 § 18

Nach der früheren Ansicht des BGH war ein dem Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG) unterfallender Darlehensvertrag auch dann wirksam, wenn die dem Treuhänder erteilte Vollmacht die Angaben gemäß § 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 VerbrKrG a.F. nicht enthielt175. Mit Einführung des § 492 Abs. 4 BGB ist jedoch der Schutz des Darlehensnehmers entscheidend verstärkt worden. Demnach müssen die in der schriftlichen Erklärung zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages gemäß § 492 Abs. 1 und Abs. 2 BGB zwingend enthaltenen Angaben auch in einer auf einen solchen Vertragsabschluss gerichteten, vom Darlehensnehmer erteilten Vollmacht enthalten sein.

18.81

2. Ausgestaltung der Gesellschaftsverträge a) Rechte und Pflichten der Gesellschafter Die Mitglieder eines mehrgliedrigen stillen Gesellschaftsverbandes sind aufgrund des Gesellschaftsvertrags verpflichtet, für die Erreichung des gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise tätig zu werden, die vereinbarten Beiträge zu leisten, unter Umständen auch am Verlust teilzunehmen und die Geschäfte zu führen. So müssen es die stillen Gesellschafter beispielsweise aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht nicht hinnehmen, dass der Inhaber die Einlage nicht bestimmungsgemäß verwendet oder dem Unternehmen bestimmungswidrig Vermögen entzieht176. Aus der Gesellschafterstellung ergeben sich aber auch konkrete Vermögensrechte wie der Anspruch auf anteiligen Gewinn, auf das Auseinandersetzungsguthaben oder auf Ersatz von Aufwendungen für die Geschäftsführung sowie bestimmte Verwaltungsrechte wie das Recht zur Geschäftsführung oder die Informations- und Kündigungsrechte.

18.82

aa) Einlagepflicht des Anlegers Im Allgemeinen hat der stille Gesellschafter nach Beendigung der stillen Beteiligung eine rückständige Einlage nur bis zur Höhe seines Verlustanteils zu erbringen177. Dennoch ist der stille Gesellschafter nach Kündigung oder Eintritt der Geschäftsinhaberin in das Liquidationsstadium in vollem Umfang verpflichtet, seine übernommene Einlage zu entrichten, wenn sie nach den getroffenen Vereinbarungen Eigenkapitalfunktion hat und damit den Gläubigern der Publikumsgesellschaft als Haftungsmasse zur Verfügung stehen muss178. Dies ist so, wenn den stillen Gesellschaftern in atypischer Weise kommanditistenähnliche Mitwirkungsbefugnisse eingeräumt werden – beispielsweise über eine Gesellschafterversammlung Einfluss auf die Geschäftsführung besteht – und die Kapitalzufuhr zur Erreichung des Gesellschaftszwecks objektiv notwendig ist179. Eine solche Eigenkapitalfunktion der Einlage des stillen Gesellschafters 175 BGH v. 24.4.2001 – XI ZR 40/00, ZIP 2001, 911 = NJW 2001, 1931. 176 BGH v. 29.6.1987 – II ZR 173/86, GmbHR 1988, 56 = ZIP 1987, 1316; besprochen von Blaurock, EWIR § 230 HGB 1/87, 1219 f. 177 BGH v. 17.12.1984 – II ZR 36/84, GmbHR 1985, 213 = NJW 1985, 1079. 178 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 235 HGB Rz. 60. 179 LG Potsdam v. 14.8.2002 – 52 O 18/01, GmbHR 2002, 1068 = ZIP 2002, 1819.

Kauffeld | 515

18.83

§ 18 Rz. 18.83 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

einer stillen Publikumsgesellschaft lässt seine Einlagepflicht trotz Kündigung fortbestehen. Die stille Einlage darf nach Kündigung nur insoweit in Anspruch genommen werden, wie das Kapital des Geschäftsinhabers zur Befriedigung der Gläubiger nicht ausreicht. bb) Informations- und Kontrollrechte der stillen Gesellschafter

18.84 In einer stillen Publikumsgesellschaft ist zwischen dem individuellen Informationsund Kontrollrecht des einzelnen Gesellschafters gegen die Gesellschaft und dem kollektiven Informations- und Kontrollrecht der Gesellschaft gegen ihre Organe zu unterscheiden180. Die individuellen Informations- und Kontrollrechte der einzelnen stillen Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft werden zumeist durch einen Vertreter oder Beirat wahrgenommen181. Der Vertreter bzw. Beirat erhält seinerseits das Recht und die Pflicht, die Prüfung des Jahresabschlusses durch Einsicht in die notwendigen Unterlagen vorzunehmen und sich von der Geschäftsführung regelmäßig Bericht erstatten zu lassen182. Nach Ansicht des BGH wird durch eine derartige Vereinbarung im Zweifel die Befugnis des stillen Gesellschafters zur persönlichen Ausübung dieser Kontrollrechte ausgeschlossen183. Die Mediatisierung der Informationsrechte findet jedoch ihre Grenze an den unabdingbaren Rechten des Anlegers. Nicht ausschließen lässt sich das Recht des einzelnen stillen Anlegers, eine abschriftliche Mitteilung über den Jahresabschluss der unternehmenstragenden Gesellschaft zu verlangen und Auskunft über Namen und Anschriften seiner Mitgesellschafter zu erhalten184. Entsprechend der Rechtsprechung des BGH zu Publikums-Kommanditgesellschaften haben auch die stillen Gesellschafter ein Recht, von der Geschäftsinhaberin Auskunft über die Namen und Anschriften ihrer Mitgesellschafter zu verlangen185. Dieses gilt auch für solche Gestaltungsvarianten der stillen Publikumsgesellschaft, bei denen die Anleger nicht unmittelbar Gesellschafter der mehrgliedrigen stillen Publikumsgesellschaft sind, sondern (lediglich mittelbar) als Treugeber über einen Treuhänder am Geschäftsinhaber beteiligt sind186. Es besteht ein berechtigtes Interesse der stillen Anleger, im Wege eines selbständigen Eintrittsrechts selbst darüber zu entscheiden, auf welchem Weg und in welcher Weise sie sich an ihre stillen Mitgesellschafter wenden wollen, ohne hierbei auf die Geschäftsinhaberin oder die Treuhänderin als Mittlerin angewiesen zu sein. Das Auskunftsrecht des stillen Anlegers kann weder durch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag noch durch eine Rege-

180 Terminologie nach K. Schmidt, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden, S. 15 ff. 181 Dazu näher Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 182 ff.; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 65 ff. 182 OLG Düsseldorf v. 13.3.1985 – 15 U 173/84, WM 1985, 872 = GmbHR 1985, 334. 183 BGH v. 16.1.1984 – II ZR 36/83, GmbHR 1985, 20 = ZIP 1984, 702 (704). 184 So nunmehr auch LG Hamburg v. 4.5.2017 – 330 O 110/15, juris Rz. 20. 185 BGH v. 11.1.2011 – II ZR 187/09, NZG 2011, 276. 186 BGH v. 5.2.2013 – II ZR 134/11, NZG 2013, 379. So auch K. Schmidt, der hierin einen wichtigen Schritt zur Erschließung eines Rechts der Innenverbände sieht: K. Schmidt, NZG 2011, 361 (362).

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Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.88 § 18

lung in einem etwaigen Treuhandvertrag ausgeschlossen werden187. Eine entsprechende Regelung würde einer Inhaltskontrolle nicht stand halten und wäre unwirksam188. Entsprechend dem Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und dem Schikaneverbot (§ 226 BGB) darf die Auskunft nur dann verweigert werden, wenn an ihrer Erteilung kein vernünftiges Interesse besteht oder das Interesse so unbedeutend ist, dass es in keinem Verhältnis zu dem für die Erteilung erforderlichen Aufwand steht.

18.85

Die Ausübung der kollektiven Rechte obliegt in der Regel der Gesamtheit der stillen Gesellschafter. Grundsätzlich bedarf es hierzu eines Beschlusses der Gesellschafter189. Erkennt man entgegen der Auffassung des BGH190 bei der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft eine actio pro socio an191, so können die Informations- und Kontrollrechte zumindest auch im eigenen Namen durch Klage gegen den Inhaber geltend gemacht werden192.

18.86

Maßstab für den Umfang des Informationsrechts muss das Informationsbedürfnis des Gesellschafters sein. Hinsichtlich der die Gewinninteressen des stillen Gesellschafters betreffenden Tatsachen besteht ein umfassendes Auskunfts- und Einsichtsrecht.

18.87

b) Haftungsverfassung der stillen Publikumsgesellschaft Grundsätzlich haften die Beteiligten einander aus dem Gesellschaftsvertrag für die Sorgfalt, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen (§ 708 BGB). Dieser gemilderte Haftungsmaßstab erklärt sich aus dem zwischen den Gesellschaftern bestehenden Vertrauensverhältnis. Daher findet § 708 BGB in den Fällen stiller Publikumsgesellschaften keine Anwendung193. Hier haften der Geschäftsinhaber sowie die Initiatoren des Kapitalanlagemodells gemäß § 276 BGB für jedes Verschulden, weil es an dem in § 708 BGB vorausgesetzten Vertrauensverhältnis fehlt194. Der Pflichtenmaßstab, an dem die Tätigkeit des Geschäftsinhabers zu messen ist, welcher die Geschäfte einer auf die Beteiligung einer unbestimmten Vielzahl stiller Gesellschafter ausgerichteten Publikumsgesellschaft führt, ist der eines ordentlichen Kaufmanns, 187 BGH v. 5.2.2013 – II ZR 134/11, NZG 2013, 379. 188 BGH v. 5.2.2013 – II ZR 134/11, NZG 2013, 379; kritisch hierzu Altmeppen, NZG 2010, 1321 (1327); Asmus/Markwardt, ZIP 2012, 1581 (1588); Wolfer, GWR 2011, 77 (78 f.). 189 Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 128. 190 BGH v. 14.11.1994 – II ZR 160/93, GmbHR 1995, 589 = NJW 1995, 1353. 191 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 185, § 233 HGB Rz. 21; K. Schmidt in FS Bezzenberger, S. 401 (411 f.). 192 So auch Mock, GmbHR 2018, 67 (72 ff.), für den Fall der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft in Form der sogenannten Innen-KG. Allerdings müsse bei der Geltendmachung den Anforderungen von § 148 Abs. 1 AktG (analog) in begrenztem Umfang entsprochen werden. 193 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 164. 194 Zur Publikums-KG: BGH v. 4.7.1977 – II ZR 150/75, BGHZ 69, 207 (209 ff.); BGH v. 12.11.1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321 = GmbHR 1980, 127 (328).

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18.88

§ 18 Rz. 18.88 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

§§ 93, 116 AktG195. Der Schutzbereich des zwischen dem Geschäftsinhaber und seinem Geschäftsführer bestehenden Dienstverhältnisses kann sich auch auf die stillen Gesellschafter erstrecken196. Verstößt der Inhaber bei Ausübung des ihm zur Förderung der Interessen der stillen Gesellschafter verliehenen Geschäftsführungsrechte gegen seine Pflichten, indem er Gelder der Anleger, die zur Erfüllung des Gesellschaftszwecks nicht benötigt werden, anderweitig verwendet, macht er sich schadensersatzpflichtig. Die stillen Gesellschafter haben einen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als seien die schädigenden Handlungen nicht vorgenommen worden.

18.89 Ebenso wie die Geschäftsführer haften auch die Mitglieder des Überwachungsorgans bei der Erfüllung ihrer gleichwohl gesellschaftsvertraglichen Pflichten nicht nach § 708 BGB. Auch die Überwachungspflichten, die den Mitgliedern des Überwachungsorgans einer solchen Gesellschaft obliegen, sind mangels eines persönlichen Vertrauensverhältnisses in Anwendung des Sonderrechts der Publikums-KG entsprechend §§ 116, 93 AktG mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu erfüllen. Ebenso wie Kommanditisten einer Publikums-KG vertrauen auch stille Gesellschafter darauf, dass solche Überwachungspflichten unter Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erfüllt werden. Bilden die stillen Gesellschafter ihrerseits eine BGB-Gesellschaft und wählen aus ihrer Mitte einen Beirat, der über den sorgfältigen Umgang der Inhabergesellschaft mit den Einlagegeldern wachen soll, so ist auch dieser Beirat der BGB-Gesellschaft auskunftspflichtig197. Verletzt ein Mitglied des Beirats seine Überwachungspflicht, kann es auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden198. 18.90 Im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Regelungen über Verschuldensanforderungen, Haftungssummen und Verjährungsfristen müssen nach der Rechtsprechung den Anforderungen der § 93 AktG, § 43 GmbHG genügen199. Insoweit sind abweichende gesellschaftsvertragliche Bestimmungen mit § 242 BGB unvereinbar200. Die Verjährungsfrist bei Pflichtverletzungen bei Geschäftsführungs-, Aufsichtsrats- und Beiratsmitgliedern muss daher stets fünf Jahre betragen (vgl. § 93 Abs. 6 AktG). Darüber hinaus ist jede Haftungsfreizeichnung auch im Bereich der leichten Fahrlässigkeit nach § 242 BGB unzulässig.

195 Es gelten die Grundsätze zur Publikums-KG (BGH v. 12.11.1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321 ff. = GmbHR 1980, 127) entsprechend: BGH v. 14.11.1994 – II ZR 160/93, GmbHR 1995, 589 = ZIP 1995, 738 = DB 1995, 1116; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 118 f. 196 BGH v. 14.11.1994 – II ZR 160/93, GmbHR 1995, 589 = ZIP 1995, 738 = DB 1995, 1116. 197 So z.B. in OLG Düsseldorf v. 13.3.1985 – 15 U 173/84, WM 1985, 872 = GmbHR 1985, 334; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 21. 198 BGH v. 22.10.1979 – II ZR 151/77, WM 1979, 1425. 199 BGH v. 12.11.1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321 (327) = GmbHR 1980, 127; BGH v. 7.3.1983 – II ZR 11/82, BGHZ 87, 84 (87 f.). 200 BGH v. 14.4.1975 – II ZR 147/73, BGHZ 64, 238 = BB 1975, 804 (806).

518 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.92 § 18

3. Ausscheiden des Anlegers und Abwicklung des stillen Gesellschaftsverhältnisses Grundsätzlich führt die Auflösung der stillen Gesellschaft – sei es infolge Kündigung, Insolvenz oder Beschlussfassung – zur Vollbeendigung der stillen Gesellschaft und unmittelbar zur Auseinandersetzung zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter. Nach zutreffender Auffassung gilt der Grundsatz der Vollbeendigung aber nicht bei einer mehrgliedrigen atypischen Gesellschaft. Die Annahme einer Vollbeendigung würde den Besonderheiten der mehrgliedrigen stillen Publikumsgesellschaft nicht gerecht. Soweit die mehrgliedrige stille Gesellschaft als Innenverband ausgestaltet ist und der stille Gesellschafter einem Kommanditisten gleichgestellt wurde, muss bei einer stillen Publikumsgesellschaft wie bei einer Kommanditgesellschaft zwischen dem Ausscheiden des stillen Gesellschafters und der Abwicklung des Gesellschaftsverhältnisses unterschieden werden201. Bei einer mehrgliedrigen Publikumsgesellschaft führt die Auflösung der stillen Gesellschaft infolge Kündigung, Insolvenz oder Beschlussfassung der Gesellschafter nicht zur Vollbeendigung der stillen Gesellschaft, sondern zu deren Liquidation (vgl. Rz. 14.6)202. Dieses entspricht mittlerweile der ganz herrschenden Auffassung der obergerichtlichen Rechtsprechung203.

18.91

a) Insolvenz eines Gesellschafters Gemäß § 728 Abs. 2 BGB führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters, gleichgültig, ob der Geschäftsinhaber oder ein Anleger insolvent wird, zur Auflösung der stillen Gesellschaft204. Bei einer Publikumsgesellschaft wäre es nicht interessengerecht, wenn der Verband wegen der Insolvenz eines Anlegers aufgelöst werden würde. Daher scheidet der Anleger einer kapitalistischen stillen Publikumsgesellschaft nach dem Grundgedanken des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB aus dem Verband aus, wenn über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Für den Geschäftsinhaber gilt dies nur, wenn es sich bei ihm als Treuhänder des „Anlegervermögens“ um eine „Privatinsolvenz“ handelt. Nur dann ist es interessengerecht, die verbandsmäßigen Strukturen aufrechtzuerhalten. Ansonsten führt die Insolvenz des Geschäftsinhabers – wie in Rz. 18.76 ausgeführt – zu einer Auflösung der Gesellschaft mit anschließender „Innenliquidation“205.

201 So auch anerkannt von K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 2; vgl. hierzu Rz. 14.1 ff. 202 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 235 HGB Rz. 65. 203 OLG Köln v. 26.6.2014 – 18 U 204/13, BeckRS 2015, 05576; OLG Hamburg v. 31.10.2014 – 11 U 57/13, NZG 2015, 552; a.A. lediglich der 20. Zivilsenat des OLG München: OLG München v. 30.4.2014 – 20 U 2169/13, juris Rz. 49. 204 Zu den im Folgenden nicht genannten allgemeinen Auflösungsgründen vgl. Rz. 14.8 ff. 205 Vgl. hierzu OLG Hamburg v. 31.10.2014 – 11 U 57/13, NZG 2015, 552 m.w.N.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 6; a.A. der 20. Zivilsenat des OLG München: OLG München v. 30.4.2014 – 20 U 2169/13, juris Rz. 49.

Kauffeld | 519

18.92

§ 18 Rz. 18.93 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

b) Kündigung des Geschäftsinhabers

18.93 Die Ausübung des Kündigungsrechts des Geschäftsinhabers in der stillen Publikumsgesellschaft unterliegt besonderen Schranken. Da bei einer stillen Publikumsgesellschaft das Unternehmensvermögen fast vollständig aus den Leistungen der stillen Gesellschafter stammt und der Geschäftsinhaber weder am Gewinn noch am Verlust beteiligt ist, bedarf es zu einer vom Geschäftsinhaber ausgesprochenen Kündigung eines sachlichen Grundes206. Der Anleger soll nicht ohne Grund auf seinen Abfindungs- und Auseinandersetzungsanspruch verwiesen werden können, während der Geschäftsinhaber die mit dem nicht von ihm aufgebrachten Anlagekapital erworbenen Geschäftschancen für sich sichert. Diese Rechtsprechung schränkt das an sich unentziehbare gesetzliche Kündigungsrecht des Geschäftsinhabers ein (vgl. hierzu Rz. 14.27). 18.94 Unwirksam sind Hinauskündigungsklauseln, die dem Geschäftsinhaber das Recht einräumen, auch ohne wichtigen Grund aus freiem Ermessen die Mitgliedschaft zu kündigen, da andernfalls der Geschäftsinhaber ohne eigenes Risiko mit den von den Anlegern aufgebrachten Mitteln spekulieren könnte207. Darüber hinaus hat der BGH für eine Publikumsgesellschaft im Wege der Inhaltskontrolle eine Klausel für unangemessen gehalten, die dem Komplementär einseitig das Recht einräumte, die treuhänderisch gehaltenen Kommanditbeteiligungen nach freiem Ermessen zu einem bestimmten Zeitpunkt zu übernehmen oder durch Dritte erwerben zu lassen208. Dies gilt auch für Übernahmeklauseln in Gesellschaftsverträgen von mehrgliedrigen stillen Publikumsgesellschaften. Nicht zu messen sind Hinauskündigungsklauseln daran, welche Abfindung dem Gekündigten zu zahlen ist, da die Angemessenheit der Hinauskündigung als solche Voraussetzung des Ausscheidens, die Abfindung hingegen die Rechtsfolge des Ausscheidens darstellt209. 18.95 Weit reichende Ausnahmen von der Rechtsprechung des BGH, nach der derartige Hinauskündigungsklauseln grundsätzlich gemäß § 138 BGB als nichtig anzusehen sind, gelten aber im Falle eines sog. Manager-210 oder Mitarbeitermodells.211 Es geht bei derartigen Gestaltungen darum, einer Person aus der Geschäftsleitung oder einem verdienten Mitarbeiter unentgeltlich oder gegen Zahlung eines Nennwertes eine Minderheitsbeteiligung einzuräumen, die die betreffende Person bei Ausscheiden aus dem Unternehmen allerdings zurück zu übertragen hat. Diese Modelle sind in der Regel sachlich gerechtfertigt. Auch damit verbundene Abfindungsbeschränkungen auf den Betrag, den der Ausscheidende einst für den Erwerb des Anteils gezahlt hatte, sind

206 BGH v. 7.2.1994 – II ZR 191/92, BGHZ 125, 74 = GmbHR 1994, 324 (78) = WM 1994, 593 (595). 207 BGH v. 7.2.1994 – II ZR 191/92, BGHZ 125, 74 = GmbHR 1994, 324 (78) = WM 1994, 593 (595). 208 BGH v. 21.3.1988 – II ZR 135/87, BGHZ 104, 50 = WM 1988, 939. 209 BGH v. 21.3.1988 – II ZR 135/87, BGHZ 104, 50 = WM 1988, 939 (942). 210 BGH v. 19.9.2005 – II ZR 173/04, BGHZ 164, 98 = GmbHR 2005, 1558. 211 BGH v. 19.9.2005 – II ZR 342/03, BGHZ 164, 107 = GmbHR 2005, 1561; dazu Habersack/Verse, ZGR 2005, 451.

520 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.99 § 18

dann grundsätzlich zulässig212. Dabei kann es sich auch um die Einräumung einer stillen Beteiligung handeln, auf die die vom BGH entwickelten Grundsätze ebenfalls anzuwenden sind213. Ist die Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen, so ist die Kündigung vor dem Ablauf der Zeit nur zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ist eine Kündigungsfrist bestimmt, so ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes die Kündigung ohne Einhaltung dieser Frist zulässig (§ 234 HGB, § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB). Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ist sie bereits vor Invollzugsetzung des Gesellschaftsvertrags zulässig, da das Vertragsverhältnis als solches schon mit Vertragsschluss in Kraft tritt und gewisse Rechtswirkungen erzeugt214.

18.96

Bei öffentlich angebotenen Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften sieht § 5a VermAnlG vor, dass der stille Beteiligungsvertrag eine Laufzeit von mindestens 24 Monaten ab dem Zeitpunkt des erstmaligen Erwerbs der öffentlich angebotenen Beteiligung und eine ordentliche Kündigungsfrist von mindestens sechs Monaten vorsieht. Die Vereinbarung von ordentlichen Kündigungsrechten, die zu einer kürzeren Vertragslaufzeit führen könnten, ist daher von vornherein ausgeschlossen. Eine auf ein derartiges Kündigungsrecht gestützte ordentliche Kündigung des Geschäftsinhabers wäre unwirksam.

18.97

Vertraglich ist bei stillen Publikumsgesellschaften für die Kündigungserklärung regelmäßig die Schriftform vorgesehen. Die Kündigung ist von der Vertretungsmacht des vertretungsberechtigten Organs der Geschäftsinhaberin gedeckt, da die inneren Rechtsverhältnisse der Gesellschaft nicht betroffen werden215. Die Kündigung kann sich als das Ausscheiden oder als die Ausschließung eines von mehreren stillen Gesellschaftern darstellen. In Betracht kommt aber auch eine auflösende Kündigung, die zu einer „Innenliquidation“ führt.

18.98

c) Kündigung durch den Anleger Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ist notwendiges Strukturelement bei Personengesellschaften, die auf unbestimmte Zeit eingegangen sind. Jeder Gesellschafter hat das unentziehbare Recht zur Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses, wenn die Voraussetzungen der §§ 132 und 134 HGB gegeben sind. Diese Vorschriften sind unabdingbar. Die Kündigung kann, wenn die Gesellschaft für unbestimmte Zeit eingegangen ist, nur für den Schluss eines Geschäftsjahres erklärt werden; sie muss mindestens 6 Monate vor diesem Zeitpunkt stattfinden (§ 132 HGB). Es genügt der Zugang beim Inhaber; eine Vollmacht zur Entgegennahme von Beitrittserklärungen

212 213 214 215

BGH v. 19.9.2005 – II ZR 342/03, BGHZ 164, 107 (115 f.) = GmbHR 2005, 1561. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 54. BGH v. 13.4.1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277. BGH v. 26.10.1978 – II ZR 119/77, WM 1979, 71 (72); K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 20.

Kauffeld | 521

18.99

§ 18 Rz. 18.99 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

erstreckt sich grundsätzlich auch auf die von Kündigungen216. Auch eine Kündigung vor Vollzug der Gesellschaft ist wirksam217.

18.100 Das ordentliche Kündigungsrecht kann durch den Gesellschaftsvertrag zwar modifiziert, aber nicht ausgeschlossen werden218; dies ist auch nicht auf Schleich- oder Umwegen, etwa durch praktisch unzumutbare Nachteile für den Kündigenden nach Ausübung seines Rechtes (z.B. Gewinnsperren u.Ä.), möglich, da solche Umgehungsbestimmungen entsprechend § 723 Abs. 3 BGB nichtig sind219. Wird daher die Ausübung des Kündigungsrechts im Gesellschaftsvertrag mit wirtschaftlichen Nachteilen verknüpft, die die Kündigung praktisch unmöglich machen, so ist darin ein unzulässiger Ausschluss oder eine unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechts zu sehen; so etwa, wenn bei der atypischen stillen Publikumsgesellschaft mit Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters dieser für den Fall der ordentlichen Kündigung nicht an den Rücklagen beteiligt sein oder das Auseinandersetzungsguthaben erst nach einer langen Zeit ausbezahlt erhalten soll. Nichtig ist deshalb auch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall der ordentlichen Kündigung. Regelmäßig dürfte bei stillen Publikumsgesellschaften auch die Vereinbarung einer Abfindung nur nach dem Buchwert des Handelsgeschäfts nichtig sein220, wenn dieser erheblich unter dem Wert liegt, der dem Gesellschafter nach der gesetzlichen Regelung gebührte221. 18.101 Gesetzlich beschränkt ist das ordentliche Kündigungsrechts des stillen Gesellschafters bei öffentlich angebotenen stillen Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften. Ebenso wie der Geschäftsinhaber ist auch der stille Gesellschafter an die Vorgaben des § 5a VermAnlG gebunden, wonach der stille Beteiligungsvertrag eine Laufzeit von mindestens 24 Monaten ab dem Zeitpunkt des erstmaligen Erwerbs der öffentlich angebotenen Beteiligung sowie eine ordentliche Kündigungsfrist von mindestens sechs Monaten vorzusehen hat (hierzu Rz. 18.97). 18.102 Ist die Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen, so ist die Kündigung vor dem Ablauf der Zeit nur zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ist eine Kündigungsfrist bestimmt, so ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes die Kündigung ohne Einhaltung dieser Frist zulässig (§ 234 HGB, § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB). Bei Vor-

216 BGH v. 19.12.1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 (347). 217 BGH v. 13.4.1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277 m. Anm. H.-F. Müller, WuB II H. § 723 BGB. 218 BGH v. 20.12.1956 – II ZR 166/55, BGHZ 23, 10; BGH v. 19.1.1967 – II ZR 27/65, BB 1967, 309. 219 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 47. 220 Ausführlich zur Zulässigkeit von Buchwertklauseln bei stillen Publikumsgesellschaften Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 262 ff.; zur Zulässigkeit von Abfindungsbeschränkungen bei sog. Manager- oder Mitarbeitermodellen siehe Rz. 18.95. 221 OLG München v. 8.7.1992 – 7 U 1562/91, WM III 2126 mit zust. Anm. von Reusch, WuB II H. § 235 HGB 1.94, S. 439 (441 f.); Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 91 Rz. 7; wegen der Rechtsfolgen solcher unwirksamen Abfindungsklauseln vgl. Schäfer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013, § 738 BGB Rz. 72 ff.

522 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.106 § 18

liegen eines wichtigen Grundes ist sie bereits vor Invollzugsetzung des Gesellschaftsvertrags zulässig, da das Vertragsverhältnis als solches schon mit Vertragsschluss in Kraft tritt und gewisse Rechtswirkungen erzeugt222. Was als wichtiger Grund anzusehen ist, kann im Gesellschaftsvertrag näher geregelt werden (vgl. hierzu Rz. 14.33). Ein Verzicht auf die außerordentliche Kündigung ist allerdings nach § 723 Abs. 3 BGB nichtig. Es kann deshalb auch nicht eine Vertragsstrafe oder ein Austrittsgeld für den Fall der Kündigung rechtswirksam vereinbart werden. Zulässig ist dagegen die Vereinbarung, ein Schiedsgericht solle das Vorliegen eines wichtigen Grundes bindend feststellen, weil in der Übertragung der Entscheidung auf das Schiedsgericht keine Beschränkung des Kündigungsrechts liegt. Ebenso erscheint es unbedenklich zu vereinbaren, dass der stille Gesellschafter, der dem Inhaber einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung gegeben hat oder der aus einem in seiner Person liegenden und von ihm zu vertretenden wichtigen Grund fristlos kündigt, nur den Buchwert seiner Vermögenseinlage zurückerhalten, an den stillen Reserven aber nicht beteiligt sein soll.

18.103

Als wichtiger Grund kommt im Bereich der Publikumsgesellschaften insbesondere die arglistige Bestimmung zum Gesellschaftsbeitritt in Betracht223.

18.104

Ein fehlerhaft beigetretener Gesellschafter ist berechtigt, das stille Gesellschaftsverhältnis unter Berufung auf den (behaupteten) Vertragsmangel durch sofort wirksame Kündigung nach § 234 Abs. 1 HGB, § 723 BGB mit der Folge zu beenden, dass ihm gegebenenfalls ein nach den gesellschaftsvertraglichen Regeln zu berechnender Abfindungsanspruch zusteht224. Ein fehlerhafter Beitritt in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn der Gesellschafter durch eine fehlerhafte oder unzureichende Aufklärung zum Beitritt bewogen worden ist225. Das Recht zur fristlosen Kündigung der Gesellschaftsbeteiligung wegen fehlerhaften Beitritts infolge einer Aufklärungspflichtverletzung besteht unabhängig von der Verjährung des durch dieselbe Aufklärungspflichtverletzung begründeten Schadensersatzanspruchs226. Die Kündigung unterfällt als Gestaltungsrecht nicht der Verjährung. Die Kündigung muss allerdings in Anlehnung an § 314 Abs. 3 BGB in einer angemessenen Frist nach Erlangung der Kenntnis über den Kündigungsgrund erklärt werden. Im Übrigen unterliegt sie der Verwirkung227.

18.105

Erklärt werden muss die Kündigung nicht gegenüber allen Anlegern. Zugehen muss die schriftliche Kündigungserklärung beim Inhaber, dessen Vollmacht zur Entgegennahme von Beitrittserklärungen sich grundsätzlich auch auf die von Kündigungen er-

18.106

222 BGH v. 13.4.1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277. 223 BGH v. 19.12.1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338, 347; BGH v. 12.5.1977 – II ZR 89/75, BGHZ 69, 160 (163); BGH v. 21.3.2005 – II ZR 310/03, NZG 2005, 467. 224 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104, Rz. 28 = ZIP 2013, 2355. 225 BGH v. 20.1.2015 – II ZR 444/13, NJW 2015, 1169. 226 BGH v. 6.11.2018 – II ZR 57/16, NSW BGB § 723 (BGH-intern), Rz. 33 ff. 227 BGH v. 6.11.2018 – II ZR 57/16, NSW BGB § 723 (BGH-intern), Rz. 34.

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§ 18 Rz. 18.106 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

streckt (vgl. Rz. 14.22). Er ist als bevollmächtigt anzusehen, die Kündigungserklärung für alle übrigen Gesellschafter entgegenzunehmen. d) Liquidationsbeschluss

18.107 Rechtliche Relevanz erlangt der Umstand, dass bei einer mehrgliedrigen Publikumsgesellschaft die Auflösung der stillen Gesellschaft nicht zur Vollbeendigung der stillen Gesellschaft, sondern zu deren Liquidation führt, auch im Fall einer Auflösung durch Liquidationsbeschluss. So ist in entsprechender Anwendung der Regeln über die Liquidation einer Kommanditgesellschaft die Anfechtung des Beitritts zu einer stillen Publikumsgesellschaft durch einen stillen Anleger unwirksam, denn dem einzelnen Gesellschafter ist ein Ausscheiden während des Auseinandersetzungsverfahrens nicht gestattet228. Anderes gilt aber für den Fall, dass keine Anfechtung des Beitritts zur stillen Publikumsgesellschaft erfolgt, sondern unter dem Gesichtspunkt eines Geschäfts außerhalb von Geschäftsräumen i.S. von § 312b BGB der Widerruf des Beitritts zur stillen Publikumsgesellschaft erfolgt. In einem solchen Fall würde die Anwendung vorstehender Grundsätze zu einer Einschränkung der nach der Richtlinie geschützten Verbraucherrechte bei einem Geschäft außerhalb von Geschäftsräumen führen. Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 312b BGB (ebenso wie der §§ 312, 355 BGB a.F.) verbietet aber eine Einschränkung dieses Schutzes für den Fall der Liquidation einer Publikumsgesellschaft. Andernfalls würde das Widerrufsrecht bei wirtschaftlicher Betrachtung leerlaufen229. 4. Auseinandersetzung und Abfindung

18.108 Bei einer mehrgliedrigen stillen Publikumsgesellschaft ist zu unterscheiden zwischen dem Ausscheiden des einzelnen stillen Gesellschafters und der „Innen-Liquidation“ der Gesellschaft infolge Auflösung des mehrgliedrigen Beteiligungsverhältnisses. 18.109 Die Abwicklung des mehrgliedrigen Beteiligungsverhältnisses geschieht durch den Geschäftsinhaber, bei Insolvenz durch dessen Liquidator. 18.110 Zu empfehlen ist die Vereinbarung von Abwicklungsrichtlinien im Gesellschaftsvertrag, ansonsten richtet sich die Abwicklung nach den für eine aufgelöste Gesamthandsgesellschaft geltenden Regeln, soweit sie entsprechend anwendbar sind230. Zu begleichen sind zunächst die Schulden des Geschäftsinhabers gegenüber Dritten. War der Geschäftsinhaber für die stillen Gesellschafter wie ein Treuhänder tätig, besteht grundsätzlich kein Recht des Geschäftsinhabers, das Unternehmen unter Abfindung der stillen Gesellschafter fortzuführen. Er muss das Unternehmen nach ihrer Weisung herausgeben oder für sie verwerten231.

228 Zur KG: BGH v. 11.12.1978 – II ZR 41/78, NJW 1979, 765. 229 So für den Fall des Widerrufs nach § 312 BGB a.F. jüngst OLG Stuttgart v. 6.4.2016 – 14 U 2/15, ZIP 2016, 863 (866). 230 Vgl. hierzu K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 235 HGB Rz. 63 ff. 231 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 235 HGB Rz. 65.

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Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.116 § 18

Üblicherweise ist Rechtsgrundlage für die Auseinandersetzung nach Ausscheiden § 235 HGB. Danach hat sich der Geschäftsinhaber nach Beendigung des Beteiligungsverhältnisses mit dem ausscheidenden Gesellschafter auseinander zu setzen und sein Guthaben in Geld zu berichtigen.

18.111

Für die Auseinandersetzung nach Ausscheiden aus einem mehrgliedrigen Verband enthält § 235 HGB keine Regelung. Der Anleger einer stillen Publikumsgesellschaft ist wie ein Kommanditist nach dem Verkehrswert seines Anteils abzufinden. Es empfiehlt sich, eine Beteiligung an den laufenden Geschäften abzubedingen. Im Übrigen kann der Gesellschaftsvertrag eine abweichende Auseinandersetzung vorsehen232, die allerdings nur in den von der Rechtsprechung für Abfindungsklauseln bei Kommanditgesellschaften gezogenen Grenzen zulässig ist.

18.112

Haben die Gesellschafter für den Fall der Auflösung der stillen Publikumsgesellschaft im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass die stillen Gesellschafter zur Rückzahlung der ihnen zugeflossenen gewinnunabhängigen Ausschüttungen an den Geschäftsinhaber verpflichtet sind, besteht diese Verpflichtung auch dann, wenn den stillen Gesellschaftern die Ausschüttungen nicht ausgezahlt wurden, sondern in einem anderen Beteiligungsprogramm durch Umbuchung wiederangelegt wurden233.

18.113

a) Vereinbarung von Abfindungsklauseln Überwiegend wird in der Praxis von der Möglichkeit abweichender Vereinbarungen im Gesellschaftsstatut Gebrauch gemacht. Die bloße Abfindung nach dem Verkehrswert wird als unzureichend empfunden, da das Kapitalerhaltungsinteresse der Geschäftsinhaberin außer Acht gelassen und einseitig das Auszahlungsinteresse des ausgeschiedenen Gesellschafters berücksichtigt wird. Daher sind im Hinblick auf einen Interessenausgleich in der Mehrzahl der Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften detaillierte Regelungen bezüglich der Abfindungsmodalitäten für den ausscheidenden Gesellschafter enthalten.

18.114

Die Rechtsposition des ausscheidenden Gesellschafters wird nicht nur durch eine betragsmäßige Beschränkung des Abfindungsanspruches eingeschränkt, sondern auch durch die Vereinbarung von Stundungs- bzw. Ratenzahlungsvereinbarungen. Ein Ausschluss von der Beteiligung an den stillen Reserven durch Buchwertklausel ist nach den für Publikumsgesellschaften geltenden Regelungen unwirksam234.

18.115

b) Inhaltskontrolle der Abfindungsvereinbarung Als Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass gesellschaftsvertragliche Beschränkungen des Abfindungsrechtes eines Gesellschafters generell als zulässig angesehen worden

232 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 235 HGB Rz. 10. 233 BGH v. 14.3.2017 – II ZR 42/16, juris Rz. 22. 234 Zur Zulässigkeit von Buchwertklauseln bei stillen Publikumsgesellschaften Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 262 ff.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 235 HGB Rz. 64 m.w.N.

Kauffeld | 525

18.116

§ 18 Rz. 18.116 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

sind und weiterhin als zulässig angesehen werden235. Die Freiheit der Parteien zu derartigen Vereinbarungen ist im Grundsatz unbestritten. Jedoch unterliegen Liquiditätsvorbehalte als Bestandteil eines Vertrages über den Beitritt zu einer Publikumsgesellschaft nach ständiger Rechtsprechung des BGH gemäß § 242 BGB der allgemeinen Inhaltskontrolle236.

18.117 So sind solche Klauseln, die Teile der Einlage von der sofortigen Rückzahlung des aus wichtigem Grund kündigenden Gesellschafters ausnehmen, wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben unwirksam. Die Auszahlung des Abfindungsguthabens kann nur bei ordentlicher Kündigung des stillen Gesellschafters oder außerordentlicher Kündigung des Geschäftsinhabers unter einen Liquiditätsvorbehalt gestellt werden. Diesen Kündigungssituationen ist gemein, dass der Grund des Ausscheidens aus der Sphäre des Gesellschafters stammt. Anders liegt es aber in den Fällen der außerordentlichen Kündigung durch den stillen Gesellschafter. Dort ist der wichtige Grund nicht in der Person oder in einem Handeln des kündigenden Gesellschafters begründet. Für Gesellschafter, die den Grund zur außerordentlichen Kündigung nicht gesetzt haben, dürfen Nachteile nicht entstehen. Zu Recht formuliert Flume, „..., dass die Nichtbeschränkbarkeit des Abfindungsanspruchs ein integrierender Bestandteil des Rechts zur Kündigung aus wichtigem Grund ist ...“237. 18.118 Auch muss, damit eine solche Vereinbarung einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle Stand hält, neben dem Liquiditäts- und Bestandserhaltungsinteresse der Gesellschaft dem Abfindungsinteresse des ausscheidenden Gesellschafters Rechnung getragen werden. Die Stundung des Abfindungsanspruchs darf den ausscheidenden Gesellschafter nicht unangemessen benachteiligen238, sondern muss sich im Rahmen des „Üblichen“ halten239. Sie darf aus der Einlage des Ausscheidenden nicht gegen seinen Willen einen dauerhaften Kredit machen240. Unter dem Gesichtspunkt der Voraussehbarkeit sollte in der Klausel die Angabe einer Obergrenze für den Zeitraum der Auszahlungsstreckung erfolgen. Gegen Treu und Glauben würde auch eine Abfindungsklausel verstoßen, bei der die Auszahlung alleine in das Ermessen des Geschäftsinhabers gestellt werden würde. Als unbedenklich wird eine vom Einzelfall losgelöste

235 Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 131 HGB Rz. 120. 236 BGH v. 14.4.1975 – II ZR 147/73, BGHZ 64, 238; BGH v. 3.5.1982 – II ZR 78/81, BGHZ 84, 11; BGH v. 9.11.1987 – II ZR 100/87, BGHZ 102, 172; dem ist auch die Literatur überwiegend beigetreten, vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 III 4.; Uwe H. Schneider, ZGR 1978, 6; Schwark, ZGR 1976, 271 (292 f.); Huber, ZGR 1980, 179; Dannecker, Inhaltskontrolle der Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften, S. 73 f.; grundsätzlich ablehnend Hille, Inhaltskontrolle der Gesellschaftsverträge von Publikumspersonengesellschaften, S. 183 f. 237 Flume, BGB AT I/1, S. 186; vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 2c ee. 238 Schäfer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013, § 738 BGB Rz. 65. 239 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil, S. 330. 240 OLG Dresden v. 18.5.2000 – 21 U 3559/99, GmbHR 2000, 718 = DB 2000, 1221.

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Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.120 § 18

Stundungsvereinbarung von bis zu fünf Jahresraten bei marktgerechter Verzinsung erachtet241, eine Stundungsfrist über zehn Jahre ist in aller Regel unzulässig242. Die Vereinbarung einer Rücksichtnahmepflicht bedeutet aber nicht, dass der ausscheidende Gesellschafter seine eigenen Interessen gänzlich den Interessen der Gesellschaft unterordnen muss. Vielmehr ist ein Ausgleich zwischen den beiden Interessenpositionen zu finden243. Hieraus folgt, dass die Inhaberin zur Befriedigung des Abfindungsanspruches eines ausgeschiedenen Gesellschafters auch Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu veräußern hat, soweit dies ohne größere Verluste möglich ist. Im Übrigen kann sie den ausscheidenden Gesellschafter auf eine Ratenzahlung verweisen, wobei das Abfindungsguthaben marktgerecht zu verzinsen ist. Die Gesellschaft ist hierbei gehalten – unter Berücksichtigung der Struktur des Anlagevermögens – möglichst schnell eine erste Rate auszuzahlen244. Bei Ratenzahlung muss die Gesellschaft einen umfassenden Geschäftsplan vorlegen, der die Einzelheiten der Ratenzahlung ebenso darlegt wie die vorgesehenen Maßnahmen zur Beschaffung der erforderlichen Mittel. An den Geschäftsplan sind hohe Anforderungen zu stellen, da der ausscheidende Gesellschafter im Vergleich zur sofortigen Abfindung ein höheres Insolvenzrisiko tragen muss245. Der vorzulegende Geschäftsplan muss ferner dem gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung tragen. Soweit der Gesellschaft unvorhergesehene neue Mittel in erheblichem Umfang zufließen, muss darüber hinaus eine Anpassung des Ratenzahlungsplanes erfolgen und eine schnellere Auszahlung der Abfindungen erfolgen.

18.119

III. Anlegerschutz im Recht der Publikumsgesellschaft Neben dem bereits dargestellten verbraucherschützenden Sonderrecht für stille Publikumsgesellschaften (Rz. 18.38 ff., 18.51 ff., 18.61 ff.) bestehen noch weitere allgemeine Rechtsinstitute, die einem Missbrauch der kapitalistisch organisierten Publikumsgesellschaft entgegenwirken.

241 Vgl. BGH v. 20.9.1993 – II ZR 104/92, BGH BGHZ 123, 281; Westermann in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, Rz. I 1169; Habermeier in Staudinger, 12. Bearb. 2003, § 738 BGB Rz. 38. 242 BGH v. 9.1.1989 – II ZR 83/88, NJW 1989, 2685 (2686) für eine 15-jährige Auszahlungsfrist; Heckelmann, Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, S. 147; Schäfer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013, § 738 BGB Rz. 65; Habermeier in Staudinger, 12. Bearb. 2003 § 738 BGB Rz. 38; Roth in Baumbach/Hopt, § 131 HGB Rz. 68. 243 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 2c cc; Westermann in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, Rz. 1153. 244 Vgl. auch Lange, NZG 2001, 635 (637). 245 Kritisch zum Gedanken des Insolvenzrisikos: Jens Ziegler, DB 2000, 2107 (2108).

Kauffeld | 527

18.120

§ 18 Rz. 18.121 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

1. Prospekthaftung

18.121 Bei der Prospekthaftung sind zwei Formen zu unterscheiden: die allgemeine zivilrechtliche (oder auch bürgerlich-rechtliche) und die spezialgesetzlich geregelte246. Bei der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung hat man noch weiter zwischen der (bürgerlich-rechtlichen) Prospekthaftung im engeren und im weiteren Sinne zu unterscheiden247. 18.122 Der Vertrieb von Anlagen am sog. grauen Kapitalmarkt, zu denen auch stille Publikumsbeteiligungen gehören, war in der Vergangenheit der wichtigste Anwendungsbereich der richterrechtlich entwickelten allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung (im engeren Sinne). Durch die in den letzten Jahren kontinuierlich ausgedehnte spezialgesetzliche Prospekthaftung ist jedoch der Anwendungsbereich der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne erheblich eingeschränkt worden, namentlich wird nun auch der Vertrieb von Anlagen auf dem grauen Kapitalmarkt erfasst. Nach weiterer Vervollständigung der Regelungstrias aus WpPG, VermAnlG und KAGB durch das KAGB (hierzu Rz. 18.63 ff.) sind der allgemein-zivilrechtlichen Prospekthaftung wohl die letzten Anwendungsfelder entzogen worden und es ist schwer vorstellbar, dass stille Publikumsbeteiligungen öffentlich mittels Prospekt angeboten werden, für die noch die allgemeine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne greifen könnte248. Im Anwendungsbereich der für Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften geltenden §§ 20, 21 VermAnlG und §§ 306, 307 KAGB ist daher die allgemeine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne gesperrt249. a) Allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung

18.123 Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im weiteren Sinne wird nicht durch die spezialgesetzliche Prospekthaftung verdrängt, weil es sich bei ihr um eine „normale“ Haftung aus c.i.c. aufgrund des § 311 Abs. 2 und 3 BGB handelt, die darauf beruht, dass bestimmte Personen, vornehmlich aus dem Kreis der für den Prospekt Verantwortlichen für ihre Person tatsächlich das Vertrauen der Anleger bei den Beitrittsver-

246 Emmerich in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2016, § 311 BGB Rz. 135; Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 4. 247 Emmerich in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2016, § 311 BGB Rz. 135. 248 So nunmehr auch BGH v. 21.10.2014 – XI ZB 12/12, NJW 2015, 236 (Rz. 72); Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 21. 249 Die Frage ist noch nicht endgültig geklärt. Wohl überwiegend wird jedoch die Auffassung vertreten, dass insbesondere das VermAnlG gerade die Aufgabe hat, den gesamten grauen Kapitalmarkt einer Regulierung einschließlich insbesondere der Prospektpflicht und Prospekthaftung zu unterwerfen. Damit verdränge aber die umfassend spezialgesetzlich geregelte Prospekthaftung für ihren Anwendungsbereich die allgemeine bürgerlichrechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne mit der Folge, dass für diese nur noch in den wenigen Fallgruppen Raum bleibe, in denen (wie namentlich in den sog. Altfällen) keine gesetzliche Prospektpflicht besteht oder doch bestand; vgl. hierzu Emmerich in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2016, § 311 BGB Rz. 136.

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Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.126 § 18

handlungen in Anspruch nehmen250. Für Mängel des bei den Verhandlungen benutzten Prospekts haftet nur derjenige, der Vertragspartner des Anlegers geworden ist oder hätte werden sollen. Ausnahmsweise kann daneben der für den Vertragspartner auftretende Vertreter, Vermittler oder Sachverwalter in Anspruch genommen werden, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat oder wenn er ein mittelbares, eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluss des Geschäfts hat251. Die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung im weiteren Sinne kann damit bei einer Publikumsgesellschaft alle Personen treffen, die in die Gestaltung des Prospekts oder in das Vertriebssystem einbezogen sind und die durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken oder Erklärungen einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen haben (z.B. Anlagevermittler oder Rechtsanwälte bzw. Wirtschaftsprüfer, die an den Prospekten offen mitgewirkt haben)252. Für die Annahme eines besonderen persönlichen Vertrauens ist dabei erforderlich, dass der Anspruchsgegner eine über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität und ordnungsgemäße Erfüllung des Vertrags übernommen hat. Anknüpfungspunkt der Prospekthaftung im weiteren Sinne ist dementsprechend nicht die Verantwortlichkeit für einen fehlerhaften Prospekt, sondern eine selbstständige Aufklärungspflicht als Vertragspartner oder Sachverwalter auf Grund persönlich in Anspruch genommenen – eben nicht nur typisierten – besonderen Vertrauens, zu deren Erfüllung er sich des Prospekts bedient.

18.124

Verletzt der Vertragspartner oder Sachverwalter seine Aufklärungspflicht, kann der Anleger sich auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen und Schadensersatz verlangen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH253 entspricht es der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist. Dass gerade dieser Prospektfehler zum Scheitern des Projekts geführt hat, ist dabei nicht erforderlich254.

18.125

Richtet sich der Schadensersatzanspruch nicht gegen den Geschäftsinhaber (in diesem Fall kann nach den Beschränkungen aufgrund der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft im Interesse der übrigen stillen Gesellschafter nur auf solche Vermögenswerte zugegriffen werden, die nicht für die Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft benötigt werden, vgl. hierzu Rz. 11.11, 11.32, 18.51 ff.), sondern gegen einen Dritten, der besonderes Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat, so schuldet der Dritte die

18.126

250 Emmerich in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2016, § 311 BGB Rz. 158. 251 St. Rspr. des BGH; vgl. nur BGH v. 23.4.2012 – II ZR 211/09, Rz. 23, NJW-RR 2012, 937. 252 BGH v. 6.10.1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337. Der Anwendungsbereich der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung ist jedoch durch die nunmehr auch im Bereich des grauen Kapitalmarkts eingeführte spezialgesetzliche Prospekthaftung eingeschränkt worden, wobei das genaue Verhältnis umstritten ist, siehe dazu Rz. 18.122. 253 BGH v. 6.10.1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337 (346); BGH v. 24.5.1982 – II ZR 124/81, BGHZ 84, 141 (148); BGH v. 28.9.1992 – II ZR 224/91, ZIP 1992, 1561; BGH v. 6.2.2006 – II ZR 329/04, NJW 2002, 2042 (2043). 254 BGH v. 5.7.1993 – II ZR 194/92, BGHZ 123, 106 (111 f.).

Kauffeld | 529

§ 18 Rz. 18.126 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

Rückzahlung der erbrachten stillen Einlage und den Ersatz eines etwaigen Folgeschadens (z.B. Zinsschadens) Zug um Zug gegen Übertragung der Anlage255. Sind grundlegende Aufklärungspflichten verletzt worden, besteht der Anspruch auch, wenn nicht die unrichtig dargestellten, sondern andere Risiken zu einem Wertverfall geführt haben256.

18.127 Der Geschäftsinhaber einer GmbH haftet dem Anleger, der sich als stiller Gesellschafter an der GmbH beteiligt hat, nur in Ausnahmefällen persönlich auf Schadensersatz wegen unzureichender Auskünfte bei Zeichnung der Anlage257. Dabei reichen für die Bejahung der Eigenhaftung des Geschäftsführers einer GmbH unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigeninteresses weder eine maßgebliche Beteiligung an der Gesellschaft noch die Stellung von Sicherheiten für Verbindlichkeiten der Gesellschaft258. Es müssen vielmehr noch andere qualifizierende Umstände hinzukommen, die im Hinblick auf den Geschäftsführer einer stillen Publikums-GmbH nur selten vorliegen dürften. Selbst die persönliche Vereinnahmung einer Provision würde kein hinreichendes wirtschaftliches Eigeninteresse begründen. Auch fehlt es in der Regel an der Inanspruchnahme eines besonderen persönlichen Vertrauens, da derjenige, der mit einer Gesellschaft in geschäftlichen Kontakt tritt, davon auszugehen hat, dass auch die Verpflichtungen aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis, das durch Handeln eines gesetzlichen Vertreters der Gesellschaft bei der Anbahnung von Vertragsverhandlung entsteht, grundsätzlich nur die vertretene Gesellschaft treffen259. 18.128 Schadensersatzansprüche gegen die Adressaten der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung verjähren nach §§ 195, 199 BGB innerhalb von 3 Jahren ab Kenntnis des Anlegers vom Prospektmangel260. 18.129 Der Beginn der Verjährung der Schadenersatzansprüche richtet sich nach § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB. Steht dem stillen Gesellschafter dabei ein vertragliches Recht auf Widerruf seiner Beitrittserklärung zur stillen Publikumsgesellschaft zu, welches – abgesehen von der Einhaltung einer Widerrufsfrist oder bestimmter Formerfordernisse – an keine weiteren Voraussetzungen gebunden ist, ist der stille Gesellschafter durch das Zustandekommen des Beitrittsvertrags noch nicht im Sinne des § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB geschädigt. Ein den Verjährungsbeginn auslösender Schaden ist zu bejahen, wenn Umstände gegeben sind, aufgrund derer der stille Gesellschafter von seiner Anlageentscheidung nicht (mehr) Abstand nehmen kann, ohne gegebenenfalls finanzielle Einbußen oder sonstige für ihn nachteilige Folgen hinnehmen zu müssen. Bei dem Beitritt zu einer Kapitalanlagegesellschaft ist dies insbesondere dann der Fall, wenn der stille Gesellschafter bereits eine gesellschaftsrechtliche Stellung erlangt hat, aufgrund

255 256 257 258 259 260

BGH v. 13.9.2004 – II ZR 276/02, NJW 2004, 3706 (3708). BGH v. 5.7.1993 – II ZR 194/92, NJW 1993, 2865 (2866). OLG Stuttgart v. 23.2.2016 – I U 97/15, GmbHR 2016, 1200 (1200). BGH v. 6.6.1994 – II ZR 292/91, BGHZ 126, 181 (181). BGH v. 3.10.1989 – XI ZR 187/88, NJW 1990, 389 (389). BGH v. 13.9.2004 – II ZR 276/02, NJW 2004, 3706 (3709).

530 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.133 § 18

derer ein Austritt aus der Gesellschaft nur noch nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft möglich wäre261. Maßgeblich sind die von der Rechtsprechung zur allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne entwickelten Maßstäbe hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit der Prospektangaben allerdings für die deliktische Haftung wegen Kapitalanlagebetruges (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB), welche sich außer durch die Länge der Verjährungsfrist nur dadurch von der Prospekthaftung unterscheidet, dass sie vorsätzliches statt fahrlässiges Verhalten erfordert262.

18.130

b) Spezialgesetzliche Prospekthaftung Anleger, die einer stillen Publikumsgesellschaft beitreten wollen, verfügen oftmals nicht über einschlägiges Fachwissen bezüglich des Gegenstands der Gesellschaft und überblicken nur selten die wirtschaftlichen Risiken der Beteiligungsform. Damit kommt dem Beteiligungsprospekt für eine sorgfältige Unterrichtung des Anlegers eine ganz maßgebliche Bedeutung zu. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber im Jahr 2013 eine umfassende Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts eingeführt.

18.131

aa) Neuregelung durch das Vermögensanlagengesetz und das Kapitalanlagegesetzbuch Die spezialgesetzliche Prospekthaftung für die Ausgabe von stillen Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften ist seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über Vermögensanlagen (VermAnlG) am 1.6.2012 und dem Inkrafttreten des Kapitalanlagengesetzbuchs (KAGB) am 22.7.2013 umfassend geregelt.

18.132

Die spezialgesetzliche Prospekthaftung des VermAnlG löst die Regelungen des Verkaufsprospektgesetz a.F. (VerkProspG a.F.) ab. Das am 1.6.2012 in Kraft getretene VermAnlG wurde durch das am 10.7.2015 in Kraft getretene Kleinanlegerschutzgesetz (KASB) nochmals angepasst. Gemäß § 6 VermAnlG muss für die vom VermAnlG erfassten stillen Beteiligungen ein Verkaufsprospekt veröffentlicht werden. Die Haftung für fehlerhafte bzw. fehlende Prospekte richtet sich nach §§ 20, 21 VermAnlG. Zu den wichtigsten Neuregelungen gehört der erweiterte Anwendungsbereich des VermAnlG. Als Vermögensanlagen i.S. dieses Gesetzes sollen nämlich neben den bislang erfassten Unternehmensbeteiligungen, Treuhandvermögen, Genussrechten und Namensschuldverschreibungen künftig auch partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen zählen sowie „sonstige Anlagen, die einen Anspruch auf Verzinsung und Rückzahlung gewähren oder im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld einen vermögenswerten auf Barausgleich gerichteten Anspruch vermitteln“, sofern es sich um kein Einlagengeschäft i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Kreditwesengesetz (KWG)

18.133

261 BGH v. 8.11.2018 – III ZR 628/16, WM 2018, 2317 (2317 f.). Nach der Rechtsprechung des BGH gilt dieses nur dann, wenn das stille Beteiligungsverhältnis mehrgliedrig ausgestaltet ist, nicht aber wenn es zweigliedrig ausgestaltet ist, vgl. hierzu Rz. 18.51 ff. 262 BGH v. 21.10.1991 – II ZR 204/90, BGHZ 116, 7 (12).

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§ 18 Rz. 18.133 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

handelt. Der Gesetzesbegründung zufolge sollen damit bestehende Umgehungsstrukturen erfasst werden und Geschäfte dieser Art künftig entweder einer Aufsicht nach dem KWG oder einer Prospektpflicht nach dem VermAnlG unterfallen.

18.134 Es ist zu begrüßen, dass infolge des am 10.7.2015 in Kraft getretenen KASG erstmals auch partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 VermAnlG n.F. unterfallen263. Hierdurch wird Wettbewerbsgleichheit hergestellt zwischen Unternehmen, die sich über die Ausgabe von stillen Beteiligungen finanzieren (also Vermögensanlagen, die bereits vor Inkrafttreten des KASG dem VermAnlG unterfielen), und solchen, die partiarische Darlehen oder Nachrangdarlehen aufnehmen. Zudem ist eine Abgrenzung der partiarischen Darlehen von den in § 1 Abs. 2 Nr. 1–5 VermAnlG a.F. aufgeführten Vermögensanlagen nicht mehr erforderlich264. Allerdings werden partiarische (Nachrang-)Darlehen für Schwarmfinanzierungen (Crowd Investing) nach § 2a Abs. 1 VermAnlG wieder von der Prospektpflicht ausgenommen. 18.135 Mit dem am 22.7.2013 in Kraft getretenen KAGB265 wurde zudem eine Prospekterstellungspflicht und in den §§ 306, 307 KAGB eine Prospekthaftung für solche stille Beteiligungen an Publikumsgesellschaften eingeführt, die als stille Beteiligungen an Investmentvermögen i.S. des KAGB zu qualifizieren sind. Stille Beteiligungen können nämlich auch Anlagen i.S. von § 1 Abs. 1 KAGB sein266. Das KAGB geht insoweit dem VermAnlG vor (§ 1 Abs. 2 VermAnlG)267.

263 Kauffeld/Mock, ZIP 2019, 1143 (1148). 264 Kritisch zum VermAnlG vor den Änderungen durch das Kleinanlegerschutzgesetz: F.A. Schäfer, ZGR 2006, 40 (72). 265 Das KAGB ersetzt die Regelungen des Investmentgesetzes 2003. Es setzt die AIF-Richtlinie der EU von 2011 (Richtlinie 2011/61/EU v. 8.6.2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen 1060/2009/EG und 1095/2010/(EU), ABl. EG Nr. L 174, S. 1) und mittelbar nochmals die OGAW-Richtlinie der EU von 2009 (Richtlinie 2009/65/EG v. 13.7.2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), ABl. EG Nr. L 302, S. 32) in das nationale Recht um. Das KAGB stellt strengeren Anforderungen an die Vermögensverwaltung und ihre Beaufsichtigung und findet neben Wertpapierauch auf anderes Anlagevermögen wie beispielsweise Immobilienvermögen Anwendung. Als Organisationsformen bietet das KAGB vier Gesellschaftsformen an: offene und geschlossene Investmentaktiengesellschaften (InvestAGs) und offene und geschlossene Investmentkommanditgesellschaften (InvestKGs). 266 Poelzig/Volmer, DNotZ 2014, 483; Wagner, ZfBR 2015, 113 (114); Tassius, Die InnenKG, S. 89, die zu Recht darauf hinweist, dass man diesen Tatbestand für das Urteil des BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, DStR 2016, 880, zur Auflösung einer als Innen-KG ausgestalteten stillen Gesellschaft zu bejahen habe und dass damit der nunmehr einschlägige Anwendungsbereich des KAGB der Innen-KG weite Teile ihrer Entfaltungsmöglichkeit nehme. 267 Da Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften regelmäßig keine Wertpapiere i.S. des § 2 Abs. 1 WpHG darstellen, ist der in § 1 Abs. 2 VermAnlG gleichfalls angeordnete Vorrang des WpHG im Hinblick auf stille Beteiligungen nicht relevant.

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Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.140 § 18

bb) Anwendungsbereich des VermAnlG und Abgrenzung zum KAGB Das VermAnlG regelt die Prospektierungs- und Informationspflichten für die Anbieter von „Anteilen, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren“ (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG). Unter den Begriff „Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren“ fallen auch stille Gesellschaftsbeteiligungen268 und damit auch stille Beteiligungen an Publikumsgesellschaften. Dabei darf der stille Beteiligungsvertrag keine über den eingezahlten Anlagebetrag hinausgehende Haftung des Anlegers vorsehen, denn solche Vermögensanlagen mit Nachschusspflicht sind zum öffentlichen Angebot und Vertrieb im Inland nicht zugelassen (§ 5b VermAnlG). Zudem muss der stille Beteiligungsvertrag eine Laufzeit von mindestens 24 Monaten ab dem Zeitpunkt des erstmaligen Erwerbs und eine ordentliche Kündigungsfrist von mindestens sechs Monaten vorsehen (§ 5a VermAnlG).

18.136

Nach der Übergangsvorschrift des § 32 Abs. 1 VermAnlG ist das VerkProspG a.F. weiterhin auf Verkaufsprospekte anzuwenden, die vor dem 1.6.2012 bei der BaFin zur Gestattung ihrer Veröffentlichung nach § 8i Abs. 2 Satz 1 VerkProspG a.F. eingereicht wurden. Wurden Verkaufsprospekte entgegen § 8f Abs. 1 Satz 1 VerkProspG a.F. in der bis zum 31.5.2012 geltenden Fassung nicht veröffentlicht, ist für die daraus resultierenden Ansprüche, die bis zum 31.5.2012 entstanden sind, ebenso das VerkProspG a.F. weiterhin anzuwenden (§ 30 Abs. 2 VermAnlG).

18.137

Keine Anwendung findet das VermAnlG aber auf stille Beteiligungen an Investmentvermögen i.S. des KAGB. Die Herleitung einer Prospektpflicht und damit von Prospekthaftungsansprüchen nach dem VermAnlG ist damit nur dann möglich, wenn der Tatbestand des Investmentvermögens nicht erfüllt ist, insbesondere weil (i) keine gemeinsame Anlage, (ii) ein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors oder (iii) keine festgelegte Anlagestrategie vorliegt.

18.138

Das Kriterium „gemeinsame Anlage“ wird nicht erfüllt, wenn eine Verlustbeteiligung des stillen Anlegers von vornherein ausgeschlossen ist269. In diesen Fällen ist das KAGB unanwendbar und es verbleibt bei der Prospektpflichtigkeit nach dem VermAnlG. Ein unbedingter Kapitalrückzahlungsanspruch des Anlegers schließt eine „gemeinsame Anlage“ aus270.

18.139

Die Abgrenzung der operativen und damit nicht vom KAGB erfassten Tätigkeiten von den nicht operativen Tätigkeiten bereitet erhebliche Schwierigkeiten, da es bislang an eindeutigen Abgrenzungskriterien fehlt. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) definiert operative Tätigkeiten als Tätigkeiten, die hauptsächlich im Kauf, Verkauf und/oder Tausch von Waren, in Dienstleistungen außer-

18.140

268 So schon die Begründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG) und den damit am 1.5.2005 in Kraft getretenen Änderungen des Verkaufsprospektgesetzes (VerkProspG): RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 42. 269 Auslegungsschreiben der BaFin v. 14.6.2013, zuletzt geändert am 9.3.2015, Ziff. 2b, abzurufen unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Auslegungsent scheidung/WA/ae_130614_Anwendungsber_KAGB_begriff_invvermoegen.html. 270 Poelzig/Volmer, DNotZ 2014, 483 (284).

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§ 18 Rz. 18.140 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

halb des Finanzsektors oder in der Produktion von Waren oder der Errichtung von Immobilien bestehen. Weitergehende Auslegungshilfen gewährte die BaFin in ihrem Auslegungsschreiben vom 14.6.2013, zuletzt geändert am 9.3.2015271. Eine operative Tätigkeit ist danach beispielsweise die Erzeugung erneuerbarer Energien (Biogas-, Solar-, Windkraftanlagen) oder die Produktion von Gütern und die Lagerung von Rohstoffen. Im Zusammenhang mit Immobilien werden der Betrieb (etwa als Hotel), das „Facility Management“ und die Projektentwicklung einer Immobilie als Beispiele für operative Tätigkeiten erwähnt. Der Erwerb und Verkauf, die Vermietung, Verpachtung und Verwaltung von Immobilien sollen hingegen keine operativen Tätigkeiten und damit grundsätzlich erlaubnispflichtig nach dem KAGB sein.

18.141 Eine Abgrenzung, ob nach diesen Kriterien eine operative Tätigkeiten vorliegt oder nicht, braucht allerdings nicht vorgenommen zu werden, wenn der Organismus für gemeinsame Anlagen das von einer Anzahl von Anlegern eingesammelte Kapital gar nicht „gemäß einer festgelegten Anlagestrategie“ zum Nutzen dieser Anleger investiert. 18.142 Nach den Leitlinien von ESMA hat ein Organismus dann eine festgelegte Anlagestrategie, wenn er im Rahmen einer Strategie festlegt, wie das gemeinschaftliche Kapital verwaltet werden muss, damit es einen gemeinsamen Return für die Anleger generiert. Die folgenden Merkmale können einzeln oder kumulativ auf das Vorliegen einer Anlagestrategie hindeuten: – Die Strategie ist spätestens zu dem Zeitpunkt festgelegt, zu dem die Beteiligung des Anlegers bindend geworden ist; – die Strategie ist in einem Dokument ausgeführt, das Teil der Anlagebedingungen oder der Satzung des Organismus ist oder auf das in den Anlagebedingungen oder der Satzung Bezug genommen wird; – der Organismus hat eine rechtlich bindende und von den Anlegern durchsetzbare Verpflichtung, die Strategie den Anlegern gegenüber einzuhalten; – die Strategie konkretisiert die Richtlinien, nach denen die Anlage zu erfolgen hat (z.B. Anlage in bestimmte Kategorien von Vermögensgegenständen, Beschränkungen bei der asset allocation, Verfolgung bestimmter Strategien, Anlage in bestimmte geographische Regionen, Beschränkungen des Leverage, bestimmte Haltefristen oder sonstige Risikodiversifikationsvorgaben).

18.143 Nach der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 1 KAGB setzt das Vorliegen einer festgelegten Anlagestrategie voraus, dass die Kriterien, nach denen das eingesammelte Kapital angelegt werden soll, in einem über den einer allgemeinen Geschäftsstrategie (im Folgenden „Unternehmensstrategie“) hinausgehenden Umfang schriftlich genau bestimmt sind. Eine festgelegte Anlagestrategie unterscheidet sich damit von einer allgemeinen Unternehmensstrategie dadurch, dass die Anlagekriterien genau bestimmt und die Handlungsspielräume des Organismus in den Anlagebedingungen, der Sat-

271 Auslegungsschreiben der BaFin v. 14.6.2013, zuletzt geändert am 9.3.2015, Ziff. 7.

534 | Kauffeld

Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.149 § 18

zung oder im Gesellschaftsvertrag eingeschränkt sind. Eine festgelegte Anlagestrategie geht somit über eine allgemeine Geschäftsstrategie hinaus272. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Kriterien wird das KAGB für Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften eine eher untergeordnete Bedeutung haben und den Anwendungsbereich des VermAnlG nur in Ausnahmefällen verdrängen, da stille Publikumsgesellschaften oftmals eine operative Tätigkeit außerhalb des Finanzsektors verfolgen und zudem die Anlagebedingungen nicht das vom KAGB geforderte Maß der Konkretisierung der Anlagestrategie erfüllen werden. Nachfolgend wird daher auch in erster Linie auf die Prospekthaftung nach dem VermAnlG eingegangen.

18.144

cc) Verkaufsprospekt und Vermögensanlagen-Informationsblatt nach dem VermAnlG Derjenige, der stille Beteiligungen als Vermögensanlagen öffentlich anbietet, ist gemäß § 6 VermAnlG verpflichtet, für diese einen Prospekt zu veröffentlichen. Prospektpflichtig nach dem VermAnlG ist damit der Anbieter.

18.145

Die Veröffentlichung des Prospekts ist erst nach Billigung durch die BaFin zulässig, § 8 Abs. 1 VermAnlG. Die Veröffentlichung des Prospekts ist wiederum Voraussetzung für das öffentliche Angebot der Beteiligungen an der stillen Publikumsgesellschaft durch den Anbieter, das erst einen Werktag nach der Veröffentlichung des Prospekts erfolgen darf (§ 9 Abs. 1 VermAnlG).

18.146

Um die Aktualität der Verkaufsprospekte zu gewährleisten, ist ihre Gültigkeit nach dem Vorbild des WpPG gemäß § 8a VermAnlG auf zwölf Monate seit seiner Billigung beschränkt. Sollen die Vermögensanlagen über einen längeren Zeitraum vertrieben werden, hat der Anbieter also künftig den Verkaufsprospekt neu aufzulegen und von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nochmals billigen zu lassen.

18.147

Ferner enthält das VermAnlG i.d.F. des Kleinanlegerschutzgesetzes bedeutende Änderungen der Vorschriften über Prospektnachträge. So muss nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VermAnlG jeder neue Jahresabschluss und Lagebericht des Emittenten in einem Nachtrag zum Verkaufsprospekt veröffentlicht werden. Des Weiteren hat der Anbieter künftig eine um sämtliche Nachträge ergänzte Fassung des Verkaufsprospekts zu veröffentlichen, § 11 Abs. 3 Satz 1 VermAnlG. Dabei ist der Nachtrag jeweils an der Stelle einzufügen, an der der Verkaufsprospekt geändert wird, die Änderungen gegenüber der gebilligten Ursprungsfassung sind kenntlich zu machen.

18.148

Kritsch zu bewerten ist allerdings die in § 8a VermAnlG angeordnete Rechtsfolge der Ungültigkeit des Verkaufsprospektes, wenn die Veröffentlichung eines erforderlichen Nachtrags unterbleibt. Denn insoweit muss der Anbieter der stillen Beteiligungen eine eigene Einschätzung vornehmen, ob ein wichtiger neuer Umstand ein-

18.149

272 Poelzig/Volmer, DNotZ 2014, 483 (284).

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§ 18 Rz. 18.149 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

getreten ist, der eine Nachtragspflicht auslöst. Da diese Frage regelmäßig nicht eindeutig zu beantworten ist, führt die Regelung in § 8a VermAnlG in der Praxis faktisch dazu, dass nicht selten erhebliche Rechtsunsicherheiten über die Gültigkeit von Verkaufsprospekten bestehen.

18.150 Der Inhalt des Verkaufsprospektes bestimmt sich nach § 7 VermAnlG. Der Verkaufsprospekt muss alle tatsächlichen und rechtlichen Angaben enthalten, die notwendig sind, um dem Publikum eine zutreffende Beurteilung des Anbieters und der betreffenden stillen Beteiligung zu ermöglichen. Konkretisiert werden die Anforderungen an den Inhalt und die Mindestangaben von Verkaufsprospekten durch die Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung273. Zurückgegriffen werden kann zudem auf die von der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe für die bürgerlich-rechtliche Produkthaftung im engeren Sinne. 18.151 Aufzuklären ist hiernach insbesondere über die wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen einerseits den Organen der Publikumsgesellschaft und andererseits den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Publikumsgesellschaft die nach dem Emissionsprospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat274. Einzelne irreführende Angaben, die ebenfalls zur Prospekthaftung führen können, sind beispielsweise falsche Angaben über persönliche Eigenschaften275, im Prospekt zugesicherte, aber tatsächlich nicht eingetretene Steuervorteile und Renditeangaben276 oder fehlende Hinweise auf etwaige Risiken277. Ebenso handelt sich um einen rechtlich relevanten Prospektmangel, wenn der Anleger aus dem Prospekt über die Beteiligung an einer Publikumsgesellschaft nicht ersehen kann, dass das von ihm aufgebrachte Kapital zu wesentlichen Teilen an den Initiator zurückfließt und für die beworbene Investition nicht zur Verfügung steht. Das gilt erst recht, wenn sich vor Prospektherausgabe die Marktverhältnisse derart geändert haben, dass mit der zeitgerechten Umsetzung des Prospekts nicht gerechnet werden kann und deswegen Investitionsmittel für die Honorierung von Funktionsträgern verwendet werden müssen278. 18.152 Die fehlerhafte Aufklärung über das Anlagemodell kann einen Schadensersatzanspruch des Anlegers nach § 280 Abs. 1, Abs. 3, § 282, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB begründen. So ist der Anleger beispielsweise über bankrechtliche Bedenken gegen eine bestimmte Anlageform grundsätzlich aufzuklären. Denn er hat ein berechtigtes Interesse zu wissen, ob das Anlagemodell rechtlich abgesichert ist oder ob mit bankaufsichtsrechtlichen Maßnahmen und damit verbundenen Prozessrisiken zu rechnen ist279. Eine solche Aufklärungspflicht hat der Senat in den Entscheidungen zum „Pen-

273 274 275 276 277 278 279

Zu den Mindestanforderungen Beck/Maier WM 2012, 1898 ff. BGH v. 6.10.1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337 (340). BGH v. 10.10.1994 – II ZR 95/93, DB 1995, 921. OLG Köln v. 23.1.1991 – 2 U 56/90, NJW-RR 1992, 278. BGH v. 24.4.1978 – II ZR 172/76, DB 1978, 1490. BGH v. 29.5.2000 – II ZR 280/98, ZIP 2000, 1296 = DStR 2000, 1357. BGH v. 21.3.2005 – II ZR 140/03, AG 2005, 390 = ZIP 2005, 753; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 149/03, ZIP 2005, 763; BGH v. 1.12.2011 – III ZR 56/11, ZIP 2012, 135.

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Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.156 § 18

sions-Sparplan“ und zur „SecuRente“ angenommen280. Dort war durch eine Änderung des § 1 KWG zweifelhaft geworden, ob ein teilweises Stehenlassen des Auseinandersetzungsguthabens eines stillen Gesellschafters über eine Laufzeit von 10 bis 40 Jahren mit dem Ziel, dass dem Gesellschafter in dieser Zeit eine monatliche Rente zu zahlen war, dazu führte, dass der Vertrag als Bankgeschäft anzusehen war. Dazu fehlte der dortigen Beklagten die erforderliche bankaufsichtsrechtliche Genehmigung nach § 32 KWG. Neben dem Verkaufsprospekt hat der Anbieter stiller Beteiligungen vor dem Beginn des öffentlichen Angebots ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) zu erstellen und bei der BaFin zu hinterlegen (§§ 13, 14 VermAnlG). Im VIB müssen die wesentlichen Informationen über die Beteiligung an der stillen Publikumsgesellschaft in übersichtlicher und leicht verständlicher Weise enthalten sein. Auch hat das VIB nach § 13 Abs. 6 VermAnlG einen Warnhinweis zu enthalten, dessen Kenntnisnahme vom Anleger durch seine Unterschrift zu bestätigen ist (§ 15 Abs. 3 VermAnlG).

18.153

Bei dem neuen VIB handelt es sich um ein nach § 22 VermAnlG haftungsbewehrtes Instrument der Kurzinformation von Anlegern281. Enthält das VIB den Warnhinweis nicht oder unterbleibt die Kenntnisnahme des Warnhinweises durch den Anleger, kann der Anleger die Rückabwicklung der Beteiligung an der stillen Publikumsgesellschaft verlangen (§ 22 Abs. 4a VermAnlG). Des Weiteren kann der Anleger die Rückabwicklung verlangen, wenn ihm das VIB nicht zur Verfügung gestellt wurde oder das VIB irreführende oder unrichtige Angaben enthält (§ 22 Abs. 1a VermAnlG).

18.154

dd) Ausnahmen und Befreiungen nach dem VermAnlG Ausnahmen von der Prospektierungspflicht bestehen nach § 2 VermAnlG in folgenden Fällen:

18.155

– wenn von derselben stillen Beteiligung nicht mehr als 20 Anteile angeboten werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a VermAnlG), – wenn der Verkaufspreis der im Zeitraum von zwölf Monaten angebotenen stillen Beteiligungen insgesamt 100 000 Euro nicht übersteigt (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. b VermAnlG), – wenn der Preis jeder stillen Beteiligung mindestens 200 000 Euro je stiller Beteiligter beträgt (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. c VermAnlG) oder – wenn sich die Angebote nur an Personen richten, die beruflich oder gewerblich für eigene oder fremde Rechnung Wertpapiere oder Vermögensanlagen erwerben oder veräußern (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 VermAnlG). Eine weitere praxisrelevante Ausnahme hinsichtlich der Prospektpflicht von stillen Beteiligungen regelt § 2 Abs. 1 Nr. 6 VermAnlG, wonach stille Beteiligungskonzepte 280 BGH v. 21.3.2005 – II ZR 140/03, AG 2005, 390 = ZIP 2005, 753; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 149/03, ZIP 2005, 763; BGH v. 1.12.2011 – III ZR 56/11, ZIP 2012, 135. 281 Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 16.

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18.156

§ 18 Rz. 18.156 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

von Arbeitgebern zur Mitarbeiterbeteiligung nicht der Prospektpflicht nach dem VermAnlG unterliegen.

18.157 Die Befreiungsvorschrift in § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a VermAnlG (nicht mehr als 20 Anteile) hat zu einer neuen Form der öffentlichen Kapitalbeschaffung geführt, nämlich der Small-Capital-Beteiligung. Bei einer Small-Capital-Beteiligung bieten kapitalsuchende Unternehmen nicht mehr als 20 Kapitalgebern bzw. Privatinvestoren pro Finanzinstrument eine Beteiligung an ihrem Unternehmen an. Auf die Höhe des Beteiligungskapitals und auf die Höhe des aufzunehmenden Finanzierungsvolumens kommt es dabei nicht an. Es können auch mehrere Finanzierungsinstrumente gleichzeitig eingesetzt werden, so dass beispielsweise je 20 Kapitalgeber als stille Beteiligte und Genussrechtsbeteiligte aufgenommen werden können. ee) Haftungsvoraussetzungen nach dem VermAnlG

18.158 Die spezialgesetzliche Prospekthaftung für die Ausgabe von stillen Beteiligungen ist in den §§ 20, 21 VermAnlG normiert. Die Prospekthaftung nach §§ 20, 21 VermAnlG entspricht weitgehend den Bestimmungen der §§ 13, 13a VerkProspG a.F. Allerdings mussten die bislang in §§ 13, 13a VerkProspG a.F. enthaltenen Regelungen der Haftung bei fehlerhaften und fehlenden Verkaufsprospekten für Vermögensanlagen an das veränderte Regelungsumfeld, insbesondere den entfallenen Verweis auf die Prospekthaftungsbestimmungen des BörsG, angepasst werden282. Aufgegeben wurden die bislang für Prospekthaftungsansprüche nach dem VerkProspG vorgesehene Sonderverjährungsvorschrift (§§ 13, 13a VerkProspG a.F. i.V.m. § 46 BörsG) und die Ausschlussfrist nach § 13a Abs. 1 Satz 1 VerkProspG. Ansprüche aus §§ 20, 21 VermAnlG unterliegen nunmehr den allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§ 195 ff. BGB. 18.159 Anspruchsberechtigt ist derjenige, der die stille Beteiligung erworben hat, für die ein Verkaufsprospekt pflichtwidrig – entgegen § 6 VermAnlG oder § 7 VermAnlG – nicht oder fehlerhaft veröffentlicht wurde. Die Frage, ob der Erwerber zum Zeitpunkt der Anspruchserhebung noch Inhaber der Vermögensanlagen ist oder nicht, spielt diesbezüglich keine Rolle, sondern ist lediglich im Hinblick auf den Inhalt des Anspruchs von Bedeutung. Anspruchsberechtigt ist bei fehlendem Verkaufsprospekt allerdings nur, wer die fraglichen Vermögensanlagen vor Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts und innerhalb eines Zeitfensters von zwei Jahren nach dem ersten öffentlichen Angebot der Vermögensanlagen im Inland erworben hat. Im Fall eines fehlerhaften Verkaufsprospekts ist der Erwerber Anspruchsberechtigt, wenn er das Erwerbsgeschäft, also das Verpflichtungsgeschäft283, nach Veröffentlichung des Verkaufsprospekts und während der Dauer des öffentlichen Angebots nach § 11 VermAnlG abgeschlossen hat, spätestens jedoch innerhalb von zwei Jahren nach dem ersten öffentlichen Angebot der stillen Beteiligung im Inland. 18.160 Die Haftungsadressaten sind bei fehlendem Prospekt der Emittent und der Anbieter, § 20 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG, bei fehlerhaftem Prospekt Anbieter und Erlasser 282 Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 242 ff. 283 Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 259.

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Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.162 § 18

des Prospekts, wozu ebenfalls der Emittent gehören kann (§ 21 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG)284. Sie haften jeweils als Gesamtschuldner. Emittent der Vermögensanlage ist wiederum, wer sie erstmalig auf den Markt bringt und für seine Rechnung unmittelbar oder durch Dritte öffentlich zum Erwerb anbietet285. Häufig wird dies die Anlagegesellschaft selbst, bzw. bei der stillen Gesellschaft der Geschäftsinhaber sein. Streitig ist daher, wie die Rechtsfolge der §§ 20, 21 VermAnlG zu verstehen ist, nach der der Haftungsschuldner die Beteiligung zu übernehmen hat. Es ist dem Unternehmergesellschafter rechtlich unmöglich, einen stillen Gesellschaftsanteil am eigenen Unternehmen zu halten. Es scheint kaum mit der gesetzgeberischen Intention vereinbar, die Haftung der Anlagegesellschaft unter Verweis auf die Unmöglichkeit der angeordneten Rechtsfolge gar nicht haften zu lassen286. Am ehesten bietet sich eine Lösung an, dem Geschädigten ein Austrittsrecht zu gewähren. Nach den allgemeinen Regeln (§ 738 BGB) würde sich hieran jedoch lediglich eine Abfindung knüpfen, die sich nach dem aktuellen Wert der Beteiligung bemisst. Auch diese Folge lässt sich jedoch nicht mit den in §§ 20, 21 VermAnlG angeordneten Rechtfolgen der Erstattung des ursprünglichen Erwerbspreises in Einklang bringen. Im Sinne eines modifizierten Austrittsrechts wäre dem Anleger also eine Kündigung mit der Folge der ungeschmälerten Rückerstattung seiner ursprünglichen Einlage zuzugestehen287. Die Lösung verliefe somit parallel zu der BGH-Rechtsprechung, nach der bei zweigliedrigen stillen Beteiligungen den getäuschten Gesellschaftern ein durch die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft unberührter Anspruch aus c.i.c. in voller Höhe des negativen Interesses zusteht (siehe bereits Rz. 18.51). Die hierzu vorgetragenen Bedenken wegen des damit vernachlässigten Bestandsschutzes und der zu befürchtenden Ausdünnung der Kapitalgrundlage der Anlagegesellschaft zulasten möglicherweise ebenso getäuschter Anleger bleiben freilich bestehen (vgl. Rz. 18.51). Bei der Beurteilung der Frage, ob über wesentliche Angaben unrichtig oder unvollständig aufgeklärt wurde, ob also ein Mangel vorliegt, kann weiterhin auf die maßgeblichen Gesichtspunkte bei Wertpapierprospekten zurückgegriffen werden288. Unterbleibt ein Nachtrag, der nach § 11 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG geboten ist, führt auch dieser Mangel des nach Billigung des Verkaufsprospekts unrichtig oder unvollständig gewordenen und nicht durch Nachtrag berichtigten Prospekts zu einem Anspruch nach § 20 VermAnlG.

18.161

Eine Haftung ist nach § 20 Abs. 4 Nr. 3 VermAnlG ausgeschlossen, wenn der Erwerber die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben des Verkaufsprospekts beim Erwerb kannte. Bei fehlendem Prospekt sind Ansprüche gemäß § 21 Abs. 4

18.162

284 Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 257. 285 RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 42. 286 So jedoch zum VerkProspG noch O. Ziegler, DStR 2005, 30 (33); Madaus, Jura 2006, 881 (887). 287 F.A. Schäfer, ZGR 2006, 40 (75), str.; siehe auch Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171 (2007), 519 (528); in der älteren Literatur zur ähnlichen Diskussion bereits Ulmer/Dopfer, BB 1978, 461 (464). 288 Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 246 ff.

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§ 18 Rz. 18.162 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

VermAnlG ausgeschlossen, wenn der Anleger die Pflicht zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts beim Erwerb seiner Beteiligung kannte.

18.163 Die Kausalität des Prospektmangels für die Anlageentscheidung wird zugunsten des Anlegers widerleglich vermutet289. Fehlt der Prospekt vor vornherein, kann der Prospektpflichtige auch nicht die Einwendung fehlender Kausalität zwischen Nichtveröffentlichung eines Prospekts und Erwerb der Vermögensanlage geltend machen, da die Platzierung ohne Prospekt die Haftung begründet. Der Anleger muss ich daher auch nicht die Einwendung fehlender Kausalität zwischen Nichtveröffentlichung eines Prospekts und Erwerb der Vermögensanlage entgegenhalten lassen, 18.164 § 20 Abs. 3 VermAnlG erfordert für den Schadensersatzanspruch wegen Fehlerhaftigkeit des Prospekts Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Prospekts. Gleichzeitig ist jedoch eine Beweislastumkehr vorgegeben, so dass der Anleger das Verschulden des Prospektpflichtigen nicht nachzuweisen braucht. Entsprechende Vorgaben fehlen beim Anspruch wegen fehlenden Prospekts gemäß § 21 VermAnlG. Bei der Vorgängervorschrift des § 13a VerkProspG wurde daher zum Teil von einer verschuldensunabhängigen Haftung ausgegangen290. Dafür wurde unter anderem angeführt, dass im Referentenentwurf zum VerkProspG a.F.291 zunächst eine Haftung nur bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der Prospektpflichtigkeit vorgesehen war, die sich jedoch im späteren Regierungsentwurf zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz292 nicht wiederfand293. Gegen eine solche Auffassung sprach aber bereits unter Geltung des VerkProspG die ausdrückliche Aussage im Regierungsentwurf zum VerkProspG, Anspruchsvoraussetzungen und -ausschlüsse des § 13a VerkProspG a.F. seien denen des § 13 VerkProspG a.F. nachgebildet294. Vor allem würde es verwundern, dass der Gesetzgeber ohne weitere Begründung bereits mit dem VerkProspG eine verschuldensunabhängige Haftung für pflichtwidriges Handeln eingeführt haben sollte, die ansonsten im deutschen Rechtssystem regelmäßig nur als Verschuldenshaftung ausgestaltet ist295. Wie bereits unter Geltung des VerkProspG a.F. ist auch unter Geltung des VermAnlG von einer Lücke auszugehen, die durch analoge Anwendung der § 21 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 23 Abs. 1 WpPG zu schließen ist und mithin eine Haftung nur bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis von der Prospektpflichtigkeit bei Umkehr der Beweislast zu Lasten des Haftungsadressaten in Frage kommt296.

289 F.A. Schäfer, ZGR 2006, 40 (52 f.); Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 264. 290 Fleischer, BKR 2004, 339 (346). 291 § 13a Abs. 4 Satz 1 VerkProspG-RefE v. 10.3.2004 (abgedruckt in ZBB 2004, 168). 292 BT-Drucks. 15/3174. 293 Fleischer, BKR 2004, 339 (346). 294 Begründung RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 44. 295 Allgemein etwa Wagner in MünchKomm/BGB, 5. Aufl. 2009, Vor § 823 BGB Rz. 21. 296 Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 292; zum VerkProspG a.F. ebenso: F.A. Schäfer, ZGR 2006, 40 (51 f.); Bohlken/Lange, DB 2005, 1259 (1261); Spindler, NJW 2004, 3449 (3455); a.A. Horbach in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 69 Rz. 36.

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Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.166 § 18

Probleme bereitet die Frage nach dem Verhältnis der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung zur spezialgesetzlichen Prospekthaftung gemäß §§ 20, 21 VermAnlG297. Unterschiede ergeben sich etwa bei dem Kreis der haftenden Personen. So werden Sachkenner (Anlagevermittler, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer etc.) nur von der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung erfasst (siehe Rz. 18.124), von §§ 20, 21 VermAnlG hingegen nicht. Ausweislich der Regierungsbegründung soll aber die zivilrechtliche Haftung dieser Personen aufgrund Aufklärungsverschuldens auch weiterhin bestehen, sofern sie sich fehlerhafter Prospekte bedienen298. Freilich gilt in der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung der allgemeine Verschuldensmaßstab des § 276 BGB, so dass bereits einfache Fahrlässigkeit für die Haftung ausreicht. §§ 20, 21 VermAnlG erfordern hingegen mindestens grobe Fahrlässigkeit. Daraus wird zum Teil gefolgert, die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung bleibe in Konkurrenz neben der spezialgesetzlichen Prospekthaftung bestehen. Nur so ließen sich Wertungswidersprüche vermeiden, dass etwa Sachkenner nach allgemeinen zivilrechtlichen Vorgaben strenger haften würden als die eigentlich verantwortlichen Emittenten299. Die wohl überwiegende Ansicht geht hingegen zu Recht davon aus, dass im Anwendungsbereich der §§ 20, 21 VermAnlG die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung gesperrt ist300. Für die Frage des Verschuldens ist zu bedenken, dass dem Nachteil des Haftungsausschlusses für leichte Fahrlässigkeit bei §§ 20, 21 VermAnlG aus Anlegersicht der Vorteil der Beweislastumkehr gegeben ist301. Insgesamt sollten die in der spezialgesetzlichen Prospekthaftung getroffenen gesetzgeberischen Vorgaben nicht durch eine weitere Anwendung der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung (im engeren Sinne) relativiert werden302. Über die Prospekthaftung nach §§ 20, 21 VermAnlG hinaus bestehen Ansprüche daher nur aufgrund eines entsprechenden Vertrages oder aus Delikt.

18.165

2. Aufsichtsrechtliche Schranken Vorstehend (Rz. 18.132 ff.) wurde bereits im Rahmen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung auf die aufsichtsrechtliche Regulierung stiller Beteiligungen nach dem VermAnlG und dem KAGB hingewiesen. Eine weitere kapitalmarktrechtliche Schranke für stille Beteiligungen an Publikumsgesellschaften wurde bereits durch die Sechste

297 Die Frage stellt sich in gleicher Weise für die spezialgesetzliche Prospekthaftung nach den §§ 306, 307 KAGB. 298 Vergleiche zur Begründung des VerkprospG: RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 44. 299 Emmerich in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2016, § 311 BGB Rz. 136. 300 Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 21; vgl. zur insoweit inhaltsgleichen Vorschrift des § 13a VerkProspG a.F.: Fleischer, BKR 2004, 339 (343); Mülbert/Steup, WM 2005, 1633 (1648); Bohlken/Lange, BB 2005, 1259; Grüneberg in Palandt, § 311 BGB Rz. 68; bereits für das Verhältnis von §§ 44 ff. BörsG zur allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung OLG Frankfurt v. 17.12.1996 – 5 U 178/95, ZIP 1997, 107 (109). 301 Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 21; Grüneberg in Palandt, § 311 BGB Rz. 68. 302 So nunmehr auch BGH v. 21.10.2014 – XI ZB 12/12, NJW 2015, 236 (Rz. 72); str., ausführlich Emmerich in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2016, § 311 BGB Rz. 187 ff.

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18.166

§ 18 Rz. 18.166 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

KWG-Novelle vom 5.6.1997 aufgestellt: Der Kreis der nach dem Gesetz über das Kreditwesen erlaubnispflichtigen Bankgeschäfte (§ 1 Abs. 1 KWG) wurde in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG (Einlagengeschäft) durch einen Auffangtatbestand erweitert. Als Bankgeschäft erfasst wird seit 1997 „jede Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer rückzahlbarer Gelder des Publikums, sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird, ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden (Einlagengeschäft)“. Demgemäß muss beachtet werden, dass der Begriff der Einlage i.S. des KWG von dem gesellschaftsrechtlichen Einlagenbegriff wie auch dem zivilrechtlichen Darlehensbegriff zu unterscheiden ist.

18.167 Gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreibt. Ohne diese Erlaubnis kann die BaFin, gestützt auf § 37 KWG, die Rückabwicklung des Einlagengeschäfts bis zur vollständigen Rückzahlung sämtlicher Einlagen verlangen. Betroffen sind damit auch solche unerlaubten Einlagengeschäfte, die vor dem Inkrafttreten der Novelle abgeschlossen wurden, weil Bankgeschäfte so lange als solche behandelt und beaufsichtigt werden müssen, bis sie vollständig abgewickelt worden sind303. Aber auch schon bei dem bloßen Verdacht, dass ein erlaubnispflichtiges Kreditinstitut betrieben wird, kann die BaFin nach § 44c Abs. 1 KWG Erforschungsmaßnahmen in Form von Auskunftserteilung und Geschäftsunterlageneinsicht ergreifen. Im Übrigen ist das Betreiben von Bankgeschäften ohne Erlaubnis gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG strafbar. Auch Eintragungen in öffentliche Register (z.B. Handelsregister) dürfen nur vorgenommen werden, wenn dem Registergericht die Erlaubnis nachgewiesen worden ist (§ 43 Abs. 1 KWG). a) Stille Beteiligungen als Einlagengeschäft

18.168 Problematisch ist, welche stillen Beteiligungen als Einlagengeschäft i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG zu qualifizieren sind und daher der Erlaubnis durch die BaFin für das Kreditwesen bedürfen304. Es verbietet sich dabei eine rein schematische Lösung; vielmehr ist aufgrund der Wertung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung zu entscheiden. Kennzeichnend für das Einlagengeschäft i.S. des KWG ist, dass von einer Vielzahl von Geldgebern auf der Grundlage typisierter Verträge darlehensweise oder in ähnlicher Weise Gelder entgegengenommen werden, wobei bankübliche Sicherheiten nicht bestellt werden305. Daher können nach der Verkehrsauffassung folgende Gesichtspunkte wichtige Indizien für das Vorliegen einer Einlage i.S. des KWG sein306:

303 304 305 306

BVerwG v. 24.2.1976 – I C 3.72, BVerwGE 50, 223 (226). Ausführlich hierzu Bornemann, ZHR 166 (2002), 211. Vgl. z.B. VG Berlin v. 22.2.1999 – VG 25 A 276.95, DB 1999, 1377 (1380). Vgl. VG Berlin v. 22.2.1999 – VG 25 A 276.95, DB 1999, 1377 (1380); Schäfer in Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, § 1 KWG Rz. 36.

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Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.169 § 18

– Es liegen vorgefertigte Angebote zum Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags in großer Zahl vor; Interessenten haben auf die inhaltliche Gestaltung (bis auf die Höhe der Anlagebeträge und die Laufzeit) keinen Einfluss; – bankübliche Sicherheiten sind nicht vorgesehen; – anders als bei einer echten Unternehmensbeteiligung ist nicht die Sicht des Unternehmers maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ab welchen Mindestbeträgen und Mindestanlagezeiten eine unternehmerische Beteiligung sinnvoll erscheint; es besteht vielmehr eine Wahlmöglichkeit bzgl. der Anlagebeträge und Laufzeiten in einer banküblichen Angebotsvielfalt, um hierdurch dem Interesse der Anleger auf eine nach individuellen Bedürfnissen abgestimmte Anlageform nachzukommen; – unabhängig vom geschäftlichen Erfolg ist ein Mindestgewinn über die gesamte Laufzeit unter Ausschluss einer Verlustbeteiligung garantiert (Nichtbeteiligung der Anleger am unternehmerischen Risiko), was bei wirtschaftlicher Betrachtung einer banküblichen Festzinsvereinbarung entspricht. Ist die Verlustteilnahme nicht ausgeschlossen, so handelt es sich keinesfalls um eine Einlage i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG, denn dann ist die Rückzahlung bedingt307. – es werden laufend Gelder angenommen308. Ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG kann auch dann vorliegen, wenn in dem Vertrag über die stille Beteiligung die Vereinbarung einer ratierlichen Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens als Altersrente vereinbart wird. Eine derartige Konstellation lag den vom BGH entschiedenen Fällen um die sog. Göttinger Gruppe zugrunde309. Das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen (heute BaFin) hatte der Unternehmergesellschafterin in der Rechtsform einer AG unter dem Aspekt der nicht erteilten Erlaubnis für Bankgeschäfte die ratierliche Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben an die Anleger untersagt. Im Verwaltungsprozess hatte daraufhin die AG in einem Vergleich mit der Bundesaufsicht die Auszahlung in einer Summe zugesagt. Der BGH hat die Frage, ob tatsächlich ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft vorlag, später explizit offen gelassen, jedoch wegen der erkennbaren Rechtsunsicherheit in dieser Frage eine Aufklärungspflicht der Unternehmergesellschafterin angenommen, ihre Anleger über das möglicherweise drohende Verbot der ratierlichen Auszahlung zu informieren und die Unternehmergesellschafterin wegen Verletzung dieser Pflicht gemäß c.i.c. haften lassen310. Auch hat

307 Vgl. Schäfer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 1 KWG Rz. 42. 308 Vgl. Schäfer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 1 KWG Rz. 36. 309 BGH v. 21.3.2005 – II ZR 149/03, NZG 2005, 472 = ZIP 2005, 763; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 140/03, NZG 2005, 476 = AG 2005, 390 = ZIP 2005, 753; siehe dazu auch Tettinger, DStR 2006, 849 (850 ff.). 310 BGH v. 21.3.2005 – II ZR 140/03, NZG 2005, 476 (478); zu den Rechtsfolgen einer solchen Haftung siehe bereits Rz. 18.50. Nach Ansicht des BGH liegt jedoch dann kein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft vor, wenn in den Vertragsbedingungen lediglich vorgesehen ist, dass bei einem Liquiditätsengpass das Auseinandersetzungsguthaben ratierlich ausgezahlt werden darf, BGH v. 8.5.2006 – II ZR 123/05, NZG 2006, 540.

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18.169

§ 18 Rz. 18.169 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

der Anleger wegen der Weigerung, das Auseinandersetzungsguthaben wie ursprünglich vereinbart ratierlich auszuzahlen, ein außerordentliches Kündigungsrecht311.

18.170 Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Vermögenseinlagen eines stillen Gesellschafters regelmäßig nicht unter den Einlagenbegriff i.S. des KWG fallen312. Das gilt auch für die Anleger einer Publikumsgesellschaft, solange sie unternehmerisch beteiligt sind. Das ist bei einer kapitalistisch ausgestalteten mehrgliedrigen Publikumsgesellschaft in der Regel der Fall. 18.171 Bei einer kapitalistisch ausgestalteten mehrgliedrigen Publikumsgesellschaft stellt sich sodann aber die Frage, ob das von der unternehmenstragenden Gesellschaft quasi treuhänderisch verwaltete Vermögen nicht ein Investmentvermögen i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB darstellt und damit das öffentliche Angebot der stillen Beteiligung an der Publikumsgesellschaft einer Erlaubnispflicht durch die BaFin besteht. 18.172 Die aufsichtsrechtliche Praxis zeigt, dass die BaFin in der Vergangenheit von ihren Befugnissen in den §§ 37 und 44 KWG unter Androhung eines hohen Zwangsgeldes gegenüber solchen Publikumsbeteiligungsgesellschaften durchaus Gebrauch gemacht hat, die gegenüber einer unbestimmten Vielzahl von Personen typische stille Gesellschaftsbeteiligungen ohne Verlustbeteiligung vertrieben haben313. b) Stille Beteiligungen als Kreditgeschäft

18.173 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG definiert das Kreditgeschäft als Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten. Die Hingabe von Geld im Rahmen einer stillen Gesellschaft erfüllt daher nicht den Tatbestand des Kreditgeschäfts i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG. Dies ist allerdings anders bei der Hingabe von Geld als partiarisches Darlehen, sodass die Unterscheidung zwischen partiarischem Darlehen und stiller Gesellschaft auch im Hinblick auf eine Erlaubnispflicht als Bankgeschäft nach dem KWG erheblich ist. An dieser Stelle (vgl. zu den Details der Abgrenzung Rz. 8.20 ff.) sei darauf hingewiesen, dass die typologische Grenze zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen fließend ist und daher die Qualifikation als erlaubnispflichtiges Kreditgeschäft i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG stark von den Umständen des Einzelfalls abhängt, die die Parteien zum Abschluss des Vertrags veranlasst haben. Aus der Sicht der BaFin sind folgende Eckpunkte maßgeblich314: – Bei einem als stille Gesellschaft bezeichneten Vertrag, der die Vereinbarung einer Verlustteilnahme enthält, wird kein Darlehen begeben und damit auch kein Kreditgeschäft betrieben.

311 BGH v. 21.3.2005 – II ZR 124/03, NZG 2005, 471 f. 312 VG Berlin v. 22.2.1999 – VG 25 A 276.95, DB 1999, 1377 (1380); BGH v. 15.3.1984 – III ZR 15/83, BGHZ 90, 310 (313). 313 So beispielsweise in dem der Entscheidung des VG Berlin v. 22.2.1999 – VG 25 A 276.95, DB 1999, 1377 (1377) zugrunde liegenden Fall. 314 So BaFin, Merkblatt – Hinweise zum Tatbestand des Kreditgeschäfts (Stand: April 2014), unter Gliederungspunkt 1. a) bb) (3).

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Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.174 § 18

– Werden in einem als stille Gesellschaft bezeichneten Vertrag Verlustteilnahme und Gewinnbeteiligung ausgeschlossen, wird ein Darlehen begeben und das Kreditgeschäft betrieben. – Wird in einem als stille Gesellschaft bezeichneten Vertrag zwar die Verlustbeteiligung ausgeschlossen, aber eine Gewinnbeteiligung vereinbart, lässt sich die Einstufung als Kreditgeschäft nur im Wege der Einzelfallprüfung durch die Behörde entscheiden.

IV. Zusammenfassung Früher wurden Publikumsgesellschaften in der Regel als Abschreibungsgesellschaften gegründet. Hintergrund der massiven Gründung von Abschreibungsgesellschaften war die steuerliche Begünstigung bestimmter Projekte durch den Gesetzgeber. Nach der gesetzlichen Beschränkung der Verlustzuweisungen erkannte die Wirtschaftspraxis die stille Publikumsgesellschaft als anonyme Finanzierungsform, ohne Formerfordernisse, ohne Registereintragung (anders nur bei der Publikumsgesellschaft AG & Still) und vor allem ohne Außenhaftung. Sie verschaffte sich in Gestalt des stillen Gesellschafters einer atypisch stillen Publikumsgesellschaft einen „bequemen Konkurrenten“315 zum Kommanditisten. Infolge der anhaltenden Reformierung des Rentensystems hin zur privaten Vorsorge erlangten stille Publikumsgesellschaften wesentliche Bedeutung für die komplexe Altersversorgung und Vermögensbildung. Sonderprobleme der stillen Publikumsgesellschaft ergeben sich zum einen beim Organisationsrecht, daneben aber auch bei der Kapitalsicherung und dem Anlegerschutz. Einerseits musste die Rechtsprechung daher das Personengesellschaftsrecht in mehrfacher Hinsicht dem Zweck der Massenbeteiligung anpassen, andererseits ein Schutzinstrumentarium für die Anleger entwickeln, da gesetzliche Mechanismen fehlten. Der BGH hat im Hinblick auf die Besonderheiten der Publikumsgesellschaften ein an das Kapitalgesellschaftsrecht angelehntes Sonderrecht entwickelt, bei dem der Schutz der Anleger im Vordergrund steht. Das Beteiligungsverhältnis an einer stillen Publikumsgesellschaft wird in der Praxis entweder entsprechend dem gesetzlichen Leitbild zweigliedrig oder aber – wenn auch nur mit Wirkung für die Beteiligten untereinander – mehrgliedrig ausgestaltet. Der Gesellschaftsvertrag ist nach dem objektiven Erklärungsbefund auszulegen, einem möglichen Missbrauch der Vertragsfreiheit wird mit Hilfe einer an den Maßstäben von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgerichteten Inhaltskontrolle durch die Gerichte begegnet. Eine Inhaltskontrolle von Gesellschaftsverträgen durch die §§ 305 ff. BGB316 (früher AGBG) findet nicht statt. Die Vorschrift des § 312b Abs. 1 BGB über den Widerruf von außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen bzw. angebahnten Geschäften ist auf den Abschluss eines entgeltlichen Vertrages über eine stille Ge315 Wiedemann, WM 2014, 1985 (1987). 316 Gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB ist das AGBG auf Dauerschuldverhältnisse bis zum 31.12.2002 anzuwenden, vom 1.1.2003 an nur die §§ 305 ff. BGB.

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18.174

§ 18 Rz. 18.174 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

sellschaft grundsätzlich anwendbar. Wird der Anleger bei Abschluss des stillen Beteiligungsvertrages vertreten, so ist entscheidend, ob der Bevollmächtigte bei Abgabe der Willenserklärung in einer Haustürsituation gehandelt hat, während es grundsätzlich unerheblich ist, ob die Vollmacht in einer solchen Situation erteilt worden ist. Lässt indes der Unternehmer einen Vertreter für sich handeln, so besteht ein Widerrufsrecht, sobald der Vertrag mit dem Verbraucher in einer Haustürsituation abgeschlossen wurde. Für das Verbraucherkreditrecht hat der Gesetzgeber im Zuge der Reform des Schuldrechts auf die Rechtsprechung des BGH reagiert und mit der Einführung des § 492 Abs. 4 BGB dafür Sorge getragen, dass der durch § 492 Abs. 1 BGB intendierte Verbraucherschutz in Vertretungsfällen seit dem 1.1.2002 nicht leer läuft. Die Regelung des § 358 Abs. 1 BGB über verbundene Geschäfte erfasst auch den Beitritt zu einer Publikumsgesellschaft als Haustürgeschäft, wenn er mit einem Finanzierungsvertrag i.S. des § 491 BGB verbunden ist. Durch den Widerruf entfällt nicht nur die Bindung an den Gesellschaftsbeitritt, sondern auch diejenige an den Verbraucherdarlehensvertrag. Beide Verträge sind gemäß § 357 BGB abzuwickeln. Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Verbraucherdarlehensvertrages dürfen dem Anleger nach § 358 Abs. 4 Satz 4 BGB nicht auferlegt werden. Der Ausgleich zwischen Geschäftsinhaber und Darlehensgeber richtet sich nach deren vertraglichen Abreden oder nach §§ 812 ff. BGB. Umgekehrt erstreckt sich der Widerruf des Verbraucherkreditvertrages auch auf die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrages, § 358 Abs. 2 BGB. Bei der Rückabwicklung tritt der Kreditgeber im Verhältnis zum Verbraucher in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem Abwicklungsverhältnis ein, § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB. Das Vorliegen eines verbundenen Geschäfts wirkt sich auch für den Fall aus, in dem der Anleger arglistig getäuscht worden ist. In diesem Fall ist der Anleger zur jederzeitigen fristlosen Kündigung der stillen Beteiligung berechtigt und kann dem Darlehensrückzahlungsanspruch der finanzierenden Bank den gegen den Geschäftsinhaber zustehenden Abfindungsanspruch entgegenhalten, § 359 Satz 1 BGB. In der Regel kann bei einem verbundenen Geschäft der Anleger jedoch auch den Darlehensvertrag selbst wegen arglistiger Täuschung anfechten oder einen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss gegen die Bank geltend machen, wenn bei der Vermittlung des Gesellschafts- und Darlehensvertrag dieselbe Person aufgetreten ist. Sofern sich die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft AG & Still an ein breites Anlagepublikum wenden will, also eine Vielzahl von Vertragsschlüssen angestrebt wird, erweist sich die Notwendigkeit der Zustimmung der Hauptversammlung zu jedem einzelnen Vertragsschluss nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG i.V.m. § 293 Abs. 1 AktG und die Eintragung in das Handelsregister nach § 294 AktG als eine praktische Hürde. Zum Zweck der Mediatisierung der Zustimmungs-, Informations- und Kontrollrechte werden Verbandsorgane geschaffen, z.B. Gesellschafterversammlung und Beirat. Bei einer mehrgliedrigen stillen Publikumsgesellschaft können die Informations- und Kontrollrechte entgegen der Auffassung des BGH im Wege der actio pro socio gegen den Inhaber geltend gemacht werden. Der Geschäftsinhaber sowie die Initiatoren des Kapitalanlagemodells haften gemäß § 276 BGB für jedes Verschulden, weil es an dem

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Die stille Publikumsgesellschaft | Rz. 18.174 § 18

in § 708 BGB vorausgesetzten Vertrauensverhältnis fehlt. Gleiches gilt für die Mitglieder des Überwachungsorgans bei der Erfüllung ihrer Pflichten. Eine stille Publikumsgesellschaft auf fehlerhafter Vertragsgrundlage verdient aufgrund der hinreichenden organisatorischen Elemente der Verbandsstruktur Bestandsschutz gegen Nichtigkeitsfolgen. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft sind auf sie anzuwenden. Bei einer mehrgliedrigen Publikumsgesellschaft muss zwischen dem Ausscheiden des stillen Gesellschafters und der Abwicklung des Gesellschaftsverhältnisses unterschieden werden. Der Anleger einer kapitalistischen Publikumsgesellschaft scheidet nach dem Grundgedanken des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB aus dem Verband aus, wenn über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Auch eine Insolvenz des Geschäftsinhabers führt grundsätzlich zu einer Auflösung der Gesellschaft mit anschließender „Innenliquidation“. Der stille Gesellschafter kann auch nach Kündigung oder Eintritt der Geschäftsinhaberin in das Liquidationsstadium in vollem Umfang verpflichtet sein, seine übernommene Einlage zu entrichten, wenn sie nach den getroffenen Vereinbarungen Eigenkapitalfunktion hat. Anlegerschutz gewähren die spezialgesetzliche Prospekthaftung im VermAnlG (§§ 20 ff. VermAnlG) und KAGB (§§ 306, 307 KAGB) sowie aufsichtsrechtliche Schranken.

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§ 19 Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft Schrifttum: Anzinger, Heribert M., Bilanzierung und Betriebsausgabenabzug bei Genussrechten und stillen Beteiligungen, RdF 2018, 64; Droscha, Anatol/Holle, Florian, Zinsabzug aus typisch stillen Beteiligungen (und Genussrechten), FR 2019, 6; Feyerabend, Hans-Jürgen, Typisch stille Beteiligungen bei Kreditinstituten und das Abzugsverbot des § 8 Abs. 3 S. 2, 2. Alt. KStG, RdF 2019, 49; Häuselmann, Holger, Hybride Finanzinstrumente, 2019; Hageböke, Jens, Anwendung von § 5 Abs. 2a EStG auf „gehärtete“ typisch stille Beteiligungen nach Art. 52 CRR?, RdF 2013, 304; Haisch, Martin/Renner, Daniel, Auswirkungen von Basel III auf hybride Instrumente in der Handels- und Steuerbilanz, DB 2012, 135; Meurer, Ingetraut, Eigenkapital und Fremdkapital in der stillen Gesellschaft am Beispiel von Kreditinstituten, RdF 2018, 72; Rennings, Peter, Steuerliche Behandlung von Finanzinstrumenten des zusätzlichen Kernkapitals nach Art. 51 ff. CRR, RdF 2014, 221; Schäfer, Frank, Eigenkapital im Bankaufsichtsrecht und Basel III, ZHR 175 (2011), 319; Schmid, Hubert/Bielinis, Andrius, Die Anpassung stiller Beteiligungen der Banken an die Vorgaben von CRD IV, FR 2013, 581; SchulteMattler, Hermann/Manns, Thorsten, CRD-IV-Regulierungspaket zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Bankensektors, WM 2011, 2069.

I. Einführung 19.1 Kreditinstitute müssen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern über angemessene Eigenmittel verfügen. Bankaufsichtsrechtlich sind neben dem gezeichneten Kapital unter bestimmten Voraussetzungen auch hybride Instrumente als Teil des sog. Kernkapitals (Tier 1-Capital) oder des sog. Ergänzungskapitals (Tier 2-Capital) zugelassen. Stille Beteiligungen waren in der bankaufsichtsrechtlichen Praxis in der Vergangenheit – und sind es mit Einschränkungen auch weiterhin – ein wichtiges Mittel, das regulatorische Eigenkapital der Banken zu stärken (vgl. § 10 KWG a.F.). 19.2 Als Reaktion auf die Finanzmarktkrise hat die EU die Eigenkapitalanforderungen für Kreditinstitute durch die in jedem EU-Mitgliedsstaat unmittelbar geltende Eigenmittel-Verordnung CRR (Capital Requirements Regulation) mit Wirkung ab dem Jahr 2014 neu geregelt. Grundsätzlich ist es möglich, stille Beteiligungen so auszugestalten, dass sie die neuen, strengeren Anforderungen der CRR an sog. hartes Kernkapital oder sog. zusätzliches Kernkapital erfüllen. Allerdings knüpft die CRR (anders als § 10 KWG a.F.) nicht mehr an die Rechtsform der stillen Gesellschaft an, so dass hybrides Kernkapital ab 2014 typischerweise als Inhaberschuldverschreibung begeben wird und nicht mehr in der Rechtsform der stillen Einlage1.

1 Vgl. Musterbedingungen AT1-Instrumente Typ A und Typ B des Bundesverbandes deutscher Banken e.V. v. 20.2.2014. Die Einhaltung dieser Musterbedingungen ist auch für die steuerliche Anerkennung entscheidend, vgl. Rz. 19.21 ff.

548 | Teufel

Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft | Rz. 19.5 § 19

Stillen Einlagen, die vor 2012 begeben wurden und nach alter Rechtslage aufsichtsrechtlich als Eigenmittel gelten, gewährt die CRR während einer Übergangszeit bis Ende 2021 Bestandsschutz. Kapitalinstrumente, die bis zum 31.12.2011 als Eigenmittel nach § 10 KWG a.F. gelten und ab 2014 nicht mehr als Eigenmittel nach der CRR anzusehen sind, können mit einem jährlich abschmelzenden Betrag weiterhin angesetzt werden (Art. 484 ff. CRR i.V.m. § 31 SolvV). Bemessungsgrundlage ist i.d.R. der ausstehende Nominalbetrag zum 31.12.2012. Unter diese Altbestandsregelung fallen insbesondere Einlagen stiller Gesellschafter. In 2013 sind 90 %, in 2014 80 %, in 2015 70 %, in 2016 60 %, in 2017 50 %, in 2018 40 %, in 2019 30 %, in 2020 20 % und in 2021 10 % des Nominalbetrags der Altinstrumente als Eigenmittel ansetzbar.

19.3

II. Vor 2012 begebene stille Beteiligungen während der Übergangszeit bis Ende 2021 1. Qualifikation als Kernkapital nach KWG a.F. Nach § 10 Abs. 4 KWG in der bis Ende 2010 geltenden Fassung waren neben den allgemeinen handelsrechtlichen Anforderungen an das Vorliegen einer stillen Gesellschaft gemäß §§ 230 ff. HGB folgende Merkmale erforderlich, damit eine stille Gesellschaft als bankaufsichtsrechtliches Kernkapital ohne Begrenzung der Höhe nach anerkannt werden konnte:

19.4

– Laufzeit von mindestens fünf Jahren, wobei ein etwaiger Rückzahlungsanspruch erst in zwei Jahren fällig sein durfte. – Kündigungsmöglichkeit durch das Kreditinstitut, wobei die Kündigungsfrist grundsätzlich mindestens zwei Jahre betragen musste. – Verlustteilnahme in voller Höhe und Berechtigung des emittierenden Instituts, im Verlustfall Zinszahlungen aufzuschieben. – Nachrang hinter allen Gläubigern des Instituts in der Liquidation und Insolvenz. Der Beteiligungsvertrag durfte keine Besserungsabreden enthalten, so dass eine Auffüllung von Verlusten durch Gewinne außerhalb eines gesetzlich vorgesehenen Vierjahreszeitraums nicht möglich war. Eine vorzeitige Rückzahlung durfte nur erfolgen, wenn die Aufsichtsbehörde dieser zustimmte oder das getilgte Kapital durch die Einzahlung zumindest gleichwertigen Kapitals ersetzt wurde. Ferner musste ein schriftlicher Hinweis bei Begründung der stillen Gesellschaft auf die Rechtsfolgen von § 10 Abs. 4 Satz 2 und 3 KWG in der bis Ende 2010 geltenden Fassung vorgenommen werden. Dieser Hinweis sollte dazu dienen, die Investoren ausdrücklich auf die der stillen Gesellschaft innewohnenden Verlustabsorptionsmechanismen hinzuweisen. Unter den vorstehenden Voraussetzungen war eine unbegrenzte Anrechnung als bankaufsichtsrechtliches Kernkapital möglich.

Teufel | 549

19.5

§ 19 Rz. 19.6 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

19.6 Im Zeitraum 2011-2013 galt eine angepasste Fassung des § 10 KWG, die europarechtlichen Vorgaben entsprechend2 einem stärker prinzipienorientierten Ansatz bezüglich der Ausgestaltung der Eigenmittel folgte. Stille Beteiligungen konnten (i) einerseits als sog. anderes Kapital gemäß § 10 Abs. 2a Satz 1 Nr. 8 KWG, das unbeschränkt als Kernkapital anrechnungsfähig war, eingesetzt werden, und (ii) andererseits als sonstiges Kapital gemäß § 10 Abs. 2a Satz 1 Nr. 10, Abs. 4 KWG, das im Rahmen enger Anrechnungsgrenzen nach § 10 Abs. 2 S. 3-5 KWG berücksichtigt werden konnte. Die Regelungen galten insgesamt nur drei Jahre, da sie zum 1.1.2014 durch die CRD IV ersetzt wurden. 19.7 Für international tätige Institute bestehende ergänzende Regelungen wurden zwar nicht in die nationalen gesetzlichen Regelungen des § 10 Abs. 4 KWG a.F. übernommen, hatten jedoch große praktische Bedeutung. Nach der sog. Baseler Eigenkapitalübereinkunft vom Juli 1988 (Basel I) rechneten zum begrenzt anrechenbaren hybriden Kernkapital auch innovative Kapitalinstrumente – wie z.B. stille Beteiligungen –, wenn sie über die in Rz. 19.4 genannten Anforderungen hinaus insbesondere folgende Merkmale erfüllten: – Das Kapital darf keinen nachzahlbaren Gewinnanspruch gewähren (non-cumulative). – Das Kapital muss permanent zur Verfügung stehen (perpetual).

19.8 Eine Vielzahl der von international tätigen deutschen Kreditinstituten in der Vergangenheit ausgegebenen stillen Einlagen erfüllt die vorstehend genannten Anforderungen der Baseler Eigenkapitalübereinkunft. Diese stillen Einlagen sind insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass sie zwar keine rechtlich zwingend festgelegte Laufzeit haben, ihre Laufzeit aber wirtschaftlich durch einen Tilgungsanreiz begrenzt war, z.B. aufgrund von Kündigungsrechten kombiniert mit der Erhöhung des Zinssatzes zu einem Kündigungszeitpunkt. Die aufsichtsrechtliche Anrechnungsgrenze für hybride Instrumente mit einer solchen „step up“-Klausel als Tier 1-Capital lag bei 15 %. 2. Qualifikation als Ergänzungskapital nach KWG a.F.

19.9 Sofern die vorstehend beschriebenen Voraussetzungen für Kernkapital aufgrund der jeweiligen Merkmale der stillen Gesellschaft nicht erfüllt wurden, kam die Berücksichtigung als Ergänzungskapital nach § 10 Abs. 5 KWG a.F. in Betracht. Dabei wurde die stille Gesellschaft rein aufsichtsrechtlich als Genussrechtskapital klassifiziert und konnte bei Vorliegen der an dieses Kapitalinstrument gestellten Anforderungen im Rahmen der anwendbaren Quoten angerechnet werden. 3. Steuerliche Anmerkungen

19.10 Aufsichtsrechtlich ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob die stille Gesellschaft als typisch oder atypisch stille Gesellschaft ausgestaltet war, sofern nur die spezifischen

2 RL 2009/111/EG, ABl. EU Nr. L 302 v. 17.11.2009, 97.

550 | Teufel

Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft | Rz. 19.13 § 19

aufsichtsrechtlichen Anforderungen erfüllt wurden. Im Regelfall wurde aus steuerlichen Gründen die Form der typisch stillen Gesellschaft gewählt. Der Einordnung einer typisch stillen Beteiligung als steuerliches Fremdkapital steht die aufsichtsrechtliche Anerkennung als Kernkapital nicht entgegen. Eine andere Frage ist, wie sich der handelsbilanzielle Ausweis der stillen Einlage im gezeichneten Kapital steuerlich auswirkt. Nach § 25 RechKredV sind im Unterposten Buchst. a) zum Passivposten Nr. 12 „Eigenkapital“ als „Gezeichnetes Kapital“ alle Beträge auszuweisen, die aufsichtsrechtlich entsprechend der Rechtsform des Instituts als von den Gesellschaftern gezeichnete Eigenkapitalbeträge gelten. Auch Einlagen stiller Gesellschafter sind nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 RechKredV in diesen Posten einzubeziehen und werden daher handelsbilanziell als Eigenkapital ausgewiesen.

19.11

In der Praxis der Bankenbesteuerung war seit langem anerkannt, dass es sich bei den aufsichtsrechtlich als Kernkapital anerkannten und handelsbilanziell als Eigenkapital auszuweisenden stillen Beteiligungen steuerbilanziell um Fremdkapital handelt, sofern diese nach den hergebrachten steuerlichen Grundsätzen als typisch stille Beteiligungen ausgestaltet wurden – d.h. bei den Kreditinstituten als Geschäftsherrn stellen die Zahlungen der Gewinnanteile an den typisch-stillen Gesellschafter ungeachtet des handelsrechtlichen Ausweises im Eigenkapital abziehbare Betriebsausgaben dar3.

19.12

Infolge einer Verfügung der OFD Nordrhein-Westfalen vom 12.5.20164 war in steuerlichen Betriebsprüfungen zumindest vorübergehend umstritten, ob der handelsrechtliche Ausweis als Eigenkapital dazu führt, dass gewinnabhängige Ausschüttungen, die die Kreditinstitute an die typisch stillen Gesellschafter leisten, steuerlich gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG als nicht abzugsfähig zu behandeln sind. In der Verfügung vom 12.5.2006 vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass (Genussrechts-)Kapital, das in der Handelsbilanz des Emittenten als Eigenkapital behandelt wird, auch in der Steuerbilanz als Eigenkapital auszuweisen sein soll. Ausschüttungen auf dieses steuerliche Eigenkapital sollten nach den allgemeinen Einkommensverwendungsregelungen gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG steuerlich nicht abzugsfähig sein – d.h. unabhängig davon, ob die Instrumente kumulativ eine Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 KStG vermittelten. Dies wurde damit begründet, dass (Genussrechts-)Kapital, das schon in der Handelsbilanz nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung keine Verbindlichkeit darstellt, auch in der Steuerbilanz nicht als Verbindlichkeit ausgewiesen werden dürfe. Die OFD-Verfügung vom 12.5.2016 betrifft unmittelbar zwar nur Genussrechte. Da sich Genussrechte und stille Beteiligungen stark ähneln und sich i.W. nur durch den gemeinsamen Zweck zum Betrieb eines Handelsgewerbes unterscheiden, wird im Schrifttum vereinzelt vertreten, Genussrechte und stille Beteiligungen seien steuerlich im Zweifel gleich zu behandeln5. In der Folge wurde die in Rz. 19.12 beschriebene, seit langem anerkannte steuer-

19.13

3 OFD Kiel v. 6.11.2000, FR 2001, 43. 4 DB 2016, 1407. 5 Anzinger, RdF 2018, 64; a.A. bspw. Meurer, RdF 2018, 72; Droscha/Holle, FR 2019, 6.

Teufel | 551

§ 19 Rz. 19.13 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

liche Abzugsfähigkeit der Gewinnausschüttungen an typisch stille Gesellschafter in Zweifel gezogen6.

19.14 Richtigerweise ändert der – der aufsichtsrechtlichen Einordnung als Kernkapital geschuldete – handelsrechtliche Ausweis jedoch nichts daran, dass stille Einlagen steuerlich kein Eigenkapital, sondern Schuldposten sind, sofern sie als typisch stille Einlagen ausgestaltet sind. Insbesondere handelt es sich bei § 25 RechKredV lediglich um eine Ausweisvorschrift, die nicht zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung gehört und für die dementsprechend auch nicht der Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG gilt7. Die Abteilungsleiter (Steuern) von Bund und Ländern haben daher im Mai 2018 zutreffend beschlossen, dass (1.) Genussrechtskapital nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG in der Steuerbilanz als Verbindlichkeit anzusetzen ist und (2.) Vergütungen auf diese Instrumente vorbehaltlich des (bei typisch stillen Beteiligungen u.E. ohnehin nicht einschlägigen) § 8 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 KStG grundsätzlich als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. In der Folge hat die OFD Nordrhein-Westfalen ihre gegenteilige Verlautbarung vom 12.5.2016 mit Verfügung vom 19.7.20188 aufgehoben. Die vorübergehend bestehende Rechtsunsicherheit, die sich insbesondere im Rahmen von steuerlichen Betriebsprüfungen auswirkte, dürfte damit zumindest bis auf Weiteres beseitigt worden sein. Auch wenn die Gewinnanteile des typisch-stillen Gesellschafters körperschaftsteuerlich abziehbare Betriebsausgaben darstellen, so sind diese Gewinnanteile gewerbesteuerlich nur zu 75 % abziehbar (§ 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG); durch das sog. Bankenprivileg des § 19 GewStDV ändert sich daran nichts.

III. Ab dem 1.1.2014 emittierte hybride Instrumente 19.15 Durch die Umsetzung der in jedem EU-Mitgliedsstaat unmittelbar geltenden Eigenmittel-Verordnung CRR kam es zu erheblichen Änderungen, die den aufsichtsrechtlichen Sonderstatus der stillen Einlage beendet haben. Ab dem 1.1.2014 gibt es drei Kapitalbestandteile, und zwar hartes Kernkapital (CET 1)9, zusätzliches Kernkapital (AT 1)10 sowie Ergänzungskapital (Tier 2)11. § 10 KWG wurde auf drei Absätze reduziert, da alle relevanten Grundlagen der Bestimmung von Bankkapital weitestgehend in der CRR enthalten und damit unmittelbar geltendes Recht sind.

6 7 8 9 10 11

Kusch, NWB 2016, 1952. Vgl. Meurer, RdF 2018, 72 f. RdF 2018, 267. Vgl. Häuselmann, Hybride Finanzinstrumente, 2019, S. 229. Art. 26 ff. CRR. Art. 51 ff. CRR. Art. 62 ff. CRR.

552 | Teufel

Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft | Rz. 19.17 § 19

1. Hartes Kernkapital a) Aufsichtsrechtliche Einordnung Nach der CRR müssen eine Reihe von Anforderungen erfüllt werden, damit ein Instrument als hartes Kernkapital qualifiziert werden kann. Die wichtigsten können wie folgt zusammengefasst werden:

19.16

– Das Instrument muss unmittelbar von dem Institut mit Zustimmung dessen Anteilseigner emittiert worden sein (Art. 28 Abs. 1 (a) CRR). – Das Instrument muss nach Art. 22 der RL über den Jahresabschluss von Banken 86/635/EWG (sog. BankbilanzRL) gezeichnetes Kapital sein und nach dem anwendbaren Rechnungslegungsstandard und für Zwecke des nationalen Insolvenzrechtes als Eigenkapital gelten (Art. 28 Abs. 1 (c) CRR). – Das Kapitalinstrument muss unbefristet und grundsätzlich nur im Falle der Liquidation oder mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde zurückzuzahlen sein (Art. 28 Abs. 1 (e) und (f) CRR). – Das Kapitalinstrument muss eine Gewinnbeteiligung gewähren, die nur aus ausschüttbaren Gewinnen ohne jeden Vorzug zu leisten ist. Sämtliche Ausschüttungen müssen im ausschließlichen Ermessen des Emittenten stehen (Art. 28 Abs. 1 (h) CRR). – Das Instrument absorbiert Verluste zuerst und überproportional; alle Instrumente des harten Kernkapitals absorbieren Verluste untereinander zu gleichen Teilen (Art. 28 Abs. 1 (i) CRR). – Das Instrument muss eine proportionale Beteiligung am Liquidationserlös vermitteln (Art. 28 Abs. 1 (k) CRR). Leitbild dieser Vorgaben ist die Stammaktie einer AG bzw. vergleichbare Eigenkapitalteile von Kreditinstituten anderer Rechtsform. Es ist daher fraglich, ob stille Beteiligungen überhaupt noch als Instrumente des harten Kernkapitals in Betracht kommen. Die Anerkennung als hartes Kernkapital würde insbesondere voraussetzen, dass stille Beteiligungen als „gezeichnetes Kapital“ angesehen werden können und nach dem anwendbaren Rechnungslegungsstandard als Eigenkapital gelten. Mit Blick auf § 25 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 RechKredV, der vom Gesetzgeber unverändert gelassen wurde und demzufolge Einlagen stiller Gesellschafter in den Posten gezeichnetes Kapital einzubeziehen sind, könnten diese Voraussetzungen zu bejahen sein12. Darüber hinaus steht dem stillen Gesellschafter ein unabdingbares Recht auf eine periodenbezogene Gewinnbeteiligung zu (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB). Dieses Erfordernis steht im Spannungsverhältnis zur Vorgabe der CRR, wonach Ausschüttungen im ausschließlichen Ermessen des Emittenten stehen müssen. Gemäß Art. 26 Abs. 3 CRR führt die EBA ein (im Internet veröffentlichtes Verzeichnis) sämtlicher Arten von Kapitalinstrumenten in jedem Mitgliedstaat, die als Instrumente des harten Kernkapitals akzeptiert werden. Ausweislich der Version vom 12 Kritisch Häuselmann, Hybride Finanzinstrumente, 2019, S. 29 m.w.N.

Teufel | 553

19.17

§ 19 Rz. 19.17 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

22.7.2019 können stille Beteiligungen in Deutschland als hartes Kernkapital anerkannt werden, sofern sie ergänzend zu Stammkapital bzw. Grundkapital emittiert werden13. b) Steuerliche Anmerkungen

19.18 Steuerlich stellt sich die Frage, ob aufsichtsrechtlich zum harten Kernkapital gehörende stille Beteiligungen Fremdkapital sein können, so dass Ausschüttungen steuerlich als abzugsfähige Betriebsausgabe einzuordnen sind. Der handelsrechtliche Ausweis als Eigenkapital steht der steuerlichen Abzugsfähigkeit nicht notwendigerweise entgegen. Die zwischenzeitlich von der OFD Nordrhein-Westfalen vertretene Auffassung wurde 2018 ausdrücklich wieder aufgegeben (vgl. ausführlich Rz. 19.13 f.). Allerdings setzt die Anerkennung als hartes Kernkapital gemäß Art. 28 Abs. 1 (k) CRR grundsätzlich voraus, dass das Instrument eine Beteiligung am Liquidationserlös vermittelt. Durch die Beteiligung an den stillen Reserven dürfte steuerlich i.d.R. eine atypisch stille Beteiligung vorliegen, so dass Ausschüttungen steuerlich letztlich nicht abzugsfähig sind. Eine Ausnahme von dem Erfordernis, dass das Instrument des harten Kernkapitals eine Beteiligung am Liquidationserlös vermitteln muss, gilt insbesondere für Sparkassen und Genossenschaften (vgl. Art. 28 Abs. 1 (k) CRR). Bei diesen Instituten ist daher hartes Kernkapital in der Form typisch stiller Beteiligungen mit steuerlich abzugsfähigen Ausschüttungen grundsätzlich denkbar. 2. Zusätzliches Kernkapital a) Aufsichtsrechtliche Einordnung

19.19 Die Qualifikation als zusätzliches Kernkapital (AT 1) unterliegt ähnlich hohen Ansprüchen wie die Qualifikation als hartes Kernkapital (CET 1), auch wenn bezüglich der Dauerhaftigkeit der Kapitalüberlassung Abstriche gemacht werden. Im Wesentlichen verlangt die CRR Folgendes: – Die Laufzeit des Instruments darf nicht befristet sein (Art. 52 Abs. 1 (g) CRR). – Kündigungs-, Rückkaufs- oder Einziehungsrechte dürfen vereinbart werden, aber nur zugunsten des Emittenten (Art. 52 Abs. 1 (h) CRR). Dem Investor darf dementsprechend kein Kündigungsrecht eingeräumt werden. Kündigung, Rückkauf oder Einziehung sind frühestens fünf Jahre nach der Begebung des Instruments und nur mit Zustimmung der nationalen Aufsichtsbehörde möglich (Art. 52 Abs. 1 (i) CRR). – Es dürfen keinerlei – auch nicht moderate – Anreize zur Kündigung, Rückkauf oder Einziehung durch das Institut bestehen (Art. 52 Abs. 1 (g) CRR). – Ausschüttungen dürfen nur aus ausschüttbaren Bilanzpositionen erfolgen und müssen im freien Ermessen des Instituts stehen. Ausschüttungen dürfen nicht

13 Zustimmend bspw. Bornemann in Beck/Samm/Kokemoor, Kreditwesengesetz mit CRR, CRR-Erläuterungen, Rz. 162.

554 | Teufel

Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft | Rz. 19.23 § 19

kumulativ sein, d.h. es darf keinerlei Verpflichtung zu einer Nachzahlung geben (Art. 52 Abs. 1 (l) CRR). – Schließlich muss das Instrument im Fall des Eintritts bestimmter regulatorischer Vorfälle (insbesondere Absinken der Kernkapitalquote unter 5,125 % oder eine andere im Einklang mit Art. 92 CRR definierte Schwelle) entweder (i) abgeschrieben oder (ii) in CET 1 gemäß Art. 26 CRR gewandelt werden (Art. 52 Abs. 1 (n), 54 CRR). Der nationale Gesetzgeber hat aktienrechtlich zwischenzeitlich durch Erweiterung des § 221 AktG die Voraussetzungen für entsprechende Zwangswandlungen geschaffen. Unabhängig davon haben inländische Kreditinstitute bei den am Kapitalmarkt notierten AT1-Anleihen bislang ausschließlich Herabschreibungsanleihen emittiert. Anders als hartes Kernkapital muss zusätzliches Kernkapital nicht unmittelbar vom Kreditinstitut begeben werden und auch nicht zwingend als Eigenkapital nach dem jeweils anzuwendenden Rechnungslegungsstandard zu klassifizieren sein. Des Weiteren ist eine Beteiligung am Liquidationserlös oder den stillen Reserven des Instituts nicht erforderlich. Bei entsprechender Ausgestaltung können stille Gesellschaften diese Anforderungen erfüllen; i.d.R. dürfte jedoch die auch von den BdB-Musterbedingungen vorgesehene Ausgestaltung als Inhaberschuldverschreibung vorzugswürdig sein.

19.20

b) Steuerliche Anmerkungen Bei den Instrumenten des zusätzlichen Kernkapitals, die ohne die rechtliche Verpflichtung des Emittenten zur Rückzahlung und zur Vornahme von Zins- oder Dividendenzahlungen ausgestattet sein müssen (und erst recht beim harten Kernkapital), stellt sich die Frage, ob diese Kapitalinstrumente handels- und steuerbilanziell als Fremdkapital anzusehen sind.

19.21

Die handelsrechtliche Praxis orientiert sich insofern an dem Kriterienkatalog der Stellungnahme des Hauptfachausschusses des IDW zur Behandlung von Genussrechten im Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften aus dem Jahr 1994 (Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung, Nachrangigkeit, Erfolgsabhängigkeit der Vergütung sowie Teilnahme am Verlust bis zur vollen Höhe)14. Bei den Instrumenten des zusätzlichen Kernkapitals ist das Auslöseereignis für eine Herabschreibung bzw. Wandelung der Anleihe an das Herabsinken der aufsichtsrechtlichen Kernkapitalquote und nicht etwa an einen Jahresfehlbetrag geknüpft; es fehlt mithin an einer Verlustbeteiligung, so dass insofern handelsrechtliches Fremdkapital vorliegt15.

19.22

Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals sind auch steuerlich als Fremdkapital einzuordnen. Zwar haben die Instrumente „formal“ eine unendliche Laufzeit und der Emittent hat das Recht, die Kuponzahlungen entfallen zu lassen. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der Kapitalmarkt mit den Instrumenten des zusätzlichen Kernkapitals entsprechende Rückzahlungs- und Ausschüttungserwartungen

19.23

14 IDW St/HFA 1/1994, Wpg 1994, 419. 15 BFA-Sitzungsbericht v. 22.12.2012, Tz. I.1.1.

Teufel | 555

§ 19 Rz. 19.23 | Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht

verbindet, zumal der Emittent (i.d.R. frühestens nach fünf Jahren) ein Kündigungsrecht hat. Daher liegt eine wirtschaftliche Belastung des Emittenten i.H. des Nominalbetrags vor, es sei denn, nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag sind konkrete Anhaltspunkte dafür gegeben, dass eine Rückzahlung nicht wahrscheinlich ist.

19.24 Ausschüttungen auf Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals sind daher bei den Emittenten als grundsätzlich abzugsfähige Betriebsausgaben zu behandeln. Dies gilt unabhängig davon, ob es bei einem aufsichtsrechtlich kritischen Absinken der Kernkapitalquote zu einer Herabschreibung des Nominalbetrags oder zu einer (Zwangs-) Wandlung in Kernkapital kommt. Sofern es sich (was in der Praxis bislang der Regelfall ist) um Inhaberschuldverschreibungen und nicht um stille Beteiligungen handelt, sind die Ausschüttungen auch gewerbesteuerlich grundsätzlich voll abzugsfähig (§ 19 GewStDV). Dieser Sichtweise hat sich die Finanzverwaltung in einem Schreiben an die Bankenverbände vom 10.4.2014 angeschlossen, wobei für die steuerliche Anerkennung entscheidend ist, dass die emittierten Instrumente keine von den BdB-Musterbedingungen für zusätzliches Kernkapital abweichenden Vertragsgestaltungen enthalten16. In der Praxis empfiehlt es sich, die steuerliche Anerkennung durch einen Antrag auf verbindliche Auskunft abzusichern. Aus steuerlicher Sicht dürfte die Ausgestaltung des zusätzlichen Kernkapitals als Inhaberschuldverschreibung statt als stille Beteiligung in der Regel – insbesondere mit Blick auf die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungsregelungen sowie die Vorschriften zur beschränkten Steuerpflicht ausländischer stiller Gesellschafter und die damit verbundene Abgeltungswirkung der vom Kreditinstitut einzubehaltenden Kapitalertragsteuer – vorzugswürdig sein. 3. Ergänzungskapital

19.25 Als Ergänzungskapital qualifizieren in erster Linie Nachranginstrumente mit einer Mindestlaufzeit von fünf Jahren (vgl. Art. 61 ff. CRR). Steuerlich handelt es sich um Fremdkapital.

IV. Zusammenfassung 19.26 Bankaufsichtsrechtlich haben stille Beteiligungen nach wie vor eine große praktische Bedeutung. Bis zur Umsetzung der CRR wurden Eigenmittel neben dem gezeichneten Kapital auch als stille Einlage zugelassen. Die CRR hat sich von diesem Formerfordernis gelöst und verfolgt einen stärker prinzipienorientierten Ansatz. Neuemissionen werden mittlerweile typischerweise als Inhaberschuldverschreibung und nicht mehr als stille Einlage begeben. Während einer Übergangszeit bis Ende 2021 sind in

16 Ausführlich hierzu Rennings, RdF 2014, 221; Häuselmann, Hybride Finanzinstrumente, 2019, S. 352.

556 | Teufel

Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft | Rz. 19.26 § 19

der Vergangenheit ausgegebene stille Einlagen jedoch weiterhin ein wichtiges Mittel, das regulatorische Eigenkapital der Banken zu stärken. Während hybrides Kernkapital nach dem KWG a.F. lediglich eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren erforderte, müssen Instrumente des harten und des zusätzlichen Kernkapitals nach der CRR grundsätzlich unbefristet zur Verfügung stehen. Ergänzend hierzu stehen Ausschüttungen bei Instrumenten des zusätzlichen Kernkapitals im freien Ermessen des Instituts. Zur Verlustabsorption unterliegt zusätzliches Kernkapital bei Eintritt eines Auslöseereignisses zudem der Herabschreibung oder Umwandlung. Steuerlich wurde hybrides Kernkapital von Kreditinstituten vor 2014 regelmäßig in der Form der typisch stillen Beteiligung begeben. Steuerbilanziell sind typisch stille Beteiligungen ungeachtet der bankaufsichtsrechtlichen Anerkennung als Eigenmittel und des handelsrechtlichen Ausweises im gezeichneten Kapital als Fremdkapital einzuordnen. Zahlungen auf den Gewinnanteil sind als Betriebsausgaben voll abzugsfähig. Für Zwecke der Gewerbesteuer gilt die unbeschränkte Abzugsfähigkeit regelmäßig nur für Inhaberschuldverschreibungen nach der CRR, Gewinnanteile des stillen Gesellschafters unterliegen zu 25 % der Hinzurechnung.

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II. Teil: Die Besteuerung der stillen Gesellschaft § 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft Schrifttum: Biber, Renate, Kapitalersetzende „typische“ stille Beteiligung eines Gesellschafters an seiner unterkapitalisierten GmbH-Qualifizierung als Mitunternehmerschaft, DStR 1984, 424; Blaurock, Uwe, Die GmbH & Still im Steuerrecht, BB 1992, 1969; Braun, Rainer, Kein Mitunternehmerrisiko bei fehlender Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters, EFG 2004, 405; Bodden, Guido, Die atypisch stille Gesellschaft im Einkommensteuerrecht, kösdi 2019, 21282; Brockmann, Kai/Hörster, Ralf, Jahressteuergesetz 2008, NWB Fach 2, S. 9657; Cisz/Krane, Die Besteuerung von Einkünften aus typisch stillen Gesellschaften unter der Abgeltungssteuer, DStR 2010, 2226; Costede, Jürgen, Steuerrechtsfragen der GmbH & Still, StuW 1983, 308; Costede, Jürgen, Die stille Gesellschaft – Überlegungen aus handelsrechtlicher, steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht, Steuerberater-Kongress-Report 1987, 239; Crezelius, Georg, Vom Missbrauch zum Misstrauen: Zur geplanten Änderung des § 42 AO, DB 2007, 1428; Ehlers, Ernst-August, Verdeckte Mitunternehmerschaft, AktStR 1998, 67; Fischer, Peter, „Faktisches“, „Verdecktes“ und die subjektive Zurechnung von Einkünften – Zum Urteil des BFH vom 16.12.1997 – VIII R 32/90, FR 1998, 659, FR 1998, 813; Groh, Manfred, Die atypische stille Gesellschaft als fiktive Gesamthandsgesellschaft, in Festschrift für Heinrich Kruse zum 70. Geburtstag, 2001, S. 417; Gschwendtner, Hubertus, Die atypisch stille Gesellschaft als beschränkt rechtsfähiges Steuerrechtssubjekt im Einkommensteuerrecht – Zugleich eine Besprechung des BFH-Urteils vom 26.11.1996, VIII R 42/91, DStZ 1998, 335; Häger, Michael, Forderungsverzicht gegenüber Beteiligungen im Lichte des Steuersenkungsgesetzes – Stille Beteiligung als alternatives Finanzierungselement, GStB 2001, 239; Häuselmann, Holger, Steuerliche Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 8.11.2007, BB 2008, 20; Hey, Johanna, Gestaltungsmissbrauch im Steuerrecht nach der Neufassung des § 42 AO und dem dazu ergangenen BMF-Erlass, BB 2009, 1044; Hey, Johanna, Grenzen steuerlicher Gestaltungsfreiheit – Verhältnis des § 42 AO zu speziellen Missbrauchsvorschriften, Beihefter zu DStR 3/2014, S. 8; Hinder, Jens-Uwe/Bleschke, Christian, Steuerliche Behandlung der typisch und atypisch stillen Gesellschaft, StuB 2004, 621; Hoffmann, Wolf-Dieter, Verlusttransfer durch die stille Gesellschaft, GmbH-StB 2012, 322; Hoffmann, Wolf-Dieter, Verluste des still beteiligten Arbeitnehmer-Geschäftsführers, GmbH-StB 2011, 287; Horn, Wilhelm, Abgrenzung des stillen Gesellschafters von der Stellung des atypisch stillen Gesellschafters, insbesondere aufgrund der Ausweitung der Informations- sowie Kontrollrechte gemäß § 716 BGB, GmbHR 2000, 711; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Die steuerliche atypische stille Beteiligung an der GmbH, GmbHR 1994, 147; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Mitunternehmerische Betätigung und Beteiligung bei der GmbH & atypisch Still, GmbHR 1995, 816; Jakob, Wolfgang, Die Mitunternehmerschaft in der Form der so genannten atypisch stillen Gesellschaft, BB 1986, 1615; Kaminski, Bert, Aktuelle steuerliche Überlegungen zur Finanzierung von mittelständischen Unternehmen, Stbg 2010, 433; Kessler, Wolfgang/Teufel, Tobias, Gesellschafterfremdfinanzierung nach der Unternehmenssteuerreform, DB 2001, 1955; Kleine, Klaus, Typische oder atypische Gesellschaft zwischen herrschender und beherrschter Kapitalgesellschaft?, JbFfSt 1994/ 1995, 148; Korn, Christian, Der stille Gesellschafter in Handels- und Steuerbilanz, SteuK 2011, 428; Kraft, Gerhard/Schreiber, Christoph, Die unterschiedliche Ausprägung von Mitunterneh-

Levedag | 559

§ 20 Rz. 20.1 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft merrisiko und Mitunternehmerinitiative, NWB 2016, 1492; Kulosa, Verträge zwischen nahen Angehörigen, DB 2014, 972 ff.; Kutsch/Kersting, Mitarbeiterbeteiligung zur Finanzierung und Sanierung, BB 2011, 373–382; Lienau, Alexander/Lotz, Thomas, Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen und die steuerlichen Konsequenzen, DStR 1991, 618; Levedag, Christian, Einnahmen aus Kapitalvermögen in Schneeballsystemen, NWB 2015, 914; Levedag, Christian, Ausgewählte ertragsteuerliche Entwicklungen bei der atypisch stillen Gesellschaft und (a)typisch stillen Unterbeteiligung, GmbHR 2019, 699; Luttermann, Claus, Anmerkung zum Urteil des BFH vom 1.8.1996, JZ 1998, 107; Mack, Alexandra/Wollweber, Markus, § 42 AO – Viel Lärm um nichts?, DStR 2008, 182; Middendorf/Engel, GmbH & typisch Still als steuerliches Gestaltungsinstrument unter der Abgeltungsteuer?, StuB 2010, 738; Milatz, Jürgen, Die typische stille Beteiligung an einem Nicht-Handelsgewerbe, DStZ 2006, 141; Moritz, Joachim, BFH konkretisiert Abgrenzungskriterien zwischen typisch und atypisch stiller Gesellschaft, GStB 2004, 261; Moritz, Joachim, Typisch stille und atypisch stille Gesellschaft, Aktuelles Steuerrecht 2004, 201; Peters, Franziska, Abzugsbeschränkungen für Verluste aus (typisch) stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, FR 2013, 718; Pinkernell, Reimar, Einkünftezurechnung bei Personengesellschaften, 2001; Ritzrow, Manfred, Innengesellschaft als Mitunternehmerschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, StBp 1999, 177 und 197; Rodewald, Jörg, Vom Einzelunternehmen in die GmbH & Co. KG – Überlegungen im Zusammenhang mit der verdeckten Mitunternehmerschaft, GmbHR 1997, 582; Ruban, Reinhild, Die atypische stille Gesellschaft im Ertragssteuerrecht – Tendenzen in der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, DStZ 1995, 637; Schmitt-Hohmann, Fabian, Abgeltungsteuer: Verlustanteil, Forderungsausfall, Bezugsrecht und Wertpapierleihe, BB 2010, 351; Schulze zur Wiesche, Dieter, Ist die typische GmbH & Still tot?, GmbHR 1991, 533; Schulze zur Wiesche, Dieter, Mitunternehmerschaft und Mitunternehmerstellung, DB 1997, 244; Schulze zur Wiesche, Dieter, Völlige Gleichstellung der atypisch stillen Gesellschaft mit der Personenhandelsgesellschaft?, DStZ 1998, 285; Schulze zur Wiesche, Dieter, Gestaltungen innerhalb von Mitunternehmerschaften – Begründung doppelstöckiger Mitunternehmerschaften durch atypisch stille Beteiligungen, DStZ 2014, 719; Schulze zur Wiesche, Dieter, GmbH & atypisch Still, DStZ 2019, 233; Sudhoff, Heinrich/Sudhoff, Martin, Stille Beteiligung an einer GmbH und die Umwandlung dieser Beteiligung, GmbHR 1984, 77; Troost, Jürgen, Die steuerliche Abgrenzung zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften, 1997; Wagner, Einlageverlust eines Arbeitnehmers aus typisch stiller Gesellschaft, EFG 2011, 1153; Walter, Wolfgang, Die atypisch stille Gesellschaft als Instrument der Verlustnutzung, GStB 2000, 50; Weber, Klaus, Ende der typisch stillen Gesellschaft bei beherrschendem Einfluss?, DB 1992, 546; Weber, Klaus, Die Bedeutung der Geschäftsführer-Tätigkeit für die Annahme einer atypischen GmbH & Still, GmbHR 1994, 144; Weigl, Gerald, Anwendungs- und Problemfelder, DStR 1999, 1568; Wichmann, Gerd, Gesellschafts-, handels- und steuerrechtliche Fragen zur GmbH & Still, DStZ 2014, 442; Winter, Willi, Die atypisch stille Beteiligung an der eigenen GmbH nach der Steuerreform, GStB 2001, 104; Worgulla, Niels, Stille Gesellschaften, partiarische Darlehen und Unterbeteiligungen, NWB 2010, 3182.

I. Die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften 20.1 Für die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften im Einzelfall gelten grundsätzlich die zivilrechtlichen Regeln, also insbesondere die §§ 230 ff. HGB. Streit um das Bestehen einer stillen Gesellschaft besteht in der Praxis oft in folgenden Fallkonstellationen:

560 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.3 § 20

– Vorliegen einer typisch stillen Beteiligung in Schneeballsystemen: Die steuerlichen Folgen eines Schneeballsystems auf Seiten der Anleger werden wesentlich davon bestimmt, welcher Besteuerungstatbestand erfüllt ist. In vielen Fällen ist der BFH bislang zur Annahme einer typischen stillen Beteiligung des Anlegers am Unternehmen des Schneeballsystembetreibers und damit zur Besteuerung „wiederangelegter“ Scheinrenditen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG gelangt. Entscheidend für die Einordnung eines Rechtsverhältnisses ist nach der ständigen Rechtsprechung1, was die Vertragsparteien wirtschaftlich gewollt haben und ob dieser Vertragswille dem objektiven Rechtsbild einer (stillen) Gesellschaft entspricht (siehe Rz. 20.40 ff.). Zum Zufluss von Scheinrenditen in Schneeballsystemen hat der BFH seine Rechtsprechung jüngst bestätigt2. – Streit um die Einkünftezurechnung bei atypisch stillen Familienpersonengesellschaften: Bei Familienpersonengesellschaften (Personengesellschaft & (a)typisch still; Kapitalgesellschaft & (a)typisch still) sind die Grundsätze zur steuerlichen Anerkennung von Vertragsverhältnissen unter nahen Angehörigen zu beachten, um zur Zurechnung von Einkünften und zum Betriebsausgabenabzug der an den typisch stillen Gesellschafter gezahlten Vergütungen zu gelangen3. Die besonderen Grundsätze zur Anerkennung von stillen Beteiligungen zwischen nahen Angehörigen beruhen darauf, dass Inhaber und stiller Gesellschafter bei der Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses, insbesondere hinsichtlich der Gewinn- und Verlustverteilung, keine entgegengesetzten Interessen verfolgen. Auf die hiermit verbundenen Probleme, die vor allem stille Gesellschaften unter Familienangehörigen sowie die GmbH & Still betreffen, wird gesondert in § 21 (Rz. 21.7 ff.) eingegangen. Es ist jeweils danach zu unterscheiden, ob von den Steuerpflichtigen (gewollte Einkünftezurechnung/Verlustzuweisung/Betriebsausgabenabzug) oder von der Finanzverwaltung das Bestehen einer (atypisch) stillen Gesellschaft (z.B. beim Streit um den Zufluss von Einkünften beim Steuerpflichtigen in Schneeballsystemen) vorgetragen bzw. bestritten wird. Zu den verschiedenen Sachverhalten bei Streit um die Anerkennung von stillen Gesellschaften liegt eine umfangreiche Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte vor.

20.2

Neben den genannten Fallkonstellationen kommt die Nichtanerkennung einer zivilrechtlich wirksam vereinbarten stillen Gesellschaft gemäß § 41 (siehe Rz. 20.10) oder § 42 AO in Betracht. Die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft stellt nach der Rechtsprechung grundsätzlich keine unangemessene rechtliche Gestaltung dar; denn

20.3

1 BFH v. 28.10.2008 – VIII R 36/04, BStBl. II 2009, 190 = FR 2009, 487; BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187. 2 BFH v. 11.2.2014 – VIII R 25/12, BStBl. II 2014, 461 = FR 2014, 702 m. Anm. Marx; BFH v. 2.4.2014 – VIII R 38/13, BStBl. II 2014, 698 = FR 2015, 240 und BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187. 3 Zur GmbH & Still siehe BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, GmbHR 2014, 1278 = FR 2015, 76 m. Anm. Kanzler = DStR 2014, 2111 sowie FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29; FG Baden-Württemberg v. 31.10.2013 – 7 K 3633/10, EFG 2014, 909.

Levedag | 561

§ 20 Rz. 20.3 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

es steht in der Entscheidungsbefugnis des Steuerpflichtigen, wie er sein Unternehmen finanziert4.

20.4 Zu den zivilrechtlichen Vorfragen bzgl. des Vorliegens einer stillen Gesellschaft vgl. Rz. 4.1 ff.

II. Steuerliche Einordnung und Anerkennung eines Rechtsverhältnisses als stille Beteiligung 1. Maßgeblichkeit des Zivilrechts für das Steuerrecht

20.5 Das Steuerrecht knüpft vielfach an das Vorliegen einer stillen Gesellschaft an, ausdrücklich etwa in den § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 15a Abs. 5 Nr. 1 und 3, § 20 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a bis c EStG; § 44 Abs. 3 Satz 1 EStG und in § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG. Ein eigenständiger steuerrechtlicher Begriff der stillen Gesellschaft existiert aber nicht. Ob i.S. der genannten Vorschriften eine stille Gesellschaft besteht, bestimmt sich vielmehr grundsätzlich nach zivil- und handelsrechtlichen Maßstäben und den steuerlichen Anerkennungsgrundsätzen5. 20.6 Wegen der Maßgeblichkeit des Zivilrechts setzt auch steuerlich jedes stille Gesellschaftsverhältnis einen Gesellschaftsvertrag voraus, also die gegenseitige Verpflichtung zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks6. Nicht ausreichend ist demnach grundsätzlich, dass jemand, ohne zivilrechtlich Gesellschafter zu sein, lediglich aufgrund eines schuldrechtlichen Austauschvertrages am Unternehmenserfolg beteiligt ist und Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen nehmen kann; allerdings hat die Rechtsprechung im Bereich der Schneeballsysteme Geschäftsbesorgungsverträge als Gesellschaftsverträge über eine stille Beteiligung qualifiziert (siehe die Nachweise unter Rz. 20.1). 20.7 Erforderlich ist, dass die Beteiligten den konkreten zivilrechtlichen Rechtbindungswillen haben, zwischen sich eine stille Gesellschaft i.S.d. §§ 230 ff. HGB zu begrün-

4 Siehe das FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29; siehe auch FG BerlinBrandenburg v. 8.2.2011 – 6 K 6124/07, EFG 2011, 1335. 5 BFH v. 29.10.1969 – I R 80/67, BStBl. II 1970, 180 (zum Kapitalertragsteuerabzug); bestätigt durch BFH v. 9.10.2000 – I B 60/00, BFH/NV 2001, 482 (482) m.w.N., mit der Maßgabe, dass die Maßgeblichkeit des Zivilrechts für das Bestehen einer stillen Gesellschaft einer abweichenden Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht entgegensteht. Ebenso BFH v. 27.2.1963 – I 236/59 U, BStBl. III 1963, 370 (370); BFH v. 11.11.1965 – IV 82/62 U, BStBl. III 1966, 95 (95), jeweils für § 8 Nr. 3 GewStG, unter Aufgabe der entgegenstehenden früheren Rechtsprechung, die auch gesellschaftsähnliche Verhältnisse gewerbesteuerlich als stille Gesellschaften behandelt hatte. 6 BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611 (614) unter 1.d); BFH v. 8.4.2008 – VIII R 3/05, FR 2009, 184 = GmbHR 2008, 1169 = DStR 2008, 1629 (1630) und die Nachweise unter Rz. 20.1. Siehe zur Abgrenzung von der Gewinngemeinschaft i.S.d. § 292 Abs. 1 Nr. 1 AktG BFH v. 22.2.2017 – I R 35/14, BStBl. II 2018, 33 = GmbHR 2017, 998.

562 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.9 § 20

den7. Diese Maßgeblichkeit des Zivilrechts für die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften gilt grundsätzlich auch bei personellen Verflechtungen zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter. So können Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zugleich an dieser still beteiligt sein, und zwar auch dann, wenn sie die Kapitalgesellschaft beherrschen Dies betrifft insbesondere die GmbH & Still (ausführlich hierzu Rz. 21.76 ff.). Eine stille Beteiligung kommt auch unter Angehörigen nur in Betracht, wenn sie an einem Handelsgewerbe begründet werden soll8. Auch hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen einer stillen Gesellschaft gilt die Maßgeblichkeit des Zivilrechts, etwa für die Notwendigkeit, nicht nur an einzelnen Geschäften9, sondern an dem Handelsgewerbe als solchem oder zumindest einem abtrennbaren Teil10 von diesem beteiligt zu sein, für die Wirksamkeit einer schenkweisen Übertragung (etwa durch Um- und Einbuchung der Einlage durch den Inhaber11) oder der Einlage von Know-how als Gesellschafterbeitrag12 oder für das Erfordernis einer Gewinn-13, und nicht nur einer erfolgsunabhängigen oder in die Willkür des Inhabers gestellten Beteiligung am Ergebnis. Zur Abgrenzung zu ähnlichen Rechtsverhältnissen wie etwa Treuhandverträgen (vgl. Rz. 5.54 ff.) oder partiarischen Darlehen (vgl. Rz. 5.20 ff.) wird auf den zivilrechtlichen Teil verwiesen.

20.8

2. Unwirksame Gesellschaftsverträge/Treuhandfälle a) Begriff des Scheingeschäfts gemäß § 41 Abs. 2 AO Werden die Vereinbarungen eines zivilrechtlich unwirksamen Vertrags über die Begründung einer stillen Gesellschaft dennoch tatsächlich vollzogen, so ist die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Vertrags unter fremden Dritten steuerrechtlich unerheblich (§ 41 Abs. 1 AO)14. Wird eine typische oder atypische stille Gesellschaft nur zum Schein errichtet, d.h. fehlt es den Beteiligten an dem Willen, ein ernsthaftes Gesellschaftsverhältnis zu begründen, so führt die steuerliche Unbeachtlichkeit der stillen 7 Zur Ablehnung eines verdeckten Gesellschaftsverhältnisses in einem Streitfall siehe das FG Saarbrücken v. 14.12.1990 – 1 K 203/88, EFG 1991, 198. 8 Siehe FG München v. 17.5.2019 – 6 K 756/18, EFG 2019, 1372, nrkr., Rev. VIII R 17/19 zur typisch stillen Beteiligungen von Kindern an einer freiberuflichen Zahnarztpraxis. 9 Vgl. BFH v. 27.5.1982 – V R 110 u. 111/81, BStBl. II 1982, 678. 10 Ist ein Gesellschafter nur an einem Teil des Handelsgewerbes des Inhabers beteiligt, ist gewerbesteuerrechtlich von zwei verschiedenen Betrieben des Inhabers auszugehen, BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 (686 f.) = FR 1996, 293 = GmbHR 1996, 378; BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611 (614). 11 BFH v. 9.9.1954 – IV 574/53, BFHE 59, 275; BFH v. 9.10.2001 – VIII R 77/98, FR 2002, 151 m. Anm. Kempermann = DStR 2001, 2108 (2109). 12 BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611 (612 f.) unter 1.a). 13 Die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters muss zivilrechtlich nicht periodisch, sondern kann auch erst bei Auflösung der Gesellschaft erfolgen. Dies gilt grundsätzlich auch steuerrechtlich (offen gelassen durch BFH v. 27.5.1993 – IV R 1/92, BStBl. II 1994, 700 (701) unter 3.c) = FR 1994, 17 = GmbHR 1994, 345. A.A. wohl FG Köln v. 14.11.2006 – 9 K 2612/ 04, DStRE 2007, 762 (766), welches eine laufende Gewinnbeteiligung für erforderlich hält. 14 Vgl. Fischer in HHSp., AO/FGO, § 41 AO Rz. 74 (Stand 3/2007) mit Hinweis auf BFH v. 15.3.1973 – VIII R 150/70, BStBl. II 1973, 597.

Levedag | 563

20.9

§ 20 Rz. 20.9 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Beteiligung gemäß § 41 Abs. 2 AO zu dem Ergebnis, dass der im Handelsgewerbe des Inhabers erwirtschaftete Gewinn diesem nach wie vor im vollen Umfang zugerechnet und kein Betriebsausgabenabzug für die Vergütung des Stillen anerkannt wird.

20.10 Nicht zu den Scheingeschäften sind die Fälle zu zählen, in denen die Beteiligten die Gesellschaft aus steuerlichen15 oder familiären16 Motiven heraus schließen, da in diesen Fällen das Bestehen der stillen Gesellschaft und deren Anerkennung für steuerliche Zwecke gerade gewollt ist. Grenzen für die steuerliche Anerkennung in diesen Fällen stellen aber die in § 21 dargestellten Besonderheiten für Angehörigen-Gesellschaftsverträge sowie der Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO (vgl. Rz. 20.50 ff.) dar. b) Unwirksame und rückwirkend geänderte Gesellschaftsverträge (§§ 38, 41 Abs. 1 AO)

20.11 Abweichend von der zivilrechtlichen Beurteilung kommt es gemäß § 41 Abs. 1 AO für die steuerrechtliche Anerkennung eines Gesellschaftsvertrags unter fremden Dritten nicht vorrangig auf die zivilrechtliche Wirksamkeit des vereinbarten Gesellschaftsvertrags an. Maßgeblich ist der tatsächliche Vollzug des Gesellschaftsverhältnisses17. Ist ein Gesellschaftsvertrag nichtig, ist dies für die Besteuerung so lange ohne Bedeutung, wie die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis des Gesellschaftsvertrags eintreten und bestehen lassen (§ 41 Abs. 1 AO)18. Dies gilt auch dann, wenn ein Gesellschaftsvertrag gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (§ 40 AO). Auf die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft, die auch auf die stille Gesellschaft anwendbar sind (vgl. Rz. 11.1 ff.), muss steuerlich daher grundsätzlich nicht zurückgegriffen werden. Der Gesellschaftsvertrag muss tatsächlich vollzogen werden19. 20.12 Die Verwirklichung des Steuertatbestands richtet sich nach dem zugrundeliegenden Lebenssachverhalt (§ 38 AO). Rückwirkend abgeschlossene oder abgeänderte Gesellschaftsverträge können steuerlich folglich erst ab dem Zeitpunkt der Abschlusses bzw. der Änderung des Vertrages Wirkung entfalten. Dies wurde etwa für Fälle entschieden, in denen der Inhaber sein Handelsgeschäft veräußerte, sich aber rückwirkend an

15 BFH v. 22.8.1951 – IV 246/50 S, BStBl. III 1951, 181 (183); BFH v. 14.10.1964 – II 175/61 U, BStBl. III 1964, 667 (669); BFH v. 15.11.1967 – IV R 139/67, BStBl. II 1968, 152 (155); BFH v. 1.3.1974 – VI R 31/71, BStBl. II 1974, 382. 16 RFH v. 20.1.1944 – III 38/43, RStBl. 1944, 435. 17 BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187 zum behaupteten Verstoß eines Vertragsverhältnisses gegen die Verordnung über die Pflichten der Makler, Darlehens- und Anlagenvermittler, Bauträger und Baubetreuer (MaBV) v. 7.11.1990 (BGBl. I 1990, 2479) gemäß § 134 BGB. 18 BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 (483) (unter I.2.b) = FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710; BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, DStRE 1999, 388 (390) unter II.2.a) cc). Wegen der Besonderheiten bei stillen Familiengesellschaften vgl. Rz. 21.2 ff. 19 BFH v. 10.7.1997 – IV B 90/96, GmbHR 1997, 1016 = DStRE 1997, 777 zum Verstoß gegen das Selbstkontrahierungsverbot (§ 181 BGB).

564 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.14 § 20

diesem als stiller Gesellschafter beteiligte20. Ebenso werden rückwirkende Vereinbarungen über die Gewinn- und Verlustbeteiligung nicht anerkannt21. c) Treuhandfälle (§ 39 Abs. 2 AO) Wird die stille Beteiligung treuhänderisch für einen anderen gehalten, besteht zivilrechtlich ein stilles Gesellschaftsverhältnis zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und dem Treuhänder, nicht aber zum Treugeber (vgl. Rz. 5.54 ff.). Steuerrechtlich wird die Einlage hingegen nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO dem Treugeber zugerechnet. Folglich wird der Treugeber ertrag- und gewerbesteuerlich als stiller Gesellschafter (Einkünfteerzieler) behandelt. Geht ein Kaufmann im Wege mittelbarer Stellvertretung für einen anderen Gewerbetreibenden stille Gesellschaftsverhältnisse mit Kapitalgebern ein und wissen diese von der mittelbaren Stellvertretung, unterfällt dies nach Ansicht des BFH der Regelung in § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO22. Sind die Gesellschaftsrechte eines Beteiligten, z.B. durch Kündigungs- oder Rückfallklauseln, so stark eingeschränkt, dass von einer tatsächlichen Beherrschung der Gesellschaftsbeteiligung nicht mehr ernsthaft gesprochen werden kann, kann wegen des Übergangs wirtschaftlichen Eigentums unter Umständen eine abweichende Zurechnung erfolgen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO)23.

20.13

3. Nebeneinander von Rechtsverhältnissen zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter a) Zuordnung von Vergütungen zu den verschiedenen Einkunftsarten Bestehen zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und dem stillen Gesellschafter noch andere Rechtsverhältnisse (vertragliche Bindungen), ist für die Einkünftezurechnung jeweils anhand des Veranlassungsprinzips zu prüfen, auf welchem Rechtsverhältnis ein Vorteil beruht. Es ist hierfür der Veranlassungszusammenhang der Vergütung zur jeweiligen Tätigkeit entscheidend. Steht dieser fest, ist zu unterscheiden, ob gesetzliche Subsidiaritätsregeln zwischen den Einkunftsarten (vgl. z.B. § 20 Abs. 8 EStG) eingreifen. Gibt es solche Regelungen nicht, wie z.B. zwischen den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) und aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG), darf daraus nicht geschlossen werden, zwischen den Einkunftsarten bestehe kein Rangverhältnis. Es ist dann jeweils im Einzelfall zu entscheiden ist, welche Einkunftsart im Vordergrund steht und dadurch die andere Einkunftsart verdrängt24. 20 Schleswig Holsteinisches FG v. 29.1.1954, EFG 1954, 151 Nr. 173. 21 Vgl. BFH v. 7.7.1983 – IV R 209/80, BStBl. II 1984, 53 unter 2. = FR 1983, 542; zur Wirkung eines Vergleichs siehe BFH v. 24.3.1975 – IV R 22/74, BStBl. II 1975, 723. 22 BFH v. 9.10.2000 – I B 60/00, BFH/NV 2001, 482 (482); vorgehend FG Nürnberg v. 25.1.2000 – I 133/97, EFG 2000, 641 (641). In diesen Fällen ist auch § 42 AO in Betracht zu ziehen. 23 Vgl. RFH v. 22.10.1931 – VI A 1949/29, StuW 1932, Nr. 15; BFH v. 6.11.1929 – VI A 756/29, RStBl. 1930, 194; BFH v. 23.6.1976 – I R 178/74, BStBl. II 1976, 678. 24 Vgl. z.B. die BFH v. 28.6.2007 – VI B 23/07, BFH/NV 2007, 1870; BFH v. 31.10.1989 – VIII R 210/83, BStBl. II 1990, 532 = FR 1990, 372; BFH v. 5.11.2013 – VIII R 20/11, BStBl. II 2014, 275 = GmbHR 2014, 334 = FR 2014, 426.

Levedag | 565

20.14

§ 20 Rz. 20.14 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Aus der Sicht des BFH handelt es sich bei der Abgrenzung und Zuordnung einer Vergütung zwischen den Einkunftsarten um eine Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles25. Die Tatsachenwürdigung des Finanzgerichts, welcher Rechtsbeziehung ein Vorteil zuzurechnen ist, ist hierbei gemäß § 118 Abs. 2 FGO revisionsrechtlich bindend, soweit sie verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen und nicht durch Denkfehler oder durch die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst ist26.

20.15 Handelt es sich um eine typische stille Gesellschaft, können die Einkünfte je nach Veranlassungszusammenhang und Subsidiarität der Einkunftsarten zueinander verschiedenen Einkunftsarten zuzurechnen sein. In Betracht kommen für die Einordnung der Vergütung des typisch stillen Gesellschafters Einkünfte aus der typischen stillen Gesellschaft gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG einerseits und daneben Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG andererseits (zu letzteren siehe Rz. 20.16). Handelt es sich hingegen um eine atypische stille Gesellschaft, ist der stille Gesellschafter also Mitunternehmer, führt der Gewinnanteil nur zu gewerblichen Einkünften gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 EStG; die Einkünfte aus den weiteren Rechtsverhältnissen zwischen ihm und dem Geschäftsinhaber (Austauschverträgen) sind als Sondervergütungen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu qualifizieren27. Der Gewinnanteil des atypischen stillen Gesellschafters und die Vergütungen aus anderen Rechtsverhältnissen mindern in diesem Fall weder den Gewinn des Geschäftsinhabers noch den Gewinn der atypischen stillen Gesellschaft. b) Abgrenzung von Arbeitslohn und Einkünften aus Kapitalvermögen

20.16 Die Begründung einer typisch stillen Beteiligung eines Arbeitnehmers am Unternehmen des Arbeitgebers fällt unter § 2 Abs. 1 Buchst. i VermBG und ist damit ein anerkanntes Instrument der Mitarbeiterbeteiligung (siehe Rz. 2.24 bis 2.37)28. Durch die Begründung der typisch stillen Beteiligung des Arbeitnehmers bestehen zwischen ihm und dem Arbeitgeber zwei Rechtsverhältnisse, nämlich das Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis, was die Zuordnung der Einkünfte erforderlich macht. 20.17 Vorteile werden vom Arbeitgeber oder einem Dritten „für“ eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers, also objektiv als Frucht seiner Arbeit darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis

25 BFH v. 1.2.2007 – VI R 72/05, BFH/NV 2007, 898; BFH v. 20.11.2008 – VI R 25/05, BFHE 223, 419 = BStBl. II 2009, 382. 26 BFH v. 15.1.2013 – VIII R 22/10, BStBl. II 2013, 526. 27 Siehe Neu in Beck’sches Handbuch Personengesellschaft, § 14 Rz. 106; Fischer in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, Rz. II 1279. 28 Neu in Beck’sches Handbuch Personengesellschaft, § 14 Rz. 159.

566 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.19 § 20

steht29. Kein Arbeitslohn liegt allerdings vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber (sog. Sonderrechtsbeziehungen) gewährt wird30. In der Praxis wirft dies bei Mitarbeiterbeteiligungen in Form einer (typisch) stillen Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers31 damit jeweils die Frage auf, ob ein Vorteil oder der Verlust der Einlage aus einer Mitarbeiterbeteiligung auf dem Arbeitsverhältnis oder auf der Kapitalüberlassung als sog. Sonderrechtsverhältnis beruht. Setzt der Arbeitnehmer sein Kapital (die Einlageforderung) ein, um eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage zur Einkünfteerzielung zu schaffen, sind die daraus erzielten Erträge und Verluste in der Regel keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern solche aus Kapitalvermögen (hier: § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG)32.

20.18

Die Rechtsprechung knüpfte bei der Zuordnung eines Vorteils zu den Einkünften aus § 19 EStG oder aus § 20 EStG bei Mitarbeiterbeteiligungen in der Vergangenheit zunächst regelmäßig an die ausschließlich den Arbeitnehmern vorbehaltene Investitionsmöglichkeit als Indiz an. So sprach für die Zuordnung von Vorteilen aus einer Kapitalbeteiligung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Kapitalbeteiligung auf einen engen Kreis der Bezugsberechtigten auf die Arbeitnehmer begrenzt war33, die Dienste des Arbeitnehmers hierdurch in besonderem Maße entgolten werden sollten und die Möglichkeit einer Investition vom Bestehen des Arbeitsverhältnisses abhängig war34 oder dass Kapitalbeteiligungen (nur) aufgrund eines Arbeitsverhältnisses mit einer Tochtergesellschaft erworben werden konnten35. Eine Verfallklausel (also die Pflicht des Arbeitnehmers zur Rückgabe/zum Rückverkauf der Kapitalbeteiligung an den Arbeitgeber (oder eine Konzerngesellschaft) bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses) konnte ein weiteres Indiz für die enge wirtschaftliche Verknüpfung zwischen dem Arbeitsverhältnis und den aus der Kapitalbeteiligung zufließenden Vorteilen sein. Denn bei dieser Ausgestaltung sollte der Arbeitnehmer auch in Zu-

20.19

29 Geserich, Beihefter DStR zu Heft 23/2014, 53 (53). 30 BFH v. 20.11.2008 – VI R 25/05, BStBl. II 2009, 382, m.w.N. = FR 2009, 625 m. Anm. Bergkemper. 31 Vgl. zur Mitarbeiterbeteiligung in Form der stillen Gesellschaft Kutsch/Kersting, BB 2011, 373 (376); zur Einkunftsartenabgrenzung BFH v. 11.2.2010 – VI R 47/08, BFH/NV 2010, 1094; FG Berlin-Brandenburg v. 29.8.2007 – 1 K 3459/03 B, EFG 2007, 1874; zu einem Verlustfall Niedersächsisches FG v. 23.2.2011 – 9 K 45/08, EFG 2011, 1148 m. Anm. Wagner; Zur Unterbeteiligung als Managementbeteiligung Pönicke/Bünning, BB 2014, 2717. 32 BFH v. 5.4.2006 – IX R 111/00, BStBl. II 2006, 654 = FR 2006, 838; BFH v. 17.6.2009 – VI R 69/06, BStBl. II 2010, 69 = FR 2010, 136 m. Anm. Bergkemper; Geserich in Beihefter zu Heft 23/2014, 53 (54); BFH v. 4.10.2016 – IX R 43/15, BStBl. II 2017, 790 = GmbHR 2017, 256. Siehe zur Abgrenzung bei einer typisch stillen Beteiligung FG Münster v. 9.4.2019 – 2 K 2576/17 E, DStRE 2019, 1317. 33 BFH v. 23.6.2005 – VI R 124/99, BStBl. II 2005, 766 = FR 2005, 1045 m. Anm. Bergkemper. 34 BFH v. 23.6.2005 – VI R 10/03, BStBl. II 2005, 770 = FR 2005, 1165. 35 BFH v. 1.2.2007 – VI R 72/05, BFH/NV 2007, 898.

Levedag | 567

§ 20 Rz. 20.19 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

kunft für seine Arbeit motiviert und ein Anreiz zum Verbleib im Unternehmen geschaffen werden36.

20.20 In jüngeren Entscheidungen des VI. Senats des BFH traten die Indizien des abgeschlossenen Kreises der Bezugsberechtigten und der Verfallklauseln für die Zuordnung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in den Hintergrund. So führte ein Veräußerungsgewinn aus einer Kapitalbeteiligung an einem Unternehmen nicht allein deshalb zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil die Beteiligung von einem Arbeitnehmer des Unternehmens gehalten und veräußert wurde und auch nur Arbeitnehmern angeboten worden war37. Denn jede Form der Mitarbeiterbeteiligung sei – so der BFH in der zitierten Entscheidung – naturgemäß auf die Arbeitnehmer bezogen, und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber nur einen Teil seiner Arbeitnehmer an seinem Unternehmen beteiligen wolle. Dies schließe es nicht aus, dass ein Sonderrechtsverhältnis begründet werde, das unabhängig vom Arbeitsverhältnis bestehe und den gesamten Leistungsaustausch der Vertragspartner abbilde. An dieser Betrachtung hat der VI. Senat seitdem festgehalten38. 20.21 Auch der VIII. Senat des BFH39 und der I. Senat des BFH40 sowie der IX. Senat41 grenzen auf Grundlage einer Einzelfallwürdigung nach den dargestellten Kriterien ab, ob ein Vorteil auf dem Sonderrechtsverhältnis oder dem Arbeitsverhältnis beruht. Der I. Senat hat in der gerade zitierten Entscheidung ausgeführt, eine Sonderrechtsbeziehung neben dem Arbeitsverhältnis zeige ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit insbesondere dadurch, dass sie selbstständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis bestehen könne42. Es kann für die Zuordnung der Vergütung zum Arbeitsverhältnis sprechen, wenn die Gesellschafterstellung durch Good Leaver und Bad Leaver-Klauseln mit unterschiedlichen Rückkaufswerten so eng an den Bestand des Arbeitsverhältnisses gekoppelt ist, dass im Fall eines Ausscheidens als Bad Leaver die Beteiligung zum Nennwert unabhängig von ihrem tatsächlichen Wert an den Arbeitgeber zu ver-

36 BFH v. 20.11.2008 – VI R 25/05, BStBl. II 2009, 382 = FR 2009, 625 m. Anm. Bergkemper. 37 BFH v. 17.6.2009 – VI R 69/06, BStBl. II 2010, 1069 = FR 2010, 136 m. Anm. Bergkemper. 38 BFH v. 17.6.2009 – VI R 69/06, BStBl. II 2010, 1069 = FR 2010, 136 m. Anm. Bergkemper: In diesem Fall stand dem Arbeitnehmer im Fall des Verlusts der Arbeitnehmerstellung ein Sonderkündigungsrecht zu. Siehe ferner BFH v. 10.4.2014 – VI R 57/13, FR 2014, 905 m. Anm. Bergkemper = DStR 2014, 1658; BFH v. 7.5.2014 – VI R 73/12, FR 2014, 860 = DStR 2014, 1328; BFH v. 26.6.2014 – VI R 94/13, GmbHR 2014, 1057 = FR 2014, 990 m. Anm. Bergkemper = DStR 2014, 1713; BFH v. 4.10.2016 – IX R 43/15, BStBl. II 2017, 790 = GmbHR 2017, 256. 39 BFH v. 5.11.2013 – VIII R 20/11, BStBl. II 2014, 275 = GmbHR 2014, 334; BFH v. 24.2.2015 – VIII R 44/12, BStBl. II 2015, 649. 40 BFH v. 21.5.2014 – I R 42/12, BStBl. II 2015, 4 = GmbHR 2014, 1158. 41 BFH v. 4.10.2016 – IX R 43/15, BStBl. II 2017, 790 = GmbHR 2017, 256. 42 BFH v. 21.5.2014 – I R 42/12, BStBl. II 2015, 4 = GmbHR 2014, 1158, unter Bezugnahme auf BFH v. 17.6.2009 – VI R 69/06, BStBl. II 2010, 69 = FR 2010, 136 m. Anm. Bergkemper und BFH v. 5.4.2006 – IX R 111/00, BStBl. II 2006, 654 = FR 2006, 838.

568 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.23 § 20

äußern ist und sich die Gesellschafterstellung des Arbeitnehmers im Zeitpunkt ihrer Beendigung nur noch als eine Nebenfolge des überlagernden Arbeitsverhältnisses, aber nicht als eine daneben bestehende eigenständige und unabhängige Rechtsbeziehung darstellt43. Diese Begründung des VIII. Senats stellt die in der Praxis oft verwendeten Good Leaver- und Bad Leaver-Klauseln auf den Prüfstand44. Die Eigenständigkeit der Gesellschafterstellung neben dem Arbeitsverhältnis ist bei Inkaufnahme nachteiliger Maßnahmen aber z.B. gewahrt, wenn die Arbeitnehmer in ihrer Funktion als Gesellschafter mit den übrigen Gesellschaftern bei einer Umstrukturierung des Unternehmens einen Rückkauf der Mitarbeiterbeteiligungen „unter Wert“ beschließen, sodass der hieraus entstehende Veräußerungsverlust den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen ist45. Der IX. Senat des BFH hat jedoch bestehende Ausschlussoder Kündigungsrechte hinsichtlich der Kapitalbeteiligung im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Ausdruck und Folge der Mitarbeiterbeteiligung angesehen, die für sich allein noch nicht die Annahme rechtfertigen, dass dem Arbeitnehmer durch die Gewährung einer Möglichkeit zur Beteiligung Lohn zugewendet werden soll.46 Dies lässt eine großzügigere Zuordnung der anlässlich der Beendigung der Kapitalbeteiligung gezahlten Vergütungen zu den Kapitaleinkünften als in der Rechtsprechung des VIII. Senats erkennen. Dem ist zuzustimmen, zumal im Rahmen des § 20 Abs. 1 und Abs. 2 EStG nunmehr durchgehend laufende Kapitalerträge und der Vermögensstamm der Kapitalanlage steuerverstrickt sind, sodass beim Einsatz von Eigenmitteln des Arbeitnehmers als Investor „an seinem Arbeitgeber“ mehr dafür spricht, ein Sonderrechtsverhältnis neben dem Arbeitsverhältnis anzunehmen. c) GmbH & (a)typisch Still/Personengesellschaft & (a)typisch still Die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft können zugleich wie fremde Dritte an dieser (typisch und atypisch) still beteiligt sein, und zwar auch dann, wenn sie die Kapitalgesellschaft beherrschen. Dies betrifft in der Praxis insbesondere die GmbH & Still (ausführlich hierzu Rz. 21.76 ff.).

20.22

Einzelkaufleute können sich an ihrem eigenen Gewerbetrieb (Handelsgewerbe) nicht still beteiligen. Auch insoweit folgt das Steuerrecht dem Zivilrecht. Dies gilt trotz des steuerlichen Transparenzprinzips jedoch nicht für Gesellschafter einer Personengesellschaft. Diese können sich an dieser zusätzlich (typisch oder atypisch) still beteiligen:

20.23

– Ertragsteuerlich führt die Beteiligung eines Mitunternehmers als typisch stiller Gesellschafter an einer Mitunternehmerschaft auf Ebene der Gesellschaft zum Betriebsausgabenabzug, soweit die Vergütungen angemessen sind. Beim typisch still beteiligten Mitunternehmer gehört die Einlageforderung zum Sonderbetriebsver-

43 44 45 46

BFH v. 17.6.2009 – VI R 69/06, BStBl. II 2010, 69 = FR 2010, 136 m. Anm. Bergkemper. Siehe zum Anpassungsbedarf Breuninger, JbFStR 2014, 242 ff. Geserich in DStR-Beihefter zu Heft 23/2014, S. 53 (60). BFH v. 4.10.2016 – IX R 43/15, BStBl. II 2017, 790 = GmbHR 2017, 256; zustimmend Rödding, DStR 2017, 437 ff.; Thiele, BB 2017, 983 (986); Wiese/Hubertus, GmbHR 2017, 690 (693 f.).

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§ 20 Rz. 20.23 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

mögen, sodass die zugewiesenen Gewinnanteile aus der stillen Gesellschaft aufgrund des Subsidiaritätsprinzips (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 8 EStG) zu den Sondervergütungen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen47. Den bei der Personengesellschaft als Betriebsausgaben abgezogenen Vergütungen des Stillen stehen die Sonderbetriebseinnahmen aus den Sondervergütungen korrespondierend gegenüber, so dass die ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage der Personengesellschaft im Ergebnis nicht um die Vergütung des stillen Gesellschafters gemindert ist. – Die atypisch stille Beteiligung eines Mitunternehmers an der „eigenen“ Personengesellschaft führt zum Entstehen einer doppelstöckigen Personengesellschaft48: Ertragsteuerlich wird der Betrieb der Personengesellschaft (Inhaberin des Handelsbetriebs) der atypisch stillen Gesellschaft (Innengesellschaft) als eigenständiger Mitunternehmerschaft zugeordnet. Der Zuordnungswechsel des Betriebs der Personengesellschaft zum Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft ist wie eine Einbringung des Betriebs der Personengesellschaft in die stille Gesellschaft i.S. des § 24 UmwStG zu behandeln. Die Außen-Personengesellschaft wird zur Gesellschafterin der atypisch stillen Innengesellschaft und folglich zur Obergesellschaft im Rahmen der doppelstöckigen Gesellschaftsstruktur (siehe Rz. 26.29). 4. Der Streit um das Vorliegen der stillen Gesellschaft im Veranlagungs- und Gerichtsverfahren a) Verfahrensrechtliche Anknüpfungspunkte

20.24 In der Praxis ist immer wieder streitig, ob eine bestimmte zivilrechtliche Vereinbarung als stille Gesellschaft einzuordnen ist oder ob aus bestimmten Lebenssachverhalten – bei Nichtvorlage einer Vertragsurkunde – auf eine solche Vereinbarung zurückgeschlossen werden kann. Der Streit kann verschiedene verfahrensrechtliche Anknüpfungspunkte haben: – Im Bereich der typisch stillen Gesellschaft kann auf Ebene des Geschäftsinhabers (Einzelunternehmer/Personen- oder Kapitalgesellschaft) bei dessen Veranlagung streitig werden, ob eine stille Gesellschaft besteht und die an den stillen Gesellschafter gezahlten Vergütungen als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. – Auf Ebene des typisch stillen Gesellschafters kann es für dessen ESt-Veranlagung ebenfalls streitig sein, ob die stille Beteiligung besteht und diesem Einkünfte aus 47 BFH v. 10.11.1983 – IV R 62/82, BStBl. II 1984, 605 unter Rz. 17; BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 unter Rz. 37 = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler; zur Beteiligung einer Schwesterpersonengesellschaft als stille Gesellschafterin an einer Personengesellschaft siehe BFH v. 21.9.2000 – IV R 50/99, BStBl. II 2001, 299 = FR 2001, 186 m. Anm. Wendt. Siehe zur typisch stillen Unterbeteiligung an einem Mitunternehmeranteil Rz. 31.19 ff. 48 Siehe BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker = GmbHR 2014, 890 = DStR 2014, 1384 zur Personengesellschaft & atypisch Still als doppelstöckiger Personengesellschaft; BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 538 = GmbHR 2017, 326; vertiefend Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 ff.; Schiffers/Forst, GmbHR 2019, 321 ff.

570 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.25 § 20

§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zuzurechnen sind (z.B. aus der Beteiligung an einem Schneeballsystem/bei der Kapitalgesellschaft & typisch Still), ob ihm bei einer bestehenden stillen Beteiligung ein Verlustabzug zusteht49 oder ob die Einkünfte gemäß §§ 32d Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a oder b EStG der Abgeltungs- oder Regelbesteuerung50 unterliegen. – Bei Streit über das Bestehen einer atypisch stillen Beteiligung ist regelmäßig die Weigerung des Finanzamts, einen Gewinnfeststellungsbescheid zu erlassen (sog. negativer Gewinnfeststellungsbescheid) Streitgegenstand (siehe hierzu Rz. 22.154). – Innerhalb einer anerkannten atypisch stillen Beteiligung können einzelne Feststellungen des einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids streitig sein (siehe hierzu Rz. 22.153). Dringend anzuraten und auch üblich ist es, den Gesellschaftsvertrag über die Gründung einer stillen Gesellschaft schriftlich abzuschließen, wenn eine stille Beteiligung aus Sicht des Steuerpflichtigen gewollt ist51. Ein Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft kann wegen der Maßgeblichkeit des Zivilrechts zwar mündlich wirksam abgeschlossen werden (vgl. Rz. 9.22 ff.); auch das Steuerrecht enthält weder eine gesetzliche Sonderregelung noch ein richterrechtlich entwickeltes Formerfordernis. Ohne schriftlichen Vertrag bestehen aber zweifellos Nachweisprobleme sowohl im Hinblick auf das Zustandekommen einer vertraglichen Vereinbarung an sich als auch hinsichtlich des Inhalts der vereinbarten Haupt- und Nebenpflichten52. Wird in einer Vertragsurkunde von den Vertragsparteien das Rechtsverhältnis nicht als Gesellschaftsverhältnis bezeichnet, kann gleichwohl eine stille Beteiligung gewollt und vereinbart worden sein. Steuerrechtlich kommt es nicht darauf an, ob ein bestimmtes Rechtsverhältnis von den Beteiligten als stilles Gesellschaftsverhältnis bezeichnet oder auch nur als solches angesehen worden ist, sondern ausschließlich darauf, ob objektiv nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Tatbestandsmerkmale einer stillen Gesellschaft verwirklicht worden sind (näher Rz. 20.28 ff.). Dies kann wegen der fließenden Übergänge zu anderen Darlehens- oder Vergütungsinstrumenten wie partiarischen Darlehen oder zu Arbeitsverhältnissen mit gewinnorientierten Zusatzvergütungen des Arbeitnehmers schwierig zu beurteilen sein. Selbst wenn etwa bei Arbeitnehmern deren Beteiligung als typisch stille Beteiligung zu qualifizieren ist, stellt sich dann noch die weitere tatsächliche und rechtliche Frage, ob eine im Rahmen der stillen Beteiligung gewährte Vergütung den Lohn- oder Kapitaleinkünften zuzuordnen ist (siehe Rz. 20.17 ff.).

49 Siehe z.B. BFH v. 28.1.2014 – VIII R 5/11, GmbHR 2014, 894; FG München v. 27.1.2014 – 7 K 987/11, EFG 2014, 848 und FG München v. 27.5.2014 – 15 K 352/11, juris. 50 Siehe hierzu auch Levedag, GmbHR 2015, 57 (63 ff.). 51 BFH v. 18.12.1970 – VI R 248/69, BStBl. II 1971, 426 (427); die meisten Entscheidungen, in denen der BFH die Möglichkeit eines mündlichen Vertragsschlusses betont, betreffen verdeckte Gesellschaftsverhältnisse, vgl. BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 = FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710. 52 Vgl. zur Beteiligung von Angehörigen als stillen Gesellschaftern Rz. 21.23 ff.; Kulosa, DB 2014, 972.

Levedag | 571

20.25

§ 20 Rz. 20.26 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

20.26 Grundsätzlich müssen die Finanzverwaltung steuerbegründende und steuererhöhende, der Steuerpflichtige steuerentlastende und steuermindernde Tatsachen benennen und beweisen. Für das Bestehen eines verdeckten stillen Gesellschaftsverhältnisses ist demnach regelmäßig die Finanzverwaltung objektiv beweisbelastet, da sie eine bestimmte Einkünftezurechnung erreichen oder in den Fällen einer verdeckter Mitunternehmerstellung eine bestimmte Einkünftezurechnung verhindern will53. 20.27 Das Beweismaß im finanzgerichtlichen Verfahren verlangt, dass zur vollen Überzeugung der Finanzverwaltung (§§ 85 bis 88 AO) oder des Gerichts (§ 96 FGO) festgestellt werden muss, ob eine bestimmte Tatsache vorliegt. Verletzt der Steuerpflichtige nach einer Aufforderung, bestimmte Tatsachen oder Beweismittel darzulegen oder vorzulegen, seine Mitwirkungspflichten, kann das Beweismaß im finanzgerichtlichen Verfahren zu seinen Lasten auf die größtmögliche Wahrscheinlichkeit herabgesetzt werden54. Dies betrifft bei der stillen Gesellschaft vor allem den Inhaber, da er gemäß §§ 238 ff. HGB über Abschluss und Durchführung der Gesellschaft Buch zu führen hat. Eine ordnungsgemäße Buchführung trägt aber gemäß § 158 AO die Rechtsvermutung der Richtigkeit für sich, solange nicht ihre sachliche Unrichtigkeit im Einzelnen erwiesen ist. Wegen der leichteren Manipulierbarkeit verlangen Finanzverwaltung und Gerichte bei reinen Innengesellschaften zudem die vollständige Dokumentation des Gesellschaftsabschlusses und der Durchführung des Gesellschaftsverhältnisses, zumal dann, wenn Inhaber und stiller Gesellschafter keine gegensätzlichen Interessen haben oder die besonderen Anforderungen für die steuerliche Anerkennung von Verträgen unter nahen Angehörigen zu beachten sind (siehe Rz. 21.7 ff.)55. 20.28 Nachweisprobleme können sich auch ergeben, wenn der Gesellschaftsvertrag im Wege des Selbstkontrahierens geschlossen wird. In diesem Fall muss der Inhaber den Vertragsabschluss und die Durchführung so dokumentieren, dass nachträgliche Manipulationen ausgeschlossen sind56. Erforderlich ist die ordnungsgemäße Einbuchung der Einlage in der Buchführung des Inhabers zum vereinbarten Zeitpunkt. Die bloße Zahlung der Einlage in das Vermögen der GmbH genügt nicht für den Nachweis der Durchführung einer stillen Gesellschaft, wenn sie sich nicht zweifelsfrei der stillen Beteiligung zuordnen lässt57.

53 FG Rheinland-Pfalz v. 9.6.1998 – 2 K 1433/96, juris. 54 BFH v. 23.3.2011 – X R 44/09, BStBl. II 2011, 884 = FR 2011, 824 m. Anm. Wendt; zur Abgrenzung im Bereich des Vorliegens einer Steuerverkürzung siehe BFH v. 19.10.2011 – X R 65/09, BStBl. II 2012, 345 = FR 2012, 591 m. Anm. Fischer. 55 Aus der Rspr. FG Hamburg v. 15.7.1993 – I 222/90, EFG 1994, 150 (151) zu einer Unterbeteiligung. 56 Vgl. den anschaulichen Fall FG Nürnberg v. 4.6.1996 – VI 200/95, EFG 1996, 1137 (140) auch zum Beweiswert einer Benachrichtigung des Finanzamtes über den Abschluss des Gesellschaftsvertrags; siehe auch BFH v. 10.4.1997 – IV B 90/96, GmbHR 1997, 1016 = DStRE 1997, 777. 57 BFH v. 10.4.1997 – IV B 90/96, GmbHR 1997, 1016 = DStRE 1997, 777; siehe auch BFH v. 10.4.1997 – IV B 90/96, GmbHR 1997, 1016 = DStRE 1997, 777; FG Nürnberg v. 4.7.1996 – VI 200/95, GmbHR 1997, 368 = EFG 1996, 1137.

572 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.31 § 20

b) Verdeckte Innengesellschaften Die Stellung als unmittelbarer Mitunternehmer einer Personengesellschaft setzt nach der BFH-Rechtsprechung zwingend die zivilrechtliche Beteiligung einer Person als Gesellschafter voraus58. In Ausnahmefällen können neben den zivilrechtlichen Gesellschaftern einer Personengesellschaft nach Auffassung des BFH sowie der Finanzverwaltung auch Nicht-Gesellschafter auf der Grundlage eines verdeckten Gesellschaftsverhältnisses als Mitunternehmer anzusehen sein. Die Mitunternehmerstellung des Dritten besteht an einer verdeckten Innengesellschaft; weiterer Mitunternehmer ist die Außen-Personengesellschaft. Der verdeckte Mitunternehmer wird also nicht Mitunternehmer der im Außenverhältnis auftretenden Personengesellschaft (und nicht Feststellungsbeteiligter des einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids dieser Mitunternehmerschaft), sondern nur Mitunternehmer der daneben bestehenden verdeckten Innengesellschaft59. Eine solche verdeckte Innengesellschaft setzt voraus, dass zwischen der nach außen auftretenden Personengesellschaft und/oder deren Gesellschaftern und dem verdeckten Mitunternehmer vereinbart wird, einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen und diesen durch Gesellschafterbeiträge zu fördern60. In der Regel werden Leistungen des Dritten an die Außen-Personengesellschaft, die auf der Grundlage anderer Austauschverträge erbracht werden, in Gesellschafterbeiträge umqualifiziert.

20.29

Eine verdeckte Innengesellschaft ist von einer „offenen atypisch stillen Innengesellschaft“ zu unterscheiden. Die atypisch stille Gesellschaft wird in der Regel als solche bewusst vereinbart. Insbesondere wird die Gewinnverteilung geregelt, während bei der verdeckten Innengesellschaft der Anknüpfungspunkt für die Einkünftezurechnung des Dritten dessen tatsächlich erhaltene Vergütungen sind. Der verdeckten Innengesellschaft und der offenen atypisch stillen Gesellschaft ist jedoch gemein, dass auf Ebene der Außen-Personengesellschaft an den verdeckten Mitunternehmer/den atypisch stillen Gesellschafter gezahlte Vergütungen den Gewinn im Ergebnis nicht mindern, da dem Betriebsausgabenabzug auf Ebene der Gesamthand die korrespondierende Einnahme des Dritten (dessen Gewinnanteil) bzw. der Gewinnanteil und die Sonderbetriebseinnahmen des atypisch stillen Gesellschafters gegenüberstehen.

20.30

Die Frage, ob eine verdeckte Innengesellschaft neben einer Außen-Personengesellschaft vorliegt, stellt sich insbesondere bei unter nahen Angehörigen abgeschlossenen schuldrechtlichen Austauschverträgen (z.B. Arbeits-, Miet-, Pacht-, Darlehensvertrag, also i.d.R. bei Dauerschuldverhältnissen). Wird eine verdeckte Mitunterneh-

20.31

58 BFH v. 1.8.1996 – VIII R 12/94, BFHE 181, 423 = BStBl. II 1997, 272 = GmbHR 1997, 267 = FR 1997, 179. 59 Siehe ausführlich zur Definition und Abgrenzung Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Anm. 340 bis 342 (Stand: 8/2017). 60 Siehe zusammenfassend BFH v. 21.4.2009 – II R 26/07, BStBl. II 2009, 602 = FR 2009, 1020 = GmbHR 2009, 950, mit Hinweis auf BFH v. 1.8.1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 = GmbHR 1997, 267 = FR 1997, 179 und BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710 und Rspr. des BGH. Siehe BFH v. 22.2.2017 – I R 35/14, BStBl. II 2018, 33 = GmbHR 2017, 998 zur Gewinngemeinschaft als Mitunternehmerschaft in Form einer Innengesellschaft ohne Außenauftritt.

Levedag | 573

§ 20 Rz. 20.31 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

merstellung des Empfängers der Vergütungen, die auf die jeweiligen Austauschverhältnisse gezahlt worden ist, bejaht, handelt es sich auf Seiten des Empfängers korrespondierend um Sondervergütungen im Rahmen der verdeckten Innengesellschaft, die die bei der Außen-Personengesellschaft abgezogenen Betriebsausgaben neutralisieren (siehe Rz. 20.19, 20.30) und in die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage eingehen61. Die Mitunternehmerstellung des Dritten in der verdeckten Innengesellschaft kann ferner dazu führen, dass die von ihm an die Außen-Personengesellschaft zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter nicht dem Privatvermögen sondern dem Sonderbetriebsvermögen bei der verdeckten Innengesellschaft mit der Folge zugeordnet werden, dass diese Wirtschaftsgüter steuerverstrickt und die stillen Reserven steuerverhaftet sind.

20.32 Eine verdeckte Innengesellschaft kann nur neben einem Außen-Personenunternehmen (Einzelunternehmen/Personengesellschaft) bestehen. Nach der Rechtsprechung des BFH entsteht keine verdeckte Mitunternehmerschaft etwa in Form einer verdeckten GmbH & atypisch Still, wenn eine GmbH gegenüber ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Personen Leistungen erbringt, die nicht auf einem ausdrücklich vereinbarten schuldrechtlichen Austauschverhältnis beruhen oder die einem Fremdvergleich nicht standhalten: Derartige Leistungen sind vielmehr vGA der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter. Die steuerliche Anerkennung einer GmbH & atypisch Still verlangt, dass das Gesellschaftsverhältnis ausdrücklich vereinbart wird und diese Vereinbarung dem Fremdvergleich standhält62. 20.33 Anknüpfungspunkt für die Prüfung, ob in eine verdeckte Innengesellschaft vorliegt, können Austauschverträge zwischen den Angehörigen sein. Sie können entweder von vornherein ab ihrem Abschluss63 oder aber bei Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses, das nicht wie vereinbart durchgeführt wird, ab einem späteren Zeitpunkt als verdecktes Gesellschaftsverhältnis beurteilt werden64. Die Einordnung eines Austauschvertrags als verdecktes Gesellschaftsverhältnis wird in der Rechtsprechung 61 BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 unter Rz. 47–49 = FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710; zu Sondervergütungen bei der typisch stillen Beteiligung von Kommanditisten an der eigenen KG siehe BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 unter Rz. 37 = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler. 62 Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Rz. 366 mit Hinweis auf BFH v. 9.12.1976 – IV R 47/72, BStBl. II 1977, 155; BFH v. 26.4.1989 – I R 96/85, BFH/NV 1990, 63. 63 Sog. Fallgruppe der fehlerhaften Vertragsqualifikation Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Anm. 345 (Stand: 8/2017). 64 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 (768) = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355; zur Frage, ob ein der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH und Ehemann der alleinigen Kommanditistin aufgrund eines Bündels von Austauschverträgen zwischen ihm und einer GmbH & Co. KG als Gesellschafter einer Innengesellschaft zwischen der GmbH & Co. KG und ihm anzusehen war, siehe BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 (482) unter I.2.a) = FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710; zur Ablehnung einer verdeckten Mitunternehmerschaft BFH v. 21.4.2009 – II R 26/07, BStBl. II 2009, 602 = FR 2009, 1020 = GmbHR 2009, 950; siehe auch FG München v. 17.3.2014 – 7 K 897/10, EFG 2014, 1296 und Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Anm. 345 (Stand: 8/ 2017).

574 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.35 § 20

nach dem Kriterium der Fremdüblichkeit geprüft: Solange die wechselseitigen Pflichten von Gläubiger und Schuldner fremdüblich sind, ist keine verdeckte Mitunternehmerschaft zwischen dem jeweiligen Personenunternehmen und dem Nichtgesellschafter gegeben65. Die Kriterien dafür, ob ein Nichtgesellschafter Mitunternehmer einer verdeckten Innengesellschaft ist, entsprechen den Kriterien für das Vorliegen von Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko (siehe Rz. 20.35). Der Nichtgesellschafter muss aufgrund der Ausgestaltung des Austauschvertrags gegenüber dem Personenunternehmen als Vertragspartner eine Stellung innerhaben, die der eines Mitunternehmers entspricht. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Gewinn im Wesentlichen über die dem Nichtgesellschafter gezahlten Vergütungen abgesaugt wird und die Vertragsbeziehungen auch nur unter erschwerten Bedingungen kündbar sind (näher Rz. 20.36). Die Bündelung mehrerer Austauschverträge mit einem Nichtgesellschafter allein führt aber noch nicht zu dessen Qualifikation als Mitunternehmer einer verdeckten Innengesellschaft, wenn jeweils angemessene Entgelte vereinbart worden sind66. Will die Finanzverwaltung aus dem Bestehen einer verdeckten Innengesellschaft bestimmte Rechtsfolgen ableiten, muss sie einen konkludent abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag der Beteiligtendarlegen. Es werden regelmäßig ein oder mehrere Austauschverträge Anknüpfungspunkt der Verwaltung sein, die in ein Gesellschaftsverhältnis umqualifiziert werden sollen. Ob aus solchen Vereinbarungen ein Rechtbindungswillen über den Abschluss einer verdeckten Innengesellschaft abgeleitet werden kann, ist als innere Tatsache aus den Indizien des Einzelfalls im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu folgern67.

20.34

Sowohl für das Vorliegen offener atypisch stiller Beteiligungen als auch einer verdeckten Innengesellschaften müssen die Vertragsparteien die erforderliche Mitunternehmerinitiative entfalten und das erforderliche Mitunternehmerrisiko tragen:

20.35

Der Inhaber eines gewerblichen bzw. land- und forstwirtschaftlichen Betriebs oder eine Außen-Personengesellschaft sind regelmäßig schon allein wegen der unbeschränkten Außenhaftung und des Auftretens im Rechtsverkehr (Mit-)Unternehmer der atypisch stillen Innengesellschaft oder verdeckten Mitunternehmerschaft. Dies gilt auch, wenn dem Inhaber des Betriebs für seine Tätigkeit im Innenverhältnis neben einem festen Vorabgewinn keine weitere Gewinnbeteiligung zusteht und die Geschäftsführungsbefugnis weitgehend von der Zustimmung des stillen Beteiligten abhängt68. Für den atypisch still beteiligten Gesellschafter/verdeckten Mitunternehmer

65 Vgl. BFH v. 21.9.1995 – IV R 65/94, BStBl. II 1996, 66 = FR 1996, 101 = GmbHR 1996, 131. 66 Vgl. Fischer, FR 1998, 813 (816) mit Hinweis auf BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 = FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710. 67 Sehe eingehend BFH v. 1.8.1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 (274 f.) unter II1.a) = GmbHR 1997, 267 = FR 1997, 179. 68 BFH v. 10.5.2007 – IV R 2/05, BStBl. II 2007, 927; Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Anm. 395 (Stand 8/2017).

Levedag | 575

§ 20 Rz. 20.35 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

sind die Ausprägung der Mitunternehmerinitiative und des -risikos anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen (siehe im Einzelnen Rz. 20.70 ff.)69.

20.36 Die Existenz einer verdeckten Innengesellschaft zwischen einer GmbH & Co. KG und einem Nichtgesellschafter, der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH war, ist in der Rechtsprechung mehrfach bejaht worden70. Die ungewöhnliche Höhe einer Erfolgsbeteiligung führte in den entschiedenen Fällen oft zur Annahme der verdeckten Mitunternehmerstellung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH im Rahmen einer Innengesellschaft, wobei vom BFH als kritische Grenze das „Absaugen“ von mehr als 50 % des Gewinns (des „überwiegenden Teils des Gewinns“) angesehen wurde71. Auch das Auftreten („Gerieren“) als Gesellschafter im Innenverhältnis trotz der zivilrechtlichen Stellung als Angestellter, z.B. durch Entnahmen oberhalb der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeitsvergütung, wurde als Indiz herangezogen.72 Die Rechtsprechung hielt dagegen die Bildung einer atypisch stillen Innengesellschaft in Abgrenzung statt einer verdeckten Innengesellschaft in einem Fall für möglich, in dem ein Einzelkaufmann seinen Betrieb in eine neu gegründete GmbH & Co. KG einbrachte, deren Kommanditistin seine Ehefrau war. Er selbst übernahm nach der Einbringung die Geschäftsführung der Komplementär-GmbH mit hohem Geschäftsführergehalt, war aber nicht Kommanditist73. Als maßgebliche Indizien zugunsten eines verdeckten atypisch stillen Gesellschaftsverhältnisses wertete der BFH die Entstehungsgeschichte des Unternehmens, den Umstand, dass die Gesellschaftsverträge die unternehmerische Führung umfassend dem Geschäftsführer zuwiesen, das Ausmaß, in dem über das Geschäftsführergehalt der Gewinn der KG abgesaugt wurde und die tatsächliche Handhabung der Geschäftsführung der KG74. 20.37 Der BFH behandelt in ständiger Rechtsprechung das Entgelt, das der Kommanditist einer GmbH & Co. KG für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der KomplementärGmbH bezieht, als Sondervergütung i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, und zwar auch dann, wenn der Anstellungsvertrag des Geschäftsführer-Gesellschafters nicht mit der KG, sondern mit der Komplementär-GmbH abgeschlossen wird. Die Umqualifizierung der Bezüge eines Geschäftsführer-Kommanditisten in Sondervergütungen ist 69 Siehe hierzu auch eingehend Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Anm. 393 f. (Stand 8/ 2017). 70 Siehe hierzu Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Rz. 375 (Stand 8/2017) mit Unterfallgruppen. 71 BFH v. 21.9.1995 – IV R 65/94, BStBl. II 1996, 66 = GmbHR 1996, 131 = FR 1996, 101; BFH v. 9.2.1999 – VIII R 43/98, DStRE 1999, 586 = FR 1999, 792; BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710 = BB 1998, 2143. 72 Vgl. BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 = GmbHR 1998, 710 = FR 1998, 659. 73 BFH v. 1.8.1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 (276) = GmbHR 1997, 267 = FR 1997, 179. 74 BFH v. 1.8.1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 (277) unter II. = GmbHR 1997, 267 = FR 1997, 179; ebenso grundsätzlich BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 (483) unter I.2.b) bb) = GmbHR 1998, 710 = FR 1998, 659; BFH v. 18.6.1998 – IV R 94/ 96, GmbHR 1999, 563 = BFH/NV 1999, 295 (296 f.). Zu gestalterischen Konsequenzen aus dem Urteil vgl. Rodewald, GmbHR 1997, 582.

576 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.41 § 20

umfassend und umfasst auch die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung75. Der BFH hat jedoch für Abfindungen einerseits entschieden, diese seien nicht gemäß § 3 Nr. 9 EStG a.F. (teilweise) steuerbefreit76, andererseits aber die Anwendung der Tarifbegünstigung (§ 24 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG) anerkannt.77 Die Gestaltung, die dem vorbeschriebenen BFH-Urteil vom 1.8.199678 zugrunde lag, zielte darauf ab, eine nach außen sichtbare Kommanditistenstellung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH zu vermeiden. Hierdurch sollte die vorbeschriebene ständige Rechtsprechung des BFH umgangen werden, nach der die Bezüge des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH, der zugleich Kommanditist ist, in Sondervergütungen umqualifiziert werden und so die gezahlten Geschäftsführervergütungen im Ergebnis nicht mehr steuerwirksam sind79. frei

20.38– 20.39

c) Umqualifizierung eines Rechtsverhältnisses in einen Gesellschaftsvertrag über eine typisch stille Beteiligung Ob ein Rechtsverhältnis als typisch stilles Gesellschaftsverhältnisanzusehen ist, bestimmt sich nicht allein nach dem Wortlaut der Vereinbarung80. Maßgeblich ist der Vertragswille der Beteiligten, wie er sich objektiv unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls und der tatsächlichen Handhabung des Rechtsverhältnisses – ergibt. Der BFH bei Schneeballsystemen mehrfach zu entscheiden gehabt, ob „Geschäftsbesorgungsverträge“ und Verträge über die „Vermittlung von Eigenanlagen“ des Anlegers durch den Betreiber des Schneeballsystems als Gesellschaftsverträge über den Abschluss typisch stiller Beteiligungen einzustufen waren. Revisionsrechtlich kann der BFH die – zur Rechtsanwendung gehörende – rechtliche Einordnung des von Vertragspartnern Gewollten durch das Finanzgericht am Maßstab der jeweils einschlägigen Normen nachprüfen und eine unzutreffende rechtliche Qualifikation des Vertragstypus durch das FG richtigstellen81. Dem Finanzgericht als Tatsachengericht obliegt es, die Tatsachen zu den in der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien für die verschiedenen Rechtsverhältnisse festzustellen (siehe Rz. 20.34).

20.40

Entscheidend ist demnach regelmäßig, ob die Beteiligten sich zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen haben oder ob sie lediglich ihre eige-

20.41

75 Vgl. BFH v. 30.8.2007 – IV R 14/06, BStBl. II 2007, 942 = GmbHR 2007, 1227 = FR 2008, 226. 76 BFH v. 23.4.1996 – VIII R 53/94, BStBl. II 1996, 515 = FR 1996, 631 = GmbHR 1996, 787. 77 BFH v. 24.6.2009 – IV R 94/06, BFH/NV 2009, 1877. 78 BFH v. 1.8.1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 (276) = GmbHR 1997, 267 = FR 1997, 179. 79 Ausführlicher Levedag in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 57 Rz. 193 ff., 204. 80 St. Rspr. BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355 (357) unter II.2.a.); BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 (482) unter 2.b) m.w.N. = FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710. 81 BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187 unter Aufhebung der Vorinstanz (FG des Saarlandes v. 16.5.2013 – 1 K 1680/10, EFG 2013, 1236).

Levedag | 577

§ 20 Rz. 20.41 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

nen Interessen verfolgen, mit anderen Worten: ob die Beteiligten das Risiko des Betriebs einer Vielzahl von Handelsgeschäften gemeinsam tragen wollen82. Für die rechtliche Einordnung einer Vereinbarung als Abschluss eines Gesellschaftsverhältnisses sprechen nach der gefestigten Rechtsprechung des BFH83 im Bereich der Schneeballsysteme als Indizien maßgeblich eine wechselseitige Erfolgsbeteiligung (Gewinn- und Verlustbeteiligung) von Anleger und Schneeballsystembetreiber, weil hierdurch eine Risikogemeinschaft begründet wird und die Kapitalanlagen dadurch beiden Beteiligten sowohl erhebliche Gewinnchancen als auch beträchtliche Risiken bieten. Die Anleger tragen zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks in einer stillen Gesellschaft bei, indem sie dem Betreiber des Schneeballsystems auf unbestimmte Zeit Kapital zur Anlage überlassen, mit dem dieser im Außenverhältnis sein Handelsgeschäft (die Anlage am Kapitalmarkt) betreibt. Das zur Anlage überlassene Kapital verkörpert den Gesellschafterbeitrag und die stille Einlage des Anlegers. Der Beitrag des Schneeballsystembetreibers als Inhaber des Handelsgeschäfts zur stillen Gesellschaft besteht in der Übernahme der Verpflichtung, Handelsgeschäfte unter Einsatz des von den Anlegern als stillen Gesellschaftern bereitgestellten Kapitals zu betreiben. Das Bestehen außergewöhnlich hoher Risiken kann auf eine stille Gesellschaft hindeuten84. Dies gilt umso mehr, als alle Formen von partiarischen Rechtsverhältnissen, also insbesondere partiarische Darlehen, definitionsgemäß ausgeschlossen sind, sobald beide Vertragsparteien auch am Verlust beteiligt sind85. Nicht maßgeblich ist nach der Rechtsprechung hingegen, ob in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen etwa eines Anlageprospekts die Bezeichnung des Rechtsverhältnisses als „stille Beteiligung“ enthalten ist86.

20.42 Umgekehrt kann nicht bereits von dem Fehlen einer Verlustbeteiligung auf das Fehlen eines Gesellschaftsverhältnisses geschlossen werden. § 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB setzt ausdrücklich die Möglichkeit eines stillen Gesellschaftsverhältnisses mit Verlustausschluss voraus. In Abgrenzung zu partiarischen Rechtsverhältnissen kann aber auch hier der Gedanke der Risikotragung verwandt werden. Ist faktisch die Möglichkeit des Verlustes für einen der Beteiligten wegen hinreichender Sicherheiten nicht mehr gegeben, spricht dies gegen das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses87.

82 St. Rspr. BFH v. 22.7.1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (769 ff.) = FR 1997, 949 unter II.1.a) aa); BGH v. 10.6.1965 – III ZR 239/61, DB 1965, 1589; BGH v. 9.2.1967 – III ZR 226/64, BB 1967, 349; BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, BFHE 138, 458 (462) = BStBl. II 1983, 563 = FR 1983, 539 = GmbHR 1983, 281 = GmbHR 1983, 315; zur Gewinngemeinschaft BFH v. 22.2.2017 – I R 35/14, BStBl. II 2018, 33 = GmbHR 2017, 998. 83 BFH v. 28.10.2008 – VIII R 36/04, BStBl. II 2009, 190 = FR 2009, 487; BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187; Levedag, NWB 2015, 914 (915). 84 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (769) unter II.1.a) bb) = FR 1997, 949. 85 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (770) unter II.1.a) bb) = FR 1997, 949. 86 BFH v. 28.10.2008 – VIII R 36/04, BStBl. II 2009, 190 = FR 2009, 487; BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187. 87 Vgl. BFH v. 22.7.1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (769) unter II.1.a) bb) = FR 1997, 949.

578 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.45 § 20

Auf das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses kann auch das Bestehen von Kontrollrechten hindeuten. Je mehr Überwachungsrechte dem Kapitalgeber zustehen, desto näher liegt die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses88. Dies gilt auch dann, wenn die Kontrollrechte lediglich faktischer Natur sind, wie es etwa der Fall ist, wenn der beherrschende Gesellschafter einer GmbH der Gesellschaft Kapital zur Verfügung stellt und zweifelhaft ist, ob es sich hierbei um ein partiarisches Darlehen oder um eine stille Beteiligung handelt89. Im Bereich der Schneeballsysteme hält der BFH das Fehlen ausdrücklich vereinbarter Kontrollrechte der Anleger aber für keinen Hinderungsgrund, um eine stille Beteiligung anzunehmen90, denn nach dem HGB sind die Überwachungsrechte des stillen Gesellschafters nicht Voraussetzung, sondern Folge des Bestehens einer stillen Gesellschaft91.

20.43

Gemäß §§ 132, 234 Abs. 1 Satz 1 HGB können stille Gesellschaftsverhältnisse grundsätzlich mit einer Frist von 6 Monaten zum Jahresende gekündigt werden. Eine verhältnismäßig kurze Kündigungsfrist kann demnach nicht generell als Indiz gegen das Vorliegen einer stillen Gesellschaft gewertet werden92. Maßgeblich muss vielmehr sein, ob die Länge der Kündigungsfrist das Erreichen des gemeinsamen Gesellschaftszwecks in Frage stellt. Ist dies gegeben, kann von der kurzen Kündigungsfrist auf einen fehlenden Willen zum Abschluss eines Gesellschaftsverhältnisses geschlossen werden. Bei langfristigen Investitionen sind allerdings auch legitime Interessen zu berücksichtigen, das Gesellschaftsverhältnis bereits vor Erreichen der Gewinnschwelle lösen zu können. Welche Kündigungsfrist angemessen ist, kann nur im Einzelfall bestimmt werden. Bei einer Gesellschaft, deren Geschäftsgegenstand im Eingehen verhältnismäßig kurz laufender Börsenspekulationen bestand, hat der BFH eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende nicht als hinreichendes Indiz gegen das Vorliegen einer stillen Gesellschaft bewertet93.

20.44

In der älteren Rechtsprechung ist es zudem als Indiz für ein Gesellschaftsverhältnis herangezogen worden, dass beide Beteiligten konkret bestimmte und dauerhafte Beiträge zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks geleistet haben. Es widerspricht in der Regel dem Telos eines Gesellschaftsverhältnisses, wenn die Beiträge unbestimmt sind oder der Inhaber seinen Beitrag nach Belieben erhöhen oder vermindern

20.45

88 BFH v. 18.4.2000 – VIII 68/98, BStBl. II 2001, 359 (364) = FR 2000, 1033 m. Anm. Wendt. 89 BFH v. 16.7.1986 – I R 78/79, GmbHR 1987, 449 = BFH/NV 1987, 326 (328); BFH v. 19.10.2005 – 1R 48/04, DStRE 2006, 239 (240). 90 BFH v. 28.10.2008 – VIII R 36/04, FR 2009, 487 = BStBl. II 2009, 190; BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187. 91 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (770) unter II.1.a) bb) = FR 1997, 949. 92 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (770) unter II.1.a) aa) = FR 1997, 949. 93 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (770) unter II.1.a) aa) = FR 1997, 949.

Levedag | 579

§ 20 Rz. 20.45 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

bzw. den Geschäftsbetrieb sogar ganz einstellen darf oder dies zumindest ohne Widerspruch tut94.

20.46 frei d) Streit um die Einkünftezurechnung

20.47 Bei stillen Familiengesellschaften und bei der GmbH & Still, also in Fällen, bei denen zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter typischerweise kein Interessengegensatz besteht, ist zwischen der Anerkennung der stillen Gesellschaft als solcher und der Anerkennung der vereinbarten Gewinn- und Verlustbeteiligung innerhalb des Gesellschaftsverhältnisses zu unterscheiden (vgl. Rz. 21.19 ff.). Ist die stille Beteiligung als solche anzuerkennen, hält die vereinbarte Gewinn- und Verlustbeteiligung einem Fremdvergleich aber nicht stand, wird die Einkünftezurechnung auf den zwischen Dritten üblichen Betrag korrigiert (vgl. Rz. 21.63 ff.). 20.48 Die Nichtanerkennung einer Gewinn- und Verlustverteilung zwischen fremden Dritten kann hingegen nicht lediglich mit ihrer Unangemessenheit begründet werden. Der Umstand, dass zwischen Personen, die gegenläufige Interessen verfolgen, eine bestimmte Gewinn- und Verlustbeteiligung vereinbart worden ist, indiziert regelmäßig die Fremdüblichkeit und Angemessenheit der Gewinn- und Verlustbeteiligung auch dann, wenn die Verteilung einem Drittvergleich nicht standhält. 20.49 Für die Frage, ob der stille Gesellschafter an dem Geschäftswert des Handelsgewerbes beteiligt ist, hat der BFH es als Indiz angesehen, dass die Bewertung des Handelsgeschäfts nach einer bei der Unternehmensbewertung üblichen Methode vereinbart wird95. 5. Gestaltungsmissbrauch, § 42 AO a) § 42 AO a.F.

20.50 Wurden Gestaltungsmöglichkeiten vom Steuerpflichtigen missbraucht, entstand gemäß § 42 AO a.F. der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht96. Diese Vorschrift fand auch auf stille Gesellschaftsverhältnisse Anwendung. Ihre praktische Bedeutung für diese war aber begrenzt. § 42 AO a.F. griff nämlich erst dann ein, wenn die vertragliche Eigenqualifikation des Rechtsgeschäfts zivilrechtlich zwar zutraf, dennoch aber die im Steuertatbestand mit einem anderen Rechtsgeschäftstyp beschriebenen wirtschaftlichen Zwecke erfüllt wurden97. Die Fälle verdeckter Gesellschaftsverhältnisse, wurden von 94 RFH v. 20.4.1932 – VI A 181/32, RStBl. 1932, 106; RFH v. 28.8.1930 – VI A 1213/30, RStBl. 1931, 21; RFH v. 6.10.1926 – VIA 464/26, Kartei EStG 1925, § 29 Nr. 3 R. 4. 95 BFH v. 27.5.1993 – IV R 1/92, BStBl. II 1994, 700 (701) = FR 1994, 17 = GmbHR 1994, 345. 96 Eingehend zur Auslegung BFH v. 18.12.2013 – I R 25/12, GmbHR 2014, 605. 97 BFH v. 14.5.1986 – II R 22/84, BStBl. II 1986, 620; BFH v. 8.5.2001 – IX R 10/96, BStBl. II 2001, 720 = FR 2001, 1005 m. Anm. Fischer.

580 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.52 § 20

§ 42 AO a.F. nicht erfasst, da sie innentheoretisch durch die unmittelbare Auslegung und Anwendung des Mitunternehmerbegriffs nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG gelöst wurden98. Ebenso wenig war § 42 AO a.F. heranzuziehen, soweit es um die Anerkennung von stillen Gesellschaften ging, bei denen Inhaber und stiller Gesellschafter gleichgerichtete Interessen verfolgten, wie es insbesondere bei Gesellschaften zwischen Familienangehörigen und bei der GmbH & Still der Fall war. Die in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätze zur Anerkennung von Gesellschaftsverhältnissen unter nahen Angehörigen finden ihre Grundlage im Fremdvergleichsmaßstab und den Regeln der Einkünftezurechnung gemäß § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 und § 12 Nr. 1 EStG sowie den §§ 88, 89 AO (siehe Rz. 21.8). Die Rechtsprechung hat allerdings vereinzelt auch § 42 AO a.F. zur Korrektur der Einkünftezurechnung angewandt99.

20.51

b) § 42 AO in der aktuellen Fassung Durch das JStG 2008100 wurde § 42 AO neu gefasst. § 42 Abs. 2 AO i.d.F. des JStG 2008 enthält erstmals eine gesetzliche Definition des Missbrauchsbegriffs. Ein vom Tatbestand erfasster Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten liegt demnach angelehnt an die frühere in der Rechtsprechung entwickelte Definition vor, wenn eine „unangemessene“ rechtliche Gestaltung gewählt wird, für die keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe durch den Steuerpflichtigen nachgewiesen werden. Bei Vorliegen eines solchen Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S. von § 42 Abs. 2 AO wird nicht der vom Steuerpflichtigen tatsächlich verwirklichte Sachverhalt der steuerlichen Subsumtion zugrunde gelegt, sondern gemäß § 42 Abs. 1 Satz 3 AO ein den wirtschaftlichen Vorgängen „angemessener“ Sachverhalt. Diese Rechtsfolge kommt insbesondere in Betracht, wenn durch unangemessene und rechtsmissbräuchliche Sachverhaltsgestaltung der Eintritt einer ungünstigen Steuerfolge vermieden wird, obwohl diese nach dem Zweck des Gesetzes für den letztlich verwirklichten Sachverhalt eintreten sollte. Zudem sind Fälle betroffen, in denen gegen den Zweck des Gesetzes eine günstige Rechtsfolge erwirkt wird („Erschleichung“ von Steuervorteilen). Für den Bereich des EStG können z.B. nach Maßgabe von § 42 Abs. 1 Satz 3 AO ein Einkunftstatbestand nach § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllt und die Zurechnung von Einnahmen bei einem Dritten angenommen oder im umgekehrten Fall trotz Erfüllung eines Einkunftstatbestandes nach § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG dessen Steuerrelevanz beim betrachteten Steuerpflichtigen verneint werden101.

98 Zu diesem alten Streit um die dogmatische Fundierung und Notwendigkeit des § 42 AO vertiefend Fischer in HHSp., AO/FGO, § 42 AO Rz. 71 ff. 99 Vgl. die hilfsweise auf § 42 AO gestützte Argumentation des FG Saarbrücken v. 10.4.1992 – 1 K 64/90, EFG 1992, 500 (500). 100 BGBl. I 2007, 3150. 101 Siehe Bodden, FR 2014, 1053 (1055). Zur Abgrenzung dieser Rechtsfolgen von der Analogie vertiefend Hey, in DStR-Beihefter zu Heft 3/2014, S. 10.

Levedag | 581

20.52

§ 20 Rz. 20.53 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

20.53 Aus § 42 AO n.F. lässt sich eine feste Prüfungsreihenfolge ableiten102. – Existiert eine spezielle Missbrauchsnorm und sind deren Tatbestandsmerkmale erfüllt, ergeben sich die Rechtsfolgen vorrangig aus der einschlägigen speziellen Missbrauchsnorm (sog. positive Spezialität, siehe § 42 Abs. 1 Satz 2 AO)103. – Ist der Tatbestand einer speziellen Missbrauchsnorm nicht erfüllt, ist zu prüfen, ob ein Rückgriff auf § 42 AO möglich ist und/oder in welcher Weise deren Wertungen in den Tatbestand des § 42 Abs. 2 AO einstrahlen. Die Hauptschwierigkeit einer Konkurrenz zwischen allgemeiner Missbrauchsnorm (§ 42 AO) und spezieller Missbrauchsnorm liegt somit darin, den darin typisierend geregelten Missbrauchsfall exakt zu umreißen, um deren Verdrängungswirkung oder die Wertungsvorgaben für § 42 AO bestimmen zu können (siehe Rz. 20.54)104. – Bei Anwendbarkeit des § 42 AO (sei es unmittelbar oder als Auffangtatbestand) müssen die Anforderungen des § 42 Abs. 2 AO erfüllt sein, d.h., es muss eine unangemessene rechtliche Gestaltung festgestellt werden. Dazu ist ein Vergleich der steuerlichen Auswirkungen einer angemessenen und der im konkreten Fall gewählten rechtlichen Gestaltung anzustellen. Ergibt sich hierbei für den Steuerpflichtigen oder einen Dritten aufgrund der Gestaltung ein Steuervorteil, ist zu prüfen, ob dieser Steuervorteil gesetzlich vorgesehen ist. Wird dies verneint, kann sich der Steuerpflichtige vom Vorwurf des Missbrauchs dadurch entlasten, dass er für die von ihm gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind (§ 42 Abs. 2 Satz 2 AO). Die Rechtsfolge bei Annahme einer missbräuchlichen und unangemessenen Gestaltung in § 42 Abs. 1 AO – nunmehr in Satz 3 – bleibt unverändert (siehe Rz. 20.52).

20.54 Bei Vorhandensein einer speziellen Missbrauchsnorm sind die Fragen der Anwendbarkeit des § 42 AO als Auffangtatbestand und aufgrund des „Wertungsrückschlags“105 der speziellen Missbrauchsvorschrift auf das Merkmal der Unangemessenheit in § 42 Abs. 2 AO zu beantworten. Der BFH und die h.M. im Schrifttum schränken aufgrund des Wechselspiels beider Normen jedenfalls im Ergebnis den Anwendungsbereich des § 42 AO ein. Allerdings ist nicht abschließend geklärt, ob bei Vorhandensein einer spezialgesetzlichen Missbrauchsnorm, deren Voraussetzungen nicht erfüllt sind, der Rückgriff auf § 42 AO ausgeschlossen ist oder dieser zwar anwendbar ist, aber die Wertungen der Spezialnorm in die Prüfung der Angemessenheit einfließen müssen106. Dem Vernehmen nach geht die Finanzverwaltung hingegen vom Charakter des § 42 AO als einem allgemeinen Auffangtatbestand aus107. Bei Anwendbarkeit des § 42 AO dürfte aber geklärt sein, dass die Angemessenheit einer Gestaltung kumuliert nach den Wertungen des „umgangenen“ Gesetzes und den flankierenden 102 103 104 105 106 107

Häuselmann, BB 2008, 20 (24); Brockmann/Hörster, NWB Nr. 3, Fach 2, S. 9657 (9659). Hey in DStR-Beihefter zu Heft 3/2014, S. 9. Hey in DStR-Beihefter zu Heft 3/2014, S. 13. Siehe Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, vor § 42 AO Rz. 13a. Zum Streitstand Hey in DStR-Beihefter zu Heft 3/2014, S. 11 und S. 13. Vgl. die Wiedergabe der Podiumsdiskussion des 12. Münchener Unternehmenssteuerforums in DStR-Beihefter zu Heft 3/2014, S. 5 f.

582 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.58 § 20

(speziellen) Missbrauchsvorschriften zu bestimmen ist. Hat der Gesetzgeber durch eine Spezialvorschrift Missbrauchsfälle typisiert, legt er hierdurch für diesen Bereich die Maßstäbe fest und sichert eine einheitliche Rechtsanwendung, die Gestaltungssicherheit gewährleistet108. Sind in einem konkreten Einzelfall die Voraussetzungen der speziellen Missbrauchsbestimmungen nicht erfüllt, darf diese Wertung des Gesetzgebers nicht durch die extensive Anwendung des § 42 AO als Grundtatbestand unterlaufen werden. Verbleiben trotz spezieller Missbrauchsregelungen Rechtsfolgelücken, ist es allein Aufgabe des Gesetzgebers, der mittels der speziellen Missbrauchsbekämpfungsnormen die Grenzen des Missbrauchs gezogen hat, diese zu schließen109. Möglich ist aber die Anwendung des § 42 AO innerhalb der speziellen Missbrauchsnorm, d.h. deren Auslegung unter dem Gesichtspunkt, ob diese gezielt umgangen werden soll110. Hinsichtlich des Kriteriums der „Unangemessenheit“ ist auf den zu § 42 AO a.F. vom BFH in ständiger Rechtsprechung entwickelten Begriff zurückzugreifen111. Demnach ist eine rechtliche Gestaltung dann unangemessen, wenn „der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zur Erreichung eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll“112. Der Nachweis für das Vorliegen einer „unangemessenen rechtlichen Gestaltung“ gemäß § 42 Abs. 2 AO obliegt der Finanzbehörde, während der Steuerpflichtige nachzuweisen hat, dass er für die von ihm gewählte Gestaltung beachtliche außersteuerliche Gründe gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 AO hat113.

20.55

Vor diesem Hintergrund bleibt für § 42 AO aufgrund der bislang schon in der Rechtsprechung außerhalb des § 42 AO a.F. entwickelten technisch abweichenden Lösungsansätze (siehe zur verdeckten Innengesellschaft Rz. 20.29 ff.) wenig Raum, um die Begründung typisch und atypisch stiller Beteiligungen als rechtsmissbräuchliche Gestaltungen i.S. der Vorschrift einzustufen114. Die zu § 42 AO allgemein anerkannten Fallgruppen, etwa die schenkungsteuerlich unbeachtliche Kettenschenkung, bleiben aber auch für die stille Gesellschaft relevant.

20.56

frei

20.57– 20.58

108 Hey in DStR-Beihefter zu Heft 3/2014, S. 10. 109 BFH v. 18.12.2013 – I R 25/12, GmbHR 2014, 605; Hey in Beihefter zu Heft 3/2014, S. 9. 110 Hey in DStR-Beihefter zu Heft 3/2014, S. 12 zur Anwendung einer Gesamtplanbetrachtung im Rahmen des § 12 Abs. 2 Satz 3 UmwStG. 111 Siehe etwa Mack/Wollweber, DStR 2008, 182 (186); Heinzen, FR 2009, 599 (605); Hey, BB 2009, 1044 (1048). 112 Vgl. nur BFH v. 20.5.1998 – III B 9/98, BStBl. II 2001, 43; BFH v. 18.3.2004 – III R 25/ 02, BStBl. II 2004, 787 = GmbHR 2004, 958 m. Anm. Mildner = FR 2004, 1001. 113 Mack/Wollweber, DStR 2008, 182 (185); Heintzen, FR 2009, 599 (604). 114 Siehe FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29, rkr., dass die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft ausdrücklich nicht als Fall des Gestaltungsmissbrauchs einordnet.

Levedag | 583

§ 20 Rz. 20.59 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

III. Die Unterscheidung von typischer und atypischer stiller Gesellschaft im Steuerrecht 1. Fallgruppen

20.59 In der Praxis sind aus Sicht des stillen Gesellschafters drei Grundformen stiller Gesellschaften zu unterscheiden: – Eine stille Gesellschaft, in der aus steuerlicher Sicht die Rechtsposition des stillen Gesellschafters nicht dessen Mitunternehmerstellung begründet, wird als typische stille Gesellschaft bezeichnet. Die Einlageforderung (Beteiligung) gehört zum steuerlichen Privatvermögen des stillen Gesellschafters. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4, § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG unterfallen die Einnahmen aus der Beteiligung (laufende Vergütungen und Veräußerungsgewinne) den Einkünften aus Kapitalvermögen und unter den Voraussetzungen des § 32d Abs. 1 und 2 EStG der Abgeltungsteuer. – Eine Mischform stellt die typisch stille Beteiligung dar, bei der der typisch stille Gesellschafter die Einlageforderung im Betriebsvermögen hält. Diese ist in der Bilanz des stillen Gesellschafters am Bilanzstichtag – abhängig vom unternehmerischen Interesse des Stillen – entweder als sonstige Ausleihung (Kapitalforderung) oder Beteiligung (Wertpapier des Anlagevermögens) unter den Finanzanlagen im Anlagevermögen auszuweisen (näher Rz. 13.81 ff.)115. Nach der Rechtsprechung ist die typisch stille Beteiligung in der Bilanz des Stillen im Regelfall „wie eine Kapitalforderung“ zu behandeln und hiermit korrespondierend im Abschluss des Inhabers des Handelsgewerbes als „qualifizierter Kredit“ und damit als Fremdkapital auszuweisen116. Realisierte Gewinne und Verluste i.S. der § 20 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 20 Abs. 8 EStG sind als Einkünfte des stillen Gesellschafters aus Gewerbetrieb nach Gewinnermittlungsgrundsätzen zu ermitteln (siehe Rz. 22.182)117. Bei Kapitalgesellschaften i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG, die sich als typisch stille Gesellschafter an einem Handelsgewerbe beteiligen, werden die Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG gemäß § 8 Abs. 2 KStG als gewerbliche Einkünfte fingiert und sind nach Gewinnermittlungsgrundsätzen zu ermitteln118. Die Steuerfreistellung des § 8b Abs. 1 KStG ist auf die Gewinn- und Verlustanteile aus der typisch stillen Beteiligung nicht anwendbar, weil die Bezüge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG in § 8b Abs. 1 KStG nicht erwähnt sind (näher Rz. 23.95).

115 Siehe zum Ausweis als Kapitalforderung Stadler/Hartmann in Prinz/Kanzler, Praxishandbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Aufl. 2018, Teil B, Kap. 1 Rz. 3700 f.; zum Ausweis als Beteiligung Neu in Beck’sches Hdb. Personengesellschaft, § 14 Rz. 31. 116 Vgl. BFH v. 6.3.2003 – XI R 24/02, BFHE 202, 137 = FR 2003, 723 m. Anm. Wendt, BStBl. II 2003, 656; BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BFHE 236, 543 = BStBl. II 2012, 745 = GmbHR 2012, 764 = FR 2012, 727; BFH v. 14.11.2012 – I R 19/12, BFH/NV 2013, 1389. 117 Dies führt bei natürlichen Personen mit stillen Beteiligungen im Betriebsvermögen zur Nichtanwendbarkeit der Abgeltungsteuer. 118 Zu den Wirkungen der Fiktion in § 8 Abs. 2 KStG siehe BFH v. 6.7.2000 – I B 34/00, BStBl. II 2002, 490 unter II.2.a. = FR 2000, 1135 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2000, 1115.

584 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.65 § 20

– Ist der stille Gesellschafter (natürliche Person/Personengesellschaft/Kapitalgesellschaft) hingegen Mitunternehmer einer zwischen ihm und dem Inhaber des Handelsbetriebs begründeten atypischen stillen Gesellschaft, erzielt er als Mitunternehmer gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 16 EStG nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Dass steuerliche Begriffsverständnis mit der Unterscheidung atypisch und typisch stiller Beteiligungen hat sich vom Handelsrecht gelöst, da es allein darauf abstellt, ob der stille Gesellschafter die Voraussetzungen der Stellung als Mitunternehmer erfüllt oder nicht. Die steuerliche Anerkennung eigenständiger Mitunternehmerschaften in Form atypisch stiller Beteiligungen unterscheidet sich auch insoweit grundlegend von der zivilrechtlichen Sichtweise, weil es zivilrechtlich nur einen Gewinn des Inhabers des Handelsgewerbes und eine Vergütung des Stillen gibt, nicht dagegen einen Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft.

20.60

Der Annahme einer Mitunternehmerschaft i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bei atypisch stillen Beteiligungen steht nicht entgegen, dass die stille Gesellschaft als bloße Innengesellschaft handelsrechtlich kein Gesellschaftsvermögen hat. Historisch geht diese Erkenntnis auf Enno Becker zurück, nach dessen Ansicht es für die Besteuerung keinen Unterschied machen darf, ob gemeinschaftliches Gesellschaftsvermögen vorhanden ist oder Vermögen nur eines Beteiligten, das im Innenverhältnis wie ein Vermögen zur gesamten Hand zu behandeln ist119. Es geht bei der Einordnung, ob eine stille Beteiligung als atypisch stille Beteiligung zu qualifizieren ist, um die Gleichbehandlung atypischer stiller Gesellschafter mit dem Kommanditisten in der KG, der aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung als Mitunternehmer angesehen wird. Leitlinie des BFH bei der Auslegung des Mitunternehmerbegriffs für den atypisch stillen Gesellschafter120 und für die Klärung anderer ertragsteuerlicher Zweifelsfragen121 ist der Vergleich mit dem Kommanditisten, da jedenfalls der IV. Senat des BFH die atypisch stille Gesellschaft als Innen-KG versteht, bei der der Inhaber des Handelsgewerbes das der stillen Gesellschaft gewidmete Vermögen treuhänderisch für die Innengesellschaft hält.

20.61

frei

20.62– 20.65

119 Becker, StuW 1925, 1579 (1606). 120 Vgl. BFH v. 19.7.2018 – IV R 10/17, GmbHR 2018, 1228 Rz. 36. 121 Siehe Wendt, FR 2018, 802; Bodden, kösdi 2019, 21282 (21287); Schulze zur Wiesche, DStZ 2019, 233 (234). Zur Anwendung der Wertungen der Innen-KG siehe BFH v. 21.12.2017 – IV R 44/14, GmbHR 2018, 439 (Geltung der Grundsätze zur korrespondierenden Bilanzierung) und zutreffend Niedersächsisches FG v. 22.3.2017 – 9 K 92/15, EFG 2017, 1170, Rev. anhängig unter IV R 7/17 (Ablehnung einer Teilwertabschreibung auf eine dem SBV II zuzuordnende Darlehensforderung während des Bestehens der Innengesellschaft); BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BStBl. II 2018, 587 = GmbHR 2018, 690 (Eintritt in eine atypisch stille Gesellschaft gegen Einlage).

Levedag | 585

§ 20 Rz. 20.66 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

2. Die typische stille Gesellschaft

20.66 Die typische stille Gesellschaft ist kein selbständiges Steuerrechtssubjekt. Steuerrechtssubjekte sind allein der Inhaber des Handelsgeschäfts einerseits und der stille Gesellschafter als Subjekte der Einkommensteuer (§ 2 Abs. 1 EStG) oder der Körperschaftsteuer (§ 1 Abs. 1 KStG) andererseits. Ist eine Personengesellschaft Geschäftsinhaberin oder stille Gesellschafterin, ist diese lediglich Subjekt zur Ermittlung der Einkünfte. Der Inhaber des Handelsgeschäfts unterliegt mit seinem Gewinn somit der Einkommen- oder, wenn er eine juristische Person ist, der Körperschaftsteuer. Für den stillen Gesellschafter sind die auf ihn entfallenden Gewinnanteile Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG), die ebenfalls der Einkommen- oder der Körperschafsteuer zu unterwerfen sind. Der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters mindert aber als Betriebsausgabe den Gewinn des Geschäftsinhabers. Einen „Gewinn“ der typischen stillen Gesellschaft, der für diese – wie bei der atypisch stillen Gesellschaft – als Gewinnermittlungssubjekt gemäß §§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO einheitlich und gesondert festzustellen wäre, gibt es nicht. Eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus der stillen Beteiligung ist aber vorzunehmen, wenn die Einkünfte im Rahmen einer mehrgliedrigen typisch stillen Beteiligung (z.B. im Rahmen einer GbR) als vermögensverwaltender Personengesellschaft erzielt werden122. 3. Die atypische stille Gesellschaft

20.67 Auch die atypische stille Gesellschaft ist kein selbständiges Steuerrechtssubjekt. Steuerpflichtig sind allein die einzelnen Mitunternehmer (§ 2 Abs. 1 ESG). Die Gewinnanteile der atypischen stillen Gesellschafter (Geschäftsinhaber und atypisch Stiller) sind gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Hinsichtlich der Frage, ob die atypische stille Gesellschaft ein Gewinnerzielungssubjekt sein kann, hat sich in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein Wandel vollzogen. Während der BFH früher der atypischen stillen Gesellschaft ausdrücklich die Eigenschaft absprach, Subjekt der Gewinnermittlung zu sein123, qualifiziert er die atypische stille Gesellschaft mittlerweile in gefestigter Rechtsprechung als ein selbständiges Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation124. Einkommensteuerrechtlich fällt der Gewinn auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft an. Der Ge122 Zur mehrgliedrigen stillen Gesellschaft siehe BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, BGHZ 127, 176 = GmbHR 1995, 224; BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104. 123 BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BFHE 145, 408 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363. Nach dieser Rspr. gab es steuerrechtlich nur einen Gewinn oder Verlust des Inhabers des Handelsgeschäfts. Dies trug der Tatsache Rechnung, dass die stille Gesellschaft – auch die atypische – zivilrechtlich als bloße Innengesellschaft nach außen nicht in Erscheinung treten kann, also nur der Geschäftsinhaber im Außenverhältnis berechtigt und verpflichtet wird. 124 BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 328 = GmbHR 1997, 563 = NJW 1997, 2003; BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, FR 1999, 262 = GmbHR 1999, 193; BFH v. 15.12.1998 – VIII R 62/97, GmbHR 1999, 422 = BFH/NV 1999, 773; BFH v. 31.8.1999 – VIII R 22/98, GmbHR 2000, 292; BFH v. 19.4.2005 – V II R 6/04, DStR 2005, 1603; Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (335).

586 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.69 § 20

schäftsinhaber führt aus dem Blickwinkel der atypisch stillen Innengesellschaft im Außenverhältnis die Geschäfte für Rechnung aller Gesellschafter, sodass diese Geschäftsvorfälle auch allen Gesellschaftern einheitlich zuzurechnen sind. Beteiligt sich eine natürliche Person, Personengesellschaft oder eine juristische Person atypisch still am Gewerbe einer Personen- oder Kapitalgesellschaft, so sind für die atypisch stille Gesellschaft die von den Mitunternehmern (der GmbH/Außen-Personengesellschaft als Inhaberin des Handelsgeschäfts und dem atypisch stillen Gesellschafter) gemeinschaftlich erzielten Einkünfte nach § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO in einem eigenständigen Feststellungsbescheid für die Innengesellschaft gesondert und einheitlich festzustellen.125 Die Annahme einer Mitunternehmerschaft kommt unbeschadet der Tatsache in Betracht, dass die stille Gesellschaft zivilrechtlich eine bloße Innengesellschaft ist. Verfügt der atypisch stille Gesellschafter im Verhältnis zum Geschäftsinhaber über eine Rechtsposition, die dem gesetzlichen Leitbild eines Kommanditisten gleich steht, so liegt eine Mitunternehmerschaft vor. Die atypische stille Gesellschaft als Innengesellschaft wird in der steuerlichen Behandlung den normalen Mitunternehmerschaften gleichgestellt. Einkommensteuerrechtlich ist der Gewinn auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft zu ermitteln. Beim stillen Gesellschafter als Mitunternehmer führt der Gewinnanteil zu gewerblichen Einkünften gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 EStG; die Einkünfte aus den weiteren Rechtsverhältnissen zwischen ihm und dem Geschäftsinhaber (Austauschverträgen) sind als Sondervergütungen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG qualifizieren126. Der Gewinnanteil des atypischen stillen Gesellschafters mindert den Gesamtgewinn der atypischen stillen Gesellschaft nicht, da die beim Geschäftsinhaber abgezogene Betriebsausgabe korrespondierend als Sonderbetriebseinnahme des stillen Gesellschafters zu erfassen ist.

20.68

Eine völlige Gleichstellung der atypischen stillen Gesellschaft mit einer Außen-Personengesellschaft als Mitunternehmerschaft existiert jedoch nicht127. Die zivilrechtliche Unterscheidung zwischen Innen- und Außengesellschaft wird bei der Frage relevant, ob die atypische stille Gesellschaft selbst Steuerschuldnerin der Gewerbesteuer (§ 5 Abs. 1 GewStG) sein kann. Zwar unterhält die Innengesellschaft nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG auch für Zwecke der Gewerbesteuer einen ei-

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125 Zur Beteiligung einer natürlichen Person an einer inländischen GmbH siehe BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133 = GmbHR 2017, 1348 und BFH v. 19.7.2018 – IV R 10/17, GmbHR 2018, 1228 sowie zur Beteiligung an ausländischer Kapitalgesellschaft mit ausländischen Einkünften siehe FG München v. 8.10.2018 – 7 K 519/14, EFG 2019, 494, nrkr. (NZB anhängig unter I B 9/19); zur atypisch stillen Beteiligung einer Personengesellschaft an einer Personengesellschaft BFH v. 21.10.2015 – IV R 43/12, BStBl. II 2016, 517; zur juristischen Person siehe FG Mecklenburg-Vorpommern v. 5.9.2018 – 1 K 396/14, EFG 2019, 1228 (nrkr. Rev. anhängig unter I R 33/18). Zur Grundlagenwirkung der Feststellung der Einkünfte siehe BFH v. 12.2.2015 – IV R 48/11, BFH/NV 2015, 1075 = GmbHR 2015, 948. 126 Siehe Neu in Beck’sches Hdb. Personengesellschaft, § 14 Rz. 106; Fischer in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, Rz. II 1279. 127 So zutreffend Groh in FS Kruse, S. 417 (432).

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§ 20 Rz. 20.69 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

genen Gewerbebetrieb, der nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegt (sachliche Steuerpflicht). Für diesen Gewerbebetrieb ist auch nach § 14a Satz 1 GewStG eine Gewerbesteuererklärung abzugeben. Denn Schuldnerin der Gewerbesteuer ist trotz ihrer Qualifikation als eigenständige Mitunternehmerschaft nicht die atypisch stille Gesellschaft, da § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG auf Innengesellschaften ohne vollstreckbares Gesamthandvermögen nicht anwendbar ist; Steuerschuldnerschaft und sachliche Steuerpflicht fallen auseinander128. Persönlich gewerbesteuerpflichtig für den Betrieb der Innengesellschaft ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Inhaber des Handelsgewerbes129. Der Gewerbesteuer-Messbescheid (§ 14 Satz 1 GewStG) für den Gewerbeertrag der Innengesellschaft ist an den Inhaber des Handelsgewerbes zu adressieren, so dass auch nur dieser im Hinblick auf diesen Bescheid klagebefugt ist.130 Prozessual kommt der atypischen stillen Gesellschaft zudem auch bei der Klage gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid nicht die Fähigkeit zu, selbst Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens (§ 352 AO) oder eines Finanzrechtsstreits sein zu können (vgl. § 48 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 57 FGO). Der BFH stellt hier darauf ab, dass bei einer Innengesellschaft eine Vertretung, d.h. ein rechtsgeschäftliches Handeln für die Gesellschaft im Außenverhältnis, nicht in Betracht kommt (näher Rz. 22.158).

IV. Die atypische stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft 1. Voraussetzung der Mitunternehmerstellung des Stillen

20.70 Eine atypische stille Gesellschaft i.S. des Steuerrechts liegt vor, wenn der stille Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist. Seine Einkünfte gehören dann nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, sondern zu den gewerblichen Einkünften i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Der Begriff des Mitunternehmers ist im Gesetz nicht definiert, sondern ein Typusbegriff. Der Gesellschafter muss Mitunternehmerinitiative entfalten und Mitunternehmerrisiko tragen. Dabei müssen nicht beide Merkmale gleichermaßen ausgeprägt vorhanden sein, vielmehr lässt sich das eine Merkmal durch die besondere Ausprägung des ande-

128 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFH/NV 2009, 843 = GmbHR 2009, 496; BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 538 = GmbHR 2017, 326. 129 Ständige Rechtsprechung, z.B. BFH v. 5.2.2014 – X R 1/12, BStBl. II 2016, 567; BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFHE 224, 364 unter II.1.d = GmbHR 2009, 496; BFH v. 28.3.2003 – VIII B 194/01, DStRE 2003, 969 (970); BFH v. 31.8.1999 – VIII R 22/98, GmbHR 2000, 292; so schon in BFH v. 3.3.1998 – VIII B 62/97, BStBl. II 1998, 401 (402) = FR 1998, 579 = GmbHR 1998, 902; BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 = GmbHR 1986, 363; siehe BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710 = DStR 1998, 967 (970) zur verdeckten Mitunternehmerschaft, bei der offen gelassen wurde, ob es sich um eine atypische stille Gesellschaft handelte oder um eine BGB-Gesellschaft. 130 BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 538 Rz. 21 = GmbHR 2017, 326.

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Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.71 § 20

ren Merkmals kompensieren, jedoch nicht gänzlich ersetzen131. Nach Auffassung des BFH ist eine ausreichende Mitunternehmerinitiative gegeben, wenn dem Gesellschafter wenigstens solche Rechte zustehen, die den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten eines Kommanditisten oder den gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten eines Gesellschafters einer GbR nach § 716 Abs. 1 BGB entsprechen132. Bzgl. des Mitunternehmerrisikos wird seitens des BFH in ständiger Rechtsprechung die gesellschaftsrechtliche oder wirtschaftlich vergleichbare Teilnahme am Erfolg der Gesellschaft gefordert, d.h. die Beteiligung an laufenden Gewinnen und Verlusten sowie auch an den stillen Reserven und dem Firmenwert, d.h. am potentiellen Liquidationserlös133. Leitbild für die Stellung des atypisch stillen Gesellschafters als Mitunternehmer ist die Stellung, die ein Kommanditist innehat und die nach der ständigen Rechtsprechung des BFH zur Begründung der Mitunternehmerstellung ausreicht (siehe Rz. 20.61). Die frühere Diskussion um die Mitunternehmerstellung des Kommanditisten hatte ihren Ausgangspunkt in der Interpretation des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG. Nach einer verbreiteten Ansicht in der Literatur sollte sich der Halbsatz, „bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist“ lediglich auf die Gewinnanteile eines Gesellschafters an „einer anderen Gesellschaft“ beziehen134. Danach wäre der Kommanditist per se aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Stellung immer auch ein Mitunternehmer aus steuerlicher Sicht gewesen. Die h.M. geht hingegen nicht von der Maßgeblichkeit der Gesellschafterstellung für den Mitunternehmerbegriff aus, sondern sieht diese als notwendiges, aber nicht als abschließendes Kriterium an. Es ist nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH nicht jeder Gesellschafter einer OHG oder KG allein aufgrund dieser Stellung auch Mitunternehmer135. Einigkeit besteht heute dahin gehend, dass ein Kommanditist mit Gesellschafterrechten wie sie die dispositiven Regeln des HGB für Kommanditisten vorgeben, auch Mitunternehmer ist136. Ein stiller Gesellschafter ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH somit Mitunternehmer i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, wenn er Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann. Beide Merkmale müssen vorliegen; jedoch kann die geringere Ausprägung eines Merkmals im Rahmen der Gesamtbeurteilung aller Umstände des Einzelfalls durch eine stärkere Ausprägung des ande-

131 Vgl. BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 ff. = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355; BFH v. 8.4.2008 – VIII R 73/05, BStBl. II 2008, 681 = GmbHR 2008, 948 = FR 2008, 1017 m. Anm. Keß; BFH v. 3.11.2015 – VIII R 63/13, BStBl. II 2016, 383; zur Kompensation der Merkmale Kraft/Schreiber, NWB 2016, 1492 ff. 132 Vgl. BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BStBl. II 1994, 635 = FR 1994, 508. 133 Vgl. BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 ff. = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355; BFH v. 3.11.2015 – VIII R 63/13, BStBl. II 2016, 383. 134 Vgl. stellvertretend Carlé/Halm, KÖSDI 2000, S. 12 383 (12 389). 135 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355 unter C.V.3.c) aa); BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BFHE 145, 408 = BStBl. II 1986, 311 unter III.2 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363. 136 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 (769) = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355; vgl. auch Zimmermann u.a., Personengesellschaft im Steuerrecht, B Rz. 19; Reiß in Kirchhof, § 15 EStG Rz. 212.

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20.71

§ 20 Rz. 20.71 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

ren Merkmals ausgeglichen werden137. Unerheblich ist demgegenüber, ob die Beteiligten des Gesellschaftsverhältnisses selbst vom Vorliegen einer Mitunternehmerschaft ausgegangen sind bzw. ob sie im Vertrag die stille Gesellschaft als „atypisch“ bezeichnet haben138.

20.72 Mitunternehmerinitiative bedeutet nach der Auffassung des Großen Senats des BFH die Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen, wie sie Gesellschaftern oder diesen vergleichbaren Personen als Geschäftsführern, Prokuristen oder leitenden Angestellten obliegen139. Die Rechtsprechung lässt hier bei Kommanditisten aber schon die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschafterrechten ausreichen, die wenigstens den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem Kommanditisten nach dem HGB zustehen oder die den gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten nach § 716 Abs. 1 BGB entsprechen140. Das Recht zur Prüfung des Jahresabschlusses nach § 166 HGB und das Vetorecht bei ungewöhnlichen Geschäften nach § 164 HGB lassen sich allerdings schlecht als Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen charakterisieren. Die Mitunternehmerinitiative ist aber zu verneinen, wenn ein Kommanditist im Innenverhältnis aufgrund der Abreden des Gesellschaftsvertrags einem typisch stillen Gesellschafter (weitgehende Versagung der mitgliedschaftlichen Beteiligungsrechte) gleichgestellt ist141 oder die gesetzlich gering ausgeprägten gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechte der §§ 164, 166 HGB weitgehend beschnitten werden142. Beispiele für die fehlende Mitunternehmerstellung des Kommanditisten sind der Ausschluss des Widerspruchrechts nach § 164 HGB143, der Ausschluss von der Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung oder die Vereinbarung des Mehrheitsprinzips auch bei Grundlagengeschäften ohne Vetorecht144. 20.72a Auch an das Mitunternehmerrisiko des Kommanditisten stellt die Rechtsprechung keine allzu hohen Voraussetzungen. Nach Ansicht des Großen Senats des BFH setzt 137 BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363; BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286 = FR 1999, 262 = GmbHR 1999, 193; BFH v. 9.12.2002 – VIII R 20/01, BFH/NV 2003, 601; BFH v. 3.11.2015 – VIII R 63/13, BStBl. II 2016, 383; zur Kompensation der Merkmale Kraft/Schreiber, NWB 2016, 1492 ff. 138 BFH v. 5.7.1978 – I R 22/75, BStBl. II 1978, 644; BFH v. 25.6.1981 – IV R 61/78, BFHE 134, 261 = BStBl. II 1982, 59 = FR 1982, 69; BFH v. 27.5.1993 – IV R 1/92, BFHE 171, 510 = BStBl. II 1994, 700 = FR 1994, 17 = GmbHR 1994, 345; BFH v. 22.8.2002 – IV R 6/01, BFH/NV 2003, 36; BFH v. 9.12.2002 – VIII R 20/01, BFH/NV 2003, 601; BFH v. 16.12.2003 – VIII R 6/93, GmbHR 2004, 973 = BFH/NV 2004, 1080. 139 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355 unter C.V.3.c) cc) (1); BFH v. 8.4.2008 – VIII R 73/05, BStBl. II 2008, 681 = GmbHR 2008, 948 = FR 2008, 1017 m. Anm. Keß. 140 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355 unter C.V.3.c) cc). 141 Vgl. BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/94, BStBl. II 1996, 269 (272) = FR 1996, 30. 142 Vgl. FG Hamburg v. 18.10.2001 – II 281/00, EFG 2002, 260 ff. zu einer Familienpersonengesellschaft. 143 Vgl. Zimmermann u.a., Personengesellschaft im Steuerrecht, B, Rz. 86. 144 Vgl. BFH v. 11.10.1988 – VIII R 328/83, BStBl. II 1989, 762 = FR 1989, 307 = GmbHR 1989, 264.

590 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.73 § 20

das Tragen von Mitunternehmerrisiko die gesellschaftsrechtliche Teilnahme am Erfolg oder Misserfolg eines gewerblichen Unternehmens voraus. Dieses Risiko wird in der Regel durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven einschließlich des Geschäftswerts vermittelt. Ein Kommanditist, dessen Stellung dem gesetzlichen Leitbild des HGB entspricht, trägt nach Ansicht der Rechtsprechung auch ein Mitunternehmerrisiko. Es ist also für die Annahme eines Mitunternehmerrisikos nicht erforderlich, dass eine unbeschränkte Haftung für die Geschäftsverbindlichkeiten besteht. Vielmehr ist es ausreichend, dass man am laufenden Gewinn und im Falle des Ausscheidens und der Liquidation auch an den stillen Reserven (§ 168, § 161 Abs. 2, § 105 Abs. 3 HGB, § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB) und nach Maßgabe des § 167 Abs. 3 HGB am Verlust beteiligt ist, also bis zur Höhe der Einlage haftet. Ein Mitunternehmerrisiko ist zu verneinen, wenn der Stille keine Einlage leistet, die sein Vermögen belastet (siehe Rz. 20.79 ff.). Dem BFH-Urteil vom 13.7.2017145 lässt sich meines Erachtens die wichtige Klärung entnehmen, dass auch die Gewährung von Nutzungsvorteilen durch den Stillen an den Geschäftsinhaber eine werthaltige Gesellschaftereinlage sein kann. Der IV. Senat anerkennt als Gesellschafterbeiträge sowohl die unentgeltliche Überlassung von Anlagevermögen durch den Stillen an den Geschäftsinhaber in Form einer Nutzungseinlage als auch einen (Forderungs-)Verzicht oder generellen Verzicht des Stillen auf ein Entgelt für im Interesse der Gesellschaft tatsächlich geleistete Arbeit. Vergleicht man das gesetzliche Leitbild des stillen Gesellschafters mit dem des Kommanditisten, wird klar, welche Gestaltungsmöglichkeiten es gibt, um das stille Beteiligungsverhältnis als ein atypisches i.S. des Steuerrechts auszugestalten146. In Bezug auf die Mitunternehmerinitiative unterscheidet sich die Stellung des Stillen wenig von der Stellung des Kommanditisten. Sowohl der Kommanditist (§ 164 HGB) als auch der stille Gesellschafter sind von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Beide haben nur ein Recht zur Prüfung des Jahresabschlusses (§ 166 HGB für den Kommanditisten; § 233 HGB für den stillen Gesellschafter). Eine etwas stärkere Stellung hat der Kommanditist nur dadurch, dass ihm gemäß § 164 HGB ein Vetorecht bei außergewöhnlichen Geschäften zusteht, das der stille Gesellschafter nicht hat. Hinsichtlich des Mitunternehmerrisikos bestehen größere Unterschiede. Zwar sind Kommanditist und stiller Gesellschafter in gleicher Weise am Gewinn und Verlust beteiligt; denn beide nehmen am Verlust nur bis zum Betrag ihrer Einlage teil. Unterschiede bestehen aber hinsichtlich ihrer vermögensmäßigen Beteiligung. Während der Kommanditist als Gesamthänder am Gesellschaftsvermögen der Kommanditgesellschaft beteiligt ist, hat die stille Gesellschaft zivilrechtlich kein Gesamthandsvermögen. Dieser Unterschied ist aber – wie oben (Rz. 20.67) gezeigt wurde – steuerrechtlich zu vernachlässigen. Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass der Kommanditist gemäß § 161 Abs. 2, § 105 Abs. 3 HGB, § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB an den stillen Reserven und am Geschäftswert beteiligt ist, während der stille Gesellschafter, wenn keine abweichende Vereinbarung besteht, gemäß § 235 HGB nicht an den stillen Reserven des 145 BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, GmbHR 2017, 1348. 146 Zu diesem Vergleich siehe auch Groh in FS Kruse, S. 417 (418); zu jüngeren Entwicklungen in der Rechtsprechung des BFH siehe Levedag, GmbHR 2019, 699 (699 ff.).

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20.73

§ 20 Rz. 20.73 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Unternehmens beteiligt ist. In seiner jüngeren Rechtsprechung formuliert der BFH zusammenfassend147: „Mitunternehmer ist ein stiller Gesellschafter regelmäßig, wenn er nicht nur am laufenden Gewinn und Verlust des vom tätigen Teilhaber betriebenen Unternehmens teilhat, sondern im Innenverhältnis schuldrechtlich auch an den stillen Reserven und an einem Geschäftswert beteiligt sein soll, etwa in der Weise, dass er bei einer Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses nach Maßgabe einer Auseinandersetzungsbilanz und seiner prozentualen Gewinnbeteiligung auch einen Anteil an den Wertsteigerungen des Betriebsvermögens erhalten soll. Insgesamt muss sich aus der gebotenen Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls ergeben, dass der Beteiligte auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrags Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann.“ Hinsichtlich der erforderlichen Beteiligung am Geschäftswert stellt der BFH darauf ab, dass dieser nach den verkehrsüblichen Berechnungsmethoden ermittelt werden muss und ein stiller Gesellschafter, der als Mitunternehmer angesehen werden soll, regelmäßig bei Beendigung der Gesellschaft daran beteiligt sein muss148. Ob eine ausreichende Risikotragung gegeben ist, darf nur anhand der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen über die stille Beteiligung beurteilt werden.

20.74 Da es um eine Gesamtbetrachtung der Stellung des Stillen geht und der Mitunternehmerbegriff ein Typusbegriff mit den beiden Untermerkmalen der Mitunternehmerinitiative und des -risikos ist, sind Grenzfälle, in denen die Zuordnung zweifelhaft bleibt, unvermeidbar. Als Leitlinie für die Gestaltung kann herangezogen werden, dass auf Grundlage einer fremdüblichen Gestaltung die Zubilligung der Rechte gemäß § 233 HGB bei gleichzeitiger Teilnahme des Stillen am Gewinn, am Verlust (auch nur bis zur Höhe der Einlage) und am Geschäftswert bei Beendigung der stillen Gesellschaft eine ausreichende Mitunternehmerinitiative und ein ausreichendes Mitunternehmerrisiko vermitteln. Für die Gestaltungspraxis ist ferner zu beachten, dass es ausreicht, wenn der Vereinbarung über die Beteiligung an den Wertsteigerungen des Betriebsvermögens (stillen Reserven) und am Geschäftswert mehr als eine nur theoretische Bedeutung zukommt149. Die Stellung eines Mitunternehmers in einer GmbH & atypisch Still wird daher ggf. nicht erlangt, wenn zwar im Gesellschaftsvertrag geregelt ist, dass der stille Gesellschafter bei einer Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses an den stillen Reserven sowie dem Geschäftswert beteiligt ist, aber nicht, wie stille Reserven und ein etwaiger Geschäftswert zwischen dem Inhaber des Handelsgewerbes und dem stillen Gesellschaftern aufzuteilen sind150 und dies auch nicht durch die Auslegung des Vertrags ermittelt werden kann.

147 BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, BFHE 246, 349 = GmbHR 2014, 1278 = FR 2015, 76 m. Anm. Kanzler = DStR 2014, 2111; siehe auch BFH v. 31.5.2012 – IV R 40/09, BFH/NV 2012, 1440; BFH v. 13.7.2019 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133; BFH v. 19.7.2018 – IV R 10/17, GmbHR 2018, 1228. 148 BFH v. 9.12.2002 – VIII R 20/01, BFH/NV 2003, 601; BFH v. 13.7.2019 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133; BFH v. 19.7.2018 – IV R 10/17, GmbHR 2018, 1228. 149 BFH v. 1.7.2010 – IV R 100/06, GmbHR 2010, 1168 = BFH/NV 2010, 2056. 150 Vgl. FG München v. 27.5.2014 – 15 K 352/11, juris.

592 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.76 § 20

Regelausprägung des Mitunternehmerrisikos: Nach der Rechtsprechung des BFH (siehe Rz. 20.71) ist für das Mitunternehmerrisiko die Beteiligung am laufenden Gewinn und Verlust des Handelsgewerbes für die Annahme einer atypisch stillen Beteiligung obligatorisch. Eine Beschränkung der Verlustbeteiligung auf die Einlage ist dabei allerdings unschädlich, denn auch der Kommanditist nimmt nur bis zur Höhe seiner Einlage am Verlust der Gesellschaft teil; dies gilt wiederum nicht, wenn eine Forderung in eine atypisch stille Beteiligung umgewandelt wird, die im Zeitpunkt der Umwandlung wirtschaftlich wertlos ist151. Grundsätzlich erforderlich ist außerdem die Beteiligung an den stillen Reserven einschließlich des Firmenwerts/Geschäftswerts bei Beendigung der stillen Gesellschaft152. Trägt der stille Gesellschafter das volle Mitunternehmerrisiko, weil eine Verlustbeteiligung vorgesehen ist und er auch an den stillen Reserven des Anlagevermögens und am Geschäftswert beteiligt wird, nimmt die Rechtsprechung eine Mitunternehmerschaft an, wenn die Kontrollrechte (Initiativrechte) dem gesetzlichen Leitbild gemäß § 235 HGB entsprechen153, d.h. es reichen die Mindestanforderungen aus.

20.75

Kompensation eines eingeschränkten Mitunternehmerrisikos: Eine eingeschränkte Risikotragung muss durch eine besonders ausgeprägte Mitunternehmerinitiative ausgeglichen werden154. Hierfür lässt es die Rechtsprechung nicht genügen, dass dem stillen Gesellschafter nur die gesetzlichen Kontrollrechte des Kommanditisten bzw. des stillen Gesellschafters eingeräumt werden155. Für die Kompensation eines eingeschränkten Mitunternehmerrisikos müssen dem stillen Gesellschafter – sei es als Geschäftsführer, sei es als Prokurist oder leitender Angestellter – Aufgaben der Geschäftsführung, mit denen ein nicht unerheblicher Entscheidungsspielraum und damit auch ein Einfluss auf grundsätzliche Fragen der Geschäftsleitung verbunden ist, zur selbstständigen Ausübung übertragen werden156. Bei der Prüfung der gesteigerten Mitunternehmerinitiative des Inhabers einer stillen Beteiligung an einer GmbH kommt es darauf an, ob Geschäftsführungsbefugnisse oder anderweitige Direktionsrechte, die der stille Gesellschafter, z.B. als leitender Angestellter der GmbH in einer GmbH & atypisch Still hat, rechtlich abgesichert sind157. Der BFH sah in solchen Fällen bisweilen sogar den Ausschluss sowohl der Verlustbeteiligung als auch der Betei-

20.76

151 BFH v. 31.5.2012 – IV R 40/09, BFH/NV 2012, 1440 m.w.N. 152 Zu einem Ausnahmefall siehe BFH v. 19.2.1981 – IV R 152/76, BFHE 133, 180 = BStBl. II 1981, 602: Mitunternehmerrisiko aufgrund einer der Höhe nach unbegrenzten Beteiligung des Stillen am Verlust, die zu einer persönlichen Inanspruchnahme des Stillen führen konnte. 153 So ausdrücklich BFH v. 11.12.1990 – VIII R 122/86, BFHE 163, 346 = GmbHR 1991, 337 = BB 1991, 684 unter 1.c); BFH v. 13.7.1993 – VIII R 85/91, BStBl. II 1994, 243 = FR 1994, 83 = BB 1994, 474; BFH v. 15.12.1998 – VIII R 62/97, BFHE 187, 250 = GmbHR 1999, 422 unter II.2.a); die vermögensrechtliche Seite besonders betonend BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 = GmbHR 1986, 363 = BB 1986, 580 unter III.2.; BFH v. 7.11.2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 unter II.3.a). 154 BFH v. 31.5.2012 – IV R 40/09, BFH/NV 2012, 1440 m.w.N.; BFH v. 3.11.2015 – VIII R 63/13, BStBl. II 2016, 383; ausführlich Kraft/Schreiber, NWB 2016, 1492 ff. 155 BFH v. 7.11.2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 unter II.3.a). 156 BFH v. 7.11.2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 unter II.3.a). 157 BFH v. 21.1.2010 – IV B 128/08, BFH/NV 2010, 1425.

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§ 20 Rz. 20.76 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

ligung an den stillen Reserven und am Geschäftswert durch die besonders hoch ausgeprägte Mitunternehmerinitiative als kompensiert an158.

20.77 frei 2. Sonderfragen a) GmbH & (a)typisch Still

20.78 Dass sich ein Gesellschafter einer GmbH an dieser selbst auch noch still beteiligen kann und dies auch für Besteuerungszwecke anerkannt werden kann, steht heute außer Frage (siehe Rz. 5.35)159. In zwei jüngeren Entscheidungen zur GmbH & atypisch Still160 betont der IV. Senat des BFH auch hier die Geltung der allgemeinen Grundsätze des Mitunternehmerbegriffs: – Ist ein atypisch stiller Gesellschafter am laufenden Gewinn, am Verlust (bis zur Höhe einer erbrachten werthaltigen Einlage, siehe dazu Rz. 20.79) und an den stillen Reserven des Betriebsvermögens der GmbH161 sowie am Geschäftswert der GmbH162 beteiligt (Mitunternehmerrisiko in der starken Ausprägung) und hat er daneben annähernd die Rechte, die einem stillen Gesellschafter nach dem Regelstatut des HGB zustehen, ist er Mitunternehmer. Ausreichend für die Mitunternehmerinitiative ist neben einer solchen Ausprägung des Risikos die Einräumung der Einsichts- und Kontrollrechte nach § 233 HGB, die dem Stillen das Recht gewähren, den Jahresabschluss zu erhalten und dessen Richtigkeit anhand der Geschäftsunterlagen der GmbH zu prüfen.163 Um eine Ausprägung der Mitunternehmerinitiative zu erreichen, die der Stellung des Kommanditisten noch weiter angenähert ist, können dem Stillen noch Widerspruchsrechte i.S.d. § 164 HGB oder ein Kontrollrecht gemäß § 716 BGB eingeräumt werden.164 – Ist das Mitunternehmerrisko des Stillen schwächer ausgeprägt (z.B. fehlende Beteiligung an den stillen Reserven und Ausschluss jeglicher Verlustbeteiligung entgegen § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB), kann dies durch eine stärker ausgeprägte Mitunternehmerinitiative kompensiert werden. Hierfür genügt es jedoch nicht, dem Stillen die Kontrollrechte gemäß § 233 HGB als Mindestmaß der Mitunternehmerinitiati158 BFH v. 11.12.1990 – VIII R 122/86, FR 1991, 236 = GmbHR 1991, 337 = DStR 1991, 457; kritisch dazu Weber, DB 1992, 546. 159 Siehe nur BFH v. 31.8.1999 – VIII R 21/98, GmbHR 2000, 293 unter II.3; BFH v. 26.11.2003 – VIII R 64/03, GmbHR 2004, 436. 160 BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133 = GmbHR 2017, 1348; BFH v. 19.7.2018 – IV R 10/17, GmbHR 2018, 1228. 161 BFH v. 9.12.2002 – VIII R 20/01, BFH/NV 2003, 601. 162 Vgl. dazu vertiefend Bodden, kösdi 2019, 21282 (21286): Die Beteiligung an den stillen Reserven muss in der Regel auf Grundlage eines Ertragswertverfahrens als üblicher Methode ermittelt werden. 163 BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133 = GmbHR 2017, 1348; BFH v. 19.7.2018 – IV R 10/17, GmbHR 2018, 1228; BFH v. 7.11.2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906; Bodden, kösdi 2019, 21282 (21287). 164 Bodden, kösdi 2019, 21282 (21286).

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Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.79 § 20

ve einzuräumen oder diese i.S.d. Rechte nach § 716 BGB auszudehnen165. Zur Gewährleistung einer besonders stark ausgeprägten Mitunternehmerinitiative müssen ihm rechtlich abgesichert Aufgaben der Geschäftsführung, die einen nicht unerheblichen Entscheidungsspielraum auf grundsätzliche Fragen der Geschäftsleitung vermitteln, zur selbständigen Ausübung übertragen werden.166 Im Urteil vom 13.7.2017167 arbeitet der IV. Senat nochmals heraus, auf welche Vereinbarungen für die Prüfung des Mitunternehmerrisikos und der Mitunternehmerinitiative in der GmbH & Still abzustellen ist. Ob eine ausreichende Risikotragung gegeben ist, darf nur anhand der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen über die stille Beteiligung beurteilt werden. Beteiligt sich ein GmbH-Gesellschafter noch zusätzlich still, kann das für einen atypisch stillen Gesellschafter erforderliche Mitunternehmerrisiko nicht darauf gestützt werden, dass er „mittelbar“ in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der GmbH an den stillen Reserven und einem Zuwachs am Firmenwert partizipiert, da solche „Fernwirkungen“ aus anderen Rechtsverhältnissen unbeachtlich sind.168 Ganz anders ist dies bei der Prüfung der Mitunternehmerinitiative. Zwar müssen auch hier die rechtlichen Grundlagen für die Voraussetzungen der Mitunternehmerinitiative im Vertrag über die stille Beteiligung angelegt sein, dem besonderes Gewicht zukommt. Ergänzend darf jedoch bei der GmbH & Still auf Grundlage der sog. Gesamtbildbetrachtung berücksichtigt werden, dass sich auch Einflussnahmemöglichkeiten des Stillen auf die Führung des Unternehmens der GmbH aus einer Geschäftsführertätigkeit für die GmbH oder aus einer Gesellschafterstellung ergeben können.169 Sehr kontrovers wird im Schrifttum folgende Aussage des IV. Senats im Urteil vom 13.7.2017170, diskutiert: „Die Teilnahme eines Gesellschafters am Erfolg oder Misserfolg eines gewerblichen Unternehmens setzt voraus, dass dieser zugunsten der Gesellschaft sein eigenes Vermögen belastet, sei es in Gestalt einer Haftung gegenüber Gläubigern der Gesellschaft, sei es durch Erbringung eines sein Vermögen belastenden Gesellschafterbeitrags. Ein solcher Beitrag kann in der Übernahme einer Bar- oder Sacheinlage, aber auch in der unentgeltlichen Überlassung von Anlagevermögen zur Nutzung (Nutzungseinlage) oder einem (Forderungs-)Verzicht auf ein Entgelt für im Interesse der Gesellschaft tatsächlich geleis-

165 Schulze zur Wiesche, DStZ 2019, 233 (234) mit Hinweis auf BFH v. 9.12.2002 – VIII R 20/01, BFH/NV 2003, 601. 166 BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133 = GmbHR 2017, 1348; BFH v. 7.11.2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906; Bodden, kösdi 2019, 21282 (21287); Schulze zur Wiesche, DStZ 2019, 233 (234). 167 BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133 = GmbHR 2017, 1348. 168 BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133 Rz. 30 = GmbHR 2017, 1348; Kleinheisterkamp in JbFStR 2018/2019, S. 520; Bodden, kösdi 2019, 21282 (21285); Schulze zur Wiesche, DStZ 2019, 233 (234). 169 BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133 Rz. 25, 26 = GmbHR 2017, 1348; Kleinheisterkamp in JbFStR 2018/2019, S. 520; Schulze zur Wiesche, DStZ 2019, 233 (234). 170 BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133 = GmbHR 2017, 1348 (Rz. 32).

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20.79

§ 20 Rz. 20.79 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

tete Arbeit bestehen. Nur ein derartiger Einsatz persönlichen Vermögens kann Anknüpfungspunkt für ein eigenes unternehmerisches (Verlust-)Risiko des Gesellschafters sein. Der bloße Verzicht auf eine spätere Gewinnbeteiligung reicht hingegen nicht aus, selbst wenn darin zivilrechtlich ein ausreichender Gesellschafterbeitrag zu sehen sein sollte.“ Diese Passage des Urteils wird zu Recht als eine vom IV. Senat aufgestellte abstrakte Voraussetzung für das Mitunternehmerrisiko des atypisch stillen Gesellschafters verstanden171. Dies lässt sich auch daraus ableiten, dass der IV. Senat eine Vermögensbelastung in Form einer Einlage jüngst auch für die Begründung einer typisch stillen Unterbeteiligung an einem Mitunternehmeranteil verlangt hat (siehe Rz. 31.2)172. Da das Mitunternehmerrisiko sich beim atypisch stillen Gesellschafter nicht auf eine persönliche (potenzielle) Außenhaftung stützen lässt, ist nach diesem Rechtssatz ein schwach ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko des Stillen erst gegeben, wenn er einen sein Vermögen belastenden Gesellschafterbeitrag erbringt.

20.79a Allerdings wirft diese „neue“ Voraussetzung Zweifelsfragen auf. Der Entscheidung des IV. Senats ist zu entnehmen, dass die rechtliche Einlageverpflichtung des Stillen für sich betrachtet für Vermögensbelastung nicht ausreicht. Diese Aussage ist allerding im Kontext der bisher ergangenen Rechtsprechung zu sehen. Ein Verlustrisiko für das eigene Vermögen des stillen Gesellschafters kann sich meines Erachtens auch auf Grundlage der Aussage des IV. Senats im Verhältnis fremder Dritter zueinander bereits aus der rechtlichen Einlageverpflichtung ergeben. Der IV. Senat hatte in einer früheren Entscheidung zu § 15a EStG auch eine (werthaltige) Einlageverpflichtung als „geleistete Einlage“ angesehen173. Leistet der stille Gesellschafter seine versprochene Einlage nicht, kann diese in der Insolvenz des Geschäftsinhabers vom stillen Gesellschafter in die Insolvenzmasse einzuzahlen sein (§ 236 Abs. 2 HGB)174. Bei einem anderen Verständnis entstünden auch Wertungswidersprüche zur Rechtsprechung bei Außengesellschaften. Für diese ist anerkannt, dass sich ein schwach ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko allein auf die im Außenverhältnis bestehende potenzielle Haftung des Mitunternehmers für Schulden der Gesellschaft stützen lässt175. Reicht aber bei der Außengesellschaft die potenzielle Inanspruchnahme des Vermögens des Mit171 Vgl. Kleinheisterkamp in JbFStR 2018/2019, S. 519; Lamprecht, Ubg 2018, 613 (615 ff.); Schulze zur Wiesche, DStZ 2019, 233 (235). 172 BFH v. 7.11.2018 – IV R 20/16, BStBl. II 2019, 224. 173 Vgl. BFH v. 24.4.2014 – IV R 18/10, GmbHR 2014, 1113: Eine stille Einlage ist dann „geleistet“, wenn dem Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes etwas für Rechnung des stillen Gesellschafters zugeflossen ist, was den bilanziellen Unternehmenswert mehrt, also die Aktiva des Unternehmens erhöht oder die Passiva mindert. Dies gilt nicht nur für Einlageverpflichtungen, die auf einer Bareinzahlung in das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes gerichtet sind, sondern auch für Verpflichtungen zur Leistung einer Sacheinlage, wie etwa einer Forderungsabtretung. 174 Lamprecht, Ubg 2018, 613 (618); kritisch auch Kleinheisterkamp in JbFStR 2018/2019, S. 522. 175 Vgl. z.B. zum GbR-Gesellschafter BFH v. 25.4.2006 – VIII R 74/03, BFHE 213, 358 = BStBl. II 2006, 595; BFH v. 4.4.2007 – IV B 143/05, BFH/NV 2007, 1848. Zur Bedeutung der Außenhaftung im Rahmen der Kompensation siehe auch Kempermann, FR 2016, 668 (672).

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Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.79b § 20

unternehmers aus, ist kein Grund ersichtlich, bei der Innengesellschaft eine fremdübliche Einlageverpflichtung des stillen Gesellschafters nicht als Vermögensbelastung anzuerkennen. Die Entscheidung des IV. Senats betrifft daher im Kern atypisch stille Beteiligungen unter nahe stehenden Personen176 oder vergleichbare Konstellationen der Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft mit einem GmbH-Gesellschafter177. Verpflichtet sich der stille Gesellschafter, auf ihm zustehende künftige Gewinne zu verzichten, um seine Einlageverpflichtung zu erfüllen, ist dies aus Sicht des BFH „wirtschaftlich ein Nullsummenspiel“, das kein unternehmerisches Risiko des Gesellschafters begründet. Daran ist zutreffend, dass der Verzicht eines Steuerpflichtigen auf künftige Einnahmen keine Aufwendung im Zeitpunkt des Verzichts darstellt178 und der Zuweisung von Gewinnen daher zunächst keine Einlage des Stillen gegenübersteht. Erbringt unter nahestehenden Personen ein Gesellschafter keinen fremdüblichen Beitrag für die Erreichung des Gesellschaftszwecks, darf er zivilrechtlich aber dennoch am Gewinn der Gesellschaft teilhaben, handelt es sich um eine Zuwendung von Gewinnanteilen durch die Mitgesellschafter oder den Geschäftsinhaber an den Stillen. Zum Mitunternehmer wird ein solcher stiller Gesellschafter erst, wenn er durch das Stehenlassen der ihm zugewendeten Mittel einen eigenen Kapitalanteil aufgebaut und hierdurch für sich eine eigene Einkunftsquelle geschaffen hat179. Bei einer solchen Gestaltung ist im ersten Jahr der Begründung der Gesellschafterstellung noch nicht von einer wirksamen atypisch stillen Beteiligung auszugehen, diese kann erst dann angenommen werden, wenn der Stille den ersten ihm zugewiesenen Gewinnanteil verwendet, um seine gegenüber der Gesellschaft bestehenden Einlageverpflichtung zu erfüllen. Ab diesem Zeitpunkt wird jedoch ein Mitunternehmerrisiko getragen, das auch nicht entfällt, wenn später die stehen gelassenen Gewinnanteile des Stillen durch die Zuweisung von Verlusten verbraucht werden180. Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des GrS des BFH181, der geklärt hat, dass eine Mitunternehmerstellung sich zeitabhängig entwickeln kann. Ob ein zivilrechtlicher Gesellschafter durch Erfüllung beider die Mitunternehmerstellung begründenden Merkmale Mitunternehmer ist, kann auf Grundlage der Abschnittsbesteuerung in den einzelnen Jahren seiner zivilrechtlichen Beteiligung unterschiedlich zu beurteilen sein. Bei diesem Verständnis „harmoniert“ das Besprechungsurteil auch mit den Aussagen im BFH-Urteil vom 31.5.2012182. In dieser Entscheidung hat der BFH die Zurechnung von Verlustanteilen unter einander nahestehenden Gesellschaftern an einen atypisch

176 Lamprecht, Ubg 2018, 613 (618); Kleinheisterkamp in JbFStR 2018/2019, S. 521; weitergehend Schulze zur Wiesche, DStZ 2019, 233 (235), der von einer generellen Anforderung ausgeht. 177 Siehe zur Fremdüblichkeitsprüfung bei der GmbH & atypisch Still Rz. 21.88 ff. 178 Vgl. BFH v. 9.5.2017 – VIII R 1/14, BFH/NV 2017, 1418; Musil in H/H/R, § 2 EStG Rz. 155. 179 Lamprecht, Ubg 2018, 613 (619); BFH v. 1.2.1973 – IV R 9/68, BStBl. II 1973, 221. 180 Lamprecht, Ubg 2018, 613 (618); Kleinheisterkamp in JbFStR 2018/2019, S. 522; Wacker in JbFStR 2018/2019, S. 525. 181 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BFHE 141, 405 = BStBl. II 1984, 751 Rz. 209 = GmbHR 1984, 355. 182 BFH v. 31.5.2012 – IV R 40/09, BFH/NV 2012, 1440.

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20.79b

§ 20 Rz. 20.79b | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

stillen Gesellschafter verneint, weil dieser als Gesellschafterbeitrag eine wertlose Forderung in das Vermögen des Geschäftsinhabers eingebracht hatte.

20.79c Die Praxis wird sich darauf einstellen müssen, dass es jedenfalls bei der Begründung einer GmbH & atypisch still mit einem GmbH-Gesellschafter und bei der Begründung atypisch stiller Beteiligungen unter Angehörigen nicht ausreichend ist, nur eine rechtliche Einlageverpflichtung des stillen Gesellschafters zu begründen. Aus Vorsichtsgründen wird sowohl unter nahestehenden Personen als auch unter fremden Dritten geraten, mit dem Eintritt eine taugliche Gesellschaftereinlage zu erbringen183. 20.80 Typische stille Beteiligungen des beherrschenden Gesellschafters einer GmbH werden in der Praxis als schwierig zu gestalten angesehen184. Die zusammenfassende Betrachtung der Teilhaberechte auf Ebene der GmbH auf Grundlage des Gesellschaftsvertrags und auf Grundlage des stillen Gesellschaftsvertrags (Rz. 20.78) wirft insoweit Probleme auf. Die Rechtsprechung und ihr folgend die Finanzverwaltung lassen zwar prinzipiell die Möglichkeit zu, eine nur typische stille Beteiligung des beherrschenden Gesellschafters der GmbH zu begründen185. Da eine stark ausgeprägte Mitunternehmerinitiative die fehlende Beteiligung an den stillen Reserven und am Geschäftswert kompensieren kann (siehe Rz. 20.75), kann es aufgrund der gebotenen Gesamtbildbetrachtung jedoch vorkommen, dass die Finanzverwaltung aufgrund der Kompensationswirkung zur Annahme einer nicht gewollten atypisch stillen Beteiligung gelangt. Allerdings hat das FG München die Gründung einer GmbH & atypisch Still verneint und eine typisch stille Beteiligung in einem Fall angenommen, in dem der stille Gesellschafter und beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer nicht an den stillen Reserven beteiligt war und sein schwach ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko nicht durch ausgeprägte Mitunternehmerinitiativrechte kompensiert werden konnte, weil mehrere Geschäftsführer der GmbH bestellt waren186. b) Stille Beteiligung eines Kommanditisten an einer GmbH & Co. KG

20.81 Die stille Beteiligung eines Kommanditisten (Mitunternehmers) einer GmbH & Co. KG als atypisch stiller Gesellschafter an der KG wirft in mehrfacher Hinsicht Fragen auf. Nach der jüngeren Rechtsprechung des BFH (siehe Rz. 20.23 und 20.59) führt die atypisch stille Beteiligung eines Mitunternehmers an der „eigenen“ Personengesellschaft zum Entstehen einer doppelstöckigen Personengesellschaft187: Ertragsteuerlich 183 Lamprecht, Ubg 2018, 613 (618); Kleinheisterkamp in JbFStR 2018/2019, S. 522; Prinz in JbFStR 2018/2019, S. 524. 184 So auch Kessler/Teufel, DB 2001, 1955 (1956). Unzutreffend Winter, GStB 2001, 104 (104), der sich nur auf ältere Urteile bezieht. 185 Diese Möglichkeit bejahend OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S2241 A-08-L221, FR 2003, 1299 (1300) und OFD Frankfurt a.M. v. 14.9.2000 – S2241A-37-St II 21, GmbHR 2000, 1276 (1277) unter Hinweis auf BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, BFHE 138, 458 = FR 1983, 539 = GmbHR 1983, 281 = GmbHR 1983, 315. 186 FG München v. 27.1.2014 – 7 K 987/11, EFG 2014, 848, rkr. 187 Siehe BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker = GmbHR 2014, 890 = DStR 2014, 1384 zur Personengesellschaft & atypisch Still als doppelstöckiger Personengesellschaft; BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, BStBl. II 2012, 183 = FR 2012, 372 unter

598 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.83 § 20

wird der Betrieb der Personengesellschaft (Inhaberin des Handelsbetriebs) ab Errichtung der atypisch stillen Gesellschaft jener als „Quasi-Gesamthandsvermögen“ zugeordnet. Dieser Zuordnungswechsel des Betriebs ist wie eine Einbringung i.S. des § 24 UmwStG zu würdigen (siehe Rz. 26.26, 26.29). Die Außen-Personengesellschaft wird zur Obergesellschaft und Mitunternehmerin der atypisch stillen Gesellschaft im Rahmen einer doppelstöckigen Gesellschaftsstruktur. Weiterer Mitunternehmer der atypisch stillen Innengesellschaft (Untergesellschaft) ist der Kommanditist in seiner Funktion als atypisch stiller Gesellschafter. Die frühere Rechtsprechung des BFH, die den atypisch stillen Gesellschafter nur als Mitunternehmer der Außen-Personengesellschaft behandelt hat188, ist meines Erachtens heute nur noch bedingt aussagekräftig. Der atypisch stille Gesellschafter muss seine Mitunternehmerstellung in der stillen Gesellschaft grundsätzlich eigenständig auf Grundlage der Beteiligungsrechte aus der Vereinbarung über die stille Beteiligung herleiten und auf dieser Grundlage Mitunternehmerrisiko und -initiative entfalten können189. Die für die GmbH & atypisch Still anerkannte Gesamtbildbetrachtung bei Prüfung der Mitunternehmerinitiative hat der BFH in der Vergangenheit auch schon für die Beteiligung eines Kommanditisten an einer GmbH & Co KG bejaht, der zugleich Geschäftsführer der KomplementärGmbH war190.Wenn der stille Gesellschafter als Geschäftsführer der KomplementärGmbH Mitunternehmerinitiative in der KG entfalten kann, stellt sich die Frage, ob eine starke Mitunternehmerinitiative ein vorhandenes, aber schwach ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko in der Regel ausgleicht (siehe Rz. 20.73). Selbst wenn der stille Gesellschafter weder an den stillen Reserven noch am Geschäftswert beteiligt ist, kann er nach dem BFH Mitunternehmer sein, wenn er aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH eine besonders starke Mitunternehmerinitiative entfalten kann191.

20.82

Zurückhaltender sieht die Rechtsprechung dies, wenn der stille Gesellschafter Mehrheitsgesellschafter in der Komplementär-GmbH, nicht aber auch gleichzeitig Ge-

20.83

188 189 190 191

II.4.a; offen gelassen für den Wechsel aus der Stellung als persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA in die Stellung eines atypisch stillen Gesellschafters als „formwechselnde Umwandlung“ in BFH v. 16.4.2010 – IV B 94/09, GmbHR 2010, 774 = BFH/NV 2010, 1272; vertiefend Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719. BFH v. 20.11.1990 – VIII R 10/87, BFHE 163, 336 = FR 1991, 270 = GmbHR 1991, 217. Zu dieser Fallgruppe siehe auch Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Rz. 396; Weber, GmbHR 1994, 144 (146); kritisch Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 (720). BFH v. 15.12.1998 – VIII R 62/97, BFH/NV 1999, 773 = GmbHR 1999, 422; Schulze zur Wiesche, DStZ 2019, 233 (234). BFH v. 7.11.2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 unter II.3.a; BFH v. 20.11.1990 – VIII R 10/87, BFHE 163, 336 = FR 1991, 270 = GmbHR 1991, 217; BFH v. 15.12.1992 – VIII R 42/90, BFHE 170, 345 = BStBl. II 1994, 702 = FR 1993, 436 = BB 1993, 1194 unter I.2.b); BFH v. 31.8.1999 – VIII R 21/98, GmbHR 2000, 293 unter II.3.b)bb); BFH v. 18.6.2001 – IV B 88/00, BFH/NV 2001, 1550 unter II.3.a). Zu dieser Fallgruppe siehe auch Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 Rz. 396. Gleiches gilt bei der verdeckten Mitunternehmerschaft, siehe BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710 = DStR 1998, 967.

Levedag | 599

§ 20 Rz. 20.83 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

schäftsführer der Komplementär-GmbH ist. Der BFH stellt in diesen Fällen zumeist standardmäßig auf die Initiativrechte des Geschäftsführers oder anderer operativ tätiger Personen ab192. Bejaht wurde aber auch schon eine Kompensation einer eingeschränkten Mitunternehmerrisikos durch ein im Vertrag über die stille Gesellschaft eingeräumtes umfassendes Weisungsrecht, mittels dessen der Mehrheitsgesellschafter gegenüber dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH jederzeit in den operativen Ablauf eingreifen konnte, da dieses Weisungsrecht im entschiedenen Streitfall auch uneingeschränkt durchgesetzt werden konnte193. Ist ein stiller Gesellschafter hingegen gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ohne Gesellschafter der GmbH zu sein, ist seine Mitunternehmerinitiative durch das Weisungsrecht der Gesellschafter erheblich eingeschränkt und dürfte nur in Ausnahmefällen die Annahme einer atypisch stillen Beteiligung rechtfertigen.

20.84 frei

V. Steuerliche Motive für die Begründung von stillen Beteiligungen 20.85 Die steuerlichen Beweggründe für die Begründung von stillen Beteiligungen sind vielfältig. Um unter steuerlichen Gesichtspunkten optimal zu gestalten, bedarf es einer genauen Abwägung der Vor- und Nachteile. So kann durch die Begründung einer stillen Gesellschaft die Erbfolge vorweggenommen werden, ohne dass der Geschäftsinhaber die Leitung seines Unternehmens abgeben muss. Es ist streng zwischen atypischen und typischen stillen Gesellschaften zu unterscheiden, die, wie schon gezeigt wurde, unterschiedliche steuerliche Rechtsfolgen auslösen. Ist eine atypische stille Gesellschaft gewollt, muss darauf geachtet werden, dass die Voraussetzungen, die die Rechtsprechung an die Mitunternehmerstellung des stillen Gesellschafters stellt, zweifelsfrei eingehalten sind. 20.86 Stille Beteiligungen sind zum einen ein beliebtes Mittel, um positive Einkünfte auf andere Personen zu verlagern. Diese Verlagerung der positiven Einkünfte ist vor allem dann interessant, wenn man nahen Angehörigen Einnahmen zuwenden möchte (sog. „Familiensplitting“). Siehe näher Rz. 21.2 ff. 20.87 Seit dem 1.1.2009 kann der typische stille Gesellschafter in den Genuss der Besteuerung seiner Vergütung nach der Abgeltungsteuer i.H. von 25 % der Bruttovergütung für Kapitaleinkünfte kommen, § 32d Abs. 1 Satz 1, § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG. Zur Beschränkung des Anwendungsbereichs der Abgeltungsteuer in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und b EStG, wonach Einkünfte aus stillen Gesellschaften, die nahe stehenden Personen oder Anteilseignern gewährt werden, nicht der Abgeltungsteuer, sondern der Regelbesteuerung unterliegen, wird auf Rz. 22.260 ff. verwiesen. 192 BFH v. 7.11.2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 unter II.3.a.); BFH v. 14.10.2003 – VIII B 281/02, BFH/NV 2004, 188. 193 In BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, FR 1999, 262 = GmbHR 1999, 193 = DStRE 1999, 81 (82) stellt der BFH auf die Weisungsbefugnis ab, obwohl auch eine Geschäftsführerstellung des stillen Gesellschafters vorlag.

600 | Levedag

Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft | Rz. 20.91 § 20

Die atypische stille Gesellschaft kann als Verlusttransfervehikel eine sinnvolle Gestaltung darstellen194. Bei einer Kapitalgesellschaft können Verluste auf der Ebene der Kapitalgesellschaft nicht auf die Ebene der Gesellschafter verlagert werden, wenn keine Organschaft entsprechend §§ 14 ff. KStG vorliegt. Hier kann die Begründung von atypisch stillen Beteiligungen an der Kapitalgesellschaft helfen, die Verluste von der Ebene der Kapitalgesellschaft auf die Ebene der Gesellschafter zu transferieren, da dem atypisch stillen Gesellschafter die Verluste der Kapitalgesellschaft anteilig zugewiesen werden und innerhalb der Grenzen des § 15a EStG mit anderen Einkünften verrechnet werden können. Alternativ käme die Einbringung der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft in eine gewerbliche Holding-GmbH & Co KG mit der Begründung einer Organschaft in Betracht. § 15a EStG findet aber sowohl in der atypisch stillen Gesellschaft als auch gemäß § 15a Abs. 5 EStG innerhalb der typisch stillen Gesellschaft Anwendung. Eine weitere Verlustabzugsbeschränkung ergibt sich aus § 20 Abs. 6 EStG für Kapitalerträge aus typischen stillen Beteiligungen, die der Abgeltungsteuer unterliegen.

20.88

Seit dem 1.1.2004195 dürfen gemäß § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG Verluste aus atypisch stillen Gesellschaften, die von Kapitalgesellschaften als Mitunternehmer an anderen Kapitalgesellschaften begründet werden (auch tracking stocks), weder mit den sonstigen Einkünften aus Gewerbebetrieb, noch mit anderen Einkünften, sondern nur mit positiven Einkünften aus derselben atypisch stillen Gesellschaft ausgeglichen werden. Die Regelung schafft einen besonderen Verlustverrechnungskreislauf. Für die typische stille Gesellschaft gelten die § 15 Abs. 4 Satz 6–8 und § 15a Abs. 5 EStG entsprechend, § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG.

20.89

Bei einer atypisch stillen Gesellschaft können sich aus dem Vorhandensein eines Betriebsvermögens196 Vorteile bei Einbringungsvorgängen nach den § 6 Abs. 5 EStG, §§ 20, 24 UmwStG ergeben (siehe näher Rz. 22.107, 26.65). Die atypisch stille Gesellschaft kann den Gewerbesteuerfreibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG in Anspruch nehmen (Rz. 24.54).

20.90

VI. Zusammenfassung Ob eine stille Gesellschaft vereinbart wurde, bestimmt sich auch steuerrechtlich grundsätzlich nach zivil- und handelsrechtlichen Maßstäben, d.h. dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag. Rückwirkende Vereinbarungen sind steuerlich grundsätzlich unbeachtlich. Es können unter Umständen auch andere Vertragsverhältnisse (in der Regel 194 Zu den Möglichkeiten und Beschränkungen der Verlustverrechnung vgl. Rz. 22.65 ff. 195 Änderungen durch das Korb II-Gesetz v. 22.12.2003 und dem Steuervergünstigungsabbaugesetz v. 11.4.2003. Die Regelung der Mindestbesteuerung in § 2 Abs. 3 EStG a.F. hingegen wurde aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken durch das Korb II-Gesetz mit Wirkung zum 1.1.2004 aufgehoben. Für die Rechtslage zwischen den Veranlagungsjahren 1999 bis 2003 siehe die 6. Aufl., Rz. 22.42 ff. Zum System der Verlustverrechnung siehe auch Intemann/Nacke, DStR 2004, 1149 und Rz. 22.65 ff. und Rz. 22.257 ff. 196 Siehe auch Neu in Beck’sches Hdb. Personengesellschaft, § 14 Rz. 68–170.

Levedag | 601

20.91

§ 20 Rz. 20.91 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Dauerschuldverhältnisse) zwischen einem Personenunternehmen (in der Regel einer Außen-Personengesellschaft) und einem Nichtgesellschafter als verdeckte Innengesellschaften qualifiziert werden. Solche verdeckten Innengesellschaften bilden eine eigenständige Fallgruppe neben der atypisch stillen Innengesellschaft steht. Die Regelungen der §§ 41, 42 AO haben im Bereich der Anerkennung und Nichtanerkennung stiller Gesellschaften keine große Bedeutung. Einkommensteuerlich sind typische stille Gesellschaften von atypischen stillen Gesellschaften zu unterscheiden. Bei der typischen stillen Gesellschaft sind die dem stillen Gesellschafter zufließenden anteiligen Gewinne dem Steuerabzug aus Kapitalvermögen unterliegende Einkünfte (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG); beim Inhaber mindern sie als Betriebsausgaben den einkommensteuerpflichtigen Gewinn aus Gewerbebetrieb. Dagegen wird der atypische stille Gesellschafter als Mitunternehmer (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) der atypisch stillen Gesellschaft als eigenständiger Mitunternehmerschaft angesehen und steuerlich den Gesellschaftern Außen-Personengesellschaft gleichgestellt, obwohl er am Geschäftsvermögen dinglich nicht mitberechtigt ist. Von einer atypischen stillen Gesellschaft ist auszugehen, wenn der stille Gesellschafter ähnlich wie ein Kommanditist Mitunternehmerinitiative entfalten kann und ein Mitunternehmerrisiko trägt. Verfolgen Inhaber und stiller Gesellschafter bei der Ausformung des Gesellschaftsverhältnisses keine entgegengesetzten Interessengelten für die Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses Sonderregeln, die in § 21 behandelt werden. Dies betrifft insbesondere Gesellschaften zwischen nahen Familienangehörigen und solchen zwischen einer GmbH und deren Gesellschaftern. Schwierig ist die Gestaltung einer GmbH & typisch still mit einem beherrschenden Gesellschafter der GmbH, da die Rechtsprechung die durch die GmbH-Beteiligung vermittelten Teilhaberechte auch in die Prüfung einbezieht, ob der stille Gesellschafter Mitunternehmerinitiative entfalten kann.

602 | Levedag

§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen (stille Familiengesellschaft, GmbH & Still) Schrifttum zur stillen Familiengesellschaft: Authenrieth, Karlheinz, Schenkung einer Darlehensforderung vom Vater an Kinder, Anmerkung zu BFH v. 10.4.1984, BB 1985, 168; Ballof, Ferdinand, Unternehmensnachfolge bei Familienunternehmen – Die stille Gesellschaft als Steuersparinstrument, EStB 2000, 245; Bordewin, Arno, Besonderheiten der Ertragsbesteuerung bei Familienpersonengesellschaften, DB 1996, 1359; Bodden, Guido, Die atypisch stille Gesellschaft im Einkommensteuerrecht, kösdi 2019, 21282; Carle, Dieter/Halm, Dirk, Entwicklungen des Sondersteuerrechts der Familiengesellschaften, KÖSDI 2000, 12383; Daragan, Hanspeter, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 9.10.2001, ZEV 2002, 39; Degethof, Michael, Praxishinweise bei der Betriebsprüfung der atypisch stillen Gesellschaft (insbesondere der GmbH & Still), StBp 2002, 349; Flume, Werner, Die Steuerrechtsprechung zur Gewinnverteilung in Familien-Personengesellschaften und die Legitimität der Rechtsprechung, StbJb. 1976/77, 43; Gemeinhardt, Gereon, Verträge unter nahen Angehörigen – steuerliche Anerkennung, BB 2012, 739; Gosch, Dietmar, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 9.10.2001, StBp 2002, 28; Günther, Karl-Heinz, Steuerliche Anerkennung von Familinpersonengesellschaften, EStB 2018, 394; Groh, Manfred, Sind schenkweise begründete Innengesellschaften und Darlehen steuerlich unbeachtlich?, BB 1987, 1505; Heuermann, Bernd, Irritationen über einen alten Rechtsgrundsatz – Verträge zwischen nahe stehenden Personen ohne zivilrechtliche Wirksamkeit? – Anmerkungen zum Nichtanwendungserlass vom 2.4.2007 und zu den BFH-Urteilen vom 7.6.2006 und vom 22.2.2007, DB 2007, 1267; Hey, Johanna, Gestaltungsmissbrauch im Steuerrecht nach der Neufassung des § 42 AO und dem dazu ergangenen BMF-Erlass, BB 2009, 1044; Hübner-Weingarten, Rudolf, Die Beteiligung von Kindern als Kommanditisten, stille Gesellschafter und Unterbeteiligte – grundsätzliche Erwägungen, ZEV 1999, 81; Jäning, Ronny/Schiemzik, Boris, Minderjährige Kinder als Gesellschafter, NWB 2016, 1897; Jestädt, Gottfried, Partiarisches Darlehen oder Stille Gesellschaft?, DStR 1993, 387; Jülicher, Marc, Vertragliche Rückforderungsrechte und Weiterleitungsklauseln in Schenkungsverträgen, DStR 1998, 1977; Kempermann, Michael, Kommentar zum Urteil des BFH v. 9.10.2001, FR 2002, 154; Knobbe-Keuk, Brigitte, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993; Köhler, Roland, Beispielhafte Ermittlung des steuerlich angemessenen Gewinnanteils für eine geschenkte Beteiligung nicht mitarbeitender Kinder bei Familienpersonengesellschaften, StBp 2004, 50; Königer, Stefan/Ziegler, Steffen, Das Familiensplitting nach dem StVerinfG 2011, FR 2011, 937; Korn, Klaus, Angemessene Ergebnisverteilung bei einer typisch stillen Familiengesellschaft, BeSt 2009, 19; Kulemann, Grit/Harle, Georg, GmbH & Still – Familienpersonengesellschaften im Steuerrecht, StBp 2000, 12; Kulosa, Egmont, Auszahlungsbeschränkungen bei einer typisch stillen Gesellschaft mit Minderjährigen – Anmerkung zum Urteil des BFH v. 14.5.2003, HFR 2003, 1151; Kulosa, Egmont Verträge unter nahen Angehörigen, DB 2014, 972; Levedag, Christian, Finanzierung von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften im Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer, GmbHR 2015, 57; Levedag, Christian, Ausgewählte ertragsteuerliche Entwicklungen bei der atypisch stillen Gesellschaft und (a)typisch stillen Unterbeteiligung, GmbHR 2019, 699; Mack, Alexandra/Wollweber, Markus, § 42 AO – Viel Lärm um nichts?, DStR 2008, 182; Märkle, Rudi, Angehörige als Darlehensgeber, stille Gesellschafter, Kommanditisten, BB 1993, Beilage 2; Natschke, Thomas, Die stille Gesellschaft als Gestaltungselement, StB 1998, 181; Neufang, Bernd, Die so genannten Innengesellschaften – ein Rechtsinstrument zur Optimierung der Unternehmensform, INF 1987, 8; Neufang, Bernd, Die stille Gesellschaft mit Angehörigen, INF 1987, 563; Ritzrow, Manfred, Die Familienpersonengesell-

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§ 21 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft schaft im Einkommensteuerrecht, StBp 2003, 140 und StBp 2003, 173; Schmidt, Karsten, Die Schenkung von Personengesellschaftsanteilen durch Einbuchung, BB 1990, 1992; Schmidt, Karsten, Formfreie Schenkung von stillen Beteiligungen und Unterbeteiligungen?, DB 2002, 829; Schmidt, Ludwig, Anmerkung zu BFH v. 13.6.1989, FR 1989, 500; Schmidt, Ludwig, Anmerkung zu BFH v. 21.10.1992, FR 1993, 228; Schultes-Schnitzlein/Keese, Christian, Übertragung von Personengesellschaftsanteilen unter Angehörigen, NWB 2009, 394; Schulz, Peter/ Werz, Ralf Stefan, Die disproportionale Gewinn- und Stimmrechtsverteilung – ein Instrument für die Nachfolgeplanung, BB 2005, 2; Schulze zur Wiesche, Dieter, Gewinnverteilungsvereinbarungen bei Personengesellschaften, StBp 1994, 177; Schulze zur Wiesche, Dieter, Gestaltungen innerhalb von Mitunternehmerschaften, DStZ 2014, 719; Stümper, Franz-Peter, Die Selbstständigkeit der Kinder über die GmbH & atypisch Still finanzieren, GStB 2001, 329; Tiedtke, Klaus, Die schenkweise Zuwendung einer stillen Beteiligung an ein minderjähriges Kind, BB 1988, 946; von Wedelstädt, Alexander, Die Änderungen der Abgabenordnung durch das Jahressteuergesetz 2008, DB 2007, 2558; Wacker, Roland, Neue Entwicklungen in der Rechtsprechung zu Ertragsteuerrecht der Personengesellschaften, StbJb. 2002/2003, 85; Weber-Grellet, Heinrich, Betriebsausgaben im Zusammenhang mit schenkweise begründeten Rechtspositionen zugunsten naher Angehöriger – Zur Bedeutung des § 12 Nr. 2 EStG, DStR 1993, 1010; Wendt, Michael, Zur Angemessenheitsprüfung der Gewinnverteilung bei geschenkter Unterbeteiligung, GStB 2002, 50; Werth, Francesca, Erste BFH-Rechtsprechung zur Abgeltungsteuer, DStR 2015, 1343; Zipfel, Lars/Pfefer, Christian, Verträge unter nahen Angehörigen, BB 2010, 343. Schrifttum zur GmbH & Still: Beranek, Axel, Die Besteuerung der GmbH & Still, SteuerStud 1991, 132; Binnewies, Burkhard, Verdeckte Gewinnausschüttungen im (Steuer)Recht der Aktiengesellschaft – Zugleich Anmerkung zu BFH I R 93/01 v. 18.12.2002, DStR 2003, 2105; Bitsch, Herbert, Gewinnverteilung der GmbH & Stille Gesellschaft, GmbHR 1983, 56; Blaurock, Uwe, Die GmbH & Still im Steuerrecht, BB 1992, 1969; Blaurock, Uwe, Die Limited & Still – Bemerkungen zur stillen Gesellschaft im deutschen Kollisionsrecht, in Festschrift für Harm Peter Westermann zum 70. Geburtstag, 2008, S. 821; Bolk, Wolfgang, Einkünfte des an einer GmbH still beteiligten Gesellschafters – Ein Beitrag auch zur Neubesinnung bei sozialversicherungspflichtigen Gesellschaftern, in Festschrift für Wolfram Reiss, 2008, S. 25; Braun, Rainer, Steuerliche Anerkennung einer GmbH & Still, EFG 2005, 952; Carle, Dieter, GmbH & Still, KÖSDI 1987, 7035; Costede, Jürgen, Steuerrechtsfragen der GmbH & Still, StuW 1983, 308; Costede, Jürgen, Die stille Gesellschaft – Überlegungen aus handelsrechtlicher, steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht, StbKRep 1987, 239; Degethof, Michael, Praxishinweise bei der Betriebsprüfung der atypisch stillen Gesellschaft (insbesondere der GmbH & Still), StBp 2002, 349 und StBp 2003, 1; Felix, Günther, Die GmbH mit stiller Beteiligung als attraktive Unternehmensform, StbKRep 1971, 207; Geißler, Markus, Aktuelle und fortdauernde Rechtsprobleme bei der GmbH & Still, GmbHR 2008, 515; Götz, Helmut, Kapital- oder Personengesellschaft? Steuerliche Gesichtspunkte der Rechtsformwahl – national und international, BB 2008, 1032; Gosch, Dietmar, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 14.7.1998, DStR 1998, 1550; Häger, Michael/Forst, Paul, Die GmbH & Still im Lichte des Steuersenkungsgesetzes, EStB 2001, 67; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Die steuerliche atypische stille Beteiligung an der GmbH, GmbHR 1994, 147; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Mitunternehmerische Betätigung und Beteiligung bei der GmbH & atypisch Still, GmbHR 1995, 816; Kulemann, Grit/Harle, Georg, Die Gewinnverteilung in der GmbH & Still, GStB 2000, 14; Kulemann, Grit/Harle, Georg, GmbH & Still – Familienpersonengesellschaften im Steuerrecht, StBp 2000, 12; Lamprecht, Philipp, Belastung eigenen Vermögens als Voraussetzung für das Mitunternehmerrisiko?, Ubg 2017, 613 ff.; Lemaire, Norbert, Steuerliche Anerkennung einer GmbH & atypisch Still, EFG 2008, 551; Levedag, Christian, Ausgewählte ertragsteuerliche Entwicklungen bei der atypisch stillen Gesellschaft und (a)typisch stillen Unterbeteiligung, GmbHR 2019, 699; Lienau, Alexander/Lotz, Thomas, Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen und die

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Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.1 § 21 steuerlichen Konsequenzen, DStR 1991, 618; Neufang, Bernd, Gestaltungs- und Nachfolgeberatung mittels der GmbH & Still, StB 2018, 296; Ruban, Reinhild, Die atypische stille Gesellschaft im Ertragsteuerrecht – Tendenzen in der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, DStZ 1995, 637; Schiffers, Joachim/Forst, Paul, Stille Gesellschaft an einer Mitunternehmerschaft und Sonderbilanzen, GmbHR 2019, 321; Schiffers, Joachim/Frings, Thomas, Steuergünstiger Gewinn-Transfer auf die Gesellschafterebene bei der GmbH, GmbH-StB 2002, 12; Schoor, Hans Walter, Die GmbH & Still, INF 1993, 276; Schoor, Hans Walter, Die GmbH & Still im Steuerrecht, LSW 2001, S. 433; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die Einmann-GmbH & Still und Mitunternehmerschaft, GmbHR 1983, 202; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & Co. KG und verdeckte Gewinnausschüttung, BB 2005, 1137; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & Still nach dem Korb II-Gesetz, BB 2004, 1363; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & Still unter Berücksichtigung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 ab 2009, GmbHR 2008, 1140; Schulze zur Wiesche, Dieter, GmbH & atypisch Still – Eigenes Vermögen des Handelsgewerbetreibenden, DStZ 2019, 233; Schwedhelm, Rolf, Ist der stille Gesellschafter als Geschäftsführer der GmbH & Still Mitunternehmer?, GmbHR 1994, 445; Schwer, HansWalther, Stille GmbH-Teilhabe, GmbH-Stpr. 2004, 119; Steinacker, Jörg, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, Diss. Erlangen/Nürnberg, 1992, 1993; Suchanek, Markus/Hagedorn, Sonja, Steuerpraxisfragen der GmbH & atypisch Still, FR 2004, 1149; Sudhoff, Heinrich/Sudhoff, Martin, Stille Beteiligung an einer GmbH und die Umwandlung dieser Beteiligung, GmbHR 1984, 77; Volb, Helmut, Die GmbH & Still – Zivil- und steuerrechtliche Behandlung, SteuerStud 2008, 338; Wälzholz, Eckhard, Die GmbH & Still nach der Unternehmensteuerreform 2008, GmbH-StB 2008, 11; Wendt, Michael, GmbH & atypisch still – Kapitalgesellschaft als atypisch still Beteiligter – Freibetrag für Personengesellschaften nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG, FR 2008, 384.

I. Vorbemerkung Die allgemeinen Grundsätze für die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften, die in § 20 dargestellt worden sind, bedürfen der Ergänzung, wenn Inhaber und stiller Gesellschafter bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags ausnahmsweise keine entgegengesetzten, sondern gleichgerichtete Interessen verfolgen. Dies kommt in der Praxis vor allem in zwei Konstellationen vor: bei Gesellschaften zwischen nahen Angehörigen (sog. stille Familiengesellschaften) und bei stillen Gesellschaften zwischen einer GmbH und ihren eigenen Gesellschaftern (sog. GmbH & Still). Für diese beiden Fallgruppen haben sich in der Rechtspraxis besondere Regeln für die steuerliche Anerkennung herausgebildet. Auf sie wird im Folgenden detailliert eingegangen. Selten sind hingegen in der Praxis stille Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter fremde Dritte sind und zugleich gleichgerichtete Interessen verfolgen1.

1 Vgl. z.B. BFH v. 21.9.2000 – IV R 50/99, BStBl. II 2001, 299 = FR 2001, 186 m. Anm. Wendt.

Levedag | 605

21.1

§ 21 Rz. 21.2 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

II. Vertragsartenübergreifende Voraussetzungen der steuerlichen Anerkennung von Angehörigenverträgen 1. Grundlagen a) Gestaltungsziele

21.2 Angehörigenverträge werden aus steuerlicher Sicht regelmäßig geschlossen, um die Steuerbelastung über die Familie hinweg zu senken (sog. „Familiensplitting“) oder um betriebliche Erfordernisse (etwa durch Mitarbeit von Angehörigen oder durch die Finanzierung eines Unternehmens neben oder statt einer Bankenfinanzierung) zu erfüllen. In der Praxis werden hierzu unter anderem Arbeitsverträge, Darlehensverträge und Mietverträge unter Angehörigen sowie stille Beteiligungen eingesetzt. 21.3 Ist Ziel der Gestaltung die Senkung der Steuerlast im Familienverbund, gelingt dies, wenn ein Angehöriger mit höherer Progressionsstufe einem anderen Angehörigen statt einer steuerlich unbeachtlichen Unterhaltszahlung eine Leistungsvergütung gewährt, die beim zahlenden Angehörigen zum Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug und beim empfangenden Angehörigen zu einer steuerfreien Vereinnahmung führt. Letzteres kann etwa der Fall sein, wenn die vereinnahmte Vergütung unterhalb des Grundfreibetrags liegt oder der Angehörige, der die Einkünfte erzielt, selbst Werbungskosten oder Sonderausgaben geltend machen kann, mit denen er die erzielten Einkünfte verrechnet. Hierzu gehören auch Vorteile, die sich aus der zeitlich unterschiedlichen Erfassung von Aufwendungen in Form des Betriebsausgabenabzugs und Erträgen beim Empfänger im Zuflusszeitpunkt gemäß § 11 EStG ergeben2. In diesem Zusammenhang enthält die seit 2012 geltende Regelung in § 32 Abs. 4 EStG3 Anreize, da sie die Inanspruchnahme des Kinderfreibetrags und des Kindergelds durch den Steuerpflichtigen, der dem Angehörigen die Vergütungen gewährt, nicht in Frage stellt, wenn ein Kind bis zum 25. Lebensjahr zwar eigene Einkünfte und Bezüge (unabhängig von deren Höhe) bezieht, sich aber noch in einer „Erstausbildung“ (Berufsausbildung oder Erststudium) befindet oder nach deren Abschluss keine „schädliche Erwerbstätigkeit“ i.S. der Regelung aufnimmt4.

21.4 Zudem kann bei Kindern in Ausbildung in Abhängigkeit vom Ausbildungsstadium ein steuermindernder (Sonderausgaben- oder Werbungskosten-)Abzug für Bildungskosten beim Kind erfolgen, wenn dieses als Steuerpflichtiger eigene Einkünfte erzielt: – Gemäß § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der ab dem Veranlagungszeitraum 2015 geltenden Fassung kann ein Kind während einer Erstausbildung (erste Berufsausbildung oder Erststudium) Bildungskosten als Sonderausgaben i. H. von 6000 Euro pro Jahr abziehen. Der Begriff der Erstausbildung wird in § 9 2 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 57. 3 Vgl. zum Familiensplitting Königerl/Ziegler, FR 2011, 937 und zu den Neuregelungen im StVereinfG 2011 Reimer, FR 2011, 929 ff.; Bering/Friedenberger, NWB 2012, 278; Horlemann, DStR 2011, 503. 4 Zu Einzelfragen siehe das BMF-Schreiben v. 8.2.2016, BStBl. I 2016, 226.

606 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.5 § 21

Abs. 6 EStG seit dem Veranlagungszeitraum 2015 legaldefiniert. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben oder Werbungskosten, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Eine Berufsausbildung als Erstausbildung liegt vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten5 bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird. In diesem Stadium können unter Einbeziehung des Grundfreibetrags seit 2012 demnach während einer Erstausbildung (Berufsausbildung oder Erststudium) rund 14.000 Euro Einkünfte auf ein Kind verlagert werden, ohne dass diese Einkünfte im Ergebnis einer Steuerbelastung beim Kind unterliegen. – Nach Abschluss einer Erstausbildung können Aufwendungen für weitere Bildungsmaßnahmen im Rahmen einer Zweitausbildung als (vorweggenommene) Werbungskosten oder Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 EStG) beim Kind ohne Höchstbetrag abgezogen werden, wenn ein Veranlassungszusammenhang zu späteren Einkünften besteht. Stehen keine anderen positiven Einkünfte zur Verfügung, entsteht ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte, der gemäß § 10d EStG als Verlust auf den 31.12. des jeweiligen Veranlagungszeitraums festzustellen ist. Zu Verlagerung von Einkünften auf Angehörige eignet sich eine stille Gesellschaft wegen der ihr eigenen Flexibilität in besonderem Maße. Dementsprechend häufig wurde und wird sie in der Praxis zur Steuergestaltung eingesetzt6. Allerdings ist nach der heutigen Rechtslage für typisch stille Beteiligungen im Familienverbund zu beachten7, dass die Einkünfte beim Angehörigen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG und dem Werbungskostenabzugsverbot (§ 20 Abs. 9 EStG) sowie dem Verlustverrechnungsverbot gemäß § 20 Abs. 6 EStG

5 Die Gesetzesänderung dient der Neuregelung der Rechtslage, da der BFH mit Urt. v. 28.2.2013 – VI R 6/12, BFHE 240, 352 und v. 27.10.2011 – VI R 52/10, BStBl. II 2012, 825 = FR 2012, 366 entschieden hatte, dass eine erstmalige Berufsausbildung weder ein Berufsausbildungsverhältnis nach dem BBiG noch eine bestimmte Ausbildungsdauer oder eine formale Abschlussprüfung voraussetze (BT-Drucks. 18/3017, 42 ff.). Diese Rspr. führte zum Leerlaufen der Regelungen des § 4 Abs. 9 EStG und § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. durch das BeitrRLUmsG, die Bildungsaufwendungen kraft Gesetzes nur dann nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten anerkannten, wenn die Bildungsmaßnahme dem Kind zugleich eine Erstausbildung vermittelte. Nach Abschluss einer Erstausbildung befand sich das Kind daher in einer Zweitausbildung, die uneingeschränkt zum Werbungskostenabzug berechtigte. Siehe zur Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Anwendung und zur Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz BVerfG v. 19.11.2019 – 2 BvL 22/14 u.a, DStR 2020, 93; BFH v. 5.11.2013 – VIII R 22/12, BStBl. II 2014, 165. 6 Vgl. unter steuergestalterischen Gesichtspunkten Ballof, EStB 2000, 245 (245); HübnerWeingarten, ZEV 1999, 81; Natschke, StB 1998, 181. 7 Siehe Königer/Ziegerl, FR 2011, 937 mit einem Berechnungsbeispiel zur typisch stillen Gesellschaft, das jedoch insoweit noch vom Ausschluss der Vergütungen beim Empfänger aus der Abgeltungsteuer ausgeht.

Levedag | 607

21.5

§ 21 Rz. 21.5 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

(Rz. 22.257 ff.)8 unterliegen, wenn die Ausschlusstatbestände gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG und Buchst. b Satz 2 EStG nicht zur Anwendung kommen (siehe dazu Rz. 22.261 ff.). Nur in den Fällen der sog. Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 EStG gelingt unter Umständen eine Verrechnung positiver Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG/§ 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG mit negativen Einkünften aus den regelbesteuerten anderen Einkunftsarten (Rz. 22.300)9. Auch Veräußerungsgewinne gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG fallen grundsätzlich unter den gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG, es sei denn, die Ausschlusstatbestände gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG und Buchst. b Satz 2 EStG greifen. b) Gesetzliche Regelungen zu Angehörigenverträgen

21.6 Der Gesetzgeber hat die steuerliche Behandlung von Angehörigenverträgen nur vereinzelt geregelt. – § 12 Nr. 1 und 2 EStG bilden die unbestrittene Rechtsgrundlage für die unten eingehend dargestellte besondere Prüfung der steuerlichen Anerkennung von Angehörigenverträgen10. – § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG: Sind Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge „nahe stehende Personen“ gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a oder Buchst. b Satz 2 EStG kommt die Steuersatzspreizung zwischen dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG und der tariflichen Regelbesteuerung gemäß § 32a EStG nicht zur Anwendung. In diesem Fall unterliegen die Kapitaleinkünfte (nach Abzug von Werbungskosten) der tariflichen Regelbesteuerung beim Zahlungsempfänger; die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 6 EStG und das Werbungskostenabzugsverbot (§ 20 Abs. 9 EStG) gelten in diesem Fall nicht. Ein reines Angehörigenverhältnis genügt für die Annahme eines solchen Näheverhältnisses indes nicht11. – VGA gemäß § 8 Abs. 3 KStG/§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG: VGA sind nicht nur möglich bei Leistungen der GmbH zugunsten eines Gesellschafters, sondern auch, wenn ein Vermögensvorteil einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person zugewendet wird. Bei der Körperschaft kommt es zur Einkommenserhöhung für die Vergütungen an den stillen Gesellschafter. Die Zurechnung der Einnahmen aus der vGA (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) erfolgt in diesen Fällen gemäß § 20 Abs. 5 EStG beim Gesellschafter und nicht bei der nahe stehenden Person. Nahe stehende

8 Baumgärtel/Lange in HHR, EStG/KStG, § 32d EStG Anm. 82 f. (Stand 1/2010); Werth in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 32d EStG Rz. 162. 9 BFH v. 30.11.2016 – VIII R 11/14, BStBl. II 2017, 443 = DB 2017, 1815. 10 Siehe Kulosa, DB 2014, 972 (972); Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 57. 11 BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, BFHE 245, 343 = BStBl. II 2014, 986; BFH v. 29.4.2014 – VIII R 35/13, BFHE 245, 357 = BStBl. II 2014, 990 und BFH v. 29.4.2014 – VIII R 44/13, BFHE 245, 361 = BStBl. II 2014, 992 = DStRE 2014, 1225; sowie BFH v. 28.1.2015 – VIII R 8/14, BFHE 249, 133 = BStBl. II 2015, 397. Zur GmbH & typisch still siehe Hessisches FG v. 22.10.2018 – 6 K 49/17, EFG 2019, 166 mit Anm. Ziegler (Rev. VIII R 46/18).

608 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.7 § 21

Personen können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein. Ein „Nahestehen“ kann u.a. begründet werden durch persönliche Beziehungen (Ehegatten, Angehörige, Freunde usw.; der Angehörigenbegriff ist weiter auszulegen als in § 15 AO). Der gesonderte Tarif des § 32d Abs. 1 EStG findet auf die als vGA empfangene Vergütung Anwendung, wenn korrespondierend bei der Kapitalgesellschaft das Einkommen erhöht wird (§ 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG, sog. materielle Korrespondenz); ist ein Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG gestellt, erfasst er auch die Einkünfte des Gesellschafters aus der vGA. – § 10 Abs. 5 UStG: Im Umsatzsteuerrecht unterliegen Leistungsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen keinen besonderen Regelungen, es sind allerdings die Regelungen zur Mindestbemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 5 UStG) zu beachten. – ErbStG: Von den im BeitrRLUmsG vom 13.12.201112, eingeführten Regelungen sind für Angehörigensachverhalte die disquotalen Einlagen (Wertabspaltungen auf Angehörigenanteile bei Einlagen in Kapitalgesellschaften gemäß § 7 Abs. 8 ErbStG) und verdeckte Gewinnausschüttungen an nahestehende Personen als Zuwendungen der Kapitalgesellschaft an die nahestehende Person (§ 7 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 4 ErbStG) gesetzlich geregelt worden. c) Richterrechtliche Anerkennungsvoraussetzungen von Angehörigenverträgen Das Steuerrecht knüpft grundsätzlich an zivilrechtliche Gestaltungen an und folgt diesen auch für die steuerliche Beurteilung. Bei Angehörigenverträgen fehlt jedoch der zwischen fremden Dritten übliche Interessengegensatz, was die Prüfung erfordert, ob der zivilrechtliche Vertrag der Besteuerung zugrunde gelegt werden kann13. Auch nahen Angehörigen steht es aber frei, Rechtsverhältnisse mit steuerlicher Wirkung untereinander einzugehen und dabei optimal steuerlastmindernd zu gestalten14. Insbesondere dürfen wegen Art. 3 und 6 GG Verheiratete im Vergleich zu Ledigen nicht allein deshalb schlechter gestellt werden, weil sie verheiratet sind15. Auch unter nahen Anverwandten steht das primäre Motiv, durch den Abschluss eines Rechtsverhältnis-

12 BGBl. I 2011, 2592 ff. 13 Vgl. aus der st. Rspr. des BFH BFH v. 10.3.1988 – IV R 214/85, BStBl. II 1988, 877; BFH v. 27.11.1989 – GrS 1/88, BStBl. II 1990, 160; BFH v. 25.7.1991 – XI R 30, 31/89, BStBl. II 1991, 842; BFH v. 29.1.1976 – IV R 73/73, BStBl. II 1976, 324; BFH v. 7.6.2006 – IX R 4/ 04, DStRE 2006, 1372; zur Rspr. des BVerfG BVerfG v. 14.4.1959 – 1 BvL 23/57, 1 BvL 34/57, BVerfGE 9, 237; BVerfG v. 20.11.1984 – 1 BvR 1406/84, HFR 1985, 283; BVerfG v. 16.7.1991 – 2 BvR 769/90, HFR 1992, 23; BVerfG v. 7.11.1995 – 2 BvR 802/90, BStBl. II 1996, 34 = DStR 1995, 1908; vgl. zur dogmatischen Rechtfertigung der besonderen Behandlung von Angehörigenverträgen z.B. Seeger, DStR 1998, 1339 und aus dem jüngeren Schrifttum Kulosa, DB 2014, 972; Gemeinhardt, BB 2012, 739; Zipfel/Pfeffer, BB 2010, 343. 14 St. Rspr. seit BFH v. 22.8.1951 – IV 246/50, BStBl. III 1951, 181 (183); BFH v. 18.12.1990 – VIII R 290/82, BStBl. II 1991, 391 (394) = FR 1991, 291. 15 BVerfG v. 12.3.1985 – 1 BvR 571/81, BVerfGE 69, 188 (205 ff.).

Levedag | 609

21.7

§ 21 Rz. 21.7 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

ses Steuern zu sparen, der steuerlichen Anerkennung des Rechtsverhältnisses nicht entgegen16.

21.8 Die Rechtsprechung hat für diese Anerkennungsprüfung materiell-rechtliche Anerkennungskriterien entwickelt, die sich auf das Kriterium des Fremdvergleichs stützen. Anknüpfungspunkt für ist das Veranlassungsprinzip in § 4 Abs. 4 EStG und in § 9 Abs. 1 EStG. Es sollen Vereinbarungen unter Angehörigen, die wie zwischen fremden Dritten auf die Einkünfteerzielung gerichtet sind, von Vereinbarungen unterschieden werden, die auf privat veranlasste Zuwendungen gerichtet sind und deshalb dem Abzugsverbot gemäß § 12 Nr. 1 und 2 EStG unterfallen17. Die Rechtsprechung erkennt generell Verträge unter Angehörigen für Zwecke der Besteuerung an, – wenn die Beteiligten ihre Vereinbarungen eindeutig und im Voraus getroffen haben. Problembereiche sind Verträge mit unklarem Inhalt und mit unbekanntem Inhalt (Nichtvorliegen der Vertragsurkunde), wobei andere Beweismittel als die Vorlage der Urkunde zum Beweis des Bestehens der Vereinbarung und des Vertragsinhalts möglich sind, wenn der Vertrag nicht der gesetzlichen Schriftform unterliegt. – wenn die Vereinbarungen zivilrechtlich wirksam sind und – wenn die Vereinbarungen über die Laufzeit des Vertrags hinweg nach ihrem Inhalt dem entsprechen, was zwischen Fremden üblich ist (Fremdvergleich). Dieser Fremdvergleich dem Inhalt nach ist nach den jüngsten Entwicklungen in der BFH-Rechtsprechung18 zurückgenommen (weniger strikt) vorzunehmen, wenn der Leistungsaustausch unter den Angehörigen betrieblich notwendig ist. – wenn die Vereinbarungen über die Laufzeit des Vertrags hinweg fremdüblich durchgeführt werden. Dies verlangt insbesondere echte Vermögensverschiebungen, d.h. das vertraglich geschuldete Entgelt muss in die Verfügungsmacht des Gläubigers übergehen. Das Hin- und Herzahlen vertraglicher Vergütungen ist in diesem Zusammenhang problematisch.

21.9 Maßgeblich für die steuerliche Anerkennung ist der Angehörigenvertrag, wenn er mit Rechtbindungswillen abgeschlossen worden ist und entsprechend durchgeführt wird. Hierbei handelt es sich um eine innere Tatsache, die anhand äußerer Merkmale (Indizien) festzustellen ist. 21.10 Rechtsgrundlagen der Prüfung des Fremdvergleichs durch das Finanzamt oder das FG sind in prozessualer Hinsicht die §§ 85, 88 AO und § 76 Abs. 1 FGO19. Das Ergeb16 BFH v. 29.11.1982 – GrS 1/81, BStBl. II 1983, 272 (277) = FR 1983, 275; BFH v. 10.10.1991 – XI R 1/86, BStBl. II 1992, 239 (240) = FR 1992, 167. 17 Siehe zum Stand der Rspr. Kulosa, DB 2014, 972 (973 f.); zu den einzelnen Anknüpfungspunkten Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 59. 18 Siehe BFH v. 22.10.2013 – X R 26/11, FR 2014, 180 m. Anm. Kanzler = DStR 2013, 2677 zur Arbeitsverträgen unter Angehörigen; und BFH v. 17.7.2013 – X R 31/12, BStBl. II 2013, 1015 zu Darlehensverträgen unter Angehörigen. 19 Siehe z.B. BFH v. 31.7.2007 – IX R 8/07, BFH/NV 2008, 350; BFH v. 18.8.2010 – X R 55/ 09, BStBl. II 2011, 633 = FR 2011, 576.

610 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.13 § 21

nis der Tatsachenfeststellung ist unter Einbeziehung der Indizien dahin zu würdigen, ob es sich bei den Aufwendungen des Steuerpflichtigen um nicht steuerbare Zuwendungen zu Unterhaltszwecken oder Schenkungen oder aber um abzugsfähige Werbungskosten/Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 EStG handelt. Die steuerliche Anerkennung des Vertrags gehört zu den vom Steuerpflichtigen, der den WK-/ BA-Abzug für die Vergütungen begehrt, zu den von ihm darzulegenden und nachzuweisenden tatsächlichen Umständen. Die Rechtsprechung des BFH20 sieht Zeugenaussagen der an der internen Absprache beteiligten Angehörigen zum Beweis, dass eine Verabredung sei tatsächlich durchgeführt worden ist, nicht als vollwertiges Beweismittel an, sondern verlangt, dass der Rechtbindungswille aus äußeren Merkmalen abgeleitet werden kann. Es muss somit bei Abschluss des Angehörigenvertrags Beweisvorsorge getroffen und im Fall eines finanzgerichtlichen Verfahrens zu allen relevanten äußeren Umständen dargelegt werden, dass aus diesen Beweisanzeichen auf den ernsthaften Rechtbindungswillen der Angehörigen geschlossen werden kann. Zudem muss für diese einzelnen Beweisanzeichen auch Beweis angeboten werden (§§ 76, 82 FGO), wenn das Finanzamt das Vorliegen dieser Tatsachen bestreitet und das FG diese Tatsachen in die Würdigung einbeziehen soll.

21.11

Das BVerfG21 hat unter Aufhebung des Beschlusses des GrS 1/8822 die Anwendung der vorgenannten materiellen Indizien als solche verfassungsrechtlich nicht beanstandet. Es hat aber vorgegeben, dass die vom BFH entwickelten Anerkennungsvoraussetzungen und Unterindizien nicht zu starren Tatbestandsvoraussetzungen verselbständigt werden dürfen. Erforderlich ist stets eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls anhand der genannten Kriterien.

21.12

Die BFH-Rechtsprechung hat danach im Sinne einer Neuausrichtung der Rechtsprechung (siehe die Nachweise unter Rz. 21.14) auf diese Vorgaben des BVerfG reagiert. Defizite im Hinblick auf ein Teilkriterium des Fremdvergleichs können nach heutiger Sichtweise durch andere Teilkriterien kompensiert werden oder nicht fremdübliche Klauseln einer Vereinbarung über eine stille Gesellschaft können unbeachtlich sein, wenn der Fremdvergleichsmaßstab nur zurückgenommen anzuwenden ist23. Der Fremdvergleichsmaßstab ist weniger streng anzuwenden, wenn eine Gesamtbetrachtung des Vertragsverhältnisses ergibt, dass Chancen und Risiken des Vertrags unter den Angehörigen ausgewogen verteilt sind oder die Vereinbarung zwischen volljährigen, wirtschaftlich unabhängigen Angehörigen abgeschlossen wurde. Gleiches gilt, wenn der Leistungsaustausch mit dem Angehörigen eindeutig betrieblich veranlasst ist, also ohne den Vertragsschluss mit dem Angehörigen aufgrund betrieb-

21.13

20 BFH v. 11.5.2010 – IX R 19/09, BStBl. II 2010, 823 = GmbHR 2010, 946 = FR 2010, 989 m. Anm. Bode. 21 BVerfG v. 7.11.1995 – 2 BvR 802/90, BStBl. II 1996, 34 = FR 1996, 18 m. Anm. Pezzer. 22 BStBl. II 1990, 160 – Zahlungen von Arbeitslohn auf ein Oder-Konto bei einem Ehegattenarbeitsverhältnis. 23 Siehe Kulosa, DB 2014, 972 (975) zur Unbeachtlichkeit nicht fremdüblicher Vereinbarungen über vertragliche Nebenpflichten.

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§ 21 Rz. 21.13 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

licher Erfordernisse ein Leistungsaustausch mit einem fremden Dritten in gleicher Weise erforderlich wäre. d) Bedeutung der zivilrechtlichen Wirksamkeit des Vertragsschlusses im Besonderen

21.14 Als Reaktion auf die Vorgaben des BVerfG (siehe Rz. 21.12) hat der BFH insbesondere seine Rechtsprechung im Hinblick auf die steuerliche Anerkennungsfähigkeit zivilrechtlich unwirksam abgeschlossener Verträge angepasst. Im Ausgangspunkt entspricht es der gefestigten Rechtsprechung des BFH, dass § 41 Abs. 1 Satz 1 AO im Bereich der Angehörigenverträge anders als unter fremden Dritten nicht anzuwenden ist. Nach dieser Regelung (siehe auch Rz. 20.9 ff.) ist die bürgerlich-rechtliche Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Der BFH wendet § 41 AO in Fällen, in denen es um Verträge zwischen nahen Angehörigen geht, nur eingeschränkt an, d.h. die vertragsgemäße Durchführung eines zivilrechtlich unwirksamen Vertrags unter Angehörigen allein führt nicht zu dessen steuerlicher Beachtlichkeit24. 21.15 Ein zunächst formunwirksamer Vertrag zwischen nahen Angehörigen ist nach der BFH-Entscheidung vom 13.7.199925 ausnahmsweise dann von Beginn an steuerlich anzuerkennen, wenn (kompensatorisch) aus den übrigen Umständen des konkreten Einzelfalles ein ernsthafter Bindungswillen der Angehörigen zweifelsfrei abgeleitet werden kann. Dies trifft unter anderem zu, wenn das Defizit im Bereich des wirksamen Vertragsschlusses den Angehörigen aufgrund der bestehenden Rechtslage nicht anzulasten ist und wenn sie zeitnah nach dem Auftauchen von Zweifeln an der Wirksamkeit alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages herbeizuführen. Inzwischen ist von einer gefestigten Rechtsprechung auszugehen26. 21.16 Die zivilrechtliche Unwirksamkeit einer Vereinbarung ist damit im Rahmen der „Anerkennungsprüfung“ ein wichtiges Indiz, das für die Nichtanerkennung des Vertrags spricht, jedoch kompensiert werden kann. Gelingt die Kompensation, ist das Vertragsverhältnis auch während des Zeitraums der zivilrechtlichen Unwirksamkeit 24 Vgl. z.B. BFH v. 3.3.2004 – X R 14/01, BStBl. II, 826 (827) = DStR 2004, 854 = FR 2004, 783; BFH v. 19.2.2002 – IX R 32/98, BStBl. II 2002, 674 (675) = DStR 2002, 1344 = FR 2002, 935 m. Anm. Fischer; BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, BStBl. II 2000, 386 = DStRE 2000, 730 = FR 1999, 1358 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler; BFH v. 19.10.1999 – IX R 39/99, BStBl. II 2000, 224 = DStR 2000, 107 = FR 2000, 204 m. Anm. Fischer; kritisch Tiedtke/Möllmann, DStR 2007, 1940 m.w.N.; siehe auch Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 60. 25 BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, BFHE 191, 250 = BStBl. II 2000, 386 = FR 1999, 1358 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler. 26 BFH v. 7.6.2006 – IX R 4/04, BFHE 214, 173 = BStBl. II 2007, 294 = FR 2007, 91 und BFH v. 22.2.2007 – IX R 45/06, BFHE 217, 409 = BStBl. II 2011, 20 = GmbHR 2007, 719 m. Anm. Hoffmann; BFH v. 23.4.2009 – IV R 24/08, BFH/NV 2009, 1427; BFH v. 12.5.2009 – IX R 46/08, BFHE 225, 112 = BStBl. II 2011, 24 = FR 2009, 1067 m. Anm. Bode.

612 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.18 § 21

und ungeachtet des Rückwirkungsverbots steuerrechtlich von Beginn an anzuerkennen. Allerdings sind die Hürden, die der BFH zu Ausfüllung des Subkriteriums „nicht anzulastender Unwirksamkeits- oder Formmangel“ aufgestellt hat, hoch. Es ist nach dem BFH-Urteil vom 11.5.201027 zunächst auf die Eigenqualifikation des Rechtsverhältnisses durch die Parteien abzustellen. Sind die Vertragsparteien rechtsirrtümlich der Meinung, ihr Vertragsschluss unterliege einem Formzwang und treffen sie eine privatschriftliche Vereinbarung, wird hieraus – trotz des zivilrechtlich wirksamen Vertragsabschlusses – auf einen fehlenden Rechtbindungswillen geschlossen. Zudem kommt es nicht darauf an, ob die Beteiligten das Formerfordernis oder z.B. die Notwendigkeit einer Vertretung durch den Ergänzungspfleger subjektiv gekannt haben oder hätten kennen müssen. Entscheidend ist die objektive Klarheit der Zivilrechtslage. So verstanden geht es beim Begriff des „Anlastens“ demnach nicht um subjektive Vorwerfbarkeit (Verschulden), sondern um eine objektive Zurechnung des Wirksamkeitsmangels als Indiz, das gegen die steuerliche Anerkennung spricht28. Es gelingt daher in der Praxis in der Regel nur, sich auf einen unbeachtlichen zivilrechtlichen Wirksamkeitsmangel zu berufen, wenn die Rechtslage zu den zivilrechtlichen Wirksamkeitserfordernissen komplex und im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ungeklärt ist29 oder erst nachträglich durch die höchstrichterliche Rechtsprechung eine Formpflicht, ein Vertretungszwang (z.B. durch den Ergänzungspfleger) oder eine Zustimmungspflicht des Familiengerichts anerkannt werden.

21.17

Seit dem BMF-Schreiben vom 23.12.201030 zu Darlehensverträgen unter nahen Angehörigen wendet die Finanzverwaltung diese Rechtsprechung des BFH auch im Bereich der Darlehensvereinbarungen und der Gründung stiller Gesellschaften mit Verlustausschluss an. Nach Tz. 1 und 9 des BMF-Schreibens führt die Nichtbeach-

21.18

27 BFH v. 11.5.2010 – IX R 19/09, BFHE 229, 301 = BStBl. II 2010, 823 = GmbHR 2010, 946 = FR 2010, 989 m. Anm. Bode. Der IX. Senat konkretisierte in diesem Urteil die vorbeschriebene Rechtsprechungslinie für den Fall, dass die Beteiligten zivilrechtlich von einem anderen Rechtsgeschäft ausgehen (nach Meinung der Beteiligten im Besprechungsfall ein Treuhandvertrag), als es objektiv abgeschlossen wurde (laut BFH: Unterbeteiligung). Da sowohl die Unterbeteiligung als auch die Treuhandvereinbarung notariell hätten beurkundet werden müssen und die Formunwirksamkeit nur ein Indiz für den fehlenden Rechtbindungswillen war, folgerte der BFH, dass es gegen den Rechtbindungswillen spreche, wenn die Beteiligten selbst meinten, eine Treuhandvereinbarung abzuschließen (sog. Eigenqualifikation des Rechtsverhältnisses) und dies formlos machten, obwohl sich ihnen der Formmangel für dieses Rechtsverhältnis hätte aufdrängen müssen. 28 Vgl. Pfützenreuter, jurisPR-SteuerR 37/2009, Anm. 2. 29 In BFH v. 6.8.2013 – VIII R 10/10, BStBl. II 2013, 862 (zur Zurechnung einer vGA bei verdeckter Treuhandabrede) hat der BFH zum Beispiel die Nichtbeurkundung einer Treuhandabrede über die Abtretung von GmbH-Anteilen im Jahr 1998 als unbeachtlich und den Treuhandvertrag als wirksam angesehen, da der BGH erstmals mit Urt. v. 19.4.1999 – II ZR 265/97, BGHZ 141, 208 geklärt habe, unter welchen Voraussetzungen solche Verträge gemäß § 15 Abs. 4 GmbHG notariell zu beurkunden seien. 30 BStBl. I 2011, 37 mit Ergänzung in Rz. 4 durch das BMF-Schreiben v. 29.4.2014, BStBl. I 2014, 809.

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§ 21 Rz. 21.18 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

tung zivilrechtlicher „Formerfordernisse“ nicht mehr alleine und ausnahmslos dazu, das Vertragsverhältnis steuerrechtlich nicht anzuerkennen. Es werden mit dem Begriff „Formerfordernisse“ dort alle Wirksamkeitsvoraussetzungen, also sowohl gesetzliche Formpflichten i.S. des § 125 BGB als auch die familienrechtlichen Vertretungs- und Genehmigungsanforderungen umschrieben. Die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Darlehensvertrages ist laut BMF nunmehr nur noch ein Indiz, das besonders gegen den vertraglichen Bindungswillen der Vertragsbeteiligten spricht und das zur Versagung der steuerrechtlichen Anerkennung führen kann: Diese Indizwirkung, die gegen den vertraglichen Bindungswillen spreche, werde – so das BMF-Schreiben – verstärkt, wenn den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften insbesondere bei klarer Zivilrechtslage angelastet werden könne. Die Vertragspartner könnten aber darlegen und nachweisen, dass sie zeitnah nach dem Auftauchen von Zweifeln an der zivilrechtlichen Wirksamkeit alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hätten, um die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages herbeizuführen und dass ihnen die Unwirksamkeit nicht anzulasten sei. Dies sei – so das BMF – zumindest dann der Fall, wenn sich die Formvorschriften nicht aus dem Gesetzeswortlaut, sondern nur im Wege der erweiternden Auslegung oder des Analogieschlusses ergäben, sich diese Auslegung oder Analogie nicht aufdränge und keine veröffentlichte Rechtsprechung oder allgemein zugängliche Literatur existiere. In diesem Fall sei der Darlehensvertrag von Anfang an steuerrechtlich anzuerkennen. Damit wurde der frühere Nichtanwendungserlass des BMF vom 2.4.200731 insoweit aufgehoben. 2. Rechtsfolgen der Nichtanerkennung eines Angehörigenvertrags

21.19 Wird einem Vertrag unter Angehörigen die Anerkennung für steuerrechtliche Zwecke versagt (etwa wegen mangelnder Fremdüblichkeit) steht dem Zahlenden der Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug nicht zu. Beim Zahlenden sind nichtabziehbare Zuwendungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG an den Dritten anzunehmen. Dem Empfänger fließen demgemäß keine steuerbaren Einkünfte zu. So hat der BFH z.B. für einen steuerrechtlich nicht anzuerkennenden Darlehensvertrag unter Angehörigen entschieden, die gezahlten „Zinsen“ seien beim Schuldner keine Betriebsausgaben und beim Gläubiger keine Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, sondern Zuwendungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG32. – Die Korrektur bestandskräftiger Veranlagungen beim Zahlungsempfänger, der unter der falschen Annahme, steuerpflichtige Zinsen oder Einkünfte aus einer stillen Beteiligung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu erzielen, diese erklärt und versteuert hat, ist nach den §§ 172 ff. AO nur sehr eingeschränkt möglich. Eine Korrektur gemäß § 174 Abs. 1 AO scheidet aus, weil kein Widerstreit i.S. der Regelung vorliegt, wenn der identische Sachverhalt (hier: das Vorliegen einer steuerlich beachtlichen oder unbeachtlichen Zahlung) beim Zahlenden zu einem steuermindernden Abzug 31 BStBl. I 2007, 441. 32 Vgl. BFH v. 2.8.1994 – VIII R 65/93, BStBl. II 1995, 264 = FR 1995, 108. Siehe auch BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, BStBl. II 2014, 986 = FR 2014, 1100; BFH v. 29.4.2014 – VIII R 35/13, BStBl. II 2014, 990 = FR 2015, 50; BFH v. 29.4.2014 – VIII R 44/13, BStBl. II 2014, 992 = FR 2014, 1100 zu § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG.

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Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.20 § 21

und beim Zahlungsempfänger zu Einkünften führt oder bei steuerlicher Nichtanerkennung des Vertrags auf beiden Ebenen unbeachtlich ist33. Etwas anderes kann gelten, wenn der Zahlungsempfänger zu einem Rechtsstreit nach § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 AO hinzugezogen wird, den der die Aufwendungen tragende Steuerpflichtige um die Anerkennung der Zahlung als steuermindernde Betriebsausgabe oder als Werbungskosten führt34. – Eine rechtskräftige Entscheidung über die Veranlagung des Zahlenden (Versagung des Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzugs) ist kein rückwirkendes Ereignis gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO für die Veranlagung des Empfängers der Zahlungen35. – Wird der Betriebsausgabenabzug beim Zahlenden mit der Begründung versagt, es liege ein steuerlich nicht anzuerkennendes Darlehensverhältnis vor, so kann hieraus aber eine nachträglich bekanntgewordene Tatsache gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO für die Veranlagung des Zahlungsempfängers abzuleiten sein. Es kommt darauf an, ob den Zahlungsempfänger, der die nicht steuerbaren Zuwendungen als Einkünfte erklärt und versteuert hat, ein grobes Verschulden trifft, wenn er später die Nichtanerkennung des Vertrags als steuermindernde Tatsache geltend macht. Bislang hat die Rechtsprechung hierfür entscheidend darauf abgestellt, ob im Erklärungsvordruck zur Einkommensteuererklärung bei Angabe der Einkünfte Angaben zu einem Angehörigenvertrag abgefragt werden36. 3. Verhältnis der „Anerkennungsvoraussetzungen“ zu § 42 AO Zu § 42 AO a.F. hat der BFH immer wieder entschieden37: „Es steht auch Angehörigen frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander steuerlich möglichst günstig zu gestalten. Ein Gestaltungsmissbrauch i.S. von § 42 AO ist aber gegeben, wenn eine recht33 Vgl. BFH v. 2.8.1994 – VIII R 65/93, BStBl. II 1995, 264 = FR 1995, 108. 34 Der BFH hat im Urt. v. 22.7.1980 – VIII R 114/78 (BFHE 131, 429, BStBl. II 1981, 101) zur Änderung und Beiladung nach § 174 Abs. 4 und 5 AO einen Hinzuziehungsgrund angenommen, wenn ein Pächter die geleisteten Pachtzahlungen nicht als Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung abziehen könne, während der Verpächter die Pachteinnahmen nur mit dem Ertragsanteil zu versteuern habe. Dem sind der IX. Senat im Urt. v. 24.11.1987 – IX R 158/83 (BFHE 152, 203 = BStBl. II 1988, 404 = FR 1988, 373) und der V. Senat im Beschl. v. 20.4.1989 – V B 153/88 (BFHE 156, 389, BStBl. II 1989, 539) in anderen Fallgestaltungen gefolgt. Für die Gewerbesteuer hat der BFH im Rahmen des § 174 Abs. 1 AO entschieden: Unterbleibe beim Vermieter/Verpächter die materiell-rechtlich gebotene Kürzung von Miet- oder Pachtzinsen (§ 9 Nr. 4 GewStG), könne der Mieter/Pächter keine Korrektur der bei ihm nach § 8 Nr. 7 GewStG vorgenommenen und bestandskräftig gewordenen Hinzurechnung zum Gewerbeertrag verlangen (siehe BFH v. 7.7.2004 – X R 27/01, BStBl. II 2005, 145 = FR 2002, 283). 35 BFH v. 2.8.1994 – VIII R 65/93, BStBl. II 1995, 264 = FR 1995, 108. 36 Siehe BFH v. 2.8.1994 – VIII R 65/93, BFHE 175, 500 BStBl. II 1995, 264 = FR 1995, 108; für die nicht anerkannte Pensionszusage einer KG an mitarbeitende Angehörige der Gesellschafter vgl. BFH v. 7.7.2004 – VI R 93/01, HFR 2005, 90. 37 BFH v. 17.12.2003 – IX R 91/00, BFH/NV 2004, 1272; BFH v. 17.12.2003 – IX R 105/00, BFH/NV 2004, 1273; BFH v. 29.8.2007 – IX R 17/07, BStBl. II 2008, 502 = FR 2008, 524.

Levedag | 615

21.20

§ 21 Rz. 21.20 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

liche Gestaltung gewählt wird, die – gemessen an dem angestrebten Ziel – unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist“. Ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten liegt nach der nunmehr in § 42 Abs. 2 Satz 1 AO i.d.F. des JStG 200838 enthaltenen Legaldefinition vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Das gilt nach § 42 Abs. 2 Satz 2 AO allerdings nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind. Zu diesen Voraussetzungen siehe Rz. 20.50 ff.

21.21 Regelmäßig wird sich bei stillen Beteiligungen von Angehörigen unter dem Gesichtspunkt des § 42 AO die Frage stellen, ob eine Steuerumgehung im Wege der sog. „Tatbestandserschleichung“ vorliegt. Diese bezieht sich auf den Abzugstatbestand, also Vergütungen an den Angehörigen, der typisch stiller Gesellschafter ist, als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden sollen. Es ist folgende zweistufige Prüfung notwendig39: – Vorrangig ist die Prüfung des Fremdvergleichs mit den Anerkennungsvoraussetzungen, d.h. die Frage, ob überhaupt ein Vertragsverhältnis vorliegt, das steuerlich anerkannt werden kann. Rechtsgrundlage der Prüfung auf dieser Stufe ist nicht § 42 AO, sondern eine Auslegung der § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 2 EStG sowie §§ 85, 88 AO (siehe Rz. 21.7 f.). – Daran anknüpfend ist in den Blick zu nehmen, ob die Folgen des anzuerkennenden fremdüblichen Vertragsverhältnisses einen Missbrauch i.S. des § 42 Abs. 2 AO bewirken, d.h., ob die eintretenden steuerrechtlichen Folgen unangemessen sind. Auf dieser Prüfungsstufe hat die Tatsache, dass die Vertragspartner Angehörige sind, keine Bedeutung mehr40.

21.22 Das Erfordernis steuerlicher Anerkennung eines typisch stillen Gesellschaftsverhältnisses unter Angehörigen für Zwecke der Besteuerung prüfen zu müssen, lässt sich nunmehr auch unmittelbar aus § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und Buchst. b EStG ableiten. Nach dieser Regelung werden u.a. Einkünfte aus einer typisch stillen Beteiligung beim Empfänger aus der Abgeltungsteuer ausgeschlossen, wenn typisch still Beteiligter und Geschäftsherr „nahe stehende Personen“ sind und der Geschäftsherr die an den stillen Gesellschafter ausgezahlte Vergütung als Betriebsausgabe oder bei den Werbungskosten abziehen kann. Damit ist im Gesetz angedeutet, dass nur eine typisch stille Beteiligung, die fremdüblich ist, zu steuerbaren Vergütungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) und Aufwendungen (§ 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 EStG) führt. Der BFH hat diesen gedanklichen Vorrang der Anerkennungsprüfung bei Angehörigenverträgen vor

38 JStG 2008 v. 20.12.2007, BGBl. I 2007, 3150. 39 Ratschow in Klein, 14. Aufl. 2018, § 42 AO Rz. 13, 122; Gosch, DStZ 1997, 1; Spindler, DB 1997, 643 (643). 40 BFH v. 4.5.2012 – VIII B 174/11, BFH/NV 2012, 1330.

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Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.24 § 21

der Prüfung des Ausschlusses von Einkünften aus dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG bestätigt41.

III. Persönlicher Anwendungsbereich der Angehörigenrechtsprechung 1. Verträge zwischen natürlichen Personen Wann Angehörigenverträge nur unter den oben dargestellten „Anerkennungsvoraussetzungen“ der Besteuerung zugrunde gelegt werden können, ist gesetzlich nicht geregelt. Ebenso wenig gibt es eine gesetzliche Begriffsbestimmung der „Familiengesellschaft“. Ausgangspunkt der Rechtsprechung waren Verträge zwischen Ehegatten; die so entwickelten Grundsätze werden aber seit Langem auch auf Personen, die in gerader Linie miteinander verwandt sind (Kinder, Eltern, Großeltern) sowie im Verhältnis von Schwiegereltern zu Schwiegerkindern angewandt42. Eingetragene Lebenspartner (§ 2 Abs. 8 EStG)43 sind als Konsequenz aus der Rechtsprechung des BVerfG44 ebenfalls den erhöhten Anforderungen der Anerkennung von Verträgen unter nahen Angehörigen unterworfen. Eine Ausdehnung der „Anerkennungsprüfung“ auf Verlobte45 und Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft46 hat der BFH hingegen vor längerer Zeit abgelehnt.

21.23

Die Literatur stellt zur Bestimmung des erfassten Kreises der nahen Angehörigen teilweise auf den Katalog des § 15 AO ab47. Diese Anknüpfung an § 15 AO bietet aber nur eine erste Orientierung48. Maßgeblich für die Anerkennungsprüfung ist auf Grundlage der bereits entschiedenen Fallkonstellationen stets die Frage, ob zwischen den Vertragsparteien ein Interessengegensatz fehlt, was nicht bei allen Angehörigenverhältnissen i.S. des § 15 AO der Fall sein muss. So besteht kein Erfahrungssatz der Art, dass zwischen Onkel und Neffe (Angehörige i.S. von § 15 Abs. 1 Nr. 7

21.24

41 BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, BFHE 245, 343 = BStBl. II 2014, 986; BFH v. 29.4.2014 – VIII R 35/13, BFHE 245, 357 = BStBl. II 2014, 990 und BFH v. 29.4.2014 – VIII R 44/13, BFHE 245, 361 = BStBl. II 2014, 992 = DStRE 2014, 1225; sowie BFH v. 28.1.2015 – VIII R 8/14, BFHE 249, 133 = BStBl. II 2015, 397. Zur GmbH & typisch still siehe Hessisches FG v. 22.10.2018 – 6 K 49/17, EFG 2019, 166 mit Anm. Ziegler (Rev. VIII R 46/18). Siehe zur Vertiefung Levedag, GmbHR 2015, 57 (61); Werth, DStR 2015, 1343 (1345 ff.). 42 BFH v. 18.12.1990 – VIII R 290/82, BStBl. II 1991, 391 (394) = FR 1991, 291 (Großeltern); BFH v. 5.2.1988 – III R 234/84, BFH/NV 1988, 628 (Schwiegereltern). 43 Lebenspartnerschaften nach den LebenspartnerschaftsG v. 16.2.2001 (BGBl. I 2001, 266 i.d.F. v. 21.12.2007, BGBl. I 2007, 3189). Siehe Messner, DStR 2010, 1875; zuvor Wälzholz, DStR 2002, 333; Kanzler, FR 2000, 859. 44 BVerfG v. 21.7.2010 – 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, DStR 2010, 1721. 45 BFH v. 17.1.1985 – IV R 149/84, BFH/NV 1986, 148 (149) (Ablehnung selbst bei späterer Eheschließung). 46 BFH v. 27.11.1989 – GrS 1/88, BStBl. II 1990, 160 (166). 47 Carle/Halm, KÖSDI 2000, 12383 (12384). 48 Bordewin, DB 1996, 1359 (1360 f.).

Levedag | 617

§ 21 Rz. 21.24 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

AO) typischerweise ein Interessengegensatz fehlt49. Gleiches gilt im Verhältnis von Geschwistern untereinander50.

21.25 Der BFH51 ist daher auch der Anwendung des § 15 AO im Rahmen der Auslegung des Merkmals der „nahe stehenden Personen“ gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG durch die Finanzverwaltung in Rz. 136 des Anwendungsschreibens zur Abgeltungsteuer vom 22.12.200952 entgegengetreten. Er hat sich auf die verfassungsrechtliche Wertung gestützt (Art. 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 GG), es sei unzulässig, eine missbräuchliche Ausnutzung des gesonderten Tarifs gemäß § 32d Abs. 1 EStG durch Ehegatten und Familienangehörige i.S. des § 15 AO in jedem Fall unwiderlegbar zu vermuten. Entstehe innerhalb des Familienverbunds ein Gesamtbelastungsvorteil, dürfe die Familie vom Gesetzgeber im System der Abgeltungsteuer gleichwohl nicht als einheitlicher „Bilanzraum“ eingestuft werden. Ein genereller Ausschluss fremdüblicher Angehörigenverträge aus dem Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer (§§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und Buchst. b Satz 2 EStG) sei auch aufgrund der Gesetzesbegründung53 nicht geboten. Diese verlange einen Ausschluss von Verträgen unter Angehörigen und unter fremden Dritten nur, wenn im konkreten Einzelfall eine Missbrauchs- oder Beherrschungssituation zwischen den Vertragsparteien besteht54. Die Finanzverwaltung wendet diese BFH-Rechtsprechung an55, so dass fremdübliche Vereinbarungen über typisch stille Beteiligungen unter Angehörigen bei fehlender Beherrschungssituation zur Anwendung des gesonderten Tarifs auf die Einkünfte des stillen Gesellschafters gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG führen (siehe Rz. 21.6, 21.22, 22.263). 2. Mittelbare Angehörigenverträge

21.26 Wichtig für die Gestaltungspraxis ist, dass die Anerkennungsprüfung auch für mittelbare Angehörigenverträge erforderlich ist. Den Vereinbarungen, die unmittelbar zwischen Angehörigen getroffen werden, sind Fälle gleichgestellt, in denen an der stillen Gesellschaft – sei es als Inhaberin des Handelsgewerbes, sei es als stille Gesellschafterin – eine Gesellschaft beteiligt ist, die von einem nahen Angehörigen beherrscht

49 Vgl. aber auch für einen Sonderfall BFH v. 20.9.1990 – IV R 17/89, BStBl. II 1991, 18 (19). 50 Ebenso Bordewin, DB 1996, 1359 (1361). 51 BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, FR 2014, 1100 = DStR 2014, 1661; BFH v. 29.4.2013 – VIII R 35/13, FR 2015, 50 = DStR 2014, 1963; BFH v. 29.4.2013 – VIII R 44/13, FR 2014, 1100 = DB 2014, 1960; BFH v. 28.1.2015 – VIII R 8/14, BFHE 249, 133 = BStBl. II 2015, 397; BFH v. 9.7.2019 – X R 9/17, BFHE 265, 354 = FR 2020, 94. 52 BMF v. 22.12.2009 – IV C 1 - S 2252/08/10004, BStBl. I 2010, 94; BMF v. 9.10.2012 – IV C 1 - S 2252/10/10013, BStBl. I 2012, 953. 53 BT-Drucks. 16/4841, 61. 54 Siehe dazu näher Werth, DStR 2015, 1343 (1345 ff.); Levedag, GmbHR 2015, 57 (61 ff.); zur Annahme einer schädlichen Beherrschungssituation bei einer Darlehensfinanzierung unter Angehörigen siehe BFH v. 28.1.2015 – VIII R 8/14, BStBl. II 2015, 397. 55 BMF v. 9.12.2014, BStBl. I 2014, 1608, Tz. 136; BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85.

618 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.27 § 21

wird56. Beherrscht nicht ein Angehöriger die Gesellschaft allein, genügt auch eine gemeinsame Beherrschung durch mehrere Familienangehörige, sofern diese gleichgerichtete Interessen verfolgen57. Dies gilt – für typisch und atypisch stille Beteiligungen zwischen einem Angehörigen und einer Personengesellschaft mit einem anderen Angehörigen als beherrschendem Mitunternehmer; – für Verträge zwischen Angehörigen und Angehörigen-GmbHs: Der BFH hat in zwei Entscheidungen die Kriterien für die steuerliche Anerkennung von Angehörigenverträgen auch auf Verträge zwischen Angehörigen und der von einem anderen Angehörigen beherrschten GmbH angewendet58. Das Konkurrenzverhältnis zur vGA ist dabei aber im Blick zu behalten, d.h. die Annahme einer vGA aufgrund eines nicht fremdüblichen Vertrags mit den Rechtsfolgen gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei der Körperschaft und § 20 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG ist m.E. auch bei nicht fremdüblichen Verträgen vorrangig59. – nach der Bestätigung durch das BFH-Urteil vom 17.7.201460 auch für die GmbH & atypisch Still, wenn stiller Gesellschafter der Angehörige eines beherrschenden GmbH-Gesellschafters ist.

IV. Die Anerkennung der stillen Familiengesellschaft als solche 1. Anerkennungsprüfung bei Gesellschaftsverträgen über stille Beteiligungen Nach übereinstimmender Ansicht der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung ist bei der Anerkennung stiller Familiengesellschaften zwischen der Anerkennung der Gesellschaft als solcher und der Angemessenheit der Gewinnverteilung für die Besteuerung zu unterscheiden61.

56 BFH v. 13.6.1989 – VIII R 47/85, BStBl. II 1989, 720 = FR 1989, 499 = GmbHR 1990, 181; BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, FR 1999, 1358 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler = DStRE 1999, 937 (938) m.w.N. 57 BFH v. 15.12.1988 – IV R 29/86, BStBl. II 1989, 500 (501) = FR 1989, 301 = GmbHR 1990, 149; BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, FR 1999, 1358 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler = DStRE 1999, 937 (938); BFH v. 21.11.2013 – IX R 26/12, BFH/NV 2014, 529. 58 BFH v. 22.1.2013 – IX R 70/10, BFH/NV 2013, 1067 und BFH v. 14.5.2014 – VIII R 31/ 11, GmbHR 2014, 1054 = FR 2014, 1099 = DStR 2014, 1665; siehe aus der früheren Rspr. BFH v. 22.4.2002 – IX B 186/01, BFH/NV 2002, 1155. 59 Siehe zur Vertiefung Levedag, GmbHR 2015, 57 (62). 60 BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, GmbHR 2014, 1278 = FR 2015, 76 m. Anm. Kanzler = DStR 2014, 2111. 61 Grundlegend BFH v. 22.8.1951 – IV 246/50 S, BStBl. III 1951, 181; BFH v. 29.5.1972 – GrS 4/71, BStBl. II 1973, 5 (6). Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 57–62. Gegen diese Unterscheidung Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 12 II, S. 513 ff.

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21.27

§ 21 Rz. 21.28 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

21.28 Was die Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses betrifft, wendet der BFH auf die stille Gesellschaft die Kriterien an, die er allgemein für die Anerkennung von Vertragsverhältnissen zwischen nahen Angehörigen aufgestellt hat (Rz. 21.7 ff.)62. Das stille Gesellschaftsverhältnis muss demnach im Vorhinein klar und eindeutig vereinbart sowie zivilrechtlich wirksam zustande gekommen sein, dem Inhalt nach dem unter fremden Dritten Üblichen entsprechen und tatsächlich vollzogen worden sein63. 21.29 Der BFH folgt dem – siehe Rz. 21.13 ff. – nach Ausrichtung der Rechtsprechung an den Vorgaben des BVerfG64. Insbesondere ist die steuerliche Anerkennung eines Vertragsverhältnisses unter nahen Angehörigen nunmehr nicht mehr bereits deswegen ohne Weiteres ausgeschlossen, weil einzelne Sachverhaltsmerkmale geringfügig von der unter fremden Dritten üblichen Gestaltung des Rechtsverhältnisses abweichen65. Im Rahmen des Fremdvergleichs sind die einzelnen Kriterien vielmehr im Rahmen einer Gesamtwürdigung darauf zu prüfen, ob sie den Rückschluss auf eine privat veranlasste Vereinbarung zulassen66. 2. Die Anwendung der Anerkennungskriterien bei der Vereinbarung einer stillen Gesellschaft a) Klare und eindeutige Vereinbarung

21.30 Vertragsverhältnisse unter nahen Angehörigen müssen für ihre steuerliche Anerkennung klar und eindeutig gefasst sein. Für die nach außen nicht auftretende stille Gesellschaft hat die Rechtsprechung dies sogar in besonderem Maße gefordert67. Erforderlich ist, dass die Vertragsurkunde über die Errichtung eines Gesellschaftsvertrags

62 Siehe aus der Rspr. BFH v. 25.9.1969 – IV R 179/68, BStBl. II 1970, 114; BFH v. 8.8.1974 – IV R 101/73, BStBl. II 1975, 34; BFH v. 9.7.1987 – IV R 95/85, BStBl. II 1988, 245 = FR 1987, 623; BFH v. 31.5.1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 10 = FR 1989, 748; BFH v. 21.2.1991 – IV R 35/89, BStBl. II 1995, 449 = FR 1991, 524 m. Anm. Söffing; BFH v. 14.3.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475. 63 BFH v. 5.6.1986 – IV R 53/82, FR 1986, 538 = GmbHR 1986, 403 = DB 1996, 1359 (1359); BFH v. 9.7.1987 – IV R 95/85, BStBl. II 1988, 247 = FR 1987, 623; BFH v. 13.6.1989 – VIII R 47/85, GmbHR 1990, 181 = FR 1989, 499; BFH v. 21.9.1989 – IV R 126/88, BFH/ NV 1990, 692 (693); BFH v. 21.10.1992 – X R 99/88, FR 1993, 226; BFH v. 22.2.2007 – IX R 45/06, GmbHR 2007, 719 m. Anm. Hoffmann = FR 2007, 899 = DStR 2007, 983; H 15.9 Abs. 1 EStR2012. 64 Vgl. BFH v. 23.8.1999 – GrS 1/97, BStBl. II 1999, 778 (781 ff.) (unter C.II.1.); ferner BFH v. 28.6.2002 – IX R 68/99, BFHE 199, 380 = FR 2002, 1075; BFH v. 14.5.2003 – X R 14/ 99, ZEV 2003, 475; BFH v. 7.6.2006 – IX R 4/04, FR 2007, 91 = DStRE 2006, 1372; BFH v. 22.2.2007 – IX R 45/06, GmbHR 2007, 719 m. Anm. Hoffmann = FR 2007, 899 = DStR 2007, 986. 65 BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, FR 1999, 1358 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler = DStRE 1999, 938 (938); BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475 (unter 2.). 66 BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, FR 1999, 1358 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler = DStRE 1999, 938 (938); BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475; BFH v. 22.2.2007 – IX R 45/06, GmbHR 2007, 719 m. Anm. Hoffmann = FR 2007, 899 = DStR 2007, 986. 67 BFH v. 17.10.1951 – IV 83/50 U, BStBl. III 1951, 223.

620 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.33 § 21

vorliegt und deren Inhalt bekannt ist68. Fehlen wesentliche Teile der Vereinbarung (etwa eine Regelung zu der Frage, ob der stille Gesellschafter am Verlust beteiligt ist oder nicht), hat der Vertrag einen unbekannten Inhalt, der entweder durch das Gesetzesrecht aufzufüllen oder durch Beweismittel aufzuklären ist. Ist die Vereinbarung objektiv mehrdeutig, kann dies gegen die Anerkennung der stillen Beteiligung sprechen, wenn die ungünstigste Auslegungsvariante zur Nichtanerkennung führt69. Dagegen erfordert das Merkmal der Klarheit der Vereinbarung nicht zwingend eine bestimmte Form des Gesellschaftsvertrags, etwa Schriftform. Ist die zivilrechtliche Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrags nicht von der Beachtung eines bestimmten Formerfordernisses abhängig, steht seiner steuerlichen Anerkennung grundsätzlich nichts im Wege, wenn er nur mündlich oder stillschweigend abgeschlossen worden ist und der Inhalt des Vereinbarten feststeht70. Der schriftliche Abschluss des Vertrages ist aber allein zum Zwecke des Nachweises gegenüber der Finanzverwaltung dringend geboten und in der Praxis auch üblich71.

21.31

Einmal vereinbarte Regelungen können steuerlich nicht rückwirkend, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft verändert oder auch nur klargestellt werden72. Auch durch Nichtanwendung lässt sich eine steuerschädliche Klausel nicht aus der Welt schaffen73.

21.32

b) Zivilrechtliche Wirksamkeit, Anwendbarkeit von § 41 Abs. 1 AO Nach der früheren Rechtsprechung des BFH konnte ein Vertragsverhältnis zwischen nahen Angehörigen nur dann steuerlich anerkannt werden, wenn es zivilrechtlich wirksam zustande gekommen war74. Für die steuerliche Anerkennung war es dabei unerheblich, ob das Zivilrecht ausnahmsweise auch fehlerhaften Vertragsschlüssen rechtliche Wirksamkeit zumaß, wie es insbesondere bei fehlerhaften Gesellschaften der Fall ist. Die steuerliche Anerkennung fehlerhaft abgeschlossener (unwirksamer) stiller Gesellschaftsverträge war demnach generell ausgeschlossen75. § 41 Abs. 1 Satz 1 AO, wonach die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts insoweit und solange für die Besteuerung ohne Bedeutung ist, als die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis des 68 Zum Zweifel am Vertragsschluss zu einem bestimmten Zeitpunkt siehe FG Baden-Württemberg v. 31.10.2013 – 7 K 3633/10, EFG 2014, 909. 69 BFH v. 29.1.1976 – IV R 102/73, BStBl. II 1976, 328. 70 BFH v. 7.3.1961 – I 289/60 U, BFHE 73, 228 = BStBl. III 1961, 351. 71 Bordewin, DB 1996, 1359 (1363). 72 BFH v. 18.12.1990 – VIII R 137/85, BFH/NV 1991, 518 (520); BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/ 94, FR 1996, 30 = DB 1995, 2454. 73 BFH v. 18.12.1990 – VIII R 137/85, BFH/NV 1991, 518 (520). 74 BFH v. 4.7.1968 – IV 136/63, BFHE 92, 474 = BStBl. II 1968, 761; BFH v. 29.1.1976 – IV R 102/73, BFHE 118, 181 = BStBl. II 1976, 328; BFH v. 23.6.1976 – I R 178/74, BFHE 119, 421 = BStBl. II 1976, 678. 75 Nach den Schreiben des BMF v. 8.12.1975 – IV B 2 - S 2241 - 115/75, BStBl. I 1975, 1130, und BMF v. 24.2.1976 – IV B 2 - S 2241 – 18/76, BB 1976, 347, sind für die steuerliche Anerkennung von Verträgen über die Errichtung einer stillen Gesellschaft zwischen Eltern und Kindern aus dem Fehlen der notariellen Beurkundung allerdings ausnahmsweise kei-

Levedag | 621

21.33

§ 21 Rz. 21.33 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Rechtsgeschäfts eintreten lassen, wurde für Gesellschaftsverträge im Familienverbund als nicht anwendbar angesehen76.

21.34 Wie unter Rz. 21.14 dargelegt, hat die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Rechtsverhältnisses an Bedeutung verloren. Auch unwirksam zustande gekommene Gesellschaftsverträge können von Beginn an steuerrechtlich beachtlich sein, wenn der Unwirksamkeitsgrund den Beteiligten nicht anzulasten ist und nach Erkenntnis unverzüglich beseitigt wird77. In der Regel wird man den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Form- und Vertretungsvorschriften aber anlasten können, wenn sich diese schon aus dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften des BGB ergeben. Auf eine bloß fernmündliche Auskunft eines Notars dürfen sich die Vertragsparteien nicht verlassen78. 21.35 Im Einzelnen79 erfordert die steuerliche Anerkennung einer stillen Familiengesellschaft demnach insbesondere, dass alle Beteiligten, insbesondere minderjährige Kinder, bei Vertragsschluss zivilrechtlich wirksam (ggf. durch Ergänzungspfleger) vertreten werden (vgl. Rz. 9.40 ff.), dass erforderliche Genehmigungen des Familiengerichts eingeholt werden (vgl. Rz. 9.46 ff.) und dass eine möglicherweise erforderliche notarielle Form des Gesellschaftsvertrags eingehalten wird (vgl. Rz. 9.24 ff.). Eine nachträglich erteilte Genehmigung des Familiengerichts oder des zwischenzeitlich volljährig gewordenen Kindes wirkt auch steuerlich zurück, soweit sich die Beteiligten unverzüglich um die Einholung der Genehmigung bemühen und diese in angemessener Frist erteilt wird80. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Nichteinholen der Genehmigung den Vertragsparteien anzulasten ist81. Steuerlich dürfte die nachgeholte Genehmigung jedoch in diesen Fällen zumindest ex nunc wirken.

76

77

78 79 80 81

ne für die Steuerpflichtigen nachteiligen Folgerungen zu ziehen, wenn der Schenkungsvertrag und der Vertrag über die Gründung der stillen Gesellschaft vor dem 1.1.1976 abgeschlossen worden ist. BFH v. 8.11.1972 – I R 227/70, BStBl. 1973, 287; BFH v. 18.10.1989 – I R 203/84, BStBl. II 1990, 68 (69); zustimmend Bordewin, DB 1996, 1359 (1364); kritisch Costede, StbKRep 1987, 239 (251), der bei zivilrechtlicher Unwirksamkeit eine im Steuerprozess widerlegbare Vermutung gegen die Ernsthaftigkeit der Vereinbarungen annimmt; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 12 I 1, S. 507 f. BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, FR 1999, 1358 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler = DStR 1999, 938 (939); BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475; BFH v. 7.6.2006 – IX R 4/ 04, FR 2007, 91 = DStRE 2006, 1372; BFH v. 22.2.2007 – IX R 45/06, GmbHR 2007, 719 m. Anm. Hoffmann = FR 2007, 899 = DStR 2007, 986. BFH v. 22.2.2007 – IX R 45/06, GmbHR 2007, 719 m. Anm. Hoffmann = FR 2007, 899 = DStR 2007, 986 (987). Siehe die Zusammenfassung zu den steuerlichen Anforderungen bei Neufang, StB 2018, 296 (311 ff.). BFH v. 1.2.1973 – I R 101/72, BStBl. II 1974, 289; BFH v. 5.3.1981 – IV R 150/76, BStBl. II 1981, 435 (438) = FR 1981, 361. BFH v. 22.2.2007 – IX R 45/06, GmbHR 2007, 719 m. Anm. Hoffmann = FR 2007, 899 = DStR 2007, 986.

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Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.37 § 21

c) Fremdvergleich dem Inhalt nach aa) Abstrakter Maßstab Maßstab für den erforderlichen inhaltlichen Fremdvergleich (siehe Rz. 21.7) ist, ob ein Gesellschaftsvertrag gleichen Inhalts auch zwischen Fremden geschlossen worden wäre82. Werden Abweichungen im Angehörigen-Gesellschaftsvertrag von einer fremdüblichen Vereinbarung festgestellt, ist gestuft zu prüfen, ob diese Abweichung unbeachtlich ist, weil der Fremdvergleichsmaßstab zurückgenommen anzuwenden ist oder weil die Finanzierungsfunktion der stillen Beteiligung im Vordergrund steht und der Gesellschaftsvertrag daher betrieblich veranlasst ist oder die Abweichung nicht ins Gewicht fällt, weil die Chancen und Risiken des Gesellschaftsverhältnisses nach dem Gesamtbild der Verhältnisse83 ausgewogen sind. Auch sind Abweichungen, die Nebenabreden betreffen, für die steuerliche Anerkennung weniger schädlich, als nicht fremdübliche Abreden im Bereich der vertraglichen Hauptpflichten84. Abweichungen vom Üblichen sind von der Rechtsprechung auch unter dem Gesichtspunkt teilweise für unschädlich gehalten worden, wenn sie dem Übergang des Betriebes von der einen Generation zur nächsten dienen sollten, etwa indem sich der frühere Geschäftsinhaber in seiner weiteren Funktion als stiller Gesellschafter gegenüber seinem Abkömmling als Nachfolger besondere Kontrollrechte vorbehält85.

21.36

Orientierungsmaßstab für den Fremdvergleich bei der typisch stillen Gesellschaft ist das Regelstatut der stillen Gesellschaft nach dem HGB. Dem stillen Gesellschafter müssen „mindestens im Wesentlichen“ die Rechte nach § 233 HGB eingeräumt sein, damit die Gesellschaft steuerlich anerkannt wird86. Ein Gesellschaftsverhältnis wird deswegen nicht anerkannt, wenn die dem stillen Gesellschafter gemäß § 233 HGB zustehenden Überwachungsrechte gänzlich ausgeschlossen oder wesentlich beschränkt sind87. Nicht erforderlich für die steuerliche Anerkennung ist eine dingliche Absicherung der Vermögensrechte des stillen Gesellschafters. Dies ist bei Bestehen einer Verlustbeteiligung anerkannt88. Bei der atypisch stillen Gesellschaft (Personen-

21.37

82 BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, FR 2009, 950 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2009, 672 = DStR 2009, 959; BFH v. 31.5.1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 11 = FR 1989, 748; BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475. 83 BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, FR 1999, 1358 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler = DStRE 1999, 938 (938); bereits früher auf das Gesamtbild abstellend: BFH v. 17.11.1964 – VI 319/63 U, BFHE 82, 35 = BStBl. III 1965, 260; BFH v. 31.5.1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 10 f. = FR 1989, 748. 84 Siehe Kulosa, DB 2014, 972 (972 f.). 85 Vgl. etwa FG Hamburg v. 21.9.2000 – II 697/99, DStRE 2001, 74 (für GbR). 86 BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475 (unter 1.); zur typisch stillen Unterbeteiligung siehe FG Baden-Württemberg, EFG 2013, 835. 87 BFH v. 31.5.1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 10 (11); BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/94, BStBl. II 1996, 269 (272 f.). 88 BFH v. 18.12.1990 – VIII R 290/82, BStBl. II 1991, 391 = FR 1991, 291 (unter II.2.) für typische stille Gesellschaft mit Verlustausschluss; BFH v. 31.5.1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 10 = FR 1989, 748; BFH v. 25.1.2000 – VIII R 50/97, BStBl. II 2000, 393 (395) = FR 2000, 767 m. Anm. Kempermann.

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§ 21 Rz. 21.37 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

gesellschaft & atypisch Still89 und GmbH & atypisch Still90) muss zudem die Rechtsposition des atypisch stillen Gesellschafters der Rechtsposition eines Kommanditisten vergleichbar sein, da sonst die erforderliche Mitunternehmerstellung nicht begründet wird (vgl. Rz. 20.70 ff., 20.78 ff.)91.

21.38 Eine Besonderheit besteht für die Gewinn- und Verlustverteilung. Weicht sie vom Üblichen ab, kann dies der Anerkennung der stillen Gesellschaft als solcher entgegenstehen92. In der Regel ist aber zwischen der Anerkennung der stillen Gesellschaft als solcher und der Anerkennung der Gewinn- und Verlustbeteiligung zu unterscheiden. Eine unübliche Gewinn- und Verlustbeteiligung wird steuerlich in der Weise korrigiert, dass den stillen Gesellschaftern Gewinnanteile in angemessener Höhe zugerechnet werden, hindert aber nicht die steuerliche Anerkennung der stillen Gesellschaft als solcher. 21.39 Ebenfalls für die steuerliche Anerkennung der stillen Gesellschaft als solche unbeachtlich ist der Umstand, ob die Einlage dem stillen Gesellschafter, etwa durch Einbuchung durch den Inhaber, geschenkt wird93, es sei denn, hierdurch steht die zivilrechtliche Wirksamkeit der Gründung wegen eines Verstoßes gegen § 518 Abs. 1 BGB in Frage und wegen dieser Unwirksamkeit kann das Vertragsverhältnisses nicht anerkannt werden. Es ist im Rahmen des Fremdvergleichs zwischen der privat veranlassten Zuwendung der stillen Beteiligung und der Anerkennung der laufenden Gewinnund Verlustzuweisung zu trennen94. Zu vergleichen ist auch nach Schenkung der Einlage lediglich, ob ein Dritter bei eigener Leistung einer Einlage gleiche Vertragskonditionen erhalten hätte, wie sie dem stillen Gesellschafter im Rahmen der Schenkung zugestanden worden wären (vgl. auch Rz. 21.53). 21.40 frei bb) Verfügungsrecht über die Rechtsposition aus der stillen Beteiligung

21.41 Kann der stille Gesellschafter, der Angehöriger des Geschäftsherrn ist, wie ein fremder Dritter über seine Gewinnanteile und seine Beteiligung frei verfügen, spricht dies

89 Zum Entstehen einer doppelstöckigen Mitunternehmerschaft in diesem Fall siehe BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker = GmbHR 2014, 890, DStR 2014, 1384. 90 FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29. 91 BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, GmbHR 2014, 1278 = FR 2015, 76 m. Anm. Kanzler = DStR 2014, 2111 unter II.1; siehe auch Fischer in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, Rz. II 1338 ff. (Stand: 5/2015); Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 (719). 92 BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, FR 2009, 950 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2009, 672 = DStR 2009, 959; BFH v. 21.9.1989 – IV R 126/88, BFH/NV 1990, 692 (693). 93 Hingegen gewinnt der Umstand, dass die Beteiligung dem stillen Gesellschaft geschenkt worden ist, für die Angemessenheit der Gewinn- und Verlustbeteiligung Bedeutung, vgl. Rz. 21.69 ff. 94 Bordewin, DB 1996, 1359 (1369).

624 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.43 § 21

für die Ernsthaftigkeit des Gesellschaftsverhältnisses95. Kritisch sind hingegen Klauseln, die das Verfügungsrecht des stillen Gesellschafters über seine stille Beteiligung einschränken. Die Rechtsposition eines Angehörigen, der stiller Gesellschafter ist, wird in nicht fremdüblicher Weise ausgehöhlt, wenn der stille Gesellschafter zu deren unentgeltlicher Rückübertragung jederzeit verpflichtet werden kann96 oder der Widerruf der Schenkung vorbehalten ist97. Dies ist nach Abschnitt 15.9 (2) der EStR 2018 auch Auffassung der Finanzverwaltung, die in diesen Fällen das Entstehen einer Einkunftsquelle beim Stillen verneint. Ist eine geschenkte mitunternehmerische Beteiligung befristet98 oder ist sie jederzeit vom Inhaber voraussetzungslos kündbar99, gilt Gleiches zumindest dann, wenn der stille Gesellschafter auch noch zum Buchwert abgefunden werden kann100. Nicht anders behandelt werden sollte der Fall, dass ein Gesellschafter durch Veränderungen des Gesellschaftsvertrags einseitig die Beteiligung des anderen rechtlich nachteilig verändern kann. Rückfall- und Kündigungs- und Weiterleitungsklauseln sind hingegen unschädlich, wenn sie lediglich für verhältnismäßig unwahrscheinliche Konstellationen, wie etwa das Vorversterben des Beschenkten, gelten101 oder nur im Wesentlichen die Regelungen der §§ 527, 530 BGB wiederholen102. Ob hierzu auch Scheidungsklauseln zählen, ist offen.

21.42

Ist das Kündigungsrecht einseitig zu Lasten des stillen Gesellschafters aufgehoben worden, wird ein Gesellschaftsverhältnis steuerlich nicht anerkannt103. Ist eine Kündigung durch den stillen Gesellschafter möglich, bedarf er aber dazu der Zustimmung eines Dritten, erkennt der BFH ein stilles Gesellschaftsverhältnis ebenfalls nicht an104. Einschränkungen der Verfügungsmöglichkeiten über die Beteiligung können aber bis zum Erreichen der Volljährigkeit des stillen Gesellschafters vereinbart werden. Beschränkungen über die Volljährigkeit hinaus sind fremdüblich, soweit sie überschaubar und zeitlich begrenzt sind. So hat der BFH etwa eine Anteilsschenkung steuerlich

21.43

95 BFH v. 31.5.1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 10 (12) = FR 1989, 748. 96 BFH v. 16.5.1989 – VIII R 196/84, BStBl. II 1989, 877 (878) = FR 1989, 653. 97 BFH v. 16.5.1989 – VIII R 196/84, BStBl. II 1989, 877 (878) = FR 1989, 653; vgl. zur steuerlichen Behandlung von Rückforderungs- und Weiterleitungsklauseln in Schenkungsverträgen allgemein Jülicher, DStR 1998, 1977. 98 BFH v. 29.1.1976 – IV R 73/73, BFHE 118, 189 = BStBl. II 1976, 324; zu einer Unterbeteiligung siehe Schleswig-Holsteinisches FG v. 17.12.2015 – 5 K 58/12, EFG 2016, 618 m. Anm. Sorge. 99 Zur zivilrechtlichen Problematik von Hinauskündigungsklauseln vgl. Rz. 14.23 ff. 100 Seer, DStR 1988, 600 (603). Die Entscheidungen BFH v. 27.9.1973 – IV R 33/71, BFHE 110, 357 = BStBl. II 1974, 51, sowie BFH v. 29.1.1976 – IV R 89/75, BFHE 118, 311 = BStBl. II 1973, 374, hatten diese Frage noch unentschieden gelassen; siehe auch Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 766; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 12 I 2, S. 511. 101 BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BStBl. II 1994, 635 (637) unter I.3.c.) = FR 1994, 508. 102 BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BStBl. II 1994, 635 (637 f.) = FR 1994, 508. 103 Vgl. BFH v. 3.5.1979 – IV R 153/78, BFHE 127, 538 = BStBl. II 1979, 515. 104 BFH v. 20.2.1975 – IV R 62/74, BFHE 115, 232 = BStBl. II 1975, 569; BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/94, BStBl. II 1996, 269 = FR 1996, 30 (272).

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§ 21 Rz. 21.43 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

anerkannt, weil die vereinbarten Verfügungsbeschränkungen im Wesentlichen mit der Vollendung des 26. Lebensjahres beseitigt waren105. Der Anerkennung als Mitunternehmer steht es aber in der Regel entgegen, wenn der Gesellschafter seinen Anteil bis zum 28. Lebensjahr nicht selbst verwalten kann106. cc) Gewinn- und Verlustbeteiligung des Stillen

21.44 Die Höhe der Gewinn- und Verlustbeteiligung des Stillen wird steuerlich grundsätzlich nicht bei der Anerkennung der stillen Gesellschaft als solcher, sondern im Rahmen einer gesonderten Angemessenheitsprüfung berücksichtigt107. Ein nicht fremdüblicher Gewinnanteil, der in keinem begründbaren Verhältnis zum eigenen Beitrag des stillen Gesellschafters steht, kann aber auch gegen die Anerkennung des gesamten Gesellschaftsverhältnisses sprechen108. Die Rechtsprechung lässt in diesem Bereich jedoch viele Gestaltungen zu, bevor diese Rechtsfolge gezogen wird. Das FG Münster hat z.B. eine disquotale Gewinnverteilung in einer atypisch stillen Gesellschaft, die auf einer Vorabgewinnverteilung beruhte, weder als nicht fremdüblich noch als rechtsmissbräuchlich angesehen109. 21.45 Zu den wesentlichen Mitgliedschaftsrechten eines stillen Gesellschafters gehört gemäß § 231 HGB der Gewinnanspruch. Wird das Verfügungsrecht des stillen Gesellschafters über seinen Gewinnanteil in einer gegenüber fremden Dritten unüblichen Weise eingeschränkt, wird die stille Gesellschaft steuerlich nicht anerkannt. Dies kann der Fall sein, wenn auf der einen Seite die Kinder eine im Verhältnis zur (geschenkten) Kapitaleinlage ungewöhnlich hohe Gewinnbeteiligung haben, auf der anderen Seite über diese Gelder aber nicht verfügen dürfen110. Eine solche Beschränkung kann nicht damit gerechtfertigt werden, dass das Vermögen der minderjährigen Kinder der elterlichen Verwaltung unterliegt und die Eltern die Art der Vermögensanlage bestimmen dürfen (§ 1626 Abs. 2 BGB), zumal, wenn der Vertrag auch noch in die Zeit der Volljährigkeit der Kinder hineinwirkt. Der BFH hat im Übrigen Verträge über die Gründung einer stillen Gesellschaft zwischen einem Vater und seinen minderjährigen Kindern nicht anerkannt, weil die Kinder zehn Jahre lang nicht über ihren Gewinnanteil verfügen durften111 oder weil eine Verfügung nur mit Zustimmung des Vaters112 bzw. eines von ihm benannten Dritten113 möglich war. In einem anderen Fall wurde eine stille Gesellschaft steuerlich nicht anerkannt, weil dem minderjährigen stillen Gesellschafter nur eine jederzeit widerrufliche Gewinnbeteiligung zustand und 105 106 107 108 109 110 111 112 113

Vgl. BFH v. 6.4.1979 – I R 116/77, BFHE 128, 202 = BStBl. II 1979, 620. BFH v. 25.6.1981 – IV R 135/78, BFHE 134, 12 = BStBl. II 1981, 779 = FR 1981, 596. Die Rechtsprechung zusammenfassend siehe Neufang, StB 2018, 296 (312 ff.). BFH v. 21.9.1989 – IV R 126/88, BFH/NV 1990, 692 (693); zur disproportionalen Gewinn- und Stimmrechtsverteilung siehe Schulz/Werz, BB 2005, 2 (6). FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29. BFH v. 2.2.1960 – I 132/59 U, BFHE 70, 285 = BStBl. III 1960, 106; BFH v. 13.12.1963 – VI 339/61 U, BFHE 78, 402 = BStBl. III 1964, 156. BFH v. 25.9.1969 – IV R 179/68, BFHE 97, 298 = BStBl. II 1970, 114. BFH v. 22.1.1970 – IV R 178/68, BStBl. II 1970, 416 (418). BFH v. 20.2.1975 – IV R 62/74, BFHE 115, 232 = BStBl. II 1975, 569.

626 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.47 § 21

ihm das Recht entzogen war, die ihm gutgeschriebenen Gewinnanteile während des Bestehens der Gesellschaft ganz oder doch wenigstens teilweise zu entnehmen114. Nach Ansicht des FG Baden-Württemberg soll eine stille Gesellschaft bereits steuerlich nicht anzuerkennen sein, wenn die Gewinnanteile dem stillen Gesellschafter unverzinst erst bei Auflösung der Gesellschaft auszuzahlen sind115. In seiner jüngeren Rechtsprechung lässt der BFH jedoch Auszahlungsbeschränkungen in wesentlich weiterem Umfang zu. Bei Zusammentreffen mit anderen ungewöhnlichen Vertragsbestimmungen können Auszahlungsbeschränkungen aber zur Versagung der steuerlichen Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses führen116. Weniger schädlich sind Beschränkungen, deren zeitliche Dauer absehbar ist117, zum Beispiel Beschränkungen, die so ausgestaltet sind, dass sie die sofortige Auszahlung eines nicht unerheblichen Teilbetrags zulassen und den im Unternehmen belassenen Teil angemessen verzinsen118. d) Vertragsgemäße Durchführung des Gesellschaftsverhältnisses Der Gesellschaftsvertrag muss schließlich vertragsgemäß durchgeführt worden sein. Nach der Rechtsprechung ist die Nichtdurchführung des Gesellschaftsvertrages als Indiz im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen (siehe Rz. 21.7)119. Zur tatsächlichen Durchführung des Gesellschaftsvertrags gehört, dass der still Beteiligte die vertraglich übernommene Vermögenseinlage leistet, dass für ihn ein Beteiligungskonto eingerichtet wird, auf dem ihm die Gewinnanteile gutgebracht werden, und dass Gewinnanteile, soweit dies die Vereinbarungen der Beteiligten vorsehen, tatsächlich ausgezahlt werden120. Nicht genügend ist eine Vereinbarung, aus der keine vermögensrechtlichen Folgerungen gezogen werden oder die Art und Umfang der Beteiligung nicht erkennen lässt. Zudem muss mit der Leistung der Einlage auch eine Vermögensbelastung des Stillen verbunden sein. Nicht ausreichend ist, eine Bareinlageverpflichtung zu begründen, die nur durch einen Verzicht auf künftige Gewinnanteile erfüllt werden soll121.

21.46

Die Vermögenseinlage kann in der Weise erbracht werden, dass der Geschäftsinhaber einen Teil seines Kapitals dem still beteiligten Familienangehörigen schenkweise überlässt. Die Umbuchung des überlassenen Betrags vom Kapitalkonto des Geschäftsinhaber auf die Einlage des stillen Gesellschafters ist eine Privatentnahme des Ge-

21.47

114 BFH v. 8.8.1974 – IV R 101/73, BFHE 113, 361 = BStBl. II 1975, 34. 115 FG Baden-Württemberg v. 24.11.1997 – 2 V 28/97, EFG 1998, 290 (291); FG BadenWürttemberg v. 7.1.1999 – 2 K 253/97, DStRE 2000, 2 (3 f.). 116 BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475 unter 2. 117 Siehe schon BFH v. 5.11.1985 – VIII R 275/81, BFH/NV 1986, 327 unter 2.b). 118 BFH v. 7.11.2000 – VIII R 16/97, DStR 2001, 74 (76 f.). 119 BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475 unter 4.c). 120 BFH v. 13.12.1963 – VI 339/61 U, BStBl. III 1964, 156; BFH v. 8.8.1974 – IV R 101/73, BStBl. II 1975, 34; BFH v. 18.10.1989 – I R 203/84, BStBl. II 1990, 68. 121 BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133 = GmbHR 2017, 1348; Rz 20.79 f.

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§ 21 Rz. 21.47 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

schäftsinhabers122. Ein solches Schenkungsversprechen bedarf nach der Rechtsprechung grundsätzlich der notariellen Beurkundung oder zur Heilung des Formmangels des Vollzugs (§ 518 BGB; Rz. 6.21 ff., 9.25 und 21.53 ff.). Unter Umständen wird dadurch Schenkungsteuer ausgelöst (siehe Rz. 27.8 ff.).

21.48 Als Gesellschafterbeitrag kann der Familienangehörige zivilrechtlich seine Arbeitskraft einbringen. In diesem Fall wird eine in Geld bewertete Einlageforderung von ihm als erfüllt angesehen, obwohl er der Gesellschaft nur einen Nutzungsvorteil zuwendet. Damit die Arbeitskraft zivilrechtlich als Gesellschafterbeitrag angesehen werden kann, muss sie geleistet werden, um die gesellschaftliche Beitragspflicht zu erfüllen, nicht aber aufgrund einer hiervon unabhängigen Verpflichtung aus einem Arbeitsvertrag123. Die Anerkennung der Zuwendung dieses Nutzungsvorteils als Gesellschafterbeitrag setzt voraus, dass der Familienangehörige tatsächlich im Betrieb mitarbeitet. Die Mitarbeit darf nicht nur geringfügig sein. Kein „Einbringen der Arbeitskraft“ ist gegeben, wenn eine Verpflichtung zu nur gelegentlichen Dienstleistungen oder zu nur aushilfsweiser Tätigkeit im Notfall besteht. Die Rechtsprechung dürfte hingegen unter Angehörigen diese Gestaltung nur akzeptieren, wenn der Stille ein fremdübliches Entgelt für seine Tätigkeit erhalten soll und auf dieses zur Erbringung der Einlage verzichtet124. 21.49 Die Arbeitskraft kann steuerlich nur im Hinblick auf die Angemessenheit der Gewinnverteilung (Rz. 21.64 ff.) einem werthaltigen „Einlagegegenstand“ gleichgestellt und der stille Gesellschafter nicht als „unentgeltlich“ aufgenommen angesehen werden, denn es handelt sich nach allgemeinen Grundsätzen nur um die Zuwendung eines Nutzungsvorteils an die Gesellschaft und nicht um einen bilanzierungsfähigen Vermögensgegenstand, der einer Sacheinlage gleichsteht125. Es ist deshalb besonders in den Fällen, in denen im Betrieb mitarbeitende minderjährige Kinder ohne Vermögenseinlage als stille Gesellschafter aufgenommen worden sind, zu prüfen, ob deren Tätigkeit als geldwerte Leistung angesehen werden kann (Rz. 21.48). 21.50 Tatsächlich durchgeführt werden müssen auch die vertraglichen Regelungen über die Auszahlung der Gewinnanteile. Eine Auszahlung in diesem Sinne liegt allerdings auch dann vor, wenn im Zeitpunkt der Fälligkeit des Gewinnauszahlungsanspruchs ein zivilrechtlich wirksamer Darlehensvertrag abgeschlossen wird oder besteht, durch den der Gewinnauszahlungsanspruch in eine Darlehensforderung umgestaltet

122 BFH v. 9.9.1954 – IV 574/53 U, BFHE 59, 275 = BStBl. III 1954, 317; siehe auch Neufang, StB 2018, 296 (307) mit dem Hinweis, dass die reine Umbuchung ohne begleitenden Vertragsabschluss über die stille Beteiligung nicht ausreichend ist. 123 RFH v. 16.3.1938 – VI 154/38, RStBl. 1938, 556; BFH v. 12.1.1953 – IV 365/52 U, BFHE 57, 148 = BStBl. III 1953, 58; BFH v. 3.7.1964 – VI 355/62 U, BFHE 80, 103 = BStBl. III 1964, 511. 124 BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133 = GmbHR 2017, 1348; Rz. 20.79 f. 125 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BFHE 151, 523 = BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159; BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133 = GmbHR 2017, 1348; Rz. 20.79 f.

628 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.53 § 21

wird126. Eine Gutschrift ist als Form der Auszahlung nur dann anzuerkennen, wenn die Gewinnanteile auch bis zur Auszahlung jederzeit abrufbar gutgeschrieben bleiben127. Auch eine verfrühte Auszahlung ist vom BFH als steuerschädlich angesehen worden128. Die ausgezahlten Beträge müssen endgültig in das Vermögen des stillen Gesellschafters übergehen. Sie müssen vom Inhaber wie fremdes Vermögen behandelt werden. Hieran fehlt es, wenn Eltern ausgezahlte Beträge auch nur zu einem kleinen Teil für sich oder eines ihrer anderen Kinder verwenden129. Die Anerkennung einer stillen Beteiligung setzt demnach die dauerhafte Trennung der Vermögensbereiche innerhalb einer Familie voraus.

21.51

Ob die Erträge aus der Beteiligung eines minderjährigen Gesellschafters von den Eltern für dessen Unterhalt verwandt werden dürfen, wird teils mangels hinreichender Trennung der Vermögensmassen verneint130, teils unter Berufung auf § 1649 Abs. 1 BGB bejaht131. Der BFH hat mehrfach i.S. der strengeren Ansicht geurteilt132 und in einem Urteil aus dem Jahr 1999 die Beantwortung der Frage offen gelassen133.

21.52

e) Sonderproblem: Schenkung einer typischen Beteiligung mit Verlustausschluss durch den Inhaber aa) Zivilrechtlich unwirksame Schenkung der Einlageforderung als Anerkennungsproblem Die Schenkung der Einlageforderung für typisch stille Gesellschafter ist in der langjährigen Rechtsprechung des BGH als formbedürftig gemäß § 518 Abs. 1 BGB angesehen und eine Heilbarkeit der Nichtbeurkundung durch Vollzug gemäß § 518 Abs. 2 BGB wegen der rein schuldrechtlichen Position des typisch stillen Gesellschafters verneint worden134 (siehe Rz. 6.21 ff., 9.25). Sind Schenkungs- und Gesellschaftsvertrag über eine typisch stille Beteiligung wegen eines Verstoßes gegen § 518 BGB endgültig als unwirksam anzusehen, wirft dies die Frage nach der steuerlichen Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses auf. Aufgrund der gefestigten Rechtsprechung des BGH zur Formbedürftigkeit der Schenkung von Forderungen, die als Einlage des stillen Gesellschafters behandelt werden sollen, dürfte in diesem Fall ein Formmangel anzunehmen sein, der den Beteiligten anzulasten ist und gegen die steuerliche Anerkennung einer 126 BFH v. 13.6.1989 – VIII R 47/85, BStBl. II 1989, 720 = GmbHR 1990, 181 = FR 1989, 499; kritisch dazu L. Schmidt, FR 1989, 500; H 15.9 Abs. 4 EStH 2013. 127 BFH v. 18.10.1989 – I R 203/84, BStBl. II 1990, 68. 128 BFH v. 21.9.1989 – IV R 126/88, BFH/NV 1990, 692. 129 BFH v. 30.3.1999 – VIII R 19/98, FR 1999, 1072 = DStRE 1999, 905 (906). 130 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 749; Bordewin, DB 1996, 1359 (1370 f.). 131 Carlé/Halm, KÖSDI 2000, 12383 (12384). 132 BFH v. 30.1.1980 – I R 194/77, BStBl. II 1980, 449 = FR 1980, 414 (zu Darlehenszinsen); BFH v. 10.8.1988 – IX R 220/84, BStBl. II 1989, 137 = FR 1989, 79. 133 BFH v. 30.3.1999 – VIII R 19/98, FR 1999, 1072 = BFH/NV 1999, 1325 (1326); siehe auch Kulosa, DB 2014, 972 (973). 134 Zur Vertiefung siehe K. Schmidt, DB 2002, 829.

Levedag | 629

21.53

§ 21 Rz. 21.53 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

stillen Beteiligung spricht (siehe Rz. 21.14). Der BGH hat nunmehr jedoch abweichend von seiner langjährigen Rechtsprechung für atypisch stille Unterbeteiligungen entschieden, ein Formmangel in Bezug auf die Einlageforderung werde gemäß § 518 Abs. 2 BGB mit dem Abschluss des Vertrags über die stille Unterbeteiligung geheilt135. Dieser Sichtweise folgt der BFH sowohl für die atypische Unterbeteiligung als auch für die atypisch stille Beteiligung136. Auch die schenkweise Zuwendung einer typisch stillen Unterbeteiligung an einen Angehörigen soll anknüpfend an diese neuere Rechtsprechung des BGH mit der Einbuchung bei der Personengesellschaft i.S. des § 518 Abs. 2 BGB bewirkt sein, wenn dem unterbeteiligten Gesellschafter von Anfang an auch mitgliedschaftliche Mitwirkungsrechte an der Geschäftsführung der Innengesellschaft gewährt werden137. Nichts anderes gilt für die geschenkte Einlageforderung des typisch stillen Gesellschafters. Diese Entwicklung der Rechtsprechung des BGH ist für die Praxis daher zu begrüßen. bb) Vorherige Schenkung der Mittel durch den Geschäftsinhaber, um die Einlage des stillen Gesellschafters zu leisten

21.54 Die Herkunft der Mittel für die Einlage des stillen Gesellschafters ist im Rahmen des Fremdvergleichs grundsätzlich unerheblich138. Der Fremdvergleich im Hinblick auf Inhalt und Durchführung des Vertrags ist bei Einbuchung der Einlage durch den Inhaber im Rahmen einer Schenkung prinzipiell also in gleicher Weise vorzunehmen, wie wenn die Mittel für die Einlage aus dem Eigenvermögen des stillen Gesellschafters stammen. Von diesem Grundsatz macht der BFH – ausgehend von seiner Rechtsprechung zur Schenkung von Mitteln, die als Darlehen an den Schenker zurückfließen (Rz. 21.56) – indes eine bedeutsame Ausnahme für den Fall, dass dem stillen Gesellschafter die Mittel zur Erbringung der Einlage zu einer typisch stillen Gesellschaft mit Verlustausschluss vom Inhaber geschenkt werden. 21.55 In diesen Fällen ist die Frage aufgeworfen, ob nicht nur eine rein formale Vermögensverschiebung vorliegt. Der BFH hat seine Rechtsprechung anhand der Fallgruppe einer „Rückgewähr geschenkter Mittel als Darlehen“ entwickelt. Diese Rechtsprechung betrifft im Wesentlichen Fälle auf der Ebene des Schenkers, der die an den Beschenkten gezahlten Darlehenszinsen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen will. Die Rechtsprechung prüft bei einem „offensichtlichen Zusammenhang von Schenkung und Darlehen“ für die steuerliche Anerkennung eines Darlehens zwei Voraussetzungen. Der Abzug von Schuldzinsen als Betriebsausgaben/Werbungskosten setzt (1) voraus, dass die Darlehensvereinbarung und Durchführung dem Fremdvergleich standhalten und (2) im Verhältnisvon Schenker und Beschenktem eine end-

135 BGH v. 29.11.2011 – II ZR 306/09 („Unseld“), BGHZ 191, 354. 136 BFH v. 16.1.2008 – II R 10/06, GmbHR 2008, 501 = FR 2008, 981 = BStBl. II 2008, 631; BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, GmbHR 2014, 1278 = FR 2015, 76 m. Anm. Kanzler = DStR 2014, 2111. 137 FG Rheinland-Pfalz v. 31.1.2013 – 5 K 2009/10, EFG 2013, 835. 138 BFH v. 23.8.1999 – GrS 1-3/97, 5/97, BStBl. II 1999, 778 ff. = FR 1999, 1167 m. Anm. Fischer.

630 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.56 § 21

gültige Vermögensverschiebung bewirkt wird139. Liegt nur eine formale Vermögensverschiebung der geschenkten Mittel in eine Darlehensforderung gegen den Schenker vor, wird das Darlehensverhältnis nicht anerkannt. Es findet das Betriebsausgabenund Werbungskostenabzugsverbot des § 12 Nr. 2 EStG auf die Zinsen Anwendung, wenn ein Steuerpflichtiger einem Angehörigen Geld zuwendet, das ihm von diesem sogleich wieder als Darlehen zur Verfügung gestellt wird140. Der Fremdvergleich erfordert nach der Rechtsprechung, dass nur tatsächlich durchgeführte Rechtsgeschäfte der Besteuerung zugrunde gelegt werden können. Bei der schenkweisen Begründung einer Darlehensforderung erfolgt nach Ansicht des BFH demnach der eigentliche Kapitaltransfer zwischen den Angehörigen erst mit Tilgung des Darlehens, so dass zunächst lediglich ein Schenkungsversprechen angenommen werden kann141. Die Prüfung, ob eine schädliche formale Vermögensverschiebung vorliegt, ist auch durchzuführen, wenn ein Angehöriger als beherrschender Mitunternehmer einer Personengesellschaft eine Entnahme tätigt, diesen Geldbetrag einem Angehörigen zuwendet und dieser Angehörige ein Darlehen an die Personengesellschaft (sog. mittelbarer Angehörigenvertrag, siehe Rz. 21.26) vergibt, die anschließend den Betriebsausgabenabzug geltend macht142. In einem Urteil vom 22.10.2013143 hat der BFH diese Grundsätze nochmals bestätigt. Nach dem BMF-Schreiben vom 23.12.2010144 (Tz. 10) folgt die Finanzverwaltung dieser Rechtsprechung. Sie ist – wie auch in Fällen, in denen bei Darlehen unter Angehörigen das Kindsvermögen nicht einwandfrei vom Elternvermögen getrennt wird – der Auffassung, die Schenkung werde tatsächlich nicht vollzogen, so dass die Rückgewähr der Geldbeträge als Darlehen durch den Beschenkten kein mit ertragsteuerlicher Wirkung anzuerkennendes Darlehensverhältnis begründe. Die Vereinbarungen zwischen den Angehörigen sind auch nach dem BMF-Schreiben vom 23.12.2010 als eine modifizierte (gestreckte) Schenkung zu beurteilen, die erst mit Rückzahlung des

139 Vgl. BFH v. 10.4.1984 – VIII R 134/81, BStBl. II 1984, 705 = FR 1984, 503; BFH v. 12.2.1992 – X R 121/88, BStBl. II 1992, 468 = FR 1992, 402 m. Anm. Schmidt; BFH v. 4.3.1993 – X R 70/91, BFH/NV 1994, 156; BFH v. 28.1.1993 – IV R 109/91, BFH/NV 1993, 590; BFH v. 17.6.1994 – III R 30/92, BFH/NV 1995, 197; BFH v. 15.4.1999 – IV R 60/98, BFH/NV 1999, 1408 = FR 1999, 894 = GmbHR 1999, 942; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 60 f. 140 BFH v. 10.4.1984 – VIII R 134/81, BStBl. II 1984, 705 = BFHE 141, 308 = FR 1984, 503; BFH v. 12.2.1992 – X R 121/88, BStBl. II 1992, 468 = FR 1992, 402 m. Anm. Schmidt; BFH v. 15.4.1999 – IV R 60/98, FR 1999, 894 = GmbHR 1999, 942 = ZEV 1999, 363 (363 f.); kritisch Autenrieth, BB 1985, 168; Groh, BB 1987, 1505 (1507) m.w.N.; vgl. dazu auch BMF v. 1.12.1992 – IV B 2 - S 2144-76/92, BStBl. I 1992, 729 = BB 1993, 279. 141 Ebenso Broudré, DB 1993, 8 (9); Tiedtke, BB 1988, 946 (947); kritisch zu dieser Argumentation wegen § 518 Abs. 2 BGB Autenrieth, BB 1985, 168; Schoor, NWB 2011, 2650 (2657). 142 BFH v. 18.1.2001 – IV R 58/99, BStBl. II 2001, 393 = FR 2001, 402 m. Anm. Fischer; BFH v. 22.1.2002 – VIII R 46/00, BStBl. II 2002, 685 = FR 2002, 620 m. Anm. Seeger. 143 BFH v. 22.10.2013 – X R 26/11, FR 2014, 180 m. Anm. Kanzler = DStR 2013, 2677. 144 BStBl. 2011, 37; Zimmermann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, F Rz. 64; kritisch Wüster, NWB 2011, 1240 (1245).

Levedag | 631

21.56

§ 21 Rz. 21.56 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

sog. Darlehens vollzogen wird und in deren Umfang auch die vereinbarten Darlehenszinsen hineinfallen.

21.57 In Tz. 11 bis 13 des BMF-Schreibens vom 23.12.2010 knüpft die Finanzverwaltung an dort aufgeführte zivilrechtliche Gestaltungen an und formuliert unwiderlegbare und widerlegbare Vermutungen für Sachverhalte, in denen nur formale Vermögensverschiebungen bestehen sollen. Die unwiderlegbare Vermutung einer rein formalen Vermögensverschiebung besteht – bei Vereinbarung von Schenkung und Darlehen in ein und derselben Urkunde, – bei Schenkung unter der Auflage der Rückgabe als Darlehen, – bei Schenkungsversprechen unter der aufschiebenden Bedingung der Rückgabe als Darlehen.

21.58 Die Abhängigkeit der Rechtsgeschäfte ist widerlegbar zu vermuten – bei getrennten Vereinbarungen, die auf einem Gesamtplan beruhen, – bei sog. Vereinbarungsdarlehen nach § 607 Abs. 2 BGB, – bei Möglichkeit der Darlehenskündigung nur mit Zustimmung des Schenkers, – bei Zulässigkeit von Entnahmen durch den Beschenkten zu Lasten des Darlehenskontos nur mit Zustimmung des Schenkers.

21.59 Ob eine nur formale Vermögensverschiebung vorliegt wird auch bei Begründung typischer stiller Beteiligungen mit Verlustausschluss geprüft. Zwar betont der BFH, dass eine Schenkung bestehender stiller Beteiligungen grundsätzlich auch steuerrechtlich anzuerkennen sei. Eine Gleichbehandlung mit der nicht anerkannten „Schenkung von Darlehensforderungen“ sei aber geboten, wenn der stille Gesellschafter die Mittel für die Einlageforderung erst vom Inhaber mit der Maßgabe geschenkt erhalte, sie im Rahmen einer stillen Gesellschaft unmittelbar zurückzugewähren145. Kann ein entsprechender Gesamtplan festgestellt werden, wird dem Gesellschaftsverhältnis die Anerkennung versagt. Erhält der nahe Angehörige hingegen die Mittel dauerhaft zur freien Verfügung und verwendet er sie aufgrund eines späteren Entschlusses als Einlageforderung im Rahmen der stillen Gesellschaft ein, bestehen keine Hindernisse für die Anerkennung der stillen Gesellschaft. Gleiches gilt, wenn die Mittel dem stillen Gesellschafter von einem anderen Angehörigen als dem Inhaber, etwa von dessen Ehefrau, geschenkt werden146.

145 BFH v. 21.10.1992 – X R 99/88, FR 1993, 226 (227) = DB 1993, 614 unter Bezugnahme auf BFH v. 12.2.1992 – X R 121/88, BStBl. II 1992, 468 = FR 1992, 402; BGH v. 15.4.1999 – IV R 60/98, ZEV 363 (363 f.); ebenso BMF v. 1.12.1992 – IV B 2 - S 2144-76/92, BStBl. I 1992, 729 = BB 1993, 279; Märkle, BB 1993, Beilage 2, 8; im Ergebnis zustimmend Weber-Grellet, DStR 1993, 1010 (1013), der allerdings § 12 Nr. 2 EStG als nicht einschlägig ansieht; Broudré, DB 1993, 8 (10); Jestädt, DStR 1993, 387 (390). 146 BFH v. 15.4.1999 – IV R 60/98, FR 1999, 894 = GmbHR 1999, 942 = ZEV 1999, 363 (363 f.).

632 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.61 § 21

Die Finanzverwaltung folgt der Rechtsprechung auch insoweit. Sie unterscheidet zwischen der Schenkung einer bestehenden stillen Beteiligung und der Schenkung der Mittel mit anschließender Gründung einer stillen Beteiligung mit dem Beschenkten. In Tz. 15 Satz 1 des BMF-Schreibens vom 23.12.2010147 wird für nach dem 31.12.1992 schenkweise begründete typische stille Beteiligungen unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten geprüft, ob nur eine formale Vermögensverschiebung vorliegt und schon deshalb das stille Beteiligungsverhältnis nicht anerkannt werden kann oder ob nur die allgemeinen Anerkennungsgrundsätze (Rz. 21.6 ff.) zur Anwendung kommen. Die Prüfung, ob eine nur formale Vermögensverschiebung gegeben ist, erfolgt sowohl bei der Gründung stiller Gesellschaften mit volljährigen als auch mit minderjährigen stillen Gesellschaftern148, wenn eine Beteiligung des Stillen am Verlust ausgeschlossen ist und die Einlage des stillen Gesellschafters aus geschenkten Mitteln erfolgt, die vom Geschäftsinhaber stammen. Wird hingegen unmittelbar eine Unterbeteiligung oder stille Beteiligung mit geleisteter Einlageforderung zugewendet, sind nach Tz. 15 Satz 2 des BMF-Schreibens149, die auf Abschnitt 15.9 (2) der EStR 2018 verweist, nur die allgemeinen Grundsätze zur Anerkennung von Familienpersonengesellschaften zu prüfen. In diesem Fall wird also nur untersucht, ob der Gesellschaftsvertrag über die typisch stille Beteiligung inhaltlich fremdüblich ist und wie vereinbart durchgeführt wird. Hervorzuheben ist, dass durch den Verweis auf Abschnitt 15.9 (2) der EStR 2018 die Verpflichtung des Beschenkten zur jederzeitigen unentgeltlichen Rückübertragung der Beteiligung (resp. hier die Rückgewähr der Einlageforderung) aus Sicht der Finanzverwaltung als Hinderungsgrund für die Anerkennung der stillen Beteiligung anzusehen ist (siehe auch Rz. 21.42).

21.60

Diese übereinstimmende Ansicht von Rechtsprechung und Finanzverwaltung dürfte als gefestigt anzusehen, obwohl ihr mit beachtlichen Argumenten entgegengetreten worden ist. Ausgangspunkt der Argumentation des BFH für die Nichtanerkennung einer formalen Vermögensverschiebung ist, dass wegen des bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise erst in der Zukunft liegenden Kapitaltransfers im Zeitpunkt der Schenkung der Mittel noch keine vollzogene Schenkung vorliegt. Es ist dann aber zu fragen, warum dies bei stillen Beteiligungen mit Verlustteilnahme, die keiner Prüfung einer formalen Vermögensverschiebung unterliegen, anders zu beurteilen sein soll150. Überzeugender wäre es, diese Differenzierung aufzugeben und bei Schenkung der Mittel für die Einlage für die steuerrechtliche Anerkennung schenkweise begründeter stiller Gesellschaften nach der geänderten Rechtsprechung des BGH (Rz. 21.53 ff.) für alle Formen der typisch stillen Gesellschaft mit Angehörigen darauf abzustellen, ob die Schenkung im zivilrechtlichen Sinne gemäß § 518 Abs. 2 BGB als vollzogen gilt und die Gründung der stillen Gesellschaft zivilrechtlich anerkannt werden kann. Bei einer typischen stillen Beteiligung manifestiert sich der Vollzug der Schenkung gemäß § 518 Abs. 2 BGB in der Einräumung einer Rechtsposition, die die Ausübung der ge-

21.61

147 148 149 150

BStBl. I 2011, 37. Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 62. BMF v. 23.12.2010, BStBl. I 2011, 37. L. Schmidt, Anm. zu BFH v. 21.10.1992, FR 1993, 228 (229).

Levedag | 633

§ 21 Rz. 21.61 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

sellschaftsvertraglichen Rechte und Pflichten des stillen Gesellschafters ermöglicht151. Ist diese Voraussetzung erfüllt und hält das stille Beteiligungsverhältnis auch im Übrigen dem Fremdvergleich stand, besteht kein Bedürfnis für die gesonderte Prüfung einer nur formalen Vermögensverschiebung bei stillen Gesellschaften ohne Verlustbeteiligung, wenn die Mittel zur Leistung der Einlageforderung geschenkt werden. f) Folgen der Nichtanerkennung des Gesellschaftsverhältnisses

21.62 Wird ein stilles Gesellschaftsverhältnis steuerlich nicht anerkannt, sind die Gewinnanteile der stillen Gesellschafter steuerlich dem Geschäftsinhaber zuzurechnen. Sie bilden bei ihm nicht abzugsfähige Ausgaben i.S. des § 12 Nr. 2 EStG. Die Einnahmen der stillen Gesellschafter sind nicht steuerbar, da gemäß § 12 Nr. 2 EStG keine Einkünfte vorliegen (siehe Rz. 21.19). 3. Die Anerkennung der Gewinn- und Verlustbeteiligung

21.63 Die steuerliche Anerkennung der stillen Gesellschaft als solcher führt nicht notwendigerweise zur Anerkennung der vereinbarten Gewinnverteilung. Diese ist vielmehr gesondert auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen. Die Notwendigkeit einer Angemessenheitsprüfung der Gewinnverteilungsabrede beruht nach Ansicht des BFH auf der dem EStG zugrunde liegenden Unterscheidung zwischen Einkommenserzielung und Einkommensverwendung, die in den Vorschriften über die Zurechnung bestimmter Einkünfte, wie z.B. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, und dem grundsätzlichen Abzugsverbot für private Zuwendungen nach § 12 Nr. 2 EStG ihren Ausdruck gefunden hat152. a) Maßstab und Zeitpunkt der Angemessenheitsprüfung

21.64 Die Gewinnverteilung muss so geregelt sein, dass sie nach dem Maßstab des Fremdvergleichs dem wirtschaftlichen Einsatz des stillen Gesellschafters an Kapital, Risiko und Einsatz von Arbeitskraft entspricht153. Es ist jedoch grundsätzlich zulässig, einem Familienmitglied unter sonst gleichen Umständen eine höhere Gewinnbetei151 K. Schmidt, BB 1990, 1992 (1995), und Tiedtke, BB 1988, 946 (948), gelangen zur steuerlichen Anerkennung der schenkweise begründeten stillen Beteiligung mit der Argumentation, in der Sache liege auch bei der Schenkung der Mittel für die Einlage die Zuwendung der Beteiligung als solcher vor. Nach Auffassung von Jestädt, DStR 1993, 387 (390), liegt im Fall einer Vertragsgestaltung, in der die Rechte des typischen stillen Gesellschafters ohne Verlustbeteiligung derart beschnitten sind, dass sich die Beteiligung letztlich nur noch in einem Forderungsrecht erschöpft, ohnehin bereits ein partiarisches Darlehen vor, welches ohnehin nach oben genannten Grundsätzen des BFH zu behandeln sei. 152 BFH v. 29.5.1972 – GrS 4/71, BFHE 106, 504 = BStBl. II 1973, 5; BFH v. 24.7.1986 – IV R 103/83, BFHE 147, 495 = BStBl. II 1987, 54 m.w.N. = FR 1987, 60 = GmbHR 1987, 207; dagegen Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 12 II, S. 513 ff.; Weber-Grellet, DStR 1993, 1010 (1012); Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 66 f. 153 BFH v. 29.5.1972 – GrS 4/71, BFHE 106, 504 = BStBl. II 1973, 5. Siehe auch Rz. 21.48 zur Arbeitskraft als Gesellschafterbeitrag.

634 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.67 § 21

ligung als einem Fremden zu gewähren, da Familienmitglieder in der Regel stärker mit dem Unternehmen verbunden sind154. Häufig erfolgt die Einräumung einer stillen Beteiligung auch zur Vorbereitung einer späteren Unternehmensübergabe an den Stillen. Sind Dritte zu den gleichen Bedingungen wie die Angehörigen als stille Gesellschafter aufgenommen worden, kann der Fremdvergleich unmittelbar anhand der gesellschaftsinternen Vergleichsgruppe erfolgen. Auf die von der Rechtsprechung sonst herangezogenen typisierten Grenzen (siehe Rz. 21.68 ff.) ist dann nicht mehr zurückzugreifen. Dies hat der BFH in einem Urteil für eine atypische Unterbeteiligung anerkannt155, nichts anderes sollte aber auch für typisch stille Beteiligungen gelten.

21.65

Bei der Angemessenheitsprüfung dürfen die einzelnen für die Höhe der Gewinnbeteiligung maßgebenden Faktoren nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr ist zu prüfen, ob die gesamten betrieblichen Umstände die vereinbarte Gewinnbeteiligung rechtfertigen. Es darf die Angemessenheit der Gewinnverteilung nicht nach Maßgabe einzelner Veranlagungszeiträume isoliert geprüft werden. Besonders in Fällen, in denen die Gewinne des Unternehmens in einzelnen Jahren stark schwanken, wird deutlich, dass es auf die Beurteilung eines längeren Zeitraums ankommt. Der BFH hat einen Prognosezeitraum von fünf Jahren als angemessen angesehen156.

21.66

Ist die Gewinnverteilungsabrede im Zeitpunkt ihrer Vereinbarung angemessen, so ist der vereinbarte Gewinnverteilungsschlüssel regelmäßig auch dann der Besteuerung zugrunde zu legen, wenn sich später die Ertragslage günstiger oder ungünstiger als erwartet gestaltet157. Anderes gilt nur bei einer Entwicklung, die auch unter Fremden zu einer Korrektur der Gewinn- und Verlustverteilung im Wege der Vertragsanpassung geführt hätte158. Ist danach ein Angehöriger als typisch stiller Gesellschafter an einer Familienpersonengesellschaft beteiligt, so muss eine zunächst angemessene Rendite bei Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse (z.B. eines nicht erwarteten Gewinnsprungs) nach dem Maßstab des Fremdvergleichs korrigiert werden, d.h. es be-

21.67

154 BFH v. 25.7.1963 – IV 421/62 U, BFHE 78, 3 = BStBl. III 1964, 3. 155 BFH v. 9.10.2001 – VIII R 77/98, BB 2001, 2561 (unter II. 2.) mit grundsätzlich zustimmenden Anmerkungen von Gosch, StBp 2002, 28 (30); Wendt, GStB 2002, 50 (51 ff.); zurückhaltender Kempermann, FR 2002, 154 (154). Ob mit diesem Urteil das Ende absoluter Gewinngrenzen für Familiengesellschaften eingeleitet worden ist, wird überwiegend bezweifelt, so das Urteil aber verstehend Daragan, ZEV 2002, 39 (40). 156 BFH v. 29.5.1972 – GrS 4/71, BStBl. II 1973, 5 (8); BFH v. 27.3.2001 – I R 52/00, HFR 2002, 432. 157 BFH v. 14.2.1973 – I R 131/70, BFHE 108, 527 = BStBl. II 1973, 395; BFH v. 29.3.1973 – IV R 56/70, BFHE 109, 328 = BStBl. II 1973, 650; BFH v. 27.3.2001 – I R 52/00, HFR 2002, 432; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 69. 158 BFH v. 5.2.1986 – I S 15/85, GmbHR 1987, 69 = BFH/NV 1986, 563 (564); zu einer Vertragsanpassungsverpflichtung bereits vor Ablauf des üblichen fünfjährigen Prognosezeitraums siehe BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, BStBl. II 2009, 798 = FR 2009, 950 = GmbHR 2009, 672.

Levedag | 635

§ 21 Rz. 21.67 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

steht eine Anpassungsverpflichtung159. Unterbleibt eine solche (fremdübliche) Korrektur, so ist hierin ein privater (d.h. nicht betrieblich veranlasster) Umstand zu sehen, der seinerseits zu einer Begrenzung des als Betriebsausgabe anzuerkennenden Gewinnanteils des stillen Gesellschafters führt160. b) Die Angemessenheit der Gewinnverteilung im Einzelnen

21.68 Für die angemessene Gewinnverteilung differenziert die Rechtsprechung zwischen einer geschenkten Einlage und Einlage aus eigenen Mitteln des stillen Gesellschafters161. Nach der Rechtsprechung des BFH finden auf stille Gesellschaften, und zwar auf typische und atypische, die vom Großen Senat162 zur Angemessenheit der Gewinnverteilung bei Familienpersonengesellschaften entwickelten Rechtsgrundsätze Anwendung163. aa) Die geschenkte typisch stille Beteiligung

21.69 Bei schenkweise erworbenen164 typisch stillen Beteiligungen ist in der Regel eine Gewinnverteilungsabrede angemessen, die im Zeitpunkt der Vereinbarung bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung eine durchschnittliche Rendite von bis zu 15 % des tatsächlichen Werts der stillen Beteiligung erwarten lässt, wenn der stille Gesellschafter am Verlust beteiligt ist, und von bis zu 12 % des tatsächlichen Werts der stillen Beteiligung, wenn der stille Gesellschafter nicht am Verlust beteiligt ist165. Der tatsächliche Wert einer typischen stillen Beteiligung in diesem Sinne entspricht regelmäßig dem Nominalwert der Einlageforderung166.

159 BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, BStBl. II 2009, 798 = FR 2009, 950 = GmbHR 2009, 672. 160 BFH v. 29.3.1973 – IV R 158/68, BFHE 109, 47, BStBl. II 1973, 489; BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, BStBl. II 2009, 798 = FR 2009, 950 = GmbHR 2009, 672. 161 BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, BStBl. II 2009, 798 = FR 2009, 950 = GmbHR 2009, 672. 162 BFH v. 29.5.1972 – GrS 4/71, BFHE 106, 504 = BStBl. II 1973, 5. 163 BFH v. 29.3.1973 – IV R 56/70, BFHE 109, 328 = BStBl. II 1973, 650; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 62 ff.; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 67. 164 Die Schenkung erfolgt bei Personenunternehmen typischerweise durch die Minderung des Kapitalkontos des Geschäftsinhabers und Einbuchung einer korrespondierenden Verbindlichkeit i.H. der Einlageforderung gegenüber dem Stillen. Siehe zur zivilrechtlichen Wirksamkeit Rz. 21.53. 165 BFH v. 29.3.1973 – IV R 56/70, BFHE 109, 328 = BStBl. II 1973, 650; BFH v. 29.5.1972 – GrS 4/71, BFHE 106, 504 = BStBl. II 1973, 5; BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475; BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, BStBl. II 2009, 798 = FR 2009, 950 = GmbHR 2009, 672; vgl. auch Neufang, INF 1987, 563 (564); mit Berechnungsbeispielen Märkle, BB 1993, Beilage 2, 14. 166 H 15.9 Abs. 5 EStH 2018; zu weiteren Beispielen siehe Zimmermann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, F Rz. 65.

636 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.71 § 21 Beispiel: Tatsächlicher Wert des Gesellschaftsanteils = Nennwert der Einlage 15 % des Werts Nachhaltig zu erwartender jährlicher Gewinn Steuerlich angemessener Gewinnanteil = (15.000 Euro * 100)/200.000 = 7,5 %

100.000 Euro 15.000 Euro 200.000 Euro 15.000 Euro (7,5 % von 200.000 Euro)

bb) Die typisch stille Beteiligung aus Eigenmitteln Stammt die Kapitaleinlage des typisch stillen Gesellschafters nicht aus einer Schenkung des Inhabers und ist eine Teilnahme am Verlust ausgeschlossen, so ist in der Regel eine Gewinnverteilungsabrede angemessen, die im Zeitpunkt der Vereinbarung bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung eine durchschnittliche Rendite von bis zu 25 % der Einlage erwarten lässt167. Stammt die Kapitaleinlage des stillen Gesellschafters nicht aus einer Schenkung und ist er am Verlust beteiligt, sieht der BFH eine Rendite von bis zu 35 % der Einlage als angemessen an168.

21.70

cc) Die geschenkte atypisch stille Beteiligung Bei einer geschenkten atypisch stillen Beteiligung liegt die in der Praxis anerkannte Grenze bei geschenkten atypisch stillen Beteiligungen bei 15 % des tatsächlichen (gemeinen Werts) der Beteiligung, wobei in der Regel bei der Wertermittlung von der durchschnittlichen Rendite eines Zeitraums von fünf Jahren vor der Schenkung der atypisch stillen Beteiligung auszugehen ist.169 Das BMF hat in einem Schreiben vom 22.9.2011170 klargestellt, dass auch für ertragsteuerliche Zwecke bei der Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften und von Unternehmen die bewertungsrecht-

167 BFH v. 14.2.1973 – I R 131/70, BFHE 108, 527 = BStBl. II 1973, 395; vgl. auch BFH v. 9.7.1969 – I R 78/67, BFHE 96, 351 = BStBl. II 1969, 649; BFH v. 27.3.2001 – I R 52/00, HFR 2002, 432; BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, BStBl. II 2009, 798 = FR 2009, 950 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2009, 672; vgl. auch Neufang, INF 1987, 563 (564); Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 63; Zimmermann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, F Rz. 62. Siehe zur Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses als solchem Rz. 21.59 ff. 168 BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, FR 2009, 950 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2009, 672 = DStR 2009, 959; BFH v. 16.12.1981 – I R 167/78, BFHE 135, 275 = BStBl. II 1982, 387 = FR 1982, 331; BFH v. 21.9.2000 – IV R 50/99, BStBl. II 2001, 299 = FR 2001, 186 m. Anm. Wendt; Zimmermann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, F Rz. 62; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 60, 69. 169 BFH v. 9.10.2001 – VIII R 77/98, BStBl. II 2002, 460 = FR 2002, 151; H 15.9 Abs. 3 EStH 2013; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 62; Neufang, StB 2018, 296 (312). 170 BMF v. 22.9.2011 – IV C 6 - S 2170/10/10001, BStBl. I 2011, 859; vgl. Drosdzol, DStR 2011, 1258 (1260).

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21.71

§ 21 Rz. 21.71 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

lichen Grundsätze der §§ 11, 95 bis 109 und §§ 199 ff. BewG (auch das sog. vereinfachte Ertragswertverfahren) Anwendung finden können. Bei Ermittlung des Anteilswerts im Wege des vereinfachten Ertragswertverfahrens ist aber zu beachten, dass aufgrund der aktuellen Zinsentwicklung der Kapitalisierungsfaktor stetig steigt171. Es darf daher der Unternehmenswert auch nach dem IDW S1 ermittelt werden172. dd) Die entgeltlich erworbene atypisch stille Beteiligung

21.72 Erbringt der atypisch stille Gesellschafter die Einlage aus eigenen Mitteln und ist Mitunternehmer, wird unter Angehörigen eine fremdübliche Gewinnverteilung oberhalb von 15 % des tatsächlichen (gemeinen) Werts der Beteiligung akzeptiert173. Ist die Kapitaleinlage nur teilweise erbracht, kann nur der entsprechende Bruchteil des vereinbarten Gewinnanteils als angemessen angesehen werden174. ee) Die teilweise geschenkte Beteiligung

21.73 Soweit die stille Beteiligung nur teilweise geschenkt ist und dem Unternehmen mit der Begründung des stillen Gesellschaftsverhältnisses teilweise neue Mittel zugeführt werden, muss die Höhe der angemessenen Rendite sowohl nach den für geschenkte als auch nach den für entgeltlich erworbene Beteiligungen gültigen Grundsätzen beurteilt werden, d.h. für die Höhe der angemessenen Rendite ist nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles ein Mischsatz aus dem Renditesatz für geschenkte Beteiligungen und aus dem Renditesatz für entgeltlich erworbene Beteiligungen zu bilden175. 4. Die Rechtsfolgen einer Nichtanerkennung der Gewinnverteilung

21.74 Wenn nach den Gesamtumständen eine Familiengesellschaft steuerlich anzuerkennen ist, ändert eine unangemessen hohe Gewinnverteilung zugunsten des Angehörigen hieran nichts. Erweist sich die vereinbarte Gewinnverteilung als unangemessen, so ist vielmehr die Besteuerung so vorzunehmen, als ob eine angemessene Gewinnverteilungsabrede getroffen worden wäre176.

171 Siehe zur Entwicklung die Vfg. des Bayerischen Landesamts für Steuern v. 7.1.2015 – S 3102.1.1-7/6 St 34. Für 2015 beträgt der Faktor 18,2149; zum Basiszins nach § 203 Abs. 2 BewG siehe BMF v. 2.1.2015, BStBl. I 2015, 6; zur Ermittlung des Ertragswerts bei Personengesellschaften siehe Levedag, GmbHR 2011, 1306 (1308). 172 Neufang, StB 2018, 296 (312). 173 Zimmermann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, F Rz. 61; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 62; H 15.9 Abs. 3 EStH 2013. 174 FG München v. 10.1.1979 – VIII (IX) 19/77 Aus F, EFG 1979, 538. 175 Vgl. Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 69; siehe auch Märkle, BB 1993, Beilage 2, 13. 176 Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 57; Märkle, BB 1993, Beilage 2, 13; Neufang, INF 1987, 8 (11) schlägt vor, in den Vertrag eine Anpassungsklausel des Inhalts aufnehmen, dass nur der Betrag zustehe, der auch von der Finanzverwaltung anerkannt wird.

638 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.77 § 21

Steuerlich wird nur der angemessene Gewinnanteil dem still beteiligten Angehörigen zugeordnet. Der darüber hinausgehende Gewinn wird dem Angehörigen-Geschäftsinhaber ungeachtet der zivilrechtlichen Abreden zugerechnet177 und als Entnahme des Geschäftsherrn mit anschließender Zuwendung gemäß § 12 Nr. 2 EStG an den Angehörigen behandelt. Wird eine stille Beteiligung mit einer Gewinnbeteiligung ausgestattet, die angesichts der Kapitaleinlage, dem Arbeitseinsatz oder sonstiger Beiträge des stillen Gesellschafters einem fremden Dritten nicht eingeräumt worden wäre, kann hierin auch eine Schenkung gemäß § 7 Abs. 6 ErbStG zu sehen sein (siehe Rz. 27.15 ff.).

21.75

V. Die GmbH & Still 1. Grundlagen a) Begriff Besondere Anforderungen an die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften werden außer bei stillen Familiengesellschaften auch dann gestellt, wenn Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft sich an dieser still beteiligen178. Entsprechende Gestaltungen sind zivilrechtlich zulässig (vgl. Rz. 6.48) und werden in der Praxis vor allem bei der GmbH eingesetzt. Bei Aktiengesellschaften finden sie sich seltener. Sie bereiten bei ihnen auch keine wesentlich anderen Probleme als bei der GmbH. Deswegen wird gemeinhin lediglich von der „GmbH & Still“ gesprochen wird, wenn es um die rechtlichen Konsequenzen der Doppelbeteiligung eines Gesellschafters an einer Kapitalgesellschaft geht. Der – an sich treffendere – Begriff der „Kapitalgesellschaft & Still“ hat sich nicht durchgesetzt. Ist der Alleingesellschafter einer GmbH zugleich deren stiller Gesellschafter, spricht man von einer „Einmann-GmbH & Still“.

21.76

Aus steuerlicher Sicht kann die Beteiligung entweder in Form der GmbH & typisch Still oder GmbH & atypisch Still einzuordnen sein. Die Einordnung als typisch oder atypisch stiller Gesellschafter bereitet bei beherrschenden Gesellschaftern in der GmbH & Still Abgrenzungsprobleme. Die Beteiligung eines beherrschenden Gesellschafters an der Kapitalgesellschaft führt zwar nicht automatisch zu einer Einordnung als atypisch stiller Gesellschafter, allerdings ist die Doppelstellung als GesellschafterGeschäftsführer von der Rechtsprechung regelmäßig herangezogen worden, um das Vorliegen eines Mitunternehmerrisikos und der Mitunternehmerinitiative im Rah-

21.77

177 BFH v. 21.9.1989 – IV R 126/88, BFH/NV 1990, 692 (693); Zimmermann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, F Rz. 61; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 62; H 15.9 Abs. 5 EStH 2018; vgl. auch Neufang, StB 2018, 296 (313). 178 Beteiligen sich Gesellschafter einer Personengesellschaft an dieser zusätzlich im Wege einer stillen Beteiligung, können sowohl eine Personengesellschaft & Still als auch eine Personengesellschaft & atypisch Still entstehen; letztere ist eine doppelstöckige Mitunternehmerschaft. Für die Anerkennung dieser Beteiligungen unter Angehörigen gelten die allgemeinen Grundsätze, d.h. die dem „Stillen“ als Angehörigen eingeräumte Rechtsposition muss entweder einer fremdüblichen typisch stillen Beteiligung entsprechen oder eine Stellung als Mitunternehmer vermitteln. Vgl. hierzu auch Rz. 20.23.

Levedag | 639

§ 21 Rz. 21.77 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

men einer atypisch stillen Beteiligung zu begründen. In der Gestaltungspraxis ist daher eine GmbH & typisch Still mit einem beherrschenden Gesellschafter der GmbH schwierig zu gestalten (siehe Rz. 20.78 ff.). b) Steuerliche Motivation aa) Verlusttransfer auf die Gesellschafterebene

21.78 Die Möglichkeit, sich als GmbH-Gesellschafter an der eigenen GmbH zusätzlich still zu beteiligen, beruht zivilrechtlich auf der Selbständigkeit der GmbH als eigenem Rechtssubjekt und damit dem Trennungsprinzip. Das Trennungsprinzip führt dazu, dass bei der GmbH & Still von zwei Gesellschaftsverhältnissen des GmbH-Gesellschafters auszugehen ist. Dies eröffnet Gestaltungsmöglichkeiten; denn je nachdem, ob die Gesellschafter nur eine GmbH-Beteiligung oder zusätzlich eine typische bzw. eine atypische stille Beteiligung an der GmbH halten, wird der wirtschaftliche Erfolg der GmbH unterschiedlich besteuert. Zudem ist in der Praxis die Kombination der Betriebsaufspaltung mit einer Betriebs-GmbH & typisch Still (siehe Rz. 22.102) anzutreffen, die hier nicht weiter erörtert wird. Es lassen sich folgende typische Steuervorteile179 einer GmbH & Still ausmachen: 21.79 Die zusätzlich atypisch stille Beteiligung an der GmbH ermöglicht auch außerhalb einer Organschaft, Verluste, die andernfalls auf der Ebene der GmbH lediglich zu einem Verlustvortrag bzw. -rücktrag führten, im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung unmittelbar auf der Ebene der Gesellschafter zuzurechnen und in den Grenzen der § 15a EStG und § 15 Abs. 4 Satz 8 EStG steuermindernd mit anderen Einkünften verrechnen zu können. Die Verlusttransferfunktion dürfte eines der wichtigsten Motive für die Gründung einer GmbH & (atypisch) Still sein. 21.80 Bei der GmbH & typisch Still ist die Rechtslage weniger übersichtlich. Ordnet man die laufenden Verluste, die dem stillen Gesellschafter zugewiesen werden, mit der Rechtsprechung als Werbungskosten ein, beschränkt § 20 Abs. 9 EStG die Abzugsfähigkeit der Verluste. Die der Abgeltungsteuer unterliegenden Einkünfte werden lediglich um den Sparerpauschbetrag gemindert, bei dem es sich gerade nicht um einen pauschalierten Werbungskostenabzug handelt (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2, § 20 Abs. 9 EStG). Die Finanzverwaltung180 betrachtet allerdings die Verlustanteile als nicht unter § 20 Abs. 9 EStG fallende negative Einnahmen, so dass diese – in den Grenzen der §§ 15a, 15b EStG – „innerhalb der Schedule“ mit anderen dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG unterliegenden positiven Kapitaleinkünften verrechnet werden können. Dem gesonderten Tarif unterliegen auch Vergütungen an Angehörige, die fremdüblich typisch still an einer GmbH beteiligt sind, bei der ein anderer Angehöriger nicht zu mindestens 10 % beteiligt ist, wenn die Rückausnahme des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 nicht greift und Vergütungen für typisch still an der GmbH beteiligte Gesellschafter, deren Beteiligung 10 % nicht erreicht (siehe Rz. 22.264). Gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG werden jedoch die Vergütungen aus typisch 179 Zu gesellschafts- und bilanzrechtlichen Vorteilen vgl. Rz. 2.1 ff. Aus dem aktuellen Schrifttum siehe Neufang, StB 2018, 296 (306 ff.). 180 BMF v. 16.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 4.

640 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.83 § 21

stillen Beteiligungen von GmbH-Gesellschaftern an der eigenen GmbH vom gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG ausgenommen, wenn der Gesellschafter zu mindestens 10 % an der GmbH beteiligt ist181. Die Vergütungen aus der stillen Beteiligung werden dann tariflich besteuert (§ 32d Abs. 2 Satz 2 EStG), die Verlustanteile sind als Werbungskosten(negative) Einkünfte) aus Kapitalvermögen mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechenbar182. bb) Thesaurierungsvorteile der GmbH Gegenüber reinen Personengesellschaften ermöglicht es die GmbH & atypisch Still, bei entsprechender Gewinnzuweisung Gewinne mit dem relativ geringen Körperschaftsteuersatz von 15 % zu thesaurieren und dennoch – zumindest teilweise – die steuerlichen Vorteile der Personengesellschaft zu nutzen.

21.81

frei

21.82

cc) Gewerbesteuer Siehe hierzu Rz. 24.53 ff. Aufgrund der Zuordnung des gewerblichen Unternehmens des Geschäftsinhabers (der GmbH) zur Innengesellschaft unterhält diese nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG auch für Zwecke der Gewerbesteuer einen Gewerbebetrieb, der nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegt. Für diesen Gewerbebetrieb ist nach § 14a Satz 1 GewStG eine Gewerbesteuererklärung abzugeben. Der Gewerbesteuer-Messbescheid (§ 14 Satz 1 GewStG) für den Gewerbeertrag der Innengesellschaft als sachlichen Anknüpfungspunkt der GewSt ist dem Geschäftsinhaber bekannt zu geben183. Die atypisch stille Gesellschaft kann den Freibetrag gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG i.H. von 24. 500 Euro in Anspruch nehmen. Nach einer Entscheidung des FG Münster184 hat die ertragsteuerliche Zuordnung des Betriebsvermögens des Geschäftsinhabers gewerbesteuerlich zur Folge, dass der Gewerbebetrieb der GmbH während des Bestehens der Mitunternehmerschaft seine eigene sachliche Gewerbesteuerpflicht verliert und in der sachlichen Gewerbesteuerpflicht des Gewerbebetriebs der Innengesellschaft aufgeht. Ich habe Zweifel, ob dies mit der Aussage des BFH-Urteils vom 1.3.2018 – IV R 38/15 vereinbar ist, nach dem die GmbH als Geschäftsinhaberin auch während des Bestands der atypisch stillen Gesellschaft über ein eigenes ertragsteuerliches Betriebsvermögen verfügt, das neben dem Betriebsvermögen der Innengesellschaft besteht185. Der aus der Innengesellschaft zugerechnete Gewinnanteil ist aber bei Annahme einer eigenen Gewerbesteuerpflicht 181 Zu Vergütungen an Angehörige siehe Hessisches FG v. 22.10.2018 – 6 K 49/17, DStRE 2019, 610 (Az. des BFH: VIII R 46/18). 182 Es gelten in diesem Fall weder § 20 Abs. 6 EStG noch § 20 Abs. 9 EStG (siehe § 32d Abs. 2 Satz 2 EStG). 183 BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 538 Rz. 21 = GmbHR 2017, 326; Neufang, StB 2018, 296 (301 ff.). 184 FG Münster v. 18.10.2018 – 10 K 4079/16 G, EFG 2019, 127, Rev. anhängig unter III R 68/18. 185 BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, GmbHR 2018, 690.

Levedag | 641

21.83

§ 21 Rz. 21.83 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

der GmbH während des Bestehens der Innengesellschaft aus dem Gewerbeertrag der GmbH gemäß § 9 Nr. 2 GewStG zu kürzen. dd) Nachteile

21.84 Diesen Vorteilen einer GmbH & Still stehen verschiedene Nachteile gegenüber186. Hierzu zählt vor allem der Umstand, dass bei einer GmbH & atypisch Still Geschäftsführergehälter als Sondervergütungen zu behandeln sind187. Ist der GmbH-Gesellschafter selbst Geschäftsführer, ist deswegen regelmäßig die Vereinbarung eines hohen, ggf. auch erfolgsabhängigen, aber fremdüblichen Geschäftsführergehaltes sinnvoller als das Eingehen einer stillen Gesellschaft. Zudem sind im Regelfall die Anteile an der GmbH Bestandteil des Sonderbetriebsvermögens des GmbH-Gesellschafters bei der atypisch stillen Gesellschaft und damit steuerverstrickt. Diese Zuordnung der Anteile zum Sonderbetriebsvermögen bewirkt, dass Dividenden nicht der Abgeltungsteuer unterliegen (§ 20 Abs. 8 EStG). Die Zuordnung der GmbH-Anteile zum Sonderbetriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft kann bei Dividendenausschüttungen auch zur Hinzurechnungen gemäß § 8 Nr. 5 GewStG führen. 2. Die Anerkennung der GmbH & Still als solcher a) Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses

21.85 Bei beherrschenden und nicht beherrschenden Gesellschaftern, die sich an der GmbH typisch oder atypisch still beteiligen, ist erforderlich, dass die Vereinbarung über die stille Gesellschaft zivilrechtlich wirksam, klar und im Voraus geschlossen wurde und dem Fremdvergleich hinsichtlich des Inhalts und der Durchführung genügt188. Bei Angehörigen, die sich typisch oder atypisch still an einer GmbH beteiligen, die ein anderer Angehöriger beherrscht, liegen mittelbare Angehörigenverträge vor, die der steuerlichen Anerkennungsprüfung zu unterziehen sind (siehe Rz. 21.6 ff., 21.13 ff.)189. 21.86 Keine besonderen Grundsätze gelten, wenn die stille Beteiligung zu einem Zeitpunkt vereinbart wird, in der sich die GmbH in einer finanziell kritischen Situation befindet und die Rückzahlung der Einlage daher zweifelhaft ist. Der stille Gesellschafter unterliegt in diesen Fällen den Bindungen der § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 136 Abs. 1 Satz 1 InsO190. Steuerlich können die Beteiligten auch in der Krise zwischen einer Mittelzuführung durch förmliche Kapitalerhöhung auf Ebene der GmbH und anderen Finanzierungsmöglichkeiten wie einer stillen Beteiligung wählen191.

186 187 188 189 190 191

Siehe auch Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 110 ff. BFH v. 31.8.1999 – VIII R 21/98, GmbHR 2000, 293 = BFH/NV 2000, 555 (557). Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 65. FG Baden-Württemberg v. 31.10.2013 – 7 K 3633/10, EFG 2014, 909, rkr. Siehe auch BGH v. 23.11.2017 – IX ZR 218/16, GmbHR 2018, 151. BFH v. 10.12.1975 – I R 135/74, BStBl. II 1976, 226 (227).

642 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.90 § 21

b) Erhöhte Anerkennungsvoraussetzungen bei beherrschenden Gesellschaftern Nach der Rechtsprechung ist die Beteiligung eines nicht beherrschenden Gesellschafters an der eigenen GmbH i.d.R. steuerlich anzuerkennen, d.h. es bestehen zwei getrennt zu betrachtende und steuerlich zu würdigende Gesellschaftsverhältnisse192. Die stille Beteiligung ist eine eigene und von der Beteiligung an der GmbH abzugrenzende Einkunftsquelle.

21.87

Bei Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags mit einem beherrschenden Gesellschafter fehlt i.d.R. ein Interessengegensatz zwischen der GmbH und dem Gesellschafter und etwaigen Mitgesellschaftern. Ähnlich wie bei der stillen Familiengesellschaft erkennen Rechtsprechung und Finanzverwaltung stille Gesellschaften mit beherrschenden Gesellschaftern daher nur unter den erhöhten Anforderungen an, die auch für Angehörigenverträge gelten. Die GmbH und ihr beherrschender Gesellschafter müssen die Vereinbarung über die stille Gesellschaft von vornherein durch einen inhaltlich klar und eindeutig abgefassten und zivilrechtlich wirksamen und inhaltlich fremdüblichen Gesellschaftsvertrag geregelt haben und das Gesellschaftsverhältnis später auch vertragsgemäß tatsächlich vollzogen haben (siehe auch Rz. 21.85)193. Gleiches gilt, wenn Angehörige sich als stille Gesellschafter an der GmbH eines (beherrschenden) Angehörigen beteiligen wollen194.

21.88

c) Der von den erhöhten Anforderungen betroffene Personenkreis Beherrschenden Einfluss hat ein Gesellschafter, wenn er nach allen Umständen des Einzelfalls, also nicht nur nach dem Umfang der ihm in der Kapitalgesellschaft eingeräumten Gesellschafterrechte195, den Abschluss des stillen Gesellschaftsverhältnisses mit sich selbst erzwingen kann196.

21.89

Bei einer GmbH wird dies angenommen, wenn der Gesellschafter die Gesellschaft dauerhaft beherrscht. Hierfür ist regelmäßig notwendig, dass der Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung bei Beschlüssen, die keine qualifizierte Stimmenmehrheit erfordern, seinen Willen kraft Stimmenmehrheit gegen den Willen der übri-

21.90

192 BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = FR 1980, 358 = GmbHR 1980, 215; BFH v. 26.4.1989 – I R 96/85, BFH/NV 1990, 63. 193 BFH v. 9.12.1976 – IV R 47/72, BStBl. II 1977, 155 (157); BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59 (59); BFH v. 16.7.2003 – I B 215/02, BFH/NV 2003, 1613 unter II.1; BFH v. 14.3.2006 – I R 38/05, DStR 2006, 1172 (1173); FG Münster v. 14.8.2013 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29, rkr.; Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 11– 13; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 65; Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 601; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 109. 194 BFH v. 21.7.1982 – I R 56/78, BStBl. II 1982, 761 = FR 1982, 602 = GmbHR 1982, 267 unter I.1.b); BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59; ebenso FG München 24.3.1997 – 7 K 846/95; ebenso BFH 26.10.1987 – GrS 2/86, BFHE 151, 523 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. 195 BFH v. 26.7.1978 – I R 138/76, BStBl. II 78, 659 (660). 196 BFH v. 13.12.1989 – I R 45/84, BFH/NV 1990, 455 (456).

Levedag | 643

§ 21 Rz. 21.90 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

gen Gesellschafter durchsetzen kann197. Stimmen, über die der Gesellschafter kraft einer Stimmbindungsvereinbarung, kraft Vollmacht oder durch zwischengeschaltete, jeweils von ihm beherrschte Gesellschaften verfügt, sind ihm zuzurechnen. Ebenso sind gesellschaftsvertragliche Sonderregelungen zu berücksichtigen, die den Gesellschafter begünstigen198. Als ausreichend ist es in der Rechtsprechung auch angesehen worden, dass der stille Gesellschafter zwar nicht an der GmbH selbst, sondern an einer anderen Gesellschaft desselben Unternehmensverbands beteiligt ist oder ein Anwartschaftsrecht auf eine Beteiligung an der GmbH besitzt199. Hingegen genügen fachliche oder persönliche Autorität oder wirtschaftliche Macht, sei sie auch durch schuldrechtliche Vereinbarungen vermittelt, für die Begründung einer beherrschenden Stellung grundsätzlich nicht200. Unerheblich ist bei dauerhafter Beherrschung, ob das Eingehen des stillen Gesellschaftsverhältnisses überhaupt einen Beschluss der Gesellschafterversammlung erfordert oder ob der Gesellschafter bei diesem Beschluss konkret über eine Stimmenmehrheit verfügt201. Die Beherrschung der Gesellschaft besteht vielmehr bereits darin, dass zumindest auf Dauer kein Weg an dem Willen des Gesellschafters vorbeiführt. Ob der beherrschende Gesellschafter bei der konkreten Entscheidung über das stille Gesellschaftsverhältnis mit ihm gemäß § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG von der Stimmabgabe ausgeschlossen ist, ist deswegen ohne Bedeutung202.

21.91 Beherrscht ein Gesellschafter die GmbH nicht dauerhaft, so sind die besonderen Kriterien zur Anerkennung der stillen Gesellschaft dennoch einzuhalten, wenn er – wie nach den Kriterien zur persönlichen Verflechtung in der Betriebsaufspaltung – zumindest bezüglich der konkret zu beschließenden Entscheidung mit anderen Gesellschaftern gleichgerichtete Interessen verfolgt und mit diesen zusammen über die Mehrheit verfügt203. Eine solche gleichgerichtete Interessenverfolgung nimmt die Rechtsprechung an, wenn die Entscheidung allen Gesellschaftern entsprechend ihren GmbH-Geschäftsanteilen gleichermaßen Vorteile verschafft, z.B. also allen Gesellschaftern anteilig zu ihren GmbH-Beteiligungen stille Beteiligungen eingeräumt oder die stille Beteiligung mit einem gemeinsamen nahen Angehörigen der Gesellschafter abgeschlossen wird204. Hingegen kann bei volljährigen Kindern und bei Ehegatten we-

197 BFH v. 9.4.1997 – I R 52/96, GmbHR 1997, 908 = BFH/NV 1997, 805 (808 m.w.N.); deswegen vorbehaltlich der Zurechnung der Stimmen der anderen Gesellschafter grundsätzlich keine Beherrschung bei Geltung des Einstimmigkeitsprinzips. 198 Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 115 f. m.w.N. 199 FG des Saarlandes v. 14.12.1990 – 1 K 203/88, GmbHR 1991, 293. 200 BFH v. 15.3.2000 – I VIII R 82/98, FR 2000, 818 = GmbHR 2000, 778 = BFH/NV 2000, 1304; BFH v. 5.10.2004 – VIII R 9/03, GmbHR 2005, 176. 201 Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 114. 202 BFH v. 26.1.1989 – IV R 151/86, BStBl. II 1989, 455 (456) = FR 1989, 456 = GmbHR 1989, 386. Maßgeblich ist insofern allein, dass der Gesellschafter auf Dauer seinen Willen in der Gesellschaft durchsetzen kann. 203 BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59 (59); BFH v. 10.11.1965 – 178/63, BStBl. III 1966, 73 (74); BFH v. 29.4.1987 – I R 192/82, BStBl. II 1987, 797 (799) = FR 1987, 537 = GmbHR 1987, 493 (beide für das Geschäftsführergehalt). 204 FG München v. 24.3.1997 – 7 K 846/95; BFH v. 10.11.1995 – 178/63 U, BStBl. III 1966, 73 (für gegenseitige Erhöhung der Bezüge der Gesellschafter als Geschäftsführer der GmbH).

644 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.94 § 21

gen Art. 6 GG das Vorliegen gleichgerichteter Interessen nicht ohne Weiteres vermutet werden. Die erhöhten Anforderungen an die Anerkennung der stillen Gesellschaft gelten schließlich auch dann, wenn die stille Gesellschaft zwar nicht mit einem beherrschenden Gesellschafter, aber entweder als mittelbarer Angehörigenvertrag oder mit einer anderen Person zustande kommt, die dem beherrschenden Gesellschafter nahe steht205. Der Begriff der „nahe stehenden Person“206 ist dabei weiter zu fassen als derjenige des „nahen Angehörigen“. Ausreichend für ein solches Näheverhältnis ist jede Beziehung, die von Einfluss auf die Vermögenszuwendung gewesen sein kann, unabhängig davon, ob sie familiärer, persönlicher, obligatorischer, gesellschaftsrechtlicher oder rein tatsächlicher Art ist. Enge Freundschaft207 genügt. Ist eine Gesellschaft stille Gesellschafterin, ist auf die Beziehung zu deren beherrschendem Gesellschafter abzustellen208. Nicht erforderlich ist, dass der Abschluss der stillen Gesellschaft für den Gesellschafter von Vorteil ist; besteht ein solcher Vorteil, verstärkt dies allerdings das Indiz, dass die stille Gesellschaft durch das Gesellschaftsverhältnis zur GmbH veranlasst ist209.

21.92

Nach Ansicht des BFH waren die für die GmbH genannten Regeln nicht uneingeschränkt auf den Bereich der AG übertragbar210. Allerdings hat der BFH zur Betriebsaufspaltung nunmehr ausdrücklich entschieden, auch zwischen einem Mehrheitsaktionär und einer AG könne ein Beherrschungsverhältnis bestehen211. Ein gewichtiges Indiz für einen fehlenden Interessenausgleich zwischen der AG und ihrem Mehrheitsaktionär ist dann gegeben, wenn dieser auch den Aufsichtsrat beherrscht212.

21.93

d) Die Anerkennungsvoraussetzungen im Einzelnen Eine stille Beteiligung zwischen einem beherrschenden Gesellschafter und der GmbH wird wegen des fehlenden Interessengegensatzes steuerlich nur dann anerkannt, wenn

205 BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 (302) = GmbHR 1997, 359 = FR 1997, 350; FG Baden-Württemberg v. 31.10.2013 – 7 K 3633/10, EFG 2014, 909. 206 Siehe ausführliche Darstellung nach Fallgruppen mit Rechtsprechungsnachweisen bei Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 144 f. 207 BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, GmbHR 1997, 359 = FR 1997, 350 = DStR 1997, 535 (536); str., a.A. Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 145. 208 BFH v. 5.12.1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841 für eine GbR als stille Gesellschafterin und offen lassend, ob in diesem Fall nicht jeder – auch nicht beherrschender – Gesellschafter der GbR als nahe stehende Person in Betracht kommt. 209 BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 (302) = GmbHR 1997, 359 = FR 1997, 350 unter Aufgabe der früheren Rspr. 210 BFH v. 18.12.2002 – I R 93/01, GmbHR 2003, 846 (847); BFH v. 15.12.1971 – I R 5/69, BB 1972, 605; v. 15.12.1971 – I R 76/68, BB 1972, 866; BFH v. 30.7.1975 – I R 110/72, BB 1975, 1519; Erhart, BB 2007, 183 (185); Binnewies, DStR 2003, 2105 (2106). 211 BFH v. 23.3.2011 – X R 45/09, BFHE 233, 416 = BStBl. II 2011, 778 = FR 2011, 996 m. Anm. Bode = GmbHR 2011, 887. 212 BFH v. 23.3.2011 – X R 45/09, BFHE 233, 416 = BStBl. II 2011, 778 = FR 2011, 996 m. Anm. Bode = GmbHR 2011, 887.

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21.94

§ 21 Rz. 21.94 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

sie im Voraus klar und eindeutig, zivilrechtlich wirksam vereinbart worden ist und später auch entsprechend der Vereinbarung tatsächlich durchgeführt worden ist (siehe bereits Rz. 21.88)213. Der Gesellschafter einer GmbH hat die Wahl zwischen verschiedenen Formen der Finanzierung seiner Gesellschaft, er muss sich aber im Vorhinein zugunsten einer dieser Möglichkeiten entscheiden, und mit der Gesellschaft entsprechende Vereinbarungen treffen214. Fehlt es an einer schriftlichen Vereinbarung oder sind zu bestimmten Fragen keine Abreden getroffen worden, ist dies nicht schädlich, wenn weder Zweifel an dem vorangegangenen Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags noch über den Inhalt der Vereinbarung bestehen. Bei zivilrechtlich nicht wirksam geschlossenen Vereinbarungen kann der Vertrag steuerlich anzuerkennen sein, wenn die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Vertragsabschlusses den Beteiligten nicht anzulasten ist und sie sich alsbald nach Erkennen der Unwirksamkeit um eine Heilung bemühen (siehe ausführlich Rz. 21.14 ff.). aa) Klare und eindeutige Vereinbarung, Üblichkeit

21.95 Erforderlich ist eine Vereinbarung, aus der sich ergibt, dass im Wege der stillen Gesellschaft über das GmbH-Mitgliedschaftsverhältnis hinaus ein weiteres Rechtsverhältnis zur GmbH begründet werden soll. Die bloße Leistungserbringung an die GmbH und Zuführung von Geld in die Gesellschaft durch einen Gesellschafter führen nicht konkludent zur Begründung einer stillen Beteiligung, da dieser Mittelzufluss sowohl als Einlage als auch als Zahlung auf die Einlageforderung oder die Zuführung von Darlehensmitteln zu würdigen sein kann. Notwendig ist der ausdrückliche Abschluss des stillen Gesellschaftsverhältnisses, der zudem schriftlich dokumentiert werden sollte215. 21.96 Inhaltlich muss der Vertrag über die Begründung der stillen Gesellschaft so klar und eindeutig sein, dass sich die wesentlichen Aspekte der stillen Gesellschaft, insbesondere Art und Umfang der Einlage sowie Gewinn- und Verlustbeteiligung aus der Vereinbarung ergeben. Sie muss insbesondere von der Verpflichtung zur Leistung einer Einlage und der Begründung eines Gesellschafterdarlehens abgrenzbar sein. Die Auslegungsbedürftigkeit der Vereinbarung ist unschädlich, solange sich der gewollte In-

213 BFH v. 9.12.1976 – IV R 47/72, BStBl. II 1977, 155 (unter 2.); BFH v. 25.5.1988 – I R 92/ 84, BFH/NV 1989, 258; BFH v. 26.4.1989 – I R 96/85, BFH/NV 1990, 63; BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59; BFH v. 31.5.1995 – I R 64/94, FR 1996, 72 = NJW 1996, 2479 (Einholung von Rechtsrat bei ungeklärter Zivilrechtslage). Weitere Fälle etwa BFH v. 21.7.1982 – I R 56/78, BStBl. II 1982, 761 unter I.2.a) = FR 1982, 602 = GmbHR 1982, 267 (fehlende vorherige Vereinbarung wegen Krankheit eines Verhandlungspartners); v. 22.3.1972 – I R 117/70, BStBl. II 1972, 501 (nachträgliche Vereinbarung wird in gleicher Form auch mit nicht nahe stehender Personen getroffen); Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 119; Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rz. 93. 214 Vgl. etwa BFH v. 22.3.1972 – I R 117/70, BStBl. II 1972, 501. 215 BFH v. 27.7.1990 – VIII R 304/84, BFH/NV 1991, 90 (91) (allgemein zur verdeckten Gewinnausschüttung). Zur Beweislast siehe auch H 37 KStR 2004 (unter „Beweislast bei beherrschendem Gesellschafter“).

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Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.100 § 21

halt für einen objektiven Dritten mit hinreichender Sicherheit erschließt216. Unklarheiten des Vertrages können aber auch durch eine spätere abweichende ständige Übung bei der Vertragsdurchführung oder eine Klarstellung beseitigt werden. Es entstehen in diesen Fällen regelmäßig in der Praxis Diskussionen mit der Finanzverwaltung, ob eine spätere Vertragsänderung nur klarstellenden Charakter hat oder den früheren Stand einer Vereinbarung wiedergibt oder konstitutiven Charakter hat. Liegt eine konkludente oder ausdrücklich fixierte Neuregelung vor, kann diese steuerlich grundsätzlich nur in die Zukunft wirken. Soll eine GmbH & atypisch Still errichtet werden, muss die Rechtsposition des stillen Gesellschafters auf das Tragen eines Mitunternehmerrisikos und die mögliche Entfaltung von Mitunternehmerinitiative schließen lassen (siehe Rz. 20.78 ff.; Rz. 21.37). Zwar wird gerade bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern von der Finanzverwaltung und Rechtsprechung das Vorliegen einer GmbH & atypisch Still auf Grundlage der sog. Gesamtbetrachtung regelmäßig bejaht (siehe Rz. 20.78 ff.). Diese in der Praxis häufig auftretende Einordnung einer „gewollten typisch stillen Beteiligung“ als atypisch stille Beteiligung entbindet den Praktiker jedoch nicht davon, den Gesellschaftsvertrag so auszugestalten, dass hinreichende Mitbestimmungsrechte und Beteiligung an den stillen Reserven bestehen. So hat das FG München die Gründung einer GmbH & atypisch Still verneint und eine typisch stille Beteiligung in einem Fall angenommen, in dem der stille Gesellschafter nicht an den stillen Reserven beteiligt war und sein schwach ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko nicht durch ausgeprägte Mitunternehmerinitiativrechte kompensiert werden konnte, weil bei der GmbH mehrere Geschäftsführer bestellt waren217. Zudem hat die jüngere Rechtsprechung des IV. Senats die Anforderungen an das Mitunternehmerrisiko erhöht, indem eine vermögensmäßige Beteiligung verlangt wird (Rz. 20.79).

21.97

frei

21.98

bb) Zivilrechtliche Wirksamkeit Die Vereinbarung über die stille Gesellschaft muss zivilrechtlich wirksam zustande kommen. Fehlt es hieran, deutet dies auf den mangelnden Rechtbindungswillen zur Begründung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses hin (siehe Rz. 21.14 ff.)218.

21.99

Als Wirksamkeitshürden bei der GmbH & Still sind insbesondere § 181 BGB i.V.m. § 35 Abs. 3 GmbHG und die Formvorschriften des GmbHG (§ 48 Abs. 3 GmbHG) zu beachten. Schließt der GmbH-Geschäftsführer im Wege des In-Sich-Geschäftes das stille Gesellschaftsverhältnis ab, muss er hierfür von der Beschränkung des § 181 BGB

21.100

216 BFH v. 8.12.2004 – I B 125/04, GmbHR 2005, 942 (943); BFH v. 27.7.1990 – VIII R 304/ 84, BFH/NV 1991, 90 (91); Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 311 m.N. 217 FG München v. 27.1.2014 7 – K 987/11, EFG 2014, 848, rkr. 218 BFH v. 16.12.1998 – I R 96/95, GmbHR 1999, 667 = BFH/NV 1999, 1125 (1127).

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§ 21 Rz. 21.100 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

im Gesellschaftsvertrag der GmbH wirksam befreit worden sein. Dies setzt ggf. wiederum eine entsprechende wirksame Änderung des GmbH-Vertrags voraus219. cc) Vertragsgemäße Durchführung

21.101 Anerkannt wird die stille Gesellschaft schließlich nur dann, wenn sie wie vereinbart tatsächlich durchgeführt wird. Eine nicht unerhebliche Abweichung vom Vereinbarten kann bereits dann vorliegen, wenn die GmbH die vertragsmäßig geschuldete Einlage nur zum Teil oder erheblich später vom stillen Gesellschafter einfordert220, oder wenn der Gewinnanteil dem stillen Gesellschafter nicht bei Fälligkeit ausgezahlt wird, ohne dass eine besondere Vereinbarung, etwa eine Stundung oder eine Novation getroffen wird221. e) Folgen der Nichtanerkennung der stillen Beteiligung

21.102 Kann ein stilles Gesellschaftsverhältnis zwischen einer GmbH und einem Gesellschafter als solches nicht anerkannt werden, sind die wechselseitig erbrachten Leistungen im Zweifel dem zwischen der GmbH und dem Gesellschafter bestehenden GmbH-Gesellschaftsverhältnis zuzurechnen222. Insbesondere können vGA vorliegen (siehe Rz. 21.109). 3. Die Anerkennung des Leistungsaustauschs und der Gewinn- und Verlustbeteiligung a) Rechtliche Korrekturmaßstäbe

21.103 Gesellschaftsvertraglich sind GmbH und stiller Gesellschafter grundsätzlich frei, den Gewinn zu verteilen (vgl. Rz. 8.44 ff.). Dies ist auch steuerlich anzuerkennen. Die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Gewinn- und Verlustbeteiligung ist damit erster Anknüpfungspunkt für die steuerliche Gewinnzurechnung223. 21.104 Ist an der GmbH eine Person still beteiligt, die nicht Gesellschafter der GmbH ist und auch keinem der GmbH-Gesellschafter nahe steht, wird die gesellschaftsvertraglich vereinbarten Gewinn- und Verlustverteilung durch die Finanzverwaltung grundsätzlich ohne besondere Überprüfung akzeptiert. Zum Begriff der nahe stehenden Person vgl. Rz. 21.92.

219 Vgl. hierzu Blaurock, BB 1992, 1969 (1970) sowie Heinemann, GmbHR 1985, 176 (179). 220 FG des Saarlandes v. 1.3.1991 – 1 K 251/90, EFG 1991, 536 (536); FG München v. 24.3.1997 – 7 K 846/95, juris. 221 BFH v. 13.6.1989 – VIII R 47/85, BStBl. II 1989, 720 (721 f.) = GmbHR 1990, 181. 222 BFH v. 25.5.1988 – I R 92/84, BFH/NV 1989, 258 (259); Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 144. 223 So ausdrücklich und auch auf die Fälle der Beteiligung von – beherrschenden – Gesellschaftern bezogen BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 unter II.3. Ebenso Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 218.

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Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.109 § 21

Anders verhält es sich bei Beteiligung eines GmbH-Gesellschafters oder einer ihm nahe stehenden Person. Wegen des fehlenden Interessengegensatzes ist hier stets zu überprüfen, ob die vereinbarte Gewinn- und Verlustverteilung angemessen ist und einen Leistungsaustausch widerspiegelt. Bei der GmbH & (typisch oder atypisch) Still ist somit das Vorliegen verdeckter Einlagen und verdeckter Gewinnausschüttungen (vGA) zu prüfen.

21.105

Eine vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist nach der allgemein anerkannten Definition224 auf Ebene der Körperschaft jede Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung bei der Kapitalgesellschaft, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags nach § 4 Abs. 1 EStG auswirkt, nicht auf einem gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilungsbeschluss beruht und zumindest geeignet ist, beim Gesellschafter einen Zufluss nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. Auf Ebene des Gesellschafters werden Bezüge des Anteilseigners aus einer vGA gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG vereinnahmt, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat225. Eine vGA kann auch ohne tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter gegeben sein, wenn der Vorteil dem Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine ihm nahe stehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht226.

21.106

Umgekehrt liegt eine verdeckte Einlage vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahe stehende Person der Gesellschaft einen einlagefähigen Vermögensgegenstand zuwendet und die Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist227.

21.107

Verdeckte Einlagen sind als den Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 EStG erhöhende Vermögensmehrungen außerbilanziell wieder zu neutralisieren, da die Zuführung des Vermögenswerts durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Zu den Rechtsfolgen beim Gesellschafter siehe je nach Fallgruppe ab Rz. 21.113 ff.

21.108

Ob eine Leistung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, wird anhand des Fremdvergleichs festgestellt228. Maßstab ist, ob die Gesellschaft den Vorteil (entweder die bei der GmbH abgeflossene Vermögensminderung oder das nicht vereinnahmte Entgelt bei der verhinderten Vermögensmehrung) bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem fremden Dritten,

21.109

224 BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BFHE 250, 121 = BStBl. II 2015, 935 = GmbHR 2015, 1169; FG Münster v. 14.5.2019 – 2 K 3371/18 F, EFG 2019, 2287. 225 Vgl. z.B. BFH v. 24.6.2014 – VIII R 54/10, GmbHR 2014, 1165 = BFH/NV 2014, 1501. 226 Vgl. BFH v. 19.6.2007 – VIII R 34/06, BFH/NV 2007, 2291; BFH v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, BFHE 207, 103; BFH v. 22.2.2005 – VIII R 24/03, GmbHR 2005, 945 = BFH/NV 2005, 1266; BFH v. 14.5.2019 – VIII R 20/16, BFHE 264, 459 = BStBl. II 2019, 586 = GmbHR 2019, 1134. 227 Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, F Rz. 110. 228 BFH v. 17.12.1997 – I R 70/97, FR 1998, 625 = DStR 1998, 609 (610); Frotscher, GmbHR 1998, 23 (25); Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 297; Levedag in L. Schmidt, § 20 EStG Rz. 44 ff.

Levedag | 649

§ 21 Rz. 21.109 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

der nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht zuwenden229 bzw. ob ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns den Vermögensvorteil nicht einräumen würde230. Auf die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten kommt es nicht an. Nach der Rechtsprechung sind daher z.B. Gewinnanteile, die einem am Stammkapital und still beteiligten Gesellschafter gewährt werden, vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, soweit sie den Anteil übersteigen, den die GmbH bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter „unter sonst gleichen Umständen“ gewährt hätte (siehe näher Rz. 21.118)231.

21.110 Eine vGA kann auch ohne tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter verwirklicht werden, wenn – durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst – der Vorteil dem Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine ihm nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht (Rz. 21.106). Liegen diese Voraussetzungen vor, ist die Zuwendung zu Lasten der Gesellschaft so zu beurteilen, als habe der Gesellschafter den Vorteil erhalten und diesen an die nahestehende Person weitergegeben; dies gilt unabhängig davon, ob auch der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat232. Gewährt die Kapitalgesellschaft einer dem Gesellschafter nahestehenden Person einen Vorteil, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Vorteil dem Gesellschafter zufließt und von diesem der nahestehenden Person zugewendet wird. Allerdings gilt dies uneingeschränkt nur für den Fall, dass andere Ursachen für die Zuwendung als das „Nahestehen“ des Empfängers zu einem Gesellschafter auszuschließen sind. Der Beweis des ersten Anscheins für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis kann durch die Feststellung erschüttert werden, die Zuwendung des Vorteils an die nahe stehende Person durch die Kapitalgesellschaft habe ihre Ursache ausschließlich in einer vom Gesellschaftsverhältnis zum nahestehenden Gesellschafter unabhängigen Ursache233. 21.111 Gegenüber dem in Rz. 21.119 dargelegten Maßstab gilt für die Prüfung der vGA gegenüber beherrschenden Gesellschaftern der strengere Maßstab, dass eine vGA schon deshalb anzunehmen sein kann, weil es an einer zivilrechtlich wirksamen, klaren und eindeutigen, im Voraus abgeschlossenen Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Weise ein Entgelt für eine Leistung des Gesellschafters zu zahlen ist oder wenn abweichend von einer solchen Vereinbarung verfahren wird234. 229 230 231 232

Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 68–70. BFH v. 28.6.2006 – I R 108/05, GmbHR 2006, 1339. BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59. BFH v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, BFHE 207, 103, unter II.2.b aa = GmbHR 2005, 60 m. Anm. Schwedhelm/Binnewies = FR 2005, 199; BFH v. 22.2.2005 – VIII R 24/03, GmbHR 2005, 945 = BFH/NV 2005, 1266, unter II.1.b; BFH v. 30.11.2010 – VIII R 19/07, GmbHR 2011, 322 = BFH/NV 2011, 449, Rz. 22, jeweils m.w.N. 233 BFH v. 6.12.2005 – VIII R 70/04, GmbHR 2006, 387 = BFH/NV 2006, 722; BFH v. 19.6.2007 – VIII R 54/05, BFHE 218, 244 = BStBl. II 2007, 830, unter II.1.a = FR 2007, 1157 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2007, 1051 m. Anm. Schröder; BFH v. 6.8.2013 – VIII R 10/10, BFHE 242, 321, BStBl. II 2013, 862; siehe auch BFH v. 27.11.1974 – I R 250/72, BFHE 114, 236, BStBl. II 1975, 306, unter 1. 234 Allgemeine Meinung, siehe Levedag in L. Schmidt, § 20 EStG Rz 45.

650 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.114 § 21

Durch die Regelung in § 32a KStG ist verfahrensrechtlich sichergestellt, dass Änderungen bei der Gesellschaft im Hinblick auf die Behandlung von vGA/verdeckten Einlagen beim Gesellschafter in dessen Einkommens- oder Körperschaftsteuerbescheid umgesetzt werden können (sog. formelle Korrespondenz). Daneben statuieren die Regelungen in § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d Satz 2 EStG (atypische stille Beteiligung) und in § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG für natürliche Personen als stille Gesellschafter ein materielles Korrespondenzprinzip. Die begünstigte Besteuerung der Einkünfte aus der vGA auf der Gesellschafterebene hat zur Voraussetzung, dass bei der Körperschaft das Einkommen gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erhöht wurde235.

21.112

b) VGA im Leistungsaustausch zwischen GmbH & stillem Gesellschafter aa) Fallgruppen Betrachtet werden an dieser Stelle nur vGA, die aufgrund des Leistungsaustauschs dem Gesellschafter, der zugleich atypisch oder typisch still beteiligt ist, zugewendet werden. Es handelt sich in der Regel um überhöhte Entgelte in einem Dauerschuldverhältnis (Gehalt/Mieten/Darlehenszinsen), die bei der GmbH als Betriebsausgaben abgezogen werden oder um Fallgestaltungen, bei denen Einzelwirtschaftsgüter zu einem nicht fremdüblichen (zu hohen Preis) an die GmbH veräußert oder durch den Gesellschafter von dieser zu einem nicht fremdüblich zu niedrigen Preis erworben werden236.

21.113

bb) VGA aus dem Leistungsaustausch in der typisch stillen Gesellschaft Werden unangemessene Leistungsvergütungen (Gehalt/Miete/Zinsen) an den Gesellschafter, der zugleich typisch still beteiligt ist, gezahlt, die bei der GmbH als Betriebsausgabe das Einkommen gemindert haben, führt die vGA für den unangemessenen Teil der Leistungsvergütung zu einer Einkommenserhöhung bei der GmbH (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) und zu einer Ausschüttung an den Gesellschafter gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, die nach § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG bei diesem der Abgeltungsteuer unterliegt, wenn die Einkommenskorrektur bei der GmbH durchgeführt wird (Rz. 21.112). Ist der Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG rechtzeitig bei Abgabe der Einkommensteuererklärung gestellt worden237, kommt es für die Einnahmen aus der vGA bei dem Gesellschafter zur Anwendung des Teileinkünfteverfahrens (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d, § 3 Nr. 40 Satz 2 EStG). Die Einkünfte, die der Gesellschafter im Rahmen des Leistungsaustauschs ggf. aus einer anderen Einkunftsart erzielt (§§ 19, 20, 21 EStG) hat, sind um den unangemessenen Teil der Vergütung zu mindern. Verfahrensrechtliche Korrekturgrundlage ist hierbei § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG. Da die Beteiligung an der GmbH und das stille Gesellschaftsverhältnis als separate Einkunftsquellen zu

235 Levedag in L. Schmidt, § 20 EStG Rz. 39. 236 Zum Überblick über die Fallgruppen mit Berechnungsbeispielen siehe Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 59 ff. 237 Vgl. BFH v. 14.5.2019 – VIII R 20/16, BFHE 264, 459 = BStBl. II 2019, 586 = GmbHR 2019, 1134, nach dem der Antrag nicht nachgeholt werden kann, wenn die vGA erst nach Abgabe der Einkommensteuererklärung erkannt wird.

Levedag | 651

21.114

§ 21 Rz. 21.114 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

betrachten sind, wirkt sich die vGA (der unangemessene Gewinnanteil) somit nicht im Bereich des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG aus, sondern ist bei den Einkünften des Gesellschafters aus der Beteiligung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG einzuordnen. Wirtschaftlich bewirkt die Nachzahlung von KSt oder GewSt durch die GmbH aufgrund der vGA für einen früheren Veranlagungszeitraum in dem Wirtschaftsjahr, in dem vGA veranlagt und die Steuern sowie der Zins nachgezahlt wird, eine Kürzung des Gewinnanteils des typisch stillen Gesellschafters. cc) VGA aus dem Leistungsaustausch in der GmbH & atypisch Still

21.115 Komplexer ist die Behandlung von vGA, die dem Gesellschafter und atypisch Stillen im Rahmen einer atypisch stillen Beteiligung zufließen. Leistungsvergütungen, die der atypisch still beteiligte Anteilseigner von der GmbH erhält, die keine vGA sind, sind Sondervergütungen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG; Leistungsvergütungen, die vGA sind, führen zu Sonderbetriebseinnahmen, da die Anteile an der GmbH regelmäßig Bestandteil des Sonderbetriebsvermögens des stillen Gesellschafters bei der atypisch stillen Gesellschaft sind (siehe Rz. 22.42 ff.)238. Da vGA, die zu gewerblichen Beteiligungseinkünften gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG (§ 20 Abs. 8 EStG) führen, dem Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG – bei Erhöhung des Einkommens der Körperschaft), Sondervergütungen gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG aber dem Regeltarif unterliegen, ist abzugrenzen, welchen Einkünften die Wirkungen aus der vGA zuzuordnen sind. 21.116 Nach zutreffender h.M.239 wirkt sich eine vGA (aufgrund einer unangemessenen Leistungsvergütung an den Stillen), die im Rahmen einer atypisch stillen Beteiligung dem stillen Gesellschafter gewährt wird, in der folgenden Weise aus: – Die Leistungsvergütung ist vor Berücksichtigung der vGA-Auswirkungen bei der GmbH als Betriebsausgabe abgezogen und dem atypisch stillen Gesellschafter als Sondervergütung zugerechnet worden; – die vGA führt im ersten Schritt zu einer Einkommenserhöhung bei der GmbH (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG), da nur der angemessene Teil der Leistungsvergütung zum Betriebsausgabenabzug berechtigt; – diese Einkommenserhöhung ist außerbilanziell in voller Höhe dem Gesamtgewinn der atypischen stillen Gesellschaft zuzurechnen und nach den Beteiligungsquoten zu verteilen240;

238 Vgl. Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8 KStG Rz. 831 f.; Zimmermann u.a.; Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 62 f.; Vfg der OFD Erfurt v. 2310.2003, FR 1299 unter 3.2.3.3. 239 Vgl. Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8 KStG Rz. 831 f.; Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 62 f. Siehe zur ähnlich abzuwickelnden vGA aufgrund einer unangemessenen Gewinnverteilung Rz. 21.118 und BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BStBl. II 2015, 935. 240 Gosch, § 8 KStG Rz. 1232.

652 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.118 § 21

– innerhalb der atypisch stillen Gesellschaft ist dem Gewinnanteil der GmbH der Teil der vGA zuzurechnen, der auf ihre Beteiligungsquote entfällt; – dem atypisch stillen Gesellschafter wird der Betrag der vGA, der das Einkommen der GmbH erhöht hat, innerhalb der atypisch stillen Gesellschaft als verdeckte Entnahme zugerechnet; – die bisher angesetzte Sondervergütung (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) des atypisch stillen Gesellschafters wird auf die Höhe der angemessenen Vergütung gekürzt; – dem atypisch stillen Gesellschafter wird die vGA-Einkommenserhöhung der GmbH gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG als Sonderbetriebseinnahme zugerechnet und dem Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG) unterworfen. Die teilweise Umqualifikation der unangemessenen Sondervergütung in eine vGA, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegt, führt damit insgesamt zu einer niedrigeren Gewinnzuweisung als vorher, da der atypisch stille Gesellschafter zuvor die unangemessene Sondervergütung in voller Höhe ohne Anwendung des Teileinkünfteverfahrens versteuern musste241.

21.117

c) VGA aufgrund einer unangemessenen Gewinnverteilung aa) Gleiche Maßstäbe für GmbH & typisch Still und GmbH & atypisch Still Die Gewinnverteilung bei der GmbH & (typisch oder atypisch) Still ist regelmäßig darauf hin zu überprüfen, ob aufgrund einer überhöhten Gewinnbeteiligung eine vGA an den stillen Gesellschafter, der zugleich GmbH-Gesellschafter ist, erfolgt. Dies ist nach allgemeinen Kriterien dann der Fall, wenn die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters objektiv einem Fremdvergleich nicht standhält, wenn also der auf die stille Beteiligung entfallende Gewinn den Anteil übersteigt, den die GmbH bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter „unter sonst gleichen Umständen“ gewährt hätte242. Nach der Sichtweise des BFH erfährt die Anerkennung der zivilrechtlichen Gewinnerverteilungsabrede steuerrechtlich Einschränkungen, wenn für die Gewinnverteilung nicht allein die Verhältnisse der Gesellschafter in der atypisch stillen Gesellschaft und insbesondere ihre Beiträge zum Gesellschaftszweck maßgebend sind, sondern die Verteilung von anderen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern beeinflusst ist, die ihre Grundlage nicht im stillen Gesellschaftsverhältnis haben. Dies können verwandtschaftliche, aber auch wirtschaftliche Beziehungen außerhalb des stillen Gesellschaftsverhältnisses sein. Der Einfluss, den diese Beziehungen auf die Gewinnverteilung nehmen, muss korrigiert werden; insoweit handelt es sich nämlich um die Verwendung bereits erzielter Einkünfte, die die Zurechnung des erzielten Einkommens nicht beein-

241 Vgl. Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8 KStG Rz. 831 f.; Zimmermann u.a.; Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 63. 242 BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59 (60).

Levedag | 653

21.118

§ 21 Rz. 21.118 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

flussen kann243. Insbesondere dann, wenn sich der alleinige Gesellschafter einer GmbH an dieser zugleich als atypisch stiller Gesellschafter beteiligt, kann die Gewinnverteilung der atypisch stillen Gesellschaft durch das Gesellschaftsverhältnis der GmbH beeinflusst sein, so dass die vertragliche Gewinnverteilung für Zwecke der Zurechnung der Einkünfte einer Korrektur bedarf. Das ist etwa dann der Fall, wenn die GmbH im Interesse des stillen Gesellschafters auf eine Gewinnbeteiligung verzichtet, die ihr unter Fremden eingeräumt worden wäre. Dieser Verzicht darf auf den Gewinnanteil der GmbH nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG keinen Einfluss haben244. Es ist somit maßgeblich, welches Entgelt die GmbH einem Nichtgesellschafter für die Zurverfügungstellung der Einlageforderung als Finanzierungsmittel gewährt hätte. Auf die stille Gesellschaft finden diese allgemeinen Kriterien allerdings mit der Maßgabe Anwendung, dass es für die Frage der Angemessenheit im Ergebnis weniger auf den objektiven Fremdvergleich zu den Konditionen einer Kapitalaufnahme bei Dritten ankommt als auf die Frage, ob die Gewinn- und Verlustbeteiligung im Verhältnis zu den jeweiligen Beiträgen des Inhabers und des stillen Gesellschafters zur Förderung des Zwecks stillen Gesellschaft angemessen sind (siehe näher Rz. 21.130 ff.)245. Dieser Maßstab gilt im Ausgangspunkt gleichermaßen für die GmbH & typisch Still und die GmbH & atypisch Still246.

21.119 Es sind aber die Grundsätze für die Anerkennung der Gewinn- und Verlustbeteiligung bei Familienpersonengesellschaften nicht auf die GmbH & Still übertragbar. Dies gilt selbst für den Fall der Einmann-GmbH & Still. Das Grundsatzurteil des BFH vom 6.2.1980 hat insofern eine Klärung gebracht247.

243 BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BFHE 250, 121 = BStBl. II 2015, 935 = GmbHR 2015, 1169. 244 BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BFHE 250, 121 = BStBl. II 2015, 935 = GmbHR 2015, 1169. 245 Gosch, § 8 KStG Rz. 1231; Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewSt, § 8 KStG Rz. 602 f. 246 Gosch, § 8 KStG Rz. 1231; Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewSt, § 8 KStG Rz. 602 f.; Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8 KStG Rz. 836. 247 BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = FR 1980, 358 = GmbHR 1980, 215; wiederholend BFH v. 5.12.1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841. Zustimmend Costede, StuW 1983, 308 (313); Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1984, 77 (78); Blaurock, BB 1992, 1969 (1976); Horn/Maertins, GmbHR 1994, 147 (152); Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 214 ff. und 285 ff., stimmt dem ebenso grundsätzlich zu. In bestimmten Fällen – so z.B. beim Gewinnverzicht eines atypischen Stillen, der zugleich Hauptgesellschafter der GmbH ist, zugunsten anderer atypischer stiller Gesellschafter – hält er jedoch bei einem atypischen stillen Beteiligungsverhältnis die Anwendung der Grundsätze zur Gewinnverteilung bei Familienpersonengesellschaften für möglich (vgl. Rz. 285 f.). Siehe auch Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8 KStG Rz. 836; Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 28 ff.; Gosch, § 8 KStG Rz. 1231. Zum früheren Streitstand vgl. Schulze zur Wiesche, FR 1976, 164; Paulick, GmbHR 1982, 237 (241); Döllerer, ZGR 1977, 495 (504) und ZGR 1981, 551 (560).

654 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.122 § 21

bb) Maßstäbe der Angemessenheit Im Urteil vom 6.2.1980 hat der BFH zugleich positiv die Kriterien geklärt, nach denen die Angemessenheitsprüfung vorzunehmen ist. Demnach bestimmt sich die Angemessenheit der Gewinnverteilung primär danach, ob die Gewinn- bzw. Verlustverteilung den finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Gesellschafter zu der Gesellschaft sowie den Beiträgen der einzelnen Gesellschafter für die Erreichung des Gesellschaftszwecks angemessen Rechnung trägt oder ob bezüglich der Gewinnanteile der einzelnen Gesellschafter offenbare Missverhältnisse bestehen248.

21.120

Hauptkriterien für die Prüfung der angemessenen Gewinnverteilung sind nach allgemeiner Ansicht249

21.121

– die Höhe der erbrachten Kapitalleistungen, – die eingegangenen Risiken des stillen Gesellschafters (Verlustbeteiligung/Risiko des Einlageverlusts/Risiko der Ertragslosigkeit der Gesellschaft), – der Arbeitseinsatz des Stillen, – die Ertragsaussichten des betriebenen Unternehmens. Daneben können die vorhandenen Geschäftsbeziehungen, die Dringlichkeit des Kapitalbedarfs und die wirtschaftliche Bedeutung der Finanzierung durch die Einlage zu berücksichtigen sein250. Es ist im Einzelfall anhand der getroffenen Vereinbarungen zu prüfen, ob bestimmte Vorabvergütungen vereinbart sind, da diese für die Prüfung der Angemessenheit der Restgewinnverteilung nicht doppelt berücksichtigt werden dürfen. Vorabvergütungen betreffen regelmäßig die Kapitalverzinsung der Einlage des Stillen und eine Abgeltung der Risiken der GmbH aus ihrer Haftung sowie der Tätigkeit als Geschäftsherrin. Als angemessene Vorabvergütung anerkannt251 ist eine Avalprovision der GmbH und des stillen Gesellschafters von jeweils bis zu 3 % des eingesetzten Kapitals für das Haftungsrisiko. Soweit das Kapitalverlustrisiko und Ertragsausfallrisiko für die GmbH und den stillen Gesellschafter von unterschiedlichem Gewichtsind, kann dies vorweg durch einen höheren Gewinnvorab berücksichtigt werden252. Vorabvergütungen können innerhalb des Prognosezeitraums auch disquotal ausgestaltet sein253. 248 BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = FR 1980, 358 = GmbHR 1980, 215; FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29, rkr; zur Abgrenzung siehe BFH v. 9.6.1994 – IV R 47/92, BFH/NV 1995, 103 (105); BFH v. 27.3.2001 – I R 52/00, BFH/NV 2002, 537: absolute Begrenzung der prospektiven Rendite bei einer typischen stillen Beteiligung an einer GmbH auf 25 % p.a. 249 Gosch, § 8 KStG Rz. 1231; Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8 KStG Rz. 837; Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewSt, § 8 KStG Rz. 602 f. 250 Ebenso Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 218; BFH v. 11.7.1984 – I R 233/81 – n.v. 251 Siehe Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 30 f. 252 Vgl. auch Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 220; Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rz. 150. 253 FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29, rkr.

Levedag | 655

21.122

§ 21 Rz. 21.123 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

21.123 Bei der Gewinnverteilung ist weiter der Arbeitseinsatz der GmbH im Außenverhältnis zu vergüten, da es sich um einen Gesellschafterbeitrag handelt. Dieser dürfte in der Regel durch das dem Geschäftsführer gezahlte Geschäftsführergehalt abgegolten sein. Soweit diese Vergütung angemessen ist, darf die Arbeitsleistung bei Verteilung des Restgewinns nicht noch einmal berücksichtigt werden254. Persönliche Dienstleistungen des Stillen können nur bei vertraglicher Vereinbarung berücksichtigt werden, da sie gesetzlich nicht geschuldet sind255. 21.124 Das eingezahlte Kapital (die Einlage des Stillen) kann zu den allgemeinen Konditionen am Kapitalmarkt im Wege des Gewinnvorabs verzinst werden. Wird eine solche Vorwegverzinsung nicht vorgenommen, so muss die Verzinsung der Kapitalleistung bei Verteilung des Restgewinns berücksichtigt werden256. 21.125 Eine hohe Rendite der Einlage des Stillen ist nicht von vornherein als Kennzeichen einer unangemessenen Gewinnverteilung anzusehen. Die Einlage bestimmt sich nach den zum Zeitpunkt der Eingehung der stillen Gesellschaft geltenden Verhältnisse257. Die Angemessenheit der Gewinn- und Verlustverteilung im Verhältnis zur erbrachten Einlage ist aber nicht allein nach den Verhältnissen nur eines Wirtschaftsjahres (Veranlagungszeitraum) zu beurteilen. Der Beurteilung ist in der Regel ein längerer Zeitraum, insbesondere hinsichtlich der zu erwartenden Erträge, zugrunde zu legen258. Für den Prognosezeitraum, innerhalb dessen sich insgesamt eine angemessene Gewinn- und Verlustbeteiligung in Relation zur Einlage ergeben muss, ist eine Spanne von ca. 3–5 Jahren anzusetzen259. Eine kürzere Zeitspanne kann maßgeblich sein, wenn die GmbH die Möglichkeit hat, die stille Gesellschaft zu kündigen, und ein gewissenhafter Geschäftsleiter bei einem Nichtgesellschafter von dieser Möglichkeit wegen einer gravierenden Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse Gebrauch machen würde260. 21.126 Die Restgewinnverteilung wird wesentlich von dem Verhältnis zwischen dem Wert der stillen Beteiligung (der Einlage) und dem Unternehmenswert der GmbH bestimmt. Für eine angemessene Restgewinnverteilung ist es somit erforderlich, den Wert der Einlagen der stillen Gesellschafter und den Gesamtwert des Unternehmens der GmbH zu ermitteln und ins Verhältnis zu setzen. Das sich nach diesen Werten ergebende Verhältnis ist bei Beurteilung der Angemessenheit zu berücksichtigen261. 254 Vgl. BFH v. 26.10.1983 – I R 18/78, n.v.; BFH v. 16.7.1986 – I R 78/79, BFH/NV 1987, 326; BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59; Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 29. 255 FG Baden-Württemberg v. 29.3.2001 – 3 K 98/99, juris. 256 Bitsch, GmbHR 1983, 56; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 219. 257 FG Baden-Württemberg v. 29.3.2001 – 3 K 98/99, juris; Bitsch, GmbHR 1983, 56; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 218; Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rz. 146. 258 FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29, rkr. 259 BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59 (60); BFH v. 5.12.1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841 (842); FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29. 260 BFH v. 5.2.1986 – I S 15/85, GmbHR 1987, 69 = BFH/NV 1986, 563 (564). 261 Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 221; Bitsch, GmbHR 1983, 56.

656 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.128 § 21

Die Einlagen der stillen Gesellschafter sind dabei mit dem Nennwert, der Anteil der GmbH mit dem tatsächlichen Wert des Unternehmens anzusetzen. Der Wert der Einlage des stillen Gesellschafters ist verkehrsüblich zu ermitteln und kann nur berücksichtigt werden, wenn die Einlage geleistet worden ist262. Der Unternehmenswert der GmbH ist entsprechend den Grundsätzen, welche die Rechtsprechung zur Ermittlung eines Geschäftswertes in Anwendung der sog. indirekten Methode aufgestellt hat, zu ermitteln263. Bei dieser Ermittlung eines Unternehmenswerts ist neben dem Ertragswert auch der Substanzwert des Unternehmens zu berücksichtigen. Der Unternehmenswert entspricht dabei dem arithmetischen Mittel zwischen Ertragswert und Substanzwert, weil beide Werte das gleiche Gewicht haben264. Es ist auch eine Wertermittlung des Unternehmenswerts der GmbH nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren (§ 11 Abs. 2, Abs. 4 Satz 4; §§ 199 ff. BewG) im Ertragsteuerrecht zulässig265. Dies schließt auch den Gegenbeweis durch eine andere Methode (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG), zum Beispiel durch ein Gutachten zum Unternehmenswert nach dem Standard IDW S 1 ein.

21.127

Folgendes Berechnungsschema zur Ermittlung der angemessenen Gewinnverteilung nach der indirekten Methode ist in der Praxis anerkannt266:

21.128

(Zu erwartende Jahreserträge × 100)/Kapitalisierungszinsfuß

= ./.

=

Ertragswert Substanzwert (Reproduktionswert = tatsächliche Substanz des Betriebs zu Wiederbeschaffungskosten) Geschäftswert

./.

50 %-Risikoabschlag

+

Substanzwert

=

Unternehmenswert

262 BFH v. 26.11.2003 – VIII R 64/03, GmbHR 2004, 436; BFH v. 15.12.1992 – VIII R 42/ 90, FR 1993, 436 = GmbHR 1993, 520; siehe auch BFH v. 4.7.2001 – VIII B 79/00, BFH/ NV 2001, 1553 (1553) (für die Gewährung von Darlehen) und BFH v. 24.4.2014 – IV R 18/10, BFH/NV 2014, 1516 (zur Forderungsabtretung). 263 Vgl. BFH v. 11.10.1960 – I 229/59 U, BStBl. III 1960, 509; BFH v. 7.10.1970 – I R 1/68, BStBl. II 1971, 69; BFH v. 17.1.1973 – I R 46/71, BStBl. II 1973, 418; BFH v. 8.12.1976 – I R 215/73, BStBl. II 1977, 409; BFH v. 25.1.1979 – IV R 56/75, BStBl. II 1979, 302; BFH v. 27.3.1985 – I S 3/84, BFH/NV 1987, 263; BFH v. 5.12.1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841; BFH v. 15.9.2004 – I R 7/02, BStBl. II 2005, 867 = FR 2005, 300 = GmbHR 2005, 240; sowie zur Ermittlung des Substanzwertes ausführlich BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59. 264 BFH v. 15.9.2004 – I R 7/02, BStBl. II 2005, 867 = FR 2005, 300 = GmbHR 2005, 240. 265 Eine Wertermittlung des Unternehmenswerts nur anhand eines anerkannten Ertragswertverfahren befürwortet Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewSt, § 8 KStG Rz. 602. 266 Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O, Rz. 33.

Levedag | 657

§ 21 Rz. 21.128 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft Beispiel: Der durchschnittlich zu erwartende Jahresertrag einer GmbH beträgt 150.000 Euro, der Substanzwert 700.000 Euro267. Die stille Beteiligung hat einen Nennwert von 300.000 Euro. Stammkapital, Gewinn- und Kapitalrücklagen der GmbH betragen 500.000 Euro. Die stillen Reserven des GmbH-Gesellschaftsvermögens betragen 200.000 Euro. Der handelsübliche Kapitalmarktzins für risikofreie Anlagen beträgt 5 %. Ertragswert (vorgegeben) Substanzwert Innerer Wert Abschlag (50 %) Substanzwert Unternehmenswert der GmbH Nachhaltiger Jahresertrag laut Prognosezeitraum ./. Angemessene Vorabvergütungen (Vorabverzinsung von Einlage, Stammkapital und Rücklagen/Verlust- und Haftungsrisiko) – davon GmbH: Vorabverzinsung von Stammkapital/Rücklagen = 5 % von 500 TEuro = 25.000 Euro Vorabvergütung für die Verlusttragung = 3 % des Stammkapitals/der Rücklagen/stillen Reserven = 3 % von 700 TEuro = 21.000 Euro (siehe Rz. 21.122) – davon still Beteiligter Vorabverzinsung der Einlage: 5 % von 300 TEuro = 15.000 Euro Vorabvergütung für die Verlusttragung: 3 % von 300 TEuro = 9000 Euro (siehe Rz. 21.122) Restgewinn Angemessene Gewinnverteilung Verhältnis der Kapitaleinsätze (1.720.000 Euro) GmbH 1.420.000 Euro (82,6 %) Stille Einlage 300.000 Euro (17,4 %)

2.140.000 Euro 700.000 Euro 1.440.000 Euro ./. 720.000 Euro 720.000 Euro + 700.000 Euro 1.420.000 Euro ./.

150.000 Euro ./.

70.000 Euro

80.000 Euro 66.080 Euro 37.920 Euro

Zu diesen angemessenen Gewinnanteilen sind die jeweiligen Anteile der Gesellschafter an den Vorabvergütungen (70.000 Euro) hinzuzurechnen. Der atypisch still Beteiligte erhält insgesamt 37.920 Euro + 15.000 Euro + 9000 Euro = 61.920 Euro. Dies entspricht einer Rendite der Einlage von (61.920 Euro/300.000 Euro =) 20,64 %. Diese wird sowohl mit als auch ohne Verlusttragung in der atypisch stillen Beteiligung noch als angemessen angesehen (siehe Rz. 21.129).

cc) Angemessenheitsgrenzen bei der Gewinnverteilung in der atypisch stillen Gesellschaft

21.129 Bei einer atypisch stillen Beteiligung wird aufgrund der Zurechnung der Verlustanteile eine durchschnittliche Rendite von 35 % der stillen Beteiligung und ohne Ver-

267 Anlehnung an das Beispiel von Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 33.

658 | Levedag

Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.132 § 21

lustbeteiligung von 25 % des Nennwerts268 der Einlage als angemessen angesehen269. Der Nennwert der Einlage für Zwecke der Gewinnverteilung ist nicht um ein Aufgeld des atypisch stillen Gesellschafters zu erhöhen270. dd) Rechtsfolgen einer unangemessenen Gewinnverteilung Ergibt sich eine unangemessene Gewinnverteilung, ist in der typisch stillen Gesellschaft das Einkommen der Gesellschaft zu erhöhen und der Betriebsausgabenabzug für die Vorabvergütungen und die Restgewinnverteilung zu kürzen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 EStG). Auf Ebene des stillen Gesellschafters führt dies zu einer Minderung der bislang zu hohen Vergütungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, da nur i.H. der angemessenen Vergütung Einkünfte aus § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG erzielt werden. Ist der Gesellschafter der GmbH zu mindestens 10 % beteiligt und zugleich typisch still Beteiligter, unterliegen die angemessenen Vergütungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG, sondern der Regelbesteuerung (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG). Der unangemessene Teil der Gewinnverteilung führt zum Ansatz einer vGA gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, die bei korrespondierender Gewinnkorrektur auf Ebene der GmbH dem gesonderten Tarif unterliegt (§ 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG). Ist ein Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG spätestens mit der Einkommensteuererklärung gestellt worden oder liegt der Veranlagungszeitraum, in dem die vGA ausgelöst wird, innerhalb der fünfjährigen Bindungswirkung eines früheren Antrags, wird die vGA im Teileinkünfteverfahren versteuert (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d i.V.m. Satz 2 EStG).

21.130

Ist der GmbH-Gesellschafter zusammen mit anderen stillen Gesellschaftern über eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts beteiligt, wird der unangemessene Teil dem Gesellschafter als vGA aufgrund der Bruchteilsbetrachtung unmittelbar und nicht im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung zugerechnet271.

21.131

Bei der atypisch stillen Gesellschaft ist zu berücksichtigen, dass der Gewinnanteil des atypisch stillen Gesellschafters im Rahmen der Handelsbilanz der GmbH als Betriebsausgabe abgezogen und anschließend im Rahmen der Einkünfteermittlung korrigiert wird. Vor Berücksichtigung der Wirkungen der vGA ist im Rahmen der Gewinnermittlung der GmbH & atypisch Still diese Betriebsausgabe vollständig rückgängig zu machen und dem handelsbilanziellen Gewinn der GmbH hinzuzurechnen, der in dieser korrigierten Höhe den Gesamtgewinn der atypisch stillen Gesellschaft bildet. Dem atypisch stillen Gesellschafter werden Einkünfte gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 8 EStG i.H. der ihm für die stille Beteiligung gewährten Vergütung und Sondervergütungen zugerechnet. Die Einkünfte der GmbH aus der GmbH & atypisch Still entsprechen der Höhe ihres Handelsbilanzgewinns.

21.132

268 269 270 271

Siehe hierzu Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 58. Gosch, § 8 KStG Rz. 1231; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 603. BFH v. 9.8.2010 – IV B 123/09, BFH/NV 2010, 2266 = GmbHR 2010, 1223. BFH v. 5.12.1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841 (842).

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§ 21 Rz. 21.133 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

21.133 Ergibt sich nunmehr eine unangemessene Gewinnverteilung in der GmbH & atypisch Still, die zu einer vGA an den atypisch stillen Gesellschafter führt, ist innerhalb der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die GmbH & atypisch Still zu korrigieren272. Es ist der GmbH der angemessene Gewinnanteil zuzurechnen. Ohne die vGA wurde auch der unangemessene Teil der Vergütung zunächst dem atypisch stillen Gesellschafter als Bestandteil seiner Einkünfte nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zugewiesen. Unter Berücksichtigung der vGA sind diese Einkünfte auf den angemessenen Betrag zu mindern. Daneben führt – unter der im Regelfall zutreffenden Annahme, dass die Anteile des GmbH-Gesellschafters zum Sonderbetriebsvermögen bei der atypisch stillen Gesellschaft gehören (siehe Rz. 21.125) – der Ansatz der vGA zu Sonderbetriebseinnahmen des atypisch stillen Gesellschafters (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG), die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen (§ 3 Nr. 40 Buchst. d i.V.m. § 3 Nr. 40 Satz 2 EStG)273. Die Aufteilung des zuvor unangemessenen höheren Gewinnanteils, der gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG der Tarifbelastung unterlegen hat, in angemessene Einkünfte gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG einerseits und andererseits Sonderbetriebseinnahmen aus der vGA (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG), die der Steuerbefreiung von 40 % im Teileinkünfteverfahren unterliegen, kann aus Sicht des atypisch stillen Gesellschafters zu einer insgesamt niedrigeren Gewinnzuweisung als vorher führen274.

VI. Zusammenfassung 21.134 Bei stillen Gesellschaften unter Familienangehörigen sowie bei stillen Gesellschaften zwischen GmbH-Gesellschaftern und „ihrer“ GmbH bzw. zwischen Personen, die den GmbH-Gesellschaftern nahe stehen und der GmbH, ist die steuerliche Anerkennung in zweifacher Hinsicht zu prüfen. Die erste Ebene betrifft die steuerliche Anerkennungsfähigkeit des Gesellschaftsverhältnisses als solches. Dies gilt sowohl für typische als auch atypisch stille Beteiligungen. Eine stille Gesellschaft unter Familienangehörigen wird steuerlich nur dann anerkannt, wenn sie ernstlich gewollt ist. Im Rahmen der durchzuführenden Gesamtbetrachtung sind maßgebliche Indizien für den Rechtbindungswillen der Beteiligten, ob die Beteiligung im Vorhinein klar und eindeutig sowie zivilrechtlich wirksam vereinbart wird, die Ausgestaltung fremdüblich ist und die Vereinbarungen später auch entsprechend tatsächlich durchgeführt werden. Bei atypisch stillen Beteiligungen muss die Rechtsposition des stillen Gesellschafters so ausgestaltet werden, dass dieser die Anforderungen des Mitunternehmerbegriffs erfüllt, also im Umfang eines Kommanditisten nach dem gesetzlichen Leitbild Mitunterrisiko entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt. Auf der zweiten Ebene ist bei Anerkennung der typisch oder atypisch stillen Beteiligung stets die Angemessenheit der Gewinnverteilungsabrede zu prüfen. Auch stille Beteiligungen die geschenkt wer272 BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BFHE 250, 121 = BStBl. II 2015, 935 = GmbHR 2015, 1169. 273 BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BFHE 250, 121 = BStBl. II 2015, 935 = GmbHR 2015, 1169. 274 Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 61 mit Beispiel.

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Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen | Rz. 21.134 § 21

den, sind auf ihre Anerkennung hin zu prüfen. Dies gilt vor allem dann, wenn der Geschäftsinhaber dem späteren stillen Gesellschafter die Mittel zur Leistung der Einlageforderung schenkt. Für schenkweise stille Beteiligungen haben sich in der Rechtsprechung feste Obergrenzen für die Zuweisung angemessener Gewinnanteile herausgebildet. Die Mischform der GmbH & Still wird zivilrechtlich wie steuerrechtlich grundsätzlich anerkannt. Wird die stille Gesellschaft mit einem die GmbH beherrschenden Gesellschafter oder einer diesem nahe stehenden Person begründet, setzt die Anerkennung der GmbH & Still ebenso voraus, dass der Gesellschaftsvertrag im Voraus klar und eindeutig sowie zivilrechtlich wirksam vereinbart wird, inhaltlich fremdüblich ist und entsprechend der Vereinbarung tatsächlich durchgeführt wird. Die Gewinn- und Verlustverteilung der GmbH & Still ist daneben gesondert auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen. Sie bemisst sich in erster Linie nach dem Verhältnis der Beiträge, die die GmbH und die der stille Gesellschafter zum Erreichen des Gesellschaftszwecks der typisch oder atypisch stillen Gesellschaft erbringen. Eine unangemessene Gewinnverteilung führt sowohl im Rahmen der GmbH & typisch Still als auch der GmbH & atypisch Still zur Einkommenskorrektur im Wege der verdeckten Gewinnausschüttung.

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§ 22 Einkommensteuer Schrifttum: Axer, Jochen, Abgeltungs- und Veräußerungsgewinnbesteuerung ab 2009, Stbg 2007, 201; Bäuml, Swen O./Gageur, Patrick, Die geplante Abgeltungsteuer auf Kapitaleinkünfte, FR 2006, 213; Behrens, Stefan, Neuregelung der Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ab 2009 nach dem Regierungsentwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes vom 14.3.2007, BB 2007, 1025; Berninghaus, Jochen, Feststellung des Jahresabschlusses in der stillen Gesellschaft? – Zugleich ein Beitrag zur Bilanzfeststellung im Personengesellschaftsrecht, in Festschrift für Volker Röhricht zum 65. Geburtstag, 2005, S. 747; Blaurock, Uwe, Die GmbH & Still im Steuerrecht, BB 1992, 1969; Bodden, Guido, Die atypisch stille Gesellschaft im Einkommensteuerrecht, kösdi 2019, 21282; Bordewin, Arno, Sinngemäße Anwendung des § 15a EStG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, FR 1982, 268; Brandenberg, Hermann Bernwart, Wiedereinführung des Mitunternehmererlasses?, FR 2000, 1182; Brill, Mirko, Aktuelle BFHRechtsprechung im Zusammenhang mit der Abgeltungsteuer, EStB 2015, 170; 211; Brinkmann, Michael, Die stille Beteiligung in der Außenprüfung (Teil I und II), StBP 2011, 213 und 241; Brockmann, Kai/Hörster, Ralf, Jahressteuergesetz 2008 – Überblick über die Änderungen im Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, NWB 2008, 25; Fach 2, S. 9641; Brüsch, Arne, Erfolgsbesteuerung bei der GmbH & atypisch Still unter Berücksichtigung zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, 1998; Butz-Seidl, Annemarie, Die Beendigung einer typisch stillen Gesellschaft, GStB 1999, 324; Carlé, Dieter, GmbH & atypisch Still im Steuerrecht und Gesellschaftsrecht, KÖSDI 1999, 12189; Crezelius, Georg, Atypische Beteiligung in der Umstrukturierung, JbFfSt 2003/2004, 385; Demuth, Ralf, GmbH & Still als Gestaltungsalternative, KÖSDI 2015, 19483; Dendl, Markus/Popp, Reinhold/Wagner, Josef, Kapitalerträge aus Scheinrenditen im sog. Schneeballsystem – hat der BFH im Ambros-Fall am Ziel vorbeigeschossen?, DStR 1998, 1156; Dendl, Markus/Popp, Reinhold/Wagner, Josef, Der Ambros-Fall: Können gefälschte Buchführungsunterlagen der Besteuerung zugrunde gelegt werden?, Stbg 2000, 459; Dinkelbach, Andreas, Offene Fragen und Ungereimtheiten bei Kapitaleinkünften nach der Unternehmensteuerreform, DB 2009, 870; Dißars, Björn-Axel/Dißars, Ulf-Christian, Einspruchsbefugnis bei einheitlicher Feststellung, BB 1996, 773; Döllerer, Georg, Die atypische stille Gesellschaft – gelöste und ungelöste Probleme, DStR 1985, 295; Döllerer, Georg, Die atypische stille Gesellschaft in der neuesten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, StbJb. 1987/88, 289; Dörfler, Harald, Unternehmensteuerreform 2008: Auswirkung der geplanten Zinsschranke anhand ausgewählter Beispiele, BB 2007, 1084; Dötsch, Franz, Erfassung der von der Verwalterin eines Termin-Sammelkontos (hier: Ambros S.A.) den Anlegern ausgezahlten sowie von den Anlegern zwecks Erhöhung ihres Einlagekapitals stehen gelassenen „Renditen“ als Einkünfte aus Kapitalvermögen, DStZ 1997, 837; Düll, Alexander/Fuhrmann, Gerd/Eberhard, Martin, Unternehmenssteuerreform 2001: Die Neuregelung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG – sog. Wiedereinführung des Mitunternehmererlasses, DStR 2000, 1713; Ehlers, Ernst-August/Busse, Alexander, Die steuerliche Vermögenszuordnung bei der atypisch stillen Gesellschaft, DB 1989, 448; Fleischmann, Michael, Gewinne aus Betriebsveräußerungen und Betriebsausgaben unter Berücksichtigung des Steuersenkungsergänzungsgesetzes, StuB 2000, 1204; Fischer, Hardy/Wagner, Thomas, Das BMF-Schreiben zur Zinsschranke, BB 2008, 1872; Förster, Guido, Die Änderungen durch das StVergAbG bei der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer, DB 2003, 899; Frystatzki, Christian, Mitunternehmeranteile im Rahmen einer atypisch stillen Gesellschaft, EStB 2003, 267; Frystatzki, Christian, Stille Gesellschaft und § 15a EStG, EStB 2005, 39; Gemmel, Heiko/Hoffmann-Fölkersamb, Peter, Die Abgeltungsteuer – Ein neues System der Besteuerung von Kapitaleinkünften und Veräußerungsgewinnen, NWB 2007 Fach 3, S. 2935; von Glasenapp, Gero, Die Auswirkungen der Unternehmensteuerreform 2008 auf die Ein-

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§ 22 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft Tobias, Die Verlustverrechnung bei der typischen stillen Gesellschaft – gestalterische Implikationen aus dem BFH-Urteil vom 23.7.2002, VIII R 36/01, DStR 2003, 235; Kuck, Tobias, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, 2009; Kusterer, Stefan, Gewerbliche Prägung von Sonderbetriebsvermögen, DStR 1999, 1181; Langholz, Hans-Georg/ Vahle, Peter, Handels- und steuerrechtliche Behandlung des Abfindungsguthabens des ausscheidenden atypisch stillen Gesellschafters für einen Geschäfts- oder Firmenwert, DStR 2000, 763; Levedag, Christian, Anpassungsbedarf von Gesellschaftsverträgen bei Personen- und Kapitalgesellschaften nach der Unternehmensteuerreform 2008 anhand ausgewählter Problemfälle, GmbHR 2009, 13; Levedag, Christian, Einnahmen aus Kapitalvermögen in Schneeballsystemen, NWB 2015, 914; Levedag, Christian, Finanzierung von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften im Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer, GmbHR 2015, 57; Levedag, Christian, Gewinnrealisation bei mitunternehmerischen Übertragungsvorgängen, GmbHR 2014, 337; Levedag, Christian, Sacheinlagen in betriebliche Personengesellschaften – Ausgewählte offene Streifragen, GmbHR 2014, 969; Levedag, Christian, Überführungen und Übertragungen einzelner betrieblicher Wirtschaftsgüter in betriebliche Personengesellschaften, GmbHR 2013, 673; Levedag, Christian, Gründung, Erweiterung und Auflösung freiberuflicher Sozietäten, FR 2016, 733; Levedag, Christian, Ausgewählte ertragsteuerliche Entwicklungen bei der atypisch stillen Gesellschaft und (a)typisch stillen Unterbeteiligung, GmbHR 2019, 699; Levedag, Christian, GmbHR- Kommentar zu den BFH-Urteilen v. 2.7.2019 – IX R 13/18 und v. 6.8.2019 – VIII R 18/16, GmbHR 2020, 114; Lieber, Bettina/Stifter, Jörg, Die atypisch stille Gesellschaft als Alternative zur Ausgliederung, FR 2003, 831; Lindwurm, Christof, Gewinnverteilung und Gewinnfeststellung bei der Kumulation von stillen Gesellschaften, DStR 2000, 53; Lühn, Andreas/Lühn, Michael, Vergleich der Besteuerung von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften nach Unternehmensteuerreform 2008, StuB 2007, 253; Marx, Franz Jürgen, Besteuerung von Scheinrenditen bei betrügerischen Kapitalanlagen, FR 2009, 515; Melchior, Jürgen, Unternehmensteuerreform 2008 und Abgeltungsteuer, DStR 2007, 1229; Middendorf, Oliver/Stegemann, Dieter, Die Zinsschranke nach der geplanten Unternehmensteuerreform 2008 – Funktionsweise und erste Gestaltungsüberlegungen, INF 2007, 305; Middendorf, Oliver, Stille Gesellschaften und Umwandlungen, 2005; Milatz, Jürgen, Die typische stille Beteiligung an einem Nicht-Handelsgewerbe, DStZ 2006, 141; Mitsch, Bernd/Grüter, Gido, Steuerneutrale Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern, INF 2000, 620 und 651; Moritz, Joachim, Typisch stille und atypisch stille Gesellschaft, Aktuelles Steuerrecht 2004, 201; Neu, Norbert, Die typisch stille Gesellschaft nach der Unternehmensteuerreform, in Festschrift für Sebastian Spiegelberger zum 70. Geburtstag – Vertragsgestaltung in Zivil- und Steuerrecht, 2009, S. 854; Neufang, Bernd, Gestaltungs- und Nachfolgeberatung mittels der GmbH & Still StB 2018, 296; Orth, Manfred, Umwandlung durch Anwachsung, DStR 1999, 1011 und 1053; Ott, Hans, Möglichkeiten zur steuerneutralen Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft mit einer GmbH, INF 2002, 493; Ott, Hans, Ausgefallene Finanzierungshilfen nach dem neuen § 17 Abs. 2a EStG, DStR 2020, 313; Pinkernell, Reimar, Einkünftezurechnung bei Personengesellschaften, 2001; Pyszka, Tillmann, Atypisch stille Beteiligung an einzelnen Unternehmenssegmenten, DStR 2003, 857; Reiß, Wolfram, Die Revitalisierung des Mitunternehmererlasses – keine gesetzgeberische Meisterleistung, BB 2000, 1965; Rodewald, Jörg/Pohl, Matthias, Unternehmensteuerreform 2008: Auswirkungen auf Gesellschafterbeziehungen und Gesellschaftsverträge, DStR 2008, 724; Rödder, Thomas, Zur geplanten Zinsschranke, DB 2007, 479; Ronge, Eleonore, Zur Beendigung atypisch stiller Beteiligungen im GmbH-Konzern, FR 2004, 78; Ruban, Reinhild, Die atypische stille Gesellschaft im Ertragsteuerrecht – Tendenzen in der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, DStZ 1995, 637; Schaumburg, Harald/Rödder, Thomas, Unternehmenssteuerreform 2001, 2000; Schiffers, Joachim/Frings, Thomas, Steuergünstiger GewinnTransfer auf die Gesellschafterebene bei der GmbH, GmbH-StB 2002, 12; Schiffers, Joachim, Gewinntransfer von der GmbH auf die Gesellschafterebene, GmbH-StB 2008, 262; Schiffers, Joachim/Forst, Paul, Stille Gesellschaft an einer Mitunternehmerschaft und Sonderbilanzen, GmbHR 2019, 321; Schild, Claus, Veräußerung von atypisch und typisch stillen Beteiligungen

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Einkommensteuer | § 22 mit Verlustvorträgen, JbFfSt 2003/2004, 280; Schmidt, Volker/Wänger, Manuela, Änderungen bei der Abgeltungsteuer durch das Jahressteuergesetz 2008, NWB 2008, 423 (427 ff.), Fach 3, S. 14939 (14943 ff.); Schoor, Hans Walter, Die GmbH & Still im Steuerrecht, LSW 2004 Gruppe 14, S. 415; Schoor, Hans Walter/Natschke, Thomas, Die GmbH & Still im Steuerrecht, 4. Aufl. 2005; Schroer, Achim/Starke, Peter, Die Abschaffung der Mehrmütterorganschaft durch das StVergAbG – Folgen und Handlungsalternativen, GmbHR 2003, 153; Schulze-Osterloh, Joachim, Rechtsanwendung und Rechtsetzung für Verlustzuweisungsgesellschaften durch Verwaltungsvorschriften, in Tipke (Hrsg.), Grenzen der Rechtsfortbildung durch Rechtsprechung und Verwaltungsvorschriften im Steuerrecht, 1982, S. 241 ff.; Schulze-Osterloh, Joachim, Verfassungswidrigkeit der Kodifikation der Abfärbetheorie (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG), in Gedächtnisschrift für Brigitte Knobbe-Keuk, 1997, S. 531; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die Gewinnermittlung bei der atypischen GmbH & Still, GmbHR 1982, 114; Schulze zur Wiesche, Dieter, Einbringung von Wirtschaftsgütern in eine GmbH & Still, StBp 2003, 132; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die atypische stille Gesellschaft, FR 1997, 405; Schulze zur Wiesche, Dieter, Völlige Gleichstellung der atypisch stillen Gesellschaft mit der Personengesellschaft?, DStZ 1998, 285; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & atypisch Still, GmbHR 1999, 902; Schulze zur Wiesche, Dieter, Vermögensübertragungen im Rahmen einer Personengesellschaft nach den Änderungen durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002, DStR 1999, 1017; Schulze zur Wiesche, Dieter, StSenkG: Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft und umgekehrt sowie Realteilung nicht begünstigt?, FR 2000, 976; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & atypisch Still – ein großer Verlierer der neuen Steuergesetzgebung, BB 2003, 713; Schulze zur Wiesche, Dieter Die Mitunternehmerschaft, DB 2015, 1487; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & Still in der aktuellen Rechtsprechung, DB 2011, 1477; Schulze zur Wiesche, Dieter, Gestaltungen innerhalb von Mitunternehmerschaften, DStZ 2014, 719; Schulze zur Wiesche, Dieter, GmbH & atypisch Still, DStZ 2019, 233; Schwedhelm, Rolf, Die Unternehmensumwandlung, 9. Aufl. 2019; Schwedhelm, Rolf/Finke, Jan, Die Zinsschranke in der Beratungspraxis, GmbHR 2009, 281; Söffing, Günter, „Gewinn“ bei der Veräußerung einer stillen Beteiligung, DStR 1984, 268; Stapperfend, Thomas, Die Infektion im Einkommensteuerrecht – Ein Beitrag zum Krankheitsbild des Einkommensteuergesetzes, StuW 2006, 303; Sterner, Friedrich, Kapitaleinkünfte durch Veräußerung einer stillen Beteiligung?, BB 1983, 2176; Sterner, Friedrich, Steuerfragen beim Ausscheiden eines typischen stillen Gesellschafters, DB 1985, 2316; Strahl, Martin, Gewinnrealisierungszwänge aufgrund des „Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002“ bei Personengesellschaften, FR 1999, 628; Stuhrmann, Gerd, Sinngemäße Anwendung des § 15a EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen, RWP 1982, SG 5.2, 1; Suchanek, Markus/Hagedorn, Sonja, Steuerpraxisfragen der GmbH & atypisch Still, FR 2004, 1149; Töben, Thomas/Fischer, Hardy, Die Zinsschranke – Regelungskonzept und offene Fragen, BB 2007, 974; Urban, Johannes, Verluste des typisch stillen Gesellschafters, Ubg 2018, 199; van Lishaut, Ingo, Steuersenkungsgesetz: Mitunternehmerische Einzelübertragungen i.S. des § 6 Abs. 5 Satz 3 ff. EStG n.F., DB 2000, 1784; van Lishaut, Ingo/Schuhmacher, Andreas/Heinemann, Peter, Besonderheiten bei der Zinsschranke bei Personengesellschaften, DStR 2008, 2341; Volb, Helmut, Die GmbH & Still – Zivil- und steuerrechtliche Aspekte (Teil 2), SteuerStud 2008, 380; Wagner, Siegfried, Das Verlustausgleichs- und -abzugsverbot nach § 15 Abs. 4 EStG, insbesondere bei Termingeschäften und bei stillen Gesellschaften, DStZ 2003, 798; Walter, Wolfgang, Die atypisch stille Gesellschaft als Instrument der Verlustnutzung, GStB 2000, 50; Watrin, Christoph/Wittkowski, Ansas/Strohm, Christiane, Auswirkungen der Unternehmensteuerreform 2008 auf die Besteuerung von Kapitalgesellschaften, GmbHR 2007, 785; Wälzholz, Eckhard, Die GmbH & Still nach der Unternehmensteuerreform, GmbH-StB 2008, 11; Wendt, Michael, StSenkG/StSenkErgG: Neuregelung der Betriebsaufgabe/Veräußerung wegen Alters oder Berufsunfähigkeit, FR 2000, 1199; Werth, Francesca, Erste BFH-Rechtsprechung zur Abgeltungsteuer, DStR 2015, 1343; Wichmann, Gerd, Gesellschafts-, handels- und steuerrechtliche Fragen zur GmbH & Still, DStZ 2014, 442.

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§ 22 Rz. 22.1 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

22.1 Es wird zunächst die atypisch stille Gesellschaft und danach die typisch stille Gesellschaft behandelt. 22.2 Aufgrund der Änderungen bei der typischen stillen Gesellschaft, die seit dem Veranlagungszeitraum 2009 infolge der abgeltenden Besteuerung von Kapitaleinkünften gemäß § 32d Abs. 1, § 43 Abs. 5 EStG gelten und der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus typisch stillen Beteiligungen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 und § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG bei typisch stillen Gesellschaften, die nach dem 31.12.2008 begründet oder erworben wurden, wird bei der typischen stillen Gesellschaft sowohl die bis zum 31.12.2008 als auch die ab dem 1.1.2009 geltende Rechtslage dargestellt. Letztere könnte unter Umständen in veränderter Form wieder aufleben, wenn die im politischen Raum vorhandenen Pläne zur „Abschaffung der Abgeltungsteuer“ umgesetzt werden und der Gesetzgeber zur Nichtbesteuerung des Kapitalstamms bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zurückkehren würde.

I. Die atypische stille Gesellschaft 1. Die Gründung der atypisch stillen Gesellschaft

22.3 Die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft1 ist auf Seiten des Geschäftsinhabers wie die Einbringung eines Betriebes in eine Mitunternehmerschaft gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 UmwStG 2006 anzusehen, da sich trotz unveränderter zivilrechtlicher Eigentumsverhältnisse die ertragsteuerliche Zuordnung des Betriebsvermögens des Geschäftsinhabers ändert. Dieses wird der atypisch stillen Innengesellschaft als „Quasi-Gesamthandsvermögen“ zugeordnet. Nach dem UmwStG 2006 in der Fassung durch das SEStEG2, das für Einbringungen nach dem 12.12.2006 gilt, ist bei Einbringungen das eingebrachte Betriebsvermögen, das eine qualifizierte Sachgesamtheit bilden muss (Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmensanteil), in der Schlussbilanz der aufnehmenden atypisch stillen Gesellschaft grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Abweichend hiervon kann auf Antrag der Buchwert oder ein Zwischenwert angesetzt werden, soweit das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des eingebrachten Betriebsvermögens nicht eingeschränkt wird, § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG. Dies gilt sowohl für die Gründung eines Einzelunternehmens & atypisch Still, GmbH & atypisch Still als auch der Personengesellschaft & atypisch Still (siehe näher § 26). Noch nicht abschließend geklärt ist, ob es sich bei der Anwendung des § 24 UmwStG auf den ertragsteuerlichen Zuordnungswechsel um eine Vollanwendung der Norm handelt, bei der sämtliche tatbestandlichen Anforderungen zu erfüllen sind und sämtliche Rechtsfolgen gelten oder ob nur 1 Vgl. BFH v. 21.12.2017 – IV R 44/14, GmbHR 2018, 439; BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BFHE 260, 543 = GmbHR 2018, 690 und die Nachweise zu Kapitel 26. Das BMF-Schreiben v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, der sog. UmwStE 2011, äußert sich nicht zur Gründung als Einbringung in die atypisch stille Gesellschaft gemäß § 24 UmwStG, das BMF hat aber die jüngeren BFH-Urteile hierzu im BStBl. veröffentlicht. 2 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften v. 7.12.2006, BStBl. I 2006, 2782.

666 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.5 § 22

der Rechtsgedanke des § 24 UmwStG dazu führt, eine Fortführung der Buchwerte zuzulassen. Letzteres wäre meines Erachtens vorzugswürdig (Rz. 26.19). Bei der Gründung der atypisch stillen Gesellschaft fällt nach beiden Sichtweisen auf Ebene des Einbringenden (des Geschäftsinhabers) kein Veräußerungsgewinn gemäß § 16 Abs. 2 EStG an, wenn für das eingebrachte Betriebsvermögen auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft gemäß § 24 Abs. 2 UmwStG der Buchwert für die Wirtschaftsgüter des eingebrachten Betriebsvermögens angesetzt wird. Wird im Rahmen einer Vollanwendung des § 24 Abs. 2 UmwStG der gemeine Wert oder ein Zwischenwert für das „eingebrachte“ Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers angesetzt, sind die Buchwerte aufzustocken (zur weiteren Behandlung siehe § 24 Abs. 4 UmwStG i.V.m. § 23 UmwStG) und es entsteht für den Einbringenden (den Geschäftsinhaber)3 ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn (§ 16 Abs. 2 EStG), der gemäß § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG als laufender Gewinn anzusehen ist und (bei natürlichen Personen) nicht unter die Steuerbegünstigungen gemäß § 16 Abs. 4, § 34 Abs. 1 EStG fällt. Für die Gründung ist weiter erforderlich, dass sowohl der Geschäftsinhaber als auch der Stille jeweils eine Mitunternehmerstellung erlangen. Siehe zu den Anforderungen an die Mitunternehmerstellung Kapital 20 und Kapitel 21 zur Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft mit Angehörigen und zur GmbH & atypisch Still mit einem Gesellschafter.

22.4

2. Besteuerung laufender Geschäftsvorfälle a) Subjektive Steuerpflicht der Mitunternehmer Die atypisch stille Gesellschaft ist als solche nicht einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtig. Steuerpflichtig sind die einzelnen Mitunternehmer mit den Einkünften, die sie aus der Innengesellschaft beziehen (§ 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, § 8 Abs. 1 KStG). Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.6.19844 verwirklichen die Gesellschafter in der Einheit der Gesellschafter auf Ebene der Gesellschaft die Merkmale der Besteuerungstatbestände, welche ihnen dann für die Besteuerung zugerechnet werden. Dies gilt auch für atypisch stille Innengesellschaften. Diese ist wie eine Außengesellschaft ein selbständiges Subjekt der Gewinnerzielung, -ermittlung und Einkünftequalifikation5. Der erzielte und zugerechnete Gewinn wird nach dem Transparenzprinzip im Jahr seiner Entstehung und Zuweisung bei den Mitunternehmern ohne Rücksicht auf seine tatsächliche Entnahme besteuert.

3 M.E. unzutreffend ist die Auffassung von Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 76, die nur ein Wahlrecht des atypisch stillen Gesellschafters annehmen. Nach § 24 Abs. 2 Satz UmwStG 2006 steht das Wahlrecht nur der aufnehmenden atypisch stillen Gesellschaft zu und ist Einbringender nur der Geschäftsinhaber. 4 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BFHE 141, 405 = BStBl. II, 751 (761) = GmbHR 1984, 355. 5 Siehe auch BFH v. 26.11.1995 – VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 23 = GmbHR 1997, 563.

Levedag | 667

22.5

§ 22 Rz. 22.6 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

b) Gewinnanteile aus der atypisch stillen Gesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb aa) Behandlung der atypisch stillen Gesellschaft als gewerbliche Mitunternehmerschaft

22.6 Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind „die Gewinnanteile der Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen sind, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat“ Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist aber, dass die Mitunternehmerschaft als solche ein gewerbliches Unternehmen i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 betreibt6. Problematisch ist diese Voraussetzung bei nur teilweiser gewerblicher Tätigkeit des Geschäftsinhabers sowie bei einer nicht gewerblich tätigen GmbH in der GmbH & Still. Hier stellt sich die Frage der Abfärbung bzw. der Umqualifizierung der Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG (siehe Rz. 22.10 ff.). 22.7 Der VIII. Senat des BFH vertrat zunächst in einer Entscheidung vom 12.11.1985 die Auffassung, die atypisch stille Gesellschaft betreibe kein gewerbliches Unternehmen. Es gebe keine nach außen gerichtete Tätigkeit der atypisch stillen Gesellschaft, sondern nur die des Geschäftsinhabers. Die atypisch stille Gesellschaft könne somit als reine Innengesellschaft kein eigenständiges Subjekt der Gewinnerzielung sein7. Diese Auffassung des VIII. Senats traf in der Literatur auf Kritik8. 22.8 Mit der Entscheidung des I. Senats des BFH vom 10.8.1994 wurde die Rechtsprechung geändert. Der I. Senat lehnte die Übernahme der rein zivilrechtlichen Betrachtungsweise für das Steuerrecht ab, nach der die atypisch stille Gesellschaft als Innengesellschaft keine Tätigkeit ausüben könne: Die Mitunternehmer (also auch der Stille) übten wie im Fall einer Außengesellschaft Mitunternehmerinitiative aus und trügen Mitunternehmerrisiko9. Mit Urteil vom 26.11.1996 schloss sich der VIII. Senat des BFH dieser Rechtsprechung an: Im Innenverhältnis zum atypisch stillen Gesellschafter führe der Geschäftsinhaber die Geschäfte für Rechnung aller Gesellschafter. Die durch den Geschäftsinhaber verwirklichten Geschäftsvorfälle seien daher allen Gesell-

6 Zum Begriff des gewerblichen Unternehmens durch eine Mitunternehmerschaft siehe ausführlich Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 8 ff. 7 BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 (313) = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363 im Anschluss an BFH v. 2.5.1984 – VIII R 276/81, BStBl. II 1984, 820. Ebenso Döllerer, DStR 1985, 295 (296). 8 Schön, BB 1985, 313 (314); Herzig/Kessler, DB 1985, 2528 (2530); Ruban, DStZ 1995, 637 (639) Fn. 19 f. 9 BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, BB 1995, 27 (28) = FR 1995, 20.

668 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.10 § 22

schaftern einheitlich zuzurechnen10. Die atypisch stille Gesellschaft ist nach dieser nunmehr ständigen Rechtsprechung des BFH „selbständiges Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation“11. Sie erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 2 EStG, wenn der Inhaber einen Gewerbebetrieb i.S. der Regelung betreibt12. Dies entspricht auch der Meinung der Finanzverwaltung in H.15.8 Abs. 2 der EStH 2018. Die Annahme einer zweigliedrigen Mitunternehmerschaft bestehend aus dem Geschäftsinhaber und dem Stillen setzt voraus, dass der atypisch stille Gesellschafter Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko entfalten kann. Es wird für die Beurteilung der Mitunternehmereigenschaft auf den Gesellschaftsvertrag, d.h. auf das Innenverhältnis abgestellt. Dieses ist maßgeblich für die erforderliche Gewinnund Verlustbeteiligung beider Gesellschafter und der Teilhabe des Stillen an den stillen Reserven sowie am Geschäftswert im Fall der Beendigung der Innengesellschaft (Rz. 20.79 ff.). Da der Geschäftsinhaber seine Tätigkeit auf gemeinsame Rechnung und auf gemeinsames Risiko ausübt, wird er wie ein Organ für die atypisch stille Gesellschaft tätig13. Die Tätigkeit des Geschäftsinhabers ist daher der atypisch stillen Gesellschaft zuzurechnen14 (siehe zu den Auswirkungen auf die Gewinnermittlung Rz. 22.23).

22.9

bb) Nur teilweise gewerbliche Tätigkeit: Die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG Für die Frage der Abfärbung bzw. der Umqualifizierung der Einkünfte des Geschäftsinhaber auf die Einkünftequalifikation der Innengesellschaft ergibt sich Folgendes: Die atypisch stille Gesellschaft kann eine „andere Personengesellschaft“ i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG sein. Übt der Geschäftsinhaber neben einer nicht gewerblichen (etwa freiberuflichen) auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, und ist am Geschäftsbetrieb ein atypisch stiller Gesellschafter beteiligt, so sind nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft sämtliche Einkünfte aufgrund der gemischten Tä-

10 BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = DB 1997, 1060 unter ausdrücklicher Aufgabe der im Urt. v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363 vertretenen gegenteiligen Ansicht; siehe auch BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BFHE 225, 343 = BStBl. II 2010, 40 = FR 2009, 1135. 11 BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = GmbHR 1997, 563 = DB 1997, 1060; BFH v. 5.2.2002 – VIII R 31/01, BFHE 198, 101 = BStBl. II 2002, 464 = FR 2002, 770; BFH v. 5.7.2002 – IV B 42/02, BFH/NV 2002, 1447; BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328. Aus dem Schrifttum siehe Gschwendtner, DStZ 1998, 335; Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 347; Groh in FS Kruse, S. 423. A.A. Schoor, LSW Gruppe 14, S. 436 unter Hinweis auf die aufgegebene Rspr. des BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 (313) = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363. 12 Siehe zur (a)typisch stillen Beteiligung an einem LuF-Betrieb Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 72. 13 Schulze zur Wiesche, GmbHR 1999, 902 (904). 14 Ähnlich Herzig/Kessler, DStR 1986, 451 (453).

Levedag | 669

22.10

§ 22 Rz. 22.10 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

tigkeit gewerblich, wenn sich der atypisch Stille am gesamten Betrieb des Geschäftsinhabers beteiligt15 (sog. Abfärbung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG).

22.11 Die Anwendung der Abfärberegelung auf die atypisch stille Gesellschaft wurde im Hinblick auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) als bedenklich angesehen, da die Rechtsprechung des BFH dem Einzelunternehmer bei sog. gemischter Tätigkeit mit trennbaren Einkünften die Möglichkeit einer gesonderten Bildung mehrerer Betriebe und bei Personengesellschaften das sog. Ausgliederungsmodell eröffnet16. In mehreren Entscheidungen hat das BVerfG17 die Verfassungsmäßigkeit des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG jedoch dem Grunde nach bestätigt. Dies sieht das BVerfG aufgrund des Vereinfachungszwecks der Regelung als gerechtfertigt an, zudem eröffne § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, eine Abfärbung zu vermeiden, indem die gewerbliche Tätigkeit auf eine (gegebenenfalls personenidentische) zweite Gesellschaft ausgegliedert werde und die Gewerbesteuer nach § 35 EStG auf die ESt anrechenbar sei. Aus dieser verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip hat die Rechtsprechung des BFH zuletzt auch eine Bagatellgrenze für die Nichtanwendbarkeit der Abfärberegelung abgeleitet. Bei einer besonders geringfügigen gewerblichen Betätigung (tritt danach keine Abfärbung eint. Mit Urteilen vom 27.8.201418 hat der VIII. Senat diese Bagatellgrenze konkretisiert. Nach deren Neujustierung ist die Rechtsfolge des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht zu ziehen, wenn die Nettoumsatzerlöse aus der gewerblichen Tätigkeit 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse der atypisch stillen Gesellschaft (relative Grenze) und den Betrag von 24.500 Euro (absolute Grenze) nicht übersteigen. Aufgrund der Einfügung eines § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 EStG durch das „JStG 2019“19, der regelt, dass bei negativen gewerblichen Einkünften ohne jegliche Bagatellgrenze eine Abfärbung eintritt, ist die Geltung dieser Rechtsprechung aber wieder in Frage gestellt.

15 BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, FR 1995, 20 = BB 1995, 27. Zustimmend Kempermann, FR 1995, 22; dem BFH im Ergebnis folgend, jedoch mit anderer Begründung Ruban, DStZ 1995, 637 (640), die § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auf atypische Gesellschaften sinngemäß in der Weise anwendet, dass an die Stelle der Tätigkeit der Gesellschaft die des Inhabers des Handelsgeschäfts tritt. 16 BFH v. 17.1.2007 – XI R 19/05, BFH/NV 2007, 1315; BFH v. 9.8.1983 – VIII R 92/83, BStBl. II 1984, 129 = FR 1984, 70 und BFH v. 11.7.1991 – IV R 102/90, BStBl. II 1992, 413 = FR 1992, 202; siehe auch Stapperfend, StuW 2006, 303 (304). 17 BVerfG v. 26.10.2004 – 2 BvR 246/98, FR 2005, 139 DStRE 2005, 877; BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, DB 2008, 1243 (1246) = FR 2008, 818. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken siehe auch Stapperfend, StuW 2006, 303 (304); Schulze-Osterloh in GS Knobbe-Keuk, S. 531 ff.; Seer, FR 1998, 1022. 18 BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/11, BFHE 247, 506 = FR 2015, 512; BFH v. 27.8.2014 – VIII R 16/11, BFHE 247, 499 = FR 2015, 512; BFH v. 27.8.2014 – VIII R 6/12, BFHE 247, 513; zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG siehe BFH v. 26.6.2014 – IV R 5/11, BFHE 246, 319 = BStBl. II 2014, 972 = GmbHR 2014, 1286 = FR 2014, 976. 19 BGBl. I 2019, 2451. Die Entscheidung stellt die Reaktion auf die BFH-Urteile v.12.4.2018 – IV R 5/15, DStR 2018, 1421 und BFH v. 6.6.2019 – IV R 30/16, DStR 2019, 1630 = GmbHR 2019, 1073, dar; siehe auch Levedag, DStR 2018, 2094; Korn/Scheel, DStR 2019, 1665; Weiss, NWB 2019, 1018.

670 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.15 § 22

Die Anwendung der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG dem Grunde nach ist sachlich gerechtfertigt. Auch wenn die atypisch stille Gesellschaft als Innengesellschaft keine Möglichkeit hat, das Ausgliederungsmodell zu nutzen, kann der atypisch stille Gesellschafter sich nur partiell am gewerblichen Teil des Handelsgewerbes beteiligen (Rz. 22.13) und damit die Rechtsfolgen der Abfärbung vermeiden. Es obliegt daher seiner Disposition, im Vorfeld der Beteiligung zu prüfen, ob der Geschäftsinhaber einen Gewerbebetrieb kraft Abfärbung betreibt und sich dann am ganzen Betrieb oder nur partiell still zu beteiligen.

22.12

§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG kommt nicht zur Anwendung, wenn der atypisch stille Gesellschafter sich ausschließlich an den nicht gewerblichen Einkünften des Geschäftsinhabers beteiligt. Bei derartigen partiellen Beteiligungen liegt auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft keine gemischte Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vor, so dass eine Umqualifizierung der Einkünfte des Geschäftsinhabers ausgeschlossen ist20.

22.13

Eine Abfärbung kommt ebenfalls nicht in Betracht, wenn ein Gesellschafter gewerbliche Einkünfte ausschließlich im Sonderbereich (Sondervergütungen und Sonderbetriebseinnahmen) erzielt21.

22.14

Beteiligt sich eine Freiberufler-Kapitalgesellschaft, z.B. eine Steuerberatungs-GmbH, mitunternehmerisch an einer Freiberufler-Personengesellschaft, an einer Steuerberatungs-GbR, so bezieht die Personengesellschaft insgesamt gewerbliche Einkünfte22. Hier ist allerdings zu beachten, dass dieses Ergebnis nicht aus § 15 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG folgt, sondern schon die Voraussetzungen einer freiberuflichen Einkünfteerzielung gemäß § 18 EStG nicht gegeben sind, wenn auch nur einer der Mitunternehmer als Berufsfremder die Hauptmerkmale des freien Berufs in eigener Person nicht positiv erfüllt. Dies gilt auch für die mitunternehmerische atypische stille Beteiligung eines Berufsfremden an einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft, die nur in Form eines partiarischen Darlehens (siehe Rz. 5.16 ff.) möglich ist, da der Geschäftsinhaber im Fall einer freiberuflichen Praxis kein Handelsgewerbe betreibt (Rz. 6.2)23. Bei Auslegung einer solchen Vereinbarung als verdeckte Innengesellschaft, die wie eine atypisch stillen Beteiligung ausgestaltet ist (siehe Rz. 6.3), erzielt die Innengesellschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb, da im Außenverhältnis keine leitende und eigenverantwortliche freiberufliche Tätigkeit aller Mitunternehmer vorliegt24. Eine lediglich typische stille Beteiligung ist unter diesem Gesichtspunkt unschädlich, da es sich um ein besonderes Kreditverhältnis handelt, das die Art der Einkünfteerzielung durch die freiberuflichen Mitunternehmer nicht beeinflusst25.

22.15

20 BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, FR 1995, 20 = BB 1995, 27 (28 f.). 21 BFH v. 28.6.2006 – XI R 31/05, BB 2006, 2339 (2043 f.) = FR 2007, 79 = GmbHR 2006, 1213. 22 BFH v. 8.4.2008 – VIII R 73/05, GmbHR 2008, 948 (949) = FR 2008, 1017; BFH v. 10.10.2012 – VIII R 42/10, BFHE 238, 444 = BStBl. II 2013, 79 = FR 2013, 281; Levedag, FR 2016, 733 (733 f.). 23 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 79. 24 Zu den Voraussetzungen einer freiberuflichen Einkünfteerzielung durch eine Personengesellschaft siehe Levedag, FR 2016, 733 (733 f.). 25 Pflüger, GStB 2008, 275 (276); Fleischer/Thierfeld Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 79.

Levedag | 671

§ 22 Rz. 22.16 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

cc) Die gewerbliche Prägung der GmbH & atypisch Still (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG)

22.16 Die GmbH & atypisch Still ist nach Auffassung der ständigen Rechtsprechung des BFH Subjekt der Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation: Es müssen – wie bei Außengesellschaften – für die Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb auf Ebene der der atypisch stillen Gesellschaft die Merkmale einer gewerblichen Tätigkeit gemäß § 15 Abs. 2 EStG und nicht die Merkmale einer Überschusseinkunftart verwirklicht werden (siehe Rz. 22.8) oder es muss zu einer Abfärbung der Einkünfte gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG kommen. Als weitere Möglichkeit der Erzielung gewerblicher Einkünfte auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft kommt die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG in Betracht. Nach dieser Regelung gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft). 22.17 Es ist für die GmbH & atypisch Still streitig, ob allein wegen der zwingenden Einordnung der von der GmbH erzielten Einkünfte als gewerbliche (§ 8 Abs. 2 KStG) Einkünfte auf Ebene der GmbH & atypisch Still nur gewerbliche Einkünfte erzielt werden können. Dieser Streit betrifft in der GmbH & Still Fallgestaltungen in denen die GmbH dem Grunde nach ausschließlich vermögensverwaltend tätig ist oder der Unternehmensteil an dem eine atypisch stille Gesellschaft begründet wird, der Vermögensverwaltung zuzurechnen ist26. Ebenso ist streitig, ob bei der atypisch stillen Beteiligung an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft beim atypisch still Beteiligten Einkünfte aus einer Überschusseinkunftsart gegeben sein können27. Zu einer Abfärbung der Einkünfte gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG kann es in diesen Fallkonstellationen nicht kommen, da auf Ebene des Geschäftsinhabers keine gemischte Tätigkeit ausgeübt wird, die der atypisch stillen Gesellschaft zuzurechnen ist. 22.18 M.E. schlägt in diesen Fällen – wie bei anderen Zebragesellschaften – § 8 Abs. 2 KStG oder § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht automatisch auf die Qualifikation der Einkünfte auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft durch. Da die vermögensverwaltende Tätigkeit der GmbH dem atypisch still Beteiligten gemeinsam zuzurechnen ist, erfolgt die Umqualifizierung und Umrechnung der Überschusseinkünfte, die auf Ebene der GmbH erzielt werden, wie bei anderen Zebragesellschaften nicht bereits in der einheitlichen und gesonderten Feststellung für die atypisch stille Gesellschaft, sondern erst auf Ebene der Mitunternehmer durch das zuständige Veranlagungsfinanzamt28.

26 Siehe im Einzelnen Wichmann, DStZ 2014, 442 (447) m.w.N.; verneinend Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 359, 367; Bodden, kösdi 2019, 21282 (21292). 27 Verneinend meines Erachtens Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 215, 227, 228, 359, 367. 28 Berninghaus in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8 KStG Rz. 123 mit Hinweis auf BFH v. 11.4.2005 – GrS 2/02, BStBl. II 2005, 679 = FR 2005, 1026; ebenso Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 57; Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 359; Wichmann, DStZ 2014, 442 (447).

672 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.22 § 22

Etwas anderes gilt, wenn eine Umqualifizierung schon unmittelbar auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft wegen § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG zu erfolgen hat, der nach der Rechtsprechung auf die GmbH & atypisch Still anwendbar ist29. Rechtsfolge der gewerblichen Prägung ist, dass die gesamten Einkünfte der gewerblich geprägten GmbH & atypisch Still als Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzusehen sind und die atypisch stille Gesellschaft über ein Betriebsvermögen verfügt (Rz. 22.16). Die Einkünfte unterliegen zusätzlich der Gewerbesteuer. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG für eine gewerbliche Prägung sind

22.19

1. die ausschließliche Geschäftsführungsbefugnis in der Gesellschaft durch Kapitalgesellschaften oder Personen, die nicht Gesellschafter der Personengesellschaft sind und 2. dass ausschließlich Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind. Gemeint ist mit der ersten Voraussetzung nach überwiegender Ansicht der Begriff der organschaftlichen Geschäftsführungsbefugnis, die auf das Innenverhältnis ausgerichtet ist, also die gesellschaftsrechtliche Geschäftsführungsbefugnis i.S. der §§ 114 ff. HGB30 und nicht die Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis31. Die Kapitalgesellschaft muss die organschaftliche Stellung wahrnehmen und aufgrund dieser Stellung ausschließlich unbeschränkt für die Verbindlichkeiten haften.

22.20

Diese Voraussetzungen eröffnen einen gewissen Gestaltungsspielraum. Die gewerbliche Prägung kann dadurch vermieden werden, dass dem atypisch stillen Gesellschafter Geschäftsführungsbefugnisse auf Ebene der GmbH übertragen werden (siehe Rz. 4.32, 12.36). Wie bei einer GmbH & Co KG liegt dann keine gewerblich geprägte Gesellschaft vor32.

22.21

c) Gewinnermittlung und Umfang des Betriebsvermögens der atypisch stillen Gesellschaft aa) Freiwillige Gewinnermittlung im Wege einer Handels- und Steuerbilanz der atypisch stillen Gesellschaft Der Umstand, dass die Bestimmung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auf Gesellschaften mit Gesamthandsvermögen zugeschnitten ist, die atypisch stille Gesellschaft als Innengesellschaft aber kein Gesamthandsvermögen hat, führte in der Vergangenheit zu Diskussionen über die Art der Gewinnermittlung und einer Bilanzierungspficht bei 29 BFH v. 14.7.1998 – VIII B 112/97, GmbHR 1999, 425 = BFH/NV 1999, 169; BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, FR 1995, 20 = BB 1995, 27; BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BFHE 187, 250 = BStBl. II 1999, 286 = FR 1999, 262 = GmbHR 1999, 193. So auch Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (339 f.). 30 Vgl. BFH v. 23.5.1996 – IV R 87/93, BStBl. II 1996, 523 = FR 1996, 709 = GmbHR 1997, 468 zur grundsätzlichen gesellschaftsrechtlichen Interpretation des Tatbestandsmerkmals; bestätigt durch BFH v. 13.7.2017 – IV R 42/14, BFHE 259, 82 = BStBl. II 2017, 1126. 31 Siehe auch Levedag in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2018, § 57 Rz. 59, 61. 32 Siehe zur GmbH & Co. KG Levedag in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 57 Rz. 62, 63.

Levedag | 673

22.22

§ 22 Rz. 22.22 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

der atypisch stillen Gesellschaft33. Aus der zivilrechtlichen Voraussetzung, dass die Einlage des atypisch stillen Gesellschafters in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergehen muss, es also kein Gesellschaftsvermögen und damit auch keine Handelsbilanz der Gesellschaft (siehe Rz. 22.23), sondern nur diejenige des Geschäftsinhabers gibt, folgerte Döllerer34, dass es auch kein eigenes Betriebsvermögen, keinen Betriebsvermögensvergleich und keine Steuerbilanz der atypisch stillen Gesellschaft geben könne. Diese Ansicht würde jedoch trotz der wirtschaftlichen Ähnlichkeit der atypisch stillen Gesellschaft mit der GmbH & Co KG und der Einstufung der Innengesellschaft als Mitunternehmerschaft in vielen Fragen zu einer nicht zu rechtfertigenden unterschiedlichen Behandlung führen35.

22.23 Nach nunmehr h.M. (siehe Rz. 13.12) ist die stille Gesellschaft nicht Handelsgesellschaft, nicht Kaufmann und daher insoweit handelsrechtlich nicht verpflichtet, Bücher zu führen und Jahresabschlüsse zu erstellen sowie selbst nicht nach § 264 HGB rechnungslegungs- und offenlegungspflichtig36. Die gemäß § 231 HGB erforderliche Rechnungslegung innerhalb der stillen Gesellschaft erfolgt auf Grundlage der Handelsbilanz der GmbH37. Allerdings ist es zulässig, wenn die atypisch stille Gesellschaft eine eigene Handels- und oder Steuerbilanz aufstellt. Diese ist dann nach § 5 Abs. 1 EStG auch maßgeblich für die steuerliche Gewinnermittlung38. Der IV. Senat des BFH ist jedenfalls, ohne dies zu problematisieren, davon ausgegangen, dass eine eigene Steuerbilanz der atypisch stillen Gesellschaft aufgestellt werden darf39. bb) Einnahmenüberschussrechnung oder Betriebsvermögensvergleich?

22.24 Wird der Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft nicht freiwillig auf Grundlage einer eigenen Handels- und Steuerbilanz ermittelt, stellt sich die Frage, in welcher Weise der Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft zu ermitteln ist. Folgende Methoden kommen in Betracht40: – Der Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft wird aufgrund einer autonomen Steuerbilanz gemäß § 4 Abs. 1 EStG ermittelt und das Wahlrecht zur Gewinnermittlung im Wege der Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht ausgeübt.

33 Zum Meinungsstand vgl. Nachweise bei Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 347. 34 Döllerer, DStR 1985, 295 (296); Döllerer, StbJb. 1987/88, 289 (299). 35 Vgl. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4c dd, S. 405; Schön, BB 1985, 313 (314). 36 Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 107; Zimmermann u.a., Besteuerung der GmbH, Kap. O Rz. 50; Wichmann, DStZ 2014, 442 (447); Winnefeld in Bilanz-Handbuch, Kap. L, Rz. 235. 37 Zum derzeitigen Meinungsstand ausführlich Wichmann, DStZ 2015, 442 (448 ff.). 38 Wichmann, DStZ 2014, 442 (448 ff.); Fischer, JbFStR 2015 (Tagungsband), S. 373 zu Fall III.1. 39 BFH v. 5.7.2002 – IV B 42/02, DStRE 2002, 1339 (1341). 40 Fischer in JbFStR 2015 (Tagungsband), S. 374 zu Fall III.1.

674 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.26 § 22

– Die atypisch stille Gesellschaft ist aufgrund einer Mitteilung nach § 141 AO zwingend buchführungs- und abschlusspflichtig (siehe Rz. 22.30)41. – Der Gewinn wird mangels derivativer (§ 141 AO) oder originärer Buchführungsund Abschlussverpflichtung (§ 140 AO) der atypisch stillen Gesellschaft durch Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Ob sich aus den steuerlichen Regelungen die Verpflichtung einer originären Buchführungspflicht der atypisch stillen Gesellschaft und der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG im Wege einer „eigenen Steuerbilanz“, statt mittels einer Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG herleiten lässt, wird nicht einheitlich gesehen42. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verlangt nicht zwingend die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG). Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG ist jedenfalls bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils im Rahmen der atypisch stillen Beteiligung der Veräußerungsgewinn im Wege des Betriebsvermögensvergleichs zu ermitteln, wenn bis dahin der laufende Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wurde43.

22.25

Der I. Senat hat jüngst ausdrücklich offengelassen, ob es aufgrund der Steuerrechtssubjektivität der atypisch stillen Gesellschaft einer Gewinnermittlung im Wege einer „eigenen“ Steuerbilanz bedarf44. Ermittelt der Geschäftsinhaber den Gewinn im Wege der Bilanzierung (wie in der GmbH & atypisch Still) ist zur Gewinnermittlung eine steuerliche Gesamtbilanz der atypisch stillen Gesellschaft aufzustellen. Diese Gesamtbilanz besteht aus der Handels- und Steuerbilanz des Geschäftsinhabers und ggf. aus einer Ergänzungs- und Sonderbilanz des stillen Gesellschafters; aus der Gesamtbilanz ist der Gesamtgewinn der atypisch stillen Gesellschaft abzuleiten45. Der I. Senat hat den Grundsatz formuliert, es könne bei Bilanzierung des Geschäftsinhabers nur einen einheitlichen Vermögensvergleich und einen Gewinn oder Verlust der Gesellschaft geben. Daraus hat der I. Senat für einen grenzüberschreitenden „Inbound-Fall“ abgeleitet, der im Inland ansässige atypisch stille Gesellschafter einer ausländischen Kapitalgesellschaft, die im Inland über keine Betriebsstätte verfüge und die ihrerseits aufgrund ausländischer gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sei, Bücher zu

22.26

41 Nach BFH v. 3.5.2000 – IV B 46/99, BFHE 191, 235 = BStBl. II 2000, 376 unter 2.b) besteht nur eine originäre Buchführungspflicht (§ 140 AO) des Geschäftsinhabers; siehe auch OFD Frankfurt v. 14.9.2000 – S – 241-A-37-St II 21, DStR 1991, 1159 (1160) unter 2. 42 Befürwortend Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (342); Ruban, DStZ 1995, 637 (641), Suchanek/Hagedorn, FR 2004, 1149 (1151); Kuck, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, § 5B II.; Suchanek, Ubg 2010, 186 (187); Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19491); Lipp, NWB 2015, 1725 (1730); a.A. Brüsch, Erfolgsbesteuerung bei der GmbH & atypisch Still, S. 113 ff.; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 107; ablehnend Wichmann, DStZ 2014, 442 (452); Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 100. 43 Groh in FS L. Schmidt, S. 451 ff.; Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (341); Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 347. 44 BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328. 45 BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328.

Levedag | 675

§ 22 Rz. 22.26 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder dies freiwillig tue, sei nicht befugt, den Gewinn für inländische Besteuerungszwecke (siehe § 32b EStG) nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG durch Einnahmenüberschussrechnung zu ermitteln (siehe auch Rz. 29.33)46.

22.27 Diese Entscheidung wirkt auch in den reinen Inlandsfall hinein. Ermittelt wie in der GmbH & atypisch Still und anderen Formen atypisch stiller Beteiligungen der Geschäftsinhaber seinen Gewinn in Form einer Handels- und Steuerbilanz, ist aufgrund der vom I. Senat postulierten Einheitlichkeit des Vermögensvergleichs der Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft stets in einer – aus der Handels- und Steuerbilanz des Geschäftsinhabers abgeleiteten – Gesamtbilanz durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln47. Die Wahl der Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG als autonomer Gewinnermittlungsmethode auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft neben der Bilanzierung durch den Geschäftsinhaber ist in diesen Fällen ausgeschlossen. Unter dem Gesichtspunkt der E-Bilanz wird bei der GmbH & Still die freiwillige Aufstellung einer eigenen Bilanz der atypisch stillen Gesellschaft ohnehin empfohlen48. 22.28 In der Praxis ist aber schon bisher (unabhängig von den verschiedenen Auffassungen und der gerade besprochenen Entscheidung des I. Senats) i.d.R. bei Bilanzierung des Geschäftsinhabers aus dessen Bilanz der Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft abgeleitet worden. Ausgehend von der Steuerbilanz des Geschäftsinhabers sind in einer abgeleiteten Gesamtbilanz der atypisch stillen Gesellschaft die folgenden Ergänzungen zu berücksichtigen49: – Die Aktiva und Passiva des Geschäftsinhabers sind als Betriebsvermögen der atypisch stillen Mitunternehmerschaft zu übernehmen. – Die Einlage des Stillen, die in der Handelsbilanz des Geschäftsinhabers als Verbindlichkeit ausgewiesen wurde, ist in der Gesamtbilanz als Bestandteil von dessen Kapitalkonto auszuweisen. – In der Steuerbilanz des Geschäftsinhabers sind, wenn dieser bilanziert wie in der GmbH & atypisch Still, nach der Spiegelbildmethode für die Bilanzierung von Mit46 BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328. 47 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 347; kritisch Fischer in JbFStR 2015 (Tagungsband), S. 377, 381. 48 Zu Bilanzierungspflichten und E-Bilanzen bei atypisch stillen Gesellschaften vgl. BMF v. 24.11.2017 – IV C 6 – S 2133-b/17/10004, BStBl. I 2017, 1543; Ley, kösdi 2019, 21323 ff.; Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19491); Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 154 f. 49 Hottmann, Besteuerung der GmbH, Kap. O, Rz. 50; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 106; Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19491); Kirchhof/Reiß, § 15 EStG Rz. 194, der eine Gesamtbilanz der atypisch stillen Gesellschaft in Form einer Überleitungsrechnung analog § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV auf Basis der Bilanz des Geschäftsinhabers als ausreichend ansieht; dazu auch Lipp, NWB 2015, 1725 (1731). Gegen eine solche Nebenrechnung Ruban, DStZ 1995, 637 (641 f.).

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Einkommensteuer | Rz. 22.31 § 22

unternehmeranteilen die Aktiva und auf der Passivseite die Einlage des Stillen als Verbindlichkeit auszuweisen. – Die als Betriebsausgabe gebuchte Vergütung des stillen Gesellschafters ist dem vom Geschäftsinhaber ermittelten Gewinn zuzurechnen, um den Gesamtgewinn der atypisch stillen Gesellschaft zu ermitteln. Diese Vergütung stellt zugleich den Gewinnanteil des Stillen in der atypisch stillen Gesellschaft dar. – Es sind etwaige Ergänzungsbilanzen (i.d.R. nur des Stillen) zu berücksichtigen. – Weitere Korrekturen des Gewinns des Geschäftsinhabers zur Gewinnermittlung der atypisch stillen Gesellschaft umfassen die Vergütungen des Geschäftsinhabers, die an den atypisch stillen Gesellschafter für Dienstleistungen/die Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern und für Darlehen geleistet wurden. Diese – in der Bilanz des Geschäftsinhabers – als Betriebsausgaben abgezogenen Vergütungen stellen korrespondierende Sonderbetriebseinnahmen des atypisch stillen Gesellschafters dar. Keine Gewinnermittlung im Wege einer Gesamtbilanz, sondern eine additive Gesamtgewinnermittlung der Ergebnisse der Steuerbilanz und der Ergebnisse aus Ergänzungs- und Sonderbilanzen des atypisch Stillen verlangt die Finanzverwaltung50. Auch bei dieser Sichtweise findet keine Gewinnermittlung im Wege der Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG statt. Die Gesamtbilanz der Rechtsprechung und die additive Gewinnermittlung der Finanzverwaltung führen jedoch zu denselben Ergebnissen bei der Einkünfteermittlung.

22.29

Die atypisch stille Gesellschaft kann nach § 141 AO verpflichtet werden, Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen51. Voraussetzung für den Beginn der Buchführungspflicht ist nach § 141 AO, dass die zuständige Finanzbehörde gegenüber den Beteiligten feststellt, dass eine der Wertgrenzen des § 141 Abs. 1 AO überschritten ist und durch eine konstitutive Mitteilung auf den Beginn der Buchführungspflicht hinweist52.

22.30

cc) Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers als fiktives Gesamthandsvermögen Nicht vereinbar mit der Gewinnermittlung im Wege der Gesamtbilanz oder additiven Gewinnermittlung ist eine Literaturauffassung, nach der sich das Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft aus dem Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers und dem Betriebsvermögen des atypisch stillen Gesellschafters zusammensetzen und beide 50 Zimmermann u.a., Besteuerung der GmbH, Kap. O, Rz. 50; OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241 A-08-L221, FR 2003, 1299 (1300). Das BMF-Schreiben v. 24.11.2017 – IV C 6 – S 2133-b/17/10004, BStBl. I 2017, 1543 verlangt eine Übermittlung der für eine Mitunternehmerschaft relevanten Berichtsbestandteile und Angaben. 51 Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (341). Diese Folge der BFH-Rspr. sehen auch Carlé, KÖSDI 1999, 12189 (12194); Suchanek/Hagedorn, FR 2004, 1149 (1151); Pyszka, DStR 2003, 857 (858). 52 BFH v. 23.6.1983 – IV R 3/82, BFHE 138, 521 unter 1 = FR 1983, 519.

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22.31

§ 22 Rz. 22.31 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Vermögensmassen Sonderbetriebsvermögen bei der atypisch stillen Mitunternehmerschaft sein sollen53. Zutreffend ist nach Knobbe-Keuk54 das Vermögen des Geschäftsinhabers steuerlich wie Gesellschaftsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft anzusehen, da man die atypisch stille Gesellschaft als Innengesellschaft ohne Gesamthandsvermögen gleichermaßen der auf Außengesellschaften zugeschnittenen Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG unterstellt. Das Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers ist – so Knobbe-Keuk – als Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft auszuweisen, die Einlage des atypisch stillen Gesellschafters als Eigenkapital (dessen Kapitalkonto) und nicht als Verbindlichkeit zu behandeln. Kommt es beim Ansatz bestimmter Gewinnermittlungsregelungen gesellschafterbezogen auf persönliche Eigenschaften des Steuerpflichtigen an, sind jeweils die Verhältnisse von Geschäftsinhaber und atypisch stillem Gesellschaftergetrennt zu betrachten55.

22.32 Der BFH folgt diesem Grundverständnis. Der atypisch stillen Gesellschaft wird nach der Rechtsprechung das Betriebsvermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts „wie“ eigenes Gesellschaftsvermögen („Quasi-Gesamthandsvermögen“) einer Außengesellschaft zugerechnet. Der BFH hat jedoch jüngst klargestellt, dass trotz dieser Zuordnung der Geschäftsinhaber durchgehend über ein daneben bestehendes eigenständiges BV verfügt56. Daneben besteht das steuerliche Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft aus dem Quasi-Gesamthandsvermögen und dem Sonderbetriebsvermögen des Stillen57. Da nur der Inhaber des Handelsgeschäfts im Außenverhältnis tätig ist, führt er nach der Rechtsprechung „wie ein Organ“ die Geschäfte im Innenverhältnis für alle Gesellschafter entsprechend der Gemeinschaftsordnung; sie sind deshalb auch allen Gesellschaftern einheitlich zuzurechnen58. Darauf stelle das Einkommensteuerrecht – so die Rechtsprechung des BFH – in § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG entscheidend ab und danach werde auch eine atypisch stille Gesellschaft i.S. dieser Regelungen als selbständiges Subjekt der Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation gewerblich tätig59. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG wird auf dieser Grundlage als Zu-

53 So Lindwurm, DStR 2000, 53 (58). Die Überlegung geht auf Schulze zur Wiesche, GmbHR 1982, 114 (115) zurück, der sie aber nicht mehr vertritt, vgl. FR 1997, 405 (407). 54 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4c dd 4, S. 404 f. Zustimmend Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 347; BFH v. 13.7.1993 – VIII R 85/91, BFHE 172, 416 = BStBl. II 1994, 243 = FR 1994, 83. 55 So auch Schön, BB 1985, 313 (314). 56 BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, DStR 2018, 1277 = GmbHR 2018, 690, Rz. 26.19. 57 Siehe BFH v. 2.5.1984 – VIII R 276/81, BFHE 141, 498 = BStBl. II 1984, 820 und zur GmbH & atypisch Still Zimmermann u.a., Besteuerung der GmbH, Kap. O Rz. 52; Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19486); Lipp, NWB 2015, 1725 (1731). 58 BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BFHE 187, 250 = BStBl. II 1999, 286 = GmbHR 1999, 193; BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328. 59 Siehe zur Begründung BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = GmbHR 1997, 563 = DB 1997, 1060 unter ausdrücklicher Aufgabe der im Urt. v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363 vertretenen gegenteiligen Ansicht sowie die Entscheidungen v. 5.2.2002 – VIII R 31/01, BFHE 198, 101 = BStBl. II 2002, 464 = FR 2002, 770; BFH v. 5.7.2002 – IV B 42/02, BFH/NV 2002, 1447.

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Einkommensteuer | Rz. 22.33 § 22

rechnungsnorm verstanden, die nicht nur die Tätigkeit, sondern auch das Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers nicht mehr allein dessen Eigenbetrieb, sondern „wie (fiktives) Gesamthandsvermögen“ auch dem Betrieb der atypisch stillen Gesellschaft zurechnet60. Die Rechtsprechung spricht von einer „Gleichbehandlung“ des Geschäftsvermögens des Inhabers mit dem Gesamthandsvermögen einer Außengesellschaft61. Der Geschäftsinhaber hat in seiner eigenen Steuerbilanz sein BV, das bei einer stillen Beteiligung am gesamten Geschäftsbetrieb nur noch aus der Beteiligung an der atypisch stillen Mitunternehmerschaft besteht, im Rahmen der Spiegelbildmethode auszuweisen62. d) Kapitalkonto und Ergänzungsbilanz des atypisch stillen Gesellschafters Die Einlage kann der stille Gesellschafter als Bareinlage oder als Sacheinlage erbringen (§ 4 Abs. 1 Satz 7 EStG, siehe ausführlich Rz. 7.6 ff.). Sie kann auch dadurch geleistet werden, dass eine gegen den Geschäftsinhabers bestehende Forderung (insbesondere Darlehensforderung) auf die Einlageforderung angerechnet oder mit dieser aufgerechnet wird (siehe Rz. 7.11). Sieht man in diesem Vorgang eine Geldeinlage (Rz. 7.11), ist der Nennwert der Forderung zugrunde zu legen. Sofern man allerdings hierin eine Sacheinlage sieht, stellt sich die Frage, wie die Einlage der Forderung zu bewerten ist, wenn sich der Geschäftsinhaber im Zeitpunkt der Umwandlung in der Krise befindet und der gemeine Wert der Forderung hinter dem Nennwert zurückbleibt. Zivilrechtlich kann auch eine wertgeminderte Forderung oder ein anderer Sacheinlagegegenstand bei der stillen Gesellschaft als Einlage des Stillen zum Nennwert bewertet werden, worin eine gemischte Schenkung liegen kann (siehe auch Rz. 7.26, 7.70 ff.)63. Nach Ansicht des BFH muss aber steuerlich die bis zur Umwandlung in eine atypisch stille Beteiligung eingetretene Wertminderung – auch für Zwecke des § 15a EStG (siehe Rz. 22.80) – als nicht erbrachte Einlage behandelt werden64. Für den Fall einer 60 Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (340); a.A. Schoor, LSW Gruppe 14 S. 415 (436). Ehlers/ Busse, DB 1989, 448 (449 ff.), begründen die Annahme eines Betriebsvermögens der atypisch stillen Gesellschaft mit einer analogen Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO; zur Diskussion um die Funktion des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG als Zurechnungs- oder Qualifikationsnorm im Bereich des Sonderbetriebsvermögens siehe auch Levedag in MünchHdb. GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 57 Rz. 132 f. 61 BFH v. 2.5.1984 – VIII R 276/81, BFHE 141, 498 = BStBl. II 1984, 820; BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BFHE 145, 408 = BStBl. II 1986, 311 = GmbHR 1986, 363; BFH v. 28.11.1989 – VIII R 40/84, BFHE 159, 410 = BStBl. II 1990, 561 = FR 1990, 334; BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = DB 1997, 1060 = GmbHR 1997, 563; BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328. 62 Bodden, kösdi 2019, 21282 (21288); Schulze zur Wiesche, DStZ 2019, 233 (236); Wendt, FR 2018, 797 (801); Schiffers/Forst, GmbHR 2019, 321 (322); Suchanek/Hagedorn, FR 2004, 1149 (1151). 63 BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (178 f.); Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 22; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 148. 64 BFH v. 29.5.2001 – VIII R 10/00, BFHE 195, 486 = BStBl. II 2001, 747 unter III.2.b) = GmbHR 2001, 933; BFH v. 31.5.2012 – IV R 40/09, BFH/NV 2012, 1440; zustimmend Demuth, KÖSDI 2015, 14483 (14487). Kritisch zu diesem Ansatz Hoffmann, GmbHR 2001, 938 (939).

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22.33

§ 22 Rz. 22.33 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Forderungsabtretung des atypisch stillen Gesellschafters gegen einen Dritten an den Geschäftsinhaber, die als Sacheinlage im Rahmen der atypisch stillen Gesellschaft behandelt werden sollte, hat der BFH zu § 15a EStG entschieden, die stille Einlage sei dann „geleistet“, wenn dem Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes etwas für Rechnung des stillen Gesellschafters zugeflossen sei, was den bilanziellen Unternehmenswert mehre, also die Aktiva des Unternehmens erhöhe oder die Passiva mindere; dies gelte nicht nur für Einlageverpflichtungen, die auf einer Bareinzahlung in das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes gerichtet seien, sondern wie bei einer Forderungsabtretung auch für Verpflichtungen zur Leistung einer Sacheinlage65.

22.34 Im Übrigen gelten für die Bewertung von Sacheinlagen des stillen Gesellschafters – aus dessen Privatvermögen bei der aufnehmenden atypisch stillen Gesellschaft die Regelungen des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG, – aus einem Betriebsvermögen des atypisch Stillen der Zwang zur Buchwertfortführung gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG66 bei der atypisch stillen Gesellschaft und – bei Einbringungen von Sachgesamtheiten der gemeine Wert oder der gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG gewählte Wertansatz (Buch- oder Zwischenwert, siehe § 26).

22.35 Die Vermögenseinlage und die auf dem Einlagekonto gutgeschriebenen, aber nicht entnommenen Gewinnanteile und sonstigen Vergütungen des stillen Gesellschafters dürfen in der Gesamtbilanz/additiven Gewinnermittlung im Gegensatz zur Handelsbilanz des Geschäftsinhabers nicht als Verbindlichkeiten ausgewiesen werden (siehe Rz. 22.27). Die Verbindlichkeit für die stille Beteiligung muss deshalb mit dem Einlagekonto des atypischen stillen Gesellschafters in der Gesamtbilanz/additiven Gewinnermittlung betragsmäßig übereinstimmen und bildet das Kapitalkonto des atypisch stillen Gesellschafters. Aus diesem Grund darf auch keine Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) auf die stille Beteiligung vorgenommen werden, da es sich bei der Einlage bzw. dem fortgeführten Kapitalkonto steuerbilanziell nicht um eine schuldrechtliche Forderung gegen den Geschäftsinhaber handelt67. 22.36 Gewinnanteile werden vom Geschäftsinhaber und vom atypisch stillen Gesellschafter nach den für alle Mitunternehmerschaften geltenden Grundsätzen bezogen. Relevanter steuerlicher Zurechnungszeitpunkt ist das Ende des jeweiligen Geschäftsjahres der atypisch stillen Gesellschaft, unabhängig davon, ob nach dem Gesellschafterbeschluss der Gewinnanteil für den Gesellschafter entnahmefähig ist, wann die Gewinnausschüttung durch die Gesellschafter beschlossen wird und wann der Gewinnanteil tatsächlich zufließt68. Ausgezahlte Gewinne mindern als Entnahmen des Gesellschafters dessen Kapitalkonto. Weichen die Wirtschaftsjahre des Geschäftsinhabers und der atypisch stillen Gesellschaft voneinander ab, so gilt der anteilige Gewinn des stillen Gesellschafters aus der atypisch stillen Beteiligung als in dem Kalenderjahr bezogen, 65 BFH v. 24.4.2014 – IV R 18/10, BFH/NV 2014, 1516 = GmbHR 2014, 1113. 66 Zur Anwendung der Regelung auf atypisch stille Gesellschaften siehe BMF v. 8.11.2011, BStBl. I 2011, 1279, Tz. 9. 67 Siehe auch Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 78. 68 Vgl. aus der st. Rspr. BFH v. 15.11.2011 – VIII R 15/09, BStBl. II 2012, 207.

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Einkommensteuer | Rz. 22.38 § 22

in dem das der Gewinnverteilung zugrunde liegenden Wirtschaftsjahr endet (siehe § 4a Abs. 2 EStG)69. Auch in der atypisch stillen Mitunternehmerschaft kann das Kapitalkonto des Stillen nicht als einheitliches (variables) Kapitalkonto, sondern als Mehrkontenmodell (festes Kapitalkonto mit variablen Unterkonten) ausdifferenziert werden (siehe Rz. 7.78). Der BFH klassifiziert steuerlich ein Gesellschafterkonto als Kapitalkonto mit Eigenkapitalcharakter, wenn auf dem Konto Verlustanteile des Gesellschafters verbucht werden. Diese Verlustbelastung kann laufend oder erst im Fall des Ausscheidens des Gesellschafters oder der Liquidation der Gesellschaft bei Ermittlung des Abfindungsguthabens des Gesellschafters erfolgen70. Die Finanzverwaltung folgt dieser Rechtsprechung71. Steuerlichen Eigenkapitalcharakter haben – entsprechend der zu § 15a EStG entwickelten Wertungen72 – das (unveränderliche) Kapitalkonto I, das die Beteiligungsquote repräsentiert, und jedes weitere variables Kapitalkonto II (als Unterkonto zum Kapitalkonto I), auf dem Verluste belastet werden73, also auch das Verlustvortragskonto (Kapitalkonto III)74. Keinen steuerlichen Eigenkapitalcharakter haben hingegen Gesellschafterkonten, auf denen keine Verluste belastet werden und die den Charakter einer schuldrechtlichen Forderung (etwa Darlehens- oder Privatkonten) haben. In der steuerlichen Gesamtbilanz der atypisch stillen Gesellschaft stellen schuldrechtliche Gesellschafterkonten (z.B. für nicht entnommene Gewinne) Passivposten dar und führen korrespondierend zur Forderungen des atypisch stillen Gesellschafters in dessen Sonderbilanz. Bei Überentnahmen können auch aktivische Kapitalkonten entstehen75 (siehe auch Rz. 22.78).

22.37

Die Einlage des Stillen, die einer Rückzahlungsverpflichtung seitens des Geschäftsinhabers unterliegt, bildet den Kernbestandteil des Kapitalkontos des Stillen, unabhängig davon, ob sie teilweise auf dem Festkapitalkonto oder einem variablen Kapital-

22.38

69 OFD Erfurt v. 23.10.2003, FR 2003, 1299 unter Rz. 3.2.1; BFH v. 30.9.1964 – I 231, 232/ 62 U, BStBl. III 1965, 54. 70 BFH v. 16.10.2008 – IV R 98/06, BStBl. II 2009, 272 = GmbHR 2009, 274. 71 BMF v. 11.7.2011, BStBl. I 2011, 739. 72 Hier ist die Unterscheidung von Eigenkapitalkonten und schuldrechtlichen Gesellschafterkonten (Sonderbetriebsvermögen) relevant, da der BFH die Gesellschafterkonten des Sonderbetriebsvermögens nicht bei der Prüfung einbezieht, ob ein steuerlich negatives Kapitalkonto gemäß § 15a EStG vorliegt, vgl. Carlé/Bauschatz, FR 2002, 1153 (1161); Ley, KÖSDI 2002, 13459 (13462) mit Hinweis auf BFH v. 4.5.2000 – IV R 16/99, BStBl. II 2001, 171 = GmbHR 2000, 1064 und BFH v. 27.6.1996 – IV R 80/95, BStBl. II 1997, 36 = GmbHR 1997, 43 = FR 1997, 51. Zur Verlustbelastung als Abgrenzungskriterium zwischen schuldrechtlichen Kapitalkonten und Kapitalkonten mit Eigenkapitalcharakter siehe Ley, DStR 2009, 613 (614); Ley, KÖSDI 2009, 16678 (16679 ff.). 73 Der BFH sieht jedoch für Einbringungen Gutschriften auf einem variablen Kapitalkonto nicht mehr als eine Gewährung von Gesellschaftsrechten an, siehe BFH v. 29.7.2015 – IV R 15/14, BFHE 251, 422 = GmbHR 2016, 228 m. Anm. Levedag; zur Anwendung durch die Finanzverwaltung siehe BMF v. 26.7.2016 – IV C 6 - S 2178/09/10001, juris. 74 Vgl. BMF v. 11.7.2011 – IV C 6 - S 2178/09/10001 – DOK 2011/0524044, BStBl. I 2011, 713, Tz. I.1 u. I.2. Gleiches gilt nach BMF v. 8.12.2011 – IV C 6 - S 2241/10/10002 – DOK 2011/0973858, BStBl. I 2011, 1279, Tz. 16, bei § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG. 75 Demuth, KÖSDI 2015, 14483 (14489).

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§ 22 Rz. 22.38 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

konto II einzuzahlen sind. Wenn Zahlungen „auf die Einlage“ verbucht werden, sind sie in der Gesamtbilanz/additiven Gewinnermittlung dem Kapitalkonto des stillen Gesellschafters gutzuschreiben.

22.39 Muss der Erwerber einer atypisch stillen Beteiligung einen Kaufpreis oberhalb des Kapitalkontos leisten, ist abzugrenzen, ob der Mehrbetrag in einer Ergänzungsbilanz festzuhalten und fortzuschreiben ist, da er zu den Anschaffungskosten des Mitunternehmeranteils gehört76 oder einer anderen Behandlung unterliegt, wenn er an den Geschäftsinhaber zu zahlen ist. Aufgelder, die dem Geschäftsinhaber ohne eine Rückzahlungsverpflichtung zustehen sollen, auch nicht zur Berechnung eines späteren Auseinandersetzungsguthabens des Stillen heranzuziehen sind und damit endgültig in das Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers übergehen, führen beim Geschäftsinhaber zu einem diesem allein zuzurechnenden Gewinn77. e) Sonderbetriebsvermögen des Geschäftsinhabers und des atypisch stillen Gesellschafters aa) Allgemeines

22.40 Als Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer werden Wirtschaftsgüter bezeichnet, die zivilrechtlich einem der Gesellschafter gehören und dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen geeignet und bestimmt sind (Sonderbetriebsvermögen I) oder der Beteiligung des Mitunternehmers förderlich sind (Sonderbetriebsvermögen II)78. Sonderbetriebsvermögen existiert auch in der atypisch stillen Gesellschaft als Innengesellschaft. Wirtschaftsgüter, die der atypisch stille Gesellschafter dem Inhaber des Handelsgeschäfts zur Nutzung überlässt, stellen nach allgemeiner Ansicht Sonderbetriebsvermögen I dar, das in einer Sonderbilanz des atypischen stillen Gesellschafters auszuweisen ist. Sondervergütungen i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (in Form von Sonderbetriebseinnahmen) sind insbesondere Miet- und Darlehenszinsen und Geschäftsführerbezüge. Sonderbetriebsausgaben sind im Zusammenhang mit der Mitunternehmerstellung entstehende laufende Aufwendungen (z.B. Schuldzinsen zur Finanzierung der Beteiligung oder eines überlassenen Wirtschaftsguts)79. 22.41 Die h.M. geht zutreffend davon aus, dass der Geschäftsinhaber kein Sonderbetriebsvermögen bilden kann, da sein gesamtes Betriebsvermögen als fiktives Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft zuzurechnen ist. Er verfügt aber auch während des Bestehens der stillen Gesellschaft über ein eigenständiges Betriebsvermögen 76 Vgl. hierzu BFH v. 18.2.1993 – IV R 40/92, BStBl. II 1994, 224 = BB 1993, 1914; Döllerer, DStR 1985, 295 (300). 77 BFH v. 9.8.2010 – IV B 123/09, GmbHR 2010, 1223; vertiefend Schulze zur Wiesche, DB 2011, 1477 (1478 f.): Eine Einlage in die GmbH als Geschäftsinhaber und keine Gewinnauswirkung liegt vor, wenn die atypisch stillen Gesellschafter zugleich Gesellschafter der GmbH sind. 78 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 506; Neu in Beck’sches Hdb. der Personengesellschaft, § 14 Rz. 109; Zimmermann u.a., Besteuerung der GmbH, Kap. O, Rz. 53; Kirchhof/Reiß, § 15 EStG Rz. 195. 79 Döllerer, DStR 1985, 295 (298 f.); Lipp, NWB 2015, 1725 (1729 ff.).

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Einkommensteuer | Rz. 22.42 § 22

(siehe bereits Rz. 22.31 ff.)80. Für die partielle stille Beteiligung, also die Beteiligung an einzelnen Unternehmenssegmenten, wird die Möglichkeit von Sonderbetriebsvermögen des Geschäftsinhabers zu Recht bejaht81. bb) GmbH-Beteiligung als Sonderbetriebsvermögen eines atypisch stillen Gesellschafters in der GmbH & Still Von besonderer Bedeutung ist die Frage, ob der GmbH-Anteil des atypisch stillen Gesellschafters einer GmbH & Still Sonderbetriebsvermögen II darstellt. Dies war in der Vergangenheit streitig82, ist jedoch heute für die meisten Fallgruppen unbestritten. Mit der ständigen Rechtsprechung des BFH, die die atypisch stille Gesellschaft als selbständiges Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation ansieht, ist auch die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters, der zugleich GmbH-Gesellschafter ist, als Bestandteil des Sonderbetriebsvermögens II anzusehen83. Der Inhaber des Handelsgeschäfts wird für die stille Gesellschaft tätig, soweit seine Tätigkeit der Erreichung des im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Gesellschaftszwecks dient. Sein Auftreten wird der Gesellschaft zugerechnet und ist steuerrechtlich wie ein Organhandeln zu behandeln (siehe Rz. 22.31 ff.). Die Beteiligung des atypisch stillen Gesellschafters an der GmbH stärkt auch dessen Stellung als Mitunternehmer in der atypisch stillen Gesellschaft, da er über die Gesellschafterversammlung der GmbH mittelbar Einfluss nehmen kann. Der GmbH-Anteil des atypisch stillen Gesellschafters gehört unabhängig von den Beteiligungsverhältnissen zum Sonderbetriebsvermögen II84, sofern die GmbH nicht noch einer anderen, nicht im Gesellschaftsinteresse liegenden Geschäftstätigkeit von nicht ganz untergeordneter Bedeutung nachgeht und es sich nicht um eine partielle stille Beteiligung handelt85. Aus der Zuordnung der Beteiligung zum Sonderbetriebsvermögen folgt, dass Beteiligungs80 BFH v. 2.5.1984 – VIII R 276/81, BStBl. II 1984, 820 unter II. 3. der Gründe; Zimmermann u.a., Besteuerung der GmbH, Kap. O, Rz. 52 zur GmbH & atypisch Still; Kirchhof/Reiß, § 15 EStG Rz. 195. 81 Siehe dazu Kuck, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, § 5E III; Kauffeld, Die partielle Unternehmensbeteiligung, S. 347 ff.; Suchanek/Hagedorn, FR 2003, 1149 (1151); Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19487); Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 (721 ff.). 82 Schwedhelm, Die GmbH & Still als Mitunternehmerschaft, S. 104; Costede, StuW 1983, 308 (310); Steinacker, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, S. 36 f. 83 BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = GmbHR 1997, 563 = DB 1997, 1060; zum GmbH-Anteil als Bestandteil des Sonderbetriebsvermögens BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 268 = FR 1999, 262 = GmbHR 1999, 193; BFH v. 1.7.2010 – IV R 100/06, BFH/NV 2010, 2056 = GmbHR 2010, 1168. 84 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 358; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 109; Zimmermann u.a., Besteuerung der GmbH, Kap. O, Rz. 54 ff.; Horn/Maertins, GmbHR 1995, 816 (818); Wehrheim, DStR 1998, 1533 (1534); zur 10 %Beteiligung an der Komplementär-GmbH als Bestandteil des Sonderbetriebsvermögens siehe BFH v. 16.4.2015 – IV R 1/12, BFHE 249, 511 = BStBl. II 2015, 705 = GmbHR 2015, 870. 85 BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286 = FR 1999, 262 = DStRE 1999, 81 (83 f.) unter I.2.b); Schulze zur Wiesche, GmbHR 1999, 902 (904).

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22.42

§ 22 Rz. 22.42 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

erträge (offene und verdeckte Gewinnausschüttungen der GmbH) als Sonderbetriebseinnahmen des stillen Gesellschafters zu erfassen sind, für die gemäß § 20 Abs. 8 EStG die Abgeltungsteuer nicht gilt (siehe zur vGA bereits Rz. 21.115 ff.).

22.43 Die zeitliche Erfassung der Beteiligungserträge richtet sich nach den folgenden Grundsätzen. Nach der früheren Rechtsprechung von EuGH, BGH86 und BFH konnten Dividendenansprüche aus offenen Gewinnausschüttungen beim Gesellschafter handels- und steuerrechtlich phasengleich aktiviert werden87, wenn: – übereinstimmende Wirtschaftsjahre vorlagen und – der Dividendenberechtigte einen beherrschenden Einfluss auf die ausschüttende Gesellschaft ausüben konnte und – zum Bilanzstichtag über die Ausschüttungsabsicht verfügte und – das Beteiligungsverhältnis während des gesamten Wirtschaftsjahres der Beteiligungsgesellschaft bestand und – später ein Gewinnverwendungsbeschluss gefasst wurde. Jedoch hat der Große Senat des BFH später entschieden, dass eine Kapitalgesellschaft, die mehrheitlich an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt ist, einen Dividendenanspruch aus einer zum Bilanzstichtag noch nicht beschlossenen Gewinnverwendung der nachgeschalteten Gesellschaft grundsätzlich mangels Realisation der Forderung auf Auszahlung der Ausschüttung beim Gesellschafter nicht aktivieren kann88. Realisiert ist die Forderung aufgrund der erwarteten Dividendenausschüttung nur noch, – wenn zum Bilanzstichtag der Gewinn der beherrschten Kapitalgesellschaft auszuweisen und der mindestens ausschüttungsfähige Gewinn bekannt ist; – durch objektive Gesichtspunkte nachgewiesen ist, dass die Gesellschafter der ausschüttenden Gesellschaft am Bilanzstichtag eine bestimmte Gewinnverwendung endgültig beschließen wollten.

22.44 Es ist in der Praxis schwer möglich, diese Voraussetzungen zu erfüllen89. Die Rechtsprechung gilt auch für die Betriebsaufspaltung und insoweit vergleichbare GmbH & atypisch Still90. Die Finanzverwaltung hatte eine Übergangsregelung erlassen, nach 86 Der BFH hat sich der Rspr. des BGH, dass ein handelsrechtliches Aktivierungswahlrecht zur phasengleichen Aktivierung bestehe, angeschlossen, da ein solches Wahlrecht zwingend zu einem steuerlichen Aktivierungsgebot führt, vgl. BFH v. 3.12.1980 – I R 125/77, BStBl. II 1981, 184 = FR 1981, 205 = GmbHR 1981, 202. 87 Vgl. BFH v. 16.12.1998 – I R 50/95, BStBl. II 1999, 551 = FR 1999, 367 = GmbHR 1999, 351 (Vorlagebeschluss des I. Senats des BFH an den GrS). 88 BFH v. 7.8.2000 – GrS 2/99, BFHE 192, 339, BStBl. II 2000, 632 = GmbHR 2000, 1106. 89 Vgl. die Anforderungen des I. Senats, der vorgelegt hatte, im Nachgang zum Beschluss des GrS in BFH v. 20.12.2000 – I R 50/95, BStBl. II 2001, 409 = FR 2001, 639 = GmbHR 2001, 401. 90 BFH v. 31.10.2000 – VIII R 85/94, BFHE 193, 532, BStBl. II 2001, 185 = GmbHR 2001, 205.

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Einkommensteuer | Rz. 22.47 § 22

der bis zum 31.12.2000 (Kalenderjahr = Wirtschaftsjahr) die Grundsätze der alten Rechtsprechung weiter Anwendung finden konnten, folgte der Rechtsprechung aber für alle nachfolgenden Wirtschaftsjahre91. Für offene und verdeckte Ausschüttungen als Sonderbetriebseinnahmen gilt – wie gesagt – das Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 2 EStG), da es sich um gewerbliche Beteiligungserträge handelt (§ 20 Abs. 8 EStG; zu Hinzurechnungen und Kürzungen bei der Gewerbesteuer siehe Rz. 24.27 ff.). Aufwendungen, die mit den Beteiligungserträgen im Zusammenhang stehen, sind gemäß § 3c Abs. 2 EStG entsprechend nur zu 60 % abzugsfähig. Das Teileinkünfteverfahren findet auch Anwendung auf die Ermittlung der laufenden Einkünfte gemäß § 15 (Veräußerungsgewinne und -verluste/Entnahmegewinne und -verluste), wenn Anteile an der GmbH, die zum Sonderbetriebsvermögen des Stillen gehören entstehen. Gleiches gilt, wenn die zum Sonderbetriebsvermögen gehörende Anteile an der GmbH im Rahmen eines Veräußerungsoder Aufgabegewinns gemäß § 16 EStG zu berücksichtigen sind.

22.45

Die Zuordnung der Beteiligung an der GmbH zum Sonderbetriebsvermögen II hat noch weitere Folgen. Es handelt sich um ein Wirtschaftsgut des sog. funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögens, das im Zusammenhang mit der Übertragung des Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Beteiligung auf Grundlage der § 6 Abs. 3 EStG, §§ 20, 24 UmwStG grundsätzlich mitzuübertragen oder dessen stille Reserven für die Inanspruchnahme der Tarifbegünstigung gemäß §§ 16, 34 EStG aufzudecken sind. Traditionell legt der BFH das Merkmal des Mitunternehmeranteils in § 6 Abs. 3 EStG und § 16 EStG identisch aus, was aufgrund der funktionalen Betrachtungsweise des BFH für Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens im Rahmen des § 6 Abs. 3 EStG dazu führt, dass Sonderbetriebsvermögen sowohl bei der unentgeltlichen Übertragung von Mitunternehmeranteilen das als auch bei deren Veräußerung als wesentlicher Bestandteil des Mitunternehmeranteils anzusehen ist92. Im Fall der Zurückbehaltung von wesentlichen Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögen anlässlich einer Veräußerung hat die Rechtsprechung eine Aufgabe des gesamten Mitunternehmeranteils (Gesellschaftsanteil und Sonderbetriebsvermögen) gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG angenommen93.

22.46

Mit Urteil vom 2.8.201294 entschied der BFH gegen die Auffassung der Finanzverwaltung in Tz. 5 und 6 des BMF-Schreibens vom 3.3.200595, die dort befürwortete generelle Anwendung der sog. Gesamtplanrechtsprechung stehe der Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG entgegen, wenn SBV im Vorfeld einer unentgeltlichen Anteilsübertragung gemäß § 6 Abs. 5 EStG in ein anderes Betriebsvermögen ausgegliedert werde. Eine Buchwertübertragung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG gelingt nach Ansicht des

22.47

91 Vgl. BMF, BStBl. I 2000, 1510 = DStR 2000, 1997 m. Anm. Hoffmann. 92 Vgl. BFH v. 12.5.2016 – IV R 12/15, DStR 2016, 1518 = GmbHR 2016, 828; BFH v. 24.8.2000 – IV R 51/98, BStBl. II 2005, 173 = BFHE 192, 534. 93 BFH v. 24.8.2000 – IV R 51/98, BFHE 192, 534 = BStBl. II 2005, 173; vgl. Klumpp, ZEV 2001, 55 (57) m.N. 94 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, DStR 2012, 2118 = FR 2012, 1113 = GmbHR 2012, 1260. 95 BMF v. 3.3.2005, BStBl. I 2005, 458 unter Tz. 6 u. 7.

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§ 22 Rz. 22.47 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

BFH96 somit auch dann, wenn zeitgleich mit der Anteilsübertragung ein Wirtschaftsgut unter Anwendung des Wahlrechts in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG (in der Fassung ab 2001) in ein anderes Betriebsvermögen übertragen wird, da das Gesetz gleichzeitige Buchwerttransfers gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG und § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht ausschließt. Damit wird im Rahmen des § 6 Abs. 3 EStG die zeitraumbezogenen Auslegung der Finanzverwaltung auf Grundlage der Gesamtplanrechtsprechung, ob der übertragene „Betrieb“ vor und nach der Übertragung identisch ist, durch den BFH nicht geteilt. Der BFH prüft im Wege einer zeitpunktbezogenen Betrachtungsweise, die nur das Betriebsvermögen, das im Übertragungszeitpunkt vorhanden ist, in den Blick nimmt, ob zu diesem Zeitpunkt ein Betrieb/Teilbetrieb/Mitunternehmeranteil i.S. des § 6 Abs. 3 EStG vorhanden ist97. Geklärt ist mittlerweile auch98, dass die taggleiche Veräußerung des Wirtschaftsguts an einen Dritten99 (ggf. mit dem sog. „§ 6bModell“ an eine Schwesterpersonengesellschaft) und die Entnahme von Betriebsvermögen ins Privatvermögen vor der Übertragung des Betriebs oder des Anteils aus Sicht der Rechtsprechung unschädlich sind. Schließlich sieht der BFH inzwischen auch die nachträgliche Ausgliederung von Sonderbetriebsvermögen nach einer unterquotalen Teilmitunternehmeranteilsübertragung als unbedenklich an100. Eine nach § 20 UmwStG begünstigte Buchwerteinbringung setzt voraus, dass auf den übernehmenden Rechtsträger alle Wirtschaftsgüter übertragen werden, die im Einbringungszeitpunkt zu den funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen des betreffenden Betriebs gehören, d.h. zeitgleiche oder taggleiche Veräußerungen oder Entnahmen sind dagegen – mit Ausnahme von Überführungen und Übertragungen nach § 6 Abs. 5 EStG – für eine Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG oder §§ 20, 24 UmwStG schädlich101. Die Finanzverwaltung folgt der Rechtsprechung des BFH nunmehr102.

22.48 Zu den Auswirkungen der Gesamtplanrechtsprechung ist weiterhin geklärt, dass im Rahmen der § 16 Abs. 4, § 34 EStG aufgrund des Erfordernisses, die stillen Reserven des Mitunternehmeranteils zusammengeballt aufzudecken, eine zeitraumbezogene Betrachtung anzuwenden ist. Mit Urteil vom 30.8.2012103 hat der IV. Senat entschieden, der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils sei nicht tarifbegünstigt, wenn im wirtschaftlichen Zusammenhang damit 17 Monate vor der Veräußerung von der Gesellschaft genutzte Grundstücke ohne Aufdeckung der in ihnen ruhenden stillen Reserven vom Sonderbetriebsvermögen auf eine Schwestergesell96 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, DStR 2012, 2118 = FR 2012, 1113 = GmbHR 2012, 1260. 97 Vgl. Crezelius, JbFStR 2013 (Tagungsband), S. 580 ff.; Schulze zur Wiesche, DStR 2012, 2414 (2416); Roehrig, EStB 2013, 106 (108). 98 So Bohn/Pelters, DStR 2013, 281 (286); Strahl, KÖSDI 2013, 18216 (18219); Levedag, GmbHR 2013, 673 (680 ff.). 99 BFH v. 9.12.2014 – IV R 29/14, DStR 2015, 211 = GmbHR 2015, 263 = FR 2015, 457. 100 BFH v. 12.5.2016 – IV R 12/15, DStR 2016, 1518. 101 BFH v. 29.11.2017 – I R 7/16, BFHE 260, 334 = BStBl. II 2019, 738; siehe dazu Wendt, FR 2018, 513; Wacker, DStR 2018, 1019 (1020). 102 BMF v.20.11.2019, DStR 2019, 2482, Rz. 10 und 13. 103 BFH v. 30.8.2012 – IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376 unter Rz. 29 und 34. Vgl. zur Anwendung des Gesamtplans nach Fallgruppen Dornheim, DStZ 2014, 46; Wacker, Ubg 2016, 245.

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Einkommensteuer | Rz. 22.51 § 22

schaft übertragen worden seien. Diese strikt zeitraumbezogene Betrachtungsweise hat der IV. Senat mit Urteil vom 9.12.2014104 und vom 17.12.2014105 bestätigt. Die Rechtsprechung betrachtet somit wie unter Rz. 22.47 aufgezeigt die Ausgliederung von Sonderbetriebsvermögen nach Fallgruppen (Ausgliederungen im Vorfeld der Inanspruchnahme einer Tarifbegünstigung/Ausgliederungen im Vorfeld einer unentgeltlichen Übertragung und Ausgliederungen im Vorfeld einer Buchwerteinbringung gemäß §§ 20, 24 UmwStG; Aufdeckung der stillen Reserven vorab). Die Möglichkeiten des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zur Ausgliederung von Sonderbetriebsvermögen gemäß § 6 Abs. 5 EStG oder durch Aufdeckung der stillen Reserven suspendieren aber nicht davon, alle stillen Reserven der funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Betriebs/Teilbetriebs/Mitunternehmeranteils zusammengeballt aufdecken zu müssen, wenn die Vergünstigungen der §§ 16, 34 EStG genutzt werden sollen. Diese Grundsätze sind auch bei der Ausgliederung funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögens bei atypisch stillen Gesellschaften anlässlich einer Übertragung des Mitunternehmeranteils oder bei Einbringungsvorgängen zu beachten.

22.49

f) Gewinnanteil und Sondervergütungen des atypisch stillen Gesellschafters aa) Allgemeines Relevanter steuerlicher Zurechnungszeitpunkt für den Gewinnanteil ist das Ende des jeweiligen Geschäftsjahres, unabhängig davon, ob nach dem Gesellschafterbeschluss der Gewinnanteil für den Gesellschafter entnahmefähig ist, wann die Gewinnausschüttung durch die Gesellschafter beschlossen wird und wann der Gewinnanteil dem Mitunternehmer tatsächlich zufließt106. Wird der Gewinnanteil ausgekehrt, liegt eine Entnahme vor; dies gilt für Zwecke der § 4 Abs. 4a und § 34a EStG sowohl für Sondervergütungen als auch für den aufgrund der zivilrechtlichen Gewinnverteilung zugewiesenen Gewinnanteil107. Beide Regelungen sehen grundsätzlich eine gesellschafterbezogene Prüfung zur Ermittlung der (Über)Entnahmen108 vor.

22.50

Zu den gewerblichen Einkünften des atypisch stillen Gesellschafters gehören gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG neben seinem Gewinnanteil (samt Auswirkungen in der Ergänzungsbilanz) die Sondervergütungen (zur Behandlung des Sonderbetriebsvermögens als Teil des Betriebsvermögens der atypisch stillen Gesellschaft siehe Rz. 22.40 ff.). Sondervergütungen sind Entgelte, die als Geld- oder in Sachwerten ge-

22.51

104 BFH v. 9.12.2014 – IV R 36/13, BStBl. II 2015, 529 = GmbHR 2015, 382. 105 BFH v. 17.12.2014 – IV R 57/11, BStBl. II 2015, 536 = GmbHR 2015, 384. 106 Vgl. BFH v. 15.11.2011 – VIII R 12/09, BStBl. II 2012, 207 = FR 2012, 639; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 109. Zur Behandlung steuerlicher Mehrgewinne, die den Handelsbilanzgewinn nicht berühren, wenn ein atypisch stiller Gesellschafter vertraglich ohne weitere Konkretisierung zu einem Prozentsatz am Gewinn und Verlust des Geschäftsinhabers beteiligt ist, vgl. FG Hess. v. 13.11.1994 – 4 K 4186/89, EFG 1996, 97. 107 Vgl. BFH v. 5.2.2002 – VIII B 73/01, BFH/NV 2002, 908. 108 Vgl. zu § 4 Abs. 4a EStG BFH v. 29.3.2007 – IV R 72/02, BStBl. II 2008, 420; BMF, BStBl. I 2008, 588; zu § 34a EStG vgl. Tz. 20 in BMF, BStBl. I 2008, 838.

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§ 22 Rz. 22.51 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

leistet werden, auf einer gesellschaftsvertraglichen oder schuldrechtlichen Grundlage geschuldet sind und für die in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG genannten Tätigkeiten gezahlt werden. Diese Vergütungen mindern im ersten Schritt den Gewinn des Inhabers des Handelsgewerbes und damit der atypisch stillen Gesellschaft als Betriebsausgaben, werden jedoch korrespondierend (zeit- und betragsgleich) in einer Sonderbilanz des atypisch stillen Mitunternehmers als Sonderbetriebseinnahmen erfasst und gehen damit in den steuerlichen Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft ein (sog. Prinzip der korrespondierenden Bilanzierung)109. Der BFH hat die Geltung dieser Gewinnermittlungsgrundsätze für die atypisch stille Gesellschaft ausdrücklich bestätigt, da diese für steuerliche Zwecke wie eine (fiktive) Innen-KG behandelt wird110. Ausgezahlte Leistungsvergütungen an den Mitunternehmer sind Entnahmen aus dem Sonderbetriebsvermögen, wenn keine sofortige Auszahlung erfolgt und zunächst eine Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter erfasst wird (Rz. 22.50). Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben fallen aber nicht nur im Zusammenhang mit der Überlassung von Wirtschaftsgütern an die Mitunternehmerschaft oder Geschäftsführungsleistungen an. Dazu gehören auch Einnahmen und Ausgaben, die durch die Mitunternehmerstellung veranlasst sind (z.B. Schuldzinsen für ein Darlehen zur Refinanzierung der Einlage). bb) Behandlung des Geschäftsführergehalts des Stillen bei der GmbH & Still

22.52 Eine für die Praxis wichtige Frage besteht darin, welcher Einkunftsart die Bezüge zuzuordnen sind, die der atypische stille Gesellschafter für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH erhält. Eine vergleichbare Fragestellung besteht beim Gesellschafter-Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH, der zugleich Kommanditist ist. So erfasst der BFH in ständiger Rechtsprechung das Entgelt, das der Kommanditist einer GmbH & Co. KG für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bezieht, als Sondervergütung i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, und zwar auch dann, wenn der Anstellungsvertrag des Geschäftsführer-Gesellschafters nicht mit der KG, sondern mit der Komplementär-GmbH abgeschlossen wurde111. Die Erfassung der Tätigkeitsvergütung bei den Einkünften des Gesellschafters aus Gewerbebetrieb ist gerechtfertigt, weil der Kommanditist einer GmbH & Co. KG, der zugleich Geschäftsführer (Organ) der Komplementär-GmbH ist (vgl. §§ 6, 35, 37 des GmbHG), in dieser Funktion selbst „im Dienst der Personengesellschaft“ tätig wird. Denn der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH erfüllt nicht nur eine Verpflichtung der GmbH gegenüber der KG (§ 114 Abs. 1, § 161 Abs. 2, § 164 Satz 1 des HGB), sondern

109 Vgl. BFH v. 28.3.2000 – VIII R 13/99, BStBl. II 2000, 612 = FR 2000, 986 = GmbHR 2000, 893. 110 BFH v. 21.12.2017 – IV R 44/14, GmbHR 2018, 439; Levedag, GmbHR 2019, 699 (699). 111 St. Rspr., vgl. z.B. BFH v. 2.8.1960 – I 221/59, BStBl. III 1960, 408; BFH, BStBl. III 1967, 303; BFH v. 15.11.1967 – IV R 139/67, BStBl. II 1968, 152; BFH v. 21.3.1968 – IV R 166/ 67, BStBl. II 1968, 579; BFH v. 21.4.1971 – I R 76/70, BStBl. II 1971, 816; BFH v. 23.2.1972 – I R 159/68, BStBl. II 1972, 530; BFH v. 16.12.1992 – I R 105/91, BStBl. II 1993, 792; BFH v. 25.2.1991 – GrS 7/89, BStBl. II 1991, 691. Siehe zur Vertiefung Levedag in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 57 Rz. 207 ff.

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Einkommensteuer | Rz. 22.53 § 22

zugleich eine persönliche Verpflichtung gegenüber der KG112. Ihre Rechtfertigung findet die Rechtsprechung letztlich im Anweisungsgedanken. Die Umqualifizierung der Bezüge eines Geschäftsführer-Kommanditisten in Sondervergütungen ist umfassend und umfasst auch die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung113. Der BFH hat zuletzt für Abfindungen einerseits entschieden, diese seien nicht gemäß § 3 Nr. 9 EStG a.F. (teilweise) steuerbefreit114, andererseits aber die Anwendung der Tarifbegünstigung (§ 24 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG) für die umqualifizierte Abfindung anerkannt115. Diese Wertungen können auf die GmbH & atypisch Still übertragen werden. Zwar ist diese eine Innengesellschaft, jedoch wird die GmbH als Organ der atypisch stillen Gesellschaft „im Dienst der Personengesellschaft“ tätig116. Dementsprechend führt der (Gesellschafter- oder Fremd-)Geschäftsführer der GmbH mittelbar auch die Geschäfte der atypisch stillen Gesellschaft. Die auf Ebene der GmbH bewirkten Geschäftsvorfälle sind allen Gesellschaftern zuzurechnen. Die Geschäftsführervergütungen, die die GmbH in der GmbH & atypisch Still einem Gesellschafter-Geschäftsführer zahlt, der zugleich stiller Gesellschafter ist, sind gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als Sondervergütungen zu qualifizieren117. Abweichend kann die Behandlung der Geschäftsführerbezüge sein, wenn die GmbH neben dem Geschäftsbereich, an dem sich der Stille beteiligt hat, einen anderen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordnetem Umfang hat118. Kommt es – wie im Regelfall – zur Einordnung der Geschäftsführervergütung als Sondervergütung, geht der ohne Bestehen der atypisch stillen Gesellschaft vorhandene Rechtsformvorteil der GmbH, die Geschäftsführervergütung als Betriebsausgabe abziehen zu können, durch die zusätzliche Beteiligung des GmbH-Gesellschafters als atypisch stiller Gesellschafter im Ergebnis verloren. Denn die bei der GmbH gebuchte Betriebsausgabe für das Geschäftsführergehalt ist korrespondierend in der Sonderbilanz des atypisch stillen Gesellschafters als Einnahme zu erfassen.

112 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 56 IV 3. 113 Vgl. BFH v. 30.8.2007 – IV R 14/06, BStBl. II 2007, 942 = GmbHR 2007, 1227 = FR 2008, 226. 114 BFH v. 23.4.1996 – VIII R 53/94, BStBl. II 1996, 515 = FR 1996, 631 = GmbHR 1996, 787. 115 BFH v. 24.6.2009 – IV R 94/06, BFH/NV 2009, 1877 = GmbHR 2009, 1166. 116 BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BFHE 187, 250 = BStBl. II 1999, 286 unter I. 2.b) = GmbHR 1999, 193. 117 BFH v. 12.9.2005 – VIII B 54/05, BFH/NV 2006, 277; BFH v. 15.12.1998 – VIII R 62/97, BFH/NV 1999, 458 = GmbHR 1999, 422 (424); bestätigt in BFH v. 31.8.1999 – VIII R 22/98, BFH/NV 2000, 420 unter II. 2. = GmbHR 2000, 292. 118 Die Rspr. des BFH zur Behandlung des GmbH-Anteils des Stillen als Sonderbetriebsvermögen II lässt insoweit zweifeln, vgl. BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286 = FR 1999, 262 = GmbHR 1999, 193. Anders hingegen BFH v. 15.10.1975 – I R 16/ 73, BStBl. II 1976, 188 zur Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG, die noch einen bedeutenden eigenständigen Geschäftskreis als Holding unterhielt.

Levedag | 689

22.53

§ 22 Rz. 22.54 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

cc) Behandlung von Pensionszusagen auf Ebene der GmbH in der GmbH & atypisch Still

22.54 Für eine Pensionszusage an einen GmbH-Geschäftsführer/Kommanditisten, die von der Komplementär-GmbH im Rahmen der GmbH & Co KG erteilt wird, ist in der Ansparphase zunächst auf der Ebene der Komplementär-GmbH eine Rückstellung gemäß § 6a EStG zu bilden. Der Aufwand aus der Bildung der Pensionsrückstellung darf bei der Komplementär-GmbH jedoch nicht bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung berücksichtigt werden, sondern wird dieser im Ergebnis nur über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung als Sonderbetriebsausgabe bei der KG zugerechnet. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz (§ 5 Abs. 1 EStG) ist für die Steuerbilanz der Komplementär-GmbH aufgrund der Bilanzierungskonkurrenz zur Gewinnermittlung auf Ebene der GmbH & Co. KG durchbrochen. Die GmbH bildet die Rückstellung nur in der Handelsbilanz, nicht aber in ihrer Steuerbilanz. Die Rückstellung ist in der Sonderbilanz der Komplementär-GmbH bei der KG auf der Passivseite zu erfassen119. Durch die von der Komplementär-GmbH gewährte Pensionszusage wird auch die Gesamthandsbilanz der GmbH & Co. KG nicht berührt120. Es ist ferner die jährliche gewinnmindernde Erhöhung der Rückstellung korrespondierend als Sonderbetriebseinnahme nur des pensionsberechtigten Kommanditisten (Aktivierung der Pensionsanwartschaft in der Sonderbilanz) zu erfassen121, wenn aufgrund der Mitunternehmerstellung des Gesellschafter-Geschäftsführers auch dessen sonstige Geschäftsführerbezüge als Sondervergütung anzusehen sind (siehe Rz. 22.43). Die Finanzverwaltung hat sich der Entscheidung des BFH, ein Aktivposten sei nur in der Sonderbilanz des Pensionsberechtigten und nicht quotal in der Sonderbilanz jedes Mitunternehmers zu bilden, im BMF-Schreiben vom 29.1.2008122 angeschlossen und dort weitreichende Übergangsregelungen vorgesehen. 22.55 Bei der Auszahlung der Pensionszusage fallen auf Ebene der KG Betriebsausgaben i. H. der Versorgungsleistung und eine Sonderbetriebseinnahme aus der ratierlichen Auflösung der Rückstellung in der Sonderbilanz der Komplementär-GmbH an. Beim Berechtigten sind die Pensionsleistungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als Sonderbetriebseinnahmen zu erfassen. Aufgrund der korrespondierenden Bilanzierung ist in der Sonderbilanz des Berechtigten zugleich die Anwartschaft unter Ansatz einer Sonderbetriebsausgabe aufzulösen123. Für den Berechtigten verläuft die Auszahlungsphase daher im Ergebnis steuerneutral. 22.56 Diese Grundsätze gelten entsprechend bei der GmbH & atypisch Still. Der bei der GmbH auf der Passivseite gewinnmindernden ratierlich sich erhöhenden Pensionsrückstellung, die der GmbH & atypisch Still zuzurechnen ist (siehe Rz. 22.51), steht 119 Vgl. dazu Hottmann/Fanck/Lahme, Besteuerung der Gesellschaften, 12. Aufl. 2013, Fall 55, S. 422, (427, 429). 120 So auch Tz. 12 des BMF-Schreibens v. 29.1.2008, BStBl. I 2008, 317. 121 BFH v. 14.2.2006 – VIII R 40/03, BStBl. II 2008, 182 = FR 2006, 541 = GmbHR 2006, 605; zur Vertiefung siehe Levedag in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 57 Rz. 212 ff. 122 BStBl. I 2008, 317. 123 Vgl. Tz. 5, 7 13, 14 des BMF-Schreibens v. 29.1.2008, BStBl. I 2008, 317.

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Einkommensteuer | Rz. 22.57 § 22

in der Ansparphase eine korrespondierend sich erhöhende Anwartschaft des pensionsberechtigten atypisch stillen Gesellschafters gegenüber, die unter Ansatz von Sonderbetriebseinnahmen in dessen Sonderbilanz jährlich aufzustocken und zu aktivieren ist124. Auch hier geht der ansonsten bestehende Rechtsformvorteil einer GmbH durch die Begründung der atypisch stillen Beteiligung weitgehend verloren: Der Pensionsberechtigte versteuert durch den gewinnerhöhenden Aufbau der Anwartschaft in der Sonderbilanz die später auszuzahlenden Versorgungsleistungen als Sonderbetriebseinnahmen schon in der Anspar- und nicht erst in der Auszahlungsphase; bei fehlender Vereinbarung einer Hinterbliebenenversorgung und Versterben vor dem Versorgungseintritt besteht zudem das Risiko, im Todesjahr einen Verlust in der Sonderbilanz zu realisieren, der nach dem Beschluss des GrS vom 17.12.2007 zu § 10d EStG auch nicht mehr vom Erben genutzt werden kann125. Auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft wirkt sich der Betriebsausgabenabzug aus der Rückstellungsbildung in der Gesamtsteuerbilanz damit im Ergebnis nicht aus. g) Finanzierungsaufwendungen des stillen Gesellschafters und Zinsschranke nach § 4h EStG Im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008126 wurde die Abzugsmöglichkeit der an Dritte gezahlten Fremdfinanzierungsaufwendungen nach § 4h EStG eingeschränkt127. Der BFH hat mit Beschluss vom 14.10.2015 dem BVerfG vorgelegt128. Diese Beschränkung gilt auch für Personengesellschaften129. An dieser Stelle werden nur die Auswirkungen der Zinsschranke für „konzernierte“ atypisch stille Mitunternehmerschaften dargestellt, für die Anwendung der Zinsschranke in der GmbH & atypisch Still (§ 8a Abs. 2, 3 KStG i.V.m. § 4h Abs. 2 Satz 2 EStG) wird auf § 23 verwiesen. Im Gegensatz zu § 4 Abs. 4a EStG ist es bei der Abzugsbeschränkung nach § 4h EStG irrelevant, ob Überentnahmen getätigt wurden oder ob ein Gewinn vorliegt.

124 Hottmann, Besteuerung der GmbH, Kap. O, Rz. 51, dort auch zur Behandlung des Teils einer Pensionsrückstellung, der vor Begründung der atypisch stillen Beteiligung gebildet wurde. 125 BFH v. 30.3.2006 – IV R 25/04, BStBl. II 2008, 171: Besteht ein Verlustabzug im Todeszeitpunkt, kann der Verlust des Erblassers nicht mehr auf die Erben übergehen, also auch dann nicht, wenn die aufwandswirksame Ausbuchung der Pensionsanwartschaft in der Sonderbilanz im Todesjahr zu einem Verlustabzug führt. 126 Durch das UntStRG 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 127 Ausführlich zur Einführung der Zinsschranke nach § 4h EStG Rödder/Stangl, DB 2007, 479; Kessler/Köhler/Knörzer, IStR 2007, 418; Dörfler, BB 2007, 1084; Töben, BB 2007, 974; Köhler, DStR 2007, 597; Hallerbach, StuB 2007, 289 sowie zu aktuellen Fragen bei der Personengesellschaft Zimmermann u.a., Personengesellschaften im Steuerrecht, B Rz. 270 ff. Zur Ansicht der Verwaltung siehe BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/ 10001, 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718, sowie dazu Fischer/Wagner, BB 2008, 1872. 128 BFH v. 14.10.2015 – I R 20/15, GmbHR 2016, 300 (Az. des BVerfG 2 BvL 1/16). Siehe zuvor BFH v. 18.12.2013 – I B 85/13, BFHE 244, 320 = BStBl. II 2014, 947 = GmbHR 2014, 542 m. Anm. Wiese. 129 Siehe Prinz, FR 2010, 736 (739).

Levedag | 691

22.57

§ 22 Rz. 22.58 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

22.58 Erstmals in Wirtschaftsjahren, die nach dem 25.5.2007 beginnen und nicht vor dem 1.1.2008 enden, sind bei konzernierten Personengesellschaften (§ 52 Abs. 12d Satz 1 EStG)130, also auch bei konzernierten atypischen stillen Gesellschaften, Schuldzinsen nur i.H. des Zinsertrages desselben Wirtschaftsjahres vollständig abziehbar. Für die Zinsaufwendungen, die die Zinserträge übersteigen, greift das Betriebsausgabenabzugsverbot des § 4h EStG. Es erfasst Zinsaufwendungen aus Gesellschafterdarlehen und allen anderen Fremdfinanzierungen (auch Zinszahlungen an unbeteiligte Dritte), wenn in einem „Betrieb“ ein negativer Zinssaldo (Nettozinsaufwendungen) vorliegt (Zinsaufwand > Zinseinnahmen des Wirtschaftsjahres), dieser 30 % des verrechenbaren EBITDA der Gesellschaft übersteigt und keine Befreiung vom Abzugsverbot eingreift. Das verrechenbare EBITDA des konkreten Veranlagungszeitraums kann um einen EBITDA-Vortrag aus einem früheren Jahr erhöht werden, wenn ein solcher gesondert festgestellt worden ist (§ 4h Abs. 1 Satz 3 und 4 sowie Abs. 4 Satz 1 EStG). Es gilt allerdings eine Freigrenze i.H. von 3 Mio. Euro, d.h. die Rechtsfolgen der Zinsschranke werden nicht ausgelöst, wenn die Nettozinsaufwendungen diesen Betrag nicht überschreiten131. Die Abzugsbeschränkung greift zudem nur, wenn die Eigenkapitalquote der konzernangehörigen Personengesellschaft unter der Eigenkapitalquote im Konzern liegt und eine weitere Toleranzgrenze von 2 % überschritten wird. Nicht abziehbare Zinsen sind als Zinsvortrag gesondert festzustellen und bei positivem Zinssaldo in den Folgejahren abziehbar, § 4h Abs. 4 EStG. 22.59 Eine atypisch stille Gesellschaft ist Subjekt der Gewinnerzielung und Gewinnermittlung und damit ein Betrieb i.S. des § 4h EStG132. Zum „Betrieb“ einer Mitunternehmerschaft gehört für Zwecke der Zinsschranke nicht nur das Gesamthandsvermögen (einschließlich der Korrekturen aus einer Ergänzungsbilanz), sondern auch das Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers133. Bei der atypischen stillen Gesellschaft kann die Abzugsbeschränkung insbesondere bezüglich der Sonderbetriebsausgaben des stillen Gesellschafters zur Finanzierung seiner Beteiligung relevant werden. Es kann durch diese Aufwendungen zusammen mit den sonstigen Aufwendungen ein negativer Zinssaldo ausgelöst werden und bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen dazu kommen, dass die Zinsaufwendungen der atypisch stillen Gesellschaft dem Betriebsausgabenabzugsverbot unterliegen und nur im Rahmen des Zinsvortrags berücksichtigungsfähig sind. Zunächst beabsichtigte das BMF in einem Entwurfsschreiben zur Zinsschranke die Rechtsfolgen etwas zu entschärfen, indem der 130 Es gilt ein gegenüber dem Handelsrecht stark erweiterter Konzernbegriff, siehe dazu Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636. 131 Die Freigrenze wurde aufgrund der Finanzkrise durch das Bürgerentlastungsgesetz v. 16.7.2009 (BGBl. I 2009, 1959) von ursprünglich 1 Mio. Euro auf 3 Mio. Euro erhöht. Dies gilt nach § 52 Abs. 12d Satz 3 EStG erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 25.5.2007 beginnen und nicht vor dem 1.1.2008 enden, und letztmals für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1.1.2010 enden. Für darauf folgende Wirtschaftsjahre beträgt die Freigrenze dann wieder 1 Mio. Euro. 132 Hick in HHR, EStG/KStG, § 4h EStG Rz. 25; Breuninger, JbFStR 2010/2011, S. 333 (352); Kraft/Mayer-Theobald, DB 2008, 2325 (2326); Suchanek, Ubg 2010, 186 (187 f.). 133 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718, Tz. 6.

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Einkommensteuer | Rz. 22.62 § 22

nicht abzugsfähige Zinsaufwand in der Sonderbilanz ausschließlich dem Verursacher belastet werden und bei Anteilsübertragungen der Zinsvortrag quotal nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel des ausscheidenden Gesellschafters verfallen sollte. Seit dem Anwendungsschreiben zu § 4h EStG vom 4.7.2008 vertritt das BMF, dass die Gewinnerhöhung bzw. der nichtabzugsfähige Zinsaufwand nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf alle Gesellschafter zu verteilen ist (Tz. 39) und ein Zinsvortrag der Gesellschaft bei Ausscheiden eines Mitunternehmers quotal untergeht, d.h. entstehen nicht abziehbare Zinsaufwendungen, sollen sie nach Vorstellung der Finanzverwaltung auch bei der Verursachung im Sonderbetriebsvermögensbereich nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel im Gesamthandsbereich zugerechnet werden134. Dies macht gesellschaftsvertragliche Gestaltungen des Ausgleichs im Innenverhältnis der Gesellschafter notwendig135. Bei typisch stillen Beteiligungen sind die an den typisch still Beteiligten auszuzahlenden Gewinnanteile ebenfalls wie Zinsaufwendungen in die Berechnung der Nettozinsaufwendungen einzubeziehen136.

22.60

Die Freigrenze des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG ist betriebsbezogen137. Sie kann nur einmal pro Betrieb und damit auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft nur einmal genutzt werden. Um „einen“ Betrieb handelt es sich dabei auch noch, wenn mehrere atypische stille Gesellschafter am Handelsgewerbe des Inhabers beteiligt sind. Durch partielle Unternehmensbeteiligungen, also Beteiligungen an verschiedenen Teilbereichen des Handelsgewerbes, lassen sich jedoch auch hier, wie im Gewerbesteuerrecht, mehrere Betriebe bilden, so dass der Freibetrag u.E. für jeden dieser Betriebe in Anspruch genommen werden kann138.

22.61

Die Zinsschranke findet zudem nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG keine Anwendung, wenn der Betrieb nicht zu einem Konzern i.S. des § 4h Abs. 3 Satz 5 und 6 EStG gehört139. Bei der atypisch stillen Gesellschaft bereitet die Feststellung der Konzernzugehörigkeit Schwierigkeiten140. Insbesondere bei Anwendung von internationalen

22.62

134 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718; Prinz, FR 2010, 736 (739). 135 Vgl. Rodewald/Pohl, DStR 2008, 724 (727); Prinz, FR 2010, 736 (740); siehe auch Middendorf/Stegemann, INF 2007, 305 (307); van Lishaut/Schuhmacher/Heinemann, DStR 2008, 2341 (2343); Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 265a. Von einer betriebsbezogenen Ermittlung und Verteilung nach den Beteiligungsquoten der Gesellschafter geht auch die Finanzverwaltung aus, BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001, 2008/ 0336202, BStBl. I 2008, 718, Tz. 51 ff. 136 Brinkmann, StBp 2011, 213 (215) m.w.N. 137 Kraft/Mayer-Theobald, DB 2008, 2325 (2326); BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/ 10001, 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718, Tz. 56. 138 So auch Kraft/Mayer-Theobald, DB 2008, 2325 (2326); Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 265a. 139 Es gilt ein gegenüber dem Handelsrecht stark erweiterter Konzernbegriff, siehe dazu Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636. Zum sog. Privatkonzern siehe BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001, 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718, Tz. 59. 140 Siehe dazu ausführlich Kraft/Mayer-Theobald, DB 2008, 2325 (2326 ff.).

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§ 22 Rz. 22.62 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Rechnungslegungsstandards (z.B. IFRS) ist die atypische stille Gesellschaft als besonderes „Kreditverhältnis“ nicht Teil eines Konsolidierungskreises und so nicht konzernfähig. Der steuerliche Konzernbegriff ist jedoch mit diesem Begriffsverständnis nicht deckungsgleich. Ein Konzern i.S. des § 4h EStG liegt nicht nur vor, wenn der Betrieb mit anderen Betrieben konsolidiert wird, sondern auch gemäß § 4h Abs. 3 Satz 5 und 6 EStG, wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren Betrieben vom Träger des Konzerns einheitlich bestimmt werden kann.

22.63 M.E. kann man hinsichtlich dieser zweiten Alternative des sog. erweiterten Konzernbegriffs von folgenden Grundannahmen ausgehen: – So wie bei der GmbH & Co. KG führt eine atypisch stille Beteiligung an einem Handelsgewerbe im Regelfall nicht zu einem Konzern, da insofern nur ein Betrieb i.S. der Zinsschranke vorliegt. Im Rahmen einer typischen GmbH & Co. KG ist regelmäßig zu prüfen, ob ein sog. Privatkonzern zum beherrschenden Gesellschafter nach dem erweiterten Konzernbegriff besteht, wenn ein Gesellschafter oder eine Personengruppe sowohl die Komplementär-GmbH als auch die KG beherrschen. Tz. 66 des BMF-Schreibens vom 4.7.2008 verneint dies und sieht bei GmbH & Co. KGs die KG und die als Komplementärin allein haftende GmbH als einen Betrieb i.S. der Zinsschranke an, wenn sich die Tätigkeit der GmbH neben ihrer Vertretungsbefugnis in der Übernahme der Haftung und Geschäftsführung für die KG erschöpft und weder die KG noch die als Komplementärin allein haftende GmbH anderweitig zu einem Konzern gehören141. Diese Wertung kann auf atypisch stille Beteiligungen an einer Personengesellschaft übertragen werden142, d.h. auch bei einer Beteiligung des beherrschenden Gesellschafters der GmbH als atypisch stiller Mitunternehmer an der GmbH liegt nur ein Betrieb i.S. der Zinsschranke und keine Beherrschung zweier Betriebe (der GmbH und der atypisch stillen Gesellschaft) durch den Konzernträger vor. – Im Regelfall ist die atypische stille Gesellschaft dem Konzern des Inhabers des Handelsgeschäfts zuzuordnen. Nur ausnahmsweise, bei Bestehen entsprechender Mitwirkungs- und Teilhaberechte des stillen Beteiligten hinsichtlich des Handelsgeschäfts des Inhabers, ist die stille Gesellschaft dem Konzern des stillen Gesellschafters zuzurechnen143. Folgerichtig wäre dann im Normalfall, beim Vergleich der Eigenkapitalquoten das Sonderbetriebsvermögen des stillen Gesellschafters 141 So für die GmbH & Co. KG BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001, 2008/ 0336202, BStBl. I 2008, 718, Tz. 66. 142 Nach BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253 = GmbHR 2014, 890 führt die atypisch stille Beteiligung eines Kommanditisten an der eigenen Personengesellschaft zu einer doppelstöckigen Personengesellschaft (siehe Rz. 22.98). Im Fall doppelstöckiger PersGes. handelt es sich sowohl bei der Untergesellschaft als auch bei der Obergesellschaft um jeweils eigenständige Betriebe i.S. des § 4h EStG, vgl. Hick in HHR, EStG/KStG, § 4h EStG Rz. 25. Nach BMF v. 4.7.2008 (BStBl. I 2008, 718, Tz. 42) will die FinVerw. Kaskadeneffekte aus der Erhöhung des maßgeblichen Gewinns und damit des Zinsabzugsvolumens in einer Kette von Mitunternehmerschaften nicht akzeptieren. 143 Dies entspricht der Behandlung bei Außenpersonengesellschaften. Kritisch dazu Kraft/ Mayer-Theobald, DB 2008, 2325 (2327 f.).

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Einkommensteuer | Rz. 22.67 § 22

nicht zu berücksichtigen, weil dieses nicht zum Konzernvermögen gehört144, vgl. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 7 EStG. Angesichts der relativ hohen Freigrenze dürfte die Zinsschranke für einen großen Teil der stillen Gesellschaften nicht zur Anwendung kommen. Wird die Freigrenze überschritten, greift die Zinsschranke stets ungemindert ein.

22.64

h) Verlustanteile des atypisch stillen Gesellschafters Auch die Verlustanteile des atypisch stillen Gesellschafters fallen unter § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und stellen somit negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar. Da die atypisch stille Gesellschaft eine Mitunternehmerschaft ist, sind die Verlustanteile, insbesondere auch aus der Beteiligung an einer GmbH & Still, einkommensteuerlich bei den Gesellschaftern zu erfassen145 und mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechenbar. Es besteht daher grundsätzlich die Möglichkeit, durch eine GmbH & atypisch Still Verluste die im Geschäftsbetrieb der GmbH entstanden sind, auf die Ebene der GmbH-Gesellschafter zu verlagern, wenn diese sich zugleich atypisch still an der GmbH beteiligen. Allerdings existieren in diesem Kontext die nachfolgend dargestellten Verlustabzugsbeschränkungen146.

22.65

aa) Die Regelungen der § 10d EStG, § 15b EStG Im Rahmen des periodenübergreifenden bzw. intertemporalen Verlustausgleichs nach § 10d Abs. 1 EStG ist ein Verlustrücktrag lediglich bis zu 1 Mio. Euro (bei Zusammenveranlagung 2 Mio. Euro) auf den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum möglich. Darüber hinaus kann nach § 10d EStG ein zeitlich unbegrenzter Verlustvortrag vorgenommen werden. Vorgetragene Verluste sind seit 2004 unabhängig von der Einkunftsart in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis zu 1 Mio. Euro (bei Zusammenveranlagung 2 Mio. Euro) unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 % des 1 Mio. Euro/2 Mio. Euro übersteigenden Betrages sofort abzugsfähig.

22.66

Eine Verlustabzugsbeschränkung kann die Regelung in § 15b EStG bewirken147, wonach Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen nicht mit Einkünften aus Gewerbebetrieb oder mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen und auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden, sondern nur innerhalb eines be-

22.67

144 Siehe Kraft/Mayer-Theobald, DB 2008, 2325 (2328). 145 Dies führt bei der GmbH & atypisch Still zu einem Ertrag, da der Verlust nicht von der GmbH zu tragen ist, sondern mit der Einlage des Stillen zu verrechnen ist, siehe Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19488). 146 Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19484; 19488 f.). 147 § 15b EStG wurde durch das Verlustbeschränkungsgesetz v. 23.12.2005 rückwirkend zum 10.11.2005 unter Aufhebung des § 2b EStG a.F. eingefügt. Gemäß § 2b EStG a.F. konnten negative Einkünfte aus Verlustbeteiligungsgesellschaften nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen und auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Zu § 2b EStG siehe die 6. Aufl., Rz. 22.44.

Levedag | 695

§ 22 Rz. 22.67 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

sonderen Verlustverrechnungskreislaufs mit Erträgen aus Steuerstundungsmodellen verrechnet werden dürfen148. bb) Beschränkung des Verlustabzugs bei stillen Gesellschaften an Kapitalgesellschaften nach § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG

22.68 Durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz (StVergAbG)149 wurde die Berücksichtigung von Verlusten speziell bei der stillen Gesellschaft eingeschränkt. § 15 Abs. 4 EStG wurde um folgenden Satz 6 ergänzt: „Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte eine Kapitalgesellschaft ist und als Mitunternehmer anzusehen ist, sind unter den Voraussetzungen des § 10d nur mit Gewinnen, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus derselben Unterbeteiligung oder Innengesellschaft bezieht, verrechenbar.“ Diese Regelung wird wegen ihres persönlichen Anwendungsbereichs nur für Kapitalgesellschaften in § 23 dargestellt (siehe Rz. 23.79 ). cc) Beschränkung des Verlustausgleichs nach § 15a EStG

22.69 Die praxisrelevanteste Verlustverrechnungsbeschränkung für natürliche Personen, die an einer atypisch stillen Gesellschaft beteiligt sind, ergibt sich aus § 15a EStG. Nach § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG ist § 15a auf die Mitunternehmer der atypisch stillen Gesellschaft anzuwenden, wenn deren Haftung mit der eines Kommanditisten vergleichbar ist. 22.70 Exkurs: Für Kommanditisten gibt das HGB verbindlich vor, dass zwei Formen von Kapitalkonten zu führen sind, da nachzuvollziehen sein muss, inwieweit ein Kommanditist die im Handelsregister eingetragene Haftsumme erbracht hat und damit von seiner Haftung im Außenverhältnis befreit wird (§ 171 Abs. 1 HGB), die Haftsumme durch Entnahmen unerlaubt zurückerhält (§ 169 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Alt. 2 HGB i.V.m. § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB) oder thesaurierte Gewinnanteile entnimmt, die ihm zustehen. Auf dem Kapitalkonto I sind die Einlagen und die Gewinn- und Verlustanteile bis zur Erbringung der Einlage zu verbuchen (§ 167 Abs. 2 HGB). Auf dem Kapitalkonto II sind gemäß § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB alle weiteren Gewinnanteile nach Erbringung der gesellschaftsvertraglichen Pflichteinlage zu verbuchen. Im Verlustfall werden nach § 167 Abs. 1 HGB die Verlustanteile ausschließlich mit dem Kapitalkonto I belastet und nicht mit einem Guthaben auf dem Kapitalkonto II (aus überobligatorischen Einlagen oder stehen gelassenen Gewinnen oder Vergütungen) verrechnet, da den Kommanditisten kraft Gesetzes keine Nachschusspflicht trifft. Entsteht ein negatives Kapitalkonto I und hat der Kommanditist die Haftsumme erbracht, führt dies nach § 167 Abs. 3 HGB zu einer Entnahmesperre für zukünftige Gewinne, da das ne-

148 Zu § 15b EStG siehe etwa Beck, DStR 2006, 61. Zu beachten ist außerdem das BMFSchreiben v. 17.7.2007 – IV B 2 - S 2241-b/07/0001, DStR 2007, 1347. 149 In Kraft getreten am 21.5.2003.

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Einkommensteuer | Rz. 22.72 § 22

gative Kapitalkonto I vor weiteren Entnahmen zunächst wieder bis zur Höhe der vertraglich geschuldeten Einlage aufzufüllen ist. Ein Kommanditist haftet demnach bei geleisteter Haftsumme (keine Außenhaftung) und einem negativen Kapitalkonto für Verluste der Gesellschaft nicht mit thesaurierten Altgewinnen und wird auch durch weitere Verlustzuweisungen nicht nachschusspflichtig. Er haftet nur mit künftigen Gewinnen, die dem negativen Kapitalkonto solange gutzuschreiben sind und nicht entnommen werden dürfen, bis es ausgeglichen ist. Demnach lässt § 15a EStG nach dem Grundprinzip der Regelung ab dem Zeitpunkt, ab dem ein negatives Kapitalkonto vorhanden ist, zwar die Zuweisung, nicht aber die Verrechnung weiterer Verluste mit anderen positiven Einkünften an den Kommanditisten zu, da diese Verlustzuweisungen den Kommanditisten nicht wirtschaftlich belasten. Eine Verrechnung dieser zunächst nur verrechenbaren Verluste findet erst mit künftigen Gewinnen statt (§ 15a Abs. 2 EStG). Exkurs Ende Die Regelung gilt gemäß § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG150 unmittelbar für einen atypisch stillen Gesellschafter, wenn die Haftung des atypisch stillen Gesellschafters der eines Kommanditisten vergleichbar ist151. Die Anwendung der Regelung kommt in Betracht, wenn dem Kapitalkonto des stillen Gesellschafters Verlustanteile auch dann noch zu belasten sind, wenn es negativ wird. Muss der atypisch stille Gesellschafter gemäß § 232 Abs. 2 Satz 2 HGB zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos spätere Gewinnanteile zur Deckung dieser Verluste zur Verfügung stellen (siehe dazu Rz. 7.78, 8.40, 8.110 f.) entspricht seine Rechtsstellung der eines Kommanditisten (siehe Rz. 22.70) und ist § 15a EStG anwendbar152. Nach der Rechtsprechung des BFH wird § 15a EStG selbst dann auf den atypisch stillen Gesellschafter angewendet, wenn dieser im Innenverhältnis unbeschränkt haftet, sich also verpflichtet hat, entstehende Verluste durch weitere Einlagen (Nachschusspflicht) abzudecken, obwohl er dann eher einem unbeschränkt haftenden Gesellschafter vergleichbar ist153.

22.71

Die Anwendbarkeit des § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG kann auch nicht dadurch verhindert werden, dass der Stille im Außenverhältnis einzelne Verpflichtungen übernimmt, beispielsweise zusammen mit dem Geschäftsinhaber einen Darlehensvertrag eingeht154 oder für Geschäftsschulden des Inhabers bürgt155. Erfüllt der atypisch stille Gesellschafter eine Verpflichtung des Geschäftsinhabers gegenüber dessen Gläubiger, kann hierin somit nur eine Einlage in die atypisch stille Gesellschaft gesehen werden,

22.72

150 Zur Kritik am Wortlaut dieses Absatzes vgl. Meßmer, BB 1981 Beilage 1, 1 (13 f.); Knobbe-Keuk, StuW 1981, 97 (102). 151 Zur entsprechenden Anwendung des § 15a EStG bei der typisch stillen Beteiligung (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) siehe unter Rz. 22.239 ff. 152 BFH v. 23.7.2002 – VIII R 36/01, BStBl. II 2002, 858; Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rz. 198; Brinkmann, StBP 2011, 242 (247); Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19484). 153 BFH v. 10.7.2001 – VIII R 45/98, BFHE 196, 103 = DStR 2001, 1598 (1600) m. Anm. Gschwendtner (HG); BFH v. 14.12.1995 – IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226 = GmbHR 1996, 469 (471); ebenso Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rz. 198. A.A. Heinz in FS für BA Villingen-Schwenningen, S. 60 f., Brinkmann, StBP 2011, 242 (248). 154 BFH v. 5.2.2002 – VIII R 31/01, DStR 2002, 1085 = FR 2002, 770 (772 ff.). 155 BFH v. 11.3.2003 – VIII R 33/01, GmbHR 2003, 1023 = FR 2003, 911 (912).

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§ 22 Rz. 22.72 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

die das Kapitalkonto des Stillen erhöht. Im Einlagejahr ist stets der Ausgleich der in diesem Jahr entstandenen und zugewiesenen Verluste bis zur Höhe der getätigten Einlage möglich, da sich im Umfang der Einlage weder ein negatives Kapitalkonto bilden, noch ein vorhandenes negatives Kapitalkonto erhöhen kann156.

22.73 § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG verbietet im Verlustentstehungsjahr die Verrechnung von Verlusten der Mitunternehmer in der atypisch stillen Gesellschaft mit positiven Einkünften aus anderen Einkünften, soweit durch die Verlustzuweisung ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Nicht verrechenbare Verluste werden gesondert festgestellt und mit Gewinnen künftiger Jahre verrechnet (§§ 15a Abs. 2 und 4 EStG). 22.74 Für die Ermittlung, ob sich im jeweiligen Verlustentstehungsjahr ein negatives Kapitalkonto bildet oder erhöht, wird nur auf das Kapitalkonto im Gesamthandsbereich und die Auswirkungen der Ergänzungsbilanzen geschaut. Die Sonderbilanzen bleiben außer Betracht, so dass weder das aktive noch das passive Sonderbetriebsvermögen für die Prüfung des Verlustausgleichsvolumens zu berücksichtigen ist157. 22.75 Die Nichtberücksichtigung des Sonderbetriebsvermögens mag zwar dem Willen des historischen Gesetzgebers158 nicht entsprechen. Nach dem Zweck des § 15a EStG sollen aber Verlustanteile des Mitunternehmers nur abzugsfähig sein, als sie von ihm wirtschaftlich getragen werden. Wenn Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens in das Verlustausgleichvolumen des § 15a EStG einbezogen würden, führte dies zu einer Aufhebung der vom Gesetzgeber beabsichtigten Kongruenz zwischen gesellschaftsrechtlicher Haftung und steuerrechtlichem Verlustausgleich; denn der Kommanditist haftet mit seinem positiven Sonderbetriebsvermögen nicht für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Umgekehrt würde die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten des Sonderbetriebsvermögens zu einer Erhöhung des negativen Kapitalkontos führen, dem Verlustabzug entgegenstehen und bewirken, dass eine tatsächlich vom Mitunternehmer getragene wirtschaftliche Belastung entgegen der Zielsetzung des § 15a EStG unberücksichtigt bliebe. 22.76 Für die Ermittlung, ob sich ein negatives Kapitalkonto gebildet oder erhöht hat, ist aber nicht nur zwischen den Kapitalkonten im Gesamthandsvermögen und dem Kapital in Ergänzungsbilanzen und dem in Sonderbilanzen abzugrenzen. Innerhalb des Gesamthandsbereichs ist bei Mehrkontenmodellen für Zwecke des § 15a EStG zwischen Kapitalkonten mit Eigenkapitalcharakter und mit schuldrechtlichem Charakter zu unterscheiden, da letztere Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter und korrespondierend Forderungen des Gesellschafters im Sonder-

156 BFH v. 5.2.2002 – VIII R 31/01, DStR 2002, 1085 = FR 2002, 770 (774). Vgl. auch BFH v. 14.12.1995 – IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226 = GmbHR 1996, 469 (474). 157 BFH v. 14.5.1991 – VIII R 31/88, BStBl. II 1992, 167 = GmbHR 1991, 541. Inzwischen ständige Rspr. vgl. BFH v. 13.10.1998 – VIII R 78/97, DStR 1999, 16 (17) m.w.N. = GmbHR 1999, 199; ebenso Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 96. 158 Vgl. die amtliche Begründung, BT-Drucks. 8/3648, 16.

698 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.78 § 22

betriebsvermögen bilden159. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist an die gesellschaftsvertragliche Ausgestaltung der Gesellschafterkonten bei der Personengesellschaft anzuknüpfen und zu prüfen, ob die verbuchten Zu- und Abgänge auf diesen Konten gesellschafts- oder schuldrechtlicher Natur sind. Die Bezeichnung der Konten im Gesellschaftsvertrag ist nicht verbindlich für die steuerliche Klassifizierung. Der BFH geht steuerlich für die Abgrenzung der Kapitalkonten zwischen (schuldrechtlichen) Forderungs- oder Schuldkonten und Konten mit Eigenkapitalcharakter der Gesellschafter von einem Kapitalkonto aus, wenn auf dem Konto Verlustanteile des Gesellschafters verbucht werden, da die Verlustbelastung eines schuldrechtlichen Darlehenskontos mit dem Begriff des Darlehens nicht vereinbar ist (siehe auch Rz. 5.23)160. Bei einem Verrechnungskonto ist aber auch dann von einem Kapitalkonto auszugehen, wenn ein positiver Saldo auf dem Verlustvortragskonto erst im Fall des Ausscheidens des Gesellschafters oder der Liquidation der Gesellschaft in die Ermittlung des Abfindungsguthabens des Gesellschafters eingeht und hierbei mit einem Verlustvortragskonto saldiert wird161. Der BFH hatte in früheren Entscheidungen mehrfach geäußert, es spreche für die steuerliche Qualifizierung eines variablen Kapitalkontos, wenn darauf Einlagen und Entnahmen verbucht würden, und er betrachtete auch Entnahmebeschränkungen für den Zugriff des Gesellschafters in der Vergangenheit als Indiz für ein Kapitalkonto mit Eigenkapitalcharakter162. Diese Kriterien sind jedoch nach der jüngeren Rechtsprechung163 deutlich niedriger zu gewichten als das Kriterium der Verlusttragung.

22.77

Guthaben auf den schuldrechtlichen Konten der Gesellschafter sind dadurch gekennzeichnet, dass sie entnahmefähig sind, da es sich um Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft handelt, die im SBV des Gesellschafter und daneben als Verbindlichkeit im Gesamthandsvermögen auszuweisen sind (Prinzip der korrespondierenden Bilanzierung). Guthaben auf schuldrechtlichen Gesellschafterkonten erhöhen das Verlustausgleichsvolumen gemäß § 15a EStG nicht, denn das Sonderbetriebsvermögen ist bei der Prüfung, ob ein negatives Kapitalkonto gebildet wird oder sich erhöht, nicht zu berücksichtigen (Rz. 22.74). Zur Behandlung „aktivischer Gesellschaf-

22.78

159 Zur stillen Gesellschaft siehe BFH v. 28.1.2014 – VIII R 5/11, BFH/NV 2014, 1193; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 96. Vgl. allgemein zu Mehrkontenmodellen BFH v. 4.5.2000 – IV R 16/99, BStBl. II 2001, 171 ff.; BFH v. 27.6.1996 – IV R 80/95, BStBl. II 1997, 36 ff.; Carlé/Bauschatz, FR 2002, 1153 (1161); Ley, KÖSDI 2002, S. 13 459 (13 462). 160 Vgl. Ley, DStR 2009, 613 (614); Ley, KÖSDI 2009, 16678 (16679 ff.); Kahle, FR 2010, 773 ff.; Zimmermann u.a., Besteuerung der PersGes, Kap. B Rz. 15 ff. 161 BFH v. 15.5.2008 – IV R 46/05, BStBl. II 2008, 812 = GmbHR 2008, 998 = FR 2008, 1110; BFH v. 26.6.2007 – IV R 29/06, BStBl. II 2008, 103 = GmbHR 2008, 162. 162 BFH v. 3.2.1988 – I R 394/83, BStBl. II 1988, 551 = GmbHR 1988, 359; BFH v. 27.6.1996 – IV R 80/95, BStBl. II 1997, 36 = GmbHR 1997, 43 = FR 1997, 51; BFH v. 4.5.2000 – IV R 16/99, BStBl. II 2001, 171 = FR 2000, 1088 = GmbHR 2000, 1064; BFH v. 5.6.2002 – I R 81/00, BStBl. II 2004, 344 = FR 2002, 1055. 163 BFH v. 16.10.2008 – IV R 98/06, BStBl. II 2009, 272 = GmbHR 2009, 274 = FR 2009, 578; siehe auch BMF, BStBl. I 1997, 627.

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§ 22 Rz. 22.78 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

terkonten“ aufgrund von Überentnahmen der Gesellschafter wird auf die BFH-Rechtsprechung verwiesen164.

22.79 Übertragen auf die atypisch stille Gesellschaft ist bei einer differenzierten Ausgestaltung der Gesellschafterkonten in einem Mehrkontenmodell ebenfalls für jedes Gesellschafterkonto im Einzelnen zu ermitteln, ob es in die Berechnung des Verlustausgleichsvolumens nach § 15a EStG eingeht. 22.80 Einlagen, die der Gesellschafter nach der Gründung und über die Pflichteinlage hinaus leistet, wirken sich unterschiedlich auf das Verlustausgleichsvolumen im Verlustentstehungsjahr aus. Eine Einlage schafft innerhalb des Verlustentstehungsjahres stets ein höheres Verlustausgleichsvolumen (sog. zeitkongruente Einlage)165. Einlagen entfalten aber – entgegen einer zum Teil vertretenen Ansicht166 – erst dann Wirkung, wenn sie tatsächlich geleistet und nicht, wenn sie nur vereinbart werden167. Die rückwirkende Umwandlung verrechenbarer in ausgleichsfähige Verluste durch Einlagen in den auf das Verlustjahr folgenden Wirtschaftsjahren ist ausgeschlossen168. Der durch das JStG 2009169 eingefügte § 15 Abs. 1a EStG wirkt insofern nur deklaratorisch. 22.81 Der BFH hatte darüber hinaus für die Behandlung vorgezogener Einlagen seine sog. Korrekturposten-Rechtsprechung entwickelt170. Diese Problematik stellte sich, wenn ein Gesellschafter bei einem bestehenden negativen Kapitalkonto Einlagen leistete, die höher als die zugewiesenen Verlustanteile im Verlustentstehungsjahr, waren, aber das negative Kapitalkonto nicht ausglichen. Der Kommanditist konnte aufgrund der Einlage Verluste bis zur Höhe des Einlagebetrags ausgleichen, da insoweit die zugewiesenen Verluste das negative Kapitalkonto nicht erhöhten. Nach der Korrekturpostenrechtsprechung konnte der nicht verbrauchte Betrag der Einlage für die Ausgleichsfähigkeit nachfolgender Verluste genutzt werden, da er in einem Korrekturposten festzuhalten war und Verluste späterer Wirtschaftsjahre bis zum Verbrauch dieses Postens auch dann als ausgleichsfähig zu qualifizieren waren, wenn hierdurch erneut ein negatives Kapitalkonto entstand oder dieses sich erhöhte171. Begründet hatte der BFH diese Rechtsprechung mit der gebotenen Gleichbehandlung der „vorgezogenen“ mit 164 BFH v. 16.10.2008 – IV R 98/06, BStBl. II 2009, 272 = GmbHR 2009, 274 = FR 2009, 578; BFH v. 16.10.2014 – IV R 15/11, BStBl. II 2015, 267 = FR 2015, 274 = GmbHR 2015, 271; Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19489). 165 BFH v. 14.12.1995 – IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226 = GmbHR 1996, 469 (474). 166 Lempenau, StuW 1981, 240. 167 BFH v. 16.12.1997 – VIII R 76/93, GmbHR 1998, 551 (552); BFH v. 7.10.1997 – VIII R 22/94, BFH/NV 1998, 823 (824) = GmbHR 1998, 904; Lüdemann in HHR, EStG/KStG, § 15a EStG Anm. 87 m.w.N. 168 BFH v. 14.12.1995 – IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226 = GmbHR 1996, 469 (471 f.) sowie LS 1; BFH v. 11.11.1997 – VIII R 39/94, BFH/NV 1998, 1078 (1079). 169 JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794. 170 BFH v. 14.10.2003 – VIII R 32/01, BStBl. II 2004, 359 = FR 2004, 150 und BFH v. 13.9.2007 – IV B 63/07, BFH/NV 2008, 39. 171 BFH v. 26.6.2007 – IV R 28/06, FR 2007, 1115 = DStR 2007, 1620. Bisher ablehnend etwa FG Köln v. 27.6.2001 – 5 K 6631/00, DStRE 2002, 85.

700 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.84 § 22

der „zeitkongruenten“ Einlage und weiter argumentiert, dass andernfalls eine Schlechterstellung gegenüber der bloßen Haftsummenerhöhung des Kommanditisten bewirkt würde. Zu bemerken ist allerdings, dass ein Korrekturposten nur dann angesetzt werden konnte, wenn dem Kommanditisten nicht in vor der Einlage liegenden Wirtschaftsjahren aufgrund einer erweiterten Außenhaftung i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG ausgleichsfähige Verluste angerechnet wurden172. Diese erweiterte Auslegung zu § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG hinsichtlich des Verlustausgleichs ist dem Grundsatz nach auch auf den atypischen stillen Gesellschafter anzuwenden173. Durch Einführung des § 15a Abs. 1a EStG im JStG 2009 wurde die Rechtsprechung zu den vorgezogenen Einlagen jedoch „überschrieben“. Danach kann der im Einlagejahr entstehende Verlust mit der Einlage verrechnet werden, so dass insofern ein ausgleichsfähiger Verlust vorliegt. Überschreitet aber die Einlage den Verlust des Einlagejahrs, darf ein Korrekturposten für zukünftige Jahre nicht mehr gebildet werden174. Die Einfügung des § 15 Abs. 1a Satz 1 Halbs. 2 EStG durch das JStG 2009 bewirkt für Einlagen, die nach dem 24.12.2008 geleistet wurden, dass nachträgliche Einlagen für künftige Wirtschaftsjahre nicht mehr zu ausgleichsfähigen Verlusten führen, soweit durch diese Verluste (erneut) ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht175. Dies bedeutet, dass am 24.12.2008 bestehende Korrekturposten auch in den Folgejahren nutzbar sind. § 15a Abs. 2 EStG stellt ferner klar, dass die nachträglichen Einlagen gemäß dem neuen Abs. 1a EStG nicht verloren gehen, sondern mindestens i.H. der nach dem 24.12.2008 geleisteten nachträglichen Einlagen erhalten bleiben und im Aufgabezeitpunkt/Veräußerungszeitpunkt nach Verrechnung mit dem Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn (§ 16 Abs. 2 EStG) zu ausgleichsfähigen Verlusten werden.

22.82

i) Einlageminderung i.S. von § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG Die Begrenzung des Verlustausgleichs bezieht sich auf den Stand des Kapitalkontos am Bilanzstichtag. Dadurch ist eine Umgehung der Begrenzung des Verlustausgleichs durch eine nur vorübergehend höhere Einlage in das Gesellschaftsvermögen denkbar. Das Gesetz lässt zunächst den Verlustausgleich zu, ordnet dann aber eine Nachversteuerung an, indem Entnahmen, die zu einem negativen Kapitalkonto führen oder es erhöhen, als fiktiver laufender Gewinn zu versteuern sind176.

22.83

§ 15a Abs. 3 Satz 1 EStG liest sich für den atypisch stillen Gesellschafter folgendermaßen: „Soweit ein negatives Kapitalkonto des stillen Gesellschafters durch Entnahmen entsteht oder sich erhöht (Einlageminderung), ist dem stillen Gesellschafter der Betrag der Einlageminderung als Gewinn zuzurechnen. Dieser Betrag darf den Betrag der Anteile am Verlust der stillen Gesellschaft nicht übersteigen, der im Wirtschafts-

22.84

172 Vgl. hierzu BFH v. 26.6.2007 – IV R 28/06, FR 2007, 1115 = DStR 2007, 1620 (1621). 173 BFH v. 20.9.2007 – IV R 10/07, BStBl. II 2008, 118 = FR 2008, 273; FG Hamburg v. 22.1.2007 – 7 K 84/06, DStRE 2007, 825. 174 Vgl. kritisch zu dieser Regelung Wacker, DStR 2009, 403; Wendt, Stbg 2009, 1 (3). 175 Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rz. 184, hält § 15a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EStG für verfassungswidrig. 176 Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rz. 150.

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§ 22 Rz. 22.84 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

jahr der Einlageminderung und in den zehn vorangegangenen Wirtschaftsjahren ausgleichs- oder abzugsfähig gewesen ist.“ Der dem stillen Gesellschafter zuzurechnende Betrag mindert gemäß § 15a Abs. 3 Satz 4 EStG die Gewinne, die dem stillen Gesellschafter im Wirtschaftsjahr der Zurechnung oder in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der stillen Gesellschaft zuzurechnen sind. § 15a Abs. 3 Satz 4 EStG wandelt somit ausgleichs- bzw. abzugsfähige Verluste in verrechenbare Verluste um.

22.85 Wie zuvor dargelegt wurde, ist unter dem Kapitalkonto des stillen Gesellschafters nur sein Kapitalkonto in der Steuerbilanz der Gesellschaft ohne das Sonderbetriebsvermögen zu verstehen (Rz. 22.74). Die fortentwickelte Einlage kann i.S. eines unter § 15a EStG fallenden Sachverhalts nur aufgrund bestimmter Ereignisse durch Entnahmen gemindert werden. Zu denken ist an folgende Möglichkeiten: Die Vermögenseinlage wird herabgesetzt und der Herabsetzungsbetrag dem stillen Gesellschafter ausgezahlt; aufgrund des Gesellschaftsvertrags ist der stille Gesellschafter in bestimmten Grenzen zu Entnahmen aus seiner Vermögenseinlage berechtigt; der stille Gesellschafter lässt sich einen stehen gelassenen Gewinnanteil später auszahlen. Eine Einlageminderung aufgrund von Entnahmen liegt somit nicht bei der Auszahlung von Sondervergütungen oder der Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen vor, also bei Entnahmen von Konten des Sonderbetriebsvermögens. 22.86 Nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG ist weiter erforderlich, dass durch die Entnahme ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Bei Auszahlung eines Herabsetzungsbetrages aufgrund Minderung der Vermögenseinlage ist dies nur möglich, wenn der von der vereinbarten Vermögenseinlage abweichende, z.B. durch Verluste geminderte tatsächliche Betrag des Kapitalkontos geringer als der Herabsetzungsbetrag ist. Das Gleiche gilt bei sonstigen Entnahmen des stillen Gesellschafters. 22.87 Verfahrensrechtlich ist zwischen dem Verfahren zur Feststellung des Gewinns gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO und dem Verfahren zur Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG zu unterscheiden. Beide Feststellungen können zwar verbunden werden, führen aber stets zu zwei unabhängig voneinander anfechtbaren Verwaltungsakten177. Soweit nur die Feststellung des verrechenbaren Verlustes angefochten wird, erwachsen alle Feststellungen im Bescheid nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO in Bestandskraft. Der einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid (§ 175 Abs. 1 Nr. 1 AO), der gemäß § 351 Abs. 2 AO Bindungswirkung für das Verfahren zur Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG entfaltet178.

177 BFH v. 14.12.1995 – IV R 106/94, BFHE 179, 368 = BStBl. II 1996, 226 = GmbHR 1996, 469 (470); BFH v. 16.12.1997 – VIII R 76/93, GmbHR 1998, 551 (552). 178 BFH v. 13.10.1998 – VIII R 78/97, DStR 1999, 16 (17) = GmbHR 1999, 199; BFH v. 11.11.1997 – VIII R 33/94, BFH/NV 1998, 1078 (1079) = FR 1995, 865.

702 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.90 § 22

j) Die Tarifbegünstigung des § 34a EStG Durch das UntStRG 2008179 wurde ab dem Veranlagungszeitraum 2008 die Möglichkeit der tarifprivilegierten Besteuerung nicht entnommener Gewinne für Einzelunternehmer und Mitunternehmerschaften geschaffen180. Das gesetzgeberische Ziel dieser Thesaurierungsbegünstigung ist die Angleichung der Belastung von Personengesellschaften und ihrer Gesellschafter an die Belastung der (thesaurierenden) Kapitalgesellschaft. Darüber hinaus sollte die Bildung der Eigenkapitalbasis von Personengesellschaften durch die Begrenzung des Steuerzugriffs nachhaltig gestärkt werden181. Die Thesaurierungsbegünstigung gemäß § 34a EStG setzt auf der Ebene der Gewinnverwendung an. Erforderlich ist ein Vergleich von Eigenkapitalgrößen zu Beginn und Ende des VZ.

22.88

Die Tarifbegünstigung ist unternehmerbezogen und antragsabhängig, d.h. der Antrag gemäß § 34a EStG ist von jedem Mitunternehmer der atypisch stillen Gesellschaft, der natürliche Person ist, bei Abgabe der individuellen Einkommensteuererklärung zu stellen. Er kann nach § 34a Abs. 1 Satz 3 EStG nur gestellt werden, wenn der Gewinn nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG oder § 5 EStG ermittelt wird (Betriebsvermögensvergleich) und der Anteil des Mitunternehmers am Gewinn mehr als 10 % oder 10.000 Euro (steuerlicher Gewinn i.S. der § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG aus Gesamthands-, Sonderund Ergänzungsbilanzen182) beträgt. Nach zutreffender Auffassung des BMF muss zur Inanspruchnahme der Begünstigung keine einheitliche Antragstellung aller Gesellschafter einer Personengesellschaft erfolgen183. Es sind demnach m.E. auch keine gesellschaftsvertraglichen Regelungen erforderlich, um den Gesellschaftern die Antragstellung zu gestatten184. Mitunternehmer mit hohen Sondervergütungen können allerdings das Thesaurierungspotential aller Mitgesellschafter mindern, wenn kein Mechanismus einer verursachungsgerechten Verteilung der Gewerbesteuerschuld existiert185.

22.89

Für die Ermittlung des begünstigungsfähigen „nicht entnommenen Gewinns“ (§ 34a Abs. 2 EStG) ist von dem nicht entnommenem Gewinn des Wirtschaftsjahres des Mitunternehmers auszugehen. Der zugewiesene Gewinn gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist zum Ende des Wirtschaftsjahres im steuerlichen Sinne stets in voller Höhe bezogen. An diese steuerliche Gewinnzurechnung knüpft § 34a EStG an. Es ist unerheblich, ob dieser Gewinn dem Mitunternehmer ausgezahlt, auf einem individuellen Rücklagenkonto als nicht entnahmefähiger Gewinn oder auf einem Darle-

22.90

179 UntStRG 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 180 Zu einer Analyse Brähler/Guttzeit/Scholz, StuW 2012, 119; Bodden, FR 2011, 829 und FR 2012, 68. 181 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 61. 182 Tz. 9 des BMF-Schreibens v. 11.8.2008, BStBl. I 2008, 838. 183 Tz. 9 des BMF-Schreibens v. 11.8.2008, BStBl. I 2008, 838. 184 Levedag, GmbHR 2009, 13. 185 Zu gesellschaftsvertraglichen Regelungen im Hinblick auf Thesaurierungsbegünstigung und Nachversteuerung siehe Rodewald/Pohl, DStR 2008, 724 (724 ff.); Levedag, GmbHR 2009, 13 (15).

Levedag | 703

§ 22 Rz. 22.90 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

henskonto als entnahmefähiger Gewinn gutgeschrieben wird (Rz. 22.36)186. Der bezogene Gewinn i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und der begünstigungsfähige „nicht entnommene Gewinn“ gemäß § 34a Abs. 2 EStG sind zudem nicht deckungsgleich. Sie setzen sich teilweise aus unterschiedlichen Einkunftsteilen zusammen. Zwar umfasst der Gewinnanteil des Mitunternehmers bei beiden Vorschriften den Anteil des Mitunternehmers nebst Ergänzungs- und Sonderbilanz187. Neben den gezahlten nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben (siehe § 4 Abs. 5 EStG und die Gewerbesteuerzahlungen – § 4 Abs. 5b EStG), die den Gewinn gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 EStG durch außerbilanzielle Hinzurechnungen erhöhen, sind zur Ermittlung des „nicht entnommenen Gewinns“ i.S. des § 34a Abs. 2 EStG abgeflossene (entnommene) Sondervergütungen nach h.M.188 mindernd zu berücksichtigen, wenn die Vergütung vom Gesellschafter außerhalb der Sphäre der Gesellschaft (also nicht auf einem Kapitalkonto des Gesellschafters) vereinnahmt werden189. Entnahmen, die das Sonderbetriebsvermögen I und damit das steuerliche Eigenkapital der Gesellschaft mindern, sind Entnahmen, die gemäß § 34a Abs. 2 EStG auch den begünstigungsfähigen nicht entnommenen Gewinn vermindern190.

22.91 Im Begünstigungsjahr erfolgt die Besteuerung des begünstigten nicht entnommenen Gewinns mit einem ermäßigten Steuersatz von 28,25 % + SolZ, soweit dies beantragt wird. Der nachversteuerungspflichtige Betrag des laufenden Veranlagungszeitraums wird aus dem Begünstigungsbetrag durch Abzug der auf den Begünstigungsbetrag entfallenden Steuerbelastung (ESt und SolZ, nicht jedoch der KiSt) ermittelt. Er ist laufend fortzuschreiben und jährlich gesondert festzustellen, § 34a Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG. § 34a EStG bewirkt somit nur eine Steuerstundung. Zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt (ggf. bei einem Rechtsnachfolger) eine Nachversteuerung des im Begünstigungszeitpunkt zu ermittelnden „nachversteuerungspflichtigen Betrags“ zu einem festen Steuersatz von 25 % + SolZ. Entsprechend sollte vor Inanspruchnahme der Begünstigung eine Prognose erfolgen, ob die sofortige Regelbesteuerung (§ 32a EStG) nicht niedriger ist als die kumulierte Belastung aus Thesaurierungs-ESt gemäß § 34a EStG und späterer Nachversteuerungs-ESt191. Der Steuerstundungsvorteil gemäß § 34a EStG i.H. der Differenz zwischen Thesaurierungs-ESt/Nachversteuerungs186 Bei Gutschrift des Gewinns auf einem schuldrechtlichen Kapital- oder Darlehenskonto liegt zugleich eine Forderung des Gesellschafters im Sonderbetriebsvermögen vor. 187 Vgl. Reichert/Düll, ZIP 2008, 1249. 188 Dörfler/Graf/Reichl, DStR 2007, 647 (649); Hey, DStR 2007, 925 (927); Thiel/Sterner, DB 2007, 1099 (1102); etwas unklar Schulze zur Wiesche, DB 2007, 1610 (1611) einerseits unter II. 2 b und andererseits unter III.1.3); Tz. 20 des BMF v. 11.8.2008, BStBl. I 2008, 838. 189 Die Auszahlung ist Entnahme gemäß § 34a Abs. 2 EStG, da ansonsten wegen der korrespondierenden Erfassung der Vergütung bei der Gesellschaft als Betriebsausgabe und im Sonderbetriebsvermögen beim Gesellschafter das Thesaurierungsvolumen nicht gemindert wäre, obwohl die Mittel der Gesellschaft entzogen worden sind. Die Gutschrift auf einem schuldrechtlichen Kapitalkonto des Gesellschafters führt hingegen nicht zu einer schädlichen Entnahme. 190 Forst/Schaaf, EStB 2007, 263 (267); Schulze zur Wiesche, DB 2007, 1610 (1613). 191 Ausführliche Vergleichsberechnungen zur Rechtsformwahl und Thesaurierungsvorteilen finden sich etwa bei Harle, BB 2008, 2151 und Götz, BB 2008, 1032.

704 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.93 § 22

ESt und Regelbesteuerung führt nur dann zu einem Vorteil, wenn in der Personengesellschaft aus den thesaurierten Beträgen eine ausreichend hohe Rendite erwirtschaftet wird. Diese Doppelbesteuerung dürfte im Ergebnis allenfalls für diejenigen günstiger sein, die sich im Spitzensteuersatz bewegen192. Die nach Inanspruchnahme der Begünstigung auf dem Mitunternehmeranteil lastende latente Nachversteuerungs-ESt ist ein Übertragungs- und Umstrukturierungshindernis. Die Nachversteuerungsanlässe sind in § 34a Abs. 4 EStG geregelt. Kommt es in späteren Jahren zu einem Entnahmeüberhang, weil der positive Saldo der Entnahmen und Einlagen den positiven Gewinn übersteigt, entsteht in dieser Höhe ein Nachversteuerungsbetrag § 34a Abs. 4 EStG193. Bei der Ermittlung von Überentnahmen (§ 34a Abs. 4 Satz 1 EStG) hat der Gesetzgeber eine gedankliche Verwendungsreihenfolge festgelegt. Reichen weder der Gewinn noch die Einlagen des betrachteten Wirtschaftsjahres aus, um die Entnahmen dieses Wirtschaftsjahres zu speisen, gelten als nächstes die zugeflossenen steuerfreien Einkünfte dieses Wirtschaftsjahres als verwendet. Reichen auch diese Beträge nicht aus, gelten thesaurierte Gewinne, die der Regelbesteuerung unterlegen haben, als nächstes für die Entnahme als verwendet. Die Regelung führt entweder zu einem Lock-In-Effekt von thesaurierten (Alt-) Gewinnen. Dies läuft dem eigentlichen Gesetzeszweck, die Eigenkapitalbasis der Personengesellschaften zu stärken, zuwider194. Zu berücksichtigen ist aber, dass Entnahmen zur Zahlung von Erbschafts- und Schenkungsteuer unter besonderen Voraussetzungen nicht zur Nachversteuerung führen, § 34a Abs. 4 Satz 3 und 5 EStG. Bei vorweggenommen Erbfolgen in einen Mitunternehmeranteil gemäß § 6 Abs. 3 EStG geht der nachversteuerungspflichtige Betrag als latente Steuerschuld auf den Rechtsnachfolger über. Bei Überentnahmen, Betriebsveräußerungen und -aufgaben wird die Nachversteuerungs-ESt ausgelöst (§ 34a Abs. 6 EStG), bei der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern gemäß § 6 Abs. 5 EStG und Einbringungen in andere Personengesellschaften zum Buchwert gemäß § 24 UmwStG geht die latente Nachversteuerungs-ESt ebenfalls über. Bei Formwechseln/Verschmelzungen in eine GmbH gemäß § 20 UmwStG zum Buchwert wird auch Nachversteuerungs-ESt ausgelöst195. Bei der Betriebsveräußerung und -aufgabe und in Umwandlungsfällen besteht die Möglichkeit der Stundung der Nachversteuerungs-ESt von bis zu zehn Jahren, wenn die sofortige Begleichung der Steuer eine erhebliche Härte darstellen würde, § 34a Abs. 6 Satz 2 EStG.

22.92

Die Umsetzung des Thesaurierungskonzeptes für Personengesellschaften durch § 34a EStG kann das Ziel einer (annähernd) rechtsformneutralen Besteuerung im Falle der Ausnutzung des maximalen Besteuerungsvolumens nicht erreichen196. Dies ist vor al-

22.93

192 Dörfler/Graf/Reichl, DStR 2007, 645 (652); Hey, DStR 2007, 925; Hey, BB 2007, 1309 (1314). 193 Zur Ermittlung des nachversteuerungspflichtigen Betrages mit Beispielen Gragert/Wißborn, NWB Fach 3, S. 14621 (14635 f.) und Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 300d ff. 194 Vgl. Wacker in L. Schmidt, § 34a EStG Rz. 63. 195 Vgl. Wacker in L. Schmidt, § 34a EStG Rz. 66–79; Ley/Brandenberg, FR 2007, 1085. 196 Vgl. hierzu Dörfler/Graf/Reichl, DStR 2007, 645 (649 f.).

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§ 22 Rz. 22.93 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

lem durch zwei Aspekte begründet: Zum einen sind nichtabziehbare Betriebsausgaben (die GewSt!) und Sondervergütungen, obwohl sie die steuerliche Bemessungsgrundlage nicht mindern, im begünstigungsfähigen nicht entnommenen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG nicht enthalten, so dass insoweit die Begünstigungswirkung ins Leere geht (Rz. 22.90). Der Abfluss der Gewerbesteuer, welche gemäß § 4 Abs. 5b EStG eine nicht abziehbare Betriebsausgabe darstellt, mindert ebenfalls systemwidrig das Thesaurierungsvolumen197. Zum anderen führen gesellschaftsvertragliche Steuerentnahmerechte für die individuelle Einkommensteuerschuld (zzgl. Solidaritätszuschlag) der bezogenen Gewinnanteile regelmäßig zu einer schädlichen Entnahme im Begünstigungsjahr. § 37 Abs. 3 Satz 3 EStG n.F., welcher vorsieht, die Steuerermäßigung gemäß § 34a EStG bei der Berechnung der Einkommensteuer-Vorauszahlung außer Acht zu lassen, bewirkt, dass für Vorauszahlungszwecke auf den Einkommensteuerspitzensatz zzgl. Solidaritätszuschlag abzustellen ist. Dies bedingt erhöhte Entnahmen der Gesellschafter im Rahmen des Steuerentnahmerechts während des Wirtschaftsjahres und eine Minderung des „nicht entnommenen Gewinns“. Der maximal begünstigungsfähige thesaurierte Gewinnanteil ist nach Abzug von Entnahmen, der auf Privatkonten abgeflossenen Sondervergütungen und der gezahlten Gewerbesteuer im Normalfall zu niedrig, um eine signifikante Entlastung bewirken zu können198.

22.94 Für die Mitunternehmer in der atypisch stillen Gesellschaft, die natürliche Personen sind, bestehen keine Besonderheiten. Diese können die Thesaurierungsbegünstigung wie Mitunternehmer in Außengesellschaften in Anspruch nehmen. 22.95 –22.97 frei 3. Besonderheiten bei einzelnen Formen der atypisch stillen Gesellschaft a) Mitunternehmerschaft & atypisch Still

22.98 Mit Urteil vom 24.4.2014199 hat der BFH entschieden, dass bei Beteiligung eines Gesellschafters der Personengesellschaft (Mitunternehmers) als atypisch stiller Gesellschafter am Betrieb der Personengesellschaft eine zusätzliche Mitunternehmerschaft begründet wird, mit der Folge, dass eine doppelstöckige Mitunternehmerschaft entsteht200. Die Außen-Personengesellschaft überträgt mit der Gründung ihr Betriebsvermögen auf die atypisch stille Gesellschaft (Untergesellschaft), deren Mitunternehmer die Personengesellschaft und der atypisch stille Gesellschafter werden. Ertragsteuerlich vollzieht sich der Übertragungsvorgang als Betriebsveräußerung (§ 16 EStG) und kann bei rechtzeitiger Antragstellung durch die atypische stille Gesellschaft gemäß § 24 Abs. 2 Satz 3 UmwStG zum Buchwert vollzogen werden (siehe hierzu § 26). Obergesellschaft in diesem Gebilde wird also die bisherige Personengesellschaft (Außenge197 Vgl. Tz. 16, 28 des BMF-Schreibens v. 11.8.2008, BStBl. I 2008, 838; Dörfler/Graf/Reichl, DStR 2007, 645 (649); Hey, DStR 2007, 925 (928). 198 Zu den gesellschaftsvertraglichen Folgen Levedag, GmbHR 2009, 1 (4 ff.). 199 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, DStR 2014, 1384 = GmbHR 2014, 890. 200 Kritisch zu dieser Rspr. vor dem Hintergrund des Mitunternehmerbegriffs Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 (720 ff.).

706 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.102 § 22

sellschaft), Untergesellschaft die atypisch stille Gesellschaft. Der Gesellschafter und Mitunternehmer der Obergesellschaft ist zugleich als atypisch stiller Gesellschafter an der Untergesellschaft beteiligt. Die Einzelheiten zur Besteuerung von Einkünften aus doppelstöckigen Personengesellschaften können hier nicht vertieft dargestellt werden201. Die doppelstöckige Struktur hat folgende Konsequenzen202:

22.99

– Der Gewinn der Außen-Personenhandelsgesellschaft (Obergesellschaft und Außengesellschaft) ist um den Gewinnanteil des atypisch stillen Beteiligten zu erhöhen, der in der Handelsbilanz als Betriebsausgabe abgezogen wurde. Die Erträge und Aufwendungen aus der Fortschreibung von Ergänzungsbilanzen der Gesellschafter der Obergesellschaft sind zu berücksichtigen. Der so ermittelte Gewinn ist der atypisch stillen Gesellschaft (Untergesellschaft) zuzurechnen, da Handlungen des Geschäftsinhabers als für Rechnung der atypisch stillen Gesellschaft ausgeführt gelten. Die steuerliche Gewinnermittlung der atypisch stillen Gesellschaft knüpft an diese Gewinnermittlung an und hat noch Sondervergütungen der Mitunternehmer der atypisch stillen Gesellschaft (bei der Untergesellschaft) zu erfassen. – Die von den Gesellschaftern der Obergesellschaft zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter und die hieraus erzielten Sondervergütungen sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG dem Gewinn der Untergesellschaft zuzurechnen, weil der Betrieb der Obergesellschaft der Untergesellschaft zuzurechnen ist. Die von einem Mitunternehmer der Obergesellschaft an die Untergesellschaft unmittelbar zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter sind als Sonderbetriebsvermögen I des Obergesellschafters Teil des Betriebsvermögens der Untergesellschaft203. Der für die Obergesellschaft festzustellende Gewinn ergibt sich nicht aus der eigenen Handels- und Steuerbilanz, sondern aus der Quote, mit der sie als Mitunternehmer an der atypisch stillen Gesellschaft beteiligt ist. frei

22.100– 22.101

b) Betriebsaufspaltung mit einer GmbH & atypisch Still Liegt eine persönliche und sachliche Verflechtung zwischen einem Besitzunternehmer und einer Betriebs-GmbH vor, entsteht eine Betriebsaufspaltung. Die Betriebsaufspaltung ist eine gewohnheitsrechtlich anerkannte „Rechtsform“, bei der Teile des Betriebsvermögens und der Funktionen eines eigentlich einheitlichen gewerblichen Unternehmens auf zwei oder mehrere Unternehmen aufgeteilt sind. Typi-

201 Zu einem aktuellen Gesamtüberblick siehe Kahle, DStZ 2014, 273; zur atypisch stillen Gesellschaft Schiffers/Forst, GmbHR 2019, 321. 202 Eingehend Schiffers/Forst, GmbHR 2019, 321 (322 ff.); Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 (720 f.) mit Beispiel. 203 Kahle, DStZ 2014, 273 (277, 280) m.w.N. Das Ergebnis der Sonderbilanz des mittelbar beteiligten Gesellschafters (hier: des Mitunternehmers der Obergesellschaft und zugleich atypisch stillen Gesellschafters der Untergesellschaft) erhöht den Gewerbeertrag der Untergesellschaft.

Levedag | 707

22.102

§ 22 Rz. 22.102 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

scherweise bestehen eine die wesentlichen Betriebsgrundlagen besitzende und diese vermietende Besitzgesellschaft sowie eine nutzende Betriebsgesellschaft. Wesensmerkmal der Betriebsaufspaltung ist der einheitliche geschäftliche Betätigungswille der hinter den rechtlich selbständigen Unternehmen stehenden Gesellschafter (persönliche Verflechtung)204. Konstitutiv für die Betriebsaufspaltung ist als weitere Voraussetzung die Überlassung von Wirtschaftsgütern durch die Besitzgesellschaft an die Betriebsgesellschaft, welche wesentliche Betriebsgrundlagen der Betriebsgesellschaft bilden (sachliche Verflechtung). Wichtigste Rechtsfolge der Betriebsaufspaltung ist die Umqualifizierung von Vermietungs- und Verpachtungseinkünften der Besitzunternehmer in Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 2 EStG) und die Abfärbung der gewerblichen Vermietungseinkünfte auf andere Einkünfte einer Besitzgesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG), was auch zur Gewerbesteuerpflicht aller Einkünfte des Besitzunternehmens führt. Damit verbunden ist die steuerliche Verstrickung der zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter als notwendiges Betriebsvermögen des Besitzunternehmens205. Auch die Beteiligung an der Betriebsgesellschaft (GmbH) gehört zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen im Betriebsvermögen (ggf. des Sonderbetriebsvermögens) des Besitzunternehmens. Einkommensteuerlich und gewerbesteuerlich sind Besitz- und Betriebsunternehmen zwei selbständige Gewerbebetriebe, die eigenständig bilanzieren und im Grundsatz keine korrespondierenden Wertansätze in der Handels- und Steuerbilanz haben müssen206.

22.103 Wenn der Besitzunternehmer sich zusätzlich atypisch still an der Betriebs-GmbH beteiligt, entsteht eine Mitunternehmerschaft als Innengesellschaft, der das Betriebsvermögen der Betriebs-GmbH aufgrund einer Einbringung gemäß § 24 UmwStG als eigenes Betriebsvermögen zuzurechnen ist. Hieraus folgt die weitere Frage, ob das der Betriebs-GmbH vom Besitzunternehmer zur Nutzung überlassene Wirtschaftsgut, welches die sachliche Verflechtung begründet, nunmehr nicht mehr dem Betriebsvermögen des Besitzunternehmens, sondern dem Sonderbetriebsvermögen des Besitzunternehmers bei der atypischen stillen Gesellschaft zuzurechnen ist. Diese Frage ist auch aufgeworfen, wenn mehrere Besitzgesellschafter in Form einer Besitz-GbR vorhanden sind, die sich an der Betriebs-GmbH atypisch Still beteiligen. 22.104 Diese Bilanzierungskonkurrenz207 zwischen der Zuordnung des zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmens oder zum Sonderbetriebsvermögen des Besitzunternehmers und atypisch stillen Gesellschafters 204 BFH v. 16.5.2013 – IV R 54/11, BFH/NV 2013, 1557 = GmbHR 2013, 1001: Eine personelle Verflechtung zwischen Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen ist regelmäßig gegeben, wenn die Personen, die an beiden Unternehmen zusammen mehrheitlich beteiligt sind und damit das Betriebsunternehmen (Kapitalgesellschaft) beherrschen, auch im Besitzunternehmen über die Mehrheit der Stimmen verfügen und im Besitzunternehmen kraft Gesetzes oder vertraglich wenigstens für Geschäfte des täglichen Lebens das Mehrheitsprinzip maßgeblich ist. 205 Siehe BFH v. 29.11.2012 – IV R 37/10, BFH/NV 2013, 910. 206 Vgl. BFH v. 8.3.1989 – X R 9/86, BStBl. II 1989, 714 = FR 1989, 396 = GmbHR 1989, 391. 207 Vgl. zuletzt Kloster/Kloster, GmbHR 2000, 111.

708 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.105 § 22

bei der atypisch stillen Gesellschaft ist auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG aufzulösen. Früher gingen die herrschende Lehre und die Finanzverwaltung davon aus, die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG sei eine Qualifikationsnorm, aber keine Zurechnungsnorm. Hieraus folgte, dass die Einstufung eines Wirtschaftsguts als Sonderbetriebsvermögen bei der nutzenden Gesellschaft dann nicht in Betracht kam, wenn die Wirtschaftsgüter bereits dem Betriebsvermögen eines anderen Gewerbebetriebs zuzuordnen waren (Subsidiaritätstheorie). Nach Aufgabe der sog. Subsidiaritätstheorie durch den BFH208, dem sich die Finanzverwaltung anschloss209, gilt grundsätzlich ein Vorrang der Erfassung des einer Personengesellschaft zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsguts im Sonderbetriebsvermögen statt in einem anderen Betriebsvermögen des Mitunternehmers. Eine Ausnahme vom Grundsatz des Vorrangs des Sonderbetriebsvermögens bildet die Rechtsprechung zur Überlassung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften210. Liegt eine Nutzungsüberlassung zwischen Schwesterpersonengesellschaften, aber keine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung vor, ist das überlassene Wirtschaftsgut Bestandteil des Betriebsvermögens der überlassenden Gesellschaft211. Dies gilt auch für den Fall der gewerblich geprägten atypisch stillen Gesellschaft als überlassender Gesellschaft212. Wird ein Wirtschaftsgut als wesentliche Betriebsgrundlage innerhalb einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung überlassen, treten neben die Rechtsgrundsätze zur Überlassung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften die Grundsätze für die Überlassung von Wirtschaftsgütern im Rahmen mitunternehmerischer Betriebsaufspaltungen. Nach der Entscheidung des BFH vom 23.4.1996213 und dem Erlass der Finanzverwaltung vom 28.4.1998214 gilt, dass bei der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung ein Vorrang der Bilanzierung des Wirtschaftsguts im Besitzunternehmen vor der Qualifikation des überlassenen Wirtschaftsguts als Sonderbetriebsvermögen bei der nutzenden Gesellschaft besteht. Nach der wohl h.M.215 sowie des BMF-Schreibens vom 28.4.1998216 beziehen sich die Rechtsgrundsätze zu mitunternehmerischen Betriebsaufspaltungen nur auf Fallkonstellationen, in denen die Besitzgesellschaft eine Personengesellschaft ist. Für die Überlassung von Wirtschaftsgütern durch eine natürliche Person an eine Mitunternehmerschaft

208 Vgl. BFH v. 18.7.1979 – I R 199/75, BStBl. II 1979, 750. 209 Vgl. BMF, BStBl. I 1979, 683. 210 Vgl. BFH v. 19.2.1981 – IV R 141/77, BStBl. II 1981, 433; BFH v. 21.5.1993 – VIII R 1/ 91, BStBl. II 1994, 93; BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 328 = GmbHR 1997, 563 = FR 1997, 444. 211 Vgl. BFH v. 21.5.1993 – VIII R 1/91, BStBl. II 1994, 93; BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/ 94, BStBl. II 1998, 328 = GmbHR 1997, 563 = FR 1997, 444. 212 Vgl. BFH v. 23.4.1996 – VIII R 13/95, BStBl. II 1998, 325 = FR 1996, 748 = GmbHR 1996, 861. 213 Vgl. BFH v. 23.4.1996 – VIII R 13/95, BStBl. II 1998, 325 = FR 1996, 748 = GmbHR 1996, 861. 214 Vgl. BMF, BStBl. I 1998, 583. 215 Vgl. Brandenberg, DB 1998, 2488. 216 BMF, BStBl. I 1998, 583.

Levedag | 709

22.105

§ 22 Rz. 22.105 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

besteht der Vorrang der Zuordnung des Wirtschaftsguts zum Sonderbetriebsvermögen bei der nutzenden Gesellschaft besteht217.

22.106 Überlässt ein (beherrschender) Besitzgesellschafter ein Wirtschaftsgut an eine Betriebs-GmbH & atypisch still, ist das Wirtschaftsgut im Sonderbetriebsvermögen bei der atypisch stillen Gesellschaft zu erfassen. Ein Besitzeinzelunternehmen besteht in dieser Konstellation nicht mehr, das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung tritt zurück218. Beteiligen sich mehrere Besitzgesellschafter, die als Besitz-GbR der BetriebsGmbH ein Wirtschaftsgut überlassen, zugleich an der Betriebs-GmbH auch atypisch still, kann m.E. eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung zwischen dieser BesitzGbR und der atypisch stillen Gesellschaft vorliegen. Dem steht nicht entgegen, dass auch die Betriebs-GmbH Mitunternehmerin der atypisch stillen Gesellschaft ist, solange die natürlichen Personen (Doppelgesellschafter der Besitz-GbR und der atypisch stillen Gesellschaft) beide Mitunternehmerschaften beherrschen (sog. persönliche Verflechtung). Das zur Nutzung überlassene Wirtschaftsgut gehört in diesem Fall zu dem im Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft zu erfassenden Betriebsvermögen. Allerdings setzt dies nach dem BMF-Schreiben vom 28.4.1998219 noch voraus, dass auf Ebene der Besitz-Gesellschaft eine Gewinnerzielungsabsicht festgestellt werden kann. 4. Behandlung von Einzelfragen a) Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs. 5 EStG)

22.107 Rechtsgrundlage für die Überführung und Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter zwischen den Betriebsvermögen, Gesamthandsvermögen und Sonderbetriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft und den Mitunternehmer ist § 6 Abs. 5 Satz 1 ff. EStG in der ab 2001 geltenden Fassung durch das StSenkG220 und des UntStFG221. Mit dieser Regelung sollte der sog. Mitunternehmererlass wieder eingeführt werden222. Im Bereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG kommt es für die dort geregelten Übertragungen – anders als bei den Überführungen des § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG – stets zu einem Rechtsträgerwechsel. Der Buchwert ist bei einer solchen Übertragung sowohl im Herkunfts-Betriebsvermögen als auch im Zielbetriebsvermögen zwingend anzusetzen, wenn die Übertragung unentgeltlich oder gegen Ge-

217 Vgl. im Ergebnis Meyer/Ball, FR 1998, 1075 (1076); Neu, INF 1999, 492 (493). 218 Zutreffend Brinkmann, StBP 2011, 241 (248) mit Hinweis auf BFH v. 11.12.1990 – VIII R 122/86, BFHE 163, 346 = GmbHR 1991, 331; BFH v. 3.2.1994 – III R 23/89, BStBl. II 1994, 709 = GmbHR 1994, 638 = FR 1994, 546. 219 BMF, BStBl. I 1998, 583. 220 Steuersenkungsgesetz v. 23.10.2000, BGBl. I 2000, 1460. 221 Art. 1 Nr. 3 des Unternehmensteuerförderungsgesetz v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3858 (3859). 222 Hierzu allgemein Brandenberg, FR 2000, 1183; Düll/Fuhrmann/Eberhard, DStR 2000, 1713; Herrmann/Neufang, BB 2000, 2599; Kloster/Kloster, GmbHR 2000, 1129; Kölpin, StuB 2000, 1131; Mitsch/Grüter, INF 2000, 620 und 651; Reiß, BB 2000, 1964; Schulze zur Wiesche, FR 2000, 976; van Lishaut, DB 2000, 1784.

710 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.109 § 22

währung/Minderung von Gesellschaftsrechten erfolgt223. Nicht geklärt ist, ob Übertragungen zwischen den Gesamthandsvermögen von Schwesterpersonengesellschaften auf Grundlage einer erweiternden Auslegung des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG zum Buchwert möglich ist224 und in welchem Umfang teilentgeltliche Einbringungen gegen ein Mischentgelt zur Aufdeckung stiller Reserven führen225. Für die atypisch stille Gesellschaft ist § 6 Abs. 5 Satz 1 ff. EStG wegen der Zurechnung des Betriebsvermögens und der Funktion der Innengesellschaft als Gewinnermittlungssubjekt ebenfalls anwendbar226. Nicht erfasst von § 6 Abs. 5 Satz 1 bis 3 EStG sind Veräußerungen des Wirtschaftsguts gegen Geld. Die Veräußerung eines Wirtschaftsguts zu fremdüblichen Konditionen durch den Inhaber des Handelsgewerbes an den atypisch stillen Gesellschafter ist ein entgeltlicher Vorgang und führt zur Realisierung eines laufenden Gewinns227 auch dann, wenn der Stille dem Geschäftsinhaber das Wirtschaftsgut anschließend dem Geschäftsinhaber zur Nutzung überlässt, das Wirtschaftsgut also in das Sonderbetriebsvermögen des stillen Gesellschafters eingelegt wird (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG). In diesem Fall wird zwar das Wirtschaftsgut innerhalb des Betriebs der Mitunternehmerschaft aus dem „Gesamthandsvermögen“ an den atypisch stillen Gesellschafter veräußert und ist im Ergebnis dessen Sonderbetriebsvermögen zuzuordnen. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG erfasst diese Übertragung jedoch nur, wenn die Übertragung unentgeltlich oder gegen eine Mehrung oder Minderung von Gesellschaftsrechten des Einbringenden/Ausbringenden erfolgt. Dasselbe gilt für Veräußerungen von Wirtschaftsgütern aus dem Sonderbetriebsvermögen des Stillen an den Inhaber des Handelsgeschäfts228.

22.108

Derzeit nicht abschließend geklärt ist die Behandlung sog. Buchwertverkäufe in Form einer teilentgeltlichen Übertragung, wenn dem Einbringenden neben Gesellschaftsrechten eine weitere Gegenleistung (schädliche Entgeltkomponente) gewährt wird. Übersteigt das schädliche Veräußerungsentgelt für das Wirtschaftsgut nicht des-

22.109

223 Vgl. zum System des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auch Levedag, GmbHR 2013, 673 ff., 969 ff., 243 ff. Zur Anwendung der Trennungstheorie bei teilentgeltlichen Einbringungen gegen ein Mischentgelt siehe die BFH v. 19.3.2014 – X R 28/12, BFHE 245, 164 = BStBl. II 2014, 629 = GmbHR 2014, 876 und BFH v. 27.10.2015 – X R 28/12, BFHE 251, 349 = BStBl. II 2016, 81 = GmbHR 2016, 65 m. Anm. Levedag. Das Verfahren GrS 1/16 hat sich aufgrund einer Abhilfe durch die Finanzverwaltung ohne Entscheidung erledigt (BFH v. 30.10.2018 – GrS 1/16, BStBl. II 2019, 70 = GmbHR 2019, 88). 224 Siehe dazu den BFH-Vorlagebeschluss v. 10.4.2013 – I R 80/12, BFHE 241, 483 = BStBl. II 2013, 1004 (Az. des BVerfG: 2 BvL 8/13); zum Streitstand Lutzenberger, DStZ 2015, 670 (676). 225 Zur Anwendung der Trennungstheorie bei teilentgeltlichen Einbringungen gegen ein Mischentgelt siehe die BFH-Beschlüsse v. 19.3.2014 – X R 28/12, BFHE 245, 164, BStBl. II 2014, 629 = GmbHR 2014, 876 und BFH v. 27.10.2015 – X R 28/12, BFHE 251, 349 = BStBl. II 2016, 81 = GmbHR 2016, 65 m. Anm. Levedag. 226 Siehe Tz. 9 des BMF-Schreibens v. 8.12.2011, BStBl. I 2011, 1279; Lipp, NWB 2014, 1725 ff.; Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19487). 227 Vgl. auch BFH v. 25.7.2000 – VIII R 46/99, DStR 2000, 1904 (1905) = FR 2000, 1336. 228 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 684; zustimmend Lipp, NWB 2014, 1725 (1732).

Levedag | 711

§ 22 Rz. 22.109 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

sen Buchwert, ist nach der jüngeren Rechtsprechung des IV. Senats des BFH229 hierin insgesamt eine „unentgeltliche“ Übertragung des Wirtschaftsguts zu sehen, die zum zwingenden Buchwertansatz gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG führen würde. Aufgrund der zitierten Vorlagebeschlüsse des X. Senats sollte der Große Senat des BFH (GrS 1/ 16) diese Frage entscheiden, das Verfahren wurde jedoch eingestellt230.

22.110 Überträgt aber der Inhaber des Handelsgeschäfts Wirtschaftsgüter seines Betriebsvermögens (= des „Quasi-Gesamthandsvermögens“ der atypisch stillen Gesellschaft) unentgeltlich auf den atypisch Stillen und bilden diese Wirtschaftsgüter anschließend Sonderbetriebsvermögen des atypisch stillen Gesellschafters bei der atypisch stillen Gesellschaft, ist gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Satz 1 EStG zwingend der Buchwert fortzuführen231. Ebenso ist die unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers, d.h. atypisch stillen Gesellschafters, in das Sonderbetriebsvermögen eines anderen Mitunternehmers gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG zu Buchwerten möglich. 22.111 Zu beachten ist die Behaltefrist nach § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG. Die Sperrfrist endet 3 Jahre nach Abgabe der Steuerklärung des Übertragenden für den Veranlagungszeitraum, in dem die Übertragung erfolgt ist. Werden die betreffenden Wirtschaftsgüter innerhalb dieser Sperrfrist entnommen oder veräußert, ist rückwirkend der Teilwert anzusetzen, was beim Übertragenden zu einer Realisierung stiller Reserven führt. 22.112 Es kommt bei der GmbH & atypisch Still zum zwingenden Teilwertansatz, soweit durch die Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG ein Anteil der GmbH an dem Wirtschaftsgut unmittelbar begründet wird oder sich erhöht, § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG, oder dies innerhalb einer Sperrfrist von 7 Jahren nach der Übertragung geschieht, § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG. Diese umstrittene232 Körperschaftsklausel greift ein, wenn der stille Gesellschafter bei Gründung einer GmbH & Still oder später aus einem anderen Betriebsvermögen Einzelwirtschaftsgüter in das Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft einbringt. Zivilrechtlich wird in diesem Fall die GmbH Volleigentümer, steuerrechtlich liegt eine Einbringung in das Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft vor. Ob es nur zu einer quotalen Aufdeckung der stillen Reserven i.H. des Anteils der GmbH an der stillen Gesellschaft kommt, ist nicht abschließend geklärt233.

229 BMF v. 12.9.2013, BStBl. I 2013, 1164 (Nichtanwendungserlass) zu den BFH-Urteilen v. 19.9.2012 – IV R 11/12, DStR 2012, 2051; BFH v. 21.6.2012 – IV R 1/08, DStR 2012, 1500; dazu umfassend Beschluss des X. Senats des BFH zur Beitrittsaufforderung an das BMF BFH v. 19.3.2014 – X R 28/12, BFHE 245, 164 = BStBl. II 2014, 629 und BFH v. 27.10.2015 – X R 28/12, BFHE 251, 349 = BStBl. II 2016, 81 = GmbHR 2016, 65 m. Anm. Levedag. Zum Streitstand Lutzenberger, DStZ 2015, 670 (674). 230 BFH v. 30.10. 2018 – GrS 1/16, BFHE 262, 434 = BStBl. II 2019, 70. 231 Zustimmend Lipp, NWB 2014, 1725 (1732). 232 Wie hier Schulze zur Wiesche, BB 2003, 713 (714); Schoor/Natschke, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rz. 128; Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19487). Für eine teleologische Reduktion, da keine Missbrauchsgefahr besteht, siehe Lieber/Stifter, FR 2003, 831 (833 f.). 233 Siehe Tz. 28 des BMF-Schreibens v. 8.11.2011, BStBl. I 2011, 1279.

712 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.114 § 22

Eine Übertragung nach § 6 Abs. 5 EStG hat nach § 34a Abs. 5 EStG (Rz. 22.92) zur Folge, dass thesaurierte begünstigte Gewinne nachzuversteuern sind, soweit die Voraussetzungen des § 34a Abs. 4 EStG gegeben sind. Der Nachversteuerung kann der Mitunternehmer jedoch auf Antrag entgehen, wenn er den nachversteuerungspflichtigen Betrag mit überträgt.

22.113

b) Veräußerung des Anteils an einen neuen Gesellschafter aa) Entgeltliche Veräußerung bei positivem Kapitalkonto des atypisch Stillen (1) Behandlung beim Veräußerer Ein atypisch stiller Gesellschafter kann seinen Mitunternehmeranteil entgeltlich auf einen Dritten übertragen; dies stellt ein Veräußerungsgeschäft über den Mitunternehmeranteil nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG dar, das in der Regel im Rahmen einer zweigliedrigen Mitunternehmerschaft stattfindet (siehe auch Rz. 22.116)234. Die erzielten Veräußerungsgewinne zählen zu den gewerblichen Einkünften des atypisch Stillen235. Veräußerungsgewinn ist nach § 16 Abs. 2 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten das Kapitalkonto des Veräußerers übersteigt. Der Veräußerungsgewinn ist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG für den Veräußerungszeitpunkt zu ermitteln ist236. Veräußerungspreis i.S. des § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG und damit Entgelt sind alle Leistungen, die der Veräußerer vom Erwerber oder von einem Dritten für die Übertragung erlangt. Soweit der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten hinter dem Kapitalkonto des Veräußerers zurückbleibt, entsteht ein Veräußerungsverlust. Das gilt allerdings nur dann, wenn das Veräußerungsentgelt aus betrieblichen Gründen hinter dem Kapitalkonto zurückbleibt und die Leistungen unter kaufmännischen Gesichtspunkten ausgewogen sind237. Nach der Rechtsprechung des BFH muss der Veräußernde nachweisen, dass eine dieser Voraussetzungen vorliegt. Kein Veräußerungsverlust entsteht, wenn die Vereinbarung des Entgelts unterhalb des Kapitalkontos privat veranlasst ist238. Übersteigt das Veräußerungsentgelt das Kapitalkonto im Veräußerungszeitpunkt aufgrund einer privaten Veranlassung nicht, führt diese teilentgeltliche Veräußerung nach der Einheitstheorie zu einer unentgeltlichen Übertragung gemäß § 6 Abs. 3 EStG239.

234 Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 420 ff.; Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19489). 235 Die Regelung des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist auch auf die atypisch stille Gesellschaft anwendbar. Es ist ohne Bedeutung ist, dass es kein Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft gibt, BFH v. 13.7.1993 – VIII R 85/91, BFHE 172, 416 = BStBl. II 1994, 243 = FR 1994, 83; BFH v. 3.6.1997 – VIII B 73/96, BFH/NV 1997, 838 (unter 2a) = GmbHR 1998, 201. Siehe dazu auch Frystatzki, EStB 2003, 267. 236 Zu den Einzelheiten vgl. Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 310 ff. 237 BFH v. 12.6.1975 – IV R 10/72, BFHE 116, 341 = BStBl. II 1975, 853 unter 3b). 238 BFH v. 20.8.1970 – IV R 236/67, BStBl. II 1971, 83; BFH v. 27.5.1981 – I R 123/77, BStBl. II 1982, 211 = FR 1981, 463. 239 Zur Einheitstheorie siehe BFH v. 18.9.2013 – X R 42/10, BFHE 242, 489 = FR 2014, 68 = GmbHR 2013, 1325.

Levedag | 713

22.114

§ 22 Rz. 22.115 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

22.115 Auf den Gewinn aus der Veräußerung des ganzen Mitunternehmeranteils sind grundsätzlich die Steuerbegünstigungen der § 16 Abs. 4 und § 34 EStG (vgl. zu den Einzelheiten Rz. 22.145 ff.) anwendbar. Vorsicht ist aber geboten, wenn neben dem eigentlichen Anteil an der atypisch stillen Gesellschaft auch Wirtschaftsgüter vorhanden sind, die dem funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögen zuzurechnen sind, da die stillen Reserven nach der zeitraumbezogenen Betrachtung des BFH für die Inanspruchnahme der Begünstigung ebenfalls aufzudecken sind (siehe Rz. 22.46 ff.). Dementsprechend sind die oben genannten Begünstigungen nur anwendbar, wenn der veräußernde Gesellschafter einer atypisch stillen Gesellschaft im Zuge der Veräußerung des Mitunternehmeranteils die Wirtschaftsgüter seines Sonderbetriebsvermögens unter Aufdeckung aller stillen Reserven in sein Privatvermögenentnimmt oder an den Erwerber veräußert (Rz. 22.49)240. Anders zu beurteilen ist der Fall, wenn der Ausscheidende im zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Ausscheiden ein Wirtschaftsgut des Sonderbetriebsvermögens, das eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage darstellt, gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zu Buchwerten in ein anderes Betriebsvermögen überführt. Dieser Vorgang ist nicht steuerbegünstigt, da eben nicht alle stillen Reserven auf einmal aufgelöst werden (siehe Rz. 22.49)241. 22.116 Die entgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer atypisch stillen Gesellschaft auf einen Dritten und die Beendigung der stillen Gesellschaft und Abfindung des Stillen aus dem Vermögen des Geschäftsinhabers ist eine Veräußerung gemäß § 16 EStG. Bei der Veräußerung eines ganzen Mitunternehmeranteils an einer atypisch stillen Gesellschaft ist das Kapitalkonto des Veräußerers (bestehend aus dem Kapital in der Quasi-Gesamthandsbilanz, aus einer Ergänzungsbilanz und in einer Sonderbilanz) dem Veräußerungsentgelt gegenüberzustellen. Das Kapitalkonto im Veräußerungszeitpunkt besteht aus der ursprünglichen Einlage, die fortzuschreiben ist und sich um nachträgliche Einlagen, die zugewiesenen Anteile am laufenden Gewinn während der Haltedauer der Beteiligung erhöht und sich um die ausgezahlten (entnommenen) Beträge während der Haltedauer der Beteiligung ermäßigt. Gewinne aus der Veräußerung eines Teils eines Anteils (Teil-Mitunternehmeranteil) an einer atypisch stillen Gesellschaft sind nach § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG als Veräußerungsgewinne anzusehen, die gesetzlich in laufende Gewinne umqualifiziert werden, auch der Gewerbesteuer unterliegen242 und auf die die Steuerbegünstigungen der § 16 Abs. 4 und § 34 EStG nicht anwendbar sind. Nachdem der BFH gegen die früher ebenfalls bestehende Begünstigung der Gewinne aus Teilanteilsveräußerungen erhebliche steuersys240 BFH v. 31.8.1995 – VIII B 21/93, BFHE 178, 379 = BStBl. II 1998, 890 unter II. 2.; BFH v. 6.12.2000 – VIII R 21/00, BFHE 194, 97 = GmbHR 2001, 265 = DB 2001, 456, LS 1 und unter II. 1.b). 241 BFH v. 17.12.2014 – IV R 57/11, BStBl. II 2015, 536 = FR 2015, 522 mit Anm. Wendt; BFH v. 30.8.2012 – IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376 = GmbHR 2013, 220; BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, FR 2012, 1113; BFH v. 25.2.2010 – IV R 49/08, BStBl. II 2010, 726; BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, BStBl. II 2001, 229; Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 407, 414. 242 Das zu § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG ergangene Urteil des BFH v. 15.6.2004 – VIII R 7/01, BFHE 205, 307 = BStBl. II 2004, 754 ist insoweit übertragbar. Siehe auch BFH v. 18.12.2014 – IV R 59/11, BFH/NV 2015, 520.

714 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.119 § 22

tematische Bedenken geltend gemacht und die bisherige Praxis nur aus Gründen der Rechtssicherheit aufrechterhalten hatte243, wurde mit dem UntStFG244 eine Änderung der Rechtslage durch den Gesetzgeber herbeigeführt. Auch insoweit ist, um bei Vorhandensein funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögens eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG) zu vermeiden, dieses mitzuveräußern oder zu entnehmen (Rz. 22.46 ff.). Die Möglichkeit einer Zurückbehaltung des Sonderbetriebsvermögens gewährt der Gesetzgeber nur bei sog. unentgeltlichen unterquotalen Übertragungen des Teilmitunternehmeranteils mit einer anschließenden Behaltefrist (§ 6 Abs. 3 Satz 2 EStG).

22.117

frei (2) Exkurs: Nachträglicher Ausfall der Kaufpreisforderung Nach den Beschlüssen des BFH vom 19.7.1993 und der Folgerechtsprechung245 ist im nachträglichen Ausfall der Kaufpreisforderung ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu sehen, mit der Folge, dass die Besteuerung des zu hohen Veräußerungsgewinns rückgängig zu machen und nur der tatsächlich erzielte Gewinn zu besteuern ist. Der Große Senat des BFH hat entschieden, dass ein rückwirkendes Ereignis auf den Veräußerungsstichtag vorliegt, wenn der Betriebsveräußerer mit seiner Kaufpreisforderung ganz oder teilweise ausfällt. Die Entscheidungen des Großen Senats sind zwar nur zur Veräußerung eines ganzen Betriebes ergangen, doch gelten die Grundsätze dieser Rechtsprechung auch für die Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG).

22.118

Problematisch ist, wenn sich der Veräußerer eines Betriebs am Unternehmen des Erwerbers anschließend als (typisch) stiller Gesellschafter beteiligt als Vermögenseinlage seine Kaufpreisforderung einbringt und dann der Erwerber zahlungsunfähig wird. In diesem Falle wird das Vorliegen eines rückwirkenden Ereignisses i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO verneint, da der Erwerber seine Verpflichtung aus dem Kaufvertrag dadurch erfülle, dass er dem Veräußerer die Beteiligung als stiller Gesellschafter einräume246. Allerdings steht in diesem Fall die Mitunternehmerstellung in Frage, wenn die Kaufpreisforderung/Einlageforderung wertlos ist und kein Mitunternehmerrisiko besteht247.

22.119

243 BFH v. 18.10.1999 – GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123 = FR 2000, 143 = GmbHR 2000, 144; BFH v. 24.8.2000 – IV R 51/98, BFH/NV 2000, 1554 = FR 2000, 1210 = GmbHR 2000, 1166; BFH v. 6.12.2000 – VIII R 21/00, DStRE 2001, 309 = FR 2001, 295 = GmbHR 2001, 265. 244 Art. 1 Nr. 5a UntStFG v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3858 (3859). 245 BFH v. 19.7.1993 – GrS 1/92, BStBl. II 1993, 894 = FR 1993, 848; BFH v. 19.7.1993 – GrS 2/92, BStBl. II 1993, 897 = FR 1993, 845. Aus der nachfolgenden Rspr.: BFH v. 7.12.1993 – VIII R 55/86, FR 1992, 205 = BFH/NV 1994, 542 (Entscheidung des vorlegenden Senats); BFH v. 10.2.1994 – IV R 37/92, BFHE 174, 140 = BStBl. II 1994, 564 (zur Betriebsaufgabe) = FR 1994, 500. 246 So Bordewin, FR 1994, 555 (560). 247 BFH v. 31.5.2012 – IV R 40/09, BFH/NV 2012, 1440; Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19487).

Levedag | 715

§ 22 Rz. 22.120 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

(3) Behandlung beim Erwerber

22.120 Für den Erwerber müssen die Anschaffungskosten auf den Mitunternehmeranteil (ggf. in einer Ergänzungsbilanz) erfasst und fortgeschrieben werden. Die Anschaffungskosten entfallen auf die durch den erworbenen Mitunternehmeranteil repräsentierten ideellen Anteile an den Wirtschaftsgütern der atypisch stillen Gesellschaft. Dieser Anschaffungsvorgang beruht im Rahmen der atypisch stillen Gesellschaft eine steuerliche Fiktion, da die Wirtschaftsgüter der atypisch stillen Gesellschaft zivilrechtlich dem Geschäftsinhaber als Alleineigentümer zustehen und der atypisch stillen Gesellschaft nur als Quasi-Gesamthandsvermögen zugerechnet werden (siehe Rz. 22.31 ff.)248. 22.121 Wenn der eintretende Gesellschafter dem Ausscheidenden einen vom Betrag des Kapitalkontos abweichenden Veräußerungspreis zahlt, muss der Mehrbetrag oder Minderbetrag in einer (positiven oder negativen) Ergänzungsbilanz erfasst und fortgeschrieben werden249. bb) Entgeltliche Veräußerung bei negativem Kapitalkonto des atypisch Stillen (1) Behandlung beim ausscheidenden Gesellschafter

22.122 Übernimmt der Erwerber ein negatives Kapitalkonto des Veräußerers, so ist ein Betrag i.H. des wegfallenden und aufzulösenden negativen Kapitalkontos im Zeitpunkt der Veräußerung in die Ermittlung des Veräußerungsentgelts einzubeziehen (siehe zum negativen Kapitalkonto als reiner Gewinnauszahlungssperre ohne Nachschusspflicht Rz. 7.78). Dies gilt steuerlich unabhängig davon, ob das negative Kapitalkonto auf Entnahmen, auf Verlustzuweisungen, die zu verrechenbaren Verlusten gemäß § 15a EStG oder zu abzugsfähigen Verlusten geführt haben, beruht, da der Veräußerer von der Verpflichtung befreit wird, das negative Kapitalkonto mit künftigen Gewinnen auszugleichen250. Besteht bei einem auf (unzulässigen oder zulässigen) Entnahmen beruhenden negativen (aktivischen) Kapitalkonto eine Rückzahlungsverpflichtung der Veräußerers gegenüber der Gesellschaft, mindert diese den Betrag, der als Veräußerungsentgelt aus dem Wegfall des negativen Kapitalkontos in die Ermittlung des Veräußerungsgewinns eingeht251. 22.123 Durch die Veräußerung des Mitunternehmeranteils geht das negative Kapitalkonto nicht auf den Erwerber über. Der im Zeitpunkt der Veräußerung lediglich verrechen-

248 Brinkmann, StBp 2011, 242 (243). 249 BFH v. 20.11.2014 – IV R 1/11, GmbHR 2015, 334 = FR 2015, 552 dort auch zur Fortschreibung positiver und negativer Ergänzungsbilanzen. 250 BFH v. 9.7.2015 – IV R 19/12, DStR 2015, 1859 m.w.N.; BFH v. 26.5.1981 – IV R 47/78, BFHE 134, 15 = BStBl. II 1981, 795 unter 2.a); BFH v. 19.9.2019 – IV R 50/16, DStR 2019, 2635. 251 BFH v. 9.7.2015 – IV R 19/12, DStR 2015, 1859. Siehe auch BFH v. 16.10.2014 – IV R 15/11, BStBl. II 2015, 267 = FR 2015, 274 = GmbHR 2015, 271 zur Entnahme bei rückzahlungspflichtigen Liquiditätsauskehrungen.

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Einkommensteuer | Rz. 22.124 § 22

bare Verlust gemäß § 15a EStG kann vom Veräußerer mit dem unter § 16 EStG fallenden Gewinn aus dem Wegfall des negativen Kapitalkontos verrechnet werden252. (2) Behandlung beim Erwerber Gegenleistung des Erwerbers bei Übernahme des negativen Kapitalkontos ist die Hinnahme der Gewinnauszahlungssperre (Rz. 7.78), also die „Verlusthaftung mit künftigen Gewinnanteilen“. In dieser Höhe baut der Erwerber das negative Kapitalkonto nach und nach ab. Diese Gegenleistung wird für den Anteil des ausgeschiedenen Gesellschafters an etwaigen stillen Reserven und/oder einem Geschäftswert in Kauf genommen und ist deshalb in der Regel in einer Ergänzungsbilanz als Anschaffungskosten zu behandeln und fortzuschreiben (Rz. 22.121)253. Die Mehranschaffungskosten sind entsprechend der prozentualen Beteiligung des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen auf die einzelnen – materiellen und immateriellen, bilanzierten und nichtbilanzierten – Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens zu verteilen, soweit diese stille Reserven enthalten, da nach ständiger Rechtsprechung des BFH zunächst einmal eine Vermutung dafür besteht, dass der den Buchwert des Kapitalanteils der Altgesellschafter in der Gesellschaftsbilanz übersteigende Teil der von den Neugesellschaftern zu erbringenden Leistungen auf einen Geschäftswert entfällt, soweit mit ihnen nicht stille Reserven in den bilanzierten und nichtbilanzierten Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens abgegolten werden254. Deren Aktivierung in der Ergänzungsbilanz hat zur Folge, dass die Gewinnanteile beim Erwerber durch zusätzliche Abschreibungen vermindert werden. Im Ergebnis bleiben dadurch für ihn künftige Gewinnanteile bis zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos unwirksam255. Soweit das gezahlte Entgelt zzgl. des übernommenen negativen Kapitalkontos die stillen Reserven im Gesellschaftsvermögen übersteigt, kann der Neugesellschafter keinen Sonderbetriebsaufwand geltend machen256. Wenn das negative Kapitalkonto den Wert der auf den stillen Gesellschafter entfallenden Anteile an den stillen Reserven sowie am Firmenwert übersteigt, führt dies nicht zu einem Erwerbsverlust (sog. Prinzip der Neutralität des Anschaffungskostenvorgangs), da ein aktiver Ausgleichsposten in der Ergänzungsbilanz des Erwerbers zu bilden und später gewinnmindernd aufzulösen ist, wenn Gewinnanteile entstehen, die auf den Erwerber

252 BFH v. 14.6.1994 – VIII R 37/93, BFHE 176, 10 = BStBl. II 1995, 246 unter 3.c); BFH v. 3.9.2009 – IV R 17/07, BStBl. II 2010, 631 = FR 2010, 524. 253 BFH v. 26.5.1981 – IV R 47/78, BFHE 134, 15 = BStBl. II 1981, 795 unter 2.a); BFH v. 19.2.1998 – IV R 59/96, BStBl. II 1999, 266. 254 BFH v. 8.3.2017 – IX R 16/16, BFH/NV 2017, 1306 zur vermögensverwaltenden Gesellschaft, Vorinstanz siehe FG Köln v. 6.4.2016 – 3 K 2802/13, BB 2016, 1583 m. Anm. Glasenapp. 255 BFH v. 21.4.1994 – IV R 70/92, BStBl. II 1994, 745; BFH v. 1.3.2018 – IV R 16/15, BStBl. II 2018, 137 = GmbHR 2018, 817; BFH v. 8.3.2017 – IX R 16/16, BFH/NV 2017, 1306 zur vermögensverwaltenden Gesellschaft. 256 BFH v. 1.3.2018 – IV R 16/15, BStBl. II 2018, 137 = GmbHR 2018, 817; BFH v. 8.3.2017 – IX R 16/16, BFH/NV 2017, 1306.

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22.124

§ 22 Rz. 22.124 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

entfallen und zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos zu verwenden sind257. Beim Erwerb eines Anteils an einer atypisch stillen Gesellschaft, bei dem der Veräußerer über ein negatives Kapitalkonto verfügt hat, gelten diese Grundsätze ebenfalls. c) Die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils und Teilmitunternehmeranteils (§ 6 Abs. 3 EStG) aa) Unentgeltlichkeit

22.125 Eine unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils oder eines Teil-Mitunternehmeranteils gemäß § 6 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn sich die Beteiligten darüber einig sind, dass der Anteil ohne Gegenleistung aufgrund einer Schenkung übergehen soll. Unentgeltlich sind insbesondere Übertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge sowie im Rahmen des Sonderrechts258 der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Bei Vermögensübertragungen zwischen Fremden wird allerdings auch bei wiederkehrenden gewinnabhängigen oder wagnisbehafteten Bezügen, die der Versorgung des Veräußerers dienen, widerlegbar vermutet, dass die Leistungen kaufmännisch gegeneinander abgewogen sind, also ein entgeltliches Geschäft vorliegt259. Überträgt der atypisch stille Gesellschafter seinen Anteil an der Mitunternehmerschaft unentgeltlich, so ist für die auf den Erwerber übergehenden anteiligen Wirtschaftsgüter bei der atypisch stillen Gesellschaft nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG zwingend der Buchwert fortzuführen260; es entsteht also kein Entnahme- oder Aufgabegewinn (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG). Dies gilt auch für die unentgeltliche Übertragung eines Teilanteils (§ 6 Abs. 3 Satz 2 EStG). Hiernach ist zwischen quotalen, über- und unterquotalen Übertragungen der Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens zusammen mit dem Teilmitunternehmeranteil zu unterscheiden261. Das Zurückbehalten von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsver257 BFH v. 8.3.2017 – IX R 16/16, BFH/NV 2017, 1306; BFH v. 21.4.1994 – IV R 70/92, BFHE 174, 413 = BStBl. II 1994, 745 unter 5.a) und LS 3); BFH v. 14.6.1994 – VIII R 37/ 93, BFHE 176, 10 = BStBl. II 1995, 246 (unter 3); BFH v. 19.2.1998 – IV R 59/96, BStBl. II 1999, 266 und BFH v. 28.3.2007 – IX R 53/04, BFH/NV 2007, 1845. Siehe auch Gschwendtner, DStR 1995, 914. 258 Dies Vermögensleistungen an den Übergeber (Leibrente auf Lebenszeit) werden nicht als Gegenleistung für die Übertragung des Mitunternehmeranteils bewertet, da sich der Übergeber wie beim Vorbehaltsnießbrauch Erträge aus der übergehenden betrieblichen Einheit vorbehält. Siehe BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Tz. 5 m.N. zur Rspr. 259 BFH v. 10.3.1998 – VIII R 76/96, BFHE 186, 50 = BStBl. II 1999, 269 unter II. 2.c); BFH v. 14.5.2002 – VIII R 8/01, BFHE 199, 198 = BStBl. II 2002, 532; BFH v. 17.7.2013 – X R 40/10, BStBl. II 2013, 883; dort auch zum Wahlrecht zwischen Sofort- und Zuflussbesteuerung beim Veräußerer. Siehe zum sog. Gewinnvorabmodell BFH v. 27.10.2015 – VIII R 47/12, BFHE 252, 80 = BStBl. II 2016, 600 = GmbHR 2016, 317 m. Anm. Fuhrmann; Levedag, HFR 2016, 309; Korn, BeSt 2016, 18. 260 Zweifelnd Carlé/Fuhrmann, FR 2006, 749. 261 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFH/NV 2012, 1260 = GmbHR 2012, 1260 m. Anm. Hoffmann und BFH v. 12.5.2016 – IV R 12/15, BFHE 253, 556 = DStR 2016, 1518 = GmbHR 2016, 828. Der BFH prüft, ob eine quotale Übertragung des Sonderbetriebsvermögens vorliegt, nicht gegenstandsbezogen, sondern bei mehreren Wirtschaftsgütern im Sonderbetriebsvermögen des Überträgers anhand einer wertbezogenen Betrachtungsweise. Siehe

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Einkommensteuer | Rz. 22.127 § 22

mögens durch den Stillen (sog. unterquotale Übertragung) anlässlich der Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils führt nicht zum Entstehen eines Aufgabegewinns für den Mitunternehmeranteil (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG), sofern die Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen verbleiben, und der Rechtsnachfolger den übernommenen Mitunternehmeranteil innerhalb von fünf Jahren nicht veräußert oder aufgibt (§ 6 Abs. 3 Satz 2 EStG. Siehe zur Verbindung des funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögen Rz. 22.46 ff. Bei der unentgeltlichen Übertragung ist die Schenkungsteuerpflicht zu beachten (siehe Rz. 27.47 ff.). bb) Übertragung gegen Versorgungsleistungen Das BMF hat mit Schreiben vom 11.3.2010262 den „Vierten Rentenerlass“ zur Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen veröffentlicht. Es passt die „Erlasslage“ an die Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG durch das JStG 2008 an263, die hier ausschließlich und für reine Inlandsfälle behandelt wird. Werden „ausreichend ertragbringende Wirtschaftseinheiten“ gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG gegen wiederkehrende Leistungen auf Lebenszeit übertragen, ist diese Übertragung unentgeltlich, d.h. ein Fall des § 6 Abs. 3 EStG bei Mitunternehmeranteilen und Betrieben sowie kein Realisationsakt gemäß § 17 EStG bei Kapitalgesellschaftsanteilen. Für Angehörige als Empfänger gilt die Vermutung der Unentgeltlichkeit der Übertragung (Tz. 5 und 50 des IV. Rentenerlasses), bei Fremden wird die Entgeltlichkeit vermutet (Tz. 6). Der Empfänger der Versorgungsleistungen erzielt Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1b EStG, der Übernehmer hat den Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Nr. 1a EStG i.H. der geleisteten Beträge, ohne dass es noch auf die Unterscheidung zwischen Rente und dauernder Last ankommt (Tz. 52). Die wiederkehrenden Leistungen müssen nach dem Übergabevertrag auf Lebenszeit gezahlt werden, d.h. Mindestzeitrenten, abgekürzte Leibrenten und dauernde Lasten behandelt der Erlass als Gegenleistungen der Vermögensübertragung (Veräußerungsrenten, siehe Tz. 56).

22.126

Dem Katalog des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG entsprechend sind nur Mitunternehmeranteile, Betriebe, Teilbetriebe und bestimmte Anteile an Kapitalgesellschaften (mindestens 50 % und Stellung als Geschäftsführer) gegen Versorgungsleistungen übertragbar. Andere Wirtschaftseinheiten führen, selbst wenn deren Erträge ausreichen,

22.127

abweichend zur Auffassung des BMF auch die Aussagen des BFH zur Dauer der Sperrfrist gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG bei gestufter Übertragung eines Mitunternehmeranteils durch mehrere Teilmitunternehmeranteilsübertragungen an denselben Erwerber und zur Behandlung einer überquotalen Übertragung des Sonderbetriebsvermögens. Nunmehr ebenso BMF v. 20.11.2019, DStR 2019, 2482. 262 BMF v. 11.3.2010 – IV C 3 - S 2221/09/10004, BStBl. I 2010, 227. 263 Es gilt das großzügigere Recht des sog. III. Rentenerlasses (BMF v. 16.9.2004 – IV C 3 S 2255 - 354/04, BStBl. I 2004, 922) fort, wenn der Übertragungsvertrag vor dem 1.1.2008 geschlossen wurde (siehe § 52 Abs. 23g EStG). Bei Begründung der Vermögensübergabe durch eine Verfügung von Todes wegen ist auf den Eintritt des Erbfalles abzustellen. Für nach dem 31.12.2007 geschlossene Übertragungsverträge gelten die gesetzliche Neuregelung und deren Auslegung durch den „Vierten Rentenerlass“, der Übergangsfragen in den Tz. 80–90 des Erlasses behandelt, insbesondere die Problematik der Umschichtung zwischen ertragbringenden Wirtschaftseinheiten neuen und alten Rechts.

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§ 22 Rz. 22.127 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

um zugesagte wiederkehrende Leistungen zu erwirtschaften, zur Annahme einer entgeltlichen Übertragung (Tz. 21).

22.128 Mitunternehmeranteile, die i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG steuerbegünstigt übertragen werden können, sind nach dem Erlass ganze Mitunternehmeranteile, Teile von Mitunternehmeranteilen und die Aufnahme des Übernehmers in ein Einzelunternehmen. Die Gesellschaft, an der der (Teil-)Mitunternehmeranteil übertragen wird, muss freiberufliche, LuF- oder gewerbliche Einkünfte erzielen. Gewerbliche Einkünfte in diesem Sinne liegen bei Einkünften gemäß § 15 Abs. 2 EStG und bei „abgefärbten“ Einkünften gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, nicht aber bei gewerblich geprägten Einkünften vor (Tz. 8–10 des IV. Rentenerlasses). Zum Mitunternehmer- und Teilmitunternehmeranteil gehört das quotal mitzuübertragende funktional wesentliche Sonderbetriebsvermögen (Tz. 9). Es ist aber nicht mehr davon auszugehen, dass die gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG mögliche unterquotale Übertragung von SBV (siehe Rz. 22.46 ff. und 22.125) im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG nach dem IV. Rentenerlass schädlich ist, denn hierauf sollen nunmehr auch die Regelungen des BMFSchreibens vom 20.11.2019 und damit des § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG Anwendung finden264. Diese Grundsätze gelten auch für Mitunternehmeranteile und Teilmitunternehmeranteile an einer atypisch stillen Gesellschaft265. 22.129 Es muss ermittelt werden, ob die Erträge der übertragenen Wirtschaftseinheit ausreichend ertragbringend sind. Für Mitunternehmeranteile hält der Erlass an der Vermutung fest, dass diese stets über eine ausreichende Ertragskraft verfügen (Tz. 29). Dies gilt aber nur, wenn ausschließlich solche Wirtschaftseinheiten übertragen werden, jedoch nicht bei Mischvermögen (Tz. 29). In letzterem Fall ist eine Ertragsprognose vorzunehmen. Beim Prognosezeitraum sind maßgeblich der Zeitpunkt der Vermögensübertragung und die sog. Drei-Jahresregel (Tz. 34, 35). Umschichtungen (Veräußerung der atypisch stillen Beteiligung und Erwerb einer anderen begünstigten Wirtschaftseinheit des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG unter Fortzahlung der wiederkehrenden Bezüge) sind möglich (Tz. 41). Umwandlungen der atypisch stillen Mitunternehmerschaft gemäß §§ 20, 24 UmwStG sind unter bestimmten Voraussetzungen unschädlich (Tz. 42). 22.130 Die Rechtsprechung verlangt wie bei anderen Angehörigenverträgen mit Dauerschuldcharakter die Anerkennungsfähigkeit der Vereinbarung während der gesamten Laufzeit (Rz. 21.6 ff.). Dies setzt die Durchführung der Vermögensübergabe, d.h. die vollständige und pünktliche Zahlung der Vermögensleistungen voraus266. Zudem hat der BFH entschieden, dass nur schriftlich dokumentierte Änderungen des Übergabevertrags steuerliche Wirkung entfalten können267. Neben dieser formalen Hürde dürfen die Versorgungsleistungen nur dann erhöht oder gemindert werden, wenn ein neues Versorgungskonzept für den Übergeber (gestiegenes Pflegebedürfnis) erforder264 265 266 267

BMF v. 20.11.2019, DStR 2019, 2482 Tz. 40; Kraft, NWB 2020, 20 (26). Tz. 8 des IV. Rentenerlasses, BStBl. I 2010, 227. Siehe Tz. 59 des IV. Rentenerlasses, BStBl. I 2010, 227. BFH v. 15.9.2010 – X R 13/09, BStBl. II 2011, 641 = FR 2011, 376; kritisch hierzu Kulosa, DB 2014, 972 (973).

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Einkommensteuer | Rz. 22.132 § 22

lich ist oder die Erträge der übergebenen Wirtschaftseinheit nachhaltig sinken (materielle Änderungsgründe)268. Der BFH hat zudem entschieden269, dass nachträglich oder bei Abschluss des Übergabevertrags aufschiebend bedingt vereinbarte Erhöhungen der Versorgungsleistungen, etwa weil das empfangene Vermögen in anderes Vermögen umgeschichtet wird oder die Versorgungsleistungen erhöht werden, eine neue Ertragsprognose erforderlich macht. d) Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft gegen Abfindung des Stillen aa) Ausscheiden gegen Barabfindung Die Auflösung einer zweigliedrigen atypisch stillen Gesellschaft kann dadurch erfolgen, dass der Stille aus der Mitunternehmerschaft gegen eine Barabfindung ausscheidet und der Geschäftsbetrieb durch den Inhaber weitergeführt wird. Siehe zur Kündigung durch den stillen Gesellschafter Rz. 14.20, zur Auseinandersetzung Rz. 15.6, 15.12. Nach der Rechtsprechung270 ist das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft gegen eine Barabfindung eine Veräußerung des Mitunternehmeranteils an den übernehmenden Gesellschafter (siehe Rz. 22.114, 22.123) in Verbindung mit einer Anwachsung (§ 161 Abs. 2, § 105 Abs. 3, § 138 HGB, § 738 BGB) und der zivilrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge in das Gesellschaftsvermögen, aber keine Aufgabe eines Mitunternehmeranteils (i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG). Technisch wird das Ausscheiden des Erwerbers gegen eine Geldabfindung in Gestalt des Abfindungsanspruchs nach ganz h.M.271 zweistufig abgewickelt (Rz. 26.44 ff.):

22.131

– Der ausscheidende Gesellschafter realisiert i.H. des Abfindungsanspruchs i.H. der Differenz zwischen dem Abfindungsbetrag und seines Kapitalkontos (bei einer vollentgeltlichen Übertragung) einen Veräußerungsgewinn (§ 16 Abs. 2 Satz 1 EStG). – Auf Seiten des Erwerbers (bei Ausscheiden aus einer zweigliedrigen Gesellschaft des Geschäftsinhabers) oder der mehreren Erwerber (bei mehrgliedrigen Gesellschaften) liegt ein erfolgsneutrales Anschaffungsgeschäft vor, da den aufgedeckten stillen Reserven in den materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens die einzubuchende Abfindungsverpflichtung gegen den Ausscheidenden gegenübersteht272. Einen Sonderfall stellt die Abfindung eines lästigen Gesellschafters dar. Als lästig ist ein Gesellschafter anzusehen, wenn durch sein Verhalten eine Schädigung des Betriebes droht oder die Vertrauensgrundlage unter den Gesellschaftern zerstört ist. Wird 268 Vgl. Tz. 61, 62 des IV. Rentenerlasses; BFH v. 3.3.2004 – X R 14/01, BStBl. II 2004, 826 = FR 2004, 783. 269 BFH v. 17.3.2010 – X R 38/06, BFHE 229, 163 = BStBl. II 2011, 622. 270 BFH v. 10.3.1998 – VIII R 76/96, BFHE 186, 50 = BStBl. II 1999, 269 = FR 1998, 887; BFH v. 11.7.1973 – I R 126/71, BFHE 110, 402 = BStBl. II 1974, 50. 271 Vgl. nur Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 450–463, 480 ff. 272 Buchung beim Erwerber (Barabfindung): Anschaffungskosten Aktiva gegen Abfindungsverpflichtung.

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22.132

§ 22 Rz. 22.132 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

einem lästigen Gesellschafter ein höherer Betrag als der Wert seines Anteils (also des Buchwerts zzgl. des Anteils an den stillen Reserven usw.) gezahlt, um ihn zum Ausscheiden zu bewegen, kann der Mehrbetrag als Betriebsausgabe behandelt werden, während der auf den ausgeschiedenen lästigen Gesellschafter entfallende Anteil an den Wirtschaftsgütern in einer Ergänzungsbilanz zu aktivieren ist. Nach der Rechtsprechung müssen die verbleibenden Gesellschafter dartun, dass ein über den Wert des Anteils hinausgehender Betrag gezahlt wurde und insoweit stille Reserven bzw. ein Geschäftswert nicht vorhanden waren273. bb) Ausscheiden gegen eine Sachwertabfindung in das Privatvermögen

22.133 Es liegt nach neuerer Sichtweise der Rechtsprechung wegen der gesellschaftsrechtlich beschlossenen Auflösung (Kündigung) eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils (im Wege einer echten Realteilung) vor. Dem folgt auch die Finanzverwaltung274 (siehe Rz. 26.45). Werden im Zuge der Realteilung von einzelnen Realteilern Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen überführt, werden diese nach dem Realteilungserlass275 im Zuge der Betriebsaufgabe und Realteilung durch die Realteilungsgesellschaft entnommen. Da die Besteuerung der stillen Reserven für diese Wirtschaftsgüter entgegen § 16 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 EStG bei Fortführung der Buchwerte nicht sichergestellt ist, kommt es insoweit zur Aufdeckung der stillen Reserven. Dieser Aufgabegewinn wird aus Sicht des BFH und BMF den einzelnen Realteilern entsprechend der allgemeinen Gewinnverteilungsquote276 zugerechnet. Hierdurch kommt es zu Verwerfungen unter den Realteilern, da die mitgenommenen WG unterschiedlich hohe stille Reserven beinhalten, deren Aufdeckung von allen Mitunternehmern zu versteuern ist, die aber mit den jeweils übertragenen WG in unterschiedlicher Höhe auf die Realteiler übergehen. Auch in Mischfällen kommt es zu Verwerfungen, wenn einzelne Realteiler ihre WG weiterhin betrieblich nutzen, dennoch aber die Aufdeckung der stillen Reserven für die ins PV entnommenen WG anderer Realteiler mitversteuern müssen. Die technische Handhabung des Vorgangs ist noch nicht gänzlich geklärt. Zutreffend ist meines Erachtens, in einem ersten Schritt in der Realteilungsbilanz der Mitunternehmerschaft die WG und Kapitalkonten um die aufgedeckten stillen Reserven aufzustocken, die Aufstockungsgewinne nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf die Mitunternehmer zu verteilen und die Kapitalkonten der einzelnen Mitunternehmer an die aufgestockten Buchwerte der jeweils mitgenommenen WG anzupassen277. Streitig ist weiter, ob die Entnahmegewinne sich durch eine besondere Gewinnverteilungsabrede jeweils denjenigen Entnehmenden zuweisen lassen, die das 273 BFH v. 29.10.1991 – VIII R 148/85, BFHE 167, 309 = BStBl. II 1992, 647 unter 2. = FR 1992, 518. 274 BMF v. 19.12.2018, BStBl. I 2019, 6 = GmbHR 2019, 203, Tz. 2. 275 BMF v. 19.12.2018, BStBl. I 2019, 6 = GmbHR 2019, 203, Tz. 9. 276 BFH v. 16.3.2017 – IV R 31/14, BFH/NV 2017, 1093 = GmbHR 2017, 933; BMF v. 19.12.2018, BStBl. I 2019, 6 = GmbHR 2019, 203, Tz. 9; Niehus/Wilke, Ubg 2019, 194 (205); a.A. Stenert, DStR 2019, 245 (253). 277 Vgl. Niehus/Wilke, Ubg 2019, 194 (206) mit Beispiel; Widmann/Mayer/Pupeter, Anhang Realteilung Rz. 841.

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Einkommensteuer | Rz. 22.134 § 22

betroffene WG „mitnehmen“. Nach BFH vom 16.3.2017 – IV R 31/14 ist dies zweifelhaft278. Angesichts des Verständnisses der echten Realteilung als Betriebsaufgabe dürfte wegen § 16 Abs. 3 Satz 6–8 EStG eine vertragliche Zuweisung der Entnahmegewinne nicht möglich sein. § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG, der bestimmt, dass bei der Aufgabe eines Gewerbebetriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen ist, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat. BFH und BMF verstehen die echte Realteilung als gemeinsame Entnahme aller WG, sodass für sämtliche Mitunternehmer die gemeinen Werte anzusetzen und nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel zu verteilen sind. Diese Frage ist aber streitig, denn § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG ließe sich jeweils auch personenbezogen anwenden279. cc) Ausscheiden gegen eine Sachwertabfindung in ein BV des Stillen Die Vollbeendigung und Auflösung einer Mitunternehmerschaft im Wege einer sog. echten Realteilung stellt eine Betriebsaufgabe der Gesellschaft dar, die grundsätzlich zur Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven zwingt. Bei Auflösung einer Mitunternehmerschaft im Wege einer steuerbegünstigten Realteilung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG können hingegen Sachgesamtheiten (Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile, Teilmitunternehmeranteile oder die 100%ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als fiktiver Teilbetrieb gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG) oder Einzelwirtschaftsgüter den Realteilern zugewiesen werden; unter den weiteren Voraussetzungen der Verwendung dieser Wirtschaftsgüter für betriebliche Zwecke (Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven) kommt es nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven, sondern zur zwingenden (nicht antragsgebundenen) Fortführung der Buchwerte bei den Realteilern. Die Grundsätze der Realteilung gelten nach dem nunmehr in der Rechtsprechung des BFH erreichten Stand280 sowohl für die Auflösung der Mitunternehmerschaft und Verteilung des Betriebsvermögens („echte Realteilung“) als auch für das Ausscheiden (mindestens) eines Mitunternehmers unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen aus einer zwischen den übrigen Mitunternehmern fortbestehenden Mitunternehmerschaft („unechte Realteilung“). Das BMF folgt im überarbeiteten Realteilungserlass vom 19.12.2018281 dieser Sichtweise. Es nennt in Tz. 1 des Schreibens beide Fallgruppen und führt unter Tz. 4 aus, Grundsätze der Realteilung würden sowohl für die „echte“ Realteilung als auch für die „unechte“ Realteilung gelten. Da die Realteilungsgegenstände in das „jeweilige BV der einzelnen Mitunternehmer“ zu übertragen sind und jeweils die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt sein muss, sind die Voraussetzungen der Buchwertfortführung gemäß § 16

278 BFH v. 16.3.2017 – IV R 31/14, BFH/NV 2017, 1093 = GmbHR 2017, 933; siehe Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 551. 279 Zu dieser Gegenauffassung siehe Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 551. 280 BFH v. 17.9.2015 – III R 49/13, BStBl. II 2017, 37 = GmbHR 2016, 370; BFH v. 16.3.2017 – IV R 31/14, BStBl. II 2019, 24 = GmbHR 2017, 933; BFH v. 30.3.2017 – IV R 11/15, BStBl. II 2019, 29. 281 BStBl. I 2019, 6 = GmbHR 2019, 203.

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22.134

§ 22 Rz. 22.134 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Abs. 3 Satz 2 EStG personen- und objektbezogen zu prüfen282. „Zielbetriebsvermögen“ dürfen nach der Verwaltungsauffassung nur ein Einzelunternehmen oder ein Sonderbetriebsvermögen des Realteilers bei einer anderen Mitunternehmerschaft, nicht aber das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft sein, an der der Realteiler beteiligt ist. Das aufnehmende Betriebsvermögen des Realteilers darf aber erst im Zuge der Realteilung (als Einzelunternehmen) entstehen und ausschließlich aus den im Wege der Realteilung empfangenen Wirtschaftsgütern bestehen283. dd) Anwendung auf das Ausscheiden des atypisch stillen Gesellschafters

22.135 Bei Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer zweigliedrigen Mitunternehmerschaft – wie in der Regel der atypisch stillen Gesellschaft – gegen eine Sachwertabfindung geht die Finanzverwaltung stets von einer echten Realteilung aus284, da dieser Vorgang die Aufgabe des Betriebs der Gesellschaft zur Folge hat. Der BFH wendet die Unterscheidung zwischen echter Realteilung und unechter Realteilung hingegen auch auf zweigliedrige Mitunternehmerschaften an. Ob im Einzelfall eine echte oder eine unechte Realteilung vorliegt, richtet sich danach, ob die Mitunternehmerschaft (gesellschaftsrechtlich) einvernehmlich aufgelöst wird oder ob sie fortbesteht und nur (mindestens) ein Mitunternehmer unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen ausscheidet285. Im Fall der Beendigung durch Kündigung dürfte nach Auffassungen eine echte Realteilung gegeben sein. Die Folgen richten sich beim Ausscheidenden danach, ob er das Sachwertabfindungsgut in ein BV oder in das Privatvermögen übernimmt. Für den ausscheidenden Stillen handelt es sich hingegen um ein Veräußerungsgeschäft (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG), wenn er die atypisch stille Gesellschaft gegen eine Barabfindung verlässt (Rz. 22.114 ff. und Rz. 22.123 ff. zum negativen Kapitalkonto, Ausnahme Rz. 22.134). Verzichtet der ausscheidende stille Gesellschafter im Fall der beteiligungsidentischen GmbH & Still, um einen Streit über die Höhe der Abfindung zu vermeiden, auf einen Teil seiner Barabfindung, kann beim Ausscheidenden ein betrieblich veranlasster Veräußerungsverlust mit Anschaffungskosten auf die Beteiligung (§ 6 Abs. 6 Satz 2 EStG) entstehen, dem ein korrespondierender laufender Gewinn des Geschäftsinhabers gegenübersteht. Erfolgt dieser Verzicht dagegen aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses, liegen weder ein Verlust des Ausscheidenden noch ein Gewinn des Geschäftsinhabers, aber Anschaffungskosten auf die Beteiligung vor286.

282 BFH v. 16.3.2017 – IV R 31/14, BStBl. II 2019, 24 = GmbHR 2017, 933; BMF v. 19.12.2018, BStBl. I 2019, 6 = GmbHR 2019, 203, Tz.1. 283 BMF v. 19.12.2018, BStBl. I 2019, 6 = GmbHR 2019, 203, Tz. 12; zur Übernahme auch in ein anderes Gesamthandsvermögen siehe BFH v. 2.10.2018 – IV R 24/15, GmbHR 2019, 498. 284 BMF v. 19.12.2018, BStBl. I 2019, 6 = GmbHR 2019, 203, Tz. 1. 285 BFH v. 16.3.2017 – IV R 31/14, BStBl. II 2019, 24 = GmbHR 2017, 933; siehe auch BFH v. 16.12.2015 – IV R 8/12, BStBl. II 2017, 766 = GmbHR 2016, 440 zur Realteilung einer zweigliedrigen Unterpersonengesellschaft auf die Oberpersonengesellschaften. 286 Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19489).

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Einkommensteuer | Rz. 22.138 § 22

Die Behandlung des Anschaffungsvorgangs auf Seiten des Geschäftsinhabers als Erwerber des Mitunternehmeranteils des Stillen ist umstritten. Ausgehend vom zivilrechtlichen Befund, dass der Inhaber des Geschäftsbetriebes sachenrechtlich bereits vor dem Ausscheiden Alleineigentümer des Betriebsvermögens war, wird in der Literatur vertreten, dass der das Kapitalkonto des ausscheidenden Gesellschafters übersteigende Betrag beim Geschäftsinhaber als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe zu behandeln und nicht zu aktivieren ist287. Die überwiegende Literaturauffassung und die Rechtsprechung würdigen den Erwerb jedoch zutreffend als Anschaffungsvorgang, der auf einer steuerrechtlichen Fiktion beruht288. Übersteigen die Anschaffungskosten die Buchwerte, ist eine Ergänzungsbilanz zu bilden und fortzuführen (Rz. 22.121)289. Dies folgt meines Erachtens nunmehr auch aus dem BFH-Urteil v. 1.3.2018 – IV R 38/15290, welches ein eigenes BV annimmt, aus dem heraus der Geschäftsinhaber seinen Anteil an der stillen Gesellschaft veräußern kann. Nichts anderes kann im Erwerbsfall gelten. Für das nicht gegen eine Abfindung erworbene Vermögen stellt sich zudem die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage der Rückfall des dem Betrieb der Innengesellschaft zugeordneten Vermögens in das eigene Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers erfolgt. Meines Erachtens sind insoweit die Grundsätze der Realteilung (§ 16 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG) ihrem Rechtsgedanken nach anzuwenden, sodass der Rücktransfer zu Buchwerten erfolgt (siehe zur sinngemäßen Anwendung des § 24 UmwStG unter Rz. 26.19). Eine tatbestandliche Anwendung der Regelungen des § 16 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG hätte meines Erachtens sinnwidrige Ergebnisse, etwa die Geltung der Körperschaftsteuerklausel in § 16 Abs. 3 Satz 4 EStG im Rahmen der Auflösung einer GmbH & atypisch Still oder der Sperrfristregelung des § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG zur Folge. Durch das BFH-Urteil v. 1.3.2018 – IV R 38/15291, welches die Selbständigkeit der Betriebsvermögen des atypisch stillen Gesellschafters und des Betriebs der Innengesellschaft betont, sind insoweit jedoch neue Fragen aufgeworfen.

22.136

Ein Veräußerungsverlust des Ausscheidenden führt demgegenüber beim Inhaber zu einem Gewinn. Die Buchwerte der bilanzierten Wirtschaftsgüter sind abzustocken, während der Ausweis eines negativen Geschäftswertes nicht möglich ist (siehe auch Rz. 22.123 ff.)292.

22.137

ee) Ausscheiden des Geschäftsinhabers Gleiches wie in den Fällen des Ausscheidens des Stillen unter Rz. 22.135 ff. gilt bei Ausscheiden des Geschäftsinhabers gegen eine Abfindung. Der Geschäftsbetrieb wird durch die Veräußerung des Mitunternehmeranteils (nicht des Betriebs) gegen die Barabfindung und die Anwachsung auf den atypisch stillen Gesellschafter übertragen und durch diesen als Einzelunternehmer fortgeführt. Entsprechend sind die Buch287 Langholz/Vahle, DStR 2000, 763 (765); Wahl in FS Beisse, S. 524 ff. 288 Brinkmann, StBP 2011, 242 (243). 289 BFH v. 3.6.1997 – VIII B 73/96, BFH/NV 1997, 838 = GmbHR 1998, 201 (nur LS) unter 2a) und LS 1; BFH v. 20.11.2014 – IV R 1/11 = GmbHR 2015, 334 = FR 2015, 552. 290 BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, DStR 2018, 1277 = GmbHR 2018, 690. 291 BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, DStR 2018, 1277 = GmbHR 2018, 690. 292 Ausführlich Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 511.

Levedag | 725

22.138

§ 22 Rz. 22.138 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

werte der übernommenen Wirtschaftsgüter im Einzelunternehmen aufzustocken, da i.H. der Abfindung Anschaffungskosten vorliegen. Sachenrechtlich erwirbt der Stille erstmals und vollumfänglich Eigentum an den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens. Finden auf Grundlage einer Sachwertabfindung (Rz. 22.134) die Realteilungsregelungen Anwendung, kommt es zur Fortführung der Buchwerte.

22.139 frei e) Besonderheiten bei der Auflösung einer GmbH & atypisch Still: Einbringung des Anteils an der atypisch stillen Gesellschaft in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten

22.140 Eine erfolgsneutrale Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft in der GmbH & atypisch Still kann auf Grundlage einer Einbringung einer atypisch stillen Beteiligung (des Mitunternehmeranteils) in die GmbH gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an der aufnehmenden Gesellschaft nach § 20 UmwStG erreicht werden. Die atypisch stille Beteiligung an der aufnehmenden GmbH erlischt dadurch. Die Umwandlung vollzieht sich als Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage. Der stille Gesellschafter leistet seine Sacheinlage dadurch, dass er der Kapitalgesellschaft gegenüber auf die Auszahlung seines durch die Auflösung der stillen Gesellschaft bedingten Auseinandersetzungsanspruches verzichtet293. Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG ist das eingebrachte Betriebsvermögen bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Es kann jedoch auf Antrag der aufnehmenden Gesellschaft der Buchwert oder ein Zwischenwert angesetzt werden, soweit das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des eingebrachten Betriebsvermögens nicht eingeschränkt wird, § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG294. Zu den weiteren Einzelheiten siehe § 26. 22.141 Von dieser Fallvariante strikt zu trennen ist die unentgeltliche Übertragung der atypisch stillen Beteiligung am Handelsgeschäft einer GmbH auf diese durch den alleinigen Anteilseigner. Mangels Ausgabe neuer Anteile ist § 20 UmwStG nicht anwendbar. Das FG Nürnberg hat hierin zutreffend eine verdeckte Einlage unter Aufgabe des Mitunternehmeranteils (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG) gesehen295.

293 Häger/Forst, EStB 2000, 72. 294 Nach Benz/Rosenberg in Blumberg/Schäfer, SEStEG, F III 2b), ist eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts i.S. des § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG nur bei Einbringung von im Betriebsvermögen gehaltenen 100%igen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften denkbar. 295 FG Nürnberg v. 13.9.2000 – V 479/98, GmbHR 2001, 480 = EFG 2001, 566 m. Anm. Braun. Das Verfahren wurde nach Rücknahme der Revision (Az. des BFH: IV R 2/01) eingestellt. Da durch die Überführung der Beteiligung ins Privatvermögen alle stillen Reserven aufgedeckt werden, können aber die Vergünstigungen der §§ 16, 34 EStG in Anspruch genommen werden. Siehe auch BMF v. 20.11.2019, DStR 2019, 2482, Tz. 2 zu § 6 Abs. 3 EStG.

726 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.146 § 22

f) Veräußerung des Geschäftsbetriebs Wird der Geschäftsbetrieb durch den Inhaber gemäß § 16 Abs. 1 EStG an einen Dritten (nicht den Stillen) veräußert, besteht die Möglichkeit, dass mit Zustimmung des atypisch stillen Gesellschafters die Gesellschaft mit dem neuen Inhaber fortgeführt wird (siehe auch Rz. 12.15 ff.)296. Das gilt auch für Umwandlungen des Trägers des Handelsgeschäftes (siehe § 17) unter Fortführung der atypisch stillen Gesellschaft. Bei Fortführung ergeben sich hieraus keine einkommensteuerrechtlichen Folgen für den atypisch stillen Gesellschafter297. Sofern dies nicht beabsichtigt ist, kommt es zur Auflösung der stillen Gesellschaft. frei

22.142

22.143– 22.144

g) Steuerbegünstigungen der § 16 Abs. 4, § 34 EStG aa) Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG Für Aufgabe- und Veräußerungsgewinne kann nach § 16 Abs. 4 EStG298 durch natürliche Personen ein Freibetrag i.H. von derzeit 45.000 Euro geltend gemacht werden. Der Freibetrag kann nur einmal im Leben und nur dann gewährt, wenn der Veräußerer das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. Der Freibetrag wird nur auf Antrag gewährt. Er wird um den Betrag ermäßigt, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 Euro übersteigt (Abschmelzungsregelung). Bei einem Veräußerungsgewinn i.H. von derzeit 181.000 Euro wird der Freibetrag daher vollständig abgeschmolzen. Der Steuerpflichtige muss das 55. Lebensjahr bereits im Zeitpunkt der Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils vollendet haben299. Bei einer Betriebsveräußerung wegen dauernder Berufsunfähigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist auf das Rechtsgeschäft abzustellen300.

22.145

Der Freibetrag ist nicht nur für die Veräußerung des gesamten Betriebs oder dessen Aufgabe, sondern auch für die Aufgabe und Veräußerung des Mitunternehmeranteils durch den atypisch stillen Gesellschafter oder den Geschäftsinhaber zu gewähren. Bei Mitunternehmerschaften ist im gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a, § 179 AO über das Vorliegen oder Nichtvorliegen, die Zurechnung, die Höhe und die Verteilung eines Veräußerungsgewinnes nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG zu entscheiden. Die Feststellungen dazu erwachsen eigenständig in Bestandskraft und entfalten Bindungswirkung. Über die Gewährung wegen Berufsunfähigkeit oder Vollendung des 55. Lebensjahres und die Höhe des

22.146

296 Hild/Schuch, DB 1993, 181 (185). 297 Honert, EStB 2001, 237. 298 Zu den Begriffen Aufgabe und Veräußerung siehe BFH v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BFHE 245, 306 = BStBl. II 2014, 1000. 299 BFH v. 28.11.2007 – X R 12/07, BFHE 219, 335 = BStBl. II 2008, 193 = FR 2008, 370 m. Anm. Wendt. 300 BFH v. 19.1.2010 – VIII R 49/07, BFH/NV 2010, 870; BFH v. 21.9.1995 – IV R 1/95, BStBl. II 1995, 893 = FR 1995, 867; Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 579.

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§ 22 Rz. 22.146 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

dem einzelnen Mitunternehmer zustehenden Freibetrages wird hingegen erst im Veranlagungsverfahren durch das Wohnsitz-Finanzamt entschieden. bb) Sondertarife nach § 34 EStG

22.147 Aufgabe- und Veräußerungsgewinne sind als außerordentliche Einkünfte (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG) antragsunabhängig nach § 34 Abs. 1 EStG zu besteuern. Bei dieser sog. Fünftelregelung beträgt die für den Veräußerungsgewinn anzusetzende Einkommensteuer das Fünffache des Unterschiedsbetrages zwischen der Einkommensteuer auf das zu versteuernde Einkommen ohne Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns und der Einkommensteuer auf das zu versteuernde Einkommen unter Berücksichtigung eines Fünftels des Veräußerungsgewinns. Hierdurch wird das Zufließen des Veräußerungsgewinns über einen Zeitraum von fünf Jahren simuliert, wodurch es zu einer Progressionsglättung kommt. 22.148 Die außerordentlichen Einkünfte werden auf Antrag alternativ zur Fünftelregelung nach § 34 Abs. 3 EStG durch einen ermäßigten Steuersatz begünstigt. Der Steuersatz beträgt seit dem Veranlagungszeitraum 2004 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes. Nach § 34 Abs. 3 Satz 2 EStG beträgt der Steuersatz stets mindestens 14 %. 22.149 Die Tarifbegünstigung i.H. von 56 % des Durchschnittssteuersatzes kann nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden, § 34 Abs. 3 Satz 4 EStG. Die Höhe der begünstigten außerordentlichen Einkünfte ist außerdem auf 5 Mio. Euro beschränkt, § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG. 22.150 Die Inanspruchnahme der Vergünstigung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinn dauernd berufsunfähig ist. Zum Zeitpunkt siehe Rz. 22.145. 22.151 Der Steuerpflichtige kann zwischen der Inanspruchnahme der Fünftelregelung nach § 34 Abs. 1 EStG und der Inanspruchnahme des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 3 EStG wählen301. Für den Anteil des Veräußerungsgewinnes, der den Grenzbetrag von 5 Mio. Euro nach § 34 Abs. 3 EStG übersteigt, kann die Fünftelregelung ebenfalls in Anspruch genommen werden (§ 34 Abs. 3 Satz 3 EStG)302. 5. Die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung a) Grundlagen

22.152 Gemäß § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO werden die einkommenund körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte aus Gewerbebetrieb einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften wie bei der atypischen stillen Gesell-

301 Berechnungshinweise finden sich bei Wendt, FR 2000, 1199 (1202 ff.); Fleischmann, StuB 2000, 1204; Siegle, SteuerStud 2001, 43. 302 Wendt, FR 2000, 1199 (1202).

728 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.156 § 22

schaft mehrere beteiligt sind303. Die einheitliche Gewinnfeststellung obliegt dem Betriebsfinanzamt (§ 18 AO), das für die Feststellungen, ob überhaupt eine Mitunternehmerschaft (atypische stille Gesellschaft) vorliegt, über Art der Einkünfte und die Höhe des Gewinns und die Gewinnverteilung (des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Anteils) zu entscheiden hat. Betriebsfinanzamt ist das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung des Handelsgewerbes des Inhabers befindet. Die für eine GmbH & atypisch Still getroffene Gewinnfeststellung ist Grundlagenbescheid für den Körperschaftsteuerbescheid der GmbH und den Einkommensteuerbescheid des Stillen304. Wird der Gewinnfeststellungsbescheid nicht angefochten, ist er für den auf dem Feststellungsbescheid beruhenden Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheid bindend (§ 351 Abs. 2 AO).

22.153

Ist ein typischer stiller Gesellschafter irrtümlich als Mitunternehmer behandelt worden, so muss er somit den einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid anfechten, da diese Feststellung eigenständig in Bestandskraft erwachsen kann. Dies gilt auch im umgekehrten Fall, in dem ein Gesellschafter nicht als atypisch still Beteiligter anerkannt wird. Wird die atypisch stille Beteiligung nicht anerkannt und ein negativer Feststellungsbescheid gemäß § 181 AO erlassen, ist dieser von den Feststellungsbeteiligten (nicht von der Innengesellschaft) anzufechten305.

22.154

Die Anfechtungsbefugnis eines einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids bestimmt sich nach § 352 AO und § 48 FGO. Es ist jeweils zu unterscheiden, ob der atypisch stille Gesellschafter neben dem vorrangig befugten Einspruchsbevollmächtigten oder Klagebevollmächtigten (in der Regel der Geschäftsinhaber) selbst einspruchs- oder klagebefugt ist (siehe Rz. 22.157 ff.).

22.155

b) Keine Beteiligtenfähigkeit der atypisch stillen Gesellschaft Die atypisch stille Gesellschaft kann selbst nicht Beteiligte (§ 57 Nr. 1 FGO) eines finanzgerichtlichen Verfahrens sein, das die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte betrifft, auch wenn sie Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation ist306. Die Rolle des nicht vorhandenen vertretungs-

303 Zur gesonderten und einheitlichen Feststellung bei Beteiligung einer natürlichen Person an einer inländischen GmbH siehe BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133 = GmbHR 2017, 1348 und BFH v. 19.7.2018 – IV R 10/17, GmbHR 2018, 1228 sowie zur Beteiligung an ausländischer Kapitalgesellschaft mit ausländischen Einkünften siehe FG München v. 8.10.2018 – 7 K 519/14, EFG 2019, 494, nrkr.; zur atypisch stillen Beteiligung einer Personengesellschaft an einer Personengesellschaft BFH v. 21.10.2015 – IV R 43/12, BStBl. II 2016, 517; zur juristischen Person siehe FG Mecklenburg-Vorpommern v. 5.9.2018 – 1 K 396/14, GmbHR 2019, 796, nrkr. Rev. anhängig unter I R 33/18. Siehe aus der älteren Rechtsprechung BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BFHE 187, 250 = BStBl. II 1999, 286; BFH v. 5.7.2002 – IV B 42/02, BFH/NV 2002, 1447 und BFH v. 19.12.2002 – IV R 47/01, BFHE 201, 241 = BStBl. II 2003, 507. 304 BFH v. 12.2.2015 – IV R 48/11, BFH/NV 2015, 1075 = GmbHR 2015, 948. 305 Levedag in Gräber, § 48 FGO Rz. 18, 82 m.w.N. 306 BFH v. 11.1.2001 – VIII R B 83/00, BFH/NV 2001, 578 = DStRE 2001, 494 unter 2.

Levedag | 729

22.156

§ 22 Rz. 22.156 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

berechtigten Geschäftsführers einer Außen-Gesellschaft übernimmt bei einer atypisch stillen Gesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 FGO der Empfangsbevollmächtigte/ Klagebevollmächtigte307. Empfangsbevollmächtigt ist i.d.R. bis zur Vollbeendigung der Inhaber des Handelsgeschäfts308. Ersatzweise kann bei Fehlen des Empfangsbevollmächtigten der atypisch stille Gesellschafter selbst klagebefugt sein (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO). Zur Gewerbesteuer siehe Rz. 24.65 ff. c) Einspruchs- und Klagebefugnis aa) Einspruchsbefugnis (§ 352 AO)

22.157 Die Einspruchsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung richtet sich nach § 352 AO, wonach die Einspruchsbefugnis für Einsprüche gegen Bescheide über einheitliche Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen aller Art einheitlich geregelt ist. Jedoch sind nicht alle Feststellungsbeteiligten einspruchsbefugt, obwohl der Feststellungsbescheid sich gegen sie alle als Inhaltsadressaten richtet und Rechtswirkungen ihnen gegenüber entfaltet. 22.158 Nach der Regelung des § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO sind als Prozessstandschafter zur Vertretung berufene Geschäftsführer oder, wenn solche nicht vorhanden sind, der Einspruchsbevollmächtigte i.S. des Abs. 2 vorrangig zur Einlegung des Einspruchs befugt. Bei der atypisch stillen Gesellschaft kommt eine solche Vertretung, d.h. ein rechtsgeschäftliches Handeln im Außenverhältnis für sie nicht in Betracht, da es sich um eine reine Innengesellschaft handelt. Die stille Gesellschaft hat daher keinen Geschäftsführer i.S. von § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO309. Der Inhaber des Handelsgeschäfts wird nur als Organ der atypisch stillen Gesellschaft tätig310. Siehe auch Rz. 22.156. 22.159 § 352 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 AO regelt ausdrücklich die Einspruchsbefugnis für den Fall, dass ein zur Vertretung befugter Gesellschafter nicht vorhanden ist. Der Inhaber des Handelsgeschäfts kann als Empfangsbevollmächtigter (§ 183 AO) Einspruchsbevollmächtigter in diesem Sinne sein311. Das Gesetz sieht drei Alternativen der Empfangsbevollmächtigung vor: 307 BFH v. 3.3.1998 – VIII B 62/97, BStBl. II 1998, 401 = GmbHR 1998, 902; BFH v. 14.11.2008 – IV B 136/07, BFH/NV 2009, 597; BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, BStBl. II 2012, 183; BFH v. 21.12.2011 – IV B 101/10, BFH/NV 2012, 598; Levedag in Gräber, § 48 FGO Rz. 43, 56. 308 BFH v. 19.3.2009 – IV R 20/08, BStBl. II 2010, 528; BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, BStBl. II 2012, 183. 309 BFH v. 11.1.2001 – VIII B 83/00, BFH/NV 2001, 578 = DStRE 2001, 578 unter 2; BFH v. 3.3.1998 – VIII B 62/97, BFHE 185, 131 = BStBl. II 1998, 401 = DB 1998, 1167 unter I.1.b) aa; BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, BFHE 235, 287 = BStBl. II 2012, 183 = FR 2012, 372; Steinhauff in HHSp., § 48 FGO Rz. 63. 310 Vgl. BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BFHE 187, 250 = BStBl. II 1999, 286 unter I.2.b). 311 BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, BFHE 235, 287 = BStBl. II 2012, 183 = FR 2012, 372; BFH v. 14.12.2000 – VIII B 66/00, BFH/NV 2001, 792 (II. 2c); BFH v. 3.3.1998 – VIII B 62/97, BFHE 185, 131 = BStBl. II 1998, 401 = DB 1998, 1167 unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren Rechtsprechungsauffassung, vgl. etwa BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BFHE 145, 408 = BStBl. 1986, 311.

730 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.161 § 22

(1) Ein Empfangsbevollmächtigter kann von den Feststellungsbeteiligten, d.h. den Gesellschaftern der atypisch stillen Gesellschaft, bestellt werden (§ 183 Abs. 1 Satz 1 AO). (2) Soweit eine Bestellung nach § 183 Abs. 1 Satz 1 AO nicht erfolgt ist, kann die Empfangsbevollmächtigung auch nach § 183 Abs. 1 Satz 2 AO fingiert werden. Danach gilt als Empfangsberechtigter, wer zur Vertretung der Gesellschaft oder der Feststellungsberechtigten oder zur Verwaltung des Gegenstandes der Feststellung berechtigt ist. In der Regel wird der Inhaber des Handelsgeschäfts nach dieser Alternative Empfangsbevollmächtigter sein312. (3) Die Finanzverwaltung kann gemäß § 183 Abs. 1 Satz 3–5 AO bei Fehlen eines Empfangsbevollmächtigten nach (1) und (2) auch einen der Feststellungsbeteiligten bestimmen. Hierzu muss sie die Beteiligten auffordern, innerhalb einer angemessenen Frist einen Empfangsbevollmächtigten zu benennen. Zugleich muss sie einen Beteiligten vorschlagen und darauf hinweisen, dass Bekanntgaben an diesen erfolgen, wenn kein anderer Empfangsbevollmächtigter benannt wird. In allen drei Fällen des § 183 AO ist aber erforderlich, dass die Beteiligten in der Feststellungserklärung bzw. in der Aufforderung zur Benennung eines Empfangsbevollmächtigten über die ausschließliche Einspruchsbefugnis des Empfangsbevollmächtigten belehrt werden (§ 352 Abs. 2 Satz 3 AO). Soweit die Belehrung im Feststellungsbescheid fehlt, ist der Inhaber des Handelsgeschäfts als Empfangsbevollmächtigter nicht nach § 352 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 AO vorrangig einspruchsbefugt. Zu beachten ist außerdem, dass die Feststellungsbeteiligten die Möglichkeit haben, gegenüber der Finanzbehörde der Einspruchsbefugnis des fingierten (2) oder bestimmten (3) Empfangsbevollmächtigten zu widersprechen (§ 352 Abs. 2 Satz 2 AO). Soweit eine Einspruchsberechtigung nach § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht vorliegt, insbesondere wenn keine Belehrung über die Einspruchsberechtigung des Empfangsbevollmächtigten erfolgt ist, ist jeder Gesellschafter einspruchsberechtigt, gegen den der Feststellungsbescheid ergangen ist oder hätte ergehen müssen (§ 352 Abs. 1 Nr. 2 AO)313.

22.160

Darüber hinaus ist ungeachtet von § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO jeder Feststellungsbeteiligte einspruchsbefugt, der von einer streitigen Feststellung persönlich betroffen ist, z.B. wer an dem festgestellten Betrag beteiligt ist und wie dieser sich auf die einzelnen Beteiligten verteilt (§ 352 Abs. 1 Nr. 4 AO). Dies betrifft insbesondere die Feststellung, ob eine atypisch stille Gesellschaft vorliegt bzw. wer Mitunternehmer ist314. Ergänzt wird die Vorschrift durch die Nr. 5, wonach die eigene Einspruchsbefugnis eines Beteiligten besteht, wenn ihn eine Feststellung im Bescheid persönlich berührt. Dies betrifft vor allem das Vorliegen und die Höhe von Sondervergütungen und von Sonder-

22.161

312 Vgl. BFH v. 3.3.1998 – VIII B 62/97, BStBl. II 1998, 401 = DB 1998, 1167 unter I.1.b) aa). Im konkreten Fall fehlte aber die nach § 352 Abs. 2 Satz 3 AO erforderlichen Belehrung der Feststellungsbeteiligten. 313 Vgl. BFH v. 3.3.1998 – VIII B 62/97, BStBl. II 1998, 401 = DB 1998, 1167 unter I.1.b) aa). 314 BFH v. 30.7.1987 – IV R 44/85, BFH/NV 1989, 502 zum insoweit noch anders nummerierten § 352 AO a.F.

Levedag | 731

§ 22 Rz. 22.161 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

betriebsausgaben315. Kann sich ein Feststellungsbeteiligter auf § 352 Abs. 1 Nr. 4 und 5 AO stützen, kann er neben dem in Prozessstandschaft für die übrigen Gesellschafter tätigen Empfangsbevollmächtigten aus eigenem Recht die ihn selbst betreffenden Feststellungen angreifen316. Die Einspruchsbefugnis nach § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO wird hierdurch nicht eingeschränkt, sondern ergänzt317. bb) Klagebefugnis (§ 48 Abs. 1 FGO) und Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO)

22.162 Angesichts der differenzierten Regelung der Klagebefugnis in § 48 Abs. 1 Nr. 1–5 FGO gerade für jene Personenvereinigungen, die über keinen vertretungsberechtigten Geschäftsführer verfügen, kommt bei der atypisch stillen Gesellschaft, die keinen zur Vertretung berechtigten Geschäftsführer hat, auch nur eine Prozessstandschaft des Klagebevollmächtigten (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 FGO) in Betracht318. Der Inhaber des Handelsgeschäfts ist nicht gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO als zur Vertretung berufener Geschäftsführer der atypisch stillen Gesellschaft klagebefugt319. Dem Empfangs- und Klagebevollmächtigten (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 FGO) steht als Prozessstandschafter die umfassende Klagebefugnis zu (siehe Rz. 22.156)320. Er handelt im eigenen Namen und im Interesse der Feststellungsbeteiligten und damit für diese als gesetzlicher Prozessstandschafter321. Diese Prozessstandschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 FGO endet mit der Vollbeendigung der atypisch stillen Gesellschaft. Bei der atypischen stillen Gesellschaft findet keine Abwicklung statt, da zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäftes und dem stillen Gesellschafter nur schuldrechtliche Beziehungen bestehen. Nach der Auflösung einer atypisch stillen Gesellschaft obliegt die Fortführung der von dieser Gesellschaft durch den Klagebevollmächtigten erhobenen Klage den aktuellen und ehemaligen Gesellschaftern (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 FGO)322. 22.163 Auch während des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft und der vorrangigen Prozessstandschaft des Klagebevollmächtigten sind Klagen der Feststellungsbeteiligten (Geschäftsinhaber; Stiller) nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 FGO hinsichtlich der sie berührenden Feststellungen zulässig (siehe Rz. 22.161).

315 BFH v. 12.7.1990 – IV R 25/89, BFH/NV 1991, 648 zum insoweit noch anders nummerierten § 352 AO a.F. 316 BFH v. 3.3.1998 – VIII B 62/97, BStBl. II 1998, 401 = DB 1998, 1167 unter I.1.b) bb); Dißars/Dißars, BB 1996, 773 (777); Levedag in Gräber, § 48 FGO Rz. 81. 317 BFH v. 19.5.1987 – VIII B 104/85, BFHE 150, 514 = BStBl. II 1988, 5 = GmbHR 1988, 37; BFH v. 26.10.1989 – IV R 23/89, BFHE 159, 15 = BStBl. II 1990, 333. 318 Steinhauff in HHSp., Stand: 5/2017, § 48 FGO Rz. 94, 149; Levedag in Gräber, § 48 FGO Rz. 43. 319 BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, BFHE 235, 287 = BStBl. II 2012, 183 = FR 2012, 372. 320 BFH v. 14.11.2008 – IV B 136/07, BFH/NV 2009, 597; BFH v. 21.12.2011 – IV B 101/10, BFH/NV 2012, 598; BFH v. 12.5.2016 – IV R 27/13, BFH/NV 2016, 559; BFH v. 21.12.2017 – IV R 44/14, BFH/NV 2018, 407 = GmbHR 2018, 439. 321 BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, BFHE 235, 287 = BStBl. II 2012, 183 = FR 2012, 372. 322 BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133 = GmbHR 2017, 1348; BFH v. 21.12.2017 – IV R 44/14, BFH/NV 2018, 407 = GmbHR 2018, 439; BFH v. 13.10.2016 – IV R 20/14, BFH/NV 2017, 475; Levedag in Gräber, § 48 FGO Rz. 43.

732 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.168 § 22

Der Empfangsbevollmächtigte, der gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 FGO klagebefugt ist, ist während des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft stets gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen, wenn einer der Feststellungsbeteiligten Klage erhebt. Klagt der Klagebevollmächtigte (in der Regel der Geschäftsinhaber) als Prozessstandschafter, ist der atypisch stille Gesellschafter somit nur beizuladen, wenn er nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 oder 5 FGO hinsichtlich dieser Feststellungen klagebefugt ist323. Klagt der atypisch stille Gesellschafter nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 oder Nr. 5 FGO wegen der Feststellung seines individuellen Gewinnanteils oder einer anderen ihn persönlich berührenden Feststellung, ist der Empfangsbevollmächtigte notwendig beizuladen. Klagt ein potentieller atypisch stiller Gesellschafter gegen einen negativen Gewinnfeststellungsbescheid, sind die übrigen Gesellschafter der Innengesellschaft, bei einer zweigliedrigen atypisch stillen Gesellschaft der Geschäftsinhaber, notwendig beizuladen324.

22.164

6. Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG – sog. Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer Zu den Einzelheiten siehe Rz. 24.59 ff.325.

22.165

II. Die typische stille Gesellschaft Die typisch stille Gesellschaft besitzt als solche keine eigene Steuerrechtsfähigkeit. Sie ist kein Einkünfteerzielungssubjekt und auch eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte gemäß § 179 Abs. 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO ist mangels gemeinschaftlicher Einkünfteerzielung nicht erforderlich. Der Besteuerung unterliegen sowohl der Inhaber des Handelsgeschäfts als auch der stille Gesellschafter.

22.166

1. Steuerrechtliche Behandlung beim Inhaber des Handelsgeschäfts Für den Inhaber des Handelsgeschäfts gelten je nach der Rechtsform, in der das Handelsgewerbe betrieben wird, die Vorschriften des EStG oder des KStG. Die Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb richtet sich nach der jeweils geltenden Gewinnermittlungsart (§ 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG oder § 4 Abs. 3 EStG).

22.167

Die auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinnanteile sind beim Inhaber Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG), durch die der einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtige Gewinn gemindert wird. Dies gilt aber nur, wenn die Gewinnanteile betrieblich veranlasst sind; hierzu muss die Einlage im Sinne einer Vermögensbelastung des

22.168

323 Vgl. Levedag in Gräber, § 60 FGO Rz. 59 „Atypisch stille Gesellschaft“ m.w.N. 324 Levedag in Gräber, § 60 FGO Rz. 59 „Atypisch stille Gesellschaft“ BFH v. 5.7.2002 – IV B 70/02, BFH/NV 2002, 1477. 325 Zu einem Anwendungsbeispiel im Rahmen der GmbH & atypisch Still siehe Levedag, GmbHR 2019, 699 (704).

Levedag | 733

§ 22 Rz. 22.168 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Stillen tatsächlich erbracht326 und nicht nur passiviert, sondern auch zu betrieblichen Zwecken verwendet werden327. In der Bilanz des Inhabers erscheint ist die typische stille Beteiligung als „qualifizierter Kredit“ und damit als Fremdkapital328. Für Zwecke der Gewerbesteuer ist bei Überschreiten des Freibetrags die Hinzurechnung des Gewinnanteils nach § 8 Nr. 1c GewStG zu beachten (siehe Rz. 24.77 ff.).

22.169 Beispiel: Bilanz zum 31.12.2015 (vor Gewinnverteilung) Aktiva

Passiva

Anlagen

50.000 Verbindlichkeiten

Umlaufvermögen

60.000 Rechnungsabgrenzung

36.000 2000

stille Beteiligung

20.000

Kapital

27.000

Gewinn

25.000

110.000

110.000

Gewinn- und Verlustrechnung zum 31.12.2015 (vor Gewinnverteilung) Aufwand Löhne und Gehälter Abschreibungen

Ertrag 25.000 Umsatzerlöse

88.000

9000 außerordentlicher Ertrag

sonstige Aufwendungen

34.000 (Anlagenverkauf)

Reingewinn

25.000 93.000

5000

93.000

Zur Verteilung im Rahmen der stillen Gesellschaft steht ein Gewinn von 20.000 Euro zur Verfügung, weil der stille Gesellschafter an dem außerordentlichen Ertrag aus Anlageverkauf von 5000 Euro nicht beteiligt ist. Ist sein Gewinnanteil mit 20 % vereinbart, so entfallen auf ihn 4000 Euro. Dieser Gewinnanteil erhöht, wenn nichts anderes vereinbart ist, nicht seine Einlage. Er ist deshalb nicht dem Einlagekonto, sondern einem besonderen Konto „Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters“ gutzubringen (§ 232 Abs. 3 HGB).

326 BFH v. 7.11.2018 – IV R 20/16, BStBl. II 2019, 224 zum typisch still Unterbeteiligten; Levedag, GmbHR 2019, 699 (705). 327 Brinkmann, StBp 2011, 213 (215) mit Hinweis auf BFH v. 6.3.2003 – XI R 24/02, BStBl. II 2003, 656 = FR 2003, 723. 328 BFH v. 6.3.2003 – XI R 24/02, BFHE 202, 137 = BStBl. II 2003, 656 = FR 2003, 723 m. Anm. Wendt. Demgemäß sind auch die anlässlich der Begründung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses zu entrichtenden Nebenkosten nach den für Darlehen geltenden Rechtsregeln aktiv abzugrenzen, vgl. BFH v. 14.11.2012 – I R 19/12, BFH/NV 2013, 1389.

734 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.171 § 22 Bilanz zum 31.12.2015 (nach Gewinnverteilung) Aktiva

Passiva

Anlagen

50.000 Verbindlichkeiten

36.000

Umlaufvermögen

60.000 stille Beteiligung

20.000

110.000

Rechnungsabgrenzung

2000

Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters

4000

Kapital

27.000

Gewinn

21.000 110.000

Der Inhaber hat für das Jahr 2015 als Gewinn aus Gewerbebetrieb 21.000 Euro zu versteuern. Dem stillen Gesellschafter fließen gemäß § 11 Abs. 1 EStG 4000 Euro als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) zu. Von diesem inländischen Kapitalertrag hat der Inhaber als Schuldner der Kapitalerträge (§ 44 Abs. 1 Satz 1 EStG) gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 3, § 43a Abs. 2 Satz 1 EStG 25 % Kapitalertragsteuer (= 1000 Euro) einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Für den Zeitpunkt des Entstehens der Kapitalertragsteuer stellt § 44 Abs. 3 EStG eine Zuflussfiktion auf: Ist bei Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter im Beteiligungsvertrag über den Zeitpunkt der Ausschüttung keine Vereinbarung getroffen, so gilt der Kapitalertrag am Tag nach der Aufstellung der Bilanz oder einer sonstigen Feststellung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters, spätestens jedoch sechs Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, für das der Kapitalertrag ausgeschüttet oder gutgeschrieben werden soll, als zugeflossen. In dem jeweiligen Zuflusszeitpunkt ist der Steuerabzug vorzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 3 EStG). Zudem hat der Inhaber als Schuldner der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer beim FA anzumelden und dem Stillen eine Bescheinigung auszustellen (§ 45 Abs. 1, § 45 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG).

Bei einem bilanzierenden Geschäftsinhaber (§ 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG) ist die an den stillen Gesellschafter zu zahlende Vergütung als Betriebsausgabe realisiert, wenn sich zum Ende des Geschäftsjahres ein Gewinn ergibt, an dem der Stille partizipiert (Rz. 22.196). Ermittelt der Geschäftsinhaber seinen Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, so sind die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters erst im Zeitpunkt ihres Abflusses Betriebsausgabe.

22.170

Die einkommensteuerrechtliche Zinsschranke nach § 4h EStG schränkt auch die Möglichkeiten des Inhabers zum Abzug der an den typischen stillen Gesellschafter gezahlten Gewinnanteile ein (siehe Rz. 22.60)329. Die Abhängigkeit der Zahlungen von einem Gewinn des Inhabers steht der Anwendbarkeit von § 4h EStG nicht entgegen330. Greift die Zinsschranke ist daher durch den Inhaber ein voller Abzug der

22.171

329 Ebenso Brinkmann, StBP 2011, 213 (215). 330 So auch BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001, 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718. Siehe auch Fischer/Wagner, BB 2008, 1872 (1873 f.) und Häuselmann, FR 2009, 506 (511 f.). Siehe zum Betriebsausgabenabzug auch Droscha/Holle, FR 2019, 6 ff.

Levedag | 735

§ 22 Rz. 22.171 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Gewinnanteile als Betriebsausgabe nur i.H. des Zinsertrages im gleichen Wirtschaftsjahr, darüber hinaus nur i.H. von 30 % des maßgeblichen Gewinns möglich, soweit der Inhaber den erweiterten Konzernbegriff des § 4h EStG erfüllt. Auch hier besteht eine Freigrenze i.H. von 3 Mio. Euro.

22.172 –22.180 frei 2. Die Einkunftsart beim stillen Gesellschafter

22.181 Für den stillen Gesellschafter sind die ihm aus einer im Privatvermögen gehaltenen typisch stillen Beteiligung zufließenden Gewinnanteile Einkünfte aus Kapitalvermögen (siehe § 20 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 EStG). 22.182 Wird die stille Beteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten, fällt der Gewinnanteil des Stillen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 8 EStG unter die Einkunftsart, zu der der Betrieb gehört, in dem die stille Beteiligung gehalten wird. Es können also Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus Land- und Forstwirtschaft oder aus selbständiger Arbeit vorliegen. Die stille Beteiligung kann auch zum gewillkürten Betriebsvermögen zählen, wenn sie an einem branchenfremden Handelsgeschäft besteht331. Bilanziert der stille Gesellschafter, ist in seiner Bilanz die Einlage „wie eine Kapitalforderung“ zu behandeln332. Der Zufluss des Gewinnanteils im Betrieb des Stillen richtet sich nach der jeweiligen Gewinnermittlungsart333 (zum maßgeblichen Zeitpunkt bei der Bilanzierung siehe Rz. 22.196 ff.). 22.183 Auch wenn die Gewinne aus der stillen Gesellschaft aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 20 Abs. 8 EStG einer der genannten betrieblichen Einkunftsarten zuzurechnen sind, erfolgt gemäß § 43 Abs. 4 EStG zunächst ein Steuerabzug vom Kapitalertrag. Dieser hat gemäß § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG aber keine Abgeltungswirkung. Der Stille hat den Kapitalertrag zu erklären und kann die Kapitalertragsteuer auf Grundlage einer Bescheinigung gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 1 EStG im Rahmen der Veranlagung anrechnen (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG). 3. Der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters a) Der Gewinnanteil

22.184 Einnahmen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem stillen Gesellschafter auf Grundlage des Gesellschaftsvertrags als Gegenleistung für die Kapitalüberlassung zufließen (vgl. § 8 Abs. 1 EStG), insbesondere sein Gewinnanteil. Der Gewinnanteil umfasst alle gewinnabhängigen Bezüge des stillen Gesellschafters, die nach den Vorstellungen der Beteiligten den Charakter einer Gegenleistung für die vom stillen Gesellschafter während des Bestehens und in Erfül331 RFH v. 14.9.1938 – VI 565/38, RStBl. 1938, 1063. 332 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BFHE 236, 543 = BStBl. II 2012, 745 = GmbHR 2012, 764. 333 Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 78; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 98.

736 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.186 § 22

lung des Gesellschaftsverhältnisses erbrachten Leistungen haben. Entscheidend ist die Veranlassung der Einkünfte durch die Kapitalüberlassung in Gestalt der stillen Beteiligung334. Die Höhe des Gewinnanteils richtet sich nach den Vereinbarungen des stillen Gesellschafters und des Geschäftsinhabers335: Die Beteiligten können vereinbaren, dass sich die Höhe der Gewinnbeteiligung nach der Handels- oder der Steuerbilanz richtet336. Wird auf die Steuerbilanz abgestellt, ist die endgültige, von der Finanzverwaltung anerkannte und u.U. korrigierte Bilanz maßgeblich337 (vgl. zudem Rz. 8.52 ff.). Sind für den stillen Gesellschafter irrtümlich zu hohe Gewinnanteile ermittelt worden, so hat der Inhaber bürgerlich-rechtlich einen Rückforderungsanspruch (siehe auch Rz. 8.94 ff.). Die Rechtsprechung behandelt diese Rückzahlungen erst bei Abfluss als negative Einnahmen des typisch stillen Gesellschafters338, d.h. eine Rückgewährverpflichtung steht weder dem Kapitalertragsteuerabzug noch dem Zufluss des Kapitalertrags beim Stillen entgegen. Etwas anderes gilt, wenn die Rückzahlung sich als Rückgewähr einer vGA im Rahmen der GmbH & typisch Still darstellt. Die Rückgewähr einer vGA ist sowohl aus Sicht der Kapitalgesellschaft als auch des Gesellschafters als Einlage zu behandeln, wenn die Rückzahlung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist339. Die für die Annahme einer Einlage erforderliche Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis besteht bei einer auf einer Satzungsklausel beruhenden Rückzahlung einer vGA, bei einer Rückzahlungsverpflichtung nach § 31 GmbHG und aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Treuepflicht340.

22.185

b) Besonderheit: Mehrgewinne aufgrund Betriebsprüfung aa) Handelsbilanz als Gewinnverteilungsmaßstab Wird bei einer Betriebsprüfung ein Mehrgewinn des Geschäftsinhabers in einem früheren Veranlagungszeitraum festgestellt, so wird dessen Veranlagung berichtigt und der Gewinn im Jahr der Fehlerquelle oder den Fällen der Bilanzberichtigung im ersten offenen Jahr nachversteuert. Das Ergebnis der Betriebsprüfung muss sich aber nicht zwangsläufig auf den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters auswirken. Ist im Gesellschaftsvertrag die Handelsbilanz zum Gewinnverteilungsmaßstab bestimmt worden

334 BFH v. 17.2.1972 – IV R 40/68, BFHE 105, 391 = BStBl. II 1972, 586; BFH v. 1.6.1978 – IV R 139/73, BFHE 125, 386 = BStBl. II 1978, 570; BFH v. 11.2.1981 – I R 98/76, BStBl. II 1981, 453 = FR 1981, 338; BFH v. 18.10.2006 – IX R 7/04, BStBl. II 2007, 258 = FR 2007, 301 = GmbHR 2007, 167; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 140 (Stand: 2/2014). 335 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 141. 336 BFH v. 13.9.2000 – I R 61/99, BStBl. II 2001, 67. 337 BFH v. 2.4.1971 – I R 114/70, BStBl. II 1971, 600. 338 BFH v. 13.12.1963 – VI 22/61 S, BFHE 78, 477 = BStBl. II 1976, 322; BFH v. 27.7.1999 – VIII R 79/98, BFH/NV 2000, 188; siehe auch BFH v. 4.5.2006 – VI R 33/03, BFHE 214, 92 = BStBl. II 2006, 911 = FR 2006, 1135; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 140, 161. 339 BFH v. 29.8.2000 – VIII R 7/99, BFHE 192, 554 = BStBl. II 2001, 173 = GmbH 2000, 1267. 340 BFH v. 14.7.2009 – VIII R 10/07, BFH/NV 2009, 1815.

Levedag | 737

22.186

§ 22 Rz. 22.186 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

(siehe Rz. 8.53 ff.), bleibt der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters unberührt, wenn sich aufgrund der Außenprüfung nur der Steuerbilanzgewinn, nicht aber der Handelsbilanzgewinn ändert (siehe Rz. 22.185 f.). Hat der Geschäftsinhaber aber auch gegen handelsrechtliche Bilanzierungsgrundsätze verstoßen oder Einnahmeverkürzungen vorgenommen, führt die darauf beruhende Gewinnerhöhung zu einem erhöhten Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters341. bb) Steuerbilanz als Gewinnverteilungsmaßstab

22.187 Ist die Steuerbilanz oder der steuerliche Gewinn bei der Einnahmenüberschussrechnung Gewinnverteilungsgrundlage (siehe Rz. 8.60 ff.), ist der stille Gesellschafter grundsätzlich an allen Gewinnerhöhungen zu Lasten des Geschäftsinhabers nach der Außenprüfung zu beteiligen. Erhöht sich aufgrund einer Außenprüfung der Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters, ist er in der Prüferbilanz für die Jahre der Außenprüfung insoweit als Verbindlichkeit zu bilanzieren342. Hinsichtlich des Zeitpunkts des Zufließens (§ 11 EStG) von aufgrund einer Betriebsprüfung ermittelten Mehrgewinnen eines stillen Gesellschafters gilt Folgendes: Der Mehrgewinn kann nicht als bereits durch die Betriebsprüfung festgestellt angesehen werden. Auch kommt es nicht darauf an, ob und wann der stille Gesellschafter von den Ergebnissen der Schlussbesprechung (§ 208 AO) und damit von seinem Mehrgewinn Kenntnis erhält. Denn selbst wenn er davon alsbald in Kenntnis gesetzt wird, würde eine solche Mitteilung ebenso wenig wie die Tatsache, dass ein Geschäftsinhaber mit seinem stillen Gesellschafter vor der Bilanzaufstellung über die Höhe des Jahresgewinns und des sich daraus ergebenden Gewinnanteils gesprochen hat, dazu führen, dass der Gewinnanteil ihm „zugeflossen“ ist. Ein Zufluss liegt auch in diesem Falle erst nach den allgemeinen Grundsätzen (Rz. 22.188 ff.) in der Regel mit der Gutschrift des Mehrgewinns vor343. c) Das Zufließen des Gewinnanteils aa) Stille Beteiligung im Privatvermögen

22.188 Die auf den stillen Gesellschafter entfallenden anteiligen Gewinne (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) sind für den Geschäftsinhaber bei betrieblicher Veranlassung (§ 4 Abs. 4 EStG) Betriebsausgaben. Zudem ist der Gewinnanteil in der Bilanz des Geschäftsinhabers als Verbindlichkeit zu passivieren. Mit Auszahlung im folgenden Jahr muss die Verbindlichkeit aufgelöst werden. Beispiel: Im Jahre 2015 hat X, der Inhaber eines Handelsgeschäfts, einen Gewinn von 60.000 Euro erzielt, an dem der stille Gesellschafter mit 20 % = 12.000 Euro beteiligt ist. In der Bilanz zum 31.12.2015 ist eine Verbindlichkeit i.H. von 12.000 Euro als Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters auszuweisen.

341 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 87. 342 Vgl. zum Ganzen Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 86.; Schulze zur Wiesche, StBp 1978, 73 ff. 343 BFH v. 6.9.1963 – VI 153/62, HFR 1964, 42; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 86; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 161 (Stand: 2/2014).

738 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.191 § 22

Der Zufluss der Gewinnanteile i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG beim typischen stillen Gesellschafters bestimmt sich nach § 11 EStG, wonach Einnahmen im Kalenderjahr des Zuflusses vom Steuerpflichtigen bezogen sind. Ein Zufluss ist gegeben, wenn der stille Gesellschafter über den Betrag wirtschaftlich verfügen kann. Das ist spätestens der Fall, wenn die Gewinnanteile bar ausgezahlt werden, wenn ein (gedeckter) Scheck übergeben wird oder wenn eine Überweisung erfolgt. Im System der Abgeltungsteuer haben sich frühere Diskussionen über den maßgeblichen Zuflusszeitpunkt relativiert, wenn die Kapitalertragsteuer einbehalten wird, da in diesem Fall die Einkommensteuer beim stillen Gesellschafter gemäß § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG abgegolten ist und er die Einnahme gemäß § 25 Abs. 1, Halbs. 2 EStG nicht mehr zur erklären hat344 (siehe Rz. 22.287 ff.).

22.189

Auch die Gutschrift des Gewinnanteils in den Büchern des Geschäftsinhabers kann einen Zufluss bewirken. Hierzu ist allerdings nach allgemeinen Grundsätzen weiter erforderlich, dass der Gewinnanteil dem Berechtigten zur freien Verfügung steht und dass der Schuldner leistungsbereit und zahlungsfähig ist345. Ist im Fall der stillen Gesellschaft der Geschäftsinhaber als Schuldner zur Auszahlung des Gewinnanteils nicht in der Lage, ist dem stillen Gesellschafter solange keine Einnahme zugeflossen, wie der Geschäftsinhaber zahlungsunfähig ist346. Vereinbaren die Beteiligten wegen vorübergehender Zahlungsunfähigkeit des Inhabers die Stundung des Gewinnanteils des Stillen, so ist der Steuerabzug erst nach Ablauf der Stundungsfrist vorzunehmen (§ 44 Abs. 4 EStG). Werden die Gewinnanteile dagegen stehen gelassen und wird vereinbart, dass sie die Einlage erhöhen oder für eine bestimmte Zeit im Unternehmen des (zahlungsfähigen) Geschäftsinhabers als Darlehen verbleiben sollen, erfolgt der Zufluss der Gewinnanteile mit der Gutschrift. Es liegt dann ein Fall der Schuldumschaffung bzw. Novation vor347.

22.190

Zum Zufluss von Einnahmen im Rahmen eines betrügerischen Schneeballsystems, das aus Sicht des jeweiligen Anlegers als stille Gesellschaft qualifiziert wird, kommt es auch für nur buchmäßig gutgeschriebener (Schein-)Erträge und aufgrund der Vereinbarung zwischen Betrüger (Geschäftsinhaber) und Anleger (dem Stillen), dass abrufbare Erträge die zur Anlage bestimmte Einlage erhöhen sollen, kommen. Der BFH bejaht seit den sog. „Ambros-Entscheidungen“ einen Zufluss von Kapitaleinkünften beim Anleger gemäß §§ 20 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 7 EStG auch dann, wenn die auf Wunsch

22.191

344 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 83. 345 BFH v. 11.5.1999 – VIII R 70/95, BFH/NV 2000, 18 LS und unter II.3.b); BFH v. 14.2.1984 – VIII R 221/80, BFHE 140, 542 = BStBl. II 1984, 480; BFH v. 6.9.1963 – IV 153/62, HFR 1964, 42. Vgl. auch die Grundsatzurteile des BFH v. 22.7.1997 in den Ambros-Fällen: BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BFHE 184, 21 = BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943; BFH v. 22.7.1997 – VIII R 12/96, BFHE 184, 34 = BStBl. II 1997, 761; BFH v. 22.7.1997 – VIII R 13/96, BFHE 184, 46 = BStBl. II 1997, 767 = FR 1997, 949; BFH v. 11.2.2014 – VIII R 25/ 12, BFHE 244, 406 = BStBl. II 2014, 461 = FR 2014, 702 m. Anm. Marx. 346 BFH v. 2.4.2014 – VIII R 38/13, BFHE 245, 295 = BStBl. II 2014, 698 = FR 2015, 240. 347 Vgl. BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BFHE 184, 21 = BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943; BFH v. 14.6.2005 – VIII R 53/03, BFH/NV 2005, 2183 unter II.2.a); BFH v. 11.2.2014 – VIII R 25/12, BFHE 244, 406 = BStBl. II 2014, 461 = FR 2014, 702.

Levedag | 739

§ 22 Rz. 22.191 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

des Anlegers reinvestierten Scheinrenditen aufgrund des Zusammenbruchs der Anlagegesellschaft nach der Gutschrift uneinbringlich werden348.

22.192 Die Kriterien, die für die Qualifikation der in einem Schneeballsystem abgeschlossenen Vereinbarungen zwischen dem Anleger und dem Betreiber des Schneeballsystems als typisch stille Gesellschaft sprechen, hat der BFH im Urteil vom 27.8.2014349 nochmals bestätigt (siehe auch Rz. 20.40 ff.). Entscheidend für die Einordnung des Rechtsverhältnisses ist, was die Vertragsparteien wirtschaftlich gewollt haben und ob dieser Vertragswille dem objektiven Rechtsbild einer (stillen) Gesellschaft entspricht. Für den Abschluss eines Gesellschaftsverhältnisses spricht maßgeblich eine Erfolgsbeteiligung (Gewinn- und Verlustbeteiligung) beider Vertragsparteien, wenn hierdurch eine Risikogemeinschaft begründet wird und die Kapitalanlagen durch den Betreiber des Systems (das Handelsgeschäft) dadurch sowohl erhebliche Gewinnchancen als auch beträchtliche Risiken bieten. Die Anleger tragen zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks in einer stillen Gesellschaft bei, indem sie dem Betreiber des Schneeballsystems auf unbestimmte Zeit Kapital zur Anlage überlassen, mit dem dieser im Außenverhältnis zum Kapitalmarkt sein Handelsgeschäft betreibt. Das zur Anlage überlassene Kapital verkörpert den Gesellschafterbeitrag und die stille Einlage des Anlegers. Der Beitrag des Schneeballsystembetreibers als Inhaber des Handelsgeschäfts zum Erreichen des Zwecks der stillen Gesellschaft besteht in der Übernahme der Verpflichtung, im Außenverhältnis die Kapitalanlage unter Einsatz des von den Anlegern als stillen Gesellschaftern bereitgestellten Kapitals zu betreiben. Nicht maßgeblich ist, ob in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anlageprospekts die Bezeichnung des Rechtsverhältnisses „stille Beteiligung“ erwähnt wird und keine ausdrücklichen Kontrollrechte der Anleger vereinbart werden350. 22.193 Ist im Gesellschaftsvertrag über den Zeitpunkt der Ausschüttung nichts vereinbart, dann gilt als Zeitpunkt des Zufließens der Tag nach der Aufstellung der Bilanz oder einer sonstigen Feststellung des Gewinnanteils. Für die Kapitalertragsteuer gilt § 44 Abs. 3 EStG, der für den Bereich der Kapitalertragsteuer der allgemeinen Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG vorgeht. 22.194 Erhält der stille Gesellschafter nach den bestehenden Vereinbarungen Vorausleistungen oder Abschlagszahlungen auf seinen Gewinnanteil, so sind diese Zahlungen ihm gemäß § 11 Abs. 1 EStG trotz des vorläufigen Charakters zugeflossen. Bei Vorauszahlungen kann der Empfänger auch dann, wenn sie unter einer auflösenden Bedingung gezahlt werden, mit dem Empfang tatsächlich verfügen, da das „Behaltendürfen“ und die endgültige Verfügungsmacht keine Voraussetzung des Zuflusses ist351. Auf die

348 Vgl. BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BFHE 184, 21 = BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943; BFH v. 11.2.2014 – VIII R 25/12, BFHE 244, 406 = BStBl. II 2014, 461 = FR 2014, 702; BFH v. 2.4.2014 – VIII R 38/13, BFHE 245, 295 = BStBl. II 2014, 698 = FR 2015, 240; Levedag, NWB 2015, 914 ff. 349 BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187. 350 Siehe zum Ganzen Levedag, NWB 2015, 914 ff. 351 BFH v. 13.10.1989 – III R 30-31/85, BFHE 159, 123 = BStBl. II 1990, 287.

740 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.195 § 22

Vorauszahlungen ist auch Kapitalertragsteuer zu erheben352. Erhält der stille Gesellschafter mehr, als ihm nach der endgültigen Gewinnfeststellung zusteht, und wird die Überzahlung in einem späteren Jahr verrechnet (nicht zurückgezahlt), so bleibt es bei der Versteuerung des zunächst zugeflossenen Betrags. Die hierauf angemeldete und einbehaltene Kapitalertragsteuer wird ebenfalls nicht erstattet. Der Ausgleich erfolgt dadurch, dass der stille Gesellschafter in den Verrechnungsjahren entsprechend weniger erhält. Muss der stille Gesellschafter den überzahlten Betrag der Gewinnanteile tatsächlich zurückzahlen, so ist dieser Betrag im Jahr der Rückzahlung als negative Einnahme aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen353. Für Gewinnanteile des beherrschenden Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft in der GmbH & typisch Still gelten besondere Grundsätze. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei beherrschenden Gesellschaftern der Zufluss eines Vermögensvorteils nicht erst im Zeitpunkt der Zahlung oder der Gutschrift auf dem Konto des Gesellschafters, sondern bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung anzunehmen, sofern der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist und sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft richtet. Die Rechtsprechung begründet dies damit, dass ein beherrschender Gesellschafter es regelmäßig in der Hand hat, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen354. Somit sind unter den genannten Voraussetzungen Einnahmen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht erst im Zeitpunkt der Gutschrift auf einem Verrechnungskonto, sondern bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung anzunehmen355. Gewinnanteile gelten im Übrigen ausnahmsweise – wie bei Vorabausschüttungen – bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Gewinnverwendung als zugeflossen, und zwar auch dann, wenn die Gesellschafterversammlung eine spätere Fälligkeit des Auszahlungsanspruches beschließt356. Diese Vorverlagerung des Zuflusszeitpunkts soll Manipulationen vermeiden helfen, da der beherrschende Gesellschafter sonst den Gewinn bei der Kapitalgesellschaft durch Betriebsausgaben min-

352 BFH v. 29.4.1982 – IV R 95/79, BStBl. II 1982, 593 = FR 1982, 494. 353 BFH v. 17.2.1993 – I R 21/92, BFH/NV 1994, 83; BFH v. 1.4.2003 – I R 51/02, BStBl. II 2003, 77 = FR 2003, 1026 = GmbHR 2003, 1015; BFH v. 2.12.2014 – VIII R 2/12, GmbHR 2015, 371 = DStR 2015, 402; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 105. 354 BFH v. 14.2.1984 – VIII R 221/80, BFHE 140, 542 = BStBl. II 1984, 480; BFH v. 19.7.1994 – VIII R 58/92, BFHE 176, 317 = BStBl. II 1995, 362, und BFH 3.2.2011 – VI R 4/10, BFHE 232, 501 = BStBl. II 2014, 493; BFH v. 3.2.2011 – VI R 66/09, BFHE 232, 497 = BStBl. II 2014, 491 = GmbHR 2011, 599; Beschluss des Großen Senats des BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BFHE 183, 187 = BStBl. II 1998, 307, unter C.II.1.a. 355 Vgl. z.B. BFH v. 14.2.1984 – VIII R 221/80, BStBl. II 1984, 480; BFH v. 5.10.2004 – VIII R 9/03, BFH/NV 2005, 526 = GmbHR 2005, 176; BFH v. 8.5.2007 – VIII R 13/06, BFH/ NV 2007, 2249; BFH v. 28.9.2011 – VIII R 10/08, BStBl. II 2012, 315; BFH v. 2.12.2014 – VIII R 2/12, GmbHR 2015, 371 = DStR 2015, 402. 356 BFH v. 27.1.1977 – I R 39/75, BStBl. II 1977, 491; BFH v. 21.10.1981 – I R 230/78, BFHE 134, 315 = BStBl. II 1982, 139 = GmbHR 1982, 74; BFH v. 14.2.1984 – VIII R 221/80, BFHE 140, 542 = BStBl. II 1984, 480; BFH v. 17.2.1993 – I R 21/92, BFH/NV 1994, 83; BFH v. 17.11.1998 – VIII R 24/98, BFHE 187, 292 = BStBl. II 1999, 223 = GmbHR 1999, 304; BFH v. 2.12.2014 – VIII R 2/12, GmbHR 2015, 371 = DStR 2015, 402.

Levedag | 741

22.195

§ 22 Rz. 22.195 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

dern könnte, ohne einen Zufluss auf der Gesellschafterebene zu verwirklichen357. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn der Gesellschaftsvertrag einen Fälligkeitszeitpunkt verbindlich festlegt358. Die Fiktion des Zuflusszeitpunkts in § 44 Abs. 3 Satz 1 EStG gilt nach der Auffassung des BFH auch für Vergütungen an einen beherrschenden Gesellschafter. Das bedeutet, dass für die Entstehung der Kapitalertragsteuer der beschlossene (frühere) Tag der Auszahlung als Zuflusszeitpunkt maßgeblich ist. Der Anrechnung der Kapitalertragsteuer steht nicht entgegen, dass die Entstehungszeitpunkte der Kapitalertragsteuer und der Einkommensteuer auseinander fallen können359. bb) Stille Beteiligung im Betriebsvermögen

22.196 Wird die stille Beteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten, ist hinsichtlich der zeitlichen Berücksichtigung der Gewinnanteile auf die Gewinnermittlungsart des Betriebs abzustellen, dem die stille Beteiligung als Wirtschaftsgut zugeordnet wird (siehe auch Rz. 8.60 ff.). Wird der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt (§ 4 Abs. 1 EStG), ist die Forderung auf Auskehrung des Gewinnanteils in die Bilanz des stillen Gesellschafters im Zeitpunkt der Realisation einzustellen. Ein auf den stillen Gesellschafter entfallender Gewinnanteil ist nicht erst mit der Feststellung der Bilanz des Geschäftsinhabers, sondern zum Ende des jeweiligen Geschäftsjahres zu erfassen ist, für das der Gewinnanteil nach § 232 Abs. 1 HGB berechnet werden muss360. Auf den Tag der Auszahlung kommt es in diesem Falle nicht an. Keine Abweichungen zum Zuflusszeitpunkt gemäß § 11 EStG ergeben sich, wenn der stille Gesellschafter den Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt361. 22.197 Ist der stille Gesellschafter beherrschender Gesellschafter in einer GmbH & typisch Still, ist die Forderung ggf. phasengleich wie bei Dividendenforderungen zu aktivieren362. Nach dem Großen Senats des BFH ist bei Dividendenansprüchen aber eine phasengleiche Aktivierung nur ausnahmsweise dann und insoweit möglich, als zum Bilanzstichtag ein Bilanzgewinn der Gesellschaft auszuweisen ist, der mindestens ausschüttungsfähige Bilanzgewinn den Gesellschaftern bekannt ist und für diesen Zeitpunkt anhand objektiver Anhaltspunkte nachgewiesen ist, dass die Gesellschafter endgültig entschlossen sind, eine bestimmte Gewinnverwendung künftig zu beschließen

357 Blaurock, BB 1992, 1969 (1972). 358 Vgl. BFH v. 17.11.1998 – VIII R 24/98, BFHE 187, 292 = BStBl. II 1999, 223 = GmbHR 1999, 304, der bei der GmbH nur im Falle einer Satzungsbestimmung eine Ausnahme von den dargestellten Grundsätzen zulassen will. So auch Schoor, LSW Gruppe 14, S. 415 (424). 359 BFH v. 17.11.1998 – VIII R 24/98, BFHE 187, 292 = BStBl. II 1999, 223 = GmbHR 1999, 304; Renner, DStZ 2015, 611 (612). 360 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BFHE 236, 543 = BStBl. II 2012, 745 = GmbHR 2012, 764; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 83. 361 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 98. 362 Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 33, 78; BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BStBl. II 2012, 1267 = GmbHR 2012, 764 = FR 2012, 727.

742 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.201 § 22

(siehe Rz. 22.43 ff.)363. Für die typisch stille Gesellschaft ist in der Rechtsprechung geklärt, dass Gewinn- und Verlustanteile aus typisch stillen Beteiligungen, die im Betriebsvermögen gehalten werden, ebenfalls nur nach diesen strengen Vorgaben phasengleich zu berücksichtigen sind364. cc) Sonderfragen des Zuflusses Im Falle des Todes des stillen Gesellschafters (siehe auch Rz. 14.49) ist der Zeitpunkt der Erfassung der Betriebseinnahme entscheidend dafür, ob es sich noch um Einkünfte des Verstorbenen oder des Erben handelt. Auf welchen Zeitraum der Gewinnanteil entfällt und ob er nachträglich gezahlt wird, ist nicht entscheidend365.

22.198

Wird eine typische stille Beteiligung entgeltlich oder unentgeltlich auf einen Dritten übertragen, bevor der Gewinnanspruch für einen bestimmten Zeitabschnitt entstanden ist, so sind die Einkünfte aus der Beteiligung für den zurückliegenden Zeitabschnitt mit dem Zufluss dem Rechtsnachfolger zuzurechnen366. Hat der stille Gesellschafter lediglich seinen Anspruch auf anteiligen Gewinn (und nicht die Beteiligung) an einen anderen abgetreten, erfolgt der Zufluss des Gewinns beim stillen Gesellschafter. Der abgetretene Gewinnanspruch bewirkt für den Zessionar keinen Zufluss von Einkünften; auch nicht, wenn eine förmliche Abtretung nicht vorliegt und diese vielmehr dadurch ersetzt wird, dass der stille Gesellschafter dem Geschäftsinhaber gegenüber zugunsten des anderen auf seinen Gewinnanteil verzichtet367.

22.199

frei

22.200

4. Gewinne aus Auflösung der typisch stillen Gesellschaft und Veräußerung der Beteiligung Zu den Auflösungsgründen siehe Rz. 14.8 ff. Bei stillen Beteiligungen die im Privatvermögen gehalten werden und vor dem 1.1.2009 begründet oder erworben wurden (Altgesellschaften), sind diese Gewinne grundsätzlich der nicht steuerbaren Vermögensebene zuzuordnen und nicht steuerbar. Im Rahmen der Abgeltungsteuer ist für stille Beteiligungen, die nach dem 31.12.2008 erworben wurden (Neugesellschaften), eine generelle Besteuerung von Auflösungs- und Veräußerungsgewinnen eingeführt worden, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 EStG. Für Altgesellschaften bleibt es bei der grundsätzlichen Steuerfreiheit von Veräußerungs- und Auflösungsgewinnen ohne zeitliche Begrenzung (siehe § 52 Abs. 28 Satz 13 EStG)368. Daher werden 363 BFH v. 7.8.2000 – GrS 2/99, BFHE 192, 339 = BStBl. II 2000, 632 = GmbHR 2000, 1106. 364 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BFHE 236, 543 = BStBl. II 2012, 745 = GmbHR 2012, 764. 365 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 143, 184. 366 FG Baden-Württemberg v. 16.2.1967 – VI 36/66, EFG 1967, 339; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 143 mit Abgrenzung zur Zugehörigkeit der Ansprüche zum Nachlass. 367 RFH v. 17.6.1931 – VI A 1208/31, RStBl. 1931, 633; BFH v. 9.4.1991 – IX R 78/88, BFHE 163, 517 = BStBl. II 1991, 809 unter II.3. 368 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 145 (Stand: 2/2014).

Levedag | 743

22.201

§ 22 Rz. 22.201 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

zunächst die für Altgesellschaften und anschließend die für Neugesellschaften geltenden Grundsätze im Falle der Auflösung und Veräußerung dargestellt. a) Gewinne aus Auflösung von typisch stillen Altgesellschaften aa) Stille Beteiligung im Privatvermögen

22.202 Bei Auflösung der stillen Gesellschaft hat der Geschäftsinhaber dem stillen Gesellschafter dessen Guthaben nach den unter Rz. 15.22 ff. dargestellten Grundsätzen in Geld zu ersetzen. Die Rückzahlung der Einlage im Rahmen einer Auflösung der stillen Gesellschaft ist bei stillen Beteiligungen, die vor dem 1.1.2009 begründet oder erworben wurden (Altgesellschaften), eine einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Vermögensumschichtung369 und keine Veräußerung (Rz. 22.217). Werden Beträge gezahlt, die den Nennwert der ursprünglichen Einlage übersteigen, ist für die Rechtslage bis 2008 jedoch regelmäßig streitig, ob es sich bei den Mehrbeträgen noch um steuerbare zusätzliche Entgelte für die Kapitalüberlassung oder nachträgliche Einnahmen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG a.F. handelt370. 22.203 Übersteigt das ausgezahlte Auseinandersetzungsguthaben den Nennwert der Einlage der stillen Beteiligung ist nach dem Veranlassungszusammenhang des Mehrbetrags zu fragen. Es können folgende Fallgruppen unterschieden werden371: – Stehen gelassene Gewinnanteile früherer Jahre, die die Einlage erhöht haben, sind steuerfrei, da sie bereits im Zeitpunkt der Einlageerhöhung zu versteuern waren. – Noch nicht zugeflossene, durch Bilanzaufstellung festgestellte und damit auch noch nicht besteuerte Gewinnanteile aus schon abgelaufenen Wirtschaftsjahren und der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters aus dem letzten (Rumpf-)Wirtschaftsjahr, die im Mehrerlös vergütet werden, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG a.F. zu versteuern. – Gewinnanteile aus Korrekturbeträgen zu Gewinnanteilen aus der Vergangenheit (siehe Rz. 15.25 f.) erhöhen in der Auseinandersetzungsbilanz den Gewinnanteil des letzten Wirtschaftsjahres, bilden aber keinen selbständigen Teil des Auseinandersetzungsguthabens. – Geht der Betrag der Abfindungszahlung sowohl über den Nennwert der stillen Beteiligung als auch über die vorgenannten Posten hinaus, ist er in der Regel als besonderes (zusätzliches) Entgelt für die Überlassung der Einlage an den Geschäftsinhaber zur Nutzung zu qualifizieren und unterliegt der Besteuerung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 20 Abs. 3 EStG a.F. 369 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 146 (Stand: 2/2014); Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 178 f. 370 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 490 (Stand: 2/2014). 371 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 146 (Stand: 2/2014) mit Hinweis auf BFH v. 14.2.1984 – VIII R 126/82, BStBl. II 1984, 580 = FR 1984, 397; BFH v. 16.8.1995 – VIII B 156/94, BFH/NV 1996, 125 und abgrenzend zu BFH v. 18.10.2006 – IX R 7/04, BStBl. II 2007, 258 = GmbHR 2007, 167 = FR 2007, 301; vgl. auch Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 179; Sterner, DB 1985, 2316 (2317).

744 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.207 § 22

Der Besteuerung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder Abs. 1 Nr. 4 EStG a.F. unterliegt der Mehrbetrag auch dann, wenn bereits im Gesellschaftsvertrag eine Rückzahlung der Einlage mit einem bestimmten, über dem Nennwert liegenden Betrag vereinbart wurde372, oder der Mehrbetrag auf einer Wertsicherungsklausel im Gesellschaftsvertrag beruht373, da in beiden Fällen der Mehrbetrag durch die Kapitalüberlassung veranlasst ist.

22.204

Wird ein Mehrbetrag nicht als Entgelt für die Überlassung der Einlage oder als Entschädigung für entgangene zukünftige Gewinnanteile (siehe sogleich) gezahlt, sondern als Gegenleistung für die Zustimmung zur vorzeitigen Vertragsauflösung durch einen „lästigen“ Gesellschafter, den die Gesellschaft auf andere Weise nicht hätte „los werden“ können, so ist die Zahlung weder als besonderes Entgelt i.S. von § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG a.F. noch als sonstige Einnahme i.S. des § 22 Nr. 3 EStG a.F. steuerbar374.

22.205

Wird ein nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG a.F. steuerbarer Mehrbetrag bei vorzeitiger Auflösung der stillen Gesellschaft als Entschädigung für entgehende künftige Gewinnanteile gezahlt, ist eine Steuerermäßigung gemäß § 24 Nr. 1, § 34 EStG möglich375. Eine Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG kann auch dann vorliegen, wenn der stille Gesellschafter selbst an dem „schadenstiftenden Ereignis“ mitwirkt, indem er Vereinbarungen schließt oder als Gesellschafter Beschlüssen zustimmt, durch die eine Beendigung der stillen Beteiligung eintritt und ein Anspruch auf Entschädigung des zu erwartenden Einnahmeausfalls begründet wird. Der stille Gesellschafter muss bei der Aufgabe seiner Rechte aber unter erheblichem rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck handeln. Er darf das schadenstiftende Ereignis nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben376.

22.206

Dagegen erfordert eine Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG, dass die Tätigkeit bzw. Gewinnbeteiligung gerade mit Wollen oder Zustimmung des Betroffenen aufgegeben wird. Der BFH377 hält eine tarifbegünstigte Besteuerung einer solchen Entschädigung auch bei einer auf Lebenszeit geschlossenen und unkündbaren stillen Gesellschaft für möglich. Hiergegen könnte aber sprechen, dass nach der Rechtsprechung des BGH in einer auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangenen stillen Gesellschaft das ordentliche Kündigungsrecht gemäß §§ 234, 132 HGB nicht durch eine

22.207

372 FG Hess. v. 9.3.1982 – VI 410/76, EFG 1982, 623; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 180. 373 BFH v. 4.8.1961 – VI 208/60 U, BFHE 73, 558 = BStBl. II 1961, 468; BFH v. 1.6.1978 – IV 139/73, BStBl. II 1978, 570: Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Anm. 146 m.w.N.; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 180. 374 FG Niedersachsen v. 1.12.2005 – 11 K 127/03, DStRE 2006, 1517 (1517 f.); zur Abgrenzung siehe BFH v. 11.2.2015 – VIII R 4/12, BFHE 249, 154 = BStBl. II 2015, 647. 375 BFH v. 14.2.1984 – VIII R 126/82, BFHE 141, 124 (129 f.) = BStBl. II 1984, 580 = FR 1984, 397; BFH v. 16.8.1995 – VIII B 156/94, BFH/NV 1996, 125; BFH v. 11.2.2015 – VIII R 4/12, BFHE 249, 154 = BStBl. II 2015, 647. 376 BFH v. 14.2.1984 – VIII R 126/82, BFHE 141, 124 (129 f.) m.w.N. aus der Rspr. 377 BFH v. 14.2.1984 – VIII R 126/82, BFHE 141, 124 (129 f.).

Levedag | 745

§ 22 Rz. 22.207 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

gesellschaftsvertragliche Regelung ausgeschlossen werden kann378. Wird – wie im Fall des BFH379 – eine auf Lebenszeit geschlossene, unkündbare stille Gesellschaft einvernehmlich vorzeitig aufgelöst, gehört das Auseinandersetzungsguthaben nach Abzug des Nennbetrags der stillen Beteiligung und der oben genannten Gewinnanteile nur insoweit zu den außerordentlichen Einkünften gemäß §§ 34, 24 Nr. 1 Buchst. b EStG, als es den voraussichtlich erzielbaren Gewinnanteilen bis zum nächsten zulässigen Kündigungszeitpunkt entspricht. Eine Entschädigung für die Aufgabe der Gewinnbeteiligung kann dagegen dann angenommen werden, wenn eine auf bestimmte Zeit eingegangene stille Gesellschaft vorzeitig aufgelöst wird und der Mehrbetrag in etwa den Gewinnanteilen entspricht, die bis zum Zeitpunkt der Auflösung erwartet werden können380. bb) Stille Beteiligung im Betriebsvermögen

22.208 Gehört die stille Beteiligung zu einem Betriebsvermögendes Stillen, steht ein begünstigter Steuersatz entsprechend der Regelung des § 16 i.V.m. § 34 EStG nicht zur Verfügung, da in diesem Fall kein Mitunternehmeranteil aufgegeben oder veräußert wird. Die vorbeschriebenen Abgrenzungsfragen zwischen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG a.F. steuerbaren Mehrerlösen, die durch die Kapitalüberlassung veranlasst sind und nicht Mehrerlösen, die durch die Auflösung veranlasst sind, stellen sich ebenfalls nicht, da es sich jeweils um betrieblich veranlasste Einnahmen handelt. cc) Sachwertabfindung des typisch Stillen

22.209 Erhält der stille Gesellschafter bei Auflösung der stillen Gesellschaft vom Geschäftsinhaber ein Wirtschaftsgut als Abfindung, kann darin die Rückgabe einer Sacheinlage liegen oder die Abfindung eines auf Geld gerichteten Auseinandersetzungsanspruchs. In beiden Fällen sind die zur Abfindung an den stillen Gesellschafter übertragenen Wirtschaftsgüter nach § 8 Abs. 2 EStG zu bewerten. Liegt der Wert des Wirtschaftsguts oberhalb des Nennbetrags der Einlage, ist fraglich, ob und wie eine Wertsteigerung der Sachgüter zu berücksichtigen ist. Hierbei ist zu differenzieren: Die Rückübertragung eines als Sacheinlage überlassenen Wirtschaftsguts führt trotz Wertsteigerung nicht zu Einnahmen aus Kapitalvermögen, wenn die Rückgewähr der Einlage bei Begründung des stillen Gesellschaftsverhältnisses vereinbart worden war381. Hingegen ist im Fall der Rückgewähr ohne entsprechende Vertragsabrede die Differenz zwischen Zeitwert des Sachgutes und Nennwert der Einlage wie ein Mehrerlös in Geld durch die Kapitalüberlassung veranlasst und nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG a.F. steuerpflichtig382. Wird die stille Beteiligung in einem Betriebsvermögen des Stillen gehalten, gilt nichts anderes. Eine Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG kann

378 Siehe Rz. 14.23; L. Schmidt, FR 1984, 398 f.; BGH v. 20.12.1956, BGHZ 23, 10; BGH v. 11.7.1968, BGHZ 50, 316 (321). 379 BFH v. 14.2.1984 – VIII R 126/82, BFHE 141, 124. 380 Sterner, DB 1985, 2316 (2317). 381 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 146 m.w.N. (Stand: 2/2014). 382 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 146 (Stand: 2/2014).

746 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.214 § 22

nicht vorliegen, da das Wirtschaftsgut nicht von einer Mitunternehmerschaft oder einem Mitunternehmer auf den Stillen als Mitunternehmer übertragen wird. b) Gewinne aus der Veräußerung von vor dem 1.1.2009 begründeten oder erworbenen Altbeteiligungen aa) Typisch stille Beteiligung im Privatvermögen Veräußert der typisch stille Gesellschafter seine im Privatvermögen gehaltene Beteiligung (Rz. 10.36), ist der Veräußerungsgewinn nur im Rahmen des § 23 EStG bei einer Anschaffung (Gründung oder Erwerb) und Veräußerung innerhalb eines Jahres steuerbar (siehe Rz. 22.216), soweit seine Beteiligung vor dem 1.1.2009 erworben oder begründet wurde. Dies gilt, wenn es sich um ein (die Einlage überschreitendes) Entgelt ausschließlich für die Übertragung der Beteiligung handelt. Der Unterschied zu Mehrbeträgen bei der Auflösung einer Altbeteiligung (Rz. 22.203) liegt darin, dass das vom Erwerber gezahlte Veräußerungsentgelt nicht vom Geschäftsinhaber stammt und deshalb kein (verdecktes) Entgelt für die Kapitalüberlassung sein kann383.

22.210

Eine Besteuerung des über den Betrag der Einlage im Zeitpunkt der Veräußerung hinausgehenden Veräußerungsentgelts kann aber nach allgemeiner Meinung in Betracht kommen, soweit Gewinnanteile aus schon abgelaufenen Wirtschaftsjahren ausgezahlt werden, die dem Veräußerer noch nicht zugeflossen waren und damit noch nicht versteuert wurden384. Zum Zufluss thesaurierter Gewinnanteile siehe Rz. 22.203.

22.211

Bei Zahlung eines Mehrbetrags zur Abgeltung künftiger Gewinne ist das insoweit gezahlte Entgelt bei Veräußerung der typisch stillen Beteiligung keine steuerbare Einnahme i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, da es vom zukünftigen Gesellschafter nicht für eine Kapitalüberlassung, sondern für die Abtretung der Beteiligung gezahlt wird385.

22.212

Erhält der bisherige stille Gesellschafter aus der Veräußerung weniger, als dem Nennwert seiner Einlage entspricht, so liegt außerhalb des Anwendungsbereichs des § 23 EStG a.F. ein im Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG unbeachtlicher Vermögensverlust vor, wenn die Beteiligung zum Privatvermögen gehört386. Gleiches gilt für die Rechtslage bis Ende 2008, wenn die Insolvenz des Geschäftsinhabers zur Auflösung der stillen Gesellschaft führt (Rz. 14.62) und die Einlage (teilweise) nicht zurückgezahlt wird387.

22.213

Abzugrenzen ist auch, wem die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung bis zum Zeitpunkt der Veräußerung angefallenen Gewinnanteile zuzurechnen sind. Nach der

22.214

383 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 183. 384 BFH v. 11.2.1981 – I R 98/76, BFHE 133, 35 = BStBl. II 1981, 465 (LS); BFH v. 9.3.1982 – VIII R 160/81, BFHE 136, 72 = BStBl. II 1982, 540; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 112; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 146 (Stand: 2/2014). 385 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 146 m.w.N. (Stand: 2/2014). 386 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 146 m.w.N. (Stand: 2/2014). 387 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 146 m.w.N. (Stand: 2/2014); BFH v. 28.5.1997 – VIII R 25/96, BStBl. II 1997, 724 = GmbHR 1997, 1013 = FR 1997, 820.

Levedag | 747

§ 22 Rz. 22.214 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

BFH-Rechtsprechung388 gebühren sie, soweit nicht eine abweichende Vereinbarung getroffen wurde, gemäß § 101 Nr. 2 Halbs. 2 BGB bis zum Zeitpunkt der Veräußerung dem Veräußerer, danach dem Erwerber. Danach ist der Veräußerer berechtigt, den auf seine Besitzzeit entfallenden, zeitanteiligen Gewinn vom Erwerber zu fordern, sobald dieser den gesamten Gewinnanteil erhalten hat. Die Bestimmung weist dem Veräußerer kein zeitanteiliges Gewinnbezugsrecht gegenüber dem Geschäftsinhaber zu. Ihm gegenüber ist allein der Erwerber gewinnbezugsberechtigt389. Auch besteht im Zeitpunkt der Veräußerung noch kein eigenständiger Gewinnanspruch des Veräußerers gegen den Geschäftsinhaber, sondern lediglich eine Anwartschaft auf den Gewinnanteil, die mit der Veräußerung der stillen Beteiligung auf den Erwerber übergeht. Allein der Erwerber erfüllt als Inhaber der Einkunftsquelle im Ergebnis den Tatbestand der Einkunftserzielung390. bb) Anwendung des § 23 EStG a.F.

22.215 Steuerbar ist ein Veräußerungsgewinn bei einer im Privatvermögen gehaltenen stillen Beteiligung, wenn sie vor dem 1.1.2009 erworben oder begründet wurde, wenn die Voraussetzungen eines steuerbaren Spekulationsgeschäftes nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. vorliegen, d.h., wenn die Beteiligung innerhalb eines Jahres nach ihrem Erwerb veräußert wird. Umgekehrt sind Spekulationsverluste steuerlich berücksichtigungsfähig. Ein solcher darf jedoch nur mit Spekulationsgewinnen des gleichen Kalenderjahres ausgeglichen und nach Maßgabe des § 10d EStG zum Ausgleich von Spekulationsgewinnen in den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum zurückgetragen oder in die folgenden Veranlagungszeiträumen vorgetragen werden, § 23 Abs. 3 Satz 8–9 EStG391. 22.216 Die Kündigung (Auflösung) einer stillen Gesellschaft ist keine Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG392. Obwohl es wirtschaftlich gesehen keinen Unterschied macht, ob der stille Gesellschafter die Beteiligung kündigt oder zum Nominalwert an einen Dritten verkauft und hierfür ein Entgelt erhält, ist dem BFH beizupflichten. Es liegt schon begrifflich keine Veräußerung vor393. Verluste der Vermögenseinlage des Stillen aufgrund der Insolvenz des Geschäftsinhabers sind als Wertminderungen in

388 BFH v. 9.3.1982 – VIII R 160/81, BFHE 136, 72 = BStBl. II 1982, 540; BFH v. 22.5.1984 – VIII R 316/83, BFHE 141, 255 = BStBl. II 1984, 746 zuvor BFH v. 11.2.1981 – I R 98/ 76, BFHE 133, 35 = BStBl. II 1981, 465; FG Baden-Württemberg v. 16.2.1967 – VI 36/ 66, EFG 1967, 339. 389 Sterner, DB 1985, 2316 (2319). 390 Vgl. hierzu Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 184; Sterner, DB 1985, 2316 (2321); FG Baden-Württemberg v. 16.2.1967 – VI 36/66, EFG 1967, 339. 391 Der BFH sieht Beschränkung des Verlustausgleichs bei privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG durch § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG als verfassungsgemäß an; siehe BFH v. 18.10.2006 – IX R 28/05, BFHE 215, 202 = BStBl. II 2007, 259 = FR 2007, 393. 392 BFH v. 13.12.1961 – VI 133/60 U, BFHE 74, 331 = BStBl. III 1962, 127; BFH v. 18.10.2006 – IX R 7/04, BFHE 215, 193 = BStBl. II 2007, 258 = GmbHR 2007, 167. 393 Nöcker, jurisPR-SteuerR 7/2007 Anm. 4.

748 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.219 § 22

der Vermögenssphäre bei bis zum 31.12.2008 erworbenen oder begründeten stillen Gesellschaften ebenfalls einkommensteuerrechtlich unbeachtlich394. cc) Typisch stille Beteiligung im Betriebsvermögen Hält der stille Gesellschafter seine Beteiligung im Betriebsvermögen, muss er bei Auflösung wie bei Veräußerung der stillen Beteiligung das über den Buchwert der Beteiligung (Forderung) in seiner Bilanz hinausgehende Entgelt versteuern. Wird die stille Beteiligung in einem Betriebsvermögen erworben und mit der Zahlung des Kaufpreises auch der auf die Besitzzeit des Veräußerers entfallende Gewinnanspruch abgegolten, führt dieser anteilige Kaufpreis beim Erwerber in der Regel zu Anschaffungskosten auf die stille Beteiligung.

22.217

c) Veräußerungs- und Auflösungsgewinne bei Neugesellschaften, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG Für typische stille Gesellschaften im Privatvermögen, die ab dem 1.1.2009 begründet werden, sind nicht nur der laufende Gewinnanteil gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, sondern unabhängig von der Haltedauer auch Wertveränderungen der stillen Beteiligung bei Veräußerung und Auflösung der stillen Gesellschaft als Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerbar (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG i.V.m. § 52 Abs. 28 Satz 13 EStG). Diese Kapitalerträge unterliegen gemäß § 43 Abs. 1 EStG nicht dem Kapitalertragsteuerabzug. Der typisch Stille hat sie gemäß § 32d Abs. 3 EStG zu erklären, damit das FA sie veranlagen kann.

22.218

§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG erfasst den Gewinn aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern, die Erträge i.S. des Abs. 1 Nr. 4 erzielen, also von partiarischen Darlehen und stillen Beteiligungen. Nach § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt ausdrücklich auch die Vereinnahmung eines Auseinandersetzungsguthabens (die vorzeitige oder vertragsmäßige Rückzahlung einer Kapitalforderung) als Veräußerung395. Zur Ermittlung des Gewinns oder Verlusts ist gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG das Veräußerungsentgelt, selbst wenn im Kaufpreis noch nicht zugeflossene Gewinne des ausscheidenden stillen Gesellschafters vergütet werden, anzusetzen. Zum Veräußerungspreis gehört – wie bei § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG – aber auch daneben jede weitere Gegenleistung an den Stillen für die Anteilsübertragung. Zum Veräußerungspreis rechnen daher auch alle Leistungen, die der Veräußerer nicht als Gegenleistung für den Anteil, aber im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung erhält, sei es vom Erwerber oder von dritter Seite, selbst wenn es an einer Veranlassung durch den Erwerber fehlt396. Siehe auch Rz. 22.222.

22.219

394 Zustimmend BFH v. 28.5.1997 – VIII R 25/96, BFHE 183, 407 = BStBl. II 1997, 724 unter II. B; BFH v. 7.9.2000 – III R 33/96, BFH/NV 2001, 415 = HFR 2001, 440 unter II. 3.; Steinhauff, NWB Fach 3, S. 10323 ff.; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 142. 395 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 59. 396 Siehe zu dem für § 20 Abs. 4 EStG entsprechend geltenden Veräußerungspreisbegriff aus der st. Rspr. BFH v. 27.8.2014 – II R 44/13, BFHE 246, 523 = BStBl. II 2015, 249.

Levedag | 749

§ 22 Rz. 22.220 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

22.220 § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG gilt unabhängig von irgendwelchen Haltefristen. Die unter Rz. 22.202 zu § 23 EStG a.F. dargestellte Unterscheidung, dass die Kündigung der stillen Gesellschaft keine Veräußerung sondern eine Auflösung darstellt, ist für Beteiligungen, die nach dem 1.1.2009 erworben oder begründet wurden, weitgehend ohne Bedeutung397. 22.221 Zur Vermeidung von Umgehungen gilt nach § 20 Abs. 2 Satz 3 EStG die Veräußerung einer mittelbaren oder unmittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft als anteilige Anschaffung oder Veräußerung solcher Wirtschaftsgüter. Betroffen davon ist z.B. der Fall, dass stille Beteiligungen von einer vermögensverwaltenden GbR gehalten werden (siehe Rz. 4.27). Zur Behandlung des Ein- und Austritts auf Ebene der Holding-Personengesellschaft enthalten die Tz. 72 ff. des BMF-Schreibens vom 18.1.2016398 wichtige Praxishinweise. – Tritt ein neuer Gesellschafter der vermögensverwaltenden Personengesellschaft bei, verwirklicht er nach Tz. 74 des BMF-Schreibens durch seine Einlage oder den Erwerb des Gesellschafteranteils eine Anschaffung der von der Gesellschaft gehaltenen Wirtschaftsgüter (anteilig nach der Beteiligungsquote). Als Anschaffungskosten der erworbenen Wirtschaftsgüter gilt laut dem BMF der Anteil der Einlage oder des Kaufpreises, der nach dem Verhältnis der Verkehrswerte der erworbenen Wirtschaftsgüter zueinander auf das entsprechende Wirtschaftsgut entfällt. Durch den Neueintritt eines Gesellschafters veräußern nach Tz. 75 des BMF-Schreibens399 zugleich die Altgesellschafter einen Anteil der Wirtschaftsgüter der Gesamthand an den neuen Gesellschafter. Als Gewinn aus der Veräußerung der einzelnen Wirtschaftsgüter ist der dem Altgesellschafter zuzurechnende Anteil der Einlage oder des Verkaufspreises, der nach dem Verhältnis der Verkehrswerte der veräußerten Wirtschaftsgüter zueinander auf das entsprechende Wirtschaftsgut entfällt, abzgl. des Anteils der Anschaffungskosten der an den Neugesellschafter veräußerten Wirtschaftsgüter, anzusetzen. – Beim Austritt eines Gesellschafters, der sich mit dem gegenwärtigen Wert der ihm anteilig zustehenden Wertpapiere abfinden lässt, liegt nach Tz. 78 des BMFSchreibens eine Veräußerung der Beteiligung an der Personengesellschaft vor. Die Veräußerung wird nach § 20 Abs. 2 Satz 3 EStG als Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter der Gesellschaft eingestuft. Als Gewinn ist der dem austretenden Gesellschafter zufließende Auszahlungsbetrag abzgl. der ihm zugewiesenen Anschaffungskosten der Wirtschaftsgüter anzusetzen. Als Anschaffungskosten der an die verbleibenden Gesellschafter übertragenen Anteile der Wirtschaftsgüter gilt der Anteil des Auszahlungsbetrags, der nach dem Verhältnis des Verkehrswerts auf das

397 Ebenso Brinkmann, StBP 2011, 241 (242). 398 BStBl. I 2016, 85. Gehören zum Bestand einer Personengesellschaft Wertpapiere, die vor dem 1.1.2009 erworben wurden, findet § 20 Abs. 2 Satz 3 EStG bei der Veräußerung keine Anwendung, sofern ein Fall des Bestandsschutzes i.S. des § 52a Abs. 10 Satz 1 EStG vorliegt (Tz. 76 des BMF-Schreibens). 399 Siehe hierzu auch die Beispiele zu Tz. 75 des BMF-Schreibens.

750 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.223 § 22

entsprechende Wirtschaftsgut entfällt400. Ein Kapitalertragsteuerabzug ist hinsichtlich dieses Veräußerungsvorganges nicht durchzuführen. Eine einheitliche und gesonderte Feststellung gemäß § 179 Abs. 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO ist in den Fällen des Ein- und Austritts nicht vorzunehmen, sondern nur, wenn die Personengesellschaft selbst Kapitalerträge i.S. des § 20 EStG erzielt, sind diese Einkünfte gesondert und einheitlich festzustellen. Der austretende Gesellschafter hat die Veräußerung in seiner Einkommensteuererklärung gemäß § 32d Abs. 3 EStG anzugeben. Der Veräußerungsgewinn ergibt sich gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG aus der Differenz zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft (Veräußerungskosten) stehen, und den Anschaffungskosten. Übersteigen das Auseinandersetzungsguthaben oder der Veräußerungserlös die Anschaffungskosten (ursprüngliche Einlage zzgl. späterer Erhöhungen) der stillen Beteiligung (die Einlage) entsteht ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn, unabhängig davon, ob der über den Betrag der fortgeführten Einlage hinausgehende Betrag durch die Übertragung der Substanz der stillen Beteiligung oder zur Abgeltung thesaurierter (unversteuerter) Altgewinne gezahlt wird (Rz. 22.219)401. Im Schrifttum werden zutreffend im Veräußerungsentgelt abgegoltene thesaurierte, aber zuvor gemäß § 11 EStG als zugeflossen geltende oder (aufgrund einer betrieblichen Gewinnermittlung) versteuerte Altgewinne als nicht steuerbare Entgeltkomponenten behandelt402.

22.222

Übersteigen die Anschaffungskosten der stillen Beteiligung das Entgelt (Auseinandersetzungsguthaben bzw. Veräußerungsentgelt), entsteht ein Veräußerungsverlust (§ 20 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 EStG), der nach § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG im Grundsatz nur innerhalb der dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG unterliegenden Einkünfte mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechenbar ist403. § 20 Abs. 6 EStG gilt indes gemäß § 32d Abs. 2 Satz 2 EStG nicht, wenn ein Ausnahmetatbestand gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1–4 EStG greift; in diesem Fall liegen tariflich zu besteuernde Kapitalerträge vor. Nach dem BMF-Schreiben vom 18.1.2016404 kann ein Veräußerungsverlust jedoch – unabhängig von der Zuordnung zum gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG oder zum tariflichen Bereich gemäß § 32a EStG – erst dann entstehen, nachdem frühere Verlustzuweisungen, die im Zuflusszeitpunkt als negative Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG abziehbar waren, dem zu niedrigen Aus-

22.223

400 Tz. 80, 81 des BMF-Schreibens. 401 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 490 (Stand: 2/2014). 402 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 490 (Stand: 2/2014); siehe auch BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 4. 403 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 490 (Stand: 2/2014). 404 BMF-Schreiben v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85 unter Tz. 4: Wird dem stillen Gesellschafter im Rahmen der Auseinandersetzung sein Guthaben zugewiesen, werden bei der Ermittlung des Gewinns i.S. des § 20 Abs. 4 EStG die als laufende Einkünfte berücksichtigten Gewinn- oder Verlustanteile, die das Auseinandersetzungsguthaben erhöht oder gemindert haben, vom Gewinn abgerechnet oder dem Gewinn hinzugerechnet.

Levedag | 751

§ 22 Rz. 22.223 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

einandersetzungsguthaben oder Veräußerungsentgelt wieder zugerechnet worden sind (recapture). Beispiel: A beteiligt sich im Jahr 09 als typisch stiller Gesellschafter an dem Einzelunternehmen des B mit einer Einlage von 100.000 Euro405. Auf den stillen Gesellschafter entfallen in den Jahren 10 und 11 jeweils Verluste i.H. von 10.000 Euro. Die Verluste werden jeweils von der Einlage des stillen Gesellschafters abgebucht. Im Jahr 12 erhält er sein Auseinandersetzungsguthaben i.H. von 80.000 Euro. Lösung: Die laufenden Verlustanteile können – unabhängig davon, ob der stille Gesellschafter eine zum Geschäftsinhaber nahestehende Person i.S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG ist und § 20 Abs. 6 EStG wegen § 32d Abs. 2 Satz 2 EStG nicht gilt –, als Verlust i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG berücksichtigt werden. Durch die Vereinnahmung des Auseinandersetzungsguthabens erzielt A Einkünfte i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 EStG. Sein Gewinn i.S. des § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG beträgt 0 Euro (Einlage 100.000 Euro abzgl. Auseinandersetzungsguthaben i.H. von 80.000 Euro zzgl. Hinzurechnung der früheren negativen Einnahmen i.H. von 20.000 Euro).

22.224 Die Erhöhung eines Veräußerungsentgelts um frühere abgezogene laufende Verluste im Veräußerungszeitpunkt lässt sich nicht auf eine Rechtsgrundlage stützen. Die Lösung des BMF-Schreibens ist danach als Billigkeitsregelung i.S. der §§ 163, 227 AO anzusehen. Der Abzug der laufenden Verluste als negative Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG scheitert für die Rechtslage ab 2009 daran, dass diese dem Grunde nach Werbungskosten sind, die gemäß § 20 Abs. 9 EStG nicht abziehbar sind und sich nur über den Werbungskostenpauschbetrag auswirken können (siehe Rz. 22.231; 22.235). Das BMF gewährt dem Grunde nach den Abzug der laufenden Verlustanteile, wenn diese nicht einer Verlustausgleichs- oder -abzugsbeschränkung unterliegen (siehe Rz. 22.239 ff.) auch oberhalb des Sparerpauschbetrags gemäß § 20 Abs. 9 EStG, nimmt diesen Vorteil jedoch im Fall der Auflösung und Veräußerung wieder zurück (recapture), soweit das Kapitalkonto durch die früheren Verlustanteile gemindert war und zu einem Veräußerungsverlust führt. Das BMF will nicht sowohl den laufenden Verlustabzug als auch das Entstehen eines Verlusts anlässlich der Übertragung der Beteiligung ermöglichen. Beide Komponenten (Annahme negativer Einkünfte bei Verlustentstehung und Auffüllung der Gegenleistung um abzugsfähige Verluste) sind Bestandteil einer Billigkeitsregelung gemäß §§ 163, 227 AO. Sie führt meines Erachtens für Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4, § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG, die dem gesonderten Tarif unterliegen, zu einem angemessenen Ergebnis (siehe auch Rz. 22.236). 22.225 Ist die Einlage durch zugewiesene Verlustanteile bis zur Veräußerung/Auflösung nicht völlig aufgezehrt worden, kann der Stille bei Insolvenz des Geschäftsinhabers die ausfallende Einlagenforderung als Insolvenzforderung geltend machen (Rz. 16.55 ff.). Entfällt hierauf eine Insolvenzquote, liegt insoweit eine Rückzahlung der Rest-Einlage vor. Soweit die Einlageforderung ausfällt, handelt es sich nach der BFH-Rechtsprechung um einen steuerbaren Rückzahlungsverlust (§ 20 Abs. 2 Satz 2 EStG, siehe ab

405 Entnommen dem BMF-Schreiben v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85 unter Tz. 4.

752 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.232 § 22

dem VZ 2020 auch § 20 Abs. 6 Satz 6, Alternative 1 EStG)406, nach der Finanzverwaltung ist der Verlust bis Ende des VZ 2019 nicht steuerbar407.

22.226– 22.228

frei 5. Werbungskostenabzug außerhalb der Verlustzuweisung a) Werbungskostenabzug in Veranlagungszeiträumen bis Ende 2008

In Veranlagungszeiträumen bis 2008 waren die durch die laufenden Einkünfte aus der stillen Beteiligung veranlassten Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 EStG abzugsfähig. Abzugrenzen waren im Veräußerungsjahr regelmäßig Werbungskosten von Veräußerungskosten gemäß § 23 Abs. 2 EStG, zumal letztere bei einer nicht steuerbaren Veräußerung außerhalb der Spekulationsfrist nicht steuerbar sind.

22.229

Nicht als Werbungskosten, sondern als Anschaffungskosten bewertet der BFH ein Ausgabeaufgeld (Agio), das der typisch stille Gesellschafter neben seiner Einlage an den Geschäftsinhaber zahlt. Bei dem Aufgeld handelt es sich in der Regel um ein Eintrittsgeld für die Zuweisung erwarteter künftiger überdurchschnittlich hoher Gewinne408. Siehe auch Rz. 22.39 zur atypisch stillen Gesellschaft.

22.230

b) Beschränkung des Werbungskostenabzuges nach § 20 Abs. 9 EStG ab 2009 Der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ist bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, die im PV erzielt werden, ab dem Veranlagungszeitraum 2009 ausgeschlossen (§ 20 Abs. 9 i.V.m. § 2 Abs. 2 EStG). Pauschalierend kann bei der Ermittlung der Einkünfte ein Sparer-Pauschbetrag i.H. von 801 Euro409 (bei Ehegatten 1602 Euro abgezogen. Dies gilt auch im Rahmen der Veranlagung der Kapitalerträge nach § 32d Abs. 3 EStG, der Antragsveranlagung nach § 32d Abs. 4 EStG (siehe Rz. 22.296 ff.) und der Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG (siehe Rz. 22.298 ff.). § 20 Abs. 9 EStG gilt jedoch nach dessen Satz 2 nicht, wenn die für typisch stille Gesellschaften wichtigen Ausnahmetatbestände des § 32d Abs. 2 EStG zur Anwendung kommen (siehe Rz. 22.260).

22.231

Die Beschränkung des Werbungskostenabzuges ist vom BFH verfassungsrechtlich gebilligt worden. Es findet § 20 Abs. 9 EStG auch auf nachlaufende Werbungskosten Anwendung, die durch bis Ende 2008 zugeflossene regelbesteuerte Einkünfte aus Kapitalvermögen veranlasst sind410. Der Ansatz der Bruttoeinnahmen, gemindert nur um

22.232

406 BFH v. 24.10.2017 – VIII R 13/15, BFHE 259, 535; siehe zur Vertiefung Levedag in L. Schmidt, § 20 EStG Rz. 148. 407 BMF-Schreiben v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85 unter Tz. 60. 408 BFH v. 23.2.2000 – VIII R 40/98, BFHE 192, 490 = BStBl. II 2001, 24; Schoor, LSW Gruppe 14, S. 415 (425). 409 Der Sparer-Pauschbetrag entspricht der Summe des früheren Werbungskosten-Pauschbetrags von 51 Euro und des Sparer-Freibetrags von 750 Euro. 410 BFH v. 1.7.2014 – VIII R 53/12, BFHE 246, 332 = BStBl. II 2014, 975 = GmbHR 2014, 1275; BFH v. 2.12.2014 – VIII R 34/13, BFHE 248, 51 = BStBl. II 2015, 387 = FR 2015, 814; BFH v. 9.6.2015 – VIII R 12/14, BFHE 251, 401 = BStBl. II 2016, 199.

Levedag | 753

§ 22 Rz. 22.232 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

den Sparer-Pauschbetrag, im Rahmen der Abgeltungsteuer, der auch in den Fällen der Günstigerprüfung zur Anwendung kommt, stellt nach dem BFH eine verfassungsrechtlich zulässige Typisierung dar, die den „typischen Sparer“ nicht schlechter stellt, als wenn er nach wie vor die entstandenen Werbungskosten abziehen könnte411. Für den Fall fremdfinanzierter stiller Beteiligungen kann der Ausschluss des Abzugs der tatsächlichen Werbungskosten daher zu wirtschaftlichen Nachteilen führen412. Dem kann man sich auch nicht durch die Antragsveranlagung nach § 32d Abs. 4 EStG (siehe Rz. 22.296) oder die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG (siehe Rz. 22.300 ff.) entziehen, da auch in diesen Fällen der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ausgeschlossen ist413. Praxiswichtig für die GmbH & typisch Still ist (siehe Rz. 22.260 ff.), dass bei Beteiligung eines zu mindestens 10 % beteiligten GmbH-Gesellschafters als stiller Gesellschafter an der GmbH die Vergütungen aus der stillen Beteiligung (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) aus der Abgeltungsteuer ausgeschlossen sind (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG).

22.233 Frei 6. Behandlung der Verlustzuweisung an den Stillen a) Überblick

22.234 Für die Zuweisung laufender Verluste während des Bestands der typisch stillen Gesellschaft sind gedanklich verschiedene Stufen zu unterscheiden. Zunächst ist zu klären, ob ein dem typisch stillen Gesellschafter zugewiesener Verlust überhaupt verrechenbar ist, da die Verlustausgleichsbeschränkungen der § 15 Abs. 3 Satz 6 ff., §§ 15a, 15b EStG zu beachten sind. Weiter ist zwischen Altgesellschaften, die vor dem 31.12.2008 gegründet oder erworben wurden (Altgesellschaften) und Neugesellschaften ab dem 1.1.2009 zu unterscheiden. Nicht zu verwechseln ist die Behandlung der laufenden Verlustanteile mit Verlusten aus der Übertragung der stillen Beteiligung als solcher oder deren Auflösung, die für die Rechtslage bis Ende 2008 unter Rz. 22.216 und ab 2009 unter Rz. 22.223 behandelt wurden. b) Verlustzuweisungsbeträge als negative Einnahmen im Verlustentstehungsjahr

22.235 Verluste, an denen der typisch stille Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag beteiligt ist, mindern seine Einlage (Rz. 8.40 ff., 8.107 ff.). Da durch die Verlustbeteiligung und Einlagenminderung die Höhe der späteren – zur Wiederauffüllung der Einlage zu verwendenden – Gewinnzuweisungen (siehe Rz. 22.71) beeinflusst wird, handelt es sich bei den Verlusten um Aufwendungen des stillen Gesellschafters, die im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit künftigen Einkünften aus Kapi-

411 BFH v. 1.7.2014 – VIII R 53/12, BFHE 246, 332 = BStBl. II 2014, 975 = GmbHR 2014, 1275; BFH v. 9.6.2015 – VIII R 12/14, BFHE 251, 401 = BStBl. II 2016, 199. 412 Behrens, BB 2007, 1025 (1028). 413 BFH v. 28.1.2015 – VIII R 13/13, BFHE 249, 125 = BStBl. II 2015, 393 = FR 2015, 814.

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Einkommensteuer | Rz. 22.237 § 22

talvermögen stehen. Auf welchen betrieblichen Ursachen die Verlustentstehung beim Geschäftsinhaber im Einzelnen beruht, ist unerheblich. Die im Falle der Verlustbeteiligung auf den stillen Gesellschafter entfallenden Anteile am Jahresverlust stellen für ihn daher nach h.M. Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen dar414. Negative Einnahmen können nicht vorliegen, da dies begrifflich eine tatsächliche Rückzahlung früher zugeflossener Einnahmen aus § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG voraussetzt, die sich auf Grundlage des § 232 Abs. 2 Satz 2 HGB nicht ergibt, wenn der stille Gesellschafter künftige Einnahmen zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos einsetzen muss415. Nach den gesetzlichen Regelungen werden in den Verlustentstehungsjahren die (ohnehin nur in den Grenzen der §§ 15b, 15a EStG abzugsfähigen, Rz. 22.239) Verlustanteile gemäß § 20 Abs. 9 EStG vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen und erst bei Veräußerung oder Auflösung der Neubeteiligung die Differenz zwischen der jeweiligen Gegenleistung/dem Abfindungsguthaben und dem um die zuvor steuerlich nicht wirksamen Verlustanteile geminderten Kapitalkonto berücksichtigt. Sie können zu einem Veräußerungsverlust führen, der den Verlustverrechnungsbeschränkungen des § 20 Abs. 6 EStG unterliegt. Dieses Ineinandergreifen der § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, § 20 Abs. 9 und § 20 Abs. 6 EStG führt bei typisch stillen Gesellschaften zu einer potentiellen Übermaßbesteuerung.

22.236

Die Finanzverwaltung will dies durch die in Rz. 22.224 dargestellte Billigkeitsregelung „umschiffen“, indem sie Verlustanteile des typisch stillen Gesellschafters im Verlustentstehungsjahr als „negative Einkünfte“ behandelt, die dem Abzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG nicht unterliegen, dann aber die abgezogenen Verlustanteile heranzieht, um das spätere Veräußerungsentgelt aufzustocken416. Eine teleologische Reduktion des § 20 Abs. 9 EStG, die es ermöglicht, die zugewiesenen Verlustanteile als abzugsfähige Werbungskosten zu behandeln, ist nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 9 EStG schwerlich begründbar. Es lässt sich aber aus dem Verweis des § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, der § 15a EStG für sinngemäß anwendbar erklärt, ableiten, dass der Gesetzgeber von der Möglichkeit des Abzugs der Verlustanteile als Werbungskosten ausgegangen sein muss417.

22.237

414 RFH v. 23.5.1933 – VI A 422/33, RFHE 33, 272 = RStBl. 1933, 1078; BFH v. 10.11.1987 – VIII R 53/84, BFHE 151, 434 = BStBl. II 1988, 186; BFH v. 28.5.1997 – VIII R 25/96, BFHE 183, 407 = BStBl. II 1997, 724 unter II. B; Sterner, DB 1985, 2316 (2318) m.w.N.; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Anm. 142 m.w.N.; Neu in Beck’sches Handbuch der Personalgesellschaften, § 14 Rz. 79. 415 Levedag in L. Schmidt, § 20 EStG Rz. 172; Krüger in L. Schmidt, § 8 EStG Rz. 9 zur Frage, ob eine Ausweitung des Begriffs der negativen Einnahmen geboten ist, um angesichts der Werbungskostenabzugsverbote des ESG ein dem Leistungsfähigkeitsprinzip konformes Besteuerungsergebnis zu erreichen. 416 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 4; schon zuvor BMF v. 9.10.2012, BStBl. I 2012, 953, Tz. 4; zustimmend Kleinmanns, DStR 2009, 2359; Czisz/Krane, DStR 2010, 2226; für eine teleologische Reduktion des § 20 Abs. 9 EStG Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 142; Rockoff/Weber, DStR 2010, 363. 417 Siehe zur Diskussion und ablehnend zur Behandlung als negative Einnahme Urban, Ubg 2018, 199 ff.

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§ 22 Rz. 22.238 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

22.238 Nach § 11 Abs. 2 EStG dürfen übernommene Verlustanteile eines typisch stillen Gesellschafters erst dann als (abgeflossene) Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn der Geschäftsinhaber den Jahresabschluss festgestellt hat und der Verlustanteil des stillen Gesellschafters auf der Ebene der Gesellschaft berechnet und von der Einlage abgebucht worden ist. Entscheidend ist dabei nicht der Zeitpunkt, für den der Jahresabschluss erstellt wird, sondern der Zeitpunkt, in welchem dies tatsächlich geschieht. Erst dann verliert der stille Gesellschafter seine wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Einlage418. Nur ausnahmsweise kann der Verlust geschätzt werden, wenn der Inhaber keinen Jahresabschluss mehr erstellt oder erstellen kann419. Der am Verlust beteiligte stille Gesellschafter kann im Fall der Insolvenz des Geschäftsinhabers i.H. des ihm im letzten Wirtschaftsjahr zuzurechnenden Verlustanteils, der die Einlage verbraucht, Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ansetzen420. Es ist jedoch auch in diesem Fall zu beachten, dass der Verlustanteil erst nach Feststellung des Jahresabschlusses oder einer Schätzung durch das Finanzamt gemäß § 162 AO als abgeflossen zu behandeln sind421. Das bedeutet, dass bei Abwicklung des Unternehmens des Geschäftsinhabers ohne Erstellung des Jahresabschlusses oder im Falle einer Nullschätzung des Unternehmensgewinns durch das Finanzamt keine Verluste bzw. Werbungskosten anerkannt werden können. Der stille Gesellschafter muss im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses auf den Geschäftsinhaber oder Liquidator einwirken, um die Erstellung des Jahresabschlusses oder eine Anerkennung der Verluste im Schätzungsverfahren zu erreichen422. Ist die Vermögenseinlage des Stillen durch Verluste gemindert, ohne dass durch die Verlustzuweisung ein negatives Kapitalkonto entstanden ist, und werden später erzielten Gewinne zur Auffüllung auf den Stand der ursprünglichen Einlage verwendet, sind die Gewinne dem Stillen aufgrund seiner Verfügung über den Gewinnanteil gemäß § 11 EStG zugeflossen dar423. c) Sinngemäße Anwendung von § 15a EStG aa) Fehlende Belastung des Stillen durch Verlustzuweisung bei negativem Kapitalkonto

22.239 Verlustanteile, die die Höhe der Einlage übersteigen und zu einem negativen Kapitalkonto des Stillen führen, wären nach allgemeinen Grundsätzen auch ohne die Rege418 BFH v. 10.11.1987 – VIII R 53/84, BStBl. II 1988, 186 = FR 1988, 81; BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943; BFH v. 22.7.1997 – VIII R 73/95, BFH/ NV 1998, 300; BFH v. 7.9.2000 – III R 33/96, BFH/NV 2001, 415; BFH v. 23.7.2002 – VIII R 36/01, BStBl. II 2002, 858 = GmbHR 2002, 1150; BFH v. 16.10.2007 – VIII R 21/06, BStBl. II 2008, 126 = GmbHR 2008, 157; BFH v. 23.2.2007 – VIII B 105/06, BFH/NV 2007, 1118; BFH v. 28.1.2014 – VIII R 5/11, BFH/NV 2014, 1193 = GmbHR 2014, 894. 419 BFH v. 23.2.2007 – VIII B 105/06, BFH/NV 2007, 1118, Rz. 6. 420 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 142. 421 BFH v. 28.1.2014 – VIII R 5/11, BFH/NV 2014, 1193 = GmbHR 2014, 894. 422 BFH v. 28.5.1997 – VIII R 25/96, BFHE 183, 407 = BStBl. II 1997, 724 unter II. B; BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BFHE 184, 21 = BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943. 423 BFH v. 24.1.1990 – I R 55/85, BFHE 162, 19 = BStBl. II 1991, 147.

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Einkommensteuer | Rz. 22.241 § 22

lung des § 15a EStG im Verlustentstehungsjahr nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen, da es an einer tatsächlichen Belastung des stillen Gesellschafters fehlt, wenn er nicht zum Ausgleich der negativen (verbrauchten) Kapitaleinlage verpflichtet ist424. Der Verlustanteil des Stillen wäre vom Geschäftsinhaber zu tragen425. Hat der stille Gesellschafter die vereinbarte Einlage nicht voll geleistet, liegt bei einer Verlustzuweisung über den erbrachten Betrag hinaus keine tatsächliche Belastung vor, so dass der Werbungskostenabzug ausscheidet426. Durch die Verweisung des § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG auf § 15a EStG ist jedoch klar, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit des Entstehens eines negativen Kapitalkontos des Stillen durch Verlustzuweisungen voraussetzt und die frühere Betrachtungsweise überholt ist427. Ausgehend von der gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsfreiheit dürfte es aber möglich sein, Verluste, die die Einlage des Stillen übersteigen, im Rahmen der Gewinnverteilung wie vor Einfügung des § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG dem Geschäftsinhaber zuzuweisen. Der gesetzliche Regelfall einer über die Einlage hinausgehenden Verlustbeteiligung des Stillen führt bei diesem zu (nur) verrechenbaren Verlusten i.S. des § 15a EStG. Werden die Verluste nach dem Verbrauch der Einlage des Stillen aufgrund gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen unmittelbar dem Geschäftsinhaber zugerechnet, ist dies m.E. auch steuerlich anzuerkennen428.

22.240

bb) Sinngemäße Anwendung von § 15a EStG gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ordnet die sinngemäße Anwendung des § 15a EStG für typisch stille Beteiligungen an. Nach der Finanzverwaltung gehört zu den (negativen) Einkünften aus Kapitalvermögen der dem stillen Gesellschafter zugewiesene Gewinn oder der unter Berücksichtigung der §§ 15a, 15b EStG zuzurechnende Verlust429. Die nach der Billigkeitsregelung des BMF (Rz. 22.224, 22.237) abzugsfähigen negativen Einkünfte aus § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG können somit nur solche sein, die keiner Verlustabzugsbeschränkung unterliegen. In der Rechtsprechung und h.M. ist die nach dem Gesetz angeordnete sinngemäße Anwendung des § 15a EStG auf typisch stille Gesell-

424 Vgl. BFH v. 16.10.2007 – VIII R 21/06, GmbHR 2008, 157 = FR 2008, 320 m. Anm. Kempermann; BFH v. 5.5.1981 – VIII B 26/80, BFHE 133, 285 = BStBl. II 1981, 574. 425 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 95 mit Beispiel. Siehe auch Urban, Ubg 2018, 199 ff. 426 Siehe auch FG München v. 26.4.2006 – 9 K 1490/03, DStRE 2007, 214 und BFH v. 16.10.2007 – VIII R 21/06, BStBl. II 2008, 126 = GmbHR 2008, 157, zur Frage, ob die schuldrechtliche Verpflichtung des stillen Gesellschafters, den Inhaber von allen Risiken und Verbindlichkeiten aus einem Darlehensverhältnis freizustellen, einen Vermögenswert darstellt, der der tatsächlich geleisteten Einlage gleichsteht. 427 BFH v. 23.7.2002 – VIII R 36/01, BFHE 199, 477, BStBl. II 2002, 858. 428 Kuck, DStR 2003, 235 (237); Groh, DB 2004, 669 (670); siehe auch Urban, Ubg 2018, 199 ff. 429 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 4.

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22.241

§ 22 Rz. 22.241 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

schaften akzeptiert430. Für den typisch Stillen sind demnach Verluste, die zur Bildung eines negativen Kapitalkontos führen oder eine vorhandenes negatives Kapitalkonto erhöhen, nur als verrechenbare Verluste festzustellen431.

22.242 Die sinngemäße Anwendung des § 15a EStG führt zu der Notwendigkeit, im Jahr der Zuweisung zu ermitteln, ob ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Für die vermögensverwaltende GmbH & Co. KG und andere Personengesellschaften ist geklärt, dass für das Kapitalkonto jedes Gesellschafters zunächst von den ursprünglichen Einlagen der einzelnen Gesellschafter auszugehen ist. Diese Einlagen sind fortzuschreiben, indem sie im jeweiligen Verlustentstehungsjahr um spätere Einlagen sowie um die positiven Einkünfte der Vorjahre zu erhöhen und um die Entnahmen und negativen Einkünfte der Vorjahre zu vermindern sind, damit nur solche Verlustanteile die Steuerschuld mindern, die zu einer gegenwärtigen Vermögenseinbuße oder -gefährdung durch Haftung führen432. 22.243 Im Rahmen der sinngemäßen Anwendung des § 15a EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist die Einlage des stillen Gesellschafters ebenfalls in diesem Sinne fortzuschreiben433. Das „Kapitalkonto“ ist in „Einkontenmodellen“ nach dem Gesellschaftsvertrag das Konto, auf welchem die Vermögenseinlage des Stillen festgehalten und fortentwickelt wird. Bei einer differenzierten Ausgestaltung des Einlagenkontos mit variablen Unterkonten (Mehrkontenmodellen) sind die für gewerbliche Personengesellschaften geltenden Grundsätze entsprechend heranzuziehen. So ist bei der Bestimmung des nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG ausgleichsfähigen Verlustes nicht nur die im Gesellschaftsvertrag vereinbarte feste Einlage des stillen Gesellschafters zu berücksichtigen, sondern z.B. auch der Verlust eines Guthabens auf einem Verrechnungskonto des stillen Gesellschafters, das bei der Beendigung der Gesellschaft mit dem Verlustkonto des Gesellschafters zu saldieren und deshalb als „steuerliches Kapitalkonto“ anzusehen ist434. Dem Geschäftsinhaber gewährte Darlehen oder Nutzungsentgelte für die Überlassung von Wirtschaftsgütern neben der stillen Beteiligung erhöhen – wie

430 BFH v. 7.9.2000 – III R 33/96, BFH/NV 2001, 415 = HFR 2001, 440; BFH v. 23.7.2002 – VIII R 36/01, DStR 2002, 1852 (1854), bestätigt durch BFH v. 16.10.2007 – VIII R 21/ 06, GmbHR 2008, 157 = FR 2008, 320; BFH v. 28.1.2014 – VIII R 5/11, BFH/NV 2014, 1193 = GmbHR 2014, 894; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 81. Siehe zur Kritik Urban, Ubg 2018, 199 ff. 431 BFH v. 23.7.2002 – VIII R 36/01, DStR 2002, 1852 (1854) = FR 2002, 1363 = GmbHR 2002, 1150. Der Feststellungsbescheid entfaltet nur im Hinblick auf den verrechenbaren Verlust Bindungswirkung, nicht aber hinsichtlich ausgleichbarer Verluste, BFH v. 7.9.2000 – III R 33/96, BFH/NV 2001, 415. 432 BFH v. 2.9.2014 – IX R 52/13, BFHE 247, 209 = BStBl. II 2015, 263 = GmbHR 2015, 213 zur sinngemäßen Anwendung des § 15a EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung; siehe dazu Middendorf/Rickermann, BB 2015, 929; Demuth/Bodden, NWB 2015, 734; Schulze zur Wiesche, StBP 2015, 172; Dorn, DStR 2015, 1598. 433 BFH v. 16.10.2007 – VIII R 21/06, BStBl. II 2008, 126 = GmbHR 2008, 157 = FR 2008, 320. 434 BFH v. 28.1.2014 – VIII R 5/11, BFH/NV 2014, 1193 = GmbHR 2014, 894 mit Hinweis auf BFH v. 7.4.2005 – IV R 24/03, BFHE 209, 353 = BStBl. II 2005, 598.

758 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.246 § 22

das Sonderbetriebsvermögen bei gewerblichen Gesellschaften (siehe Rz. 22.74 ff.) – das Verlustausgleichsvolumen nicht, da diese schuldrechtlichen Rechtsbeziehungen und Vergütungen keinen Eigenkaptalcharakter haben435. Besteht ein negatives Kapitalkonto, ist es den Gesellschaftern überlassen, ob sie als Verlustsonderkonto oder als „Merkposten“ ausweisen436. Das negative Einlagekonto bewirkt beim typisch stillen Gesellschafter eine Gewinnauszahlungssperre für künftige Gewinne. Die später beim stillen Gesellschafter anfallenden Gewinnanteile sind nach Einkommensteuerrecht nicht mehr, wie nach der früheren Rechtslage, stets Einnahmen bei den Einkünften des stillen Gesellschafters aus Kapitalvermögen und beim Geschäftsinhaber Aufwand, der die Abrechnungsperiode belastet, in der er entstanden ist; vielmehr sind sie zunächst erfolgsneutral mit dem negativen Einlagekonto zu verrechnen. Als Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sind sie erst nach Auffüllung des negativen Einlagekontos zu erfassen; denn die Wiederauffüllung des positiven Einlagekontos bewirkt nicht nur den Zufluss der Gewinnanteile (§§ 8, 11 Abs. 1 EStG), sondern gleichzeitig auch die Erfüllung der Einlageverpflichtung des stillen Gesellschafters437.

22.244

Die festgestellten verrechenbaren Verluste des Stillen sind bei der Veräußerung oder Auflösung der stillen Beteiligung mit dem Veräußerungsgewinn zu verrechnen. In den Veräußerungs- und Auflösungsgewinn ist stets auch ein wegfallendes, nicht ausgleichspflichtiges, negatives Kapitalkonto des Stillen einzubeziehen (Rz. 22.122 ff.)438. Die festgestellten verrechenbaren Verluste stehen somit nicht dem Erwerber zur Verrechnung mit zukünftigen Gewinnen zu, auch wenn er das negative Kapitalkonto fortführt und insoweit gerade in die Verlusthaftung des ausscheidenden Gesellschafters eintritt439.

22.245

Eine sinngemäße Anwendung des § 15a Abs. 3 EStG kommt ebenfalls in den Fällen der Einlagenminderung (nicht aber aufgrund einer überschießenden Außenhaftung) in Betracht. Als „Entnahme“ – die es im Bereich der Überschusseinkünfte nicht gibt – kommt nur eine Rückzahlung der Vermögenseinlage in Betracht440.

22.246

Beispiel: A ist mit 100.000 Euro als stiller Gesellschafter am Handelsgeschäft des B beteiligt. Seine Einlage ist durch Verluste auf 20.000 Euro gemindert worden. A und B beschließen, die Einlage von 100.000 Euro auf 50.000 Euro zu vermindern. A erhält 50.000 Euro zurück. Bei sinngemäßer Anwendung des § 15a Abs. 3 EStG liegen hier i.H. von 30.000 Euro steuerpflichti-

435 BFH v. 14.5.1991 – VIII R 31/88, BStBl. II 1992, 167; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 208. 436 BFH v. 16.10.2007 – VIII R 21/06, FR 2008, 320 (322) = GmbHR 2008, 157. 437 BFH v. 23.7.2002 – VIII R 36/01, DStR 2002, 1852 (1854) = FR 2002, 1363 = GmbHR 2002, 1150. 438 BFH v. 9.7.2015 – IV R 19/12, BFHE 249, 555 = DStR 2015, 1859. 439 Lüdemann in HHR, EStG/KStG, § 15a EStG Rz. 143 und Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 210; Wacker, DB 2012, 1403 (1405 f.); siehe auch Kuck, DStR 2003, 235 (237). 440 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 213; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 97.

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§ 22 Rz. 22.246 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft ge Einnahmen des stillen Gesellschafters vor, weil die Rückzahlung insoweit zu einer negativen Kapitaleinlage führt441.

22.247 Die Einlagerückzahlungen führen nach § 15a Abs. 3 Satz 2 EStG nur insoweit zu einer Zurechnung fiktiver Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, als dem stillen Gesellschafter im Jahr der Einlagerückzahlung und in den vorangegangenen zehn Jahren Verluste als ausgleichs- oder abziehbar zugerechnet worden sind442. Nach § 15a Abs. 3 Satz 4 EStG mindern die Beträge, die dem Stillen aufgrund der Einlageminderung zugerechnet werden, die Gewinne, die ihm im Jahr der Zurechnung der Einlagebeträge oder in späteren Jahren zuzurechnen sind443. d) Sinngemäße Anwendung des § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG

22.248 § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG verweist auch auf § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG. Dies bedeutet, dass Verluste aus stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften unter der Voraussetzung, dass der stille Gesellschafter selbst eine Kapitalgesellschaft ist, nur mit Gewinnen aus dem unmittelbar vorangehenden Veranlagungszeitraum oder aus folgende Veranlagungszeiträume derselben stillen Beteiligung verrechenbar sind. Siehe Rz. 23.79 ff. e) Verlustanteile bei typisch stillen Beteiligungen im Betriebsvermögen

22.249 Die Verlustanteile des typisch stillen Gesellschafters sind wie die Gewinnanteile phasengleich zu erfassen (siehe Rz. 22.197)444. Aus dem forderungsähnlichen Charakter des stillen Gesellschaftsverhältnisses445 ergibt sich nach dem BFH, dass in Fällen übereinstimmender Wirtschaftsjahre des Geschäftsinhabers und des Stillen auch die auf den stillen Gesellschafter entfallenden Verlustanteile dessen Betriebsvermögen phasengleich mindern Es kommt somit anders als bei § 11 EStG nicht auf den Zeitpunkt der Berechnung und Abbuchung des Verlusts an (siehe Rz. 22.238); maßgeblich ist vielmehr, dass gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB die zum Bilanzstichtag (rechtlich oder wirtschaftlich) entstandenen Verluste als zur Bilanzaufstellung bekannt gewordene (wertaufhellende) Umstände im Abschluss des stillen Gesellschafters zu berücksichtigen sind. Der auf den stillen Gesellschafter entfallende Verlustanteil mindert den Bestand der Forderung des Stillen gegenüber dem Geschäftsinhaber und ist vom Buchwert des forderungsähnlichen Rechts abzusetzen (siehe Rz. 13.84). 22.250 Ob bei dauerhafter Wertminderung der Einlagenforderung neben der kontinuierlichen Minderung des Forderungsbuchwerts durch die Verlustzuweisung aufgrund einer negativen Ertragsprognose eine weitergehende Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1

441 Beispiel nach Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 97; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 213. 442 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 214. 443 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 214. 444 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BFHE 236, 543 = BStBl. II 2012, 745 = GmbHR 2012, 764. 445 Siehe auch BFH v. 28.11.2019 – IV R 54/16, DB 2020, 473.

760 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.257 § 22

Nr. 2 EStG) in Betracht kommt, ist umstritten446. M.E. ist wie unter Rz. 13.86 befürwortet denjenigen zuzustimmen, die dies bejahen; nach Vornahme einer solchen Teilwertabschreibung sind jedoch nachfolgende Verlustzuweisungen nicht doppelt einkünftemindernd447. Im Rahmen der Teilwertabschreibung ist auch der Fall der Insolvenz des Geschäftsinhabers zu erfassen, da hierdurch die Forderung des Stillen auf Rückzahlung der Einlage dauerhaft wertlos wird. frei

22.251– 22.255

7. Beschränkung der Verlustnutzung nach § 20 Abs. 6 EStG a) Verlustentstehungsgründe bei typisch stillen Beteiligungen Negative laufende Kapitalerträge (Verlustzuweisungen) i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG i.V.m. § 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG unterliegen (nach Berücksichtigung der Verrechnungsbeschränkung des § 15a EStG) i.S. des § 20 Abs. 6 Satz 7 EStG (in der ab dem VZ 2020 geltenden Fassung) nur dann dem Kapitalertragsteuerabzug, einer Abgeltungswirkung und der Verlustverrechnung im Rahmen des Steuerabzugs gemäß § 43a Abs. 3 Satz 3 ff. EStG, wenn dieser von einer auszahlenden Stelle i. S. des § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG ausgeführt wird. Dies ist kaum relevant, da in der Regel gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 3, § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG der Geschäftsinhaber als Schuldner der Kapitalerträge in der Regel der Steuerentrichtungspflichtige ist; § 43a Abs. 3 Satz 8 EStG enthält weitere Rückausnahmen von der Verlustverrechnung im Rahmen des Steuerabzugs, zum Beispiel für betriebliche Gläubiger (stille Beteiligung im BV). Laufende Verlustzuweisungen müssen daher in der Regel vom typisch stillen Gesellschafter erklärt und vom FA veranlagt werden. Entstehungsgrund eines negativen Kapitalertrags kann weiterhin ein Veräußerungsverlust i.S. des § 20 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 20 Abs. 4 EStG sein. Veräußerungserträge unterliegen auch als positive Erträge nicht dem Kapitalertragsteuerabzug i.S. des § 43 Abs. 1 EStG. Sie sind stets zu erklären und zu veranlagen (§ 25 Abs. 1 Halbs. 2 EStG). Da der Abzug von Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 EStG ausgeschlossen ist, können Werbungskostenüberhänge nicht zu steuerlichen Verlusten i.S. des § 20 Abs. 6 EStG führen.

22.256

b) Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Abs. 6 EStG Verluste aus der stillen Beteiligung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG und Veräußerungsverluste gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 EStG sind nach § 20 Abs. 6 Satz 2 EStG grundsätzlich nur mit anderen Kapitaleinkünften verrechenbar oder vorzutragen. Der Gesetzgeber sieht für die Rechtslage ab dem VZ 2020 gemäß § 20 Abs. 6 Satz 6, Alt. 1 EStG Verluste aus dem Ausfall einer sonstigen Kapitalforderung (der Einlageforderung) als steuerbar an. Sie sind bis zur Höhe von 10.000 Euro im VZ mit anderen positiven Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 1 und Abs. 2 EStG verrechenbar, ansonsten sind sie vorzutragen und im Folgejahr bis zur Höhe von 10.000 Euro verrechenbar. Zu diesen Verlusten gehört auch der insolvenz- oder anderweitig beding-

446 Siehe zu den im Einzelnen strittigen Voraussetzungen Milatz, DStZ 2006, 141, (143 f.). 447 Wacker, DB 2012, 1403 (1405).

Levedag | 761

22.257

§ 22 Rz. 22.257 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

te Ausfall einer Einlageforderung des Stillen. Eine Kapitalforderung ist insbesondere uneinbringlich, wenn sich auf Grundlage der Gesamtumstände des Schuldverhältnisses abzeichnet, dass der Schuldner die Verbindlichkeit ganz oder teilweise nicht erfüllen wird448.

22.258 Nach dem Wortlaut besteht diese beschränkte Verrechnungsmöglichkeit für Ausfallverluste gemäß § 20 Abs. 6, Alt. 1 EStG nur, soweit die Verluste dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG unterliegen. Für negative Kapitalerträge, die gemäß § 32d Abs. 2 EStG aus dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG ausgeschlossen sind (siehe Rz. 22.270 ff.), gibt § 32d Abs. 2 Satz 2 EStG vor, dass „§ 20 Abs. 6 EStG“ nicht anzuwenden ist. Der Verweis nimmt den gesamten § 20 Abs. 6 EStG in Bezug und ist entweder als dynamischer Verweis anzusehen oder es liegt ein Redaktionsversehen vor, weil der Verweis in § 32d Abs. 2 Satz 2 EStG nicht angepasst wurde. Letzteres ist schwer vorstellbar. Für negative Kapitalerträge, die gemäß § 32d Abs. 2 EStG tarifliche Kapitalerträge sind, gilt § 20 Abs. 6 EStG danach insgesamt nicht449. Hier bleibt es bei der Steuerbarkeit und vollen Verrechenbarkeit des Ausfallverlusts mit anderen Einkünften. 22.259 frei 8. Ausschluss der Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG aus der Abgeltungsteuer gemäß § 32d Abs. 2 EStG

22.260 Gemäß § 32d Abs. 2 Satz 1 EStG findet der gesonderte Steuertarif für Kapitaleinkünfte gemäß § 32d Abs. 1 EStG u.a. bei stillen Beteiligungen keine Anwendung, wenn zwischen Gläubiger und Schuldner ein besonderes Näheverhältnis besteht. a) Das besondere Näheverhältnis aa) Gläubiger und Schuldner sind einander nahestehende Personen, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG

22.261 § 20 Abs. 6 EStG und § 20 Abs. 9 EStG finden für Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 4 Nr. 1 EStG, § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG keine Anwendung, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG. Nach der Regierungsbegründung soll verhindert werden, dass aufgrund der Steuerspreizung betriebliche Gewinne abgesaugt werden und so die Steuerbelastung auf den Abgeltungssatz reduziert wird. Unternehmerische Entscheidungen über die Finanzierungsstruktur des Unternehmens sollen steuerlich unverzerrt bleiben450. Die Finanzverwal448 BFH v. 24.10.2017 – VIII R 13/15, BFHE 259, 535 = FR 2018, 1082; FG Düsseldorf v. 18.7.2018 – 7 K 3302/17 E, EFG 2018, 1645, nrkr. Az. BFH: VIII R 28/18. Siehe FG Münster v. 9.4.2019 – 2 K 2576/17 E, DStRE 2019, 1317, rkr. Siehe ferner BT-Drucks. 19/15876, 69: Eine Kapitalforderung ist insbesondere uneinbringlich, wenn sich auf Grundlage der Gesamtumstände des Schuldverhältnisses abzeichnet, dass der Schuldner die Verbindlichkeit ganz oder teilweise nicht erfüllen wird. 449 Gleiche Auffassung Ott, DStR 2020, 313 (315). 450 BT-Drucks. 16/4841, 60.

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Einkommensteuer | Rz. 22.262 § 22

tung sah in Tz. 136 des BMF-Schreibens vom 22.12.2009451 das Merkmal stets als erfüllt und damit jede stille Beteiligung zwischen Angehörigen i.S. des § 15 AO als aus der Abgeltungsteuer ausgeschlossen an. Liege kein Angehörigenverhältnis i.S. dieser Vorschrift vor, sei – so das BMF weiter – von einem Nahestehen auszugehen, wenn die Vertragsbeziehung einem Fremdvergleich nicht standhalte. Der BFH hat in mehreren Grundsatzurteilen zu § 32d Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG452 diese Auslegung des BMF-Schreibens nicht mitgetragen. Er hat den Begriff der „einander nahestehenden Person“ in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und b Satz 2 EStG autonom und unter enger Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung453 ausgelegt. Nach dem Wortsinn fallen unter den Begriff der „nahestehenden Person“ alle natürlichen und juristischen Personen, die zueinander in enger Beziehung stehen. Hierzu gehören auch Angehörige i.S. des § 15 AO, da bei diesem Personenkreis bereits das auf der Verwandtschaft, dem Verlöbnis oder der Eheschließung beruhende Näheverhältnis auf eine enge Bindung schließen lässt. Jedoch ist ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes persönliches Interesse – so der BFH in den zitierten Entscheidungen – gerade nach der Gesetzesbegründung nicht ausreichend, um ein Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG zu begründen. Abzustellen ist nach dem BFH darauf, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eine missbräuchliche Gestaltung zur Ausnutzung des gesonderten Abgeltungsteuertarifs durch die nahestehenden Personen vorliegt454. Das in der Gesetzesbegründung für ein „schädliches Näheverhältnis“ i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG als Unterkriterium angesprochene Beherrschungsverhältnis setzt voraus, dass der beherrschten Person aufgrund eines „absoluten Abhängigkeitsverhältnisses“ (z.B. aufgrund eines außerhalb der Geschäftsbeziehung begründeten Einflusses) im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt, ob sie die stille Gesellschaft abschließen will. Ein lediglich aus der Familienangehörigkeit oder Ehe abgeleitetes persönliches Interesse, das mit dem gesetzlich typisierten Gesamtbelastungsvorteil zusammentrifft, grenzt der BFH negativ von einem solchen schädlichen Beherrschungsverhältnis ab455. Dies wurde auch durch das verfassungsrechtliche Argument untermauert, die Vermutung in Tz. 136 des BMF-Schreibens vom 22.12.2009456, Angehörige seien stets nahestehende Personen i.S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG, verletze Art. 6 Abs. 1 GG. Auch bei einem innerhalb der Familie erzielten Gesamtbelastungsvorteil stelle diesen keinen „einheitlichen Bilanzraum“ dar, der es rechtfertige, alle Angehörigendarlehen

451 BMF v. 22.12.2009 – IV C 1 - S 2252/08/10004, BStBl. I 2010, 94. 452 BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, BFHE 245, 343 = BStBl. II 2014, 986 = FR 2014, 1100; BFH v. 29.4.2014 – VIII R 35/13, BFHE 245, 357 = BStBl. II 2014, 990 = FR 2015, 50; BFH v. 29.4.2014 – VIII R 44/13, BFHE 245, 361 = BStBl. II 2014, 992 = FR 2014, 1100; siehe Levedag, GmbHR 2015, 57 ff.; BFH v. 9.7.2019 – X R 9/17, DStR 2019, 2626 = FR 2020, 94. 453 BT-Drucks. 16/4841, 60. 454 BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, BFH/NV 2014, 1617 unter Tz. 22. 455 BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, BFH/NV 2014, 1617 unter Tz. 22; Werth, DStZ 2014, 670 (671). 456 BMF v. 22.12.2009 – IV C 1 - S 2252/08/10004, BStBl. I 2010, 94.

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22.262

§ 22 Rz. 22.262 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

aus dem Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer auszuschließen457. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen458.

22.263 Durch die Entscheidungen des BFH ist zudem geklärt, dass der bei stillen Gesellschaften unter nahen Angehörigen durchzuführende Fremdvergleich (siehe dazu Rz. 21.6) der Prüfung des Näheverhältnisses nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG logisch vorrangig ist. Nur eine steuerlich anzuerkennende typisch stille Beteiligung unter Angehörigen führt zu „Einkünften“ nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Wie das Merkmal der „nahestehenden Personen“ bei typisch stillen Beteiligungen unter fremden Dritten mit Inhalt zu füllen ist, bedarf weiterhin der Klärung. Das FG Hessen hat auf dieser Grundlage Einnahmen des Sohnes eines alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH aus einer 20%igen stillen Beteiligung, der zugleich leitender Angestellter bei der GmbH ist, mangels eines Näheverhältnisses als dem Abgeltungsteuersatz nach § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG unterfallend beurteilt459. Beim BFH sind zur Bestimmung des Näheverhältnisses noch Verfahren anhängig460. bb) Qualifizierte Beteiligung an der auszahlenden Kapitalgesellschaft, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG n.F.

22.264 Der Ausnahmetatbestand des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG erfasst (positive und negative) Kapitalerträge aus stillen Beteiligungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4, § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG, die von einer Körperschaft an einen Anteilseigner ausgeschüttet werden, der zu mindestens 10 %461 an dieser beteiligt ist, oder an eine diesem nahestehende Person. Die Ausschlusstatbestände in § 32d Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Satz 1 und 2 EStG sollen verhindern, dass auf Grundlage der typisierend angenommenen Steuersatzspreizung zwischen der Belastung von Gewinnen auf Ebene der Körperschaft (aus Körperschaft- und Gewerbesteuer) und beim Empfänger der Darlehenszinsen im Rahmen der Abgeltungsteuer Gewinne in Form von Darlehenszinsen aus der Ebene der Körperschaft abgesaugt und die Steuerbelastung dieser Gewinne faktisch auf die Höhe des Abgeltungsteuersatzes reduziert wird462. Dieser Ausnahmetatbestand ist insbesondere für die GmbH & typisch Still relevant. 22.265 Die Regelungen sind von § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG abzugrenzen, der Vergütungen erfasst, die als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu qualifizieren sind. Wird bei der GmbH die an den Sillen gezahlte und als Betriebsausgabe behandelte Vergütung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dem Einkommen der Körperschaft hinzugerechnet, unterliegt im Grundsatz die vGA beim Gesellschafter als Empfänger der Abgeltungsteuer. Im Zusammenspiel mit § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 und 2 EStG soll nach 457 458 459 460

Werth, DStZ 2014, 670 (672). Siehe Tz. 136 des BMF-Schreibens v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85. FG Hessen v. 22.10.2018 – 6 K 49/17, EFG 2019, 166, nrkr. Az. BFH: VIII R 46/18. FG Münster v. 28.2.2019 – 3 K 2547/18 E, EFG 2019, 976, nrkr. Az. BFH: VIII R 12/19; FG Bremen v. 15.5.2019 – 1 K 59/18 (3), EFG 2019, 1393, rkr. 461 Maßgebend ist insoweit die Beteiligungsquote am Nennkapital, siehe Wälzholz, GmbHStB 2008, 11 (13). 462 Schiffers, DStZ 2014, 888 (897).

764 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.268 § 22

dem gesetzlichen System beim Empfänger der Vergütung aus der typisch stillen Beteiligung (dem Gesellschafter oder der nahestehenden Person) über den Ausschluss der Vergütung aus der Abgeltungsteuer beim Empfänger der Betriebsausgabenabzug auf Ebene der Körperschaft bekämpft werden. Denn werden die Gewinne, die bei der Körperschaft als gewinnmindernde Vergütungen an den Stillen abfließen, alternativ ohne Betriebsausgabenabzug gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG als offene Dividende an den Gesellschafter offen oder nach Einkommenskorrektur im Wege der vGA ausgeschüttet, kann der Empfänger den Abgeltungssteuersatz in Anspruch nehmen. Im BFH-Urteil vom 14.5.2014463 hat der BFH für das Gesellschafterdarlehen eines zu mindestens 10 % beteiligten Anteilseigners an der eigenen GmbH entschieden, § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG sei verfassungsgemäß. Der Ausschluss der Vergütungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG aus dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG ist gerechtfertigt, um Unternehmensfinanzierungen nicht zu verzerren und weil hierdurch auch keine Schlechterstellung dieser Gestaltungen eintritt. Die Regelung gilt auch für die typisch stille Beteiligung eines Anteilseigners in der GmbH & typisch Still. Die unterschiedliche Belastung von Kapitaleinkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG im Vergleich zu Vergütungen aus einer typisch stillen Beteiligung, die gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG in eine vGA umqualifiziert werden und auf die § 32d Abs. 1 EStG gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG Anwendung finden kann, ist nach Ansicht des BFH ebenfalls sachlich gerechtfertigt. Denn Kapitalerträge aus einer vGA sind – auf Ebene der Kapitalgesellschaft – mit Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer vorbelastet sind, da die vGA das Einkommen der Gesellschaft nicht mindert (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG).

22.266

Im Urteil vom 14.5.2014464 hat der BFH für Darlehen an eine Angehörigen-GmbH – und entsprechend für typisch stille Beteiligungen – auf Grundlage des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG entschieden, das Merkmal der „nahestehenden Person“ in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG sei im Rahmen des Buchst. b Satz 2 EStG entsprechend auszulegen. Es schließt daher nicht jedes Angehörigendarlehen (Darlehensgeber und Gesellschafter der Kapitalgesellschaft sind Angehörige gemäß § 15 AO) oder jede entsprechende stille Beteiligung solcher Angehöriger an der GmbH eines anderen (zu mindestens 10 % an der Kapitalgesellschaft beteiligten) Angehörigen aus der Abgeltungsteuer aus. Hinzu treten muss auch hier ein Missbrauchselement für die gewählte Struktur. Diese Definition greift grundsätzlich auch für Vergütungen und Substanzgewinne in der typisch stillen Gesellschaft465.

22.267

Auch in dieser Fallgruppe besteht eine Konkurrenz zur vGA. Wird auf Grundlage der stillen Beteiligung eines Angehörigen an einer Angehörigen-GmbH eine vGA verwirklicht, sind materiell-rechtlich die an die nahestehende Person gezahlten Vergütungen als vGA Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG beim Gesellschafter und nicht als Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG beim Angehörigen-Stillen zu erfassen.

22.268

463 BFH v. 14.5.2014 – VIII R 23/13, GmbHR 2014, 1051 = FR 2015, 51 = DStR 2014, 1667. 464 BFH v. 14.5.2014 – VIII R 31/11, GmbHR 2014, 1054 = FR 2014, 1099 = DStR 2014, 1665. 465 FG Hessen v. 22.10.2018 – 6 K 49/17, EFG 2019, 976, nrkr. Az. BFH: VIII R 46/18.

Levedag | 765

§ 22 Rz. 22.268 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Bei der vGA an eine nahestehende Person, die vom Zuwendungswillen des Anteilseigners getragen ist, erzielt nur der Anteilseigner Einkünfte aus der vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG466. Die Bescheide sind gemäß § 32a Abs. 1 KStG auf allen Ebenen zu ändern467. Gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 4 Halbs. 1 EStG (seit dem JStG 2010468) unterliegen wiederum die Einkünfte des Gesellschafters aus der vGA gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG der Abgeltungsteuer, wenn bei der Körperschaft eine Einkommenserhöhung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG stattfindet, weil dann die vGA auf Ebene der Körperschaft vorbelastet ist (sog. materiell-rechtliche Korrespondenz). Eine besondere Regelung enthält Halbs. 2 des § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG für vGA, die auf Zuwendungen der Gesellschaft an nahestehende Personen beruhen. Auch diese Einkünfte sollen nach Halbs. 1 des § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG zur Umsetzung der materiell-rechtlichen Korrespondenz beim Gesellschafter der Abgeltungsteuer unterliegen, wenn die zunächst als Betriebsausgabe bei der Körperschaft abgezogenen Schuldzinsen gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in das Einkommen der Körperschaft einbezogen und die Bescheide auf beiden Ebenen gemäß § 32a KStG geändert werden. Dies gilt jedoch nach Halbs. 2 nicht (also kein Ausschluss der vGA-Einkünfte des Gesellschafters aus der Abgeltungsteuer), wenn die an den stillen Gesellschafter (als nahestehende Person i.S. der vGARechtsprechung) gezahlten (überhöhten) Vergütungen dessen Einkommen erhöht haben, dort veranlagt wurden und die Korrekturnorm des § 32a KStG es (ausnahmsweise469) nicht ermöglicht, die Veranlagung des Stillen zu ändern. In diesen Fällen ist die Vorbelastung der vGA auf Ebene der Körperschaft also keine Vorbedingung für die Gewährung der Abgeltungsteuer auf Ebene des Gesellschafters470.

22.269 frei b) Folgen des Vorliegens der Ausnahmetatbestände in § 32d Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 4 EStG

22.270 Greift ein Ausnahmetatbestand gilt für die Vergütungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG und einen Veräußerungsgewinn gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG der gesonderte 466 S. aus der Rspr. zur vGA an nahestehende Personen die BFH v. 22.2.2005 – VIII R 24/ 03, BFH/NV 2005, 1266 = GmbHR 2005, 945; BFH v. 6.12.2005 – VIII R 70/04, BFH/ NV 2006, 722 = GmbHR 2006, 387; BFH v. 19.6.2007 – VIII R 54/05, BStBl. II 2007, 830 = GmbHR 2007, 1051 m. Komm. Schröder; BFH v. 30.11.2010 – VIII R 19/07, GmbHR 2011, 322; Gosch in Gosch, § 8 KStG Rz. 227 f. 467 Das in § 32a KStG der Finanzverwaltung eingeräumte Ermessen ist regelmäßig auf Null reduziert, wenn die Steuerfestsetzung für den Gesellschafter ohne die Änderung sachlich unrichtig wäre und daher jede andere Entscheidung als die der Änderung der unrichtigen Steuerfestsetzung als ermessenswidrig beurteilt werden müsste (BFH v. 24.6.2014 – VIII R 54/10, GmbHR 2014, 1165 m.w.N.). 468 BGBl. I 2010, 1768 ff. 469 § 32a Abs. 1 KStG enthält auch einen Korrekturtatbestand auch für die vGA an dem Gesellschafter nahestehenden Personen. 470 Storg in Frotscher/Geurts, § 32d EStG Rz. 44d (Stand: 15.4.2011): Die volle Besteuerung der nahestehenden Person ersetzt als Rechtfertigungsgrund für die Gewährung des Abgeltungsteuersatzes beim Gesellschafter die vorbelastende Besteuerung der vGA auf Ebene der Körperschaft.

766 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.273 § 22

Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32d Abs. 1 EStG nicht, § 32d Abs. 2 Satz 1 EStG. Es sind zwar die Regelungen zum Kapitalertragsteuerabzug in § 43 Abs. 1 EStG, soweit laufende Vergütungen gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG betroffen sind, anzuwenden, der Kapitalertragsteuerabzug hat jedoch keine abgeltende Wirkung, § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG. Es ist für diese Kapitalerträge der persönliche progressive Einkommensteuertarif gemäß § 32a KStG anzuwenden. Andere Einkünfte aus Kapitalvermögen können daneben der Abgeltungsteuer unterliegen. Die im Steuerabzugsverfahren gezahlte Kapitalertragsteuer ist nach § 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG anzurechnen. Nach § 32d Abs. 2 Satz 1 letzter Halbs. EStG findet auch § 20 Abs. 9 EStG keine Anwendung. Es können die mit den laufenden Erträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG im Zusammenhang stehenden tatsächlichen Werbungskosten abgezogen werden. Veräußerungs- und Anschaffungskosten des Stillen sind im Rahmen des § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG ohnehin abzugsfähig. Zu berücksichtigen ist, dass aus der Nichtanwendbarkeit des § 20 Abs. 9 EStG auch folgt, dass kein Sparer-Pauschbetrag gewährt wird, auch wenn der Betrag der tatsächlichen Werbungskosten unter dem Sparer-Pauschbetrag liegt471.

22.271

§ 20 Abs. 6 EStG findet gemäß § 32d Abs. 2 Satz 2 EStG insgesamt keine Anwendung. Nach hier vertretener Auffassung ist damit auch ab dem VZ 2020 der neue § 20 Abs. 6, Alt. 1 EStG mit seiner Sockelbetragsverrechnung nicht auf negative tarifliche Kapitalerträge anzuwenden (Rz. 22.258). Negative Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG sind als tarifliche negative Kapitalerträge mit anderen positiven Kapitalerträgen verrechenbar.

22.272

Für negative Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG aus dem Ausfall der Einlageforderung ist ab dem VZ 2019 aber für GmbH & typisch Still die Frage zum Verhältnis zu § 17 Abs. 2a EStG aufgeworfen, wenn der typisch stille Gesellschafter an der GmbH zu mindestens 1 % beteiligt ist. Durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften („JStG 2019“)472 wurde ein neuer § 17 Abs. 2a Satz 1–5 EStG eingefügt473. Gemäß § 17 Abs. 2a Satz 1–4 EStG sind Anschaffungskosten diejenigen Aufwendungen, die geleistet werden, um Anteile im Sinne des Abs. 1 zu erwerben. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen AK (§ 17 Abs. 2a Satz 1 EStG). Hervorzuheben ist, dass nachträgliche Anschaffungskosten im Sinne von § 17 Abs. 2a Satz 3 EStG bei jedem Gesellschafter zu berücksichtigen sind, der die Beteiligungsschwelle von 1 % im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG erreicht. Nicht mehr relevant ist die frühere 10 %-Grenze, die die zivilrechtlichen Regelungen des Eigenkapitalersatzrechts für dessen Anwendung verlangten (§ 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG a.F.). Nach dem neuen § 52 Abs. 25a EStG findet § 17 Abs. 2a EStG erstmals für Veräußerungen gemäß § 17 Abs. 1 EStG und für Auflösungsvorgänge gemäß § 17 Abs. 4, Abs. 5 EStG nach dem 31.7.2019 Anwendung. Auf Antrag des Steu-

22.273

471 Zutreffend FG Münster v. 16.7.2014 – 10 K 2637/11 E, BB 2014, 2134. 472 BGBl. I 2019, 2451. 473 Siehe zu der Regelung Fuhrmann, NWB 20, 150 ff.; Ott, DStR 2020, 313 ff.

Levedag | 767

§ 22 Rz. 22.273 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

erpflichtigen kann die Regelung auch für Veräußerungen und Auflösungen vor diesem Stichtag angewendet werden. Durch diese zeitliche Anwendungsregelung des § 17 Abs. 2a EStG werden die richterliche Vertrauensschutzregelung des BFH und des BMF-Schreibens vom 5.4.2019474 für Veräußerungs-und Auflösungsvorgänge gemäß § 17 Abs. 4 EStG nach dem 31.7.2019 überschrieben475. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten im Sinne des § 17 Abs. 2a Satz 2 EStG gehören gemäß dessen Nr. 1 offene und verdeckte Einlagen, nach dessen Nr. 2 Darlehensverluste, soweit die Gewährung des Darlehens oder das Stehenlassen des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gesellschaftsrechtlich veranlasst war, und nach dessen Nr. 3 Ausfälle von Bürgschaftsregressforderungen und vergleichbaren Forderungen, soweit die Hingabe oder das Stehenlassen der betreffenden Sicherheit gesellschaftsrechtlich veranlasst war. § 17 Abs. 2a Satz 4 EStG enthält eine Legaldefinition zur gesellschaftsrechtlichen Veranlassung. Diese ist gegeben, wenn ein fremder Dritter das Darlehen oder Sicherungsmittel im Sinne der Nr. 2 oder Nr. 3 bei sonst gleichen Umständen zurückgefordert oder nicht gewährt hätte. Die gesellschaftsrechtliche Veranlassung gemäß § 17 Abs. 2a Satz 4 EStG stellt nach der Gesetzesbegründung auf die Hingabe oder das Stehenlassen von Darlehen und den in Nr. 3 genannten Forderungen an die Kapitalgesellschaft zu nicht fremdüblichen Konditionen ab. Es ist hierfür im Zeitpunkt der Darlehenshingabe zu prüfen, ob die Gesellschaft unter den bestehenden Verhältnissen von einem Dritten (insbesondere einem Kreditinstitut) noch ein Darlehen oder eine Finanzierungshilfe zu marktüblichen Bedingungen erhalten hätte. Eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung des Stehenlassens eines Darlehens ist nach der Gesetzesbegründung insbesondere gegeben, wenn der Gesellschafter das Darlehen nicht abzieht, obwohl er es hätte abziehen können und es angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar ist, dass die Rückzahlung gefährdet sein wird. Die Voraussetzung, dass der Gesellschafter das Darlehen „hätte abziehen können“ wirft die Frage nach dem Verhältnis zum Insolvenzrecht (§ 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 Abs. 3 InsO) auf, das dem Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen das Stehenlassen des Darlehens vorgibt, anderenfalls droht die Anfechtung. Meines Erachtens umfasst das Merkmal des „Darlehensverlusts“ aber nicht die ausfallende Einlageforderung des typisch stillen Gesellschafters, wenn dieser zugleich an der GmbH wesentlich beteiligt ist. Der unbestimmte neue Begriff ist nach der Gesetzeshistorie nur auf „echte Gesellschafterdarlehen“ zu beziehen. Ziel des Gesetzgebers ist nach der Gesetzesbegründung476, die Anschaffungskosten von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 17 Abs. 2, 4 EStG in Anlehnung an § 255 HGB zu definieren. Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass die in Satz 2 Nr. 1 als nachträgliche Anschaffungskosten erfassten offenen und verdeckten Einlagen nur deklaratorisch erfasst sind. Die in der Nr. 2 und Nr. 3 erfassten Darlehensverluste und die in Nr. 3 EStG erfassten Verluste aus Gesellschaftersicherheiten sollen hingegen abweichend von den BFH-Urteilen vom 11.7.2017 und vom 20.7.2018477 als nachträgliche Anschaffungs474 475 476 477

BMF v. 5.4.2019 – IV C 6 - S 2244/17/10001, BStBl. I 2019, 257. Siehe zu einer Fallgruppenbildung nach Zeitpunkten siehe Ott, DStR 2020, 313 (319). BT-Drucks. 19/13436, S. 110 f. BFH v. 11.7.2017 – IX R 36/15, BStBl. II 2019, 208 = GmbHR 2017, 1214 und BFH v. 20.7.2018 – IX R 5/15, BStBl. II 2019, 194 = GmbHR 2019, 133.

768 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.277 § 22

kosten definiert werden, die nach Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts hierfür keine Rechtsgrundlage mehr sahen. Da § 17 Abs. 2a Nr. 2 EStG keine Erweiterung auf „vergleichbare Forderungen“ enthält, können bei einer Auslegung des Gesetzes mit Blick auf diesen Regelungsanlass ausgefallene Einlageforderungen des typisch stillen Gesellschafters nicht zu nachträglichen AK auf die Beteiligung führen, da sie nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH wohl nicht hierunter subsumiert worden wären478 und keine Darlehen, sondern gesellschaftsrechtliche Forderungen sind479. Wendet man eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an, liegt es hingegen nahe, die Einlageforderung einzubeziehen, da der BGH sie unter Geltung des früheren Eigenkapitalersatzrechts als darlehensähnlich eingeordnet hat480. Soweit der Anwendungsbereich des § 17 Abs. 2a EStG nicht eröffnet ist, ist der Verlust der Einlageforderung nur gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG steuerbar, die Subsidiaritätsregel des § 20 Abs. 8 EStG ist dann nicht erheblich. Hält man § 17 Abs. 2a Nr. 2 EStG auf die ausgefallene Einlageforderung für anwendbar, ist die Zuordnung des Ausfallbetrags zu einem Auflösungs- oder Veräußerungsverlust gemäß § 17 Abs. 2, 4 EStG vorrangig481. c) Keine Bedeutung des Wahlrechts gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG für die GmbH & typisch Still § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG ermöglicht es auf Antrag, der spätestens mit der Einkommensteuererklärung zu stellen ist, Dividenden gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG und Ausschüttungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens zu besteuern (Ausschluss von § 3 Nr. 40 Satz 2 EStG). Auf die Ausschüttungen findet § 3 Nr. 40 EStG Anwendung (Ansatz in Höhe von 60 %); Aufwendungen sind gemäß § 3c Abs. 2 EStG nur zu 60 % abzugsfähig, da u.a. § 20 Abs. 9 EStG nicht gilt (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 EStG). Bei Antragsausübung tritt eine fünfjährige Bindung ein.

22.274

Zwar erfasst § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG bei qualifizierter Beteiligung des Stillen an der GmbH (25 %) auch den Ausfall von Darlehen und gemäß § 3c Abs. 2 Satz 4 EStG den Ausfall „wirtschaftlich vergleichbarer Forderungen“. Diese Verluste werden in § 3c Abs. 2 EStG konstitutiv als Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beteiligung eingeordnet482. Eine Anwendung des § 3c Abs. 2 Satz 2, Satz 4 EStG auf eine ausgefallene Einlageforderung des stillen Gesellschafters scheidet gleichwohl aus, weil es sich bei dem Ausfallverlust der Art nach nicht um Werbungskosten handelt. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 EStG schließt aber nur § 20 Abs. 9 EStG aus, verdrängt aber nicht § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG, der den Ausfallverlust als eigenständigen Realisationstatbestand erfasst.

22.275

frei

22.276– 22.277

478 Dies lässt sich meines Erachtens aus dem BFH-Urteil v. 28.3.1997 – VIII R 25/96, BFHE 183, 407 = BStBl. II 1997, 724 herauslesen. 479 Für die Beschränkung des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 EStG auf Darlehen auch Ott, DStR 2020, 313 (317). 480 BGH v. 23.11.2017 – IX ZR 218/16, GmbHR 2018, 151. 481 Levedag, GmbHR 2020, 114, 118; siehe im Einzelnen Ott, DStR 2020, 313 (317 ff.). 482 Levedag in L. Schmidt, § 3c EStG Rz. 14.

Levedag | 769

§ 22 Rz. 22.278 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

d) Gestaltungsüberlegungen aa) Einlagen aus geschenkten Mitteln

22.278 Auch wenn der VIII. Senat den generellen Ausschluss von Angehörigen durch den Finanzverwaltung aus dem Abgeltungsteuersatz gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG durch das BMF verworfen hat, müssen bestimmte Fallgestaltungen vermieden werden. Die enge Anlehnung der Auslegung des Merkmals „nahestehende Person“ an die Gesetzesbegründung beinhaltet, dass m.E. auch Sachverhalte kritisch zu sehen sind, in denen aufgrund der Abgeltungsteuer „unternehmerische Entscheidungen über die Finanzierungsstruktur eines Unternehmens steuerlich verzerrt“ werden, da der Gesetzgeber diesen Effekt ausweislich der Gesetzesbegründung vermeiden wollte. Hiermit sind m.E. maßgeblich Fälle angesprochen, in denen bislang im Unternehmen gebundenes Eigenkapital entnommen, einem Angehörigen geschenkt und als stille Beteiligung zurückgewährt wird. 22.279 Die Schenkung der Mittel durch den Geschäftsinhaber, um eine stille Beteiligungen mit Verlustausschluss zu begründen, wird bislang von Rechtsprechung und Finanzverwaltung – zumeist auf der § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG vorgelagerten Stufe der steuerlichen Anerkennungsprüfung – nicht generell anerkannt. Zu prüfen ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls, ob es zu einer echten Vermögensverschiebung der geschenkten Mittel in die Verfügungsmacht des Beschenkten kommt. Die Finanzverwaltung483 knüpft hierbei an bestimmte zivilrechtliche Gestaltungen an und stellt für diese unwiderlegbare und widerlegbare Vermutungen auf. Die fehlende Vermögensverschiebung ist laut BMF bei einheitlichen Vereinbarungen „in einer Urkunde“ und vergleichbaren Abreden stets unwiderlegbar zu vermuten484. Die Rechtsprechung des BFH485 stellt zwar keine unwiderlegbaren Vermutungen auf, sondern prüft stets nach den Gesamtumständen des Einzelfalls, kommt aber zu vergleichbaren Ergebnissen. Siehe im Einzelnen Rz. 21.53 ff. Bei Schenkung einer bestehenden Darlehensforderung/Einlagenforderung durch den Gesellschafter an dessen Angehörige bei der GmbH/GmbH & Still sind die besonderen Grundsätze zur Prüfung einer echten Vermögensverschiebung aufgrund des Trennungsprinzips nicht anwendbar. Dem folgt auch das BMF-Schreiben vom 23.12.2010486 in Tz. 10. bb) Refinanzierung stiller Einlagen in der GmbH & Still

22.280 Zinseinnahmen des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft aus einem Gesellschafterdarlehen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) und Vergütungen aus einer typisch stillen Beteiligung unterliegen – bei einer mindestens 10 %-Beteiligung – gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG stets der Regelbesteuerung. Dies eröffnet für diesen Personenkreis die Möglichkeit, Gesellschafterdarlehen stets zu refinanzieren, da gemäß § 32d Abs. 2 Satz 2 EStG den regelbesteuerten Kapitalerträgen Zinsaufwendungen im Rahmen des Werbungskostenabzugs entgegengesetzt werden können (siehe Rz. 22.271). 483 484 485 486

BMF v. 23.12.2010 – IV C 6 - S 2144/07/10004, BStBl. I 2011, 37, Tz. 11–13. Vgl. Schoor, NWB 2011, 2650 (2657). BFH v. 22.10.2013 – X R 26/11, BStBl. II 2014, 374 = FR 2014, 180. BMF v. 23.12.2010 – IV C 6 - S 2144/07/10004, BStBl. I 2011, 37.

770 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.283 § 22

cc) Bewusste Strukturierung von typisch stillen Beteiligungen mit Angehörigen statt mit dem Gesellschafter in der GmbH & Still Nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG unterliegen stille Beteiligungen mit Angehörigen in der Regel nicht dem Ausschluss aus der Abgeltungsteuer. Es wird daher die Finanzverwaltung künftig regelmäßig die Frage stellen, ob eine „Beherrschungssituation“ oder ein „wirtschaftliches Interesse an der Einkünfteerzielung des anderen“ vorliegen. Hierbei kann es gerade bei ertragsstarken Kapitalgesellschaften im Vordergrund stehen, das Progressionsgefälle auszunutzen, so dass ein schädliches „wirtschaftliches Interesse an der Einkünfteerzielung des anderen“ gegeben sein kann. Die Finanzverwaltung dürfte künftig die Schenkung von Einlagenforderung eines Gesellschafter-Stillen an einen Angehörigen-Stillen in der GmbH & Still unter dem Gesichtspunkt des § 42 AO generell und nicht nur bei Schenkung der Mittel zur Gründung einer stillen Beteiligung mit Verlustausschluss (Rz. 22.279) prüfen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Einkünfteerzielung aus geschenkten Mitteln – abgesehen von der Fallgruppe unter Rz. 22.279 – grundsätzlich nicht rechtsmissbräuchlich ist und Finanzierungsfreiheit besteht487. § 42 AO kann daher nicht zu einer „Schenkungssperre“ in Bezug auf die Mittel zur Leistung der Einlagenforderung in einer stillen Gesellschaft mit Verlustausschluss umfunktioniert werden, zumal der Gesetzgeber mit dem System der Schedulenbesteuerung und den Ausschlusstatbeständen selbst die Ursache für diese Strukturen gesetzt hat.

22.281

frei

22.282

9. Tarif Nach § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG gilt für Kapitalerträge der gesonderte Steuersatz gemäß § 32d Abs. 1 EStG von 25 %, der um den SolZ erhöht wird, so dass er im Ergebnis 26,375 % beträgt. Hinzu tritt ggf. die Kirchensteuer, die gemäß § 32d Abs. 1 Satz 4 und 5 EStG von einer herabgesetzten Bemessungsgrundlage erhoben wird, weil die Kirchensteuer auf die Kapitalertragsteuer und auf die Abgeltungseinkommensteuer gemäß § 32d Abs. 3 und Abs. 4 EStG nicht als Sonderausgabe abzugsfähig ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Der Kapitalertragsteuerabzug gemäß § 43a Abs. 1 Nr. 3 EStG für laufende inländische Vergütungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist durch den Schuldner der Kapitalerträge (Geschäftsinhaber) durchzuführen (Entrichtung gemäß § 44 EStG, Anmeldung und Bescheinigung gemäß § 45a Abs. 1, 2 EStG) und gilt die Einkommensteuer auf die der Abgeltungsteuer unterliegenden Kapitalerträge gemäß § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG ab, wenn es sich um Kapitalerträge des Privatvermögens handelt; anderenfalls (Fälle des § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG) kommt es zur Veranlagung und Anrechnung. Für Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG existiert in § 43 Abs. 1 EStG kein Kapitalertragsteuerabzugstatbestand. Die Einkommensteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 32d Abs. 1 EStG ist keine tarifliche Steuer i.S. des § 32a Abs. 1 EStG. Steuerermäßigungen, die an die tarifliche Einkommensteuer anknüpfen 487 Vgl. BFH v. 23.8.1999 – GrS 1/97, BStBl. II 1999, 778 = FR 1999, 1167; BFH v. 23.8.1999 – GrS 2/97, BStBl. II 1999, 782 = FR 1999, 1173; BFH v. 23.8.1999 – GrS 3/97, BStBl. II 1999, 787 = FR 1999, 1179; BFH v. 23.8.1999 – GrS 5/97, BStBl. II 1999, 774 = FR 1999, 1180.

Levedag | 771

22.283

§ 22 Rz. 22.283 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

(z.B. §§ 35a und 35b EStG), können infolgedessen die Einkommensteuer nach dem gesonderten Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 32d Abs. 1 EStG nicht mindern488.

22.284 Der Steuerpflichtige kann jedoch nach § 32d Abs. 6 EStG den Antrag stellen, nach seinem persönlichen Steuersatz besteuert zu werden, wenn dies zu einer niedrigeren Besteuerung sämtlicher Einkünfte führt (Günstigerprüfung). Auch in den Fällen der Günstigerprüfung bleibt es jedoch für die Einkünfte aus Kapitalvermögen beim Verbot des Abzuges von Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 EStG und den Verlustnutzungsbeschränkungen nach § 20 Abs. 6 EStG (siehe Rz. 22.298). 22.285 Die Abgeltungsteuer für die Einkünfte aus Kapitalvermögen verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG489. Der Gesetzgeber ist von Verfassung wegen nach der Rechtsprechung des BVerfG490 nicht gehindert, die ihrer Natur nach nicht einer bestimmten Person zugeordnete und geographisch nicht gebundene Erwerbsgrundlage „Finanzkapital“ dadurch zu erfassen, dass er alle Kapitaleinkünfte – unabhängig von ihrer Anlageform und buchungstechnischen Erfassung – an der Quelle besteuert und mit einer Definitivsteuer belastet, die in einem linearen Satz den absetzbaren Aufwand und den Progressionssatz in Durchschnittswerten typisiert. Der BVerfG hielt auch die ehemalige Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte gemäß § 32c EStG a.F. für verfassungsgemäß, weil der Gesetzgeber bestimmte Einkünfte aus steuer- oder wirtschaftspolitischen Gründen besser stellen darf491. Die Abgeltungsteuer bringt für Anleger mit hoher Progression Erleichterungen mit sich und lässt für Anleger mit niedrigem Steuersatz eine Günstigerprüfung zu. 22.286 frei 10. Die Kapitalertragsteuer a) Der Steuerabzug vom Kapitalertrag

22.287 Die Einkommensteuer auf die laufenden Einkünfte aus der stillen Beteiligung (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) wird, wenn der Inhaber als Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat, durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) erhoben (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG). Zu den steuerabzugspflichtigen Kapitalerträgen gehören auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den eigentlichen Gewinnanteilen oder an ihrer Stelle gewährt werden (§ 43 Abs. 1 Satz 2 EStG). Der Steuersatz beträgt gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG 25 % des Kapitalertrags. Hinzu kommt der SolZ. Durch die Abschaffung des SolZ ab 2021 werden Kapitalerträge nicht entlastet. Der SolZ ist weiterhin auf die Kapitalertragsteuer zu erheben492. Zu Kapitalerträgen beschränkt Steuerpflichtiger siehe Rz. 29.11. 488 489 490 491 492

BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 132. BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, BFHE 245, 343 = BStBl. II 2014, 986 = FR 2014, 1100. BVerfG v. 27.6.1991 – 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239 = FR 1991, 375. BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, DStR 2006, 1316 (1318). Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 v. 10.12.2019, BGBl. I 2019, 2115.

772 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.293 § 22

b) Die abgeltende Wirkung des Kapitalertragsteuerabzugs bei privaten Kapitalerträgen Die ESt/KSt und der SolZ auf Kapitaleinkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, die dem Kapitalertragsteuerabzug unterlegen haben, werden durch den Steuerabzug in den Fällen den § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG abgegolten. Sie sind in der Einkommensteuererklärung nicht zu erklären, bezüglich dieser Kapitaleinkünfte unterbleibt die Veranlagung, § 25 Abs. 1 Halbs. 2 EStG.

22.288

Weiterer Effekt der Abgeltungswirkung ist, dass sich die Kapitalerträge nicht auf die Ermittlung des Steuertarifs nach § 32a EStG auswirken. Gemäß § 2 Abs. 5b EStG sind sie materiell aus dem zu versteuernden Einkommens i.S. des EStG ausgeschlossen (siehe aber auch § 2 Abs. 5a EStG). Gerade bei hohen Kapitaleinkünften kann es dadurch zu einer deutlichen Steuerentlastung bei den übrigen Einkunftsarten kommen.

22.289

Die abgeltende Wirkung des Kapitalertragsteuerabzugs findet gemäß § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG u.a. in den Fällen betrieblicher typisch stiller Beteiligungen keine Anwendung, da die Vergütungen des Stillen gemäß § 20 Abs. 8 EStG in diesem Fall zu den Gewinneinkünften des Stillen gehören. Ein weiterer Ausnahmefall liegt vor, wenn der Abgeltungsteuertarif gemäß § 32d Abs. 2 EStG nicht zur Anwendung kommt (siehe Rz. 22.270).

22.290

Hat der Kapitalertragsteuer-Abzug nicht stattgefunden, obwohl es sich um Vergütungen aus einer typisch stillen Beteiligung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG handelt, sind die Kapitalerträge nach § 32d Abs. 3 Satz 1 EStG in der Einkommensteuer-Erklärung anzugeben. Dies gilt stets für Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG, die keinem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen. Gleiches gilt bei Ausübung des Wahlrechts nach § 32d Abs. 4 EStG. Die Kapitalerträge werden dann unter Anwendung des besonderen Steuersatzes in § 32d Abs. 1 EStG als der Abgeltungsteuer unterliegende Einkünfte im Bescheid veranlagt. Die hierauf entfallende Abgeltungs-ESt ist mit der tariflichen Einkommensteuer auf die regelbesteuerten Einkünfte zusammenzurechnen, um die festzusetzende Einkommensteuer zu ermitteln (§ 2 Abs. 6 EStG). Wird die Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 EStG erfolgreich durchgeführt und sind alle Einkünfte (inklusive der Kapitaleinkünfte) mit dem Regeltarif zu besteuern, wird die festzusetzende Einkommensteuer nur nach § 32a EStG ermittelt.

22.291

frei

22.292

11. Einzelheiten zur Veranlagung von Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4, § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG Zu unterscheiden sind nach Einführung der Abgeltungsteuer die Pflichtveranlagung zum Abgeltungsteuersatz nach § 32d Abs. 3 EStG sowie die Veranlagungswahlrechte nach § 32d Abs. 4 EStG und nach § 32d Abs. 6 EStG (Günstigerprüfung).

Levedag | 773

22.293

§ 22 Rz. 22.294 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

a) Pflichtveranlagung zum Abgeltungsteuersatz, § 32d Abs. 3 EStG

22.294 Die Pflichtveranlagung ist immer dann durchzuführen, wenn steuerpflichtige Erträge nicht dem Kapitalertragsteuerabzug unterlegen haben. Bei der typisch stillen Gesellschaft ist dies vor allem bei Veräußerungs- und Auflösungsgewinnen gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG der Fall. Darüber hinaus ist die Pflichtveranlagung aber auch durchzuführen, wenn der Abzug tatsächlich nicht durchgeführt wurde. 22.295 Diese gemäß § 32d Abs. 3 EStG erklärten Kapitaleinkünfte sind zu veranlagen. Sie unterliegen dem Abgeltungsteuersatz, § 32d Abs. 3 Satz 2 EStG. Die besonderen Regelungen des Werbungskosten- und Verlustabzuges nach § 20 Abs. 6 und 9 EStG sind anzuwenden493. Obwohl eine Veranlagung stattfindet, wirken sich die Kapitaleinkünfte wegen § 2 Abs. 5b EStG nicht auf die Progression bei den anderen Einkünften aus, sondern die Abgeltungs-ESt und die Einkommensteuer nach § 32a EStG sind zur Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer zu addieren (siehe Rz. 22.291 zu § 2 Abs. 6 EStG). b) Veranlagungswahlrecht zur Überprüfung des Kapitalertragsteuereinbehalts, § 32d Abs. 4 EStG

22.296 Der typisch stille Gesellschafter hat auch die Möglichkeit, die Veranlagung innerhalb der Abgeltungsteuer zu beantragen, um den Kapitalertragsteuereinbehalt überprüfen zu lassen, § 32d Abs. 4 EStG. Der erforderliche Antrag kann bis zur (formellen) Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheides gestellt werden494. 22.297 Durch den Antrag können Tatbestände, die beim Kapitalertragsteuerabzug durch den Schuldner der Kapitalerträge (Geschäftsinhaber) nicht berücksichtigt werden können geltend gemacht werden. Es gilt hier aber ebenfalls § 20 Abs. 9 EStG, der nur den Abzug des Sparer-Pauschbetrags zulässt. Die Verlustverrechnungsbeschränkungen des § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG gelten ebenfalls. Verluste aus anderen Einkunftsarten können auch bei dieser Veranlagungsform innerhalb der Abgeltungsteuer nicht berücksichtigt werden495. c) Antrag auf Günstigerprüfung, § 32d Abs. 6 EStG

22.298 Steuerpflichtige, deren Belastung mit der tariflichen Einkommensteuer auf Kapitaleinkünfte samt der übrigen Einkünfte zu einer niedrigeren Steuer führt, können einen Antrag auf Günstigerprüfung stellen (§ 32d Abs. 6 EStG)496. Stellt sich bei der Prüfung durch das FA heraus, dass die Veranlagung für den Steuerpflichtigen nicht günstiger ist, so werden die Kapitaleinkünfte bei der Festsetzung von Amts wegen (d.h. ohne 493 Zu den Einzelheiten BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 144. 494 BFH v. 28.7.2015 – VIII R 50/14, BFHE 250, 413 = BStBl. II 2015, 894 auch im Unterschied zum Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG; BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 145. 495 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 146. 496 BFH v. 30.11.2016 – VIII R 11/14, BFHE 256, 455 = HFR 2017, 606 mit Anm. Levedag zu den Verlustverrechnungsmöglichkeiten.

774 | Levedag

Einkommensteuer | Rz. 22.304 § 22

zusätzliche Anträge des Steuerpflichtigen) nicht berücksichtigt, wenn sie abgeltend besteuert wurden. Der Antrag auf Günstigerprüfung gilt dann als nicht gestellt497. Der Antrag kann nach § 32d Abs. 6 Satz 2 EStG für den jeweiligen Veranlagungszeitraum nur einheitlich für sämtliche Kapitalerträge und bei zusammen veranlagten Ehegatten nur für beide zusammen gestellt werden. Der Antrag ist vor Eintritt der (formellen) Bestandskraft zu stellen, kann aber nachträglich auch noch wirksam gestellt werden, wenn die Bestandskraft aufgrund einer Änderung gemäß §§ 172 ff. AO durchbrochen wird498.

22.299

Wird das Veranlagungswahlrecht nach § 32d Abs. 6 EStG ausgeübt, müssen alle Kapitalerträge erklärt werden. Hierzu sind sämtliche Steuerbescheinigungen gemäß § 45a EStG einzureichen. Auch bei der sog. „Günstigerprüfung“ findet § 20 Abs. 9 EStG Anwendung. Ein Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten kommt daher nicht in Betracht499. Allerdings können die positiven (Brutto-)Einkünfte aus Kapitalvermögen mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden, wenn dies insgesamt zu einer niedrigeren ESt führt500.

22.300

frei

22.301– 22.303

III. Zusammenfassung Der auf den typischen stillen Gesellschafter entfallende Gewinnanteil mindert beim Geschäftsinhaber als Betriebsausgabe dessen einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn. Für den typischen stillen Gesellschafter sind die laufenden Gewinne dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterliegende Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG i.V.m. § 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Der Steuerabzug i.H. von 25 % (§ 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG) ist vom Inhaber vorzunehmen (§ 44 Abs. 1, § 45a Abs. 1 und Abs. 2 EStG), sobald dem Stillen die Kapitalertragsteuer gemäß § 44 Abs. 3 EStG entsteht. Der Kapitalertragsteuerabzug für die laufenden Kapitalerträge hat seit dem Veranlagungszeitraum 2009 bei typischen stillen Beteiligungen im Privatvermögen in der Regel abgeltende Wirkung (§ 43 Abs. 5 Satz 2 EStG). Wird die typische stille Beteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten (§ 20 Abs. 8 EStG, § 43 Abs. 4, § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG) oder greift einer der Ausnahmetatbestände des § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG (insbesondere für nahestehende Personen oder im Rahmen einer GmbH & typisch Still) ein, tritt die Abgeltungswirkung nicht ein (§ 43 Abs. 5 Satz 2 EStG). Die Kapitalerträge

497 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 150. 498 BFH v. 12.5.2015 – VIII R 14/13, BFHE 250, 64 = BStBl. II 2015, 806; BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 149. 499 BFH v. 12.5.2015 – VIII R 13/13, BFHE 249, 125 = BStBl. II 2015, 393; BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 150. 500 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 146; BFH v. 30.11.2016 – VIII R 11/14, BFHE 256, 455 = HFR 2017, 606.

Levedag | 775

22.304

§ 22 Rz. 22.304 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

sind zu erklären (§ 25 Abs. 1 Halbs. 1 EStG) und der Regelbesteuerung mit dem progressiven persönlichen Steuertarif (§ 32a EStG) zu unterwerfen. Ist der typische stille Gesellschafter auch an den Verlusten beteiligt, handelt es sich für ihn bei den Velustzuweisungen um Werbungskosten i.S. des § 20 Abs. 9 EStG, der nach einer Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung aber als negative Einnahme im Entstehungsjahr behandelt wird. Der Abzug der Verluste steht nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 i.V.m. § 15a EStG unter dem Vorbehalt, dass sich durch die Verlustzuweisung ein negatives Kapitalkonto des stillen Gesellschafters im Verlustentstehungsjahr weder bildet noch erhöht. Bei typischen stillen Gesellschaften, die nach dem 31.12.2008 begründet oder erworben wurden, sind neben den laufenden Einkünften (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) auch Veräußerungs- und Auflösungsgewinne sowie -verluste in den Veranlagungszeiträumen ab 2009 gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG im Rahmen des gesonderten Tarifs gemäß § 32d Abs. 1 EStG steuerpflichtig. Für diese Kapitalerträge findet kein Kapitalertragsteuerabzug statt, sie sind stets zu erklären und zu veranlagen. Gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 EStG kann es sich auch um dem Regeltarif unterfallende Einkünfte handeln. Grundlegend anders liegen die Dinge bei der steuerlich als Mitunternehmerschaft zu qualifizierenden atypischen stillen Gesellschaft. Alles, was dem stillen Gesellschafter aus seiner Beteiligung zufließt (Gewinnanteile und Sondervergütungen), fällt unter die Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Gewinnanteile des Stillen mindern den Gesamtgewinn der atypisch stillen Gesellschaft nicht. Grundlage und wesentliche Verfahrensvoraussetzung der Heranziehung des atypischen stillen Gesellschafters zur Einkommen-(Körperschaft-)Steuer ist die vom Betriebsfinanzamt durchzuführende einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung, an die die Wohnsitzfinanzämter gebunden sind. Verlustanteile sind in den Grenzen des § 15a EStG (und ggf. der § 15b, 15 Abs. 4 Satz 6 ff. EStG) mit anderen positiven Einkünften verrechenbar. Für entgeltliche und unentgeltliche Übertragungen des Mitunternehmeranteils (§§ 16, 6 Abs. 3 EStG) sind die für alle Mitunternehmerschaften geltenden Grundsätze (Aufgabe- oder Veräußerungsgewinnermittlung/Anwendung der §§ 16, 34 EStG) und insbesondere die Vorgaben der Rechtsprechung bei vorhandenem Sonderbetriebsvermögen zu beachten.

776 | Levedag

§ 23 Körperschaftsteuer Schrifttum: Anzinger, Heribert, Bilanzierung und Betriebsausgabenabzug bei Genussrechten und stillen Beteiligungen, RdF 2018, 64; Blaurock, Uwe, Die GmbH & Still im Steuerrecht, BB 1992, 1969; Breithecker, Volker/Radde, Jens, Verdeckte Gewinnausschüttungen bei der GmbH & atypisch Still, DStZ 2018, 371; Breuninger, Gottfried E./Schade, Dirk, Entwurf eines BMFSchreibens zu § 8c KStG – Verlustvernichtung ohne Ende?, Ubg 2008, 266; Breuninger, Gottfried E., § 8c KStG im Konzern, u.a.: Wie wirken sich atypische stille Beteiligungen aus?, JbfFSt 2010/11, 333; Breuninger, Gottfried E., Stille Beteiligung und Organschaft, JbfFSt 2016/17, 148; Brinkmann, Michael, Die stille Beteiligung in der Außenprüfung, StBp 2011, 213 u. 241; Crezelius, Georg, Steuerrechtsfragen der atypischen stillen Gesellschaft in FS für Harald Schaumburg, 2009, S. 239; Czisz, Konrad/Krane, Manuela, Die Besteuerung von Einkünften aus typisch stillen Gesellschaften unter der Abgeltungsteuer, DStR 2010, 2226; Diffring, Philipp, Genussrechte/stille Beteiligungen: Kann ein Nicht-Gesellschafter steuerbilanzielles Eigenkapital „einlegen“?, FR 2018, 211; Eichfelder, Sebastian, Mezzanine-Finanzierung als steuerliches Gestaltungsinstrument: Eine Analyse am Beispiel der stillen Gesellschaft, Ubg 2013, 178; Feyerabend, Hans-Jürgen, Typische stille Beteiligungen bei Kreditinstituten und Abzugsverbot des § 8 Abs. 3 S. 2, 2. Alt. KStG, RdF 2019, 49; Görgen, Andreas: Die Verlustnutzung im Rahmen der atypisch stillen Beteiligung – eine Analyse der Rechtslage zu § 15 a EStG, § 10 a GewStG sowie § 8 c KStG mit Beispielen, Ubg 2017, 453; Gosch, Dietmar, Anmerkung zum BFH-Urteil vom 27.3.2012, BFH-PR 2012, 269; Gosch, Dietmar, Anmerkung zum BFH-Urteil vom 7.3.2012, I R 62/06, BFH/PR 2012, 269; Gosch, Dietmar, Die Personengesellschaft als Organträgerin, in Festschrift für Arndt Raupach, 2006, S. 461; Groh, Manfred, Verluste in der stillen Gesellschaft, DB 2004, 668; Grützner, Dieter, Verlustabzugsbeschränkungen bei atypisch oder typisch stiller Beteiligung einer Kapitalgesellschaft an einer anderen Kapitalgesellschaft – Anmerkungen zum BMF-Schreiben vom 19.11.2008, StuB 2009, 132; Haarmann, Wilhelm, M & A und stille Gesellschaft/Genussrechte, JbFfSt 2012, 312; Hageböke, Jens, Umwandlung der Beteiligung des Komplementärs einer KGaA in eine atypisch stille Beteiligung – Anmerkung zum BFH-Beschluss vom 16.4.2010 – IV B 94/09, DB 2010, 1610; Hageböke, Jens, Nochmals: GmbH & atypisch Still und Organschaft – Kritische Anmerkungen zu den Verfügungen der OFD Frankfurt/M. vom 20.1.2013 und des FM Schleswig-Holstein vom 4.3.2013, DK 2013, 334; Hofert, Sebastian/Möller, Christian, GmbH-Finanzierung: Debt Mezzanine Swap – der bessere Debt Equity Swap für Unternehmen in der Krise, GmbHR 2009, 527; Hess, Sebastian, Die GmbH & atypisch still entwickelt sich zur Wunderwaffe der Gestaltungspraxis – Anm. zum Urteil des BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BB 2018, 1456; Hoffmann, Wolf-Dieter, Anmerkung zum BFHUrteil vom 15.4.2015 – I R 44/14, BB 2015, DStR 2015, 1551; Hoffmann, Wolf-Dieter, Verlusttransfer durch die stille Gesellschaft, GmbH-StB 2012, 322; Hönig, Gregor, Der Debt-Mezzanine-Swap in Handels- und Steuerbilanz, Ubg 2014, 27; Hubert, Tina, Verlustanteile aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft in den Bilanzen einer (anderen) Personengesellschaft – Erfassungsmethoden in Handels- und Steuerbilanz, StuB 2016, 769; Intemann, Jens/ Nacke, Aloys, Verlustverrechnung nach den Steueränderungen für 2003/2004, DStR 2004, 1149; Intemann, Jens, Verlustverrechnung bei der GmbH & Still nach den Steuerrechtsänderungen für 2003, NWB 2004, 3559; Kessler, Wolfgang/Reitsam, Michael, Die typisch stille Beteiligung als Alternative zur Organschaft – Analyse des aktuellen Rechts nach dem UntStFG sowie erste Überlegungen zu den geplanten Änderungen im Rahmen des StVergAbG, DStR 2003, 269 und 315; Krämer, Joachim, E-Bilanz bei atypisch stiller Unterbeteiligung, GmbHStB 2018, 15; Kuck, Tobias, Die Verlustverrechnung bei der typisch stillen Gesellschaft – gestalterische Implikationen aus dem BFH-Urteil vom 23.7.2002 – VIII R 36/01, DStR 2003,

Lamprecht | 777

§ 23 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft 235; Kuck, Tobias, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, 2009; Kusch, Karsten, Die steuerliche Behandlung von Genussrechten, NWB 2016, 1952; Lechner, Florian/Haisch, Martin, Besteuerung von Debt-Mezzanine-Swaps – Kritische Anmerkungen zur Kurzinformation der OFD Rheinland vom 14.12.2011, Ubg 2012, 115; Manz, Gerhard/ Lammel, Stefan, Stille Beteiligungen an Kapitalgesellschaften: Eigenkapitalcharakter und Rang in der Insolvenz nach Inkrafttreten des MoMiG, GmbHR 2009, 1121; Meurer, Ingetraut, Eigenkapital und Fremdkapital in der stillen Gesellschaft am Beispiel von Kreditinstituten, RdF 2018, 70; Mylich, Falk, Steuerrechtliche Einordnung einer zusätzlichen stillen Beteiligung des GmbH-Gesellschafters und Konsequenzen für den GmbH-Anteil in FS für Uwe Blaurock, 2013, S. 355; Middendorf, Oliver/Engel, Dietmar, GmbH & typisch Still als steuerliches Gestaltungsinstrument unter der Abgeltungsteuer StuB, 2010, 738; Neumann, Steffen, Die Innengesellschaft innerhalb der körperschaft- und gewerbesteuerlichen Organschaft in FS für Harald Schaumburg, 2009, S. 445; Niehus, Ulrich/Wilke, Helmuth, Die Besteuerung der Personengesellschaften, 7. Aufl. 2019; Oser, Peter, Anmerkung zum BFH-Urteil vom 15.4.2015 – I R 44/14, BB 2015, 1904; Paulick, Heinz, Die Einmann-GmbH Stille Gesellschaft (StG) im Steuerrecht, GmbHR 1982, 237; Richter, Anita/Dümichen, Tim, Die atypische stille Beteiligung als Gestaltungsinstrument bei Umwandlung von Familienpersonengesellschaften, Ubg 2012, 748; Riegler, Fabian/Riegler, Bernhard, Die steuerliche Berücksichtigung von Verlusten aus atypisch stillen Beteiligungen zwischen Kapitalgesellschaften, DStR 2014, 1031; Riepolt, Johannes, E-Bilanz der atypisch stillen Gesellschaft – Auswirkungen des BMF-Schreibens vom 24.11.2017, StuB 2018, 132; Rockoff, André/Weber, Guido, Verluste aus typisch stiller Gesellschaft unter der Abgeltungsteuer, DStR 2010, 363; Rödder, Thomas/Schumacher, Andreas, Das Steuervergünstigungsabbaugesetz, DStR 2003, 805; Rödder, Thomas/Stangl, Ingo, Wertminderungen eigenkapitalersetzender Darlehen im Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft und § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG, DStR 2005, 354; Rüsch, Gary, Aktuelle Entwicklungen zur steuerlichen Organschaft, DStZ 2016, 263; Schmich, Rolf, Anmerkung zum Urteil des FG Hamburg vom 26.10.2010, GmbHR 2011, 329; Schmidt, Lutz/Werner, Lutz Enno, Parallele Zulässigkeit von steuerlicher Organschaft und atypisch stiller Beteiligung, GmbHR 2010, 29; Schroer, Achim/ Starke, Peter, Die Abschaffung der Mehrmütterorganschaft durch das StVergAbG – Folgen und Handlungsalternativen, GmbHR 2003, 153; Schüppen, Matthias, Fortführungsgebundener Verlustvortrag: Ersatztatbestände für Geschäftseinstellung (§ 8d Abs. 2 Satz 2 KStG), JbFfStR 2017/18, 182; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & atypisch Still – ein großer Verlierer der neuen Steuergesetzgebung, BB 2003, 713; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die ertragsteuerliche Organschaft unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und der steuerlichen Reisekosten sowie der aktuellen Rechtsprechung, DStZ 2013, 621; Schulze zur Wiesche, Dieter, Gewinnverschiebungen innerhalb einer Mitunternehmerschaft bei Beteiligung einer Kapitalgesellschaft, DStZ 2017, 451; Suchanek, Markus, Liquidität durch die Begründung von atypisch stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, Ubg 2010, 186; Urban, Johannes, Verluste des typisch stillen Gesellschafters, Ubg 2018, 199; Wacker, Roland, Abschaffung der Mehrmütterorganschaft und Verlustverwertungsbeschränkungen bei stillen Beteiligungen, NWB 2012, 2462; Wacker, Roland, Stille Beteiligungen und Verlustverwertungsbeschränkung gemäß § 15 Abs. 4 Sätze 6 ff. EStG – Anm. zum BFH-Urteil vom 27.3.2012 – I R 62/08, DB 2012 S. 1403; Wacker, Roland, Zu den steuerbilanziellen Folgen eines Rangrücktritts nach der jüngeren Rechtsprechung des I. BFH-Senats, DB 2017, 26; Weber, Heike, Anmerkung zum BFH-Urteil v. 27.3.2012, BB 2012, 1470; Weigert, Katja/Strohm, Joachim, Zu den persönlichen Voraussetzungen der ertragsteuerlichen Organschaft unter der Berücksichtigung aktueller Entwicklungen, DK 2013, 249; Wendt, Michael, Anmerkung zum BFH-Urteil vom 1.3.2018, FR 2018, 801, Wischmann, Rolf, Anmerkung zum BFH-Urteil v. 27.3.2012, EStB 2012, 236.

778 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.4 § 23

I. Allgemeines 1. Grundlagen a) Verweis auf die Einkommensermittlung nach dem EStG Die stille Gesellschaft ist ein Rechtsinstitut des Einkommensteuerrechts; das gilt gleichermaßen für die typische wie für die atypische stille Gesellschaft. Das geltende KStG verwendet den Begriff der stillen Gesellschaft nicht. Für die Einkommensermittlung verweist § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG vielmehr grundsätzlich auf die Bestimmungen des EStG; die weiteren Regelungen des KStG modifizieren die einkommensteuerlichen Bestimmungen nur. Sind an einer stillen Gesellschaft Kapitalgesellschaften oder andere KSt-Subjekte als Geschäftsinhaber oder als stiller Gesellschafter beteiligt, gilt für die Einkommensermittlung daher zuvörderst ein Verweis auf die Bestimmungen des EStG und damit auf die §§ 20–22 in diesem Buch.

23.1

In diesem Kapitel behandelt werden lediglich diejenigen Sonderregelungen, die eingreifen, wenn in einer stillen Gesellschaft der Geschäftsinhaber oder der stille Gesellschafter der Körperschaftsteuer unterliegen. Relevant sind insbesondere § 8 Abs. 3, § 8b, § 8c und § 8d KStG sowie die §§ 14 ff. KStG, ferner die § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG und § 17 EStG.

23.2

b) Die GmbH & Still Prägend für die Besteuerung stiller Gesellschaften im Körperschaftsteuerrecht sind Konstellationen, in denen an einer GmbH stille Beteiligungen begründet werden. Man spricht von einer „GmbH & Still“, die sowohl als typische als auch als atypische stille Gesellschaft ausgestaltet sein kann. In der Praxis sind die stillen Gesellschafter häufig zugleich Anteilseigner der GmbH. Die GmbH & atypisch Still lässt sich als „virtuelle GmbH & Co. KG“ verstehen1, steuerlich wird sie weitgehend wie diese behandelt2. Diesen Rechtsgedanken hat der BFH in jüngeren Entscheidungen weiter ausgebaut3.

23.3

Körperschaftsteuerliche Fragen der stillen Gesellschaft werden daher vielfach schlicht unter der Bezeichnung „GmbH & Still“ abgehandelt4. Dies erschöpft den Themenkreis stiller Gesellschaften im Körperschaftsteuerrecht allerdings nicht. Stille Gesellschaften finden sich auch an Aktiengesellschaften, innerhalb von Unternehmensgruppen, an Betrieben gewerblicher Art sowie in zahlreichen weiteren Konstellationen.

23.4

1 Vgl. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 232 HGB Rz. 39. 2 Vgl. etwa BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286 Rz. 27 (für die Zuordnung der GmbH-Anteile zum Sonderbetriebsvermögen) = FR 1999, 262 = GmbHR 1999, 193; vgl. im Einzelnen Rz. 23.61 ff. 3 BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BFHE 260, 543 = BStBl. II 2018, 587 Rz. 38 m. Anm. Wendt, FR 2018, 801; BFH v. 21.12.2017 – IV R 44/14, GmbHR 2018, 439 Rz. 26. 4 Vgl. etwa OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241 A – 08 – L 221, FR 2003, 1299 Rz. 3.2.2. mit einer – allerdings nicht mehr ganz aktuellen – Zusammenfassung der Besteuerung der „GmbH & Still“ aus Verwaltungssicht.

Lamprecht | 779

§ 23 Rz. 23.4 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Auch an einer KGaA können stille Beteiligungen bestehen5. Zahlenmäßig dominieren immerhin Kapitalgesellschaften als Geschäftsinhaber bzw. als stiller Gesellschafter. Die folgende Darstellung konzentriert sich daher auf sie. Mutatis mutandis können die Ausführungen aber auch auf die Rechtslage für stille Gesellschaften unter Beteiligung anderer KSt-Subjekte übertragen werden. Für Gesellschafter, Aktionäre, Mitglieder usw. wird im Folgenden der Begriff des „Anteilseigners“ verwendet. c) Typische und atypische stille Gesellschaften bei Beteiligung von KSt-Subjekten

23.5 Zwar ist ein stilles Gesellschaftsverhältnis wegen des Generalverweises in § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG bei der Einkommensermittlung grundsätzlich nicht anders zu würdigen als bei der Einkommensteuer; der Umstand, dass an dem Rechtsverhältnis eine Kapitalgesellschaft oder ein anderes KSt-Subjekt beteiligt ist, kann sich aber darauf auswirken, ob nach dem EStG überhaupt eine stille Gesellschaft besteht. Ist etwa im Verhältnis zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter die Einordnung eines Rechtsverhältnisses als partiarisches Darlehen oder als stille Gesellschaft zweifelhaft, besteht nach der Rechtsprechung ein Indiz zugunsten des Abschlusses einer stillen Gesellschaft6. 23.6 Noch bedeutsamer ist die Beteiligung einer Kapitalgesellschaft für die Frage, ob eine typische oder eine atypische stille Gesellschaft vorliegt – zumal dies Auswirkungen auf den jeweils anderen Gesellschafter der stillen Gesellschaft hat, Änderungen also Drittwirkungen zeitigen. Hierauf ist insbesondere bei Umstrukturierungsvorgängen zu achten. Einfluss hat die Beteiligung einer Kapitalgesellschaft vor allem auf die Frage, ob ein stiller Gesellschafter die für eine atypische stille Gesellschaft erforderliche Mitunternehmerstellung besitzt. Denn nach der Rechtsprechung sind bei der Beurteilung der erforderlichen Mitunternehmerinitiative7 nicht nur die Befugnisse des stillen Gesellschafters aus dem stillen Gesellschaftsverhältnis zu berücksichtigen, sondern es sind hierfür in einer Gesamtschau auch sämtliche weiteren rechtlich abgesicherten Befugnisse einzubeziehen, die dem stillen Gesellschafter hinsichtlich der Unternehmensführung zukommen8. Hierfür kommen insbesondere die Stellung als Geschäftsführer, als Prokurist, als leitender Angestellter oder auch als Anteilseigner des Geschäftsinhabers in Betracht9 – Konstellationen, die allesamt gerade bei der GmbH & 5 Vgl. BFH v. 16.4.2010 – IV B 94/09, GmbHR 2010, 774 = BFH/NV 2010, 1272. Die Rechtslage gleicht der bei einer stillen Beteiligung an einer AG und nicht der an einer GmbH & Co. KG. 6 BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, BStBl. II 1983, 583 Rz. 27 = FR 1983, 539 = GmbHR 1983, 281 (315). 7 Vgl. hierzu BFH v. 19.7.2018 – IV R 10/17, GmbHR 2018, 1228 Rz. 36 sowie Rz. 20.72. 8 BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133 Rz. 23 ff. = GmbHR 2017, 1348; BFH v. 14.10.2003 – VIII B 281/02, BFH/NV 2004, 188 Rz. 4; BFH v. 11.12.1990 – VIII R 122/ 86, BFHE 163, 346 Rz. 26 = FR 1991, 236 = GmbHR 1991, 337; ablehnend Mylich in FS Blaurock, S. 355 (362 f.). 9 BFH v. 21.1.2010 – IV B 128/08, BFH/NV 2010, 1425 Rz. 20 (zum Erfordernis der rechtlichen Abgesichertheit der Befugnisse).

780 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.7 § 23

Still, aber auch bei anderen KSt-Subjekten10 vorkommen. Sind dem stillen Gesellschafter in diesem Sinne Aufgaben der Geschäftsführung, mit denen ein nicht unerheblicher Entscheidungsspielraum und damit auch Einfluss auf grundsätzliche Fragen der Geschäftsleitung verbunden ist, zur selbständigen Ausübung übertragen, kann dies selbst ein gering ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko kompensieren – etwa aufgrund fehlender stiller Beteiligung an den stillen Reserven oder wegen fehlender Beteiligung am Verlust11. Stille Beteiligungen, an denen dem stillen Gesellschafter – auf welcher Rechtsgrundlage auch immer – ein solcher Einfluss auf die Geschäftsführung des Geschäftsinhabers rechtlich abgesichert zusteht, werden von der Rechtsprechung daher regelmäßig steuerlich als Mitunternehmerschaft gewertet. In seinem Beschluss vom 28.3.2003 hat der BFH von einem seiner Rechtsprechung zugrunde liegenden Leitsatz gesprochen, dem zufolge jedenfalls derjenige atypischer stiller Gesellschafter sei, der mit einer hohen Vermögenseinlage am Gewinn eines Handelsunternehmens beteiligt ist und wie ein Unternehmer auf das Schicksal dieses Unternehmens Einfluss nehmen kann12. Bei stillen Gesellschaften zwischen einer GmbH und ihrem Alleingesellschafter nimmt die Rechtsprechung angesichts dessen eine Mitunternehmerschaft an13. Besitzt der stille Gesellschafter eine Mehrheitsbeteiligung an einer GmbH, liegt eine solche Mitunternehmerschaft jedenfalls nahe14. Dies gilt grundsätzlich auch bei Bestellung mehrerer Geschäftsführer15. Vgl. im Einzelnen bereits Rz. 20.75. Hingegen genügen bloße Zustimmungsvorbehalte oder nur faktische – d.h. rechtlich nicht abgesicherte – Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Unternehmensführung nicht, um eine besonders stark ausgeprägte Mitunternehmerinitiative zu bejahen16. Die bloße faktische, jederzeit widerrufliche Überlassung der Geschäftsleitung an einen stillen Gesellschafter ist deswegen nicht ausreichend17. Ist der Geschäftsinhaber eine Kapitalgesellschaft, wirkt sich dies zudem unter Umständen darauf aus, ob eine – atypische – stille Gesellschaft gewerblich tätig ist. § 15

10 Vgl. BFH v. 12.9.2005 – VIII B 54/05, BFH/NV 2006, 277 Rz. 4 (Vorstandsvergütung als Sondervergütung). 11 BFH v. 27.7.2009 – IV B 124/08, BFH/NV 2009, 1981 Rz. 10; BFH v. 7.11.2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 Rz. 23 ff.; BFH v. 9.12.2002 – VIII R 20/01, BFH/NV 2003, 601 Rz. 26; BFH v. 18.6.2001 – IV B 88/00, BFH/NV 2001, 1550 Rz. 5; FG Köln v. 26.8.2008 – 1 K 38/04, juris Rz. 32 jeweils m.w.N. 12 BFH v. 28.3.2003 – VIII B 194/01, DStRE 2003, 969 (969) (ergänzend die atypische stille Gesellschaft im konkreten Fall mit einer Betriebsaufspaltung begründend). 13 BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BFHE 258, 459 = BStBl. II 2017, 1133 Rz. 26 = GmbHR 2017, 1348; BFH v. 14.10.2003 – VIII B 281/02, BFH/NV 2004, 188 Rz. 2. 14 Vgl. FG München v. 30.4.1999 – 2 K 3257/96, GmbHR 2000, 246 = EFG 1999, 933 Rz. 35 f. (Mitunternehmerstellung u.a. wegen Sperrminorität gegen Kündigung der stillen Gesellschaft). 15 FG Baden-Württemberg v. 30.3.2006 – 3 K 7/02, juris Rz. 72 f. m.w.N.; anders aber FG München v. 27.1.2014 – 7 K 987/11, EFG 2014, 848 Rz. 35. 16 BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BFHE 258, 459 = BStBl. II 2017, 1133 Rz. 24 = GmbHR 2017, 1348; BFH v. 9.12.2002 – VIII R 20/01, BFH/NV 2003, 601 Rz. 26. 17 Sächsisches FG v. 7.3.2018 – 8 K 900/17, juris Rz. 37.

Lamprecht | 781

23.7

§ 23 Rz. 23.7 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Abs. 3 Nr. 2 EStG ist auf stille Gesellschaften anwendbar18 und kann demnach auch zur Gestaltung der Rechtslage genutzt werden. Vgl. bereits Rz. 22.10 ff. EStG. 2. Stille Gesellschaften und subjektive Körperschaftsteuerpflicht

23.8 Stille Gesellschaften unterliegen als solche nicht der Körperschaftsteuer. Unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind gemäß § 1 Abs. 1 KStG vielmehr lediglich die folgenden Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, sofern sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland haben: 1. Kapitalgesellschaften, 2. Genossenschaften und Europäische Genossenschaften, 3. Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit, 4. sonstige juristische Personen des privaten Rechts, nichtrechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen des privaten Rechts sowie 5. Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Wegen der strikten Anknüpfung an die zivilrechtliche Rechtsform in § 1 Abs. 1 KStG mutieren stille Gesellschaften auch dann nicht zu eigenen Körperschaftsteuersubjekten, wenn der alleinige Gesellschafter einer GmbH sich an dieser zusätzlich still beteiligt19 oder wenn sich Anleger in Form einer – strikt körperschaftlich verfassten – stillen Publikumsgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft beteiligen. 23.9 Der Körperschaftsteuer unterliegen demnach stets nur der Geschäftsinhaber bzw. der stille Gesellschafter selbst. Zivilrechtlich können sich alle in § 1 Abs. 1 KStG genannten Rechtssubjekte als stille Gesellschafter an dem Handelsgewerbe eines anderen beteiligen. Als Geschäftsinhaber einer stillen Gesellschaft können sie zivilrechtlich fungieren, soweit sie selbst ein Handelsgewerbe betreiben. Dies ist bei Vereinigungen i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1–3 KStG bereits kraft ihrer Eigenschaft als Handelsgesellschaft gemäß § 6 Abs. 1 HGB stets der Fall20. Aber auch alle anderen KSt-Subjekte können, soweit sie tatsächlich ein Handelsgewerbe betreiben21, Inhaber einer stillen Gesellschaft werden. Der Umstand, dass diese Körperschaftsteuersubjekte nach öffentlichem Recht konstituiert sind, steht dem nicht entgegen. Insbesondere Betriebe gewerblicher Art eignen sich als Geschäftsinhaber. 23.10 Geschäftsinhaber bzw. stille Gesellschafter können ferner Gesellschaften ausländischen Rechts sein (vgl. Rz. 6.31 f.). Körperschaftsteuerpflichtig sind sie, wenn sie im konkreten Fall bei einem Rechtstypenvergleich mit einer deutschen Kapitalgesellschaft vergleichbar sind22. Dies ist bei einer Ltd. (Limited Companies by Shares) regelmäßig der Fall; bei der amerikanischen LLC (Limited Liability Company) kommt es

18 BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 328 Rz. 18 = GmbHR 1997, 563 = FR 1997, 444 m. Anm. Kempermann. 19 Vgl. BFH v. 20.8.1954 – I 130/53 U, BStBl. III 1954, 336 Rz. 24. 20 Vgl. BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, BStBl. II 1983, 563 Rz. 30 = FR 1983, 539 = GmbHR 1983, 281, 315. 21 Vgl. zur Kaufmannseigenschaft von Betrieben gewerblicher Art BFH v. 18.1.1995 – I R 44/94, BStBl. II 1995, 742 = FR 1995, 474 Rz. 10. Vgl. aber auch § 263 HGB, der abweichende landesrechtliche Vorschriften gestattet. 22 BFH v. 17.7.1968 – I 121/64, BStBl. II 1968, 1276 Rz. 17.

782 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.14 § 23

auf ihre konkrete Ausgestaltung an, ob sie im deutschen Steuerrecht einer Kapitaloder einer Personengesellschaft gleichsteht23. Haben die genannten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland, unterliegen sie unbeschränkt mit ihrem Welteinkommen der Körperschaftsteuer, ansonsten zumindest beschränkt mit ihren inländischen Einkünften. Zu den inländischen Einkünften zählen auch die Einkünfte aus typischen und atypischen stillen Gesellschaften, wenn der Geschäftsinhaber im Inland ansässig ist bzw. die Mitunternehmerschaft eine Betriebsstätte im Inland unterhält, § 49 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 5 Buchst. a EStG (vgl. Rz. 29.3).

23.11

Inländische Einkünfte aus typischen stillen Beteiligungen sind schließlich auch dann körperschaftsteuerpflichtig, wenn sie von Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen bezogen werden, die nicht bereits gemäß § 1 Abs. 1 KStG unbeschränkt steuerpflichtig sind. Von den Kapitaleinkünften ist ein Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen, mit der Folge, dass insoweit zumindest eine beschränkte Körperschaftsteuerpflicht besteht, § 2 Nr. 2 KStG. Der Steuerabzug entfaltet abgeltende Wirkung, § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG; ein Abzug von Erwerbsaufwendungen ist nicht zulässig, § 8 Abs. 6 KStG. Relevant wird diese Steuerpflicht, wenn juristische Personen des öffentlichen Rechts, die als solche nicht unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind, sich an dem Gewerbe eines anderen als typische stille Gesellschafter beteiligen.

23.12

Beteiligt sich eine juristische Person des öffentlichen Rechts als atypischer stiller Gesellschafter an einem Gewerbebetrieb, hängt ihre Besteuerung davon ab, inwieweit die Tätigkeit der atypischen stillen Gesellschaft originär eine gewerbliche Tätigkeit darstellt. Nur soweit dies der Fall ist, unterhält die juristische Person des öffentlichen Rechts einen Betrieb gewerblicher Art i.S.v. § 4 KStG und bezieht gewerbliche Einkünfte24. Die Fiktion gewerblicher Einkünfte gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG vermag für sich allein hingegen keinen Betrieb gewerblicher Art zu begründen25.

23.13

Der Körperschaftsteuer unterliegen schließlich auch Einkünfte aus solchen stillen Beteiligungen, welche Körperschaften i.S. von § 1 Abs. 1 und § 2 KStG zwar nicht selbst erzielen, die ihnen aber im Rahmen einer Mitunternehmerschaft unmittelbar oder vermittelt über weitere Mitunternehmerschaften zugerechnet werden, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG. Im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte sind daher auch solche Besteuerungsgrundlagen gesondert festzustellen, welche lediglich für die Körperschaftsteuer von Bedeutung sind.

23.14

23 Vgl. BMF v. 19.3.2004 – IV B 4 - S 1301 USA-22/04, BStBl. I 2004, 411. Vgl. auch Schleswig Holsteinisches FG v. 25.11.1999 – II 587/95, juris Rz. 117 zur Frage, ob die mittelbare Beteiligung eines deutschen Steuerpflichtigen an einer ausländischen Kapitalgesellschaft nach deutschem Steuerrecht als stille Gesellschaft zu qualifizieren ist. 24 BMF v. 21.6.2017 – C 2-S 2706/14/10001 Rz. 3-7, BStBl. I 2017, 880. 25 BFH v. 29.11.2017 – I R 83/15 Rz. 24 f. = BFHE 260, 327 = BStBl. II 2018 = GmbHR 2018, 761, 495; ebenso BMF v. 21.6.2017 – IV C 2-S 2706/14/10001, BStBl. I 2017, 880 Rz. 3 und 7.

Lamprecht | 783

§ 23 Rz. 23.15 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

3. Trennungsprinzip und stille Beteiligung von Anteilseignern

23.15 Tragender Unterschied zwischen der Einkommensermittlung im EStG und der im KStG ist, dass im Bereich des KStG das Trennungsprinzip gilt. Handlungen und Wirtschaftsgüter auf Ebene der Körperschaft werden demnach – anders als bei Mitunternehmerschaften – den Anteilseignern grundsätzlich nicht zugerechnet; Gleiches gilt in umgekehrter Richtung. KSt-Subjekt und etwaige Anteilseigner werden vielmehr grundsätzlich jeweils unabhängig und gesondert voneinander besteuert. 23.16 Für stille Gesellschaften bedeutet dies, dass sich die Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft an dieser zusätzlich nochmals im Wege einer stillen Gesellschaft beteiligen können26 und dann – anders als die Gesellschafter einer Gesamthandsgesellschaft – bezüglich ihrer stillen Gesellschaft grundsätzlich wie gesellschaftsfremde Dritte besteuert werden. Zwischen beiden Beteiligungsformen ist strikt zu trennen. Leistungen, deren Rechtsgrund in einer stillen Gesellschaft liegt, können daher nie Einlagen i.S. von § 27 KStG sein. Allerdings handelt es sich bei dieser Trennung zwischen der Sphäre des KSt-Subjekts und der seiner Anteilseigner nur um ein Prinzip, das im Einzelnen durch zahlreiche Ausnahmen und Überlagerungen modifiziert wird. Im Einzelfall bedarf es daher gerade bei stillen Gesellschaften stets der sorgfältigen Prüfung, inwieweit es bei der Trennung bleibt. 4. Teileinkünfteverfahren, Abgeltungsteuer und stille Gesellschaften

23.17 Entsprechend dem Trennungsprinzip werden KSt-Subjekte durch die Körperschaftsteuer abschließend gesondert besteuert. Die Körperschaftsteuer beträgt seit dem VZ 2008 15 % des zu versteuernden Einkommens, § 23 Abs. 1 KStG. Hinzu kommt die Gewerbesteuer, deren Höhe von den Umständen des Einzelfalls abhängt, aber bei einem Gewerbesteuerhebesatz von 410 % ebenfalls mit ca. 15 % veranschlagt werden kann. Seit dem VZ 2008 kann die Gewerbesteuer nicht mehr als Betriebsausgabe abgesetzt werden, § 4 Abs. 5b EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG. Anders als bei Mitunternehmerschaften führt sie auch nicht gemäß § 35 EStG zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer auf Ebene der Anteilseigner. Gewerbesteuer- und Körperschaftsteuer addieren sich bei Kapitalgesellschaften daher bei einem GewSt-Hebesatz von 410 % auf eine definitive Belastung von ca. 30 % des zu versteuernden Einkommens. In dieser definitiven Belastung mit Körperschaft- und Gewerbesteuer liegt eines der wesentlichen Gestaltungsmotive zur Einräumung von stillen Gesellschaften an Kapitalgesellschaften. Denn im Umfang der stillen Beteiligung einer natürlichen Person lässt sich diese definitive Steuerbelastung vermeiden bei gleichzeitigem Erhalt der Vorteile einer Kapitalgesellschaft als Geschäftsinhaber insbesondere in haftungsrechtlicher Hinsicht. Besonders hoch ist dieser Vorteil, wenn fremde Dritte sich als typische stille Gesellschafter beteiligen. In diesem Fall fallen auf die Gewinne des stillen Gesellschafters

26 Vgl. nur BFH v. 9.12.1976 – IV R 47/72, BStBl. II 1977, 155 Rz. 24 m.w.N.; BFH v. 20.8.1954 – I 130/53 U, BStBl. III 1954, 336 (338) (für atypische stille Gesellschaft); BFH v. 9.7.1969 – I R 188/67, BStBl. II 1969, 690 Rz. 22 (für typische stille Gesellschaft); vgl. Paulick, GmbHR 1982, 237; Blaurock, BB 1992, 1969.

784 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.21 § 23

grundsätzlich lediglich die 25-prozentige gewerbesteuerliche Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 lit. c GewStG und die Abgeltungsteuer von 25 % an. Die Abstimmung der Körperschaftsteuer mit der Einkommensteuer erfolgt seit der Abschaffung des Anrechnungsverfahrens dadurch, dass die definitive Vorbelastung von Ausschüttungen mit der Körperschaftsteuer auf Ebene des Anteilseigners in typisierender Weise berücksichtigt wird.

23.18

Für Anteile an Kapitalgesellschaften, die sich in einem Betriebsvermögen befinden, findet das Teileinkünfteverfahren Anwendung. Ein Teil der Ausschüttung wird mithin steuerfrei gestellt. Gleiches gilt für Erwerbseinnahmen aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Seit dem VZ 2009 beträgt der steuerfreie Anteil 40 % der betreffenden Erwerbseinnahmen, § 3 Nr. 40 EStG. Korrespondierend hierzu dürfen Erwerbsaufwendungen, die mit Erwerbseinnahmen i.S. von § 3 Nr. 40 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, gemäß § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nur zu 60 % abgezogen werden. Unterliegt der Anteilseigner der Körperschaftsteuer, werden zur Vermeidung eines Kaskadeneffekts gemäß § 8b Abs. 2 KStG Veräußerungsgewinne und -verluste gänzlich von der Besteuerung freigestellt. Für Ausschüttungen gilt dasselbe, sofern mindestens eine Beteiligung von 10 % am Kapital der ausschüttenden Kapitalgesellschaft besteht, § 8b Abs. 1 und 4 KStG27. Von den steuerfreien Einnahmen gelten allerdings in beiden Fällen 5 % als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben, § 8b Abs. 3 Satz 1 und 5 Satz 1 KStG.

23.19

Partiell überlagert wird das Teileinkünfteverfahren seit dem VZ 2009 durch die sog. Abgeltungsteuer28. Erzielt der Anteilseigner aus seiner Beteiligung Einkünfte aus Kapitalvermögen, berücksichtigt § 32d Abs. 1 EStG die Vorbelastung von Ausschüttungen von Kapitalgesellschaften mit Körperschaftsteuer demnach grundsätzlich durch den besonderen Steuertarif von 25 % für Kapitaleinkünfte. Dies entspricht betragsmäßig dem auf Dividenden und andere Gewinnausschüttungen vorzunehmenden Kapitalertragsteuerabzug, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Wird dieser vorgenommen, ist die Einkommensteuer auf Ebene der Anteilseigner gemäß § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG durch den Kapitalertragsteuerabzug abgegolten. Um eine Abgeltung zu ermöglichen, schließt seit dem VZ 2009 § 20 Abs. 9 EStG für Kapitaleinkünfte einen Abzug von Werbungskosten über den Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro hinaus aus. Auch eine Verrechnung von Verlusten mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ist unzulässig, § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG.

23.20

Insbesondere wenn mehr als 801 Euro Werbungskosten anfallen, ist die Abgeltungsteuer für Anteilseigner häufig ungünstig. Anteilseigner, die an der Kapitalgesellschaft zu mindestens 25 % beteiligt sind oder die an ihr zu mindestens 1 % beteiligt sind und für sie beruflich tätig sind, können daher gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG

23.21

27 § 8b Abs. 4 KStG und damit die Mindestbeteiligungsquote eingeführt durch Gesetz v. 21.3.2013 zur Umsetzung des EuGH-Urteils v. 20.10.2011 in der Rechtssache C-284/09, BGBl. I 2013, 561, anwendbar erstmals für Bezüge, die nach dem 28.2.2013 zufließen, Art. 1 Nr. 4 lit. a des Gesetzes v. 21.3.2013. 28 Eingehend hierzu BMF v. 18.1.2016 – IV C 1-S 2252/08/10004:017, BStBl. I 2016, 85.

Lamprecht | 785

§ 23 Rz. 23.21 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

beantragen, dass sie nach den allgemeinen Regeln des Teileinkünfteverfahrens besteuert werden. § 20 Abs. 6 und 9 sowie § 32d Abs. 1 EStG finden dann auf sie keine Anwendung. Bei der Errichtung einer GmbH & Still ist die Ausübung dieses Wahlrechts sorgfältig zu erwägen. Es wird in vielen Fällen vorteilhaft sein.

23.22 Einkünfte aus typischen stillen Gesellschaften, die im Privatvermögen gehalten werden, unterliegen grundsätzlich ebenfalls den Regelungen der Abgeltungsteuer, § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG29. Die Option des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG zugunsten der Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren ist auf sie nicht anwendbar. Da die Gewinnanteile für eine typische stille Beteiligung auf Ebene der Kapitalgesellschaft abzugsfähig sind, beim stillen Gesellschafter aber nur im Rahmen der Abgeltungsteuer besteuert werden, kann durch Eingehen einer stillen Gesellschaft gegenüber einer unmittelbaren Beteiligung der bereits dargestellte, erhebliche Steuervorteil erreicht werden30. Dies findet aber für nahestehende Personen seine Grenze in den Sonderregelungen des § 32d Abs. 2 Nr. 2 EStG (vgl. Rz. 22.261). 5. Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei stillen Gesellschaften

23.23 Kapitalgesellschaften verfügen nach ständiger Rechtsprechung über keine außerbetriebliche Sphäre31. Stille Beteiligungen – sei es als Geschäftsinhaber, sei es als stiller Gesellschafter – gehören bei ihnen daher stets zum Betriebsvermögen. Dies gilt auch dann, wenn einkommensteuerrechtlich ein Fall der Liebhaberei vorläge. Bei Rechtsgeschäften zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Anteilseignern erfolgt die erforderliche Abgrenzung zwischen Einkommenserzielung und Einkommensverwendung durch die Rechtsinstitute der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) und der verdeckten Einlage, § 8 Abs. 3 Satz 2 und 3 KStG. Beide bewirken, dass Leistungen im Verhältnis zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Anteilseignern, die nicht betrieblich, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, auch dann steuerlich als Einkommensverwendung behandelt werden, wenn ihre gesellschaftsrechtliche Veranlassung durch ein scheinbar betrieblich veranlasstes Rechtsgeschäft verdeckt wird. Maßstab dafür, ob eine Leistung betrieblich oder durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, ist im Allgemeinen, ob sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt worden wäre32. Stille Gesellschaften zwischen einer Kapitalgesellschaft und ei-

29 Vgl. zur Abgeltungsteuer bei typischen stillen Beteiligungen Cziz/Krane, DStR 2010, 2226; Middendorf/Engel, StuB 2010, 738; Rockhoff/Weber, DStR 2010, 363. 30 Siehe den Vergleich der Steuerlast bei typischer und atypischer stiller Beteiligung bei Eichfelder, Ubg 2013, 178. 31 BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961 Rz. 13 = GmbHR 2007, 1275 m. Anm. Schröder = FR 2007, 1160 m. Anm. Orth; BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, BFHE 182, 123 Rz. 19 ff. = GmbHR 1997, 317 = FR 1997, 311. 32 BFH v. 23.2.2005 – I R 70/04, BStBl. II 2005, 882 Rz. 9 = FR 2005, 890 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2005, 775 m. Anm. Hoffmann; BFH v. 28.11.1991 – I R 13/90, BStBl. II 1992, 359 = GmbHR 1992, 312 Rz. 16 m.w.N.

786 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.26 § 23

nem ihrer Anteilseigner bzw. einer Person, die diesem nahesteht, sind unter diesem Gesichtspunkt stets sorgfältig zu prüfen. a) Tatbestand und Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung Der BFH versteht unter einer verdeckten Gewinnausschüttung eine Vermögensminderung oder eine verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht33. Die Vermögensminderung bzw. die unterlassene Vermögensmehrung müssen grundsätzlich geeignet sein, bei dem Gesellschafter zu Einkünften i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 9, 10 EStG zu führen34. Da das Ersparen von Aufwendungen genügt35, reicht grundsätzlich auch die Befriedigung eines ideellen Interesses eines Anteilseigners für eine verdeckte Gewinnausschüttung aus36.

23.24

Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis nimmt der BFH regelmäßig dann an, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte37. Neben diesen materiellen Fremdvergleich tritt im Verhältnis zu beherrschenden Gesellschaftern ein formeller Fremdvergleich. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis wird demnach auch dann angenommen, wenn es für die Vermögensminderung bzw. die unterlassene Vermögensmehrung an einer dem Grunde und der Höhe nach eindeutigen, von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung fehlt oder eine solche zwar vorliegt, aber die stille Gesellschaft tatsächlich nicht vereinbarungsgemäß durchgeführt worden ist38.

23.25

Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt auch dann vor, wenn eine Zuwendung nicht an den Anteilseigner selbst, sondern an eine diesem nahestehende Person erfolgt. Erforderlich ist lediglich, dass die Zuwendung zu einem wie auch immer gearteten Vorteil für den Anteilseigner selbst führt39. Bei Zuwendungen an den Ehegatten

23.26

33 St. Rspr.: BFH v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, BFHE 207, 103 Rz. 14 = GmbHR 2005, 60 m. Anm. Schwedhelm/Binnewies = FR 2005, 199; BFH v. 22.2.1989 – I R 9/85, BStBl. II 1989, 631 Rz. 11; vgl. auch Gosch in Gosch, § 8 KStG Rz. 166 m.w.N. 34 BFH v. 27.7.2016 – I R 8/15, BFHE 255, 32 = BStBl. II 2017, 214 Rz. 7 = GmbHR 2016, 1316; BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131 Rz. 7 = FR 2003, 132 = GmbHR 2003, 118 m. Anm. Rohde. 35 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, Stand: 11/2017, Anh. zu § 8 KStG vGA Rz. 200a. 36 Vgl. BFH v. 15.5.2002 – I R 92/00, BFHE 199, 217 Rz. 12 = FR 2002, 1175 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2002, 1033 m. Anm. Hoffmann. 37 BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131 Rz. 7; BFH v. 9.7.1969 – I R 188/67, BStBl. II 1969, 690 Rz. 26 = FR 2003, 132 = GmbHR 2003, 118 m. Anm. Rohde. 38 BFH v. 9.12.1976 – IV R 47/12, BStBl. II 1977, 155 Rz. 24; BFH v. 24.5.1989 – I R 90/85, BStBl. II 1989, 800 (801) = FR 1989, 757 = GmbHR 1990, 47. Vgl. zur Widerlegbarkeit dieser Vermutung BFH v. 28.10.1987 – I R 110/83, BStBl. II 1988, 301 Rz. 13 = FR 1988, 136 = GmbHR 1988, 121. 39 BFH v. 27.1.1972 – I R 28/69, BStBl. II 1972, 320 (321).

Lamprecht | 787

§ 23 Rz. 23.26 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

oder an die Kinder eines Anteilseigners ist hiervon grundsätzlich auszugehen, sofern nicht die Kapitalgesellschaft nachweist, dass der Vorteil seine Ursache ausschließlich im Verhältnis zwischen ihr und der nahestehenden Person hat40. Sieht eine GmbH davon ab, die Einzahlung einer bedungenen stillen Einlage gegenüber der Ehefrau eines Gesellschafters einzufordern, kann hierin daher eine verdeckte Gewinnausschüttung gegenüber dem Gesellschafter liegen41. Gegenüber diesem sind ggf. auch die Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung zu ziehen. Im Verhältnis zwischen dem Gesellschafter und der ihm nahestehenden Person sind die steuerlichen Folgen gesondert zu beurteilen (z.B. das Vorliegen einer unentgeltlichen Zuwendung).

23.27 Rechtsfolge verdeckter Gewinnausschüttungen ist gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, dass sie das Einkommen nicht mindern. Verdeckte Gewinnausschüttungen sind demnach dem Einkommen außerbilanziell wieder hinzuzurechnen, soweit sie zuvor den bilanziellen Gewinn der Gesellschaft gemindert haben. Auf verdeckte Gewinnausschüttungen fällt Kapitalertragsteuer an. Zudem kann die verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG das steuerliche Einlagenkonto mindern. Auf Seiten des Anteilseigners führt die verdeckte Gewinnausschüttung zu Einkünften gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG bzw. gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG, wenn die stille Beteiligung zu seinem Betriebsvermögen gehört. Letzteres ist bei atypischen Beteiligungen stets der Fall, sofern nicht entweder die GmbH noch einer anderen als der im Interesse der atypisch stillen Gesellschaft liegenden Geschäftstätigkeit von nicht ganz untergeordneter Bedeutung nachgeht oder der stille Gesellschafter zu weniger als 10 % an der GmbH beteiligt ist42. Das Teileinkünfteverfahren bzw. die Abgeltungsteuer finden Anwendung. Für die Zurechnung der verdeckten Gewinnausschüttungen bei Bestehen einer atypischen stillen Gesellschaft gelten dieselben Grundsätze wie bei der GmbH & Co. KG43. Maßstab ist, dass die Besteuerung so vorgenommen wird, wie wenn fremdübliche Vereinbarungen getroffen worden wären und die GmbH eine vergleichbare offene Ausschüttung an ihren Anteilseigner vorgenommen hätte. 23.28 Beispiel: A als alleiniger Anteilseigner der A GmbH beteiligt sich an dieser atypisch still mit einem Gewinnanteil in Höhe von 10 %. Er erwirbt von der GmbH ein Grundstück zu einem Preis, der 12.000 Euro unter dem Marktwert liegt. Ohne Berücksichtigung dieses Vorgangs beträgt der Gewinn der Mitunternehmerschaft 10.000 Euro44.

40 BFH v. 27.11.1974 – I R 250/72, BStBl. II 1975, 306 (307); BFH v. 6.4.1977 – I R 86/75, BStBl. II 1977, 569 (570). 41 Vgl. FG Berlin-Brandenburg v. 8.2.2011 – 6 K 6124/07, EFG 2011, 1335 Rz. 53 ff. (im konkreten Fall eine verdeckte Gewinnausschüttung wegen guter Finanzlage der GmbH und einer vereinbarten Verzinsung der Einlage i.H. von 4 % p.a. ablehnend). 42 BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BFHE 250, 121 = BStBl. II 2015, 935 Rz. 38 f. = GmbHR 2015, 1169. 43 Vgl. eingehend OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241 A – 08 – L 221, FR 2003, 1299 Rz. 3.2.3.; Brinkmann, StBp 2013, 241 (246). 44 Beispiel nach OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241 A – 08 – L 221, FR 2003, 1299 Rz. 3.2.3 Beispiel 2 – angepasst an den Übergang vom Halb- zum Teileinkünfteverfahren.

788 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.29 § 23 Gewinnermittlung in der GmbH & atypisch Still Gewinn vor Berücksichtigung der Entnahme wg. verbilligter Übertragung des Grundstücks Entnahme wegen verbilligter Übertragung des Grundstücks Gewinn fiktive Gesamthandsbilanz der atypischen stillen Gesellschaft

10.000,00 12.000,00 22.000,00

Zufluss vGA in SBV II des A in Höhe von 90 % von 12.000,00 davon gem. § 3 Nr. 40 steuerfrei

10.800,00 4.320,00 6.480,00 28.480,00

Gewinn Gewinnverteilung in der GmbH & atypisch Still

vGA Restgewinn Gewinnanteil

MU 28.480,00 6.480,00 22.000,00

A GmbH

A

19.800,00 19.800,00

6.480,00 2.200,00 8.680,00

Die Übertragung des Grundstücks zu fremdunüblichen Konditionen ist auf Ebene der Mitunternehmerschaft nach Veranlassungsgesichtspunkten zu korrigieren45. Ohne diese hätte die Mitunternehmerschaft einen Gewinn in Höhe von 22.000 Euro erzielt, an welchem die A GmbH zu 19.800 Euro (90 %) und A zu 2.200 Euro (10 %) partizipiert hätten. Tatsächlich hat A einen Zufluss in Höhe von 13.000 Euro (1.000 Euro Gewinn + 12.000 Euro verbilligte Übertragung des Grundstücks) erlangt. Dies sind 10.800 Euro (13.000 Euro ./. 2.200 Euro) mehr als ohne verbilligte Übertragung und ist ihm daher als vGA in Höhe von 10.800 Euro in seinem Sonderbetriebsvermögen II zuzurechnen46. Unter Berücksichtigung von § 3 Nr. 40d EStG ergibt sich obige Gewinnberechnung.

b) Tatbestand und Rechtsfolgen der verdeckten Einlage Unter einer verdeckten Einlage i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG versteht die Rechtsprechung die durch das Gesellschaftsverhältnisveranlasste, unentgeltliche Zuwendung eines bilanzierbaren Vermögensvorteils47. Rechtsfolge der verdeckten Einlage ist

45 BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BFHE 250, 121 = BStBl. II 2015, 935 Rz. 31 = GmbHR 2015, 1169; Schulze zur Wiesche, DStZ 2017, 451 (453). 46 So zu Recht OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241 A – 08 – L 221, FR 2003, 1299 Rz. 3.2.3. A.A. Breithecker/Radde, DStZ 2018, 371 (379), die A in seinem SBV II eine vGA in Höhe der vollen 12.000 Euro und damit abzüglich der 40 % Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 40d EStG in Höhe von 7.200 Euro zurechnen. Dies berücksichtigt indes nicht, dass A an dem höheren Gewinn im Falle ohne Veräußerung selbst zu 10 % – also in Höhe von 1.200 Euro – partizipiert hätte. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG soll aber lediglich die Differenz korrigieren, die bestände, wenn es zu keiner vGA gekommen wäre. Wie hier auch Niehus/Wilke, Die Besteuerung der Personengesellschaften, S. 359. 47 BFH v. 12.12.2000 – VIII R 22/92, BStBl. II 2001, 385 (390) = FR 2001, 690 = GmbHR 2001, 348 m. Anm. Kohlhaas.

Lamprecht | 789

23.29

§ 23 Rz. 23.29 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

grundsätzlich, dass sie das Einkommen der Kapitalgesellschaft nicht erhöht. Soweit die verdeckte Einlage den bilanziellen Gewinn der Gesellschaft erhöht hat, ist das Einkommen der Gesellschaft außerbilanziell daher wieder um die verdeckte Einlage zu mindern. Verdeckte Einlagen erhöhen grundsätzlich das steuerliche Einlagekonto gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG. Auf Ebene des Anteilseigners stellen sie nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung dar, § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG.

23.30 Bewertet werden verdeckte Einlagen mit dem Teilwert, § 6 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 6 Satz 2 EStG. Verzichten Anteilseigner auf wertgeminderte Forderungen gegenüber ihrer Kapitalgesellschaft, wird der hierdurch entstehende Ertrag bei ihrer Kapitalgesellschaft i.H. des Nennwerts der entfallenden Verbindlichkeit daher nur partiell – nämlich i.H. des Teilwertes der korrespondierenden Forderung – gemäß § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG wieder korrigiert48. Dies ist häufig eine unerwünschte Konsequenz. Denn der hierdurch entstehende Gewinn ist nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 3a EStG steuerlich begünstigt. Diese Voraussetzungen sind auch bei wirtschaftlich notleidenden Gesellschaften nicht stets gegeben49. c) Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Errichtung stiller Gesellschaften

23.31 Die Aufnahme eines Anteilseigners bzw. einer diesem nahestehenden Person als stiller Gesellschafter ist stets unter dem Gesichtspunkt einer verdeckten Gewinnausschüttung sorgfältig zu prüfen. Die Aufnahme eines sonstigen gesellschaftsfremden Dritten kann hingegen grundsätzlich nie eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen. 23.32 Ist der stille Gesellschafter beherrschender Anteilseigner oder eine diesem nahestehende Person50, hat die Rechtsprechung die Errichtung einer stillen Gesellschaft vielfach hingegen bereits deswegen als verdeckte Gewinnausschüttung eingestuft, weil die Beteiligten bei der Errichtung der stillen Gesellschaft nicht die Anforderungen des formellen Fremdvergleichs hinreichend beachtet hatten51. In der Gestaltungspraxis ist diesem Maßstab daher besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Ein stilles Gesellschaftsverhältnis kann zum Beispiel nicht rückwirkend – etwa ab Beginn des Geschäftsjahrs – begründet werden52. Insbesondere hinsichtlich der Eindeutigkeit

48 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 Rz. 44 ff. = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723. 49 Insbesondere kann es an der Sanierungsabsicht fehlen, wenn außer den Anteilseignern keine weiteren Gläubiger an dem Schuldenschnitt teilnehmen, vgl. BFH v. 28.2.1989 – VIII R 303/84, BStBl. II 1989, 711 Rz. 33 = FR 1989, 525. 50 Vgl. BFH v. 11.7.1984 – I R 233/81, juris Rz. 20 f. (für stille Gesellschaft zwischen einer GmbH und einer aus ihren Anteilseignern bestehenden GbR). 51 Vgl. BFH v. 26.4.1989 – I R 96/85, BFH/NV 1990, 63 Rz. 11; BFH v. 25.5.1988 – I R 92/ 84, BFH/NV 1989, 258 Rz. 10; BFH v. 9.12.1976 – IV R 47/72, BStBl. II 1977, 155 Rz. 24 m.w.N.; vgl. auch Hessisches FG v. 29.6.2006 – 11 K 3809/04, EFG 2006, 1762 Rz. 28 ff. 52 BFH v. 25.3.2008 – VIII B 148/07, BFH/NV 2008, 1148 Rz. 6; BFH v. 7.12.1983 – I R 70/ 77, BStBl. II 1984, 384 Rz. 38 ff. (für stille Beteiligungen, die im Zuge einer steuerlich rück-

790 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.36 § 23

der vereinbarten Gewinn- und Verlustbeteiligung für den stillen Gesellschafter gelten strenge Maßstäbe. Unklarheiten diesbezüglich führen leicht dazu, dass die stille Beteiligung bereits dem Grunde nach steuerlich nicht anzuerkennen ist. Bemessungsgrundlage, Prozentsätze, etwaige Zuschläge bzw. Höchst- oder Mindestbeträge müssen der Vereinbarung selbst zu entnehmen sein53. Schließt eine Kapitalgesellschaft eine stille Gesellschaft mit den Angehörigen eines beherrschenden Gesellschafters ab, finden die Rechtsgrundsätze für die Anerkennung von Familiengesellschaften ergänzend Anwendung54. Im Übrigen verlangt die Rechtsprechung auch im Verhältnis zu Anteilseignern, die ihre GmbH nicht beherrschen, regelmäßig den konkreten Nachweis der Vereinbarung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses, und zwar auch hinsichtlich des genauen Zeitpunkts des Beginns der stillen Gesellschaft55. Stets ist nachzuweisen, dass Leistungen, die an die GmbH erbracht worden sind, ihren Rechtsgrund gerade in einem (zusätzlichen) stillen Gesellschaftsverhältnis zwischen dem Anteilseigner und der GmbH haben und nicht von dem Anteilseigner schlicht als weitere verdeckte Einlage in die GmbH erbracht worden sind. Im Falle des Eingehens einer stillen Gesellschaft durch Selbstkontrahieren des GmbH-Geschäftsführers bedarf es für den Nachweis grundsätzlich der zeitnahen Einbuchung der stillen Einlage in der Buchführung der GmbH56.

23.33

Ist die stille Beteiligung bereits dem Grunde nach nicht anzuerkennen, sind Leistungen in Vollzug der stillen Gesellschaft steuerlich als verdeckte Einlagen der Anteilseigner in das Gesellschaftsvermögen der Kapitalgesellschaft zu werten. Spätere Gewinnauszahlungen auf die vermeintliche stille Gesellschaft führen dann zwangsläufig steuerlich zu verdeckten Gewinnausschüttungen an die Anteilseigner.

23.34

Ist die stille Gesellschaft dem Grunde nach steuerlich anzuerkennen, hält die dem stillen Gesellschafter gewährte Beteiligung aber betragsmäßig nicht einem materiellen Fremdvergleich stand, liegt in der Errichtung der stillen Gesellschaft zumindest der Höhe nach eine verdecke Gewinnausschüttung oder eine verdeckte Einlage.

23.35

Übersteigt etwa der Wert der Einlage eines typischen stillen Gesellschafters den Betrag der ihm hierfür gewährten stillen Beteiligung und hätte ein fremder Dritter bei Wahrung der Sorgfalt eines gewissenhaften Geschäftsleiters die stille Beteiligung unter gleichen Bedingungen nicht übernommen, liegt i.H. des Differenzbetrags eine

23.36

53 54 55 56

wirkend vorgenommenen Umwandlung vereinbart wurden, von der steuerlichen Rückwirkung der Umwandlung selbst aber nicht umfasst waren); BFH v. 9.12.1976 – IV R 47/ 12, BStBl. II 1977, 155 Rz. 28 = FR 1984, 288 = GmbHR 1984, 190. Vgl. BFH v. 26.4.1989 – I R 96/85, BFH/NV 1990, 63 Rz. 11. BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, BFHE 246, 349 Rz. 17 = GmbHR 2014, 1278 = FR 2015, 76 m. Anm. Kanzler; Hessisches FG v. 29.6.2006 – 11 K 3809/04, EFG 2006, 1762 Rz. 28 ff. BFH v. 9.12.1976 – IV R 47/12, BStBl. II 1977, 155 Rz. 25, 28. BFH v. 10.4.1997 – IV B 90/96, GmbHR 1997, 1016 = BFH/NV 1997, 662 Rz. 23 f.; FG Baden-Württemberg v. 23.11.2009 – 10 K 282/06 Rz. 81.

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§ 23 Rz. 23.36 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

verdeckte Einlage des Anteilseigners in seine Gesellschaft vor. Diese verdeckte Einlage ist dem steuerlichen Einlagekonto gutzuschreiben und führt beim Anteilseigner nicht zu Anschaffungskosten auf seine stille Beteiligung, sondern zu nachträglichen Anschaffungskosten auf seinen Anteil an der Kapitalgesellschaft.

23.37 Gewährt eine Kapitalgesellschaft hingegen einem ihrer Anteilseigner in fremdunüblicher Weise eine typische stille Beteiligung, die über den Wert des bedungenen Beitrags des stillen Gesellschafters hinausgeht, liegt hierin eine verdeckte Gewinnausschüttung der Gesellschaft an ihren Anteilseigner. Die Kapitalgesellschaft hat die Einlage des stillen Gesellschafters auf den Teilwert abzuschreiben, in gleicher Höhe ist dieser Betrag dem Gewinn außerbilanziell wieder hinzuzurechnen57. Auf die verdeckte Gewinnausschüttung fällt Kapitalertragsteuer an, sie mindert ggf. das steuerliche Einlagekonto und führt beim Anteilseigner grundsätzlich zu Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Bringt eine Kapitalgesellschaft ihren Betrieb in eine atypische stille Gesellschaft ein und gewährt sie ihrem Anteilseigner hierbei eine fremdunüblich hohe stille Beteiligung, liegt auch hierin eine verdeckte Gewinnausschüttung58. d) Die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters als verdeckte Gewinnausschüttung

23.38 Sind eine Körperschaft und einer ihrer Anteilseigner im Rahmen einer stillen Gesellschaft verbunden und hält die Gewinnbeteiligung in der stillen Gesellschaft einem Fremdvergleich nicht stand, so ist diese zu korrigieren. Bei atypischen stillen Gesellschaften erfolgt dies bereits im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung des Gewinns der Mitunternehmerschaft auf Grund von Veranlassungsgesichtspunkten. Ist für die Körperschaft ein zu geringer Gewinnanteil vereinbart, wird ihr daher bereits im Rahmen der Feststellung ein angemessener, d.h. fremdüblicher, Gewinnanteil zugewiesen. Für eine zusätzliche Korrektur des Gewinns der Körperschaft auf Grund von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist in diesem Fall kein Raum, da sie bereits auf Grund der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungen einen fremdüblichen Gewinn zugewiesen bekommt und sie daher keine Gewinnminderung erleidet59. Soweit der Anteilseigner einen zu hohen Gewinnanteil erhalten hat, wird in seinem Sonderbetriebsvermögen II eine verdeckte Gewinnausschüttung angesetzt, die gemäß § 3

57 Wird die verdeckte Gewinnausschüttung erst im Rahmen einer Betriebsprüfung aufgedeckt, ergibt sich aus ihr auf Ebene der Gesellschaft daher regelmäßig keine Einkommenswirkung. 58 Vgl. BFH v. 15.9.2004 – I R 7/02, BStBl. II 2005, 867 Rz. 25 (für Einbringung in eine GmbH & Co. KG) = FR 2005, 300 = GmbHR 2005, 240. 59 BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BStBl. II 2015, 935 Rz. 30 ff. = BFHE 250, 121 = GmbHR 2015, 1169. In der Rspr. war dieser Vorrang zuvor nicht klar benannt worden. Anders daher noch Hessisches FG v. 7.12.2011 – 13 K 367/07, juris Rz. 100 ff. unter Berufung auf BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59 Rz. 17. Vgl. auch BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BFHE 130, 268 = BStBl. II 1980, 477 Rz. 17 ff.; BFH v. 11.7.1984 – I R 233/81, juris Rz. 19; Schulze zur Wiesche, DStZ 2017, 451 (452 f.).

792 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.40 § 23

Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG zu 40 % steuerfrei ist. Auf diese Weise wird die steuerliche Belastung hergestellt, die bestehen würde, wenn eine fremdübliche Gewinnbeteiligung vereinbart worden wäre und die GmbH eine entsprechende Ausschüttung an ihren Anteilseigner vorgenommen hätte (vergleiche das Rechenbeispiel in Rz. 23.28). Bei typischen stillen Gesellschaften ist eine zu niedrige Gewinnbeteiligung für die Körperschaft hingegen unmittelbar gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu korrigieren, was insbesondere verfahrensrechtlich von Bedeutung ist. Zeitpunkt für den anzulegenden Fremdvergleich sind die Verhältnisse bei Errichtung der stillen Gesellschaft und die zu diesem Zeitpunkt zu erwartenden Erträge des Handelsgeschäfts60. Spätere besonders hohe Gewinnanteile für einzelne Geschäftsjahre sind grundsätzlich unbeachtlich. Die für die Angemessenheit der Gewinnverteilung in der GmbH & Co. KG entwickelten Maßstäbe können grundsätzlich angewandt werden, sofern die Besonderheiten der GmbH & Still berücksichtigt werden. Ob demnach dem Geschäftsinhaber – ebenso wie bei der GmbH & Co. KG – auch gar kein Gewinnanteil, sondern lediglich eine feste Vergütung für die Übernahme des Haftungsrisikos in steuerlich anzuerkennender Weise zugewiesen werden kann, wird in der Literatur bezweifelt61, sollte aber angesichts der weit fortgeschrittenen Gleichstellung beider Gesellschaftsformen jedenfalls dann bejaht werden, wenn der stille Gesellschafter sich verpflichtet, diese Vergütung zu tragen. Die von der Rechtsprechung für die Angemessenheit der Gewinnverteilung in Familiengesellschaften entwickelten Maßstäbe sind hingegen prinzipiell nicht auf die GmbH & Still anwendbar. Maßstab für eine fremdübliche Gewinnverteilung ist demnach vor allem das Verhältnis zwischen dem Wert des Geschäftsbetriebs der GmbH und dem Wert der Einlageleistung im Zeitpunkt der Vereinbarung der stillen Gesellschaft62. Den Umständen des Einzelfalls ist umfassend Rechnung zu tragen. Eine Kompensation zwischen Gewinnverteilung und Leistungen aufgrund weiterer Rechtsverhältnisse ist – sofern nicht ausdrücklich vereinbart – grundsätzlich nicht zulässig63. Ein geringes Geschäftsführergehalt kann eine fremdunüblich hohe Gewinnbeteiligung als stiller Gesellschafter daher grundsätzlich nicht rechtfertigen. Vergleiche im Einzelnen zur Bestimmung einer angemessenen Gewinn- und Verlustbeteiligung Rz. 21.63 ff.

23.39

Das Erfordernis einer angemessenen Gewinnverteilung gilt auch dann, wenn die Gewinnverteilung später – zum Beispiel im Rahmen einer disquotalen Kapitalerhöhung – geändert wird64. Wird eine zunächst fremdvergleichsüblich vereinbarte Gewinnbeteiligung für einen stillen Gesellschafter dauerhaft unangemessen hoch, kann auch

23.40

60 BFH v. 9.6.1994 – IV R 47-48/92, BFH/NV 1995, 103 Rz. 57; FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29 Rz. 41 ff. (zur Notwendigkeit, die Angemessenheit der Gewinnverteilung über die gesamte Laufzeit der stillen Gesellschaft zu beurteilen). 61 Schulze zur Wiesche, DStZ 2017, 451 (452). 62 BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59 Rz. 17; BFH v. 11.7.1984 – I R 233/81, juris Rz. 31, 33. 63 Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 296. 64 Schulze zur Wiesche, DStZ 2017, 451 (453).

Lamprecht | 793

§ 23 Rz. 23.40 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

die Nichtausübung eines bestehenden Kündigungsrechts zu einer unangemessenen Gewinnbeteiligung führen65. e) Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei sonstigen Geschäftsvorfällen

23.41 Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen können schließlich auch in sonstigen Geschäftsvorfällen des Geschäftsinhabers liegen, sofern an diesen Geschäften ein Anteilseigner oder eine diesem nahestehende Person beteiligt ist. Veräußert etwa eine GmbH & atypisch Still dem Anteilseigner der GmbH, der zugleich auch ihr stiller Gesellschafter ist, ein Wirtschaftsgut zu einem fremdunüblich geringen Entgelt, so liegt hierin eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Anteilseigner. Im Übrigen ist von einer verdeckten Entnahme auszugehen. Gehören die Anteile an der GmbH zum Sonderbetriebsvermögen des atypischen stillen Gesellschafters66, gehört die verdeckte Gewinnausschüttung ihrerseits zu den (Sonder-)Betriebseinnahmen der atypischen stillen Gesellschaft67. Der gesamte Vorgang ist als Teil der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die GmbH & atypisch Still steuerlich festzustellen68. 6. Stille Beteiligungen als Eigenkapital des Geschäftsinhabers – Rangrücktritt

23.42 Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft genießen sowohl gesellschaftsrechtlich als auch steuerrechtlich Finanzierungsfreiheit. Es steht ihnen also grundsätzlich frei, ob sie ihre Gesellschaft mit Eigen- oder mit Fremdkapital ausstatten69. Angesichts dessen kann die Hingabe von Darlehen durch Anteilseigner steuerlich grundsätzlich nicht gemäß § 42 AO in die Hingabe von Eigenkapital umgedeutet werden70. Nichts anderes gilt grundsätzlich auch für die Hingabe stiller Beteiligungen71.

65 BFH v. 6.2.1986 – I S 15/85, BFH/NV 1986, 563 Rz. 25 = GmbHR 1987, 69; vgl. auch BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, BStBl. II 2009, 798 Rz. 32 (für Familiengesellschaft) = FR 2009, 950 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2009, 672. 66 Vgl. hierzu BFH v. 16.4.2015 – IV R 1/12, BStBl. II 2015, 705 Rz. 17 ff.; BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286 Rz. 27 f. = GmbHR 1999, 193. 67 Vgl. hierzu im Einzelnen OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241 A – 08 – L 221, FR 2003, 1299 Rz. 3.2.2.3. 68 Vgl. BFH v. 6.8.1985 – VIII R 280/81, BStBl. II 1986, 17 Rz. 28 ff. (für GmbH & Co. KG) = FR 1986, 44 = GmbHR 1986, 134. 69 BFH v. 5.2.1992 – I R 127/90, BStBl. II 1992, 532 Rz. 27 = FR 1992, 525; so grundsätzlich bereits BFH v. 7.11.1950 – I 20/50 U, BStBl. III 1951, 12 (14). 70 BFH v. 5.2.1992 – I R 127/90, BStBl. II 1992, 532 Rz. 27 = FR 1992, 525; BFH v. 16.5.2001 – I B 143/00, BStBl. II 2002, 436 Rz. 13 = FR 2001, 954 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2001, 822 m. Anm. Eilers/Wienands; FG München v. 7.4.1992, 7 K 3627/89, juris Rz. 20 (für stille Gesellschaft); anders noch BMF v. 16.3.1987 – IV B 7 - S 2742-3/87, BStBl. I 1987, 373. Zur früher intensiv geführten Debatte um stille Beteiligungen als verdecktes Stammkapital vgl. 7. Aufl. 2010, Rz. 23.10 ff. 71 Vgl. bereits BFH v. 20.8.1954 – I 130/53 U, BStBl. III 1954, 336 (338).

794 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.45 § 23

Umstritten war, ob der handelsbilanziell unter Umständen vorzunehmende Ausweis von Genussrechten als Eigenkapital des Inhabers72 auf Grund der Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung für die Steuerbilanz auch ihre steuerbilanzielle Behandlung als Eigenkapital gebietet, wie dies die Finanzverwaltung in Nordrhein-Westfalen vertreten hat73. Dies hätte ggf. entsprechende Folgen auch für stille Beteiligungen gezeitigt74. Nach zutreffender Ansicht ändert ein etwaiger Ausweis von Genussrechten und stillen Beteiligungen als handelsbilanzielles Eigenkapital indes grundsätzlich nichts an ihrem materiellen Charakter als Verbindlichkeiten und damit als steuerliches Fremdkapital des Inhabers75. Dieser Ansicht hat sich die Finanzverwaltung letztlich ebenfalls bundesweit angeschlossen76, so dass dies kaum mehr streitig sein sollte77.

23.43

Geklärt ist auch, dass für atypische stille Beteiligungen eine eigene Steuerbilanz aufzustellen ist, in der gleichermaßen die Beteiligung des Inhabers wie des atypischen stillen Gesellschafters das Eigenkapital der atypischen stillen Gesellschaft bilden. Der Inhaber bilanziert in diesem Fall die Wirtschaftsgüter, die der atypischen stillen Gesellschaft zugeordnet sind, in seiner eigenen Steuerbilanz nicht mehr, sondern aktiviert in ihr lediglich seine eigene Beteiligung an der atypischen stillen Gesellschaft im Wege der Spiegelbildmethode in Höhe seines eigenen Eigenkapitalkontos in der atypischen stillen Gesellschaft. Die Beteiligung eines atypischen stillen Gesellschafters ist in der eigenen Steuerbilanz des Inhabers demnach nicht auszuweisen.

23.44

Typische stille Beteiligungen sind in der Steuerbilanz des Inhabers hingegen grundsätzlich als Verbindlichkeiten auszuweisen. Inwieweit von einem solchen Ausweis ausnahmsweise abzusehen ist mit der Folge, dass die typische stille Beteiligung das steuerliche Eigenkapital des Inhabers erhöht, bestimmt sich nach steuerrechtlichen Maßstäben. Entscheidend hierfür ist, dass die stille Beteiligung ihre Eigenschaft als gegenwärtige wirtschaftliche Belastung des Inhabers und demnach ihren Charakter als Verbindlichkeit verliert. Die Anforderungen hieran sind von der Rechtsprechung entwickelt und vom Gesetzgeber in § 5 Abs. 2a EStG ergänzend positivrechtlich ausformuliert worden. Gemäß § 5 Abs. 2a EStG sind Verbindlichkeiten, die nur zu erfüllen sind, soweit künftige Einnahmen oder Gewinne anfallen, steuerbilanziell erst dann anzusetzen, wenn solche Einnahmen oder Gewinne tatsächlich angefallen sind78.

23.45

72 Vgl. IDW HFA 1/1994, WPg 1994, 419 für Genussrechte sowie Rz. 23.91. 73 OFD Rheinland, Kurzinformation vom 14.12.2011 – Kurzinformation Körperschaftsteuer Nr. 56/2011, DStR 2012, 189; OFD NRW Vfg. v. 12.5.2016 – S 2742-2016/0009-St 131, DStR 2016, 1816. 74 Zur Übertragung der Überlegung auf stille Beteiligungen Meurer, RdF 2018, 72 (73); Kusch, NWB 2016, 1952 (1953). 75 Anzinger, RdF 2018 64 (68 ff.). 76 OFD NRW v. 19.7.2018, S 2742-2016/0009 St 131, juris. 77 Vgl. zur Anwendbarkeit von § 8 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. KStG auf typische stille Gesellschaften Rz. 23.23 ff. 78 BFH v. 15.4.2015 – I R 44/14, DStR 2015, 1551 Rz. 8 = GmbHR 2015, 881.

Lamprecht | 795

§ 23 Rz. 23.46 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

23.46 Maßstab sowohl nach den Regeln der Rechtsprechung als auch gemäß § 5 Abs. 2a EStG ist demnach die rechtliche Ausgestaltung der typischen stillen Gesellschaft79. Sie muss dazu führen, dass ihr Charakter als gegenwärtige Verbindlichkeit des Inhabers verloren geht. Die Ausgestaltung einer typischen stillen Gesellschaft genügt hierfür regelmäßig nicht. Denn bei Beendigung der stillen Gesellschaft und insbesondere bei Kündigung des stillen Gesellschafters muss der Inhaber die noch vorhandene stille Beteiligung grundsätzlich zurückzahlen, und zwar unabhängig davon, in welcher eigenen wirtschaftlichen Lage er sich befindet. Die stille Beteiligung stellt deswegen grundsätzlich eine gegenwärtige wirtschaftliche Belastung des Inhabers dar. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn der Inhaber vermögenslos ist80 oder wenn die stille Beteiligung aus tatsächlichen Gründen nur dann an den stillen Gesellschafter ausgezahlt werden kann, wenn der Inhaber (wieder) Gewinne erwirtschaftet. 23.47 Überschritten wird die Schwelle zur mangelnden Passivierungsfähigkeit gemäß § 5 Abs. 2a EStG nur dann, wenn die stille Beteiligung vereinbarungsgemäß lediglich aus künftigen Einnahmen oder Gewinnen des Inhabers zurückzuzahlen ist. Gleich steht eine im Zeitpunkt der Überschuldung getroffene Abrede, nach der Forderungen aus zukünftigen handelsrechtlichen Bilanzgewinnen zu begleichen sind81. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Regeln gilt dies zudem, wenn vereinbart wird, dass die stille Gesellschaft nur aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss des Inhabers zurückzubezahlen ist82. Hingegen bleibt es bei der Passivierungspflicht, wenn eine Regelung getroffen wird, nach der die stille Beteiligung aus dem nach Begleichung der vorrangigen Ansprüche verbleibenden sog. freien Vermögen zu tilgen ist83. Dies ermöglicht es, Rangrücktritte so zu formulieren, dass sie einerseits im Überschuldungsstatus des Inhabers nicht zu berücksichtigen sind, andererseits aber steuerbilanziell Fremdkapital bleiben84. Insolvenzrechtliche Maßstäbe – wie etwa ein einfacher oder qualifizierter Rangrücktritt – sind für die Passivierung in der Steuerbilanz unerheblich85. Steuerbilanz- und Insolvenzrecht gehen mithin insoweit eigene Wege86. 23.48 Ist eine stille Beteiligung auf Grund einer entsprechenden Vereinbarung in der Steuerbilanz des Inhabers nicht als Fremdkapital anzusetzen, erhöht dies zwangsläufig das Eigenkapital des Inhabers und führt in entsprechender Höhe zu einem steuerbilanziel79 Vgl. BFH v. 10.8.2016 – I R 25/15, BFHE 256, 409 = BStBl. II 2017, 670 Rz. 16 = GmbHR 2017, 197. 80 Vgl. BFH v. 10.8.2016 – I R 25/15, BFHE 256, 409 = BStBl. II 2017, 670 Rz. 15 = GmbHR 2017, 197; BMF v. 8.9.2006, IV B 2-S 2133-10/06, BStBl. I 2006, 497 Rz. 3. 81 BFH v. 10.8.2016 – I R 25/15, BFHE 256, 409 = BStBl. II 2017, 670 Rz. 16 = GmbHR 2017, 197. 82 BFH v. 10.8.2016 – I R 25/15, BFHE 256, 409 = BStBl. II 2017, 670 Rz. 17 = GmbHR 2017, 197. 83 Vgl. BFH v. 10.8.2016 – I R 25/15, BFHE 256, 409 = BStBl. II 2017, 670 Rz. 15 = GmbHR 2017, 197, dort auch zur Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG und dem Steuerpflichtigen zu gewährenden Vertrauensschutz bis zur Veröffentlichung der Entscheidung am 27.9.2017. 84 Oser, BB 2015, 1906 (1906). 85 Wacker, DB 2017, 26 (29). 86 Wacker, DB 2017, 26 (29 f.).

796 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.52 § 23

len Ertrag. Ist der Inhaber ein KSt-Subjekt und der stille Gesellschafter sein Anteilseigner und ist ferner die Vereinbarung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, liegt eine verdeckte Einlage vor. In Höhe des Teilwerts der stillen Beteiligung wird dann der durch den Vorgang entstehende steuerbilanzielle Gewinn außerbilanziell gemäß § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG korrigiert87. In entsprechender Höhe ergeben sich für den Anteilseigner nachträgliche Anschaffungskosten auf seine GmbH-Beteiligung88. Ist die stille Beteiligung wertgemindert oder ist der stille Gesellschafter kein Anteilseigner, verbleibt es bei dem Gewinn, der allenfalls gemäß § 3a EStG steuerfrei sein kann. 7. Stille Beteiligungen und Organschaft In ihren wirtschaftlichen Folgen ähnelt die stille Gesellschaft in mancher Hinsicht der körperschaftsteuerlichen Organschaft89. Beide Rechtsinstitute lassen jeweils auf vertraglicher Grundlage ein Rechtssubjekt an dem Gewinn und Verlust bzw. an dem Einkommen eines anderen Rechtssubjekts teilnehmen. Ist dieses andere Rechtssubjekt – wie bei der Organschaft stets – eine Kapitalgesellschaft, überwinden beide Rechtsinstitute im Ergebnis das körperschaftsteuerliche Trennungsprinzip.

23.49

Die Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft erfordert neben der finanziellen Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger unter anderem den Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrags zwischen ihnen, § 14 Abs. 1, § 17 KStG. Dieser muss den Organträger zur Übernahme jeglichen Jahresfehlbetrags der Organgesellschaft entsprechend den Regeln des § 302 AktG verpflichten und wird erst mit der Eintragung in das Handelsregister wirksam. Dies sind sehr viel weiterreichende Anforderungen, als für die Vereinbarung einer stillen Gesellschaft erforderlich sind. Allerdings reicht auch die Verlustzuweisung im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft weiter als die im Rahmen einer stillen Gesellschaft, da sie nicht der Beschränkung des § 15a EStG unterliegt.

23.50

Mit dem Steuervergünstigungsabbaugesetz (StVergAbG) hat der Gesetzgeber im Jahre 2003 die Voraussetzungen angehoben, unter denen Personengesellschaften Organträger sein können. Personengesellschaften i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG müssen seitdem hierfür originär einer gewerblichen Tätigkeit nachgehen; die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft muss überdies seitdem „im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst“ erfüllt sein, § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 KStG. Die zuvor vom Gesetz ausdrücklich anerkannte Zulässigkeit der Mehrmütterorganschaft wurde auf diese Weise abgeschafft90.

23.51

Um eine Umgehung der Abschaffung der Mehrmütterorganschaft zu verhindern, ist durch das StVergAbG zudem die Verlustverrechnung für solche stille Gesellschaften eingeschränkt worden, die zwischen einer Kapitalgesellschaft als Geschäftsinha-

23.52

87 Vgl. BFH v. 10.8.2016 – I R 25/15, BFHE 256, 409 = BStBl. II 2017, 670 Rz. 17 m.w.N. = GmbHR 2017, 197. 88 BFH v. 11.7.2017 – IX R 36/15, BFHE 258, 427 Rz. 38 = GmbHR 2017, 1214. 89 Vgl. Kessler/Reitsam, DStR 2003, 269. 90 Vgl. hierzu Wacker, NWB 2012, 2462 (2462 ff.).

Lamprecht | 797

§ 23 Rz. 23.52 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

ber und einem KSt-Subjekt als unmittelbarem oder mittelbarem stillen Gesellschafter bestehen, § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung ist zwar bestritten (vgl. Rz. 23.81 f.), solange sie vom BVerfG aber nicht positiv festgestellt worden ist, kann zu stillen Gesellschaften als Verlusttransfervehikel zwischen einer Kapitalgesellschaft und einem anderen KSt-Subjekt als stillem Gesellschafter nicht geraten werden.

23.53 Angesichts dieser Regelungen ist auch streitig, inwieweit die Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft daran scheitern kann, dass am Organträger oder an der Organgesellschaft eine stille Gesellschaft besteht. a) Stille Beteiligungen am Organträger

23.54 Nach allgemeiner Ansicht unschädlich für die Anerkennung einer Organschaft ist die Beteiligung typischer stiller Gesellschafter am Organträger91. 23.55 Streitig ist die Lage, wenn am Organträger ein atypischer stiller Gesellschafter beteiligt ist und die Anteile an der Organgesellschaft von der atypischen stillen Beteiligung umfasst werden. Gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG muss der Organträger vom Beginn des Wirtschaftsjahrs an ununterbrochen in einem solchen Maße an der Organgesellschaft beteiligt sein, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organschaft zusteht. Diese finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger kann grundsätzlich auch von einer atypischen stillen Gesellschaft erfüllt werden92. Sie ist nach gefestigter Rechtsprechung ein eigenes Subjekt der Gewinnerzielung, der Gewinnermittlung und der Einkünftequalifikation93. Insoweit verfügt sie über ein eigenes Betriebsvermögen, dem ertragsteuerlich die Wirtschaftsgüter, auf welche sich die stille Beteiligung erstreckt, zugerechnet werden94. Handlungen des Geschäftsinhabers im Rahmen der Einkünfteerzielung werden ihr zugerechnet95. Insoweit kann die atypische stille Gesellschaft auch originär eigene gewerbliche Einkünfte erzielen96. Die Anteile an der Organgesellschaft, der Ergebnisabführungsvertrag auf

91 Dötsch in Dötsch, Stand: 8/2014, § 14 KStG Rz. 53; Neumann in FS Schaumburg, S. 445 (450); Schulze zur Wiesche, DStZ 2013, 621 (622). 92 Vgl. FG Hamburg v. 12.3.1984 – II 46/81, EFG 1984, 569 (570); Gosch in FS Raupach, S. 461 (474 f.). 93 BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 328 Rz. 18 = GmbHR 1997, 563 = FR 1997, 444 m. Anm. Kempermann. 94 BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BFHE 260, 543 = BStBl. II 2018, 587 Rz. 38 = GmbHR 2018, 690; Neumann in FS Schaumburg, S. 445 (454 ff.); Gosch in FS Raupach, S. 461 (474 f.); so bereits Kuck, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, § 5 C.2. 95 BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 328 Rz. 18 = GmbHR 1997, 563; OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241 A – 08 – L 221, FR 2003, 1299 Rz. 3.2.2.2. A.A. Kolbe in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand 1/2019, § 14 KStG Rz. 174. 96 BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, BStBl. II 1995, 171 Rz. 17 ff. = FR 1995, 20 m. Anm. Kempermann; Hageböke, DK 2013, 334 (336 m.w.N.); Neumann in FS Schaumburg, S. 445 (452); Schmidt/Werner, GmbHR 2010, 29 (31); Suchanek, Ubg 2010, 186 (191); insoweit zweifelnd Crezelius in FS Schaumburg, S. 239 (250); ablehnend Frotscher in Frotscher/Maas, Stand: 11/2015, § 14 KStG Rz. 205.

798 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.57 § 23

Seiten des Geschäftsinhabers wie auch der Ergebnisabführung werden bei Bestehen einer atypischen stillen Gesellschaft daher steuerlich dieser zugerechnet. Zweifelhaft ist die Rechtslage aber, weil nach der Neufassung durch das StVergAbG die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Organschaft „im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst“ erfüllt sein müssen. Anteile an der Organgesellschaft im Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter bleiben hierdurch für die Anerkennung der Organschaft unberücksichtigt. Nach der Gesetzesbegründung soll „durch die Übertragung der Beteiligung ins Gesamthandvermögen der Personengesellschaft (...) die Ernsthaftigkeit des gemeinsamen Engagements in der Organschaft verdeutlicht“ werden97. Nach Ansicht der Finanzverwaltung soll eine finanzielle Eingliederung „im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst“ daher nur dann gegeben sein, wenn sich die Anteile an der Organgesellschaft im Gesamthandsvermögen der Gesellschaft befinden98. Über ein solches gesamthänderisches Vermögen verfügen atypische stille Gesellschaften indes nicht. Nach dieser Ansicht soll die Beteiligung eines atypischen stillen Gesellschafters an den Anteilen an der Organgesellschaft die Anerkennung der Organschaft deswegen grundsätzlich ausschließen99. Ohne diese restriktive Auslegung wird befürchtet, dass die vom Gesetzgeber intendierte Abschaffung der Mehrmütterorganschaft umgangen werden könnte100. Nach anderer Ansicht soll hingegen auch das Tatbestandsmerkmal „im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst“ einer steuerrechtlichen Zuordnung zugänglich sein, mit der Folge, dass eine atypische stille Beteiligung an dem Organträger für unschädlich für die Organschaft gehalten wird101.

23.56

Nach hier vertretener Ansicht sprechen die besseren Gründe dafür, Organschaften auch bei Beteiligung atypischer stiller Gesellschaften am Organträger anzuerkennen. Unbestrittenermaßen stand die Abschaffung der Mehrmütterorganschaft im gesetzgeberischen Ermessen und ist vom Gesetzesanwender zu akzeptieren. Auch mag es gerechtfertigt sein, dass der Gesetzgeber zur Absicherung der Abschaffung der Mehrmütterorganschaft lediglich die stille Gesellschaft Sonderregelungen unterworfen hat102. Dieser Regelungszweck ist indes weder selbstverständlich noch tritt er im

23.57

97 BT-Drucks. 15/119, S. 43. 98 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770-24/05, BStBl. I 2005, 1038 Rz. 13; Neumann in FS Schaumburg, S. 445 (453). 99 BMF v. 20.8.2015 – 2015-08-20 IV C 2 - S 2770/12/10001, BStBl. I 2015, 649; so bereits zuvor OFD Frankfurt v. 30.1.2013 – S 2770 A – 53 – St 51, DB 2013, 610; FM SchleswigHolstein v. 4.3.2013 – VI 3011 – S 2770 – 080, DK 2013, 363 (363). Nach dem Schreiben des BMF können am 20.8.2015 bereits bestehende, steuerlich anerkannte Organschaften mit Organträgern, an deren Handelsgewerbe atypische stille Beteiligungen bestehen, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls im Wege der Billigkeit und aus Gründen des Vertrauensschutzes steuerlich anerkannt werden. 100 Neumann in FS Schaumburg, 445 (457); Neumann in Gosch, § 14 KStG Rz. 80a-80d; Diskussionsbeitrag Möhlenbrock, JbFfSt 2016/17, 148 (167 f.). 101 Breuninger, JbFfSt 2010/11, 333 (345 f.); Suchanek, Ubg 2010, 186 (191); Hageböke, DK 2013, 334 (337). Im Ergebnis ebenso: Weigert/Strohm, DK 2013, 241 (260); Crezelius in FS Schaumburg, S. 239 (250); Diskussionsbeitrag Schön, JbFfSt 2016/17, 148 (167); dieser Auffassung ebenfalls zuneigend Gosch in FS Raupach, S. 461 (474 f.). 102 Vgl. auch Wacker, DB 2012, 1403 (1407 ff.).

Lamprecht | 799

§ 23 Rz. 23.57 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Wortlaut von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 KStG klar hervor. Überdies rechtfertigt er keine Unterscheidung zwischen typischen und atypischen stillen Beteiligungen am Organträger, denn in Hinblick auf diesen Regelungszweck besteht zwischen beiden Formen stiller Gesellschaften kein wesentlicher Unterschied. Typische stille Beteiligungen werden atypischen stillen Beteiligungen in Hinblick auf Organgesellschaften vermögensmäßig nämlich nicht selten gleichkommen – etwa dann, wenn die Organgesellschaft veräußert oder liquidiert wird oder wenn in ihr während des Bestehens der stillen Gesellschaft keine stillen Reserven gebildet werden. Nicht zuletzt, um insoweit Wertungswidersprüche zu vermeiden, ist eine körperschaftsteuerliche Organschaft unabhängig davon anzuerkennen, ob an dem Organträger eine typische oder atypische stille Beteiligung besteht. b) Stille Beteiligungen an der Organgesellschaft

23.58 Streitig ist zudem, ob stille Beteiligungen, die an der Organgesellschaft bestehen, die Anerkennung einer Organschaft hindern. Zivilrechtlich können auf Seiten der Organgesellschaft als Geschäftsinhaber ein stilles Gesellschaftsverhältnis und ein bestehender Gewinnabführungsvertrag nebeneinander bestehen103. Die Beteiligung des stillen Gesellschafters fließt dann in die Berechnung des Gewinns vor Durchführung des Gewinnabführungsvertrags ein. Die Organgesellschaft kann daher zivilrechtlich i.S. von § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG ihren „ganzen Gewinn“ an den Organträger abführen104. Die Abführung dieses handelsrechtlichen Gewinns – und nicht etwa des steuerlichen Einkommens – ist Voraussetzung dafür, dass steuerlich das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger zugerechnet wird. Nach einhelliger Ansicht in der Literatur schließt daher zumindest eine typische stille Beteiligung an einer Organgesellschaft die Anerkennung der Organschaft grundsätzlich nicht aus105. Nach Teilen der Literatur soll dies auch für atypische stille Beteiligungen gelten106. 23.59 Nach anderer Ansicht wie auch nach Verwaltungsansicht hat in § 14 Abs. 1 Satz 1, § 17 Abs. 1 Satz 1 KStG die erneute Nennung der „Abführung des ganzen Gewinns“ als Voraussetzung für die Anerkennung der Organschaft hingegen einen spezifisch steuerrechtlichen Gehalt. An der Abführung des „ganzen“ Gewinns i.S. dieser Vorschriften soll es demnach fehlen, wenn ein Teil des originär bei der Organgesellschaft entstandenen Gewinns steuerlich einem Dritten zuzurechnen ist. Dies soll zwar nicht bei der typischen, wohl aber bei der atypischen stillen Gesellschaft der Fall

103 Schmidt/Werner, GmbHR 2010, 29 (30 f.) m.w.N. 104 Hageböke, DK 2013, 334 (343); Dötsch in Dötsch, Stand: 2/2019, § 14 KStG Rz. 87; Frotscher in Frotscher/Maas, Stand: 11/2015, § 14 KStG Rz. 199 jeweils m.w.N. 105 Hageböke, DK 2013, 334 (343) m.w.N.; Neumann in Gosch, § 14 KStG Rz. 317; Dötsch in Dötsch, Stand: 8/2016, § 14 KStG Rz. 79. Einschränkend Brinkmann, StBp 2011, 241 (248 f.), der auf die Möglichkeit missbräuchlicher Gestaltungen i.S. von § 42 AO hinweist, etwa wenn der stille Gesellschafter zwar nahezu an dem gesamten Gewinn, nicht aber am Verlust der Organgesellschaft beteiligt ist. 106 Hageböke, DK 2014, 334 (344 ff.); Schmidt/Werner, GmbHR 2010, 29 (31 f.).

800 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.60 § 23

sein107. Der Umstand, dass die Beteiligung an einer Gesamthandsgesellschaft für die Anerkennung einer Organschaft anerkanntermaßen unschädlich ist, soll dem nicht entgegenstehen. Denn anders als bei der Beteiligung an einer solchen Gesellschaft erziele eine Organgesellschaft bei Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters weiterhin selbst den Gewinn, der ihr aber wegen der atypischen stillen Beteiligung nicht selbst zugerechnet werden könne108. Dieser Auffassung hat sich das FG Hamburg in einem Urteil vom 26.10.2010 angeschlossen109. Die Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen ist erfolglos geblieben110. Teile der Literatur sehen die Streitfrage daher als vom BFH entschieden an111. Indes konnte der Nichtzulassungsbeschluss aus prozessualen Gründen gar nicht zur generellen Vereinbarkeit von atypischer Beteiligung an einer Organgesellschaft und Organschaft ausdrücklich Stellung nehmen112. In einer späteren Entscheidung hat der BFH daher die generelle Vereinbarkeit von Organschaft und atypischer stiller Beteiligung an der Organgesellschaft als weiterhin ungeklärt bezeichnet113. Die hierdurch getroffene Unterscheidung zwischen typischen und atypischen stillen Beteiligungen, welche an einer Organgesellschaft bestehen, überzeugt indes nicht. Zwar unterscheidet sich die Einkommensermittlung in ihrer Durchführung in beiden Fällen grundsätzlich voneinander, im Ergebnis wirken sich beide Formen typischer und atypischer stiller Beteiligung aber auf den abzuführenden Gewinn und das zuzurechnende Einkommen in vergleichbarer Weise aus114. Selbst wenn man die Abführung des „ganzen Gewinns“ i.S. von § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG auch in einem steuerlichen Sinne versteht, steht dies nach hier vertretener Ansicht der Anerkennung einer Organschaft nicht entgegen, wenn an der Organgesellschaft eine stille Beteiligung besteht. Dies gilt gleichermaßen für eine typische wie für eine atypische stille Gesellschaft.

107 BMF v. 20.8.2015 – 2015-08-20 IV C 2 - S 2770/12/10001, BStBl. I 2015, 649; so bereits zuvor: OFD Frankfurt v. 30.1.2013 – S 2770 A – 53 – St 51, DB 2013, 610; FM Schleswig-Holstein v. 4.3.2013 – VI 3011 – S 2770 – 080, DK 2013, 363 (363); FG Mecklenburg-Vorpommern v. 5.9.2018 – 1 K 396/14, GmbHR 2019, 796 Rz. 59 ff. 108 Ähnlich der Einwand von Schmich, GmbHR 2011, 329 (333) in seinem Komm. zu FG Hamburg v. 26.10.2010 – 2 K 312/09, GmbHR 2011, 329. 109 FG Hamburg v. 26.10.2010 – 2 K 312/09, GmbHR 2011, 329 Rz. 37 ff., mit Anm. Schmich. 110 BFH v. 31.3.2011 – I B 177/10, BFH/NV 2011, 1397 Rz. 13 = GmbHR 2011, 836. 111 So Dötsch in Dötsch, Stand: 2/2019, § 14 KStG Rz. 84; Frotscher in Frotscher/Maas, Stand 11/2015, § 14 KStG Rz. 204. 112 Die Nichtzulassungsbeschwerde hatte nicht die vom FG Hamburg angenommene prinzipielle Unvereinbarkeit von Organschaft und atypischer stiller Beteiligung an der Organgesellschaft angegriffen, sondern lediglich die Frage, ob bei Zugrundelegung dieser Prämisse es zumindest unschädlich sei, wenn die atypische stille Beteiligung lediglich an Einkünften bestehe, die ohnehin abkommensrechtlich steuerfrei gestellt seien. 113 BFH v. 11.8.2011 – I B 179/10, BFH/NV 2011, 2052 Rz. 13 = GmbHR 2011, 1284. 114 Vgl. Neumann in FS Schaumburg, S. 445 (447 f.); Rüsch, DStZ 2016, 263 (269).

Lamprecht | 801

23.60

§ 23 Rz. 23.61 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

II. Atypische stille Gesellschaften unter der Beteiligung von KStSubjekten – Die GmbH & atypisch Still 1. Die atypische stille Gesellschaft als „fiktive KG“

23.61 Seit dem grundlegenden Urteil vom 26.11.1996115 hat der BFH die Besteuerung von atypischen stillen Gesellschaften immer mehr derjenigen der Kommanditgesellschaft angeglichen. In mehreren jüngeren Entscheidungen hat er ausdrücklich darauf rekurriert, dass die atypische stille Gesellschaft für ertragsteuerliche Zwecke im Ergebnis grundsätzlich wie eine im Innenverhältnis bestehende (fiktive) KG zu behandeln sei116. Handelt es sich bei dem Inhaber um eine GmbH, gleicht die Rechtslage daher prinzipiell derjenigen bei einer GmbH & Co. KG. a) Bestehen eines eigenen Vermögens des Inhabers

23.62 Hieraus hat der BFH mit Urteil vom 1.3.2018 die Konsequenz gezogen, dass einer GmbH, an der eine atypische stille Gesellschaft begründet worden ist, auch dann ein eigenes, d.h. nicht von der atypischen stillen Gesellschaft umfasstes Vermögen zusteht, wenn die atypische stille Gesellschaft grundsätzlich den ganzen Gewerbebetrieb der GmbH umfassen soll117. Zutreffend leitet der BFH die Existenz dieses eigenen Vermögensbereichs daraus ab, dass im Vermögen der GmbH stets auch solche Vermögensänderungen stattfinden können, die vom Gesellschaftszweck der stillen Gesellschaft nicht umfasst sind. In diesen Vermögensbereich fließen prinzipiell insbesondere Gewinn- und Verlustanteile ein, welche die GmbH als Inhaber aus der stillen Gesellschaft bezieht. Denn ohne weiteres ist nicht anzunehmen, dass die stille Gesellschaft – gleichsam rekursiv – auch an den Gewinn- und Verlustanteilen partizipieren soll, die sie selbst ihrem Inhaber zuweist. Und selbst wo dies ausnahmsweise der Fall sein sollte, bleibt doch zumindest theoretisch stets die Möglichkeit bestehen, dass es im Vermögen der GmbH zu Vermögensänderungen kommt, die vom Zweck der atypischen stillen Gesellschaft nicht umfasst sind. Die prinzipielle Anerkennung eines solchen gesonderten Vermögensbereichs durch den BFH ist daher folgerichtig. Sie ermöglicht zugleich eine weitere Parallelisierung der Rechtslage bei der GmbH & atypisch Still mit derjenigen bei der GmbH & Co. KG und erleichtert insofern die Rechtsfindung. Gedanklich kann jetzt wie bei der GmbH & Co. KG auch bei der GmbH & atypisch Still von einer doppelstöckigen Struktur ausgegangen werden, bei welcher die atypische stille Gesellschaft die Untergesellschaft und die GmbH die Obergesell-

115 BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = BStBl. II 1998, 328 Rz. 18 = GmbHR 1997, 563. 116 BFH v. 21.12.2017 – IV R 44/14, GmbHR 2018, 439 Rz. 26; BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/ 14, BFHE 256, 175 = BStBl. II 2017, 538 Rz. 27 = GmbHR 2017, 326; BFH v. 21.10.2015 – IV R 43/12, BFHE 252, 193 = BStBl. II 2016, 517 Rz. 24 ff.; vgl. aus der Rspr. der FG: Niedersächsisches FG v. 22.3.2017 – 9 K 92/15, EFG 2017, 1170 Rz. 50 ff. 117 BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BFHE 260, 543 = BStBl. II 2018, 587 Rz. 38 = GmbHR 2018, 690. Vgl. hierzu Riepolt, StuB 2018, 132; Krämer, GmbH-StB 2018, 15; Heß, BB 2018, 1457.

802 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.65 § 23

schaft bildet und der GmbH gewerbliche Einkünfte aus ihrem Mitunternehmeranteil an der GmbH zugerechnet werden118. Konsequenz seines Ansatzes ist es, dass es bei der GmbH & atypisch Still nicht nur zwei zu trennende Vermögensbereiche gibt, sondern diese grundsätzlich jeweils auch für sich selbständige Betriebsvermögen bilden. Denn gemäß § 8 Abs. 2 KStG besitzen inländische Kapitalgesellschaften keine außerbetriebliche Sphäre mit der Folge, dass auch der von der atypischen stillen Gesellschaft nicht umfasste Bereich nur ein eigenes Betriebsvermögen darstellt kann. In Weiterentwicklung seiner Rechtsprechung hat der BFH daher klargestellt, dass wegen der parallelen Regelung in § 2 Abs. 2 GewStG bei einer GmbH & atypisch Still auch zwei Gewerbebetriebe vorliegen – mit weitreichenden Konsequenzen für die Gewerbesteuer119.

23.63

b) Die atypische stille Gesellschaft – Steuerbilanzielle Behandlung und E-Bilanz Auch steuerbilanziell wird die atypische stille Gesellschaft wie eine fiktive KG behandelt. Für die atypische stille Gesellschaft ist daher eine eigene Steuerbilanz und eine eigene steuerliche Gewinn- und Verlustrechnung zu erstellen und gemäß § 5b EStG als E-Bilanz mit allen für eine Mitunternehmerschaft relevanten Berichtsbestandteilen und Angaben zu übermitteln. Dies ist durch das Schreiben des BMF vom 24.11.2017 zu Recht klargestellt worden120. Lediglich für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1.1.2018 begonnen haben, ist es nach diesem Schreiben nicht zu beanstanden, wenn der Inhalt der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung für die atypische stille Gesellschaft als Anhang zu der Steuererklärung des Inhabers des Handelsgewerbes übermittelt werden. Bestehen an dem Betrieb eines Inhabers mehrere atypische stille Gesellschaften, ist für jede von ihnen eine eigene E-Bilanz zu erstellen und zu übertragen.

23.64

Im Stammdatenmodul der E-Bilanz der atypischen stillen Gesellschaft ist diese als solche zu bezeichnen – etwa als „atypische stille Gesellschaft zwischen A und B“. Anzugeben ist die Steuernummer der atypischen stillen Gesellschaft, und nicht etwa die des Inhabers. Als Rechtsformausprägung ist eine atypische stille Gesellschaft einzutragen121. In den Berichtsteil „Bilanz“ sind alle Wirtschaftsgüter aufzunehmen, die der atypischen stillen Gesellschaft zugeordnet sind, d.h. deren Gewinnermittlung zugrunde liegen. Erstreckt sich die atypische stille Gesellschaft auf den gesamten Gewerbebetrieb des Inhabers, sind dies im Ausgangspunkt sämtliche seiner Wirtschaftsgüter. Bei einer partiellen atypischen stillen Gesellschaft erstreckt sich die Bilanzierungspflicht nur auf einen Teil der Wirtschaftsgüter des Inhabers. Für Bilanzierungskonkurrenzen sind dieselben Grundsätze wie bei der GmbH & Co. KG anzuwenden.

23.65

118 BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BFHE 256, 175, BStBl. II 2017, 538 Rz. 16 = GmbHR 2017, 326. 119 Vgl. BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BFHE 256, 175, BStBl. II 2017, 538 Rz. 25 = GmbHR 2017, 326 sowie hierzu Rz. 24.9. 120 BMF v. 24.11.2017 – IV C 6-S 2133-b/17/10004, BStBl. I 2017, 1543; vgl. Günter, EStB 2018, 23. 121 Riepolt, StuB 2018, 132 (134).

Lamprecht | 803

§ 23 Rz. 23.65 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Beim Ausweis des Eigenkapitals ist der Geschäftsinhaber als Vollhafter, der atypische stille Gesellschafter als Teilhafter zu bezeichnen. Dementsprechend sind ihre Kapitalanteile als „Kapitalanteil des persönlich haftenden Gesellschafters“ bzw. als „Kapitalanteil eines Kommanditisten“ auszuweisen. Die Taxonomieposition „Einlagen stiller Gesellschafter mit EK-Charakter“ ist für atypische stille Gesellschaften nicht zu verwenden; die Taxonomieposition „Gewinnabführungen aufgrund einer atypisch stillen Beteiligung“ dient lediglich der Wiedergabe des betreffenden Posten der Handelsbilanz des Inhabers122. Anzugeben sind auch etwaige Ergänzungsbilanzen und Sonderbilanzen.

23.66 Neben der E-Bilanz der atypischen stillen Gesellschaft ist auch eine E-Bilanz für den Inhaber zu erstellen und zu übermitteln. Dies entspricht der Gleichstellung der atypischen stillen Gesellschaft mit einer fiktiven KG und folgt aus der Anerkennung, dass eine GmbH als Inhaber zumindest theoretisch stets ein eigenes, von der atypischen stillen Gesellschaft nicht umfasstes Vermögen besitzt. Zu diesem rechnen grundsätzlich die Gewinn- und Verlustanteile des Inhabers aus der atypischen stillen Gesellschaft. Erstreckt sich die atypische stille Gesellschaft auf den gesamten Gewerbebetrieb des Inhabers, ist einziger verbleibender Vermögensteil des Inhabers sein Mitunternehmeranteil an der atypischen stillen Gesellschaft. Da die Gewinnermittlung durch die Zurechnung des Gewinns aus der atypischen stillen Gesellschaft erfolgt, ist dieser Vermögensanteil für die steuerliche Gewinnermittlung ohne Bedeutung. Um dennoch das zutreffende Eigenkapital des Inhabers abbilden zu können, ist der Mitunternehmeranteil des Geschäftsinhabers nach der Spiegelbildmethode entsprechend der einheitlichen und gesonderten Feststellung für die atypische stille Gesellschaft zu bilanzieren123. Im Bereich Beteiligungen ist hierfür die Position „atypisch stille Beteiligung“ vorhanden. Erträge aus der atypischen stillen Beteiligung sind unter der Position „Erträge aus Beteiligungen an Personengesellschaften“, Verluste unter der Position „Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens, Aufwendungen aufgrund von Verlustanteilen an Mitunternehmerschaften“ auszuweisen124. Unterliegt der atypische stille Gesellschafter ebenfalls einer steuerlichen Bilanzierungspflicht, gilt Gleiches für ihn. 2. Einkünfteermittlung bei der Mitunternehmerschaft

23.67 Atypische stille Gesellschaften begründen eine Mitunternehmerschaft zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter. Ist entweder der Geschäftsinhaber oder der stille Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft, kann sich dies darauf auswirken, ob eine stille Gesellschaft steuerlich als eine typische oder als eine atypische stille Gesellschaft einzuordnen ist (vgl. Rz. 23.5).

122 Riepolt, StuB 2018, 132 (134). 123 BFH v. 15.3.2017 – I R 41/16, BFHE 258, 246 Rz. 23 = GmbHR 2017, 1148; BFH v. 4.3.2009 – I R 58/07, HFR 2010, 323 Rz. 35 ff.; BFH v. 25.2.1991 – GrS 7/89, BFHE 163, 1 = BStBl. II 1991, 691 Rz. 101 = GmbHR 1991, 281-288; vgl. hierzu Hubert, StuB 2016, 769. 124 Riepolt, StuB 2018, 132 (135).

804 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.71 § 23

Erzielt der stille Gesellschafter noch aus weiteren Rechtsverhältnissen mit dem Geschäftsinhaber – etwa als Darlehensgeber, als Geschäftsführer, als Angestellter oder als Verpächter – Erträge, werden diese als Sondervergütungen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in die Einkünfteermittlung der Mitunternehmerschaft einbezogen (vgl. Rz. 22.50 f.). Solche Konstellationen sind in der Praxis gerade bei GmbHs häufig bzw. werden später von den Beteiligten gewünscht. Dies ist bei der Steuergestaltung zu bedenken. Das Eingehen einer atypischen stillen Gesellschaft kann sich insoweit als hinderlich erweisen. Die Gewerbesteuerbelastung lässt sich bei ihr etwa später dann nicht mehr dadurch senken, dass der stille Gesellschafter als Geschäftsführer gewonnen wird und ihm hierfür ein entsprechendes Gehalt gezahlt wird. Vielmehr gehört das Gehalt zu den Einkünften der Mitunternehmerschaft und mindert daher nicht den Gewerbeertrag, welcher auf die atypische Gesellschaft entfällt.

23.68

Besitzt der stille Gesellschafter Anteile an der Kapitalgesellschaft, gehören auch diese Anteile regelmäßig zum Sonderbetriebsvermögen II des stillen Gesellschafters. Anderes gilt nur dann, wenn die Kapitalgesellschaft noch einer weiteren, nicht von der stillen Gesellschaft umfassten und nicht in ihrem Interesse liegenden Tätigkeit nachgeht und diese Tätigkeit von nicht ganz untergeordneter Bedeutung ist125. Ausschüttungen der Kapitalgesellschaft sind demnach beim stillen Gesellschafter regelmäßig Sonderbetriebseinnahmen; er erzielt insoweit gewerbliche Einkünfte.

23.69

3. Die Besteuerung des Geschäftsinhabers a) Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters Nimmt eine Kapitalgesellschaft oder ein anderes KSt-Subjekt einen stillen Gesellschafter auf, so bringt sie ihren Betrieb i.S. von § 24 UmwStG in eine Personengesellschaft ein126. Die Begründung einer atypischen stillen Gesellschaft kann demnach zur Aufdeckung stiller Reserven ohne zivilrechtlichen Rechtsträgerwechsel genutzt werden. Auf Antrag kann aber auch der Buch- oder ein Zwischenwert angesetzt werden, wenn durch die Einbringung das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland nicht beschränkt wird, § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG. Der in der Bilanz der stillen Gesellschaft angesetzte Wert gilt für den Einbringenden als Veräußerungspreis, § 24 Abs. 3 Satz 1 UmwStG. In der Regel kann daher die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft auf Seiten des Geschäftsinhabers ohne Aufdeckung stiller Reserven vorgenommen werden.

23.70

Die entstehende Stellung als Mitunternehmer ist steuerlich von einer unmittelbaren Beteiligung an der Kapitalgesellschaft in Form von GmbH-Anteilen oder Aktien strikt zu trennen. Leistet der stille Gesellschafter auf seine Beteiligung ein Agio, kann hierin daher keine Einlage in die Kapitalgesellschaft gesehen werden. Eine solche

23.71

125 BFH v. 1.7.2010 – IV R 100/06, BFH/NV 2010, 2056 Rz. 54 = GmbHR 2010, 1168; BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286 Rz. 27 f. 126 BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BFHE 256, 175 = BStBl. II 2017, 538 Rz. 25 = GmbHR 2017, 326-328.

Lamprecht | 805

§ 23 Rz. 23.71 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Einlage kann nur in Hinblick auf eine bestehende oder angestrebte unmittelbare Beteiligung an der Kapitalgesellschaft erbracht werden127. b) Verlustvorträge gemäß § 8c KStG und § 8d KStG

23.72 Ist eine Kapitalgesellschaft oder ein anderes KSt-Subjekt Geschäftsinhaber, gefährdet die Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters nicht den Fortbestand der Verlustvorträge, welche auf Ebene des Geschäftsinhabers selbst bestehen. Die Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters stellt keinen Sachverhalt dar, der auf Ebene des Geschäftsinhabers i.S. von § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG einem schädlichen Beteiligungserwerb vergleichbar wäre128. Die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft ist vielmehr auch in Hinblick auf § 8c Abs. 1 KStG der Begründung einer gesamthänderischen Mitunternehmerschaft gleich zu achten. Für sie ist anerkannt, dass sie nicht zu einem – gänzlichen oder teilweisen – Untergang der Verlustvorträge führt. In beiden Fällen ist vielmehr der Regelungszweck des § 8c KStG nicht erfüllt, weil der stille Gesellschafter von den Verlustvorträgen des Geschäftsinhabers nicht profitiert, ein Handel mit diesen Verlustvorträgen daher nicht stattfinden kann. Zu Recht hat das BMF-Schreiben zu § 8c KStG die atypische stille Gesellschaft daher – anders als Genussrechte i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG – nicht in die Liste der Sachverhalte aufgenommen, welche für vergleichbar i.S. von § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG gehalten werden129. Sollen Dritte bei Bestehen von Verlustvorträgen in eine Kapitalgesellschaft aufgenommen werden, kann es sich daher anbieten, dies zunächst in Form einer atypischen stillen Beteiligung vorzunehmen. Sind die Verlustvorträge später verbraucht, kann die Kapitalgesellschaft als Gegenleistung zur Einbringung der stillen Beteiligung immer noch reguläre Anteile gewähren130. 23.73 Von dem Untergang der Verlustvorträge auf Ebene des Geschäftsinhabers selbst ist der Untergang von Verlustvorträgen etwaiger nachgeordneter Tochter- und Enkelgesellschaften zu unterscheiden. Auch ein mittelbarer Anteilserwerb kann i.S. von § 8c KStG ein schädlicher Anteilserwerb sein. Steuerlich steht die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft grundsätzlich der Beteiligung an einer mitunternehmerischen Gesamthandsgesellschaft gleich; insbesondere führt auch eine atypische stille Gesellschaft zu einem eigenen Subjekt der Gewinnerzielung, der Gewinnermittlung und der Einkünftequalifikation131. Wirtschaftlich liegt in der Einbringung der Anteile an nachgeordneten Gesellschaften in die atypische stille Gesellschaft daher eine partielle Veräußerung an den atypischen stillen Gesellschafter. Anders als der Geschäftsinhaber selbst partizipiert der stille Gesellschafter fortan an den Erträgen aus den ein127 BFH v. 9.8.2010 – IV B 123/09, BFH/NV 2010, 2266 Rz. 25 = GmbHR 2010, 1223. 128 H.M.: Suchanek, Ubg 2010, 186 (189 f.); Roser in Gosch, § 8c KStG Rz. 56 Stichwort (atypisch) Stille Gesellschaft; Crezelius in FS Schaumburg, S. 239 (249); Breuninger, JbFfSt 2010/11, 333 (346 f.); Breuninger/Schade, Ubg 2008, 261 (265 f.); a.A. Rennings, JbFfSt 2010/11, 333 (351). 129 BMF v. 28.11.2017, BStBl. I 2017, 1645 Rz. 7; vgl. Suchanek, Ubg 2010, 186 (189 Fn. 26); Breuninger/Schade, Ubg 2008, 261 (265 f.). 130 Vgl. Breuninger, JbFfSt 2010/11, 333 (345 f.). 131 BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286 Rz. 24 ff.

806 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.76 § 23

gebrachten Beteiligungen. Geht man davon aus, dass es einer zivilrechtlichen Stellung als Anteilseigner für einen vergleichbaren Sachverhalt i.S. von § 8c Abs. 1 KStG nicht bedarf132, führt das Eingehen einer atypischen stillen Beteiligung daher zum Untergang der Verlustvorträge eingebrachter nachgeordneter Kapitalgesellschaften – vorausgesetzt, die hierfür erforderlichen Beteiligungsquoten sind erreicht133. Rechtsprechung und Verwaltung haben sich zu dieser Frage – soweit ersichtlich – bislang noch nicht geäußert. Schädlich ist jegliche Beteiligung eines atypischen stillen Gesellschafters zudem für den Zugang zu und den Fortbestand eines fortführungsgebundenen Verlustvortrags gemäß § 8d KStG. Denn auch die Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters führt zu einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft i.S.v. § 8d Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 KStG. Dies ist besonders gravierend, da in diesen Fällen ein fortführungsgebundener Verlustvortrag nicht anteilig, sondern vollständig versagt wird.

23.74

c) Laufende Besteuerung bei Beteiligung eines atypischen stillen Gesellschafters Für den Geschäftsinhaber ergibt sich die laufende Besteuerung aus der atypischen stillen Gesellschaft aus den Besteuerungsgrundlagen, welche für diese einheitlich und gesondert festgestellt werden. Besteht – wie bei Kapitalgesellschaften häufig – die stille Beteiligung an dem gesamten Betrieb, ergibt sich die laufende Besteuerung des Geschäftsinhabers mithin bereits aus dem Feststellungsbescheid für die atypische stille Gesellschaft.

23.75

4. Die Besteuerung des stillen Gesellschafters a) Erwerb der atypischen stillen Beteiligung Beteiligt sich jemand an dem Handelsgewerbe eines anderen durch Zahlung eines Geldbetrags als atypischer stiller Gesellschafter, so liegt hierin grundsätzlich eine Einlage in die entstehende Mitunternehmerschaft, die dem stillen Gesellschafter auf seinem Kapitalkonto gutgeschrieben wird. Bringt er andere Wirtschaftsgüter ein, handelt es sich auf seiner Seite um einen Veräußerungsvorgang. Inwieweit eine Buchwertfortführung möglich ist, bestimmt sich nach den entsprechenden Regeln des EStG. Unternehmen in der Rechtsform der „GmbH & atypisch Still“ entstehen nicht selten dadurch, dass Einzelunternehmer ihren gesamten Betrieb gemäß § 24 UmwStG in die entstehende Mitunternehmerschaft einbringen. Auf diese Weise können auch Teilbetriebe ausgegliedert werden.

132 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736 Rz. 6; Frotscher in Frotscher/Maas, Stand: 1/2019, § 8c KStG Rz. 27b; a.A. Breuninger, JbFfSt 2010/11, 333 (348.). 133 So die Diskussionsbeiträge von Schön und Dötsch, JbFfSt 2010/11, 333 (352). A.A. Breuninger, JbFfSt 2010/11, 333 (348 f.), der von der Maßgeblichkeit der zivilrechtlichen Stellung als Anteilseigner ausgeht.

Lamprecht | 807

23.76

§ 23 Rz. 23.77 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

b) Verlustvorträge gemäß § 8c KStG und § 8d KStG

23.77 Beteiligt sich eine Kapitalgesellschaft atypisch still an dem Geschäftsbetrieb eines anderen, so bleibt ihr eigener Verlustvortrag durch den Erwerb der atypischen Beteiligung unberührt. Der Vorgang ist in keiner Hinsicht vergleichbar mit dem Erwerb von Anteilen an ihr selbst. Gefahren für Verlustvorträge können nur entstehen, wenn die Kapitalgesellschaft als Einlage in den Betrieb des Geschäftsinhabers Anteile an eigenen Tochterkapitalgesellschaften einbringt. Ein solcher Rechtsträgerwechsel führt bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 8c KStG zum Untergang der Verlustvorträge der Tochtergesellschaften. 23.78 Hingegen verwehrt jede Beteiligung als atypischer stiller Gesellschafters den Zugang zu und den Fortbestand eines fortführungsgebundenen Verlustvortrags gemäß § 8d KStG, da in diesem Fall die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft i.S.v. § 8d Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 KStG vorliegt. c) Einschränkung des Verlustausgleichs gemäß § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG

23.79 Unterliegt der stille Gesellschafter der Körperschaftsteuer, entspricht die laufende Besteuerung im Ausgangspunkt derjenigen von natürlichen Personen als atypische stille Gesellschafter: Die Besteuerungsgrundlagen hinsichtlich der atypischen stillen Gesellschaft werden einheitlich und gesondert festgestellt und fließen in Form des betreffenden Grundlagenbescheids in die laufende Besteuerung des atypischen stillen Gesellschafters ein. aa) Regelungsgehalt von § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG

23.80 Wesentliche Abweichungen zur allgemeinen Besteuerung atypischer stiller Gesellschaften ergeben sich allerdings, wenn Verluste aus atypischen stillen Beteiligungen unmittelbar oder mittelbar auf keine natürliche Person (und damit zwangsläufig auf ein KSt-Subjekt134) entfallen und zugleich der Geschäftsinhaber in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft (andere KSt-Subjekte genügen hier nicht) verfasst ist. Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG können solche Verluste von demjenigen, der unmittelbar oder mittelbar atypisch beteiligt ist, weder mit Einkünften aus anderen Einkunftsquellen ausgeglichen noch von ihm gemäß § 10d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern vielmehr lediglich nach Maßgabe des § 10d EStG die Gewinne, die der atypisch still Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft bezieht. Für KSt-Subjekte, die unmittelbar oder mittelbar an einer Kapitalgesellschaft atypisch still beteiligt sind, konstituiert § 15 Abs. 4 Satz 6–7 EStG mithin eine quellenbezogene Verlustausgleichsbeschränkung. Verluste des Geschäftsinhabers sind von der Regelung nicht betroffen. Entsprechende Anwendung findet die Verlustausgleichsbeschränkung aber auch auf typische stille Beteiligungen, die KSt-Subjekte unmittelbar oder mittelbar am Betrieb

134 Vom Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG werden grundsätzlich nicht nur Kapitalgesellschaften, sondern alle KSt-Subjekte umfasst, vgl. Grützner, StuB 2009, 132 (133).

808 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.81 § 23

einer Kapitalgesellschaft eingegangen sind, § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG135. Wirkung beider Regelungen ist, dass typische wie atypische stille Gesellschaften nicht mehr als Instrument zum Transport von Verlusten von einer Kapitalgesellschaft auf ein anderes KSt-Subjekt verwendet werden können. Zwar werden die Verluste noch weitergeleitet, sie können aber vom still Beteiligten nicht mehr genutzt werden, indem sie mit Einkünften aus anderen Quellen verrechnet werden. Die Gewinntransferfunktion der stillen Gesellschaft bleibt hingegen unberührt. bb) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG Gegen die Regelung bestehen seit jeher verfassungsrechtliche Bedenken136. In Anbetracht der Rechtsprechung des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit von § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG137 erscheinen diese Bedenken weiterhin von Gewicht. Auch wenn es um § 15 Abs. 4 Satz 6-8 EStG ruhig geworden ist, bedeutet diese Regelung weiterhin einen empfindlichen Eingriff in die Rechtsstellung stiller Gesellschafter. Denn selbst wenn Verluste später mit Gewinnen aus derselben stillen Gesellschaft verrechnet werden können, bedeutet die Verlustausgleichsbeschränkung für den still Beteiligten zumindest Zinsverluste. Rechtlich liegt ein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff in das objektive Nettoprinzip vor. Andere Fälle der Einschränkung des vertikalen Verlustausgleichs konnten nach der Rechtsprechung vom Gesetzgeber allerdings hinreichend gerechtfertigt werden138. Eingeführt hat der Gesetzgeber die Regelung, um eine Umgehung der Abschaffung der Mehrmütterorganschaft139 durch stille Gesellschaften zu vermeiden140. Ob dieses Ziel die Regelung rechtfertigen kann, erscheint aber zweifelhaft. Die Ausgestaltung des Rechtsinstituts der Organschaft mag in weitem Umfang in das Ermessen des Gesetzgebers gestellt sein. Der Verlusttransfer durch Innengesellschaften ist hingegen in der Vertragsfreiheit angelegt und wird vom Zivilrecht in Form des Rechtsinstituts der stillen Gesellschaft ausdrücklich anerkannt. Der Verlusttransfer durch stille Gesellschaften kann mit dem durch Organschaften daher nicht gleichgestellt werden – zumal der Verlusttransfer durch stille Gesellschaften ohnehin

135 H.M. Ratschow in Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 5/2019, § 20 EStG Rz. 245 f., a.A. Urban, Ubg 2018, 199 (208), der § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG nur auf solche KStSubjekte anwenden will, die Einkünfte aus § 20 EStG erzielen können. Freilich widerspricht dies eingestandenermaßen den gesetzgeberischen Zielen und lässt die Vorschrift in der Praxis nahezu bedeutungslos werden. Seinem Sinn nach muss § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG daher vorrangig vor der Subsidiaritätsklausel des § 20 Abs. 8 EStG angewendet werden. 136 Zur Problematik der partiell rückwirkenden Anwendbarkeit der Regelung vgl. 5. Auflage. 137 BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BStBl. II 2017, 1082 = BVerfGE 145, 106 Rz. 118 ff. = GmbHR 2017, 710. 138 Vgl. zur Beschränkung des vertikalen Verlustausgleichs BVerfG v. 30.9.1998 – 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88 Rz. 38 = FR 1998, 1028 m. Anm. Luttermann; BFH v. 18.10.2006 – IX R 28/05, BStBl. II 2007, 259 Rz. 26 ff. = FR 2007, 393. 139 Durch Art. 4 StVergAbG wurde die Regelung der Mehrmütterorganschaft in § 14 Abs. 2 KStG a.F. ersatzlos aufgehoben. 140 BT-Drucks. 15/199, S. 38.

Lamprecht | 809

23.81

§ 23 Rz. 23.81 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

durch § 15a EStG auf tatsächlich getragene Verluste beschränkt wird141. Selbst wenn man die Vermeidung einer Umgehung der Abschaffung der Mehrmütterorganschaft als legitimes gesetzgeberisches Ziel ansieht, wird dieses Ziel durch die Neuregelung zudem kaum folgerichtig und gleichmäßig umgesetzt. Denn weder erfasst die Regelung natürliche Personen als stille Beteiligte noch Gesamthandsgesellschaften, die zwischen einer Kapitalgesellschaft und einem anderen KSt-Subjekt bestehen142. Bereits im Jahre 2004 hatte das FG Baden-Württemberg in einem AdV-Beschluss daher Zweifel an der generellen Verfassungsmäßigkeit der Regelung bekundet143. Im Beschluss vom 20.10.2010, in dem das BMF zum Beitritt zum Verfahren I R 62/08 aufgefordert wurde, hat der BFH diese Zweifel ausführlich dargelegt und nachdrücklich geteilt144. Auch in der Literatur sind die generellen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung nicht abgeklungen145. Allerdings wird auch die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift vertreten146. Eine höchstrichterliche Entscheidung steht nach wie vor aus. In seiner abschließenden Entscheidung zum Verfahren I R 62/08 hatte sich der BFH darauf beschränkt, die oben dargestellte teleologische Reduktion der erstmaligen Anwendbarkeit der Regelungen für verfassungsmäßig geboten zu erachten147.

23.82 Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit bestehen zudem unter dem Gesichtspunkt der Mindestbesteuerung, auf welche die Regelung in § 15 Abs. 4 Satz 7 EStG verweist. Mit Beschluss vom 26.2.2014 hat der BFH dem BVerfG zur Entscheidung die Frage vorgelegt, ob § 10d Abs. 2 EStG verfassungsgemäß ist, sofern er auch dann einen Verlustabzug endgültig ausschließt, wenn Verlust und Gewinn in ihrer Ursache identisch sind148. Sollte das BVerfG die Regelung insoweit für verfassungswidrig erachten, würde dies mittelbar auch für Verluste aus stillen Beteiligungen i.S. von § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG gelten. Es ist daher darauf zu achten, dass Bescheide insoweit offen bleiben. Dies gilt umso mehr, als sich aus der Entscheidung des BVerfG auch Hinweise auf eine weitergehende Verfassungswidrigkeit von § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG ergeben könnten. Die zentrale Erwägung des BFH, dass Gewinn und Verlust, zumindest soweit sie ursachenidentisch sind, grundsätzlich miteinander verrechnet werden können müssen, trägt auch hier.

141 Vgl. Intemann/Nacke, DStR 2004, 1149 (1152); Groh, DB 2004, 668 (672). 142 Vgl. zur Möglichkeit einer Umwandlung Schroer/Starke, GmbHR 2003, 153 (155 f.). 143 FG Baden-Württemberg v. 20.10.2004 – 6 V 32/04, EFG 2005, 140 Rz. 24 ff. Im weiteren Verfahren hatte der BFH die Verfassungswidrigkeit einer wortlautgetreuen Anwendung mit der ebenfalls gegebenen rückwirkenden Anwendung der Regelung begründet und ihre Verfassungsmäßigkeit im Übrigen dahinstehen lassen, vgl. BFH v. 3.2.2005 – I B 208/04, BStBl. II 2005, 351 Rz. 15, 22 = GmbHR 2005, 498. 144 BFH v. 20.10.2010 – I R 62/08, BStBl. II 2011, 272 Rz. 17–24 = GmbHR 2012, 764 = FR 2012, 727. 145 Vgl. etwa Riegler/Riegler, DStR 2014, 1031 (1035). 146 Wacker, DB 2012, 1403 (1407 ff.). 147 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BStBl. II 2012, 745 = GmbHR 2012, 764 = FR 2012, 727. 148 BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 = GmbHR 2014, 1099 = FR 2014, 1033 m. Anm. Hallerbach.

810 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.84 § 23

cc) § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG – Einzelheiten Zur Anwendung von § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG hat das BMF mit Schreiben vom 19.11.2008 Stellung genommen. Verlust i.S. von § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG soll demnach der nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften ermittelte Verlust sein149. Dies umfasst auch den Verlust aus dem Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters. Hierfür lässt sich der Wortlaut von § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG anführen. Er spricht allgemein von „Verlusten aus stillen Gesellschaften“. § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist hingegen enger formuliert und erfasst seinem Wortlaut nach lediglich die Anteile „des stillen Gesellschafters am Verlust des Betriebes“. Diese Formulierung gleicht der in § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG, die Verluste aus Sonderbetriebsausgaben und Sonderbetriebsvermögen nicht erfasst150. Gründe dafür, wieso § 15 Abs. 4 Satz 6 und § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG einen unterschiedlichen Anwendungsbereich haben sollten, sind indes nicht ersichtlich. Nach herrschender Ansicht in der Literatur ist daher eine einheitliche Auslegung geboten, und zwar zugunsten einer restriktiven Auslegung. Die Absicherung der Abschaffung der Mehrmütterorganschaft steht nämlich allenfalls dem Ausgleich von Verlusten entgegen, die sich unmittelbar aus dem Betrieb des Geschäftsinhabers ergeben, nicht aber von Verlusten aus Sonderbetriebsausgaben und Sonderbetriebsvermögen151.

23.83

Eine einschränkende Auslegung nimmt das BMF-Schreiben vom 19.11.2008 insoweit vor, als § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG lediglich den laufenden Verlust aus der Beteiligung erfassen soll, alle anderen Verluste – wie etwa einen Veräußerungsverlust – hingegen nicht152. Dies ist im Wortlaut der Vorschrift freilich nicht angelegt und lässt ihren – ohnehin problematischen – Regelungszweck weitgehend leerlaufen, weil die Vorschrift dann von den Steuerpflichtigen gerade im Wege der Veräußerung der stillen Beteiligung beliebig umgangen werden kann153. Um die Vorschrift nicht leerlaufen zu lassen, nimmt die Literatur daher weithin an, dass zumindest Teilwertabschreibungen auf die Beteiligung von der Verlustverrechnungsbeschränkung erfasst sein müssen154. Aber auch dann bleiben Wertungswidersprüche155: Wird einem typischen stillen Gesellschafter ein Verlustanteil zugewiesen, soll dieser der Verwaltungsmeinung zufolge nicht verrechenbar sein. Veräußert der stille Gesellschafter seine stille Beteiligung an den Geschäftsinhaber mit Verlust, kurz bevor ihm der Verlustanteil zuzuweisen gewesen wäre, soll hingegen ein verrechenbarer Veräußerungsverlust vorliegen. Das ist kaum nachvollziehbar und zeugt davon, dass die Regelung auch mit der

23.84

149 BMF v. 19.11.2008 – IV C 6 - S 2119/07/10001, BStBl. I 2008, 970 Rz. 2. 150 Vgl. Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rz. 70 f. Das Schreiben des BMF v. 19.11.2008 – IV C 6 - S 2119/07/10001, DB 2008, 2679, nimmt zu dieser Frage nicht ausdrücklich Stellung, sondern spricht in Rz. 3 nur vom laufenden Verlust aus der Beteiligung, womit insbesondere Veräußerungsverluste ausgeschlossen sind. 151 So auch Kessler/Reitsam, StuB 2004, 97 (99); Intemann, NWB 2004, 13077 (13079). 152 BMF v. 19.11.2008 – IV C 6 - S 2119/07/10001, BStBl. I 2008, 970 Rz. 3; Kauffmann/Seppelt in Frotscher/Geurts, Stand: 2/2015, § 15 EStG Rz. 553. 153 BFH v. 20.10.2010 – I R 62/08, BStBl. II 2011, 272 Rz. 15 (dort auch zu weiteren etwaigen Auslegungsmöglichkeiten) = GmbHR 2012, 764 = FR 2012, 727. 154 Kauffmann/Seppelt in Frotscher/Geurts, Stand: 2/2015, § 15 EStG Rz. 553. 155 Vgl. Neu in FS Spiegelberger, S. 854 (857).

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§ 23 Rz. 23.84 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

einschränkenden Auslegung, welche die Verwaltung vornimmt, nicht an Überzeugungskraft gewinnt.

23.85 Gegenüber § 15a EStG ist § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG die nachrangig anzuwendende Regelung. Soweit ein Verlust bereits nach § 15a EStG lediglich verrechenbar ist, findet § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG mithin keine Anwendung. Dementsprechend sind spätere Gewinne vorrangig mit den nach § 15a EStG verrechenbaren Verlusten und erst danach mit nach § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG verrechenbaren Verlusten auszugleichen. Ebenso ist ein Verlustrücktrag erst nach Anwendung des § 15a EStG im Rücktragsjahr durchzuführen156. 23.86 Die Verlustverrechnungsbeschränkung findet für jede einzelne stille Gesellschaft und jeweils auf Ebene des stillen Gesellschafters statt157. Die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus der stillen Gesellschaft bleibt von der Verlustverrechnungsbeschränkung unberührt. Die für die Anwendung der Regelung erforderlichen Besteuerungsgrundlagen werden dem für den stillen Gesellschafter zuständigen Finanzamt lediglich formlos mitgeteilt. Erst dieses stellt gemäß § 15 Abs. 4 Satz 7 i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG unter Berücksichtigung eines eventuellen Verlustrücktrags den verbleibenden Verlustvortrag gesondert fest, § 15 Abs. 4 Satz 7 EStG.

III. Typische stille Gesellschaften unter der Beteiligung von KSt-Subjekten – Die GmbH & typisch Still 1. Allgemeines

23.87 Typische stille Gesellschaften stellen steuerlich sowohl auf Seiten des Geschäftsinhabers als auch auf Seiten des stillen Gesellschafters qualifizierte Kreditverhältnisse dar158; die Beteiligung von KSt-Subjekten ändert hieran grundsätzlich nichts. Eine Mitunternehmerschaft wird nicht begründet. Weitere Rechtsverhältnisse neben der stillen Beteiligung wie Kredit-, Miet-, Arbeits- oder Anstellungsverträge (auch als GmbH-Geschäftsführer) sowie eine neben der stillen Beteiligung bestehende unmittelbare Beteiligung am Geschäft in Form eines Kapitalgesellschaftsanteils sind steuerlich daher grundsätzlich gesondert zu würdigen. 2. Die Besteuerung des Geschäftsinhabers a) Aufnahme eines typischen stillen Gesellschafters

23.88 Für das KSt-Subjekt als Geschäftsinhaber handelt es sich bei der Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft um eine Bilanzverlängerung. Die Einlage des stillen Ge156 Vgl. BMF v. 19.11.2008, BStBl. I 2008, 970 Rz. 7–9; Neu in FS Spiegelberger, S. 854 (858). 157 BMF v. 19.11.2008 – IV C 6 - S 2119/07/10001, BStBl. I 2008, 970 Rz. 11 f. A.A. Grützner, StuB 2009, 132 (135), der die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags als Teil der einheitlichen und gesonderten Feststellung ansieht. 158 BFH v. 14.11.2012 – I R 19/12, BFH/NV 2013, 1389 Rz. 22.

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Körperschaftsteuer | Rz. 23.91 § 23

sellschafters ist – soweit sie aktivierungsfähig ist – zu aktivieren und die ihm gewährte stille Beteiligung grundsätzlich als „sonstige Verbindlichkeit“ i.S. von § 266 Abs. 3 C. 8 HGB159 zu passivieren. Ein Agio oder ein Disagio sind entsprechend den Maßstäben für Darlehen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 EStG abzugrenzen160. Die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft als Geschäftsinhaber wirkt sich nicht gemäß § 8c KStG auf den Verlustvortrag des KSt-Subjekts oder nachgeordneter Beteiligungen aus. Als qualifiziertes Kreditverhältnis handelt es sich bei einer typischen stillen Gesellschaft nicht um einen „vergleichbaren Sachverhalt“ i.S. des auf einen Rechtsträgerwechsel ausgerichteten § 8c Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 2 KStG161. Dies gilt auch für die Verlustvorträge nachgeordneter Tochtergesellschaften. Ebenso unproblematisch stellt sich grundsätzlich die Aufnahme eines typischen stillen Gesellschafters unter dem Gesichtspunkt des fortführungsgebundenen Verlustvortrags gemäß § 8d KStG dar. Da es sich lediglich um die Aufnahme von Kapital handelt, liegt hierin kein schädliches Ereignis i.S.v. § 8d Abs. 2 Satz 2 KStG.

23.89

b) Laufende Besteuerung bei Beteiligung eines typischen stillen Gesellschafters Beim Geschäftsinhaber ist der Gewinn des stillen Gesellschafters – vorbehaltlich § 4h EStG (vgl. Rz. 22.57 ff.) – eine abzugsfähige Betriebsausgabe. Diese ist mit anderen Einkünften verrechenbar. Die Beschränkung der Verlustverrechnung in § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG gilt unmittelbar nur für atypische stille Gesellschaften; die Verweisung auf sie in § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für typische stille Gesellschaften betrifft nur den Verlust, den ein stiller Gesellschafter erleidet. Kapitalertragsteuer ist von Seiten des Geschäftsinhabers auf den Gewinnanteil zu entrichten, sobald dieser dem stillen Gesellschafter zufließt, § 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG (vgl. Rz. 22.170, 22.193 ff.).

23.90

Die Abzugsfähigkeit des Gewinns des typischen stillen Gesellschafters ist von Anzinger für den Fall in Frage gestellt worden, dass ihm ein Recht auf Beteiligung nicht nur am Gewinn, sondern auch am Liquidationserlös eines KSt-Subjekts zusteht162. Für entsprechend ausgestaltete Genussrechte normiert § 8 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. KStG ein Abzugsverbot; auf Ebene der Genussrechtsinhaber werden Erträge aus so ausgestalteten Genussrechten wie Erträge aus Anteilen an dem KSt-Subjekt besteuert. Gleiches erscheint Anzinger geboten, wenn typische stille Beteiligungen vergleichbar ausgestaltet sind. Hierfür besteht rechtlich ein gewisser Spielraum – vielfach werden so ausgestaltete stille Beteiligungen allerdings ohnehin als atypische stille Be-

23.91

159 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BStBl. II 2012, 745 Rz. 13 = GmbHR 2012, 764 = FR 2012, 727. 160 BFH v. 14.11.2012 – I R 19/12, BFH/NV 2013, 1389 Rz. 22. Eine genauere Kennzeichnung der Verbindlichkeit gemäß § 266 Abs. 3 C.6. oder Abs. 3 C.7. HGB bzw. gemäß § 42 Abs. 3 GmbHG bleibt vorbehalten, vgl. Brinkmann, StBp 2011, 241 (244). 161 Vgl. bereits für die atypische stille Gesellschaft Rz. 23.61 ff. Generell für alle Formen stiller Gesellschaften Olbing in Streck, § 8c KStG Rz. 11; a.A. Brinkmann, StBp 2011, 241 (246). 162 Anzinger, RdF 2018, 64 (71).

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§ 23 Rz. 23.91 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

teiligungen einzuordnen sein, so dass sich die Frage einer entsprechenden Anwendung von § 8 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. KStG gar nicht stellt. Aber auch soweit solche stille Beteiligungen ausnahmsweise als typische stille Beteiligungen einzuordnen sind, kann dieser Ansicht de lege lata nicht gefolgt werden. Für eine Gleichstellung fehlt es an einer rechtlichen Grundlage, da die Behandlung von Genussscheinen und stillen Beteiligungen vom Gesetzgeber im Gesetz bewusst niedergelegt worden ist163.

23.92 Etwaige Verlustanteile des stillen Gesellschafters sind seiner stillen Beteiligung zunächst abzubuchen; für den Geschäftsinhaber sind sie Ertrag. Gleiches gilt, soweit der stille Gesellschafter im Innenverhältnis gegenüber dem Geschäftsinhaber über seine Einlage hinaus für Verluste haftet, d.h. diese ggf. aus seinem Vermögen auszugleichen hat. Zur Rechtslage, wenn der stille Gesellschafter für über seine Einlage hinausgehende Verluste zwar nicht haftet, solche Verluste aber wieder aufgeholt sein müssen, bevor er wieder am Gewinn partizipiert, vgl. Rz. 22.70 ff. 3. Die Besteuerung des stillen Gesellschafters a) Übernahme der typischen stillen Beteiligung

23.93 Der Erwerb der stillen Beteiligung ist für den stillen Gesellschafter ein Anschaffungsvorgang. Erworben wird eine qualifizierte Kreditforderung. In der Handelsbilanz ist die stille Beteiligung daher als forderungsähnliche „sonstige Ausleihung“ i.S. von § 266 Abs. 2 A.III.6 HGB auszuweisen; eine „Beteiligung“ i.S. von § 266 Abs. 2 A.III.2 HGB liegt nicht vor164. Die Anschaffungskosten liegen in der hingegebenen Einlage des stillen Gesellschafters, bei einer Geldeinlage also i.H. deren Nennwertes. Gibt der stille Gesellschafter andere Wirtschaftsgüter als Einlage hin, liegen die Anschaffungskosten der stillen Beteiligung in dem gemeinen Wert der hingegebenen Wirtschaftsgüter, § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG. Die Hingabe ist dann ein Veräußerungsvorgang mit entsprechenden Veräußerungserlösen. Ist der stille Gesellschafter ein Anteilseigner des Geschäftsinhabers oder eine diesem nahestehende Person, kann die Übernahme einer stillen Beteiligung zu fremdunüblichen Konditionen den Tatbestand einer verdeckten Einlage in das Vermögen des Geschäftsinhabers erfüllen (vgl. Rz. 23.29). 23.94 Für einen Verlustvortrag gemäß § 8c KStG ist das Eingehen einer typischen stillen Beteiligung als stiller Gesellschafter unschädlich. Gleiches gilt für den fortführungsgebundenen Verlustvortrag gemäß § 8d KStG, solange hierdurch nicht im Sinne von § 8d Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 KStG ein zusätzlicher Geschäftsbetrieb aufgenommen wird. Hiervon kann nicht ausgegangen werden, solange die eingegangene stille Beteiligung den bisherigen Geschäftsbetrieb i.S.v. § 8d Abs. 1 Satz 3 KStG fördert und ergänzt. Schädlich ist es hingegen, wenn die eingegangene stille Beteiligung eine neue, zusätzliche vermögensverwaltende Betätigung der Körperschaft darstellt165. Der Auf163 Eingehend Feyerabend, RdF 2019, 49 (51 ff.); Droscha/Holle, FR 2019, 6 (8); vgl. auch Diffring, FR 2018, 211. 164 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BStBl. II 2012, 745 Rz. 13 = GmbHR 2012, 764 = FR 2012, 727. 165 Leibner/Dötsch in Dötsch, Stand: 11/2017, § 8d KStG Rz. 72.

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Körperschaftsteuer | Rz. 23.96 § 23

fassung, dass eine vermögensverwaltende Tätigkeit generell keine weitere Geschäftstätigkeit i.S.v. § 8d Abs. 2 Satz 2 KStG darstellen könne166, kann nicht gefolgt werden. Eine Verrechnung von Verlusten mit lediglich „aufgepfropften“ Einkünften aus vermögensverwaltender Tätigkeit soll im Rahmen von § 8d KStG gerade nicht möglich sein167. b) Laufende Besteuerung der stillen Beteiligung Gewinne und Verluste aus typischen stillen Beteiligungen stellen grundsätzlich Einkünfte aus Kapitalvermögen dar, § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Hält der stille Gesellschafter die typische stille Beteiligung in seinem Betriebsvermögen, bezieht er aus ihr Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Inländische Kapitalgesellschaften beziehen wegen § 8 Abs. 2 KStG auch aus typischen stillen Gesellschaften stets Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Hält der stille Gesellschafter seine stille Beteiligung im Betriebsvermögen, hat er Gewinne und Verluste aus der stillen Beteiligung phasengleich wie der Geschäftsinhaber zu bilanzieren. Es gilt insoweit nichts anderes als für andere Ausschüttungsansprüche168.

23.95

c) Stille Beteiligungen und § 17 EStG Vor Inkrafttreten des MoMiG galten die Regeln, welche die Rechtsprechung für eigenkapitalersetzende Darlehen im Zusammenhang mit § 17 EStG entwickelt hatte, sinngemäß auch für typische stille Beteiligungen169. Anteilseigner, die an einer Kapitalgesellschaft i.S.v. § 17 EStG wesentlich beteiligt waren, konnten demnach Wertverluste von Darlehen, welche sie der Kapitalgesellschaft gegeben hatten, als nachträgliche Anschaffungskosten auf ihre Beteiligung verbuchen, wenn diese Darlehen nach der Rechtsprechung als eigenkapitalersetzend anzusehen waren. Dies war dann der Fall, wenn die Darlehen der Kapitalgesellschaft erst in der Krise gewährt worden waren, wenn die Anteilseigner die Darlehen in der Krise stehen gelassen hatten, wenn die Darlehen von vornherein mit der Maßgabe gewährt worden waren, in der Krise nicht abgezogen zu werden, sowie wenn es sich um sog. Finanzplandarlehen gehandelt hatte. Für die Anteilseigner hatte dies den Vorteil, dass sie die Wertminderung auch dann steuermindernd geltend machen konnten, wenn sie die Darlehen aus ihrem Privatvermögen gewährt hatten170. Durch das MoMiG ist im Gesellschaftsrecht der Begriff des 166 So Schüppen, JbFfStR 2017/18, 182 (188) (in dessen konkretem Beispiel die typische stille Beteiligung den bisherigen Geschäftsbetrieb allerdings fördert und ergänzt und deswegen unschädlich ist). 167 BR-Drucks. 544/16, S. 8. 168 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BStBl. II 2012, 745 Rz. 14 = GmbHR 2012, 764 = FR 2012, 727. Vgl. bereits BFH v. 19.2.1991 – VIII R 106/87, BStBl. II 1991, 569 Rz. 22 ff. = FR 1991, 392 = GmbHR 1991, 385 für den Fall der Beherrschung der Kapitalgesellschaft durch den stillen Gesellschafter. Vgl. ferner Neu in FS Spiegelberger, S. 854 (856) zum Diskussionsstand zuvor. 169 Frotscher in Frotscher/Geurts, Stand: 4/2013, § 17 EStG Rz. 235. Für atypische stille Beteiligungen stellt sich hingegen nicht die Frage nach einer Anwendbarkeit von § 17 EStG, da diese Mitunternehmerschaften sind, vgl. Crezelius, FS Schaumburg, S. 239 (244). 170 Vgl. im Einzelnen: BMF v. 8.6.1999 – IV C 6 - S 2244/08/10001, BStBl. I 1999, 545.

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23.96

§ 23 Rz. 23.96 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

eigenkapitalersetzenden Darlehens seit dem Jahre 2008 allerdings entfallen. Die bisherige Rechtsprechung hat damit ihre rechtliche Grundlage verloren, wie der BFH in einem am 29.9.2017 veröffentlichten Urteil erkannt hat171. Für Altsachverhalte, die bis zu diesem Datum verwirklicht worden sind, sind die bisherigen Regeln aus Gründen des Vertrauensschutzes weiter anzuwenden172.

23.97 Für Sachhalte, die nicht unter diese Vertrauensschutzregel fallen, ist der Begriff der Anschaffungskosten grundsätzlich wie in § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB auszulegen. Als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung können nach neuerer Rechtsprechung daher grundsätzlich lediglich solche Aufwendungen von Anteilseignern angesehen werden, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen oder verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen173. Hierzu gehört auch der Verzicht eines Anteilseigners auf eine Forderung gegen die Kapitalgesellschaft, da sie in der Höhe, in der die Forderung (noch) werthaltig ist, zu einer Einlage in die Gesellschaft führt. Dies gilt gleichermaßen für den Verzicht eines Anteilseigners auf eine typische stille Beteiligung, die an der Kapitalgesellschaft besteht. Gleich steht dem zudem die Hingabe oder die Umgestaltung der Forderung eines Anteilseigners derart, dass sie in der Steuerbilanz der Kapitalgesellschaft nicht mehr als Verbindlichkeit zu passivieren ist, da in diesem Fall ebenfalls eine Einlage in die Kapitalgesellschaft erfolgt174. Ein entsprechender Rangrücktritt erhöht daher auch bei einer typischen stillen Beteiligung in Höhe ihres Teilwerts nachträglich die Anschaffungskosten der Beteiligung des Anteilseigners i.S.v. § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG (vgl. hierzu Rz. 23.42 ff.). 23.98 Der Ausfall des Anteilseigners einer Kapitalgesellschaft mit einer an dieser bestehenden typischen stillen Beteiligung kann nach der neuen Rechtsprechung hingegen nicht mehr im Rahmen von § 17 EStG gewinnmindernd berücksichtigt werden. Es liegen insoweit vielmehr grundsätzlich Werbungskosten im Rahmen von § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG vor. Inwieweit diese steuerlich zu berücksichtigen sind, bestimmt sich gemäß § 20 Abs. 8, Abs. 9 Satz 1 2. Halbsatz EStG sowie gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG. d) Nichtabzugsfähigkeit von Gewinnminderungen aus stillen Beteiligungen gemäß § 8b Abs. 3 KStG und § 3c Abs. 2 Satz 2–5 EStG

23.99 Einschränkungen unterliegt die Abzugsfähigkeit von Verlusten aus typischen stillen Beteiligungen unter Umständen, wenn der stille Gesellschafter an der Körperschaft, an der die stille Beteiligung besteht, unmittelbar oder mittelbar als Anteilseigner beteiligt ist und die stille Beteiligung unter nicht fremdüblichen Bedingungen der Körperschaft gewährt worden ist. Eigenkapitalersetzend gewährte stille Beteiligungen werden insoweit Eigenkapitalfinanzierungen gleichgestellt. Gemäß § 3c Abs. 2 Satz 2 171 BFH v. 11.7.2017 – IX R 36/15, BFHE 258, 427, Rz. 32 ff. = GmbHR 2017, 1214; vgl. zum Veröffentlichungsdatum die Internetseite des Bundesfinanzhofs. Vgl. auch BFH v. 20.7.2018 – IX R 5/15, BFHE 262, 135 Rz. 19 = GmbHR 2019, 133. 172 BFH v. 11.7.2017 – IX R 36/15, BFHE 258, 427 Rz. 40 ff. = GmbHR 2017, 1214. 173 BFH v. 11.7.2017 – IX R 36/15, BFHE 258, 427 Rz. 37 = GmbHR 2017, 1214. 174 BFH v. 11.7.2017 – IX R 36/15, BFHE 258, 427 Rz. 38 = GmbHR 2017, 1214.

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Körperschaftsteuer | Rz. 23.101 § 23

EStG bzw. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG gilt seit jeher, dass im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens Erwerbsaufwendungen, die im Zusammenhang mit Beteiligungen an Kapitalgesellschaften stehen, grundsätzlich ebenso teilweise steuerfrei – und damit nicht abzugsfähig – gestellt werden wie Gewinne aus solchen Beteiligungen. aa) Die Nichtabzugsfähigkeit von Gewinnminderungen gemäß § 8b Abs. 3 Satz 4–7 KStG § 8b Abs. 3 Satz 4–7 KStG erweitert dieses für Körperschaften im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens seit jeher geltende Korrespondenzprinzip unter gewissen Bedingungen auch auf eigenkapitalersetzend gewährte Darlehen sowie auf sonstige Forderungen, die einem Darlehen wirtschaftlich vergleichbar sind175. Hierzu zählen insbesondere auch Forderungen aus typischen stillen Beteiligungen176, da es sich bei ihnen steuerlich gesehen ebenfalls lediglich um qualifizierte Kreditverhältnisse handelt. Beschränkt wird die Abzugsfähigkeit von Verlusten, wenn der stille Gesellschafter (bzw. der Darlehensgeber) am Nennkapital der Körperschaft, der er das Kapital gewährt hat, unmittelbar oder mittelbar zu mehr als einem Viertel beteiligt ist oder war und er nicht nachweisen kann, dass auch ein fremder Dritter das Kapital bei sonst gleichen Umständen gewährt hätte. Die Gewährung von stillen Beteiligungen durch nahestehende Personen, die Stellung von Sicherheiten und Rückgriffskonstellationen werden von der Regelung ausdrücklich mit erfasst, § 8b Abs. 3 Satz 5 KStG177. Korrespondierend bleiben spätere Wertaufholungen der stillen Beteiligung steuerfrei, § 8b Abs. 3 Satz 8 KStG.

23.100

Nach hier vertretener Auffassung ist das Verbot der Abzugsfähigkeit von Gewinnminderungen i.S.v. § 8b Abs. 3 Satz 4–7 KStG vorrangig vor § 15a, § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und auch vorrangig vor der Verrechnungsbeschränkung für Verluste gemäß § 15 Abs. 4 Satz 6, § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG anzuwenden. Denn § 8b Abs. 3 Satz 4–7 KStG verhindert bereits, dass steuerlich ein Verlust entsteht, während sowohl § 15a EStG als auch § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG nur auf prinzipiell abzugsfähige Verluste anwendbar sind178. Die Literatur ist zu dieser Frage – soweit sie überhaupt erörtert wird – unentschieden179. Jedenfalls hat die Vorschrift neben den beiden anderen Vorschriften ihren eigenen Anwendungsbereich, soweit ihr Tatbestand weiter als deren ist. So umfasst sie etwa auch die Gewährung von Sicherheiten für typische stille Betei-

23.101

175 Eingefügt durch Jahressteuergesetz 2008, BGBl. I 2008, 3150. Unmittelbar ist § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG nicht auf eigenkapitalersetzend gewährte Darlehen und stille Beteiligungen anwendbar, vgl. BFH v. 14.1.2009 – I R 52/08, BStBl. II 2009, 674 = FR 2009, 818 = GmbHR 2009, 490 m. Anm. Hoffmann. Die frühere entgegenstehende Verwaltungsmeinung ist obsolet. Vgl. zum früheren Diskussionsstand Rödder/Stangl, DStR 2005, 354. 176 Frotscher in Frotscher/Maas, Stand: 7/2015, § 8b KStG Rz. 437; Neu in FS Spiegelberger, S. 854 (857). 177 Neu in FS Spiegelberger, S. 854 (858) erwägt die Anwendung der Vorschrift auch für den Fall des Erwerbs einer stillen Beteiligung zu einem Preis unter ihrem Nennwert. 178 Vgl. BMF v. 19.11.2008 – IV C 6 - S 2119/07/10001, 970, BStBl. I 2008, 970 Rz. 2 (zu § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG). 179 Vgl. Neu in FS Spiegelberger, S. 854 (857 Fn. 27).

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§ 23 Rz. 23.101 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

ligungen, welche von den anderen beiden Vorschriften nicht erfasst wird. Nach Verwaltungsmeinung soll § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG zudem nur auf die Verrechnung laufender Verluste anwendbar sein (vgl. Rz. 23.83). bb) Die Nichtabzugsfähigkeit von Gewinnminderungen gemäß § 3c Abs. 2 Satz 2–4 EStG

23.102 Für Darlehen und stille Beteiligungen, die natürliche Personen als Anteilseigner ihren Körperschaften gewähren, gilt eine parallele Regelung in § 3c Abs. 2 Satz 2–4 EStG für Betriebsvermögensminderungen bzw. Betriebsausgaben180. Rechtsfolge ist hier systemimmanent, dass der Verlustabzug auf lediglich 60 % des erlittenen Verlustes beschränkt wird. Wie für § 8b Abs. 3 Satz 4–7 KStG ist auch hier davon auszugehen, dass die Vorschrift vorrangig vor § 15a EStG und vorrangig vor § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG anzuwenden ist. 23.103 Für die Steuergestaltung schaffen die gesetzlichen Regelungen Planungssicherheit: Unterhalb einer Beteiligungsschwelle von 25 % am Nennkapital der Körperschaft können Anteilseigner Verluste aus stillen Beteiligungen, die sie ihrer Körperschaft gewährt haben, unter dem Gesichtspunkt des Teileinkünfteverfahrens grundsätzlich steuerlich voll abziehen. Allerdings sind stets die zusätzlichen Beschränkungen für die Abzugsfähigkeit von Verlusten aus stillen Beteiligungen zu beachten. e) Einschränkung des Verlustausgleichs gemäß § 15 Abs. 4 Satz 6–8, § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG

23.104 Entfallen Verluste aus einer typischen stillen Gesellschaft, die an einer Kapitalgesellschaft besteht, unmittelbar oder mittelbar auf ein KSt-Subjekt, finden gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG die Regeln des § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG entsprechende Anwendung. Es greift mithin dieselbe quellenbezogene Verlustverrechnungsbeschränkung, wie wenn zwischen den Beteiligten eine atypische stille Gesellschaft bestände. Auf die obigen Ausführungen kann daher verwiesen werden, vgl. Rz. 23.79.

IV. Zusammenfassung 23.105 Die Aufnahme stiller Gesellschafter schafft für KSt-Subjekte die Möglichkeit, auf alternative Weise zum Teileinkünfte- bzw. Abgeltungsverfahren Gewinne und Verluste auf die Ebene ihrer Kapitalgeber zu transferieren. Hieraus lassen sich Steuersatzvorteile generieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Einkünfte aus einer typischen stillen Beteiligung beim Empfänger lediglich dem Abgeltungsteuersatz unterliegen. Anders als eine bloße Kreditgewährung transferieren stille Beteiligungen innerhalb der Grenzen des § 15a EStG zudem nicht nur die Gewinne, sondern auch die Verluste auf die Ebene der Kapitalgeber. Stille Beteiligungen sind insoweit in gewissem Umfang 180 Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (AOZKAnpG) v. 22.12.2014, BGBl. I 2014, 2417.

818 | Lamprecht

Körperschaftsteuer | Rz. 23.105 § 23

eine Alternative zur Bildung einer Organschaft. Inwieweit insbesondere atypische stille Beteiligungen am Organträger oder an der Organgesellschaft der gleichzeitigen steuerlichen Anerkennung der Organschaft entgegenstehen, ist umstritten. Gegenüber einer direkten Beteiligung an dem KSt-Subjekt haben stille Beteiligungen den Vorteil, dass sie nicht gemäß § 8c KStG zu einer Kürzung des Verlustvortrags auf Ebene des KSt-Subjekts führen. Die Einkünfteermittlung von KSt-Subjekten als Geschäftsinhaber oder als stiller Gesellschafter folgt wegen des Generalverweises in § 8 Abs. 1 KStG grundsätzlich den Bestimmungen des EStG. Besonderheiten bestehen u.a. hinsichtlich der Frage, ob eine stille Gesellschaft vorliegt und ob sie als typische oder als atypische stille Gesellschaft einzuordnen ist. Beteiligt sich ein KSt-Subjekt an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar still, ordnen zudem die § 15 Abs. 4 Satz 6–8, § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG eine quellenbezogene Verlustausgleichsbeschränkung an, welche den Verlusttransfer in dieser Konstellation leerlaufen lässt. Aufgrund des Trennungsprinzips können sich auch die Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft an dieser nochmals still beteiligen. Zur Vermeidung verdeckter Gewinnausschüttungen und verdeckter Einlagen ist sorgfältig darauf zu achten, dass solche Beteiligungen sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht einem Fremdvergleich standhalten.

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§ 24 Gewerbesteuer Schrifttum: Apitz, Wilfried, Anmerkung zum Urteil des BFH vom 24.4.2014, IV R 34/10, StBW 2014, 579; Aweh, Lothar, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 22.9.2011, IV R 3/10, EStB 2012, 15; Bäuml, Swen, Personengesellschaften als Organträger in der Gestaltungs- und Unternehmenspraxis, FR 2013, 1121; Bauschatz, Peter, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 23.4.2009, IV R 73/06, DStZ 2009, 582; Behrens, Stefan, Gewerbeverlust bei Wechsel von unmittelbarer zu mittelbarer Beteiligung bei einer atypisch stillen Gesellschaft, BB 2009, 1169; Behrens, Stefan, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 8.12.2016, IV R 8/14, BB 2017, 993; Brandenberg, Herrmann, Die atypisch stille Gesellschaft – eine vollwertige Mitunternehmerschaft, in FS Crezelius, 2018, S. 275; Döllerer, Georg, Die atypische stille Gesellschaft – gelöste und ungelöste Probleme, DStR 1985, 295; Görden, Ludwig, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 13.10.2016, IV R 20/14, GmbH-StB 2017, 140; Görgen, Andreas/Rüschoff, Jochen, Die Verlustnutzung im Rahmen der atypisch stillen Beteiligung – eine Analyse der Rechtslage zu § 15 a EStG, § 10 a GewStG sowie § 8 c KStG mit Beispielen, Ubg 2017, 453; Häuselmann, Holger, Hybride Finanzinstrumente, 2019; Heinz, Hans-Walter, Die GmbH und die atypische stille Gesellschaft, in Steuerrecht Gesellschaftsrecht Berufsrecht 1995 – Festschrift 15 Jahre Fachrichtung Steuern und Prüfungswesen der Berufsakademie Villingen-Schwenningen, S. 54 ff.; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Die steuerliche atypische stille Beteiligung an der GmbH, GmbHR 1994, 147; Horn, Wilhelm/ Maertins, Jan, Mitunternehmerische Betätigung und Beteiligung bei der GmbH & atypisch Still, GmbHR 1995, 816; Kanzler, H.-J., Anmerkung zum Urteil des BFH v. 23.4.2009, FR 2009, 1135; Kauffeld, Hans-Georg, Die partielle Unternehmensbeteiligung, 2008; Kempermann, Michael, Anmerkung zu BFH vom 21.9.2001, IV R 50/99, DStR 2001, 119; Krass, Eva-Maria, Die mitunternehmerische Innengesellschaft in der Gewerbesteuer, Berlin 2015 (Diss. Bonn 2015); Kuck, Tobias, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, 2009; Levedag, Christian, Gewerbesteuerrechtliche Folgen der atypisch stillen Beteiligung am Handelsgewerbe einer Personengesellschaft, GmbHR 2017, R72; Lieber, Bettina/Stifter, Jörg, Die atypisch stille Gesellschaft als Alternative zur Ausgliederung, FR 2003, 831; Lindwurm, Christof, Gewinnverteilung und Gewinnfeststellung bei der Kumulation von stillen Gesellschaften – Ein Vergleich mit mehrgliedrigen stillen Gesellschaften unter Berücksichtigung von bewertungsund gewerbesteuerrechtlichen Konsequenzen, DStR 2000, 53; Neu, Norbert, Die typisch stille Gesellschaft nach der Unternehmensteuerreform 2008, in Festschrift für Sebastian Spiegelberger – Vertragsgestaltung im Zivil- und Steuerrecht, 2009, S. 854; Nöcker, Gregor, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 24.4.2014, FR 2014, 866; Oenings, Christoph, Gewerbesteuerliche Verlustverrechnung – Unternehmeridentität i.S. des § 10a GewStG bei atypisch stiller Gesellschaft, DStR 2008, 279; Paus, Bernhard, Die atypisch stille Beteiligung an einer bestehenden Personengesellschaft, EStB 2017, 284; Pyszka, Tillmann, Atypisch stille Beteiligung an einzelnen Unternehmenssegmenten, DStR 2003, 857; Ros, Bernhard, Die Veranlagung der GmbH & atypisch Still im Spiegel der Rechtsprechung des BFH, DStR 2001, 1592; Schießl, Harald, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 8.12.2016, IV R 8/14, jurisPR-SteuerR 13/2017 Anm. 4; Schimmele, Jürgen, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 24.4.2014, IV R 34/10, EStB 2014, 287; Schulze zur Wiesche, Dieter, Innengesellschaften an einzelnen Geschäftszweigen eines Unternehmens als selbständige Mitunternehmerschaft, DStZ 2009, 873; Schulze zur Wiesche, Dieter, Gestaltungen innerhalb von Mitunternehmerschaften – Begründung doppelstöckiger Mitunternehmerschaften durch atypisch stille Beteiligungen, DStZ 2014, 719; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die Mitunternehmerschaft – Voraussetzungen und Umfang, DB 2015, 1487; Schwetlik, Harald, Anm. zum Urteil des BFH v. 7.4.2009, IV B 109/08, EStB 2009, 224; Steinacker, Jörg, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, Diss. Erlangen/Nürnberg, 1992, 1993; Sterzenbach,

820 | Lamprecht

Gewerbesteuer | Rz. 24.2 § 24 Karl Heinz, GmbH & Still: Vorzüge einer beliebten Rechtsform und ihre steuerlichen Besonderheiten, DStR 2000, 1669; Suchanek, Markus, Die Gleichstellung der atypisch stillen Gesellschaft mit den übrigen ertragsteuerlichen Mitunternehmerschaften, GmbHR 2017, 292; Suchanek, Markus/Trinkhaus, Matthias, Gewerbesteuerlicher Verlustuntergang innerhalb doppelstöckiger Personengesellschaften – Neue Erkenntnisse aus dem BFH-Urteil vom 24.4.2014, Ubg 2014, 495; Wälzholz, Eckhard, Die GmbH & Still nach der Unternehmenssteuerreform 2008, GmbH-StB 2008, 11; Weiss, Martin, Neuere Rechtsprechung zur Besteuerung der doppelstöckigen Personengesellschaften – Chancen und Fußangeln, GmbH-StB 2017, 358; Wendt, Michael, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 30.8.2007, FR 2008, 383; Wendt, Michael, Anmerkung zum Urteil, des BFH vom 7.4.2009, FR 2009, 1002; Wilke, Timo, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 23.4.2014, IV R 73/06, BB 2014, 2404; Wischmann, Rolf, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 23.4.2009, IV R 73/06, EStB 2009, 259.

I. Allgemeines 1. Typische und atypische stille Gesellschaften bei der Gewerbesteuer Die Gewerbesteuer schließt an die Einkommensteuer an. Steuergegenstand ist jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG. Unter Gewerbebetrieb ist hierbei ein gewerbliches Unternehmen i.S. des Einkommensteuergesetzes zu verstehen, § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG. Ebenso wie für die Einkommensteuer gilt daher auch für die Gewerbesteuer ein tätigkeitsbezogener Begriff des Gewerbebetriebs1. Bei einer Personengesellschaft sind gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG die Gesellschafter die (Mit-)Unternehmer des Betriebes und Träger des Unternehmens2. Demnach sind auch die Gesellschafter selbst – und nicht die Personengesellschaft – als Mitunternehmer sachlich gewerbesteuerpflichtig3.

24.1

Wie bei der Einkommensteuer sind auch bei der Gewerbesteuer typische und atypische stille Gesellschaften zu unterscheiden. Typische stille Beteiligungen werden auch im Rahmen der Gewerbesteuer lediglich wie qualifizierte Kreditverhältnisse behandelt, die der Geschäftsinhaber in seinem eigenen Gewerbebetrieb eingeht4. Ist die stille Beteiligung atypisch ausgestaltet, erlangt der stille Gesellschafter hingegen die Stellung eines Mitunternehmers mit der Folge, dass ihm die Handlungen des Geschäftsinhabers steuerlich zugerechnet werden5 und er aufgrund der Tätigkeit des Geschäftsinhabers selbst sachlich gewerbesteuerpflichtig wird6. Mithin begründen atypi-

24.2

1 BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 Rz. 26 = GmbHR 2013, 375 = FR 2013, 623. 2 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 Rz. 59 ff. 3 BFH v. 3.2.2010 – IV R 26/07, BFHE 228, 365 Rz. 37 = BStBl. II 2010, 751 = FR 2010, 628; BFH v. 25.7.1995 – VIII R 54/93, BStBl. II 1995, 794 Rz. 22. 4 Vgl. zur wirtschaftlichen Funktion und zum bilanziellen Ausweis der typischen stillen Beteiligung als „qualifizierter Kredit“: BFH v. 14.11.2012 – I R 19/12, BFH/NV 2013, 1389 Rz. 12; BFH v. 6.3.2003 – XI R 24/02, BStBl. II 2003, 656 Rz. 14 = FR 2003, 723. 5 Vgl. BFH v. 1.9.2011 – II R 67/09, BFHE 239, 137 Rz. 61 = BStBl. II 2013, 210; BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, BStBl. II 1995, 171 Rz. 19. 6 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 Rz. 24 = FR 2009, 1135; BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355 Rz. 34.

Lamprecht | 821

§ 24 Rz. 24.2 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

sche stille Gesellschaften – nicht anders als andere Personengesellschaften – gewerbesteuerlich Gewerbebetriebe, die von dem jeweiligen Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter als Mitunternehmer gemeinsam getragen werden7. Gleiches gilt für andere mitunternehmerisch organisierte Innengesellschaften8. Soweit Rechtsprechung9 und Literatur10 dies früher anders beurteilt haben, ist dies überholt. 2. Wesentliche Änderungen der Gewerbesteuer für stille Gesellschaften in der Vergangenheit

24.3 Für die Steuergestaltung besonders bedeutsam war die Gewerbesteuer, solange mit ihr notwendigerweise eine effektive steuerliche Zusatzbelastung verbunden gewesen war. Mit Schaffung der Anrechnungsfähigkeit der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer in § 35 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 200111 ist dieser Belastungseffekt allerdings nicht selten entfallen. Dementsprechend hat sich die Bedeutung der Gewerbesteuer für die Steuergestaltung relativiert. Geblieben ist ein zusätzlicher Belastungseffekt und damit eine besondere gestalterische Relevanz stets für körperschaftsteuerpflichtige Personen – sie sind zu einer Anrechnung gemäß § 35 EStG nicht berechtigt – und in Fällen, in denen die Anrechnung nicht zu einer vollständigen Entlastung führt. Betroffen sind vor allem Betriebe, deren Gewerbeertrag den Freibetrag gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG i.H. von 24.500 Euro überschreitet und deren Betriebsstätten in Gemeinden mit einem Gewerbesteuerhebesatz von mehr als 380 % liegen. Betroffen sind ferner Fälle, in denen es zu Anrechnungsüberhängen kommt oder Steuerpflichtige von einer Anrechnung nicht profitieren, weil sie ohnehin keine Einkommensteuer schulden. 24.4 Wesentlich geändert worden sind die gewerbesteuerlichen Rahmenbedingungen für stille Gesellschaften zudem durch das Unternehmensteuerreformgesetz 200812. Bis zum Erhebungszeitraum 2008 waren Gewinnanteile typischer stiller Gesellschafter gemäß § 8 Nr. 3 GewStG dem Gewerbeertrag ggf. vollständig wieder hinzuzurechnen, während Entgelte für andere Dauerschulden wie etwa partiarische Darlehen gemäß § 8 Nr. 1 GewStG lediglich zur Hälfte hinzuzurechnen waren. Diese unterschiedliche Behandlung ist mit der Unternehmensteuerreform 2008 einer einheitlichen Hinzurechnungsregelung für Finanzierungsentgelte gewichen. Der gewerbesteuerliche Grund, partiarische Darlehen typischen stillen Beteiligungen als Finanzierungsform vorzuziehen, ist damit entfallen13. 7 BFH v. 25.7.1995 – VIII R 54/93, BStBl. II 1995, 794 Rz. 22. 8 BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355 Rz. 23. 9 BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, BStBl. II 1995 Rz. 18 = FR 1995, 20; BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 Rz. 32 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363. 10 Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 172; Döllerer, DStR 1985, 295 (300); Steinacker, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, S. 111; so auch die 5. Aufl. Rz. 1647 ff. 11 Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz – StSenkG) v. 23.10.2000, BGBl. I 2000, 1433. 12 Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 13 Zur früheren Rechtslage vgl. im Einzelnen die 7. Auflage Rz. 24.14.

822 | Lamprecht

Gewerbesteuer | Rz. 24.6 § 24

3. Nichtabzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe Mit Wirkung für Veranlagungszeiträume ab dem Jahre 2008 bestimmt § 4 Abs. 5b EStG, dass die Gewerbesteuer und die auf sie entfallenden Nebenleistungen keine Betriebsausgaben mehr sind14. Zu verstehen ist dies zutreffenderweise dahin, dass es sich bei Gewerbesteuerverbindlichkeiten von Unternehmen zwar um betrieblich veranlasste Aufwendungen i.S. von § 4 Abs. 4 EStG handelt, diese aber nicht abzugsfähig sind15. Rückstellungen für die Gewerbesteuer sind daher weiterhin zu bilden, außerbilanziell aber zu neutralisieren16. Der hierin liegende Eingriff in das objektive Nettoprinzip ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt17. Unter anderem erhöht die Abschaffung der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer die Transparenz der Einnahmeströme zwischen den Gebietskörperschaften.

24.5

II. Die atypische stille Gesellschaft 1. Die atypische stille Gesellschaft als Gewerbebetrieb a) Atypische stille Gesellschaften am gesamten Gewerbebetrieb des Inhabers Steuerobjekt der Gewerbesteuer ist jeder stehende Gewerbebetrieb bzw. jeder Reisegewerbebetrieb, soweit sie im Inland betrieben werden, §§ 2, 35a GewStG. Dem Gewerbesteuergesetz liegt hierbei derselbe – und damit tätigkeitsbezogene – Begriff des Gewerbebetriebs zugrunde wie dem Einkommensteuergesetz, § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG. Die stille Gesellschaft ist nicht nur handlungs-, sondern auch rechtsunfähig. Anders als Personenhandelsgesellschaften betreiben stille Gesellschaften daher kein Unternehmen. Eine Tätigkeit der atypischen stillen Gesellschaft als solche gibt es nicht. Betrieben wird das Unternehmen vielmehr lediglich vom Geschäftsinhaber18. Diese Tätigkeit wird aber einkommensteuerlich bei Vorliegen einer Mitunternehmerschaft der – dann atypischen – stillen Gesellschaft als Subjekt der Einkünfteerzielung zuge-

14 Eingeführt durch das UntStRG 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912, nach § 52 Abs. 12 Satz 7 EStG n.F. erstmals anzuwenden für Gewerbesteuer, die für Erhebungszeiträume festgesetzt wird, die nach dem 31.12.2007 enden. 15 BFH v. 10.9.2015 – IV R 8/13, BStBl. II 2015, 1046 Rz. 17 = FR 2016, 71 = GmbHR 2015, 1282; BFH v. 16.1.2014 – I R 21/12, BStBl. II 2014, 531 Rz. 10 m.w.N. = GmbHR 2014, 660 = FR 2014, 695. Vgl. für die Literatur nur Wied in Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 12/2018, § 4 EStG Rz. 923. 16 So die einheitliche Verwaltungsauffassung; vgl. nur OFD Münster Kurzinformation EStG 19/2010 v. 2.9.2010, DStR 2010, 1890. 17 BFH v. 10.9.2015 – IV R 8/13 – BStBl. II 2015, 1046 Rz. 19 ff. = FR 2016, 71 = GmbHR 2015, 1282; BFH v. 16.1.2014 – I R 21/12, BStBl. II 2014, 531 Rz. 12 = GmbHR 2014, 660 = FR 2014, 695. Die gegen letztere Entscheidung erhobene Verfassungsbeschwerde wurde vom BVerfG ohne Begründung nicht angenommen, BVerfG v. 12.7.2016 – 2 BvR 1559/ 14, BStBl. II 2016, 812. 18 BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 Rz. 26 = GmbHR 2013, 375 = FR 2013, 623.

Lamprecht | 823

24.6

§ 24 Rz. 24.6 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

rechnet19; Träger der atypischen stillen Gesellschaft sind wiederum der Geschäftsinhaber und der stille Gesellschafter als Mitunternehmer gemeinsam. Durch die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft werden der Geschäftsinhaber und der atypische stille Gesellschafter daher jeweils sachlich gewerbesteuerpflichtig20. Führt der Geschäftsinhaber seine bisherige gewerbliche Tätigkeit fort, beginnt die Gewerbesteuerpflicht mit Entstehung der atypischen stillen Gesellschaft, ansonsten mit Aufnahme der werbenden Tätigkeit21. Sie endet erst mit Auflösung der atypischen stillen Gesellschaft wieder22.

24.7 Die Tätigkeit einer Arbeitsgemeinschaft, deren alleiniger Zweck auf die Erfüllung eines einzigen Werkvertrags oder Werklieferungsvertrags gerichtet ist, gilt allerdings nicht als Gewerbebetrieb, § 2a Satz 1 GewStG. Hierunter fallen auch Arbeitsgemeinschaften, die als atypische Innengesellschaften verfasst sind23. 24.8 Ist der Geschäftsinhaber nicht originär gewerblich tätig, so kann ein Gewerbebetrieb dennoch aufgrund der Fiktionen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG vorliegen. Sie sind auch auf atypische stille Gesellschaften anwendbar24. Das Eingehen einer atypischen stillen Gesellschaft kann daher erstmals einen Gewerbebetrieb entstehen lassen bzw. auf dessen Umfang Einfluss nehmen. 24.9 Differenziert zu beurteilen ist, inwieweit die Begründung einer atypischen stillen Gesellschaft mehrere Gewerbebetriebe entstehen lässt – mit weitreichenden Folgen etwa für den Verlustvortrag zur Gewerbesteuer (vgl. hierzu Rz. 24.35 ff.) oder für die Veranlagung. Hier gilt Folgendes: Wird die atypische stille Gesellschaft – wie in der Regel – an dem gesamten bisherigen Gewerbebetrieb des Inhabers begründet, führt die atypische stille Gesellschaft diesen Gewerbebetrieb fort. Ist die Tätigkeit des Inhabers nicht bereits kraft Fiktion ein Gewerbebetrieb, existiert in diesem Fall außerhalb der stillen Gesellschaft kein weiterer Gewerbebetrieb25. Wird die atypische stille Gesellschaft hingegen lediglich an einem 19 Allgemein für atypische Innengesellschaften: BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355 Rz. 23. 20 BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 Rz. 11 = FR 1996, 293 = GmbHR 1996, 378. 21 M. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, Stand: 1/2018, § 2 GewStG Rz. 137b. 22 M. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, Stand: 1/2018 § 2 GewStG Rz. 154b. 23 BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355 Rz. 26. 24 Vgl. BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 Rz. 24 = FR 2009, 1135; BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94 BStBl. II 1998, 685 Rz. 10 = FR 1996, 293 = GmbHR 1996, 378; BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, BStBl. II 1995, 171 Rz. 14 ff. = FR 1995, 20; BFH v. 13.11.1997 – IV R 67/96, BStBl. II 1998, 254 Rz. 19 (allgemein für atypische Innengesellschaften) m.w.N. = FR 1998, 316 = GmbHR 1998, 246. 25 GewStR 2.5 (5) Satz 1 2009 (allerdings ohne die erforderlichen Differenzierungen, wenn der Inhaber bereits kraft gesetzlicher Fiktionen einen Gewerbebetrieb unterhält); Oenings, DStR 2008, 279 (280); Kraus, Die mitunternehmerische Innengesellschaft in der Gewerbesteuer, S. 80 m.w.N.

824 | Lamprecht

Gewerbesteuer | Rz. 24.11 § 24

Teil des bisherigen Gewerbebetriebs des Inhabers begründet, kommt es stets zur Existenz zweier Gewerbebetriebe26. Vielfach wird dann der Gewerbebetrieb des Inhabers den bisherigen Gewerbebetrieb sachlich fortführen – insbesondere, wenn die stille Gesellschaft lediglich an einem kleinen Teil seines Gewerbebetriebs begründet worden ist. Letztlich ist dies aber eine Frage des Einzelfalls. Unabhängig vom Umfang der atypischen stillen Gesellschaft kommt es zur Entstehung zweier Gewerbebetriebe und damit zur Entstehung einer doppelstöckigen Struktur auch dann, wenn die Tätigkeit des Inhabers bereits kraft Fiktion einen Gewerbebetrieb darstellt. In diesem Fall bleibt auch bei Begründung der stillen Gesellschaft an dem gesamten bisherigen Betrieb des Inhabers ein Bereich im Vermögen und der Tätigkeit des Inhabers zurück, der nicht der stillen Gesellschaft zugeordnet ist, und in den insbesondere die Gewinn- und Verlustanteile aus der stillen Gesellschaft fließen27. Vielfach werden diese Gewinn- und Verlustanteile überhaupt den einzigen Gewinn dieses weiteren Gewerbebetriebs bilden. Zu einer gewerbesteuerlichen Doppelbelastung kommt es hierdurch nicht, weil der Gewinn dieses weiteren, fiktiven Gewerbebetriebs gem. § 9 Nr. 2 GewStG um die Gewinnanteile aus der stillen Gesellschaft zu kürzen ist. Nach dem BFH entstehen entsprechende doppelstöckige Strukturen grundsätzlich auch dann, wenn die atypische stille Beteiligung von jemandem übernommen wird, der bereits Mitunternehmer der KG ist28.

24.10

Die Entstehung einer doppelstöckigen Struktur ist insbesondere verfahrensrechtlich zu beachten. Sie bedeutet, dass zwei Veranlagungen – nämlich für den Gewerbebetrieb der atypischen stillen Gesellschaft als Untergesellschaft und für den Gewerbebetrieb des Inhabers als Obergesellschaft – durchzuführen sind29. Vgl. hierzu im Einzelnen Rz. 24.45 ff. Die einheitliche Tätigkeit des Geschäftsinhabers konstituiert auch dann nur einen einzigen Gewerbebetrieb, wenn sich mehrere stille Gesellschafter an seinem ganzen Geschäftsbetrieb beteiligen. Ob die stillen Beteiligungen untereinander koordiniert sind oder es sich um jeweils gesonderte Gesellschaftsverträge handelt, ist inso-

26 GewStR 2.5 (5) Satz 1 2009. 27 BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BFHE 260, 543 Rz. 38 = BStBl. II 2018, 587. 28 BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BFHE 256, 175 Rz. 25 ff. = BStBl. II 2017, 538 m. Anm. Behrens, BB 2017, 993; BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253 Rz. 32 = GmbHR 2014, 890. Kritisch insoweit Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 (719 f.); Schulze zur Wiesche, DB 2015, 1487 (1490) mit der Erwägung, dass die zivilrechtliche Vereinbarung eines zusätzlichen, prinzipiell atypischen stillen Gesellschaftsverhältnisses dem Mitunternehmer des Geschäftsinhabers nicht notwendigerweise über seine bisherige Stellung hinaus hinreichende Mitunternehmerinitiative verschafft, um steuerlich von einem weiteren atypischen stillen Gesellschaftsverhältnis auszugehen. Ähnlich Paus, EStB 2017, 284 (286). Vgl. auch Kanzler, FR 2009, 1140 (1141). 29 Eine Veranlagung gewerbesteuerlich ausdrücklich für erforderlich erachtend BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BFHE 256, 175 Rz. 24, 27 = BStBl. II 2017, 538; Schießl, jurisPRSteuerR 13/2017 Anm. 4.

Lamprecht | 825

24.11

§ 24 Rz. 24.11 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

weit unerheblich30. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags gleichen sich positive und negative Einkünfte aller Beteiligten daher untereinander aus31. Zugleich wird der Freibetrag gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG nur einmal gewährt32. Es erfolgt in diesen Fällen auch nur eine einzige einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO33.

24.12 Unterhält der Geschäftsinhaber steuerlich mehrere selbständige Gewerbebetriebe34, ist zu beachten, dass eine Personengesellschaft gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG stets nur einen einzigen Gewerbebetrieb unterhalten kann. Durch die Begründung einer atypischen stillen Gesellschaft an der gesamten gewerblichen Tätigkeit des Geschäftsinhabers können beide Gewerbebetriebe daher zusammengefasst werden, was insbesondere für die Verlustverrechnung von Interesse sein kann. Soll es bei zwei gesonderten Gewerbebetrieben bleiben, genügt nach hier vertretener Ansicht hierfür, an jedem der beiden Gewerbebetriebe jeweils gesondert eine atypische stille Beteiligung zu begründen und zu praktizieren – selbst wenn an beiden Betrieben jeweils dieselbe Person still beteiligt ist35. b) Atypische stille Gesellschaften an Teilen des Gewerbebetriebs des Inhabers – Tracking-Stock-Strukturen

24.13 Stille Gesellschaften (und andere Innengesellschaften36) müssen nicht an dem gesamten Gewerbebetrieb des Inhabers bestehen, sondern können sich gesellschaftsrechtlich nur auf einen bestimmten, selbständig abgrenzbaren Teilbereich des Betriebes be-

30 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 Rz. 24 = FR 2009, 1135; BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 Rz. 13 = FR 1996, 293 = GmbHR 1996, 378; BFH v. 8.2.1995 – I R 127/93, BStBl. II 1995, 764 Rz. 38 = FR 1995, 789; allgemein für atypische Innengesellschaften BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355 Rz. 21. 31 Vgl. BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 Rz. 17 = FR 1996, 293 = GmbHR 1996, 378. 32 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 Rz. 24 = FR 2009, 1135. 33 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 Rz. 24 = FR 2009, 1135; BFH v. 5.7.2002 – IV B 42/02, BFH/NV 2002, 1447 Rz. 45; BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286 Rz. 31 = FR 1999, 262 = GmbHR 1999, 193. 34 Vgl. zur Abgrenzung mehrerer Gewerbebetriebe anschaulich BFH v. 20.3.2013 – X R 38/ 11, BFH/NV 2013, 1125 Rz. 34 ff. Im zugrunde liegenden Sachverhalt bestand an nur einem der Gewerbebetriebe eine typische stille Beteiligung. 35 Eine Zurechnung von Tätigkeiten jenseits der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen findet bei Gesamthands-Schwestergesellschaften grundsätzlich nicht statt, vgl. BFH v. 21.2.1980 – I R 95/76, BStBl. II 1980, 465 Rz. 16 ff. Legt man die Rspr. zur Entstehung doppelstöckiger Personengesellschaften bei zusätzlicher atypischer Beteiligung von Mitunternehmern zugrunde (vgl. Rz. 24.10, 24.44), sollte Gleiches auch für Innengesellschaften als Schwestergesellschaften gelten. 36 Beide Arten von Innengesellschaften sind im Rahmen von Tracking-Stock-Strukturen nach denselben Maßstäben zu behandeln, vgl. BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 Rz. 28 = FR 2009, 1135.

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Gewerbesteuer | Rz. 24.14 § 24

schränken37. Dies ist grundsätzlich auch steuerrechtlich anzuerkennen38 – und zwar sowohl für die typische wie für die atypische stille Gesellschaft. Man kann in solchen Fällen von „Tracking-Stock-Strukturen“ sprechen39. Die Abgrenzung von Gewinn und Verlust wirft dann gleichartige Fragen wie bei der internationalen Betriebsstätten-Gewinnabgrenzung auf40. Erfolgt die Beteiligung im Wege einer atypischen stillen Gesellschaft, können unter Umständen mehrere Gewerbebetriebe entstehen41. Dies hat weitreichende steuerliche Folgen. Insbesondere sind in diesem Fall mehrere Besteuerungsverfahren durchzuführen, in denen jeweils ein gewerbesteuerlicher Freibetrag zu gewähren ist, zugleich aber eine Gewinnsaldierung mit den jeweils anderen gewerblichen Betätigungen nicht durchgeführt werden kann. Das Vorliegen der zivil- und steuerrechtlichen Voraussetzungen für eine solche Struktur ist im Einzelfall allerdings sorgfältig zu prüfen. Grundsätzlich gelten die allgemeinen Maßstäbe für die Anerkennung von Innengesellschaften und Mitunternehmerschaften. Der Abgrenzung zu benachbarten Rechtsinstituten ist in diesen Fällen aber besondere Aufmerksamkeit zu zollen. Zivilrechtlich können alternativ insbesondere partiarische Rechtsverhältnisse42 oder – wenn die Vertragspartner bereits anderweitig gesellschaftsrechtlich miteinander verbunden sind – ergänzende, besondere Gewinnverteilungsabreden43 vorliegen. Ob ein Gesellschaftsverhältnis vorliegt, ist insbesondere eine Frage der Beiträge der Beteiligten (insbesondere der Beitrags- und Einlagefähigkeit von Dienstleistungen und Nutzungsüberlassungen)44 sowie der Gewinnermittlung und der Verlusttragung. Dabei müssen diese jeweils genau auf die einzelnen Geschäfte bzw. Geschäftsbereiche bezogen sein, an denen die Innengesellschaft besteht. Das gilt auch steuerrechtlich. Eine atypische stille Gesellschaft bezüglich einzelner Geschäfte bzw. Geschäftsbereiche des Inhabers kann daher nur dann anerkannt werden, wenn Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative des stillen Gesellschafters gerade bezüglich dieser Geschäfte bzw. Geschäftsbereiche durch die Innengesellschaft begründet werden45. Dies erfordert regelmäßig, dass der stille Gesellschafter an den stillen Reserven gerade dieser Geschäfte bzw. Geschäftsbereiche beteiligt ist46. Dass der stille Gesellschafter bereits aufgrund eines anderen Gesellschaftsverhält37 Vgl. hierzu Pyszka, DStR 2003, 867; Lindwurm, DStR 2000, 53; Kauffeld, Die partielle Unternehmensbeteiligung, S. 297 ff. 38 BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 Rz. 12 ff.; BFH v. 27.2.1975 – I R 11/ 72, BStBl. II 1975, 611 Rz. 16 = FR 1996, 293 = GmbHR 1996, 378; so bereits RFH v. 16.11.1920 – II A 359/20, RFHE 4, 15 (17). 39 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 Rz. 24; kritisch insoweit die Anm. von Kanzler, FR 2009, 1140 (1140). Vgl. zu dieser Entscheidung auch die Anm. von Wischmann, EStB 2009, 259. 40 BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611 Rz. 19. 41 Vgl. auch R 5.1 Abs. 2 Satz 4 GewStR 2009. 42 Vgl. hierzu Schulze zur Wiesche, DStZ 2009, 872; Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 718 (721 ff.). 43 Vgl. BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 Rz. 37 = FR 2009, 1135. 44 Vgl. insoweit BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 Rz. 27 = FR 2009, 1135. 45 Schulze zur Wiesche, DStZ 2009, 872 (875); Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 (721 ff.) mit diversen Beispielen. 46 Vgl. BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 Rz. 36 = FR 2009, 1135.

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24.14

§ 24 Rz. 24.14 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

nisses (etwa als Kommanditist) Mitunternehmer des Geschäftsinhabers ist, genügt nicht, um auch eine zusätzliche, auf einzelne Geschäftsbereiche bezogene Innengesellschaft als mitunternehmerisch zu qualifizieren.

24.15 Für das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft muss zudem ein Gewerbebetrieb i.S. von § 15 Abs. 2 GewStG vorliegen. Hieran fehlt es, wenn die Innengesellschaft sich lediglich auf ein einziges Geschäft bezieht47. Ein solches sog. Metageschäft stellt keine nachhaltige und damit keine gewerbliche Betätigung dar. Hingegen ist die Anerkennung unproblematisch, wenn die Betätigung, an der die Innengesellschaft besteht, und die übrige Betätigung des Geschäftsinhabers jeweils für sich alle Erfordernisse eines eigenen Gewerbebetriebs erfüllen. 24.16 Problematisch sind die (häufigen) Konstellationen, in denen beide Bereiche zwar eine gewisse Unabhängigkeit voneinander aufweisen, zwischen ihnen aber dennoch Überschneidungen in wirtschaftlicher, finanzieller oder organisatorischer Hinsicht bestehen. Das Vorliegen eines Gewerbebetriebes erfordert nämlich gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG eine selbständige Tätigkeit nicht nur in persönlicher, sondern auch in sachlicher Hinsicht48. 24.17 Bei Gesamthandsgesellschaften bildet diese Voraussetzung kein besonderes Hindernis. Eine Zurechnung von Tätigkeiten jenseits der gesellschaftsrechtlichen Handlungszurechnung findet steuerrechtlich nicht statt49. Dies gilt auch bei personenidentischen Schwestergesellschaften. Auch sie bilden zwei gesonderte Gewerbebetriebe. Dies gilt selbst dann, wenn ihre Tätigkeiten in wirtschaftlicher, finanzieller oder organisatorischer Hinsicht miteinander verbunden sind50. Maßgebend ist allein, ob bei isolierter Betrachtung die Betätigung der jeweiligen Gesamthandsgesellschaft einen Gewerbebetrieb i.S. von § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG bildet. Gleiches hat das FG Köln unter Berufung auf ein Urteil des I. Senats des BFH51 für mitunternehmerische Innengesellschaften angenommen. Demnach sollen auch diese jeweils einen eigenen Gewerbebetrieb konstituieren, wenn die Betätigung, auf welche sie sich beziehen, nicht mit der gesamten Betätigung des Geschäftsinhabers identisch ist und für sich einen Gewerbebetrieb i.S. von § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG darstellt52. 24.18 Im Revisionsverfahren gegen die Entscheidung des FG Köln ist der IV. Senat des BFH dieser Auffassung indes nicht beigetreten. Nach seinem Urteil vom 23.4.2009 soll das Merkmal der sachlichen Selbständigkeit bei entsprechenden Gestaltungen vielmehr nur dann gegeben sein, wenn der Teil des Geschäftsbetriebs, an dem die Innengesellschaft besteht, eine in sich geschlossene, von anderen Unternehmensteilen

47 Vgl. zu einem solchen Fall BFH v. 26.5.1993 – X R 108/91, BStBl. II 1994, 96 Rz. 31 = FR 1993, 784. 48 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 Rz. 29 = FR 2009, 1135. 49 Kaufmann/Seppelt in Frotscher/Geurts, Stand: 2/2015, § 15 EStG Rz. 313. 50 BFH v. 21.2.1980 – I R 95/76, BStBl. II 1980, 465 Rz. 16 ff. 51 BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 Rz. 14 = FR 1996, 293 = GmbHR 1996, 378. 52 FG Köln v. 19.10.2005 – 11 K 5325/02, EFG 2006, 526 Rz. 47.

828 | Lamprecht

Gewerbesteuer | Rz. 24.20 § 24

des Inhabers unabhängige und auf ein bestimmtes Projekt bezogene Einheit bildet53. Als Beispiele einer solchen Einheit – und damit eines selbständigen Gewerbebetriebs – hat der IV. Senat die gemeinsame Finanzierung sämtlicher zur Herausbringung eines Films angefallener Kosten samt der anschließenden Verwertung der erworbenen Lizenzrechte, die Herstellung eines Films in Auftragsproduktion oder die gemeinsame Durchführung und Vermarktung eines Ferienappartementprojekts angeführt. Ferner hat er als einen solchen Fall genannt, dass der stille Gesellschafter von der Teilhabe an den in den übrigen Geschäftsfeldern des (Gesamt-)Betriebs entstandenen stillen Reserven sowie dem Geschäftswert des Gesamtunternehmens ausgeschlossen ist54. In dem vom FG Köln entschiedenen Sachverhalt hat der IV. Senat indes nicht erkennen können, dass solche in sich geschlossenen Einheiten existierten. Er ist damit der Atomisierung des Geschäftsbetriebs einer KG in mehr als 40 einzelne Gewerbebetriebe (mit entsprechend vielen Freibeträgen!) aufgrund des Abschlusses jeweils gesonderter Innengesellschaftsverträge entgegengetreten55. In der Praxis nivellieren sich die Unterschiede zwischen beiden Auffassungen, wenn man berücksichtigt, dass die Anforderungen für in sich geschlossene Einheiten nach den Beispielen, welche der IV. Senat für sie anführt, nicht sonderlich hoch sind. Dennoch ist nach hier vertretener Ansicht im Ausgangspunkt der Auffassung des FG Köln zu folgen. Es ist nicht erkennbar, warum die Zurechnung von Betätigungen und damit die Konstituierung jeweils eigener Gewerbebetriebe bei Innengesellschaften strengeren Anforderungen unterliegen soll als bei Gesamthandsgesellschaften56. Beide Gesellschaftsformen sind gleichermaßen handlungsunfähig. Die Handlungen ihrer Gesellschafter werden ihnen jeweils nur rechtlich zugerechnet.

24.19

Nicht anders als bei Gesamthandsgesellschaften gilt allerdings auch für Innengesellschaften, dass die steuerrechtliche Anerkennung mehrerer gesonderter Mitunternehmerschaften erfordert, dass diese hinreichend voneinander unterscheidbar sind. Das erfordert getrennte Gesellschaftsvermögen und gesonderte Gewinnermittlungen57. Zumindest rechtlich müssen daher klar voneinander abgrenzbare, in sich

24.20

53 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 Rz. 25 = FR 2009, 1135 unter Berufung auf BFH v. 26.5.1993 – X R 108/91, BStBl. II 1994, 96 Rz. 30 = FR 1993, 784. BFH v. 19.2.1981 – IV R 152/76, BStBl. II 1981, 602 Rz. 26: „neue in sich geschlossene betriebliche Einheit“. Eingehend zum Urteil v. 23.4.2009 Schulze zur Wiesche, DStZ 2009, 872. Vgl. ferner die Anm. von Bauschatz, DStZ 2009, 582; Kanzler, FR 2009, 1140; Wischmann, EStB 2009, 240. 54 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 Rz. 25 mit Nachweisen aus der Rspr. = FR 2009, 1135. 55 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 Rz. 25 = FR 2009, 1135. 56 A.A. Schulze zur Wiesche, DStZ 2009, 872 (874), der diese Unterscheidung mit der Erwägung rechtfertigt, die Anerkennung würde bei Innengesellschaften zu einer Vervielfältigung des gewerbesteuerlichen Freibetrags führen. Dies ist indes zwar zutreffend, aber auch bei Gesamthandsgesellschaften der Fall und kann daher eine Differenzierung zwischen beiden Gesellschaftsformen nicht rechtfertigen. 57 BFH v. 12.6.2002 – XI R 21/99, BFH/NV 2002, 1554 Rz. 17; BFH v. 19.2.1998 – IV R 11/ 97, BStBl. II 1998, 603 Rz. 18 = FR 1998, 890; FG Nürnberg v. 2.8.2007 – IV 139/2005, juris Rz. 53.

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§ 24 Rz. 24.20 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

geschlossene Einheiten gebildet werden58. Liegen sie nicht vor bzw. werden sie tatsächlich nicht durchgeführt, können auch keine gesonderten Mitunternehmerschaften anerkannt werden. Allerdings genügt für die Anerkennung gesonderter Gewerbebetriebe – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für sie – eine solche klare rechtliche Trennung. Für das vom IV. Senat aufgestellte, darüber hinausgehende Erfordernis, dass die jeweiligen Betätigungen auch tatsächlich in sich geschlossene, von anderen Unternehmensteilen des Inhabers unabhängige und auf ein bestimmtes Projekt bezogene Einheiten bilden müssen, ist hingegen keine rechtliche Grundlage zu erkennen. Für rechtssichere Entscheidungen ist ein solches Erfordernis zu vage59. Die Anerkennung entsprechender Strukturen sollte vielmehr lediglich als eine Frage klarer Vereinbarungen (mit Schaffung jeweils eigener – schuldrechtlicher – Gesellschaftsvermögen und Gewinnermittlungen) sowie deren tatsächlicher Durchführung angesehen werden. c) Atypische stille Beteiligungen im Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters

24.21 Atypische stille Gesellschaften bilden gewerbesteuerlich einen eigenen Gewerbebetrieb. Gehört die atypische stille Beteiligung zum Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters, unterhält dieser neben seiner atypischen stillen Beteiligung auch einen eigenen Gewerbebetrieb. Zum Gewinn dieses Gewerbebetriebs gehören die Einkünfte aus der atypischen stillen Gesellschaft. Eine Kumulation der gewerbesteuerlichen Belastung wird durch § 8 Nr. 8 und § 9 Nr. 2 GewStG vermieden. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags ist nach diesen Vorschriften der Verlustanteil des atypischen stillen Gesellschafters seinem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen bzw. die Summe aus seinem Gewerbegewinn und den Hinzurechnungen um einen Gewinnanteil zu kürzen. 2. Subjektive Gewerbesteuerpflicht

24.22 Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG ist der Unternehmer Schuldner der Gewerbesteuer. Für den Fall, dass die Tätigkeit einer Personengesellschaft Gewerbebetrieb ist, wird in § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG die Gesellschaft als Steuerschuldner bestimmt. Die Gesellschafter einer Gesamthandsgesellschaft sind nach dieser Bestimmung selbst nicht subjektiv gewerbesteuerpflichtig60.

58 Vgl. auch die ergänzende Begründung im Urteil des BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 Rz. 31 = FR 2009, 1135. 59 Ebenso Bauschatz, DStZ 2009, 581 (582). A.A. Schulze zur Wiesche, DStZ 2009, 872 (874 ff.), der sich anhand von Beispielen um eine Abgrenzung bemüht. Die Ansicht des BFH ohne nähere Auseinandersetzung ebenfalls übernehmend Häuselmann, Hybride Finanzinstrumente, G. Rz. 211. 60 BFH v. 4.5.2009 – VIII B 220/08, BFH/NV 2009, 1429 Rz. 3; BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 Rz. 59 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363; Sarrazin in Lenski/Steinberg, Stand: 10/2019, § 5 GewStG Rz. 61.

830 | Lamprecht

Gewerbesteuer | Rz. 24.26 § 24

Die Anwendung von § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG auf atypische stille Gesellschaften und andere mitunternehmerische Innengesellschaften scheidet nach ständiger Rechtsprechung allerdings naturgemäß aus. Subjektiv steuerpflichtig kann nur sein, wer rechtsfähig ist. Zweck von § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist es, die Personengesellschaft zur Vollstreckungsschuldnerin der Gewerbesteuer zu bestimmen61. Mangels Rechtsfähigkeit können Innengesellschaften indes weder Träger von Rechten und Pflichten sein noch kommen sie mangels eigenen Vermögens als Vollstreckungsschuldner in Betracht. Dass mitunternehmerische Innengesellschaften steuerrechtlich Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation sind, ändert hieran nichts62. Insbesondere führt diese steuerrechtliche Wertung nicht zu einer zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit der Innengesellschaft.

24.23

Bei atypischen stillen Gesellschaften ist daher nur der Geschäftsinhaber selbst subjektiv gewerbesteuerpflichtig. Der atypische stille Gesellschafter ist hingegen nicht subjektiv gewerbesteuerpflichtig63. Eine solche subjektive Gewerbesteuerpflicht wäre unvereinbar damit, dass der stille Gesellschafter grundsätzlich nicht im Außenverhältnis haftet. Auch bei einer Gesamthandsgesellschaft soll nach der Wertung des Gesetzgebers nur diese selbst, nicht aber ihre Gesellschafter subjektiv gewerbesteuerpflichtig sein.

24.24

Unberührt bleibt eine etwaige Haftung des atypischen stillen Gesellschafters für die GewSt gemäß § 74 AO, wenn er dem Geschäftsinhaber Gegenstände zur Nutzung im Betrieb überlässt und an dem Vermögen des Unternehmens wesentlich beteiligt ist bzw. auf dieses beherrschenden Einfluss ausübt und durch sein Verhalten dazu beiträgt, dass Betriebsteuern nicht entrichtet werden64.

24.25

3. Gewerbeertrag als Bemessungsgrundlage – Hinzurechnungen und Kürzungen Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des EStG oder des KStG zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, der bei Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge, § 7 Satz 1 GewStG. Gewinnermittlungsvorschriften nach anderen Gesetzen sind nur an61 BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 Rz. 55 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363. 62 BFH v. 28.3.2003 – VIII B 194/01, BFH/NV 2003, 1308 Rz. 10; vgl. zuletzt eingehend Kraus, Die mitunternehmerische Innengesellschaft in der Gewerbesteuer, S. 84–111; krit. hierzu, aber nicht überzeugend Paus, EStB 2017, 284 (287). 63 Vgl. BFH v. 5.2.2014 – X R 1/12, BFHE 244, 516 Rz. 18 = FR 2014, 946; BFH v. 20.12.2012 – IV B 141/11, BFH/NV 2013, 574 Rz. 6; BFH v. 28.3.2003 – VIII B 194/01, BFH/NV 2003, 1308 Rz. 10; grundlegend BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 Rz. 59 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363. Ebenso R 5.1 Abs. 2 Satz 1 GewStR 2009. Vgl. zur Begründung auch Kuck, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, S. 216 ff. 64 Vgl. Loose in Tipke/Kruse, Stand: 10/2019, § 74 AO Rz. 15 ff.

Lamprecht | 831

24.26

§ 24 Rz. 24.26 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

zuwenden, soweit dies ausdrücklich angeordnet ist65. Eine solche Anordnung findet sich etwa in §§ 18 f. UmwStG. Die Anpassungen des so ermittelten Gewinns durch Hinzurechnungen nach § 8 GewStG, Kürzungen nach § 7 GewStG oder allgemeine Modifikationen dienen der Erfassung der objektivierten, von den Beziehungen des Unternehmers zum Betrieb losgelösten Ertragskraft des Gewerbebetriebs66.

24.27 Für die Höhe des Gewerbeertrags wesentlich ist, ob eine atypische oder eine typische stille Gesellschaft vereinbart wird. Bei einer atypischen stillen Gesellschaft fließen in den Gewerbegewinn und damit in den Gewerbeertrag nicht nur der handelsrechtliche Gewinnanteil des atypischen stillen Gesellschafters, sondern auch alle seine Sondervergütungen i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG ein (vgl. Rz. 20.15). Der Gewerbeertrag lässt sich daher nicht dadurch mindern, dass an den stillen Gesellschafter zusätzlich ein Gehalt, Zinsen oder Nutzungsüberlassungsentgelte gezahlt werden. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Vereinbarung einer typischen stillen Gesellschaft günstiger. Bei ihr mindern nicht nur der Gewinnanteil, sondern auch alle weiteren Vergütungen, die der stille Gesellschafter bezieht, den Gewerbegewinn und damit im Ausgangspunkt den Gewerbeertrag (vgl. Rz. 22.51 ff.; Rz. 23.68). Selbst unter Berücksichtigung der Hinzurechnungen gemäß § 8 Nr. 1 GewStG bleibt dieser Vorteil weithin erhalten. Seine Relevanz für die Steuergestaltung bemisst sich maßgeblich danach, inwieweit die Beteiligten durch die Gewerbesteuer tatsächlich effektiv belastet werden oder nicht. Das hängt insbesondere davon ab, inwieweit sie in den Genuss der Anrechenbarkeit der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer gemäß § 35b EStG kommen (vgl. Rz. 23.68 ff.). 24.28 Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes oder eines Teilbetriebes einer Mitunternehmerschaft sowie der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils, soweit dieser Gewinn nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligtem Mitunternehmer entfällt, § 7 Satz 2 Nr. 1 GewStG. Die Regelung soll ausschließen, dass Kapitalgesellschaften Wirtschaftsgüter zum Buchwert in das Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft einlegen und anschließend ihren Mitunternehmeranteil ohne Gewerbesteuerbelastung veräußern bzw. dass natürliche Personen Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auf eine Mitunternehmerschaft übertragen und dann ihren Gesellschaftsanteil gewerbesteuerfrei veräußern67. Für atypische stille Beteiligungen bedeutet die Vorschrift, dass der Gewinn aus der Veräußerung bzw. Aufgabe einer atypisch stillen Beteiligung gewerbesteuerpflichtig ist, soweit er nicht auf natürliche Personen entfällt. Gleiches gilt, wenn eine atypische stille Gesellschaft ihren Betrieb oder einen Teilbetrieb veräußert. 24.29 Gemäß § 8 Nr. 8 GewStG sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen „die Anteile am Verlust einer in- oder ausländischen offenen Handelsgesellschaft, ei65 Drüen in Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 7/2019, § 7 GewStG Rz. 86. 66 BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 Rz. 5 = FR 2008, 818; Köster in Lenski/Steinberg, Stand: 10/2018, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 1 m.w.N. 67 BR-Drucks. 638/2001, 67. Die Regelung ist verfassungsgemäß, vgl. BVerfG v. 10.4.2018 – 1 BvR 1236/11, BStBl. II 2018, 303 = GmbHR 2018, 524.

832 | Lamprecht

Gewerbesteuer | Rz. 24.32 § 24

ner Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind“. Diese Vorschrift betrifft den atypischen stillen Gesellschafter, dessen Anteil zu einem Betriebsvermögen gehört. Die Verlustanteile der Mitunternehmer werden bereits bei derjenigen Mitunternehmerschaft gewerbesteuerlich erfasst, die den Verlust erwirtschaftet hat. Gleichzeitig mindert der Verlustanteil des atypisch stillen Gesellschafters dessen eigenen Gewinn aus Gewerbebetrieb. Ohne die Hinzurechnung würde der Verlust gewerbesteuerlich auch im Unternehmen des atypisch stillen Gesellschafters und damit doppelt berücksichtigt. Gleiches gilt, wenn die stille Gesellschaft zum Betriebsvermögen des Inhabers gehört, wie dies stets der Fall ist, wenn dieser bereits kraft gesetzlicher Fiktion einen Gewerbebetrieb unterhält. Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet werden gemäß § 8 Nr. 5 GewStG ferner Gewinnanteile an einer Kapitalgesellschaft und gleichgestellte Bezüge, soweit diese gemäß § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei und damit bei der Gewinnermittlung außer Ansatz geblieben sind und soweit nicht die Voraussetzungen einer gewerbesteuerlichen Schachtelbeteiligung gemäß § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG vorliegen – die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums also nicht mindestens 15 % des Nennkapitals beträgt. Bei der GmbH & atypisch Still kommt es daher u.a. zur Hinzurechnung, soweit die Beteiligung an der GmbH zum Sonderbetriebsvermögen des stillen Gesellschafters gehört68, sie aber nicht die Höhe einer Schachtelbeteiligung erreicht. Soweit Gewinne erwirtschaftet werden und keine Möglichkeit der Anrechnung der Gewerbesteuer besteht, ist eine solche Konstellation gestalterisch daher zu meiden. In wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Betriebsausgaben sind im Rahmen der Hinzurechnung abzuziehen, soweit sie nach § 3c Abs. 2 EStG bzw. § 8b Abs. 5 und 10 KStG unberücksichtigt geblieben sind. Nach Ansicht der Literatur sollen insoweit auch negative Hinzurechnungen möglich sein69.

24.30

Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen ist gemäß § 9 Nr. 2 GewStG zu kürzen „um die Anteile am Gewinn einer in- oder ausländischen offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind, wenn die Gewinnanteile bei Ermittlung des Gewinns (§ 7 GewStG) angesetzt worden sind“. Diese Vorschrift verhindert die doppelte Heranziehung der Gewinnanteile zur Gewerbesteuer einerseits bei der Mitunternehmerschaft und zum anderen bei deren Mitunternehmern, wenn die Beteiligung zu ihrem Betriebsvermögen gehört. § 9 Nr. 2 GewStG bildet damit das Gegenstück zu § 8 Nr. 8 GewStG.

24.31

Das Eingehen einer atypischen stillen Beteiligung schließt die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auf Seiten des Geschäftsinha-

24.32

68 Vgl. Rz. 21.84 f., 21.133, 22.42. Vgl. ferner BFH v. 16.4.2015 – IV R 1/12, BFHE 249, 511, BStBl. II 2015, 705 Rz. 17: Demnach gehören bei einer GmbH & Co. KG die Anteile eines Kommanditisten an der Komplementär-GmbH regelmäßig nicht zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen, soweit sie weniger als 10 % des Nennkapitals der KomplementärGmbH ausmachen. 69 Vgl. Nöcker in Lenski/Steinberg, Stand: 10/2019, § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 5.

Lamprecht | 833

§ 24 Rz. 24.32 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

bers oder des stillen Gesellschafters aus. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die atypische stille Gesellschaft einen eigenen Gewerbebetrieb darstellt70. Ob atypische stille Gesellschaften selbst die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG für ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltende und nutzende Unternehmen in Anspruch nehmen können, ist hingegen zweifelhaft. Maßgeblich ist, ob – vorzugswürdig – für das Vorliegen eigenen Grundbesitzes auf die steuerliche Zurechnung im Rahmen des Betriebsvermögens71 oder strikt auf die zivilrechtliche Zuordnung des Grundbesitzes72 abzustellen ist73. Letzteres würde eine Inanspruchnahme durch atypische stille Gesellschaften, die begriffsnotwendig zivilrechtlich über kein eigenes Vermögen verfügen, ausschließen. Die Frage liegt dem Großen Senat des BFH zur Entscheidung vor74. 4. Gewerbesteuerliche Organschaft

24.33 Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG i.V.m. § 14 Abs. 1 KStG liegt eine gewerbesteuerliche Organschaft vor, wenn eine Kapitalgesellschaft finanziell in ein anderes gewerbliches Unternehmen eingegliedert ist und ein Gewinnabführungsvertrag geschlossen wurde. Da es sich bei der atypischen stillen Gesellschaft um eine Personengesellschaft handelt, scheidet sie schon aus diesem Grund als Organgesellschaft einer gewerbesteuerlichen Organschaft aus. Hierfür kommen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG nur Kapitalgesellschaften in Betracht. Besteht an diesen eine atypische stille Gesellschaft, werden die Wirkungen der gewerbesteuerlichen Organschaft indes dadurch überlagert, dass die atypische stille Gesellschaft einen eigenen Gewerbebetrieb konstituiert. Dieser Gewerbebetrieb verdrängt die Wirkungen der gewerbesteuerlichen Organschaft, wie sich aus den Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften der § 8 Nr. 8, § 9 Nr. 2 GewStG ergibt. Selbst soweit die Kapitalgesellschaft neben der atypischen stillen Gesellschaft noch einen eigenen Gewerbebetrieb unterhält (etwa weil die atypische stille Gesellschaft nur an einem Teil ihres Gewerbebetriebes besteht, vgl. Rz. 24.13 ff.), umfasst dessen Gewerbeertrag nicht auch den Gewerbeertrag der atypischen stillen Gesellschaft75. Dass die Kapitalgesellschaft Schuldnerin der Gewerbesteu70 Vgl. zur Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung FG Köln v. 10.2.2011 – 13 K 2516/ 07, 13 K 4047/10, DStRE 2011, 1321 Rz. 69; Roser in Lenski/Steinberg, Stand: 10/2019, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 125, 158, vgl. ferner: BFH v. 18.4.2000 – VIII R 68/98, BStBl. II 2001, 359 Rz. 36 = FR 2000, 1033; BFH v. 19.10.2010 – I R 67/09, BStBl. II 2011, 367 Rz. 9 ff. = FR 2011, 434 = GmbHR 2011, 384. 71 BFH v. 17.1.2006 – VIII R 60/02, BFHE 213,5 Rz. 33 = BStBl. II 2006, 434 = GmbHR 2006, 552; BFH v. 22.1.1992 – I R 61/90, BStBl. II 1992, 628 Rz. 11 = GmbHR 1992, 626; ebenso Lieber/Stifter, FR 2003, 831 (834). 72 So vielfach verstanden: BFH v. 19.10.2010 – I R 67/09, BStBl. II 2011, 367 Rz. 11 = FR 2011, 434 = GmbHR 2011, 384. 73 Vgl. zum Ganzen Roser in Lenski/Steinberg, Stand: 10/2019, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 158. 74 Vgl. BFH v. 21.7.2016 – IV R 26/14, BFHE 254, 371 = BStBl. II 2017, 202 = GmbHR 2016, 1325. 75 BFH v. 25.10.1995 – I R 77/93, BFH/NV 1996, 506 Rz. 10 = GmbHR 1996, 637; BFH v. 25.7.1995 – VIII R 54/93, BStBl. II 1995, 794 Rz. 15 ff. = GmbHR 1995, 908; H 2.3 (1) GewStR 2009; BFH v. 11.8.2011 – I B 179/10, GmbHR 2011, 1284 Rz. 13; a.A. Heinz in FS Berufsakademie Villingen-Schwenningen, S. 66.

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Gewerbesteuer | Rz. 24.37 § 24

er der atypischen Gesellschaft bleibt, kann einen Einbezug der atypischen stillen Gesellschaft in die Organschaft nicht rechtfertigen76. Die Rechtslage ist insofern prinzipiell nicht mit derjenigen bei der körperschaftsteuerlichen Organschaft vergleichbar77. Hinsichtlich der Fähigkeit einer atypischen stillen Gesellschaft, Trägerin einer Organschaft zu sein, kann hingegen auf den Meinungsstand zur körperschaftsteuerlichen Organschaft verwiesen werden. Die Rechtslage ist insoweit einheitlich zu beurteilen (vgl. Rz. 23.54 ff.).

24.34

5. Gewerbeverlust a) Verlustverrechnung lediglich bei Unternehmens- und Unternehmeridentität Eine Verlustverrechnung ist bei der Gewerbesteuer – anders als bei der Einkommensteuer – nur insoweit zulässig, als im Falle des interperiodischen Verlustabzugs zwischen dem Entstehungsjahr des Verlustes und dem Abzugsjahr Unternehmens- und Unternehmeridentität bestehen78. Für den intraperiodischen Verlustausgleich gilt Gleiches für die betreffenden Zeiträume innerhalb des Erhebungszeitraums79. Weitergehende Einschränkungen der Verlustverrechnung können sich aus anderen Gesetzen wie insbesondere dem UmwStG ergeben80.

24.35

Das Erfordernis der Unternehmensidentität für die Verlustverrechnung ergibt sich aus der Eigenschaft der Gewerbesteuer als Objektsteuer. Eine Verlustverrechnung ist demnach nur dann zulässig, wenn zwischen der einen Gewerbeertrag erzielenden und der einen Gewerbeverlust erzielenden Betätigung ein wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang besteht. Dies ist nach dem Gesamtbild der Tätigkeit unter Berücksichtigung ihrer wesentlichen Merkmale zu beurteilen. Zu ihnen gehören insbesondere die Art der Betätigung, der Kunden- und Lieferantenkreis, die Arbeitnehmerschaft, die Geschäftsleitung, die Betriebsstätten sowie die Zusammensetzung des Aktivvermögens81.

24.36

Das Erfordernis der Unternehmeridentität leitet die Rechtsprechung aus der Bestimmung des § 2 Abs. 5 GewStG sowie aus der Erwägung ab, dass ein Verlustabzug nur in Betracht kommt, soweit der Abziehende den Verlust selbst erlitten hat. Der Gesetzgeber hat dieses Erfordernis in § 10a Satz 4–8 GewStG bestätigt und ausgeformt.

24.37

76 BFH v. 11.8.2011 – I B 179/10, BFH/NV 2011, 2052 Rz. 9 = GmbHR 2011, 1284; FG Hamburg v. 26.10.2010 – 2 K 250/08, DStRE 2011, 1114 Rz. 21. 77 Ebenso Hageböke, DK 2013, 334 (346). 78 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253 Rz. 22 = GmbHR 2014, 890; BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 Rz. 84; BFH v. 6.9.2000 – IV R 69/99, BStBl. II 2001, 731 Rz. 9 ff. = FR 2001, 77 = GmbHR 2001, 77. 79 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFHE 224, 364 Rz. 29 ff. = FR 2009, 828 = GmbHR 2009, 496. 80 Oenings, DStR 2008, 279 (281). 81 BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 Rz. 24 m.w.N. = GmbHR 2013, 375 = FR 2013, 623.

Lamprecht | 835

§ 24 Rz. 24.37 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Geht ein Gewerbebetrieb im Ganzen auf einen anderen Unternehmer über, so kann dieser – wie § 10 Satz 8 GewStG ausdrücklich bestimmt – seinen Gewerbeertrag nicht um die Fehlbeträge kürzen, die sich bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des Unternehmens vor Übergang ergeben haben. Das Erfordernis der Unternehmeridentität findet entsprechende Anwendung auch bei Mitunternehmerschaften, vgl. § 10a Satz 4–6 GewStG.

24.38 Das Erfordernis der Unternehmens- und Unternehmeridentität gilt demnach auch für die Verlustverrechnung bei atypischen stillen Gesellschaften82. Dass bei atypischen stillen Gesellschaften der Geschäftsinhaber der Steuerschuldner ist, bleibt insoweit ohne Bedeutung83. 24.39 Für das Vorliegen der Unternehmensidentität ist auf die tatsächliche gewerbliche Tätigkeit und damit grundsätzlich auf die Tätigkeit des Geschäftsinhabers abzustellen84. Führt der Geschäftsinhaber im Übrigen seine Tätigkeit unverändert fort, ändert sich die Unternehmensidentität daher nicht dadurch, dass eine an seinem Unternehmen bestehende atypische stille Beteiligung beendet wird. Es kommt in diesem Fall demnach auch nicht zur Einstellung des Betriebes i.S. von § 2 Abs. 5 Satz 1 GewStG und folglich auch nicht zu einem abgekürzten Erhebungszeitraum gemäß § 14 Satz 2 GewStG85. Ebenso lässt konsequenterweise die Verschmelzung des atypischen stillen Gesellschafters auf den Geschäftsinhaber die Unternehmensidentität unberührt, sofern der Geschäftsinhaber nur seine tatsächliche gewerbliche Tätigkeit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse fortführt. Dies gilt auch dann, wenn die Finanzierung des Unternehmens zuvor im Wesentlichen über die atypische stille Beteiligung erfolgt ist86. Gleiches gilt, wenn der Geschäftsinhaber im Rahmen der Vereinbarung einer atypischen stillen Gesellschaft seinen gesamten Gewerbebetrieb in diese einbringt87. Beteiligt sich der atypische stille Gesellschafter hingegen nur an einem Teil des Gewerbebetriebs des Geschäftsinhabers mit der Folge, dass durch das Eingehen des stillen Gesellschaftsverhältnisses ein neuer Gewerbebetrieb entsteht, können Verlustvorträge, die durch die vorherige Tätigkeit des Geschäftsinhabers entstanden sind,

82 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253 Rz. 27 = GmbHR 2014, 890; BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFHE 224, 364 Rz. 23 = FR 2009, 828 = GmbHR 2009, 496. 83 FG Berlin v. 24.8.2005 – 6 K 6080/02, EFG 2006, 755 Rz. 42. 84 BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 90 Rz. 26 f. = GmbHR 2013, 375 = FR 2013, 623. 85 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFHE 224, 364 Rz. 29 = FR 2009, 828 = GmbHR 2009, 496. 86 BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 90 Rz. 26 f. = GmbHR 2013, 375 = FR 2013, 623. A.A. Schleswig-Holsteinisches FG v. 14.7.2009 – 5 K 268/06, DStRE 2010, 21 Rz. 32; M. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, Stand 1/2018, § 2 GewStG Rz. 35. 87 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253 Rz. 24, 26 = GmbHR 2014, 890; BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 90 Rz. 26 f. m.w.N. = GmbHR 2013, 375 = FR 2013, 623. Vgl. auch OFD Magdeburg v. 6.3.2012 – S 1400-16-St 216 I, DStR 2012, 1088. Entsprechendes ist anzunehmen, wenn eine typische stille Beteiligung in eine atypische stille Beteiligung umgewandelt wird.

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Gewerbesteuer | Rz. 24.42 § 24

nicht – und zwar auch nicht anteilig – im Rahmen des neu entstandenen Gewerbebetriebs der atypischen stillen Gesellschaft genutzt werden88. Bringt der atypische stille Gesellschafter seinen Gewerbebetrieb – etwa bei Gründung einer GmbH & atypisch Still durch einen Einzelunternehmer – in die atypische stille Gesellschaft ein und wird die tatsächliche Unternehmenstätigkeit von dem Geschäftsinhaber fortgeführt, bleibt die Unternehmensidentität ebenfalls unberührt89. Nicht anders verhält es sich, wenn bei Beendigung der atypischen stillen Gesellschaft der gesamte Gewerbebetrieb von dem Geschäftsinhaber auf den atypischen stillen Gesellschafter übergeht.

24.40

Selbst bei Bewahrung der Unternehmensidentität kann der Verlustvortrag aber von positiven Beträgen zukünftig nur noch insoweit abgezogen werden, als nach Maßgabe des § 10a GewStG auch Unternehmeridentität vorliegt, diese Beträge also auf den bisherigen Träger der Verluste entfallen90. Der Verlustvortrag kann insoweit demnach nur noch zeitlich gestreckt verwendet werden91. Tritt ein weiterer Mitunternehmer in die Mitunternehmerschaft ein, kann der vor dem Eintritt entstandene Fehlbetrag zukünftig ebenfalls nur von dem positiven Betrag abgezogen werden, der nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf die bereits vor dem Eintritt beteiligten Mitunternehmer entfällt92.

24.41

Wird die atypische stille Gesellschaft aufgelöst und führt der Geschäftsinhaber den Gewerbebetrieb fortan allein fort, kann der Geschäftsinhaber dementsprechend lediglich den für ihn festgestellten Verlustvortrag weiterhin nutzen93. Für den auf den stillen Gesellschafter entfallenden Verlustanteil gilt Folgendes: Ein positiver Gewerbeertrag, der bis zu seinem Ausscheiden entstanden ist, ist – wegen Fortbestehens der Unternehmensidentität – zunächst mit etwaigen Verlusten, die nach seinem Ausscheiden bis zum Ende des Erhebungszeitraums im Gewerbebetrieb entstanden sind, zu verrechnen; erst der verbleibende Betrag ist um Verluste früherer Jahre zu kürzen94. Verbleibende vortragsfähige Gewerbeverluste, die auf den atypischen stillen Gesell-

24.42

88 Oenings, DStR 2008, 279 (283); M. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, Stand 1/2018, § 2 GewStG Rz. 137b. 89 Oenings, DStR 2008, 279 (282). 90 R 10a. 3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 2 GewStR 2009. Diese Regelung ausdrücklich für atypische stille Gesellschaften bestätigend OFD Frankfurt v. 19.7.2011 – G 1427 A-13-St 55, juris. § 24 Abs. 4 UmwStG verweist nicht auf § 23 Abs. 5 UmwStG, vgl. Oenings, DStR 2008, 279 (282). 91 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253 Rz. 26. Vgl. die Rechenbeispiele bei Görgen/Rüschoff, Ubg 2017, 453 unter 3.2. 92 R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 3 GewStR 2009; Oenings, DStR 2008, 279 (282). 93 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFHE 224, 364 Rz. 24 = FR 2009, 828 = GmbHR 2009, 496; BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 Rz. 86; BFH v. 14.12.1989 – IV R 117/88, BStBl. II 1990, 436 Rz. 20 = FR 1990, 339; R 10a Abs. Abs. 3 Satz 9 Nr. 4 GewStR 2009; Oenings, DStR 2008, 279 (284). 94 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFHE 224, 364 Rz. 29 = FR 2009, 828 = GmbHR 2009, 496.

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§ 24 Rz. 24.42 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

schafter entfallen, gehen endgültig unter95. Für die Ermittlung des bis zu seinem Ausscheiden entstandenen positiven Gewerbeertrags verlangt die Rechtsprechung eine stichtagsgenaue Berechnung96; nach Verwaltungsansicht ist der Betrag aus Vereinfachungsgründen anteilig aus dem Jahresbetrag zu ermitteln, sofern dies nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt97. Führt nicht der Geschäftsinhaber, sondern der atypische stille Gesellschafter im Zuge der Auflösung den Gewerbebetrieb insgesamt tatsächlich fort, gelten diese Regeln entsprechend98.

24.43 Die Gründe, warum der Geschäftsinhaber bzw. der atypische stille Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, sind für das Entfallen der Unternehmeridentität und damit den Untergang des Verlustvortrags unerheblich. Diese treten daher auch dann ein, wenn die Beteiligung des atypischen stillen Gesellschafters von diesem an einen Dritten veräußert oder vererbt wird99, der Geschäftsinhaber seinen Gewerbebetrieb samt stiller Beteiligung vererbt oder veräußert oder aus einer mehrgliedrigen atypischen stillen Gesellschaft einer der Mitunternehmer ausscheidet100. Auch die Umwandlung einer atypischen stillen Beteiligung in eine typische stille Beteiligung führt zum Untergang des auf den atypischen stillen Gesellschafter entfallenden Verlustvortrags101. 24.44 Verschiebungen zwischen den Vermögensrechten der an der atypischen stillen Gesellschaft beteiligten Personen – etwa veränderte Gewinn- und Verlust- bzw. Liquidationsverteilungsschlüssel – sowie die Übertragung von Anteilen von Mitunternehmeranteilen unter Mitunternehmern lassen die Unternehmeridentität hingegen unberührt. Unternehmeridentität verlangt nicht auch Beteiligungsidentität102. b) Inkurs: Doppelstöckige Personengesellschaften

24.45 Nimmt eine Personengesellschaft einen atypischen stillen Gesellschafter in ihren Geschäftsbetrieb auf, gilt nach der Rechtsprechung Folgendes: Erfüllen sowohl die Oberpersonengesellschaft als auch der stille Gesellschafter selbst alle Voraussetzungen eines Mitunternehmers, entsteht ggf. eine doppelstöckige Personengesellschaft103. Bei dieser 95 Vgl. FG Mecklenburg-Vorpommern v. 29.4.1998 – 1 K 12/97, EFG 1998, 1212 (1213 f.) für den Fall, dass der stille Gesellschafter seine atypische Beteiligung in die GmbH als Geschäftsinhaberin einlegt und der stille Gesellschafter zugleich alleiniger Anteilseigner der GmbH ist. 96 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFHE 224, 364 Rz. 29 = FR 2009, 828 = GmbHR 2009, 496. 97 R 10a 3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 9 Satz 3 GewStR 2009. 98 Oenings, DStR 2008, 279 (285). 99 Vgl. BFH v. 7.12.1993 – VIII R 160/86, BStBl. II 1994, 331 Rz. 16 (für KG) = FR 1994, 266. 100 Vgl. R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 1 GewStR 2009. 101 BFH v. 24.4.1958 – IV 4/57, BB 1958, 552. 102 BFH v. 17.1.2006 – VIII R 96/04, BFHE 213, 12 Rz. 23 = FR 2006, 557 = GmbHR 2006, 384. 103 Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine doppelstöckige Personengesellschaft entsteht, vgl. Rz. 22.68 f. Vgl. auch Schumacher, DStR 1998, 840.

838 | Lamprecht

Gewerbesteuer | Rz. 24.47 § 24

ist dann grundsätzlich die Oberpersonengesellschaft selbst als Mitunternehmerin der atypischen stillen Gesellschaft anzusehen104. Dies gilt nach der Rechtsprechung auch dann, wenn der atypische stille Gesellschafter selbst wiederum Mitunternehmer der Obergesellschaft ist (vgl. Rz. 24.10)105. Das Entstehen einer doppelstöckigen Struktur ändert nach der Rechtsprechung allerdings nichts daran, dass dann, wenn die Obergesellschaft ihren Betrieb in die atypische stille Gesellschaft einbringt und die Unternehmensidentität erhalten bleibt, vortragsfähige Verluste der im Zeitpunkt der Einbringung beteiligten Mitunternehmer mit dem Teil des Gewerbeertrags der atypischen stillen Gesellschaft verrechnet werden können, der auf die Obergesellschaft entfällt. Scheidet später einer der betreffenden Mitunternehmer aus der Obergesellschaft aus, geht der auf ihn entfallende Verlustvortrag unter106. Die Begrenzung der Verrechnung der vortragsfähigen Verluste auf den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Obergesellschaft entfällt, gilt dabei auch dann, wenn der atypische stille Gesellschafter als Mitunternehmer der Obergesellschaft selbst (Mit-)Träger dieser Verluste war. Die Rechtsprechung nimmt in diesen Fällen keine personenbezogene, sondern eine funktionsbezogene Betrachtung der Verlustträgerschaft vor107. Die Funktion als Mitunternehmer und (Mit-)Träger der Verluste der Obergesellschaft ist insofern von der Funktion als Mitunternehmer der atypischen stillen Gesellschaft zu unterscheiden.

24.46

Im Übrigen lassen allerdings Wechsel im Gesellschafterbestand der Obergesellschaft wegen der prinzipiellen Zuordnung der Mitunternehmerstellung zur Obergesellschaft (und nicht zu deren Gesellschafter) den Verlustvortrag auf Ebene der atypischen stillen Gesellschaft grundsätzlich unberührt108. Umgekehrt entfällt der Verlustabzug nach § 10a GewStG grundsätzlich auch dann, wenn der aus der Unterpersonengesellschaft ausscheidende Gesellschafter über die Oberpersonengesellschaft

24.47

104 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 Rz. 63 ff. 105 Kritisch Schulze zur Wiesche, DB 2015, 1487 (1490). Ihm zufolge wird der Gesellschafter der Obergesellschaft nur ausnahmsweise auch im Rahmen des stillen Gesellschaftsverhältnisses hinreichende Initiative entfalten können, damit er zusätzlich auch als Mitunternehmer der stillen Gesellschaft angesehen werden kann. Für den Einbezug der (atypischen) stillen Beteiligung in die Mitunternehmerstellung an der Obergesellschaft und damit im Ergebnis für eine einheitliche Mitunternehmerstellung auch Kanzler, FR 2009, 1140 (1141). 106 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253 Rz. 31 = FR 2014, 863 = GmbHR 2014, 890. Eingehend zu dieser Entscheidung Suchanek/Trinkhaus, Ubg 2014, 495; kritisch zu ihr Brandenberg in FS Crezelius, S. 275 (292 ff.). 107 Vgl. Wilke, BB 2014, 2408 (2408); Apitz, StBW 2014, 579; a.A. Oenings, DStR 2008, 279 (282). 108 BFH v. 6.9.2000 – IV R 69/99, BStBl. II 2001, 731 Rz. 11 ff. = FR 2001, 77 = GmbHR 2001, 77; BFH v. 13.11.1984 – VIII R 312/82, BStBl. II 1985, 334 Rz. 13 ff. = FR 1985, 276. Kritisch insoweit Suchanek/Trinkhaus, Ubg 2014, 495 (501), die auf Inkonsistenzen der Rspr. hinweisen.

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§ 24 Rz. 24.47 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

weiterhin mittelbar an der Unterpersonengesellschaft beteiligt bleibt109 – wenn also der ausscheidende stille Gesellschafter über eine andere Personengesellschaft mittelbar weiterhin an der atypisch stillen Gesellschaft beteiligt bleibt110.

24.48 Verschmilzt der atypische stille Gesellschafter auf eine Personengesellschaft als Geschäftsinhaber, endet die stille Gesellschaft ipso iure. In diesem Fall kann die Personengesellschaft die auf sie entfallenden Verlustvorträge aus ihrer Zeit als Geschäftsinhaberin der stillen Gesellschaft weiternutzen111. Dass Träger dieser Verlustverrechnung mit Beendigung der stillen Gesellschaft nicht mehr sie selbst, sondern ihre Mitunternehmer sind, schadet nicht. Ob ein nachfolgender Wechsel im Gesellschafterbestand der Personengesellschaft für den Fortbestand von Verlustvorträgen schädlich ist, soweit der Verlust aus der Betätigung als Geschäftsinhaberin der stillen Gesellschaft stammt, hat der BFH offengelassen112. c) Verlustvortrag und Mindestbesteuerung

24.49 Der maßgebende Gewerbeertrag wird gemäß § 10a GewStG um diejenigen Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Ein Verlustrücktrag ist – anders als im Einkommensteuerrecht – im Gewerbesteuerrecht nicht vorgesehen. Dies trägt der besonderen Abhängigkeit der Gemeindefinanzierung von der Gewerbesteuer Rechnung113. 24.50 Betragsmäßig wird der Verlustausgleich seit dem Erhebungszeitraum 2004114 durch die Mindestbesteuerung beschränkt, § 10a Satz 1 und 2 GewStG. Bis zu einem Betrag von 1 Mio. Euro ist der Gewerbeertrag demnach vollständig um bisher nicht ausgeglichene Fehlbeträge zu kürzen, darüber hinaus lediglich zu 60 %. Auch diese Regelung 109 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFHE 224, 364 Rz. 21 m.w.N. = FR 2009, 828 = GmbHR 2009, 496. Zu Verlustvorträgen bzgl. des Sonderbetriebsvermögens des ausscheidenden Gesellschafters vgl. BFH v. 6.9.2000 – IV R 69/99, BStBl. II 2001, 731 Rz. 17 = GmbHR 2001, 77; Kempermann, FR 2009, 828 (831). 110 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 = GmbHR 2009, 496 = DStR 2009, 683 (685). Die Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil ist vom BVerfG zurückgewiesen worden, BVerfG v. 27.7.2009 – 1 BvR 977/09, juris. Vgl. zur Entscheidung des BFH Behrens, BB 2009, 1169 sowie Suchanek/Trinkhaus, Ubg 2014, 495 (499), welche den Entscheidungsinhalt für inkonsistent mit dem Urteil des BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253 = FR 2014, 863 = GmbHR 2014, 890 halten. Bei ihnen auch Ausführungen zu Gestaltungsmöglichkeiten. 111 BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 Rz. 32 = GmbHR 2013, 375 = FR 2013, 623. 112 Einen Untergang der Verlustvorträge für systematisch vorzugswürdig erachtend Suchanek/Trinkhaus, Ubg 2014, 495 (500). 113 Vgl. BFH v. 31.7.1990 – I R 62/86, BStBl. II 1990, 1083 = FR 1991, 56; Drüen in Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 7/2019, § 10a GewStG Rz. 22 m.w.N. 114 Änderung durch das Gewerbesteueränderungsgesetz v. 23.12.2003, BStBl. I 2003, 2922.

840 | Lamprecht

Gewerbesteuer | Rz. 24.53 § 24

dient der Stetigkeit der Gemeindeeinnahmen und bedeutet in der Regel keine Vernichtung von nicht ausgeglichenen Verlustvorträgen, sondern lediglich die zeitliche Streckung des Verlustausgleichs. Insbesondere bei Unternehmensbeendigung oder bei Veränderung der Unternehmer- oder wirtschaftlichen Identität kommt es allerdings auch zu Definitiveffekten. Inwieweit solche Definitiveffekte verfassungsgemäß sind, ist weiterhin nicht abschließend geklärt115. Das FG hat deswegen gegenüber solchen Definitiveffekten bei einer atypischen stillen Gesellschaft Aussetzung der Vollziehung gewährt116. Die weitere Rechtsentwicklung ist abzuwarten; einschlägige Bescheide sind offen zu halten. Verfahrensmäßig wird der sich für den gesamten Gewerbebetrieb ergebende vortragsfähige Gewerbeverlust gesondert festgestellt. § 10 Satz 6 GewStG. Eine bindende Aufgliederung in die auf die einzelnen Mitunternehmer entfallenden Verlustanteile erfolgt nicht. Soweit auf die einzelnen Mitunternehmer bezogene Berechnungen erforderlich werden, um den neuen vortragsfähigen Gewerbeverlust zu ermitteln, erfolgt dies auf Grundlage nachrichtlicher Mitteilungen. Ein Rechtsbehelf gegen diese bereits im Verlustentstehungsjahr ist daher nicht gegeben; eine rechtliche Betroffenheit und damit auch Rechtsschutz entstehen erst mit Verrechnung117. Für die Bekanntgabe des Feststellungsbescheides gelten grundsätzlich dieselben Regeln wie für die Bekanntgabe des Gewerbesteuer- und des Gewerbesteuermessbetragsbescheids.

24.51

d) Die Anwendbarkeit von § 8c KStG auf die Gewerbesteuer § 8c KStG ist bei Körperschaften entsprechend anwendbar, § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG. Werden Anteile an der Körperschaft veräußert, geht nach dieser Vorschrift daher auch der gewerbesteuerliche Verlustvortrag der betreffenden Kapitalgesellschaft (ggf. anteilig) unter. Zur Frage, inwieweit das Eingehen einer atypischen stillen Beteiligung den Tatbestand des § 8c KStG erfüllt, vgl. Rz. 23.72 ff.

24.52

Ist die Körperschaft unmittelbar oder mittelbar als Mitunternehmerin an einer atypischen stillen Gesellschaft beteiligt, gelten § 8c und § 8d KStG gemäß § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG118 ebenfalls entsprechend für den vortragsfähigen Verlust zur Gewerbesteuer. Entfällt daher nach § 8c oder nach § 8d KStG der Verlustabzug der unmittelbar oder mittelbar beteiligten Körperschaft, schlägt dies (ggf. anteilig) auf die vorgetragenen Fehlbeträge bei der Ermittlung des Gewerbeverlustes der Mitunternehmerschaft durch.

24.53

115 Vgl. den Vorlagebeschluss an das BVerfG BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 Rz. 15 ff. = GmbHR 2014, 1099 = FR 2014, 1033. 116 FG Münster v. 22.5.2019 – 13 V 235/19 G, EFG 2019, 1223 Rz. 38. 117 FG Berlin-Brandenburg v. 26.6.2007 – 6 K 6317/06 B, EFG 2007, 1718 Rz. 18. 118 Eingefügt durch das JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794 und erstmals auf schädliche Beteiligungserwerbe nach dem 28.11.2008 anzuwenden.

Lamprecht | 841

§ 24 Rz. 24.54 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

6. Freibetrag, Steuermesszahl, Steuermessbetrag Hebesatz

24.54 Bei der Berechnung der Gewerbesteuer wird von einem Steuermessbetrag ausgegangen, der durch Anwendung der Steuermesszahl auf den Gewerbeertrag ermittelt wird (§ 11 Abs. 1 GewStG). Der Gewerbeertrag ist bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften um einen Freibetrag von 24.500 Euro zu kürzen. Für Erhebungszeiträume seit 2008 gilt gemäß § 11 Abs. 2 GewStG i.V.m. § 36 Abs. 9a GewStG für alle Gewerbebetriebe eine einheitliche Steuermesszahl i.H. von 3,5 %. 24.55 Der Freibetrag i.H. von 24.500 Euro wird für den einzelnen Gewerbebetrieb eingeräumt, dem gewerbesteuerrechtliche Selbständigkeit zukommt, nicht jeweils jedem einzelnen Mitunternehmer119. Durch die Beteiligung eines oder auch mehrerer stiller Beteiligter an dem ganzen Geschäftsbetrieb lässt sich daher eine Vervielfältigung des Freibetrags nicht erreichen, da in diesen Fällen weiterhin nur ein Gewerbebetrieb vorliegt. Anders verhält es sich, wenn durch die Beteiligung eines stillen Gesellschafters nur an Teilen des Geschäftsbetriebs des Inhabers die Einräumung der atypischen stillen Beteiligung zur Entstehung mehrerer Gewerbebetriebe führt (vgl. Rz. 24.13 ff.). 24.56 Der Freibetrag soll in typisierender Form einen fiktiven Unternehmerlohn berücksichtigen und auf diese Weise natürliche Personen und Personengesellschaften mit Kapitalgesellschaften gleichstellen, die ihrerseits den Gewinn um Geschäftsführergehälter mindern können, auch wenn sie an ihre Gesellschafter gezahlt werden. Der Freibetrag wird ungeachtet dessen auch dann gewährt, wenn der Geschäftsinhaber oder der atypische stille Gesellschafter selbst der Körperschaftsteuer unterliegen. Dies liegt innerhalb der Typisierungskompetenz des Gesetzgebers. Eine einschränkende Auslegung ist auch dann nicht geboten, wenn die stille Gesellschaft nur zwischen KSt-Subjekten besteht120. Durch das Eingehen einer GmbH & atypisch Still lässt sich insoweit daher im Verhältnis zur Errichtung einer einfachen GmbH ein Steuervorteil erzielen. Bei einem Gewerbesteuerhebesatz von 400 % beträgt dieser bei voller Ausschöpfung immerhin 24.500 Euro × 3,5 % × 400 % = 3430 Euro Gewerbesteuer. 24.56a Wird ein Gewerbebetrieb im Laufe des Jahres neu eröffnet, wird der Freibetrag gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GewStG ungekürzt gewährt. Die früher im Gesetz vorgesehene zeitanteilige Kürzung des Freibetrags ist vom Gesetzgeber durch StBerG 1986 aufgehoben worden. Wird ein Gewerbebetrieb unterjährig unter anfänglicher Beteiligung eines atypischen stillen Gesellschafters sachlich neu gegründet, steht ihm der Freibetrag daher ungekürzt zu. 24.56b Bezugspunkt des Freibetrags ist der Ertrag, den der vom jeweiligen Rechtsträger losgelöste Gewerbebetrieb an sich erwirtschaftet, und nicht der von einem bestimmten Steuersubjekt bezogene Gewinn oder Gewinnanteil. Kommt es innerhalb eines Erhebungszeitraums bei ungeändertem sachlichen Gewerbebetrieb zu einem Wechsel der persönlichen Steuerpflicht, kommt eine Aufteilung des Freibetrags auf die beiden Steuerschuldner pro rata temporis daher nicht in Betracht. In diesem Fall ist vielmehr 119 BFH v. 8.2.1995 – I R 127/93, BStBl. II 1995, 764 Rz. 38 = FR 1995, 789. 120 BFH v. 30.8.2007 – IV R 47/05, BStBl. II 2008, 200 Rz. 17 ff. mit kritischer Anmerkung von Wendt, FR 2008, 384 (384 f.).

842 | Lamprecht

Gewerbesteuer | Rz. 24.59 § 24

für den gesamten Erhebungszeitraum des Rechtsformwechsels der Gewerbesteuermessbetrag einheitlich und daher unter einmaliger, aber ungeminderter Berücksichtigung des Freibetrags zu ermitteln und sodann im prozentualen Verhältnis der von den beiden Steuerschuldnern erzielten Gewerbeerträge samt den auf sie entfallenden Hinzurechnungen und Kürzungen zu verteilen121. Bringt ein Einzelunternehmer oder eine Personengesellschaft (den beiden selbst der Freibetrag zusteht) unterjährig einen Gewerbebetrieb als atypischer stiller Gesellschafter in eine GmbH & atypisch Still ein, ist daher so zu verfahren. Bringt eine – nicht freibetragsberechtigte – Kapitalgesellschaft unterjährig ihren gesamten Gewerbebetrieb in eine atypische stille Gesellschaft ein, soll einem nicht rechtskräftigen Urteil des FG Münster zufolge der neu gegründeten atypischen stillen Gesellschaft der Freibetrag hingegen nur zeitanteilig zustehen122. Dieser Auffassung dürfte indes wertungsmäßig kaum Folge zu leisten sein. Sie steht im Widerspruch zu dem im Urteil des BFH vom 25.4.2018 niedergelegten Aufteilungsmaßstab sowie dazu, dass der Freibetrag grundsätzlich auch der GmbH & atypisch Still zusteht und grundsätzlich nicht zeitanteilig aufzuteilen ist. Die Auffassung des FG Münster führte auch zu dem absonderlichen Ergebnis, dass wenn eine Kapitalgesellschaft unterjährig lediglich einen Teil ihres Gewerbebetriebes in eine atypische stille Gesellschaft einbringt, der Freibetrag wegen Begründung eines neuen Gewerbebetriebes vollständig, bei Einbringung ihres gesamten Gewerbebetriebes aber nur zeitanteilig zu gewähren wäre.

24.56c

Der Steuermessbetrag wird für den Erhebungszeitraum – das Kalenderjahr – nach dessen Ablauf gebildet. Besteht die Gewerbesteuerpflicht nicht für das ganze Kalenderjahr, so tritt an dessen Stelle der Zeitraum der Steuerpflicht, der sog. abgekürzte Erhebungszeitraum, § 14 Satz 2 GewStG.

24.57

Aufgrund des Steuermessbetrages wird die Gewerbesteuer nach dem Hebesatz festgesetzt und erhoben, der von der hebeberechtigten Gemeinde festgesetzt ist. Der Hebesatz muss für alle in der Gemeinde vorhandenen Unternehmen gleich sein und beträgt mindestens 200 %, § 16 Abs. 4 GewStG.

24.58

7. Anrechnung der Gewerbesteuer gemäß § 35 EStG Die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer ist nach Maßgabe des § 35 EStG auf die tarifliche Einkommensteuer des Gewerbetreibenden anzurechnen123. Dies gilt auch für Mitunternehmer, die sich in Form einer atypischen stillen Gesellschaft zusammengeschlossen haben124. Inwieweit die Gewerbesteuer für den Geschäftsinhaber und den atypischen stillen Gesellschafter zu einer effektiven Belastung führt, bemisst sich daher entscheidend danach, ob und inwieweit § 35 EStG eine Anrechnung der Gewerbesteu-

121 BFH v. 25.4.2018 – IV R 8/16, BStBl. II 2018, 484 Rz. 23 ff. = FR 2018, 663. 122 FG Münster v. 18.10.2018 – 10 K 4079/16 G, EFG 2019, 127 Rz. 40 ff. 123 Vgl. zur Verfassungskonformität der Regelung BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 Rz. 68 ff. 124 Vgl. inzident BFH v. 7.4.2009 – IV B 110/08, juris Rz. 35 ff.

Lamprecht | 843

24.59

§ 24 Rz. 24.59 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

er auf die Einkommensteuer gestattet. Ohne Anrechnung kann es zu einer kumulierten Steuerbelastung aus Einkommen- und Gewerbesteuer von mehr als 60 % kommen. Die Vorschrift ist deshalb für die Steuerplanung von zentraler Bedeutung. In Hinblick auf stille Gesellschaften wirft sie indes kaum spezifische Probleme auf.

24.60 In den Genuss der Anrechenbarkeit kommen nur natürliche Personen. Auf die Körperschaftsteuer ist die Gewerbesteuer nicht anrechenbar. Angerechnet wird vielmehr ausschließlich auf die tarifliche Einkommensteuer – gemindert um anzurechnende ausländische Steuern und gewisse weitere Steuerermäßigungen (geminderte tarifliche Steuer), vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1, 4 EStG. Anrechenbar ist grundsätzlich das 3,8-fache des Gewerbesteuermessbetrags, der für den Erhebungszeitraum festgesetzt worden ist, der dem betreffenden Veranlagungszeitraum bei der Einkommensteuer entspricht, § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GewStG. Die Belastungswirkung der Gewerbesteuer wird durch die Anrechenbarkeit auf die Einkommensteuer daher allenfalls insoweit beseitigt, als der Hebesatz der Betriebsstätten-Gemeinde nicht 380 % übersteigt. Beschränkt ist die Anrechenbarkeit auf die tatsächlich – nach dem GewSt-Bescheid125 – zu zahlende Gewerbesteuer, § 35 Abs. 1 Satz 5 GewStG. Liegt der Gewerbesteuer-Hebesatz der Gemeinde unter 380 %, begrenzt dies daher die Anrechenbarkeit der Gewerbesteuer. Die geminderte tarifliche Steuer wird zudem höchstens um den Teil gemindert, mit dem sie auf die betreffenden positiven gewerblichen Einkünfte entfällt (Ermäßigungshöchstbetrag); zur Ermittlung dieses Betrages ist die Summe der positiven gewerblichen Einkünfte durch die Summe aller positiven Einkünfte des Steuerpflichtigen zu teilen, § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG126. Hinzurechnungen zum Gewerbeertrag gemäß § 8 GewStG, die zwar die Gewerbesteuer, nicht aber die Einkommensteuer des Gewerbetreibenden erhöhen, erhöhen deswegen nicht den Ermäßigungshöchstbetrag127. Dies gilt auch für die Gewinnanteile typischer stiller Gesellschafter (§ 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG). 24.61 Die Gewerbesteuer-Anrechnung wirkt sich auf die Höhe des Solidaritätszuschlages, nicht aber auf die Kirchensteuer aus, § 51a Abs. 2 Satz 3 EStG128. Ein Vor- oder Rücktrag anrechnungsfähiger Beträge ist nicht vorgesehen. Liegt die geminderte tarifliche Steuer – etwa aufgrund eines Verlustausgleichs mit anderen negativen Einkünften in dem betreffenden Veranlagungszeitraum – unter der Gewerbesteuerbelastung, geht Anrechnungspotential daher endgültig verloren129. 24.62 Bei Mitunternehmerschaften wie der atypischen stillen Gesellschaft sind der Betrag des Gewerbesteuer-Messbetrags, die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer und der auf die einzelnen Mitunternehmer entfallende Anteil an ihnen einheitlich und geson125 Vgl. BMF v. 24.2.2009 – IV C 6 - S 2296-a/08/10002, BStBl. I 2009, 440 Rz. 7. 126 Vgl. die Berechnungsbeispiele im BMF-Schreiben v. 24.2.2009 – IV C 6 - S 2296-a/08/ 10002, BStBl. I 2009, 440 Rz. 17 f. 127 Vgl. zu dieser Zielsetzung der Regelung BT-Drucks. 14/3366, 113. 128 Gosch in Kirchhof, § 35 EStG Rz. 4. 129 Keine verfassungsrechtlichen Bedenken insoweit erkennend BFH v. 7.4.2009 – IV B 110/08, juris Rz. 40; BFH v. 23.4.2008 – X R 32/06, BStBl. II 2009, 7 Rz. 39 ff. = FR 2009, 188.

844 | Lamprecht

Gewerbesteuer | Rz. 24.64 § 24

dert festzustellen, § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG. Für die Bestimmung des Anteils des einzelnen Mitunternehmers ist nach § 35 EStG nicht die steuerliche Gewinnverteilung, sondern der allgemeine, zivilrechtliche Gewinnverteilungsschlüssel in der Mitunternehmerschaft maßgeblich130; Vorabgewinnanteile sind hierbei nicht zu berücksichtigen, § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG. Unter dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel ist grundsätzlich das Verhältnis der festen Kapitalanteile der Mitunternehmer zueinander zu verstehen. Zu den unbeachtlichen Vorabgewinnen gehören Sondervergütungen i.S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG, aber auch zivilrechtliche Vorabgewinne131. Die Anknüpfung an den zivilrechtlichen Gewinnverteilungsschlüssel in § 35 EStG ist insoweit konsequent, als die Gewerbesteuer bei Gesamthandsgesellschaften von allen Mitunternehmern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit gemeinsam als Betriebsausgabe getragen wird132. Sie lässt aber unberücksichtigt, dass die einzelnen Mitunternehmer durch Ein- und Austritte sowie Sondervergütungen i.S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG in unterschiedlichem Maße zum Anrechnungsvolumen beitragen und der Gewerbesteueraufwand daher in Gesellschaftsverträgen häufig nach Verursachungsanteilen unter den Gesellschaftern aufgeteilt wird. Das Abstellen auf den allgemeinen zivilrechtlichen Gewinnverteilungsschlüssel in § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG verfehlt daher eine Kongruenz von tatsächlicher Gewerbesteuerbelastung des Mitunternehmers und Zuweisung von Anrechnungsvolumen; vielmehr wird das Anrechnungsvolumen unter den Mitunternehmern sozialisiert. Soll dieser Effekt kompensiert werden, bedarf es entsprechender Ausgleichsklauseln im Gesellschaftsvertrag. Ein angemessener Ausgleich unter den Mitunternehmern ist allerdings nicht einfach zu finden. Mitunternehmer, die einen über ihren Verursachungsbeitrag hinausgehenden Anteil zugewiesen erhalten, werden diesen nämlich häufig gar nicht vollständig nutzen können. Wollen Gesellschafter ihren Mitgesellschaftern nicht weitgehenden Einblick in ihre eigenen steuerlichen Verhältnisse gewähren, kommen letztlich nur pauschalierende gesellschaftsvertragliche Regelungen in Betracht.

24.63

Eine Anrechnung erfolgt auch in mehrstöckigen Personengesellschaften133. Sind der Geschäftsinhaber oder der atypische stille Gesellschafter als Personengesellschaften steuerpflichtig, sind die anteiligen Gewerbesteuer-Messbeträge, die aus der atypischen stillen Beteiligung stammen, gemäß § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG einzubeziehen. Eine Durchleitung durch Kapitalgesellschaften, die an Mitunternehmerschaften beteiligt sind, kommt nach dieser Vorschrift hingegen nicht in Betracht. Dem steht die Abschirmwirkung der Vermögenssphäre der Kapitalgesellschaft entgegen. Nach Auffassung des IV. Senats des BFH gilt dies auch dann, wenn die Kapitalgesellschaft selbst

24.64

130 Dies ausdrücklich auch für atypische stille Gesellschaften bestimmend BMF v. 24.2.2009 – IV C 6 - S 2296-a/08/10002, BStBl. I 2009, 440 Rz. 19. 131 Vgl. BFH v. 7.4.2009 – IV B 109/08, BStBl. II 2010, 116 Rz. 32 = EStB 2009, 224 m. Anm. Schwetlik; Wendt, FR 2009, 1002. 132 Kritisch Levedag in HHR, EStG/KStG, Stand: 10/2019, § 35 EStG Rz. 119 m.w.N. 133 Vgl. BMF v. 25.11.2010 – IV C 6 - S 2296-a/09/10001, BStBl. I 2010, 1312 mit anschaulichem Rechenbeispiel.

Lamprecht | 845

§ 24 Rz. 24.64 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

eine Organgesellschaft ist und Organträger natürliche Personen oder eine Personengesellschaft sind134. 8. Verfahrensrecht a) Festsetzung von Gewerbesteuer-Messbetrag und Gewerbesteuer sowie Feststellung des vortragsfähigen Verlusts zur Gewerbesteuer

24.65 Inhaltsadressat von Steuerbescheiden ist der Steuerschuldner. Dies ist bei atypischen stillen Gesellschaften für die Gewerbesteuer allein der Geschäftsinhaber. Mangels eigener Rechtssubjektivität kann die atypische stille Gesellschaft nicht Vollstreckungsschuldnerin und demnach auch nicht subjektiv steuerpflichtig sein. Auch der stille Gesellschafter ist nicht subjektiv gewerbesteuerpflichtig. Dies ist lediglich der Geschäftsinhaber (vgl. Rz. 24.23 f.). An ihn sind daher die Bescheide über Gewerbesteuer, Gewerbesteuermessbetrag und auch über den vortragsfähigen Verlust zur Gewerbesteuer als Inhaltsadressaten zu richten135. 24.66 Bescheide, deren Inhalt sich nicht bestimmen lässt oder die an eine nicht existente Person gerichtet sind bzw. einen nicht existenten Gewerbebetrieb betreffen, sind nichtig. Gewerbesteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide, die – fehlerhaft – an die atypische stille Gesellschaft – etwa als „GmbH & atypisch Still“ – als Inhaltsadressaten adressiert werden, droht daher das Nichtigkeitsverdikt136. Mangels Rechtssubjektivität ist die atypische stille Gesellschaft als Inhaltsadressatin nämlich rechtlich nicht existent. Allerdings sind Steuerbescheide auch hinsichtlich ihres Inhaltsteils auslegungsfähig. Die Rechtsprechung ist daher dazu übergegangen, fehlerhaft an die „atypische stille Gesellschaft“ adressierte Bescheide geltungserhaltend dahin auszulegen, dass diese inhaltlich an den Geschäftsinhaber gerichtet seien137. Hierauf sollten sich Finanzbehörden bei der Adressierung von Bescheiden im Zusammenhang mit atypischen stillen Gesellschaften allerdings keinesfalls verlassen, sondern sind bei der Adressierung zu größter Präzision aufgerufen. Wie die zahlreichen

134 BFH v. 22.9.2011 – IV R 3/10, BStBl. II 2012, 14 Rz. 15 ff. = EStB 2012, 15 m. Anm. Aweh = FR 2012, 371. Kritisch zur Entscheidung des BFH Bäuml, FR 2013, 1121 (1127). Vgl. auch die Kurzinformation der OFD Koblenz v. 30.3.2012 – S 2296a-St 31 3, juris, welche die Rechtsauffassung des BFH ebenfalls nicht teilt. 135 BFH v. 25.10.1995 – I R 77/93, BFH/NV 1996, 506 Rz. 15 = GmbHR 1996, 637; BFH v. 25.7.1995 – VIII R 54/93, BStBl. II 1995, 794 Rz. 23 = GmbHR 1995, 908; BFH v. 14.9.1989 – IV R 85/88, BFH/NV 1990, 591 Rz. 12; Anm. 2.4.1 AEAO zu § 122. 136 Nichtigkeit annehmend BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 Rz. 62 f. = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363; BFH v. 12.11.1985 – VIII R 414/83, BFH/NV 1987, 393 Rz. 18 ff.; aufgrund der zuvor erfolgten Änderung der Rspr. lediglich Rechtswidrigkeit, nicht aber Nichtigkeit annehmend BFH v. 10.11.1993 – I R 20/93, BStBl. II 1994, 327 Rz. 21 ff. = GmbHR 1994, 347 = FR 1994, 228. Vgl. ferner BFH v. 14.9.1989 – IV R 85/88, BFH/NV 1990, 691 Rz. 7; BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 Rz. 63 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363; BFH v. 22.6.1983 – I R 55/80, BStBl. II 1984, 63 Rz. 19 ff. = FR 1984, 22 = GmbHR 1984, 107. 137 BFH v. 14.9.1989 – IV R 85/88, BFH/NV 1990, 591 Rz. 12; FG Köln v. 14.7.2010 – 4 K 3505/07, EFG 2011, 1083 Rz. 38, 41.

846 | Lamprecht

Gewerbesteuer | Rz. 24.69 § 24

Gerichtsentscheidungen hierzu belegen, unterlaufen insoweit immer wieder unnötige Fehler. Berater sollten Bescheide hierauf sorgfältig untersuchen138. Zum zwingenden Inhalt von Gewerbesteuermessbetragsbescheiden gehört zudem die Entscheidung über die sachliche Steuerpflicht, § 184 Abs. 1 Satz 2 AO. Gleiches ist für den Gewerbesteuerbescheid gemäß § 157 Abs. 1 Satz 2 AO anzunehmen. Bei periodischen Steuern genügt hierfür grundsätzlich die Angabe der Steuer und des Steuerjahres. Unterhält ein Gewerbetreibender aber nicht nur einen, sondern mehrere Gewerbebetriebe, bedarf es für eine hinreichende inhaltliche Bestimmtheit des Bescheides allerdings auch der Spezifizierung, für welchen der verschiedenen Gewerbebetriebe der Messbetrag festgesetzt wird139. Bei atypischen stillen Gesellschaften ist dementsprechend grundsätzlich im Bescheid auch mitzuteilen, dass die Steuer für die sachlich steuerpflichtigen Mitunternehmer der atypischen stillen Gesellschaft festgesetzt wird. Diese sind hinreichend zu spezifizieren140, bei überschaubarer Anzahl der Mitunternehmer kann dies durch Angabe deren Namen geschehen. Fehlt eine ausdrückliche Mitteilung, kann sich wiederum im Wege der Auslegung ergeben, dass der Bescheid sachlich die atypische stille Gesellschaft betrifft141.

24.67

Auch Klagen und andere Prozesshandlungen, die fehlerhaft statt im Namen des Geschäftsinhabers im Namen der – prozessunfähigen – atypischen stillen Gesellschaft abgegeben werden, sind ggf. i.S. von Art. 19 Abs. 4 GG rechtsschutzwahrend dahingehend umzudeuten, dass Erklärender nicht die atypische stille Gesellschaft, sondern der Geschäftsinhaber ist. Raum für eine vom Wortlaut abweichende Auslegung besteht insoweit nur dann nicht, wenn die Prozesserklärung nicht nur klar und eindeutig ist, sondern offensichtlich auch dem bekundeten Willen des Beteiligten entspricht142.

24.68

Atypische stille Gesellschafter sind zu den Verfahren zur Festsetzung bzw. Feststellung von Gewerbesteuer, Gewerbesteuermessbetrag und vortragsfähigem Verlust zur Gewerbesteuer weder gemäß § 360 AO notwendig hinzuzuziehen noch gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen143. Auch eine Beiladung des atypischen stillen Gesellschafters gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 FGO ist grundsätzlich unzulässig; mangels Steuer- oder Haftungsschuld für die Gewerbesteuer werden seine Interessen durch den Streitgegenstand grundsätzlich nicht berührt144. Erst recht scheidet die Beiladung

24.69

138 So auch Paus, EStB 2017, 284 (287). 139 BFH v. 20.3.2013 – X R 38/11, BFH/NV 2013, 1125 Rz. 21. 140 Vgl. BFH v. 14.9.1989 – IV R 85/88, BFH/NV 1990, 691 Rz. 12; FG Köln v. 14.7.2010 – 4 K 3505/07, EFG 2011, 1083 Rz. 40; FG Mecklenburg-Vorpommern v. 29.4.1998 – 1 K 12/97, EFG 1998, 1212 (1212 f.). 141 Vgl. FG Hamburg v. 29.4.2004 – VI 75/02, FGReport 2004, 74 Rz. 35. 142 BFH v. 20.12.2012 – IV B 141/11, BFH/NV 2013, 574 Rz. 8. Dort auch zur Rechtsmittelbefugnis, wenn gerade Streit darüber besteht, wer an einem Verfahren tatsächlich beteiligt war. Vgl. zu den früheren, sehr viel strengeren Anforderungen an die Umdeutung des Inhaltsadressaten eines Bescheides BFH v. 12.11.1985 – VIII R 414/83, BFH/NV 1987, 393 Rz. 21. 143 St. Rspr. BFH v. 31.8.1999 – VIII R 22/98, BFH/NV 2000, 420 Rz. 10 f. m.w.N. = GmbHR 2000, 292; BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355 Rz. 12. 144 BFH v. 24.11.1988 – VIII B 90/87, BStBl. II 1989, 145 Rz. 12 = GmbHR 1989, 308.

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§ 24 Rz. 24.69 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

oder Hinzuziehung der stillen Gesellschaft als solcher aus, da diese nicht rechtsfähig ist145.

24.70 Zuständig für den Erlass des Gewerbesteuermessbescheids ist gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 AO das Betriebsfinanzamt. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO ist dies das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung des gewerblichen Betriebes, also des Inhabers des Handelsgeschäfts, befindet. Diese Regelung, die keinen Raum für eine Zuständigkeit des Körperschaftsteuer-Finanzamtes lässt146, ist sinnvoll, da somit das gleiche Finanzamt für die gesonderte Feststellung für einkommensteuerliche Zwecke und für den Erlass des Gewerbesteuer-Messbescheides zuständig ist. 24.71 Ermittelt wird der Gewerbeertrag unabhängig von den bei der Einkommensbesteuerung getroffenen Feststellungen. Hat das Finanzamt im Verfahren zur einheitlichen Gewinnfeststellung für die Zwecke der Einkommensteuer das Vorliegen einer atypischen stillen Gesellschaft verneint, ist diese Entscheidung für das Gewerbesteuerverfahren daher nicht verbindlich. Ob eine atypische stille Gesellschaft vorliegt und wie bei ihr Gewinn und Verlust verteilt werden, ist bei der Gewerbesteuerveranlagung vielmehr unabhängig von der Entscheidung im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren zu ermitteln147. 24.72 Der Geschäftsinhaber kann daher bei der Gewerbesteuerveranlagung Einwendungen gegen die Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb unabhängig von der Veranlagung bei der Einkommen- oder Körperschaftsteuer vorbringen. Er braucht jedoch den Gewerbesteuermessbescheid nur anzufechten, wenn er eine Änderung des Gewinns aus Gewerbebetrieb für die Zwecke der Gewerbesteuer anstrebt, und zwar aus Gründen, die die Höhe des für die Einkommen- oder Körperschaftsteuer ermittelten Gewinns nicht beeinflussen. Erhebt er dagegen gegen den Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheid Einwendungen, die den einkommen- oder körperschaftsteuerlich maßgebenden Gewinn und den gewerbesteuerlich maßgebenden Gewinn gleichermaßen beeinflussen, so braucht der Gewerbesteuermessbescheid nicht besonders angefochten zu werden, weil nach § 35b GewStG der Gewerbesteuermessbescheid von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen ist, wenn der Einkommensteueroder Körperschaftsteuerbescheid oder ein Feststellungsbescheid geändert wird und dies die Höhe des Gewinns aus Gewerbebetrieb berührt. Die Änderung des Gewinns ist in dem neuen Gewerbesteuermessbescheid insoweit zu berücksichtigen, als sie die Höhe des Gewerbeertrags beeinflusst. Das gilt auch für den Fall, dass der Gewerbesteuermessbescheid, der von Amts wegen zu ersetzen ist, bereits unanfechtbar geworden ist. Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids (§ 171 Abs. 10 AO). Im Wege der Anfechtung der einheitlichen 145 BFH v. 11.1.2001 – VIII B 83/00, BFH/NV 2001, 578 Rz. 19; BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 Rz. 18 ff. = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363. 146 BFH v. 15.12.1992 – VIII R 42/90, BStBl. II 1994, 702 Rz. 39 ff. = FR 1993, 436. 147 St. Rspr., vgl. BFH v. 21.9.2000 – IV R 50/99, BStBl. II 2001, 299 Rz. 15 m.w.N. = FR 2001, 186.

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Gewerbesteuer | Rz. 24.72c § 24

und gesonderten Gewinnfeststellung kann daher ggf. mittelbar auch der atypisch stille Gesellschafter Einfluss auf die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags nehmen, obschon er hinsichtlich dieser unmittelbar keine Einspruchs- und Anfechtungsbefugnis besitzt. Dies gilt auch, soweit lediglich die Aufteilung der Verluste zwischen den Mitunternehmern in Streit steht. § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG ist auch anzuwenden, soweit sich lediglich die abziehbaren Fehlbeträge i.S. von § 10a GewStG ändern148. b) Erfordernis einer doppelten gewerbesteuerlichen Veranlagung bei doppelstöckigen Strukturen Die atypische stille Gesellschaft ist stets als solche gewerbesteuerlich zu veranlagen. Darüber hinaus bedarf es einer zweiten gewerbesteuerlichen Veranlagung, wenn der Inhaber gesondert von der stillen Gesellschaft noch einen weiteren Gewerbebetrieb führt. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn die atypische stille Gesellschaft an einem Teil seines Gewerbebetriebes besteht, sondern auch dann, wenn die Tätigkeit des Inhabers bereits kraft gesetzlicher Fiktion einen Gewerbebetrieb darstellt und das Eingehen einer atypischen stillen Gesellschaft daher zu einer doppelstöckigen Struktur führt. Dies ist in der Praxis eine häufige Konstellation. Sie tritt bei Kapitalgesellschaften als Inhaber gem. § 2 Abs. 2 GewStG stets ein und bei Personengesellschaften als Inhaber dann, wenn auf sie § 15 Abs. 3 EStG Anwendung findet (vgl. Rz. 24.45 ff.).

24.72a

Konsequenz der Entstehung einer solchen doppelstöckigen Struktur ist, dass auch zwei gewerbesteuerliche Veranlagungsverfahren durchzuführen sind149. Der Gewinnund Verlustanteil des Inhabers aus der atypischen stillen Gesellschaft fließt dann in seinen Gewerbebetrieb kraft gesetzlicher Fiktion ein und wird dort vielfach die einzige Ertragsquelle sein. Zu einer gewerbesteuerlichen Doppelbelastung kommt es auf Grund der Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 2 GewStG dennoch nicht. Häufig wird der lediglich auf Grund gesetzlicher Fiktion bestehende Gewerbebetrieb des Inhabers vielmehr weder einen positiven noch einen negativen Gewerbeertrag aufweisen und deswegen sehr einfach zu veranlagen sein.

24.72b

Dass bei dem Eingehen einer atypischen stillen Gesellschaft mit einem Inhaber, der bereits kraft gesetzlicher Fiktion einen Gewerbebetrieb betreibt, eine doppelstöckige Struktur entsteht, ist erst durch das Urteil des BFH vom 8.12.2016150 von der Rechtsprechung klar herausgearbeitet worden151. Wegen der Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 2 GewStG hat auch die Finanzverwaltung in der Vergangenheit vielfach von der

24.72c

148 BFH v. 28.2.2001 – I R 77/00, BFH/NV 2001, 1293 Rz. 10 ff. 149 Eine Veranlagung gewerbesteuerlich ausdrücklich für erforderlich erachtend BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BFHE 256, 175 Rz. 24, 27 = BStBl. II 2017, 538 = GmbHR 2017, 326; Schießl, jurisPR-SteuerR 13/2017 Anm. 4. 150 BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BFHE 256, 175 Rz. 27 = BStBl. II 2017, 538 = GmbHR 2017, 326. 151 Deswegen noch anders die Vorinstanz, vgl. FG Münster v. 27.6.2012 – 7 K 3732/10 G, EFG 2012, 1956 Rz. 43.

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§ 24 Rz. 24.72c | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

gesonderten gewerbesteuerlichen Veranlagung der Obergesellschaft abgesehen152. Aus der Gewerbesteuer-Richtlinie geht die Notwendigkeit einer solchen zweiten Veranlagung weiterhin nicht mit der gebotenen Klarheit hervor (vgl. 5.1 (2), Satz 3 GewStR 2009). In der Literatur wird daher dafür geworben, dass Steuerpflichtige und Finanzverwaltung im Einvernehmen von einer solchen zweiten Veranlagung weiterhin absehen153. Hierfür ist aber keine Rechtsgrundlage erkennbar. Für die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen hat der BFH vielmehr ausdrücklich entschieden, dass die Besteuerungsgrundlagen für die atypische stille Gesellschaft als Untergesellschaft und die betreffende Obergesellschaft nicht in einem Bescheid zusammen gesondert und einheitlich festgestellt werden können. Ein betreffender Bescheid ist vielmehr rechtswidrig154. Unter Umständen droht wegen mangelnder Bestimmtheit seines Inhaltsadressaten sogar seine Nichtigkeit. Auch abgesehen hiervon kann in doppelstöckigen Strukturen nicht von einer zweiten gewerbesteuerlichen Veranlagung abgesehen werden. Denn den Bescheiden im Rahmen der zweiten Veranlagung für die Obergesellschaft kommt vielfach auch dann praktische Bedeutung zu, wenn sie zu keiner gewerbesteuerlichen Belastung führen. Denn sie bilden die erforderlichen Grundlagenbescheide für die Feststellung gem. § 35 Abs. 2 EStG und damit die Voraussetzung dafür, dass eine natürliche Person, die an der Obergesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, die für atypische stille Gesellschaft gezahlte Gewerbesteuer auf ihre Einkommensteuer anrechnen kann. Es ist daher davon abzuraten, selbst im Einvernehmen mit der Finanzbehörde von dieser zweiten gewerbesteuerlichen Veranlagung des Inhabers abzusehen. c) Gesonderte und einheitliche Feststellung gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG

24.73 Anders als bei der Gewerbesteuer sind bei der Einkommensteuer Steuerschuldner für die aus der atypischen stillen Gesellschaft erzielten Einkünfte der Geschäftsinhaber und der atypische stille Gesellschafter gleichermaßen. Sie sind daher auch die Inhaltsadressaten der gesonderten und einheitlichen Feststellung gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG – nicht anders als bei der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung für die atypische stille Gesellschaft. Es kann daher grundsätzlich auf die Ausführungen zum Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung verwiesen werden (vgl. Rz. 22.152 ff.).

152 Vgl. OFD Rostock v. 19.12.1999 – S 2241 – St 23, DStR 2000 591 (594). Eine Veranlagung hatte ebenfalls als entbehrlich angesehen Kraus, Die mitunternehmerische Innengesellschaft in der Gewerbesteuer, S. 81 f. 153 Paus, EStB 2017, 284 (287). 154 BFH v. 13.10.2016 – IV R 20/14, BFH/NV 2017, 475 Rz. 29 ff. m. Anm. Görden, GmbH-StB 2017, 140.

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Gewerbesteuer | Rz. 24.75 § 24

III. Die typische stille Gesellschaft 1. Allgemeines – Vor- und Nachteile gegenüber atypischen stillen Gesellschaften Typische stille Gesellschaften werden gewerbesteuerlich – ebenso wie bei der Einkommensteuer – nicht als Mitunternehmerschaft, sondern grundsätzlich lediglich wie ein qualifiziertes Kreditverhältnis besteuert. Durch das Eingehen einer typischen stillen Gesellschaft wird der stille Gesellschafter daher – anders als bei der atypischen stillen Gesellschaft – nicht selbst objektiv gewerbesteuerpflichtig. Betrieben wird der Gewerbebetrieb vielmehr ausschließlich vom Geschäftsinhaber. Nur der Geschäftsinhaber ist auch i.S. von § 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG Unternehmer und damit Steuerschuldner der Gewerbesteuer155. Die Vereinbarung einer typischen stillen Gesellschaft hat daher grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Gewerblichkeit einer Tätigkeit des Geschäftsinhabers156. Sie schließt folglich – anders als das Eingehen einer atypischen stillen Beteiligung – auch nicht die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG aus157. Ebenso wenig berührt sie die Frage, ob ein oder mehrere Gewerbebetriebe vorliegen158, die Wirksamkeit eines Organschaftsverhältnisses159, die Unternehmer- und Unternehmensidentität und damit auch nicht die Nutzbarkeit von Verlusten bei der Gewerbesteuer160. Ist an einer typischen stillen Gesellschaft ein KStSubjekt beteiligt, kommt es – anders als bei atypischen stillen Gesellschaften – daher auch nicht zu einer entsprechenden Anwendung von § 8c KStG161. Die Vereinbarung einer typischen stillen Gesellschaft hat gewerbesteuerlich demnach im Vergleich zur Vereinbarung einer atypischen stillen Gesellschaft diverse Vorteile. Zu ihnen gehört auch, dass sich in mancherlei Hinsicht eine eindeutigere und in der Praxis auch einfacher zu handhabende Rechtslage als bei atypischen stillen Gesellschaften ergibt.

24.74

Typische stille Gesellschaften bewirken allerdings auch keinen eigenen Freibetrag i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG162, und die Gewinnanteile eines typischen stillen Gesellschafters unterliegen der Hinzurechnung gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c GewStG. Soweit keine Anrechnung gemäß § 35 EStG möglich ist, ergibt sich aus dieser Hinzurechnung eine effektive steuerliche Zusatzbelastung. Ob die Vereinbarung einer typischen oder einer atypischen stillen Gesellschaft günstiger ist, lässt sich daher nicht allgemein, sondern stets nur für den konkreten Einzelfall und unter Abwägung aller zivil- und steuerrechtlicher Folgen entscheiden.

24.75

155 Sarrazin in Lenski/Steinberg, Stand: 10/2019, § 5 GewStG Rz. 91. 156 Vgl. zur Rechtslage bei atypischen stillen Gesellschaften Rz. 24.8. 157 Vgl. FG Köln v. 10.2.2011 – 13 K 2516/07, 13 K 4047/10, DStRE 2011, 1321 Rz. 69 sowie oben Rz. 24.31. 158 Vgl. zur Rechtslage bei atypischen stillen Gesellschaften Rz. 24.12 ff. 159 Vgl. zur Rechtslage bei atypischen stillen Gesellschaften Rz. 24.32 ff. 160 Vgl. zur Rechtslage bei atypischen stillen Gesellschaften Rz. 24.34 ff. 161 Vgl. zur Rechtslage bei atypischen stillen Gesellschaften Rz. 24.51 f. 162 Vgl. zur Rechtslage bei atypischen stillen Gesellschaften Rz. 24.53 f.

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§ 24 Rz. 24.76 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

2. Die Hinzurechnung von Gewinn- und Verlustanteilen des stillen Gesellschafters zum Gewerbeertrag

24.76 Einfluss hat die Aufnahme typischer stiller Gesellschafter auf den Gewerbeertrag und damit die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer des Geschäftsinhabers. Der Gewerbeertrag ermittelt sich gemäß § 7 Satz 1 GewStG nach dem Gewinn des Geschäftsinhabers, wie er sich aus den Vorschriften des EStG und des KStG ergibt, vermehrt und vermindert nach den Hinzurechnungen und Kürzungen der §§ 8 und 9 GewStG. 24.77 Steuerbilanziell stellen Gewinnanteile typischer stiller Gesellschafter für den Geschäftsinhaber Aufwand, Verlustanteile typischer stiller Gesellschafter grundsätzlich Ertrag dar. Gewinnanteile typischer stiller Gesellschafter sind demnach für den Geschäftsinhaber regelmäßig abzugsfähige Betriebsausgaben, sofern ein Betriebsausgabenabzug nicht ausnahmsweise ausgeschlossen ist. Ein solcher Ausschluss kann insbesondere durch die Zinsschranke bewirkt werden163. 24.78 Auf die Gewinn- und Verlustanteile typischer stiller Gesellschafter findet seit dem Erhebungszeitraum 2008 gewerbesteuerlich regelmäßig allerdings die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG Anwendung. Nach dieser Vorschrift sind Gewinnanteile stiller Gesellschafter für die Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nach näherer Maßgabe wieder hinzuzurechnen, soweit sie ertragsteuerlich bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden waren. Dies bewirkt ggf. eine effektive, nicht unerhebliche steuerliche Zusatzbelastung der Gewinnanteile typischer stiller Gesellschafter. Zur Auslegung dieser Vorschrift kann grundsätzlich auf die zu § 8 Nr. 3 GewStG a.F. ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber im Zuge der Unternehmensteuerreform 2008 inhaltlich an dem Tatbestand dieser Vorschrift etwas ändern wollte. 24.79 Grund dafür, Aufwendungen für Gewinnanteile stiller Gesellschafter, die bei der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer als Betriebsausgaben abgezogen worden sind, bei der Gewerbesteuer wieder hinzuzurechnen, ist der Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer. Mit ihr und den übrigen Hinzurechnungen gemäß § 8 Nr. 1 GewStG soll der objektivierte Ertrag des Gewerbebetriebs unabhängig davon ermittelt werden, in welcher Form das Entgelt für die Kapitalausstattung entrichtet wird164. Dies ist verfassungsgemäß165. Ausnahmen von der Hinzurechnung gelten gem. § 19 GewSt-DV für Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute sowie gewisse weitere Unternehmen der Finanzbranche166. 163 Wird der Aufwand aus der typischen stillen Gesellschaft aufgrund des Zinsvortrags später steuerlich abzugsfähig, findet die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG im Jahr der Abzugsfähigkeit Anwendung. 164 BT-Drucks. 16/4841, 79. 165 BFH v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 280 Rz. 15 ff. = FR 2015, 30. 166 Finanzierungsentgelte, die ein an einem Finanzdienstleistungsinstitut atypisch still Beteiligter für seine stille Beteiligung in seinem Sonderbetriebsvermögen zu tragen hat, sind mangels Unmittelbarkeit nicht nach dieser Vorschrift begünstigt, vgl. FG München v. 31.5.2017 – 9 K 3183/15, (nrkr. Az. BFH IV R 30/18).

852 | Lamprecht

Gewerbesteuer | Rz. 24.82 § 24

Tatbestandlich werden von dieser Regelung nur typische stille Gesellschaften umfasst. Gewinn- und Verlustanteile atypischer stiller Gesellschafter fließen bereits ertragssteuerlich in den Gewinn aus Gewerbebetrieb ein und gehören daher a limine nicht in den Anwendungsbereich von § 8 GewStG. Nach herrschender Meinung genügt jede Beteiligung im Wege einer (typischen) Innengesellschaft an dem Gewerbe des Geschäftsinhabers. Eine Beteiligung an einem Handelsgewerbe und damit eine typische stille Gesellschaft i.S. von § 230 HGB müssen nicht vorliegen167. Die Zurechnung der stillen Gesellschaftsverhältnisse folgt steuerlichen Maßstäben168.

24.80

Rechtsverhältnisse, die einer typischen stillen Gesellschaft lediglich ähneln, unterliegen hingegen nicht der Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG169. Die Hinzurechnung knüpft vielmehr strikt zivilrechtlich an, auf wirtschaftliche Vergleichbarkeit kommt es nicht an170. Soweit dies die Rechtsprechung früher anders beurteilt hat171, ist diese Rechtsprechung seit langem ausdrücklich aufgegeben172. Die Vereinbarung eines partiarischen Arbeitsverhältnisses ist insofern gegenüber der Vereinbarung einer typischen stillen Gesellschaft steuerlich von Vorteil. Gleiches gilt in abgemilderter Form für die Vereinbarung partiarischer Nutzungsüberlassungsverträge, da die Entgelte für sie gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d, e und f GewStG nur zur Hälfte bzw. zu einem Viertel in die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 GewStG einfließen. Ebenso unterliegen der Hinzurechnung nicht die Entgelte aus solchen Rechtsverhältnissen, die der typische stille Gesellschafter außerhalb der stillen Gesellschaft zusätzlich mit dem Geschäftsinhaber abgeschlossen hat – etwa aus einem zusätzlichen Arbeits- oder Nutzungsüberlassungsvertrag173.

24.81

Gewinnanteil i.S. der Vorschrift sind alle gewinnabhängigen Bezüge des stillen Gesellschafters, die nach den Vorstellungen der Beteiligten den Charakter einer Gegenleistung für die vom stillen Gesellschafter in Erfüllung des Gesellschaftsverhältnis-

24.82

167 BFH v. 7.12.1983 – I R 144/79, BStBl. II 1984, 373 = FR 1984, 290 und BFH v. 5.6.1964 – IV 213/60 S, BStBl. III 1965, 49 Rz. 10 unter Anschluss an die gleichlautende RFHRechtsprechung. Vgl. auch R 8.1 (3) GewStR 2009. Hält man ein Handelsgewerbe für erforderlich, fallen die Gewinnanteile sonstiger typischer Innengesellschafter unter die Hinzurechnungsvorschrift § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG. Vgl. zur typischen Innengesellschaft an einem Nicht-Handelsgewerbe Milatz, DStZ 2006, 141. 168 Vgl. FG Nürnberg v. 25.1.2000 – I 133/97, EFG 2000, 641, bestätigt durch BFH v. 9.10.2000 – I B 60/00, BFH/NV 2001, 482 für den Fall, dass zwischen Geschäftsinhaber und stillen Gesellschaftern beidseitig ein Treuhänder eingeschaltet wird. 169 BFH v. 1.6.1978 – IV R 139/73, BStBl. II 1978, 570 Rz. 12. 170 Vgl. FG Köln v. 25.3.1998 – 12 K 1927/92, EFG 1998, 1214 für Genussrechtskapital mit Verlustbeteiligung bei gegenseitiger Beteiligung und ergänzendem Kooperationsvertrag. 171 BFH v. 22.11.1955 – I 139/54 S, BStBl. III 1956, 4 Rz. 10 f.; BFH v. 18.11.1958 – I 108/58 U, BStBl. III 1959, 49 Rz. 5. 172 BFH v. 5.6.1964 – IV 213/60 S, BStBl. III 1965, 51 Rz. 13; BFH v. 5.6.1964 – IV 108/63 U, BStBl. III 1965, 51 Rz. 12. 173 Schnitter in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, Stand: 11/2016, § 8 GewStG Rz. 168.

Lamprecht | 853

§ 24 Rz. 24.82 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

ses erbrachten Leistungen haben174. Hierzu gehört bei Auflösung der stillen Gesellschaft das Auseinandersetzungsguthaben des stillen Gesellschafters175. Ein Gewinnanteil in diesem Sinn setzt nicht voraus, dass der Geschäftsinhaber in dem betreffenden Zeitraum tatsächlich einen Gewinn erwirtschaftet hat. Dies hat der BFH in seinem Urteil vom 21.5.2014 klargestellt176. Erfasst werden vielmehr auch Mindestbeträge, die i.H. eines bestimmten Prozentsatzes der Vermögenseinlage in Verlustjahren an den stillen Gesellschafter zu zahlen sind. Im konkreten Fall war die Höhe der Prozentsätze an den Geschäftserfolg des Inhabers geknüpft, so dass insgesamt eine erfolgsabhängige Vergütung und damit eine stille Gesellschaft vorlag. Nach Beendigung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses vom Unternehmer an den ehemaligen stillen Gesellschafter zu erbringende Leistungen unterliegen jedenfalls dann als Gewinnanteile der Hinzurechnung, wenn sie Entgelt für die vom stillen Gesellschafter während des Bestehens und in Erfüllung des Gesellschaftsverhältnisses erbrachten Leistungen sind, ihrer Höhe nach an den Gewinnen orientiert sind, die mutmaßlich erzielt worden wären, wenn die Gesellschaft fortbestanden hätte, und von diesen zukünftigen Gewinnen abhängen177. Ob Gewinnanteile auch dann noch anzunehmen sind, wenn nach Beendigung des stillen Gesellschaftsverhältnisses lediglich feste Bezüge an den stillen Gesellschafter gezahlt werden, hat der BFH offengelassen178. Zutreffenderweise ist danach zu unterscheiden, ob Rechtsgrund der Zahlungen noch das frühere stille Beteiligungsverhältnis ist oder mit der Beendigung eine Novation des Rechtsverhältnisses in ein Kreditverhältnis stattgefunden hat. In letzterem Fall erfolgt die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG.

24.83 Der Begriff des Gewinnanteils i.S. von § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG umfasst schließlich auch die betreffenden Verlustanteile des stillen Gesellschafters. Soweit diese den Gewinn des Geschäftsinhabers erhöht haben, erfolgt daher prinzipiell eine negative, den Gewerbeertrag mindernde Hinzurechnung179. Nur so kann der objektivierte Gewerbeertrag bei Bestehen typischer stiller Beteiligungen bei periodenübergreifender Betrachtung zutreffend bestimmt werden. 24.84 Leistungen an stille Gesellschafter, die kein Entgelt für die Kapitalüberlassung darstellen, sind keine Gewinnanteile i.S. von § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG180. Abgrenzungskriterium zu hinzurechnungspflichtigen Leistungen ist nach der Rechtspre-

174 BFH v. 21.5.2014 – I R 41/13, BFH/NV 2014, 1908 Rz. 9 = GmbHR 2014, 1331; BFH v. 1.6.1978 – IV R 139/73, BStBl. II 1978, 570 Rz. 15. 175 Staats in eKomm, § 8 GewStG, Stand: 10/2018, § 8 GewStG Rz. 234. 176 BFH v. 21.5.2014 – I R 41/13, BFH/NV 2014, 1908 Rz. 9, 12 = GmbHR 2014, 1331; so bereits zuvor BFH v. 17.2.1972 – IV R 40/68, BStBl. II 1972, 586 Rz. 31. 177 BFH v. 17.2.1972 – IV R 40/68, BStBl. II 1972, 586 Rz. 29; GewStH 2016 8.1 (3). 178 BFH v. 17.2.1972 – IV R 40/68, BStBl. II 1972, 586 Rz. 29. 179 BFH v. 1.10.2015 – I R 4/14, BFHE 251, 73 Rz. 13 ff. = GmbHR 2016, 32 = FR 2016, 234; R 8. 1 Abs. 3 Satz 2 GewStR 2009; Neu in FS Spiegelberger, S. 854 (855). 180 BFH v. 21.5.2014 – I R 41/13, BFH/NV 2014, 1908 Rz. 9 = GmbHR 2014, 1331. Missverständlich daher FG Berlin-Brandenburg v. 14.9.2011 – 12 K 12136/08, EFG 2012, 535 Rz. 13, soweit alles, was „Gewinnanteil“ des stillen Gesellschafters im handelsrechtlichen Sinne sein könne, auch als „Gewinnanteil“ i.S. des § 8 Nr. 3 GewStG anzusehen sein soll.

854 | Lamprecht

Gewerbesteuer | Rz. 24.87 § 24

chung, ob eine zu Vertragsbeginn geleistete Zahlung im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses vom Kapitalempfänger anteilig zurückgefordert werden könnte. Beendigungsgründe aus wichtigem Grund, welche die Beteiligten bei Vertragsschluss nur als theoretische Möglichkeit angesehen haben, sind außer Acht zu lassen. Insbesondere Bearbeitungsgebühren für die Hingabe typischer stiller Beteiligungen, wie sie öffentlich-rechtliche Kreditinstitute zu Förderzwecken erheben und welche auch im Falle der vorzeitigen Kündigung bei der Bank verbleiben, können daher von der Hinzurechnung verschont bleiben181. Rechtsfolge von § 8 Nr. 1 GewStG ist eine Hinzurechnung i.H. eines Viertels der Summe aller Hinzurechnungsbeträge gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a bis Buchst. f GewStG. Die Hinzurechnung erfolgt zudem nur insoweit, als die Summe dieser Hinzurechnungsbeträge den Betrag von 100.000 Euro übersteigt.

24.85

Eingeführt hat der Gesetzgeber den Freibetrag im Zuge der Unternehmensteuerreform 2008, um kleine und mittlere Unternehmen von den Folgen der im Zuge der Reform erweiterten Hinzurechnungsbeträge zu entlasten. Diese Zwecksetzung entfällt bei negativen Hinzurechnungsbeträgen. Auf negative Hinzurechnungsbeträge ist der Freibetrag i.H.v. 100.000 Euro daher nicht spiegelbildlich anwendbar mit der Folge, dass bei einer Summe von Einzelhinzurechnungsbeträgen zwischen ./. 1 Euro und ./. 100.000 Euro ein Viertel dieser Summe dem Gewinn aus Gewerbebetrieb negativ hinzuzurechnen ist182. Dieser Auffassung hat sich inzwischen auch die Finanzverwaltung angeschlossen183.

24.86

IV. Zusammenfassung Typische stille Beteiligungen werden gewerbesteuerlich – ebenso wie bei der Einkommensteuer – als qualifizierte Kreditverhältnisse behandelt. Gewerbesteuerlich beschränken sich die Rechtsfolgen des Eingehens einer solchen Beteiligung im Wesentlichen auf die Hinzurechnung der Gewinnanteile des stillen Gesellschafters gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG; etwaige Verlustanteile werden ggf. negativ hinzugerechnet. Durch die Vereinbarung einer atypischen stillen Gesellschaft werden hingegen der Geschäftsinhaber und der atypische stille Gesellschafter zusammen als Mitunternehmer Träger des Gewerbebetriebes und damit objektiv gewerbesteuerpflichtig. Ihnen kommen daher der Freibetrag gem. § 11 Satz 3 Nr. 1 GewStG und die sonstigen Vorund Nachteile eines eigenen Gewerbebetriebs zu. Stellt die Tätigkeit des Geschäftsinhabers oder des stillen Gesellschafters gem. § 2 Abs. 2 GewStG oder gem. § 15 Abs. 3 EStG bereits kraft gesetzlicher Fiktion einen Gewerbebetrieb dar, führt das Eingehen einer atypischen stillen Gesellschaft zu einer doppelstöckigen Struktur mit zwei Ge-

181 BFH v. 21.5.2014 – I R 41/13, BFH/NV 2014, 1908 Rz. 14 = GmbHR 2014, 1331. 182 BFH v. 28.1.2016 – I R 15/15, BFHE 253, 179 Rz. 11 = GmbHR 2016, 717; Sächsisches FG v. 29.1.2015 – 4 K 1292/10, juris Rz. 23. 183 GewStH 8.1 (3) unter Aufgabe von R 8.1 Abs. 3 Satz 3 GewStR 2009.

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24.87

§ 24 Rz. 24.87 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

werbebetrieben – mit entsprechenden Folgen insbesondere für die Verrechenbarkeit von Verlusten. Ob das Eingehen einer typischen oder einer atypischen stillen Gesellschaft gewerbesteuerlich günstiger ist, lässt sich daher nicht pauschal, sondern nur für den Einzelfall beurteilen. Wegen der unter Umständen erheblichen Belastungswirkung ist der Gewerbesteuer bei der Steuergestaltung kaum geringere Aufmerksamkeit zu zollen als der Einkommensteuer.

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§ 25 Umsatzsteuer Schrifttum: Bahns, Jochen, Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Leistungsbeziehung zwischen Personengesellschaften und ihren Gesellschaftern, Diss. jur. Köln, 2000; Balbinot, Chiara/Berner, Ingo, Holdinggesellschaften in der Umsatzsteuer: Umfang der Berechtigung zum Vorsteuerabzug, DStR 2018, 648; Birkenfeld, Wolfram, Beginn, Abwicklung und Ende des Unternehmens, UR 1992, 29; Blanke, Gernot, Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Gesellschafterbeiträgen bei Personengesellschaften, Diss. jur. Göttingen, 1991; Brinkmann, Jan/ Walter-Yadegardjam, Tanja, Vorsteuerabzug bei Kapitalbeschaffungsmaßnahmen von Holdinggesellschaften, DStR 2016, 2190; Dziadkowski, Dieter, Vorsteuerabzugsrecht eines Gründungsgesellschafters, UR 2013, 902; Eggers, Joachim, Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzuges aus Aufwendungen bei der Ausgabe von Aktien und atypischen stillen Beteiligungen im Falle steuerpflichtiger oder steuerfreier wirtschaftlicher Tätigkeit und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit von Steuerpflichtigen, UR 2008, 348; Eggers, Joachim/Korf, Ralph, Vorsteuerabzug bei Kapitalbeschaffung und Beteiligungen – Was bringt die Securenta-Entscheidung des EuGH?, DB 2008, 719; Eggers, Joachim, Umsatzsteuerrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Halten von Beteiligungen – Anmerkungen zu dem BMF-Schreiben vom 26.1.2007, DB 2007, 361; Eggers, Joachim, Vorsteuerabzug bei Kapitalbeschaffungsmaßnahmen zur Beteiligungsfinanzierung, MwStR 2017, 562; Englisch, Joachim/Friedrich-Vache, Heidi, Umsatzsteuerrechtliche Aspekte der Anteilsveräußerung (= IFSt-Schrift Nr. 477); Feil, Kathrin/Roscher, Carolin, Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften – Quo vadis?, BB 2007, 1079; Feldt, Matthias, Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit der Veräußerung von Beteiligungen und Geschäftsaktivitäten, UR 2007, 161; Friedrich-Vache, Heidi, Umsatzsteuerliche Behandlung des Share Deal – Neuerungen durch das EuGH-Urteil AB SKF?, EU-UStB 2011, 33; Grebe, Christian/Raudszus, Holger, Umsatzsteuerrechtlicher Leistungsaustausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, UStB 2016, 22; Grebe, Christian/Raudszus, Holger, Aktuelle Entwicklungen beim Vorsteuerabzug für Holdinggesellschaften, Ubg 2019, 41; Grube, Friederike, Anmerkung zum Urteil des EuGH v. 5.7.2018, MwStR 2018, 757; Klöttschen, Gert, Anmerkung zum Beschluss des BFH v. 20.2.2013 – XI R 26/10, BB 2013, 1384; Ismer, Roland, Personenübergreifender Vorsteuerabzug? Eine Bestandsaufnahme nach den Entscheidungen Faxworld, Polski Trawertyn und Malburg, MwStR 2015, 407; Nattkämper, Stefanie: Vorsteuerabzug beim Halten von Beteiligungen, EU-UStB 2008, S. 41–46; Reiß, Wolfram, Keine Renditefonds – Zur Begründungsqualität der jüngeren EuGH-Rechtsprechung zur 6. EU-Richtlinie, UR 2003, 428; Stapperfend, Thomas, Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Holdinggesellschaften, UR 2006, 112; Stapperfend in FS 100 Jahre Umsatzsteuer in Deutschland 1918–2018, S. 387412; Stadie, Holger, Gesellschafter für Zwecke des Vorsteuerabzugs als mittelbare Unternehmer („Mitunternehmer“), UR 2012, 337; Sterzinger, Christian, Vorsteuerabzug eines Gesellschafters, DStR 2013, 1309; Sterzinger, Christian, Vorsteuerabzugsberechtigung von Holdinggesellschaften, UStB 2018, 260; von Streit, Georg, Steuerbarkeit der Übertragung von Gesellschaftsanteilen – „SKF Teil II“, UR 2012, 904; von Streit, Georg/Streit, Thomas, Selektive Eingliederung von Personengesellschaften nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG?, UStB 2016, 147; Wäger, Christoph, Steuerbare Leistungen im Rahmen von Gesellschaftsverhältnissen, UR 2008, 69; Wäger, Christoph, Gesellschafter im Umsatzsteuerrecht – Vom Trennungs- zum Transparenzprinzip?, UR 2012, 911; Wagner, Johann/Marchal, Hendrik: BMF-Schreiben v. 26.5.2017 zur umsatzsteuerlichen Organschaft und zum Vorsteuerabzug bei gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen, DStR 2017, 2150.

Lamprecht | 857

§ 25 Rz. 25.1 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

I. Keine Unternehmereigenschaft von stillen Gesellschaften 25.1 Umsatzsteuerbar sind grundsätzlich Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Unternehmer in diesem Sinne sind lediglich der Geschäftsinhaber und ggf. der stille Gesellschafter. Die stille Gesellschaft selbst ist hingegen nicht Unternehmer1. Im Rahmen der Umsatzsteuer als einer Verkehrsteuer kann Unternehmer nur sein, wer im Verkehr nach außen auftritt; Gesellschaften, die nach außen nicht hervortreten, müssen für das Umsatzsteuerrecht unbeachtlich bleiben2. Stille Gesellschaften können daher nicht Unternehmer i.S. der Umsatzsteuer sein. Dies gilt selbst dann, wenn das Bestehen einer stillen Gesellschaft ausnahmsweise im Rechtsverkehr aufgedeckt worden sein sollte (z.B. bei einer GmbH & atypisch Still). Zwar kann auch nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften Unternehmereigenschaft zukommen (vgl. § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG); hierfür bedarf es aber grundsätzlich eines gemeinschaftlichen rechtsgeschäftlichen Auftretens3 mit der Folge, dass diese Personenmehrheit zivilrechtlich Schuldner der vereinbarten Leistung wird4. Hierzu kommt es aber bei einer stillen Gesellschaft begriffsnotwendig selbst dann nicht, wenn das Bestehen der Gesellschaft im Rechtsverkehr aufgedeckt worden sein sollte. 25.2 Das UStG kennt – anders als das EStG – auch keine Norm, die wie § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG zumindest atypische stille Gesellschaften in gewisser Hinsicht steuerlich als Subjekt einstuft. In seiner geltenden Fassung verwendet das UStG den Begriff der „stillen Gesellschaft“ vielmehr weder dem Worte noch dem Inhalte nach5. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG findet auch nicht mittelbar im UStG Anwendung. Eine Mitunternehmereigenschaft ist dem UStG als Rechtsinstitut vielmehr fremd6. Umsatzsteuerlich gilt vielmehr das Trennungsprinzip: Unternehmer ist nur, wer in eigener Person unternehmerisch tätig wird7.

1 BFH v. 27.5.1982 – V R 110 u. 111/81, BFHE 136, 315 = BStBl. II 1982, 678 Rz. 19; Sächsisches FG v. 13.4.2016 – 8 K 655/15, DStRE 2017, 355 Rz. 21; FG Baden-Württemberg v. 10.8.2017 – 1 K 2292/15, DStRE 2018, 1134 Rz. 60. 2 BFH v. 22.5.1969 – V R 28/66, BFHE 96, 149 = BStBl. II 1969, 603 Rz. 13; BFH v. 11.11.1965 – V 146/63 S, BFHE 84, 81 = BStBl. III 1966, 28 Rz. 7; FG München v. 6.7.1992 – 3 K 712/89, juris Rz. 24. Abschn. 2.1 Abs. 5 Satz 1 UStAE. Überholt die abweichende ältere Rechtsprechung, so etwa BFH v. 25.6.1953 – V 75/52, juris. 3 Vgl. BFH v. 25.3.1993 – V R 42/89, BFHE 172, 134 = BStBl. II 1993, 729 Rz. 21; BFH v. 11.11.1965 – V 146/63 S, BFHE 84, 81 = BStBl. III 1966, 28 Rz. 7; FG München v. 10.10.2017 – 14 K 1548/17, DStRE 2018, 150 Rz. 22. 4 BFH v. 22.11.2018 – V R 65/17, DStR 2019, 265 Rz. 19; BFH v. 18.8.2001 – V R 67/00, UR 2002, 212 Rz. 12. 5 Die Steuerbefreiung für die Beteiligung als stiller Gesellschafter an dem Unternehmen oder an dem Gesellschaftsanteil eines anderen in § 4 Nr. 8 Buchst. j UStG ist mit Wirkung ab dem 16.12.2004 entfallen. Zu dieser Vorschrift vgl. die Vorauflagen. 6 BFH v. 27.6.1995 – V R 36/94, BFHE 178, 249 = BStBl. II 1995, 915 Rz. 24 m.w.N; FG Baden-Württemberg v. 10.8.2017 – 1 K 2292/15, DStRE 2018, 1134 Rz. 68. 7 Vgl. BFH v. 6.9.2007 – V R 16/06, BFH/NV 2008, 1710 Rz. 22.

858 | Lamprecht

Umsatzsteuer | Rz. 25.6 § 25

Die Unterscheidung zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften ist demnach umsatzsteuerlich ohne Bedeutung. Alle Formen von stillen Gesellschaften stellen umsatzsteuerlich vielmehr lediglich eine rechtsgeschäftliche Beziehung zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter dar. Eingeordnet wird diese Beziehung in Anknüpfung an das Zivilrecht stets als Gesellschaftsverhältnis. Die im Ertragsteuerrecht zu findende steuerliche Behandlung typischer stiller Gesellschaften als qualifizierte Kreditverhältnisse ist dem Umsatzsteuerrecht ebenso fremd8 wie die Einstufung stiller Gesellschaften als Mitunternehmerschaften.

25.3

In Konsequenz dessen ist die stille Gesellschaft auch verfahrensrechtlich im Rahmen der Umsatzsteuer ohne Bedeutung. Hierauf ist etwa bei der Adressierung von Prüfungsanordnungen zu achten. Umsatzsteuerlich ist als Adressat der Anordnung lediglich der Geschäftsinhaber zu nennen.

25.4

II. Der Geschäftsinhaber als Unternehmer Unternehmer i.S. des UStG ist bei stillen Gesellschaften stets der Geschäftsinhaber. Er übt i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG zwangsläufig eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig aus, da ansonsten keine stille Gesellschaft an seinem Unternehmen bestehen könnte. Es genügt die Absicht des Geschäftsinhabers, Einnahmen zu erzielen; eine Einkünfteerzielungsabsicht ist umsatzsteuerlich nicht erforderlich, § 2 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 UStG. Geschäftsinhaber, die als juristische Person des öffentlichen Rechts konstituiert sind, können ebenfalls Unternehmer sein, § 2b UStG. Auch wenn der Geschäftsinhaber – etwa als Servicegesellschaft – ausschließlich gegenüber dem stillen Gesellschafter Umsätze tätigt, steht dies seiner Unternehmereigenschaft nicht entgegen9.

25.5

Auf umsatzsteuerliche Organschaften wirken sich stille Beteiligungen grundsätzlich nicht aus. Mangels Unternehmereigenschaft kann eine stille Gesellschaft kein umsatzsteuerlicher Organträger sein10. Allenfalls kann ggf. der hinreichende Einfluss des stillen Gesellschafters auf die Geschäftsführung der Organgesellschaft deren organisatorische Eingliederung in den Organträger in Frage stellen11. Umgekehrt kann die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft grundsätzlich nicht mit dem Bestehen einer stillen Beteiligung begründet werden. Sowohl nach der Rechtsprechung als auch nach der Verwaltungsansicht ist für sie vielmehr eine Anteilsmehrheit an der Organgesellschaft zu verlangen, die es dem Organträger ermöglicht, durch Mehrheitsbe-

25.6

8 Vgl. BFH v. 19.3.1970 – V R 137/69, BFHE 99, 266 = BStBl. II 1970, 602 Rz. 9 (für stille Beteiligungen mit Gewinn- und Verlustbeteiligung). 9 Vgl. BFH v. 9.10.2002 – V R 64/99, BFHE 200, 119 = BStBl. II 2003, 375 Rz. 28 m.w.N. 10 BFH v. 2.8.1979 – V R 111/77, BFHE 128, 557 = BStBl. II 1980, 20 Rz. 9. Dass auch Personengesellschaften Organträger sein können (vgl. EuGH v. 16.7.2015 – C-108/14 und C-109/14 –“Larentia & Minerva und Marenave“, BStBl. II 2017, 604 Rz. 46), ist für die stille Gesellschaft daher ohne Bedeutung. 11 Für Unterbeteiligung am Anteil der Organgesellschaft erwägend v. Streit/Streit, UStB 2016, 147 (154).

Lamprecht | 859

§ 25 Rz. 25.6 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

schlüsse seinen Willen in der Organgesellschaft durchzusetzen. Dem Organträger müssen Durchgriffsmöglichkeiten zustehen, aufgrund derer er – ähnlich wie bei unselbständigen Betriebsabteilungen im Unternehmen einer Person – die für die Abgabe von Steueranmeldungen und Steuererklärungen notwendigen Informationsansprüche wie auch die zur Erfüllung von Steueransprüchen notwendigen Ausgleichsansprüche gegen die Organgesellschaft durchsetzen kann. Aus Gründen der Rechtssicherheit und weil mit der Organschaft belastende Rechtsfolgen einhergehen, muss dem Organträger die hierfür erforderliche Anteilsmehrheit daher in eigener Person zustehen. Eine finanzielle Verbindung über seine Anteilseigner genügt nicht,12 da keine rechtsverbindlichen Regelungen zur Zusammenrechnung eines mehreren Gesellschaftern zustehenden Anteilsbesitzes bestehen13. Nach diesen insbesondere vom BFH aufgestellten Maßstäben kann eine umsatzsteuerliche Organschaft nicht mit dem Bestehen einer stillen Beteiligung begründet werden. Insbesondere führen selbst ausgedehnte etwaige Weisungsbefugnisse des stillen Gesellschafters gegenüber dem Inhaber nicht dazu, dass der Inhaber im Verhältnis zum stillen Gesellschafter nur noch wie eine „unselbständige Betriebsabteilung“ agieren kann.

25.7 Die Aufnahme eines stillen Gesellschafters stellt keine umsatzsteuerbare Leistung des Geschäftsinhabers dar. Für die Aufnahme von Gesellschaftern in eine Außenpersonengesellschaft hat dies der EuGH in seiner Entscheidung „KapHag Renditefonds“ entschieden14. Die deutsche Rechtsprechung15 und Finanzverwaltung16 haben sich dem angeschlossen. Für die Ausgabe atypischer stiller Beteiligungen hat der EuGH in der Rechtssache „Securenta“ entsprechend judiziert17. Die deutsche Finanzverwaltung hat sich diese Rechtsansicht ausdrücklich zu eigen gemacht. Abschn. 1.1 Abs. 15 Satz 2 UStAE ordnet an, dass die Aufnahme atypischer stiller Gesellschafter als nicht steuerbar zu behandeln ist. Für die Aufnahme typischer stiller Gesellschafter fehlt eine entsprechende ausdrückliche Verwaltungsanweisung. Nachdem die Unterscheidung zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften umsatzsteuerlich aber keine Bedeutung hat, es sich bei typischen stillen Gesellschaften vielmehr ebenso um Gesellschaften handelt wie bei atypischen stillen Gesellschaften und diese daher auch sonst umsatzsteuerlich gleich behandelt werden18, gilt auch für die Aufnahme

12 So für stille Gesellschafter bereits BFH v. 2.8.1979 – V R 111/77, BFHE 128, 557 = BStBl. II 1980, 20 Rz. 10; vgl. auch BFH v. 1.12.2010 – XI R 43/08, BFHE 232, 550 = BStBl. II 2011, 600 Rz. 37 ff. 13 BFH v. 2.12.2015 – V R 15/14, BFHE 252, 158 =BStBl. II 2017, 553 Rz. 24 ff.; Abschn. 2.8 Abs. 5 Satz 1 UStAE. 14 EuGH v. 26.6.2003 – Rs. C-442/01 – „KapHag“, ABl. EU 2003, Nr. C 184, 14 = UR 2003, 443 Rz. 41 ff. 15 BFH v. 1.7.2004 – V R 32/00, BFHE 205, 555 = BStBl. II 2004, 1022 Rz. 40 ff. 16 Abschn. 15.21 Abs. 1 Satz 1 UStAE. 17 EuGH v. 13.3.2008 – Rs. C-437/06 – „Securenta“, ABl. EU 2008, Nr. C 116, 7 = BStBl. II 2008, 727 Rz. 27; vgl. nachfolgend BFH v. 18.11.2004 – V R 16/03, BFHE 208, 461 = BStBl. II 2005, 503 Rz. 34. 18 So auch nach der Ansicht der deutschen Finanzverwaltung, vgl. nur Abschn. 2.1 Abs. 5 Satz 3 und Abschn. 4.8.10 Abs. 1 Satz 1 UStAE.

860 | Lamprecht

Umsatzsteuer | Rz. 25.9 § 25

typischer stiller Gesellschafter nichts anderes19. Insbesondere ist das Eingehen einer typischen stillen Beteiligung umsatzsteuerlich nicht als Kreditgewährung i.S. von § 4 Nr. 8a UStG anzusehen. Wichtige Konsequenz der Nichtsteuerbarkeit ist: Die Ausgabe von – typischen wie atypischen – stillen Beteiligungen hat grundsätzlich keinen Einfluss auf den Vorsteuerabzug des Geschäftsinhabers. Aufwendungen für Leistungen, die der Geschäftsinhaber für die Aufnahme stiller Beteiligungen bezieht – zu denken ist insbesondere an Rechtsberatungs-, Beurkundungs-, Werbungs- und Vermittlungsleistungen – gehören vielmehr zu den allgemeinen Kosten des Unternehmens und berechtigen nach allgemeinen Maßstäben zum Vorsteuerabzug20. Übt der Geschäftsinhaber sowohl vorsteuerunschädliche als auch vorsteuerschädliche Tätigkeiten aus, berechtigen die Aufwendungen nur insoweit zum Vorsteuerabzug, als sie zu den Kostenelementen der zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätze gehören21.

25.8

III. Der stille Gesellschafter in der Umsatzsteuer 1. Ein- und Ausgangsumsätze des Geschäftsinhabers Die Eingangs- und Ausgangsleistungen, auf welche sich die stille Beteiligung bezieht, sind allein Umsätze des Geschäftsinhabers als Unternehmer. Anders als ertragsteuerlich werden diese Leistungen umsatzsteuerlich dem stillen Gesellschafter auch bei Vorliegen einer atypischen stillen Beteiligung nicht zugerechnet. Dies gilt auch dann, wenn der Geschäftsinhaber vom stillen Gesellschafter nur zur Führung der Geschäfte vorgeschoben wird und nach den internen Abreden zwischen ihnen der stille Gesellschafter in Hinblick auf Unternehmensbesitz und Unternehmensleitung der eigentliche Leiter des Unternehmens ist22. Zutreffend hat der BFH diese Rechtslage ergänzend mit den sonst kaum lösbaren Abgrenzungsschwierigkeiten begründet. Auch ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten kann insoweit allenfalls aufgrund zusätzlicher qualifizierender Umstände angenommen werden23. Der stille Gesellschafter schuldet demnach grundsätzlich weder die Umsatzsteuer aus den Ausgangsumsätzen des Geschäftsinhabers noch steht ihm bezüglich dessen Eingangsleistungen ein Vorsteuererstattungsanspruch zu.

19 Vgl. nur die unterschiedslose Behandlung stiller Gesellschaften in der umsatzsteuerlichen Literatur, so: Nieskens in Rau/Dürrwächter, Stand 2/2016, § 1 UStG Rz. 534 Stichwort: „Stille Beteiligung“; Ehrke-Rabel/v. Streit, UR 2015, 249 (249). 20 EuGH v. 13.3.2008 – Rs. C-437/06 – „Securenta“, ABl. EU 2008, Nr. C 116, 7 = BStBl. II 2008, 727 Rz. 27; BFH v. 1.7.2004 – V R 32/00, BFHE 205, 555 = BStBl. II 2004, 1022 Rz. 39 ff.; Abschn. 15.21 Abs. 2–6 UStAE. 21 EuGH v. 13.3.2008 – Rs. C-437/06 – „Securenta“, ABl. EU 2008, Nr. C 116, 7 = BStBl. II 2008, 727 Rz. 27 f. m. Anm. Nattkämper, EU-UStB 2008, 41; vgl. zum Aufteilungsmaßstab Eggers, UR 2008, 348 sowie Abschn. 15.21 Abs. 6 UStAE. 22 BFH v. 12.8.2009 – XI R 48/07, UR 2010, 423 Rz. 32 (allgemein für Strohmann); BFH v. 22.5.1969 – V R 28/66, BFHE 96, 149 = BStBl. II 1969, 603 Rz. 14 (für stille Gesellschaft). 23 Vgl. BFH v. 22.5.1969 – V R 28/66, BFHE 96, 149 = BStBl. II 1969, 603 Rz. 14.

Lamprecht | 861

25.9

§ 25 Rz. 25.10 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

25.10 Der stille Gesellschafter haftet grundsätzlich auch nicht für die Umsatzsteuerschuld des Geschäftsinhabers. Eine zivilrechtliche Haftung des stillen Gesellschafters besteht nicht und auch steuerrechtlich haftet der stille Gesellschafter grundsätzlich nicht. Anderes kann sich im Einzelfall aus den allgemeinen Haftungstatbeständen der AO ergeben. In Betracht kommt unter anderem eine Sachhaftung gemäß § 74 AO, soweit der stille Gesellschafter dem Geschäftsinhaber Gegenstände zur Nutzung überlassen hat und an dem Vermögen des Geschäftsbetriebs zu mehr als einem Viertel beteiligt ist. Übernimmt der stille Gesellschafter im Zuge der Auflösung der stillen Gesellschaft den Geschäftsbetrieb des Geschäftsinhabers, greift zudem die Haftung des Betriebsübernehmers gemäß § 75 AO. Die Umsatzsteuer ist i.S. dieser beiden Vorschriften eine Steuer, die auf dem Betrieb des Unternehmens gründet. 25.11 Umsatzsteuerforderungen und -verbindlichkeiten, die im Rahmen des Handelsgewerbes des Geschäftsinhabers entstehen, sind damit lediglich im Innenverhältnis der stillen Gesellschaft von Bedeutung. Sie sind Teil der Bilanz des Geschäftsinhabers. Veränderungen von ihnen fließen in die Gewinn- und Verlustrechnung ein und wirken sich damit auf den Gewinn- und Verlustanteil des stillen Gesellschafters aus. 2. Unternehmerische Tätigkeit des stillen Gesellschafters – Zum Vorsteuerabzug beim Erwerb und beim Halten einer stillen Beteiligung a) Bloßer Erwerb und bloßes Halten stiller Beteiligungen keine wirtschaftliche Tätigkeit

25.12 Lediglich der Erwerb und das Halten stiller Beteiligungen begründet noch keine unternehmerische Tätigkeit für stille Gesellschafter. Zwar übernehmen und halten sie ihre Beteiligungen zur Erzielung von Einnahmen; ihre Beteiligung am Gewinn des Geschäftsinhabers stellt aber kein Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustauschs dar24. Eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. des UStG lässt sich allein mit dem Erwerb und dem Halten einer stillen Beteiligung daher nicht begründen. Diese von dem EuGH allgemein für den Erwerb und das Halten von Gesellschaftsbeteiligungen aufgestellten Grundsätze gelten auch für den Erwerb und das Halten stiller Beteiligungen25. 25.13 Ohne Unternehmereigenschaft steht stillen Gesellschaftern kein Anspruch auf Vorsteuererstattung für Leistungen zu, die für den Erwerb und das Halten der stillen Beteiligung bezogen werden. Nach dem intendierten Belastungsziel der Umsatzsteuer – der Besteuerung des Verbrauchs von Gütern und Dienstleistungen – ist dieser Ausschluss von der Vorsteuererstattung nicht zu rechtfertigen. Er ergibt sich allein aus der

24 Vgl. allgemein zu gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen: EuGH v. 16.7.2015 – Rs. C-108/ 14 u. C-109/14 – „Larentia + Minerva mbH & Co. KG“, ABl. EU 2015 Nr. C 302, 7 = UR 2015, 671 Rz. 18; EuGH v. 27.9.2001 – Rs. C-16/00 – „Cibo Participations“, ABl. EG 2001 Nr. C 317, 5 = UR 2001, 500 Rz. 19 jeweils m.w.N. Abschn. 2.3 Abs. 2 Satz 1 UStAE. 25 Vgl. EuGH v. 13.3.2008 – Rs. C-437/06 – „Securenta“, ABl. EU 2008, Nr. C 116, 7 = BStBl. II 2008, 727 Rz. 28. Vgl. ferner bereits FG Baden-Württemberg v. 30.5.1969 – II 26/68, EFG 1969, 518: Ablehnung einer unternehmerischen Tätigkeit des stillen Gesellschafters wegen fehlender Nachhaltigkeit seiner Tätigkeit.

862 | Lamprecht

Umsatzsteuer | Rz. 25.16 § 25

Steuertechnik der Umsatzsteuer, welche für Nichtunternehmer grundsätzlich keine Vorsteuererstattung vorsieht26. Vergleichbare Grundsätze gelten, wenn der Gesellschafter bereits aufgrund anderweitiger Tätigkeiten Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne ist. Der bloße Erwerb und das bloße Halten einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung begründen auch dann keine unternehmerische Tätigkeit, sondern führen dazu, dass sich die Tätigkeit des Gesellschafters in seine anderweitige unternehmerische Tätigkeit und eine nichtunternehmerische Tätigkeit – nämlich den Erwerb und das Halten der stillen Beteiligung – aufteilt27. Ein Wahlrecht, die Beteiligung der unternehmerischen Tätigkeit zuzuordnen, besteht nicht28. Auf diese Weise wird die umsatzsteuerliche Neutralität zu solchen Gesellschaftern gewahrt, die keine Unternehmer sind.

25.14

Ein Vorsteuerabzug für Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer im nichtunternehmerischen Bereich eines Unternehmers gehaltenen Beteiligung anfallen, kommt demnach auch bei stillen Gesellschaftern, die Unternehmer sind, nicht in Betracht29. Fließen Eingangsleistungen wie zum Beispiel Rechts- und Steuerberatungsleistungen in die Kosten sowohl der unternehmerischen als auch in das Halten der stillen Beteiligung als nichtunternehmerische Tätigkeit ein30, ist ein Vorsteuerabzug nur anteilig zu gewähren31. Die Maßstäbe, wie die Vorsteuer in diesem Fall aufzuteilen ist, sind unionsrechtlich nicht abschließend vorgegeben. Es ist vielmehr Sache der Mitgliedstaaten, unter Beachtung der dem unionsrechtlichen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegenden Prinzipien die hierfür geeigneten Methoden und Kriterien festzulegen; dies kann ein Investitionsschlüssel, ein Umsatzschlüssel oder ein anderer geeigneter Schlüssel sein32. Der BFH sieht eine Aufteilung nach steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen als maßgeblich an33.

25.15

Für stille Gesellschafter ist die Belastung mit Vorsteuern für Leistungen, die sie für den Erwerb und das Halten ihrer stillen Beteiligungen beziehen, misslich. Die Kosten für Beratung, Vermittlung, Verwaltung und Ähnliches können bei stillen Beteiligungen erheblich zu Buche schlagen. Einer der zentralen gestalterischen Impulse im Rah-

25.16

26 So zu Recht Englisch/Friedrich-Vache, Umsatzsteuerliche Aspekte der Anteilsveräußerung, S. 87. 27 EuGH v. 13.3.2008 – Rs. C-437/06 – „Securenta“, ABl. EU 2008, Nr. C 116, 7 = BStBl. II 2008, 727 Rz. 29 ff. 28 Abschn. 2.3 Abs. 2 Satz 5 UStAE. 29 Vgl. EuGH v. 12.1.2017 – Rs. C-28/16 – „MVM“, ABl. EU 2017, Nr. C 112, 12 = HFR 2018, 750 Rz. 36 ff. 30 Vgl. zur Maßgeblichkeit des Einfließens der Kosten EuGH v. 16.7.2015 – Rs. C-108/14 u. C-109/14 – „Larentia + Minerva mbH & Co. KG“, ABl. EU 2015 Nr. C 302, 7 = UR 2015, 671 Rz. 23 m.w.N. 31 EuGH v. 5.7.2018 – Rs. C-320/17 – „Marle Participations“, ABl. EU 2018, Nr. C 301, 8 = UR 2018, 762 Rz. 37. 32 EuGH v. 16.7.2015 – Rs. C-108/14 u. C-109/14 – „Larentia + Minerva mbH & Co. KG“, ABl. EU 2015 Nr. C 302, 7 = UR 2015, 671 Rz. 30; EuGH v. 13.3.2008 – Rs. C-437/06 – „Securenta“, ABl. EU 2008, Nr. C 116, 7 = BStBl. II 2008, 727 Rz. 33 ff. 33 BFH v. 18.11.2004 – V R 16/03, BFHE 208, 461 = BStBl. II 2005, 503 Rz. 50.

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§ 25 Rz. 25.16 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

men der Umsatzsteuer ist es daher, zur Gewährleistung eines Vorsteuerabzugs stille Beteiligungen möglichst einer unternehmerischen Tätigkeit des stillen Gesellschafters zuzuordnen und diese hierfür ggf. erst zu schaffen. b) Der stille Gesellschafter als Unternehmer

25.17 Der stille Gesellschafter wird nämlich aufgrund des umsatzsteuerlichen Trennungsprinzips grundsätzlich nicht bereits durch das Halten einer stillen Beteiligung an dem Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers unternehmerisch tätig. Dies gilt auch für ertragsteuerlich atypische stille Gesellschafter. Der stille Gesellschafter muss vielmehr in eigener Person alle Tatbestandsmerkmale eines Unternehmers i.S. von § 2 Abs. 1 UStG erfüllen. Hierfür kommen auch Tätigkeiten in Betracht, die der stille Gesellschafter gegenüber dem Geschäftsführer selbst erbringt. Dem Worte nach verlangt der EuGH für einen Vorsteuerabzug hierbei in ständiger Rechtsprechung, dass der Anteilseigner „mittelbar oder unmittelbar in die Verwaltung des Unternehmens eingreift“, an dem er beteiligt ist34. Indes hat er mehrfach klargestellt, dass hierfür bereits das Erzielen jeglichen Umsatzes genügt, dem eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie zugrunde liegt und der von dem Gesellschafter für das Unternehmen, an dem er beteiligt ist, erbracht wird35. Ausreichend ist daher etwa auch die Erbringung von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleistungen36. Auch Nutzungsüberlassungen wie die Vermietung von Büroräumen oder Kreditgewährungen genügen grundsätzlich37. Dementsprechend entsteht hier erhebliches Gestaltungspotential38, um den stillen Gesellschafter doch in den Genuss des Vorsteuerabzugs kommen zu lassen: Damit der stille Gesellschafter durch das Eingehen der stillen Beteiligung zum Unternehmer wird, genügt es, dass er dem Geschäftsinhaber gegenüber irgendeine umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige Leistung erbringt.

34 So seit Urteil v. 20.6.1991 – Rs. C-60/90 – „Polysar Investments Netherlands“, ABl. EG 1991, Nr. C 194, 6 = EuZW 1992, 702 Rz. 14. 35 Ausgehend von den ihm vorgelegten Fragen hat der EuGH seit dem Urteil v. 20.6.1991 – Rs. C-60/90 – „Polysar Investments Netherlands“, ABl. EG 1991, Nr. C 194, 6 = EuZW 1992, 702 Rz. 14, den Vorsteuerabzug zugelassen, wenn die Beteiligung „mit einem unmittelbaren oder mittelbaren Eingreifen in die Verwaltung“ des Unternehmens einhergeht, an der die Beteiligung besteht. Mit Urteil v. 5.6.2018 – Rs. C-320/17 – „Marle Participations“, ABl. EU 2018, Nr. C 301, 8 = UR 2018, 762 Rz. 32, hat der EuGH klargestellt, dass hierfür jegliche wirtschaftliche Tätigkeit genügt, die von dem Anteilseigner gegenüber seinem Unternehmen erbracht wird. 36 EuGH v. 27.9.2001 – Rs. C-16/00 – „Cibo Participations“, ABl. EG 2001, Nr. C 317, 5 = UR 2001, 500 Rz. 21. 37 Scheifele, Ubg 2018, 265 (269); einschränkend Sterzinger, UStB 2018, 260 (263) mit dem Argument, nicht jede Kreditgewährung müsse unternehmerischer Natur sein. Zu beachten ist in jedem Fall, dass Kreditgewährungen grundsätzlich gem. § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerbefreit sind, mit der Folge, dass ein Vorsteuerabzug die Umsatzsteuerpflicht voraussetzt. 38 Vgl. Wäger, UR 2008, 69 (71).

864 | Lamprecht

Umsatzsteuer | Rz. 25.22 § 25

Nach Abschnitt 2.3 Abs. 3 Satz 5 UStAE sieht die deutsche Finanzverwaltung das Erwerben, Halten und Veräußern einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung und damit auch einer stillen Beteiligung in Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH und des BFH in folgenden Fällen als unternehmerische Tätigkeit an39:

25.18

„1. Soweit Beteiligungen i.S. eines gewerblichen (Wertpapier-)Handels gewerbsmäßig erworben und veräußert werden und dadurch eine nachhaltige, auf Einnahmeerzielungsabsicht gerichtete Tätigkeit entfaltet wird40,

25.19

2. wenn die Beteiligung nicht um ihrer selbst willen (bloßer Wille, Dividenden zu erhalten) gehalten wird, sondern der Förderung einer bestehenden oder beabsichtigten unternehmerischen Tätigkeit (z.B. Sicherung günstiger Einkaufskonditionen, Verschaffung von Einfluss bei potenziellen Konkurrenten, Sicherung günstiger Absatzkonditionen) dient41 oder

25.20

3. soweit die Beteiligung, abgesehen von der Ausübung der Rechte als Gesellschafter oder Aktionär, zum Zweck des unmittelbaren Eingreifens in die Verwaltung der Gesellschaften, an denen die Beteiligung besteht, erfolgt. Die Eingriffe müssen dabei zwingend durch unternehmerische Leistungen i.S. der § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 1 UStG erfolgen, z.B. durch das entgeltliche Erbringen von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleistungen an die jeweilige Beteiligungsgesellschaft42.“

25.21

c) Die stille Beteiligung als Teil der unternehmerischen Tätigkeit des stillen Gesellschafters Das Innehaben einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung fällt gem. Abschnitt 2.3 Abs. 4 UStAE – abgesehen von den Fällen des gewerblichen Wertpapierhandels – nur dann in den Rahmen des Unternehmens, wenn die gesellschaftsrechtliche Beteiligung im Zusammenhang mit einer unternehmerischen Tätigkeit erworben, gehalten und veräußert wird. Es reicht jedoch nicht jeder beliebige Zusammenhang zwischen dem Erwerb und Halten der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung und der unternehmerischen Tätigkeit aus. Vielmehr muss zwischen der gesellschaftsrechtlichen Beteili-

39 Abschn. 2 Abs. 3 und 4 UStAE sind verwaltungsintern verbindlich. Steuerpflichtige können sich auf sie im Verhältnis zur Finanzverwaltung berufen. Beide Vorschriften werden im Folgenden daher wörtlich bzw. nahezu wörtlich wiedergegeben. 40 Vgl. EuGH v. 26.5.2005 – Rs. C-465/03 – „Kretztechnik“, ABl. EU 2005 Nr. C 217, 13 = UR 2005, 382 Rz. 20 m.w.N.; BFH v. 15.1.1987 – V R 3/77, BFHE 149, 272 = BStBl. II 1987, 512 Rz. 38. 41 Vgl. EuGH v. 11.7.1996 – Rs. C-306/94 – „Régie dauphinoise“, ABl. EG 1996, Nr. C 354, 1 = UR 1996, 304 Rz. 18: „unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung einer steuerbaren Tätigkeit“. 42 Vgl. EuGH v. 16.7.2015 – Rs. C-108/14 u. C-109/14 – u.a. „Larentia + Minerva mbH & Co. KG“, ABl. EU 2015 Nr. C 302, 7 = UR 2015, 671 Rz. 18–21; EuGH v. 27.9.2001 – Rs. C-16/00 – „Cibo Participations“, ABl. EG 2001, Nr. C 317, 5 = UR 2001, 500 Rz. 20 f.

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25.22

§ 25 Rz. 25.22 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

gung und der unternehmerischen Tätigkeit ein erkennbarer und objektiver wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen. Das ist der Fall, wenn die Aufwendungen für die gesellschaftsrechtliche Beteiligung zu den Kostenelementen der steuerbaren Ausgangsumsätze gehören43. Eine solche Haupttätigkeit kann auch in den Umsätzen liegen, welche der stille Gesellschafter gegenüber dem Geschäftsinhaber erbringt. Übt der stille Gesellschafter keine weitere Tätigkeit aus, ist die eingegangene stille Beteiligung daher vollständig den Umsätzen zuzuordnen, welche der stille Gesellschafter gegenüber dem Geschäftsinhaber erbringt. d) Umfang des Vorsteuerabzugs

25.23 Von der Zuordnung der stillen Beteiligung zu den wirtschaftlichen Tätigkeiten i.S. von Art. 9 MwStSystR, die ein stiller Gesellschafter gegenüber dem Inhaber erbringt, hängt der Umfang ab, in dem ihm nach der Rechtsprechung des EuGH der Vorsteuerabzug zusteht. Ist die stille Beteiligung vollständig diesen wirtschaftlichen Tätigkeiten zuzuordnen, kommt er grundsätzlich auch in den Genuss des vollständigen Vorsteuerabzugs44. 25.24 Anders verhält es sich, wenn – ausnahmsweise – ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang mit den zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen nicht mehr besteht. Für Kosten für die Aufnahme von Kapital, das weit über den Finanzierungsbedarf für die betreffende Beteiligung hinausging, hat der BFH daher nur einen anteiligen Vorsteuerabzug für gegeben angesehen45. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug zudem dann, wenn die Umsätze, die ihn begründen sollen, eine missbräuchliche Praxis darstellen46. Ein bloßer Vorsteuerüberhang kann einen solchen Missbrauch allerdings nicht begründen. Dies gilt auch dann, wenn er erheblich ist47. In Betracht kann ein solcher Missbrauch aber kommen, wenn die erbrachten Umsätze für den Geschäftsinhaber ohne Vorteil sind und daher lediglich getätigt werden, um in den Genuss des Vorsteuerabzugs zu gelangen.

43 Vgl. EuGH v. 26.5.2005 – Rs. C-465/03 – „Kretztechnik“, ABl. EU 2005 Nr. C 217, 13 = UR 2005, 382 Rz. 35 f.; Abschn. 2.3 Abs. 4 UStAE. 44 Vgl. BFH v. 6.4.2016 – V R 6/14, BFHE 253, 456 = BStBl. II 2017, 577 Rz. 30; EuGH v. 5.7.2018 – Rs. C-320/17 – „Marle Participations“, ABl. EU 2018, Nr. C 301, 8 = UR 2018, 762 Rz. 36; EuGH v. 16.7.2015 – Rs. C-108/14 u. C-109/14 u.a. – „Larentia + Minerva mbH & Co. KG“, ABl. EU 2015 Nr. C 302, 7 = UR 2015, 671 Rz. 24 ff. 45 Vgl. BFH v. 6.4.2016 – V R 6/14, BFHE 253, 456 = BStBl. II 2017, 577 Rz. 32 ff.; Abschn. 15.22 Abs. 1 Satz 4 UStAE; kritisch hierzu Grebe/Raudszus, Ubg 2019, 41 (48); Wagner/Marchal, DStR 2017, 2150 (2156); Brinkmann/Walter-Yadegardjam; DStR 2016, 2190 (2195). 46 BFH v. 1.6.2016 – XI R 17/11, BFHE 254, 164 = BStBl. II 2017, 581 Rz. 34; Abschn. 15.22 Abs. 1 Satz 4 UStAE; Scheifele, Ubg 2018, 265 (271). 47 Eggers, MwStR 2017, 562 (566 f.); Scheifele, Ubg 2018, 265 (271).

866 | Lamprecht

Umsatzsteuer | Rz. 25.27 § 25

IV. Leistungen zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter 1. Mangelnde Umsatzsteuerbarkeit der Leistungen bei gesetzestypischer stiller Gesellschaft Erbringen weder der Geschäftsführer noch der stille Gesellschafter weitergehende oder andere Leistungen, als nach den §§ 230–234 HGB vorgesehen, sind ihre Leistungen nicht steuerbar nach dem UStG48: Die Aufnahme des stillen Gesellschafters durch den Geschäftsinhaber49 bzw. das Ausscheiden des stillen Gesellschafters50 stellen ebenso wenig eine umsatzsteuerbare Leistung dar, wie der Gewinnbezug des stillen Gesellschafters ein Entgelt für eine solche Leistung ist51. Die Erbringung bloßer Geldleistungen durch den stillen Gesellschafter bzw. den Geschäftsinhaber (etwa bei Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens) ist grundsätzlich keine „sonstige Leistung“ i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG52.

25.25

2. Sacheinlagen und Sacheinbringungen des stillen Gesellschafters sowie Sachleistungen des Geschäftsinhabers Nicht abschließend geklärt ist hingegen die Rechtslage, wenn Gesellschafter – und demnach auch stille Gesellschafter – nicht Geld-, sondern Sacheinlagen tätigen bzw. der Geschäftsinhaber an den stillen Gesellschafter nicht Geld-, sondern Sachleistungen erbringt.

25.26

a) Rechtsprechung des EuGH Nach der Entscheidung des EuGH vom 29.4.2004 – Rs. C-137/02 „Faxworld“ steht einer Vorgründungsgesellschaft der Abzug der Vorsteuer für den Bezug von Dienstleistungen und Gegenständen zu, wenn ihr einziger Ausgangsumsatz satzungsgemäß die entgeltliche Übertragung der bezogenen Leistungen an die zu gründende Kapitalgesellschaft ist, auch wenn dieser Vorgang nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats – im entschiedenen Fall Deutschland – als Geschäftsveräußerung im Ganzen anzusehen ist. Unter diesen besonderen Umständen sind nach dem EuGH zur Wahrung der Neutralität der Umsatzsteuer die geplanten umsatzsteuerpflichtbesteuerten Umsätze der zu gründenden Kapitalgesellschaft für die Vorsteuerabzugsberechtigung der Vorgründungsgesellschaft zu berücksichtigen53.

48 Grebe/Raudszus, UStB 2016, 22, vgl. bei ihnen auch die eingehende Darstellung der Umsatzsteuerpflicht von Leistungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. 49 EuGH v. 13.3.2008 – Rs. C-437/06 – „Securenta“, ABl. EU 2008, Nr. C 116, 7 = BStBl. II 2008, 727 Rz. 27; Abschn. 1.1. Abs. 15 Satz 2 UStAE. 50 Tehler in Reiß/Kräusel/Langner, Stand: 4/2015, § 1 UStG Rz. 355. 51 FG Baden-Württemberg v. 2.4.1968 – IV 295-298/67, EFG 1968, 488. 52 Vgl. EuGH v. 29.10.2009 – Rs. C-29/08 – „AB SKF“, ABl. EU 2009, Nr. C 312, 3 = UR 2010, 107 Rz. 29 m.w.N. 53 EuGH v. 29.4.2004 – Rs. C-137/02 – „Faxworld“, ABl. EU 2004, Nr. C 118, 20 = UR 2004, 362 Rz. 42. Übernahme der Rechtsansicht des EuGH durch BFH v. 15.7.2004 – V R 84/ 99, BFHE 207, 67 = BStBl. II 2005, 155 Rz. 17; Abschn. 15.2b Abs. 3 Satz 8 UStAE.

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25.27

§ 25 Rz. 25.28 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

25.28 Die in dieser Entscheidung liegende Hintanstellung des grundsätzlich in der Umsatzsteuer geltenden Trennungsprinzips hat der EuGH in seinem Urteil vom 1.3.2012 – Rs. C-280/10 „Polski Trawertyn“ fortgeführt. Demnach erfordert die Richtlinie über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, dass bei Gründung einer Kapitalgesellschaft entweder den Gesellschaftern oder der Kapitalgesellschaft der Vorsteuerabzug für solche Investitionskosten zusteht, die von den Gesellschaftern vor Gründung und Eintragung der Gesellschaft für deren Zwecke und im Hinblick auf deren spätere wirtschaftliche Tätigkeit gemeinsam getragen worden sind. Dies gelte auch dann, wenn die Leistung an die Kapitalgesellschaft steuerfrei ist. Dass die Kapitalgesellschaft nicht über eine auf ihren eigenen Namen, sondern lediglich eine auf den Namen ihrer Gesellschafter ausgestellte Rechnung verfügt, könne in diesem Fall den Vorsteuerabzug nicht hindern54. 25.29 Hingegen hat der EuGH in seinem Urteil vom 13.3.2014 – Rs. C-204/13 „Malburg“ befunden, dass einem GbR-Gesellschafter, der einen Teil des Mandantenstamms der GbR im Rahmen einer Realteilung übernimmt, aus dieser Übertragung kein Vorsteuerabzug zusteht, wenn er den Mandantenstamm einer neu gegründeten GbR unentgeltlich zur Nutzung überlässt. Der EuGH hat dies damit begründet, dass der GbRGesellschafter mit der unentgeltlichen Überlassung des Mandantenstammes an die neu gegründete GbR keine umsatzsteuerbare Leistung erbringe. Das Prinzip der Neutralität der Umsatzsteuer sei lediglich ein Auslegungsgrundsatz, der allein keinen Vorsteuerabzug begründen könne55. 25.30 Die Entscheidungen des EuGH haben in der Literatur ein umfangreiches Echo ausgelöst56. Die Auffassungen und Lösungsansätze weisen in ganz unterschiedliche Richtungen. Festzuhalten bleibt, dass der EuGH in den dargestellten zwei Entscheidungen das umsatzsteuerliche Trennungsprinzip hinter das Ziel der Wahrung der Neutralität der Umsatzsteuer zurückgestellt hat, aber – wie die Entscheidung „Malburg“ zeigt – nicht bereit ist, dies durchgängig zu tun. Die Berufung von Steuerpflichtigen auf die EuGH-Urteile „Faxworld“ und „Polski Trawertyn“ hatte in jüngerer Zeit vor dem BFH keinen Erfolg57. 25.31 Die getroffenen Entscheidungen sind grundsätzlich auch bei stillen Beteiligungen zu berücksichtigen. Die Doktrin des EuGH in der Rechtssache „Polski Trawertyn“ könnte etwa auch dann Anwendung finden, wenn die Einbringung der Investitionsgüter in die neu zu gründende Kapitalgesellschaft im Rahmen einer an dieser bestehenden stillen Gesellschaft erfolgt. Ob und inwieweit sich die Entscheidungen des EuGH tatsächlich entsprechend verallgemeinern lassen, ist allerdings ungewiss – da 54 EuGH v. 1.3.2012 – Rs. C-280/10 – „Polski Trawertyn“, ABl. EU 2012, Nr. C 118, 2 = UR 2012, 366 Rz. 31 ff. Vgl. zu dieser Entscheidung eingehend Wäger, UR 2012, 911. 55 EuGH v. 13.3.2014 – Rs. C-204/13 – „Malburg“, ABl. EU 2014, Nr. C 135, 18 = UR 2014, 353 Rz. 40 ff. 56 Vgl. Ismer, MwStR 2015, 407; Dziadkowski, UR 2013, 902; Stadie, UR 2012, 337; Sterzinger, DStR 2013, 1309; Klöttschen, BB 2013, 1384. 57 Vgl. BFH v. 31.5.2017 – XI R 40/14, BFHE 258, 495 Rz. 39 ff.; BFH v. 11.11.2015 – V R 8/15, BFHE 252, 468 Rz. 13 ff.

868 | Lamprecht

Umsatzsteuer | Rz. 25.33 § 25

sie ihre Begründungen stark auf die Besonderheiten des jeweiligen Einzelsachverhalts abstellen. Insbesondere war in den Entscheidungen „Faxworld“ und „Polski Trawertyn“ die zum Vorsteuerabzug berechtigende Leistung von allen Gesellschaftern empfangen worden, während bei stillen Gesellschaften typischerweise lediglich der stille Gesellschafter die Sachleistungen empfangen und an den Geschäftsinhaber weiterleisten wird58. Dies sollte nach hier vertretener Ansicht einer Anwendung der EuGHDoktrin aber nicht entgegenstehen. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Im Vorfeld von Transaktionen ist zu erwägen, sich die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung vorsorglich verbindlich beauskunften zu lassen. b) Rechtsauffassung der deutschen Finanzgerichte und Finanzverwaltung Die deutsche Finanzrechtsprechung und die deutsche Finanzverwaltung wenden jenseits der genannten EuGH-Rechtsprechung das Trennungsprinzip an. Gesellschaft und Gesellschafter werden also als unterschiedliche Steuerpflichtige behandelt, ohne dass zwischen ihnen eine Zurechnung von Tatbestandsmerkmalen stattfände, die der jeweils andere Steuerpflichtige verwirklicht hat59.

25.32

Sacheinlagen bzw. Sacheinbringungen von Gesellschaftern in eine Gesellschaft bzw. Sachausschüttungen einer Gesellschaft an ihre Gesellschafter sind nach der Auffassung der deutschen Rechtsprechung steuerbare Leistungen. Die Leistungen werden im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes60 entgeltlich ausgeführt, soweit sie als Gegenleistung für die Gewährung von Gesellschafterrechten61, in Abgeltung eines Auseinandersetzungsguthabens62 bzw. gegen die Übernahme von Schulden63 erbracht werden. Es genügt, dass Gutschriften auf dem jeweiligen Gesellschafterkapitalkonto erfolgen und sich hieraus Zahlungsansprüche für den Gesellschafter ergeben oder sich seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Gesellschaft vermindern64; dies gilt auch bei Zahlungsschwierigkeiten der Gesellschaft65 bzw. des Geschäftsinhabers. Dass nach der Rechtsprechung des EuGH in der Gewährung von Gesellschafterrechten kei-

25.33

58 Vgl. Wäger, UR 2012, 911 (914). 59 Vgl. BFH v. 16.3.1993 – XI R 52/90, BFHE 171, 117 = BStBl. II 1993, 562 Rz. 16. 60 BFH v. 15.5.1997 – V R 67/94, BFHE 183, 278 = BStBl. II 1997, 705 Rz. 16, 19 (mit Ausführungen zur Bemessung des Entgelts in diesem Fall). 61 BFH v. 18.12.2008 – V R 73/07, BFHE 223, 546 = BStBl. II 2009, 612 Rz. 35 f.; BFH v. 13.11.2003 – V R 79/01, BFHE 204, 332 = BStBl. II 2004, 375 Rz. 33 m.w.N.; Abschn. 1.6 Abs. 2 Satz 4 UStAE. Zweifelnd Wäger, UR 2008, 69 (73), soweit einem Gesellschafter, der vermögensmäßig bereits alleinig an einer Gesellschaft beteiligt ist, weitere Gesellschafterrechte gewährt werden, da bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise von einer Gegenleistung dann nicht gesprochen werden könne. 62 BFH v. 5.6.2013 – XI B 116/12, BFH/NV 2013, 1640 Rz. 26 f. 63 BFH v. 15.5.1997 – V R 67/94, BFHE 183, 278 = BStBl. II 1997, 705 Rz. 16 f. Entscheidend ist die wirtschaftliche Entlastung des Gesellschafters von den Schulden, die zivilrechtliche Ausgestaltung ist unerheblich. 64 BFH v. 18.12.2008 – V R 73/07, BFHE 223, 546 = BStBl. II 2009, 612 Rz. 35. 65 BFH v. 16.3.1993 – XI R 52/90, BFHE 171, 117 = BStBl. II 1993, 562 Rz. 14.

Lamprecht | 869

§ 25 Rz. 25.33 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

ne entgeltliche Leistung an die Gesellschafter liegt66, soll der Beurteilung als tauschähnlicher Umsatz nicht entgegenstehen. Der Vorgang sei insoweit aus Sicht der Gesellschaft und aus Sicht des Gesellschafters unterschiedlich zu beurteilen67.

25.34 Die Umsatzsteuerbarkeit der Sachleistung hängt weiterhin davon ab, ob sie von einem Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt wird. Für die Begründung einer unternehmerischen Tätigkeit genügt hierbei nicht bereits, ein Einzelunternehmen mit dem Ziel zu erwerben, es unmittelbar in eine Personengesellschaft einzubringen68. Hingegen kann die Einbringung erheblichen Sachanlagevermögens in mehrere Gesellschaften die Unternehmereigenschaft des einbringenden Gesellschafters begründen69. 25.35 Selbst bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen ist eine Sacheinbringung nicht umsatzsteuerbar, wenn es sich bei ihr um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen handelt. Die Sachleistung kann zudem steuerfrei sein, z.B. bei Leistung von Wertpapieren bzw. Anteilen an Gesellschaften oder bei Leistungen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, vgl. § 4 Nr. 8 Buchst. e und f sowie Nr. 9 Buchst. a UStG. Bei der Einbringung von Sachgesamtheiten ist zu beachten, dass diese in Gänze oder auch nur in Teilen steuerfrei sein können70. 25.36 Die dargestellte Rechtsprechung wird durch die neuere EuGH-Rechtsprechung bestätigt71. Sachlich gewährleistet sie die allgemeine Besteuerung des Verbrauchs, vielfach aber nicht die Neutralität der Umsatzsteuer – etwa dann, wenn ein Nichtunternehmer einen Investitionsgegenstand in eine Gesellschaft einbringt. Gleiches gilt bei Erbringung einer Sachleistung im Wege der verdeckten Einlage, weil diese nicht die Gewährung von Gesellschafterrechten begründet und daher unentgeltlich erfolgt72. Nach Auffassung der Finanzverwaltung steht der empfangenden Gesellschaft deswegen in beiden Fällen kein Vorsteuerabzug zu73. Wirtschaftlich vergleichbare bzw. sehr nah beieinander liegende Vorgänge werden damit unter Umständen umsatzsteuerlich unterschiedlich behandelt. Insgesamt ist die Rechtsprechung eine Herausforderung für und zur Steuergestaltung. 66 EuGH v. 26.6.2003 – Rs. C-442/01 – „KapHag“, ABl. EU 2003, Nr. C 184. 14 = UR 2003, 443 Rz. 41 ff. 67 BFH v. 13.11.2003 – V R 79/01, BFHE 204, 332 = BStBl. II 2004, 375 Rz. 35 f. unter Berufung auf Reiß, UR 2003, 428 (435, 437). 68 BFH v. 15.1.1987 – V R 3/77, BFHE 149, 272 = BStBl. II 1987, 512 Rz. 36 ff.; bestätigend zitiert durch BFH v. 24.8 2006 – V B 167/04, BFH/NV 2007, 280 Rz. 17. 69 BFH v. 6.10.2005 – V R 7/04, BFH/NV 2006, 834 Rz. 15. 70 Vgl. zur Notwendigkeit, bei Sacheinbringungen zwischen verschiedenen Teilen der Leistung zu differenzieren BFH v. 13.11.2003 – V R 79/01, BFHE 204, 332 = BStBl. II 2004, 375 Rz. 37 f. 71 EuGH v. 13.6.2018 – Rs. C-421/17 – „Polfarmex“, ABl. EU 2018, Nr. C 276, 8 = HFR 2018, 668 Rz. 35 ff. 72 Vgl. BFH v. 18.12.2008 – V R 73/07, BFHE 223, 546 = BStBl. II 2009, 612 Rz. 35; Wäger, UR 2008, 69 (73). 73 Abschn. 3.2. Abs. 2 Satz 5, 6 UStAE; Wäger, UR 2008, 69 (73); a.A. Radeisen in Schwarz/ Widmann/Radeisen, Stand: 4/2013, § 1 UStG Rz. 264.

870 | Lamprecht

Umsatzsteuer | Rz. 25.39 § 25

3. Leistungen gegen Sonderentgelt Steuerbar können auch Leistungen zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter während des Bestehens der stillen Gesellschaft sein, sofern sie sich nicht lediglich in der Leistung von Geld erschöpfen. Der Bereich denkbarer Leistungen ist weit: das Eingehen eines Wettbewerbsverbots74 oder ein Tätigwerden im Interesse des jeweils anderen Gesellschafters können genügen75.

25.37

Wie solche Leistungen zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter umsatzsteuerlich zu würdigen sind, entscheidet sich maßgeblich danach, inwieweit sie als Gesellschaftsbeitrag, gegen (Sonder-)Entgelt oder unentgeltlich erbracht werden76. Maßstab hierfür ist weder die von den Beteiligten gewählte Bezeichnung noch, ob sie auf schuld- oder gesellschaftsvertraglicher Grundlage (causa) erfolgen77. Auch im Rahmen von Gesellschaftsverträgen können (Sonder-)Entgelte i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vereinbart werden. Ebenso ist die bilanzielle Behandlung der Leistungen als Aufwand oder Gewinnverteilung lediglich von indizieller Bedeutung. Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit zwischen Leistung und Zahlung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht78. Kennzeichnend für das Verhältnis des Beitrags eines Gesellschafters und seinem Gewinnanteil ist dabei, dass dieser unmittelbare Zusammenhang fehlt, soweit der Gewinnanteil – wie regelmäßig – eine Ergebnisgröße für einen bestimmten Zeitraum ist, die von einer Vielzahl von Faktoren und damit zumindest teilweise „vom Zufall abhängt“ und deswegen nicht unmittelbar mit der Erbringung des Beitrags des betreffenden Gesellschafters korreliert79. Nicht jede gewinnabhängige Vergütung schließt mithin ein (Sonder-)Entgelt i.S. des UStG aus, sondern nur solche Vergütungen, die nicht mit einer Leistungserbringung durch den betreffenden Gesellschafter – unmittelbar – zusammenhängen80.

25.38

In welcher Form – als Gesellschafterbeitrag, als Leistung gegen (Sonder-)Entgelt oder in unentgeltlicher Form – Leistungen erbracht werden, können die Beteiligten grundsätzlich frei gestalten81. Die Gestaltungsmöglichkeiten, die hier bestehen, führt der UStAE am Beispiel einer Beratungsgesellschaft vor, die verschiedene Beratungsstellen betreibt, an denen ortsansässige Berater jeweils atypisch still beteiligt werden.

25.39

74 BFH v. 13.11.2003 – V R 59/02, BFHE 203, 540 = BStBl. II 2004, 472 Rz. 23. 75 Vgl. Wäger, UR 2008, 69 (74 f.) m.w.N. 76 BFH v. 18.12.1996 – XI R 12/96, BFHE 182, 395 = BStBl. II 1997, 374 Rz. 20 m.w.N.; Abschn. 1.6 Abs. 1 UStAE. 77 BFH v. 10.5.1990 – V R 47/86, BFHE 161, 185 = BStBl. II. 1990, 757 Rz. 21 m.w.N.; FG Berlin-Brandenburg v. 13.6.2018 – 7 K 7226/15, EFG 2018, 1491 Rz. 49. 78 BFH v. 11.6.2015 – V B 140/14, BFH/NV 2015, 1442 Rz. 4 m.w.N.; FG Rheinland-Pfalz v. 24.11.2016 – 6 K 1600/15 Rz. 55, juris. 79 EuGH v. 27.9.2001 – Rs. C-16/00 – „Cibo Participations“, ABl. EG 2001, Nr. C 317, 5 = UR 2001, 500 Rz. 43 ff.; EuGH v. 14.11.2000 – Rs. C-142/99 – „Floridienne und Berginvest“, ABl. EG 2001, Nr. C 28, 7 = UR 2000, 530 Rz. 23. 80 BFH v. 11.6.2015 – V B 140/14, BFH/NV 2015, 1442 Rz. 4; BFH v. 16.3.1993 – XI R 44/ 90, BFHE 171, 114 = BStBl. II 1993, 529 Rz. 17; BFH v. 10.5.1990 – V R 47/86, BFHE 161, 185 = BStBl. II 1990, 757 Rz. 21. 81 BFH v. 18.12.1996 – XI R 12/96, BFHE 182, 395 = BStBl. II 1997, 374 Rz. 20 m.w.N.

Lamprecht | 871

§ 25 Rz. 25.39 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Sind diese neben ihrer Kapitalbeteiligung zur Erbringung ihrer Arbeitskraft als Einlage verpflichtet und erhalten sie für ihre Tätigkeit einen Vorabgewinn, der handelsrechtlich auch nicht als Aufwand behandelt wird, liegt ein nicht umsatzsteuerbarer Gewinnanteil vor. Um ein potentiell umsatzsteuerbares Sonderentgelt handelt es sich hingegen, wenn die atypischen stillen Gesellschafter im Rahmen von Niederlassungsleiter-Anstellungsverträgen eine Vergütung erhalten, die handelsrechtlich als Aufwand behandelt werden muss82.

25.40 Erhalten nach dem Gesellschaftsvertrag der Geschäftsinhaber oder der stille Gesellschafter (etwa für die Mitgliedschaft in einem Beirat) für bestimmte Leistungen Ersatz ihrer Aufwendungen, liegt ebenfalls die Vereinbarung eines (Sonder-)Entgelts vor. Wann die Finanzverwaltung im Einzelnen von einem Sonderentgelt ausgeht und wann nicht, entfaltet der UStAE in einer umfangreichen Kasuistik83. Unter gestalterischen Gesichtspunkten bieten sich insbesondere entgeltliche Nutzungsüberlassungen und Geschäftsführungstätigkeiten an, um Gesellschaftern eine unternehmerische Tätigkeit zu verschaffen.

V. Veräußerung der stillen Beteiligung 25.41 Nach der Rechtsprechung des EuGH gelten die Wertungen, die für die Bejahung des wirtschaftlichen Charakters des Erwerbs von Beteiligungen zugrunde gelegt werden, der mit Eingriffen in die Verwaltung der Beteiligung einhergeht, grundsätzlich auch für die Veräußerung solcher Beteiligungen84. Veräußert der stille Gesellschafter seine Beteiligung an einen Dritten, liegt hierin ein daher steuerbarer Umsatz, soweit die Veräußerung im Rahmen des Unternehmens des stillen Gesellschafters erfolgt. Maßgeblich hierfür ist wiederum, ob die Beteiligung zuvor seinem Unternehmen zugeordnet war85. Ist die Veräußerung steuerbar, erfolgt sie gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG bei allen Arten von stillen Gesellschaften steuerfrei86.

82 Vgl. Abschn. 1.6 Abs. 4 Beispiele 3 und 5 UStAE. 83 Abschn. 1.6 Abs. 4 Beispiele 3 und 5 UStAE. 84 EuGH v. 29.10.2009 – C-29/08 – „SKF“, ABl. EU 2009, Nr. C 312, 3 = UR 2010, 107 Rz. 34; EuGH v. 26.5.2005 – Rs. C-465/03 – „Kretztechnik“, ABl. EU 2005, Nr. C 217, 14 = UR 2005, 382 Rz. 19 m.w.N.; Englisch/Friedrich-Vache, Umsatzsteuerliche Aspekte der Anteilsveräußerung, S. 12 f. 85 Vgl. EuGH v. 29.10.2009 – Rs. C-29/08 – „AB SKF“, ABl. EU 2009, Nr. C 312, 3 = UR 2010, 107 Rz. 29 (für die Umstrukturierung einer Führungsholding); Birkenfeld in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, Stand: 4/2016, § 33a Rz. 161; Friedrich-Vache, EUUStB 2011, 33 (34 f.); v. Streit, UR 2012, 904 (906 ff.); a.A. anscheinend Tehler in Reiß/ Kraeusel/Langer, Stand: 4/2015, § 1 UStG Rz. 355. Vgl. zum Meinungsstand vor Ergehen der EuGH-Entscheidung „AB SKF“: FG Düsseldorf v. 10.7.2009 – 5 K 150/06 U, EFG 2009, 2070 Rz. 42 m.w.N. 86 Huschens in Schwarz/Widmann/Radeisen, Stand: 10/2008, § 4 Nr. 8f UStG Rz. 5; vgl. auch: Sobotta in Reiß/Kraeusel/Langer, Stand: 2/2012, § 4 UStG Nr. 8 Rz. 102. Enger: BFH v. 14.12.1995 – V R 11/94, BFHE 179, 469 = BStBl. II 1996, 250 Rz. 13; FG Berlin v. 8.10.1985 – VII 503/82, EFG 1986, 470 (jeweils beschränkt auf atypische stille Beteiligungen an einer

872 | Lamprecht

Umsatzsteuer | Rz. 25.44 § 25

Für den Vorsteuerabzug kommt es demnach darauf an, inwieweit Aufwendungen in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit der steuerfreien Veräußerung der stillen Beteiligung oder mit sonstigen steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen des Steuerpflichtigen stehen87. Aufwendungen hängen mit solchen Ausgangsumsätzen direkt und unmittelbar zusammen, die zu den Kostenelementen dieser Ausgangsumsätze gehören88. Zudem können Vorsteuern auch für die allgemeinen Kosten eines Unternehmens geltend gemacht werden89.

25.42

In der Rechtssache „SKF“ aus dem Jahr 2009 hat der EuGH als konkretisierenden Maßstab hierfür angelegt, ob die Ausgaben für die Veräußerung der Beteiligung Eingang in deren Preis finden können oder allein zu den Kostenelementen der auf die wirtschaftlichen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen entfallenden Umsätze gehören. Nach diesem Maßstab hatte er im konkreten Fall einen Vorsteuerabzug bejaht. Der Umstand, dass die Veräußerung im Zuge einer Umstrukturierung eines Konzerns erfolgte und mit der Veräußerung der Beteiligung auch die wirtschaftliche Betätigung entfiel, änderte daran nichts90.

25.43

In der Rechtssache „C&D Foods Acquisition“ aus dem Jahre 2018 hat der EuGH hingegen verlangt, dass die Beteiligungsveräußerung „ihren ausschließlichen unmittelbaren Entstehungsgrund in der steuerbaren wirtschaftlichen Tätigkeit [des Steuerpflichtigen] hat oder eine unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung [seiner] Tätigkeit darstellt“. Dies sei dann der Fall, wenn die Veräußerung erfolge, um den daraus erzielten Erlös direkt für die steuerbare wirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen oder die wirtschaftliche Tätigkeit der Unternehmensgruppe, deren Spitze er darstellt, zu verwenden. Da im konkreten Fall der Veräußerungserlös zur Tilgung von Schulden dienen sollte, sah der EuGH keine Grundlage für den Vorsteuerabzug91. Allgemein ergeben sich hieraus höhere Anforderungen an den Vorsteuerabzug, als bislang in Anschluss an die Rechtssache „SKF“ in der Literatur für Veräußerungen angenommen worden waren92 und wie sie auch für Erwerbsvorgänge gelten. Die Rechtsentwicklung erscheint an dieser Stelle nicht abgeschlossen zu sein und ist aufmerksam zu beobachten.

25.44

87 88 89 90 91 92

Publikums-KG); ebenso wohl Heidner in Bunjes, § 4 UStG Rz. 47; a.A. Stadie in Stadie, § 4 Nr. 8 UStG Rz. 28, der die Steuerbefreiung § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG entnimmt; vgl. dagegen aber BFH v. 19.3.1970 – V R 137/69, BStBl. II 1970, 602 Rz. 9. Vgl. Schlussantrag GA v. 6.9.2018 – Rs. C-502/17 – „C&D Foods Acquisition“, UR 2018, 966 Rz. 41. EuGH v. 14.9.2017 – Rs. C-132/16 – „Iberdrola Inmobiliaria Real Estate Investments“, ABl. EU 2017, Nr. 382. 17 = UR 2017, 928 Rz. 28; EuGH v. 29.10.2009 – Rs. C-29/08 -“AB SKF“, ABl. EU 2009, Nr. C 312, 3 = UR 2010, 107 Rz. 57. EuGH v. 14.9.2017 – Rs. C-132/16 –“Iberdrola Inmobiliaria Real Estate Investments“, ABl. EU 2017, Nr. 382. 17 = UR 2017, 928 Rz. 29 m.w.N. EuGH v. 29.10.2009 – Rs. C-29/08 – „AB SKF“, ABl. EU 2009, Nr. C 312, 3 = UR 2010, 107 Rz. 60 ff. EuGH v. 8.11.2018 – Rs. C-502/17 – „C&D Foods Acquisition“, ABl. EU 2019, Nr. C 16, 23 = UR 2018, 966 Rz. 33. Vgl. zur Rechtsentwicklung den knappen Überblick bei Prätzler, jurisPR-SteuerR 2/2019 Anm. 6.

Lamprecht | 873

§ 25 Rz. 25.44 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Zulässig bleibt in jedem Fall, dass der Veräußerer gemäß § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerfreiheit verzichtet und auf diese Weise in den Genuss des Vorsteuerabzugs gelangt.

VI. Zusammenfassung 25.45 Im Rahmen der Umsatzsteuer sind lediglich der Geschäftsinhaber und ggf. der stille Gesellschafter Unternehmer und damit subjektiv steuerpflichtig, mangels Auftretens im Geschäftsverkehr hingegen nicht die stille Gesellschaft selbst. Die ertragsteuerlich bedeutsame Unterscheidung zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften hat umsatzsteuerlich daher keine Bedeutung. Für die Umsatzsteuerpflichten des Geschäftsinhabers hat der stille Gesellschafter im Außenverhältnis nicht einzustehen, sie beeinflussen lediglich im Innenverhältnis den Gewinn- und Verlustanteil des stillen Gesellschafters. Die Einräumung einer stillen Beteiligung berührt die Vorsteuerabzugsberechtigung des Geschäftsinhabers nicht. Aufwendungen für die Einräumung der stillen Beteiligung berechtigen den Geschäftsinhaber – ggf. anteilig – zum Vorsteuerabzug. Der Erwerb und das Halten einer stillen Beteiligung gestatten dem stillen Gesellschafter nur unter bestimmten Voraussetzungen den Abzug angefallener Vorsteuern. Geldleistungen, die zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter im Zuge einer stillen Beteiligung erbracht werden, sind nicht umsatzsteuerbar; bei anderen Leistungen ist die Rechtslage sorgfältig zu prüfen und ggf. zweckmäßig zu gestalten.

874 | Lamprecht

§ 26 Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht Schrifttum: Bilitewski, Andrea/Heinemann, Mark D., Die Beschränkung des „sonstigen Gegenleistung“ in Einbringungsfällen nach dem Entwurf der Bundesregierung zum ProtErklUmsG vom 27.3.2015, Ubg 2015, 513; Bodden, Guido, Die atypisch stille Gesellschaft im Einkommensteuerrecht, kösdi 2019, 21282; Ettinger, Jochen/Mörz, Mathias, Ausgewählte Problemfelder und praktische Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit den §§ 20, 21 und 24 UmwStG durch das Steueränderungsgesetz 2015, GmbHR 2016, 154; Haarmann, Wilhelm, Ist die Eingehung einer atypisch stillen Gesellschaft neben der Gewährung von Gesellschaftsrechten eine für die Buchwertfortführung schädliche sonstige Gegenleistung bei Einbringungen gem. §§ 20 ff. UmwStG nach dem Regierungsentwurf vom 27.3.2015?, DStZ 2015, 438; Hageböke, Jens, Umwandlung der Beteiligung des Komplementärs einer KGaA in eine atypisch stille Beteiligung, DB 2010, 1611; Häuselmann, Holger, Hybride Finanzinstrumente, Kapitel 3 – Stille Beteiligungen, 2019; Levedag, Christian, Aktuelle ertragsteuerliche Entwicklungen bei der atypisch stillen Gesellschaft und (a)typisch stillen Unterbeteiligung, GmbHR 2019, 699; Oenings, Christoph, Gewerbesteuerliche Verlustverrechnung – Unternehmeridentität i.S. des § 10a GewStG bei atypisch stiller Gesellschaft, DStR 2008, 279; Koch, Celine/Ott, Sabine, Die Umwandlung einer (a)typisch stillen in eine unmittelbare Beteiligung, NWB 2018, 2501; Ott, Hans, Sonstige Gegenleistungen bei Einbringungen nach den §§ 20, 21 und 24 UmwStG, StuB 2015, 909; Rennar, Thomas Steuerliche Implikationen bei atypisch stiller Beteiligung an einer Personengesellschaft, NWB 2018. 3333; Ritzer, Claus/Stangl, Ingo, Geplante Änderungen im Konzernsteuerrecht durch das ProtErklUmsG, DStR 2015, 849; Rödder, Thomas, Zur geplanten Neuregelung für andere Gegenleistungen bei Einbringungen in Kapitalgesellschaften, Ubg 2015, 329; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die atypisch stille Beteiligung an GmbH, GmbH & Co. KG, StBP 2015, 221; Schulze zur Wiesche, Dieter, Eigenes Vermögen des Handelsgewerbetreibenden, DStZ 2019, 233; Suchanek, Markus, Die atypisch stille Gesellschaft im Umwandlungsfall, Ubg 2012, 431.

Gegenstand dieses Kapitels ist die steuerliche Behandlung stiller Gesellschaften im Rahmen von Umwandlungen. Die zivilrechtlichen Grundlagen hierzu sind in § 17 abgehandelt worden.

26.1

I. Gründung atypisch stiller Gesellschaften 1. Inhalt und Funktion des § 24 UmwStG 2006 a) Überblick Die stille Gesellschaft kann weder aufnehmender noch übertragender Rechtsträger i.S. des UmwG sein. Gründungsvorgänge vollziehen sich vielmehr ausschließlich im Wege der Einzelrechtsnachfolge durch Übertragung in das Vermögen des Geschäftsinhabers (siehe im Einzelnen Rz. 7.7)1. Werden Sachgesamtheiten (Betriebe/Teilbetriebe/Mitunternehmeranteile) zur Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft als Gesellschafterbeitrag eingebracht, liegt hierin eine Veräußerung in Form eines tausch1 Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften, § 14 Rz. 133.

Levedag | 875

26.2

§ 26 Rz. 26.2 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

ähnlichen Vorgangs gemäß § 16 EStG, da der Einbringende als Gegenleistung einen Mitunternehmeranteil an der atypisch stillen Gesellschaft erhält. § 24 i.V.m. § 1 Abs. 3 UmwStG 2006 enthält ein an diesen Vorgang anknüpfendes Bewertungswahlrecht.

26.3 Das Wahlrecht gemäß § 24 Abs. 1 UmwStG setzt voraus, dass ein Betrieb oder Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil in eine Personengesellschaft eingebracht wird und der Einbringende Mitunternehmer der Gesellschaft wird2. Die Personengesellschaft hat das eingebrachte Betriebsvermögen gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG in ihrer Bilanz einschließlich der Ergänzungsbilanzen für ihre Gesellschafter mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Abweichend von Satz 1 kann das übernommene Betriebsvermögen gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG auf Antrag mit dem Buchwert oder einem höheren Wert, höchstens jedoch mit dem Wert i.S. des Satzes 1, angesetzt werden, soweit das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des eingebrachten Betriebsvermögens nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird (§ 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UmwStG) und der gemeine Wert von sonstigen Gegenleistungen, die neben den neuen Gesellschaftsanteilen gewährt werden (sog. Mischentgelte), nicht mehr beträgt als 25 % des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens oder 500.000 Euro, höchstens jedoch den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens (§ 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG). Erhält der Einbringende neben den neuen Gesellschaftsanteilen höhere sonstige Gegenleistungen, ist das eingebrachte Betriebsvermögen abweichend von Satz 2 mindestens mit dem gemeinen Wert der sonstigen Gegenleistungen anzusetzen, wenn dieser den sich nach Satz 2 ergebenden Wert übersteigt. 26.4 Gemäß § 24 Abs. 3 UmwStG hat der Wertansatz bei der Personengesellschaft Bindungswirkung für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns des Einbringenden gemäß § 16 Abs. 1 EStG. § 24 Abs. 4 UmwStG verweist auf § 23 UmwStG, der für die Fortführung der Wertansätze des eingebrachten Betriebsvermögens bei der Personengesellschaft gilt. § 24 Abs. 5 UmwStG beinhaltet eine Missbrauchsvorschrift und § 24 Abs. 6 UmwStG regelt durch Verweis auf § 20 Abs. 9 UmwStG die Möglichkeit rückwirkender Einbringungen. b) Einzelfragen zur Ausübung des Bewertungswahlrechts gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG

26.5 Die aufnehmende Personengesellschaft (hier: die atypisch stille Gesellschaft) hat das eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Schlussbilanz einschließlich der Ergänzungsbilanzen für ihre Gesellschafter mit dem gemeinen Wert anzusetzen; für die Bewertung von Pensionsrückstellungen gilt § 6a EStG. Abweichend von Satz 1 kann das übernommene Betriebsvermögen gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG auf Antrag mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert angesetzt werden, soweit die in § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 UmwStG genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Das Gesetz sieht als erforderliche Komponenten zur Ausübung des Wahlrechts einen Antrag der aufnehmenden Gesellschaft und den gewollten Ansatz des eingebrachten Betriebsver-

2 Behandelt wird die durch das StÄndG 2015 v. 2.11.2015 behandelte Fassung der Norm.

876 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.7 § 26

mögens in der Schlussbilanz mit dem Buch- oder einem Zwischenwert an3. Für die Wahlrechtsausübung gilt gemäß § 24 Abs. 2 Satz 3 UmwStG § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG entsprechend. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG bestimmt, dass der Antrag spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die Besteuerung der übernehmenden Gesellschaft zuständigen Finanzamt zu stellen ist. c) Ausübungsberechtigter Gesellschaftsrechtlich steht die Ausübung des Wahlrechts in § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG der übernehmenden Personengesellschaft, d.h. der atypisch stillen Gesellschaft und nicht dem einbringenden Gesellschafter zu. Der Antrag beim zuständigen Finanzamt ist im Namen der Gesellschaft zu stellen (§ 24 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG)4. Einbringender ist in der Regel der Geschäftsinhaber, wenn das ihm zivilrechtlich gehörende Betriebsvermögen in das Quasi-Gesamthandsvermögen der Innengesellschaft übergeht. Der Geschäftsinhaber wird aber in der Regel im Innenverhältnis zur Antragstellung beauftragt sein.

26.6

d) Maßgebliche Schlussbilanz Das Bewertungswahlrecht wird durch den Ansatz in der Steuerbilanz der übernehmenden Personengesellschaft beim Finanzamt ausgeübt (laut § 24 Abs. 2 UmwStG: „Schlussbilanz“). Maßgebliche „Schlussbilanz“ i.S. des § 24 Abs. 2 UmwStG ist die Schlussbilanz des aufnehmenden Rechtsträgers – hier der atypisch stillen Gesellschaft – für das Wirtschaftsjahr, in dem die Einbringung stattfindet (§ 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG, § 24 Abs. 2 Satz 3 UmwStG)5. Bei der atypisch stillen Gesellschaft darf eine solche Steuerbilanz aufgestellt werden (siehe Rz. 22.25 ff.). Für die Feststellung, zu welchem Wert das Bewertungswahlrecht ausgeübt worden ist, ist der kumulierte Ansatz des übergehenden Betriebsvermögens in der Quasi-Gesamthandsbilanz, den Ergänzungsbilanzen und ggf. den Sonderbilanzen maßgebend. Fallen der steuerliche Übertragungsstichtag und der Bilanzstichtag auf denselben Tag, ist für einen Buchwertansatz die allgemeine steuerliche Schlussbilanz auf diesen Tag maßgebend6.

3 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314. 4 BFH v. 9.12.2010 – VIII B 151/09, BFH/NV 2011, 437. 5 Es war streitig, ob eine zu Buchwerten aufgestellte Bilanz zum Jahresende bei gewolltem Buchwertansatz die steuerliche Schlussbilanz i.S. der § 20 Abs. 2, § 24 Abs. 2 UmwStG ist oder ob, wie in Tz. 03.29 vorausgesetzt, eine spezifische umwandlungssteuerliche Schlussbilanz (wie bei §§ 3, 11, 15 ff. UmwStG, sog. Zweibilanzentheorie – siehe auch das BFH v. 20.8.2015 – IV R 34/12, BFH/NV 2016, 43 für Stichtage vor dem 13.12.2006) aufzustellen ist (vgl. etwa Rogall/Gerner in FGS/BDI, UmwStE 2011, Tz. 24.03, S. 501). Weder das UmwStG noch der UmwStE 2011 gehen für Einbringungen gemäß §§ 20, 24 UmwStG nach mittlerweile einheitlicher Auffassung der Finanzverwaltung und des Schrifttums davon aus, dass die „Schlussbilanz“ i.S. des § 24 Abs. 2 UmwStG eine spezifische steuerliche Umwandlungsbilanz ist (siehe BayLfSt v. 11.11.2014 – S 1978d.2.1-17/10 St32, GmbHR 2014, 1342). 6 BayLfSt v. 11.11.2014 – S 1978d.2.1-17/10 St32, GmbHR 2014, 1342.

Levedag | 877

26.7

§ 26 Rz. 26.8 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

e) Antragstellung

26.8 Der Antrag der aufnehmenden Gesellschaft, für das eingebrachte Betriebsvermögen Buch- oder Zwischenwerte anzusetzen, ist eine zusätzliche Voraussetzung für die Ausübung des Bewertungswahlrechts. Der Antrag ist bei dem für die atypisch stille Gesellschaft zuständigen Finanzamt zu stellen. Nur wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 UmwStG hinsichtlich des Einbringungsgegenstands und der Gewährung von Gesellschaftsrechten erfüllt sind, kann der Antrag gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG Wirksamkeit entfalten. Für die Einbringungen gemäß §§ 20 ff., 24 UmwStG lässt sich den Tz. 20.18, 24.03 UmwStE 20117 die Auffassung der Finanzverwaltung zu den maßgeblichen Auslegungsfragen entnehmen. Der UmwStE 2011 verlangt eine eindeutige Willensäußerung der aufnehmenden Gesellschaft. Das Wahlrecht muss einheitlich bezogen auf das gesamte übergehende Betriebsvermögen ausgeübt werden8. 26.9 Der Antrag kann ausdrücklich oder konkludent (durch Abgabe der Steuererklärung mit einer Bilanz, die der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt wird) gestellt werden9. Nach dem Gesetzeswortlaut ist die Abgabe nur einer Bilanz kein konkludenter Antrag und käme jede Antragstellung nach Eingang der Schlussbilanz beim Finanzamt zu spät. Wird der Antrag vor Abgabe der relevanten Schlussbilanz gestellt, ist die Antragstellung unwiderruflich, d.h. in einer später abzugebenden Bilanz oder innerhalb der verfahrensrechtlich offenen Veranlagung kann das Betriebsvermögen beim übernehmenden Rechtsträger nicht abweichend vom Ansatz laut Antragstellung angesetzt werden. Dies steht in Übereinstimmung mit der BFH-Rechtsprechung10. Zudem ist die Antragstellung bedingungsfeindlich (Tz. 24.03, 20.18 des UmwStE 2011). f) Antragsfrist

26.10 Der Antrag ist nach dem Wortlaut des § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG „spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der Schlussbilanz“ zu stellen. Verspätete Anträge sind nach Auffassung des BMF unbeachtlich, d.h. in diesen Fällen kommt es zum Ansatz des gemeinen Werts als Regelwert (siehe § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Die Finanzverwaltung scheint dies jedoch großzügig zu handhaben11: Liegt der steuerliche Übertragungsstichtag vor dem Bilanzstichtag, gibt die übernehmenden Kapital- bzw. Personengesellschaft lediglich die Steuerbilanz i.S. der § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG auf den Bilanzstichtag ohne weitere Erklärung ab und bestehen hinsichtlich der Ausübung des Wahlrechts Zweifel, so ist die Gesellschaft aufzufordern, sich zur Ausübung des Be7 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314. 8 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 24 UmwStG Rz. 109, 111; Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 371 (Stand Januar 2017). 9 BayLfSt v. 11.11.2014 – S 1978d.2.1-17/10 St32-, GmbHR 2014, 1342. 10 BFH v. 28.5.2008 – I R 98/06, BStBl. II 2008, 916. Im Vorentwurf des UmwStE 2011 v. 30.4.2010 war noch eine Regelung enthalten, dass ein vor der Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz gestellter Antrag widerrufen werden konnte. Diese Regelung ist im UmwStE 2011 gestrichen worden (vgl. Pyzska, DStR 2013, 693). 11 BayLfSt v. 11.11.2014 – S 1978d.2.1-17/10 St32, GmbHR 2014, 1342.

878 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.14 § 26

wertungswahlrechts i.S. der § 20 Abs. 2 Satz 2, § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG ausdrücklich zu äußern. Erst wenn von der übernehmenden Gesellschaft bzw. Personengesellschaft keine Antwort erfolgt, ist nach der zitierten Verwaltungsanweisung davon auszugehen, dass kein Antrag auf einen abweichenden Wertansatz gestellt wird und für das eingebrachte Betriebsvermögen der gemeine Wert anzusetzen ist. Ob die Voraussetzungen des § 24 UmwStG für eine Buchwertfortführung sämtlich erfüllt sein müssen, wenn das Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers im Wege eines Zuordnungswechsels auf die atypisch stille Innengesellschaft „übergeht“ und sämtliche Rechtsfolgen des § 24 UmwStG gelten (insbesondere das Zwischenwertwahlrecht), ist m.E. noch nicht abschließend geklärt (siehe Rz. 26.19).

26.11

frei

26.12

2. Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft durch Bar- oder Sacheinlage in das Vermögen des Geschäftsinhabers a) Problemfelder Die atypisch stille Gesellschaft ist eine Innengesellschaft und Mitunternehmerschaft, deren Quasi-Gesellschaftsvermögen einerseits aus dem Betriebsvermögen der Gesellschaft, das im Innenverhältnis dem Geschäftsinhaber und dem atypisch stillen Gesellschafter als Mitunternehmern zuzurechnen ist, und andererseits aus dem Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter bei der Innengesellschaft als Mitunternehmerschaft besteht (siehe Rz. 22.31 ff.; 22.40 ff.). Leistet der atypisch Stille anlässlich der Gründung eine Bar- oder Sacheinlage in das Vermögen des Geschäftsinhabers, um die Innengesellschaft zu errichten, kommt es ohne zivilrechtliche Vollrechtsübertragung aus ertragsteuerlicher Sicht zum Übergang des Betriebsvermögens des Geschäftsinhabers in das Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Innengesellschaft. Die Anwendbarkeit des § 24 UmwStG auf diesen Zuordnungswechsel wird unter Rz. 26.14 ff. abgehandelt. Wird eine Sachgesamtheit (Betrieb/Teilbetrieb/Mitunternehmeranteil) in eine Kapital- oder Personengesellschaft eingebracht und dem Einbringenden hierfür ein Mischentgelt in Form von Gesellschaftsrechten am aufnehmenden Rechtsträger und der Einräumung einer Stellung als atypisch stiller Gesellschafter gewährt, ist die durch das StÄndG 2015 eingeführte Regelung des § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG eingeführte Beschränkung des Antragswahlrechts zu prüfen. Dies wird unter Rz. 26.73 f. näher behandelt.

26.13

b) Gründung eines Einzelunternehmens & atypisch Still aa) Realisationstatbestand Die atypisch stille Beteiligung eines Dritten an einem Einzelunternehmen mit dem „Übergang“ des Betriebsvermögens des Einzelunternehmens in die atypisch stille Innengesellschaft löst keinen zivilrechtlichen Rechtsträgerwechsel aus. Der Einzelunternehmer bleibt Eigentümer des Betriebsvermögens. Unabhängig von der Frage, ob auf diesen Vorgang das Bewertungswahlrecht des § 24 Abs. 2 UmwStG anwendbar ist, stellt sich vorgelagert die Frage, ob der ertragsteuerliche Zuordnungswechsel einen Levedag | 879

26.14

§ 26 Rz. 26.14 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Realisationstatbestand in Form eines tauschähnlichen Vorgangs (siehe Rz. 26.2) verwirklicht. Dies ist zu bejahen. Der Einzelunternehmer als Geschäftsinhaber setzt die Wirtschaftsgüter seines Betriebsvermögens ein, um eine Mitunternehmerstellung in der atypisch stillen Gesellschaft zu erhalten. Zugleich leistet der atypisch stille Gesellschafter seine Sach- oder Geldeinlage in die Innengesellschaft, die dem Kapitalkonto in der Innengesellschaft gutgeschrieben und als Einlage in das Quasi-Gesamthandsvermögen verstanden wird. Nach dem Zuordnungswechsel des Betriebsvermögens in das Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Innengesellschaft partizipiert der Stille an den stillen Reserven.

26.15 Ertragsteuerlich weist der Gründungsvorgang damit eine Nähe zu der Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen gegen Leistung einer Einlage in das (zukünftige) Gesamthandsvermögen auf. Die Aufnahme eines neuen Gesellschafters gegen eine Einlage in das Gesamthandsvermögen stellt nach allgemeiner Meinung eine teilweise Veräußerung der Wirtschaftsgüter des Einzelunternehmens dar, die vollzogen wird, indem der Einzelunternehmer seinen Betrieb teilweise für eigene und teilweise für fremde Rechnung in die neu entstehende Personengesellschaft einbringt. Der Veräußerungsvorgang gemäß § 16 EStG als Anknüpfungspunkt für das Bewertungswahlrecht des § 24 Abs. 2 UmwStG findet nicht im Verhältnis des bisherigen Einzelunternehmers zum Neugesellschafter12, sondern im Verhältnis des Einzelunternehmers zur neu entstehenden Personengesellschaft statt13. Auf diesen Tausch des Betriebsvermögens des Einbringenden (Geschäftsinhabers) gegen die Gewährung einer Mitunternehmerstellung in der neu entstehenden atypisch stillen Innengesellschaft findet § 24 Abs. 1 UmwStG nach allgemeiner Meinung Anwendung14, so dass der Vorgang bei entsprechender Ausübung des Wahlrechts vollständig zum Buchwert ohne Aufdeckung stiller Reserven oder unter Aufstockung zum Zwischenwert erfolgen kann (siehe zur Wahlrechtsausübung Rz. 26.5 ff.). 26.16 Die vorbeschriebene „Aufnahme eines Neugesellschafters in ein Einzelunternehmen gegen eine Einlage“ ist von den sog. Zuzahlungsfällen abzugrenzen, in denen der Neugesellschafter für die Aufnahme eine Gegenleistung in das Privatvermögen oder ein anderes Betriebsvermögen des Einzelunternehmers leistet. Der BFH nimmt in den Zuzahlungsfällen eine Vermögensverschiebung und damit einen Veräußerungsvorgang gemäß § 16 EStG zwischen den Gesellschaftern an15. Neben diesem verwirklich-

12 Vgl. grundlegend BFH v. 15.7.1976 – I R 17/74, BFHE 119, 285 = BStBl. II 1976, 748; ebenso z.B. BFH v. 17.3.1987 – VIII R 293/82, BFHE 149, 454 = BStBl. II 1987, 558. 13 Vgl. BFH v. 11.12.2001 – VIII R 58/98, BFHE 197, 411 = BStBl. II 2002, 420; BFH v. 7.11.2006 – VIII R 13/04, BStBl. II 2008, 545 m.w.N. und zur disquotalen Einlage das BFH v. 25.4.2006 – VIII R 52/04, BStBl. II 2006, 847. 14 BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BStBl. II 2018, 587 =GmbHR 2018, 690; BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 538 = GmbHR 2017, 326; Bodden, kösdi 2019, 21282 (21289). 15 Siehe zum Eintritt in ein Einzelunternehmen gegen Zuzahlung BFH v. 18.10.1999 – GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123 sowie zur Aufnahme in eine Personengesellschaft BFH v. 17.9.2014 – IV R 33/11, BFHE 248, 121 = BStBl. II 2015, 717; BFH v. 27.10.2015 – VIII R 47/12, DStR 2016, 292.

880 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.18 § 26

ten Veräußerungsvorgang gemäß § 16 EStG findet eine Einbringung des Betriebsvermögens durch den Einzelunternehmer teilweise für eigene und teilweise für fremde Rechnung in die neu entstehende Personengesellschaft statt, wobei die anteilige Aufdeckung der stillen Reserven durch den Einzelunternehmer aufgrund des Veräußerungsvorgangs – anders als bei der Aufnahme gegen Einlage – nicht durch eine Ergänzungsbilanz neutralisiert werden kann16. bb) Übergang des Betriebsvermögens in das Quasi-Gesamthandsvermögen Wie bereits unter Rz. 26.15 angedeutet, unterfällt die Aufnahme gegen eine Einlage des Eintretenden in das Gesellschaftsvermögen17 der neu entstehenden Außen-Personengesellschaft dem Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 4 i.V.m. § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG18. Die ganz h.M. wendet § 24 UmwStG auch auf den ertragsteuerlichen Zuordnungswechsel aus dem Betrieb des Geschäftsinhabers in den Betrieb der Innengesellschaft an19.

26.17

Einbringungsgegenstand i.S. des § 24 Abs. 1 UmwStG ist der Betrieb oder bei Beteiligung des atypisch Stillen nur an einer Sparte des Unternehmens, die steuerlich als Teilbetrieb anzusehen ist, dieser Teilbetrieb. Die zutreffende h.M. verlangt für Einbringungen i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 4 UmwStG keine Vollrechtsübertragung auf die neu entstehende atypisch stille Innengesellschaft, sondern lässt den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums genügen20; der Übergang des Betriebsvermögens in das Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Innengesellschaft genügt hierfür. Sieht man dies nicht so, kann § 24 UmwStG nur im Rahmen einer Billigkeitsregelung ange-

26.18

16 BFH v. 18.10.1999 – GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123; BFH v. 17.9.2014 – IV R 33/11, BFHE 248, 121 = BStBl. II 2015, 717; BFH v. 27.10.2015 – VIII R 47/12, DStR 2016, 292; Tz. 01.47, 24.08, 24.11 des UmwStE 2011 v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314. 17 Die Bar- oder Sacheinlage muss im Gesellschaftsvermögen verbleiben. Erfolgen im Anschluss an eine Aufnahme gegen Einlage Entnahmen des Einzelunternehmers/Altgesellschafters oberhalb des ihm nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zustehenden Gewinns, kann der Vorgang in eine verdeckte Zuzahlung ins Privatvermögen einzuordnen sein, vgl. Tz. 24.11 des UmwStE 2011 v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314. 18 Allgemeine Meinung, siehe Tz. 01.47 des UmwStE 2011 v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314; aus der Kommentarliteratur Graw in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 1 UmwStG Rz. 231c; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 1 UmwStG Rz. 104; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 1 UmwStG Rz. 177 (Stand: Februar 2007). 19 BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BStBl. II 2018, 587 = GmbHR 2018, 690; BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 538 = GmbHR 2017, 326; Bodden, kösdi 2019, 21282 (21289), jeweils m.w.N. 20 Graw in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 1 UmwStG Rz. 231; Rasche in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 24 UmwStG Rz. 59; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/ UmwStG, § 1 UmwStG Rz. 104; Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 62 (Stand Januar 2017); wohl auch Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 350; Haritz in Haritz/Menner, § 1 UmwStG Rz. 86, der von einer „hybriden“ Umwandlung ausgeht; Schwedhelm, Unternehmensumwandlung, Rz. 474.

Levedag | 881

§ 26 Rz. 26.18 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

wendet werden21. In der Rechtsprechung ist § 24 UmwStG 1995 vom BFH bei Gründung einer GmbH & atypisch Still trotz fehlender Vollrechtsübertragung ebenfalls originär angewendet worden22. Der BFH hat zudem die Anwendung des § 24 UmwStG 1995 für den Übergang des Betriebsvermögens einer GmbH & Co. KG in das QuasiGesamthandsvermögen einer atypisch stillen Innengesellschaft bejaht, ohne die Frage der fehlenden Vollrechtsübertragung zu thematisieren23. Völlig unbestritten in der zitierten Rechtsprechung und im Schrifttum ist, dass die atypisch stille Innengesellschaft aufnehmende Personengesellschaft i.S. des § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG sein kann24.

26.19 Fraglich ist aber, ob man nur von der Anwendung des Rechtsgedankens des § 24 UmwStG ausgeht und auf dieser Grundlage nur eine Buchwertfortführung zulässt oder Tatbestand und Rechtsfolgen des § 24 UmwStG anwendet. Letzteres hätte zur Konsequenz, dass auf Ebene der atypisch stillen Innengesellschaft gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG sowohl Buchwerte als auch Zwischenwerte des Betriebs des Geschäftsinhabers gewählt werden könnten25; bei einem Zwischenwertansatz könnten die Werte der Wirtschaftsgüter des „eingebrachten“ Betriebsvermögens aufgestockt werden, um bestehende einkommensteuerliche Verlustvorträge des Geschäftsinhabers gemäß § 10d EStG ausnutzen zu können. Die Rechtsprechung formuliert bislang, die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft sei „wie“ eine Einbringung des Betriebs des Inhabers des Handelsgewerbes in die stille Gesellschaft i.S. des § 24 UmwStG zu würdigen, was gegen eine Vollanwendung sprechen könnte26. Meines Erachtens spricht die zunehmende Verselbständigung der Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers und des Betriebs der atypisch stillen Gesellschaft nicht zwingend dafür, eine Vollanwendung des § 24 UmwStG zu verlangen. Es handelt sich nur um einen ertragsteuerlichen Zuordnungswechsel, der zivilrechtlich nicht durch einen Rechtsträgerwechsel nachvollzogen wird. Zutreffend wäre es, auf Grundlage des Rechtsgedankens des § 24 UmwStG nur eine Buchwertfortführung anzunehmen, die auch nicht von den weiteren Voraussetzungen, insbesondere der Antragstellung abhängig zu machen wäre. 26.20 Im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens ist nach dem Einbringungsvorgang bei Beteiligung des atypisch stillen Gesellschafters am gesamten Betrieb aus Sicht des Geschäftsinhabers nach der Gründung nur noch der Mitunternehmeranteil an der atypisch stillen Gesellschaft vorhanden. Der Geschäftsinhaber verfügt auch nach dem Zuordnungswechsel für das gesamte BV in das Quasi-Gesamthandsvermögen über ein eigenes BV, in dem der Mitunternehmeranteil an der Innengesellschaft gehalten

21 Patt in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 24 UmwStG (SEStEG) Rz. 15, 19 (November 2011). 22 FG Hess. v. 7.12.2011 – 13 K 367/07, juris. Nachgehend BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BFHE 250, 121 = BStBl. II 2015, 935. 23 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253 = DStR 2014, 1384; BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 538 = GmbHR 2017, 326; BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BStBl. II 2018, 587 = GmbHR 2018, 690. 24 Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 62 (Stand Januar 2017); Rasche in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 24 UmwStG Rz. 9, 48. 25 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 350. Dieser weist darauf hin, dass eine Tarifbegünstigung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG, § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG ausscheidet. 26 BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BStBl. II 2018, 587 = GmbHR 2018, 690.

882 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.24 § 26

wird27. Der Mitunternehmeranteil ist nach der sog. Spiegelbildmethode als fortgeführter Saldo der Aktiva und Passiva, die ertragsteuerlich der atypisch stillen Gesellschaft zugerechnet werden, auszuweisen, soweit die Wirtschaftsgüter dem Anteil des Einzelunternehmers zugerechnet werden28. Die Anwendung der Tarifbegünstigung gemäß § 34 EStG auf einen Einbringungsgewinn des Geschäftsinhabers (bei Ansatz des gemeinen Werts) ist – unabhängig von der Frage, ob § 24 UmwStG vollständig oder nur seinem Rechtsgedanken nach anzuwenden ist – aufgrund der Beteiligung des Geschäftsinhabers (Einzelunternehmers) an der atypisch stillen Innengesellschaft gemäß § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG, § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG ausgeschlossen; nur der Freibetrag des § 16 Abs. 4 EStG kann bei Ansatz des gemeinen Werts gemäß § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG in Anspruch genommen werden.

26.21

Verfügt das Einzelunternehmen im Zeitpunkt der Gründung der atypisch stillen Gesellschaft über einen gewerbesteuerlichen Verlustvortrag gemäß § 10a GewStG gilt für die Verrechnungsmöglichkeit nach Begründung der atypisch stillen Beteiligung29: Es kann dieser im eingebrachten Betrieb entstandene Fehlbetrag nach der Begründung des stillen Gesellschaftsverhältnisses in voller Höhe berücksichtigt werden. Allerdings kann der Verlustvortrag nur vom positiven Gewerbeertrag des Anrechnungsjahres abgezogen werden, der anteilig auf den ursprünglichen Betriebsinhaber entfällt. Siehe auch Rz. 24.35.

26.22

frei

26.23

c) Gründung einer Personengesellschaft & atypisch Still aa) Gründung mit einem Nichtgesellschafter der Personengesellschaft Bei diesem Sachverhalt stellen sich vergleichbare Fragen wie bei der Begründung einer atypisch stillen Gesellschaft an einem Einzelunternehmen. Wie bereits unter Rz. 26.2 dargestellt, ist auch die Aufnahme eines Neugesellschafters in eine Personengesellschaft gegen Sach- oder Geldeinlage in das Gesamthandsvermögen ein Vorgang, der als tauschähnliche Einbringung des Betriebs des Alt- und des Neugesellschafters in die neu entstehende Mitunternehmerschaft zu qualifizieren ist. Nach einheitlicher Auffassung in Rechtsprechung und Finanzverwaltung bringen der oder die Altgesellschafter anlässlich der Aufnahme ihre Mitunternehmeranteile an der bisherigen Personengesellschaft gemäß § 24 Abs. 1 UmwStG in eine ertragsteuerlich fingierte neue – um den Neugesellschafter vergrößerte – Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesell-

27 BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BStBl. II 2018, 587 = GmbHR 2018, 690. 28 Siehe zur Anwendung der Spiegelbildmethode bei der atypisch stillen Gesellschaft Suchanek/Hagedorn, FR 2004, 1149. Zur Anwendung der Methode aus der ständigen Rspr. BFH v. 25.6.2014 – I R 29/13, BFH/NV 2015, 27 m.w.N.; Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 690. 29 Oenings, DStR 2008, 279 (282).

Levedag | 883

26.24

§ 26 Rz. 26.24 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

schaftsrechten ein30. Stille Reserven aufgrund der Veräußerung eines Teilmitunternehmeranteils gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG müssen nicht aufgedeckt werden, wenn die Fortführung der Buchwerte gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG gewählt wird.

26.25 Beteiligt sich ein Nichtgesellschafter an einer Personengesellschaft (z.B. einer GmbH & Co. KG) als atypisch stiller Gesellschafter, kommt es – je nach Umfang der Beteiligung am gesamten Betrieb oder an einer als Teilbetrieb geführten Sparte31 – zum Zuordnungswechsel des Betriebsvermögens des Geschäftsinhabers (der GmbH & Co. KG) auf die atypisch stille Innengesellschaft. Einbringender gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in der atypisch stillen Innengesellschaft ist in diesem Fall die GmbH & Co. KG32, so dass es zum Entstehen einer doppelstöckigen Personengesellschaftsstruktur kommt33. In dieser Struktur ist die GmbH & Co. KG als Mitunternehmerin der atypisch stillen Gesellschaft Obergesellschaft, weiterer Mitunternehmer der atypisch stillen Gesellschaft ist der stille Gesellschafter. Die atypisch stille Innengesellschaft ist Untergesellschaft. 26.26 Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 und Abs. 2 UmwStG sind – unabhängig von der Frage einer Vollanwendung oder einer Buchwertfortführung in sinngemäßer Anwendung (Rz. 26.19) – in diesem Fall erfüllt, da ein Mitunternehmer (im Beispiel die GmbH & Co. KG als Obergesellschaft) zur Gründung eine qualifizierte Sachgesamtheit (den Betrieb/Teilbetrieb) gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die atypisch stille Gesellschaft als Untergesellschaft einbringt. Die atypisch stille Innengesellschaft als „aufnehmende Personengesellschaft“ muss in diesem Fall das Wahlrecht auf Ansatz der Buch- oder Zwischenwerte durch rechtzeitige Antragstellung und Einreichung der entsprechenden Schlussbilanz ausüben (siehe näher Rz. 26.5 ff.), wenn man § 24 UmwStG insgesamt anwendet. 26.27 Folge der entstehenden doppelstöckigen Struktur ist, dass das der atypisch stillen Innengesellschaft zuzurechnende Betriebsvermögen und die Gewinnermittlung auf die Innengesellschaft als Untergesellschaft verlagert werden. Die Obergesellschaft, deren vorheriges Betriebsvermögen nunmehr ganz (bei Betriebseinbringung) oder teilweise (bei Teilbetriebseinbringung) der Innengesellschaft als Untergesellschaft zugeordnet 30 Tz. 01.47 des UmwStE 2011 v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314; Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 562 m.N. zur Rspr.; Rasche in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 24 UmwStG Rz. 9; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 24 UmwStG Rz. 19; Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 347 (Stand Januar 2017). 31 Siehe ausdrücklich zu dem Erfordernis, dass der Geschäftszweig einen Teilbetrieb bilden muss, siehe Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 (723). 32 Schulze zur Wiesche, StBP 2015, 221 (223). Vgl. Tz. 24.01, 20.02 und 20.03 des UmwStE 2011 v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314; siehe auch Schwedhelm, Unternehmensumwandlung, Rz. 474. 33 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253 = DStR 2014, 1384; BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 538 = GmbHR 2017, 326; BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BStBl. II 2018, 587 = GmbHR 2018, 690; Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719; Schulze zur Wiesche, DStZ 2015, 562; Forst/Schiffers, GmbHR 2018, 321 (322 f.); Rennar, NWB 2018, 3333 (3336); Bodden, kösdi 2019, 21282 (21290).

884 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.29 § 26

wird, hält nur noch einen Mitunternehmeranteil als Beteiligungsgesellschaft (siehe § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG und Rz. 26.20). Für die komplexe Gewinnermittlung bei doppelstöckigen Personengesellschaften wird auf das weiterführende Schrifttum verwiesen34. Verfahrensrechtlich sind zwei Gewinnfeststellungsverfahren auf Ebene der Unter- und der Obergesellschaft durchzuführen. Der Erlass eines einheitlichen und gesonderten Feststellungsbescheids für die Außen-Personengesellschaft und die Innengesellschaft kommt nicht in Betracht, da zwei Gewinnermittlungssubjekte vorliegen35. Bringt eine Personengesellschaft (hier: die GmbH & Co. KG) ihren Gewerbebetrieb in eine andere Personengesellschaft (die atypisch stille Innengesellschaft) ein, können gemäß § 10a GewStG vortragsfähige Gewerbeverluste bei fortbestehender Unternehmensidentität mit dem Teil des Gewerbeertrags der Untergesellschaft verrechnet werden, der auf die Obergesellschaft entfällt. Mit dem auf andere Gesellschafter der Untergesellschaft entfallenden Teil des Gewerbeertrags können Verluste aus der Zeit vor der Einbringung auch dann nicht verrechnet werden, wenn ein Gesellschafter der Obergesellschaft zugleich Gesellschafter der Untergesellschaft ist36. Siehe Rz. 24.45 ff.

26.28

bb) Gründung einer Personengesellschaft & atypisch Still mit einem Gesellschafter Die Beteiligung eines Mitunternehmers als atypisch stiller Gesellschafter an derselben Mitunternehmerschaft gegen eine Bar- oder Sacheinlage kann ebenfalls am gesamten Betrieb oder an einem Geschäftsbereich (Teilbetrieb)37 erfolgen. Der Zuordnungswechsel des Betriebs oder Teilbetriebs der Außen-Mitunternehmerschaft auf die atypisch stille Gesellschaft unterfällt dann ebenfalls § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG (Rz. 26.19)38. Folge ist ebenfalls das Entstehen der unter Rz. 26.25 ff. angesprochenen doppelstöckigen Struktur mit der Außen-Personengesellschaft als Obergesellschaft und der atypisch stillen Gesellschaft als Untergesellschaft. Weiterer Mitunternehmer der atypisch stillen Untergesellschaft (Obergesellschafter) ist der stille Gesellschafter, dem eine Doppelstellung als Mitunternehmer der Außen-Personengesellschaft und Mitunternehmer in der atypisch stillen Gesellschaft zukommt. Die zitierte Entscheidung des BFH wird gerade unter diesem Gesichtspunkt kritisiert, da ein Mitunternehmer nicht auf Ebene der Obergesellschaft und zugleich bei der Untergesellschaft Mitunternehmerrisiko und -initiative entfalten können soll39. Mit dem BFH ist jedoch da34 Kahle, DStZ 2014, 273; speziell zur Personengesellschaft & atypisch Still Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719; Schulze zur Wiesche, StBP 2015, 221 (223 ff.); Schiffers/Forst, GmbHR 2018, 321 (323 f.). 35 BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, BFHE 235, 287 = BStBl. II 2012, 183; BFH v. 21.10.2015 – IV R 43/12, BStBl. II 2016, 517 = DB 2016, 751; BFH v. 7.11.2019 – IV R 9/18, juris. 36 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 25 = DStR 2014, 1384 = FR 2014, 866 mit Anm. Nöcker; Görgen/Rüschoff, Ubg 2017, 453 (456 f.). 37 Siehe dazu auch BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06 –, BFHE 225, 343, BStBl. II 2010, 40. 38 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 25 = DStR 2014, 1384 mit Anm. Nöcker, FR 2014, 866. 39 Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719.

Levedag | 885

26.29

§ 26 Rz. 26.29 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

von auszugehen, dass die doppelte Mitunternehmerstellung als Doppelgesellschafter in einer Außen-GmbH & Co. KG als Kommanditist und als atypisch stiller Gesellschafter auf Ebene der Untergesellschaft möglich ist. Zur „doppelten Anwendung des § 24 UmwStG“ bei Einbringung einer Sachgesamtheit in die Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und gleichzeitiger Einräumung der Stellung als atypisch stiller Gesellschafter siehe Rz. 26.75.

26.30 Verfahrensrechtlich kommt die Anwendung des § 179 Abs. 3 Satz 2 AO nicht in Betracht. Es liegt keine mittelbare Beteiligung des Mitunternehmer-Doppelgesellschafters über die Außen-Personengesellschaft an der atypisch stillen Gesellschaft vor. Für beide Mitunternehmerschaften (die Außengesellschaft und die Innengesellschaft) als eigenständige Gewinnermittlungssubjekte sind die Einkünfte in getrennten Bescheiden einheitlich und gesondert festzustellen40. Zu den gewerbesteuerlichen Folgen der Gründung siehe Rz. 24.45 ff. 26.31 frei d) Gründung einer GmbH & atypisch Still

26.32 Auch die Gründung einer GmbH & atypisch Still fällt nach allgemeiner Ansicht unter § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG (siehe Rz. 26.19). Beteiligt sich ein Gesellschafter oder Nichtgesellschafter gegen eine Einlage in das Vermögen der GmbH als atypisch Stiller, bringt die GmbH ihren Betrieb oder bei Beteiligung an einem als Teilbetrieb qualifizierenden Geschäftsbereich diesen in das Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft als aufnehmende Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten teilweise für eigene Rechnung und für Rechnung des atypisch stillen Gesellschafters ein, obwohl zivilrechtlich kein Rechtsträgerwechsel stattfindet (siehe zur fehlenden Vollrechtsübertragung Rz. 26.18)41. 26.33 Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG ist jedoch, dass der atypisch Stille ertragsteuerlich als Mitunternehmer einzuordnen ist. Siehe dazu Rz. 21.79 ff. 26.34 Folge der Einordnung des Gründungsvorgangs als Einbringung gemäß § 24 Abs. 1 UmwStG ist bei vollständiger Anwendung der Vorschrift (siehe Rz. 26.19), dass der Innengesellschaft das Bewertungswahlrecht des § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG zusteht und bei rechtzeitiger Antragstellung und Wahlrechtsausübung (siehe Rz. 26.5 ff.) bei der atypisch stillen Gesellschaft somit nicht nur die Buchwerte fortgeführt, sondern 40 Siehe insoweit das entsprechend heranzuziehende Urteil BFH v. 21.10.2015 – IV R 43/12, BStBl. II 2016, 517 = DB 2016, 751. 41 Rasche in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 24 UmwStG, Rz. 41; Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 61, 347 (Stand Januar 2017); Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 24 UmwStG Rz. 112; Schlößer/Schley in Haritz/Menner, § 24 UmwStG Rz. 59; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften, § 14 Rz. 133; siehe auch FG Hessen v. 7.12.2011 – 13 K 367/07, juris, allerdings nachgehend BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BFHE 250, 121 = BStBl. II 2015, 935; BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BStBl. II 2018, 587 = GmbHR 2018, 690.

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Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.36 § 26

auch ein Zwischenwert angesetzt werden kann, wenn auf Ebene der GmbH durch die Aufdeckung der stillen Reserven bestehende körperschaftsteuerliche Verlustvorträge verbraucht werden sollen42. Zum Ausweis des Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Gesellschaft nach der Spiegelbildmethode siehe Rz. 26.2043. Ist eine Personengesellschaft atypisch still an einer Kapitalgesellschaft beteiligt, dürfen die Feststellungen zu den Einkünften aus der Außen-Personengesellschaft und aus der atypisch stillen Gesellschaft ebenfalls nicht in einem einheitlichen Feststellungsbescheid getroffen werden44.

26.35

e) Eintritt eines Neugesellschafters in eine bestehende GmbH & atypisch Still unter Leistung eines Aufgelds in die Kapitalrücklage der GmbH Im BFH-Beschluss vom 9.8.201045 war eine freiwillige Kapitalzuführung in das „Gesellschaftsvermögen“ der atypisch stillen Gesellschaft zu beurteilen. Streitgegenstand des entschiedenen AdV-Verfahrens war nur die Höhe der laufenden Gewinnanteile. Der BFH hat im genannten Beschluss entschieden, bei Eintritt in eine bestehende atypisch stille Gesellschaft unter Leistung eines Agios in die Kapitalrücklage der GmbH erbrachte Einlagen des atypisch stillen Gesellschafters führten zur Bildung eines Kapitalkontos des stillen Gesellschafters in der atypisch stillen Gesellschaft, wenn das Agio für eigene Rechnung des Stillen geleistet werde. Die Leistung des Agios als Einlage für Rechnung des Neugesellschafters wirke sich unmittelbar nur auf den Stand seines Kapitalkontos aus und werde unter Beachtung des § 15a ESG später entweder durch die Zuweisung verrechenbarer Verluste gemindert oder sei bei der Ermittlung eines Aufgabe- oder Veräußerungsgewinns gemäß § 16 Abs. 2 EStG bei Ausscheiden des Gesellschafters dem Veräußerungsentgelt gegenüberzustellen. Werde das Agio hingegen für fremde Rechnung (zugunsten anderer atypisch stiller Altgesellschafter) geleistet, komme entweder bei diesen die Bildung einer Ergänzungsbilanz oder ein sofortiger Abzug als Sonderbetriebsausgabe in Betracht. Dem Beschluss ist im Kern die Aussage zu entnehmen, dass ein atypisch stiller Gesellschafter eine freiwillige Kapitalzuführung als Aufgeld in eine atypisch stille Gesellschaft tätigen kann, die ausschließlich den Stand seines Kapitalkontos (ggf. eines Kapitalkontos II) beeinflusst, ohne zugleich eine Gewährung weiterer Gesellschaftsrechte unter Verschiebung der Beteiligungsquoten innerhalb der atypisch stillen Gesellschaft zu bewirken46.

42 Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 61 (Stand Januar 2017); Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften, § 14 Rz. 133. 43 Siehe vertiefend Suchanek/Hagedorn, FR 2004, 1149. 44 BFH v. 21.10.2015 – IV R 43/12, BStBl. II 2016, 517 = DB 2016, 751. 45 BFH v. 9.8.2010 – IV B 123/09, BFH/NV 2010, 2266 = GmbHR 2010, 1223. 46 Siehe zur Möglichkeit einer Einlage auf einem variablen Gesellschafterkapitalkonto auch BFH v. 29.7.2015 – IV R 15/14, DStR 2016, 217 = GmbHR 2016, 228 mit Anm. Levedag; Strahl, BeSt 2016, 13 (14 f.); Otto, BB 2016, 497. Das BMF wendet laut BMF v. 26.7.2016, DStR 2016, 1749 zu Einbringungen auf dem Kapitalkonto II diese Rspr. in allen offenen Fällen mit Übergangsregelung an.

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26.36

§ 26 Rz. 26.37 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

26.37 Hiervon sind jedoch andere Fallgestaltungen abzugrenzen. Dem BFH-Urteil vom 1.3.201847 lag verkürzt folgender Sachverhalt zugrunde. An einer GmbH waren drei natürliche Personen (A und B zu je 44 % und S1 zu 12 %) beteiligt. Die GmbH war zugleich Geschäftsinhaberin, an deren gesamten Handelsgewerbe eine atypisch stille Beteiligung bestand. Mitunternehmer der atypisch stillen Gesellschaft waren die GmbH zu 2/3 und S1 zu 1/3. An dem Unternehmen der GmbH waren somit bei Gesamtbetrachtung von GmbH-Beteiligung und stiller Beteiligung wirtschaftlich betrachtet A, B und S1 jeweils zu einem Drittel beteiligt. Diese Konstruktion wurde im Streitjahr 2003 geändert. A trat aus der GmbH aus, indem er seine Anteile an die GmbH für einen Kaufpreis von 100.000 Euro veräußerte. Zugleich trat der Neugesellschafter S2 der atypisch stillen Gesellschaft bei. Er leistete hierzu eine Einlage i.H.v. 100.000 Euro an die GmbH als Geschäftsinhaberin. Nach der Aufnahme waren auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft S1zu 1/3, die GmbH zu rund 42 % und S1 zu 1/4 beteiligt. An der GmbH waren als unmittelbarer Gesellschafter nur noch B und S1 beteiligt. Es kam mit dem Finanzamt zum Streit darüber, welche Mitunternehmer der atypisch stillen Innengesellschaft (nur die GmbH oder auch S1) anlässlich des Eintritts des S2 Veräußerungsgewinne erzielt hätten. Das FG des Saarlandes entschied mit Urteil vom 1.7.201548: Ein Agio, das ein atypisch stiller Gesellschafter bei Neubegründung einer atypisch stillen Gesellschaft leiste, das nicht seinem Kapitalkonto gutgeschrieben, sondern in einer „gesamthänderisch gebundenen Kapitalrücklage“ der atypisch stillen Gesellschaft verbucht werde, führe auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft zu laufenden Einnahmen49. Das FG stellt entscheidend darauf ab, der neueintretende atypisch stille Gesellschafter erbringe – anders als im Fall des BFH-Beschlusses vom 9.8.201050 – i.H. des Aufgelds keine Kapitaleinlage, denn der Betrag sei weder seinem Kapitalkonto noch dem Kapitalkonto eines anderen Gesellschafters gutgeschrieben worden. Auf dieser Grundlage behandelte das FG die Überzahlung (das Agio) als Zahlung, die „dazu verwendet worden sei, dem Einbringenden Teile der stillen Reserven, die in dem eingebrachten Betriebsvermögen verhaftet gewesen seien, abzukaufen“, so dass der Vorfall dem Fall einer „Einbringung mit Zuzahlung in das Betriebsvermögen“ gleichstehe. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Barbetrag zivilrechtlich in das Vermögen der GmbH geleistet und dort in der Kapitalrücklage verbucht wird, da die atypisch stille Gesellschaft nicht über ein eigenständiges Gesamthandsvermögen verfügt.

26.38 Der IV. Senat des BFH ging im Ergebnis hingegen von einer ausschließlichen Teilanteilsveräußerung des Mitunternehmeranteils der GmbH an der atypisch stillen Innengesellschaft gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG aus. Die von S2 an die GmbH gezahlte Einlage in die Innengesellschaft ordnete er nicht als Einlage eines Neugesellschafters in das „Quasi-Gesamthandsvermögen“ der Innengesellschaft 47 BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BStBl. II 2018, 587 = GmbHR 2018, 690. 48 FG Saarland v. 1.7.2015 – 1 K 1414/12, EFG 2015, 1732; nachgehend BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BStBl. II 2018, 587 = GmbHR 2018, 690. 49 Siehe Rz. 22.37 zur Ausdifferenzierung des Kapitalkontos in Form eines Mehrkontenmodells bei der atypisch stillen Gesellschaft. 50 BFH v. 9.8.2010 – IV B 123/09, BFH/NV 2010, 2266 = GmbHR 2010, 1223.

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Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.44 § 26

ein. Er stellte vielmehr – und insoweit unter Fortentwicklung der bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze – klar, dass die GmbH als Geschäftsinhaberin während deren Bestehens ertragsteuerlich über ein eigenes betriebliches Vermögen verfüge, das neben dem Betriebsvermögen bestehe, das ertragsteuerlich der atypisch stillen Gesellschaft als mitunternehmerisches Vermögen zugerechnet werde. Die Einlagezahlung des S1 sei als „Zuzahlung“ an die GmbH für die Übertragung ihrer Beteiligung an der Innengesellschaft gezahlt worden. Folglich sei auch nur der GmbH ein laufender Veräußerungsgewinn aus einer Teilanteilsveräußerung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen. Das FG hatte in der Vorinstanz hingegen eine Einzahlung der Einlage des Neugesellschafters S2 in das „Quasi-Gesamthandsvermögen“ der Innengesellschaft als zwingend angesehen, weil es eine Zuwendung ausschließlich an die GmbH während des Bestehens der atypisch stillen Innengesellschaft für nicht möglich hielt51. Die Zahlungen in das Vermögen der GmbH, die nicht durch den Betrieb der Innengesellschaft veranlasst und in deren Quasi-Gesamthandsvermögen oder im Sonderbetriebsvermögen I und II zu erfassen sind, sind der GmbH allein zuzurechnen und gehen nur in die eigene Vermögenssphäre der GmbH ein. Dies gilt auch dann, wenn die GmbH die verschiedenen Vermögensbestandteile nicht äußerlich getrennt verwaltet52. Auch der Gewinn aus einer Teilanteilsveräußerung des Mitunternehmeranteils an der Innengesellschaft durch die GmbH als Geschäftsinhaberin ist der eigenen Vermögenssphäre der GmbH als Geschäftsinhaberin zuzurechnen.

26.39

Es muss daher in der Vertragsgestaltung künftig sorgfältig formuliert werden, um anlässlich des Eintritts eines Neugesellschafters geleistete Zahlungen ertragsteuerlich als „Zuzahlung“ (Kaufpreis) an die GmbH oder als Einlage in das „Quasi-Gesamthandsvermögen der Innengesellschaft“ zu gestalten53. Denn zivilrechtlich ist stets nur an die GmbH als Geschäftsinhaberin zu zahlen.

26.40

frei

26.41– 26.43

II. Wechsel von Mitunternehmerstellung an der Außengesellschaft in die Stellung als atypisch Stiller 1. Ausscheiden aus Gesellschaft unter Umwandlung der Beteiligung in die Stellung als atypisch stiller Gesellschafter a) Ausscheiden aus einer Personengesellschaft gegen Bar- oder Sachwertabfindung nach allgemeinen Grundsätzen Scheidet ein Gesellschafter aus einer mehrgliedrigen Personengesellschaft aus und wird er gegen Geld abgefunden, wächst der Anteil des ausscheidenden Gesellschaf51 FG Saarland v. 1.7.2015 – 1 K 1414/12, EFG 2015, 1732; nachgehend BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BStBl. II 2018, 587 = GmbHR 2018, 690. 52 Wendt, FR 2018, 802. 53 Heß, BB 2018, 1457; Baldauf, HFR 2018, 607.

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26.44

§ 26 Rz. 26.44 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

ters am Gesellschaftsvermögen den verbleibenden Gesellschaftern kraft Gesetzes (§ 161 Abs. 2, § 105 Abs. 2, § 138 HGB, § 738 BGB) an. Aus Sicht des ausscheidenden Gesellschafters liegt eine entgeltliche Übertragung (Veräußerung) des Gesellschaftsanteils gemäß § 16 Abs. 1 EStG auf den oder die übernehmenden Gesellschafter in Verbindung mit einer zivilrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge, aber keine Aufgabe seines Mitunternehmeranteils (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG) vor54. Der Vorgang wird aus Sicht der verbleibenden Gesellschafter zugleich als erfolgsneutraler Erwerb und Anschaffung durch den aufgegebenen Mitunternehmeranteil repräsentierten Anteile an den Wirtschaftsgütern der Gesellschaft gegen die Barabfindung behandelt55. Technisch wird das Ausscheiden gegen eine Geldabfindung nach ganz h.M.56 zweistufig abgewickelt (siehe auch Rz. 22.132 ff.): – Der ausscheidende Gesellschafter realisiert bei einem Abfindungsanspruch oberhalb seines Kapitalkontos einen Veräußerungsgewinn (§ 16 Abs. 2 Satz 1 EStG). – Auf Seiten des oder der Erwerber liegt ein Anschaffungsgeschäft vor. Den aufzustockenden aufgedeckten stillen Reserven in den materiellen und immateriellen WG des Gesamthandsvermögens steht die Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft gegenüber dem Ausscheidenden auf der Passivseite gegenüber.

26.45 Scheidet der Gesellschafter gegen eine Sachwertabfindung aus, indem er eines oder mehrere Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen übernimmt, kann dieser Vorgang als sog. unechte Realteilung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG zu beurteilen sein. Der BFH57 sieht im Ausscheiden gegen eine (Sachwert)Abfindung keine Veräußerung, sondern eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils nach § 16 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 EStG, die als unechte Realteilung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG auch zu Buchwerten erfolgen kann, wenn der ausscheidende Gesellschafter die Wirtschaftsgüter anschließend betrieblich nutzt. Scheidet ein Gesellschafter aus einer Personengesellschaft aus und erhält er eine Sachwertabfindung durch eines oder mehrere WG, die er in das Privatvermögen übernimmt, veräußert der Ausscheidende nach der bislang gefestigten Rechtsprechung des BFH58 gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG seinen Mitunternehmeranteil; eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG wird nicht verwirklicht. Zudem veräußern die verbleibenden Gesellschafter das WG, das die Sachwertabfindung bildet, an den ausscheidenden Gesellschafter (doppelter Veräußerungstatbestand).

54 BFH v. 12.12.1996 – IV R 77/93, BStBl. II 1998, 180 = GmbHR 1998, 50; BFH v. 9.7.2015 – IV R 19/12, BStBl. II 2015, 954 = GmbHR 2015, 999; BFH v. 30.3.2017 – IV R 11/15, BFH/ NV 2017, 1130 = GmbHR 2017, 938; BMF v. 19.12.2018, BStBl. I 2019, 6 unter Tz. 3). 55 BFH v. 11.7.1973 – I R 126/71, BFHE 110, 402 = BStBl. II 1974, 50, Rz. 9. 56 Vgl. nur Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 450–463, 480 ff.; Niehus/Wilke, Ubg 2019, 194 (199). 57 BFH v. 17.9.2015 – III R 49/13, BStBl. II 2017, 37 = GmbHR 2016, 370, BFH v. 16.3.2017 – IV R 31/14, BStBl. II 2019, 24 = GmbHR 2017, 933 und BFH v. 30.3.2017 – IV R 11/15, BStBl. II 2019, 29 = GmbHR 2017, 938. 58 Grundlegend: BFH v. 24.5.1973 – IV R 64/70, BStBl. II 1973, 655; BFH v. 28.11.1989 – VIII R 40/84, BStBl. II 1990, 561.

890 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.45 § 26

Die Finanzverwaltung59 hält an der Behandlung der Sachwertabfindung in das Privatvermögen als Anteilsveräußerung auch nach Anerkennung der Fallgruppe zur unechten Realteilung dem Grunde nach fest: Werden im Fall der unechten Realteilung einzelne Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen des ausscheidenden Mitunternehmers übertragen, realisiert nur er einen Veräußerungsgewinn i.S.v. § 16 Abs. 2 EStG. Im Rahmen der Ermittlung des Gewinnes i.S.v. § 16 Abs.2 EStG ist – so das BMF- als Veräußerungspreis der gemeine Wert der in das Privatvermögen gelangten Wirtschaftsgüter und der Buchwert der im Rahmen der Realteilung erhaltenen und in das Betriebsvermögen des ausscheidenden Mitunternehmers gelangten Wirtschaftsgüter anzusetzen. Die verbleibenden Mitunternehmer realisieren auf Ebene der Mitunternehmerschaft nach dem BMF einen laufenden Gewinn aus der Veräußerung der in das Privatvermögen des ausgeschiedenen Mitunternehmers übertragenen Wirtschaftsgüter. Insoweit sind die Buchwerte der in der Mitunternehmerschaft verbleibenden Wirtschaftsgüter anteilig aufzustocken. In der Entscheidung zum Verfahren IV R 24/1560 führt der IV. Senat BFH nunmehr allerdings aus, in allen Fällen der Sachwertabfindung, in denen eine Buchwertfortführung nicht möglich sei, werde eine Anteilsaufgabe verwirklicht, bei der ein Aufgabegewinn (§ 16 Abs. 3 EStG) des ausscheidenden Gesellschafters in Höhe der Differenz zwischen dem Abfindungsanspruch und dem Buchwert seines Kapitalkontos entstehe. In Höhe dieses Betrags (vergütete stille Reserven) seien auf der Aktivseite der zu diesem Zweck aufzustellenden Abschichtungsbilanz die Buchwerte sämtlicher Wirtschaftsgüter, die stille Reserven beinhalten, anteilig aufzustocken. Auf der Passivseite sei eine entsprechende Verbindlichkeit gegenüber dem Ausscheidenden auszuweisen. Die Übertragung des Abfindungsguts zur Erfüllung des Abfindungsanspruchs führe zur Aufdeckung der auf die verbleibenden Gesellschafter entfallenden stillen Reserven in diesem Wirtschaftsgut und zur Entstehung eines nach allgemeinen Grundsätzen zu besteuernden Gewinns der Gesamthand. Im Schrifttum61 wird die Beurteilung des Vorgangs als Anteilsaufgabe ebenfalls befürwortet. Danach erzielt nur der Ausscheidende einen Aufgabegewinn. Die in das PV entnommenen WG seien gemäß § 16 Abs. 3 Satz 7 EStG mit den gemeinen Werten anzusetzen und hiervon das Kapitalkonto des Ausscheidenden abzuziehen. Letzteres ist zuvor an den Buchwert der dem Ausscheidenden übertragenen WG anzupassen. Das übertragene WG ist anschließend gegen Minderung des Kapitalkontos des Ausgeschiedenen auszubuchen. Der entscheidende Unterschied zur Auffassung des BFH betrifft die verbleibenden Mitunternehmer, für die nach dieser Auffassung keine Aufstockung der Aktiva zu erfolgen hat, aber auch kein laufender Ausbringungsgewinn entstehen kann. Meines Erachtens ist die Auffassung des Schrifttums überzeugend. Allein der Umstand, dass die Sachwertabfindung auf einem Abfindungsanspruch beruht, rechtfertigt es nicht, wie der BFH die Veräußerungsgrundsätze im Rahmen einer Anteilsaufgabe anzuwenden. Der Auffassung der Verwaltung ist entgegenzuhalten, dass die neue Linie der BFHRechtsprechung das Ausscheiden aus einer fortbestehenden Mitunternehmerschaft 59 BMF v. 19.12.2018, BStBl. I 2019, 6, Tz. 10. 60 BFH v. 2.10.2108 – IV R 24/15, BFH/NV 2019, 516. 61 Niehus/Wilke, Ubg 2019, 194 (200) mit Beispiel; dort auch zu Mischfällen; siehe auch Stenert, DStR 2019, 245 (247 f.).

Levedag | 891

§ 26 Rz. 26.45 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

gegen eine Sachwertabfindung generell als Anteilsaufgaben qualifiziert, ohne dass es auf die Frage ankommt, ob diese Übertragung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG zum Buchwert erfolgen kann.

26.46 Wenn die im Zuge der Sachwertabfindung übernommenen Wirtschaftsgüter in ein Betriebsvermögen des ausscheidenden Gesellschafters übergehen und die Gesellschaft im Übrigen von den anderen Gesellschaftern fortgeführt wird, wird nach nunmehr übereinstimmender Auffassung in Rspr. und Verwaltung eine unechte Realteilung verwirklicht. Auf Grundlage der BFH-Urteile vom 17.9.2015, vom 16.3.2017 und vom 30.3.201762 sowie des geänderten Realteilungserlasses (BMF- Schreiben vom 19.12.2018)63 wird beim Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer fortbestehenden Sozietät gegen eine Sachwertabfindung eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG verwirklicht. Unerheblich ist, ob dem Realteiler ein Teilbetrieb, Mitunternehmer(teil)anteil oder Einzelwirtschaftsgut als Abfindungsgut zugeteilt wird. Diese Aufgabe des Mitunternehmeranteils fällt unter die Regelungen zur Realteilung in § 16 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG. Denn nach der Gesetzessystematik stellt die Realteilung nur eine besondere Form der Betriebsaufgabe dar, die alle Aufgabetatbestände in § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG und damit auch Mitunternehmeranteilsaufgaben erfasst. Nach dem Begründungsansatz der Rechtsprechung definiert das Gesetz den Begriff der Realteilung in § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG nicht. An die Begriffsbestimmung der Realteilung im früheren Richterrecht, die als solche nur die Aufgabe des Betriebs der Gesellschaft samt Vollbeendigung und Naturalverteilung verstand, knüpft die ab 2001 kodifizierte Fassung der Realteilung nicht an. 26.47 Das Ausscheiden aus einer fortbestehenden Außen-Personengesellschaft unter Mitnahme eines Einzelwirtschaftsguts als Sachwertabfindung ist daher nach nunmehr einhelliger Meinung nicht mehr als Veräußerung des Mitunternehmeranteils, sondern als dessen Aufgabe zu behandeln. Daher sind die Realteilungsregelungen anwendbar, sodass der Vorgang auch nach Auffassung der der Finanzverwaltung nicht mehr unter § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG fällt64. Nach nunmehr einhelliger Auffassung greift § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nicht mehr ein, wenn ein Mitunternehmer aus einer Mitunternehmerschaft gegen eine Sachwertabfindung ausscheidet. Die Regelung wird für diesen Fall durch § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG verdrängt65. Werden befreiend Schulden durch den ausscheidenden Gesellschafter übernommen, führt dies nach den Realteilungsregelungen nicht zum Entstehen eines Gewinns auf Ebene der Personengesellschaft, da sowohl aktive als auch passive Wirtschaftsgüter ohne Aufdeckung stiller Reserven übernommen werden können. Im Übrigen finden die Regelungen der echten Realteilung

62 BFH v. 17.9.2015 – III R 49/13, BStBl. II 2017, 37 = GmbHR 2016, 370; BFH v. 16.3.2017 – IV R 31/14, BStBl. II 2019, 24 = GmbHR 2017, 933 und BFH v. 30.3.2017 – IV R 11/15, BStBl. II 2019, 29 = GmbHR 2017, 938. 63 BMF v. 19.12.2018, BStBl. II 2019, 6, Tz. 2. 64 Siehe zur früheren Auffassung des BMF Abschn. II. S. 3–5 des Realteilungserlasses v. 20.12.2016 und Rz. 37 des BMF v. 8.12.2011, BStBl. I 2011, 1279. 65 Vgl. Pflaum, HFR 2016, 345 (346); Bünning, DStZ 2016, 290 (292); Demuth, BeSt 2016, 15 (16); Wendt, FR 2016, 536 (540); Kanzler, FR 2016, 567 (574).

892 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.50 § 26

zur Buchwertfortführung, Technik der Kapitalkontenanpassung, Sperrfrist, Spitzenausgleich auch auf die unechte Realteilung Anwendung. b) Umwandlung der Beteiligung in die Stellung als atypisch stiller Gesellschafter Wird eine bestehende mitunternehmerische Beteiligung an einer Außengesellschaft in eine atypisch stille Beteiligung an derselben Mitunternehmerschaft umgewandelt, erfolgt dies technisch in der Regel durch eine Umbuchung seines bisherigen Kapitalkontos in eine Verbindlichkeit gegenüber dem nunmehr atypisch stillen Gesellschafter. Zivilrechtlich wird die Umwandlung eines Personengesellschaftsanteils in ein stilles Beteiligungsverhältnis durch Ausscheiden des Gesellschafters nach den allgemeinen Regeln und den Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags mit dem Träger des Handelsgewerbes vollzogen (siehe Rz. 17.62). Ertragsteuerlich stellt sich die Frage, ob sich dieser Vorgang aus Sicht der Außengesellschaft als Ausscheiden gegen eine Barabfindung (die Einräumung der erbrachten Einlageforderung) oder gegen eine Sachwertabfindung (mit den durch den Mitunternehmeranteil des Ausscheidenden repräsentierten Wirtschaftsgütern, die ihm später als Mitunternehmer der atypisch stillen Innengesellschaft zugeordnet werden) darstellt.

26.48

Meines Erachtens wird im ersten gedanklichen Schritt ein Ausscheiden gegen eine Barabfindung verwirklicht. Im zweiten gedanklichen Schritt verwendet der Ausscheidende diese Barabfindung, um sich als Nichtgesellschafter gegen eine Geldeinlage atypisch still an der Personengesellschaft zu beteiligen. Lediglich das Hin- und Herzahlen des Abfindungsbetrags wird durch die Umbuchung des Kapitalkontos in den Einlagebetrag verhindert. Daher realisiert der Ausscheidende nach den obigen Grundsätzen m.E. zunächst einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn gemäß § 16 Abs. 1 und 2 EStG. Die verbleibenden Mitunternehmer der Außengesellschaft tragen aufgrund der gewährten Abfindung i.H. der eingeräumten Einlageforderung Anschaffungskosten66.

26.49

Anschließend kommt es aufgrund der Beteiligung des atypisch stillen Gesellschafters zur Einbringung des Betriebs/Teilbetriebs der Außengesellschaft in die aufnehmende atypisch stille Gesellschaft (Untergesellschaft), an der nunmehr die Außengesellschaft als Obergesellschaft und der ausgeschiedene Gesellschafter als Mitunternehmer beteiligt sind (siehe Rz. 26.24). Dieser Übergang des Betriebsvermögens der Obergesellschaft in das Quasi-Gesamthandsvermögen der Untergesellschaft kann gemäß § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG bei Ausübung des Wahlrechts zum Buch- oder Zwischenwert erfolgen. Einbringender ist die Außen-Personengesellschaft, die einen Betrieb oder Teilbetrieb gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die atypisch stille Untergesellschaft einbringt (siehe Rz. 26.19). Unklar ist, ob abweichend von dieser Betrachtung durch das Wahlrecht gemäß § 24 Abs. 2 UmwStG und die Wahl des Buchwertansatzes der der atypisch stillen Gesellschaft die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns für den atypisch stillen Gesellschafter anlässlich seines Ausscheidens als Außen-Gesellschafter vermieden werden 66 Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 174.

Levedag | 893

26.50

§ 26 Rz. 26.50 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

kann. Im Schrifttum wird vertreten, bei Umwandlung einer offenen in eine atypisch stille Beteiligung an derselben Personengesellschaft sei von der Einbringung des Mitunternehmeranteils des Stillen an der Außengesellschaft gegen Gewährung eines Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Gesellschaft auszugehen, die – wie die daneben anzunehmende Einbringung des Betriebsvermögens durch die Außengesellschaft in die Innengesellschaft – vollständig unter § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG falle67. Der ausscheidende Mitunternehmer bringt jedoch nicht seinen Anteil an der Außengesellschaft in die atypisch stille Gesellschaft ein. Wäre dies der Fall, müsste die atypisch stille Gesellschaft Ober- und nicht Untergesellschaft innerhalb der Struktur werden. Der aus der Außengesellschaft ausscheidende Gesellschafter wandelt vielmehr seine Beteiligung an der Außengesellschaft (Obergesellschaft) in der Weise in eine Beteiligung an der Innengesellschaft (Untergesellschaft) um, dass sein ursprünglicher Mitunternehmeranteil untergeht und an dessen Stelle der Mitunternehmeranteil in der Untergesellschaft tritt. Das Ergebnis, den Vorgang unter Fortführung der Buchwerte abzuwickeln, ist jedoch sachgerecht, da er der unter Rz. 26.15 geschilderten Aufnahme gegen eine Einlage in das Gesamthandsvermögen vergleichbar ist, der unter § 24 UmwStG fällt. Die Einbringung des Betriebsvermögens der Außengesellschaft gemäß § 24 UmwStG in die atypisch stille Gesellschaft erfolgt teilweise für deren eigene Rechnung und teilweise für Rechnung des atypisch stillen Gesellschafters. Konstruktiv kommt eine Anwendung des § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG auf den „Umtausch“ der Stellung als Außengesellschafter gegen die Stellung als atypisch stiller Innengesellschafter m.E. nur unter Anwendung des Rechtsgedankens der Vorschrift (Rz. 26.19) oder im Billigkeitswege (§§ 163, 227 AO) in Betracht.

26.51 Eine Behandlung des Vorgangs nach der in der Rechtsprechung des BFH anerkannten Möglichkeit eines steuerneutralen Formwechsels zwischen verschiedenen Rechtsformen derselben Mitunternehmerschaft kommt m.E. nicht in Betracht68. Der BFH hat entschieden, dass die Umwandlung einer Außen-GbR, an der eine atypisch stille Beteiligung einer Nichtgesellschafterin bestand und dann alle bis auf einen Gesellschafter unter Anwachsung auf ein Einzelunternehmen ausschieden und die atypisch stille Beteiligung am Einzelunternehmen fortbestand, als ertragsteuerlich unbeachtlicher Formwechsel der Außen-GbR in die atypisch stille Innengesellschaft zu behandeln sei69. Dem ist zuzustimmen70. Im Ausgangspunkt ist die Außen-GbR Obergesellschaft der atypisch stillen Innengesellschaft als Untergesellschaft. Das Betriebsvermögen der GbR ist als Quasi-Betriebsvermögen der Innengesellschaft zuzurechnen. Weiterer Mitunternehmer der Innengesellschaft (Untergesellschaft) ist der atypisch stille Gesellschafter. Scheiden nunmehr aus der GbR alle Gesellschafter bis auf einen aus, wird die GbR durch Anwachsung zum Einzelunternehmen. Das

67 Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 67 (Stand Januar 2017). 68 Zutreffend Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 67 (Stand Januar 2017). 69 BFH v. 28.11.1989 – VIII R 40/84, BFHE 159, 410 = BStBl. II 1990, 561; siehe auch BFH v. 20.9.2007 – IV R 10/07, BFHE 219, 92 = BStBl. II 2008, 118. 70 Ebenso Hageböke, DB 2010, 1611 (1612).

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Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.54 § 26

Quasi-Betriebsvermögen der Innengesellschaft (Untergesellschaft) wird hiervon nicht berührt. Die Gewinnermittlung findet nach wie vor auf Ebene der Innengesellschaft als Untergesellschaft statt. Der Vorgang ist unmittelbar mit dem Wechsel der Rechtsform derselben Mitunternehmerschaft z.B. von einer GbR zu einer OHG vergleichbar. Der BFH hat im zitieren AdV-Beschluss für das Ausscheiden des Komplementärs einer KGaA unter Begründung einer atypisch stillen Beteiligung an der KGaA ausgeführt71, bei „Umwandlungen“ von Außengesellschaften in atypisch stille Gesellschaften (Innengesellschaften) sei es für die Vermeidung eines Veräußerungsgewinns beim Ausscheidenden ohne Bedeutung, ob der Vorgang als ununterbrochene mitunternehmerische Beteiligung i.S. einer „formwechselnden Umwandlung“ oder als tauschähnliche Einbringung in die neue Gesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten i.S. des § 24 UmwStG aufgefasst werde. Trotz dieser offenen Formulierung im AdV-Beschluss des BFH kann das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer Außengesellschaft unter Begründung einer atypisch stillen Beteiligung an dieser konstruktiv nicht unter die Grundsätze zum identitätswahrenden Formwechsel fallen. Denn es besteht gerade keine durchgehende Beteiligung des ausscheidenden Gesellschafters an derselben Mitunternehmerschaft. Vielmehr wird das Betriebsvermögen der Außengesellschaft im Zuge der Neubeteiligung in eine andere Mitunternehmerschaft (die atypisch stille Gesellschaft als Untergesellschaft) eingebracht. Eine Erfolgsneutralität des Vorgangs kann sich somit nur ergeben, wenn dieser unter § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG fällt oder eine Buchwertfortführung auf dessen Rechtsgedanken gestützt werden kann72, wofür nach der hier vertretenen Auffassung spricht, dass der Vorgang der Aufnahme eines Gesellschafters in eine Personengesellschaft gegen eine Einlage vergleichbar ist (siehe Rz. 26.19).

26.52

frei

26.53

2. Ausscheiden des Komplementärs einer KGaA unter Umwandlung der Beteiligung in die Stellung als atypisch stiller Gesellschafter Die Umwandlung der „mitunternehmerähnlichen“ Stellung des Komplementärs einer KGaA in eine atypisch stille Beteiligung durch Umbuchung des Kapitalkontos stellt nach zutreffender h.M. im ersten Schritt eine Veräußerung des Mitunternehmeranteils gemäß § 16 Abs. 2 EStG gegen eine Barabfindung dar und kann im zweiten Schritt unter das Buchwertwahlrecht des § 24 Abs. 2 UmwStG fallen73. Die KGaA bringt den Betrieb oder einen Teilbetrieb (bei Beteiligung an einem als solchen geführten Geschäftsfeld) in die atypisch stille Gesellschaft ein. Der Komplementär tauscht ähnlich dem in Rz. 26.44 ff. behandelten Vorgang seine „mitunternehmerähnliche Stellung“ in der KGaA gegen einen Mitunternehmeranteil an der atypisch stillen Ge-

71 BFH v. 16.4.2010 – IV B 94/09, BFH/NV 2010, 1272. 72 Zutreffend Hageböke, DB 2010, 1611 (1613). 73 Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 71, 140 (Stand Januar 2017); Hageböke, DB 2010, 1611; offengelassen in BFH v. 16.4.2010 – IV B 94/09, BFH/NV 2010, 1272.

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26.54

§ 26 Rz. 26.54 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

sellschaft. Anders als im Schrifttum vertreten, liegt hierin aber keine Einbringung dieses Mitunternehmeranteils in die atypisch stille Gesellschaft gegen Gewährung eines neuen Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Gesellschaft. § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG finden auf der Grundlage der §§ 163, 227 AO oder dessen Rechtsgedankens Anwendung, weil der Vorgang der Aufnahme eines Gesellschafters in eine Personengesellschaft gegen eine Einlage gleichsteht (siehe Rz. 26.19, 26.50). Die KGaA bringt den Betrieb oder Teilbetrieb teilweise für eigene Rechnung und teilweise für fremde Rechnung gemäß § 24 UmwStG in die atypisch stille Gesellschaft ein. 3. Umwandlung einer GmbH & Co. KG in eine GmbH & atypisch Still

26.55 Nicht abschließend geklärt ist, ob eine Umgestaltung der GmbH & Co. KG in eine GmbH & atypisch Still unter Kombination der Grundsätze des „sog. Anwachsungsmodells“ und der unter Anwendung der in Rz. 26.51 ff. dargestellten Rechtsprechung des BFH zum nicht einkommensteuerbaren Formwechsel möglich ist. Beispiel: A ist an der A-GmbH & Co. KG als Alleingesellschafter der A-GmbH, die zugleich nicht am Vermögen der KG beteiligte Komplementärin ist, und als alleiniger Kommanditist beteiligt74. Geplant ist, dass A aus der KG ausscheidet. Dies soll zur Anwachsung des Vermögens der KG auf die A-GmbH führen. Zur Erfüllung seines Abfindungsanspruchs gegen die KG soll A die Position eines atypisch stillen Gesellschafters an der A-GmbH erhalten.

26.56 Aus der Perspektive der A-GmbH & Co. KG wird diese durch den Austritt des A als einzigem Kommanditisten aufgelöst und ohne ein förmliches Liquidationsverfahren beendet. Die Aktiva und Passiva gehen auf die A-GmbH aufgrund der Anwachsung (§ 738 BGB, § 105 Abs. 2, § 161 Abs. 2 HGB) als Gesamtrechtsnachfolgerin über. Diese Gesamtrechtsnachfolge bezieht sich nur auf Wirtschaftsgüter im Gesamthandsvermögen der KG, was zur Aufdeckung der stillen Reserven von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens führen kann. Durch die Begründung der atypisch stillen Gesellschaft an der A-GmbH kommt es im nächsten gedanklichen Schritt zu einer Einbringung des Betriebsvermögens der A-GmbH in die atypisch stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft, die unter § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG fällt (Rz. 26.32 ff.). 26.57 Werden dem A im Zuge des Ausscheidens keine neuen Anteile an der A-GmbH im Wege einer Sachkapitalerhöhung gewährt, sind die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Einbringung nach §§ 20 ff. UmwStG nicht erfüllt, so dass der A-GmbH kein Bewertungswahlrecht für den Ansatz des auf sie übergehenden Betriebs der AGmbH & Co. KG zusteht. Auch eine analoge Anwendung der §§ 20, 21 UmwStG wird von Rechtsprechung und Finanzverwaltung abgelehnt75. Nach der h.M. kann die A-GmbH aber die Buchwerte gemäß § 6 Abs. 3 EStG fortführen, wenn nicht von

74 Brandenberg, Vortrag auf der Rügener Steuerfachtagung 2015, Tagungsunterlage, S. 118 bis 121. 75 Der UmwStE 2011 (BStBl. I 2011, 1314) grenzt in Tz. E 20.10 das einfache Anwendungsmodell ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich des § 20 UmwStG aus. Vgl. auch Tz. 3 in BMF v. 3.3.2005, BStBl. I 2005, 458 zur unentgeltlichen Übertragung der Kommanditanteile auf eine Komplementär-GmbH.

896 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.60 § 26

einer vorrangigen verdeckten Einlage der Kommanditisten auszugehen ist76. Bei Anwachsung innerhalb einer beteiligungsidentischen GmbH & Co. KGs ist jedoch eine verdeckte Einlage der Mitunternehmeranteile der Kommanditisten anzunehmen, wenn diese für die Übertragung der Gesellschaftsanteile auf die KomplementärGmbH keine Abfindung erhalten (entschädigungsloses Ausscheiden) oder die Abfindung unter dem Verkehrswert des KG-Anteils liegt (teilentgeltliches Ausscheiden)77. Findet § 6 Abs. 3 EStG keine Anwendung, werden die auf die GmbH übergehenden Wirtschaftsgüter mit den Einlagewerten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG i.V.m. § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG eingelegt. Der Kommanditist gibt bei entschädigungslosem oder teilentgeltlichem Ausscheiden aus der KG seinen Mitunternehmeranteil nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG auf. Für die Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns ist die Differenz zwischen dem Kapitalkonto und dem gemeinen Wert des jeweiligen Kommanditanteils maßgeblich78. In die Ermittlung des Aufgabegewinns sind auch die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens einzubeziehen, es sei denn diese Wirtschaftsgüter können im Zuge der Aufgabe gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen überführt werden. Werden die Wirtschaftsgüter, die zum Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten bei der GmbH & Co. KG gehört haben, anschließend der GmbH & atypisch still zur Nutzung überlassen, werden sie in das Sonderbetriebsvermögen des A bei dieser Mitunternehmerschaft überführt, so dass § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG anwendbar ist (siehe auch Rz. 22.40 ff.).

26.58

Bei der typischen GmbH & Co. KG gehören in der Regel auch die Anteile der Kommanditisten an der Komplementär-GmbH und andere zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter zum Sonderbetriebsvermögen. Bei Aufdeckung der stillen Reserven ist der gemeine Wert der im Sonderbetriebsvermögen II befindlichen Anteile an der Komplementär-GmbH anzusetzen, jedoch ist das Teileinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG anwendbar79. Aufgrund der verdeckten Einlage in die GmbH entstehen für die Kommanditisten, die zugleich Anteilseigner der GmbH sind, nach § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der (ehemaligen) Komplementär-GmbH. Der Wert ermittelt sich aus der Wertsteigerung, die die Beteiligung an der GmbH erfährt80.

26.59

Erhält der ehemalige Kommanditist für die Übertragung seines Mitunternehmeranteils auf die Komplementär-GmbH eine Gutschrift über eine geleistete Einlage als atypisch stiller Gesellschafter in der GmbH & atypisch Still ist – wie im Beispielsfall (Rz. 26.55) – von einem vollentgeltlichen Ausscheiden des Kommanditisten auszugehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die dem A gutgeschriebene Einlage als atypisch

26.60

76 Vgl. Kulosa in L. Schmidt, § 6 EStG Rz. 741; Orth, DStR 1999, 1053; Rödder/Schumacher, DStR 2001, 1634 (1636); a.A. Brandenberg, DStZ 2002, 511 (513). 77 Vgl. Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 513; BMF v. 3.3.2005, BStBl. I 2005, 458, Tz. 3. 78 Vfg. der OFD Magdeburg v. 12.11.2002 – S 2755 – 1 St 216, FR 2003, 48. 79 Vgl. Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 513. 80 Vgl. BFH v. 24.3.1987 – I R 202/83, BStBl. II 1987, 705; BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348.

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§ 26 Rz. 26.60 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

stiller Gesellschafter dem Wert der auf ihn entfallenden und in die A-GmbH eingebrachten Wirtschaftsgütern samt der stillen Reserven entspricht. Die Übertragung des Mitunternehmeranteils auf die A-GmbH gegen eine Gutschrift i.H. der Einlageforderung ist als Veräußerung des Mitunternehmeranteils des A an die A-GmbH gemäß § 16 Abs. 2 EStG zu qualifizieren. A setzt seine Forderung gegen die A-GmbH aus der Übertragung des Mitunternehmeranteils ein, um sie mit der Forderung der GmbH auf Leistung der Einlage zu verrechnen. Es ist die Frage aufgeworfen, ob der Vorgang ohne Aufdeckung der stillen Reserven im Mitunternehmeranteil des A erfolgen kann, da A – wie bei der Umwandlung seiner Mitunternehmerstellung an einer Außengesellschaft in eine atypisch stille Beteiligung – hier unter dem Zwischenschritt der Anwachsung des Betriebsvermögens der KG auf die GmbH eine Mitunternehmerstellung an einer Außengesellschaft in eine solche an der atypisch stillen Gesellschaft tauscht (siehe Rz. 26.50).

26.61 Die unter Rz. 26.51 ff. dargestellten Grundsätze zum identitätswahrenden Formwechsel bei Mitunternehmerschaften können hier nicht zur Anwendung kommen81. Denn die atypisch stille Gesellschaft zwischen A und der A-GmbH ist eine andere Mitunternehmerschaft als die A-GmbH & Co. KG. Auch die Gleichstellung des Vorgangs mit der Aufnahme eines Gesellschafters in eine Personengesellschaft gegen Einlage und damit die Anwendung des § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG im Billigkeitsweg (siehe dazu Rz. 26.51) kommt hier nicht in Betracht. Durch den Übergang des Betriebsvermögens der A-GmbH & Co. KG auf die A-GmbH und das damit verbundene Trennungsprinzip kann nicht so getan werden, als bringe die A-GmbH ihren Betrieb gemäß § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG teilweise für eigene und für fremde Rechnung in die atypisch stille Gesellschaft ein. Somit bleibt es bei der Aufdeckung der stillen Reserven aufgrund eines Veräußerungsgewinns des A gemäß § 16 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 EStG. 26.62 –26.64 frei

III. Mehrfache Anwendung von Bewertungswahlrechten bei Umwandlungsvorgängen 1. Sacheinlagen des atypisch stillen Gesellschafters aus einem Betriebsvermögen im Rahmen der Gründung a) Anwendbarkeit des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG

26.65 Wie bereits dargestellt kann der atypisch stille Gesellschafter seine Einlageverpflichtung auch im Wege der Sacheinlage erfüllen (Rz. 7.7 und 26.2). Stammt das Wirtschaftsgut, welches Gegenstand der Sacheinlage ist, aus einem Betriebsvermögen des künftigen atypisch stillen Gesellschafters, kann auf die Übertragung zwischen dem einzelunternehmerischen Betriebsvermögen und dem Quasi-Gesamthandsvermögen 81 Brandenberg, Vortrag auf der Rügener Steuerfachtagung 2015, Tagungsunterlage, S. 121; Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 154 (Stand Januar 2017); siehe auch Centrale für GmbH, GmbHR 2003, 834 zur Umstrukturierung einer Einheits-GmbH & Co. KG in eine GmbH & atypisch Still.

898 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.67 § 26

die Regelung des § 6 Abs. Satz 3 EStG Anwendung finden (Rz. 22.107)82. Zugleich findet eine Übertragung des Betriebsvermögens des Geschäftsinhabers in das QuasiGesamthandsvermögen gemäß § 24 UmwStG statt (Rz. 26.14 ff.). Durch die parallel stattfindende Sacheinlage des Stillen und die Einbringung des Geschäftsinhabers ändert sich sowohl die Zuordnung der stillen Reserven an dem vom Stillen eingebrachten Wirtschaftsgut als auch an den durch den Geschäftsinhaber eingebrachten Wirtschaftsgütern und die Verteilung der latenten Ertragsteuerlasten im Gesellschafterkreis83. b) Behandlung paralleler Sacheinlagen des Geschäftsinhabers und des Stillen Aus dem Beispiel in Tz. 16 des BMF-Schreibens vom 8.12.201184 ist abzuleiten, dass aus Sicht der Finanzverwaltung bei Veränderung der Beteiligungsquoten an dem eingebrachten Betriebsvermögen neben dem Einbringenden auch die übrigen Mitunternehmer Ergänzungsbilanzen aufzustellen haben. Demnach kann in der Steuerbilanz nach der Finanzverwaltung sowohl eine Aufstockung der bisherigen Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens als auch des durch den Stillen eingebrachten Wirtschaftsguts erfolgen. Aus dem Zusammenspiel des BMF-Schreibens vom 8.12.2011 mit Tz. 01.47 des UmwStE 201185 ergibt sich m.E., dass aus Sicht der Finanzverwaltung für den Einbringenden § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG und für den Geschäftsinhaber § 24 UmwStG alternative Rechtsgrundlagen für die Bildung dieser Ergänzungsbilanzen bilden. Nach anderer Auffassung soll wohl auch die Ergänzungsbilanz der Mitgesellschafter unter § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG fallen86.

26.66

Damit ist die Gründung sowohl hinsichtlich der Sacheinlage gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG als auch der Einbringung durch den Geschäftsinhaber gemäß § 24 UmwStG grundsätzlich zum Buchwert möglich. Es sind aber, da beide Bewertungsvorschriften nebeneinander anzuwenden sind, deren jeweilige Voraussetzungen zu erfüllen. § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG verlangt für die Buchwertfortführung neben der Abgabe einer entsprechenden Buchwert-Schlussbilanz für das Einbringungsjahr, in der die Gesellschaft ihr Bewertungswahlrecht ausübt, dass die aufnehmende atypisch stille Gesellschaft gemäß § 24 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der Schlussbilanz auch den Antrag stellt, die Buchwerte fortzuführen (Rz. 26.5 ff.). In der Praxis besteht daher die Gefahr, dass im Zuge der Sacheinlage des Einzelwirtschaftsguts des atypisch stillen Gesellschafters gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, die auch ohne Antrag zwingend zum Buchwertansatz führt, nicht erkannt wird, dass „in deren Windschatten“ für die Einbringung des Geschäftsinhabers das

26.67

82 Siehe dort auch zur Gewinnrealisierung bei der GmbH & atypisch Still (§ 6 Abs. 5 Satz 5 ff. EStG) und Fuhrmann in Widmann/Mayer, § 24 UmwStG Rz. 66 (Stand Januar 2017). 83 Niehus/Wilke in HHR, EStG/KStG, § 6 EStG Anm. 1459b, 1460; Goebel/Ungemach, NWB 2012, 2539 (2546). 84 BMF v. 8.12.2011 – IV C 6 - S 2241/10/10002 – DOK 2011/0973858, BStBl. I 2011, 1279. 85 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1379. 86 Kloster/Kloster, GmbHR 2002, 717 (727).

Levedag | 899

§ 26 Rz. 26.67 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Wahlrecht gemäß § 24 UmwStG von der aufnehmenden atypisch stillen Gesellschaft fristgerecht ausgeübt werden muss.

26.68 Nach § 6 Abs. 5 Satz 5 ff. EStG tritt allerdings Gewinnrealisierung ein, soweit an der übernehmenden Personengesellschaft (also an der atypisch stillen Gesellschaft) eine Kapitalgesellschaft (wie bei der GmbH & atypisch Still) beteiligt ist. Leistet also der atypisch Stille einzelne Wirtschaftsgüter aus einem Betriebsvermögen als Sacheinlage in eine GmbH & atypisch Still, so kommt es insoweit zur Gewinnrealisierung, wie die GmbH am eingebrachten Wirtschaftsgut beteiligt wird (Rz. 22.112)87. 26.69 –26.70 frei 2. Gründung einer GmbH & atypisch Still bei Einbringung einer Sachgesamtheit in die GmbH a) Rechtslage bis einschließlich 31.12.2014

26.71 Wird dem Einbringenden im Zuge der Einbringung eines Betriebs/Teilbetriebs/Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft, die unter § 20 UmwStG fällt, auch eine erbrachte Einlage als atypisch Stiller gutgeschrieben, ist die Frage nach der Behandlung dieses Mischentgelts zu beantworten. Nach h.M. finden in diesem Fall die §§ 20 und 24 UmwStG nach der bis einschließlich 31.12.2014 geltenden Rechtslage nebeneinander Anwendung. 26.72 Im ersten Schritt liegt eine Sacheinlage des Einbringenden in die GmbH vor, die gemäß § 20 Abs. 2 UmwStG das Bewertungswahlrecht eröffnet, auf Ebene der GmbH die Buchwerte für das eingebrachte Betriebsvermögen fortzuführen. Der gewährte Mitunternehmeranteil an der atypisch stillen Gesellschaft gilt im Rahmen des § 20 UmwStG nicht als „anderes Wirtschaftsgut“ i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 4 und des § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG, das die GmbH dem Einbringenden neben den neuen Anteilen gewährt, da der Mitunternehmeranteil an der atypisch stillen Gesellschaft als selbständige Gegenleistung für einen bestimmten wertmäßigen Teil der Sacheinlage anzusehen ist88. Es wird demnach die Sacheinlage aus Sicht des Einbringenden im Wege einer Doppeleinbringung sowohl verwendet, um neue Anteile an der GmbH zu erhalten als auch, um Mitunternehmer in der atypisch stillen Gesellschaft zu werden. 26.73 §§ 20 und 24 UmwStG finden aus Sicht des Einbringenden in dem Verhältnis Anwendung, in dem sich der Wert der im Zuge der Sachkapitalerhöhung gewährten neuen GmbH-Anteile zum Wert des an den stillen Gesellschafter gewährten Mitunternehmeranteils verhält89. Zugleich führt die Begründung der atypisch stillen Betei-

87 Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 66 (Stand Januar 2017). 88 Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 224 (Stand Januar 2017); a.A. Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwStG Rz. 358 und § 21 UmwStG Rz. 72. 89 Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 224 (Stand Juni 2012).

900 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.75 § 26

ligung auch zum Übergang des Betriebs der GmbH in das Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft, die als Einbringung des Geschäftsinhabers für eigene Rechnung in die atypisch stille Gesellschaft gemäß § 24 Abs. 1 UmwStG anzusehen ist (Rz. 26.32). Es müssen zur Buchwertfortführung daher sowohl die GmbH eine Schlussbilanz (mit Ausweis des Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Gesellschaft nach der Spiegelbildmethode, Rz. 26.20) als auch die atypisch stille Gesellschaft eine Schlussbilanz aufstellen und jeweils den Antrag auf Buchwertfortführung stellen. b) Rechtslage seit dem 1.1.2015 Durch das StÄndG 2015 sind unter anderem die Regelungen der § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG und § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG mit Wirkung seit dem 1.1.2015 (§ 27 Abs. 14 UmwStG) geändert worden (siehe dazu näher Rz. 26.114 ff.). In beiden Regelungen hat der Gesetzgeber das Tatbestandsmerkmal für die zweite Entgeltkomponente neben den Gesellschaftsrechten den Begriff der „sonstigen Gegenleistung“ eingeführt, das die frühere Formulierung des „anderen Wirtschaftsguts“ abgelöst hat. Durch diese Neuformulierung des Gesetzes ist für die hier angesprochene Konstellation der Gewährung von Gesellschaftsrechten im Zuge einer Einbringung nach § 20 UmwStG und der Mitunternehmerstellung an der atypisch stillen Gesellschaft aber keine Änderung eingetreten, da die Einräumung des Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Innengesellschaft nicht unter das Merkmal der „sonstigen Gegenleistung“ fällt90. Zwar könnte die Einführung des Merkmals der „sonstigen Gegenleistung“ im Vergleich zum Merkmal „anderes Wirtschaftsgut“ zur Folge haben, dass hierdurch über die alte Rechtslage hinausgehend auch nicht bilanzierungsfähige schuldrechtliche Absprachen anlässlich eines Einbringungsvorgangs erfasst sein sollen91. Keine sonstige Gegenleistung liegt hingegen nach wie vor in der Gewährung der Stellung als Mitunternehmer in der atypisch stillen Gesellschaft, da unveränderte von einer Doppeleinbringung der auf die Kapitalgesellschaft übergehenden Sachgesamtheit (Betrieb/Teilbetrieb/Mitunternehmeranteil) gegen Ausgabe neuer Anteile nach § 20 UmwStG in die Kapitalgesellschaft einerseits und in die atypisch stille Innengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten gemäß § 24 UmwStG andererseits auszugehen ist92.

26.74

3. Einbringung einer Sachgesamtheit in eine Personengesellschaft unter Begründung einer atypisch stillen Gesellschaft Zu mehrfachen Einbringungsvorgängen gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG durch kommt es auch, wenn ein Mitunternehmer eine Sachgesamtheit (Betrieb/Teilbetrieb/ Mitunternehmeranteil) in eine Außen-Personengesellschaft einbringt und ihm hierfür von dieser Gesellschaftsrechte und eine Stellung als atypisch stiller Gesellschafter eingeräumt werden. In dieser Konstellation wird der Betrieb der Außen-Personenge90 Ettinger/Mörz, GmbHR 2016, 154 (158); Haarmann, DStZ 2015, 438 ff. 91 Zweifelnd Ettinger/Mörz, GmbHR 2016, 154 (158); verneinend Bilitewski/Heinemann, Ubg 2015, 513 (515). 92 Haarmann, DStZ 2015, 438 (441).

Levedag | 901

26.75

§ 26 Rz. 26.75 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

sellschaft gemäß § 24 UmwStG vom Geschäftsinhaber (der Außengesellschaft) in die atypisch stille Gesellschaft als Untergesellschaft eingebracht (siehe Rz. 26.29). Zudem liegt eine Doppeleinbringung der Sachgesamtheit des Mitunternehmers in die Außen-Personengesellschaft und die atypisch stille Innengesellschaft vor. Diese Doppeleinbringung fällt nicht unter die seit 2015 geltende Neuregelung des § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG: Es erfolgt aus Sicht des Einbringenden die Einbringung gegen zwei mitunternehmerschaftliche Beteiligungen, von denen keine eine „sonstige Gegenleistung“ zur anderen darstellt93. § 24 UmwStG ist einheitlich anzuwenden, weil das Vermögen von ein und derselben Personengesellschaft übernommen wird94. Entsprechend müssen auf Ebene der Außen-Personengesellschaft und auf Ebene der atypisch stillen Innengesellschaft Schlussbilanzen aufgestellt und Anträge gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG gestellt werden.

26.76 –26.78 frei 4. Atypisch stille Beteiligung an einem Teilbetrieb oder einer 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft a) Teilbetriebsbegriff des UmwStG

26.79 Das UmwStG regelt den Begriff des Teilbetriebs in § 15 UmwStG. Zu einem Teilbetrieb gehören nach Auffassung des BMF auf der Grundlage des sog. europäischen Teilbetriebsbegriffs95 alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen sowie die diesem Teilbetrieb nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbaren aktiven und passiven Wirtschaftsgüter (siehe Tz. 15.02 des UmwStE 2011)96. Die Voraussetzungen eines Teilbetriebs sind unter Zugrundelegung der funktionalen Betrachtungsweise aus der Perspektive des übertragenden Rechtsträgers zu beurteilen (siehe Tz. 15.02 des UmwStE 2011). Der UmwStE 2011 enthält in Tz. 15.02 ff. im Unterschied zur früheren Verwaltungsmeinung im UmwStE 199897 zum UmwStG 1995 zeitliche Restriktionen (erforderliches Vorliegen des Teilbetriebs zum steuerlichen Übertragungsstichtag) und höhere Anforderungen zum erforderlichen Umfang des Teilbetriebs (sog. Gebot der Zuordnung funktional wesentlicher und nach wirtschaftlichen Grundsätze zuordenbare Wirtschaftsgüter, bevor eine freie Zuordnung möglich ist)98. Beteiligt sich der stille Gesellschafter am Geschäftszweig einer Personen- oder Kapitalgesellschaft atypisch still, der die Voraussetzungen eines Teilbetriebs erfüllt, führt dies nach den unter Rz. 26.17 ff. dargestellten Grundsätzen zu einem Übergang der Wirtschaftsgüter des Teilbetriebs in das Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft, die als Einbringung dieses Teilbetriebs durch den Geschäftsinhaber in die atypisch stille Gesellschaft gemäß § 24 Abs. 1 UmwStG zu beurteilen ist99.

93 94 95 96 97 98 99

Haarmann, DStZ 2015, 438 (440). Haarmann, DStZ 2015, 438 (440). Rasche, GmbHR 2012, 149 (152) zum UmwStE aus Sicht der Verwaltung. BStBl. I 2011, 1314. BStBl. I 1998, 268. Rasche, GmbHR 2012, 149 (152) zum UmwStE aus Sicht der Verwaltung. Schulze zur Wiesche, DStZ 2015, 254; Schulze zur Wiesche, StBP 2015, 221.

902 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.81 § 26

b) 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Teilbetrieb Eine das volle Nennkapital umfassende (100 %-)Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist ein eigenständiger (fiktiver) Teilbetrieb gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 UmwStG. Sie ist aber nach der Verwaltungsauffassung einem aus anderen Wirtschaftsgütern bestehenden Teilbetrieb (oder einem Mitunternehmeranteil als Sonderbetriebsvermögen) vorrangig als Bestandteil dieser Sachgesamtheit zuzuordnen, wenn die Beteiligung für diesen Teilbetrieb eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage darstellt (siehe Tz. 15.02 und Tz. 15.06 des UmwStE 2011)100. Wird in diesem Fall die 100 %Beteiligung übertragen, stellt das zurückbleibende Vermögen nach dem BMF keinen Teilbetrieb mehr dar. Ohne diese vorrangige Zuordnung ist die 100%ige Beteiligung ein eigenständiger Teilbetrieb und damit eine für Umwandlungsvorgänge isoliert zu berücksichtigende Sachgesamtheit. Tz. 15.11 UmwStE bestimmt für die notwendige wirtschaftliche Zuordnung, dass einer 100 %-Beteiligung (nur) die Wirtschaftsgüter einschließlich der Schulden zuzuordnen sind, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Beteiligung stehen101. Jedoch werden die Aussagen des UmwStE 2011 zu § 15 des UmwStG für Einbringungen eines Teilbetriebs in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft als Einbringungsgegenstand gemäß §§ 20, 24 UmwStG auch teilweise modifiziert:

26.80

Der UmwStE 2011 führt in Tz. 24.02 für die Einbringung eines Teilbetriebs in eine Personengesellschaft aus, für Zwecke des § 24 UmwStG eine zu einem Betriebsvermögen gehörende, das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sei grundsätzlich ein eigenständiger Teilbetrieb102. Überdies finden durch die Verweisung in Tz. 24.03 des UmwStE 2011 auf Tz. 20.06 die dortigen Ausführungen auch zur Einbringung eines Teilbetriebs in eine Personengesellschaft gemäß § 24 UmwStG entsprechende Anwendung. Im Übrigen sind Tz. 15.05 f. des UmwStE 2011 im Rahmen des § 24 UmwStG entsprechend anzuwenden103. Stellt die Beteiligung eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage104 einer anderen betrieblichen Sachgesamtheit (Betrieb/Teilbetrieb/Mitunternehmeranteil) dar, ist sie auch für Einbringungen gemäß § 24 UmwStG kein Teilbetrieb (Tz. 15.06 des UmwStE 2011) und nur

26.81

100 UmwSt-Erlass 2011 = BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, Tz. 15.02 u. 15.06; vgl. Neumann in GmbHR 2012, 141 (145) zum UmwStE aus Sicht der Verwaltung: Grund für die vorrangige Zuordnung zu einem anderen Teilbetrieb ist, dass die Beteiligung (anders als ein Mitunternehmeranteil) steuerrechtlich als Wirtschaftsgut angesehen wird. 101 Neumann, GmbHR 2012, 141 (145) zum UmwStE aus Sicht der Verwaltung mit Verweis auf Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 15 UmwStG Rz. 95. 102 Hierin liegt eine Nichtanwendung von BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464 = GmbHR 2009, 48 = FR 1149, 1155. Der BFH sieht in der Beteiligung ein Einzelwirtschaftsgut gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, wenn die Beteiligung aus dem Betriebsvermögen eines Mitunternehmers in eine Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht wird. 103 BStBl. I 2011, 1314. 104 Ist eine 100%ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft einem Teilbetrieb nur nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbar, ohne für ihn funktional wesentliche Betriebsgrundlage zu sein, stellt sie einen eigenständigen Teilbetrieb dar, der Gegenstand einer Einbringung nach § 24 Abs. 1 UmwStG sein kann (Tz. 24.02 des UmwStE 2011).

Levedag | 903

§ 26 Rz. 26.81 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

als Bestandteil der dieses Teilbetriebs nach § 24 Abs. 1 UmwStG einbringbar105. Bei einer rückwirkenden Einbringung gemäß § 24 Abs. 4, § 20 Abs. 5 und 6 UmwStG muss die 100%ige Beteiligung zum steuerlichen Übertragungsstichtag vorgelegen haben (Tz. 15.05 des UmwStE 2011), wenn der Umwandlungsbeschluss nach dem 31.12.2011 erfolgt (Tz. S.04 des UmwStE 2011)106.

26.82 Für Einbringungen von Teilbetrieben in Kapitalgesellschaften verweist Tz. 20.06 des UmwStE 2011 für den Begriff des Teilbetriebs auf die Tz. 15.02 f. und zur Übertragung dieses Teilbetriebs auf die entsprechende Geltung der Tz. 15.07–15.10 des UmwStE 2011. Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft, die Bestandteil eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils gehören, mit den Wirtschaftsgütern dieses Unternehmensteils in eine Kapitalgesellschaft eingebracht, geht die Regelung des § 20 UmwStG der des § 21 UmwStG vor (siehe Tz. 21.01 des UmwStE 2011). Allerdings fällt die Einbringung einer 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ausschließlich unter § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG, wenn nur die Beteiligung eingebracht wird und es sich um zu einem Betriebsvermögen gehörende Anteile, Anteile im Privatvermögen i.S. des § 17 EStG und einbringungsgeborene Anteile i.S. des § 21 Absatz 1 UmwStG 1995 handelt. Für alle übrigen Anteile gilt § 20 Abs. 4a Satz 1 und 2 EStG (Tz. 21.02 UmwStE 2011). c) Begründung einer atypisch stillen Beteiligung im Wege des Anteilstauschs

26.83 Beispiel: Werden im Fall eines Anteilstauschs (§ 21 UmwStG) 100 % der Aktien an einer AG 1 in eine AG 2 eingebracht und erhält der Einbringende hierfür neue Aktien an der AG 2 und zugleich eine Stellung als atypisch stiller Gesellschafter mit erfüllter Einlageforderung, liegt nach hier vertretener Auffassung in der Gewährung der Mitunternehmerstellung keine sonstige Gegenleistung i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG, sondern es handelt sich unter entsprechender Anwendung der Ausführungen unter Rz. 26.74 um zwei eigenständige Einbringungen (Doppeleinbringung)107: Es wird auf Grundlage des UmwStE 2011 ein fiktiver Teilbetrieb als einheitlicher Einbringungsgegenstand sowohl in eine Kapitalgesellschaft gemäß § 21 UmwStG und gemäß § 24 UmwStG (siehe Tz. 24.02 des UmwStE 2011) als auch in eine atypisch stille Innengesellschaft eingebracht. Gegenleistung im Rahmen der Doppeleinbringung sind die Anteile an der AG 2 im Rahmen des § 21 UmwStG und ein Mitunternehmeranteil an der atypisch stillen Gesellschaft gemäß § 24 Abs. 1 UmwStG.

26.84 Soll eine atypisch stille Beteiligung an einem Geschäftszweig (Teilbetrieb) eines Einzelunternehmens, einer Personen- oder Kapitalgesellschaft und einer daneben im Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers vorhandenen 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft begründet werden, ist nach dem UmwStE 2011 danach zu unterscheiden (siehe Rz. 26.80), ob die Beteiligung für den Teilbetrieb ein funktional wesentliches Wirtschaftsgut oder nur ein wirtschaftliche zuordenbares Wirtschaftsgut oder neutrales Vermögen darstellt. Bildet die Beteiligung eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage des Teilbetriebs, so liegt aus Sicht der Finanzverwaltung nur eine 105 Kai, GmbHR 2012, 165 (169) zum UmwStE aus Sicht der Verwaltung. 106 Kai, GmbHR 2012, 165, (170) zum UmwStE aus Sicht der Verwaltung. 107 Siehe Haarmann, DStZ 2015, 438 (442).

904 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.87 § 26

Sachgesamtheit in Form des Teilbetriebs vor. Die 100 %-Beteiligung stellt wegen der vorrangigen Zuordnung zur Sachgesamtheit „Teilbetrieb“ keinen eigenständigen Einbringungsgegenstand dar. Durch die Begründung der atypisch stillen Beteiligung wird der Teilbetrieb samt der Beteiligung gemäß § 24 UmwStG vom Geschäftsinhaber in das Quasi-Gesamthandsvermögen der Innengesellschaft eingebracht. In den übrigen Fällen – die Beteiligung ist dem Teilbetrieb nur wirtschaftlich zuordenbar oder neutrales Vermögen – liegen auf Basis des UmwStE 2011 hingegen zwei getrennte Einbringungen in die atypisch stille Innengesellschaft gegen Gewährung eines Mitunternehmeranteils gemäß § 24 UmwStG vor. Zum einen werden die Wirtschaftsgüter des Teilbetriebs eingebracht, zum anderen ist die 100 %-Beteiligung als fiktiver Teilbetrieb ein eigenständiger Einbringungsgegenstand. Dem steht nicht entgegen, dass die atypisch stille Beteiligung an einem Kapitalgesellschaftsanteil ansonsten als Unterbeteiligung und Übergang des wirtschaftlichen Eigentümers an der Beteiligung auf den atypisch stillen Gesellschafter angesehen wird (siehe § 31). Es ist vorrangig § 24 UmwStG anzuwenden, wenn eine atypische Beteiligung an einer das gesamte Nennkapital umfassenden Beteiligung begründet wird, da dies aus Sicht des UmwStE 2011 in Tz. 24.02 als Einbringung eines Teilbetriebs in die atypisch stille Gesellschaft zu werten ist.

26.85

5. Umwandlungen unter Beteiligung des Geschäftsinhabers bei bestehender atypisch stiller Beteiligung Siehe zum Zivilrecht Rz. 17.11 ff. Im Zuge der Verschmelzung eines anderen Rechtsträgers auf den Geschäftsinhaber als übernehmenden Rechtsträger zur Aufnahme sind die §§ 3–19 UmwStG, §§ 20, 24 UmwStG anzuwenden. Gleiches gilt, wenn der Geschäftsinhaber übertragender Rechtsträger im Rahmen einer Verschmelzung ist108. Anschließend findet ggf. die Verlagerung des Betriebsvermögens des Geschäftsinhabers auf die atypisch stille Innengesellschaft gemäß § 24 Abs. 1 UmwStG statt (siehe Rz. 26.18)109. Sonderfragen stellen sich, wenn der Geschäftsinhaber oder der atypisch stille Gesellschafter im Wege einer Auf- oder Abwärtsverschmelzung mit einer Kapitalgesellschaft verschmolzen werden sollen, deren Beteiligung dem Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft zugeordnet wird110.

26.86

Wird eine GmbH & atypisch Still mittels Formwechsels in eine GmbH & Co. KG (& atypisch Still) umgewandelt111, so kommt es zivilrechtlich zu keiner Vermögensübertragung. Der Formwechsel der GmbH führt zivilrechtlich nur zum Austausch des Vertragspartners des Stillen (siehe Rz. 17.43 ff.). Umwandlungssteuerrechtlich ist vom Übergang des Mitunternehmeranteils der GmbH an der atypisch stillen Gesellschaft auf die Personengesellschaft auszugehen, so dass es zu einer atypisch stillen Beteiligung am Betrieb der durch die Umwandlung der GmbH entstehenden Personenge-

26.87

108 Siehe weiterführend Suchanek, Ubg 2012, 431 (434 f.). 109 Siehe weiterführend Suchanek, Ubg 2012, 431 (435). 110 Zu den aufgeworfenen Rechtsfragen siehe Suchanek, Ubg 2012, 431 (436 ff.). Siehe dort auch zu Spaltungen und Ausgliederungen und Rz. 17.35 ff. 111 Fuhrmann in Widmann/Mayer, § 24 UmwStG Rz. 69 (Stand Januar 2017).

Levedag | 905

§ 26 Rz. 26.87 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

sellschaft kommt und sich die atypisch stille Beteiligung am Betrieb der GmbH & Co. KG fortsetzt112. Aus Sicht des § 24 UmwStG wird der Mitunternehmeranteil der GmbH an der atypisch stillen Gesellschaft in die neue GmbH & Co. KG eingebracht113. Damit können bei entsprechender Antragstellung die Buchwerte fortgeführt werden.

26.88 –26.89 frei

IV. Umwandlung einer atypisch stillen Beteiligung in eine Beteiligung am Geschäftsinhaber 1. Umwandlung der GmbH & atypisch Still in eine GmbH unter Ausgabe neuer GmbH-Anteile a) Einbringung von Mitunternehmeranteilen durch die atypisch stillen Gesellschafter

26.90 Beispiel: An der X-GmbH ist A als atypisch stiller Gesellschafter beteiligt114. Er ist gleichzeitig auch Gesellschafter der GmbH. Die atypisch stille Gesellschaft soll in der Weise beendet werden, dass das atypisch stille Beteiligungsverhältnis gekündigt wird, der atypisch stille Gesellschafter an einer Kapitalerhöhung der GmbH teilnimmt und seinen Anspruch auf Rückzahlung der stillen Einlagen einbringt.

26.91 Die Umwandlung stiller Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in Aktien oder GmbH-Anteile erfolgt in der Weise, dass die stille Gesellschaft aufgelöst wird und der ehemalige Stille i.H. des Wertes seiner stillen Beteiligung eine Sacheinlage bei der Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten tätigt (siehe Rz. 17.60). Zivilrechtlich kann die stille Beteiligung durch Kündigung und Einbringung des Abfindungsanspruchs zum Gegenstand einer Sacheinlage gemäß §§ 53 ff. GmbHG gemacht werden115. Ertragsteuerlich ist die Sacheinlage bei Ausgabe neuer Anteile an der GmbH als Einbringung des Mitunternehmeranteils des atypisch stillen Gesellschafters in die GmbH gemäß § 20 UmwStG einzuordnen. Einbringende i.S. des § 20 UmwStG sind nach Tz. 20.02 des UmwStE 2011116 die Mitunternehmer, da die zweigliedrige atypisch stille Innengesellschaft im Zuge der Einbringung erlischt. Damit kann auch das Bewertungswahlrecht des § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG Anwendung finden und der Vorgang ohne Aufdeckung stiller Reserven zum Buchwert erfolgen.

112 Fuhrmann in Widmann/Mayer, § 24 UmwStG Rz. 69 (Stand Januar 2017). 113 Fuhrmann in Widmann/Mayer, § 24 UmwStG Rz. 69 (Stand Januar 2017). 114 Beispiel nach Schulze zur Wiesche, DStZ 2012, 227 (241). Zur entschädigungslosen Übertragung eines Mitunternehmeranteils auf die GmbH als Aufgabe gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG siehe Rz. 26.58. 115 Zum Zivilrecht siehe BGH v. 3.11.2015 – II ZR 13/14, DStR 2015, 2857: Eine stille Beteiligung kann als Sacheinlage in eine GmbH eingebracht werden. Sie erlischt durch die Übertragung auf die GmbH. Siehe Koch/Ott, NWB 2018, 2501 (2505). 116 UmwStE 2011 v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314.

906 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.93 § 26

Dies gilt auch im Beispielsfall. Einbringender ist der stille Gesellschafter, weil die atypisch stille Gesellschaft nach der Einbringung sämtlicher Mitunternehmeranteile in die Kapitalgesellschaft nicht fortbesteht117. Einbringungsgegenstand ist der Mitunternehmeranteil an der atypisch stillen Innengesellschaft118. Hier ist zu beachten, dass die GmbH-Anteile als funktional wesentliche Betriebsgrundlagen zum Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmeranteils des atypisch stillen Gesellschafters gehören (siehe Rz. 22.42 ff.). In Tz. 20.05 und 20.06 verlangt der UmwStE 2011, dass funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen in die aufnehmende Kapitalgesellschaft einzubringen ist. Ansonsten besteht das Bewertungswahlrecht des § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG nicht, da kein „Mitunternehmeranteil“ i.S. der Regelung auf die Kapitalgesellschaft übergeht. Die GmbH-Anteile, die die atypisch stillen Gesellschaftervor der Einbringung hält, wären demnach als „eigene Anteile“ in die GmbH einzubringen, um das Wahlrecht auf Buch- oder Zwischenwertansatzes bei der GmbH ausüben zu können. Diese ertragsteuerliche Voraussetzung steht mit den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben zur Bildung eigener Anteile (§ 33 GmbHG) in Konflikt.

26.92

b) Billigkeitsregelung in Tz. 20.09 des UmwStE 2011 Zur Vermeidung des Problems der Bildung eigener Anteile bei der Kapitalgesellschaft als Voraussetzung der Wahlrechtsausübung auf Ebene der GmbH enthält Tz. 20.09 des UmwStE 2011 eine Billigkeitsregelung119: „In diesem Fall ist es nicht zu beanstanden, wenn die Anteile an der Kapitalgesellschaft auf unwiderruflichen Antrag des Einbringenden nicht miteingebracht werden. Der Einbringende muss sich damit einverstanden erklären, dass die zurückbehaltenen Anteile an der übernehmenden Gesellschaft künftig in vollem Umfang als Anteile zu behandeln sind, die durch eine Sacheinlage erworben worden sind (erhaltene Anteile). Es ist dementsprechend auch für diese Anteile § 22 Absatz 1 UmwStG anzuwenden. Besteht in diesen Fällen hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der zurückbehaltenen Anteile durch den Einbringenden kein deutsches Besteuerungsrecht, ist § 22 Absatz 1 Satz 5 zweiter Halbsatz UmwStG anzuwenden. Der Antrag ist bei dem Finanzamt zu stellen, bei dem der Antrag nach § 20 Absatz 2 Satz 2 UmwStG zu stellen ist. Als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile (Neu- und Altanteile) gilt der Wertansatz des eingebrachten Vermögens zuzüglich des Buchwerts der zurückbehaltenen Anteile. § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 UmwStG ist im Hinblick auf das eingebrachte (Rest-)Vermögen zu beachten.“

Wird von der Billigkeitsregelung Gebrauch gemacht, erhält der atypisch stille Gesellschafter neu ausgegebene Anteile an der Kapitalgesellschaft (Neuanteile), die der Behaltefrist des § 22 UmwStG unterliegen. Er hat außerdem die im Rahmen der Einbringung zurückbehaltenen Anteile an der Kapitalgesellschaft (Altanteile), die aufgrund der Einverständniserklärung ebenfalls den Rechtsfolgen des § 22 UmwStG unterstellt werden. Es kommt somit nicht zu einer Entnahme der Altanteile in das Privatver-

117 Siehe Tz. 20.03, 20.10 des UmwStE 2011, BStBl. I 2011, 1314. 118 Zustimmend Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG, Rz. 97; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 7. Aufl. 2016, § 20 UmwStG Rz. 158, 159; Fuhrmann in Widmann/Mayer, § 24 UmwStG Rz. 68 (Stand Januar 2017). 119 Schulze zur Wiesche, DStZ 2012, 227 (241).

Levedag | 907

26.93

§ 26 Rz. 26.93 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

mögen, obwohl deren Verbindung als Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens im Zuge der Umwandlung verloren geht (Rz. 26.95).

26.94 Der Antrag, gemäß Tz. 20.09 Anteile zurückzubehalten, ist vom Einbringenden – dem atypisch stillen Gesellschafter – bei dem FA zu stellen, bei dem auch die Kapitalgesellschaft den Buchwert- oder Zwischenwertantrag gemäß § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG zu stellen hat. Übereinstimmend wird der Antrag in Tz. 20.09 als unwiderruflicher Antrag verstanden. Nach überwiegender Auffassung muss der Antrag des Einbringenden spätestens mit dem Tag der Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz der Kapitalgesellschaft beim Finanzamt eingehen120. 26.95 Das Wahlrecht in Tz. 20.09 des UmwStE 2011 ist ein auf die Anteile an der Kapitalgesellschaft bezogenes Recht, die im Sonderbetriebsvermögen vor der Einbringung befindlichen Anteile trotz der Zurückbehaltung im Billigkeitswege in steuerverstrickte Anteile im Privatvermögen des Einbringenden nach § 22 UmwStG zu transformieren, ohne das Bewertungswahlrecht in § 20 UmwStG für die aufnehmende GmbH zu gefährden. Anteile. Die nicht miteingebrachten Anteile an der Kapitalgesellschaft wären eigentlich als von den atypisch stillen Gesellschaftern aus dem Sonderbetriebsvermögen zum gemeinen Wert unter Aufdeckung aller stillen Reserven entnommen zu betrachten, da sie mangels Einbringung in die GmbH nicht an der aus § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG abzuleitenden Buchwertfortführung bei der Kapitalgesellschaft profitieren könnten121. Besondere Antragsvoraussetzung ist daher, dass der atypisch stille Gesellschafter als Einbringender sein unwiderrufliches Einverständnis erklären muss, dass die Anteile als solche i.S. des § 22 UmwStG zu qualifizieren sind und der Behaltefrist unterliegen. Nach Ablauf der 7-Jahresfrist des § 22 UmwStG richtet sich die spätere Steuerbarkeit danach, ob steuerverstrickte Anteile gemäß § 17 EStG vorliegen122. Die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile (Neuanteile) und der Altanteile bestimmen sich nach dem Wertansatz des eingebrachten Vermögens bei der GmbH (Neuanteile) zuzüglich des Buchwerts der zurückbehaltenen Altanteile. 26.96 Wie unter Rz. 26.93 bereits angedeutet, bewirkt der Antrag nach Tz. 20.09 des UmwStE 2011 ferner, dass trotz des Zurückbehalts der funktional wesentlichen Beteiligung an der GmbH das Bewertungswahlrecht des § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG für das in die GmbH eingebrachte Betriebsvermögen ausgeübt werden kann. Ohne die Regelung könnte der Zurückbehalt der Beteiligung die Anwendung von § 20 UmwStG für die eingebrachten Wirtschaftsgüter auf Ebene der GmbH ausschließen. Allerdings wären ohne den Billigkeitsantrag die Altanteile an der GmbH unter Aufdeckung der stillen Reserven entnommen. Es kann der Ausschluss des Bewertungswahlrechts gemäß § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG nur mit dem zweifelhaften Verständnis in Tz. 20.06 des UmwStE 2011 gerechtfertigt werden, die Gesamtplanrechtsprechung müsse Anwendung finden, wenn nicht alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen des Mitunternehmeranteils in die GmbH eingebracht werden. Wie unter Rz. 22.46 ff. näher ausgeführt 120 Hötzel/Kaeser in FGS/BDI, Umwandlungssteuererlass (2012), Tz. 20.09, S. 330. 121 Siehe auch Hötzel/Käser in FGS/BDI, Umwandlungssteuererlass (2012), Tz. 20.09, S. 330. 122 Schießl, Umwandlungssteuererlass (2012), Tz. 20.09, S. 323.

908 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.99 § 26

wurde, folgt die Rechtsprechung für Übertragungen eines Mitunternehmeranteils gemäß § 6 Abs. 3 EStG anders als die Finanzverwaltung einer zeitpunktbezogenen Betrachtungsweise. Diese ist auch im Rahmen des § 20 UmwStG maßgeblich, so dass die Aufdeckung stiller Reserven in einer funktional wesentlichen Betriebsgrundlage im Vorfeld der Einbringung nach der Rechtsprechung nicht geeignet sein dürfte, das Bewertungswahlrecht bei der GmbH auszuschließen. Ähnlich hat der BFH bereits zu § 24 UmwStG entschieden123. Das Wahlrecht in Tz. 20.09 ist dem Praktiker daher vorwiegend wegen des zweiten Aspekts, die stillen Reserven in den vorhandenen Altanteilen nicht aufdecken zu müssen und die Altanteile in steuerverstrickte Anteile gemäß § 22 UmwStG überführen zu können, zu empfehlen. Die stillen Reserven können beim Anteil eines Gesellschafters in der GmbH & atypisch Still – anders als im Fall der Komplementär-GmbH-Beteiligung in einer beteiligungsidentischen GmbH & Co. KG – in der Regel beträchtlich sein.

26.97

2. Umwandlung der atypisch stillen Beteiligung in eine Mitunternehmerstellung an der Außen-Personengesellschaft Tritt der Stille als persönlich haftender Gesellschafter oder Kommanditist in das Handelsgeschäft des Inhabers (einer Personengesellschaft) ein, so wird die stille Gesellschaft im Zweifel aufgelöst. Der Eintritt vollzieht sich nach den Grundsätzen, die für den Eintritt eines Gesellschafters in eine Personengesellschaft gelten. Eine Auseinandersetzung gemäß § 235 HGB findet nicht statt. Die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters wird zu seinem Anteil am Betriebsvermögen der offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft. Es wird lediglich eine interne Umbuchung seines Guthabens auf sein Kapitalkonto vorgenommen, d.h. das Einlagekonto, das bisher den Charakter eines Gläubigerkontos hatte, wird nunmehr als echtes Kapitalkonto weitergeführt (Sacheinlage). Siehe zum Zivilrecht weiter unter Rz. 17.58 f.

26.98

Ertragsteuerlich liegt im Ausgangspunkt eine doppelstöckige Personengesellschaft vor (siehe Rz. 26.25). Der atypisch stille Gesellschafter ist neben der Außen-Personengesellschaft Mitunternehmer der atypisch stillen Gesellschaft (Untergesellschaft). Da es im Zuge des Vorgangs aus steuerlicher Sicht zur Auflösung der Untergesellschaft kommt, ist gemäß Tz. 24.01 i.V.m. Tz. 20.02 des UmwStE 2011 der atypisch stille Gesellschafter Einbringender seines ganzen Mitunternehmeranteils124 an der Untergesellschaft in die Obergesellschaft (siehe auch Rz. 26.91). Hierdurch wird im zweiten Schritt die atypisch stille Untergesellschaft aus steuerlicher Sicht aufgelöst, da sich alle Anteile an der Untergesellschaft in der Hand der Obergesellschaft vereinigen und das

26.99

123 BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, BStBl. II 2012, 638 = GmbHR 2012, 588 = FR 2012, 584. 124 Zur Möglichkeit der Einbringung eines Mitunternehmeranteils an einer atypisch stillen Gesellschaft als Einbringungsgegenstand gemäß §§ 20, 24 UmwStG siehe Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rz. 89, 93, 97; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 7. Aufl. 2016, § 20 UmwStG Rz. 158 und § 24 UmwStG Rz. 67. Siehe auch Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 61 (Stand Januar 2017).

Levedag | 909

§ 26 Rz. 26.99 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

dem Quasi-Gesamthandsvermögen zugeordnete Betriebsvermögen nunmehr wieder an die Außengesellschaft zurückfällt. Auch insoweit liegt wie beim Gründungsvorgang nur steuerlich ein Vermögensübergang vor (siehe Rz. 26.19), der noch als Folge der Einbringung unter § 24 UmwStG fällt oder gemäß § 6 Abs. 3 EStG analog zur Buchwertfortführung berechtigt (siehe auch Rz. 26.101)125. Zivilrechtlich gehört das Betriebsvermögen der Außen-Personengesellschaft dieser während des gesamten Zeitraums des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft. Die Außen-Personengesellschaft muss dem atypisch stillen Gesellschafter als Gegenleistung weitere oder neue Gesellschaftsrechte einräumen und im Jahr der Auflösung der atypisch stillen Beteiligung den Antrag auf Buch- oder Zwischenwertansatz gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG stellen.

26.100 frei

V. Verschmelzung des Geschäftsinhabers 26.101 Bei Verschmelzung einer GmbH als Geschäftsinhaberin auf einen übernehmenden Rechtsträger besteht die typisch oder atypisch stille Innengesellschaft fort. Die stille Gesellschaft bleibt trotz der Umwandlung erhalten und setzt sich regelmäßig am übernehmenden Rechtsträger fort. Auch der (atypisch) stille Gesellschafter realisiert durch die Umwandlung des Handelsgewerbes bei Buchwertfortführung nicht die stillen Reserven in der stillen Beteiligung126, da sich die Buchwertfortführung auch auf den Mitunternehmeranteil an der atypisch stillen Innengesellschaft bezieht. 26.102 Bei Verschmelzung einer Außen-Personengesellschaft als Geschäftsinhaberin auf eine andere Personengesellschaft unterfällt der Vorgang § 24 UmwStG. Ertragsteuerlich gilt als Einbringender nicht die übertragende Außen-Personengesellschaft, sondern deren Gesellschafter127. Die Einbringung kann zum Buchwert erfolgen, wenn die aufnehmende Personengesellschaft den notwendigen Antrag stellt und die Buchwerte fortführt. Der Mitunternehmeranteil der verschmolzenen Außengesellschaft an der atypisch stillen Innengesellschaft geht in diesem Fall ebenfalls zum Buchwert über128.. 26.103 Ist für die atypische stille Gesellschaft ein gewerbesteuerlicher Verlustvortrag (§ 10a GewStG) festgestellt, müssen für dessen Fortführung die Voraussetzungen der Unternehmens- und Unternehmeridentität gewahrt sein129. 26.104 –26.106 frei

125 Siehe näher Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 40 ff., 313 f. mit Beispielen (Stand Januar 2017). 126 Koch/Ott, NWB 2018, 2501 (2506); Rennar, NWB 2018, 3333 (3340). 127 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1279 Tz. 24.03 i.V.m. Tz. 20.03; Rennar, NWB 2018, 3333 (3340). 128 Rennar, NWB 2018, 3333 (3340). 129 Görgen/Rüschoff, Ubg 2017, 453 ff.

910 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.109 § 26

VI. Begründung einer Kapitalgesellschaft & typisch Still bei Einbringungen gemäß §§ 20, 21 UmwStG 1. Einräumung einer typisch stillen Beteiligung als sonstige Gegenleistung Die typisch stille Beteiligung ist mangels Beteiligung am Nennkapital der übernehmenden Gesellschaft selbst kein „Anteil“ i.S. des § 20 Abs. 1 UmwStG130. Sie kann aber als zusätzliche Gegenleistung neben einem Anteil im Rahmen einer Einbringung (§ 20 UmwStG) oder eines Anteilstauschs (§ 21 UmwStG) gewährt werden. Hier stellt sich die Frage, ob die aufnehmende Kapitalgesellschaft für die eingebrachte Sachgesamtheit das Bewertungswahlrecht des § 20 Abs. 2 Satz 2 und 3 UmwStG unter Ansatz des Buch- oder eines Zwischenwerts ausüben darf. Es sind die durch das StÄndG 2015131 eingeführten Beschränkungen des Bewertungswahlrechts in § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4, § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UmwStG zu beachten, wenn ein Buch- oder Zwischenwertansatz gewollt ist und zusätzliche Gegenleistungen gewährt werden sollen. Die Regelungen erfassen rückwirkend alle Einbringungen und den Anteilstausch nach dem 31.12.2014 (§ 27 Abs. 14 UmwStG). Nach den Neuregelungen darf für den in die aufnehmende Kapitalgesellschaft eingebrachten Einbringungsgegenstand der Buchoder Zwischenwert angesetzt werden, wenn der gemeine Wert von sonstigen Gegenleistungen, die neben den neuen Anteilen an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft gewährt werden, nicht mehr beträgt als 25 % des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens/der eingebrachten Anteile oder 500.000 Euro, höchstens jedoch den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens/der Anschaffungskosten der eingebrachten Anteile betragen. Erhält der Einbringende neben den neuen Gesellschaftsanteilen über diesen Grenzen liegende sonstige Gegenleistungen, sind die eingebrachten Anteile mindestens mit dem gemeinen Wert der sonstigen Gegenleistungen anzusetzen, wenn dieser den sich nach § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG und in § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UmwStG ergebenden Wert übersteigt (§ 20 Abs. 2 Satz 4, § 21 Abs. 1 Satz 4 UmwStG). Siehe hierzu Rz. 26.109 ff.

26.107

Unter Rz. 26.74 wurde die Einräumung einer Mitunternehmerstellung als atypisch stiller Gesellschafter behandelt, die zusätzlich zur Ausgabe neuer Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft erfolgte. Die Ausgabe des Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Innengesellschaft an den Einbringenden im Zuge der Einbringung fällt nicht unter das Merkmal der sonstigen Gegenleistung (und des Merkmals „anderes Wirtschaftsgut“ nach der Rechtslage bis zum 31.12.2014). Es liegt in diesem Fall eine sog. Doppeleinbringung vor.

26.108

2. Rechtslage für Einbringung und Anteilstausch bis zum 31.12.2014 § 20 Abs. 2 Satz 4 und § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG enthalten in der jeweils bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung ausdrückliche Regelungen zur Einbringung in eine Kapitalgesellschaft gegen ein Mischentgelt, das aus neuen Anteilen an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft und „anderen Wirtschaftsgütern“ besteht: 130 Siehe Menner in Haritz/Menner, § 20 UmwStG Rz. 195. 131 BGBl. I 2015, 1834.

Levedag | 911

26.109

§ 26 Rz. 26.109 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

– § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG: Erhält der Einbringende neben den Gesellschaftsanteilen auch andere Wirtschaftsgüter, deren gemeiner Wert den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens übersteigt, hat die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mindestens mit dem gemeinen Wert der anderen Wirtschaftsgüter anzusetzen. Ein Buchwertansatz der aufnehmenden Kapitalgesellschaft wird durch die Gewährung eines Mischentgelts danach nicht beeinträchtigt, solange der gemeine Wert der „anderen Wirtschaftsgüter“ den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens nicht übersteigt132. Ist der gemeine Wert höher als der Buchwert des eingebrachten Vermögens, ist das eingebrachte Betriebsvermögen bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft mindestens i.H. des gemeinen Werts der anderen Wirtschaftsgüter anzusetzen (Mindestwertansatz). Dies hat zur Folge, dass die Buchwerte der eingebrachten Wirtschaftsgüter bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft um den Differenzbetrag zwischen den Buchwerten und dem Mindestwert aufzustocken sind133 und für den Einbringenden ein Einbringungsgewinn zu ermitteln ist. Ist der gemeine Wert der „anderen Wirtschaftsgüter“ höher als der gemeine Wert des eingebrachten Betriebsvermögens, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Einbringenden vor134. – § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG: Soweit neben den Gesellschaftsanteilen auch andere Wirtschaftsgüter gewährt werden, ist deren gemeiner Wert bei der Bemessung der Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile von dem sich nach den Sätzen 1 und 2 ergebenden Wert abzuziehen. Die Anschaffungskosten der im Zuge der Einbringung neu ausgegebenen Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft sind somit stets um den gemeinen Wert des anderen Wirtschaftsguts (z.B. den Nominalwert der Einlage des typisch Stillen) zu kürzen. Die Gewährung einer sonstigen Gegenleistung bedeutet somit im Ergebnis für den Einbringenden, dass bei der Übernehmerin der Betrag des buchmäßig übernommenen Eigenkapitals (durch Ausweis z.B. der Einlageforderung des stillen Gesellschafters als Verbindlichkeit) verringert und der Buchwert der neuen Anteile durch die Höhe der Forderung „ersetzt“ wird135. – § 21 Abs. 1 Satz 3 UmwStG: Erhält der Einbringende beim Anteilstausch neben den neuen Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft zusätzlich andere Wirtschaftsgüter, so hat nach § 21 Abs. 1 Satz 3 UmwStG die übernehmende Gesellschaft, wenn der gemeine Wert dieser Wirtschaftsgüter den Buchwert der einge132 So ausdrücklich auch der UmwStE 2011 v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, Rz. E 20.11. 133 Hier ist nicht abschließend geklärt, ob wie beim Zwischenwertansatz die sog. modifizierte Stufentheorie zur Anwendung kommt, nach der die aufzudeckenden stillen Reserven gleichmäßig auf alle immateriellen und materiellen Wirtschaftsgüter zu verteilen sind, oder ob die Verteilung nach der einfachen Stufentheorie zunächst bis zu den Teilwerten der materiellen Wirtschaftsgüter zu erfolgen hat. Für eine gleichmäßige Aufstockung i.S. der modifizierten Stufentheorie siehe Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rz. 183; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 7. Aufl. 2016, § 20 UmwStG Rz. 353; Menner in Haritz/Menner, § 20 UmwStG Rz. 435 f. 134 Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rz. 183; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. 2016, UmwG/UmwStG, § 20 UmwStG Rz. 353. 135 Rödder, Ubg 2015, 329 (332).

912 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.114 § 26

brachten Anteile übersteigt, die eingebrachten Anteile mindestens mit dem gemeinen Wert der anderen Wirtschaftsgüter anzusetzen. Hier gelten dieselben Grundsätze zur Höhe der für die Buchwertfortführung zulässigen sonstigen Gegenleistung sowie zur Aufstockung und vGA wie gerade zu § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG ausgeführt136. Das BMF definierte im UmwStE 2011 aber nicht, welche zusätzlichen Gegenleistungen aus Sicht der Finanzverwaltung zu den „anderen Wirtschaftsgütern“ i.S. der Regelung zählen. „Anderes Wirtschaftsgut“ i.S. der Regelung kann nach überwiegender Meinung jedenfalls auch die Einräumung einer typisch stillen Beteiligung an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft sein, da es sich um eine Forderung handelt137. Die Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG schließt es nach ihrem Wortlaut auch nicht aus, dass die typisch stille Beteiligung unter den genannten Voraussetzungen ohne Aufdeckung stiller Reserven an einer anderen Kapitalgesellschaft gewährt werden kann, als an derjenigen, in die der Betrieb/Teilbetrieb/Mitunternehmeranteil eingebracht wird138.

26.110

26.111– 26.113

frei 3. Rechtslage für Einbringung und Anteilstausch nach dem 31.12.2014 a) Inhalt der Neuregelung

In § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG regelt der Gesetzgeber nunmehr eine Beschränkung des Buchwertwahlrechts für die aufnehmende Kapitalgesellschaft139. Wird der Betrag der zulässigen sonstigen Gegenleistung überschritten, führt dies im Ergeb136 Siehe Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 21 UmwStG Rz. 70 ff. 137 Siehe Schulze zur Wiesche, DStZ 2012, 232 (238) und die Aufzählung von Patt, EStB 2012, 420 (421); Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rz. 181; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwStG Rz. 358 und § 21 UmwStG Rz. 72; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 20 UmwStG Rz. R 154 (Stand Nov. 2007) und 845, 880 (Stand Nov. 1991) sowie § 21 UmwStG Rz. 71 (Stand Nov. 2007). 138 In der Literatur wird jegliche zusätzliche Gegenleistung neben den gewährten Gesellschaftsrechten der aufnehmenden Kapitalgesellschaft als von der Regelung erfasst angesehen, wenn sie von einer der übernehmenden Kapitalgesellschaft nahe stehenden Person für deren Rechnung geleistet wird, ein innerer Zusammenhang zur Einbringung bestehet und der Buchwert der eingebrachten Wirtschaftsgüter nicht überschritten wird; vgl. Hötzel/Kaeser in FGS/BDI, Umwandlungssteuererlass 2011, Tz. E 20.11, S. 317; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rz. 182; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwStG Rz. 360 f.; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 20 UmwStG Rz. R 153 (Stand November 2007) und 845, 847, 864 (Stand November 1991). 139 Zum Anlass der Neuregelung siehe Ritzer/Stangl, DStR 2015, 849 (851 ff.). Zur Kritik an der Neuregelung Rödder, Ubg 2015, 329 (332), der zutreffend darauf hinweist, dass sämtliche stillen Reserven in den Wirtschaftsgütern/Anteilen bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft und in den neu ausgegebenen Anteilen und der sonstigen Gegenleistung steuerverhaftet sind, so dass kein Grund für eine Beschränkung des Buchwertwahlrechts besteht.

Levedag | 913

26.114

§ 26 Rz. 26.114 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

nis wie unter der vorherigen Rechtslage zur Aufdeckung stiller Reserven und zur Aufstockung der Buchwerte des eingebrachten Betriebsvermögens/der eingebrachten Anteile bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft, wird aber rechtstechnisch anders umgesetzt. Zugleich hat die Gewährung der sonstigen Gegenleistung eine Kürzung der Anschaffungskosten der neu ausgegebenen Anteile (§ 20 Abs. 3 Satz 3 und 4 UmwStG) und bei Überschreiten der Grenzbeträge des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG die Besteuerung eines Einbringungsgewinns (§ 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG) zur Folge. Gleiches gilt für die Neuregelung beim Anteilstausch in § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Satz 4 UmwStG. Der Gesetzgeber hat zudem die Einbringung und den Anteilstausch, bei denen der Einbringende höhere als die gesetzlich zulässigen sonstigen Gegenleistungen erhält, als schädliche Folgeeinbringungen innerhalb der Behaltefrist des § 22 UmwStG definiert (siehe §§ 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2, Nr. 4 und 5 UmwStG)140. Nach den Neuregelungen ist eine sonstige Gegenleistung somit nicht unmittelbar schädlich, aber die Sachgesamtheit kann bei Überschreitung der gesetzlichen Grenzbeträge nicht mehr i.H. des (vollen) Buch- oder Zwischenwerts des eingebrachten Betriebsvermögens eingebracht werden. Das Bewertungswahlrecht der aufnehmenden Kapitalgesellschaft wird bei Gewährung einer sonstigen Gegenleistung vielmehr auf 25 % des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens beschränkt141. Für „kleine“ Einbringungen ist als Ausnahme von der vorgenannten relativen Grenze eine absolute Grenze von 500.000 Euro (oder i.H. des niedrigeren Buchwerts) festgeschrieben worden, so dass wenigstens bei diesen „kleinen“ Einbringungen eine sachgerechte Möglichkeit zur steuerunschädlichen Gewährung einer sonstigen Gegenleistung besteht142.

26.115 Im Schrifttum wird die Einräumung einer typisch stillen Beteiligung als „sonstige Gegenleistung“ i.S. der Neuregelungen angesehen143. Zwar könnte die Einführung des Merkmals der „sonstigen Gegenleistung“ im Vergleich zum Merkmal „anderes Wirtschaftsgut“ zur Folge haben, dass hierdurch über die alte Rechtslage hinausgehend auch nicht bilanzierungsfähige schuldrechtliche Absprachen anlässlich eines Einbringungsvorgangs erfasst sein sollen144. Gegenleistungen, die als „anderes Wirtschaftsgut“ nach der unter Rz. 26.110 behandelten Rechtslage qualifizierten, werden jedoch nach wie vor von der Neuregelung erfasst. b) Absolute und relative Schädlichkeitsgrenze

26.116 In den seit 2015 geltenden Fassungen der §§ 20, 21 UmwStG führt eine schädliche sonstige Gegenleistung zu einer Beschränkung des Bewertungswahlrechts für das übergehende Vermögens, dass bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft mit einem

140 141 142 143

Siehe dazu näher Bilitewski/Heinemann, Ubg 2015, 513 (516). Ritzer/Stangl, DStR 2015, 849 (853); Rödder, Ubg 2015, 329 (331). Ritzer/Stangl, DStR 2015, 849 (854). Siehe Ott, StuB 2015, 909; Ettinger/Mörz, GmbHR 2016, 154 (158); Bilitewski/Heinemann, Ubg 2015, 513 (515). 144 Zweifelnd Ettinger/Mörz, GmbHR 2016, 154 (158); verneinend Bilitewski/Heinemann, Ubg 2015, 513 (515); siehe auch Ritzer/Stangl, DStR 2015, 849 (856).

914 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.117 § 26

Mindestwert angesetzt werden muss145. Aus der gesetzlichen Regelungstechnik mit einer absoluten und einer relativen Schädlichkeitsgrenze in § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchst. a und b UmwStG und § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG ergibt sich folgendes Prüfungsschema146. Schritt 1

Unschädlich ist eine sonstige Gegenleistung bis zur Höhe von 500.000 Euro. Unterschreitet der Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens/ der eingebrachten Anteile den Betrag von 500.000 Euro, ist die zulässige sonstige Gegenleistung auf den Buchwert beschränkt

Schritt 2

Bei einem Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens zwischen 500.000 Euro und 2 Mio. Euro ist eine sonstige Gegenleistung bis zu einem Betrag von 500.000 Euro möglich (die relative Grenze 25 % wird nicht überschritten; die Grenze von 500.000 Euro wird nicht überschritten).

Schritt 3

Bei einem Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens von mehr als 2 Mio. Euro ist eine sonstige Gegenleistung unschädlich, die 25 % des jeweiligen Buchwerts des eingebrachten Vermögens oder der eingebrachten Anteile nicht überschreitet.

c) Wirkungsweise der Neuregelung bei schädlicher sonstiger Gegenleistung Beispiel: Der in die A-GmbH eingebrachte Betrieb hat einen Buchwert i.H. von 3.000.000 Euro und einen gemeinen Wert i.H. von 5.000.000 Euro. Der Einbringende erhält neue Anteile, die einem gemeinen Wert i.H. von 4.000.000 Euro entsprechen und eine Stellung als typisch stiller Gesellschafter mit einer erbrachten Einlage i.H. von 1.000.000 Euro. Es wird auf Ebene der A-GmbH ein Antrag auf Fortführung der Buchwerte gestellt; die übrigen Voraussetzungen für einen Buchwertansatz in § 20 Abs. 2 UmwStG liegen vor. Die Möglichkeit zur Buchwertfortführung ist durch die Neuregelung begrenzt. Die Gesetzesbegründung, der das hier modifizierte Beispiel entnommen ist147, gliedert die Lösung des Beispiels in fünf Schritte. In den ersten drei Schritten wird der Wertansatz bei der übernehmenden Gesellschaft ermittelt. 1. Schritt: Prüfung der Grenze des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG und Ermittlung des übersteigenden Betrags Gemeiner Wert der sonstigen Gegenleistung (Einlageforderung) 1.000.000 Euro ./. Maximum nach der relativen Unschädlichkeitsgrenze = 25 % des Buchwertes des eingebrachten Betriebsvermögens (3.000.000 × 0,25 =) 750.000 und Minimum nach der absoluten Unschädlichkeitsgrenze = 500.000 Euro ./. 750.000 Euro Abzugsfähig ist der höhere unschädliche Betrag Übersteigender Betrag = schädliche sonstige Gegenleistung 250.000 Euro

145 Ritzer/Stangl, DStR 2015, 849 (854); Bilitewski/Heinemann, Ubg 2015, 513 (514). 146 Ott, StuB 2015, 909 (910). 147 Vgl. BR-Drucks. 121/15, 55 ff.

Levedag | 915

26.117

§ 26 Rz. 26.118 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

26.118 2. Schritt: Ermittlung des Anteils des Betriebsvermögens, für das nach § 20 Abs. 2 UmwStG die Buchwerte fortgeführt werden können Eingebrachtes BV (5 Mio.) – übersteigende schädliche Gegenleistung (250.000) Eingebrachtes BV (5 Mio.)

= 95 %

26.119 3. Schritt: Ermittlung des Wertansatzes des eingebrachten Betriebsvermögens bei der Übernehmerin Buchwertfortführung für 90 % von 3.000.000 Euro zzgl. sonstige Gegenleistung, soweit die Grenze des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG überschritten ist Wertansatz des eingebrachten Betriebsvermögens bei der übernehmenden Gesellschaft

2.850.000 Euro 250.000 Euro 3.100.000 Euro

26.120 Zur Vorgehensweise bei der gesetzlich vorgeschriebenen Aufstockung äußert sich das Gesetz nicht. Die quotale Auflösung der stillen Reserven i.H. von [3.100.000 Euro ./. 3.000.000 Euro] = 100.000 Euro hat wie bei einer Einbringung zu Zwischenwerten gleichmäßig nach der in Tz. 20.18 i.V.m. 03.25 UmwStE 2011 vorgesehenen modifizierten Stufentheorie zu erfolgen148. Die Verteilung der aufzustockenden stillen Reserven hat gleichmäßig nach einem einheitlichen Prozentsatz auf die eingebrachten materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter zu erfolgen. 26.121 In den letzten beiden Schritten werden die Folgen beim Einbringenden ermittelt. 4. Schritt: Ermittlung des Einbringungsgewinns Veräußerungspreis gemäß § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG ./. Buchwert des eingebrachten Vermögens Einbringungsgewinn

3.100.000 Euro ./. 3.000.000 Euro 100.000 Euro

26.122 5. Schritt: Ermittlung der Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile: Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile gemäß § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG ./. Wert der (gesamten) sonstigen Gegenleistung gemäß § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile

3.100.000 Euro ./. 1.000.000 Euro 2.100.000 Euro

26.123 Die weitere Gegenleistung einer Stellung als typisch stiller Gesellschafter i.H. der Einlageforderung führt wie nach bisheriger Rechtslage zu einer Kürzung der Anschaffungskosten der ausgegebenen Anteile an der A-GmbH. Die erhaltenen Anteile an der A-GmbH unterliegen beim Einbringenden den Regelungen zur siebenjährigen Behal-

148 Bilitewski/Heinemann, Ubg 2015, 513 (515).

916 | Levedag

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.128 § 26

tefrist in § 22 UmwStG. Die stille Beteiligung ist im Rahmen der Abgeltungssteuer (siehe § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG) ebenfalls steuerverstrickt (Rz. 22.218). d) Ansatz des Mindestwerts (§ 20 Abs. 2 Satz 4, § 21 Abs. 1 Satz 4 UmwStG) Beispiel: A bringt im Rahmen eines qualifizierten Anteilstauschs die Anteile an der A-GmbH mit AK von 2 Mio. Euro und einem gemeinen Wert von 5 Mio. Euro in die B-GmbH ein149. A erhält dafür neue Anteile an der B-GmbH im Nennwert von 500 TEuro und eine Einlageforderung als typisch stiller Gesellschafter gegen die B-GmbH i.H. von 4,5 Mio. Euro.

26.124

Auch in den Fällen des Anteilstauschs wirken die Neureglungen als Beschränkungen des Bewertungswahlrechts und führen bei Überschreiten der gesetzlichen Grenzbeträge zu einer quotalen Aufdeckung der stillen Reserven in den eingebrachten Anteilen (siehe Rz. 26.120).

26.125

1. Schritt: Prüfung der Schädlichkeit der sonstigen Gegenleistung

26.126

Gemeiner Wert der sonstigen Gegenleistung (= Einlageforderung)

4.500.000 Euro

Relativer Grenzbetrag: höchstens 25 % der AK der eingebrachten Anteile, Absoluter Grenzbetrag: maximal 500.000 Euro, bei niedrigeren AK höchstens die AK

./. 500.000 Euro

Übersteigender Betrag

4.000.000 Euro

2. Schritt: Verhältnisrechnung zur Ermittlung der quotalen Aufdeckung stiller Reserven

26.127

Nach der unter Rz. 26.84 näher dargestellten Verhältnisrechnung kann der Buchwert der eingebrachten Anteile nur zu (5 Mio. Euro [Teilwert der eingebrachten Anteile] ./. 4 Mio. Euro [Betrag der sich rechnerisch ergebenden schädlichen Gegenleistung])/ 5 Mio. Euro [Teilwert der eingebrachten Anteile]) = 20 % fortgeführt werden. Die stillen Reserven in den eingebrachten Anteilen an der A-GmbH sind beim Wertansatz auf Ebene der B-GmbH zu 80 % aufzudecken.

26.128

3. Schritt: Wertansatz bei der B-GmbH 20 % der AK gehen zum Buchwert von 2 Mio. Euro über

400.000 Euro

Sonstige Gegenleistung, soweit Grenzbetrag überschritten ist Ansatz der eingebrachten Anteile

4.000.000 Euro 4.400.000 Euro Siehe aber Schritt 6 (Rz. 26.132)

149 Im Wesentlichen unverändertes Beispiel nach Ott, StuB 2015, 909 (911).

Levedag | 917

§ 26 Rz. 26.129 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

26.129 4. Schritt: Einbringungsgewinn des A Veräußerungspreis

4.400.000 Euro

AK der eingebrachten Anteile

2.000.000 Euro

Veräußerungsgewinn des A

2.400.000 Euro Aber siehe Schritt 6 (Rz. 26.132)

26.130 5. Schritt: Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile ./. Wert der sonstigen Gegenleistung (§ 21 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. § 20 Abs. 3 Satz 3) AK der erhaltenen Anteile

4.400.000 Euro ./. 4.500.000 Euro ./. 100.000 Euro

26.131 Bei hohen schädlichen sonstigen Gegenleistungen droht nach dem gesetzlichen Regelungsmechanismus das Entstehen negativer Anschaffungskosten. Dies verhindert das Gesetz in § 20 Abs. 2 Satz 4, § 21 Abs. 1 Satz 4 UmwStG, indem es für diesen Fall vorgibt, dass zur Ermittlung der Anschaffungskosten der eingebrachten Anteile und des Einbringungsgewinns (Schritte 4 und 5) der gemeine Wert der sonstigen Gegenleistung ungekürzt anzusetzen ist. Dies hat den Effekt, dass die Anschaffungskosten der eingebrachten Wirtschaftsgüter/eingebrachten Anteile vollständig durch die sonstige Gegenleistung verbraucht werden und der Einbringende einen Einbringungsgewinn wie im Fall der Veräußerung der Anteile zum Preis der sonstigen Gegenleistung zu versteuern hat (siehe nachfolgend Schritt 6). Es bleibt jedoch trotz allem bei der doppelten Verhaftung der stillen Reserven in den eingebrachten Anteilen auf Ebene der aufnehmenden B-GmbH. Bei einem späteren Verkauf der Anteile an der B-GmbH kann der Einbringende dem dann erzielten Veräußerungspreis keine Anschaffungskosten gegenüberstellen. 26.132 6. Schritt: Vermeidung negativer AK der erhaltenen Anteile durch Aufstockung des Einbringungsgewinns) Veräußerungspreis (§ 21 Abs. 1 Satz 4 UmwStG) AK der eingebrachten Anteile Veräußerungsgewinn des A unter Berücksichtigung des Mindestwerts

4.500.000 Euro ./. 2.000.000 Euro 2.500.000 Euro

AK der erhaltenen Anteile an der B-GmbH Wertansatz der eingebrachten Anteile ./. Wert des sonstigen Gegenleistung AK der Anteile an der B-GmbH

918 | Levedag

4.500.000 Euro ./. 4.500.000 Euro 0 Euro

Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht | Rz. 26.133 § 26

VII. Zusammenfassung Bei der Gründung atypisch stiller Gesellschaften an Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften fällt der Übergang des Betriebsvermögens des Geschäftsinhabers in das Quasi-Gesamthandsvermögen in der Regel unter § 24 Abs. 1 UmwStG. Nach diesem Bewertungswahlrecht kann die Aufdeckung stiller Reserven im Zuge des Gründungsvorgangs durch einen Ansatz der Buchwerte des Betriebsvermögens bei der atypisch stillen Gesellschaft vermieden werden, wenn diese die Wirtschaftsgüter in ihrer (Eröffnungs-)Bilanz in dieser Höhe ausweist und einen Antrag auf Buchwertfortführung spätestens bis zur erstmaligen Abgabe ihrer Schlussbilanz bei dem für sie zuständigen Finanzamt stellt (§ 24 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG). Besondere Fragen sind aufgeworfen, wenn eine atypisch stille Gesellschaft in der Weise gegründet wird, dass im Zuge der Einbringung einer Sachgesamtheit die mitunternehmerische Beteiligung an der Innengesellschaft als weitere Gegenleistung neben Anteilen an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft eingeräumt wird. Nach hier vertretener Auffassung fällt dieser Vorgang nicht unter die seit Anfang 2015 geltende Regelung des § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG und unterliegt nicht den dortigen gesetzlichen Grenzbeträgen für zulässige sonstige Gegenleistungen. Die Regelung des § 20 UmwStG entfaltet Bedeutung für die steuerneutrale Auflösung einer Kapitalgesellschaft & atypisch Still. Nicht rechtssicher geklärt sind die Fragen zur Umwandlung der Beteiligung an der atypisch stillen Innengesellschaft in eine Beteiligung am Geschäftsinhaber (als Außen-Personen- oder Kapitalgesellschaft). Wird bei der Einbringung einer Sachgesamtheit i.S. des § 20 Abs. 1 UmwStG oder von Anteilen gemäß § 21 Abs. 1 UmwStG neben den Anteilen an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft dem Einbringenden zusätzlich eine Einlageforderung als typisch stiller Gesellschafter von der aufnehmenden Kapitalgesellschaft als weiteres Entgelt gewährt, sind die seit 2015 geltenden Einschränkungen der der Bewertungswahlrechte bei Gewährung „sonstiger Gegenleistungen“ (§ 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4, § 21 Abs. 1 Satz 4 UmwStG) zu beachten.

Levedag | 919

26.133

§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer Schrifttum: (1) Allgemein: Boll, Die unternehmensverbundene Familienstiftung als Gestaltungsmöglichkeit der Nachfolge in Familienunternehmen vor dem rechtlichen Hintergrund des Instituts der Unterbeteiligung, 2016; Crezelius, Unternehmenserbrecht, 2. Aufl. 2009; Demuth, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, 12. Aufl. 2015; Geyer, Die Übertragung treuhänderisch gehaltener Gesellschaftsanteile im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, 2012; Keul u.a. in Gummert/Weipert (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 2, Kommanditgesellschaft, GmbH & Co. KG, Publikums-KG, Stille Gesellschaft, 5. Aufl. 2019, 4. Teil, §§ 72 bis 94 (Stille Gesellschaft), S. 1907 bis 2219; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, 7. Aufl. 2019; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 15 S. 895 ff.; Weigl, Stille Gesellschaft, Treuhand und Unterbeteiligung, 3. Aufl. 2012. – (2) Zu dem Gesetz zur Anpassung des ErbStG an die Rechtsprechung des BVerfG vom 4.11.2016: Benz/Blumenberg/Crezelius, Erbschaftsteuerreform 2016, 2017; Crezelius, Erbschaftsteuerreform 2016: Ein rechtssystematischer Überblick, ZEV 2016, 541; Erkis, Die Erbschaftsteuerreform 2016 – ein Rückblick, in Festschrift für Georg Crezelius, 2018, S. 505 ff.; Geck, Sonderbetriebsvermögen und erbschaftsteuerlicher Verschonungsabschlag – ein schwieriges Verhältnis, in Festschrift für Georg Crezelius, 2018, S. 541 ff.; Geck, Berücksichtigung von Schulden im Rahmen der Verschonung unternehmerischen Vermögens, ZEV 2018, 178; Geck, Erbschaftsteuerreform 2016: Die neuen Voraussetzungen der Verschonung von Unternehmensvermögen unter Einschluss der Nachsteuertatbestände, ZEV 2016, 546; Hannes, Erbschaftsteuerreform 2016: Neuregelungen zur Bewertung und zum Umfang der Verschonung, ZEV 2016, 554; Herbst, Das neue Erbschaftsteuerrecht, ErbStB 2016, 347; Holtz, Erbschaftsteuerreform 2016 – Das neue Verschonungssystem für Unternehmensvermögen, NJW 2016, 3750; Kaminski, Neuregelungen für Betriebsvermögen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer, Stbg 2016, 441; Korezkij, Update Verwaltungsvermögenstest: Aktuelles aus der Rechtsprechung und Finanzverwaltung, DStR 2018, 715; Korezkij, Aktuelle Rechtsprechung zur Nachversteuerungsregelung nach § 13a Abs. 6 ErbStG, DStR 2018, 2415; Korezkij, Erbschaftsteuerreform: Ausgewählte Zweifelsfragen rund um die Betriebsvermögensnachfolge, DStR 2017, 745; Kotzenberg/Jülicher, Erbschaftsteuerreform: Die gesetzlichen Neuregelungen für die Unternehmensnachfolge, GmbHR 2016, 1135; Piltz, Unternehmensbegünstigungen zwischen Leistungsfähigkeits-, Familien- und Sozialstaatsprinzip, ZEV 2018, 170; Reich, Das neue Unternehmenserbschaftsteuerrecht, BB 2016, 2647; Reich, Gestaltungen im neuen Unternehmenserbschaftsteuerrecht, DStR 2016, 2447; Seer/Michalowski, Die erbschaftsteuerliche Behandlung des Unternehmensvermögens nach neuem Recht – unkalkulierbar und nach wie vor im verfassungsrechtlichen Fokus!, GmbHR 2017, 609; Söffing, M., Das ErbStG 2016, ErbStB 2016, 339; Stalleiken, Unternehmenserbschaftsteuerreform 2016, DB 2016, 439; Stalleiken, Erbschaftsteuerreform 2016, Ubg 2016, 569; Viskorf/Löcherbach/Jehle, Die Erbschaftsteuerreform 2016 – Ein erster Überblick, DStR 2016, 2425; Watrin/Linnemann, Steuerplanung der Unternehmensnachfolge nach neuem Recht, DStR 2017, 569. – (3) Stellungnahmen der Finanzverwaltung: (a) ErbStR 2019: Bruschke, Programmierter Streitpunkt: Verwaltungsvermögen, ErbStB 2019, 241; Burwitz/ Wighardt, Neuere Entwicklungen im Steuerrecht. Aktuelle Brennpunkte bei der Erbschaftund Schenkungsteuer, NZG 2019, 217; Diers, Konzerninterne Einlagen in der Verbundvermögensaufstellung nach § 13b Abs. 9 ErbStG, insb. im Personengesellschaftskonzern, DB 2019, 572; Knittel, ErbStR-E 2019: Offene Fragen und Empfehlungen im Zusammenhang mit der Lohnsummenregelung, ErbStB 2019, 108; Knittel, Übertragung des Familienheims: Offene Fragen und Empfehlungen zum Entwurf der ErbStR 2019, ErbStB 2019, 74; Korezkij, ErbStRE 2019: Änderungen bei der Betriebsvermögensnachfolge, DStR 2019, 137; Reich, ErbStR-E

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Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | § 27 2019: Verfassungswidrigkeit des Unternehmenserbschaftsteuerrechts bzw. verfassungskonforme Auslegung durch die Finanzverwaltung, DStR 2019, 145; Stalleiken, Update Verwaltungsauffassung zum Unternehmens-Erbschaftsteuerrecht, DB 2019, 87; Stein/Lupberger, Bitcoins in der Erbschaftsteuer – Gibt es am Ende eine Bitcoin-GmbH?, DStR 2019, 311; Weber/ Schwind, Auswirkungen des Entwurfs der ErbStR 2019 auf die Unternehmensnachfolge, ZEV 2019, 56; Winter, ErbStR-E 2019: Zweifelhafte Ansichten der Finanzverwaltung in puncto Steuerbefreiungen für Unternehmensvermögen, ZEV 2019, 128. – (b) Anwendungserlasse 2017: Burwitz/Wighardt, Update Unternehmensnachfolge: Der koordinierte Ländererlass zum ErbStG und die Verfügung der bayerischen Finanzverwaltung, NZG 2018, 172; Eisele, Unternehmenserbschaftsteuerrecht: Die Anwendungserlasse zur Umsetzung der Erbschaftsteuerreform 2016, NWB 35/2017, S. 2670 (Teil 1) und NWB 36/2017, S. 2751 (Teil 2); Geck, Der koordinierte Ländererlass zur Erbschaftsteuerreform vom 22.6.2017: eine Hilfestellung für die Beratungspraxis?, ZEV 2017, 481; Herbst, Die Ermittlung des begünstigten Vermögens nach den koordinierten Ländererlassen, ErbStB 2017, 373; Herbst, Die Ermittlung des begünstigten Vermögens nach den koordinierten Ländererlassen, ErbStB 2017, 340; Herbst, Die koordinierten Ländererlasse der Finanzverwaltung zum neuen Erbschaftsteuerrecht, ErbStB 2017, 278; Kaminski, Der koordinierte Ländererlass zur Anwendung der erbschaftsteuerlichen Neuregelungen vom 22.6.2017, Stbg. 2017, 442; Korezkij, Anwendungserlasse zur Erbschaftsteuerreform: Eine erste Bestandsaufnahme, DStR 2017, 1729; Olbing/Stenert, Der neue Verwaltungsvermögenstest im Detail, Prüfungsreihenfolge und Zweifelsfragen unter Berücksichtigung der koordinierten Ländererlasse vom 22.6.2017, FR 2017, 701; Reich, Der koordinierte Ländererlass zum Unternehmenserbschaftsteuerrecht aus Sicht der Beratungs- und Gestaltungspraxis, DStR 2017, 1858; Reich, Der Koordinierte Ländererlass vom 22.6.2017 zur Unternehmenserbschaftsteuer, BB 2017, 1879; Siemers/Thonemann-Micker/Weichel, Das neue Unternehmenserbschaftsteuerrecht – Zentrale Problemfelder der neuen Verschonungsregelungen, DB 2018, 2841; Stalleiken/Korezkij, Neue Erkenntnisse zum Verwaltungsvermögenstest aus Sicht der Finanzverwaltung: Rückschlüsse auf die Behandlung materiell-rechtlicher Fragen aus den Erklärungsvordrucken zum ErbStG 2016, DStR 2018, 1597. – (4) Zu stillen Beteiligungen und Unterbeteiligungen im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht: Blaurock, Vollzug der unentgeltlichen Zuwendung einer neu begründeten Unterbeteiligung, NZG 2012, 521; Blaurock/Pordzik, Die Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft, NZG 2018, 81; Brinkmann, Die stille Beteiligung in der Außenprüfung, StBp 2011, 213 (Teil I) und StBp 2011, 241 (Teil II); Bron, Atypisch stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft und Entstrickungsbesteuerung, IStR 2016, 26; Carlé, Die Unterbeteiligung, ErbStB 2012, 14; Carlé/Fuhrmann, Unentgeltliche Begründung, Übertragung und Beendigung von Treuhandverhältnissen sowie von Anteilen an mitunternehmerischen Innengesellschaften, FR 2006, 749; Christoffel, Bewertung der Vermögenseinlage eines typisch stillen Gesellschafters als sonstiges Vermögen, DB 1988, 255; Crezelius, Steuerrechtsfragen der atypisch stillen Gesellschaft, in Festschrift für Harald Schaumburg, 2009, S. 239; Geck, Ausgewählte Fragen der mittelbaren Beteiligung an Personen- und Kapitalgesellschaften – Zivilrecht, Ertragsteuer und Erbschaftsteuer, kösdi 2/2012, 17774; Görgen/Braun, Die atypisch stille Gesellschaft als steuerrechtlich gleichwertige Mitunternehmerschaft – Rechtsfolge Bilanzierungspflicht?!, Ubg 2017, 88; Hohage/Schäfer, Atypischer Unterbeteiligungsvertrag: Mindestanforderungen an die Stimmrechtsregelung, NWB 6/2017, 423; Hübner, Unterbeteiligung und stille Beteiligung in der Unternehmensnachfolge, ErbR 2014, 257; Koch/Ott, Die Umwandlung einer (a)typisch stillen in eine unmittelbare Beteiligung, NWB 34/2018, 2501; Krauß/Meichelbeck, Unternehmensnachfolge bei minderjährigen Kindern, Schenkung einer atypischen Unterbeteiligung mit (abschmelzendem) Nießbrauchsvorbehalt, DB 2015, 2114; Kühne/Rehm, Die Unterbeteiligung als Gestaltungsinstrument der Unternehmensnachfolge, NZG 2013, 561; Lamprecht, Belastung eigenen Vermögens als Voraussetzung für Mitunternehmerrisiko, Ubg 2017, 613; Lasa, Die stille Beteiligung als Gestaltungsmittel der Vermögensnachfolge, ZEV 2010, 433; Lipp, Die Bedeutung der stillen Gesellschaft im Außensteuergesetz, ISR 2014, 408; Maetz, Ausgewählte ertragsteuerliche Pro-

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§ 27 Rz. 27.1 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft blemkreise bei atypischen Unterbeteiligungen, DStR 2015, 1844; Marfels, Die Bewertung von Kapitalforderungen und -schulden nach § 12 Abs. 1 bis 4 BewG für Zwecke der Erbschaftsbesteuerung, ErbStB 2017, 239; Mylich, Die atypisch stille Beteiligung als ergänzender Geschäftsanteil, ZGR 2018, 867; Neufang, Gestaltungs- und Nachfolgeberatung mittels der GmbH & Still, StB 2018, 296; Paus, Die atypisch stille Beteiligung an einer bestehenden Personengesellschaft, EStB 2017, 284; Rennar, Steuerliche Implikationen bei atypisch stiller Beteiligung an einer Personengesellschaft, NWB 45/2018, 3333; Richter/Dümichen, Die atypisch stille Beteiligung als Gestaltungsinstrument bei Umwandlungen von Familienpersonengesellschaften, Ubg 2012, 748; Schmidt, Karsten, Umwandlung stiller Beteiligungen in GmbH-Geschäftsanteile, NZG 2016, 4; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still in der aktuellen Rechtsprechung, DB 2011, 1477; Stollenwerk/Piron, Steuerneutralität bei GmbH & Still - GmbH & Co. KG & Still, GmbH-StB 2011, 48; Strnad, Was gilt für Unterbeteiligungen nach der Suhrkamp-Entscheidung des BGH?, ZEV 2012, 394; Suchanek, Die Gleichstellung der atypisch stillen Gesellschaft mit den übrigen ertragsteuerlichen Mitunternehmerschaften, GmbHR 2017, 292; Wälzholz, Die GmbH & Still nach der Unternehmensteuerreform 2008, GmbH-StB 2008, 11; Weigl, Anwendungs- und Problemfelder der stillen Gesellschaft, DStR 1999, 1568; Werner, Die Unterbeteiligung als Instrument der Unternehmensnachfolge, ZEV 2015, 194; Wertenbruch, Das Stimmrecht von Treugebern, stillen Gesellschaftern und Unterbeteiligten in der Personengesellschaft, NZG 2017, 81; Wichmann, Gesellschafts-, handels- und steuerrechtliche Fragen zur GmbH & Still, DStZ 2014, 442. – (5) Vertragsmuster und Formulierungsvorschläge: Dietrich in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 2017, Teil A 2.50 ff., S. 324 ff. (Unterbeteiligungen); Heckschen in Fuhrmann/Wälzholz (Hrsg.), Formularbuch Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. 2018, Kapitel 21, S. 1807 ff. (Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung); Heckschen/Kreußlein in Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, 4. Aufl. 2018, Kapitel 15 Rz. 111, S. 1412 ff. (Stille Gesellschafter unter Beteiligung einer GmbH); Kolberg in Formularbuch Recht und Steuern, 9. Aufl. 2018, Teil A 14.00 ff., S. 827 ff. (Stille Gesellschaften); Lang in Hopt (Hrsg.), Vertrags- und Formularbuch zum Handels-, Gesellschafts- und Bankrecht, 4. Aufl. 2013, II. Teil, Abschnitt G., S. 843 ff. (Stille Gesellschaft und andere Beteiligungsformen); Peters in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 2017, Teil A 2.60 ff., S. 375 ff. (Stille Beteiligungen); Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, 7. Aufl. 2019, Teil 4, S. 341 ff.; Seyfarth in Münchener Vertragshandbuch, Band 1, Gesellschaftsrecht, 8. Aufl. 2018, Kapitel IX, 1. ff., S. 1597 ff. (Stille Beteiligungen) und Kapitel IX, 6 ff., S. 1625 ff. (Unterbeteiligungen); Weigell/ Beckert in Formularbuch Recht und Steuern, 9. Aufl. 2018, Teil A 16.00 ff., S. 1123 ff. (Unterbeteiligungen); Weigl, Stille Gesellschaft, Treuhand und Unterbeteiligung, 3. Aufl. 2012, S. 31 ff.

I. Erbschaft- und Schenkungsteuer 1. Einführung

27.1 Mit Urteil vom 17.12.2014 hat das BVerfG das ErbStG (erneut) für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber verpflichtet, bis spätestens zum 30.6.2016 eine Neuregelung zu treffen1. Mit dem „Gesetz zur Anpassung des Erbschaft- und Schenkungsteu-

1 BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BStBl. I 2015, 4 = BStBl. II 2015, 50 = DStR 2015, 31. Siehe dazu aus dem umfangreichen Schrifttum u.a. Crezelius, ZEV 2015, 1; Geck, ZEV 2015, 129; Haarmann, BB 2015, 32; Hannes, ZEV 2015, 7; Piltz, DStR 2015, 97; Reich, BB 2015, 148; Seer, GmbHR 2015, 113; Viskorf, S./Philipp, C., ZEV 2015, 133.

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Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.1 § 27

ergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 4.11.2016“2 ist der Gesetzgeber dieser Verpflichtung nachgekommen und hat versucht, eine verfassungskonforme Neuregelung des ErbStG zu schaffen.3 Das Gesetz ist rückwirkend zum 1.7.2016 in Kraft getreten.4 Die Neuregelungen betreffen ausschließlich das Unternehmenerbschaftsteuerrecht (insbesondere §§ 13a, 13b, 13c, 19a, 28 und 28a ErbStG).5 Mit dem „Jahressteuergesetz 2018“ (offizielle Bezeichnung: Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018)6 wurde das ErbStG erneut geändert, insbesondere wurde erstmals die Möglichkeiten eines nachträglichen Widerrufs eines Steuererlasses (nach § 28a ErbStG) geschaffen.7 Mit dem Brexit-Steuerbegleitgesetz vom 25.3.20198 wird gesetzlich fingiert, dass das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland für Zwecke des Erbschaftund Schenkungsteuergesetzes weiterhin als Mitgliedsstaat der Europäischen Union gilt (§ 37 Abs. 17 ErbStG). Dies hat bei Unternehmen insbesondere für die Lohnsummenkontrolle erhebliche praktische Bedeutung (s. § 13a Abs. 3 Satz 11 ErbStG). Nach dem Koalitionsvertrag sind für die 19. Legislaturperiode (seit 2017) keine weiteren Änderungen des ErbStG geplant.9

2 BGBl. I 2016, 2464 = BStBl. I 2016, 1202. Zum Gesetzgebungsverfahren siehe van Lishaut in FS Crezelius, 2018, S. 587 ff. 3 Zu den Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelungen siehe zuletzt u.a. Piltz, ZEV 2018, 170; Seer/Michalowski, GmbHR 2017, 609. 4 Zur umstrittenen Frage der Zulässigkeit der Rückwirkung und den damit verbundenen Fragen der zeitlichen Anwendbarkeit der Neuregelung (nach § 37 Abs. 12 ErbStG) siehe u.a. Crezelius, ZEV 2016, 367; Drüen, DStR 2016, 643; Guerra/Mühlhaus, ErbStB 2016, 230; Guerra/Mühlhaus, ErbStB 2016, 146; Seer, GmbHR 2016, 673, sowie anhängige Revisionsverfahren BFH II R 1/19, Vorinstanz. FG Köln v. 8.11.2018 – 7 K 3022/17, DB 2019, 461 m. Anm. Hennigfeld (betreffend einen Erbfall im August 2016). 5 Siehe dazu statt vieler Benz/Blumenberg/Crezelius, Erbschaftsteuerreform 2016, 2017 mwN. 6 BGBl. I 2018, 2338 = BStBl. I 2018, 1377. 7 Ausführlich dazu Bruschke, ErbStB 2019, 55. 8 Gesetz über steuerliche und weitere Begleitregelungen zum Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union (Brexit-Steuerbegleitgesetz – Brexit-StBG) v. 25.3.2019, BGBl. I 2019, 357 = BStBl. I 2019, 223. Siehe dazu die Gesetzesmaterialien in BT-Drucks. 19/7377 v. 28.1.2019, BT-Drucks. 19/7959 v. 20.2.2019, BR-Drucks. 4/19 v. 4.1.2019 und BR-Drucks. 84/19 v. 22.2.2019. Ausführlich zum Ganzen Bron, BB 2019, 664; Eilers/Tiemann, FR 2019, 293; Fleischer/Keul, DB 2019, 2039; Kudert/ Kahlenberg, FR 2019, 250; Schneider/Möhlenbrock, Auswirkungen des Brexit auf die Besteuerung in Deutschland, in: Fachinstitut der Steuerberater (Hrsg.), Steuerberater-Jahrbuch 2018/2019, 2019, S. 275 ff.; Zöller/Steffens, IStR 2019, 286, sowie umfassend Kramme/Baldus/Schmidt-Kessel, Brexit – Privat- und wirtschaftsrechtliche Folgen, 2. Aufl. 2019. 9 Zahlreiche Vorschläge für verschiedene Änderungen des ErbStG fanden sich aber in der Stellungnahme des Bundesrats, Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, BR-Drucks. 356/19 v. 20.9.2019, Art. 22a neu, Änderung des ErbStG. Diese wurden vom Bundestag allerdings nicht übernommen.

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§ 27 Rz. 27.2 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

27.2 Die Finanzverwaltung hat zu den Neuregelungen des Unternehmenserbschaftsteuerrechts in zahlreichen Erlassen und Verfügungen Stellung genommen. Im Juni 2017 wurden zunächst koordinierte Ländererlasse zur Anwendung der geänderten Vorschriften des ErbStG veröffentlicht (kurz auch AE ErbStR 2017).10 Die Erlasse ergingen (erstmals) nicht als bundesweit einheitliche Erlasse, sondern nur als koordinierte Erlasse, nachdem der Freistaat Bayern in mindestens zwei Punkten eine andere Auffassung vertrat als die fünfzehn anderen Bundesländer.11 Ende 2019 wurden die neuen Erbschaftsteuerrichtlinien beschlossen.12 Die ErbStR 2019 sind an die Stelle der ErbStR 2011 getreten.13 Mit den ErbStR 2019 wollte die Bundesregierung die Verwaltungsvorschriften wieder auf den aktuellen Stand bringen. Dabei sollten vor allem die zahlreichen Änderungen in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Finanzverwaltung berücksichtigt werden. Im Mittelpunkt stand dabei die Reform des Unternehmenserbschaftsteuerrechts durch das am 1.7.2016 in Kraft getretene „Gesetz zur Anpassung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 4.11.2016“14 samt den dazu ergangenen Anwendungserlassen der Finanzverwaltung vom 22.6.201715. Die AE ErbStR 2017 wurden (mit gewissen Änderungen) in die ErbStR 2019 übernommen. Die ErbStR 2019 gelten jetzt wieder bundesweit einheitlich. Der „bayerische Sonderweg“ hat damit nach rund drei Jahren ein Ende gefunden. Inhaltlich konnte sich der Freistaat Bayern mit seinen – berechtigten – Anliegen nicht durchsetzen (siehe zum einen R E 13b.27 Sätze 1 und 8 sowie R E 13.29 Abs. 4 ErbStR 2019 zum jungen Verwaltungsvermögen bei konzerninternen Umstrukturierungen und zum anderen

10 Koordinierte Ländererlasse vom 22.6.2017, Anwendung der geänderten Vorschriften des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes, BStBl. I 2017, 902. Siehe dazu u.a. Eisele, NWB 35/2017, S. 2670 (Teil 1) und NWB 36/2017, S. 2751 (Teil 2); Geck, ZEV 2017, 481; Herbst, ErbStB 2017, 373; Herbst, ErbStB 2017, 340; Herbst, ErbStB 2017, 278; Kaminski, Stbg 2017, 442; Korezkij, DStR 2017, 1729; Reich, DStR 2017, 1858; Reich, BB 2017, 1879; Siemers/Thonemann-Micker/Weichel, DB 2018, 2841; Stalleiken/Korezkij, DStR 2018, 1597. 11 Landesamt für Steuern Bayern, Verfügung v. 14.11.2017, Gesetz zur Anpassung des ErbStG an die Rechtsprechung des BVerfG vom 17.12.2014 – koordinierter Ländererlass v. 22.6.2017, DStR 2017, 2554 = ZEV 2017, 735 m. Anm. Viskorf/Völkel = GmbHR 2018, 112. Ausführlich dazu Burwitz/Wighardt, NZG 2018, 172. 12 Das Bundeskabinett hat die neuen Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 am 21.8.2019 beschlossen (BR-Drucks. 387/19 v. 21.8.2019). Die Ausschüsse des Bundesrats haben verschiedene Änderungsvorschläge zu dem Entwurf gemacht (BR-Drucks. 387/1/19 v. 30.9.2019), denen der Bundesrat jedoch nicht gefolgt ist. Die Zustimmung des Bundesrats ist am 11.10.2019 erfolgt (BR-Drucks. 387/19 (Beschluss) v. 11.10.2019). Die Veröffentlichung der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 sowie der Hinweise (ErbStH 2019) im BStBl. I erfolgte in der Sondernummer 1/2019 am 30.12.2019. 13 BStBl. I Sondernummer 1/2011, S. 2. 14 BGBl. I 2016, 2464. 15 BStBl. I 2017, 902.

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Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.6 § 27

R E 28a Abs. 2 Satz 6 ErbStR 2019 zur Minderung des verfügbaren Vermögens durch die auf den Erwerb anfallenden Steuern beim Steuererlass für Großerwerbe).16 Die Auslegung des neuen ErbStG ist derzeit in vielfacher Hinsicht unsicher.17 Etwaige Vermögensübertragungen (insbesondere im Zusammenhang mit unternehmerischem Vermögen) sollten daher nach Möglichkeit vorab mit der Finanzverwaltung abgestimmt werden (§ 89 AO). Ferner kann die Vereinbarung eines Rückforderungsrechts in Gestalt einer Steuerklausel (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO) überlegenswert sein.

27.3

2. Steuertatbestand a) Einführung Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen unter Lebenden unterliegen der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 ErbStG). Für beide Steuertatbestände gelten grundsätzlich die gleichen Vorschriften (§ 1 Abs. 2 ErbStG).

27.4

Unter den Begriff der Schenkung unter Lebenden fallen u.a. Schenkungen i.S. des bürgerlichen Rechts sowie alle anderen freigebigen Zuwendungen unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG).

27.5

b) Freigebige Zuwendungen unter Lebenden Eine steuerpflichtige Schenkung liegt in der Regel vor, wenn der Inhaber des Handelsgeschäfts einen Teil seines Kapitalkontos unentgeltlich als Vermögenseinlage auf den stillen Gesellschafter überträgt18.

16 Ausführlich zum Ganzen u.a. Bruschke, ErbStB 2019, 241; Burwitz/Wighardt, NZG 2019, 217; Diers, DB 2019, 572; Knittel, ErbStB 2019, 108; Korezkij, DStR 2019, 137; Reich, DStR 2019, 145; Stalleiken, DB 2019, 87; Weber/Schwind, ZEV 2019, 56; Winter, ZEV 2019, 128. 17 Zur möglichen Verfassungswidrigkeit der 90% Grenze beim Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG siehe FG Münster v. 3.6.2019 – 3 V 3697/18 Erb, rkr., DB 2019, 2266 = ZEV 2019, 551 m. Anm. Reich = DStRK 2019, 286 m. Anm. Herbst (Aussetzung der Vollziehung eines Schenkungsteuerbescheids wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit). 18 RFH v. 14.3.1935 – III e A 90/33, RStBl. 1935, 906; BFH v. 19.9.1974 – IV R 95/73, BFHE 113, 558, und Gebel in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 7 ErbStG Rz. 121 ff. (Stand: Juli 2015), § 7 ErbStG Rz. 259 (Stand: Dezember 2018) und § 7 ErbStG Rz. 473 ff. (Stand: April 2014). Entsprechende Formulierungsvorschläge finden sich u.a. bei Dietrich in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 2017, Abschnitt A. 2.51 ff., S. 324 ff. (Schenkweise Einräumung und Übertragung einer atypischen Unterbeteiligung); Peters in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 2017, Abschnitt A. 2.61 ff., S. 375 ff. (Schenkweise Einräumung und Übertragung einer atypisch stillen Beteiligung); Weigl, Stille Gesellschaft, Treuhand und Unterbeteiligung, 3. Aufl. 2012, S. 170 ff. (Schenkweise Einräumung und Übertragung einer stillen Beteiligung an einer Familiengesellschaft).

Wachter | 925

27.6

§ 27 Rz. 27.7 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

27.7 Eine Schenkung ist aber auch dann gegeben, wenn der Inhaber (was handelsrechtlich zulässig ist) die Vermögenseinlage höher bewertet, als es ihrem Verkehrswert entspricht. Umgekehrt ist eine Schenkung des stillen Gesellschafters an den Inhaber anzunehmen, wenn seine Vermögenseinlage zu gering bewertet wird. Eine Schenkung kann auch darin gesehen werden, dass dem stillen Gesellschafter eine Gewinnbeteiligung zugesprochen wird, die nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem Wert der von ihm erbrachten Einlage steht (siehe § 7 Abs. 6 ErbStG). 27.8 Für die Frage, ob die Aufnahme eines neuen Teilhabers eine Schenkung darstellt, kommt es auf die Bewertung der etwa übernommenen Gegenleistung für das Unternehmen an. Dabei ist zu beachten, dass nur solche Gegenleistungen berücksichtigt werden dürfen, die in Geld veranschlagt werden können (§ 7 Abs. 3 ErbStG)19. 27.9 Die Aufnahme eines lediglich seine Arbeitskraft einbringenden stillen Gesellschafters unter Beteiligung am Gewinn kann, wie bereits der Reichsfinanzhof feststellte, eine Schenkung sein20. 27.10 Aus der Entscheidung des Reichsfinanzhofs, die in erster Linie eine atypische stille Beteiligung betrifft, aber auch für die typische stille Gesellschaft gilt, ergibt sich, dass eine freigebige Bereicherung des stillen Gesellschafters auf Kosten des Inhabers gegeben ist, wenn die Gewinnbeteiligung so hoch ist, dass sie durch den Wert der Gesellschafterpflichten keinen Ausgleich findet. Die Bereicherung besteht in dem Recht des stillen Gesellschafters auf den Teil der Gewinnbezüge, dem keine Gegenleistung gegenübersteht. Hinzukommen muss als weitere Voraussetzung für die Feststellung einer Schenkung in subjektiver Hinsicht, dass der Inhaber das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung erkannt und die freigebige Bereicherung des stillen Gesellschafters als Erfolg seines Handelns gewollt hat. Dass dem stillen Gesellschafter die Früchte seiner Arbeit teilweise selbst zufallen und dass er auch von der Arbeit des Inhabers Vorteile hat, spielt für die Beurteilung keine Rolle. Solche Verhältnisse sind immer gegeben, wenn sich mehrere zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles zusammenschließen. Entscheidend ist einzig und allein, ob jeder Vertragsteil zur Erreichung des gemeinschaftlichen Zwecks wertmäßig so viel beisteuert, als ihm Vorteile erwachsen, oder ob über den Zweck des Zusammenschlusses hinaus eine besondere vermögensrechtliche Bevorzugung eines Beteiligten auf Kosten des anderen gewollt und erreicht wird. Nur dann kann von einer Schenkung gesprochen werden. 27.11 Bei Einräumung einer atypischen stillen Beteiligung durch Einbringung der Arbeitskraft wird somit das Gewinnbezugsrecht in der Regel nicht geschenkt, da vermutet wird, dass die Arbeitsleistung als angemessene Gegenleistung anzusehen ist21. 27.12 Falls einem Beschenkten vom Schenker Geld zugewendet wird, das er zur Einlage in das Unternehmen des Schenkers benutzt, so liegen regelmäßig zwei steuerpflichtige Vorgänge vor, wenn der erworbene Gesellschaftsanteil mehr wert ist als die geleistete 19 Dazu Geck in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rz. 158 ff. (Stand: Juni 2015). 20 RFH v. 7.11.1940 – III e 18/40, RStBl. 1941, 71. 21 FG München v. 21.3.1967 – II 53/66, EFG 1967, 523; Geck in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rz. 261 (Stand: Oktober 2018).

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Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.14 § 27

Einlage22. Ob der Beschenkte mit der Einlage mehr erwirbt, als seine Einlage wert ist, richtet sich auch danach, ob der neue Gesellschafter im Falle der Auflösung der Gesellschaft an dem Liquidationsertrag anteilig beteiligt ist. Ähnliche Probleme können sich auch bei Neugründungen von Gesellschaften stellen, wenn der sich am Vermögen der Gesellschaft Beteiligende keine vollwertige Einlage erbringt23. Da der BFH in der Geldschenkung und der in der Beteiligung liegenden Schenkung zwei selbständige Steuertatbestände sieht, steht die Versteuerung der Geldschenkung einer späteren Versteuerung der durch die Einlage dieses Geldes erzielten Bereicherung nicht entgegen. Das gilt auch dann, wenn der Beschenkte nach dem Gesellschaftsvertrag im Fall der Kündigung oder des Todes nur seinen buchmäßigen Kapitalanteil erhalten soll und demnach über den durch die offenen und stillen Rücklagen bedingten Mehrwert nicht verfügen kann. Nach Auffassung des BFH kommt es für die Ermittlung der Bereicherung nicht darauf an, was der Gesellschafter im Fall des Ausscheidens erhalten würde, sondern darauf, was er im Falle der Auflösung erhalten würde. Andernfalls könnten die anteiligen stillen Rücklagen niemandem zugerechnet werden. Tritt später wirklich der Fall ein, dass der Beschenkte aufgrund der Vertragsbestimmungen von den anteiligen Reserven ausgeschlossen wird, kann die Veranlagung rückwirkend berichtigt werden (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO).

27.13

Eine steuerpflichtige Schenkung erfordert keine Identität zwischen dem Entreicherungsgegenstand und dem das Vermögen des Empfängers vermehrenden Bereicherungsgegenstand. Als Gegenstand der Zuwendung kommen daher auch Posten in Frage, die nie zum Vermögen des Zuwendenden gehört haben, aber dem Empfänger auf Kosten des Zuwendenden verschafft worden sind (sog. mittelbare Schenkungen). Dazu gehört insbesondere der Fall, in dem der Schenkende dem Empfänger die Mittel zur Verfügung stellt, mit denen der Erwerber den Gegenstand der Schenkung finanziert24. Schenkt der Betriebsinhaber dem zukünftig stillen Beteiligten die für die Einlage erforderlichen Geldmittel, so ist vielfach fraglich, ob Schenkungsgegenstand der für die Einlage erforderliche Geldbetrag oder die Beteiligung ist. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist zunächst der Parteiwille zu beachten25. Maßgeblich ist grundsätzlich, was der Beschenkte durch die Zuwendung erhält, nicht, was er sich unter Einsatz der Zuwendung verschafft26. Allerdings kommt es auch hier auf die Zielrichtung an: Ist die Verwendung des Geldbetrages ausdrücklich als Einlage vertraglich vorgesehen, so ist Schenkungsgegenstand die Beteiligung selbst.

27.14

22 BFH v. 29.1.1959 – III 71/58, DStZ 1959, 176. 23 Siehe BFH v. 19.6.1996 – II R 83/92, BStBl. II 1996, 616 = GmbHR 1996, 871. 24 Siehe Hessisches FG v. 7.3.1990 – 10 K 377/84, EFG 1990, 433 (Gegenstand der Schenkung bei Hingabe von Geld zum Zweck des Erwerbs einer stillen Beteiligung). Gebel in Troll/ Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 7 ErbStG Rz. 121 (Stand: Juli 2015); Peters in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 2017, Abschnitt A. 2.61 ff., Rz. 20, S. 384, und A.2.62, Rz. 8, S. 396. 25 BFH v. 19.8.1959 – II 259/57 S, BStBl. III 1959, 417. 26 Siehe BFH v. 4.7.1984 – II R 73/81, BStBl. II 1984, 772.

Wachter | 927

§ 27 Rz. 27.15 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

c) Fiktive Zuwendungen unter Lebenden

27.15 Der Schenkungsteuer unterliegen nicht nur freigebige Zuwendungen unter Lebenden (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), sondern auch zahlreiche andere Vorgänge (siehe § 7 ErbStG). In verschiedenen Fällen fingiert der Gesetzgeber das Vorliegen einer steuerpflichtigen Schenkung (insbesondere § 7 Abs. 5 bis 8 ErbStG). Im Zusammenhang mit stillen Gesellschaften kommt vor allem Anteilen mit einer übermäßigen Gewinnbeteiligung erhebliche praktische Bedeutung zu (§ 7 Abs. 6 ErbStG). 27.16 Wird eine Beteiligung an einer Personengesellschaft mit einer Gewinnbeteiligung ausgestattet, die insbesondere der Kapitaleinlage, der Arbeit oder der sonstigen Leistung des Gesellschafters für die Gesellschaft nicht entspricht oder die einem fremden Dritten üblicherweise nicht eingeräumt würde, so gilt das Übermaß an Gewinnbeteiligung als selbständige Schenkung, die mit dem Kapitalwert anzusetzen ist (§ 7 Abs. 6 ErbStG)27. Die Vorschrift gilt nur für Schenkungen unter Lebenden (und nicht auch für Erwerbe von Todes wegen). 27.17 Ist mit der stillen Beteiligung eine unverhältnismäßig hohe Gewinnbeteiligung verbunden, so stellt diese eine besondere Zuwendung neben der Schenkung der eigentlichen Beteiligung dar28. Sie muss deshalb gesondert bewertet werden, soweit sie ein angemessenes Gewinnbezugsrecht übersteigt. Diesen früher vom Reichsfinanzhof vertretenen Standpunkt hatte der BFH zwischenzeitlich zwar aufgegeben29; danach sollte eine überhöhte Gewinnbeteiligung nicht als selbständige Zuwendung, sondern lediglich als werterhöhender Umstand angesehen werden. Der Gesetzgeber ist jedoch zu der Ansicht des Reichsfinanzhofs zurückgekehrt30. 27.18 Umstritten ist dagegen unverändert die Ermittlung des Gewinnübermaßes. Überwiegend wird davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber eine Regelung für entbehrlich hielt und davon ausging, die Regeln betreffend die einkommenssteuerliche Behandlung des Übermaßes an Gewinnbeteiligung seien entsprechend anzuwenden. Problematisch ist dabei, dass für Zwecke des Ertragsteuerrechts31 darauf abzustellen ist, welcher Gewinnanteil des Gesellschafters aufgrund seiner Stellung in der Gesellschaft als angemessen anzusehen ist (als Grenze gelten dabei üblicherweise 15 % des tatsächlichen Werts des Anteils). Dagegen stellt das Schenkungsteuerrecht nicht nur auf den Beitrag des Gesellschafters, sondern auch darauf ab, ob es sich um eine Gewinnbeteiligung handelt, die einem fremden Dritten üblicherweise eingeräumt würde. Nachdem insofern Widersprüche zu der ertragssteuerrechtlichen Grenze von 15 % auftre27 Esskandari in v. Oertzen/Loose, § 7 ErbStG Rz. 517 ff.; M. Fischer in Fischer/Pahlke, 6. Aufl. 2017, § 7 ErbStG Rz. 520 ff.; Gebel in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 7 ErbStG Rz. 121 ff. (Stand: Juli 2015) und § 7 ErbStG Rz. 384 ff. (Stand: Januar 2012); Geck in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rz. 185 ff. (Stand: Januar 2015); Peters in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 2017, Abschnitt A. 2.61 ff., Rz. 36, S. 387 f. 28 RFH v. 19.6.1935 – III e A 23/35, RStBl. 1935, 115 (betreffend den Anteil an einer KG). 29 BFH v. 29.11.1961 – II 282/58, BStBl. III 1962, 323; BFH v. 25.6.1969 – II 131/63, BStBl. II 1969, 653. Siehe ferner auch FG Hamburg v. 25.2.1980 – V 54/78, EFG 1980, 402. 30 Geck in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 7 Rz. 185 ff. (Stand: Juni 2015). 31 BFH GrS v. 29.5.1972 – GrS 4/71, BStBl. II 1973, 3.

928 | Wachter

Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.21 § 27

ten können, wird zu Recht immer wieder eine Begrenzung des viel zu überschießenden Schenkungsteuertatbestands gefordert. Die Finanzverwaltung geht allerdings weiterhin vom Primat der ertragssteuerrechtlichen Behandlung aus (R E 7.9 ErbStR 2019). Nach dem Gesetzeswortlaut gilt der Steuertatbestand (des § 7 Abs. 6 ErbStG) sowohl für atypisch stille Gesellschaften als auch für typische stille Gesellschaften. Nach Systematik und Normzweck ist allerdings davon auszugehen, dass die Vorschrift für typische stille Gesellschaften keine Anwendung findet32.

27.19

3. Entstehung der Steuer Die Erbschaftsteuer entsteht grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), die Schenkungsteuer mit der Ausführung der Schenkung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG).

27.20

Eine Schenkung ist im Regelfall dann ausgeführt, wenn der Beschenkte über den zugewendeten Vermögensgegenstand wirksam verfügen kann (siehe dazu aus Sicht der Finanzverwaltung R E 9.1. ff. ErbStR 2019). Dafür muss die Schenkung zivilrechtlich wirksam sein oder von Beteiligten zumindest als wirksam behandelt werden (§ 41 AO). Bei der unentgeltlichen Zuwendung von stillen Beteiligungen stellt sich in der Praxis immer wieder die Frage, ob und unter welchen Umständen (mangels notarieller Beurkundung) formunwirksame Schenkungen durch das tatsächliche Bewirken der Zuwendung geheilt werden können (§ 518 Abs. 2 BGB). Jedenfalls für atypisch stille Beteiligungen geht der BGH33 (und ihm folgend der BFH34) zwischenzeitlich davon aus, dass die Zuwendung mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages zivilrechtlich wirksam vollzogen worden ist. Dieser Zeitpunkt dürfte dann auch für die schenkungsteuerliche Ausführung der Zuwendung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) maßgebend sein. Einzelne Finanzgerichte35 haben diese Rechtsprechung auch auf typische stille Beteiligungen übertragen.

27.21

32 So im Ergebnis auch Geck in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rz. 190.9 (Stand: Juni 2015). – Für die Anwendung von § 7 Abs. 6 ErbStG auch auf typische stille Gesellschaften M. Fischer in Fischer/Pahlke, § 7 ErbStG Rz. 520; Gebel in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 7 ErbStG Rz. 388 (Stand: Januar 2012); Meincke/Hannes/Holtz, 17. Aufl. 2018, § 7 ErbStG Rz. 148. 33 BGH v. 29.11.2011 – II ZR 306/09 (Suhrkamp Verlag), BGHZ 191, 354 = DStR 2012, 471 = ZEV 2012, 167 m. Anm. Reimann. Ausführlich dazu Blaurock, NZG 2012, 521; Strnad, ZEV 2012, 394. 34 BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, BFH/NV 2014, 1949 = DStR 2014, 2111 = FR 2015, 76 m. Anm. Kanzler = DB 2015, 2503 = GmbHR 2014, 1278 = DStRE 2014, 1402 = GWR 2014, 514 m. Anm. Roth. Vorinstanz: Niedersächsisches FG v. 29.9.2011 – 10 K 269/08, EFG 2012, 46 (Schenkungsvertrag und Gesellschaftsvertrag sind wirksam zustande gekommen). 35 FG Rheinland-Pfalz v. 31.1.2013 – 5 K 2009/10, rkr., EFG 2013, 835 (zur erfolgten Bewirkung einer schenkweisen Zuwendung einer typisch stillen Unterbeteiligung an volljährig Kinder mit der Einbuchung bei der Personengesellschaft).

Wachter | 929

§ 27 Rz. 27.22 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

27.22 Im Ertragsteuerrecht besteht häufig Streit über die steuerliche Anerkennung von stillen Beteiligungen, die nahen Familienangehörigen im Wege der Schenkung eingeräumt worden sind36. Für das Schenkungsteuerrecht ist dies aber grundsätzlich ohne Bedeutung. Für die Ausführung einer Schenkung kommt es auf einen Fremdvergleich nicht an37. 27.23 Eine etwaige Rückdatierung des Vertrages ist für Zwecke des Schenkungsteuerrechts unbeachtlich. Die mit der Schenkung des Kapitalanteils verbundene rückwirkende Überlassung der am Bewertungsstichtag vorhandenen stillen Reserven und der bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufenen Gewinnanteile und Kapitalzinsen ist nicht eine selbständige besondere Zuwendung, sondern als werterhöhender Umstand bei der Bewertung des zugewendeten Kapitalanteils zu berücksichtigen38. 27.24 Für die Frage der Ausführung der Schenkung kommt es maßgeblich darauf an, was nach dem Willen der Parteien als Gegenstand der Schenkung anzusehen ist. Dabei ist insbesondere zwischen der Schenkung einer typisch stillen Beteiligung (Bewertung in der Regel als Kapitalforderung und keine Begünstigung als Betriebsvermögen) und einer atypisch stillen Beteiligung (Bewertung und Begünstigung als Betriebsvermögen) zu unterscheiden. 27.25 Der BFH hat mehrfach entschieden, dass mit der schenkweisen Einräumung einer Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil, die nicht alle Voraussetzungen einer atypischen Unterbeteiligung erfüllt, noch kein Vermögensgegenstand zugewendet wird, über den der Empfänger schon tatsächlich und rechtlich verfügen kann39. Dem Empfänger werden in diesem Fall lediglich Rechtsansprüche in Gestalt eines Bündels schuldrechtlicher Ansprüche gegen den Schenker eingeräumt. Eine Bereicherung des Empfängers erfolge erst dann, wenn ihm aus der Unterbeteiligung tatsächlich Gewinnausschüttungen und Liquidationserlöse zufließen. Diese Zuwendung sei aufschiebend bedingt (§ 4 BewG). Die Schenkung sei dementsprechend erst mit der Ausschüttung der Gewinne bzw. der Auskehrung der Erlöse ausgeführt (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). 36 Zur ertragsteuerlichen Anerkennung von (schenkweise) eingeräumten Beteiligungen unter Angehörigen siehe u.a. BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, BFH/NV 2003, 1547; BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BStBl. II 1994, 635 = ZEV 1994, 256 = DB 1994, 1449 = BB 1994, 1483 = NJW 1995, 77; BFH v. 31.5.1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 10 = DB 1989, 2513 = NJW 1990, 1622; BFH v. 19.9.1974 – IV R 95/73, BStBl. II 1975, 141 = DB 1975, 429 = BB 1975, 166 = DStR 1975, 289. 37 Siehe dazu allgemein BFH v. 25.10.1995 – II R 45/92, BStBl. II 1996, 11, und Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, § 7 ErbStG Rz. 177 m.w.N. (Stand: Juni 2017). 38 So hinsichtlich der rückwirkenden Zuwendung eines Kommanditanteils BFH v. 24.7.1963 – II 207/61, BStBl. III 1963, 442. Siehe auch BFH v. 1.7.1992 – II R 107/88, BFH/NV 1993, 54. 39 BFH v. 18.9.2013 – II R 63/11, BFH/NV 2014, 349 = GmbHR 2014, 270 m. Anm. Milatz = MittBayNot 2014, 564 m. Anm. Ziegler; BFH v. 16.1.2008 – II R 10/06, BStBl. II 2008, 631 = DStR 2008, 768 = GmbHR 2008, 501 = ZEV 2008, 252 m. Anm. Hübner = BB 2008, 1160 m. Anm. Zipfel. Ausführlich zum Ganzen Fumi in v. Oertzen/Loose, § 9 ErbStG Rz. 94 ff. und Rz. 151; Gottschalk in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 9 ErbStG Rz. 76 ff. und Rz. 82 (Stand: Juni 2017).

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Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.28 § 27

Diese Rechtsprechung kann allerdings nicht uneingeschränkt überzeugen, da sie zwischen dem Gegenstand der Zuwendung und dem Zeitpunkt der Ausführung nicht hinreichend unterscheidet40. Gegenstand der schenkweisen Zuwendung war in den entschiedenen Fällen offenbar keine atypische Unterbeteiligung. Dies schließt aber nicht aus, dass eine typische Unterbeteiligung zugewendet worden ist (vom BFH als ein Bündel schuldrechtlicher Ansprüche bezeichnet). Die typische Unterbeteiligung ist für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer wie eine Kapitalforderung zu behandeln. Die Zuwendung dieser Kapitalforderung ist aber bereits erfolgt. Der Erwerber kann über diese Forderung frei verfügen und erzielt insoweit eigene Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Die Schenkung der typischen Unterbeteiligung ist somit ausgeführt (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) und die Schenkungsteuer bereits entstanden. Eine steuerliche Verschonung des Erwerbs (nach §§ 13a, 13b ErbStG) erfolgt allerdings nicht, da die typische Unterbeteiligung nicht zum begünstigten Betriebsvermögen gehört.

27.26

4. Bewertung a) Grundlagen und Rechtsentwicklung Die für die Höhe der subjektiven Steuerpflicht maßgebliche Bewertung zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage richtet sich grundsätzlich nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes (§ 12 ErbStG).41 Bei der Bewertung von Kapitalforderungen geht das Gesetz dabei vom Nennwert aus (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG). Bei der Bewertung von Betriebsvermögen ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend (§ 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. § 109 Abs. 1, § 11 Abs. 2 BewG). Eine Einzelbewertung der Wirtschaftsgüter ist dabei (anders als früher) nur noch zur Bestimmung des Mindestwertes heranzuziehen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG).

27.27

Die heutigen Regelungen beruhen auf dem Beschluss des BVerfG aus dem Jahr 200642. Die bis Ende 2008 geltenden Bewertungsvorschriften, insbesondere auch von unternehmerischem Vermögen haben den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht entsprochen. Die Neuregelung führt indes in zahlreichen Fällen zu einer erheblichen Überbewertung, so dass ihre Verfassungsmäßigkeit durchaus fraglich ist. Dies gilt insbesondere für das vereinfachte Ertragswertverfahren (§§ 199 ff. BewG), die Mindestbewertung mit dem Substanzwert (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG) und die Abweichungen vom gemeinen Wert (§ 9 Abs. 2 und 3 BewG)43.

27.28

40 Kritisch auch Hübner, ZEV 2008, 254. 41 Zu den Bewertungsfragen siehe auch die ausführliche Stellungnahme der Finanzverwaltung in R B 9 ff. ErbStR 2019. 42 BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BStBl. II 2007, 192 = DStR 2007, 235 = ZEV 2007, 76 m. Anm. Piltz = NJW 2007, 573 m. Anm. Meincke. 43 Ausführlich dazu u.a. Landsittel, ZErb 2015, Sonderbeilage 1/2015, S. S3; Lüdicke, J., DB 2015, Heft 1/2, M5; Piltz, DStR 2015, 97 (101); Steger/Königer, BB 2015, 157 (164 f.); Viskorf, H.-U., DB 2015, Heft 17, M5, und bereits vor der Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 2014, Pauli, DB 2014, 1393; Welling/Kambeck, DB 2014, 2731.

Wachter | 931

§ 27 Rz. 27.29 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

27.29 Bei der Frage nach der Bewertung der stillen Beteiligung an einem Unternehmen lassen sich grundsätzlich vier verschiedene Konstellationen unterscheiden: Zunächst ist in steuerrechtlicher Hinsicht danach zu differenzieren, ob es sich um eine typische stille Gesellschaft oder um eine (im steuerrechtlichen Sinne) atypische stille Gesellschaft44 (und somit um eine Mitunternehmerschaft) handelt. Bei der typischen stillen Gesellschaft ist die zweite Unterscheidung danach vorzunehmen, ob der Erwerber Inhaber einer stillen Beteiligung an einem Unternehmen wird (Besteuerung des stillen Gesellschafters) oder ob der subjektiv steuerpflichtige Erwerber Inhaber des Unternehmens wird, an dem eine stille Beteiligung besteht (Besteuerung des Inhabers). Bei der atypischen stillen Gesellschaft wäre eine solche Unterscheidung auch denkbar, jedoch dient im Fall der Mitunternehmerschaft (über den Verweis des § 109 Abs. 1 BewG) die stille Gesellschaft selbst als Subjekt für die Ermittlung und Feststellung des Werts, welcher dann auf die Gesellschafter aufzuteilen ist (Transparenzprinzip der § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, § 97 Abs. 1a BewG). Die Bewertung der Anteile läuft insoweit parallel und wird im Folgenden gemeinsam behandelt. b) Typisch stille Gesellschaft aa) Besteuerung des stillen Gesellschafters

27.30 Der stille Gesellschafter hat gegen den Inhaber einen Anspruch auf Auszahlung seines Gewinnanteils und – nach Auflösung der Gesellschaft – auf Rückzahlung der Einlage. Die Rückzahlung erfolgt zum Nennwert, sofern nichts anderes vereinbart ist und die Einlage nicht infolge einer Verlustbeteiligung gemindert ist. Wirtschaftlich betrachtet stellt sie eine Kapitalforderung dar, die statt einer festen Verzinsung oder neben einer solchen mit einer der Höhe nach schwankenden Gewinnbeteiligung ausgestattet ist. Demzufolge wird sie bewertungsrechtlich als Kapitalforderung behandelt45. Im Übrigen ist bei der Bewertung danach zu unterscheiden, ob die stille Beteiligung zum Betriebs- oder zum Privatvermögen gehört. 27.31 Bei Kapitalforderungen, die zu einem Betriebsvermögen gehören, findet seit 2009 keine eigenständige Bewertung der typischen stillen Beteiligung mehr statt. Vielmehr wird das Betriebsvermögen, zu welchem die typische stille Beteiligung gehört, im Wege der Gesamtbewertung mit ihrem gemeinen Wert bewertet (§§ 109, 11 Abs. 2 BewG). 44 Zur Ausgestaltung des atypischen stillen Gesellschafters als Mitunternehmer i.S. des Steuerrechts siehe Kolberg in Formularbuch Recht und Steuern, 9. Aufl. 2018, Teil A 14.03, S. 874 ff. Rz. 6 und Teil A 14.02 S. 862 ff. Rz. 11 ff.; Lasa, ZEV 2010, 433 (437 ff.) und (mit Formulierungsvorschlägen) Peters in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögensund Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 2017, Abschnitt A. 2.61 ff., Rz. 7 ff., S. 381 ff. 45 Eisele in Rössler/Troll, § 12 BewG Rz. 49 ff. (Stand: April 2017); Gebel in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 7 ErbStG Rz. 121 ff. (Stand: Juli 2015); Geck in Kapp/Ebeling, § 12 ErbStG Rz. 140 ff. (Stand: Juni 2018); Horn in Fischer/Pahlke, 6. Aufl. 2017, § 12 ErbStG Rz. 110 ff.; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 12 ErbStG Rz. 111 f. (Stand: Dezember 2018); Lasa, ZEV 2010, 433 (438 f.); Mannek in v. Oertzen/Loose, § 12 BewG Rz. 23 ff.; Meincke/Hannes/Holtz, 17. Aufl. 2018, § 12 ErbStG Rz. 28 ff.; Viskorf, H.-U. in Viskorf/Schuck/Wälzholz, ErbStG/BewG, 5. Aufl. 2017, § 12 BewG Rz. 64 ff.

932 | Wachter

Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.37 § 27

Die stille Beteiligung, die zum Privatvermögen gehört, ist als Kapitalforderung mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG; R B 12.1 und R B 12.4 Satz 1 ErbStR 2019). Diese Vorschriften sind durch die Reform des ErbStG in den Jahren 2009 und 2016 nicht geändert worden. Es ist daher davon auszugehen, dass auch in Zukunft die bisher geltenden und im Folgenden ausgeführten Grundsätze für die Bewertung der typischen stillen Beteiligung bei typisch stillen Gesellschaften anzuwenden sind.

27.32

Eine Forderung, die uneinbringlich ist, bleibt bei der Bewertung außer Ansatz (§ 12 Abs. 2 BewG). Dies ergibt sich daraus, dass bei Vorliegen von besonderen Umständen eine Abweichung vom Nennwert notwendig ist.

27.33

Eine über den Nennwert hinausgehende Bewertung hingegen kann geboten sein, wenn die Kapitalforderung auf längere Zeit einen besonders hohen Ertrag verspricht und Verluste aller Voraussicht nach nicht entstehen können. Das trifft insbesondere auf stille Beteiligungen mit hohen Gewinnaussichten oder mit Ausschluss der Teilnahme am Verlust zu, vorausgesetzt, dass gegen ihre Sicherheit keine Bedenken bestehen46.

27.34

Der Wert der stillen Beteiligung wird aber nicht nur durch die anteilsmäßige Höhe der Gewinnbeteiligung, sondern auch durch die Ertragsaussichten und durch sonstige Bedingungen beeinflusst, die für die Vermögenseinlage und für die Gewinnbeteiligung maßgebend sind (Teilnahme oder Nichtteilnahme am Verlust, Möglichkeit der Zurückziehung der Einlage usw.).

27.35

Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes stellt eine hohe Gewinnbeteiligung, die eine feste Verzinsung der Einlage von 4 % jährlich garantiert und zusätzlich 6 % des Jahresgewinns gewährt, in Verbindung mit einem Ausschluss der Verlustteilnahme einen Grund dar, die stille Einlage über die Höhe des Nennwertes hinaus zu bewerten. Wesentlich soll dabei auch und vor allem die künftige Entwicklung des Handelsgeschäfts und der Gewinnaussichten für die voraussichtliche Dauer der stillen Gesellschaft sein47. Ferner spielen auch die Rücklagen eine Rolle. Wenn der stille Gesellschafter auch regelmäßig nicht an ihnen beteiligt ist, sind sie doch auf den Wert der Einlage nicht ohne Einfluss, da sie die Ertragsaussichten des Unternehmens zu beeinflussen vermögen und die stille Beteiligung ihren Wert in dem daraus zu erwartenden Gewinnanteil hat48.

27.36

Der BFH hat als zusätzliche Voraussetzung für eine höhere Bewertung gut rentierlicher stiller Einlagen mit Recht die Vereinbarung einer längeren Laufzeit gefordert49. Hohe Gewinnaussichten können eine Bewertung über den Nennwert nur dann rechtfertigen, wenn dem stillen Gesellschafter eine Rechtsposition eingeräumt worden ist,

27.37

46 RFH v. 14.3.1935 – III e A 90/33, RStBl. 1935, 906; RFH v. 26.11.1936 – III e A 67/36, RStBl. 1937, 6; RFH v. 13.10.1938 – III e 41/38, RStBl. 1939, 462. 47 RFH v. 2.12.1930 – I e A 106/30, RStBl. 1931, 357. 48 RFH v. 26.1.1936 – III e A 67/36, RStBl. 1937, 6. 49 BFH v. 21.1.1966 – III 116/61, BFHE 86, 273; BFH v. 7.5.1971 – III R 7/69, BFHE 102, 407 = BStBl. II 1971, 642. So auch die Finanzverwaltung in R B 12.4 Satz 2 ErbStR 2019.

Wachter | 933

§ 27 Rz. 27.37 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

die die Gewähr dafür bietet, dass er sein festgelegtes Kapital auch für einige Zeit ungestört arbeiten lassen kann, um die Voraussetzungen für die Verwirklichung der Gewinnaussichten zu schaffen. Das ist nicht der Fall, wenn die Kapitaleinlage des stillen Gesellschafters jederzeit zurückgezahlt werden kann, wie dies nach der gesetzlichen Regelung (§ 234 Abs. 1 Satz 1, § 132 HGB) unter Einhaltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist zum Geschäftsjahresende möglich ist. Bei einer auf unbestimmte Zeit eingegangenen stillen Gesellschaft, deren Kündigung (gegenüber § 234 Abs. 1 Satz 1, § 132 HGB) nicht erschwert ist, kommt eine Bewertung über dem Nennwert daher regelmäßig auch bei hohen Gewinnanteilsvereinbarungen nicht in Betracht. Eine solche ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vielmehr nur dann in Erwägung zu ziehen, wenn die stille Gesellschaft nach den Verhältnissen des Veranlagungszeitpunktes für eine Dauer von mindestens vier Jahren – nach Ansicht der Finanzverwaltung von mehr als fünf Jahren – besteht50. Bei der Beurteilung der Langfristigkeit ist aber nicht allein und ausschließlich auf die formelle Kündigungsmöglichkeit abzustellen. In Anlehnung an die Bewertung von Kapitalforderungen51, müssen vielmehr auch andere, am Bewertungsstichtag erkennbare Tatsachen berücksichtigt werden, die die Annahme der Langfristigkeit rechtfertigen. Solche Umstände können nahe Verwandtschaft, Ehegattenverhältnis, besondere betriebliche Verhältnisse und die Angebotslage hinsichtlich vergleichbarer Kapitalanlagen sein. Im Einzelfall dürfte eine höhere Bewertung auch dann möglich sein, wenn zwar formal eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit besteht, aber sich aus bestimmten objektiven Umständen ergibt, dass eine langfristige Anlage gewollt ist. Ebenso ist statt der formellen Kündigungsfristen bei der Beurteilung der Langfristigkeit die Laufzeit zu berücksichtigen, die nach den Umständen am Stichtag zu erwarten ist.

27.38 Für die Beurteilung der Frage, ob eine die Höherbewertung rechtfertigende hohe Verzinsung vorliegt, kann auf die Praxis bei der Bewertung von Kapitalforderungen zurückgegriffen werden, wo die Grenze bei 9 % angesetzt ist. Eine entsprechende Modifikation sehen die Richtlinien der Finanzverwaltung vor (R B 12.4 und R B 103.2 Abs. 4 ErbStR 2019). Danach gilt Folgendes: Liegt der Durchschnittsertrag über 9 %, ist der Nennwert der Einlage um das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen dem Durchschnittsertrag und einer Verzinsung von 9 % zu erhöhen52. Der Faktor fünf trägt der Tatsache Rechnung, dass ein in Raten anfallender Vermögensvorteil weniger wert ist als ein sofort realisierbarer Vorteil53. Der Durchschnittsertrag ist dabei möglichst aus den Gewinnanteilen der letzten drei vor dem Besteuerungszeitpunkt endenden Wirtschaftsjahre herzuleiten. 27.39 Es ist jedoch zu beachten, dass es keine starre, fortwährend gültige Grenze geben kann. Vielmehr ist jeweils zu fragen, welchen Ertrag vergleichbare Anlagen zum Bewer50 BFH v. 7.5.1971 – III R 76/69, BFHE 102, 407 = BStBl. II 1971, 642, sowie die Finanzverwaltung in R B 12.4 Satz 6 ErbStR 2019. 51 Hierzu BFH v. 10.2.1982 – II R 3/80, BStBl. II 1982, 351; BFH v. 22.3.2001 – II B 77/00, BFH/NV 2001, 1103. 52 Siehe dazu das Berechnungsbeispiel in H B 12.4 ErbStR 2019. 53 Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 12 ErbStG Rz. 111 (Stand: Dezember 2018); Viskorf, H.-U. in Viskorf/Schuck/Wälzholz, ErbStG/BewG, 5. Aufl. 2017, § 12 BewG Rz. 65.

934 | Wachter

Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.43 § 27

tungszeitpunkt bringen, und es sind die Risiken zu berücksichtigen, die durch die Vergütung abgegolten werden sollen54. Daher muss sich die Beurteilung der besonders guten Rentabilität auch und vor allem am allgemeinen Zinsniveau orientieren. Bei starker Veränderung muss die Grenze des besonders hohen Ertrages, der eine Bewertung über dem Nennwert rechtfertigen soll, entsprechend angepasst werden. Bei dem derzeit (Stand: 2019) niedrigen Zinsniveau dürfte die Grenze von 9 % zu hoch angesetzt sein. Es können andererseits Gründe vorliegen, die eine Bewertung der stillen Beteiligung unter ihrem Nennwert rechtfertigen. Hier ist daran zu denken, dass der stille Gesellschafter vertraglich verpflichtet ist, die ihm zustehenden Gewinnanteile für längere Zeit im Geschäft des Inhabers zu belassen, dass er in der Verfügung über dieselben beschränkt55 oder dass infolge der wirtschaftlichen Verhältnisse des Inhabers zweifelhaft ist, ob er seine Vermögenseinlage bei Auflösung der Gesellschaft zurückerhalten wird. Die Beurteilung hängt von den tatsächlichen Verhältnissen am Bewertungsstichtag ab. Es sind jedoch auch solche Umstände zu berücksichtigen, die am Stichtag dem Grunde nach schon vorlagen, aber erst nach dem Stichtag bekannt geworden sind56. Schwierigkeiten in der Beurteilung der Rechtslage sind dagegen kein besonderer Umstand, der einen Abschlag rechtfertigt57. Die Tatsache, dass bei der Ausschüttung der Gewinnanteile an den stillen Gesellschafter Kapitalertragsteuer einzubehalten ist, ist ebenfalls kein besonderer Umstand, der eine Bewertung der Forderung unter dem Nennwert rechtfertigt58.

27.40

Ist der stille Gesellschafter auch am Verlust des Handelsgewerbes beteiligt führt dies zu einem Bewertungsabschlag, soweit die Verluste am Bewertungsstichtag noch bestehen und nicht durch Gewinne wieder ausgeglichen worden sind59.

27.41

Nach Auffassung der Finanzverwaltung (R B 12.4 Satz 3 ErbStR 2019) ist der Nennwert der Einlage zu mindern, wenn der Durchschnittsertrag unter 3 % liegt und die Kündbarkeit der Einlage am Bewertungsstichtag für längere Zeit ausgeschlossen ist. Der Nennwert ist dann i.H. des Fünffachen des Unterschiedsbetrags zwischen der Verzinsung von 3 % und dem Durchschnittsertrag zu mindern. Für den Durchschnittsertrag sind die Gewinnanteile der letzten drei vor dem Besteuerungszeitpunkt endenden Wirtschaftsjahre maßgebend.

27.42

Eine Vermögenseinlage, deren dingliche Sicherheit zur Befriedigung des stillen Gesellschafters ausreicht, ist in der Regel voll anzusetzen, auch wenn der Inhaber bei Auflösung der Gesellschaft voraussichtlich Schwierigkeiten in der Beschaffung der erfor-

27.43

So auch BFH v. 10.2.1982 – II R 3/80, BStBl. II 1982, 351 (für Kapitalforderungen). RFH v. 14.3.1935 – III e A 90/33, RStBl. 1935, 906. RFH v. 10.2.1938 – III 215/37, RStBl. 1938, 537. BFH v. 1.9.1961 – III 15/60 U, BStBl. III 1961, 493. BFH v. 15.12.1967 – III R 49/67, BFHE 91, 427 = BStBl. II 1968, 340; FG Nürnberg v. 24.11.1964 – IV 83/64, EFG 1965, 262. 59 Eisele in Rössler/Troll, § 12 BewG Rz. 50 (Stand: April 2017); Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 12 ErbStG Rz. 112 (Stand: Mai 2018); Viskorf, H.-U. in Viskorf/ Schuck/Wälzholz, ErbStG/BewG, 5. Aufl. 2017, § 12 BewG Rz. 65. 54 55 56 57 58

Wachter | 935

§ 27 Rz. 27.43 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

derlichen Barmittel haben wird60. Eine Bewertung unter dem Nennwert wäre nur berechtigt, wenn der stille Gesellschafter trotz der dinglichen Sicherung mit Verlusten rechnen muss. Unsichere Forderungen sind mit ihrem wahrscheinlichen Wert anzusetzen, der nach den voraussehbaren Umständen mutmaßlich zu erhalten sein wird.

27.44 Besteht die Einlage des stillen Gesellschafters u.a. in der Erbringung von Diensten, so muss für die Bewertung der stillen Einlage der Jahresertrag um den darin enthaltenen Wert der von dem stillen Gesellschafter in Erfüllung des Gesellschaftsvertrags erbrachten Dienste gekürzt werden61. Als angemessen ist das Gehalt anzusehen, das einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft gezahlt werden kann, ohne dass verdeckte Gewinnausschüttung angenommen wird. 27.45 Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Bewertung der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters mit dem Betrag zu erfolgen hat, den ein vorsichtig rechnender Kaufmann unter verständiger Berücksichtigung aller werterhöhenden und wertmindernden Umstände am Bewertungsstichtag für die Beteiligung zahlen würde62. bb) Besteuerung des Inhabers

27.46 Durch das Erbschaftsteuerreformgesetz wurde für alle Steuersachverhalte ab dem 1.1.2009 die Einzelbewertung von Wirtschaftsgütern abgeschafft und durch eine Gesamtbewertung des Unternehmens mit dem gemeinen Wert ersetzt (§ 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. § 109 Abs. 1, § 11 Abs. 2 BewG). Die Bewertung der typischen stillen Gesellschaft spielt daher beim Erwerb eines Unternehmens grundsätzlich keine eigenständige Rolle mehr, da sich der Unternehmenswert nach dem Ertragswert bemisst (§ 109, § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG). Falls es dennoch auf eine substanzielle Bewertung der stillen Beteiligung ankommt (beispielsweise als Untergrenze beim Ertragswertverfahren gemäß § 109, § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG), dürften die bisher geltenden Grundsätze weiter Beachtung finden. c) Atypisch stille Gesellschaft

27.47 Bei der atypischen stillen Gesellschaft bestimmt sich der Wert der Beteiligung nach denselben Grundsätzen, wie der Wert des Anteils an einer OHG oder KG.63 Als mitunternehmerische Personengesellschaft ist zunächst der Wert der Bewertungsein60 61 62 63

RFH v. 6.2.1933 – III A 420/32, RStBl. 1933, 217. FG Köln v. 4.11.1982 – III (XIV) 479/77 V, EFG 1983, 479. RFH v. 14.3.1935 – III e A 90/33, RStBl. 1935, 906. Zur (weitgehenden) Gleichstellung der atypischen stillen Gesellschaft mit den sonstigen ertragsteuerlichen Mitunternehmerschaften (Behandlung der atypischen stillen Gesellschaft als „fiktive KG“ im Innenverhältnis) siehe BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 518 = DStR 2017, 255 = GmbH-StB 2017, 107 m. Anm. Weiss, ausführlich dazu Paus, EStB 2017, 284; Suchanek, GmbHR 2017, 292, und nachfolgend BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BStBl. II 2018, 587 = DStR 2018, 1277 = GmbHR 2018, 690 = FR 2018, 797 m. Anm. M. Wendt = BB 2018, 1456 m. Anm. Heß = GmbH-StB 2019, 1 m. Anm. Weiss (eigenes Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes während des Bestehens einer atypisch stillen Gesellschaft).

936 | Wachter

Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.51 § 27

heit Gewerbebetrieb zu ermitteln (nach § 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. § 95 Abs. 1, § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG i.V.m. § 15 Abs. 3 EStG) und sodann auf den atypischen stillen Beteiligten und den Inhaber des Handelsgeschäftes (nach Maßgabe des § 97 Abs. 1a BewG) aufzuteilen64. Beim Gewerbebetrieb einer atypischen stillen Gesellschaft als „andere Gesellschaft“ (i.S. des § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) ist das gesamte Gemeinschaftsvermögen dem Betriebsvermögen zuzurechnen. Auch das Sonderbetriebsvermögen wird dem Betriebsvermögen zugerechnet, soweit es bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehört (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 BewG). Dabei sind die Wirtschaftsgüter, die im Vermögen von Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BewG) stehen, nicht ausgenommen. Bei der GmbH & Still wird also auch das Sonderbetriebsvermögen der GmbH dem Betriebsvermögen zugerechnet. Die Grundsätze für die atypische stille Gesellschaft gelten damit auch unterschiedslos für die GmbH & Still.

27.48

Für den Bestand und die Bewertung des Betriebsvermögens sind die Verhältnisse zur Zeit der Entstehung der Steuerschuld maßgebend (§ 12 Abs. 1 ErbStG). Demnach ist für den Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung eine Vermögensaufstellung zu errichten, um das (Sonder-)Betriebsvermögen des Inhabers und etwaiges Sonderbetriebsvermögen des atypischen stillen Gesellschafters zu ermitteln.

27.49

Seit dem 1.1.2009 ist das Betriebsvermögen mit dem gemeinen Wert zu bewerten (§ 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. § 109 Abs. 2, § 11 Abs. 2 BewG). Dies gilt auch für die atypische stille Gesellschaft (§ 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. § 151, § 109 Abs. 2, § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Maßgeblich für die Bewertung der stillen Beteiligung ist daher der Veräußerungserlös aus Verkäufen zwischen fremden Dritten bzw., sollten solche mehr als ein Jahr zurückliegen, der hypothetische Veräußerungswert, wobei der Substanzwert die Untergrenze bildet (§ 109 Abs. 2, § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG)65. Die Bewertung des hypothetischen Veräußerungserlöses ist unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der stillen Gesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln (§ 109 Abs. 2, § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG)66.

27.50

Im Ergebnis enthält das Gesetz damit eine unwiderlegliche Vermutung, dass zeitnahe Verkäufe in der Vergangenheit den zutreffenden Marktwert zum Bewertungsstich-

27.51

64 Eisele in Rössler/Troll, § 97 BewG Rz. 11, 12, 15 und 26 ff. (Stand: November 2014); Gebel in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 7 ErbStG Rz. 121 ff. (Stand: Juli 2015) und § 12 ErbStG Rz. 854 ff. (Stand: September 2013); Kolberg in Formularbuch Recht und Steuern, 9. Aufl. 2018, Teil A 14.01, S. 847 ff., Rz. 23 ff.; Peters in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 2017, Abschnitt A. 2.61 ff., Rz. 20, S. 384 und Rz. 45, S. 390, sowie Abschnitt A. 2.63, Rz. 5, S. 401; Wälzholz in Viskorf/ Schuck/Wälzholz, ErbStG/BewG, 5. Aufl. 2017, § 97 BewG Rz. 10, 18 und 37. 65 Zur Methodenkonkurrenz für die Wertermittlung nach dem Erbschaftsteuerreformgesetz grundlegend u.a. Piltz, Ubg 2009, 13; Viskorf, H.-U., ZEV 2009, 591. 66 Siehe dazu auch R B 199.1 ErbStR 2019.

Wachter | 937

§ 27 Rz. 27.51 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

tag richtig widerspiegeln67. Haben keine zeitnahen Verkäufe stattgefunden, orientiert sich die Bewertungsmethode für erbschaftsteuerliche Zwecke an den auch außersteuerlich maßgeblichen Bewertungsmethoden der beteiligten Wirtschaftskreise. Der Gesetzgeber greift mit der Ertragswertmethode auf den empirischen Befund zurück, dass die Praxis für Beteiligungen an großen Gesellschaften den Wert ohnehin aus dem eingesetzten Kapital ableitet, das ein Investor einsetzen würde, um aus seinem Investment eine angemessene Rendite zu erzielen. Die Ertragswertmethode ist aber nach Ansicht des Gesetzgebers nicht für die Bewertung jedes Unternehmens geeignet bzw. am jeweiligen Markt üblich. Würden in solchen Fällen andere gebräuchliche Bewertungsmethoden zur Preisbildung angewandt, so müsse dies auch das Steuerrecht respektieren. Alternative Methoden seien vor allem vergleichsorientierte Methoden und Multiplikatorenmethoden. Um Schätzungsunschärfen, die zulasten des Steuerpflichtigen gehen würden, zu vermeiden, solle auf die Sicht eines gedachten Käufers abgestellt werden, da dieser im Unterschied zum Verkäufer bemüht sein wird, den Preis möglichst niedrig zu halten. Nach der Begründung zum Regierungsentwurf soll derjenige die Feststellungslast, ob eine derartige Methode anstelle der Ertragswertmethode anwendbar ist, tragen, der sich jeweils darauf beruft. Aus dem Gesetzentwurf ging dies zwar nicht unmittelbar hervor, folgt aber aus grundsätzlichen systematischen Erwägungen unter Berücksichtigung des Gesetzgebungsverfahrens, nach denen prinzipiell die Ertragswertmethode anwendbar sein soll. Dies gilt sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für das Finanzamt.

27.52 Besondere Bedeutung für die Bewertung der atypischen stillen Beteiligung kommt dem vereinfachten Ertragswertverfahren zu (§§ 199 ff. BewG i.V.m. R B 199.1 ErbStR 2019). Für die Ermittlung des gemeinen Wertes von Betriebsvermögen kann das vereinfachte Ertragswertverfahren angewendet werden, wenn es nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt (§ 199 Abs. 2 BewG). Hierzu ist der zukünftig nachhaltig erzielbare Jahresertrag der atypischen stillen Gesellschaft mit einem Kapitalisierungsfaktor zu multiplizieren (§ 200 Abs. 1 BewG).68 27.53 Der nachhaltig erzielbare Jahresertrag ist in der Regel aus dem Durchschnitt der Betriebsergebnisse der letzten vor dem Bewertungsstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahre herzuleiten (§ 201 Abs. 1 BewG). Die maßgeblichen Betriebsergebnisse wiederum sind aus dem Gewinn (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG) herzuleiten und dafür um bestimmte Hinzurechnungen und Abzüge zu bereinigen (siehe § 202 BewG). 27.54 Der Kapitalisierungsfaktor ist gesetzlich geregelt (§ 203 BewG). Seit dem 1.1.2016 gilt (rückwirkend69) ein einheitlicher Kapitalisierungsfaktor von 13,75 (§ 203 BewG n.F.; siehe dazu R B 203 ErbStR 2019).70 Die Zulässigkeit der Rückwirkung ist bislang un67 Begründung zum Regierungsentwurf, BR-Drucks. 4/08, S. 61 ff. 68 Ausführlich zum Ganzen die praxisbezogene Gesamtdarstellung von Kowanda, Vereinfachtes Ertragswertverfahren, 2017 (mit zahlreichen Beispielen). 69 Zur zeitlichen Anwendbarkeit siehe § 205 Abs. 11 BewG. Ausführlich zur Rechtsentwicklung und der Neuregelung Mannek in v. Oertzen/Loose, § 203 BewG Rz. 4 ff. 70 Oberste Finanzbehörden der Länder, Gleich lautende Erlasse v. 11.5.2017, BStBl. I 2017, 751 = DStR 2017, 1165 = DB 2017, 1180 = ZEV 2017, 356 (Anwendung des § 203 BewG). Ausführlich dazu Eisele, NWB 26/2017, 1948; Zwirner/Vodermeier, DB 2016, 2983.

938 | Wachter

Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.60 § 27

geklärt und umstritten. Bis zum 31.12.2015 galt: Der Kapitalisierungsfaktor ist der Kehrwert des maßgeblichen Kapitalisierungszinssatzes. Der Kapitalisierungszinssatz setzt sich zusammen aus einem Basiszins, welcher aus der langfristig erzielbaren Rendite öffentlicher Anleihen abzuleiten ist und vom Bundesministerium der Finanzen im Bundesteuerblatt veröffentlicht wird, und einem Zuschlag von 4,5 %. Daraus ergab sich für das Jahr 2016 ein Kapitalisierungsfaktor von 17,86. Untergrenze für die Bewertung von Betriebsvermögen ist stets der Substanzwert, also die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden (§ 11 Abs. 2 Satz 3 BewG).

27.55

Für die Besteuerung des Inhabers des Unternehmens gelten diese Ausführungen zur Bewertung des Betriebsvermögens entsprechend.

27.56

Der Wert des Betriebsvermögens wird dem stillen Gesellschafter anteilig zugerechnet (§ 97 BewG). Dabei sind das Gesamthandvermögen und das Sonderbetriebsvermögen getrennt zu bewerten. Der Ertragswert des Gesamthandvermögens ist zunächst anhand der Kapitalkonten aus der Gesamthandelsbilanz zu verteilen. Der nach Abzug der Kapitalkonten verbleibende Restwert ist sodann anhand des Gewinnverteilungsschlüssels aufzuteilen. Aus der Summe aus dem anteiligen Wert des Gesamthandvermögens und dem gemeinen Wert des Sonderbetriebsvermögens ergibt sich der gemeine Wert der Beteiligung.

27.57

Für die atypische stille Gesellschaft ergibt sich das Problem, dass weder eine Gesamthandelsbilanz noch ein Gesamthandsvermögen der stillen Gesellschaft besteht. Ausgangspunkt für die Zurechnung dürfte daher die Handelsbilanz des Inhabers und das steuerliche Sonderbetriebsvermögen der Beteiligten sein.

27.58

5. Verschonung von unternehmerischem Vermögen a) Grundlagen und Rechtsentwicklung Im deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht gibt es seit über zwei Jahrzehnten besondere Regelungen für den Erwerb von unternehmerischem Vermögen. Ziel ist die Erleichterung der Unternehmensnachfolge.

27.59

Der Gesetzgeber hat diese Zielsetzung bereits in einem Gesetzentwurf aus dem Jahr 2006 wie folgt zum Ausdruck gebracht (BR-Drucks. 778/06, S. 1, 13 f. und 22 ff.):

27.60

„Ziel des Gesetzes ist die Erhaltung und Sicherung von Unternehmen als Garanten von Arbeitsplätzen, als Stätten des produktiven Wachstums und in ihrer gesellschaftlichen Funktion als Ort beruflicher und sozialer Qualifikation. Die Generationenfolge in Unternehmen soll deshalb von der Erbschaft- und Schenkungsteuer entlastet werden unter der Voraussetzung, dass von Todes wegen oder zu Lebzeiten übergehende Unternehmen von den Nachfolgern fortgeführt werden. Die vorgeschlagenen Regelungen gehen in ihrer Entlastungswirkung über das bisherige Recht (Freibetrag, Bewertungsabschlag und Tarifbegrenzung für unternehmerisches Vermögen) hinaus. Sie sollen jedoch zielgenauer wirken und missbräuchliche Gestaltungen und Mitnahmeeffekte verhindern. Wesentliches Merkmal der Neuregelung ist, dass die Entlas-

Wachter | 939

§ 27 Rz. 27.60 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft tungen mit der Voraussetzung der Betriebsfortführung, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vergleichbar sein muss, auch an den Erhalt von Arbeitsplätzen gekoppelt werden.“

27.61 Diese Zielsetzung ist auch zwanzig Jahre später immer noch aktuell. Im Rahmen der Erbschaftsteuerreform 2016 hat die Bundesregierung ihren Gesetzentwurf wie folgt begründet (BT-Drucks. 18/5923, S. 16 ff.): „Ziel des Gesetzes ist, eine verfassungskonforme Verschonung betrieblichen Vermögens bei der Übertragung durch Erbschaft oder Schenkung umzusetzen. (...). Die Verschonung betrieblichen Vermögens hat das Bundesverfassungsgericht (...) für geeignet, erforderlich und grundsätzlich angemessen angesehen. Zur Herstellung eines verfassungskonformen Zustands bedarf es der Änderung der einzelnen vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten Regelungen. Mit der Verschonung betrieblichen Vermögens von der Erbschaft- und Schenkungsteuer soll die im Betrieb angelegte Beschäftigung stabilisiert werden. Eine stabile Beschäftigung bildet die Basis für den Wohlstand breiter Bevölkerungsschichten. In diesem Zusammenhang sind nicht nur bestimmte Unternehmensstrukturen schützenswert, sondern die gesamte ausgewogene Unternehmenslandschaft in Deutschland, die sich vor allem in Krisenzeiten als Garant für den Erhalt der Beschäftigung und damit für den Wohlstand der Gesellschaft erwiesen hat. Dies gilt auf für die ca. 1,6 Millionen Gewerbetreibenden und selbstständig Tätigen ohne einen Beschäftigten, deren Tätigkeit im Falle der Fortführung des Betriebs durch einen Nachfolger nicht minder schützenswert ist. Es betrifft genauso Großaktionäre großer Betriebe, da nur diese für eine fortdauernde Tätigkeit des Betriebs von Deutschland aus und somit für Beschäftigung in Deutschland Sorge tragen können. Im besonderen Maße gilt dies aber für den breiten Mittelstand und die vielen inhaber- oder familiengeführten Betriebe, welche als Motor der deutschen Wirtschaft dienen. Sie sind teils in dünn besiedelten Regionen gewachsen, stärken dort die Wirtschaft und wirken der Abwanderung aus ländlichen Gebieten entgegen. Traditionelle Unternehmen werden vielfach seit Generationen fortgeführt und sichern über Jahrzehnte zahlreiche Arbeitsplätze. Durch ihr Engagement auch im sozialen und kulturellen Bereich sorgen sie für einen gesellschaftlichen Zusammenhalt in der jeweiligen Region. Die Sicherung der in den übergehenden Unternehmen vorhandenen Beschäftigung und die Bewahrung der typischen deutschen Unternehmenslandschaft machen es erforderlich, die Unternehmensnachfolge in Erb- und Schenkungsfällen in den vom Bundesverfassungsgericht (...) aufgezeigten Grenzen zu erleichtern. (...)“

27.62 Über die Zielsetzung der Erleichterung der Unternehmensnachfolge besteht seit langem Einigkeit. Dagegen wird über Art und Umfang der steuerlichen Begünstigung der Erwerber immer wieder kontrovers diskutiert. 27.63 Seit dem 1.7.2016 gilt nunmehr (stark vereinfacht) folgendes Verschonungskonzept:71 Das begünstigte Vermögen besteht grundsätzlich aus dem begünstigungsfähigen Vermögen abzüglich des (Netto-)Werts des Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 2 ErbStG).72

71 Siehe zum Ganzen die Ausführungen der Finanzverwaltung in R E 13a ff. ErbStR 2019 sowie die Kommentierungen zu §§ 13a ff. ErbStG. 72 Zu dem Risiko der 90 %-Grenze nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG siehe Brabender/Winter, ZEV 2017, 81.

940 | Wachter

Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.66 § 27

Zum begünstigungsfähigen Vermögen gehört das land- und forstwirtschaftliche Vermögen, das Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften von mehr als 25 % (alleine oder gepoolt mit anderen Gesellschaftern) (§ 13b Abs. 1 ErbStG). Nicht begünstigt ist das Verwaltungsvermögen. Das Verwaltungsvermögen besteht im Wesentlichen aus Dritten zur Nutzung überlassenen Grundstücken, Anteilen an Kapitalgesellschaften von 25 % oder weniger, Kunstgegenständen und Oldtimern, Wertpapieren sowie Finanzmitteln (nach Abzug von Schulden) (§ 13b Abs. 4 ErbStG). Die anteiligen Schulden sind von dem Verwaltungsvermögen abzuziehen (§ 13b Abs. 6 ErbStG). Das Verwaltungsvermögen unterliegt seit dem 1.7.2016 grundsätzlich der vollen Besteuerung. Die frühere Verwaltungsvermögensquote von 50 % bzw. 10 % ist entfallen. Das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ gilt nicht mehr. Der Erwerb des begünstigten Vermögens ist in Höhe von 85 % (Regelverschonung) bzw. 100 % (Optionsverschonung) steuerfrei (Verschonungsabschlag) (§ 13a Abs. 1 und 10 ErbStG). Dies gilt allerdings nur dann, wenn der Erwerb 26 Mio. Euro nicht übersteigt.

27.64

Beim Erwerb von kleinen Betrieben wird zusätzlich ein gleitender Abzugsbetrag von bis zu 150 000 Euro gewährt (§ 13a Abs. 2 ErbStG). Voraussetzung für die Gewährung des Verschonungsabschlags ist, dass der Erwerber die bisherige Lohnsumme in den 5 bzw. 7 Jahren nach dem Erwerb weitgehend fortführt und die gesetzlich vorgegebene Mindestlohnsumme nicht unterschreitet (§ 13a Abs. 3 ErbStG). Die Lohnsummenkontrolle findet keine Anwendung auf Betriebe mit nicht mehr als 5 Beschäftigten. Der Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag entfallen rückwirkend, wenn der Erwerber den Betrieb nicht mindestens 5 Jahre (Regelverschonung) bzw. 7 Jahre (Optionsverschonung) weitgehend unverändert fortführt (Behaltensregelungen) (§ 13a Abs. 6 ErbStG).

27.65

Für den Erwerb von Anteilen an bestimmten Familiengesellschaften wird ein VorabAbschlag von bis zu 30 % gewährt, wenn der Gesellschaftsvertrag bestimmte Entnahme-, Verfügungs- und Abfindungsbeschränkungen enthält (§ 13a Abs. 9 ErbStG).73

27.66

Erwerbern der Steuerklasse II und III können eine Tarifbegrenzung in Anspruch nehmen (§ 19a ErbStG). Im Erbfall hat jeder Erwerber begünstigten Vermögens einen Anspruch auf eine Stundung der Steuer für bis zu 7 Jahren (§ 28 Abs. 1 ErbStG).

73 Zu den zahlreichen Streitfragen im Zusammenhang mit den neuen Vorab-Abschlag für Familienunternehmen siehe u.a. Blumers, BB 2018, 865; Fechner/Thumbs in FS Crezelius, 2018, S. 523 ff.; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401; Knittel, ErbStB 2018, 339; Steger/Königer, BB 2016, 3099; Uhl-Ludäscher, ErbStB 2017, 42; Wälzholz, GmbH-StB 2017, 54; Watrin/ Linnemann, Ubg 2017, 461; Weber, DStZ 2017, 13; Weber/Schwind, ZEV 2016, 688; Wiedemann/Breyer, FuS 2018, 4 (Teil I), FuS 2018, 40 (Teil II) und FuS 2018, 88 (Teil III).

Wachter | 941

§ 27 Rz. 27.67 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

27.67 Bei Großerwerben von mehr als 26 Mio. Euro kann der Erwerber zwischen einem reduzierten Verschonungsabschlag (§ 13c ErbStG) und einem Steuererlass aufgrund einer individuellen Verschonungsbedarfsprüfung (§ 28a ErbStG) wählen.74 Ab einem Erwerb von begünstigtem Vermögen von 90 Mio. Euro wird der Verschonungsabschlag nicht mehr gewährt. Der Steuererlass gilt dagegen unabhängig von der Höhe des begünstigten Vermögens. 27.68 Schon dieser kurze Überblick zeigt, dass die Verschonungsregelungen kompliziert und streitanfällig sind. Für die Unternehmensnachfolge beinhalten die steuerlichen Verschonungsregelungen erhebliche Chancen und Risiken. Der Erwerb von begünstigtem Vermögen kann im Einzelfall vollständig (und der Höhe nach unbegrenzt) steuerfrei sein. Umgekehrt unterliegt der Erwerb von nicht begünstigtem Vermögen der vollen Besteuerung (mit Steuersätzen von bis zu 50 %). b) Typisch stille Gesellschaft

27.69 Die typische stille Beteiligung wird für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer als eine bloße Kapitalforderung behandelt.75 Demnach handelt es sich um kein begünstigtes Vermögen (§§ 13a, 13b ErbStG). Eine steuerliche Verschonung des Erwerbs erfolgt nicht76. c) Atypisch stille Gesellschaft aa) Betriebsvermögen

27.70 Die atypische stille Beteiligung wird steuerlich als Mitunternehmeranteil qualifiziert (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG77), so dass die Begünstigungen für Betriebsvermögen anwendbar sind (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG).78

74 Ausführlich zur Verschonungsbedarfsprüfung gemäß § 28a ErbStG bei Großerwerben Bruschke, ErbStB 2018, 268; Müller, Ubg 2018, 102; Königer, ZEV 2017, 556; Korezkij, DStR 2017, 189; Maier, ZEV 2017, 10. 75 Ein Formulierungsvorschlag für die schenkweise Einräumung einer stillen Beteiligung findet sich u.a. bei Kolberg in Formularbuch Recht und Steuern, 9. Aufl. 2018, Teil A 14.13, S. 893 ff. 76 Lasa, ZEV 2010, 433 (439). Zur schenkweisen Einräumung einer Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil, die nicht die Voraussetzungen einer atypischen Unterbeteiligung erfüllt, siehe auch BFH v. 18.9.2013 – II R 63/11, BFH/NV 2014, 349 = GmbHR 2014, 270 m. Anm. Milatz = MittBayNot 2014, 564 m. Anm. Ziegler. 77 Zu Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko bei einer GmbH & Still siehe zuletzt BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133 = DStR 2017, 2104 = GmbHR 2017, 1348 = EStB 2017, 385 m. Anm. Weiss. Ausführlich zum Ganzen Wacker in Schmidt, § 15 EStG Rz. 340 ff. m.w.N. auch zur Rspr. 78 Keine steuerliche Anerkennung einer atypisch stillen Gesellschaft zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern ohne Beteiligung eines Ergänzungspflegers BFH v. 12.5.2016 – IV R 27/13, BFH/NV 2016, 1559 = NJW-Spezial 2016, 656 = ErbStB 2016, 326 m. Anm. Günther. – Siehe auch Schleswig Holsteinisches FG v. 17.12.2015 – 5 K 58/12, ZEV 2016, 590 (keine steuerliche Anerkennung einer zwischen Mutter und minderjährigen Kindern befristete vereinbarten Unterbeteiligungsgesellschaft).

942 | Wachter

Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.73 § 27

Die unentgeltliche Übertragung einer (bestehenden) atypisch stillen Beteiligung ist demnach steuerlich begünstigt (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG)79. Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung ist aber stets, dass beim Erblasser/Schenker ein Mitunternehmeranteil bestanden hat, dieser auf den Erwerber übertragen wird und der Erwerber den Mitunternehmeranteil erwirbt80.

27.71

Nicht abschließend geklärt ist dagegen, ob auch die erstmalige Einräumung einer atypisch stillen Beteiligung begünstigt ist81. Dagegen könnte sprechen, dass beim Schenker in diesem Fall noch kein entsprechender Mitunternehmeranteil bestand, sondern dieser beim Erwerber erstmals begründet wird. Zudem erwirbt der Erwerber keinen Anteil am Vermögen des Schenkers, sondern eine atypische Beteiligung an dem Unternehmen. An diesem Unternehmen war bzw. ist der Schenker allerdings auch selbst beteiligt. Aufgrund des Normzwecks und der Systematik erscheint es sachgerecht, auch den Erwerb einer (neu begründeten) atypisch stillen Gesellschaft steuerlich zu begünstigen. Maßgebend ist, dass der Erwerber begünstigtes Vermögen erwirbt und dieses fortführt. Dies ist hier der Fall.

27.72

Für die steuerliche Begünstigung des Erwerbs einer atypisch stillen Beteiligung spricht auch die neuere Rechtsprechung zum Zuwendungsnießbrauch an einem Mitunter-

27.73

79 Crezelius in FS Harald Schaumburg, 2009, S. 239 (251); Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/ Gottschalk, § 13b ErbStG Rz. 57 und 73 ff. (Stand: November 2017); Lasa, ZEV 2010, 433 (439 ff.). Speziell zu Unterbeteiligungen an Personengesellschaftsanteilen auch Werner, ZEV 2015, 194 (196 ff.). Ausführlich zur vorweggenommenen Erbfolge von Mitunternehmeranteilen Söffing, M./Söffing, A. in FS Crezelius, 2018, S. 403 ff. 80 Siehe dazu allgemein aus Sicht der Finanzverwaltung R E 13b.5 ErbStR 2019. Der Mitunternehmerbegriff beim Vorbehaltsnießbrauch an KG-Anteilen war und ist allerdings sehr umstritten. Möglicherweise ist auch die Rechtsprechung des II., IV. und X. Senats des BFH nicht immer ganz einheitlich. Siehe zum Ganzen zuletzt u.a. BFH v. 19.7.2018 – IV R 10/17, insbesondere Rz. 36, DStR 2018, 2372 = GmbHR 2018, 1228 (Mitunternehmerinitiative eines atypisch still Beteiligten); BFH v. 20.9.2018 – IV R 39/11, BStBl. II 2019, 131 = FR 2019, 180 m. Anm. M. Wendt = DB 2018, 3100 = BB 2019, 176 m. Anm. Kleinmanns = GmbHR 2019, 193 (Wirtschaftliches Eigentum an einem Mitunternehmeranteil); BFH v. 1.3.2018 – IV R 15/15, BStBl. II 2018, 539 = FR 2019, 951 m. Anm. M. Wendt = DB 2018, 1642 = BB 2018, 2030 m. Anm. Greco (Wirtschaftliches Eigentum an einem Mitunternehmeranteil); BFH v. 22.6.2017 – IV R 42/13, DStR 2017, 2653 = GmbHR 2017, 1002 = DB 2017, 2907 (Mitunternehmerstellung auch bei Anteilserwerb zum Zwecke der kurzfristigen Weiterveräußerung); BFH v. 25.1.2017 – X R 59/14, BFH/NV 2017, 1077 = DStR 2017, 1308 = FR 2017, 1055 m. Anm. M. Wendt = BB 2017, 1586 m. Anm. Kubik = ZEV 2017, 471 m. Anm. Gräfe/Kraft = DB 2017, 1813 (Vorbehaltsnießbrauch hindert unentgeltliche Übertragung eines Gewerbebetriebs). Ausführlich zum Ganzen zuletzt u.a. Dräger, DB 2017, 2768; Gluth, EStB 2017, 403; Götz, DStZ 2018, 540; Hübner/Friz, DStR 2017, 2353; Kepper, NZG 2019, 211; Spiegelberger, notar 2017, 419; Stein, ZEV 2019, 131. 81 Dafür wohl Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 13b ErbStG Rz. 57 und 73 ff. (Stand: November 2017). Dagegen Lasa, ZEV 2010, 433 (439 ff.).

Wachter | 943

§ 27 Rz. 27.73 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

nehmeranteil82. Rechtsprechung83 und Finanzverwaltung84 gehen übereinstimmend davon aus, dass der isolierte Erwerb eines Zuwendungsnießbrauchs an einem Mitunternehmeranteil auch dann steuerlich begünstigt ist, wenn der Erwerber zwar nie Gesellschafter gewesen, aber Mitunternehmer geworden ist.

27.74 Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs steht der steuerlichen Begünstigung von atypischen stillen Beteiligungen nicht entgegen. Etwas anderes ergibt sich insbesondere auch nicht aus einer viel zitierten Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 200185. Damals hat der BFH (zur früheren, heute nicht mehr maßgeblichen Rechtslage) lediglich festgestellt, dass ein begünstigter Erwerb „im Wege der vorweggenommenen Erbfolge“ nicht vorliegt, wenn eine Unterbeteiligung unter dem Vorbehalt von verschiedenen Bedingungen und Kündigungsrechten übertragen wird. Kern der Entscheidung war somit die Auslegung des Begriffs der vorweggenommenen Erbfolge und nicht die Frage, ob eine Unterbeteiligung zum begünstigten Vermögen gehört. 27.75 Die Finanzverwaltung hat in den vergangenen Jahren die steuerliche Begünstigung von mittelbaren Unternehmensbeteiligungen immer wieder in Frage gestellt. Begünstigt sollte angeblich nur der Erwerb von unmittelbaren Beteiligungen sein, nicht aber auch bloß mittelbare Beteiligungen wie etwa Treuhandbeteiligungen86, stille Beteiligungen oder Unterbeteiligungen87. Diese Ansicht hat die Finanzverwaltung zwischenzeitlich zu Recht (bundesweit) aufgegeben. Atypische stille Beteiligungen (und atypische Unterbeteiligungen) gehören demnach heute unstreitig zum begünstigten Vermögen88. Die steuerliche Begünstigung knüpft bei Betriebsvermögen alleine an 82 Zur Einräumung eines Nießbrauchs an einer atypisch stillen Beteiligung siehe Peters in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 2017, Abschnitt A. 2.64 ff., S. 404 ff. (mit Formulierungsvorschlag). 83 BFH v. 1.9.2011 – II R 67/09, BStBl. II 2013, 210 = ZEV 2012, 51 = GmbHR 2011, 1331 = DStRE 2012, 38 = DB 2013, 328. Dazu Viskorf, S./Haag, M., ZEV 2012, 24; Seifried, DStR 2012, 274. 84 Oberste Finanzbehörden der Länder, Gleich lautende Erlasse v. 2.11.2012, BStBl. I 2012, 1101 = DStR 2012, 2440 = DB 2013, 28 = ZEV 2013, 51 (Einräumung, Überlassung der Ausübung oder Verzicht auf Nießbrauch an einem Anteil an einer Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG). Ausführlich zum Ganzen Eisele, NWB 51/2012, S. 4151; Stein, DStR 2013, 567. 85 BFH v. 25.1.2001 – II R 52/98, BStBl. II 2001, 414 = DStR 2001, 573 m. Anm. Mößlang = ZEV 2001, 165 m. Anm. H.-U. Viskorf = FR 2001, 484 m. Anm. H.-U. Viskorf und Kobor. 86 Zur Begünstigung des Erwerbs von treuhänderisch gehaltenen Kommanditanteilen siehe Niedersächsisches FG v. 28.7.2010 – 3 K 215/09, DStRE 2010, 1191 = EFG 2010, 1805. Ausführlich dazu Richter/Fürwentsches, DStR 2010, 2070. So auch die Finanzverwaltung, siehe etwa Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, Erlass v. 16.9.2010, DStR 2010, 2084 = DB 2010, 2420 = ZEV 2010, 658 (zur Übertragung treuhänderisch gehaltener Vermögensgegenstände). 87 Immer noch missverständlich ist R E 13b.5 Abs. 3 Satz 3 ErbStR 2019 („Begünstigungsfähig ist nur der unmittelbare Übergang von Betriebsvermögen.“). 88 Siehe dazu allgemein (und zwar unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren, abweichenden Auffassung der Finanzverwaltung) Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, Erlass v. 23.3.2009, DStR 2009, 908, und FinMin BaWü, Erlass v. 9.4.2009, DB 2009, 878. Speziell

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Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.78 § 27

den ertragsteuerrechtlichen Mitunternehmerbegriff an (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Demgegenüber ist insoweit ohne Bedeutung, ob es sich zivilrechtlich um eine unmittelbare oder eine nur mittelbare Unternehmensbeteiligung handelt (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG im Unterschied zu § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, wo das Gesetz eine „unmittelbare“ Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft verlangt). bb) Anteile an Kapitalgesellschaften Der unentgeltliche Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften (im Privatvermögen) ist grundsätzlich nur dann begünstigt, wenn der Erblasser bzw. Schenker am Nennkapital der Gesellschaft zu mehr als 25 % „unmittelbar“ beteiligt war (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG). Die Notwendigkeit einer unmittelbaren Beteiligung besteht auch dann, wenn der Erblasser bzw. Schenker die Mindestbeteiligung von 25 % nicht alleine, sondern nur aufgrund einer entsprechenden Poolvereinbarung erreicht (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG).89

27.76

BFH90 und Finanzverwaltung91 gehen übereinstimmend davon aus, dass es für das Vorliegen einer unmittelbaren Beteiligung ausschließlich auf die zivilrechtlichen Gesellschafterverhältnisse ankommt. Wirtschaftliche (siehe § 39 AO) und/oder steuerliche (siehe § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG) Überlegungen sind insoweit ohne Bedeutung.

27.77

Die atypische stille Beteiligung ist zwar zivilrechtlich eine mittelbare Unternehmensbeteiligung. Allerdings handelt es sich dabei steuerrechtlich um Betriebsvermögen, so dass der Erwerb eines entsprechenden Mitunternehmeranteils (nach § 13b Abs. 1 Nr. 2, nicht Nr. 3 ErbStG) begünstigt ist92. Entsprechendes gilt auch für eine Unterbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft93.

27.78

89 90

91 92 93

zu den Besonderheiten bei Auslandssachverhalten FinMin Bayern, Erlass v. 9.7.2010, DStR 2010, 1575, und FinMin BaWü, Erlass v. 2.11.2010, DB 2010, 2765 (bei Personengesellschaften keine Begünstigung von Vermögen von Betriebsstätten in Drittstaaten, wobei für Zuordnung alleine die Tätigkeit des Inhabers des Handelsgewerbes maßgebend ist). Siehe dazu BFH v. 20.2.2019 – II R 25/16, GmbHR 2019, 844 = DStR 2019, 1261 = DB 2019, 1426. Ausführlich zum Ganzen Fuhrmann, NZG 2019, 1016; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401; Knittel, ErbStB 2018, 339; Meilicke/Scholz, DStR 2019, 1377. BFH v. 11.6.2013 – II R 4/12, BStBl. II 2013, 742 = DStR 2013, 1536 = ZEV 2013, 464 = DB 2013, 1766 = ZEV 2013, 464 = GmbHR 2013, 940 m. Anm. Milatz/Müller = BB 2013, 2533 m. Anm. Zipfel = ZErb 2013, 333. Ausführlich dazu Daragan, ZErb 2013, 319; Geck, ZEV 2013, 601; Hübner, DStR 2013, 2257; Milatz/John, ErbStB 2016, 371; Milatz/Schulz, ZEV 2018, 366. Siehe ferner auch BFH v. 18.9.2013 – II R 63/11, BFH/NV 2014, 349 = GmbHR 2014, 270 m. Anm. Milatz = MittBayNot 2014, 564 m. Anm. Ziegler (zum nicht begünstigten Erwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltenden GbR). R E 13b.6 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2019. So im Ergebnis auch Lasa, ZEV 2010, 433 (439) (allerdings ohne nähere Erörterung des Kriteriums der Unmittelbarkeit der Beteiligung). Speziell zur Unterbeteiligung an Kapitalgesellschaftsanteilen Werner, ZEV 2015, 194 (199).

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§ 27 Rz. 27.79 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

6. Freibeträge und Steuertarif

27.79 Für die schenkungsweise Zuwendung stiller Beteiligungen an Familienangehörige bestehen verschiedene Freibeträge (siehe §§ 16 und 17 ErbStG). Der Erwerb des Ehegatten (und Lebenspartners) ist i.H. von bis zu 500 000 Euro steuerfrei. Für Kinder, Stiefkinder und Kinder verstorbener Kinder beträgt der persönliche Freibetrag 400 000 Euro. Enkelkinder erhalten einen Freibetrag von 200 000 Euro. Für die übrigen Personen der Steuerklasse I wird ein Freibetrag von 100 000 Euro gewährt. Für Personen der Steuerklasse II (Eltern, Großeltern und weitere Voreltern, Stiefeltern, voll- und halbbürtige Geschwister, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern) und für alle anderen Personen der Steuerklasse III bleibt einheitlich ein Erwerb i.H. von 20 000 Euro steuerfrei. Ehegatten, Lebenspartnern und Kindern wird darüber hinaus ein besonderer Versorgungsfreibetrag gewährt (§ 17 ErbStG). 27.80 Mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile werden in der Weise zusammengerechnet, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden (§ 14 Abs. 1 ErbStG). Von der Steuer für den Gesamtbetrag wird die Steuer abgezogen, welche für die früheren Erwerbe nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers und auf Grundlage der geltenden Vorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wäre. Die durch jeden weiteren Erwerb veranlasste Steuer darf nicht mehr betragen als 50 % dieses Erwerbs (§ 14 Abs. 3 ErbStG). 27.81 Die Steuersätze richten sich nach der Höhe der freigebigen Zuwendung und nach dem Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser bzw. Schenker (§ 19 ErbStG). In der Steuerklasse I betragen die Steuersätze zwischen 7 % und 30 %, in der Steuerklasse II zwischen 15 % und 43 % und in der Steuerklasse III 30 % bzw. 50 %. Der Höchststeuersatz greift allerdings erst bei einem steuerpflichtigen Erwerb von über 26 Mio. Euro ein. 27.82 Bei Übertragung von unternehmerischem Vermögen besteht eine Tarifbegünstigung (§ 19a ErbStG).94 Damit werden Steuerpflichtige im Endeffekt ohne Berücksichtigung des Verwandtschaftsgrades auf der Basis der Steuerklasse I besteuert. 27.83 –27.90 frei

II. Vermögensteuer Schrifttum: Anzenberger, Die Ertrags- und Gesetzgebungskompetenzen für die Vermögensbesteuerung, 2015; Arndt, Rechtfertigung der Besteuerung des Vermögens aus steuersystematischer Sicht in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, Band 22, Steuern auf Erbschaft und Vermögen, hrsg. von Dieter Birk, 1999, S. 25 ff.; Arndt/Jenzen, Zur Anwendbarkeit des Vermögensteuergesetzes nach dem 1.1.1997, NJW 1997, 1678; Arndt/Schumacher, Das vorläufige und das endgültige Nichts – Wegfall der Rechtsgrundlage für die Erhebung der Erbschaft94 Siehe dazu R E 19a ErbStR 2019.

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Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | § 27 und Vermögensteuer bei Untätigkeit des Gesetzgebers, DStR 1995, 1813; Bach, Vermögensabgaben – ein Beitrag zur Sanierung der Staatsfinanzen in Europa, DIW Wochenbericht, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V., 2012, Nr. 28, S. 3 ff.; Bach, Vermögensbesteuerung in Deutschland: Eine Ausweitung trifft nicht nur Reiche, DIW Wochenbericht, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V., 2009, Nr. 30, S. 478 ff.; Bach/Beznoska, Aufkommens- und Verteilungswirkungen einer Wiederbelebung der Vermögensteuer, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V., 2012, Politikberatung kompakt Nr. 68; Bach/Beznoska, Vermögensteuer: Erhebliches Aufkommenspotential trotz erwartbarer Ausweichreaktionen, DIW Wochenbericht, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V., 2012, Nr. 42, S. 12 ff.; Bach/Beznoska/Steiner, Aufkommens- und Verteilungswirkungen einer Grünen Vermögensabgabe, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V., 2010, Politikberatung kompakt Nr. 59; Birk, Rechtfertigung der Besteuerung des Vermögens aus verfassungsrechtlicher Sicht in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, Band 22, Steuern auf Erbschaft und Vermögen, hrsg. von Dieter Birk, 1999, S. 7 ff.; Bundesfinanzministerium (Hrsg.), Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesfinanzministerium, Besteuerung von Vermögen – Eine finanzwissenschaftliche Analyse, 2013; Crezelius, Erbschaftsteuer auf Unternehmensvermögen, BB 2012, 2979; Degenhard, Kann die Hinterziehung verfassungswidriger Steuern strafbar sein?, DStR 2011, 1379; Degenhart, Die Vermögensabgabe und das Grundgesetz, NJW 2012, Heft 40, NJW-aktuell, S. 12; Deutsche Bundesbank, Vermögen und Finanzen privater Haushalte in Deutschland, Monatsbericht Juni 2013, S. 25 ff. mit zahlreichen Statistiken im Tabellenanhang (S. 39 ff.), 2013, Volltext im Internet unter www.bundesbank.de; Eigenthaler, Vermögensteuer: Ungeliebt, aber notwendig, DB 2012, Heft Nr. 47, Standpunkte Nr. 6, S. 45 ff.; Essers, Erneuerung der Besteuerung von Vermögen aus rechtsvergleichender Sicht in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, Band 37, Erneuerung des Steuerrechts, hrsg. von Monika Jachmann, 2014, S. 373 ff.; Feldner, Die Wiedereinführung der Vermögensteuer, NWB-EV 9/2013, 331; Feldner/Härke, Die befristete Wiedereinführung der Vermögensteuer in Spanien, ErbStB 2012, 378; Fischer, B., Erbschaft- und Vermögensteuer, StuW 1978, 345; Gottschalk, ZEV-Länderbericht Frankreich: Verschärfung der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für die Vermögensnachfolge nach Präsidenten- und Regierungswechsel, ZEV 2012, 586; Gottschalk, ZEV-Länderbericht Frankreich: Änderungen der Vermögen- und Erbschaftsteuer, ZEV 2011, 464; Halaczinsky, Vermögensteuerliche Behandlung von Luxusgegenständen, NWB 1990, Fach 9, S. 2545; Häuselmann, Vermögensteuer 2014?, DStR 2012, 1677; Hellio/Jolk/Hadjiveltchev, Frankreich: Wichtige Bestimmungen des Finanzgesetzentwurfs für 2013; IWB 22/2012, S. 825; Helmert, Die Rechtfertigung der Vermögensteuer, FR 1987, 615; Hey, Steuerpolitik im Wahlkampf 2013: Der lange Weg vom Wahlkampf zum Gesetz, DB 2013, Heft Nr. 22, Standpunkte Nr. 4, S. 27 ff.; Hey, Steuern auf Vermögen – Wi(e)der verfassungsrechtlichen/r Leichtsinn, DB 2012, Heft Nr. 47, Standpunkte Nr. 6, S. 43 ff.; Hey/Maiterth/Houben, Zukunft der Vermögensbesteuerung, Institut Finanzen und Steuern e.V., Schrift Nummer 483, Berlin 2012; Hildebrand/Kotzenberg, Der Fall Gerard Depardieu bald auch in Deutschland?, ZErb 2013, 228; Hiller/Vogel/ Lipp, Substanzbesteuerung im Wandel – Anmerkungen zu aktuellen Entwicklungen und Reformvorschlägen, DStZ 2013, 692; Horn, Die Vermögensteuer – ein steuerliches Relikt aus dem 19. Jahrhundert, StuW 1978, 56; Hötzel, Wiederbelebung der Vermögensbesteuerung, Ubg 2013, 84; Jacobi, Über Sinn und Unsinn der Vermögensteuer, FR 1987, 413; Kirchhof, Gregor, Vermögensabgaben aus verfassungsrechtlicher Sicht, StuW 2011, 189; Kirchhof, Paul, Deutschland im Schuldensog, 2012; Kosner/Willmann, Kunstgegenstände als Steuerobjekt in der Substanzsteuer, BB 2013, 1309; KPMG (Hrsg.), Vermögensbesteuerung – wer besteuert wie?, Deutsche Regelungen im Vergleich zu der Besteuerung in Frankreich, Großbritannien, Italien, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und den USA, 2012 (Volltext im Internet unter www. kpmg.de, und Kurzfassung in GmbHR 2012, R325); Kube, Erneuerung der Besteuerung von Vermögen aus deutscher Sicht (Vermögensteuer, Vermögensabgabe, Erbschaft- und Schenkungsteuer) in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, Band 37, Erneuerung des Steuerrechts, hrsg. von Monika Jachmann, 2014, S. 343 ff.; Kube, Verfassungsrechtlicher Rahmen von Ver-

Wachter | 947

§ 27 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft mögensteuer und Vermögensabgabe, DStR 2013, Beihefter zu Heft 26/2013, S. 37; Kube, Verfassungs- und Vollzugsfragen einer Vermögensteuer, Rechtsgutachten im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft GmbH, April 2013, S. 4 ff., Volltext im Internet unter www. insm.de; Leffers/Julien-Saint-Amand, Steueränderungen in Frankreich, IStR 2013, 491; Maiterth, Vermögensbesteuerung aus ökonomischer Sicht, DB 2012, Heft Nr. 47, Standpunkte Nr. 6, S. 47 ff.; Maiterth/Houben, Wirkungen einer wiederbelebten Vermögensteuer – Belastungs- und Finanzierungsaspekte, DStR 2013, 1906; Marx/Hartwig, Kritische Analyse des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Vermögensabgabe, BB 2013, 1566; Mayer, C., Die Folgen des Ausbleibens der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Reform des Vermögensteuerrechts, DStR 1997, 1152; Meyding, Ist eine verfassungskonforme Vermögensbesteuerung überhaupt möglich?, DStR 1992, 1113; Musil, Verfassungsrechtliche Grenzen einer möglichen Vermögensbesteuerung, DB 2013, 1994; Neugebauer/Schneider/Eichfelder/ Dienes, Welche Belastungen ergeben sich aus den Steuerplänen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD?, DStZ 2013, 711; Oechsle, Hundert Jahre Vermögensteuergesetze in Deutschland, BB 1993, 1369; Rose, Ärgernis Substanzbesteuerung, FR 1975, 77; Rubechi, Frankreich: Das Jahr der steuerlichen (R)Evolution, IStR 5/2013, IStR-LB 23; Rubechi, Frankreich: Reform der Vermögensbesteuerung, IStR 2011, 909; Scheffler, Vermögensteuer und Vermögensabgabe: Schwierigkeiten der Einordnung in das Steuersystem, DStR 2013, Beihefter zu Heft 26/ 2013, S. 51; Schiffers, Wegfall der Vermögensteuer ab dem 1.1.1997 – Konsequenzen für unternehmerische Entscheidungen, DStR 1997, 341; Schmehl, Kritische Bestandaufnahme der Grundsteuer in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, Band 35, Kommunalsteuern und -abgaben, hrsg. von Joachim Wieland, 2012, S. 249 ff.; Schneider, D., Zur Rechtfertigung von Erbschaft- und Vermögensteuer, StuW 1979, 35; Schreiber/Spengel/Wiegard, Die politischen Umverteilungsziele über Vermögensteuer, Erbschaftsteuer und Einkommensteuer, DB 2013, Heft Nr. 22, Standpunkte Nr. 4, S. 25 ff.; Schult, Vermögensteuer ante portas?, ImmoStR 2012, 169; Schüppen, Die Nichtanwendbarkeit des Vermögensteuergesetzes ab 1.1.1997: offene Fragen und ein zusätzliches „Steuergeschenk“, DStR 1997, 225; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 16 Rz. 61 ff., S. 885 ff.; Siemers/Birnbaum, Rückkehr der Vermögensteuer? – Wesentliche Regelungsinhalte und verfassungsrechtliche Aspekte, ZEV 2013, 8; Spengel/Heckemeyer/Zinn, Reform der Grundsteuer: Ein Blick nach Europa, DB 2011, 10; Spengel/Zinn, Vermögensabgaben aus ökonomischer Sicht, StuW 2011, 173; Stein/Reich, Vermögensteuer – Erste Gedanken zum Gesetzentwurf, Erbfolgebesteuerung 2012, 260; Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.), Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Universität Mannheim, Die Folge von Substanzsteuern für Familienunternehmen, Staat und Gesellschaft, München 2013, Volltext im Internet unter www.familienunternehmen.de; Tipke, Steuergerechtigkeit in Kube/Mellinghoff/Morgenthaler/Palm/Puhl/Seiler (Hrsg.), Leitgedanken des Rechts, P. Kirchhof zum 70. Geburtstag, 2013, § 146, S. 1583 ff.; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 2. Aufl. 2003, § 14; Tipke, Über Vermögensteuer-Ungerechtigkeit in Festschrift für Wolfgang Ritter, 1997, S. 587 ff.; Vieten, Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Wiedereinführung einer Vermögensteuer, 2005; Walter-Borjans, Die Vermögensteuer auf Großvermögen – notwendiges Instrument einer gerechten Lastenverteilung, DB 2012, Heft Nr. 47, Standpunkte Nr. 6, S. 41 ff.; Weber-Grellet, Vermögensteuer, Plafondierung, Vereinfachung, BB 1996, 1415; Wieczorek, Diskussion zur Vermögensbesteuerung, DB 2012, Heft Nr. 47, M1, Editorial; Wieland, Vermögensabgaben i.S. von Art. 106 Abs. 1 Nr. 5 GG, Rechtsgutachten im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), August 2012, Volltext im Internet unter www.boeckler.de; Wieland, Rechtliche Rahmenbedingungen für eine Wiedereinführung der Vermögensteuer, Rechtsgutachten erstattet für ver.di, November 2003, Volltext im Internet unter verdi.de; Zipfel, Steueränderungsvorschläge hinsichtlich der Ertrag- und Vermögensteuer und Auswirkungen auf die Unternehmenssteuerbelastung, BB 2013, 2199.

948 | Wachter

Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.93 § 27

1. Einführung Die Vermögensteuer zählt zu den ältesten Steuern der Welt. Vorläufer einer Vermögensteuer waren bereits im alten Ägypten, in Babylonien und im römischen Reich bekannt. In Deutschland hat die Vermögensteuer gleichfalls eine über einhundert jährige Tradition (1893 bis 1996)95. Das preußische Ergänzungssteuergesetz von 1893 gilt allgemein als das erste moderne Vermögensteuergesetz in Deutschland96. Allerdings hatte die Vermögensteuer bereits damals nur noch eine ergänzende Funktion zur Einkommensteuer, die zunehmend an praktischer Bedeutung gewann und die Vermögensbesteuerung immer mehr zurückdrängte. Im Deutschen Reich wurde dann (nach preußischem Vorbild) erstmals im Jahr 1922 eine Vermögensteuer97 eingeführt. Das Vermögensteuergesetz wurde später vor allem in den Jahren 192598 und 193499 geändert. Die Steuersätze bewegten sich in der Regel im ein- bzw. zweistelligen Promillebereich (nicht Prozentbereich).

27.91

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs diente die Vermögensteuer vor allem dazu, die wirtschaftliche Not der Nachkriegszeit zu lindern100. In der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland wurde im Jahr 1952 ein erstes Vermögensteuergesetz mit einem Steuersatz von 7,5 Promille beschlossen101. Eine grundlegende Neuregelung ist sodann mit dem Vermögensteuergesetz von 1974 erfolgt102. Der Steuersatz belief sich zunächst auf 0,7 % des steuerpflichtigen Vermögens und ab 1995 dann 1,0 % für natürliche Personen sowie 0,6 % für juristische Personen.

27.92

Das Bundesverfassungsgericht103 hat das damalige Vermögensteuergesetz mit Beschluss vom 22.6.1995 mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes für unvereinbar erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert, bis spätestens zum 31.12.1996 eine verfassungskonforme Neuregelung zu treffen. Eine solche Neuregelung ist bis heute nicht erfolgt104. Nach Auffassung der (damaligen) Bundesregierung (bestehend aus CDU,

27.93

95 96 97 98 99 100 101 102 103 104

Zur Geschichte der Vermögensteuer in Deutschland ausführlich Oechsle, BB 1993, 1369. Preußische Ergänzungssteuergesetz v. 14.7.1893, PrGS 1893, 134 ff. Reichsvermögensteuergesetz v. 8.4.1922, RGBl. I 1922, 335. Gesetz über Vermögen- und Erbschaftsteuer v. 10.8.1925, RGBl. I 1925, 233. Vermögensteuergesetz v. 16.10.1934, RGBl. I 1934, 1052 ff. Siehe etwa Art. III Kontrollratsgesetz Nr. 13 v. 11.2.1946, KRABl. 1946, 71 (Steuersätze für natürliche Personen von 1,0 bis 2,5 % und für juristische Personen von 2,0 bis 2,5 %). Vermögensteuergesetz v. 16.1.1952, BGBl. I 1952, 28. Vermögensteuergesetz 1974 v. 17.4.1974, BGBl. I 1974, 949, neugefasst BGBl. I. 1990, 2467. BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 = BStBl. II 1995, 655 = GmbHR 1995, 668. Die zahlreichen Vorschläge für eine verfassungskonforme Neuregelung der Vermögensteuer haben in der Vergangenheit keine Mehrheit gefunden. Siehe Gesetzentwurf des Bundesrates, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer, BT-Drucks. 13/6615 v. 19.12.1996; Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer, BTDrucks. 13/5504 v. 9.9.1996; Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer, BT-Drucks. 13/4838 v. 11.6.1996; Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zu dem Gesetzentwurf

Wachter | 949

§ 27 Rz. 27.93 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

CSU und FDP) bestanden „zwingende Gründe gegen die Beibehaltung der Vermögensteuer“. Neben den verfassungsrechtlichen Vorgaben wurde die Erhebung einer Vermögensteuer auch aus „ökonomischen, arbeitsmarktpolitischen und verwaltungsmäßigen Gründen nicht länger als gerechtfertigt“ angesehen105. Das Vermögensteuergesetz ist allerdings bis heute106 nicht förmlich aufgehoben worden107.

27.94 Seit dem 1.1.2007 wird in Deutschland somit keine Vermögensteuer mehr erhoben108. Allerdings ist die Vermögensteuer weiterhin außerordentlich umstritten109.

105 106

107

108 109

der Fraktionen der CDU/CSU und FDP (Drucksachen 13/4839, 13/5951, 13/5952), Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1997, BT-Drucks. 13/5975 v. 6.11.1996. Siehe dazu auch die erfolgslosen Initiativen für die Wiedereinführung einer Vermögensteuer in den Folgejahren: BR-Drucks. 696/99 v. 17.12.1999 (Antrag des Landes Sachsen-Anhalt für eine Entschließung des Bundesrates zur Wiedereinführung der Vermögensteuer); BT-Drucks. 14/6112 v. 17.5.2001 und BT-Drucks. 14/7558 v. 22.11.2001 (Antrag der Fraktion der PDS für eine Vermögensbesteuerung). Stellungnahme der BReg. zu einem Gesetzentwurf des Bundesrates, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer, BT-Drucks. 13/6615 v. 19.12.1996, Anlage 2, S. 87 ff. Siehe dazu auch die weiteren, jeweils erfolglos gebliebenen Vorschläge für eine förmliche Aufhebung der Vermögensteuer in den folgenden Jahren: Gesetzentwurf des BRats, Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Vermögensteuergesetzes, BT-Drucks. 15/408 v. 5.2.2003, und BR-Drucks. 909/02 v. 10.10.2002; BT-Drucks. 15/196 v. 17.12.2002 (Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung der Vermögensteuer) von verschiedenen Abgeordneten der CDU/CSU, sowie BR-Drucks. 864/05 v. 2.12.2005 (Gesetzesantrag der Freien und Hansestadt Hamburg, Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Vermögensteuergesetzes). Siehe dazu den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, Entwurf eines Jahressteuergesetz 1997, BT-Drucks. 13/4839 v. 11.6.1996, S. 23 und 72 ff., Art. 5 eines Entwurfs eines JStG 1997, wonach das Vermögensteuergesetz mit Wirkung zum 1.1.1997 aufgehoben und zugleich klargestellt werden sollte, das eine Vermögensteuer nicht mehr erhoben wird. Dieser Vorschlag fand indes keine Mehrheit. Zu der Kontroverse siehe auch den Zweiten Bericht des Finanzausschusses vom Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1997, BT-Drucks. 13/5952, S. 23 ff. Zu den damit verbundenen Übergangsfragen siehe u.a. Arndt/Jenzen, NJW 1997, 1678; Arndt/Schumacher, DStR 1995, 1813; Degenhard, DStR 2001, 1370; Mayer, DStR 1997, 1152; Schiffers, DStR 1997, 341; Schüppen, DStR 1997, 225. Gegen einer Vermögensteuer u.a. Arndt in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, 1999, S. 25 ff.; Hey in Hey/Maiterth/Houben, Zukunft der Vermögensbesteuerung, Institut Finanzen und Steuern e.V., Schrift Nr. 483, 2012, S. 10 ff.; Hey, DB 2013, Heft Nr. 22, Standpunkte Nr. 4, S. 27 (27 f.); Hötzel, Ubg 2013, 84 (84 ff.); P. Kirchhof, Deutschland im Schuldensog, 2012, S. 187 f.; Maiterth, DB 2012, Heft Nr. 47, Standpunkte Nr. 6, S. 47 ff. (aus ökonomischer Sicht); Maiterth/Houben in Hey/Maiterth/Houben, Zukunft der Vermögensbesteuerung, Institut Finanzen und Steuern e.V., Schrift Nr. 483, 2012, S. 87 ff. (aus ökonomischer Sicht); Oechsle, BB 1993, 1369 (1373 ff.); Scheffler, DStR 2013, Beihefter zu Heft 26/2013, S. 51 (vor allem aus steuersystematischen und konzeptionellen Gründen); Schreiber/Spengel/Wiegard, DB 2013, Heft Nr. 22, Standpunkte Nr. 4, S. 25 (25 ff.) (aus ökonomischer Sicht); Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl. 2012, § 16 Rz. 61 ff., S. 816 ff.; Siemers/Birnbaum, ZEV 2013, 8 (13); Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.), Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Universität Mannheim,

950 | Wachter

Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.95 § 27

Im August 2019 hat die SPD Eckpunkte für die Wiedereinführung einer Vermögensteuer beschlossen.110 Ein ausgearbeiteter Gesetzesentwurf wurde bislang aber nicht vorgelegt. Das Aufkommen aus der Vermögensteuer stieg in den letzten Jahren ihrer Erhebung immer weiter an und belief sich zuletzt auf rund 4,0 Mrd. Euro111. Nicht geklärt ist bis heute, welche Kosten mit der Erhebung der Vermögensteuer verbunden waren (bzw. wären112); die veröffentlichen Zahlen schwanken (offenbar je nach Interessenlage) zwischen ca. 2,0 % und bis zu 32 % des Steueraufkommens113.

110 111 112

113

Die Folge von Substanzsteuern für Familienunternehmen, Staat und Gesellschaft, 2013, Volltext im Internet unter www.familienunternehmen.de; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 2. Aufl. 2003, § 14, S. 913 ff.; Tipke in FS Wolfgang Ritter, 1997, S. 587 ff.; Wissenschaftlicher Beirat beim BMF, Besteuerung von Vermögen – Eine finanzwissenschaftliche Analyse, 2013. – Für eine Vermögensteuer u.a. Bach/Beznoska, Aufkommens- und Verteilungswirkungen einer Wiederbelebung der Vermögensteuer, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V., 2012, Politikberatung kompakt Nr. 68 (aus ökonomischer Sicht); Birk in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, 1999, S. 7 ff.; Wieland, Rechtliche Rahmenbedingungen für eine Wiedereinführung der Vermögensteuer, Rechtsgutachten erstattet für ver.di, November 2003, Volltext im Internet unter verdi.de. Siehe www.spd.de. Siehe die statistischen Informationen zum Steueraufkommen der einzelnen Jahre unter www.bundesfinanzministerium.de und www.destatis.de. Siehe dazu den Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen (S. 841 Fn. 2), BT-Drucks. 17/10770 v. 25.9.2012, S. 2 (direkte Erhebungskosten von weniger als 1 % des Aufkommens, Verwaltungskosten von etwa 0,2 % des Aufkommens und Befolgungskosten der Abgabepflichtigen von 0,64 % des Aufkommens). Eher allgemein dagegen der Gesetzentwurf der SPD (siehe S. 839 Fn. 1), Begründung, Allgemeiner Teil (Durch hohe persönliche Freibeträge wird „der Verwaltungs- und Bürokratieaufwand für Bürger, Unternehmen und Verwaltung in Grenzen gehalten“), und bei Abschnitt D. (Kosten der öffentlichen Haushalte, Vollzugsaufwand) („Der Vollzugsaufwand ist mit den vorhandenen Ressourcen (möglicherweise) zu bewältigen“). Im Monatsbericht des BMF, Juli 2003, Kosten der Besteuerung in Deutschland, S. 81 (84) wurde darauf hingewiesen, dass keine genauen Zahlen zu den Kosten der Erhebung der Vermögensteuer vorliegen. Allerdings dürften die Verwaltungskosten bei der Vermögensteuer deutlich über dem Durchschnitt von 1,7 % des Steueraufkommens liegen, nachdem diese auch bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer der 3,7 % des Steueraufkommens betragen. – In einem Entschließungsantrag der Bundestagsfraktion der SPD aus dem Jahr 1996 wird von einem jährlichen Steueraufkommen von rund 9,0 Mrd. DM und Erhebungskosten von ca. 300 Mio. DM (= ca. 3,3 %) gesprochen, BT-Drucks. 13/ 5975 v. 6.11.1996. In einer Stellungnahme der BReg. zu einem Gesetzentwurf des BRats, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer, BT-Drucks. 13/6615 v. 19.12.1996, Anlage 2, S. 87, wird von einem Verwaltungskostenanteil der Vermögensteuer (ohne Berücksichtigung der Einheitsbewertung) von 4,0 % bis 4,5 % ihres Aufkommens ausgegangen. Die Erhebungskosten bei Finanzverwaltung und Steuerpflichtgen werden mit ca. 800 Mio. DM beziffert. In einer Untersuchung des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung im Auftrag des BMF wurden die Erhebungskosten für das Jahr 1984 mit rund 20 % des Vermögensteueraufkommens ermittelt. Eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft aus dem Jahr 2011 ging für die Jahre bis 1996 sogar von Erhebungskosten von einem knappen Drittel aus. Das Deut-

Wachter | 951

27.95

§ 27 Rz. 27.96 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

2. Neuere Reformüberlegungen

27.96 Im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 ist die Diskussion um die (Wieder-)Einführung einer Vermögensteuer und/oder Vermögensabgabe voll entbrannt114. Während sich die damaligen Regierungsparteien CDU/CSU115 und FDP116 gegen solche Pläne ausgesprochen haben, wollten die Parteien der Opposition im Falle eines Wahlsieges eine höhere Besteuerung der Vermögen einführen117. 27.97 Die SPD118 hat im Mai 2012 einen Gesetzentwurf zur Wiederbelebung der Vermögensteuer vorgelegt, der bislang allerdings nicht offiziell veröffentlicht worden

114 115

116

117 118

sche Institut für Wirtschaftsforschung kam in einer von den Bundesländern Rh.-Pf., Ba.-Wü., HH und NRW in Auftrag gegebenen Studie zu Erhebungskosten i.H. von rd. 2 % des Steueraufkommens. Meyding (Oberfinanzpräsident, Karlsruhe), DStR 1992, 1113 (1116) schätzte die Verwaltungskosten der Vermögensteuer auf 32 % des Steueraufkommens. Ausführlich zum Ganzen Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.), Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Universität Mannheim, Die Folge von Substanzsteuern für Familienunternehmen, Staat und Gesellschaft, 2013, Volltext im Internet unter www.familienunternehmen.de, dort unter Abschnitt 5.2. („außerordentlich hohe Erhebungs- und Befolgungskosten“). Siehe nur die zahlreichen Foren zu diesem Thema im Internet wie etwa www.appell-ver moegensabgabe.de, www.vermoegensteuerjetzt.de und www.umfairteilen.de. In dem im Juni 2013 beschlossenen „Regierungsprogramm 2013–2017. Gemeinsam erfolgreich für Deutschland“ (Volltext unter www.cdu.de und www.csu.de) heißt es unter der Überschrift „Nein zu Vermögensteuer – Keine Erhöhung der Erbschaftsteuer“ (Seite 27): „Die meisten Menschen glauben, dass sie von einer Vermögensteuer nicht betroffen wären. Das ist ein Irrtum: Wer eine Vermögensteuer einführen will, muss zunächst bei allen 80,2 Millionen Menschen in Deutschland die Vermögensverhältnisse ermitteln. Nur so kann sichergestellt werden, dass keine Vermögen unentdeckt bleiben. Diesen Zugriff auf alle Deutschen verschweigen SPD und Grüne gerne und streuen den Menschen stattdessen Sand in die Augen. Klar aber ist, dass deutsche Unternehmen zu den Leidtragenden gehören würden. In Deutschland gibt es rund 1500 Unternehmen, die mit ihren Produkten Weltmarktführer sind. Diese Unternehmen machen uns mit ihren Spitzenprodukten zu einer der führenden Exportnationen. Die allermeisten von ihnen sind mittelständische Unternehmen: 70 Prozent davon sind in Familienbesitz, mehr als 90 Prozent gehören zum produzierenden Gewerbe. Ihre Arbeit erfordert an einem Hochpreisstandort wie Deutschland teure Produktionsstätten. Die Unternehmen verfügen daher über entsprechend hohe Firmenvermögen, die von den rot-grünen Plänen einer höheren Erbschaftsteuer und neuer Vermögensteuern besonders betroffen wären. Dadurch wird diesen Unternehmen die Möglichkeit genommen, in neue Arbeitsplätze, in Aus- und Weiterbildung, in Forschung und Entwicklung zu investieren – oder Weihnachtsgeld zu zahlen.“ In dem im Mai 2013 beschlossenen „Bürgerprogramm 2013“ der FDP (Volltext unter www.fdp.de) wird dazu u.a. folgendes ausgeführt: „(...) eine Vermögensabgabe und eine Vermögensteuer wären gerade für kleine und mittelständische Unternehmen eine untragbare Belastung und würden zu einem massiven Abfluss von Kapital und Vermögen aus Deutschland führen und viele Arbeitsplätze vernichten. Das lehnen wir ab.“ Siehe dazu etwa Häuselmann, DStR 2012, 1677 (1677 und 1680); Hötzel, Ubg 2013, 84 (84); Siemers/Birnbaum, ZEV 2013, 8 (8 und 13). Wahlprogramm unter www.spd.de. Siehe ferner die verschiedenen Stellungnahmen des Kanzlerkandidaten der SPD, Peer Steinbrück, zur Vermögensteuer unter www.peer-stein brueck.de.

952 | Wachter

Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.100 § 27

ist119. Danach sollte die Vermögensteuer zum 1.1.2014 „wiederbelebt“ werden und zu Steuermehreinnahmen der Länder von 11,5 Mrd. Euro pro Jahr führen. Der Entwurf orientiert sich in Aufbau und Struktur weitgehend an dem früheren Vermögensteuergesetz120. Dieses sollte inhaltlich unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22.6.1995121 verfassungskonform fortentwickelt werden. Der Vermögensteuer sollten sowohl natürliche als auch juristische Personen unterliegen122. Für alle Steuerpflichtigen sollte ein einheitlicher Steuersatz von 1 % gelten.

27.98

Unbeschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen sollte ein Freibetrag von 2,0 Mio. Euro zustehen; im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten sollte sich der Freibetrag auf 4,0 Mio. Euro verdoppeln. Bei größeren Vermögen war eine Abschmelzung des Freibetrags auf die Hälfte des übersteigenden Vermögens – bis auf einen Sockelbetrag von 500 000 Euro – vorgesehen. Ab einem Vermögen von 5,0 Mio. Euro (bzw. bei Ehegatten 10,0 Mio. Euro) wäre somit nur noch der Sockelbetrag zur Anwendung gekommen. Beschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen solle ein pauschaler Freibetrag von 200 000 Euro gewährt werden. EU-/EWR-Bürger hätten allerdings zur unbeschränkten Vermögensteuerpflicht optieren können.

27.99

Für juristische Personen war eine Freigrenze von 200 000 Euro geplant. Bei Überschreiten dieses Betrags hätte somit das gesamte Vermögen der Besteuerung unterlegen.

27.100

119 (Nicht offiziell veröffentlichter) Entwurf eines Gesetzes zur Wiederbelebung der Vermögensteuer und Änderung des Bewertungsgesetzes und anderer Gesetze, Stand: Mai 2012. Siehe dazu auch die gemeinsame Presseerklärung der von der SPD (mit)regierten Bundesländer Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein v. 17.10.2012 betreffend die gemeinsame Initiative zur Wiedererhebung der Vermögensteuer, Volltext im Internet u.a. unter www.hamburg.de, unter Pressearchiv. – Siehe dazu auch der Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 17/13803 v. 6.6.2013, S. 6 („Die Fraktion der SPD halte es für wichtig, die Vermögensbesteuerung in Deutschland zu reaktivieren.“). Ausführlich dazu aus rechtlicher Sicht u.a. Häuselmann, DStR 2012, 1677; Hötzel, Ubg 2013, 84; Scheffler, DStR 2013, Beihefter zu Heft 26/2013, S. 51*; Siemers/Birnbaum, ZEV 2013, 8; Stein/Reich, Erbfolgebesteuerung 2012, 260, Walter-Borjans, DB 2012, Heft Nr. 47, Standpunkte Nr. 6, S. 41 ff. Aus volkswirtschaftlicher Sicht u.a. Bach/Beznoska, Aufkommens- und Verteilungswirkungen einer Wiederbelebung der Vermögensteuer, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V., 2012, Politikberatung kompakt Nr. 68. 120 Vermögensteuergesetz (VStG), BGBl. I 1990, 2467. Siehe dazu (zuletzt) die Vermögensteuer-Richtlinien (VStR 1995) v. 17.1.1995, BStBl. I 1995, Sondernummer 2/1995. Zum früheren Vermögensteuergesetz siehe insbesondere Crezelius, Steuerrecht II, 2. Aufl. 1994, § 22, S. 359 ff. 121 BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 = BStBl. II 1995, 655 = DStR 1995, 1345. 122 Von der Vermögensteuer sollen ca. 147 000 natürliche Personen und ca. 164 000 juristische Personen betroffen sein.

Wachter | 953

§ 27 Rz. 27.101 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

27.101 Im Interesse der Verfassungskonformität sollten alle Vermögensgegenstände einheitlich mit dem gemeinen Wert bewertet werden. Dabei wurde grundsätzlich auf die für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsbesteuerung geltenden Vorschriften des Bewertungsgesetzes verwiesen. Schulden, die im Zusammenhang mit den steuerpflichtigen Vermögensgegenständen stehen, wären abzugsfähig gewesen. 27.102 Für Betriebsvermögen war in dem Entwurf keinerlei Verschonung vorgesehen123. Allerdings war diese Frage wohl auch innerhalb der SPD umstritten. Der damalige Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, hat jedenfalls mehrfach öffentlich geäußert, dass die „mittelständischen Familienunternehmen nicht in ihrer Substanz besteuert“ würden; er wolle lediglich „einige Steuern für einige Starke erhöhen“124. Der Vorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel, hat eine „Substanzbesteuerung des Eigenkapitals“ ausgeschlossen und sich für eine „Vermögensertragsteuer“ ausgesprochen125. Im Wahlprogramm der SPD vom April 2013126 wird die Notwendigkeit der Entlastung 123 Insbesondere aus diesem Grund haben sich die Interessenverbände der Unternehmen und Industrie wiederholt gegen jede Form einer Vermögensbesteuerung ausgesprochen. Siehe etwa die Positionspapiere zur Vermögensteuer/Vermögensabgabe im Internet unter www.bdi.eu, www.dihk.de oder www.familienunternehmer.eu. Dort finden sich auch verschiedene Programme, mit denen sich die konkrete Steuerbelastung der geplanten Vermögensteuer bzw. Vermögensabgabe ermitteln lässt (siehe auch www.vermoegensteuer rechner.eu). Siehe ferner u.a. auch die Modellrechnungen von Siemers/Birnbaum, ZEV 2013, 8 (11); Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.), Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Universität Mannheim, Die Folge von Substanzsteuern für Familienunternehmen, Staat und Gesellschaft, 2013, Volltext im Internet unter www.fami lienunternehmen.de, sowie in der Presse u.a. FAZ v. 23.5.2013, Nr. 117, S. 11 („17400 Euro mehr Steuern für einen Bäcker“); Wirtschaftswoche v. 29.1.2013 („Die gefährliche Steuermixtur der SPD“). 124 Siehe etwa Steinbrück, Bündnis zwischen Starken und Schwachen, Gastbeitrag, FAZ v. 15.6.2013, Nr. 136, S. 10 („Wir wollen eine Vermögensteuer erheben – und zwar ausschließlich auf sehr hohe private Millionenvermögen, nicht aber auf die Substanz von Unternehmen. Es wird keine betriebliche Vermögensteuer geben, die Unternehmen daran hindert, ihre Eigenkapitalbasis zu stärken und zu investieren.“), sowie verschiedene Interviewäußerungen, Presseerklärungen und Reden unter www.spd.de sowie www.peer-stein brueck.de. Ferner auch der Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 17/13803 v. 6.6.2013, S. 6 zu dem Modell der SPD für die Widereinführung einer Vermögensteuer: „Die wichtigste Frage sei die Besteuerung bzw. die Vermeidung der Belastung von Betriebsvermögen. Daher werde es von Seiten der Fraktion der SPD keine Schnellschüsse geben, da man sicherstellen werde, dass es zu keinem Substanzverzehr bei den Betrieben kommen werde. Dieses Problem sei zwar nicht einfach, aber lösbar. Ein möglicher Weg sei die im vorliegenden Gesetzentwurf enthaltene Koppelung der Besteuerung an anfallende Gewinne (Anmerkung: Damit ist § 14 Abs. 2 des Entwurfs eines Gesetzes zur Erhebung einer Vermögensabgabe von Bündnis 90/Die Grünen gemeint). Die Zielsetzung sei klar: Man wolle auch bei Personengesellschaften keinen Substanzverzehr zulassen und eine Beeinträchtigung von Investitionen ausschließen.“ 125 Handelsblatt v. 17.5.2013. 126 In dem im April 2013 beschlossenen Wahlprogramm der SPD „Das Wir entscheidet. Das Regierungsprogramm 2013–2017“ finden sich zur Vermögensteuer folgende Ausführungen (dort unter Abschnitt IV, Für eine gerechte Steuerpolitik, S. 65): „Vermögen wird in Deutschland im internationalen Vergleich weit unterdurchschnittlich besteuert. Wir werden

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Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.104 § 27

von Betriebsvermögen gleichfalls angesprochen, ohne allerdings deren Art und Umfang näher zu konkretisieren. Für Beteiligungen an (unbeschränkt steuerpflichtigen) Kapitalgesellschaften war (zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung) ein Halbvermögensverfahren vorgesehen. Das Vermögen der Kapitalgesellschaft und die (von einer natürlichen Person gehaltene) Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sollten danach jeweils nur zur Hälfte angesetzt werden. Beteiligungen von (unbeschränkt steuerpflichtigen) Kapitalgesellschaften an anderen (unbeschränkt steuerpflichtigen) Kapitalgesellschaften sollten gänzlich unberücksichtigt bleiben. Dieses vermögensteuerrechtliche Schachtelprivileg sollte unabhängig von der Höhe der Beteiligung anwendbar sein.

27.103

Bündnis 90/Die Grünen127 haben im September 2012 einen Entwurf eines Gesetzes zur Erhebung einer Vermögensabgabe vorgelegt128. Danach sollte von natürlichen

27.104

die Vermögensteuer auf ein angemessenes Niveau heben, um den Ländern die notwendige Erhöhung der Bildungsinvestitionen zu ermöglichen. Wir wollen eine Vermögensteuer, die der besonderen Situation des deutschen Mittelstandes, von Personengesellschaften und Familienunternehmen Rechnung trägt und ihre zukunftssichernde Eigenkapitalbildung sichert, sowie ihre Investitionsspielräume nicht belastet. Bei der Vermögensteuer stellen hohe Freibeträge für Privatvermögen sicher, dass das normale Einfamilienhaus nicht von der Vermögensteuer betroffen sein wird.“ 127 Im Bundestageswahlprogramm 2013 von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Zeit für den Grünen Wandel – Teilhaben, Einmischen, Zukunft schaffen“ (Volltext unter www.gruene.de) heißt es dazu auf S. 44 ff.: „Schulden abbauen: die grüne Vermögensabgabe: Eine hohe Vermögenskonzentration ist Sprengstoff für den sozialen Zusammenhalt und fiskalpolitisch eine Zumutung. Während der Staat auf atemberaubend hohen Schuldenbergen sitzt, wächst das private Vermögen scheinbar unaufhaltsam. Es ist gerecht, wenn sich das Gemeinwesen einen Beitrag bei den sehr hohen Vermögen holt, um damit den Schuldenberg abzubauen. Nur so kommen wir von der gigantischen Pyramide aus Schulden und Vermögen, die die Weltwirtschaft in den letzten Jahren ins Chaos gestürzt hat, herunter. Die einmalige und zeitlich befristete Vermögensabgabe nach Artikel 106 Grundgesetz soll über mehrere Jahre insgesamt rund 100 Mrd. Euro einbringen. Geld, das ausschließlich in den Abbau der Bundesschulden fließt. Die sind durch Konjunkturpakete und Bankenrettung massiv gestiegen, allein während der Kanzlerschaft Angela Merkels um rund 500 Mrd. Euro. Die Bankenrettung hat nicht zuletzt das Eigentum der Vermögenden gesichert. Es ist deswegen fair und gerecht, von ihnen einen Beitrag zu verlangen. Die grüne Vermögensabgabe wird weniger als 1 % der BürgerInnen mit jeweils einem Nettovermögen von mehr als 1 Mio. Euro treffen. Für Betriebsvermögen begrenzen wir die Abgabe auf maximal 35 % des Gewinns und verhindern, dass Unternehmen in ihrer Substanz getroffen werden. Unser Ziel bleibt mittelfristig – nach Auslaufen der Vermögensabgabe, die Wiederbelebung einer verfassungskonformen Vermögensteuer, deren Aufkommen allein den Ländern zusteht. Dies werden wir auf allen Ebenen vorantreiben und im Bundesrat und im Bundestag Mehrheiten für eine verfassungskonforme Wiedereinführung der Vermögensteuer suchen und nutzen.“ 128 Entwurf eines Gesetzes zur Erhebung einer Vermögensabgabe, BT-Drucks. 17/10770 v. 25.9.2012. Im BTag wurde der Entwurf in der Sitzung v. 27.6.2013 (auf der Grundlage der Empfehlung des Finanzausschusses, BT-Drucks. 17/13803 v. 6.6.2013) abgelehnt (318 Nein-Stimmen, 67 Ja-Stimmen und 195 Enthaltungen). Ausführlich dazu u.a. Hötzel, Ubg 2013, 84; Marx/Hartwig, BB 2013, 1566, Scheffler, DStR 2013, Beihefter zu Heft 26/

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§ 27 Rz. 27.104 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Personen eine einmalige Vermögensabgabe erhoben werden. Das Aufkommen aus der Vermögensabgabe hätte (anders als bei der Vermögensteuer) nicht den Ländern, sondern dem Bund zugestanden. Die erwarteten Einnahmen von rund 100 Mrd. Euro sollten zur Tilgung der Staatsschulden verwendet werden. Historisches Vorbild für die geplante Vermögensabgabe ist das Lastenausgleichsgesetz 1952129.

27.105 Der Vermögensabgabe sollten nur natürliche Personen, nicht auch juristische Personen unterliegen130. Die Abgabe sollte 15 % des Nettovermögens betragen. Die Zahlung sollte verteilt über zehn Jahre erfolgen, so dass sich eine jährliche Belastung i.H. von 1,5 % ergibt. Für die Vermögensabgabe sollten (rückwirkend) die Verhältnisse zum 1.1.2012 maßgebend sein. Spätere Veränderungen sollten unberücksichtigt bleiben. Durch die Rückbeziehung wollte man Ausweichreaktionen verhindern. 27.106 Für jeden Abgabepflichtigen war ein persönlicher Freibetrag von 1,0 Mio. Euro geplant. Bei größeren Vermögen war eine Abschmelzung des Freibetrages i.H. des übersteigenden Vermögens vorgesehen; ab einem Nettovermögen von 2,0 Mio. Euro sollte somit keinerlei Freibetrag mehr gewährt werden. Für Kinder war ein zusätzlicher Freibetrag von 250 000 Euro geplant, der grundsätzlich jedem Elternteil hälftig gewährt werden sollte. 27.107 Für Betriebsvermögen sollte ein Freibetrag von 5,0 Mio. Euro gewährt werden. Darüber hinaus sollte eine Härtefallregelung verhindern, dass sich die Abgabe auf mehr als 35 % des Nettovermögensertrags beläuft. Übersteigende Abgabebeträge sollen vorgetragen werden. 27.108 Nach dem Auslaufen der Vermögensabgabe sollte nach den Vorstellungen von Bündnis 90/Die Grünen mittelfristig auch eine „verfassungskonforme Vermögensteuer“ wieder eingeführt werden. Ein konkreter Gesetzentwurf wurde insoweit aber nicht vorgelegt. 27.109 Die Linken131 haben sich wiederholt sowohl für eine Vermögensteuer als auch für eine Vermögensabgabe ausgesprochen132. Ein vollständiger Gesetzentwurf liegt bislang allerdings nicht vor; bislang sind lediglich einige Eckpunkte bekannt. Danach ist u.a. eine europaweit koordinierte Vermögensabgabe für private Vermögen über eine

129 130 131 132

2013, S. 51* (überwiegend aus betriebswirtschaftlicher Sicht), und aus volkswirtschaftlicher Sicht Bach/Beznoska/Steiner, Aufkommens- und Verteilungswirkungen einer Grünen Vermögensabgabe, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V., 2010, Politikberatung kompakt Nr. 59. Kritisch zu der Idee einer Vermögensabgabe (teilweise allerdings noch zu früheren Entwurfsfassungen), aus (verfassungs-)rechtlicher Sicht G. Kirchhof, StuW 2011, 189; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 16 Rz. 63, S. 886, und aus volkswirtschaftlicher Sicht Spengel/Zinn, StuW 2011, 173. Lastenausgleichsgesetz v. 14.8.1952, BGBl. I. 1952, 446. Von der Vermögensabgabe sollen rund ca. 340 000 natürliche Personen betroffen sein. Im Vergleich zu dem Vorschlag der SPD (siehe S. 839 Fn. 4) wären dies mehr als doppelt so viele betroffene Personen. Wahlprogramm vom Juni 2013 unter www.die-linke.de. Siehe u.a. Antrag Fraktion Die Linke, Reichtum umFAIRteilen – in Deutschland und Europa, BT-Drucks. 17/10778 v. 25.9.2012; Antrag der Fraktion Die Linke, Wer Schulden

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Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.110 § 27

Million Euro vorgesehen. Darüber hinaus ist die Einführung einer Vermögensteuer geplant. Der Steuersatz soll 5,0 % betragen. Für private Vermögen soll ein Freibetrag von 1,0 Mio. Euro gewährt werden. Für kleine und mittlere Unternehmen ist ein Freibetrag von 2,0 Mio. Euro bzw. eine andere Verschonung angedacht. Die Vermögensteuer soll zu jährlichen Steuereinnahmen von 80,0 Mrd. Euro führen. In der politischen Diskussion133 werden die Pläne für die (Wieder-)Einführung einer Vermögensteuer und/oder Vermögensabgabe meist damit begründet, dass die „Schere zwischen Arm und Reich“134 in den letzten Jahren in Deutschland immer weiter auseinandergegangen sei135. Zudem habe die Verschuldung der öffentlichen Haushalte in den letzten Jahren stark zugenommen, so dass auch die privaten Vermögen verstärkt zur Reduzierung der Staatsschulden herangezogen werden müssten. Schließlich sei die Besteuerung der Vermögen in Deutschland ohnehin niedrig136 und demnach an das durchschnittliche Niveau anderer Industriestaaten anzugleichen.

133 134 135

136

bremsen will, muss Millionäre besteuern, BT-Drucks. 17/8792 v. 29.2.2012; Antrag der Fraktion Die Linke, Vermögensteuer als Millionärsteuer wieder erheben, BT-Drucks. 17/453 v. 19.1.2010. Siehe stellvertretend für viele u.a. Walter-Borjans (Finanzminister von NRW, SPD), DB 2012, Heft Nr. 47, Standpunkte Nr. 6, S. 41 ff. Siehe dazu aus soziologischer Sicht (allerdings mit Schwerpunkt auf der Vererbung von Vermögen) Beckert, Erben in der Leistungsgesellschaft, 2013; Beckert, Unverdientes Vermögen, 2004. Deutlich etwa der Gesetzentwurf der SPD (siehe S. 839 Fn. 1), Begründung, Allgemeiner Teil, sowie der Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen (siehe S. 841 Fn. 2), BTDrucks. 17/10770 v. 25.9.2012, S. 11. Siehe zum Ganzen auch den Streit um den Armutsund Reichtumsbericht der BReg., BMAS, Lebenslagen in Deutschland. Der Vierte Armuts- und Reichtumsbericht der BReg., 2013, S. 44 ff. und S. 342 ff. Dazu u.a. die (kritische) Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 186/13 (Beschluss) v. 3.5.2013 (siehe dort etwa die einleitende Feststellung: „Der Bericht der Bundesregierung ist durch das Bestreben geprägt, die realen Verhältnisse mit ihren sozialen Verwerfungen zu verschleiern.“). Siehe auch Deutsche Bundesbank, Vermögen und Finanzen privater Haushalte in Deutschland, Monatsbericht Juni 2013, S. 25 ff. mit zahlreichen Statistiken im Tabellenanhang (S. 39 ff.), 2013, Volltext im Internet unter www.bundesbank.de (S. 30: „Den reichsten 10 % der Haushalte gehören 59,2 % des Nettovermögens. Zum Vergleich, für den Euro-Raum (ohne Deutschland) (...) den reichsten 10 % der Haushalte gehören 46,5 %.“). Dabei wird in der Regel auf entsprechende Studien der OECD (Volltext unter www. oecd.org) verwiesen (so etwa auch der Gesetzentwurf der SPD, siehe S. 839 Fn. 1, Begründung, Allgemeiner Teil), wonach die Steuern auf das Vermögen (neben der Vermögensteuer gehören dazu u.a. auch Grundsteuern sowie die Erbschaft- und Schenkungsteuern) in Deutschland im Jahr 2009 rund 0,9 % des Bruttoinlandsprodukts betragen haben, der entsprechende Durchschnittswert aber bei 1,8 % liege. Die Zahlen dürften aber nur eingeschränkt vergleichbar sein. Kritisch u.a. auch Schreiber/Spengel/Wiegard, DB 2013, Heft Nr. 22, Standpunkte Nr. 4, S. 25 (25); Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.), Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Universität Mannheim, Die Folge von Substanzsteuern für Familienunternehmen, Staat und Gesellschaft, 2013, Volltext im Internet unter www.familienunternehmen.de, dort unter Abschnitt 5.3.

Wachter | 957

27.110

§ 27 Rz. 27.111 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

27.111 Unabhängig von der Stichhaltigkeit dieser Argumente137 gibt es in Deutschland offenbar viele Bürger, die eine höhere Vermögensbesteuerung befürworten. Mehrere Meinungsumfragen138 sind zu dem Ergebnis gekommen, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung die Einführung einer Vermögensteuer und/oder Vermögensabgabe unterstützt139. Dies ist allerdings keineswegs überraschend, da der Kreis der (tatsächlich oder vermeintlich) Betroffenen weniger als 1 % aller Bundesbürger umfassen soll. Höhere Steuern für „Andere“ dürften wohl immer eine Mehrheit finden, noch dazu, wenn es sich dabei (angeblich) um „Reiche“ oder „Millionäre“ handelt. Angesichts dieser Stimmungslage werden Politiker (unterschiedlicher Parteien) das Thema in nächster Zeit vermutlich immer wieder aufgreifen. 27.112 Nach der Bundestagswahl 2013 wurden die Pläne für eine Vermögensteuer und/oder Vermögensabgabe nicht mehr weiterverfolgt. Gleichwohl wird das Thema immer wieder diskutiert. Der Internationale Währungsfonds hat beispielsweise in seinem Fiskalbericht vom Oktober 2013 eine Vermögensabgabe i.H. von 10 % zum Zwecke der Tilgung der Staatschulden in Europa vorgeschlagen. Die Deutsche Bundesbank erörtert in ihrem Monatsbericht vom Januar 2014 gleichfalls die Möglichkeit einer Vermögensabgabe zur Lösung nationaler Solvenzkrisen. Derzeit (Stand: März 2019) ist allerdings nicht davon auszugehen, dass solche Überlegungen in Deutschland tatsächlich umgesetzt werden.

III. Zusammenfassung 27.113 Der Erwerb von Todes wegen und Schenkungen unter Lebenden unterliegen der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Bei der stillen Gesellschaft kann eine Schenkung insbesondere auch vorliegen, wenn die Vermögenseinlage höher oder niedriger bewertet wird, als es ihrem Verkehrswert entspricht, oder eine überhöhte oder zu niedrige Gewinnbeteiligung vereinbart wird. Die typische stille Beteiligung wird bewertungsrechtlich als Kapitalforderung behandelt und ist mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen.

137 Kritisch dazu u.a. Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.), Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Universität Mannheim, Die Folge von Substanzsteuern für Familienunternehmen, Staat und Gesellschaft, 2013, Volltext im Internet unter www.familienunternehmen.de. 138 In einer Forsa-Umfrage vom August 2012 haben sich beispielsweise 77 % der Befragten für eine Vermögensteuer ausgesprochen. Dabei haben selbst die Anhänger von CDU/ CSU (65 %) und FDP (73 %) mehrheitlich eine Vermögensteuer befürwortet. In einer Umfrage von Infratest dimap vom Mai 2013 haben sich 62 % der Befragten für die Einführung einer Vermögensteuer ausgesprochen. Siehe Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 12.5.2013, Nr. 19, S. 23. 139 Möglicherweise hat aber auch die konkrete Art der (nicht näher bekannten) Fragestellung mit zu den hohen Zustimmungswerten beigetragen.

958 | Wachter

Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer | Rz. 27.113 § 27

Bei der atypischen stillen Gesellschaft wird das Betriebsvermögen bewertet und der Wert dem stillen Gesellschafter anteilig zugerechnet. Seit 2009 ist für Betriebsvermögen der gemeine Wert maßgeblich. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus zeitnahen Fremdverkehrsgeschäften ableiten, ist er nach einem anerkannten Bewertungsverfahren zu ermitteln. Im Falle der atypischen stillen Gesellschaft können die speziellen Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen (§§ 13a, 13b ErbStG) zur Anwendung kommen. Derzeit wird in Deutschland keine Vermögensteuer erhoben. Die Wiedereinführung einer Vermögensteuer und/oder Vermögensabgabe wird derzeit auch politisch kaum mehr diskutiert und ist im Moment nicht zu erwarten. Eine etwaige Vermögensteuer und/oder Vermögensabgabe käme zweifellos schon bald nach ihrem Inkrafttreten auf den Prüfstand des Verfassungsrechts. Dies hätte eine jahrelange Phase der Rechtsund Planungsunsicherheit zur Folge. Der Ausgang eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht ist naturgemäß völlig offen. Allerdings sprechen viele Gründe gegen die Verfassungsmäßigkeit sowohl der Vermögensteuer als auch der Vermögensabgabe. Das Bewertungsproblem ist und bleibt ungelöst (und wohl auch unlösbar). Die Erfahrungen mit der Grundsteuer zeigen, dass eine gleichermaßen realitätsgerechte und praktikable Bewertung kaum möglich ist. Dies gilt selbst bei Immobilien, wo auf eine Vielzahl von bereits vorliegenden Informationen zurückgegriffen werden kann. Sehr viel größere Probleme bestehen bei Unternehmen und den vielen anderen Vermögenswerten. Die Erhebung einer Vermögensteuer bzw. Vermögensabgabe ist zudem mit überproportional hohen Kosten verbunden („kostet viel, bringt wenig“). Die meisten Untersuchungen zu diesem Thema sind offensichtlich stark von der Interessenlage der Beteiligten geprägt, so dass verlässliche Zahlen kaum verfügbar sind. In jedem Fall würde eine Vermögensteuer bzw. Vermögensabgabe sowohl bei der Finanzverwaltung als auch den Steuerpflichtigen und deren Beratern erhebliche personelle und finanzielle Ressourcen binden. Das angestrebte Steueraufkommen von rund 10 Mrd. Euro jährlich könnte (wenn dies wirklich erzielt werden soll) zudem auf andere Weise deutlich einfacher erreicht werden. Dabei müsste nicht einmal die Einkommen- und/oder Umsatzsteuer erhöht werden. Mehreinnahmen wären ohne Weiteres auch bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer und/oder der Grundsteuer möglich. Im Übrigen dürfte das Steueraufkommen ganz entscheidend davon abhängen, ob und inwieweit unternehmerisches Vermögen entlastet wird. Kommt es hier zu einer effektiven Entlastung, dürfte das Steueraufkommen deutlich geringer ausfallen als geplant. Erfolgt dagegen keine (echte) Entlastung, wird das Steueraufkommen bei der Vermögensteuer bzw. Vermögensabgabe zwar (kurzfristig) erreicht werden; mittelund langfristig wird eine solche Substanzbesteuerung aber nicht ohne nachteilige Folgen für die Unternehmen und deren Inhaber bleiben (und damit auch zu einem rückläufigen Gesamtsteueraufkommen führen). Rechtspolitisch wäre eine solche Steuer jedenfalls kaum das richtige Signal (wie zuletzt die Entwicklung in Frankreich wieder anschaulich gezeigt hat). Allein die Diskussion um die (Wieder-)Einführung einer Vermögensteuer bzw. Vermögensabgabe erweist sich bereits als schädlich. Nach Inkrafttreten eines entsprechenden Gesetzes wäre erst recht mit massiven Ausweichreaktionen zu rechnen.

Wachter | 959

§ 28 Grund- und Grunderwerbsteuer Schrifttum: (1) Allgemein: Behrens, Anmerkungen zu den gleich lautenden Ländererlassen zu § 1 Abs. 2a GrEStG vom 12.11.2018, BB 2019, 30; Behrens/Bielinis, Grunderwerbsteuerrechtliche Zurechnung von Gesellschaftsanteilen nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO?, DStR 2014, 2369; Behrens/Seemaier, Treuhandverhältnisse in Bezug auf Grundstücke und Gesellschaftsanteile bei der Grunderwerbsteuer, BB 2018, 1111; Behrens, Grunderwerbsteuergesetz, 2018; Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 19. Aufl. 2019; Broemel/Lange, Der neue Erlass zu § 1 Abs. 2a GrEStG – Änderungen, Implikationen und offene Fragen, DStR 2019, 185; Englisch in Tipke/ Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 18 Rz. 1 ff., S. 1177 ff.; Geck, Treuhandverhältnisse im Zivil-, Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuerrecht, kösdi 472018, 20711; Gottwald in Spiegelberger/ Schallmoser, Die Immobilie im Zivil- und Steuerrecht, 3. Aufl. 2018, Kapitel 1, Abschnitt E, Rz. 1.701 ff., S. 197 ff.; Gottwald/Behrens, Grunderwerbsteuer, 6. Aufl. 2019; Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, 11. Aufl. 2016; Pahlke, Grunderwerbsteuergesetz, 6. Aufl. 2018; Rutemöller, Das Ende schuldrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen mittelbarer Änderungen des Gesellschafterbestands gem. § 1 Abs. 2a GrEStG?, BB 2015, 1058; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, 7. Aufl. 2019, Teil 9.3., Rz. 572 ff., S. 308 ff.; Schönhaus in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 2, 5. Aufl. 2019, § 79 Rz. 9 ff., S. 2003 ff.; Wagner/Mayer, Transaktionspraxis: Die Rechtsprechung des BFH im Grunderwerbsteuerrecht 2016/2017, BB 2018, 2071; Weigl, Stille Gesellschaft, Treuhand und Unterbeteiligung, 3. Aufl. 2012. – (2) Geplante Reform des Grunderwerbsteuergesetzes bei Share Deals: Behrens, Beschlussempfehlung des Bundesrats zur „GrESt-Reform“ vom 20.9.2019, BB 2019, Heft 43, Die Erste Seite; Behrens/ Dworog, Verfassungsrechtliche Zweifel an den Vorschlägen zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes in Bezug auf Share Deals, BB 2018, 1943; Behrens/Waadt, Grunderwerbsteuer bei sog. Share Deals nach dem Referentenentwurf des BMF vom 8.5.2019, BB 2019, 1367; Broemel/Mörwald, Grunderwerbsteuerreform im Bereich der „Share Deals“ Beschlüsse der Finanzministerkonferenz, Praxisfolgen, verfassungsrechtliche Probleme, DStR 2018, 1521; Drüen, Verfassungsfragen bei der Reform der Grunderwerbsteuer, Ubg 2018, 605 (Teil 1) und Ubg 2018, 673 (Teil 2); Heurung/Tigges, Ländervergleich zur grunderwerbsteuerlichen Behandlung sog. Share Deals, Ubg 2018, 110; Institut für Finanzen und Steuern (Hrsg.), Reform der Erfassung von Share Deals bei der Grunderwerbsteuer, ifst-Schrift 528 (2019); Hirschberg/Schaflitzl, Grunderwerbsteuer – Stand der Reformüberlegungen und mögliche Auswirkungen für die Beratungspraxis, Ubg 2019, 253 (Teil I) und Ubg 2019, 315 (Teil II); Hötzel, Grunderwerbsteueranzeigen in Zeiten komplexer Immobilientransaktionen: Schnell vor sachgerecht?, Der Konzern 2019, 320; Joisten, GrEStG: Sind die geplanten Gesetzesänderungen bei der Besteuerung von Share Deals schon jetzt zu berücksichtigen?, GmbHR 2018, 1041; Lüdicke, Gesetz zur Änderung des GrEStG: Unnötige Gefährdung grundbesitzender Unternehmen durch massive Ausweitung der Steuerersatztatbestände, DB 2019, 1864; Rotter/Noack, Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode – Ausblick und Auswirkungen für die Immobilienbranche, BB 2018, 1117; Schley, Grunderwerbsteuerreform – Die Einschränkung von Immobilien-Share-Deals nach dem Referentenentwurf des „Jahressteuergesetzes 2019“, GmbHR 2019, 645; Wagner, GrESt bei Share Deals: Besonderheiten bei Fondsstrukturen und börsennotierten Gesellschaften, DB 2019, 1409; Wagner, GrESt bei Share Deals, DB 2019, 1286; Wagner, Geplante Änderungen bei der Besteuerung von Share Deals, DB 2018, 1553; Wälzholz, Grunderwerbsteuer für die notarielle Praxis, MittBayNot 2019, 1; Wünnemann, Share-Deal-Neuregelung schafft Vollzugsdefizit, DB 2019, Heft 23, M24; Zapf, Jahressteuergesetz 2.0: Der Regierungsentwurf ist da, FR 2019, 804.

960 | Wachter

Grund- und Grunderwerbsteuer | Rz. 28.3 § 28

I. Grunderwerbsteuer 1. Einführung Die Grunderwerbsteuer hat in den letzten Jahren erheblich an praktischer Bedeutung gewonnen. Eine wesentliche Ursache dafür sind die (zumindest in den Großstädten) stark gestiegenen Immobilienpreise, was sich unmittelbar auf die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer auswirkt. Darüber hinaus wurde der ursprünglich bundeseinheitliche Steuersatz von 3,5 % in den meisten Bundesländern deutlich erhöht (teilweise auf bis zu 6,5 %). Der Gesetzgeber hat den Kreis der grunderwerbsteuerpflichtigen Tatbestände zudem immer mehr ausgeweitet und insbesondere zahlreiche gesellschaftsrechtliche Vorgänge der Grunderwerbsteuer unterworfen1. Demgegenüber wurden die entsprechenden Steuerbefreiungen (wie etwa die Konzernklausel, § 6a GrStG2) sehr eng gefasst. Für steuerbegünstigte Körperschaften besteht (anders als in nahezu allen anderen Steuergesetzen) keine spezifische Befreiung von der Grunderwerbsteuer.

28.1

Das Aufkommen aus der Grunderwerbsteuer ist dementsprechend in den letzten Jahren erheblich angestiegen. Innerhalb der letzten Jahre hat sich das Steueraufkommen mehr als verdoppelt (von ca. 4,9 Mrd. Euro im Jahre 2009 auf ca. 13,1 Mrd. Euro im Jahr 2017). Die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer stehen grundsätzlich den Bundesländern zu (Art. 106 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 7 Satz 2, Art. 107 Abs. 1 Satz 1 GG).

28.2

2. Steuerpflichtige Erwerbsvorgänge Der Erwerb von inländischen Grundstücken unterliegt der Grunderwerbsteuer (§ 1 GrEStG). Der Besteuerung unterliegen nicht nur Grundstückskaufverträge, sondern auch zahlreiche gleichgestellte Rechtsvorgänge (siehe im Einzelnen § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 und § 1 Abs. 2 GrEStG). Darüber hinaus kann auch die (unmittelbare oder mittelbare) Übertragung von Anteilen an (in- oder ausländischen) Personen- und Kapitalgesellschaften Grunderwerbsteuer auslösen, wenn zum Vermögen der Gesellschaft (inländische) Grundstücke (oder Anteile an anderen Gesellschaften mit Grundstücken) gehören (siehe § 1 Abs. 2a3, 1 § 1 Abs. 2a GrEStG wurde zuletzt durch das Steueränderungsgesetz v. 2.11.2015 (BGBl. I 2015, 1834) geändert. Siehe dazu u.a. Behrens/Halaczinsky, UVR 2015, 371; Halaczinsky, ErbStB 2016, 27; Heine, UVR 2016, 44; Loose, DB 2015, 1003. 2 Die Vorschrift des § 6a GrEStG ist keine verbotene staatliche Beihilfe i.S.v. Art. 107 Abs. 1 AEUV, siehe EuGH v. 19.12.2018 – C-374/17 (FA B/A-Brauerei), DStR 2019, 49 = IStR 2019, 70 mit Anm. Linn/Pignot = DB 2019, 25 mit Anm. Fertig = BB 2019, 354 mit Anm. Behrens = GmbH-StB 2019, 62 mit Anm. Böing. Ausführlich dazu u.a. Cloer/Vogel, BB 2019, 151. Zu § 6a Satz 1 GrEStG a.F. siehe BFH v. 22.11.2018 – II B 8/18, GmbHR 2019, 125 = BB 2019, 165 mit Anm. Behrens (keine Anwendung auf Erwerbsvorgänge i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). 3 Siehe dazu die aktuellen Stellungnahmen der Finanzverwaltung: Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 12.11.2018, BStBl. I 2018, 1314 = DB 2018, 3091 = DStR 2018, 2582 (Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG, ausführlich dazu Behrens, BB 2019, 30; Broemel/Lange, DStR 2019, 185); Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden

Wachter | 961

28.3

§ 28 Rz. 28.3 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

34 und 3a5 GrEStG). Die einzelnen Steuertatbestände sind außerordentlich weitreichend und vergleichsweise unbestimmt. Seit 2013 kann nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine „wirtschaftliche Beteiligung“ an einer Gesellschaft Grunderwerbsteuer begründen (§ 1 Abs. 3a GrEStG).6 Stille Gesellschaften sind als bloße Innengesellschaften allerdings keine Gesellschaften (im Sinne von § 1 Abs.2a, 3 und 3a GrEStG).7 Die ertragsteuerliche Unterscheidung zwischen typischen und atypisch stillen Gesellschaften ist für die Grunderwerbsteuer grundsätzlich ohne Bedeutung.

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5

6 7

der Länder v. 12.11.2018, DB 2018, 3023 = DStR 2018, 2582 (Mittelbare Änderung des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden Personengesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG, Hinweise zu BFH v. 9.7.2014 – II R 49/12, BStBl. II 2016, 57 und Aufhebung der Gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 9.12.2015, BStBl. I 2016, 136); sowie aus der neueren Rechtsprechung BFH v. 30.8.2017 – II R 39/15, BStBl. II 2018, 786 = GmbHR 2018, 266 (Mittelbare Änderung des Gesellschafterbestands einer Personengesellschaft); BFH v. 25.11.2015 – II R 18/14, BStBl. II 2018, 783 = GmbHR 2016, 255 (Mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes i.S.v. § 1 Abs. 2a GrEStG durch Abschluss von Treuhandverträgen) und BFH v. 9.7.2014 – II R 49/12, BStBl. II 2016, 57 = GmbHR 2014, 1171 (zur Anwendung der Grundsätze des § 39 Abs. 2 Satz 1 AO bei rein wirtschaftlich zu beurteilenden mittelbaren Änderungen im Gesellschafterbestand). Ausführlich (und kritisch) dazu u.a. Behrens/Bielinis, DStR 2014, 2369; Rutemöller, BB 2015, 1058. Siehe dazu die aktuellen Stellungnahmen der Finanzverwaltung: Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 19.9.2018, BStBl. I 2018, 1053 = DB 2018, 2601 = DStR 2018, 2207 (Mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundbesitzenden (Personen-)Gesellschaft i.S. des § 1 Abs. 3 GrEStG); Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 19.9.2018, BStBl. I 2018, 1056 = DB 2018, 2721 = DStR 2018, 2341 (Anwendung des § 1 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 GrEStG auf Organschaftsfälle); Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 19.9.2018, BStBl. I 2018, 1069 = DB 2018, 2605 = DStR 2018, 2211 (Anwendung der §§ 3 und 6 GrEStG in den Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG) sowie Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 19.9.2018, BStBl. I 2018, 1074 = DB 2018, 2602 = DStR 2018, 2208 (Erwerbsvorgänge im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG im Zusammenhang mit Treuhandgeschäften und Auftragserwerben bzw. Geschäftsbesorgungen); ausführlich zu den aktuellen Erlassen Fischer, Michael, ZEV 2019, 2, und zu Treuhandverhältnissen im Grunderwerbsteuerrecht Behrens, BB 2018, 1111; Geck, kösdi 4/2018, 20711. Aus der neueren Rechtsprechung siehe BFH v. 27.9.2017 – II R 41/15, BStBl. II 2018, 667 = GmbHR 2018, 272 (Mittelbare Anteilsvereinigung bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft); BFH v. 25.11.2015 – II R 18/14, BStBl. II 2018, 783 = GmbHR 2016, 255 (Mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes i.S.v. § 1 Abs. 2a GrEStG durch Abschluss von Treuhandverträgen), und BFH v. 12.3.2014 – II R 51/12, BStBl. II 2016, 356 = GmbHR 2014, 950 (Mittelbare Anteilsvereinigung bei grundbesitzender GmbH & Co. KG). Siehe dazu Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 19.9.2018, BStBl. I 2018, 1078 = DB 2018, 2538 = DStR 2018, 2213 (Anwendung des § 1 Abs. 3a GrEStG). Zu einem (komplizierten) Fall einer mittelbaren Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG trotz einer bereits zuvor bestehenden atypischen stillen Beteiligung siehe FG Münster v. 9.11.2004 – 8 K 5501/03 GrE, EFG 2005, 472 mit Anm. Fumi. Ausführlich dazu Meßbacher-Hönsch in Boruttau, § 1 GrEStG Rz. 1178 ff.; Pahlke, § 1 GrEStG Rz. 400 ff. Behrens in Behrens, § 1 GrEStG Rz. 12, 316, 327 und 506.

962 | Wachter

Grund- und Grunderwerbsteuer | Rz. 28.5 § 28

Seit 2018 wird über eine weitere Ausdehnung der Steuertatbestände (für Share Deals) diskutiert. Dabei geht es u.a. um eine Herabsetzung der Beteiligungsquoten von derzeit 95 % auf künftig 90 % (u.U. sogar auf 75 %), eine Verlängerung der bisherigen fünfjährigen Behaltefristen auf künftig sieben bzw. zehn Jahre und eine Ausweitung des bislang nur für Personengesellschaften geltenden Steuertatbestandes des § 1 Abs. 2a GrEStG auf Kapitalgesellschaften. Im Juli 2019 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes beschlossen.8 Nach derzeitigem Stand (Januar 2020) soll das Gesetzgebungsverfahren aber erst in diesem Jahr fortgeführt werden.9 Der Ausgang des weiteren Verfahrens bleibt abzuwarten. Besteht die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters in der Einbringung eines Grundstücks, das in das Eigentum des Geschäftsinhabers übergeht, stellt dies einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang dar10. Das gilt jedoch nicht, wenn das Grundstück dem Inhaber nur zum Gebrauch überlassen wird, weil sich dann an der Rechtszuständigkeit nichts ändert.11

28.4

Wird die Verpflichtung des stillen Gesellschafters, das Grundstück auf den Inhaber zu übertragen, durch den Gesellschaftsvertrag begründet, so ist der Gesellschaftsvertrag regelmäßig formbedürftig (§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB)12. Mangelt es an der notariellen Beurkundung, wird der Steuertatbestand zunächst noch nicht verwirklicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Der Formmangel kann aber durch die spätere Eigentumsumschreibung geheilt werden13.

28.5

8 Siehe BT-Drucks. 19/13437 v. 23.9.2019 = BR-Drucks. 355/19 v. 9.8.2019, Stellungnahme des Bundesrats, BR-Drucks. 355/19 (Beschluss) v. 20.9.2019 und Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 19/13546). 9 Ausführlich zum Ganzen u.a. Behrens/Dworog, BB 2018, 1943; Behrens/Waadt, BB 2019, 1367; Broemel/Mörwald, DStR 2018, 1521; Drüen, Ubg 2018, 605 (Teil 1) und Ubg 2018, 673 (Teil 2); Heurung/Tigges, Ubg 2018, 110; Hirschberg/Schaflitzl, Ubg 2019, 253 (Teil I) und Ubg 2019, 315 (Teil II); Hötzel, Der Konzern 2019, 320; Joisten, GmbHR 2018, 1041; Lüdicke, DB 2019, 1864; Schley, GmbHR 2019, 645; Wagner, DB 2019, 1409; Wagner, DB 2019, 1286; Wagner, DB 2018, 1553; Wälzholz, MittBayNot 2019, 1; Zapf, FR 2019, 804. 10 Pahlke, § 1 GrEStG Rz. 46; Weigl, Stille Gesellschaft, Treuhand und Unterbeteiligung, S. 9. 11 Zur Einbringung eines Grundstücks dem Werte nach (quod sortem) siehe Behrens in Behrens, § 1 GrEStG Rz. 244. 12 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 21; Piehler in Notarhdb. Gesellschafts- und Unternehmensrecht, § 21 Rz. 37; Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 10; Weigl, Stille Gesellschaft, Treuhand und Unterbeteiligung, S. 10 f. 13 Siehe BFH v. 18.3.2005 – II R 19/02, BFH/NV 2005, 1368. Dieser Fall betraf allerdings eine etwas komplexere Konstellation: Die stille Gesellschafterin hatte zunächst nur Bargeld eingebracht, welches vereinbarungsgemäß zum Erwerb und zur Bebauung eines Grundstücks durch den Inhaber verwendet wurde. In dem formlos abgeschlossenen Beteiligungsvertrag wurde zusätzlich die Verpflichtung des Inhabers aufgenommen, das zu erwerbende Grundstück bei Auflösung der Gesellschaft auf die stille Gesellschafterin zu übertragen. Dies wurde durch notariellen Auflösungsvertrag dann auch so abgewickelt. Das Gericht entschied, dass tatbestandserfüllendes Rechtsgeschäft jedenfalls nicht der formnichtige Beteiligungs-

Wachter | 963

§ 28 Rz. 28.6 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

28.6 Das Einbringen eines Betriebes in eine stille Gesellschaft ist hinsichtlich der eingebrachten Grundstücke auch dann grunderwerbsteuerpflichtig, wenn der einbringende stille Gesellschafter als Mitunternehmer zu behandeln ist14. Der atypische stille Gesellschafter erhält durch seine schuldrechtlichen Ansprüche auf anteiligen Gewinn auch kein Verwertungsrecht über die Grundstücke (siehe § 1 Abs. 2 GrEStG). Das Grunderwerbsteuerrecht unterscheidet nicht zwischen typisch stillen und atypischen stillen Gesellschaften. Die Beteiligung des stillen Gesellschafters an den stillen Reserven des Handelsgeschäfts ist somit nur für das Ertragsteuerrecht, nicht aber auch für das Grunderwerbsteuerrecht von Bedeutung15. 28.7 Gehören Grundstücke zum Betriebsvermögen des Inhabers, so wird durch die Begründung der stillen Gesellschaft keine Grunderwerbsteuer ausgelöst, weil sich an der sachenrechtlichen Zuordnung der Grundstücke nichts ändert. Selbst der atypische stille Gesellschafter, den das Steuerrecht als Mitunternehmer behandelt und damit den Gesellschaftern einer handelsrechtlichen Personengesellschaft gleichsteht, erlangt keine dingliche Mitberechtigung an den zum Betriebsvermögen des Inhabers gehörenden Grundstücken.16 28.8 Wird dem stillen Gesellschafter das von ihm eingebrachte Grundstück, das in das Eigentum des Inhabers übergegangen ist, bei der Beendigung der Gesellschaft zurückübereignet, so ist dieser Vorgang ebenfalls grunderwerbsteuerpflichtig. Die im Gesellschaftsvertrag niedergelegte Verpflichtung des Inhabers zur Rückübereignung des Grundstücks ist im Zweifel an die Auflösung der stillen Gesellschaft geknüpft. Die Steuerschuld entsteht dann erst mit der Auflösung der Gesellschaft. War die Rückübereignung schon beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags vereinbart, kann der Wille der Beteiligten aber möglicherweise nur auf eine Gebrauchsüberlassung gerichtet gewesen sein (beispielweise wenn der Inhaber nach dem Gesellschaftsvertrag über das Grundstück nicht verfügen durfte). Darüber hinaus kann auch eine steuerfreie Rückgängigmachung des ursprünglichen Erwerbs vorliegen (siehe § 16 GrEStG).17

14 15 16 17

vertrag sein könne. Dieser wurde später auch nicht geheilt, da die letztlich erfolgte Übertragung nicht auf dem Beteiligungsvertrag, sondern auf dem bei Auflösung geschlossenen und notariell beurkundeten Auflösungsvertrag beruhe. BFH v. 11.12.1974 – II R 170/73, BStBl. II 1975, 363 = DB 1975, 1011 = BB 1975, 644; BFH v. 30.11.1983 – II R 131/81, BStBl. II 1984, 160 = DStR 1984, 117 = BB 1984, 389; Meßbacher-Hönsch in Boruttau, § 1 GrEStG Rz. 302 ff. BFH v. 11.12.1974 – II R 170/73, BStBl. II 1975, 363 = DB 1975, 1011 = BB 1975, 644. Zur grunderwerbsteuerrechtlichen Irrelevanz von (atypisch) stillen Beteiligungen siehe Behrens/Bielinis, DStR 2014, 2369 (2375). Behrens in Behrens, § 1 GrEStG Rz. 247, 316 und 327. Zur Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG bei der Vertragsaufhebung mit einer grundbesitzenden Gesellschaft siehe BFH v. 19.9.2018 – II R 10/16, GmbHR 2019, 197 = DStR 2019, 53 = BB 2019, 551 mit Anm. Behrens = DB 2019, 37.

964 | Wachter

Grund- und Grunderwerbsteuer | Rz. 28.13 § 28

Durch eine atypische stille Beteiligung lässt sich eine grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsvereinigung nicht vermeiden (§ 1 Abs. 3 GrEStG)18. Das gilt sowohl bei mittelbarer als auch bei unmittelbarer oder teilweise mittelbarer Anteilsvereinigung.

28.9

3. Steuerbefreiungen Einzelne Erwerbsvorgänge sind von der Grunderwerbsteuer ausgenommen (siehe im Einzelnen §§ 3 bis 7 GrEStG). Von der Grunderwerbsteuer sind insbesondere solche Erwerbsvorgänge befreit, bei denen zwischen Veräußerer und Erwerber persönliche bzw. familiäre Verbindungen bestehen oder bestanden (siehe z.B. § 3 Nr. 4 und 6 GrEStG).

28.10

Darüber hinaus wird die Grunderwerbsteuer beim Übergang von bzw. auf eine Gesamthand nicht erhoben, sofern sich die wirtschaftlichen Berechtigungsverhältnisse an dem Grundstück nicht ändern (siehe im Einzelnen §§ 5 und 6 GrEStG). Die stille Gesellschaft ist allerdings keine Gesamthand19. Dies gilt auch für die atypische stille Gesellschaft, die das Steuerrecht als Mitunternehmerschaft behandelt. Der atypische stille Gesellschafter erwirbt keine dingliche Mitberechtigung20.

28.11

In einem vom BFH entschiedenen Fall21 kaufte die Klägerin von ihrer Kommanditistin, die zu 98,8 % an der Klägerin beteiligt war, ein Grundstück. Die Klägerin hatte noch eine atypische stille Gesellschafterin mit einer Gewinn- und Verlustbeteiligung von 15,7 %. Gegenstand des Rechtsstreits war nicht die Nichterhebung der Steuer bezüglich der Beteiligung von 98,8 % (gemäß § 5 Abs. 2 GrEStG), sondern die stille Beteiligung von 15,7 %. Das Finanzamt war der Auffassung, dass diese stille Beteiligung bei der Beteiligungsquote (gemäß § 5 Abs. 2 GrEStG) mit zu berücksichtigen und damit der Grundstückskauf in dieser Höhe grunderwerbsteuerpflichtig sei. Dem ist der BFH mit Recht nicht gefolgt, weil auch die atypische stille Gesellschaft keine Gesamthandgemeinschaft i.S. des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist und das Grunderwerbsteuerrecht in diesem Punkt dem bürgerlichen Recht folgt.

28.12

Für den Erwerb eines Grundstücks vom Schwiegervater durch eine (aus Schwiegervater und Schwiegersohn bestehende) OHG fällt die Grunderwerbsteuer somit nur insoweit an, als der Schwiegersohn an der OHG beteiligt ist (§ 5 Abs. 2 GrEStG). Dies gilt auch dann, wenn der Schwiegersohn bereits vor der Gründung der OHG als stiller Gesellschafter an dem Handelsgewerbe seines Schwiegervaters beteiligt war und das

28.13

18 BFH v. 30.3.1988 – II R 76/87, BStBl. II 1988, 550; Meßbacher-Hönsch in Boruttau, § 1 GrEStG Rz. 985. 19 FG Münster v. 9.11.2004 – 8 K 5501/03 GrE, EFG 2005, 472 mit Anm. Fumi; Behrens in Behrens, § 1 GrEStG Rz. 12, 316 und 327; Pahlke, § 1 GrEStG Rz. 46 sowie § 5 GrEStG Rz. 6 und 24; Schley in Behrens, § 5 GrEStG Rz. 27; H.-U. Viskorf in Boruttau, § 5 GrEStG Rz. 12 und 21. 20 BFH v. 30.11.1983 – II R 131/81, BStBl. II 1984, 160 = DStR 1984, 117 = BB 1984, 389; Meßbacher-Hönsch in Boruttau, § 1 GrEStG Rz. 302 ff.; Schley in Behrens, § 5 GrEStG Rz. 27. 21 BFH v. 30.11.1983 – II R 131/81, BStBl. II 1984, 160 = DStR 1984, 117 = BB 1984, 389.

Wachter | 965

§ 28 Rz. 28.13 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Grundstück während dieser Zeit von dem Schwiegervater für Rechnung der stillen Gesellschaft erworben worden war22.

28.14 Für bestimmte Umwandlungen und Einbringungen im Konzern wird gleichfalls keine Grunderwerbsteuer erhoben (§ 6a GrEStG).23 4. Bemessungsgrundlage

28.15 Die Grunderwerbsteuer bemisst sich nach dem Wert der Gegenleistung (§§ 8 ff. GrEStG). Bei gesellschaftsrechtlichen Erwerbsvorgängen (z.B. Umwandlungen, Einbringungen, Anteilsübertragungen) gelten die Grundbesitzwerte (nach §§ 151, 157 BewG) als Bemessungsgrundlage.24 28.16 Bei Auflösung einer Gesellschaft samt Übereignung eines Grundstücks an den stillen Gesellschafter kann die Ermittlung der Bemessungsgrundlage zweifelhaft sein. Ein „Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage“ (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG) liegt nach allgemeiner Auffassung nur dann vor, wenn der Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt ist25. Im Rahmen der stillen Gesellschaft steht jedoch der stille Gesellschafter nicht originär der Gesellschaft gegenüber, sondern hat sich auf Grundlage schuldrechtlicher Ansprüche an den Geschäftsinhaber zu wenden. Die Regelung (des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG) ist damit nicht anwendbar; es bleibt bei der Steuerbemessung nach allgemeinen Grundsätzen (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Erhält der stille Gesellschafter bei der Auflösung der Gesellschaft an Stelle der originär vereinbarten Geldabfindung ein Grundstück übereignet, so besteht die Gegenleistung in der Aufgabe der Beteiligung, deren Wert die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer bildet (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG). 5. Steuerberechnung

28.17 Die Steuer beträgt heute (abweichend vom Wortlaut des § 11 Abs. 1 GrEStG) nicht mehr bundesweit 3,5 %. Vielmehr steht den Bundesländern aufgrund der Föderalismusreform im Jahre 2006 heute das Recht zu, den Steuersatz selbst zu bestimmen (Art. 105 Abs. 2a Satz 2, Art. 125a Abs. 2 GG). Die Steuersätze schwanken heute (je nach Bundesland) zwischen 3,5 % und 6,5 %. 28.18 Steuerschuldner sind in der Regel die an einem Erwerbsvorgang beteiligten Personen (siehe § 13 GrEStG). 22 BFH v. 7.4.1976 – II R 97/70, BStBl. II 1976, 697. 23 Siehe dazu EuGH v. 19.12.2018 – C-374/17 (FA B/A-Brauerei), DStR 2019, 49 = IStR 2019, 70 mit Anm. Linn/Pignot = DB 2019, 25 mit Anm. Fertig = BB 2019, 354 mit Anm. Behrens = GmbH-StB 2019, 62 mit Anm. Böing; ausführlich u.a. Cloer/Vogel, BB 2019, 151; und BFH v. 22.11.2018 – II B 8/18, GmbHR 2019, 125 = BB 2019, 165 mit Anm. Behrens (keine Anwendung auf Erwerbsvorgänge i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). 24 Siehe dazu nur Pahlke, § 8 GrEStG Rz. 54 ff. 25 Schleswig-Holsteinisches FG v. 13.3.2002 – III 108/00, EFG 2002, 858 (durch BFH v. 18.3.2005 – II R 19/02, BFH/NV 2005, 1368, aus anderen Gründen aufgehoben). Zustimmend Pahlke, § 8 GrEStG Rz. 65; H.-U. Viskorf in Boruttau, § 8 GrEStG Rz. 85.

966 | Wachter

Grund- und Grunderwerbsteuer | Rz. 28.20 § 28

6. Sonstiges Alle Rechtsvorgänge, die Grunderwerbsteuer auslösen können, sind von den Beteiligten (und den daran mitwirkenden Gerichten, Behörden und Notaren) dem zuständigen Finanzamt vollständig anzuzeigen (siehe §§ 17 ff. GrEStG). Form und Inhalt der steuerlichen Anzeigen sind gesetzlich geregelt (§ 20 GrEStG).26 Eintragungen im Grundbuch sind grundsätzlich erst nach Vorlage einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung möglich (§ 22 GrEStG).

28.19

In bestimmten Fällen wird die bereits entstandene Grunderwerbsteuer ausnahmsweise nicht festgesetzt bzw. die bereits erfolgte Steuerfestsetzung wieder aufgehoben (siehe § 16 GrEStG i.V.m. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO). Dies ist insbesondere dann möglich, wenn der ursprüngliche Erwerbsvorgang (rechtlich und tatsächlich) wieder rückgängig gemacht wird. Voraussetzung ist allerdings, dass der Erwerb dem Finanzamt ordnungsgemäß angezeigt worden war (siehe § 16 Abs. 5 GrEStG).27

28.20

II. Grundsteuer Schrifttum: (1) Allgemein: Halaczinsky, 50 Jahre Einheitswerte 1964 – Bewertung des Grundbesitzes in den alten Bundesländern, Aktuelle Fragen der Einheitsbewertung, DStR 2014, Beihefter zu Heft 45/2014, 139; Nehls/Scheffler, Grundsteuerreform: Aufkommens- und Belastungswirkungen des Äquivalenz-, Kombinations- und Verkehrswertmodells, Institut Finanzen und Steuern e.V., Schrift Nr. 503, 2015; Schallmoser in Spiegelberger/Schallmoser, Die Immobilie im Zivil- und Steuerrecht, 3. Aufl. 2018, Kapitel 1, Abschnitt G, Rz. 1.930 ff., S. 236 ff.; Schmehl, Kritische Bestandsaufnahme der Grundsteuer in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, Bd. 35, Kommunalsteuern und -abgaben, herausgegeben von Joachim Wieland, 2012, S. 249 ff.; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 16 Rz. 1 ff., S. 955 ff.; Stöckel/Volquardsen, Festsetzung der Grundsteuer, 2017; Troll/Eisele, Grundsteuergesetz, 11. Aufl. 2014. – (2) Urteil des BVerfG vom 10.4.2018 und Reform der Grundsteuer: Beck, Die Reform der Grundsteuer. Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft, DS 2019, 48; Broer/Jarass, Verfassungsfeste Erhebung der Grundsteuer mittels Grundsteuererklärung, BB 2018, 919; Eisele, Einheitsbewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer verfassungswidrig, NWB 18/2018, 1299; Freund, Der Belastungsgrund der Grundsteuer – von Leistungsfähigkeit und Äquivalenz, FR 2019, 931; Göppert, Grundsteuerreform auf der Zielgeraden!?, FR 2019, 955; Hinder/Feldhaus, Verfassungswidrigkeit der Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer, GmbHR 2018, R 135; Jarass, Reform der Grundsteuer: ein Zwischenbericht, BB 2018, 3041; Kirchhof, Gregor, Die grundgesetzlichen Grenzen der Grundsteu26 Zur Neufassung von § 20 GrEStG durch Art. 14 Nr. 3 des „Jahressteuergesetzes 2018“ (Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften) v. 11.12.2018, BGBl. I 2018, 2338. Zur (derzeit noch unbestimmten) zeitlichen Anwendbarkeit der Neuregelung siehe § 23 Abs. 16 Satz 2 GrEStG. 27 Siehe dazu BFH v. 22.5.2019 – II R 24/16, DStR 2019, 2258 sowie Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 24.10.2018, BStBl. I 2018, 1226 = DB 2018, 2903 = DStR 2018, 2481 (Aufhebung der Gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 4.6.2013, BStBl. I 2013, 1277. Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anzeige i.S.d. § 16 Abs. 5 GrEStG; Konsequenzen aus dem BFH-Urteil v. 18.4.2012 – II R 51/11, BStBl. II 2013, 830).

Wachter | 967

§ 28 Rz. 28.21 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft erreform. Verfassungsrechtliche Analyse der Reformvorschläge für eine Neubemessung der Grundsteuer, DStR 2018, 2661; Löhr, Entwurf zum Grundsteuer-Reformgesetz: Die große Unvollendete, DStR 2019, 1433; Löhr, Grundsteuerreform: Abschaffung der Umlagefähigkeit?, BB 2019, 91; Löhr/Kempny, Zur Grundsteuerreform: Grundzüge eines Bodenwertsteuergesetzes, DStR 2019, 537; Lorenz/Trautvetter, Grundsteuerreform – Wer gewinnt, wer verliert?, BB 2019, 1751; Mayer, Perspektiven und Schranken einer GrSt-Reform nach dem BVerfG-Urteil vom 10.4.2018, DB 2018, 2200; Rotter/Noack, Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode – Ausblick und Auswirkungen für die Immobilienbranche, BB 2018, 1117; Schmidt, Thorsten Ingo, Gesetzgebungskompetenz zur Neuregelung der Grundsteuer, NVwZ 2019, 103; Seer, Reform der Grundsteuer nach dem Entwurf der Bundesregierung, FR 2019, 941; Seer, Grundsteuer nach dem Urteil des BVerfG vom 10.4.2018 – Analyse und Folgerungen, DB 2018, 1488.

28.21 Der inländische Grundbesitz unterliegt der Grundsteuer (§ 2 GrStG). Die Grundsteuer knüpft allein an den Grundbesitz an. Die Besteuerung erfolgt ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse des Eigentümers und dessen Leistungsfähigkeit. Die Grundsteuer gehört somit zu den Realsteuern (§ 3 Abs. 2 AO). Im Ergebnis handelt es sich bei der Grundsteuer um eine besondere Form der Vermögensteuer. 28.22 Das Aufkommen aus der Grundsteuer ist den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen und belief sich im Jahr 2017 auf rund 14 Mrd. Euro. Die Grundsteuer steht alleine den Gemeinden zu (Art. 106 Abs. 6 GG) und stellt für diese eine wichtige (und vor allem konjunkturunabhängige) Einnahmequelle dar. 28.23 Die Grundsteuer ist seit langem außerordentlich umstritten. Eine vollständige Abschaffung wird zwar immer wieder gefordert28, ist derzeit aber nicht zu erwarten. In dem Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode (2013 bis 2017) hatte die Bundesregierung zur Grundsteuer Folgendes vereinbart: „Die Grundsteuer wird unter Beibehaltung des Hebesatzrechtes für Kommunen zeitnah modernisiert. Wir fordern die Länder auf, nach Abschluss der laufenden Prüfprozesse rasch zu einer gemeinsamen Position zu kommen. Ziel der Reform ist es, die Grundsteuer als verlässliche kommunale Einnahmequelle zu erhalten, d.h. das Aufkommen zu sichern und Rechtssicherheit herzustellen.“ Im Koalitionsvertrag für die derzeitige 19. Legislaturperiode29 heißt es vergleichsweise allgemein: „Wir werden nach einer verfassungsrechtlichen Prüfung den Kommunen durch Schaffung der rechtlichen Grundlagen die Möglichkeit einräumen, die Baulandmobilisierung durch steuerliche Maßnahmen zu verbessern. Durch die Einführung einer Grundsteuer C ermöglichen wir den Städten und Gemeinden die Möglichkeit, die Verfügbarmachung von Grundstücken für Wohnzwecke zu verbessern.“

28 Beispielsweise von P. Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, § 2 Rz. 34 ff. 29 Siehe allgemein zu den Regelungen des Koalitionsvertrags für die Immobilienbranche Rotter/Noack, BB 2018, 1117.

968 | Wachter

Grund- und Grunderwerbsteuer | Rz. 28.27 § 28

28.24

Reform der Grundsteuer Mit Urteil vom 10.4.2018 hat das BVerfG die bisherigen Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bewertung der Grundsteuer (erwartungsgemäß) für verfassungswidrig erklärt.30 Der Gesetzgeber muss bis spätestens zum 31.12.2019 eine Neuregelung schaffen. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen die verfassungswidrigen Regeln weiter angewandt werden.31 Nach Verkündung einer Neuregelung dürfen sie für weitere fünf Jahre, längstens aber bis zum 31.12.2024 angewandt werden. Nach kontroversen Diskussionen über eine verfassungskonforme Neuregelung der Grundsteuer32 hat der Deutsche Bundestag am 18.10.2019 das Grundsteuer-Reformgesetz beschlossen.33 Gegenstand der Grundsteuer ist der Grundbesitz i.S. des Bewertungsgesetzes (§ 2 GrStG). Dies umfasst neben den Grundstücken des Grundvermögens auch land- und forstwirtschaftliche Betriebe sowie Betriebsgrundstücke.

28.25

Der Grundbesitz einzelner Eigentümer (z.B. öffentlicher Gebietskörperschaften, Kirchen und Religionsgemeinschaften und gemeinnütziger Körperschaften) ist von der Grundsteuer befreit, wenn er ausschließlich und unmittelbar zu den steuerbegünstigten Zwecken benutzt wird (siehe im Einzelnen §§ 3 bis 8 GrStG).

28.26

Von der Grundsteuer befreit ist u.a. auch der Grundbesitz, der für die Zwecke eines Krankenhauses benutzt wird (§ 4 Nr. 6 GrStG). Die Steuerbefreiung setzt allerdings voraus, dass der Grundbesitz ausschließlich demjenigen zuzurechnen ist, der ihn für den begünstigten Zweck benutzt. In einem vom BFH34 entschiedenen Fall war der Alleineigentümer des betroffenen Grundstückes mit dritten Personen eine atypische stille Gesellschaft eingegangen, die – nach Auffassung des Finanzamtes und des Finanzgerichtes – die Grundstücke benutzte und damit das Krankenhaus betrieb. Eine Steuerbefreiung wäre demnach nicht in Betracht gekommen, sofern der Eigentümer des Grundstücks und der Träger des Krankenhauses zwei verschiedene Zurechnungs-

28.27

30 BVerfG v. 10.4.2018 – 1 BvL 11/14 u.a., BStBl. II 2018, 303 = DStR 2018, 792 = NJW 2018, 1451 = NVwZ 2018, 795 mit Anm. Wiemers = DVBl. 2018, 786 mit Anm. Henneke. Ausführlich dazu u.a. Broer/Jarass, BB 2018, 919; Eisele, NWB 18/2018, 1299; Kirchhof, Gregor, DStR 2018, 2661; Mayer, DB 2018, 2200; Seer, DB 2018, 1488. 31 Siehe dazu Oberste Finanzbehörden der Länder, Allgemeinverfügung vom 17.1.2019, BStBl. I 2019, 28 = DStR 2019, 168 = FR 2019, 241 (Zurückweisung der wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung des Grundvermögens eingelegten Einsprüche). 32 Zu den Vor- und Nachteilen der einzelnen Reformmodelle siehe zuletzt u.a. Beck, DS 2019, 48; Freund, FR 2019, 931; Göppert, FR 2019, 955; Löhr, DStR 2019, 1433; Löhr/ Kempny, DStR 2019, 537; Lorenz/Trautvetter, BB 2019, 1751; Seer, FR 2019, 941. 33 BT-Drucks. 19/11085 und BR-Drucks 500/19, BGBl. I 2019, 1794 und ferner das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (BT-Drucks. 19/11084 und BR-Drucks. 499/19, BGBl. I 2019, 1546) und das Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung (BT-Drucks. 19/11086 und BR-Drucks. 503/19, BGBl. I 2019, 1875). 34 BFH v. 4.2.1987 – II R 216/84, BStBl. II 1987, 451 = BB 1987, 1378.

Wachter | 969

§ 28 Rz. 28.27 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

subjekte waren. Der BFH ist dem aber nicht gefolgt. Nach Auffassung des BFH begründet eine atypische stille Gesellschaft lediglich schuldrechtliche Ansprüche zwischen den Gesellschaftern Eine Änderung hinsichtlich der dinglichen Nutzungsberechtigung erfolgt dadurch jedoch nicht. Die stille Gesellschaft als Innengesellschaft kann nicht Trägerin eines Gesellschaftsvermögens sein. Demnach war nicht die atypische stille Gesellschaft Krankenhausträger und Grundstücksnutzer, sondern alleine der Inhaber des Handelsgeschäftes (§ 230 HGB). Dieser war im Ausgangsfall mit dem Grundstückseigentümer identisch. Im Ergebnis waren die Voraussetzungen der Steuerbefreiung somit gegeben.

28.28 Die Ermittlung der Grundsteuer erfolgt in einem dreistufigen Verfahren (Einheitswertverfahren, Steuermessbetragsverfahren und Steuerfestsetzungsverfahren). Zunächst wird der Einheitswert des Grundbesitzes nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes festgestellt (§ 13 GrStG; §§ 17 ff. BewG und §§ 179 ff. AO). Der festgestellte Einheitswert wird sodann mit einer im Grundsteuergesetz festgelegten Steuermesszahl (für Grundstücke in der Regel 3,5 von Tausend) multipliziert (§§ 13 ff. GrStG). Dies ergibt den Grundsteuermessbetrag. Schließlich erhebt die jeweilige Gemeinde auf den Grundsteuermessbetrag den von ihr bestimmten Hebesatz (§§ 1, 25 ff. GrStG). 28.29 Maßgebender Stichtag für die Grundsteuer sind die Verhältnisse zu Beginn des jeweiligen Kalenderjahres (§ 9 Abs. 1 GrStG). Die Grundsteuer entsteht mit dem Beginn des Kalenderjahres, für das die Steuer festgesetzt worden ist (§ 9 Abs. 2 GrStG i.V.m. § 38 AO). 28.30 Schuldner der Grundsteuer ist derjenige, dem der Grundbesitz zuzurechnen ist (§ 10 GrStG i.V.m. § 33 AO). In der Regel schuldet der Eigentümer des Grundbesitzes die Grundsteuer (§ 39 Abs. 1 AO). Neben dem Eigentümer haftet insbesondere auch der Nießbraucher für die Grundsteuer (§ 11 GrStG i.V.m. §§ 1030 ff. BGB). Dies gilt sowohl für den Vorbehalts- als auch den Zuwendungsnießbraucher. 28.31 Die Grundsteuer ruht als öffentliche Last auf dem Grundbesitz (§ 12 GrStG; siehe auch § 77 AO). Die öffentliche Last entsteht kraft Gesetzes und muss nicht im Grundbuch eingetragen werden (§ 54 GBO). 28.32 Die Grundsteuer wird für das Kalenderjahr festgesetzt (§ 27 GrStG). In der Regel wird die Grundsteuer je zu einem Viertel am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November fällig (§ 28 GrStG). 28.33 In bestimmten Einzelfällen ist die Grundsteuer ganz oder teilweise zu erlassen (§§ 33 GrStG). Ein Steuererlass ist insbesondere möglich bei Kulturgütern und Grünanlagen sowie bei Grundbesitz, dessen Ertrag wesentlich gemildert ist35. Der Erlass bedarf eines Antrags (§ 34 GrStG).

35 Siehe zuletzt etwa BFH v. 17.12.2014 – II R 41/12, DStR 2015, 513 = DB 2016, 6 (zum Erlass der Grundsteuer für eine Immobilie, die in einem städtebaulichen Sanierungsgebiet liegt und die durchzuführenden Sanierungsmaßnamen eine Vermietung verhindern).

970 | Wachter

§ 29 Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht Schrifttum: Becker, Jan Dierk, Die atypisch stille Gesellschaft als Outbound-Finanzierungsalternative, 2005; Birker, Christian/Seidel, Philipp, Neue Auslegung des DBA-Schachtelprivilegs bei Einkünften aus typisch stillen Beteiligungen, BB 2009, 244; Bron, Jan F., Atypisch stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft und Entstrickungsbesteuerung Gestaltungsmöglichkeit zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung, IStR 2016, 26; Flick, Hans/Wassermeyer, Franz/ Baumhoff, Hubertus/Schönfeld, Jens, Außensteuerrecht (Loseblatt); Hruschka, Franz, Das neue BMF-Schreiben zur Anwendung von DBA auf Personengesellschaften, DStR 2014, 2421; Kessler, Wolfgang/Becker, Jan Dierk, Die atypisch stille Gesellschaft als Finanzierungsalternative zur Reduzierung der Steuerbelastung aus der Hinzurechnungsbesteuerung, IStR 2005, 505; Kopec, Agnieszka/Kudert, Stephan, § 50d Abs. 11 EStG – eine Analyse der steuerlichen Auswirkungen auf die Besteuerung von Schachteldividenden an eine deutsche GmbH & atypisch Still, IStR 2013, 498; Lipp, Marisa, Die Bedeutung der stillen Gesellschaft im Außensteuergesetz, ISR 2014, 408; Lipp, Marisa, Die stille Gesellschaft in der deutschen Abkommenspraxis – Einkünftequalifikation bei der grenzüberschreitenden typisch oder atypisch stillen Gesellschaft, IWB 2014, 760; Mössner, Manfred, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 5. Aufl. 2018; von Oertzen, Christian/Stein, Thomas, Die Sicherung erbschaftsteuerlicher Vergünstigungen für Drittstaaten-Personengesellschaften durch Organschaften, Ubg 2011, 353; Pyszka, Tillmann, Aktuelle Fragen zur atypischen stillen Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, IStR 1999, 577; Suchanek, Markus, Atypisch stille Beteiligungen im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, FR 2003, 605; Teufel, Tobias/Hasenberg, Rudi, Keine Schachtelfreistellung für Einkünfte aus typisch stiller Beteiligung an Luxemburger AG – Anmerkungen zum Urteil des BFH vom 4.6.2008, I R 62/06, IStR 2008, 724; Vees, Carl Friedrich, Die Anwendung der DBA auf Personengesellschaften. Zugleich Anmerkung zum BMF-Schreiben vom 16.4.2010, DB 2010, 984, DB 2010, 1422; Vogel, Klaus/Lehner, Moris, DBA Doppelbesteuerungsabkommen, 6. Aufl. 2015.

I. Die beschränkte Steuerpflicht 1. Einkommensteuer Gemäß § 1 Abs. 4 EStG sind natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, mit ihren inländischen Einkünften i.S. des § 49 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtig.

29.1

Unter den inländischen Einkünften, die der beschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegen, nennt das Gesetz u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. der §§ 15 bis 17 EStG, für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG), sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6 und 9 EStG, wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG).

29.2

Hiernach unterliegen die Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen aus der Beteiligung an einem inländischen Handelsgewerbe als typischer stiller Gesellschafter

29.3

Teufel | 971

§ 29 Rz. 29.3 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Dasselbe gilt für den atypischen stillen Gesellschafter, dessen Einkünfte aus der stillen Beteiligung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb angesehen werden und demzufolge unter § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG fallen.

29.4 Hier zeigt sich auch die Bedeutung des Unterschieds zwischen der typischen stillen Beteiligung und einem Darlehen. Nur die Einkünfte aus der stillen Beteiligung unterliegen der beschränkten Einkommensteuerpflicht, nicht dagegen die Darlehenszinsen, es sei denn, dass das Darlehen durch inländischen Grundbesitz oder durch eingetragene Schiffe dinglich gesichert ist1 (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c Doppelbuchst. aa EStG) oder dass es sich um ein partiarisches Darlehen handelt, das im Hinblick auf die beschränkte Steuerpflicht der stillen Beteiligung gleichgestellt ist. Die im Einzelfall nicht immer einfache Unterscheidung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen2 kann jedoch für die Anwendung der DBA Bedeutung haben. 29.5 Ob eine typische oder eine atypische stille Gesellschaft besteht, bestimmt sich nach der Wertung des deutschen Steuerrechts. a) Typische stille Gesellschaft

29.6 Die beschränkte Steuerpflicht setzt voraus, dass der Schuldner der Kapitalerträge (Geschäftsinhaber) Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG). Dies gilt auch, wenn die stille Beteiligung über eine rechtlich unselbständige Auslandsbetriebsstätte eines inländischen Schuldners emittiert wird. Umgekehrt unterliegen die Gewinnanteile eines Steuerausländers, der sich an einem ausländischen Geschäftsinhaber, der eine Inlandsbetriebsstätte unterhält, typisch still beteiligt, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG nicht der beschränkten Steuerpflicht. 29.7 Ein Steuerausländer wird nicht schon dadurch zum stillen Gesellschafter, dass er einem inländischen Unternehmer vertraglich die Herstellung und den Absatz bestimmter Gegenstände überlässt und Hilfe bei der Herstellung der Gegenstände gewährt3. Dagegen kann eine stille Beteiligung vorliegen, wenn eine ausländische Gesellschaft einem deutschen Unternehmer einen Kredit zur Verfügung stellt und dafür am Gewinn und Verlust beteiligt wird4. 29.8 Zu den beschränkt steuerpflichtigen Einnahmen des stillen Gesellschafters gehören alle Bezüge, die sich als laufender Ertrag aus seiner Beteiligung darstellen, die also nach den Vorstellungen der Beteiligten den Charakter eines Entgelts für die geleistete Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters besitzen. Dazu gehört insbesondere die ausbedungene Gewinnbeteiligung. Daneben gehören zu den Einnahmen des stillen Gesellschafters auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den in § 20 Abs. 1

1 2 3 4

Vgl. Reimer in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 49 EStG Rz. 262, 266. Vgl. BFH v. 22.6.2010 – I R 78/09, BFH/NV 2011, 128. RFH v. 9.12.1930, RStBl. 1931, 236. RFH v. 11.7.1928, RStBl. 1928, 329; RFH v. 10.3.1937, StuW 1937, 253.

972 | Teufel

Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht | Rz. 29.11 § 29

EStG bezeichneten Einkünften oder an deren Stelle gewährt werden (§ 20 Abs. 3 EStG). Nicht zu den beschränkt steuerpflichtigen Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG gehört die Rückzahlung der geleisteten Vermögenseinlage. Die Vereinnahmung des Auseinandersetzungsguthabens oder eines Veräußerungsgewinns fällt vielmehr unter § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG5. Einnahmen im Zusammenhang mit dem Vermögensstamm gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG unterliegen anders als die laufenden Einnahmen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht der beschränkten Steuerpflicht i.S. des § 49 EStG. Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen sind ab dem Veranlagungsjahr 2009 Gewinne aus der Veräußerung oder Auflösung von stillen Beteiligungen unabhängig von einer Behaltensfrist steuerpflichtig. Bei beschränkter Steuerpflicht verweist § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. d EStG jedoch lediglich auf die in § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7a, 9 und 10 EStG aufgeführten Veräußerungsfälle, zu denen die Veräußerung oder Auflösung einer stillen Gesellschaft gerade nicht gehört.

29.9

Bei der Besteuerung der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte dürfen Betriebsausgaben oder Werbungskosten nur insoweit abgezogen werden, als sie mit den inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 50 Abs. 1 Satz 1 EStG). Da der beschränkt Steuerpflichtige allen Vorschriften des EStG unterliegt, die auch für unbeschränkt Steuerpflichtige gelten, soweit sich nicht aus § 50 Abs. 3 EStG oder den jeweiligen Vorschriften Einschränkungen ergeben6, ist der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 EStG ausgeschlossen. Durch die Streichung des Verweises in § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG auf § 20 Abs. 4 EStG a.F. kann der beschränkt Steuerpflichtige jedoch den Sparer-Pauschbetrag in Anspruch nehmen.

29.10

Die Einkommensteuer des beschränkt steuerpflichtigen typischen stillen Gesellschafters wird durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG erhoben, weil der Geschäftsinhaber als Schuldner der Gewinnanteile seinen Wohnsitz, seine Geschäftsleitung oder seinen Sitz im Inland hat (§ 43 Abs. 3 EStG). Zu den steuerabzugspflichtigen Kapitalerträgen gehören auch besondere Entgelte oder Vorteile i.S. des § 20 Abs. 3 EStG (§ 43 Abs. 1 Satz 2 EStG). Durch den Steuerabzug gilt die Einkommensteuer für diese Einkünfte bei beschränkt Steuerpflichtigen als abgegolten, wenn die Einkünfte nicht Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebs sind (§ 50 Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG). Es findet insoweit also keine Veranlagung statt. Hat der stille Gesellschafter neben seinen Beteiligungseinkünften noch andere Einkünfte (z.B. aus Gewerbebetrieb oder aus Vermietung und Verpachtung) und werden diese Einkünfte im Wege der Veranlagung erfasst, so bleiben dennoch die Einkünfte aus der stillen Beteiligung außer Betracht; sie erhöhen also nicht die Progression.

29.11

5 Wie hier Jochum in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 20 EStG Rz. C/4 72; a.A. wohl Reimer in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 49 EStG Rz. 262 unter Verweis auf RFH v. 14.10.1931, RStBl. 1932, 12. 6 Reimer in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 50 EStG Rz. 14.

Teufel | 973

§ 29 Rz. 29.12 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

29.12 Die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs erweist sich insbesondere im Fall der Wiederauffüllung verlustgeminderter stiller Beteiligungen als höchst problematisch. Nach der Rechtsprechung des BFH liegen steuerpflichtige Einnahmen aus einer stillen Beteiligung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG auch vor, soweit die Gewinnanteile lediglich dazu dienen, die durch frühere Verlustanteile geminderte Vermögenseinlage wieder aufzufüllen7: „Die Gutschrift ist der abgekürzte Weg an Stelle der Auszahlung und der Wiedereinzahlung des gutgeschriebenen Betrages zur Gutschrift auf dem Einlagekonto.“ Bei näherer Betrachtung erscheint die Begründung, der stille Gesellschafter würde mit dem Wiederauffüllen seine Einlagepflicht erfüllen, rechtlich zweifelhaft. Denn die Einlagepflicht des stillen Gesellschafters wurde bereits mit der Einzahlung der Einlage erfüllt. Die Pflicht zur Wiederauffüllung trifft allein die Gesellschaft, an der die stille Beteiligung besteht, nicht aber den stillen Gesellschafter8. Vorzugswürdig ist daher die Sichtweise, dass der Wiederauffüllungsbetrag kein Kapitalertrag i.S. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn – was in der Praxis nicht selten der Fall ist – im Beteiligungsvertrag ausdrücklich geregelt ist, dass die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters bis zur vollständigen Wiederauffüllung ausgeschlossen ist. 29.13 Jedenfalls bei beschränkt steuerpflichtigen stillen Gesellschaftern darf die Wiederauffüllung nicht zu einem Steuerabzug mit Abgeltungswirkung führen. Die Wiederauffüllung ist nur das Spiegelbild der vorangehenden verlustbedingten Herabschreibung. Es handelt sich lediglich um eine vorübergehende Wertschwankung ein und derselben Einkunftsquelle, namentlich des dem Geschäftsherrn überlassenen Kapitals, nicht aber am Markt erzielte Einkünfte. Sofern die Wiederauffüllung – entgegen der hier vertretenen Auffassung – zu positiven Einnahmen führen sollte, muss im Hinblick auf das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende objektive Nettoprinzip eine periodenübergreifende Verrechnung mit den vorangegangenen negativen Einnahmen aus derselben Einkunftsquelle möglich sein. Für Zwecke des Steuerabzugs folgt dies zudem aus dem Rechtsgedanken des § 43a Abs. 3 Sätze 2 und 3 EStG. b) Atypische stille Gesellschaft

29.14 Die Einkünfte aus einer atypischen stillen Beteiligung sind gemäß §§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtig. Es handelt sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb (vgl. Rz. 20.67 ff., 22.7 ff.). Im Rahmen der beschränkten Einkommensteuerpflicht dürfen bei einer atypischen stillen Gesellschaft Betriebsausgaben nur insoweit abgezogen werden, als sie mit inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 50 Abs. 1 Satz 1 EStG). 29.15 Während der typische stille Gesellschafter nur dann beschränkt steuerpflichtig ist, wenn das Unternehmen, an dem die stille Beteiligung besteht, Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland unterhält, ist der atypische stille Gesellschafter bereits dann beschränkt steuerpflichtig, wenn das Unternehmen, an dem die stille Gesellschaft besteht, eine Betriebsstätte im Inland unterhält. Als Beispiel ist der ausländische Einmann-Gesellschafter einer ausländischen Kapitalgesellschaft zu nennen, der mit seiner 7 BFH v. 24.1.1990 – I R 55/85, BStBl. II 1991, 147. 8 So zutreffend Hamacher/Dahm in Korn, § 20 EStG Rz. 222.1.

974 | Teufel

Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht | Rz. 29.21 § 29

Kapitalgesellschaft eine atypische stille Beteiligung eingeht. Sofern die Kapitalgesellschaft in Deutschland eine Betriebsstätte unterhält, besteht eine beschränkte Steuerpflicht des atypischen stillen Gesellschafters, wohingegen der typische stille Gesellschafter in einem vergleichbaren Fall nicht beschränkt steuerpflichtig wäre. Steuerpflichtig ist auch der Veräußerungsgewinn, der bei der Veräußerung der atypischen stillen Beteiligung erzielt wird (§ 49 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG)9. Auf diesen Veräußerungsgewinn ist der ermäßigte Steuersatz des § 34 EStG anzuwenden (§ 50 Abs. 1 Satz 3 EStG).

29.16

Entfällt auf den beschränkt steuerpflichtigen atypischen stillen Gesellschafter ein Verlust aus der Beteiligung, so ist ein Ausgleich dieses Verlustes mit anderen positiven Einkünften grundsätzlich zulässig, es sind jedoch die allgemeinen Verlustnutzungsbeschränkungen zu berücksichtigen, insbesondere die §§ 15a und 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG (s. Rz. 22.68 ff., 22.239 ff., 22.248 ff.).

29.17

Die Besteuerung erfolgt in der Regel im Wege der Veranlagung, nicht durch Steuerabzug vom Kapitalertrag. Die Einkommensteuer, bemisst sich nach § 32a Abs. 1 EStG, also nach der Grundtabelle, wobei das zu versteuernde Einkommen im Vergleich zur Grundtabelle um den Grundfreibetrag zu erhöhen ist (§ 50 Abs. 1 Satz 2 EStG).

29.18

Das Finanzamt kann die Einkommensteuer aber auch im Wege des Steuerabzugs erheben, wenn dies zur Sicherung des Steueranspruchs zweckmäßig ist (§ 50a Abs. 7 EStG). Gemäß § 50 Abs. 4 EStG ist ein vollständiger oder teilweiser Erlass der Einkommensteuer oder die Festsetzung eines Pauschbetrags möglich, wenn dies im besonderen öffentlichen Interesse liegt.

29.19

2. Körperschaftsteuer Die für die Einkommensteuer gemachten Ausführungen gelten entsprechend für die beschränkte Körperschaftsteuerpflicht. Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland haben, sind gemäß § 2 Nr. 1 KStG mit ihren inländischen Einkünften i.S. des § 49 EStG beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Dies gilt auch für sonstige Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind, hinsichtlich der inländischen Einkünfte, von denen ein Steuerabzug zu erheben ist (§ 2 Nr. 2 KStG). Bei der Wiederauffüllung verlustgeminderter stiller Beteiligungen besteht bei beschränkten Körperschaftsteuerpflichtigen die gleiche Problematik der Übermaßbesteuerung wie bei beschränkt Einkommensteuerpflichtigen.

29.20

3. Erbschaftsteuer Die beschränkte Erbschaftsteuerpflicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG tritt ein, wenn weder der Erblasser zur Zeit seines Todes bzw. der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung noch der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (vgl. dazu § 9 ErbStG) Inländer i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG ist. Die beschränkte 9 Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz. 400.

Teufel | 975

29.21

§ 29 Rz. 29.21 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Steuerpflicht begrenzt die Steuer auf den Teil des Vermögensanfalles, der in Inlandsvermögen i.S. des § 121 BewG besteht. Zum Inlandsvermögen gehören gemäß § 121 Nr. 8 BewG auch Forderungen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als typischer stiller Gesellschafter, wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat. Partiarische Darlehen sind der stillen Beteiligung gleichgestellt (§ 121 Nr. 8 BewG). Hiernach besteht hinsichtlich einer typischen stillen Beteiligung eine beschränkte Erbschaftsteuerpflicht; dies gilt auch dann, wenn ein Ausländer einem anderen Ausländer eine in der Bundesrepublik bestehende typische stille Beteiligung vererbt. Weiterhin kann auch die gemäß § 121 Nr. 3 BewG zum inländischen Betriebsvermögen zählende atypische stille Beteiligung von der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht erfasst sein.

29.22 Die bei der Erbschaftsteuer geltenden Freibeträge richten sich grundsätzlich nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser bzw. Schenker. Im Falle der unbeschränkten Steuerpflicht gilt bspw. für Ehegatten ein Freibetrag von 500.000 Euro und für Kinder ein Freibetrag von 400.000 Euro (§ 16 Abs. 1 ErbStG), wobei innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile zusammengerechnet werden (§ 14 Abs. 1 ErbStG). In den Fällen der beschränkten Steuerpflicht (d.h. wenn weder der Erblasser bzw. Schenker noch der Erwerber Inländer sind) werden die für unbeschränkt Steuerpflichtige geltenden Freibeträge gemindert, sofern der Erwerber auch nicht der inländischen Erbschaftsteuerpflicht unterliegende Zuwendungen vom selben Erblasser bzw. Schenker erhalten hat (§ 16 Abs. 2 ErbStG). Der Minderungsbetrag entspricht dem Verhältnis der Summe der Werte der nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Zuwendungen zum Wert des gesamten, innerhalb von zehn Jahren unentgeltlich zugewendeten Vermögens.

II. Maßnahmen zur Beseitigung der Doppelbesteuerung 29.23 Bei Sachverhalten mit Auslandsberührung bestehen regelmäßig Besteuerungsrechte verschiedener Staaten. Ursache hierfür ist die Anknüpfung der Besteuerungsrechte an die Ansässigkeit des Steuerpflichtigen oder an den Ursprung der erzielten Einkünfte. Diese Besteuerungsüberschneidungen hindern den freien internationalen Wettbewerb und sollten deshalb vermieden werden. Als Mittel zur Vermeidung der Doppelbesteuerung dienen unilaterale und bilaterale Maßnahmen. 1. Unilaterale Maßnahmen

29.24 Als einseitige Maßnahme des deutschen Rechts dient im Rahmen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht § 34c EStG dazu, eine Doppelbesteuerung zu beseitigen oder zu mildern10. Danach kann die deutsche Steuer bei ausländischen Einkünften, die in § 34d EStG abschließend aufgezählt sind, ermäßigt werden. Voraussetzung für die Er-

10 § 34c EStG greift ausweislich seines eindeutigen Wortlauts nur bei unbeschränkt Steuerpflichtigen ein. Soweit bei beschränkter Steuerpflicht eine strukturell ähnliche Situation entstehen kann, verweist § 50 Abs. 3 EStG teilweise auf § 34c EStG.

976 | Teufel

Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht | Rz. 29.27 § 29

mäßigung der deutschen Steuer ist, dass die ausländische Steuer der deutschen Einkommensteuer entspricht11. Gemäß § 34c EStG kann die ausländische Steuer auf die deutsche Steuer angerechnet oder von ihr abgezogen werden. Möglich ist auch, dass die auf ausländische Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer erlassen oder pauschaliert wird. In § 34c Abs. 1 EStG ist die Anrechnungsmethode geregelt. Danach ist die festgesetzte und gezahlte und um einen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt. Dieser Teil der deutschen Einkommensteuer wird in der Weise ermittelt, dass der sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens (einschließlich der ausländischen Einkünfte) nach den §§ 32a, 32b, 34, 34a und 34b EStG ergebende durchschnittliche Steuersatz auf die ausländischen Einkünfte anzuwenden ist (§ 34c Abs. 1 Satz 2 EStG). Gemäß § 68a Satz 2 EStDV sind die Höchstbeträge der anrechenbaren ausländischen Steuern für jeden einzelnen ausländischen Staat gesondert zu berechnen (per-country-limitation). Hierbei kann sich die Pro-Staat-Begrenzung sowohl vorteilhaft als auch nachteilig auswirken12. Nach § 34c Abs. 1 Satz 3 EStG sind bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte die ausländischen Einkünfte nicht zu berücksichtigen, die in dem Staat, aus welchem sie stammen, nach dessen Recht nicht besteuert werden. Der Höchstbetrag ist bei Personengesellschaften für jeden Gesellschafter gesondert zu berechnen. Soweit die Gesellschafter nicht schon im Ausland getrennt nach ihrem Anteil besteuert wurden, ist die anrechenbare ausländische Steuer nach dem jeweiligen Gewinnverteilungsschlüssel aufzuteilen. Gemäß § 34c Abs. 1 Satz 5 EStG ist die ausländische Steuer nur auf die im Veranlagungszeitraum bezogenen Einkünfte anzurechnen.

29.25

Im Bereich der Körperschaftsteuer sieht § 26 KStG die Anrechnung der ausländischen Steuer vor. Hierfür verweist § 26 Abs. 1 KStG auf § 34c EStG. Im Rahmen der Erbschaftsteuer wird die ausländische Steuer gemäß § 21 Abs. 1 ErbStG angerechnet.

29.26

2. Bilaterale Maßnahmen (Doppelbesteuerungsabkommen) Beteiligt sich ein unbeschränkt Steuerpflichtiger an einem ausländischen Handelsgewerbe als typischer oder atypischer stiller Gesellschafter oder ein beschränkt Steuerpflichtiger an einem inländischen Handelsgewerbe, so spielen für die Fragen der Besteuerung die mit ausländischen Staaten abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen13 eine wichtige Rolle. In diesen Abkommen beschränken die beteiligten Staaten ihre Steuerhoheit in der Weise, dass jeder von ihnen auf einen Teil seines Besteuerungsrechts verzichtet. Die Abkommen sprechen die Staaten regelmäßig von zwei Seiten her an: Zum einen als Ansässigkeitsstaat der abkommensberechtigten Person und zum anderen als Quellenstaat der erzielten Einkünfte. Das Besteuerungsrecht des 11 Vgl. hierzu Anlage 6 zu R 34c EStR 2012. 12 Vgl. Gosch in Kirchhof, § 34c EStG Rz. 25. 13 Zu Beginn eines jeden Kalenderjahres erscheint im BStBl. I sowie auf der Homepage des BMF eine Übersicht über den Stand der von der Bundesrepublik Deutschland vereinbarten Doppelbesteuerungsabkommen.

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29.27

§ 29 Rz. 29.27 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Quellenstaates kann aufgrund der Abkommen uneingeschränkt aufrechterhalten bleiben. Es kann aber auch insofern beschränkt werden, als die Besteuerungsgrundlage eingeschränkt oder das Besteuerungsrecht der Höhe nach begrenzt wird. Schließlich kann das Besteuerungsrecht des Quellenstaates aufgehoben sein. Dem Ansässigkeitsstaat bleibt die Aufgabe, die Doppelbesteuerung zu vermeiden, soweit das Besteuerungsrecht des Quellenstaates ganz oder teilweise aufrechterhalten wird. Hierfür sind als Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Anrechnung der ausländischen Steuer14 oder die Freistellung der ausländischen Einkünfte von der inländischen Steuer vorgesehen. Im Rahmen der Freistellungsmethode kann der Ansässigkeitsstaat die ausländischen Einkünfte gegebenenfalls mit Hilfe des Progressionsvorbehalts bei der Festsetzung der Steuer für die übrigen Einkünfte der abkommensberechtigten Person berücksichtigen. Die Anrechnungsmethode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung wird insbesondere von den angloamerikanischen Staaten angewandt, während in Deutschland in der Regel die Freistellungsmethode vorgezogen wird. Deutschland orientiert sich zudem in seiner Abkommenspraxis an dem Musterabkommen der OECD. a) Typische stille Gesellschaft

29.28 Ausgehend von dem Musterabkommen der OECD können für Einkünfte aus einer typischen stillen Beteiligung der Dividendenartikel oder der Zinsartikel einschlägig sein. „Dividenden“ i.S. des Art. 10 Abs. 3 OECD-Musterabkommens sind Einkünfte aus Rechten – ausgenommen Forderungen – mit Gewinnbeteiligung, die nach dem Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind. „Zinsen“ sind nach Art. 11 Abs. 3 Satz 1 OECD-Musterabkommen Einkünfte aus Forderungen jeder Art, auch wenn sie mit einer Beteiligung am Gewinn des Schuldners ausgestattet sind. Daher sind die Einkünfte des typischen stillen Gesellschafters ohne ausdrückliche Regelung in den Abkommen als Zinsen zu behandeln15. Die deutschen Abkommen beziehen jedoch zur Sicherstellung des deutschen Besteuerungsrechts regelmäßig die Einnahmen aus einer typischen stillen Beteiligung in den Dividendenbegriff ein, damit alle Einkünfte einheitlich behandelt werden, mit denen ein unternehmerähnliches Risiko eingegangen wird. Hinsichtlich dieser Einkünfte bleibt der Quellenstaat besteuerungsberechtigt, sein Besteuerungsrecht kann aber, abhängig von der jeweiligen Regelung im Abkommen, der Höhe nach begrenzt sein. Der Ansässigkeitsstaat hat daher grundsätzlich die im Quellenstaat gezahlte Steuer auf seine Steuer anzurechnen. 29.29 Enthält das jeweilige Abkommen für die Einkünfte aus stillen Beteiligungen, abgesehen von ihrer Einbeziehung in den Dividendenbegriff, keine spezielle Regelung, so gelten die für „gewöhnliche“ Dividenden vorgesehenen Satzbegrenzungen. Grundsätzlich kommt daher bei Ausschüttungen an beschränkt steuerpflichtige typisch stille Gesellschafter ein Quellensteuersatz von 15 % zur Anwendung16. Sofern der im Aus14 Vgl. zur Anrechnungsmethode die Ausführungen zu § 34c Abs. 1 EStG (Rz. 29.24 f.). 15 Vgl. Lampert in Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, Rz. 2.196. 16 Dies gilt z.B. für die Abkommen mit Belgien und mit Spanien, vereinzelt gelten höhere Sätze z.B. 25 % im Abkommen mit Dänemark.

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Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht | Rz. 29.33 § 29

land ansässige stille Gesellschafter zugleich eine Schachtelbeteiligung an derselben inländischen Gesellschaft hält, sollte der für Schachteldividenden geltende niedrigere Quellensteuersatz, d.h. üblicherweise 5 %, anwendbar sein. Die für den „umgekehrten“ Fall (Outbound) geltende Rechtsprechung des BFH17 ist auf diesen Fall nicht übertragbar18. Fast alle neueren Abkommen heben jedoch die im Dividendenartikel vorgesehenen Satzbegrenzungen vollständig auf, wenn die Einkünfte des stillen Gesellschafters aus seiner stillen Beteiligung vom Schuldner bei dessen Gewinnermittlung abgezogen werden können19. In diesem Fall beträgt die Quellensteuerbelastung 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag.

29.30

Weil Abkommensrecht und nationales Recht eigenständige Regelungskreise bilden20, ist zu beachten, dass die innerstaatliche Besteuerung von der abkommensrechtlichen Behandlung unberührt bleibt, soweit die Abkommen dem Staat das Besteuerungsrecht belassen. Der Quellenstaat besteuert daher zunächst die Erträge zum vollen Steuersatz. Um in den Genuss des Abkommensschutzes zu kommen muss die abkommensberechtigte Person sich die zu viel gezahlte Steuer in einem besonderen Verfahren erstatten zu lassen.

29.31

Z.B. bestimmt Art. 10 des Abkommens mit den Vereinigten Staaten von Amerika, dass Dividenden, die von einer in einem der Gebiete ansässigen Gesellschaft an eine in dem anderen Gebiet ansässige Person gezahlt werden, auch in dem erstgenannten Gebiet besteuert werden können. Zu den Dividenden gehören auch die Einkünfte des typischen stillen Gesellschafters (Art. 10 Abs. 5 DBA-USA). Ihre Besteuerung erfolgt durch beide Vertragsstaaten, also bei in den USA ansässigen Personen durch die USA als dem Wohnsitzstaat und durch die Bundesrepublik Deutschland als dem Staat, in dem die die Dividende zahlende Gesellschaft ansässig ist (Art. 10 Abs. 1 DBA- USA). Jedoch ist das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik insofern eingeschränkt, als der Steuersatz auf ausgezahlte Dividenden 15 % nicht übersteigen darf (Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b DBA-USA). Wenn die Einkünfte des stillen Gesellschafters bei der Ermittlung des Gewinns der zahlenden Person abzugsfähig sind, bleibt es hingegen beim deutschen Kapitalertragsteuersatz von 25 % (Art. 10 Abs. 6 DBA-USA)21.

29.32

b) Atypische stille Gesellschaft Beteiligt sich ein deutscher Steuerpflichtiger als stiller Gesellschafter an einem ausländischen Unternehmen, so kann diese Beteiligung als mitunternehmerisch und da17 BFH v. 4.6.2008 – I R 62/06, BStBl. II 2008, 793. 18 H.M., vgl. Tischbirek/Specker in Vogel/Lehner, Art. 10 Rz. 168 m.w.N.; kritisch Lampert in Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, Rz. 2.189. Die Ausführungen im BMF-Schreiben zur Anwendung von DBA auf Personengesellschaften v. 26.9.2014, BStBl. I 2014, 1258, Rz. 4.1.1.1.3 stehen der h.M. nicht entgegen. 19 Vgl. die Übersicht bei Pöllath/Lobeck in Vogel/Lehner, Art. 11 Rz. 48. 20 Hierzu Vogel in Vogel/Lehner, Einl. Rz. 68 ff. 21 In den meisten anderen deutschen Abkommen, die eine vergleichbare Regelung enthalten, findet sich diese im Protokoll zum jeweiligen Abkommen.

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29.33

§ 29 Rz. 29.33 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

mit als atypische stille Gesellschaft qualifiziert werden. Entscheidend ist, welche Rechte die ausländischen Gesetze den Beteiligten jeweils einräumen. Besteht danach eine atypische stille Gesellschaft, so stellt sich zunächst die Frage, ob diese Gesellschaft als eigenständiges Steuersubjekt gelten und damit abkommensberechtigte Person sein kann. Aus deutscher Sicht ist die Frage verneinen.

29.34 Sodann stellt sich die Frage, wie die Einkünfte des stillen Gesellschafters abkommensrechtlich zu qualifizieren sind. Aus deutscher Sicht handelt es sich sowohl bei den Gewinnanteilen als auch bei etwaigen Sondervergütungen um Unternehmensgewinne i.S. von Art. 7 OECD-Musterabkommen. Der zeitweise bestehende Streit, ob die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters nicht eine „Forderung jeder Art“ i.S. des Art. 11 Abs. 3 OECD-Musterabkommen sei und damit statt Unternehmensgewinne Zinsen vermittelt, ist inzwischen vom BFH zugunsten der Unternehmensgewinne entschieden22. Qualifiziert der ausländische Staat wie Deutschland alle Einkünfte des atypischen stillen Gesellschafters als gewerbliche Einkünfte, so wird das Besteuerungsrecht gemäß Art. 7 OECD-Musterabkommen anhand des Betriebsstättenprinzips zugeordnet. Demnach ist entscheidend, wo sich eine Betriebsstätte der Beteiligten einer atypischen stillen Gesellschaft befindet. Eine Betriebsstätte kann dabei nur durch die unternehmerische Tätigkeit des Geschäftsinhabers begründet werden, so dass Deutschland als Ansässigkeitsstaat des atypischen stillen Gesellschafters dessen Einkünfte von der Besteuerung freizustellen hat. Soweit im Quellenstaat allerdings keine Betriebsstätte unterhalten wird oder aber die Einkünfte keiner Betriebsstätte zugerechnet werden können, gelten gemäß Art. 7 Abs. 4 OECD-MA die anderen Abkommensartikel, d.h. insbesondere Art. 10 bzw. Art. 11 OECD-Musterabkommen. Beispiel: Ein in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtiger ist an einem schwedischen Unternehmen in atypischer Form still beteiligt. Die Einkünfte des deutschen Teilhabers aus dieser Beteiligung können nur in Schweden besteuert werden. Das Gleiche gilt für die Besteuerung der Einkünfte des schwedischen Unternehmers. Hat dieser jedoch auch in Deutschland eine Betriebsstätte, aus der z.B. 30 % des gesamten Geschäftsergebnisses des schwedischen Unternehmers stammen, so unterliegen 30 % des Gewinnanteils des deutschen Teilhabers und ebenso 30 % des anteiligen Gewinns des schwedischen Teilhabers der deutschen Besteuerung. Je 70 % des anteiligen Gewinns des deutschen und des schwedischen Teilhabers werden in Schweden besteuert.

29.35 Komplizierter ist die Situation, wenn der ausländische Staat Gewinnanteile oder Sondervergütungen nicht unter Art. 7 OECD-Musterabkommen subsumiert. Es droht dann ein Qualifikationskonflikt23.

22 BFH v. 21.7.1999 – I R 110/98, BStBl. II 1999, 812; vgl. auch BMF v. 26.9.2014, BStBl. I 2014, 1258, Rz. 2.2.1.2., 4.1.1.1.2. 23 Qualifikationskonflikte lassen sich anhand einer autonomen Auslegung der Begriffe des jeweiligen DBA vermeiden. Einer autonomen Abkommensauslegung gibt z.B. das DBASchweden den Vorrang, während Art. III Abs. 2 OECD-Musterabkommen und der weitaus größte Teil der bestehenden DBA bei der Auslegung von Begriffen grundsätzlich auf das Recht des Anwenderstaates verweisen, siehe Lehner in Vogel/Lehner, Grundlagen, Rz. 96b ff.

980 | Teufel

Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht | Rz. 29.38 § 29

Im Falle der Gewinnanteile kann der Qualifikationskonflikt eine Doppelbesteuerung oder eine fiskalisch unerwünschte Unterbesteuerung zur Folge haben. Letzteres wäre der Fall, wenn die Gewinnanteile im Ausland als Dividenden oder Zinsen, im Inland jedoch als Unternehmensgewinne angesehen werden sollten. Dann könnte die Anwendung der Art. 10 Abs. 2, 11 Abs. 2, 23A Abs. 2 OECD-Musterabkommen möglicherweise zu einer Situation führen, in der die fraglichen Einkünfte im Quellenstaat entweder nur einer Quellensteuer unterliegen oder gar nicht besteuert werden, während sie im Ansässigkeitsstaat von der Besteuerung freigestellt werden. Eine solche Situation bestand für einige Zeit im Verhältnis zur Schweiz, die auf Gewinnanteile aus atypischen stillen Gesellschaften den Dividendenartikel des einschlägigen DBA anwandte24. Neuere DBA sowie der neue Art. 23A Abs. 4 OECD-Musterabkommen sehen für solche Fälle vor, dass der Wohnsitzstaat (hier also Deutschland) Einkünfte, die aus seiner Sicht Unternehmensgewinne sind, dann nicht freistellen muss, wenn der Quellenstaat aufgrund seiner Abkommensinterpretation ein ausschließliches Besteuerungsrecht gar nicht beansprucht. Es kommt dann stattdessen zur Besteuerung der Gewinnanteile im Wohnsitzstaat unter Anrechnung etwa gezahlter Quellensteuern. Ergänzend bestimmt § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG, dass eine Freistellung ungeachtet des betreffenden Abkommens (sog. Treaty Override) nicht gewährt wird, wenn der andere Staat die Bestimmungen des Abkommens so anwendet, dass die Einkünfte in diesem Staat von der Besteuerung auszunehmen sind oder nur gering besteuert werden.

29.36

Bei Sondervergütungen, also z.B. Zinsen, die der Geschäftsherr an den atypisch stillen Gesellschafter zahlt, stellt sich die Frage, ob es sich abkommensrechtlich um Unternehmensgewinne i.S. des Art. 7 OECD-Musterabkommen handelt (für die der Betriebsstättenstaat das Besteuerungsrecht hat) oder um Zinsen i.S. des Art. 11 OECDMusterabkommen (für die i.d.R. nur der Ansässigkeitsstaat des stillen Gesellschafters das Besteuerungsrecht hat). Nachdem die Sondervergütungen jahrzehntelang als Unternehmensgewinne i.S. des Art. 7 OECD-Musterabkommen betrachtet wurden, nimmt die Rechtsprechung des BFH mittlerweile einen Vorrang der speziellen Einkunftsarten (insbesondere Art. 10–12 OECD-Musterabkommen) an25. Der Gesetzgeber hat darauf mit der Einführung eines Treaty Override reagiert. Nach § 50d Abs. 10 EStG werden die Sondervergütungen in Anlehnung an die deutsche innerstaatliche Rechtslage (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) stets als Bestandteil des Unternehmensgewinns fingiert, so dass aus deutscher Sicht Art. 7 OECD-Musterabkommen anwendbar ist.

29.37

Einen weiteren Treaty Override hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab 2012 in § 50d Abs. 11 EStG eingeführt, um ungewünschten Inanspruchnahmen der DBA-Freistellungsmethode durch natürliche Personen im Zusammenhang mit Schachteldividenden entgegenzuwirken26.

29.38

24 Der BFH hingegen wandte Art. 7 des DBA an, kam so zur Qualifikation der fraglichen Einkünfte als Unternehmensgewinne und lehnte ein Besteuerungsrecht der Bundesrepublik folglich ab, vgl. BFH v. 21.7.1999 – I R 110/98, BStBl. II 1999, 812. 25 Insbesondere BFH v. 8.9.2010 – I R 74/09, BStBl. II 2014, 788 m.w.N. 26 Bspw. Kopec/Kudert, IStR 2013, 498.

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§ 29 Rz. 29.38 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft Beispiel: Eine deutsche GmbH hält eine Schachtelbeteiligung an einer britischen Kapitalgesellschaft. Nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Großbritannien werden Schachteldividenden grundsätzlich bei der Besteuerung der GmbH ausgenommen. Sofern sich an der deutschen GmbH eine im Inland ansässige natürliche Person atypisch still beteiligt, könnte diese natürliche Person auf Grundlage der Rechtsprechung des BFH27 zu persönlich haftenden Gesellschaftern bei Kommanditgesellschaften auf Aktien von der Steuerfreistellung der Schachteldividende ggf. profitieren, obwohl die Inanspruchnahme der Freistellungsmethode bei DBASchachteldividenden an sich nur Kapitalgesellschaften als Dividendenempfängen vorbehalten ist. Diese Rechtsfolge wird nunmehr durch § 50d Abs. 11 EStG verhindert: „Sind Dividenden beim Zahlungsempfänger nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird die Freistellung ungeachtet des Abkommens nur insoweit gewährt, als die Dividenden nach deutschem Steuerrecht nicht einer anderen Person zuzurechnen sind. Soweit die Dividenden nach deutschem Steuerrecht einer anderen Person zuzurechnen sind, werden sie bei dieser Person freigestellt, wenn sie bei ihr als Zahlungsempfänger nach Maßgabe des Abkommens freigestellt würden.“

III. Das Außensteuergesetz 29.39 Gemäß § 1 AStG werden Einkünfte berichtigt, wenn die Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus Geschäftsbeziehungen zum Ausland mit einer ihm nahe stehenden Person dadurch gemindert werden, dass er seiner Einkünfteermittlung andere Bedingungen zugrunde legt, als sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten (Fremdvergleichsgrundsatz). Nach Ansicht der Finanzverwaltung28 sollen stille Beteiligungen wesentliche Beteiligungen i.S. von § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG darstellen. Demnach wären sie bei der Prüfung zu berücksichtigen, ob eine Person dem Steuerpflichtigen nahe steht. Mangels ausdrücklicher Definition der wesentlichen Beteiligung im AStG sollten jedoch im Einklang mit der Terminologie des übrigen Steuerrechts unter wesentlichen Beteiligungen nur kapitalgesellschaftsrechtliche Beteiligungen verstanden werden. Damit werden stille Beteiligungen nicht von diesem Ausdruck erfasst29. Die Einkünfte aus der stillen Gesellschaft können jedoch nur dann in den Anwendungsbereich des § 1 AStG fallen, wenn die stille Gesellschaft eine Geschäftsbeziehung i.S. von § 1 Abs. 4 AStG darstellt. Gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AStG muss die den Einkünften zugrunde liegende Beziehung bei mindestens einem der Beteiligten Teil einer Tätigkeit sein, auf die die §§ 13, 15, 18 oder 21 EStG anzuwenden sind oder wären, wenn die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde. Die Geschäftsbeziehungen sind allerdings von gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zu trennen, vgl. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b AStG. Weil bei einer stillen Gesellschaft die Beziehungen der Beteiligten auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage beruhen, kann sie daher keine Geschäftsbeziehung i.S. von § 1 Abs. 4 AStG sein. Demnach kann die Vereinbarung einer unangemessenen Gewinnquote im Rah27 BFH v. 19.5.2010 – I R 62/09, IStR 2010, 658. 28 BMF v. 14.5.2004, BStBl. I 2004, Sondernummer 1/2004, S. 7 Rz. 1.0.1, i.V.m. den Grundsätzen für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen (Verwaltungsgrundsätze); BMF v. 23.2.1983, BStBl. I 1983, 218, Rz. 1.3.2.2. 29 Str., vgl. Pohl in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 1 AStG Rz. 60; Wassermeyer in Flick/ Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 514 m.w.N.

982 | Teufel

Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht | Rz. 29.42 § 29

men einer stillen Gesellschaft zwar eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen, nicht aber unter § 1 AStG fallen. Verhältnisse, aus denen sich Sondervergütungen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ergeben, sind hingegen in der Regel „Geschäftsbeziehungen“ nach § 1 Abs. 4 AStG30. Die §§ 2 bis 5 AStG erweitern die steuerpflichtigen Einkünfte und Vermögenswerte von ehemals unbeschränkt Steuerpflichtigen, die weiterhin wesentliche wirtschaftliche Interessen in Deutschland haben. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 AStG ist die Person über die beschränkte Steuerpflicht hinaus beschränkt einkommensteuerpflichtig mit allen Einkünften, die bei unbeschränkter Steuerpflicht nicht ausländische i.S. des § 34c Abs. 1 EStG sind. Unstreitig gehören zu den inlandsbezogenen Einkünften die Einkünfte, die nur inländische i.S. des § 49 EStG sind. Im Einklang mit den Ansichten der Finanzverwaltung31 und der herrschenden Auffassung sind jedoch auch die Einkünfte erfasst, die infolge verschiedener Anknüpfungsmerkmale sowohl inländische als auch ausländische Einkünfte sind32. Daher genügt es zur Erfassung der Einkünfte im Rahmen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht bei einem Wohnsitzwechsel in niedrig besteuernde Länder, wenn bei Einkünften aus einer typischen stillen Gesellschaft bereits der Geschäftsinhaber Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz in Deutschland hat. Fallen die Einkünfte unter § 2 Abs. 1 AStG, so wird gemäß § 2 Abs. 5 AStG die Anwendung des § 50 Abs. 2 EStG ausgeschlossen, wonach bei beschränkt Steuerpflichtigen die Einkommensteuer für Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterliegen, mit dem Steuerabzug als abgegolten gilt.

29.40

§ 2 Abs. 3 AStG bestimmt, wann eine Person wesentliche wirtschaftliche Interessen im Inland hat. Mitunternehmer und damit auch atypische stille Gesellschafter gehören hierzu gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG33. Für den typischen stillen Gesellschafter sind demgegenüber die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Nr. 2 und 3 AStG näher zu prüfen.

29.41

Die §§ 7 bis 14 AStG rechnen niedrig besteuerte Einkünfte sog. ausländischer Zwischengesellschaften zum Einkommen unbeschränkt Steuerpflichtiger unter bestimmten Voraussetzungen hinzu. Die unbeschränkt steuerpflichtigen Personen müssen allein oder zusammen mit Personen i.S. des § 2 AStG zu mehr als der Hälfte an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sein. Die Beteiligung muss also an der ausländischen Gesellschaft bestehen, die selbst ein Körperschaftsteuersubjekt ist. Aus diesem Grund sind nur direkte gesellschaftsrechtliche Beteiligungen an der Gesellschaft zu berücksichtigen. Eine stille Beteiligung kommt hierfür daher nicht in Frage. Denn auch wenn § 7 AStG den Beteiligungsbegriff ausdehnt, ist zu beachten, dass die direkte Einflussnahme durch die gesellschaftsrechtliche Beteiligung erforderlich bleibt. Deshalb kann gegebenenfalls nur im Rahmen von § 7 Abs. 4 AStG eine atypische stille Beteiligung berücksichtigt werden, und zwar dann, wenn sie einen solchen Einfluss auf eine Person vermittelt, dass diese Person ihre Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft nach dem Willen des atypischen stillen Gesellschafters ausübt.

29.42

30 31 32 33

Wassermeyer/Leonhardt in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 2735. BMF v. 14.5.2004, BStBl. I 2004, Sondernummer 1/2004, S. 14 Rz. 2.5.0.1 und 2.5.0.2. Ausführlich Baßler in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 2 AStG Rz. 78 ff. Vgl. Baßler in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 2 AStG Rz. 264.

Teufel | 983

§ 29 Rz. 29.43 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

29.43 Dagegen kann eine stille Gesellschaft dann zu bedenken sein, wenn es darum geht, die maßgeblichen Einkünfte der Zwischengesellschaft i.S. des § 8 AStG zu ermitteln. Hierfür stellt das AStG nicht auf die sieben Einkunftsarten ab, sondern auf die Tätigkeiten, die den Einkünften zugrunde liegen. Gewinnanteile aus einer mitunternehmerischen Beteiligung an einer Personengesellschaft sind dabei so zu behandeln, als ob der Mitunternehmer anteilig deren Tätigkeit ausgeübt hat34. Für die Einordnung der Einkünfte der Gesellschaft aus einer atypischen stillen Beteiligung an einer Personengesellschaft in den Katalog des § 8 AStG kommt es daher auf die Tätigkeit des Geschäftsinhabers an. Besteht an der ausländischen Gesellschaft selbst eine stille Beteiligung, so wird der Gewinn der Gesellschaft durch die Gewinnanteile verringert. Damit vermindern sich zugleich die möglichen hinzuzurechnenden Einkünfte.

IV. Negative ausländische Einkünfte 29.44 Falls ein in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtiger negative ausländische Einkünfte aus einer stillen Beteiligung an einem außerhalb der EU bzw. des EWR gelegenen Unternehmen erzielt, ist § 2a EStG zu beachten. Danach wird die Verrechnung von ausländischen Verlusten aus Drittstaaten erheblich eingeschränkt. 29.45 Die Einkünfte aus einer typischen stillen Beteiligung an einem außerhalb der EU bzw. des EWR gelegenen ausländischen Handelsgewerbe werden grundsätzlich von § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG erfasst. Aufgrund der umgekehrten isolierenden Betrachtungsweise 35 fallen die Einkünfte wegen § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG i.V.m. der Aktivitätsklausel nach § 2a Abs. 2 EStG36 jedoch dann nicht unter § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG, wenn die Beteiligung in einem ausländischen Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters gehalten wird und die Einkünfte einer aktiven ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind37. In diesem Fall können die Verluste mit inländischen Einkünften ausgeglichen werden. 29.46 Unter negativen Einkünften i.S. von § 2a EStG sind sowohl die Verlustanteile als auch sonstige Werbungskosten zu verstehen, weil § 2a EStG an die Systematik des Einkommensteuergesetzes anknüpft. Ob auch Verluste des Vermögensstamms der stillen Beteiligung (also insb. Teilwertabschreibungen und Veräußerungsverluste) von der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 2a EStG betroffen sind, ist noch nicht höchstrichterlich geklärt38.

34 BFH v. 16.5.1990 – I R 18/88, BStBl. II 1990, 1049 (1051); BMF v. 14.5.2004, BStBl. I 2004, Sondernummer 1/2004, Tz. 8.0.4. 35 Vgl. Gosch in Kirchhof, § 2a EStG Rz. 11. 36 Die Aktivitätsklausel nach § 2a Abs. 2 EStG gilt für die typische stille Gesellschaft selbst nicht. 37 Hierzu BFH v. 17.11.1999 – I R 7/99, BStBl. II 2000, 605. 38 Bejahend FG Sachsen-Anhalt v. 6.3.2018 – 4 K 986/14, EFG 2019, 758 m. Anm. Schober (nrkr., Az. des BFH: I R 35/18); gegen die Einbeziehung von Teilwertabschreibungen u.a. Gosch in Kirchhof, § 2a EStG Rz. 27.

984 | Teufel

Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht | Rz. 29.48 § 29

Für negative Einkünfte aus einer atypischen stillen Beteiligung an einem ausländischen Handelsgewerbe gilt § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG39. Hiervon werden ebenso negative Einkünfte aus einer typischen stillen Beteiligung erfasst, wenn die Beteiligung in einem Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters gehalten wird und die Einkünfte einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist (siehe Rz. 29.45). Aufgrund der Aktivitätsklausel in § 2a Abs. 2 EStG können diese Verluste – anders als Verluste aus typisch stillen Beteiligungen – auch mit inländischen Gewinnen ausgeglichen werden, wenn der Gegenstand der Betriebsstätte ausschließlich oder fast ausschließlich in bestimmten aktiven förderungswürdigen Tätigkeiten besteht. Förderungswürdig ist insbesondere die Erbringung gewerbliche Leistungen, soweit diese nicht der Errichtung oder dem Betrieb von Fremdenverkehrsanlagen dienen oder in der Vermietung und Verpachtung von Wirtschaftsgütern bestehen, § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG. Der Gegenstand der Betriebsstätte besteht ausschließlich oder fast ausschließlich in diesen förderungswürdigen Tätigkeiten, wenn das Ergebnis zu mindestens 90 % auf diese Tätigkeit zurückzuführen und das Betriebsvermögen zu mindestens 90 % diesen Tätigkeiten gewidmet ist40.

29.47

V. Zusammenfassung Die Einkünfte aus der typischen und aus der atypischen stillen Beteiligung unterliegen als Einkünfte aus Kapitalvermögen bzw. als Einkünfte aus einem inländischen Gewerbebetrieb der beschränkten Einkommen-(Körperschaft-)Steuerpflicht. Soweit es sich um Einkünfte aus Kapitalvermögen handelt, ist mit der Vornahme des Steuerabzugs i.H. von regelmäßig 25 % die Einkommensteuer abgegolten. Soweit Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen, erfolgt die Besteuerung nicht durch Steuerabzug, sondern im Wege der Veranlagung. Als einseitige Maßnahme des deutschen Steuerrechts zur Vermeidung bzw. Milderung der Doppelbesteuerung bestimmt § 34c EStG grundsätzlich die Anrechnung der ausländischen Steuer auf die deutsche Einkommen -bzw. Körperschaftsteuer. Für das zwischenstaatliche Steuerrecht sehen die mit zahlreichen ausländischen Staaten abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen regelmäßig vor, dass die typische stille Beteiligung und die Einkünfte daraus in dem Staat besteuert werden, in dem der stille Gesellschafter seinen Wohnsitz hat. Werden – wie in Deutschland – die Gewinnanteile aus der typischen stillen Gesellschaft an der Quelle, d.h. im Wege des Steuerabzugs vom Kapitalertrag, besteuert, so weisen die Doppelbesteuerungsabkommen das Besteuerungsrecht regelmäßig beiden Staaten zu, wobei die deutsche Steuer i.d.R. auf die ausländische Steuer anzurechnen ist. Bei atypisch stillen Beteiligungen steht das Besteuerungsrecht grundsätzlich dem Betriebsstättenstaat zu, d.h. dem Staat, in dem der Geschäftsinhaber tätig ist.

39 Herkenroth/Striegel in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2a EStG Rz. 46; Wagner in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 2a EStG Rz. 108. 40 Wagner in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 2a EStG Rz. 151.

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29.48

§ 29 Rz. 29.48 | Die Besteuerung der stillen Gesellschaft

Im Bereich des Außensteuergesetzes kann im Rahmen von § 1 AStG eine atypische stille Beteiligung unter Umständen ein Nahestehen der Person zu dem Steuerpflichtigen begründen. Eine Geschäftsbeziehung i.S. des § 1 Abs. 4 AStG stellt die stille Gesellschaft jedoch nicht dar. Im Bereich der §§ 2 bis 6 AStG kann eine stille Beteiligung zu den wesentlichen wirtschaftlichen Interessen zählen, die in Deutschland bestehen. Zudem können Einkünfte aus einer stillen Gesellschaft zu den erweiterten Inlandseinkünften gehören. Innerhalb der Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 bis 14 AStG) ist eine atypische stille Beteiligung zur Ermittlung der Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft nur in Ausnahmefällen bei § 7 Abs. 4 AStG zu berücksichtigen. Sind Personen in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig und erzielen sie negative ausländische Einkünfte, ist die Verlustverrechnungsbeschränkungsregelung des § 2a EStG zu beachten. Verluste aus typisch stillen Beteiligungen an außerhalb der EU gelegenen Unternehmen sind hiernach grundsätzlich nur mit Gewinnen aus der selben stillen Beteiligung verrechenbar (§ 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG). Eine vergleichbare Verlustverrechnungsbeschränkung gilt grundsätzlich für Verluste aus atypisch stillen Beteiligungen, es sei denn, der Steuerpflichtige kann nachweisen, dass die Verluste aus bestimmten aktiven Tätigkeiten stammen (§ 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 EStG).

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III. Teil: Die Unterbeteiligung § 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht Schrifttum: Bilsdorfer, Peter, Gesellschafts- und steuerrechtliche Probleme bei Unterbeteiligung von Familienangehörigen, NJW 1980, 2785; Blaurock, Uwe, Vollzug der unentgeltlichen Zuwendung einer neu begründeten Unterbeteiligung, NZG 2012, 521; Blaurock, Uwe/ Berninger, Axel, Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil in zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht (Teil I), GmbHR 1990, 11; Blaurock, Uwe/Pordzik, Philipp, Der wirtschaftlich Berechtigte im Sinne des Transparenzregisters – Offenlegungspflichten für stille Beteiligungsstrukturen?, NZG 2019, 413; Bochmann, Christian, Zweifelsfragen des neuen Transparenzregisters, DB 2017, 1310; Coenen, Tilman, Formfreie Schenkung der Gesellschafterstellung in einer stillen Gesellschaft und einer Unterbeteiligung, 2002; Esch, Günter, Die Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, NJW 1964, 902; Felix, Günther, Unterbeteiligungen aus der Sicht der Steuerberatung, KÖSDI 1985, 5791 und KÖSDI 1987, 6918; Friehe, Christian-Friedrich, Die Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, 1974; Kotzenberg, Jochen/Lorenz, Karsten, Das Transparenzregister kommt – Ein dringliches Thema vor allem für Familienunternehmen, NJW 2017, 2433; Kühne, Eberhardt/Rehm, Christian, Die Unterbeteiligung als Gestaltungsinstrument der Unternehmensnachfolge, NZG 2013, 561; Meyer, Gerd, Die Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, Diss. Münster, 1971; Paulick, Heinz, Die Unterbeteiligung in gesellschaftsrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht, ZGR 1974, 253; Rieg, Jürgen, Prüfungs- und Handlungsbedarf aufgrund der Einführung des Transparenzregisters, BB 2017, 2310; Roth, Günter H./Thöni, Wilfried, Treuhand und Unterbeteiligung, in Lutter, Marcus/Ulmer, Peter/Zöllner, Wolfgang (Hrsg.), Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 245; Rust, Walter, Die Beteiligung von Minderjährigen im Gesellschaftsrecht, DStR 2005, 1942 (Teil I), 1992 (Teil II); Schindhelm, Malte/Stein, Klaus, Unterbeteiligung als Instrument der vorweggenommenen Erbfolge, ErbStB 2003, 32; Schmidt, Karsten, Formfreie Schenkungen von stillen Beteiligungen und Unterbeteiligungen?, DB 2002, 829; Schmidt, Karsten, Schuldrecht, Erbrecht, Gesellschaftsrecht: Schenkungsvollzug durch Zuwendung einer Unterbeteiligung – Der BGH erkennt die formlose Schenkung von Innenbeteiligungen an, JuS 2012, 460; SchmidtDiemitz, Rolf, Probleme der Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil bei Umwandlung der Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft, DB 1978, 2397; Schulze zur Wiesche, Dieter, Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil, GmbHR 1986, 236; Singhof, Bernd/Seiler, Oliver/Schlitt, Michael, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, 2004; Stürner, Rolf, Der lediglich rechtliche Vorteil, AcP 173 (1973), 402; Strnad, Oliver, Was gilt für Unterbeteiligungen nach der Suhrkamp-Entscheidung des BGH?, ZEV 2012, 394; Tassius, Isabelle, Die InnenKG, 2019; Tebben, Joachim, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, 2000; Thomsen, Joachim, Die Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, 1978; Ulbrich, Klemens, Die Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, 1982; Wagner, Udo, Die Unterbeteiligung an einem OHG-Anteil, 1975; Werner, Rüdiger, Die Unterbeteiligung als Instrument der Unternehmensnachfolge, ZEV 2015, 194; Westermann, Harm Peter, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970.

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§ 30 Rz. 30.1 | Die Unterbeteiligung

I. Wesen der Unterbeteiligung und wirtschaftliche Bedeutung 30.1 Eine Unterbeteiligung liegt vor, wenn aufgrund eines Gesellschaftsvertrags zwischen dem Gesellschafter einer Kapital- oder Personengesellschaft (Hauptbeteiligter) und einem Dritten (Unterbeteiligter) der Dritte gegen Leistung einer Einlage obligatorisch zumindest am Gewinn des Gesellschaftsanteils des Hauptbeteiligten partizipiert. Die Unterbeteiligung ist Gesellschaft1 und ebenso wie die stille Beteiligung eine Erscheinungsform der Innengesellschaft. Dementsprechend gehört es zum Wesen der Unterbeteiligungsgesellschaft, dass sie kein Gesamthandsvermögen besitzt2. Der Hauptbeteiligte ist alleiniger Inhaber des Gesellschaftsanteils, auf den sich die Beteiligung bezieht. Gegenstand der Unterbeteiligung kann jede Art von Gesellschaftsanteil sein, auch eine stille Beteiligung und ebenso eine Unterbeteiligung3. Der gemeinsame Zweck der Unterbeteiligungsgesellschaft liegt im Halten und Nutzen eines Gesellschaftsanteils4. Unabdingbare Voraussetzung einer Unterbeteiligung ist die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung; die Teilnahme am Verlust ist zwar praktisch häufig, gehört aber nicht zu den konstitutiven Merkmalen5. 30.2 Der wirtschaftliche Zweck dieser Rechtsfigur besteht darin, die Gewinn- und Verlustchancen aus der Gesellschafterstellung in der Hauptgesellschaft intern mit einem anderen zu teilen, der selbst an der Hauptgesellschaft in der Regel6 nicht beteiligt ist. Die Unterbeteiligung versteht sich so als Form der mittelbaren Unternehmensteilhabe, die immer dort Bedeutung erhält, wo eine direkte Beteiligung an der Hauptgesellschaft nicht möglich oder nicht gewollt ist7. 30.3 Einen wichtigen Anwendungsbereich findet die Unterbeteiligung bei der Erbfolge in Gesellschaftsanteile von Personengesellschaften. Die Unterbeteiligung begegnet hier einerseits als Instrument zur vorweggenommenen Erbfolgeregelung, wobei die späteren Erben eines Gesellschafters am Gesellschaftsanteil beteiligt werden können, ohne 1 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 109 ff. 2 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 93 ff. m.w.N.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 51 ff.; a.A. H.P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 202. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 196; Mock in Röhricht/ Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 222; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 49; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 7 (11). 4 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 109; Paulick, ZGR 1974, 253 (268). 5 Paulick, ZGR 1974, 253 (266). 6 Eine Unterbeteiligungsgesellschaft mit einem anderen Gesellschafter der Hauptgesellschaft als Unterbeteiligtem ist allerdings möglich. 7 Zur geschichtlichen Entwicklung und der heutigen Bedeutung mittelbarer Teilhabe an Gesellschaftsverhältnissen siehe Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 25 ff., S. 49 ff.; zur wirtschaftlichen Bedeutung der Unterbeteiligung und zu Motiven für ihre Wahl siehe auch Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 171 Rz. 365 ff.; Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 121 ff.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 14 ff.

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Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht | Rz. 30.7 § 30

dass der Gesellschafter bereits den durch den Anteil vermittelten Einfluss auf die Gesellschaft verliert. Die Unterbeteiligung als vorweggenommene Erbfolge kann hier auch der Entstehung von hohen Erbschaftsteuern oder von unerwünschten Pflichtteilsforderungen vorbeugen oder diese doch wesentlich vermindern8. Andererseits kann die Unterbeteiligung auch zum Ausgleich erbrechtlicher Ansprüche weichender Erben bei der sog. qualifizierten Nachfolgeklausel dienen. Dies kann vom Erblasser testamentarisch angeordnet werden, es kann dem aber auch eine Einigung der Erben zugrunde liegen, etwa wenn der nachfolgende Erbe den erbrechtlichen Abfindungsbetrag ohne „Versilberung“ des Anteils nicht sofort aufbringen kann. Darüber hinaus ist die Unterbeteiligung bei Familiengesellschaften anzutreffen, wenn ein Familienmitglied den Familienstamm in der Hauptgesellschaft repräsentiert und die Stammesmitglieder über Unterbeteiligungen an den Erträgen des Anteils partizipieren.

30.4

Möglich ist auch, dass der Hauptgesellschafter für die Finanzierung seiner Einlage Kapital benötigt und dem Kapitalgeber als Gegenleistung eine Unterbeteiligung einräumt. Die Unterbeteiligung kann auch eingeräumt werden, um die aus einer Darlehensgewährung resultierenden Ansprüche zu sichern9. Ebenso hat die Unterbeteiligung in den Fällen Bedeutung, in denen die Beteiligung nach außen – etwa aus Wettbewerbsgründen – nicht in Erscheinung treten soll. Schließlich sind die Fälle zu erwähnen, in denen der Unterbeteiligte keine engen gesellschaftsvertraglichen Bindungen zu den Hauptgesellschaftern eingehen will, etwa um ein Wettbewerbsverbot zu vermeiden, oder in denen die Beteiligung nur vorübergehend gewollt ist und die Folgen des Ein- und Austritts aus der Hauptgesellschaft vermieden werden sollen.

30.5

Die Unterbeteiligung wird zudem oft dann gewählt, wenn gesetzliche oder vertragliche Unübertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen eine unmittelbare Beteiligung eines Dritten an der Gesellschaft selbst ausschließen oder wenn besondere Verhältnisse den Wechsel im Anteilsbesitz oder eine Aufstückelung der Beteiligung unangebracht erscheinen lassen.

30.6

Allen diesen im Zivilrecht wurzelnden Motivationslagen steht oftmals der steuerrechtliche Beweggrund zur Seite, aus dem Anteil fließende Gewinne zu verlagern und so die Steuerlast zu mindern10.

30.7

8 Wendelstein, BB 1970, 735; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 65 f.; Zur Unterbeteiligung als Instrument der vorweggenommenen Erbfolge siehe auch Schindhelm/Stein, ErbStB 2003, 32. 9 Dazu OLG Frankfurt v. 8.8.1985 – 15 U 233/83, GmbHR 1987, 57. 10 Zu weiteren wirtschaftlichen Gründen für die Wahl einer Unterbeteiligung näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 54 ff.; Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 121 ff.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 14 ff.

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§ 30 Rz. 30.8 | Die Unterbeteiligung

II. Abgrenzung zu anderen Rechtsinstituten 30.8 Ähnlich wie bei der stillen Gesellschaft kann es bei der Unterbeteiligung zu Abgrenzungsproblemen im Hinblick auf verwandte Rechtsfiguren kommen. Von der stillen Gesellschaft unterscheidet sich die Unterbeteiligungsgesellschaft durch den Gegenstand der Beteiligung. Bei der stillen Gesellschaft geht es um eine Beteiligung am Handelsunternehmen, die Unterbeteiligung bezieht sich dagegen auf einen Gesellschaftsanteil11. Eine „Unterbeteiligung“ am Handelsgewerbe eines Einzelkaufmanns wird regelmäßig als stille Gesellschaft zu beurteilen sein, wenn die zwingenden Voraussetzungen dafür vorliegen.

30.9 Im Unterschied zur Treuhand, bei der der Hauptgesellschafter die Beteiligung ausschließlich für fremde Rechnung hält, handelt es sich bei der Unterbeteiligung um das Halten des Anteils für eigene und für fremde Rechnung. Bei der Treuhand ist im Innenverhältnis der Parteien Auftrags- bzw. Dienstvertragsrecht anzuwenden, während bei der Unterbeteiligung Gesellschaftsrecht zur Geltung gelangt12. 30.10 Wendet ein Gesellschafter einem Dritten im Innenverhältnis seine gesamte Gesellschafterstellung und nicht nur einen Anteil am Gewinn zu, so wird es in ihrem Verhältnis zueinander regelmäßig an der für ein Gesellschaftsverhältnis typischen Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks fehlen. Es liegt daher keine Unterbeteiligung, sondern Treuhand vor13. Ist der Dritte berechtigt, den gesamten Gewinn zu verlangen und verpflichtet, den gesamten Verlust der jeweiligen Abrechnungsperiode zu tragen, andererseits an der Substanz des Anteils intern wertmäßig nicht beteiligt, so handelt es sich auch dann um eine Unterbeteiligung, wenn der Hauptgesellschafter für die Verwaltung des Anteils eine Festvergütung erhält14. 30.11 In seiner Rechtsprechung stellt der BGH jedoch ausdrücklich fest, dass sich Treuhand und Unterbeteiligung an Gesellschaftsanteilen nicht ausschließen15. Vielmehr könne auch das gesellschaftsrechtliche Verhältnis zwischen Haupt- und Unterbeteiligtem treuhänderische Züge tragen, so dass keine Exklusivität zwischen Auftrags- oder Gesellschaftsrecht bestehe16. Bei der Frage, welche gesetzlichen Bestimmungen im Ein11 Paulick, ZGR 1974, 253 (259); für den Fall, dass Gegenstand des Handelsgewerbes das Halten von Gesellschaftsanteilen darstellt siehe Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 73 Rz. 8. 12 Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 75 ff. 13 BGH v. 13.6.1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 203; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 274; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 226. Vgl. auch OLG Hamm v. 27.10.1993 – 8 U 75/93, DB 1994, 1233. 14 Paulick, ZGR 1974, 253 (266); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 203. 15 So BGH v. 13.6.1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886; BGH v. 10.10.1994 – II ZR 285/ 93, GmbHR 1995, 57 = NJW-RR 1995, 165. 16 BGH v. 13.6.1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886 (2887); kritisch hierzu Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 65 f.; vgl. auch Roth/Thöni in FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, S. 245 (259 ff.).

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Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht | Rz. 30.13 § 30

zelfall anwendbar sind, komme es auf die inhaltliche Ausgestaltung des Vertrages zwischen dem Haupt- und Unterbeteiligten an. Die von den Parteien gewählte Bezeichnung als Treuhand- oder Unterbeteiligungsverhältnis sei nicht maßgeblich. Dabei stellt der BGH weiterhin darauf ab, ob der Hauptgesellschafter seinen Anteil in vollem Umfang für den Unterbeteiligten hält, oder ob er auch eigene Interessen in der Gesellschaft verfolgt. So gelangt der BGH im Ergebnis wohl dennoch unverändert zu einer ausschließlichen Anwendung entweder des Gesellschafts- oder des Auftragsrechts17. Problematisch wird die Abgrenzung in der Praxis bei den Publikums-Treuhandgesellschaften, bei denen ein Hauptgesellschafter zu vielen Beteiligten in Beziehung tritt. Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung treffen hier Treuhandelemente und Unterbeteiligungsverhältnis zusammen. Das Verhältnis zwischen den mittelbar Beteiligten und dem Hauptgesellschafter beurteile sich daher sowohl nach den Grundsätzen der Treuhand als auch nach gesellschaftsrechtlichen Regelungen18. Demgegenüber steht die bisher h.A. auf dem Standpunkt, dass Treuhand und Unterbeteiligung sich gegenseitig ausschließen19. Für den Normalfall der Publikums-Treuhandgesellschaft dürfte dem zuzustimmen sein, da der Hauptgesellschafter nur die Interessen der Vielzahl der mittelbar Beteiligten wahrnehmen soll, mit ihnen aber keinen gemeinsamen Zweck i.S. von § 705 BGB verfolgt. Es handelt sich um eine reine Treuhand über einen Gesellschaftsanteil. Es besteht einerseits ein Gesellschaftsverhältnis zwischen den Untergesellschaftern, soweit sie in einer Gesellschaft zusammengefasst sind, und andererseits ein sich in erster Linie nach Auftrags- oder Dienstvertragsrecht richtendes Treuhandverhältnis zwischen der Untergesellschaft und dem Treuhänder.

30.12

Eine Veränderung der rechtlichen Qualität tritt ein, wenn der Treuhänder der Treugebergesellschaft selbst angehört. Hier liegt der Übergang zur Beteiligungsinnengesellschaft, also zur Unterbeteiligung. Die Bezeichnung des in der Obergesellschaft auftretenden Gesellschafters als Treuhänder ist dabei wohl in der Regel ein Kürzel für eine bestimmte von den Gesellschaftern beabsichtigte Vertretungsregelung für die Innengesellschaft. Eine solche Beteiligungsinnengesellschaft kann auch treuhänderische Elemente aufweisen20.

30.13

17 Ebenso Roth, Anm. zu BGH v. 13.6.1994 – II ZR 259/92, LM H. 12/1994 § 662 BGB Nr. 45. 18 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 211, 203 unter Hinweis auf die grundsätzliche Abkehr vom Ausschließlichkeitsverhältnis zwischen Treuhand und Unterbeteiligungsgesellschaft in BGH v. 13.6.1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886; ihm zustimmend Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 169 Rz. 359. 19 Vgl. Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 58 f.; offengelassen in BGH v. 4.11.1976 – II ZR 50/75, WM 1977, 525 (527). 20 Friehe, Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, S. 15; Meyer, Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, S. 56; Winterstein, Unterbeteiligung an OHG- und KG-Anteilen als stille Gesellschaft, 1969, S. 5; siehe auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 203; Tassius, Die Innen-KG, S 71 ff. will darüber hinaus auch dann eine Qualifizierung als Unterbeteiligungsgesellschaft zulassen, wenn der Treu-

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§ 30 Rz. 30.14 | Die Unterbeteiligung

30.14 Zu den partiarischen Rechtsgeschäften grenzt sich die Unterbeteiligung durch den gemeinsamen Zweck ab. Die Unterscheidung erfolgt sinngemäß nach den Kriterien, die auch für die Abgrenzung von stiller Gesellschaft und partiarischem Rechtsverhältnis von Bedeutung sind. An dieser Stelle kann daher auf die Behandlung bei der stillen Gesellschaft verwiesen werden (siehe Rz. 8.24).

III. Arten der Unterbeteiligung 30.15 Entsprechend den unterschiedlichen Zwecken, die mit einer Unterbeteiligungsgesellschaft verfolgt werden, unterscheidet man verschiedene Typen dieser Rechtsfigur. Üblich ist zunächst die Differenzierung in „typische“ und „atypische“ Unterbeteiligungsverhältnisse. Die Terminologie ist dabei irreführend, denn der in der Praxis weitaus häufiger vorkommende (und damit der „typenbildende“) Fall ist die atypische Unterbeteiligung21. 30.16 Unter der „typischen“ Unterbeteiligung versteht man den Fall, dass dem Unterbeteiligten lediglich eine bestimmte Quote des auf den Anteil entfallenden Gewinns überlassen wird. Veränderungen im Wert des Anteils betreffen den Unterbeteiligten nicht, bei Beendigung der Unterbeteiligungsgesellschaft erhält er einen etwa dem Hauptgesellschafter überlassenen Betrag in gleicher Höhe wieder zurück. Die Bezeichnung „typische Unterbeteiligungsgesellschaft“ leitet sich her von der Parallele zur typischen stillen Gesellschaft, wie sie dem gesetzlichen Regelungsmodell der §§ 230 ff. HGB zugrunde liegt. 30.17 Weicht die Unterbeteiligungsgesellschaft von der Typik der in §§ 230 ff. HGB für die stille Gesellschaft geregelten Form einer Innengesellschaft ab, liegt eine „atypische“ Unterbeteiligungsgesellschaft vor22. Das ist dann der Fall, wenn der Unterbeteiligte auch an den Wertveränderungen des Anteils teilnehmen und an den offenen und stillen Reserven der Gesellschaft entsprechend seiner Quote beteiligt sein soll. Meist geschieht dies in der Weise, dass der Unterbeteiligte im Innenverhältnis am Auseinandersetzungs- und Abfindungsguthaben in gleicher Weise beteiligt wird wie der Hauptgesellschafter. Hier erhält der Unterbeteiligte auch der Substanz nach eine wirtschaftliche Gesellschafterstellung23. Bei Unterbeteiligungen dieser Art, die eine im Innenverhältnis vorgenommene Teilung des Gesellschaftsanteils darstellen, besteht eine Verwandtschaft mit der gesellschaftsrechtlichen Treuhand24.

21 22 23 24

händer zwar nicht selbst der Treugebergesellschaft angehört, aber eine zusätzliche Koordinierungsfunktion für die Treugeber wahrnimmt, wenn diese gemeinsam einen wirtschaftlichen Nutzen ziehen wollen. Kühne/Rehm, NZG 2013, 561 (563); vgl. zur Kritik an dieser Terminologie Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 115 f. Vgl. Blaurock/Berninger, GmbHR 1990, 11 (12); ferner Paulick, ZGR 1974, 253 (258); Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 127 ff. (140). Neu in GmbH-Handbuch, Rz. III 3520; Schulze zur Wiesche, GmbHR 1986, 236 (237). Zu dieser Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 123 ff., 133 f.

992 | Blaurock

Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht | Rz. 30.21 § 30

Ähnlich wie bei der stillen Gesellschaft wird neben dem Fall der Vereinbarung einer Substanzbeteiligung auch diejenige Konstellation als „atypische“ Unterbeteiligung gekennzeichnet, in der der Unterbeteiligte maßgebende Geschäftsführungsbefugnisse besitzt, kraft derer er Einfluss auf das Schicksal der Hauptbeteiligung ausüben kann25.

30.18

Beide Fallgruppen sind vornehmlich in steuerrechtlichem Zusammenhang zu sehen, da sie durch das Vorhandensein von Substanzbeteiligung und Geschäftsführungsbefugnissen das Mitunternehmerrisiko bzw. die Mitunternehmerinitiative und damit die Mitunternehmerstellung vermitteln. Erst durch die Mitunternehmerstellung erlangt die Unterbeteiligung steuerrechtlich besondere Bedeutung (dazu Rz. 31.1 ff.).

30.19

Insbesondere bei Publikumsgesellschaften, aber auch bei Familiengesellschaften, kommt es vor, dass an demselben Gesellschaftsanteil eine Mehrheit von Unterbeteiligungen besteht. Hier stellt sich die Frage, ob es sich um jeweils verschiedene zweigliedrige Beteiligungsverhältnisse handelt, oder ob auch ein Sondertypus der mehrgliedrigen Unterbeteiligungsgesellschaft vorliegen kann. Dies ist zu bejahen26. Es verhält sich grundsätzlich so wie bei der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft. Das dort Ausgeführte gilt hier sinngemäß (siehe Rz. 6.61)27.

30.20

Zudem wird eine Differenzierung der Erscheinungsformen der Unterbeteiligung in offene und verdeckte Unterbeteiligungen vorgenommen. Von einer verdeckten Unterbeteiligung spricht man, wenn sie weder gegenüber der Hauptgesellschaft noch den Mitgesellschaftern offen gelegt wird. Sind dem Unterbeteiligten mit Zustimmung der Mitgesellschafter unmittelbare Verwaltungsrechte in der Hauptgesellschaft eingeräumt, liegt ein Fall der offenen Unterbeteiligung vor. Zum Teil wird eine solche bereits dann bejaht, wenn die anderen Gesellschafter der Hauptgesellschaft von der Unterbeteiligung Kenntnis haben. Allerdings wird dem Unterbeteiligten in keinem Fall die Position eines Gesellschafters in der Hauptgesellschaft eingeräumt28.

IV. Rechtsgrundlagen Die Unterbeteiligung ist gesetzlich nicht geregelt. Aus ihrem Charakter als Gesellschaft ergibt sich aber ohne Weiteres die grundsätzliche Anwendbarkeit der §§ 705 ff. BGB, wobei die Vorschriften, die das Vorhandensein von Gesamthandsvermögen voraussetzen, selbstverständlich ausgeschlossen bleiben, da die Unterbeteiligungsgesell-

25 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 210; Mock in Röhricht/ Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 229; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 5 f. 26 Ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 214; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 230; Paulick, ZGR 1974, 253 (262); siehe auch Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 100 ff. 27 Zur Mehrheit von Hauptbeteiligten K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 213; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 10 f. 28 Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 170 Rz. 362 m.w.N.

Blaurock | 993

30.21

§ 30 Rz. 30.21 | Die Unterbeteiligung

schaft keine gesamthänderische Berechtigung an einem Gesellschaftsvermögen vermittelt.

30.22 Breiten Raum nimmt im Schrifttum die Diskussion darüber ein, ob auf die Unterbeteiligung die für die stille Gesellschaft geltenden Normen anzuwenden oder ob allein die Vorschriften über die BGB-Gesellschaft heranzuziehen sind. Zum Teil handelt es sich dabei um einen Streit um Worte. Selbstverständlich steht es den Parteien des Unterbeteiligungsvertrages frei, ihrer Vereinbarung die für die stille Gesellschaft vorgesehenen Regelungen zugrunde zu legen. Die Frage geht allein darum, welche dispositiven Vorschriften beim Fehlen konkreter vertraglicher Bestimmungen heranzuziehen sind und ob die zwingenden Gläubigerschutzvorschriften aus dem Recht der stillen Gesellschaft eingreifen. 30.23 Die Auffassung, die Unterbeteiligung sei bereits eine stille Gesellschaft29, ist kaum haltbar. § 230 HGB enthält keine abschließende Definition der stillen Gesellschaft, sondern regelt nur den Fall, dass vom stillen Gesellschafter eine Einlage erbracht wird30. Hier bestimmt das Gesetz, dass diese in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergehen müsse, schließt also die Bildung von Gesamthands- und Bruchteilsvermögen aus. Dagegen handelt es sich bei dem in § 230 HGB angeführten „Handelsgewerbe“ um ein konstitutives Merkmal der stillen Gesellschaft. Die meisten Vorschriften der §§ 230 ff. HGB sind auf die Beteiligung an einem Gewerbebetrieb zugeschnitten, so beispielsweise diejenigen hinsichtlich des Kontrollrechts (§ 233 Abs. 1 HGB), der Kündigung (§ 234 Abs. 1 HGB) sowie der Auseinandersetzung (§ 235 HGB); auch die Gläubigerschutzvorschriften in § 236 Abs. 2 HGB, § 136 InsO finden ihre Rechtfertigung allein im Geschäftskontakt des „Komplementärs“ mit dem Publikum. Die bloße Gesellschafterstellung in einer Handelsgesellschaft reicht demgemäß für die Annahme eines Handelsgewerbes und damit einer stillen Gesellschaft nicht aus. 30.24 Die Feststellung, dass die Unterbeteiligung keine stille Gesellschaft ist, schließt hingegen nicht aus, dass beim Fehlen einzelvertraglicher Bestimmungen Regelungen aus dem Recht der stillen Gesellschaft zur Ausfüllung herangezogen werden können. Immerhin besteht bei einem Teil der Unterbeteiligungs-Fallgruppen eine gewisse Verwandtschaft mit dem gesetzlichen Modell der stillen Gesellschaft, die eine entsprechende Anwendung einiger der für diese vorgesehenen Vorschriften nahe legt. 30.25 In welchem Umfange dies geboten ist, ist bei der Behandlung der einzelnen in Betracht kommenden Fragenbereiche näher zu erläutern. Festzuhalten bleibt, dass gesetzliche Regelungen, die für die Unterbeteiligungsgesellschaft eine Rechtsgrundlage abgeben können, spärlich sind. Es ist daher eine möglichst eingehende vertragliche Regelung zu empfehlen.

29 So insbesondere Winterstein, Unterbeteiligung an OHG- und KG-Anteilen als stille Gesellschaft, 1969, S. 50; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 482 ff.; siehe auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 193 u. Rz. 19, der die Unterbeteiligung als stille Beteiligung an einem Gesellschaftsanteil bezeichnet. 30 So zu Recht Fischer, JR 1962, 200 (202); a.A. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 122.

994 | Blaurock

Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht | Rz. 30.28 § 30

V. Der Unterbeteiligungsvertrag 1. Rechtsnatur des Vertrags Voraussetzung für eine Unterbeteiligung ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten. Ein solcher Vertrag ist ein zweiseitiger, sofern es sich um eine zweigliedrige Unterbeteiligung handelt; er ist ein mehrseitiger im Falle der mehrgliedrigen Unterbeteiligungsgesellschaft. Immer ist er Gesellschaftsvertrag. Sowohl Hauptbeteiligter als auch Unterbeteiligter kann jede juristische oder natürliche Person sowie jede Personenvereinigung sein, die als solche Träger von Rechten und Pflichten sein kann31. Eine Beteiligung des Unterbeteiligten an der Hauptgesellschaft ist nicht schädlich. Eine Unterbeteiligung am eigenen Anteil ist jedoch ebenso wenig möglich wie zwei selbständige Beteiligungen eines Unterbeteiligten an einem einzigen Anteil. Die Erweiterung einer schon bestehenden Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil versteht sich daher als Vertragsänderung, nicht als Begründung einer neuen Unterbeteiligung32.

30.26

Eine Genehmigung des Unterbeteiligungsvertrages durch die Hauptgesellschaft oder ihrer Gesellschafter ist nicht erforderlich. Dies gilt selbst dann, wenn die Übertragung der Hauptbeteiligung genehmigungsbedürftig wäre, wie dies bei Anteilen an einer Personengesellschaft der Fall ist33. Auch wenn der Gesellschaftsvertrag der Hauptgesellschaft die Einräumung von Unterbeteiligungen verbietet, hat das keinen Einfluss auf die Wirksamkeit eines dennoch abgeschlossenen Unterbeteiligungsvertrages34. Der Hauptbeteiligte verstößt aber gegen die Pflichten aus dem Hauptgesellschaftsvertrag, was zu Schadensersatzpflichten oder gar zum Ausschluss aus der Hauptgesellschaft führen kann. Letzteres bewirkt gleichzeitig die Beendigung der Unterbeteiligung35 (siehe dazu Rz. 30.58 ff.).

30.27

Wenn demnach grundsätzlich durch den Unterbeteiligungsvertrag keinerlei Rechtsbeziehungen zwischen Unterbeteiligtem und Hauptgesellschaft entstehen, so kann dies hinsichtlich einzelner Rechte dann anders sein, wenn die Unterbeteiligung den übrigen Hauptgesellschaftern bekannt und von diesen gebilligt worden ist36.

30.28

31 Paulick, ZGR 1974, 253 (261); dies gilt seit BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 342 = MDR 2001, 459 auch für die rechtsfähige BGB-Außengesellschaft. 32 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 221; a.A. Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 30 Rz. 21. 33 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 153; Roth in Baumbach/Hopt, § 105 HGB Rz. 38; BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (325); OLG Frankfurt v. 7.9.1991 – 11 U 21/91, DB 1992, 2489 = GmbHR 1992, 668. 34 LG Bremen v. 10.5.1990 – 2 O 221/90, GmbHR 1991, 269 = NJW-RR 1992, 98; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 99; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 222; Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 234 ff.; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5803 Nr. 70) weist zutreffend darauf hin, dass sich im Wege der Auslegung aus dem Verbot der Unterbeteiligung auch ein Abtretungsverbot von Gewinnansprüchen ergeben kann, das hinsichtlich dieser Ansprüche dingliche Wirkung hätte. 35 Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5803 Nr. 70); Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 177 Rz. 379; Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 30 Rz. 15. 36 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 387 ff.

Blaurock | 995

§ 30 Rz. 30.29 | Die Unterbeteiligung

2. Formbedürftigkeit

30.29 Eine gesetzlich vorgeschriebene Form ist für den Unterbeteiligungsvertrag grundsätzlich nicht erforderlich. Bei einer Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil greift die Vorschrift des § 15 Abs. 3, 4 GmbHG nicht ein37. Enthält der Vertrag jedoch die Verpflichtung des Hauptgesellschafters, den GmbH-Anteil später auf den Unterbeteiligten zu übertragen, so ist die ganze Vereinbarung formbedürftig38. 30.30 Wird die Gesellschafterstellung in einer neu zu gründenden Unterbeteiligungsgesellschaft unentgeltlich zugewandt, bedarf das diesbezügliche Schenkungsversprechen der Form des § 518 Abs. 1 Satz 1 BGB. Lange Zeit war umstritten, ob die Heilung eines formnichtigen Schenkungsversprechens durch Vollzug i.S. des § 518 Abs. 2 BGB durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrages oder durch Einbuchung eintreten kann. Zu beachten ist hierbei, dass sich diese Problematik nur in den Fällen stellt, in denen der Hauptbeteiligte Schenker der Unterbeteiligung ist. 30.31 Nach früherer Ansicht der Rechtsprechung39 konnte ein den Formmangel heilender Vollzug weder durch Abschluss des Gesellschaftsvertrags noch durch den tatsächlichen Vorgang der Einbuchung erfolgen. Begründet wurde dies damit, dass lediglich eine formnichtige schuldrechtliche Verpflichtung (aus dem Schenkungsvertrag) durch eine andere (aus dem Gesellschaftsvertrag) ersetzt werde und es an einer dinglichen Mitberechtigung fehle. Entscheidend sei, dass es anders als bei der Außengesellschaft nicht zu einer nach außen wirkenden Vermögensbeteiligung komme. Im Ergebnis wurde somit eine Heilungsmöglichkeit schlechthin verneint, so dass die Einräumung der Gesellschafterstellung als Unterbeteiligter stets der notariellen Beurkundung bedurfte. 30.32 Ebenso verneinte auch eine beachtliche Ansicht in der Literatur40 im Gegensatz zur Lage bei der stillen Gesellschaft die Möglichkeit der Heilung durch Vollzug. Begründet wurde dies u.a. damit, dass dem Unterbeteiligten anders als dem stillen Gesellschafter

37 OLG Frankfurt v. 8.8.1985 – 15 U 233/83, GmbHR 1987, 57; Blaurock/Berninger, GmbHR 1990, 11 (13 f.); Görner in Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 15 GmbHG Rz. 83 m.w.N. zur Möglichkeit der Umdeutung eines formunwirksamen Treuhandvertrages in eine Unterbeteiligung OLG Bamberg v. 30.11.2000 – 1 U 72/00, NZG 2001, 509 (511). 38 BGH v. 5.11.1979 – II ZR 83/79, BGHZ 75, 352 = GmbHR 1981, 55. 39 BGH v. 6.3.1967 – II ZR 180/65, WM 1967, 685. 40 Vgl. nur Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 156 f.; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 106; Bilsdorfer, NJW 1980, 2785 (2787); Hesselmann, GmbHR 1964, 26 (27); a.A. z.B. Herzfeld, AcP 137 (1933) 270 (297); Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 101 ff.; vermittelnd K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 225; K. Schmidt, DB 2002, 829 der dem BGH in seiner Ausgangsposition zustimmt, einen Schenkungsvollzug aber annimmt, wenn sich die Beteiligung zu einer mitgliedschaftlichen Position verselbständigt hat. Hiervon könne im Falle einer atypischen Unterbeteiligung regelmäßig ausgegangen werden, da im Gegensatz zur typischen Unterbeteiligung von einem abgeschlossenen Vermögenstransfer auszugehen sei.

996 | Blaurock

Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht | Rz. 30.32 § 30

keine formelle Rechtsposition gegenüber der Gesellschaft eingeräumt werde, deren Verschaffung als Erfüllung angesehen werden könne41. Ein anderer Teil der der Literatur42 hingegen bejahte die generelle Heilungsmöglichkeit durch Vollzug, womit sich weiterhin die Frage stellte, ob dieser Vollzug formbedürftig sei. Eine Formbedürftigkeit kann sich hierbei allenfalls aus einer analogen Anwendung des § 518 Abs. 1 Satz 2 BGB ergeben, da das Schenkungsrecht grundsätzlich davon ausgeht, dass die Zuwendung des Schenkungsgegenstandes formlos möglich ist, § 516 Abs. 1, § 518 Abs. 2 BGB43. Der Ansicht, dass die Schenkung einer Unterbeteiligung mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags vollzogen ist, hat sich nun auch der BGH in seinem Urteil vom 29.11.201144 für den Fall einer „atypischen“ Unterbeteiligung angeschlossen, bei der dem Beschenkten nicht nur vermögensrechtliche Ansprüche, sondern auch mitgliedschaftliche Rechte wie Stimm-, Verwaltungs- und Kontrollrechte zugewandt werden. Zwar fehle es auch hier mangels Gesamthandsvermögens der Innengesellschaft an einer dinglichen Mitberechtigung an der Hauptgesellschaft, jedoch liege die Verschaffung des Rechts, wie auch bei der Zuwendung einer Beteiligung an einer Außengesellschaft, in der Begründung einer mitgliedschaftlichen Rechtsposition45. Mit der Entscheidung des BGH ist nunmehr über den Schenkungsvollzug hinsichtlich einer „atypischen“ Unterbeteiligung höchstrichterlich entschieden worden. Sieht man jedoch den für den Vollzug gemäß § 518 Abs. 2 BGB zu erbringenden Leistungserfolg46 in der Begründung der Gesellschafterstellung als solcher bzw. für den Fall des § 2301 BGB in der Einräumung eines entsprechenden Anwartschaftsrechts, so ist nicht nur die „atypische“, sondern auch die „typische“ schenkweise eingeräumte Unterbeteiligung mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags vollzogen47.

41 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 157. 42 Coenen, Formfreie Schenkung, S. 170 ff.; J. Koch in MünchKomm/BGB, 8. Aufl. 2019, § 518 BGB Rz. 29. 43 Eine analoge Anwendung ablehnend Coenen, Formfreie Schenkung S. 170 ff.; J. Koch in MünchKomm/BGB, 4. Aufl. 2019, § 518 BGB Rz. 32. 44 BGH v. 29.11.2011 – II ZR 306/09, NZG 2012, 222. 45 Zwar ist die Entscheidung zum Schenkungsversprechen von Todes wegen gemäß § 2301 Abs. 2 BGB ergangen, die Vollzugsproblematik stellt sich jedoch in gleicher Weise bei § 518 Abs. 2 BGB in Zusammenhang mit der Heilungsmöglichkeit formloser Schenkungsversprechen, vgl. Blaurock, NZG 2012, 521 (522), K. Schmidt, JuS 2012 460 (461). 46 Anderer Ansicht nach tritt Vollzug i.S. des § 518 Abs. 2 BGB bereits mit Vornahme der Leistungshandlung ein, vgl. Mansel in Jauernig, § 518 BGB Rz. 6; Weidenkaff in Palandt, § 518 BGB Rz. 9, sofern der Schenker das seinerseits Erforderliche für den Vollzug getan hat; BGH v. 6.3.1970 – V ZR 57/67, NJW 1970, 941. 47 Blaurock, NZG 2012, 521 (524); im Ergebnis so auch Kühle in juris-PK-BGB, § 518 BGB Rz. 34, der für den Fall einer unterschiedlichen Behandlung von „atypischer“ und „typischer“ Unterbeteiligung vor Rechtsunsicherheit und Umgehungsgestaltungen in der Praxis warnt. Anders aber Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 236.

Blaurock | 997

§ 30 Rz. 30.33 | Die Unterbeteiligung

30.33 Angesichts der Tatsache, dass der BGH die Frage des Schenkungsvollzug bzgl. der „typischen“ Unterbeteiligung offengelassen hat, ist der Praxis daher zumindest für diesen Fall noch immer anzuraten, die Schenkung einer „typischen“ Unterbeteiligung notariell beurkunden zu lassen, falls es sich nicht um eine Ausstattung i.S. von § 1624 Abs. 1 BGB handelt48, die nicht als Schenkung gilt und so von der Formvorschrift des § 518 Abs. 1 BGB ausgenommen ist. Zur Vermeidung von Konfliktfällen ist zu empfehlen, gegebenenfalls das Zuwendungsmotiv „ausstattungshalber“ im Vertrag hervorzuheben. 30.34 Für den Fall, dass ein Geschäftsunfähiger unterbeteiligt werden soll, hat der gesetzliche Vertreter den Vertrag abzuschließen (§§ 104 ff. BGB). Ein beschränkt Geschäftsfähiger49 bedarf der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, sofern ihm das Rechtsgeschäft nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt (§§ 107 ff. BGB). Da der Minderjährige im Regelfall zur Einlageleistung verpflichtet ist, muss der gesetzliche Vertreter regelmäßig zustimmen. Fraglich und streitig ist allerdings der Fall der schenkweisen Einräumung einer Unterbeteiligung, bei der die Verlustteilnahme ausgeschlossen wird. Im Schrifttum wird die Ansicht vertreten, eine Zustimmungspflicht entfalle, weil der Minderjährige bei der schenkweisen Einräumung keine Einlage zu leisten habe50. Der BFH51 hat dagegen entschieden, auch die Einräumung einer Unterbeteiligung durch schenkweise Einbuchung sei nicht lediglich rechtlich vorteilhaft und bedürfe somit der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Angesichts des Umstandes, dass die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft immer ein Bündel von Rechten und Pflichten ist, also nicht nur Rechte enthält, dürfte dem zuzustimmen sein. Es ist zwar richtig, dass sowohl Rechte als auch Pflichten in einer Innengesellschaft wie der Unterbeteiligungsgesellschaft gerade für den Unterbeteiligten einen anderen Charakter haben als bei einem Mitglied einer Außengesellschaft und insbesondere die Pflichtengebundenheit durch den Verlustausschluss stark reduziert wird. Dennoch bleibt eine rechtliche Bindung des Unterbeteiligten aus dem Gesellschaftsvertrag erhalten. Diese Mitgliedschaftspflichten reichen aus, um ein nicht lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft annehmen zu können52. 30.35 Ist der gesetzliche Vertreter gleichzeitig Inhaber des Gesellschaftsanteils, an dem der Minderjährige unterbeteiligt werden soll, so ist § 181 BGB zu beachten. Nach der hier vertretenen Ansicht, nach der jeder Abschluss eines Unterbeteiligungsvertrages genehmigungsbedürftig (§ 107 BGB) ist, bedarf es daher immer der Bestellung eines Er-

48 Dazu BGH v. 6.3.1967 – II ZR 180/65, WM 1967, 685. 49 Siehe umfassend zur Beteiligung Minderjähriger im Gesellschaftsrecht: Rust, DStR 2005, 1942 (Teil I), 1992 (Teil II). 50 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 226 i.V.m. Rz. 105; siehe auch Klumpp in Staudinger, Neubearb. 2017, § 107 BGB Rz. 38 f.; Stürner, AcP 173 (1973), 402 (436); Tiedtke, DB 1977, 1064 (1065). 51 BFH v. 28.11.1973 – I R 101/72, BFHE 111, 85 = BStBl. II 1974, 289; BFH v. 8.10.1981 – IV R 222/79, nicht veröffentlicht. 52 Ebenso Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 104 f.; Bilsdorfer, NJW 1980, 2785 (2787).

998 | Blaurock

Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht | Rz. 30.37 § 30

gänzungspflegers gemäß § 1909 BGB53. Eine Dauerpflegschaft ist dagegen nicht erforderlich54. Wie bei der stillen Gesellschaft (hierzu Rz. 9.41 ff.) ist auch für die Unterbeteiligung fraglich, ob der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen die familiengerichtliche Genehmigung gemäß § 1643 Abs. 1, § 1822 Nr. 3 BGB einholen muss. Dies ist zu bejahen, wenn die Beteiligung am Verlust nicht ausgeschlossen ist55. Soll der Minderjährige auch am Verlust teilnehmen, so kann ohne die Genehmigung des Familiengerichts der Unterbeteiligungsvertrag keine Wirksamkeit entfalten. Der Unterbeteiligte trägt hier nicht allein das Risiko der Insolvenz des Hauptgesellschafters, sondern ihn treffen hinsichtlich seiner Beteiligungsquote auch die Verluste der Hauptgesellschaft, ohne dass er auf deren Vermeidung Einfluss hätte. Bei einer solchen Beteiligung, die dem Minderjährigen zumindest partiell Unternehmerrisiko aufbürdet, ist eine Genehmigungsbedürftigkeit nach § 1643 Abs. 1, § 1822 Nr. 3 BGB anzunehmen56.

30.36

Bei der Schenkung einer Unterbeteiligung mit Verlustteilnahme an einen Minderjährigen durch Einbuchung ist demnach zu beachten, dass eine notarielle Beurkundung gemäß § 518 Abs. 1 BGB sowie eine Zustimmung nach § 107 BGB in Verbindung mit einer familiengerichtlichen Genehmigung nach den § 1643 Abs. 1, § 1822 Nr. 3 BGB erfolgen muss57. Ist der gesetzliche Vertreter zugleich Hauptbeteiligter bedarf es zusätzlich der Bestellung eines Ergänzungspflegers (§ 181, § 1795 Abs. 2, § 1629 Abs. 2, § 1909 BGB)58. Soll der beschenkte Minderjährige nicht am Verlust teilnehmen, entfällt lediglich das Erfordernis der familiengerichtlichen Genehmigung.

30.37

53 Vgl. aus der Rspr. BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635 = FR 1994, 508 unter Bezugnahme auf BFH v. 19.12.1979 – I R 176/77, FR 1980, 269 = BB 1980, 762 für die stille Gesellschaft; BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, MittBayNot 2015, 349 (350); näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 314 f. Vertritt man dagegen die Auffassung, bei Ausschluss der Verlustteilnahme handele es sich bei der Einräumung einer Unterbeteiligung um ein rechtlich lediglich vorteilhaftes Geschäft, so braucht für diesen Fall kein Ergänzungspfleger bestellt zu werden, vgl. z.B. Tiedtke, DB 1977, 1064. 54 Dazu BGH v. 18.9.1975 – II ZB 6/74, BB 1975, 1452; BFH v. 29.1.1976 – IV R 102/73, BFHE 118, 181 (186 ff.); Bilsdorfer, NJW 1980, 2785 (2788). 55 OLG Hamm v. 22.1.1974 – 15 W 36/73, BB 1974, 294; Roth in Baumbach/Hopt, § 105 HGB Rz. 39; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 229; vgl. auch BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635 = FR 1994, 508; für Genehmigungsbedürftigkeit jeder Form der Unterbeteiligung Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 242. 56 H.M.: OLG Hamm v. 22.1.1974 – 15 W 36/73, BB 1974, 294; Roth in Baumbach/Hopt, § 105 HGB Rz. 39; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 229; vgl. auch BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635 = FR 1994, 508; für Genehmigungsbedürftigkeit jeder Form der Unterbeteiligung Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 242. 57 Sie kann nicht im Voraus erteilt werden, wenn die Vertragsbedingungen im Hinblick auf die steuerliche Anerkennung noch nicht genügend festgelegt sind, vgl. OLG Hamm v. 22.1.1974 – 15 W 36/73, DB 1974, 424 f. 58 BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635 = FR 1994, 508.

Blaurock | 999

§ 30 Rz. 30.38 | Die Unterbeteiligung

3. Mängel des Gesellschaftsvertrags

30.38 Enthält der Unterbeteiligungsvertrag Mängel, so stellt sich ebenso wie bei der stillen Gesellschaft die Frage nach der Anwendbarkeit der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft. Sie ist hier wie dort umstritten (siehe ausführlich Rz. 11.1 ff.)59. Richtigerweise verdient die Unterbeteiligung ebenso wie die stille Gesellschaft Bestandsschutz aufgrund des Instituts der fehlerhaften Gesellschaft60. Dies gilt zunächst für die Unterbeteiligung mit Substanzbeteiligung. Hier ist nach Einräumung der Unterbeteiligung eine Verfilzung der Vermögensteile eingetreten, bei der angesichts des schwankenden Werts des Hauptgesellschaftsanteils ein Auseinandersetzungsverfahren erforderlich ist. Aber auch bei einer Unterbeteiligung ohne Substanzbeteiligung führen allein die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft zu einem interessengerechten Ergebnis. Auch hier haben sich die Gesellschafter zu einer echten Risikogemeinschaft verbunden. Möglicherweise wurde der Hauptgesellschafter durch die Unterbeteiligung überhaupt erst in die Lage versetzt, den Gesellschaftsanteil zu erwerben oder zu erhalten. Ein Ausgleich allein nach Bereicherungsregeln reicht hier nicht aus (ausführlich Rz. 11.12 ff.).

VI. Beitrag und Einlage in der Unterbeteiligungsgesellschaft 30.39 Zwischen dem in der Hauptgesellschaft auftretenden Gesellschafter und dem Unterbeteiligten besteht ein besonderes Gesellschaftsverhältnis. Der Unterbeteiligungsvertrag, durch den eine Beteiligung an dem Gesellschaftsanteil eingeräumt wird, soll nicht einen Leistungsaustausch bewirken, sondern eine Vereinigung von Leistungen, um einen bestimmten gemeinschaftlichen Zweck zu erreichen. Es ist deshalb der Frage nachzugehen, in welcher Weise die Gesellschafter zur Förderung des Gesellschaftszwecks, der im Halten und der gewinnbringenden Nutzung des Anteils liegt, Beiträge und Einlageleistungen erbringen61. Der Beitrag des Hauptbeteiligten liegt in der Verwaltung des Gesellschaftsanteils, die Beitragsleistung des Unterbeteiligten ist darin zu sehen, dass er den der Unterbeteiligung entsprechenden Anteilsteil im Vermögen des Hauptbeteiligten hält. Darüber hinaus können selbstverständlich weitere Beiträge wie

59 Die in Rz. 11.6 ff. angeführten Meinungen gelten für die Unterbeteiligung als Innengesellschaft sinngemäß; speziell zur Unterbeteiligung z.B. Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 160 ff.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 230; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 236; Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 176 Rz. 377 f.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 108 ff. 60 A.A. Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 284, 170 ff.; Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 248 ff. 61 Die Unterscheidung von Beitrag, Einlage und Einlageleistung mit den daraus folgenden Konsequenzen erfolgt hier im Anschluss an K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 231 i.V.m. Rz. 37, 144 ff. sowie K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 II. Für die stille Gesellschaft siehe auch Rz. 6.1 ff. An der früher vertretenen anderen Auffassung (Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 110) wird nicht mehr festgehalten.

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Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht | Rz. 30.41 § 30

z.B. Geld-, Sach- und Dienstleistungen vereinbart sein, begriffsnotwendig ist das jedoch nicht62. Neben einer Beitragsleistung ist eine Einlageleistung als Voraussetzung für eine Unterbeteiligung nicht erforderlich. Notwendig ist lediglich die Begründung eines schuldrechtlichen bilanzfähigen Einlageverhältnisses zwischen Unterbeteiligtem und Hauptbeteiligtem, was auch ohne eine Einlageleistung des Unterbeteiligten geschehen kann. Ein Beispiel hierfür ist die Schenkung einer Unterbeteiligung durch Einbuchung63. Der Unterbeteiligte selbst erbringt hier keine Leistung, ein Einlageverhältnis zwischen Haupt- und Unterbeteiligtem wird aber durch die Umbuchung begründet. Ebenso verhält es sich, wenn einem Dritten eine Unterbeteiligung gegen Zahlung eines Entgelts eingeräumt wird. Gibt der Hauptgesellschafter eine Unterbeteiligung an einem ihm bis dahin allein zustehenden Gesellschaftsanteil ab, so fließt ihm eine hierfür erbrachte Leistung des Unterbeteiligten grundsätzlich frei von gesellschaftsrechtlichen Bindungen zu. Die Zahlung dieses Betrages ist keine Einlageleistung64, sondern Gegenleistung65 für die Einräumung der wirtschaftlichen Gesellschafterstellung. Anders verhält es sich dann, wenn der zu zahlende Betrag der Finanzierung des Hauptgesellschaftsanteils oder einer Kapitalerhöhung dienen soll. Nur in diesem Fall ist die Erbringung einer Einlageleistung vereinbart, weil nur dann der gemeinsame Zweck der Unterbeteiligungsgesellschaft gefördert werden soll und damit ein Beitrag i.S. des § 705 BGB vorliegt. Die Einlage ist grundsätzlich in das Vermögen des Hauptbeteiligten zu leisten, der Einfachheit halber kann sie aber auch direkt in das Gesellschaftsvermögen der Hauptgesellschaft erbracht werden, wobei im Verhältnis der Hauptgesellschaft zum Hauptbeteiligten die Einlage als auf Rechnung des Hauptbeteiligten geleistet gilt.

30.40

VII. Die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien Da das Gesetz die Unterbeteiligung als solche nicht regelt, ergeben sich Rechte und Pflichten der Gesellschafter in erster Linie aus dem Gesellschaftsvertrag, der hierüber detaillierte Bestimmungen enthalten sollte. In Bezug auf einige wesentliche Regelungsbereiche lassen sich grundlegende Strukturen schon aus der Eigenschaft der Unterbeteiligung als Innengesellschaft ableiten.

62 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 231. 63 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 231. 64 So aber z.B. Pöllinger, Die Unterbeteiligung, 1932, S. 39 f.; Esch, NJW 1964, 902 (903); Schneider in FS Möhring, 1965, S. 115 (118); vgl. auch Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 30 Rz. 42. 65 Ebenso Herzfeld, AcP 137 (1938) 270 (285); Friehe, Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, S. 19.

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30.41

§ 30 Rz. 30.42 | Die Unterbeteiligung

30.42 So gibt es eine Vertretung der Unterbeteiligungsgesellschaft als solcher ebenso wenig wie bei der stillen Gesellschaft. Der Hauptbeteiligte handelt im Außenverhältnis stets im eigenen Namen, wenn auch im Innenverhältnis auf gemeinsame Rechnung66. 30.43 Dagegen gibt es eine Geschäftsführung innerhalb der Unterbeteiligungsgesellschaft, die näherer vertraglicher Regelung zugänglich ist. Grundsätzlich steht das Recht und die Pflicht zur Geschäftsführung dem Hauptbeteiligten zu67. Abweichende Vereinbarungen sind indessen jederzeit möglich und jedenfalls in den Fällen der Unterbeteiligung zur Kapitalbeschaffung auch durchaus nicht selten. Es kann hier Gesamtgeschäftsführungsbefugnis vereinbart oder die Geschäftsführung in der Unterbeteiligungsgesellschaft für einzelne Bereiche oder insgesamt dem Unterbeteiligten übertragen werden. 30.44 Diese Divergenz wirkt sich allerdings hinsichtlich der Möglichkeit aus, die Geschäftsführungsbefugnis zu entziehen: § 712 Abs. 1 BGB ist auf Gesellschaften zugeschnitten, bei denen die Gesellschaft von jedem Gesellschafter vertreten werden kann. Auf die Unterbeteiligungsgesellschaft passt diese Regelung nicht; hier kann der Hauptgesellschafter ohne Mitwirkung der übrigen Hauptgesellschafter in seiner Position als indirekter Vertreter der Unterbeteiligungsgesellschaft nicht ausgewechselt werden. Dann kann ihm aber auch die Geschäftsführung gegen seinen Willen nur in dem Maße entzogen werden, wie sie von dem Unterbeteiligten, der die Unterbeteiligungsgesellschaft in der Hauptgesellschaft nicht selbst zu vertreten in der Lage ist und der von der Hauptgesellschaft unmittelbar keine Informationen erhält, selbst ausgeübt werden kann68. 30.45 Da der Hauptgesellschafter in der Hauptgesellschaft im eigenen Namen handelt und nicht ohne Weiteres ersetzbar ist, lassen sich Geschäftsführungsmaßnahmen des Unterbeteiligten nur im Wege von Stimmbindungsvereinbarungen durchsetzen. Geschäftsführungsbefugnis des Unterbeteiligten und Stimmbindung des Hauptgesellschafters sind dabei die beiden Seiten derselben Medaille. Stimmbindungsverträge, deren Zulässigkeit im Allgemeinen nicht unumstritten ist, werden bei der Unterbeteiligung für unbedenklich erachtet69. Gleichwohl ergeben sich auch hier Grenzen aus den §§ 138, 242 BGB70. 30.46 Fraglich ist, inwieweit bei Grundlagengeschäften innerhalb der Hauptgesellschaft der Unterbeteiligte gegenüber dem Hauptgesellschafter ein Mitspracherecht geltend machen kann. Dies ist sicher anzunehmen, soweit sie zu einer Änderung des in dem Unterbeteiligungsvertrag Vereinbarten führen, etwa bei Veränderung der Gewinnvertei66 Paulick, ZGR 1974, 253 (276); Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 119; siehe auch BGH v. 24.2.1954 – II ZR 3/53, BGHZ 12, 308 (314). 67 H.M., vgl. Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 293 m.w.N. 68 Ebenso Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 30 Rz. 32; vgl. aber K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 238, der den Entzug generell für unzulässig erachtet. 69 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 233 m.w.N., der jedenfalls in den Fällen zustimmt, in denen die Unterbeteiligung Treuhandelemente aufweist. 70 Näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 186 ff.

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Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht | Rz. 30.48 § 30

lung oder bei Änderung vertraglich festgelegter Geschäftsführungsbereiche71. Für andere Grundlagengeschäfte, die sich mittelbar auf die Unterbeteiligungsgesellschaft auswirken, wie etwa Kündigung der Hauptgesellschaft, Änderung des Gesellschaftszwecks der Hauptgesellschaft etc., ist eine stillschweigend anzunehmende Mitgeschäftsführungsbefugnis des Unterbeteiligten wohl nicht gerechtfertigt72. Zum Schutz des Unterbeteiligten ist die dem Hauptgesellschafter diesem gegenüber obliegende Treuepflicht ausreichend. Zwar führt in beiden Fällen ein Fehlverhalten des Hauptgesellschafters gegenüber dem Unterbeteiligten lediglich zur Schadensersatzpflicht des Hauptbeteiligten. Der wesentliche Unterschied bei der hier vorgenommenen Differenzierung liegt in den Voraussetzungen für einen solchen Anspruch. Gibt man dem mittelbar Beteiligten bei jedem Grundlagengeschäft eine Mitgeschäftsführungsbefugnis, so muss sich der Hauptgesellschafter bei Widerspruch des Unterbeteiligten in der Abstimmung innerhalb der Hauptgesellschaft der Stimme enthalten. Er haftet bereits, wenn er dies nicht tut. Nach der hier vertretenen Ansicht haftet er dagegen erst dann, wenn er sich über berechtigte Interessen des Unterbeteiligten hinwegsetzt. Da der Hauptgesellschafter auch den übrigen Hauptgesellschaftern gegenüber in einer Pflichtenbindung steht, erscheint dies angemessener. Der Unterbeteiligte kann vom Hauptgesellschafter die Mitteilung der Bilanzen und sonstiger Unterlagen der Hauptgesellschaft nur verlangen, wenn diese dem Hauptgesellschafter die Bekanntgabe gestattet hat und der Unterbeteiligungsvertrag dem Unterbeteiligten ein Recht auf Bekanntgabe einräumt73. Eine entsprechende Genehmigung darf die Hauptgesellschaft allerdings nicht grundlos verweigern, und der Hauptgesellschafter muss sich um ihre Zustimmung bemühen74.

30.47

Die Informationspflichten des Hauptgesellschafters sind entgegen der h.M.75 nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 233 Abs. 1 HGB, sondern aus § 716 BGB

30.48

71 Weitergehend Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 293. Zur Zustimmungsbedürftigkeit bei Änderung der Gewinnverteilung durch Kapitalerhöhung des Hauptbeteiligten in der Hauptgesellschaft siehe BGH v. 22.11.1965 – II ZR 102/63, WM 1966, 188 (191). 72 A.A. Wagner, Unterbeteiligung an einem OHG-Anteil, S. 60 ff., 82; vgl. auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 238. 73 BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (323); vgl. zur Rechnungslegung eingehend Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 49 f.; Felix, KÖSDI 1987, 6918 (6919 Nr. 86–94); zu den Informationsrechten in der Unterbeteiligungsgesellschaft siehe K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 233 HGB Rz. 33 ff.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 123 ff.; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 113 ff.; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 182 ff. 74 BFH v. 21.2.1991 – IV R 35/89, BFHE 164, 238 = BStBl. II 1995, 449 = FR 1991, 526 m. Anm. Söffing; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 63 IV 3. 75 Vgl. BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (323); BGH v. 10.10.1994 – II ZR 285/93, GmbHR 1995, 57 = NJW-RR 1995, 165; BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635 = FR 1994, 508; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 233 HGB Rz. 33 m.w.N.; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften,

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§ 30 Rz. 30.48 | Die Unterbeteiligung

herzuleiten76. Nach § 233 Abs. 1 HGB wäre der Unterbeteiligte lediglich berechtigt, von dem Hauptgesellschafter eine jährliche Bilanz über dessen Gesellschaftsanteil zu verlangen, aus der er auch die auf diesen Anteil entfallenden Erträge und deren Zusammensetzung (Gewinnanteil, Kapitalzinsen, Geschäftsführergehalt usw.) sowie die Entwicklung des Kapitalkontos und seines Anteils ersehen kann. Nach Ansicht der h.M. wird damit seinem berechtigten Interesse entsprochen, die Grundlagen für die Berechnung seiner Gewinn- oder Verlustanteile und seiner kapitalmäßigen Beteiligung zu erfahren. Es ist jedoch nicht einzusehen, warum die Rechte des Unterbeteiligten derart verkürzt werden sollen. Bei Anwendung von § 716 BGB hat er vielmehr gegen seinen Hauptgesellschafter ein jederzeitiges Informationsrecht. Das ist der Ausgleich dafür, dass ihm gegenüber der Hauptgesellschaft ein Rechnungslegungsanspruch nicht zusteht und er nicht Einsichtnahme in die Steuer- und Handelsbilanzen sowie die Gewinn- und Verlustrechnungen der Hauptgesellschaft verlangen kann. Diese Unterlagen gehören zu den inneren Angelegenheiten der Hauptgesellschaft, weshalb gegenüber dem Unterbeteiligten wie auch jedem anderen Dritten ein berechtigtes Interesse an Geheimhaltung besteht. Der Unterbeteiligte steht in der Regel zu der Hauptgesellschaft in keinen Rechtsbeziehungen; er schuldet ihr bei der nicht offen gelegten Unterbeteiligung weder Verschwiegenheit noch Gesellschaftertreue und ist auch vom Wettbewerb nicht ausgeschlossen. Aus dem Umstand, dass die Vermögensund Liquiditätslage der Hauptgesellschaft auch für den Unterbeteiligten und seine Entschließungen von großer Bedeutung ist, können wegen des widerstreitenden Gesellschaftsinteresses Informationsrechte über die inneren Verhältnisse der Hauptgesellschaft nicht hergeleitet werden. Der Unterbeteiligte hat daher nur dann ein Recht auf Einsicht in Bilanzen und ähnliche Unterlagen, wenn die Hauptgesellschaft dem Hauptgesellschafter die Bekanntgabe gestattet hat und der Unterbeteiligungsvertrag dahin auszulegen ist, dem Unterbeteiligten sei ein Recht auf Bekanntgabe eingeräumt. In der Regel wird das bei einer der Hauptgesellschaft gegenüber offen gelegten und von dieser gebilligten Unterbeteiligung der Fall sein.

30.49 Ein Wettbewerbsverbot zwischen Haupt- und Unterbeteiligtem kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Es ist allerdings möglich, dass ein solches Verbot sich aus der Treuebindung ergibt77. Ob ein in der Hauptgesellschaft bestehendes Wettbewerbsverbot auch auf den Unterbeteiligten zu erstrecken ist, kann nicht einheitlich beantwortet werden. Entscheidend ist die Ausgestaltung des Unterbeteiligungsvertrages im Hinblick auf das Verhältnis zur Hauptgesellschaft, insbesondere auch die Regelung der Informationsrechte. Je größer der Einblick in die Interna der Hauptgesellschaft ist, je mehr sonstige Einflussmöglichkeiten in der Hauptgesellschaft bestehen, desto eher § 14 Rz. 23; weitergehend Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 233 HGB Rz. 37; auf §§ 713, 666 BGB abstellend Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 30 Rz. 36. 76 Ebenso Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 278 f. 77 Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 130; Esch, NJW 1964, 902 (905); Greifeid, Unterbeteiligung an der OHG und der KG, S. 48; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 298; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/ Haas, § 230 HGB Rz. 241; Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 293.

1004 | Blaurock

Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht | Rz. 30.52 § 30

wird man ein Wettbewerbsverbot auch für den Unterbeteiligten annehmen können78. Bei rein kapitalistischer Beteiligung ist ein solches Verbot jedoch abzulehnen79. Die Haftung zwischen dem Unterbeteiligten und dem Hauptbeteiligten regelt sich nach den allgemeinen Grundsätzen80. Der Hauptgesellschafter haftet dem Unterbeteiligten für eigenes Fehlverhalten sowie für Schädigungen durch die Hauptgesellschaft. Für Schädigungshandlungen seiner Mitgesellschafter ist er nicht verantwortlich. Soweit die übrigen Voraussetzungen dafür vorliegen, kann der Unterbeteiligte aber im Rahmen einer Drittschadensliquidation81, bei offen gelegter Unterbeteiligung möglicherweise auch aufgrund eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter82 Ersatzansprüche haben. Haftungsmaßstab ist in jedem Fall § 708 BGB83.

30.50

Die Unterbeteiligung ist grundsätzlich nicht übertragbar. Wie auch sonst im Personengesellschaftsrecht sind ohne Weiteres allein die in § 717 Satz 2 BGB genannten Ansprüche übertragungsfähig. Erst durch entsprechende Vereinbarung der Gesellschafter, die auch schon in einer Vertragsklausel des Gesellschaftsvertrags festgehalten sein kann, wird die Gesellschafterstellung fungibel. Veräußert der Hauptgesellschafter seinen Gesellschaftsanteil, so wird nicht ohne Weiteres eine Unterbeteiligung mit dem Erwerber begründet. Der Erwerber muss durch eine Änderung des ursprünglichen Unterbeteiligungsvertrages in die Innengesellschaft einbezogen werden, oder es muss mit ihm ein neuer Gesellschaftsvertrag abgeschlossen werden. Ohne eine entsprechende Vereinbarung wird die Unterbeteiligung zwischen dem Unterbeteiligten und dem bisherigen Hauptgesellschafter bei Veräußerung des Gesellschaftsanteils infolge Zweckvereitelung aufgelöst, § 726 BGB84. Die Regelung des § 726 BGB ist jedoch dispositiv und kann im Unterbeteiligungsvertrag z.B. dadurch ersetzt werden, dass an die Stelle des bisherigen Rechtsverhältnisses eine offene Direktbeteiligung tritt85.

30.51

Die Gesellschafter sind hinsichtlich der Verteilung von Gewinn und Verlust86, die sich aus dem Gesellschaftsanteil ergeben, frei. Dementsprechend finden sich in den

30.52

78 Näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 201 ff.; vgl. auch OLG Frankfurt v. 7.9.1991 – 11 U 21/91, DB 1992, 2489 = GmbHR 1992, 668. 79 Ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 245; Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 30 Rz. 39. 80 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 208 ff.; Herzfeld, AcP 137 (1933) 270 (312 ff.); Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 41. 81 Wenn der eigentlich beim Hauptbeteiligten zu erwartende Schaden den Unterbeteiligten trifft, dazu näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 219. 82 So K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 230 HGB Rz. 247. 83 Paulick, ZGR 1974, 253 (277); Janberg, DB 1953, 77 (79); Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 198 Rz. 440. 84 OLG Hamm v. 6.12.1993 – 8 U 5/93, NJW-RR 1994, 999; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 73; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 301, § 234 HGB Rz. 124. 85 OLG Hamm v. 6.12.1993 – 8 U 5/93, NJW-RR 1994, 999. 86 Dazu näher Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 131 ff.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 232 HGB Rz. 26; Thomsen, Unterbetei-

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§ 30 Rz. 30.52 | Die Unterbeteiligung

Unterbeteiligungsverträgen regelmäßig auch eingehende Vereinbarungen über die Gewinn- und Verlustbeteiligung. Regelungsbedürftig ist insbesondere die Frage, ob sich die Gewinnbeteiligung auch auf offene Rücklagen der Hauptgesellschaft und auf nicht entnommene, stehen gelassene Gewinne bezieht87.

30.53 Fehlt eine Regelung, so partizipiert der Unterbeteiligte nur an den ausgeschütteten Gewinnen und muss Entnahmebeschränkungen in der Hauptgesellschaft gegen sich gelten lassen88. An den stillen Reserven hat der Unterbeteiligte in der Regel dann Anteil, wenn sie aufgelöst werden, im Zweifel ohne Rücksicht darauf, ob sie vor der Eingehung oder während des Bestehens der Unterbeteiligung gebildet worden sind89. Auf die Bildung von Reserven während des Bestehens der Unterbeteiligung hat der Unterbeteiligte keinen Einfluss. Soweit sie mit dem Gesetz und den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung im Einklang stehen, muss der Unterbeteiligte die Bilanzentscheidungen der Hauptgesellschaft hinnehmen. 30.54 Falls nichts anderes bestimmt ist, bleibt eine dem Hauptbeteiligten gezahlte feste Tätigkeitsvergütung von der Beteiligung ausgenommen90. Das Gleiche gilt bei Unterbeteiligung am Anteil des Komplementärs einer Kommanditgesellschaft hinsichtlich der Vergütung für die Übernahme der persönlichen Haftung. Mit dieser Haftung wird allein der Hauptgesellschafter belastet, die hierfür geleistete Vergütung steht allein ihm zu. Anders wäre es nur, wenn der Unterbeteiligte im Innenverhältnis ebenfalls persönlich zu haften hätte91. 30.55 Die Teilnahme des Unterbeteiligten am Verlust, der auf den Gesellschaftsanteil entfällt, kann begrenzt oder auch ganz ausgeschlossen werden. Ein Ausschluss der Verlustbeteiligung berührt nicht den gemeinsamen Zweck, den der Unterbeteiligte unabhängig von einer Verlusttragungspflicht durchaus fördern kann, und hat auf die Qualifizierung der Unterbeteiligung als Gesellschaft keinen Einfluss92. Auch ein Ausschluss des Unterbeteiligten vom laufenden Gewinn ist möglich, wenn ihm bei Unterbeteiligung mit Substanzbeteiligung im Innenverhältnis wenigstens Werterhöhungen des Anteils zugutekommen. Eine solche Regelung führt, wenn sie zwischen verwand-

87 88 89 90 91 92

ligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 42 f.; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 108 ff.; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 116 ff.; Paulick, ZGR 1973, 253 (264 ff.). Dazu Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 42 ff. Dazu ausführlich Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 306 ff. m.w.N.; ebenso Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 46; Meyer, Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, S. 116. Str., wie hier: Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 30 Rz. 45; a.A. Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 44; Winterstein, Unterbeteiligung an OHG- und KG-Anteilen als stille Gesellschaft, 1969, S. 74. Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 47. Ebenso Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 30 Rz. 46. Anders zu Unrecht Schulze-Osterloh, Der gemeinsame Zweck der Personengesellschaften, 1973, S. 31, 37.

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Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht | Rz. 30.57 § 30

ten Personen vereinbart wird, freilich in der Regel dazu, dass die Unterbeteiligung steuerlich nicht anerkannt wird93. Regelungsbedürftig ist schließlich, ob die Gewinnverteilungsabrede sich auf die Handels- oder Steuerbilanz bezieht. Fehlt eine entsprechende Klausel, so ist davon auszugehen, dass die Handelsbilanz maßgeblich sein soll94. Führt die Hauptgesellschaft keine eigene Handelsbilanz, so dürfte die von ihr erstellte Steuerbilanz Grundlage der Gewinnermittlung und -verteilung sein, d.h. es ist im Zweifel dann keine gesonderte Handelsbilanz zu erstellen95.

30.56

Eine für die Dauer der Hauptgesellschaft abgeschlossene Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil kann wie eine für unbestimmte Zeit vereinbarte Unterbeteiligung gekündigt werden, wenn die Dauer der Hauptgesellschaft weder zeitlich noch durch ihren Zweck begrenzt und deshalb ungewiss ist96. Zum Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts ist es nicht notwendig, dass die Dauer der Gesellschaft kalendermäßig feststeht. Es genügt, dass sie auf andere Weise festgelegt wird, wenn die Vertragsdauer damit nur im einzelnen Fall genügend bestimmbar ist; eine solche Festlegung kann sich unter Umständen auch nach der Art des Gesellschaftszwecks richten97. Dass die bloße Bestimmbarkeit ausreiche, ist aber in der Rechtsprechung nur in Fällen angenommen worden, in denen die Gesellschafter damit die Dauer einigermaßen übersehen und sich mit ihren wirtschaftlichen Dispositionen von vornherein in ähnlicher Weise darauf einstellen konnten, wie das der Fall gewesen wäre, wenn sie die Gesellschaftsdauer kalendermäßig festgelegt hätten. Dementsprechend ist es möglich, das ordentliche Kündigungsrecht für eine Unterbeteiligung auf die Dauer des Bestands der Hauptgesellschaft auszuschließen, wenn deren Ende zeitlich festgelegt oder von der Erreichung eines bestimmten Gesellschaftszwecks abhängig ist98. Mit dem Zweck des § 723 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BGB wäre es dagegen nicht mehr vereinbar anzunehmen, eine auf die Dauer der Hauptgesellschaft abgeschlossene Unterbeteiligung sei im Wege der ordentlichen Kündigung nicht vorzeitig auflösbar, wenn die Dauer der Hauptgesellschaft nach den Bestimmungen ihres Gesellschaftsvertrags von vornherein in keiner Weise begrenzt, sondern von den Entschließungen ihrer Gesellschafter abhängig und damit ihrerseits aus der Sicht der Unterbeteiligungsgesellschaft zeitlich weder bestimmt noch bestimmbar ist. Das Ende der Unterbeteiligung wäre damit

30.57

93 Dazu auch Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 47 und BFH v. 13.12.1963 -VI 339/61 U, BStBl. II 1964, 156. 94 Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 43; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5805 Nr. 82); Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 76 f. 95 Ebenso Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 30 Rz. 45. 96 BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 = DB 1968, 1529; BGH v. 13.6.1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886. 97 BGH v. 17.6.1953 – II ZR 205/52, BGHZ 10, 91 (98). 98 Vgl. BGH v. 13.6.1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886 (2888).

Blaurock | 1007

§ 30 Rz. 30.57 | Die Unterbeteiligung

zwar rechtlich festgelegt, zeitlich aber so ungewiss, dass von einer bestimmten Zeitdauer i.S. des § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht mehr gesprochen werden kann99.

VIII. Auswirkungen des Transparenzregisters 30.57a Mit der am 26.6.2017 in Kraft getretenen Neufassung des Geldwäschegesetzes wurde die Vierte EU-Geldwäscherichtlinie in nationales Recht umgesetzt100. Ziel ist die Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung. Dieses Ziel soll unter anderem durch die Einrichtung eines Transparenzregisters erreicht werden. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 GwG müssen alle juristischen Personen des Privatrechts sowie eingetragene Personengesellschaften die in § 19 Abs. 1 GwG aufgeführten Angaben zu ihren wirtschaftlich Berechtigten einholen, aufbewahren und der registerführenden Stelle unverzüglich zur Eintragung in das Transparenzregister mitteilen. Für Gesellschaften, die an einem organisierten Markt nach § 2 Abs. 11 WpHG notiert sind oder dem Gemeinschaftsrecht entsprechenden Transparenzanforderungen im Hinblick auf Stimmrechtsanteile oder gleichwertigen internationalen Standards unterliegen, gilt jedoch die Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 Satz 2 GwG. Damit müssen Unterbeteiligte an derartigen Gesellschaften von vornherein nicht offenbart werden. Vereinigungen, die nicht der Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 Satz 2 GwG unterfallen, können jedoch zur Offenlegung von Unterbeteiligten verpflichtet sein. Dies ist dann der Fall, wenn der Unterbeteiligte als wirtschaftlich Berechtigter anzusehen ist. Im Unterschied zur stillen Gesellschaft kann sich die wirtschaftliche Berechtigung dabei auch nach § 3 Abs. 2 GWG richten, da der Unterbeteiligte mittelbar mitgliedschaftlich begründete Kontrolle ausüben kann101. 30.57b Als durchaus problematisch stellt sich jedoch die Auskunftspflicht der Anteilseigner (-gesellschaften) gegenüber der meldepflichtigen Vereinigung gemäß § 20 Abs. 3 Satz 1 GWG dar. Die Vorschrift statuiert die Verpflichtung derjenigen Anteilseigner, die wirtschaftlich Berechtigte sind oder von dem wirtschaftlich Berechtigten unmittelbar kontrolliert werden, der meldepflichtigen Vereinigung die notwendigen Angaben und jede Änderung dieser Angaben unverzüglich mitzuteilen. Hierdurch werden die meldepflichtigen Vereinigungen erst in die Lage versetzt, ihrer Verpflichtung vollumfäng-

99 BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (321 f.); Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 165; zustimmend Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 203 Rz. 462. 100 Zu den aktuellen Neuerungen infolge der RL (EU) 2018/843 des europäischen Parlaments und des Rates vom 30.5.2018 zur Änderung der RL (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU, siehe auch Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie v. 12.12.2019, BGBl. I 2019, 2602, sowie zu Zweifeln an der Verfassungskonformität dieser Neuerungen vgl. Rz. 2.17c. 101 Bochmann, DB 2017, 1310 (1316); Rieg, BB 2017, 2310 (2320); Kotzenberg/Lorenz, NJW 2017, 2433 (2435); zum Kontrollbegriff ausführlich Blaurock/Pordzik, NZG 2019, 413 ff.

1008 | Blaurock

Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht | Rz. 30.58 § 30

lich nachzukommen. Die Verpflichtung von Anteilseignern zur Offenlegung einer bestehenden Unterbeteiligung wird jedoch verbreitet abgelehnt102. Für Anteilseignergesellschaften wird schlicht die Möglichkeit der Kontrolle des Unterbeteiligten über die Anteilseignergesellschaft negiert. Damit scheide eine Offenlegungspflicht der Anteilseignergesellschaften gegenüber der meldepflichtigen Vereinigung über das Bestehen einer Unterbeteiligung aus. Dies überzeugt nicht. Der Begriff der Kontrolle ist weit auszulegen und erfasst insbesondere auch schuldrechtliche Abreden. Somit sind bestehende Kontrollverhältnisse auch in Form einer Unterbeteiligung von der Anteilseignergesellschaft gegenüber der meldepflichtigen Gesellschaft offenzulegen. Das Vorliegen eines Kontrollverhältnisses muss im Einzelfall festgestellt werden103 (zur stillen Gesellschaft schon Rz. 2.17b). Auch für natürliche Personen als Anteilseigner wird die Pflicht zur Offenlegung einer Unterbeteiligung unzutreffend abgelehnt. Die Argumentation stützt sich auf systematische Erwägungen: Natürliche Personen als Anteilseigner seien als wirtschaftlich Berechtigte zwar zur Offenlegung der eigenen wirtschaftlichen Berechtigung verpflichtet. Eine darüberhinausgehende Offenlegungspflicht über weitere wirtschaftlich Berechtigte und damit insbesondere auch Unterbeteiligte sei demgegenüber jedoch abzulehnen. Dies ergebe sich aus einer Gesamtschau des § 19 Abs. 3 Nr. 1 GWG i.V.m. § 19 Abs. 1 GWG. Die Formulierungen im Singular legten es nahe, dass der wirtschaftlich Berechtigte nur die seine Berechtigung erläuternden Informationen anzugeben habe104. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Vorschrift des § 20 Abs. 3 Satz 1 GWG verpflichtet Anteilseigner, der Vereinigung die zur Erfüllung ihrer Pflichten notwendigen Angaben mitzuteilen. Die Vereinigungen sind ihrerseits verpflichtet, Angaben zu allen (!) wirtschaftlich Berechtigten mitzuteilen. Als Korrelat zur Angabepflicht der Vereinigung ist die Angabepflicht der Anteilseigner parallel zu interpretieren105. Dies ergibt sich auch aus der Begründung des Regierungsentwurfs: „[Anteilseigner haben] über eine eigene wirtschaftliche Berechtigung oder über unmittelbare Hinterleute Angaben zu machen [...]. [...] Ist der Angabepflichtige nicht selbst der wirtschaftlich Berechtigte, sondern hält nur für diesen die Anteile, hat er demnach auch die Informationen zum wirtschaftlich Berechtigten direkt hinter ihm zu melden.“106

IX. Beendigung der Unterbeteiligungsgesellschaft Neben dem Ablauf einer vereinbarten Zeit bzw. dem Eintritt einer auflösenden Bedingung wird die Unterbeteiligung durch Kündigung eines der Gesellschafter been102 Bochmann, DB 2017, 1310 (1316); Kotzenberg/Lorenz, NJW 2017, 2433 (2435). 103 Zum Ganzen ausführlich Blaurock/Pordzik, NZG 2019, 413 ff. 104 So Kotzenberg/Lorenz, NJW 2017, 2433 (2435); diese Möglichkeit skeptisch andeutend auch Bochmann, DB 2017, 1310 (1316). 105 So wohl auch Bochmann, DB 2017, 1310 (1316). 106 Begründung des Regierungsentwurfs für ein Gesetz zur Umsetzung der Vierten EUGeldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, BT-Drucks. 18/ 11555, S. 129 f.

Blaurock | 1009

30.58

§ 30 Rz. 30.58 | Die Unterbeteiligung

det. Es ist umstritten, welche Kündigungsfrist bei ordentlicher Kündigung einzuhalten ist. Die h.M. wendet § 234 Abs. 1 i.V.m. § 132 HGB analog an107. Richtiger ist es jedoch, beim Fehlen anderweitiger Regelungen im Unterbeteiligungsvertrag auf § 723 Abs. 1 BGB zurückzugreifen und damit die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit zu gewähren, da die Lage bei der Unterbeteiligung eine andere ist als bei der stillen Gesellschaft108. Eine eindeutige Stellungnahme der Rechtsprechung liegt bislang nicht vor, der BGH hat die Frage ausdrücklich offen gelassen109. Es empfiehlt sich daher dringend, im Unterbeteiligungsvertrag eine entsprechende ausdrückliche Vereinbarung zu treffen. Die außerordentliche Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grunde ist wie auch sonst an keine Frist gebunden.

30.59 Die Kündigung durch einen Gläubiger des Unterbeteiligten erfolgt gemäß § 725 BGB110. Die demgegenüber von der Gegenansicht vertretene Auffassung, es seien die §§ 234, 135 HGB analog anzuwenden111, verkennt die anders geartete Interessenlage bei der Unterbeteiligung, bei der ein plötzlicher Kapitalentzug beim Hauptgesellschafter noch nicht unmittelbar zu einer Gefährdung der Hauptgesellschaft führt, die stets durch § 135 HGB genügend geschützt ist112. 30.60 Der Tod eines Gesellschafters der Unterbeteiligungsgesellschaft löst diese nicht ohne Weiteres auf. Für den Tod des Unterbeteiligten ist das überwiegende Auffassung, man stützt sich zu Recht auf § 234 Abs. 2 HGB analog113. In entsprechender Anwendung dieser Norm ist deshalb auch beim Tode des Unterbeteiligten im Zweifel anzunehmen, dass die Unterbeteiligungsgesellschaft mit den Erben fortgeführt werden soll. Für den Tod des Hauptbeteiligten nimmt die überwiegende Meinung an, bei Fehlen

107 Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 147; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 116 f.; Wagner, Unterbeteiligung an einem OHG-Anteil, S. 120 f.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 70; Horn in Heymann, 2. Aufl. 1996, § 234 HGB Rz. 30; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften, § 14 Rz. 35. 108 Näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 163 f.; ebenso Hesselmann, GmbHR 1964, 26 (28); Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 336 ff.; differenzierend hinsichtlich der Rechtsform der Hauptgesellschaft Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 30 Rz. 70. 109 BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (321). 110 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 172; Meyer, Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, S. 144 ff.; Pöllinger, Die Unterbeteiligung, 1932, S. 63 f.; Greifeld, Unterbeteiligung an der OHG und der KG, 1938, S. 67 f. 111 Wagner, Unterbeteiligung an einem OHG-Anteil, S. 122 ff.; Paulick, ZGR 1974, 253 (279); Friehe, Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, S. 72 f.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 72; Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 205 Rz. 465. 112 Näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 172. 113 Paulick, ZGR 1974, 253 (280); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 77 m.w.N.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 153 ff.; zweifelnd Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 30 Rz. 66; a.A. Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 340 f.

1010 | Blaurock

Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht | Rz. 30.62 § 30

einer Fortsetzungsklausel werde die Unterbeteiligungsgesellschaft aufgelöst114. Das wird man allerdings uneingeschränkt nur für den Fall annehmen können, dass durch den Tod des Hauptgesellschafters auch die Auflösung der Hauptgesellschaft eintritt oder dass die Beteiligung an der Hauptgesellschaft nicht auf seine Erben übergeht. Bei denjenigen Unterbeteiligungen, die der Verschaffung einer Ersatzgesellschafterstellung wegen eingeräumt wurden, spricht mehr dafür, dass der Unterbeteiligte diese mittelbare Beteiligung auch nach dem Ableben des Hauptgesellschafters weiter innehaben soll, soweit er nicht ohnehin in die Gesellschafterstellung des Erblassers kraft Nachfolge von Todes wegen einrückt115. Die Insolvenz eines Beteiligten116 löst die Gesellschaft ebenso auf wie die Zweckerreichung bzw. Zweckvereitelung, § 728 bzw. § 726 BGB117. Dabei ist die Auflösung der Hauptgesellschaft noch keine Zweckvereitelung, die Unterbeteiligung besteht vielmehr am Anteil an der Liquidationsgesellschaft fort. Erst mit der Beendigung der Liquidationsgesellschaft findet auch die Unterbeteiligungsgesellschaft ihr Ende118.

30.61

Eine die Rechtsform der Hauptgesellschaft ändernde Umwandlung führt nicht ohne Weiteres zur Auflösung der Unterbeteiligungsgesellschaft119. In Fällen, in denen die Umwandlung die Interessen des Unterbeteiligten nachteilig berührt, hat er ein außerordentliches Kündigungsrecht120.

30.62

114 Herzfeld, AcP 137 (1933), 270 (317); Esch, NJW 1964, 902 (906); Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 151; Paulick, ZGR 1974, 253 (273); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 120. 115 Im Ergebnis ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 65; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 118; siehe auch Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 206 Rz. 469 ff. 116 Dazu Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 173; Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 207 Rz. 472 ff.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 154. 117 Dazu K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 67. 118 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 166; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 158; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 67; Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 30 Rz. 75. 119 Herzfeld, AcP 133 (1937), 270 (320); Meyer, Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, S. 153 f.; differenzierend Schmidt-Diemitz, DB 1978, 2397; zum Einfluss der Umwandlung der Hauptgesellschaft siehe ausführlich Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 209 Rz. 480 ff. sowie Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, 1982, S. 59 ff., S. 105 ff.; in steuerrechtlicher Hinsicht siehe Stegemann/Middendorf, BB 2006, 1084. 120 Siehe hierzu Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 170; Herzfeld, AcP 137 (1933), 270 (320); Meyer, Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, S. 153 f.; Schmidt-Diemitz, DB 1978, 2397; außerdem Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, 1982, S. 62 ff., S. 100 ff.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 75, die bei übertragender Umwandlung eine Auflösung der Unterbeteiligungsgesellschaft annehmen, dem Unterbeteiligten aber ein Recht auf Neubegründung einräumen, dagegen Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 30 Rz. 77; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 127.

Blaurock | 1011

§ 30 Rz. 30.63 | Die Unterbeteiligung

30.63 Ist eine Unterbeteiligungsgesellschaft aus einem der genannten Gründe aufgelöst, so ist damit noch keine Vollbeendigung eingetreten121, denn auch bei einer Innengesellschaft wird durch die Auflösung das gesellschaftliche Band nicht dergestalt zerschnitten, dass sich die bisherigen Gesellschafter nur noch als gewöhnliche Gläubiger und Schuldner gegenüberstünden. Die unmittelbaren Rechte und Pflichten sind zwar erloschen, solange aber nicht sämtliche Ansprüche, die in der Gesellschaft ihren Ursprung haben, befriedigt und alle Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern abgewickelt sind, besteht auch eine Innengesellschaft als Abwicklungsgesellschaft weiter122. 30.64 Die Auseinandersetzung des aufgelösten Unterbeteiligungsverhältnisses richtet sich zunächst nach den von den Parteien getroffenen Vereinbarungen. Liegen solche nicht vor, wendet die überwiegende Ansicht § 235 Abs. 1 HGB entsprechend an123. Dabei wird aber nach dem wirtschaftlichen Zweck der Unterbeteiligung zu differenzieren sein, ferner danach, ob die Unterbeteiligung zusammen mit der Hauptgesellschaft aufgelöst wird oder ob der Hauptgesellschafter in einer weiter bestehenden Hauptgesellschaft verbleibt124.

X. Die Einlage des Unterbeteiligten in der Insolvenz des Hauptgesellschafters 30.65 Die Unterbeteiligungsgesellschaft findet durch die Insolvenz des Hauptgesellschafters ihr Ende (siehe Rz. 30.61)125. Von zentraler Bedeutung für den Unterbeteiligten ist die Frage, ob er bei der Insolvenz des Hauptgesellschafters hinsichtlich seines Aktivsaldos ähnlich wie ein stiller Gesellschafter nur eine einfache Insolvenzforderung hat, oder ob ihm weitergehende Rechte zustehen. Die allgemeine Meinung geht dahin, § 236 HGB auch für die Insolvenz des Hauptgesellschafters einer Unterbeteiligungsgesellschaft eingreifen zu lassen, dem Unterbeteiligten also wie dem stillen Gesellschafter 121 A.A. z.B. Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 125, 1; Pöllinger, Die Unterbeteiligung, 1932, S. 70; Greifeld, Unterbeteiligung an der OHG und der KG, 1938, S. 73; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 162; Friehe, Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, S. 69; ferner BGH v. 22.6.1981 – II ZR 94/80, NJW 1982, 99, für die BGB-Gesellschaft als reine Innengesellschaft. 122 Anders K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 63, der von einem schuldrechtlichen Sonderrechtsverhältnis spricht; im Einzelnen zu den Folgen: Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 174 f.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 235 HGB Rz. 68 ff.; Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 210 Rz. 485 ff.; siehe auch Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 121 ff. 123 OLG Hamm v. 6.12.1993 – 8 U 5/93, NJW-RR 1994, 999; Harbarth in Großkomm/ HGB, 5. Aufl. 2015, § 235 HGB Rz. 75; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 235 HGB Rz. 69 ff. m.w.N. 124 Vgl. im Einzelnen Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 174 ff. 125 Zur Einzelzwangsvollstreckung siehe Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 280, 281.

1012 | Blaurock

Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht | Rz. 30.65 § 30

nur eine Insolvenzforderung zuzubilligen126. Zur Begründung beruft man sich auf den Charakter der Unterbeteiligungsgesellschaft als Innengesellschaft, die nur schuldrechtliche Forderungen unter den Gesellschaftern hervorbringen könne, hinsichtlich derer eine Präferenz des Unterbeteiligten gegenüber den übrigen Gläubigern des Hauptgesellschafters nicht in Betracht komme. Diese Auffassung wäre nur richtig, wenn § 236 HGB Ausdruck eines für alle Innengesellschaften geltenden Prinzips wäre, wonach bei Insolvenz eines Innengesellschafters, der nach außen hin allein Eigentümer des Gesellschaftsvermögens ist, der andere Innengesellschafter jedenfalls keine günstigere Stellung als die eines den übrigen Gläubigern gleichgestellten einfachen Insolvenzgläubigers haben soll. Ein solches Prinzip ist indessen nicht erkennbar127. Ist § 236 HGB nicht Ausdruck eines allgemeinen Prinzips, wäre die analoge Anwendung bei der Unterbeteiligungsgesellschaft nur gerechtfertigt, wenn die Sachverhalte gerade bei der stillen Gesellschaft und der Unterbeteiligungsgesellschaft einander so ähnlich wären, dass dem hinter der Vorschrift stehenden Gesetzeszweck auch bei der Unterbeteiligung Geltung verschafft werden müsste. Auch dies ist indessen nicht der Fall. Schon die Entstehungsgeschichte der Vorschrift zeigt, dass sie allein für stille Gesellschaften gedacht war. Vor allem aber ist auch in sachlicher Hinsicht die Lage bei der mehr statischen Unterbeteiligungsgesellschaft anders als bei der auf das Betreiben eines Handelsgewerbes ausgerichteten und damit dynamischeren stillen Gesellschaft128. Daher erscheint es richtiger, für die Unterbeteiligungsgesellschaft die Anwendbarkeit von § 236 HGB zu verneinen und es bei der Regelung des § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO zu belassen, wonach die Auseinandersetzung in vollem Umfange129 außerhalb des Insolvenzverfahrens zu erfolgen hat. Der Unterbeteiligte kann danach unbeeinträchtigt vom Insolvenzverfahren die auf ihn entfallende Quote des Abfindungs- und Liquidationsbetrages verlangen, der nach der Auseinandersetzung zwischen dem Insolvenzverwalter und den übrigen Hauptgesellschaftern dem Gemeinschuldner zufließt.

126 Paulick, ZGR 1974, 253 (283); Wagner, Unterbeteiligung an einem OHG-Anteil, S. 143; Friehe, Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, S. 75; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 4. Aufl. 2019, § 236 HGB Rz. 45, der zwischen einer typischen und atypischen Unterbeteiligung differenziert; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5803 Nr. 69). 127 Auch die in diesem Zusammenhang oft angeführten Entscheidungen des RG v. 11.10.1905 – I 140/05, JW 1905, 719 und des BGH v. 18.12.1954 – II ZR 177/53, BB 1955, 331 gehen nicht von einem solchen Prinzip aus; dazu Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 276 f. 128 Ausführlicher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 277 ff. 129 D.h. insbesondere auch die Auszahlung des Aktivsaldos. Die gegenteilige Meinung, die diesen Auszahlungsanspruch unter § 84 Abs. 1 Satz 2 InsO fasst und § 236 HGB als Spezialnorm hierzu ansieht (K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 4. Aufl. 2019, § 236 HGB Rz. 45 i.V.m. Rz. 11; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 154 f.), ist unzutreffend. Vielmehr schränkt § 236 HGB den Anwendungsbereich von § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO ein, der an sich den Auszahlungsanspruch erfasst. Eben diese Einschränkung gilt bei der Unterbeteiligungsgesellschaft nicht; dazu ausführlicher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 270, 275 f.; zustimmend Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 208 Rz. 476; Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 307 ff.

Blaurock | 1013

§ 30 Rz. 30.66 | Die Unterbeteiligung

XI. Zusammenfassung 30.66 Die Unterbeteiligung ist eine Innengesellschaft, deren Bezugspunkt ein Gesellschaftsanteil ist und die somit eine mittelbare Unternehmensbeteiligung ermöglicht. Man unterscheidet typische, auf Gewinnbeteiligung beschränkte Unterbeteiligungen von atypischen Unterbeteiligungen, die zusätzlich an der Wertveränderung des Anteils teilhaben lassen oder Geschäftsführungsbefugnisse gewähren, mithin die steuerrechtlich relevante Mitunternehmerstellung vermitteln. Eine mehrgliedrige Unterbeteiligung ist möglich. Rechtsgrundlage sind die §§ 705 ff. BGB, soweit sie kein Gesamthandsvermögen voraussetzen. Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die stille Gesellschaft ist im Einzelfall zu prüfen. Der Abschluss des Unterbeteiligungsvertrages bedarf nicht der Genehmigung durch die Hauptgesellschaft oder ihrer Gesellschafter. Mit der neuen Rechtsprechung des BGH kann ein formnichtiges Schenkungsversprechen durch den Vollzug der Unterbeteiligung geheilt werden, wenn es sich um die Zuwendung einer „atypischen“ Unterbeteiligung handelt. Der Vertragsschluss ist stets genehmigungsbedürftig nach § 107 BGB und bedarf der familien- bzw. vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nach § 1643 Abs. 1, § 1822 Nr. 3 BGB, sofern die Verlustbeteiligung nicht ausgeschlossen ist. Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft findet Anwendung. Der Beitrag des Unterbeteiligten liegt darin, dass der Teil des Gesellschaftsanteils, welcher der Unterbeteiligung entspricht, im Vermögen des Hauptbeteiligten belassen wird. Eine darüberhinausgehende Einlageleistung ist nicht erforderlich. Der Entzug der Geschäftsführungsbefugnis unterliegt Besonderheiten. Stimmbindungsvereinbarungen sind zulässig. Der Unterbeteiligte hat gegenüber dem Hauptgesellschafter bei Grundlagengeschäften innerhalb der Hauptgesellschaft nur dann ein Mitspracherecht, wenn diese unmittelbar die Vereinbarungen des Unterbeteiligungsvertrages berühren. Die Informationspflicht des Hauptgesellschafters richtet sich nach § 716 BGB. Ein Wettbewerbsverbot kann sich aus der Treuebindung ergeben. Die Haftung regelt sich nach allgemeinen Grundsätzen. Die Unterbeteiligung ist grundsätzlich nicht übertragbar. Gewinn- und Verlustverteilung richten sich nach der Parteivereinbarung, die Verlustbeteiligung des Unterbeteiligten kann ausgeschlossen werden. Eine ordentliche Kündigung nach § 723 Abs. 1 BGB ist jederzeit möglich. Die Kündigung durch einen Gläubiger richtet sich nach § 725 BGB. Der Tod eines Gesellschafters der Unterbeteiligung führt nur dann zur Auflösung, wenn der Hauptgesellschafter stirbt und deshalb zugleich die Hauptgesellschaft aufgelöst wird. Die §§ 726, 728 BGB finden Anwendung. Eine Umwandlung der Hauptgesellschaft kann zu einem außerordentlichen Kündigungsrecht führen. Die Auflösung führt nicht zur sofortigen Vollbeendigung, sondern zunächst zu einer Abwicklungsgesellschaft. Im Falle der Insolvenz des Hauptgesellschafters findet § 236 HGB keine Anwendung. Vielmehr greift § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO ein, so dass die Auseinandersetzung außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt. 1014 | Blaurock

§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht Schrifttum: Barry, Sebastian, Nießbrauch an GmbH-Gesellschaftsanteilen, RNotZ 2014, 401; Blaurock, Uwe/Berninger, Axel, Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil in zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht (Teil II), GmbHR 1990, 87; Blaurock, Uwe, Vollzug der unentgeltlichen Zuwendung einer neu begründeten Unterbeteiligung, NZG 2012, 521; Böwing-Schmalenbrock, Philipp, Umwandlung einer atypischen Kommandit-Unterbeteiligung in eine Direktbeteiligung, FR 2012, 121; Bürkle, Thomas/Schaumburg, Wolfgang, Entwarnung für die Gestaltung der Unternehmensnachfolge mit atypischer Unterbeteiligung, DStR 1998, 558; Carlé, Dieter/Fuhrmann, Claas, Unentgeltliche Begründung, Übertragung und Beendigung von Treuhandverhältnissen sowie von Anteilen an mitunternehmerischen Innengesellschaften, FR 2006, 749; Carlé, Thomas, Die Unterbeteiligung, EStB 2012, 14; eKommentar GewStG, bearbeitet von Bös u.a., Teil der Stotax-First-Datenbank; Felix, Günther, Unterbeteiligungen aus der Sicht der Steuerberatung, KÖSDI 1985, 5791 und KÖSDI 1987, 6918; Felix, Günther, Unterbeteiligung nichttätiger Abkömmlinge an Familiengesellschaften mbH, DStZ 1988, 102; Haas, Ingeborg, Die Unterbeteiligung als Gestaltungselement, GStB 2004, 406; Hannes, Frank/Otto, Thomas, Der Treuhand-Erlass – eine Verwaltungsanweisung contra legem?, ZEV 2005, 464; Hermes, Ludger, Die Innengesellschaft als Gestaltungsinstrument für ein -mitunternehmerisches Nießbrauchrecht, DStR 2019, 1777; Hohage, Uwe/Schäfer, Armin, Atypischer Unterbeteiligungsvertrag: Mindestanforderung an die Stimmrechtsregelung, NWB 2017, 423; Hohaus, Benedikt, Die atypische Unterbeteiligung an einer GmbH – Wirtschaftliches Eigentum nach § 39 Abs. 2 AO?, GmbHR 2002, 883; Kempermann, Michael, Unterbeteiligte als „andere Unternehmer“ i.S. des § 15 Abs. 5 EStG, FR 1998, 248; Kempermann, Michael, Zur Angemessenheit der Gewinnverteilung bei mitunternehmerischer Unterbeteiligung, FR 2002, 154; Knobbe-Keuk, Brigitte, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993; Krauß/Meichelbeck, Unternehmensnachfolge bei minderjährigen Kindern, DB 2015, 2114; Kraus, Eva-Maria, Die mitunternehmerische Innengesellschaft in der Gewerbesteuer, Berlin 2015 (Diss. Bonn 2015); Kühne, Eberhardt/Rehm, Christian, Die Unterbeteiligung als Gestaltungsinstrument der Unternehmensnachfolge, NZG 2013, 561; Levedag, Christian, Ausgewählte ertragsteuerliche Entwicklungen bei der atypisch stillen Gesellschaft und (a)typisch stillen Unterbeteiligung, GmbHR 2019, 699; Maetz, Phillipp, Ausgewählte ertragsteuerliche Problemkreise bei atypischen Unterbeteiligungen, DStR 2015, 1844; Märkle, Rudi, Die Unterbeteiligung an Einkunftsquellen, DStZ 1985, 471, 508 (533); Martens, Angela, Die steuerliche Einordnung der atypischen Unterbeteiligung an Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, BB 2005, 1660; Mühlhaus, Günter, Die Unterbeteiligung als Gestaltungsmittel bei Familiengesellschaften, EStB 2009, 276 ff.; Neugebauer, Claudia, Fallstricke bei der Übernahme von Mitunternehmeranteilen im Rahmen der zeitlich gestaffelten Unternehmensnachfolge, DB 2019, 1525; Ottersbach, Jörg H., Anmerkung zum Urteil des BFH v. 2.10.1997 (IV R 75/96), FR 1999, 201; Pickhardt-Poremba, Natalie/Engelsing, Lutz, Unterbeteiligungen an gewerblich und an nur vermietend und verpachtend tätigen Personengesellschaften, DStZ 2000, 281; Pönicke, Astrid/Bünning, Martin, Aktuelles zu Managementbeteiligungen – insbesondere in der Form von Unterbeteiligungen, BB 2014, 2717; Pupeter, Alexander, Der Unterbeteiligte als „virtueller“ Gesellschafter einer GmbH, GmbHR 2006, 910; Richter, Wolfgang/Fürwentsches, Alexander, Unentgeltliche Übertragung von TreuhandKommanditanteilen, DStR 2010, 2070 ff.; Schindhelm, Malte/Pickhardt-Poremba, Natalie/Hilling, Jürgen, Das zivil- und steuerrechtliche Schicksal der Unterbeteiligung bei Umwandlung der Hauptgesellschaft, DStR 2003, 1444 ff. und 1469 ff.; Schmidt, Ludwig, Unmittelbare Leistung bei mittelbarer Beteiligung an einer Personenhandelsgesellschaft in der Form einer atypischen Unterbeteiligung, StuW 1988, 245; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die Unterbeteiligung als

Levedag/Lamprecht/Wachter | 1015

§ 31 Rz. 31.1 | Die Unterbeteiligung Mitunternehmerschaft, DB 1987, 551; Schulze zur Wiesche, Dieter, Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil, GmbHR 1986, 236; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die atypische Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil, GmbHR 2006, 630; Strnad, Oliver, Was gilt für Unterbeteiligungen nach der Suhrkamp-Entscheidung des BGH?, ZEV 2012, 394; Wacker, Roland, Zu den Merkmalen des wirtschaftlichen Eigentums bei Unterbeteiligung an GmbH-Anteilen, HFR 2006, 42; Werner, Rüdiger, Die Unterbeteiligung als Instrument der Unternehmensnachfolge, ZEV 2015, 194; Worgulla, Niels, Die Unterbeteiligung an Kapitalgesellschaften im System der Abgeltungsteuer, DB 2009, 1146; Worgulla, Niels, Stille Gesellschaften, partiarische Darlehen und Unterbeteiligungen, NWB 2010, 3182.

I. Einleitung 31.1 Für die steuerrechtliche Behandlung der Unterbeteiligung ist wie bei der stillen Gesellschaft die Unterscheidung zwischen typischer und atypischer Unterbeteiligung grundlegend. Für die zivilrechtlichen Rahmenbedingungen und Einsatzfelder von Unterbeteiligungen1 wird auf § 30 Bezug genommen. Ausgangspunkt der Betrachtung ist auch ertragsteuerrechtlich, dass die Unterbeteiligung als Vereinbarung zwischen dem Gesellschafter einer Kapital- oder Personengesellschaft gegen Leistung einer Einlage eines Dritten in das Vermögen des Hauptbeteiligten und zum Erreichen eines gemeinsamen Zwecks als Innengesellschaft anzusehen ist, die typisch oder atypisch ausgestaltet sein kann (siehe Rz. 30.1). In beiden Varianten handelt es sich um eine schuldrechtliche Beziehung zwischen dem Haupt- und dem Unterbeteiligten, die zu dessen mittelbarer Unternehmensteilhabe, nicht aber zu einer dinglichen Mitbeteiligung am Gesellschaftsanteil selbst führt (siehe Rz. 30.2)2. Steuerrechtlich steht die Unterbeteiligung „in Konkurrenz“ zu anderen Instrumenten (Nießbrauch/Treuhand), mit denen die Verlagerung von Einkünften auf Dritte bewirkt werden kann3. Bei der Abgrenzung von typischen und atypischen Unterbeteiligung geht es um die Unterscheidung von rein kapitalistisch ausgestalteten Unterbeteiligungsverhältnissen zu solchen, die dem mittelbar Beteiligten im Innenverhältnis ein Unternehmerrisiko aufbürden bzw. Unternehmerinitiative gewähren und ihn damit zum Mitunternehmer i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG werden lassen (Rz. 30.16 und 30.17). Diese Unterscheidung hat für die steuerrechtliche Behandlung weitreichende Konsequenzen, da in den Fällen atypischer Unterbeteiligungen der Unterbeteiligte einen eigenen Mitunternehmeranteil (an der Unterbeteiligungsgesellschaft, siehe Rz. 31.19) oder wirtschaftliches Eigentum an einem Kapitalgesellschafts1 Zum Einsatz in der Unternehmensnachfolge siehe Krauß/Meichelbeck, DB 2015, 2114; Werner, ZEV 2015, 194; Maetz, DStR 2015, 1844 (1844); zu Managementbeteiligungen in Form der Unterbeteiligung siehe Pönicke/Bünning, BB 2014, 2717. Siehe auch Rz. 30.3–30.7. 2 Schindhelm/Pickhardt-Poremba/Hilling, DStR 2003, 1444 (1445). Die Unterbeteiligung ist von der stillen Beteiligung abzugrenzen, indem es dort um die Beteiligung an einem Handelsgewerbe oder Geschäftszweig geht (siehe Rz. 30.9). 3 Siehe Rz. 30.9 f. mit Abgrenzung zur Treuhand sowie Barry, RNotZ 2014, 401 (403) zur Abgrenzung der Unterbeteiligung vom Nießbrauch an einem GmbH-Gesellschaftsanteil; Krauß/Meichelbeck, DB 2015, 2114 zur Schenkung einer atypischen Unterbeteiligung mit abschmelzendem Nießbrauchsvorbehalt.

1016 | Levedag

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.2 § 31

anteil (siehe Rz. 31.53) hält. Mittlerweile wird diese Sichtweise auch der erbschaftsteuerrechtlichen Betrachtung zugrunde gelegt4. Die Behandlung beider Fallgestaltungen wird nachfolgend getrennt erläutert. Zunächst erfolgt eine Darstellung der ertragsteuerlichen Folgen typisch und atypisch stiller Unterbeteiligung natürlicher Personen (Rz. 31.2 ff.), danach die Behandlung der Unterbeteiligung bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer (Rz. 31.80 ff. bzw. 31.83 ff.) und abschließend im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht (Rz. 31.90 ff.).

II. Unterbeteiligungen natürlicher Personen im Ertragsteuerrecht 1. Die typische Unterbeteiligung im Privat- oder Betriebsvermögen a) Die steuerliche Behandlung beim Unterbeteiligten aa) Steuerliche Wesensmerkmale der Unterbeteiligung Bei der (typisch) stillen Unterbeteiligung am Gesellschaftsanteil eines anderen handelt es sich um die Beteiligung eines Dritten (des Unterbeteiligten) an dem Gesellschaftsanteil des Hauptbeteiligten. Zwischen dem Hauptbeteiligten und dem Unterbeteiligten kommt nach Maßgabe der Ausführungen in § 30 eine Innengesellschaft ohne ein Gesamthandsvermögen zustande, in der dem Dritten eine Mitberechtigung zumindest am Gewinn des Gesellschaftsanteils des Hauptbeteiligten eingeräumt wird. Die (typisch) stille Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil kann sowohl entgeltlich erworben werden als auch Gegenstand einer Schenkung sein; sie setzt jedoch in jedem Fall voraus, dass der Unterbeteiligte eine sein Vermögen belastende Einlage erbringt5. Eine typische Unterbeteiligung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Unterbeteiligte bei Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses regelmäßig keinen Abfindungsanspruch hat, der ihm eine Beteiligung an den stillen Reserven einräumt, die dem Hauptbeteiligten an der jeweiligen Gesellschaft aufgrund der unmittelbaren Beteiligung zusteht. Der Abfindungsanspruch des Unterbeteiligten ist auf die Rückzahlung der geleisteten Einlage zuzüglich noch nicht ausgezahlter Gewinnanteile beschränkt (Rz. 30.16). Die typische Unterbeteiligung erstreckt sich also nicht auf die Wertänderungen des Hauptgesellschaftsanteils, die wiederum maßgeblich von der Wertänderung des Betriebsvermögens der Hauptgesellschaft und der Entwicklung des Geschäftswertes beeinflusst wird. Da der in dieser Form Unterbeteiligte somit nicht mittelbar am Geschäftsrisiko des Hauptgesellschafters partizipiert, ist seine Beteiligung eine rein kapitalistische. Hält er die Unterbeteiligung im Privatvermögen, so sind die ihm aus der vermögensverwaltenden Innengesellschaft zufließenden Gewinn4 Die FinVerw. hatte früher angenommen, bei unentgeltlichem Erwerb einer atypisch stillen Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil werde kein gemäß §§ 13a, 13b ErbStG begünstigungsfähiger Mitunternehmeranteil übertragen (Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, 11.1.2008 – 34-S 3811-035-38956/07, Tz. 4; Neuregelung durch Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, 23.3.2009 – 34-S 3811-035-11256/09, Tz. 4). Siehe Viskorf/Haag, ZEV 2012, 24 (25). 5 BFH v. 7.11.2018 – IV R 20/16, BFHE 262, 435 = BStBl. II 2019, 224 mit Hinweis auf BGH v. 29.11.2011 – II ZR 306/09, BGHZ 191, 354.

Levedag | 1017

31.2

§ 31 Rz. 31.2 | Die Unterbeteiligung

anteile als Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu besteuern6, ohne Rücksicht darauf, welche Einkunftsart der Hauptbeteiligte verwirklicht. Seit dem Veranlagungszeitraum 2009 können die Vergütungen dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG unterliegen, es sei denn, einer der Ausnahmetatbestände des § 32d Abs. 2 EStG greift (siehe Rz. 22.270 ff.). Ist die Unterbeteiligung Bestandteil eines Betriebsvermögens des Unterbeteiligten, so sind wegen § 20 Abs. 8 EStG die Vergütungen des typisch still Unterbeteiligten betriebliche Einkünfte in diesem Betrieb (siehe Rz. 22.182). bb) Einzelfragen zur laufenden Einkünfteerzielung des Unterbeteiligten

31.3 Aufwendungen in Zusammenhang mit dem Erwerb der Unterbeteiligung und andere Aufwendungen, die durch das Halten der Unterbeteiligung veranlasst sind, stellen je nach Zugehörigkeit der Unterbeteiligung zum Privat- oder Betriebsvermögen Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben dar. Dem Grunde nach zählen auch Verlustanteile zu den Werbungskosten/Betriebsausgaben, da die Übernahme des Verlustrisikos der Erzielung von Einnahmen dient (siehe Rz. 22.236)7. Seit dem Veranlagungszeitraum 2009 ist der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten bei Kapitaleinkünften ausgeschlossen und nur noch ein Sparerpauschbetrag in Höhe von 801 Euro/1602 Euro abziehbar, § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG (vgl. Rz. 22.231 ff. zur Behandlung der Verlustanteile). Die Einkünfteerzielungsabsicht des Unterbeteiligten ist daher in den Veranlagungszeiträumen ab 2009 widerlegbar zu vermuten8. Überstiegen diese Kosten die Gewinnanteile, stellte dies in den Veranlagungszeiträumen bis Ende 2008 in der Regel noch nicht die Einkünfteerzielungsabsicht in Frage, wenn sich aus den Umständen erkennen ließ, dass die Beteiligung nicht auf Dauer zu einem Missverhältnis von Ertrag und Belastung führte9. 31.4 Vergütungen: Wenn die Unterbeteiligung im Privatvermögen gehalten wird, sind zugewiesene Vergütungen in dem Veranlagungszeitraum zu besteuern, in dem der Unterbeteiligte den Gewinn tatsächlich vereinnahmt10, da für diese das Zu- und Abflussprinzip (§ 11 EStG) gilt. Wie bereits erwähnt, kann der gesonderte Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG vorbehaltlich der Ausschlusstatbestände des § 32d Abs. 2 EStG zur 6 H.M.; vgl. BFH v. 28.11.1990 – I R 111/88, BFHE 163, 69 = BStBl. II 1991, 313; BFH v. 21.2.1991 – IV R 35/98, BStBl. II 1995, 445; BFH v. 7.11.2018 – IV R 20/16, BFHE 262, 435 = BStBl. II 2019, 224 = FR 2019, 305; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 156, 159; Ratschow in Blümich, § 20 EStG Rz. 203; Levedag in L. Schmidt, § 20 EStG Rz. 90. 7 BFH v. 10.11.1987 – VIII R 53/84, BStBl. II 1988, 186 = GmbHR 1988, 81 (82); Märkle, DStZ 1985, 508 (509); vgl. zum gleich gelagerten Fall bei der stillen Gesellschaft Rz. 22.239 und FG München v. 5.11.1980 – V (IX) 57/76 E 2, EFG 1981, 341. 8 BFH v. 14.3.2017 – VIII R 38/15, BFHE 258, 240 = BStBl. II 2017, 1040; BFH v. 14.3.2017 – VIII R 25/14, BStBl. II 2017, 1038; BMF v. 12.4.2018, IV C 1-S 2252/08/10004:021, BStBl. I 2018, 624 Tz. 125 (Ergänzung des BMF-Schreibens v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85); Ratschow in Blümich, § 20 EStG Rz. 45; Levedag in L. Schmidt, § 20 EStG Rz. 24. 9 Vgl. BFH v. 23.3.1982 – VIII R 132/80, BStBl. II 1982, 463 (464); BFH v. 9.8.1983 – VIII R 276/82, BFHE 139, 257 = BStBl. II 1984, 29 (30). 10 BFH v. 10.11.1987 – VIII R 53/84, BStBl. II 1988, 186 = GmbHR 1988, 81 (82).

1018 | Levedag

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.6 § 31

Anwendung kommen. Greift der gesonderte Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG, kann die Abgeltungswirkung gemäß § 43 Abs. 5 EStG11 durch den Kapitalertragsteuerabzug für inländische Vergütungen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG) allerdings nur eintreten, wenn es sich um inländische Kapitalerträge handelt und der Schuldner (Hauptbeteiligte) diesen vornimmt. Ansonsten sind die Vergütungen gemäß § 32d Abs. 3 EStG in der Einkommensteuererklärung anzugeben. Verlustanteile sind bei einer Unterbeteiligung im Privatvermögen bis zur Höhe der Einlage bzw. ohne Erhöhung eines bestehenden negativen Kapitalkontos in dem Jahr zu berücksichtigen, in dem der Verlust in der Hauptgesellschaft bilanziell festgestellt ist, da erst dann ersichtlich ist, welchen Anteil der Hauptbeteiligte zu tragen hat (siehe zur typisch stillen Gesellschaft Rz. 22.238). Für die die Einlage übersteigenden Verluste, die dem typisch still Unterbeteiligten zugewiesen werden (Rz. 30.55), ist gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG die Vorschrift des § 15a EStG sinngemäß anzuwenden (siehe Rz. 22.239 ff.). Die Verlustanteile, die im Verlustentstehungsjahr zu einem negativen Kapitalkonto führen oder ein solches erhöhen, können nicht mit positiven anderen Einkünften verrechnet werden12. Auch ein Verlustabzug nach § 10d EStG ist nicht möglich. Der verrechenbare Verlust mindert aber spätere Gewinnanteile des Unterbeteiligten, die zur Auffüllung der Einlage verwendet werden13. Für die geltende Rechtslage (seit 2009) stellt sich für die Verlustzuweisung wie bei typisch stillen Beteiligungen das Problem einer Übermaßbesteuerung, wenn laufende Verlustanteile gemäß § 20 Abs. 9 EStG nicht als Werbungskosten abgezogen werden und sich erst im Zeitpunkt der Beendigung der Unterbeteiligung als Veräußerungsverlust auswirken könnten (siehe Rz. 22.223 f., 22.236)14.

31.5

Ist die Unterbeteiligung bei dem typisch Unterbeteiligten Bestandteil eines Betriebsvermögens, für den der Gewinn nach § 4 Abs. 1 Satz 1, § 5 EStG ermittelt wird, so ist der Gewinn- oder Verlustanteil wie bei der typisch stillen Beteiligung phasengleich zur Bilanz des Hauptbeteiligten oder der Gesellschaft zu erfassen (vgl. Rz. 22.249)15. Die Beschränkungen gemäß § 20 Abs. 4 Satz 2 EStG i.V.m. § 15a EStG gelten nach zutreffender h.M. auch für gemäß § 20 Abs. 8 EStG im BV zu erfassende Verlustanteile.16

31.6

11 Siehe dazu im Einzelnen Levedag in L. Schmidt, § 20 EStG Rz. 12 bis 15. 12 Zur Anwendung des § 15a Abs. 5 EStG bei der Unterbeteiligung s. Kempermann, FR 1998, 248. 13 Zur Rechtslage bis Ende 2008 siehe Märkle, DStZ 1985, 508 (509); sowie BMF v. 31.8.1981 – IV B 4 S-2252 – 71/81, FR 1981, 508; Uelner/Dankmeyer, DStZ 1981, 12 (21 f.). 14 Zustimmend Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 158. 15 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BFHE 236, 543 = BStBl. II 2012, 745; Bärwaldt in Beck’sches Handbuch Personengesellschaft, § 15 Rz. 57. 16 Levedag in L. Schmidt, § 20 EStG Rz. 97 zum Streitstand; a.A. Urban, Ubg 2019, 199 (208).

Levedag | 1019

§ 31 Rz. 31.7 | Die Unterbeteiligung

cc) Beendigung der typisch stillen Unterbeteiligung

31.7 Die Auflösung der typischen Unterbeteiligung bewirkt in der Regel, dass die fortgeführte Einlage zurückzuzahlen ist. Hier ergeben sich für Unterbeteiligungen im Privatvermögen unterschiedliche Rechtsfolgen danach, ob es sich um eine vor dem 1.1.2009 oder nach dem 31.12.2018 erworbene oder begründete Unterbeteiligung handelt. (1) Vor dem 1.1.2009 erworbene oder begründete Unterbeteiligungen im Privatvermögen

31.8 Bekommt der Unterbeteiligte im Rahmen der Auflösung des Unterbeteiligungsverhältnisses mehr als seine fortentwickelte Einlage ausgezahlt, können nach der BFHRechtsprechung17 auf Seiten des Unterbeteiligten Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu erfassen sein, soweit der Mehrerlös durch die Kapitalüberlassung an den Hauptbeteiligten veranlasst ist (Rz. 22.203). Beim Hauptbeteiligten sind die im Rahmen der Auflösung gezahlten Vergütungen i.S.des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG insoweit Werbungskosten/Betriebsausgaben. Keine steuerbaren Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG werden daher vom Unterbeteiligten erzielt, wenn ein ausgezahlter Mehrbetrag nicht als Entgelt für Überlassung der Einlage oder als Entschädigung für entgangene zukünftige Gewinnanteile, sondern als Gegenleistung für dessen Zustimmung zur vorzeitigen Vertragsauflösung (sog. „lästiger“ Unterbeteiligter) gezahlt wird. Eine solche Zahlung ist nicht Ausfluss der Kapitalüberlassung und daher weder als besonderes Entgelt i.S. von § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG noch als sonstige Einnahme i.S. des § 22 Nr. 3 EStG steuerbar18. 31.9 In der Kündigung und Auflösung einer vor dem 1.1.2009 erworbenen oder begründeten typischen stillen Unterbeteiligung ist wie bei der typisch stillen Gesellschaft19 im Übrigen jedoch keine steuerbare Veräußerung zu sehen (Rz. 22.216). Mehrerlöse, die bei der Veräußerung von vor dem 1.1.2009 erworbenen oder begründeten Unterbeteiligungen erzielt werden, die für die Übertragung der Substanz der Beteiligung gezahlt werden, sind daher ebenso wenig zu berücksichtigen wie Mindererlöse (Rz. 22.202, 22.215). Ist die Einlage bei Rückzahlung unter den ursprünglichen Einlagebetrag gefallen, führt dies in der Regel zu nicht einkommensteuerbaren Verlusten auf der Vermögensebene, wenn die Unterbeteiligung im Privatvermögen gehalten wird (Rz. 22.202).

17 BFH v. 1.6.1978 – IV R 139/73, BFHE 125, 386 = BStBl. II 1978, 570; BFH v. 11.2.1981 – I R 98/76, BFHE 133, 35 = BStBl. II 1981, 465; BFH v. 14.2.1984 – VIII R 126/82, BFHE 141, 124 = BStBl. II 1984, 580; BFH v. 18.10.2006 – IX R 7/04, DStR 2006, 2206 (2207) = GmbHR 2007, 167; ebenso Sterner, BB 1983, 2176; Märkle, DStZ 1985, 533 (534). Siehe auch Rz. 22.218 ff. 18 Niedersächsisches FG v. 1.12.2005 – 11 K 127/03, DStRE 2006, 1517 (1517 f.) (rkr.). Siehe zur typisch stillen Beteiligung Rz. 22.205. 19 BFH v. 18.10.2006 – IX R 7/04, DStR 2006, 2206 (2207) = GmbHR 2007, 167.

1020 | Levedag

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.12 § 31

(2) Nach dem 31.12.2008 erworbene oder begründete typische stille Unterbeteiligung im Privatvermögen Bei Unterbeteiligungen, die nach dem 31.12.2008 erworben wurden, sind hingegen sowohl Auflösungsgewinne und -verluste gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Satz 2 EStG steuerbar (vgl. Rz. 22.218 ff. zur typischen stillen Gesellschaft). Dementsprechend führen Mindererlöse gemäß § 20 Abs. 4 EStG zu Verlusten zu berücksichtigen (siehe aber auch Rz. 31.5 zur Hinzurechnung zuvor abgezogener laufender Verlustanteile). Die Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG kann aber bewirken, dass keine Verrechnung des Verlusts mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten möglich ist (siehe Rz. 22.257, 22.297, 22.300). Sie gilt jedoch gemäß § 32d Abs. 2 Satz 2 EStG nicht, wenn der Auflösungsgewinn oder -verlust gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG aufgrund der Regelungen in § 32d Abs. 2 EStG aus dem Anwendungsbereich des gesonderten Tarifs (§ 32d Abs. 1 EStG) ausgeschlossen ist. Da für Auflösungsgewinne und -verluste, die dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG unterliegen, keine Rechtsgrundlage für einen Kapitalertragsteuereinbehalt besteht, kann die Abgeltungswirkung gemäß § 43 Abs. 5 EStG für diese Einkünfte nicht eintreten. Sie sind stets gemäß § 32d Abs. 3 EStG in der Steuererklärung geltend zu machen, ohne dass eine Verlustbescheinigung gemäß § 20 Abs. 6 Satz 7 EStG erforderlich ist.

31.10

Fällt der Unterbeteiligte mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Einlage gegen den Hauptbeteiligten wegen dessen Insolvenz aus (siehe zum Zivilrecht Rz. 30.65), sind die Rechtsfolgen für die seit 2009 geltende Rechtslage umstritten. Der BFH20 hat gegen die Verwaltungsauffassung21 entschieden, dass § 20 Abs. 2 EStG mit seinem Katalog von Veräußerungs- und Ersatztatbeständen sämtliche Wertveränderungen der Kapitalanlage erfassen muss. Zu diesen steuerbaren Wertveränderungen zählt auch der (insolvenzbedingte) Ausfall einer sonstigen Kapitalforderung (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) des Privatvermögens, deren Ausfall zu einem steuerbaren Rückzahlungsverlust gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 EStG führen kann.

31.11

Der insolvenzbedingte Ausfall der Einlageforderung eines typisch stillen Unterbeteiligten bewirkt nach der Rechtsprechung des BFH gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4, § 20 Abs. 2 Nr. 4, § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG, dass ein steuerbarer Verlust entsteht, soweit die ursprünglich geleistete Einlage ausfällt. Allerdings ist insofern die Wechselwirkung mit der derzeitigen Verwaltungsauffassung in Tz. 4 des BMF-Schreibens vom 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85 bei einer vorhergehenden längeren Verlustphase zu beachten. Werden einem typisch stillen Unterbeteiligten während des Bestehens der stillen Gesellschaft Verluste zugewiesen, ist streitig, ob diese in den Verlustentstehungszeiträumen zu negativen Einkünften aus Kapitalvermögen (als negative Einnahmen) führen oder ob es sich um Werbungskosten handelt, die unter das Wer-

31.12

20 BFH v. 24.10.2017 – VIII R 13/15, BFH/NV 2018, 280; zum Zeitpunkt der Verlustrealisation FG Düsseldorf v. 18.7.2018, EFG 2018, 1645 (nrkr. Rev. anhängig unter VIII R 28/18); FG München v. 13.3.2018 – 9 K 644/18, EFG 2018, 1705 (nrkr. Rev. anhängig unter VIII R 20/18). Kritisch zur Rechtsprechung Ratschow in Blümich, § 20 EStG Rz. 353a ff.; zustimmend Levedag in L. Schmidt, § 20 EStG Rz. 145, 148, 183 jeweils mit Nachweisen zum Streitstand. 21 BMF v. 18.1.2016 – IV C 1-S 2252/08/10004:017, BStBl. I 2016, 85, Tz. 60.

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§ 31 Rz. 31.12 | Die Unterbeteiligung

bungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG fallen. Nach herrschender Meinung sind die Verluste in den Verlustentstehungszeiträumen zwar nach ihrer Rechtsnatur Werbungskosten, gleichwohl gewährt das zitierte BMF – Schreiben unter Tz. 4 eine Billigkeitsregelung: Die von der Einlageforderung abgesetzten Verluste können im VZ der Verlustentstehung zunächst als negative Einnahmen abgezogen werden. Bei Beendigung der typisch stillen Beteiligung wird nach dem BMF ein Veräußerungsverlust ermittelt, aber in Höhe der abzugsfähigen negativen Einnahmen nicht berücksichtigt. Ein etwaiges Abfindungsguthaben (Restbetrag der Einlageforderung) wird um die früher als negativen Einnahmen abgezogenen laufenden Verluste im Veräußerungszeitpunkt erhöht22. Sowohl beim Verlustabzug in den Verlustentstehungsjahren als auch bei der Erhöhung eines Abfindungsguthabens im Zeitpunkt der Beendigung der typisch stillen Beteiligung handelt es sich um eine Handhabung ohne Rechtsgrundlage. Das BMF sieht meines Erachtens beide Folgerungen als notwendige Bestandteile der Billigkeitsregelung an (siehe näher Rz. 22.224).

31.13 Die Finanzverwaltung hat bislang die einschlägige Entscheidung des BFH v. 24.10.201723 nicht im BStBl. veröffentlicht. Durch Einfügung der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 6 Satz 6, Alt. 1 EStG geht aber auch der Gesetzgeber nunmehr von der Steuerbarkeit des Fordeungsausfalls aus. Siehe zu den Einzelheiten Rz. 22.257. (3) Typisch stille Unterbeteiligung im Betriebsvermögen

31.14 Wenn die Unterbeteiligung als Wirtschaftsgut (Forderung) zum Betriebsvermögen des Unterbeteiligten gehört, führt ihre Ausbuchung stets zu steuerbaren Einkünften (Rz. 22.217)24. Das im Rahmen der Auflösung gezahlte Entgelt ist mit dem Buchwert der Forderung zu verrechnen, was zu einem Ertrag oder einer Betriebsausgabe beim Unterbeteiligten führen kann. 31.15 frei b) Die steuerliche Behandlung beim Hauptbeteiligten aa) Voraussetzungen für den Abzug von Werbungskosten oder BA beim Hauptbeteiligten

31.16 Für den Hauptgesellschafter sind die an den typisch Unterbeteiligten gewährten Vergütungen Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben, die durch die Einkünfte aus der Hauptbeteiligung veranlasst sind.

22 Berechnung: (erhaltenes Auseinandersetzungsguthaben ./. Nennwert der Einlageforderung + zuvor abgezogene Verlustanteile). 23 BFH v. 24.10.2017 – VIII R 13/15, BFH/NV 2018, 280. 24 Zur Veräußerung der Hauptbeteiligung bzw. Liquidation der Hauptgesellschaft siehe Märkle, DStZ 1985, 533 (534).

1022 | Levedag

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.18 § 31

Im Fall der typisch stillen Unterbeteiligung an einem Mitunternehmeranteil handelt es sich bei den abgeführten Gewinnanteilen um Sonderbetriebsausgaben25. Die Berücksichtigung von Gewinnanteilen eines Unterbeteiligten als Sonderbetriebsausgaben des Hauptbeteiligten setzt jedoch voraus, dass der Unterbeteiligte eine Einlage in das Vermögen der Innengesellschaft geleistet hat26. Nach der zitierten Entscheidung kommt bei der typisch stillen Unterbeteiligung einer dem Hauptbeteiligten nahe stehenden Person (im Urteilsfall der Ehefrau des Hauptbeteiligten) die steuerliche Berücksichtigung der zugewiesenen Gewinnanteile als Sonderbetriebsausgaben des Hauptbeteiligten nur in Betracht, wenn die Begründung der stillen Unterbeteiligung gemäß § 4 Abs. 4 EStG betrieblich veranlasst sei. Bezogen auf die Begründung einer stillen Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil des Hauptbeteiligten setzt dies nach dem Besprechungsurteil voraus, dass dem Betrieb durch den Unterbeteiligten Mittel zugeführt werden, er also eine Einlage leistet. Im Besprechungsfall sah der IV. Senat des BFH für eine solche Einlage keinen Anhaltspunkt. Regelmäßige werthaltige Dienstleistungen der still Unterbeteiligten für die Innengesellschaft waren weder vereinbart noch nachgewiesen. Die Kostentragung der Ehefrau für den Unterhalt der gemeinsamen Familie aus deren eigenen Vermögen, die es dem Hauptbeteiligten ermöglichte, keine Gewinne aus der Personengesellschaft entnehmen zu müssen und alles dort investieren zu können, sah der IV. Senat zu Recht nicht als Einlage der Unterbeteiligten an. Diese fehlende Einlage der Unterbeteiligten stand sowohl der Gründung einer entgeltlichen typisch stillen Unterbeteiligung als auch einer unentgeltlichen Unterbeteiligung entgegen. Die (schenkweise) Zuwendung der Mittel für die Einlage der Unterbeteiligten wäre zwar unerheblich; fehlt es jedoch gänzlich an einer Einlage, die der Unterbeteiligten zuzurechnen ist, entsteht keine steuerlich anzuerkennende typische Innengesellschaft. Der Entscheidung des IV. Senats ist zuzustimmen. Sie stellt eine folgerichtige Fortentwicklung der jüngeren Rechtsprechung des IV. Senats27 zur Begründung des Mitunternehmerrisikos bei der atypisch stillen Gesellschaft dar (vgl. dazu näher Rz. 20.60 ff., 20.79 ff.).

31.17

bb) Verfahrensrechtliche Fragen Zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften kommt es bei der typischen Unterbeteiligung nicht, weil Haupt- und Unterbeteiligter nicht an denselben Einkünften beteiligt sind und damit keine gemeinschaftlichen Einkünfte erzielen.28 Für den Fall, dass der Hauptbeteiligte Mitunternehmer in einer Personengesellschaft ist, besteht damit weder eine Einspruchs-/Klagebefugnis des typisch Unterbeteiligten gemäß § 352 AO/§ 48 FGO gegen Feststellungen im gesonderten und einheitlichen 25 BFH v. 9.11.1988 – I R 191/84, BStBl. II 1989, 343; BFH v. 7.11.2018 – IV R 20/16, BFHE 262, 435 = BStBl. II 2019, 224 = FR 2019, 305. 26 BFH v. 7.11.2018 – IV R 20/16, BFHE 262, 435 = BStBl. II 2019, 224 = FR 2019, 305. 27 BFH v. 13.7.2017 – IV R 41/14, BStBl. II 2017, 1133 = GmbHR 2017, 1348. 28 BFH v. 10.11.1987 – VIII R 53/84, BFHE 151, 434 = BStBl. II 1988, 186; BFH v. 9.11.1988 – I R 191/84, BFHE 155, 454 = BStBl. II 1989, 343; BFH v. 21.2.1991 – IV R 35/89, BFHE 164, 236 = BStBl. II 1995, 449; Brandis in Tipke/Kruse, § 180 AO Rz. 17; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 158.

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31.18

§ 31 Rz. 31.18 | Die Unterbeteiligung

Feststellungsbescheid noch stellen sich hinsichtlich des typisch still Unterbeteiligten bei Streitigkeiten Hinzuziehungs- oder Beiladungsfragen (§ 60 FGO). Nach hier vertretener Auffassung können die an den typisch still Unterbeteiligten abgeführten Gewinnanteile nur in der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung der Hauptgesellschaft als Sonderbetriebsausgaben festgestellt werden, auch wenn das Unterbeteiligungsverhältnis geheim gehalten werden soll29. Hiergegen wird vertreten, diese Sichtweise berücksichtige das legitime Geheimhaltungsinteresse des Hauptbeteiligten nicht hinreichend30 Eine solche Ausnahme von der BFH-Rechtsprechung ist für die Sonderbetriebsausgaben aufgrund der Vergütungen an den typisch still Unterbeteiligten indes nicht zuzulassen31. Denn bei hoher Fremdfinanzierung eines Mitunternehmeranteils sind die Schuldzinsen ohne Rücksicht auf ein Geheimhaltungsinteresses des Mitunternehmers ebenfalls nur als Sonderbetriebsausgabe im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung zu erfassen. Der Hauptbeteiligte ist im Hinblick auf die fehlende oder unzutreffende Feststellung seiner Sonderbetriebsausgaben in einem gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheid jedoch selbst einspruchs- und klagebefugt (vgl. § 352 Abs. 1 Nr. 5 AO/§ 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO) und ggf. gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen32. 2. Die atypische Unterbeteiligung natürlicher Personen an einem Mitunternehmeranteil a) Die atypische Unterbeteiligung als Mitunternehmerschaft aa) Definition der atypisch stillen Unterbeteiligung

31.19 Die atypische Unterbeteiligung an einem Mitunternehmeranteil ist dadurch gekennzeichnet, dass der Unterbeteiligte nicht nur an den laufenden Erträgen des Hauptbeteiligten aus der Beteiligung teilhat, sondern dass das auf Teilhabe an den stillen Reserven gerichtete Auseinandersetzungs- und Abfindungsguthaben des Unterbeteiligten in gleicher Weise wie das des Hauptbeteiligten ausgestaltet ist33. Die Unterbeteiligung vermittelt in diesen Fällen eine Teilhabe an den Wertveränderungen des Anteils des Hauptbeteiligten. Die Rechtsprechung des BFH definiert die atypisch stille Unterbeteiligung daher in der Weise, dass der Unterbeteiligte nicht nur am Gewinn und bis zur Höhe seiner Einlage auch am Verlust beteiligt ist, sondern sich seine Betei29 Siehe AEAO Nr. 1 zu § 180; Nr. 5 zu § 179 unter Verweis auf BFH v. 9.11.1988 – I R 191/84, BStBl. II 1989, 343; BFH v. 7.11.2018 – IV R 20/16, BFHE 262, 435 = BStBl. II 2019, 224 = FR 2019, 305. Zur BFH-Rechtsprechung siehe auch Brandis in Tipke/Kruse, § 180 AO Rz. 63. 30 Die Einräumung einer Unterbeteiligung wird außerhalb der Nachfolgeplanung oft als Finanzierungsinstrument in der Weise eingesetzt, dass der Kapitalgeber des Hauptbeteiligten zur Sicherung seines Darlehensanspruchs eine Unterbeteiligung erhält, siehe Maetz, DStR 2015, 1844 (1845). 31 Siehe auch BFH v. 5.11.1973 – GrS 3/72, BFHE 112, 1 = BStBl. II 1974, 414; BFH v. 3.12.1991 – VIII R 64/87, BFH/NV 1992, 515. 32 Vgl. Levedag in Gräber, 9. Aufl., § 60 FGO Rz. 59 „Typische und atypische Unterbeteiligung“. 33 Maetz, DStR 2015, 1844 (1845).

1024 | Levedag

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.20 § 31

ligung ebenso wie die des Hauptbeteiligten auch auf die stillen Reserven einschließlich eines eventuellen Geschäftswerts erstreckt, es sei denn, der Hauptbeteiligte kann den Unterbeteiligten gegen eine Abfindung, die nicht anteilig die stillen Reserven einschließlich des Geschäftswerts der Hauptbeteiligung berücksichtigt, ohne Weiteres aus der Unterbeteiligungsgesellschaft hinausdrängen34. Die atypisch stille Unterbeteiligung an einem Kapitalgesellschaftsanteil führt hingegen zur Erlangung wirtschaftlichen Eigentums des Unterbeteiligten an den Anteilsrechten des Hauptbeteiligten35. bb) Ist die Begründung einer atypisch stillen Unterbeteiligung an einem Mitunternehmeranteil weiterhin möglich? Aufgrund der jüngeren Rechtsprechung des BFH zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an Mitunternehmeranteilen und der zweifelhaft gewordenen Behandlung des Vollrechtsnießbrauchs wird im Schrifttum die Frage aufgeworfen, ob künftig eine atypisch stille Unterbeteiligung an einem Mitunternehmeranteil nicht mehr begründet werden kann. Beim Vollrechtsnießbrauch am Gesellschaftsanteil kann nach der bislang noch herrschenden Auffassung im Schrifttum36 und in der Rechtsprechung37 der echte Nießbrauch am Gesellschaftsanteil zu einer Mitunternehmerstellung von Nießbraucher und Nießbrauchsbesteller (sog. doppelte Mitunternehmerstellung) führen, wenn dem Nießbrauchsbesteller (Gesellschafter) neben den Verwaltungsrechten für den Kernbereich der Beteiligung derjenige Ergebnisanteil zu steht, der dem Nießbraucher nicht zuzurechnen ist und der Nießbraucher neben der unproblematisch vorhandenen Gewinn- und Abfindungsbeteiligung (Mitunternehmerrisiko) für die Mitunternehmerinitiative ausreichende Stimmrechte in den laufenden Angelegenheiten und Kontrollrechte innehat. Aufgrund der jüngeren Rechtsprechung des IV. Senats des BFH sind allerdings deutliche Zweifel angebracht, ob auch in Zukunft noch davon ausgegangen werden kann, dass sowohl der Gesellschafter (Besteller) als auch der Nießbraucher Mitunternehmer der Personengesellschaft sein können. In mehreren Entscheidungen hat der BFH den Grundsatz herausgearbeitet, dass für einen zivilrechtlichen Gesellschaftsanteil an einer Personengesellschaft entweder nur der zivilrechtliche Inhaber oder nur ein anderer aufgrund wirtschaftlichen Eigentums Mitunternehmer sein, mithin an einem Gesellschaftsanteil nur eine einzige Mitunternehmer-

34 BFH v. 9.10.2001 – VIII R 77/98, BStBl. II 2002, 460. 35 BFH v. 18.5.2005 – VIII R 34/01, BFHE 210, 247 = BStBl. II 2005, 857. Zur Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil siehe Rz. 31.54 ff. 36 Vgl. Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 306, 309 f.; Escher/Haag in MünchHdb. GesR Bd. 2, 5. Aufl., § 27 Rz. 72 ff.; Jordan in FS Crezelius, 2018, S. 315 (315); Götz, FR 2019, 606 (606); Desens/Blischke in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 15 EStG Rz. C 143 – 145 (Stand: EL 271 – August 2016). 37 BFH v. 1.3.1994 – VIII R 35/92, BFHE 175, 231 = BStBl. II 1995, 241; zustimmend Hermes, DStZ 2019, 112 (115 ff.); Stein, ZEV 2019, 131 (135 ff.); Götz, FR 2019, 606 (606).

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31.20

§ 31 Rz. 31.20 | Die Unterbeteiligung

stellung begründet werden kann38. Nimmt man den so formulierten Grundsatz ernst, kommt die gleichzeitige Mitunternehmerstellung des Nießbrauchsbestellers und des Nießbrauchers nebeneinander wohl nicht mehr in Betracht39. Für die Unterbeteiligung an einem Mitunternehmeranteil lässt sich aus dieser Rechtsprechungstendenz aber nicht ableiten, dass sie nicht mehr begründet werden kann. Aufgrund der atypisch stillen Unterbeteiligung an einem Mitunternehmeranteil sind zwei getrennte Mitunternehmerschaften vorhanden (Rz. 31.22). Es wird eine Unterbeteiligungsgesellschaft errichtet, die Gesellschafterin der Hauptbeteiligungsgesellschaft und deren Obergesellschaft ist, d.h. es entsteht eine doppelstöckige Personengesellschaftsstruktur. Hieraus folgt, dass für die Mitunternehmerstellung des Unterbeteiligten in der Unterbeteiligungsgesellschaft die Anforderungen an die Mitunternehmerinitiative und das Mitunternehmerrisiko nur im Verhältnis zum Hauptbeteiligten (nicht zur Hauptbeteiligungsgesellschaft!) erfüllt werden müssen. Der (neue) Grundsatz der „nur einen Mitunternehmerstellung je Gesellschaftsanteil“ hat für die steuerliche Anerkennung von atypisch stillen Unterbeteiligungen an einem Gesellschaftsanteil meines Erachtens daher keine Neuerungen zur Folge. Denn es geht nicht um eine gemeinsame Mitunternehmerstellung des Haupt- und des Unterbeteiligten in der Hauptgesellschaft, die durch den Gesellschaftsanteil des Hauptbeteiligten vermittelt wird und mit diesem Grundsatz kollidieren könnte40. Als Reaktion auf die jüngere Rechtsprechungslinie des IV. Senats wird auch empfohlen, den Nießbrauch ähnlich der Unterbeteiligungsgesellschaft als Innengesellschaft auszugestalten41. cc) Anforderungen an die Mitunternehmerstellung des atypisch Unterbeteiligten in der Unterbeteiligungsgesellschaft

31.21 Ob der Hauptbeteiligte einen Mitunternehmeranteil hält und die Unterbeteiligung ihrerseits mitunternehmerisch ausgestaltet ist, richtet sich nach den allgemeinen Kriterien für den Mitunternehmerbegriff42. Erforderlich sind eine hinreichende Mitunternehmerinitiative und die Übernahme eines Mitunternehmerrisikos (dazu Rz. 20.68 ff.). Aus der Stellung der Unterbeteiligungsgesellschaft als eigenständige Mitunternehmerschaft, die von der Hauptgesellschaft abzugrenzen ist, folgt, dass die Mit38 BFH v. 22.6.2017 – IV R 42/13, BFH/NV 2018, 265; BFH v. 1.3.2018 – IV R 15/15, BStBl. II 2018, 539; BFH v. 19.7.2018 – IV R 10/17, BFH/NV 2018, 1268 = GmbHR 2018, 1228. 39 Siehe Wendt (Vorsitzender Richter des IV. Senats des BFH) in Leingärtner, Kapitel 41, Rz. 82, (Stand EL 4/2019): Ein Nichtgesellschafter ist nur dann Mitunternehmer, wenn er den Gesellschafter nach den Maßstäben des wirtschaftlichen Eigentums gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO verdrängt. Dafür ist erforderlich, dass er an Stelle des Gesellschafters das Mitunternehmerrisiko trägt und die Mitunternehmerinitiative ausüben kann. Es ist danach jeweils abzugrenzen, ob Besteller oder Nießbraucher Mitunternehmer sind oder eine konkludente Unterbeteiligungsgesellschaft begründet wird. Vgl. aber auch Götz, FR 2019, 606 (607), der noch zweifelt, ob der IV. Senat einen abstrakten Grundsatz mit dieser Folge auch für den Nießbrauch aufstellen wollte. 40 Ebenso Stein, ZEV 2019, 131 (137). 41 Hermes, DStR 2019, 1777 ff. 42 Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Rz. 430 (Stand 8/2017); Maetz, DStR 2015, 1844 (1846).

1026 | Levedag

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.22 § 31

unternehmerstellung des Unterbeteiligten nur den Anforderungen an die Mitunternehmerinitiative und das -risiko in der Unterbeteiligungsgesellschaft genügen muss, die im Verhältnis zum Hauptbeteiligten den Rechten eines Kommanditisten gegenüber der KG vergleichbar sind43. Mitunternehmerrisiko trägt der Unterbeteiligte daher in der Regel, wenn er an dem Substanzwert des Hauptgesellschaftsanteils und damit mittelbar an der Substanz des Vermögens der Hauptgesellschaft, wenn auch nur schuldrechtlich, beteiligt ist. Erforderlich ist grundsätzlich eine mittelbare und kongruente Beteiligung des Unterbeteiligten am Geschäftswert und den stillen Reserven der Hauptgesellschaft bei Beendigung der Unterbeteiligung, in dem Umfang, den der Mitunternehmeranteil des Hauptbeteiligten diesem über den Auseinandersetzungsund Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft vermittelt44. Zudem muss er eine sein Vermögen belastende Einlage leisten (vgl. Rz. 20.79). Für die hinreichende Mitunternehmerinitiative des Unterbeteiligten ist erforderlich und ausreichend, dass dem Unterbeteiligten in der Unterbeteiligungsgesellschaft Kontrollrechte eingeräumt werden, die den gesetzlichen Kontrollrechten des stillen Gesellschafters gemäß § 233 HGB entsprechen45. Bei unterschiedlicher Ausprägung von Mitunternehmerrisiko und -initiative kann ein überdurchschnittlich ausgeprägtes Merkmal das andere Merkmal kompensieren46. Der Unterbeteiligungsgesellschaft als Innengesellschaft ist als fiktives Gesamthandsvermögen der Mitunternehmeranteil des Hauptbeteiligten zuzuordnen47. Die Unterbeteiligungsgesellschaft (und nicht der Unterbeteiligte) ist daher in der Regel – neben den anderen unmittelbar beteiligten Mitunternehmern – Mitunternehmerin

43 Siehe ebenso Krauß/Meichelbeck, DB 2015, 2114 (2116). 44 So BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/94, BFHE 178, 180 = BStBl. II 1996, 269; BFH v. 27.5.1993 – IV R 1/92, BFHE 171, 510 = BStBl. II 1994, 700; BFH v. 9.10.2001 – VIII R 77/98, BStBl. II 2002, 460; vgl. bereits Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 301. 45 Aus der älteren Rspr. siehe BFH v. 24.7.1986 – IV R 103/83, BFHE 147, 495 = BStBl. II 1987, 54; siehe auch BFH v. 18.3.1982 – I R 127/78, BFHE 135, 464 = BStBl. II 1982, 546; BFH v. 3.5.1979 – IV R 153/58, BFHE 127, 538 (541) = BStBl. II 1979, 515. Nunmehr gelten die in BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635, und BFH v. 16.12.2003 – VIII R 6/93, BFH/NV 2004, 973 aufgestellten Grundsätze; siehe auch Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Rz. 430 (Stand 8/2017). Weitergehende Anforderungen verlangt Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 302 ff.: Es genüge nicht, dass der Einfluss des Unterbeteiligten sich auf die Innengesellschaft beschränke, da das Halten des Mitunternehmeranteils allein noch keine gewerbliche Tätigkeit darstelle, dem Unterbeteiligten also keine gewerblichen Einkünfte vermitteln könne. Erst wenn der – mittelbare – Einfluss in die das Gewerbe betreibende Hauptgesellschaft hineinreiche, könne man von einer Mitunternehmerinitiative des Unterbeteiligten sprechen. 46 Zur Vertragsgestaltung der Initiativrechte des Unterbeteiligten siehe näher Hohage/Schäfer, NWB 2017, 423 (427 ff.); zur Ausgestaltung der Stimmrechte des Hauptbeteiligten vgl. Wertenbruch, NZG 2017, 81 (87). 47 Zur Anwendung der Spiegelbildmethode siehe Rz. 22.32.

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31.22

§ 31 Rz. 31.22 | Die Unterbeteiligung

der Hauptgesellschaft48. Nach zutreffender h.M. in Rechtsprechung49 und Schrifttum50 liegen daher zwei getrennte Mitunternehmerschaften vor. Diese Auffassung wird zwar kritisiert51, jedoch hat der BFH diese Würdigung zuletzt indirekt mehrfach bestätigt, indem er den atypisch stillen Gesellschafter, der sich an der eigenen Personengesellschaft als stiller Gesellschafter beteiligt hat, ebenfalls als Mitunternehmer in einer doppelstöckigen Mitunternehmerschaft betrachtet hat (siehe Rz. 22.98, 26.29). Nur in Ausnahmefällen können nach der h.M. Unterbeteiligte unmittelbare (verdeckte) Mitunternehmer der Hauptgesellschaft sein52. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Unterbeteiligte als leitender Angestellter der Hauptgesellschaft in dieser unmittelbar tätig wird53, oder wenn ihm im Unterbeteiligungsvertrag ein Weisungsrecht gegenüber dem Hauptgesellschafter eingeräumt worden ist. dd) Folgerungen aus dem Vorliegen einer doppelstöckigen Personengesellschaft

31.23 Der atypisch Unterbeteiligte erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb, weil er Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Unterbeteiligungsgesellschaft ist; dies gilt ebenso, wenn er ausnahmsweise Mitunternehmer in der Hauptbeteiligungsgesellschaft ist54. Ist der Unterbeteiligte Mitunternehmer, so sind seine Gewinnanteile in dem Jahr zu versteuern, für das der Gewinn in der Unterbeteiligungsgesellschaft ermittelt wird, ohne Rücksicht darauf, ob der Unterbeteiligte bereits über seinen Gewinnanteil verfügen kann oder nicht. Das Gleiche gilt für die Berücksichtigung von Verlusten. Über die ursprüngliche oder aufgefüllte Einlage hinaus zugewiesene Verluste unterliegen der Regelung des § 15a EStG55. Es gilt Gleiches wie bei der atypischen stillen Gesellschaft (dazu Rz. 22.69 ff.). 48 BFH v. 2.10.1997 – IV R 75/96, BFHE 184, 418 = BStBl. II 1998, 137; Maetz, DStR 2015, 1844 (1846); Krauß/Meichelbeck, DB 2015, 22114 (2116); Böwing-Schmalenbrock, FR 2012, 121 (122); Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Rz. 428 (Stand 8/2017). 49 Vgl. BFH v. 5.11.1973 – GrS 3/72, BStBl. II 1974, 414; BFH v. 29.10.1991 – VIII R 51/84, BStBl. II 1992, 512; BFH v. 2.10.1997 – IV R 75/96, BStBl. II 1998, 137; BFH v. 9.10.2001 – VIII R 77/98, BStBl. II 2002, 460; BFH v. 19.4.2007 – IV R 70/04, BStBl. II 2007, 868. 50 Siehe Maetz, DStR 2015, 1844 (1847); Böwing-Schmalenbrock, FR 2012, 121 (121); Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4d, S. 411; kritisch Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Rz. 430 (Stand: 8/2017). 51 Kritisch Schulze zur Wiesche, DB 1987, 551; ablehnend auch Gorski, DStZ 1993, 613 (619); Pickhardt-Poremba/Engelsing, DStZ 2000, 281 (285); Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Rz. 430 (Stand 8/2017). 52 Vgl. dazu BFH v. 22.1.1985 – VIII R 303/81, BFHE 143, 247 (250) = BStBl. II 1985, 363; BFH v. 23.1.1974 – I R 206/69, BFHE 112, 254 = BStBl. II 1974, 480; BFH v. 17.1.1964 – VI 319/63 U, BStBl. III 1965, 260; Märkle, DStZ 1985, 471 (475); Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5793 Nr. 11); Schulze zur Wiesche, NJW 1983, 2362 (2363); kritisch Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4d, S. 411. 53 BFH v. 23.1.1974 – I R 206/69, BFHE 112, 254 = BStBl. II 1974, 480; Schulze zur Wiesche, DB 1974, 2225. 54 BFH v. 24.7.1986 – IV R 103/83, BFHE 147, 495 = BStBl. II 1987, 54; BFH v. 3.12.1991 – IX R 155/89, BStBl. II 1992, 459 = DB 1992, 925. 55 BFH v. 18.8.1992 – VIII R 32/91, DB 1993, 617 (618); Märkle, DStZ 1985, 508 (513).

1028 | Levedag

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.25 § 31

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steht zudem ein mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligter Gesellschafter einer Personengesellschaft dem unmittelbaren Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebes einer Untergesellschaft anzusehen, wenn er und die Oberpersonengesellschaft, die seine Beteiligung vermittelt, jeweils als Mitunternehmer beteiligt sind. Ein Teil der Literatur56 und die Rechtsprechung57 wenden diese Vorschrift auch auf die atypische Unterbeteiligung an. Die gesetzliche Gleichstellung des mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligten Gesellschafters mit dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter auf Ebene einer Untergesellschaft nach dieser Vorschrift umfasst dessen Sondervergütungen sowie das Sonderbetriebsvermögen I und das Sonderbetriebsvermögen II bei der Untergesellschaft58. Auf die Unterbeteiligung am Anteil an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft (§ 39 Abs. 2 AO) mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung überträgt der BFH die auf atypische Unterbeteiligungen an Personengesellschaften mit Einkünften aus Gewerbebetrieb angewandten Grundsätze nicht59. Eine Zurechnung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auf der Grundlage eines auf das Innenverhältnis beschränkten mitunternehmerschaftsähnlichen Verhältnisses kommt danach nicht in Betracht. Der Unterbeteiligte kann nur Einkünfte gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielen, wenn er statt des Hauptbeteiligten (Bruchteilseigentümers) den Tatbestand der Einkünfteerzielung verwirklicht. Das ist regelmäßig nur der Fall, wenn er nach außen als Vermieter oder Verpächter auftritt und selbst Träger der Rechte und Pflichten aus dem Miet- oder Pachtverhältnis ist60.

31.24

frei

31.25

56 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 365, 623; Böwing-Schmalenbrock, FR 2012, 120 (122); vgl. auch Märkle, StbJb 1991/92, 247 (281 f.); a.A. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 11 IV 5a, S. 469; Seer, StuW 1992, 35 (44); Gorski, DStZ 1993, 613 (619); Biergans, DStR 1988, 655 (658); vgl. auch die Kritik bei Schmidt, StuW 1988, 245 (249). 57 BFH v. 2.10.1997 – IV R 75/96, BFHE 184, 418 = BStBl. II 1998, 137 = DStR 1998, 203; ausdrücklich noch offengelassen in BFH v. 2.3.1995 – IV R 135/92, BFHE 177, 198 (200) = BStBl. II 1995, 531. Streitig ist, ob auf dieser Grundlage eine atypische Unterbeteiligung im Wege eines Formwechsels steuerneutral in eine Hauptbeteiligung umgewandelt werden kann, vgl. Bürkle/Schaumburg, DStR 1998, 558; Ottersbach, FR 1999, 201 (204); verneinend Böwing-Schmalenbrock, FR 2012, 120 (123 f.); Maetz, DStR 2015, 1844 (1850 f.). 58 BFH v. 12.10.2016 – I R 92/12, DStR 2017, 589 = GmbHR 2017, 425; BFH v. 30.11.2017 – IV R 33/14, DStR 2018, 341 = GmbHR 2018, 318. 59 BFH v. 3.12.1991 – IX R 155/89, BStBl. II 1992, 459 = DB 1992, 925; BFH v. 17.12.1996 – IX R 30/94, BFHE 182, 170 = BStBl. II 1997, 406; Bärwaldt in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 15 Rz. 71 f. 60 BFH v. 3.12.1991 – IX R 155/89, BStBl. II 1992, 459 = DB 1992, 925; BFH v. 17.12.1996 – IX R 30/94, BFHE 182, 170 = BStBl. II 1997, 406; kritisch Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4d, S. 412; Pickhardt-Poremb/Engelsing, DStZ 2000, 281.

Levedag | 1029

§ 31 Rz. 31.26 | Die Unterbeteiligung

b) Einräumung, Auflösung und Veräußerung der Unterbeteiligung

31.26 Bei der entgeltlichen Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung finden die Grundsätze für die Aufnahme eines Mitunternehmers gegen Einlage in das Gesamthandsvermögen entsprechende Anwendung. Der Vorgang ist als Einbringung des Mitunternehmeranteils des Hauptbeteiligten in die Unterbeteiligungsgesellschaft gemäß § 24 UmwStG teilweise für eigene und teilweise für fremde Rechnung (des Unterbeteiligten) zu beurteilen61. Siehe hierzu näher Rz. 26.15. Die unentgeltliche Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung führt – ähnlich der unentgeltlichen Aufnahme in ein Einzelunternehmen – zu einer Einbringung des Mitunternehmeranteils des Hauptbeteiligten in die Unterbeteiligungsgesellschaft für eigene und für fremde Rechnung. Soweit diese Einbringung für eigene Rechnung des Hauptbeteiligten erfolgt, kann § 24 UmwStG Anwendung finden, soweit der Unterbeteiligte an der Unterbeteiligungsgesellschaft beteiligt wird, findet § 6 Abs. 3 EStG Anwendung62. Damit die entgeltliche und unentgeltliche Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung ohne Aufdeckung stiller Reserven erfolgen können, muss die Unterbeteiligungsgesellschaft nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG beantragen, die Buchwerte fortzuführen und die durch den Mitunternehmeranteil des Hauptbeteiligten repräsentierten Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz des Einbringungsjahres mit den Buchwerten ausweisen. Siehe näher hierzu Rz. 26.5 ff., 26.19. 31.27 Die Beendigung einer mitunternehmerischen Unterbeteiligung durch Ausscheiden des Unterbeteiligten und Auflösung der zweigliedrigen Unterbeteiligungsgesellschaft gegen eine Barabfindung stellt für den Unterbeteiligten die Veräußerung seines ganzen Mitunternehmeranteils i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG an der Unterbeteiligungsgesellschaft an den Hauptbeteiligten dar. Der Veräußerungsgewinn des Unterbeteiligten kann nach § 16 Abs. 4 EStG und § 34 EStG begünstigt sein (Rz. 22.145 ff.). Dem Hauptbeteiligten entstehen i.H. der gezahlten Abfindung nachträgliche Anschaffungskosten auf die Wirtschaftsgüter der Hauptgesellschaft, die ihm aufgrund seines Anteils ideell zuzurechnen sind (siehe Rz. 22.132, 26.44). Die Buchwerte der Wirtschaftsgüter in der Gesamthandsbilanz der Hauptgesellschaft sind in einer positiven Ergänzungsbilanz des Hauptbeteiligten aufzustocken (siehe Rz. 26.44)63. 31.28 Die Veräußerung der mitunternehmerischen Unterbeteiligung an einen Dritten hat für den Unterbeteiligten steuerlich die gleichen Folgen wie das Ausscheiden gegen eine Barabfindung, durch die es zur Auflösung der zweigliedrigen Unterbeteiligungsgesellschaft kommt. Die Veräußerung des Mitunternehmeranteils des Unterbeteiligten ist in diesem Fall gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerpflichtig. Es kann ein Veräußerungsgewinn oder -verlust entstehen (§ 16 Abs. 2 EStG). Die Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder -verlustes (§ 16 Abs. 2 Satz 1 und 2 i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 61 Zur Aufnahme eines Hinzutretenden gegen Einlage als Anwendungsfall des § 24 UmwStG siehe Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 562; BMF v. 11.11.2011 (UmwStE), BStBl. I 2011, 1314, Tz. 1.47; zutreffend für die Unterbeteiligung Maetz, DStR 2015, 1844 (1847). 62 Siehe zur parallelen Anwendung dieser Regelungen BFH v. 18.9.2013 – X R 42/10, BFHE 242, 489; ebenso Maetz, DStR 2015, 1844 (1847); a.A. BMF v. 11.11.2011 – (UmwStE), BStBl. I 2011, 1314, Rz. 01.47, letzter Satz. 63 Zum Fall der geheim gehaltenen Unterbeteiligung siehe Märkle, DStZ 1985, 533 (535).

1030 | Levedag

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.29 § 31

Abs. 1 EStG) und die Abgrenzung des laufenden Gewinns bis zum Ausscheiden/zur Veräußerung erfordern rechtlich nicht, eine Abschichtungsbilanz der Unterbeteiligungsgesellschaft auf den relevanten Stichtag aufzustellen. Einbringung: Bringt der Unterbeteiligte einen Mitunternehmeranteil an der Unterbeteiligungsgesellschaft entweder isoliert oder zusammen mit dem Hauptbeteiligten neben dem Anteil, an dem die Unterbeteiligung besteht, gegen Gewährung neuer Anteile in eine Kapitalgesellschaft ein, so kommt § 20 Abs. 1 UmwStG zur Anwendung und es erlischt die bisherige Unterbeteiligung. Werden nur dem Hauptbeteiligten neue Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft gewährt, so erlischt die Unterbeteiligung oder wandelt sich zwingend in eine typische Unterbeteiligung um und es kommt in der Folge zur Realisierung eines Aufgabegewinns des Unterbeteiligten (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG)64. Die Umwandlung einer Unterbeteiligung in eine unmittelbare Beteiligung an der Hauptgesellschaft stellt sich als Auflösung der doppelstöckigen Struktur mit der Unterbeteiligungsgesellschaft als Obergesellschaft und der Hauptbeteiligungsgesellschaft als Untergesellschaft dar. Als Rechtsgrundlagen für den Auflösungsvorgang werden die Auflösung der Unterbeteiligungsgesellschaft im Wege der Aufgabe des Mitunternehmeranteils samt Realteilung (§ 16 Abs. 3 Satz 1 und 2 ff. EStG) oder ein Formwechsel diskutiert65. Anders als bei der Umwandlung einer atypisch stillen Beteiligung an einer Außen-Personengesellschaft in eine unmittelbare Beteiligung an der Hauptgesellschaft kann in diesem Fall keine Einbringung des Mitunternehmeranteils an der Untergesellschaft in die Hauptgesellschaft mit einer ertragsteuerlich anzunehmenden „Anwachsung“ der Untergesellschaft auf die Obergesellschaft erfolgen (Rz. 26.99). Vielmehr muss aus dem Mitunternehmeranteil des Hauptgesellschafters, der fiktives Gesamthandsvermögen der Untergesellschaft ist, „ein Teil herausgelöst“ und zu einer unmittelbaren Beteiligung des Unterbeteiligten an der Hauptgesellschaft werden. Dies setzt auch nach hier vertretener Meinung voraus, dass der Unterbeteiligte seinen Mitunternehmeranteil aufgibt und hierfür aus dem „fiktiven Gesamthandsvermögen“ der Unterbeteiligungsgesellschaft eine Sachwertabfindung in Form eines Teils des Mitunternehmeranteils des Hauptgesellschafters erhält. Eine sog. echte Realteilung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG ermöglicht grundsätzlich auch die steuerneutrale Zuteilung eines (Teil-)Mitunternehmeranteils als Abfindungsgut im Zuge der Auflösung der Mitunternehmerschaft66. Nicht in Betracht kommt meines Erachtens hingegen die

64 Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG, Rz. 98 m.w.N.; siehe aber auch Schindhelm/Pickhard-Poremba/Hilling, DStR 2003, 1469 (1473) zum Fortbestand der Unterbeteiligung bei Einbringung nur der Hauptbeteiligung in eine andere Kapitalgesellschaft. 65 Böwing-Schmalenbrock, FR 2012, 121 (122 f.); Maetz, DStR 2015, 1844 (1851 f.) vgl. auch Bürkle/Schaumburg, DStR 1998, 558; Ottersbach, FR 1999, 201 (204). 66 Siehe BFH v. 17.9.2015 – III R 49/13, BFHE 252, 17 = GmbHR 2016, 370 m. Anm. Levedag; BFH v. 16.3.2017 – IV R 31/14, BFHE 257, 292 = BStBl. II 2019, 24; BFH v. 30.3.2017 – IV R 11/15, BFHE 257, 324 = BStBl. II 2019, 29 und Rz. 26.74; zutreffend BöwingSchmalenbrock, FR 2012, 121 (122 f.); Maetz, DStR 2015, 1844 (1851 f.).

Levedag | 1031

31.29

§ 31 Rz. 31.29 | Die Unterbeteiligung

Annahme eines steuerneutralen Formwechsels, wenn im Ausgangspunkt eine doppelstöckige Struktur besteht, da gerade keine ununterbrochene Beteiligung an derselben Mitunternehmerschaft gegeben ist (siehe auch Rz. 26.51)67. Nur wenn ausnahmsweise eine unmittelbare Mitunternehmerstellung des Unterbeteiligten in der Hauptbeteiligungsgesellschaft vorliegt, kann die Umwandlung der Unter- in eine Direktbeteiligung als steuerneutraler Formwechsel nach den unter Rz. 26.51 dargestellten Rechtsprechungsgrundsätzen erfolgen68. c) Gesonderte und einheitliche Feststellungen der Einkünfte von Haupt- und Unterbeteiligungsgesellschaft

31.30 Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 5.11.197369 sind die Einkünfte aus der Unterbeteiligungsgesellschaft gemäß §§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert und einheitlich festzustellen; insbesondere ist über die Frage, ob eine atypische Unterbeteiligung am Mitunternehmeranteil des Gesellschafters einer Personengesellschaft besteht und wie hoch der Anteil des Unterbeteiligten ist, in dem eigenständigen gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren für die Unterbeteiligungsgesellschaft zu entscheiden. Es handelt sich im Verhältnis zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung der Hauptgesellschaft um eine verfahrensrechtlich selbständige Gewinnfeststellung.70 Gemäß § 179 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Satz 2 AO kann für den Fall, dass eine der an der Feststellung beteiligten Personen, denen der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist, an diesem Gegenstand nur über eine andere Person beteiligt ist, insoweit eine besondere gesonderte Feststellung vorgenommen werden. Daraus ergibt sich für die in § 179 Abs. 2 Satz 3 AO angesprochenen Fälle im Umkehrschluss, dass grundsätzlich keine besondere gesonderte und einheitliche Feststellung für die Unterbeteiligungsgesellschaft vorgenommen werden muss, sondern ein gesonderter und einheitlicher Feststellungsbescheid ergehen darf, indem sowohl die Einkünfte der Hauptgesellschaft samt Verteilung auf die unmittelbaren Mitunternehmer (den Hauptbeteiligten) als auch die Einkünfte der Unterbeteiligungsgesellschaft mit deren Feststellungsbeteiligten aufgenommen werden dürfen71. Es handelt sich in dieser Variante um ein zweistufiges gesondertes und einheitliches Gewinnfeststellungsverfahren in einem zusammengefassten Feststellungsbescheid; die Feststellung der Einkünfte der Hauptgesellschaft wird mit der verfahrensrechtlich eigenständigen gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Unterbeteiligungsgesellschaft verbunden (sog. offene

67 A.A. Krauß/Meichelbeck, DB 2015, 2114 (2116); Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 422; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 24 UmwStG, Rz. 31. 68 Böwing-Schmalenbrock, FR 2012, 121 (122 f.); Maetz, DStR 2015, 1844 (1850 f.), beide m.w.N. aus dem Schrifttum. 69 BFH v. 5.11.1973 – GrS 3/72, BFHE 112, 1 = BStBl. II 1974, 414. 70 Brandis in Tipke/Kruse, § 179 AO Rz. 16 ff.; Steinhauff in HHSp, § 48 FGO, Rz. 221. 71 BFH v. 2.3.1995 – IV R 135/92, BFHE 177, 198 = BStBl. II 1995, 531; BFH v. 21.10.2015 – IV R 43/12, BFHE 252, 193 = BStBl. II 2016, 517.

1032 | Levedag

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.33 § 31

atypische Unterbeteiligung)72. Den Beteiligten (Hauptgesellschaft, deren Gesellschafter sowie des Unterbeteiligten) steht ein Wahlrecht zu73. Durch § 179 Abs. 2 Satz 3 AO soll für mittelbare Beteiligungen am Feststellungsgegenstand wie im Fall des atypisch Unterbeteiligten am Mitunternehmeranteil des Hauptbeteiligten aber auch den berechtigten Interessen des betroffenen Feststellungsbeteiligten (hier: des Hauptbeteiligten) an der Nichtaufdeckung der mittelbaren Beteiligung Rechnung getragen werden. Es darf nur dann ein zusammengefasster Feststellungsbescheid erlassen werden, wenn alle Beteiligten damit einverstanden sind74. Die Gesellschafter der Hauptgesellschaft müssen ihr Einverständnis oder ihre Ablehnung im Namen der Hauptgesellschaft einheitlich äußern. Insoweit kommt es auf die gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen über die gesellschaftsinterne Willensbildung an. Fehlt das Einverständnis (Fall der verdeckten atypischen Unterbeteiligung), sind zwei getrennte gesonderte und einheitliche Feststellungsbescheide zu erlassen. In der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Unterbeteiligungsgesellschaft wird der Gewinn- oder Verlustanteil des Hauptgesellschafters, wie er sich aus den Feststellungen bei der Hauptgesellschaft ergibt, zugrunde gelegt. Daneben sind für den Unterbeteiligten regelmäßig Feststellungen über dessen Sondervergütungen zu treffen. Zuständig für die gesonderte Feststellung ist in der Regel das Sitz- oder Wohnsitzfinanzamt des Hauptbeteiligten als Geschäftsführer der Innengesellschaft75. Auch über etwaige Veräußerungsgewinne bzw. Veräußerungsverluste gemäß § 16 EStG ist im einheitlichen und gesonderten Feststellungsverfahren für die Unterbeteiligungsgesellschaft zu entscheiden76.

31.31

frei

31.32

3. Besonderheiten der Unterbeteiligung im Familienverband a) Grundlagen Für Unterbeteiligungsgesellschaften zwischen Familienangehörigen gelten wie bei der typisch und atypisch stillen Beteiligung die besonderen steuerlichen Anerken-

72 Vgl. Brandis in Tipke/Kruse, § 179 AO Rz. 15; Märkle, DStZ 1985, 508 (512). 73 Brandis in Tipke/Kruse, § 179 AO Rz. 17; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 158; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5796 Nr. 28); Märkle, DStZ 1985, 508 (512); siehe auch BFH v. 24.5.1977 – IV R 47/76, BFHE 122, 400 = BStBl. II 1977, 737 (741); FG des Saarlandes v. 29.10.2018 – 1 K 1251/15, EFG 2019, 1298. 74 BFH v. 2.3.1995 – IV R 135/92, BFHE 177, 198 = BStBl. II 1995, 531; FG Berlin-Brandenburg v. 13.10.2009 – 6 K 8194/06 B, EFG 2010, 290 zur Unterbeteiligungsgesellschaft in der Liquidation; Brandis in Tipke/Kruse, § 179 AO Rz. 15. A.A. anscheinend Märkle, DStZ 1985, 508 (512); Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5796 Nr. 28); da es um Geheimhaltungsinteressen innerhalb der beiden Feststellungsbereiche geht, kann der Auffassung, die das Einverständnis nur eines der Beteiligten ausreichen lässt, nicht gefolgt werden, weil so das Geheimhaltungsinteresse nicht wirksam geschützt werden kann. 75 Märkle, DStZ 1985, 508 (513); Schulze zur Wiesche, NJW 1983, 2362 (2364), der ein Berechnungsbeispiel gibt. 76 BFH v. 12.6.1975 – IV R 10/72, BFHE 116, 341 = BStBl. II 1975, 853 (854).

Levedag | 1033

31.33

§ 31 Rz. 31.33 | Die Unterbeteiligung

nungsvoraussetzungen und bei gewünschter atypischer Unterbeteiligung auch die Anforderungen des Mitunternehmerbegriffs (siehe dazu Rz. 21.7 f.). Hier wie dort geht es darum, den Anwendungsbereich von § 12 Nr. 2 EStG zu konkretisieren und nichtabzugsfähige Unterhaltsleistungen, die nur in das Gewand einer gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilung gekleidet werden und vom Hauptbeteiligten als Werbungskosten oder (Sonder-)Betriebsausgaben abgezogen werden sollen, von fremdüblichen Gesellschaftsverhältnissen unter Angehörigen abzugrenzen. b) Die steuerliche Anerkennung der Unterbeteiligungsgesellschaft aa) Anerkennung nach dem Fremdvergleichsmaßstab

31.34 Der BFH sieht in seiner neueren Rechtsprechung zur Anerkennung von Angehörigenverträgen die zivilrechtliche Wirksamkeit der Vereinbarung nicht mehr als eine unabdingbare Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses von Beginn an, wenn der Wirksamkeitsmangel den Beteiligten nicht anzulasten war und unverzüglich nach Erkennen der Unwirksamkeit beseitigt wird (siehe ausführlich Rz. 21.14 ff.)77. Die Nichtbeachtung der zivilrechtlich notwendigen Form stellt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung ebenfalls nur noch ein starkes Beweisanzeichen dar78. In der Regel kann den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften angelastet werden, wenn sich diese schon aus dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften des BGB ergeben79. 31.35 Im Zusammenhang mit einer Unterbeteiligung zwischen nahen Angehörigen hat der BFH entschieden, bei solchen Verträgen beurteile sich die Frage, ob der Mangel der zivilrechtlichen Form als Beweisanzeichen den Vertragsparteien anzulasten sei, nach der Eigenqualifikation des Rechtsverhältnisses durch die Parteien80. Der IX. Senat erweitert im zitierten Urteil die bisherige Rechtsprechungslinie für den Fall, dass die Beteiligten zivilrechtlich von einem anderen Rechtsgeschäft (Vertragstypus) und dessen formalen Anforderungen ausgehen als es objektiv abgeschlossen wurde (laut BFH: Unterbeteiligung). Da sowohl die dort tatsächlich vereinbarte Unterbeteiligung als auch die aus Sicht der Angehörigen geschlossene Treuhandvereinbarung über eine Kapitalgesellschaftsbeteiligung hätten notariell beurkundet werden müssen und die Formunwirksamkeit nur ein Indiz für den fehlenden Rechtsbindungswillen ist, hat der BFH entschieden, es spreche gegen den Rechtsbindungswillen, wenn die Beteiligten selbst meinten, eine Treuhandvereinbarung abzuschließen (sog. Eigenqualifikati77 BVerfG v. 7.11.1995 – 2 BvR 802/90, BStBl. II 1996, 34. 78 Nach der älteren Rechtsprechung war erste Bedingung für die steuerrechtliche Anerkennung wie bei der stillen Gesellschaft die zivilrechtlich wirksame Gestaltung der Vereinbarungen, insbesondere also die Beachtung der Formvorschriften. Darüber hinaus müssen die Regelungen des jeweiligen Vertrages dem Fremdvergleich hinsichtlich des Inhalts und der Durchführung des Vereinbarten standhalten (siehe ausführlich Rz. 21.7 ff.). 79 BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, DStR 1999, 938 (939); BFH v. 7.6.2006 – IXR 4/04, DStRE 2006, 1372; BFH v. 22.2.2007 – IX R 45/06, DStR 2007, 986 (987); BFH v. 23.4.2009 – IV R 24/08, BFH/NV 2009, 1427; BFH v. 12.5.2009 – IX R 46/08, BFHE 225, 112 = BStBl. II 2011, 24. 80 BFH v. 11.5.2010 – IX R 19/09, BFHE 229, 301, BStBl. II 2010, 823.

1034 | Levedag

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.38 § 31

on des Rechtsverhältnisses) und dies formlos machen, obwohl sich ihnen der Formmangel für dieses Rechtsverhältnis hätte aufdrängen müssen. Kann den Vertragsparteien auf Grundlage ihrer unzutreffenden Einordnung des Vertragstypus die zivilrechtliche Formunwirksamkeit angelastet werden (bei klarer Zivilrechtslage oder weil sie selbst fehlerhaft von einer Formpflicht ausgehen, diese aber bewusst nicht beachten), liegt ein starkes Indiz gegen den Rechtsbindungswillen der Angehörigen vor. Geklärt ist durch die Rechtsprechung des BFH81 und des BGH82 mittlerweile auch, dass die unentgeltliche Zuwendung einer Unterbeteiligung bei fehlender notarieller Beurkundung der Übertragung der Einlageforderung (sog. Umbuchungsfall) mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags i.S. der § 518 Abs. 2, § 2301 BGB vollzogen wird (näher Rz. 21.53; 30.31 ff. auch zur Gründung der Unterbeteiligungsgesellschaft mit Minderjährigen). Die schenkweise Einräumung der Unterbeteiligung steht nach der Rechtsprechung des BFH83 und der Praxis der Finanzverwaltung84 der steuerlichen Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses ferner jedenfalls dann nicht entgegen, wenn eine Beteiligung des Unterbeteiligten am Verlust vereinbart oder die Unterbeteiligung mitunternehmerisch ausgestaltet ist85.

31.36

Die Rechtsprechung hat auf Grundlage der Fremdvergleichsprüfung folgende Gestaltungen der Unterbeteiligung nicht anerkannt (siehe auch Rz. 20.70 ff. und 21.46 ff.)86: Eine Unterbeteiligung von Kindern ist nicht anzuerkennen, wenn diese das Gesellschaftsverhältnis zu Lebzeiten des Vaters nur mit Zustimmung eines vom Vater ernannten Dritten kündigen können und die Auszahlung der ihnen gutgeschriebenen Gewinnanteile ebenfalls nur mit Zustimmung des Dritten entnehmen können87. Hier fehlt es an der erforderlichen Verfügungsmacht der Kinder an den zugewiesenen Gewinnanteilen.

31.37

Räumt eine Mutter ihren Kindern an einem Kommanditanteil schenkweise je eine typische Unterbeteiligung ein, behält sie sich aber das Recht vor, jederzeit eine unentgeltliche Rückübertragung der Kapitalanteile ihrer Kinder verlangen zu können, ist die Vereinbarung dem Inhalt nach nicht fremdüblich. Die Gewinngutschriften für die Unterbeteiligungen führen bei der Mutter nicht zu Sonderbetriebsausgaben, sondern zu nichtabzugsfähigen Zuwendungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG88.

31.38

81 BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, BFHE 246, 349 zur Einräumung einer stillen Beteiligung. 82 BGH v. 29.11.2011 – II ZR 306/09, BGHZ 191, 354 zur Einräumung einer Unterbeteiligung. Siehe dazu Strnad, ZEV 2012, 394; Blaurock, NZG 2012, 521; Demuth, BeSt 2017, 2. 83 BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635; BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/94, BFHE 178, 180 = BStBl. II 1996, 269; BFH v. 21.2.1991 – IV R 35/89, BFHE 164, 238 = BStBl. II 1995, 449. 84 BMF v. 16.8.1993 – IV B 2 - S 2144 – 53/93, BStBl. I 1992, 729 = FR 1993, 617. 85 Zur stillen Gesellschaft, bei der die Verlustbeteiligung ausgeschlossen ist, siehe Rz. 21.54 ff. 86 Siehe BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, BFHE 246, 349; auch Werner, ZEV 2015, 194 (197 ff.); Kühne/Rehm, NZG 2013, 561 (565 f.). 87 BFH v. 20.2.1975 – IV R 62/74, BFHE 115, 232 = BStBl. II 1975, 569. 88 BFH v. 18.7.1974 – IV B 34/74, BFHE 113, 226 = BStBl. II 1974, 740; BFH v. 8.8.1974 – IV R 101/73, BFHE 113, 361 = BStBl. II 1975, 34.

Levedag | 1035

§ 31 Rz. 31.39 | Die Unterbeteiligung

31.39 Weitere Gesichtspunkte, die gegen eine Anerkennung der Unterbeteiligung sprechen können, sind eine von vornherein vereinbarte Befristung der Beteiligtenstellung89. Die steuerrechtliche Anerkennung einer zwischen Mutter und Kindern vereinbarten Unterbeteiligungsgesellschaft kann etwa daran scheitern, dass die Gesellschaft von vornherein so befristet vereinbart wird, dass die schenkweise bedachten Kinder bei Beendigung der Unterbeteiligung noch minderjährig sind und zudem der Vertrag hinsichtlich der Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz nicht vollzogen wird bzw. die Unterbeteiligten unter dem Buchwert ihres Kapitalkontos abzufinden sind.90 31.40 Eine Rückfallklausel, nach der die Unterbeteiligung ersatzlos an den Vater als Hauptbeteiligten zurückfällt, wenn das Kind vorverstirbt und keine leiblichen ehelichen Abkömmliche hinterlässt, steht der steuerrechtlichen Anerkennung der Unterbeteiligung nicht entgegen91. Problematisch kann aber eine Regelung sein, nach der die Erben des Unterbeteiligten nicht in die Gesellschafterstellung nachrücken dürfen und auch keine Abfindung erhalten92. 31.41 Ferner hat der BFH auch eine Bestimmung für die steuerliche Anerkennung als hinderlich angesehen, nach der die Beteiligung bei Tod des Unterbeteiligten nur auf Abkömmlinge, Geschwister oder Elternteile übergehen soll, im Übrigen aber die Erben weder nachfolgen noch Ausgleich erhalten können93. Diese Entscheidung darf nicht unter dem Gesichtspunkt als kritisch angesehen werden, dass die Vereinbarung allein darauf abzielt, die Unterbeteiligung im engeren Familienkreis zu halten, wenn im Übrigen aber an der Fremdüblichkeit der Vereinbarung kein Zweifel besteht. Ebenso sind Bestimmungen fremdüblich, nach der eine von den Eltern den Kindern geschenkte Unterbeteiligung mit der Auflage versehen wird, gegen eine Nachfolge des Ehepartners aufgrund Erbrechts Vorsorge zu treffen94. Kritisch ist aber eine Scheidungsklausel, nach der eine vom Ehemann der Ehefrau (oder umgekehrt) geschenkte Unterbeteiligung für den Fall der Scheidung zurückgefordert werden kann95.

89 BFH v. 29.1.1976 – IV R 73/73, BFHE 118, 189 = BStBl. II 1976, 324 (für die KG); Schleswig-Holsteinisches FG v. 17.12.2015 – 6 K 58/12, EFG 2016, 618 m. Anm. Sorge. 90 Schleswig-Holsteinisches FG v. 17.12.2015 – 6 K 58/12, EFG 2016, 618 m. Anm. Sorge; siehe auch Oppel, ZEV 2016, 594. 91 BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635, LS 2. 92 Hessisches FG v. 1.12.1977 – VIII 93/74, EFG 1978, 427 (428). 93 BFH v. 3.5.1979 – IV R 153/78, BFHE 127, 538 = BStBl. II 1979, 515 (518); dazu Felix, KÖSDI 1987, 6918 (6927). 94 Z.B. durch ein Vermächtnis zugunsten der Eltern. Ein unbedingtes Rückforderungsrecht erscheint dagegen problematisch, da es über das Ziel, die Beteiligung bei einer bestimmten Person zu belassen, hinausschießt; vgl. zum Ganzen Märkle, DStZ 1985, 471 (478); Felix, KÖSDI 1987, 6918 (6927). 95 Im Ergebnis ebenso Felix, KÖSDI 1987, 6918 (6927), der auch zutreffend darauf hinweist, dass es sich letztlich um einen – personellen – wichtigen Kündigungsgrund handelt; a.A. Märkle, DStZ 1985, 471 (478).

1036 | Levedag

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.46 § 31

bb) Geltung der allgemeinen Anforderungen des Mitunternehmerbegriffs und der Rechtsfolgen aus der Mitunternehmerstellung Auch bei Angehörigen ist die Stellung als Mitunternehmer nach den allgemeinen Anforderungen des Mitunternehmerbegriffs zu beurteilen. Der Angehörige muss Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten können. Eine Mitunternehmerschaft liegt unabhängig von den Wertungen des Fremdvergleichs mangels Mitunternehmerrisikos regelmäßig nicht vor, wenn der Hauptbeteiligte das Recht hat, den Unterbeteiligten jederzeit zum Buchwert aus der Unterbeteiligungsgesellschaft hinauszukündigen oder eine Befristung der Gesellschafterstellung existiert. Für die Mitunternehmerinitiative kommt es darauf an, ob dem Unterbeteiligten im Verhältnis zum Hauptbeteiligungsgesellschafter im Innenverhältnis annähernd die Rechte eines Kommanditisten zustehen.

31.42

Die Annahme einer Mitunternehmerschaft kann sich auch als Gestaltungshindernis darstellen. Bei der Unterbeteiligung von Nachkommen, die im Betrieb der Eltern beschäftigt sind und als voraussichtliche Nachfolger der Hauptbeteiligten in der Gesellschaft als leitende Angestellte tätig sind, kann es aufgrund einer Gesamtbetrachtung zur Annahme einer (verdeckten) Mitunternehmerstellung kommen. Obwohl keine Beteiligung am Vermögen und an den stillen Reserven und damit das Mitunternehmerrisiko in einer abgeschwächten Form vorlag, beurteilte der BFH die Unterbeteiligung als Mitunternehmerschaft, so dass die Gehälter der Kinder bei diesen als Sondervergütungen bei der Unterbeteiligungsgesellschaft zu erfassen waren96.

31.43

Räumen alle miteinander verwandten Gesellschafter einer OHG je einem ihrer Kinder gleichzeitig und gleichmäßig einen Anteil an ihren Geschäftsanteilen ein, so kann dadurch eine mehrgliedrige Mitunternehmerschaft (Unterbeteiligungsgesellschaft) begründet werden (siehe auch Rz. 30.20), auch wenn nach dem Wortlaut des Vertrags die Kinder nur jeweils einzeln als „Unterbeteiligte“ am Gesellschaftsanteil ihrer Väter bezeichnet werden97. Ob eine Mitunternehmerschaft entsteht, muss auch hier – wie immer – nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beurteilt werden.

31.44

Kommt eine atypische Unterbeteiligung nicht in Betracht, so ist eine Einordnung als typische Unterbeteiligung grundsätzlich möglich. Dies setzt aber voraus, dass dem Gesellschafter wenigstens annäherungsweise die Rechte zustehen, die einem stillen Gesellschafter nach den §§ 230 ff. HGB zukommen98. Die typische Unterbeteiligung stellt keinen Auffangtatbestand dar, der ohne Weiteres eingreift, wenn eine gewollte steuerliche Mitunternehmerschaft von den Finanzbehörden nicht anerkannt wird.

31.45

Veräußert jemand eine mitunternehmerische Unterbeteiligung unter Realisation eines Veräußerungsverlusts gemäß § 16 Abs. 2 EStG (z.B. an Angehörige), trifft ihn für die betriebliche Veranlassung des Verlusts eine erhöhte Darlegungslast dafür, dass das

31.46

96 BFH v. 17.11.1964 – VI 319/63, BFHE 82, 35 = BStBl. III 1965, 260; kritisch dazu Düchting, BB 1965, 783. 97 BFH v. 17.11.1964 – VI 319/63, BFHE 82, 35 = BStBl. III 1965, 260. 98 BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/94, BFHE 178, 180 = BStBl. II 1996, 269.

Levedag | 1037

§ 31 Rz. 31.46 | Die Unterbeteiligung

Veräußerungsentgelt fremdüblich war und er nicht aufgrund der persönlichen Beziehung zum Erwerber auf Einnahmen verzichtet hat99.

31.47 frei c) Die Anerkennung der Gewinnbeteiligung

31.48 Bei einer Familiengesellschaft in Form einer Unterbeteiligung gelten nach der Rechtsprechung für die Prüfung der Angemessenheit des Gewinnanteils des Unterbeteiligten die für die stille Gesellschaft entwickelten Rechtsgrundsätze entsprechend100. Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter Rz. 21.65 ff. verwiesen. 31.49 Da sich im Falle einer atypischen Unterbeteiligung die obligatorischen Rechte des Unterbeteiligten auch auf den Anteil des Hauptgesellschafters an den stillen Reserven der Hauptgesellschaft beziehen müssen, ist bei der Prüfung der Angemessenheit der Gewinnbeteiligung von einem Gesamtwert auszugehen, der sich aus dem Wert der obligatorischen Rechte des Unterbeteiligten ergibt101. 31.50 Unter teilweiser Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung hat der BFH entschieden, dass bei einer mitunternehmerischen Unterbeteiligung an einem Kommanditanteil für die Korrektur einer Gewinnbeteiligung kein Raum besteht, wenn die Hauptgesellschafter fremde Dritte sind102. Unter dieser Voraussetzung kann die Gewinnbeteiligung bei einer geschenkten Unterbeteiligung steuerlich auch dann anzuerkennen sein, wenn sie im Einzelfall zu einem Gewinn des unterbeteiligten Familienangehörigen führt, der 15 % des Wertes der Unterbeteiligung übersteigt. 31.51 Zur Begründung führt der VIII. Senat des BFH aus, bei einer Fremd-KG diene der auf den Kommanditisten (Hauptbeteiligten) entfallende Gewinnanteil in der Regel dazu, dessen Beitrag zur Erreichung des Gesellschaftszwecks abzugelten. In diesem Fall habe die quotale Gewinnbeteiligung des atypisch unterbeteiligten Angehörigen zur Folge, dass die jeweiligen Kapitalbeiträge ihrem Gewicht entsprechend vergütet würden. Bestehe der jeweilige Gesellschafterbeitrag lediglich in der Überlassung des Haftkapitals zu den gleichen Bedingungen und bei identischem Risiko, sei es evident, dass eine quotale Gewinnbeteiligung auf der Gesellschafterstellung beruhe, weil sie dem Gewicht des jeweiligen Beitrages entspricht.

99 BFH v. 12.6.1975 – IV R 10/72, BFHE 116, 341 = BStBl. II 1975, 853 (855 f.); siehe zu § 17 EStG BFH v. 8.4.2014 – IX R 4/13, BFH/NV 2014, 1201. 100 BFH v. 29.3.1973 – IV R 56/70, BFHE 109, 328 = BStBl. II 1973, 650; siehe auch Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3521, I 3523 (Stand 3/2016) zur Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil. 101 BFH v. 26.6.1974 – I R 206/67, BFHE 113, 103 = BStBl. II 1974, 676; BFH v. 9.10.2001 – VIII R 77/98, BFHE 197, 43 = BStBl. II 2002, 460 = DStR 2001, 2108. 102 BFH v. 9.10.2001 – VIII R 77/98, BFHE 197, 43 = BStBl. II 2002, 460 = DStR 2001, 2108.

1038 | Levedag

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.53 § 31

4. Besonderheiten bei der Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil a) Erscheinungsformen und Einsatzfelder Neben der vorweggenommenen Erbfolge, dem „Familiensplitting“ von Einkünften und dem Unterbeteiligungsvermächtnis103 zählen zu den Einsatzfeldern von typischen und atypischen Unterbeteiligungen an Kapitalgesellschaftsanteilen unter anderem Managementbeteiligungen in Private Equity Strukturen104. Denkbar sind in diesem Zusammenhang auch Unter-Unterbeteiligungsverhältnisse105. Abgrenzungsfragen stellen sich zum Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen106 und zur sog. Quotentreuhand an einem Gesellschaftsanteil107.

31.52

Die atypische Unterbeteiligung an einem Kapitalgesellschaftsanteil führt zu wirtschaftlichem Eigentum des Unterbeteiligten an dem Kapitalgesellschaftsanteil. Er erzielt als Anteilseigner (§ 20 Abs. 5 EStG) originär sowohl laufende Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Gewinnanteile und sonstige Bezüge) als auch nach § 17 Abs. 2, 4 EStG oder § 20 Abs. 2 Nr. 2 EStG (Gewinne oder Verluste aus der Anteilsveräußerung)108. Es kommt mithin zur Übertragung des Anteils als Einkunftsquelle auf den Unterbeteiligten. Die typisch stille Unterbeteiligung an einem Kapitalgesellschaftsanteil ist heute nach wohl h.M. ebenfalls anerkannt109. Bei der typischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil entsteht – vergleichbar der typisch stillen Beteiligung am Handelsgewerbe einer GmbH – bezogen auf den GmbH-Anteil eine Innengesellschaft. Es verbleibt aber bei der Zurechnung sämtlicher Einkünfte aus der Beteiligung ausschließlich beim Hauptgesellschafter; die Unterbeteiligung ist lediglich nachgeordnet110. Der typisch Unterbeteiligte erzielt aus den ihm vom Hauptbeteiligten weitergeleiteten Erträgen Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG und bei Veräußerung/Auf-

31.53

103 Siehe Ivens, ZEV 2011, 177 (179); Barry, RNotZ 2014, 401 (403). 104 Siehe zu den aufgeworfenen Problemfeldern bei der Abgrenzung von den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Niedersächsisches FG v. 15.1.2014 – 2 K 147/11, BB 2014, 2487 m. Anm. Pönicke; Pönicke/Bünning, BB 2014, 2717. 105 Vgl. dazu FG Münster v. 12.4.2019 – 13 K 1482/16 K,G, EFG 2019, 1410 (nrkr., Az. der Revision I R 36/19). 106 Zur Behandlung sämtlicher Formen des Nießbrauchs an einem GmbH-Anteil siehe Barry, RNotZ 2014, 401 (403) und BFH v. 18.11.2014 – IX R 49/13, BFHE 247, 435, BStBl. II 2015, 224 zum Vorbehaltsnießbrauch m. Anm. Jachmann, jurisPR-SteuerR 10/2015 Anm. 1. 107 Zur sog. Quotentreuhand an einem Kapitalgesellschaftsanteil vgl. BFH v. 6.10.2009 – IX R 14/08, BFHE 228, 10, BStBl. II 2010, 460 m. Anm. Steinhauff in jurisPR-SteuerR 17/ 2010, Anm. 1 und Binnewies, GmbHR 2010, 486. 108 BFH v. 18.5.2005 – VIII R 34/01, BFHE 210, 247, BStBl. II 2005, 857; Neu in GmbHHandbuch, Rz. I 3520, I 3525 (Stand: 3/2016). 109 Hohaus, GmbHR 2002, 883 (885); ebenso Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 161; Blaurock/Berninger, GmbHR 1990, 87 (88 f.); Felix, DStZ 1988, 102 f.; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5801) sowie Felix, KÖSDI 1987, 6918 (6925). Neu in GmbHHandbuch, Rz. I 3520, I 3522 (Stand 3/2016) empfiehlt im Vertrag über die Gründung der Unterbeteiligungsgesellschaft eine Klausel aufzunehmen, wonach sich der dem Unterbeteiligten zustehende Ertrag entsprechend reduziert, wenn er bei Nichtanerkennung des Rechtsinstituts vom Hauptgesellschafter versteuert werden muss. 110 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 3/2016).

Levedag | 1039

§ 31 Rz. 31.53 | Die Unterbeteiligung

lösung der Unterbeteiligung solche aus § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG (in Veranlagungszeiträumen ab 2009 bei Erwerb nach dem 31.12.2008). Da der typisch Unterbeteiligte nicht mit der Kapitalgesellschaft in rechtlicher Beziehung steht, sondern lediglich mit dem Hauptbeteiligten, berührt der dem Unterbeteiligten vom Hauptbeteiligten zugewandte Gewinnanteil die körperschaftsteuerpflichtige Bemessungsgrundlage der Kapitalgesellschaft nicht111.

31.54 Ein an einem Kapitalgesellschaftsanteil Unterbeteiligter ist nach der Rechtsprechung des BFH wirtschaftlicher Eigentümer der Beteiligung, wenn er nach dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann112 Dies ist nicht nur für das Gewinnbezugsrecht (§ 29 GmbHG) sowie die Teilhabe am Risiko der Wertminderung und die Chance auf Wertsteigerung der Anteile, sondern gleichermaßen für die aus der Beteiligung sich ergebenden Verwaltungsrechte (insbesondere für die Stimmrechte (§ 47 GmbHG), zu fordern113. Demgemäß ist auch die Frage danach, ob der an einem Kapitalgesellschaftsanteil Unterbeteiligte i.S. von § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO die Stellung eines wirtschaftlichen Mitinhabers erlangt hat, nicht nach der gängigen Unterscheidung zwischen „typischer“ und „atypischer“ Unterbeteiligung zu beantworten; maßgeblich ist vielmehr allein, ob die im jeweiligen Einzelfall getroffene Abrede – ungeachtet ihrer Bezeichnung – nach Inhalt und Vollzug den vorstehend genannten Anforderungen an das wirtschaftliche Eigentum genügt114. 31.55 Sowohl die Anerkennung einer atypischen oder typischen Unterbeteiligung (der Gründung der Innengesellschaft) an einem Kapitalgesellschaftsanteil als solche als auch die innerhalb der Unterbeteiligung vereinbarte Gewinnverteilung unterliegen – wie die Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil – bei Angehörigen als Vertragspartnern der Anerkennungsprüfung (siehe Rz. 31.34)115. Ein Unterbeteiligungsvertrag, der die Verpflichtung zur Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen begründet, ist formbedürftig, wenn der Verpflichtete bei Abschluss des Vertrags nicht Inhaber der Geschäftsanteile, sondern nur Treugeber ist116. Wegen der zivilrechtlich nicht eindeutigen Rechtslage bis zum Ergehen des BFH-Urteils vom 22.7.2008 kann für frühere Vereinbarungen in Betracht kommen, dass eine privatschriftliche Vereinbarung den Vertragspartnern nicht anzulasten ist117. 111 Worgulla, DB 2009, 1146 (1147). 112 BFH v. 18.5.2005 – VIII R 34/01, BFHE 210, 247 = BStBl. II 2005, 857; BFH v. 8.11.2005 – VIII R 11/02, BFHE 211, 277 = BStBl. II 2006, 253; BFH v. 22.7.2008 – IX R 61/05, BFH/NV 2008, 2004; BFH v. 24.1.2012 – IX R 69/10, BFH/NV 2012, 1099. 113 BFH v. 18.5.2005 – VIII R 34/01, BFHE 210, 247 = BStBl. II 2005, 857 Rz. 27; BFH v.8.11.2005 – VIII R 11/02, BFHE 211, 277 = BStBl. II 2006, 253. 114 BFH v. 18.5.2005 – VIII R 34/01, BFHE 210, 247 = BStBl. II 2005, 857 Rz. 27; vgl. auch BFH v. 22.7.2008 – IX R 61/05, BFH/NV 2008, 2004 Rz. 14. 115 BFH v. 22.7.2008 – IX R 61/05, GmbHR 2008, 1229; Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3521 ff. (Stand 3/2016). 116 BFH v. 22.7.2008 – IX R 61/05, GmbHR 2008, 1229. 117 BFH v. 22.7.2008 – IX R 61/05, GmbHR 2008, 1229; im zweiten Rechtsgang siehe aber BFH v. 11.5.2010 – IX R 19/09, BFHE 229, 301 = BStBl. II 2010, 823.

1040 | Levedag

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.57 § 31

b) Die Besteuerungsfolgen der typischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil aa) Besteuerung des typisch Unterbeteiligten Bei der typischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil wird nicht die Steuerquelle gesplittet, sondern lediglich eine nachgeordnete Einkunftsquelle begründet118. Da der Unterbeteiligte nicht wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile an der Kapitalgesellschaft ist, erzielt er aus den weitergeleiteten Einnahmen des Hauptbeteiligten Einnahmen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG119. Das Teileinkünfteverfahren mit der anteiligen Steuerbefreiung der Einkünfte (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG) kann somit beim Anteilseigner (dem Hauptbeteiligten) zur Anwendung, wenn der Hauptbeteiligte einen Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG (Rz. 31.63) stellt.

31.56

Die Einkünfte aus der typischen Unterbeteiligung im Privatvermögen unterliegen seit dem Veranlagungszeitraum 2009 dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG i.H. von 25 %. Gleiches gilt für einen etwaigen Veräußerungsgewinn gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG. Greift ein Ausschlusstatbestand i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 EStG (siehe dazu Rz. 22.260), muss der Unterbeteiligte abweichend davon die Einkünfte aus der Unterbeteiligung (§ 20 Abs. 1 Nr. 4/§ 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG) dem progressiven Steuertarif gemäß § 32a EStG unterwerfen. Meines Erachtens greift für diese Einkünfte der Ausschlussgrund des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG insoweit aber nicht ein, da dieser ein mittelbares Gesellschaftsverhältnis nur erfasst, wenn der Unterbeteiligte eine dem mindestens zu 10 % an der GmbH beteiligten Anteilseigner nahe stehende Person ist120. Dies ist nach den hohen Anforderungen der Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen gegeben, wenn ein Beherrschungsverhältnis zwischen dem Unterbeteiligten und dem GmbH-Anteilseigner festgestellt werden kann.121 Zur Abgeltungswirkung gemäß § 43 Abs. 5 EStG kann es für laufende Gewinnanteile gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG kommen, wenn der Anteilseigner tatsächlich Kapitalertragsteuer von den an den Unterbeteiligten weitergeleiteten Ausschüttungen und Bezügen einbehält (§ 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG); für Veräußerungsgewinne gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG enthält § 43 EStG keine Rechtsgrundlage für einen Kapitalertragsteuereinbehalt122. In der Regel wird der Unterbeteiligte mangels eines tatsächlich erfolgten Einbehalts seine laufenden Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG und die

31.57

118 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 3/2016); Märkle, DStZ 1985, 471 (473); Felix, DStZ 1988, 102 f. 119 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 3/2016). 120 BFH v. 20.10.2016 – VIII R 27/15, BStBl. II 2017, 441. 121 Zum Beherrschungsverhältnis BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, BFHE 245, 343 = BStBl. II 2014, 986; BFH v. 29.4.2014 – VIII R 35/13, BFHE 245, 357 = BStBl. II 2014, 990 und BFH v. 29.4.2014 – VIII R 44/13, BFHE 245, 361 = BStBl. II 2014, 992 sowie BFH v. 28.1.2015 – VIII R 8/14, BFHE 249, 133 = BStBl. II 2015, 397 = DStR 2015, 563; zur vergleichbaren Konstellation der GmbH & typisch Still Hessisches FG v. 22.10.2018 – 6 K 49/17, EFG 2019, 166 (nrkr. Rev. Az. BFH: VIII R 46/18); BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85 Rz. 136. 122 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 3/2016).

Levedag | 1041

§ 31 Rz. 31.57 | Die Unterbeteiligung

Veräußerungsgewinne aus § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG gemäß § 32d Abs. 3 EStG erklären müssen.

31.58 Hält der typische Unterbeteiligte die Unterbeteiligung in einem Betriebsvermögen, gehören seine Einkünfte aus der Unterbeteiligung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG wegen § 20 Abs. 8 EStG zu den betrieblichen Einkünften, sind nach allgemeinen Regeln ohne Geltung des § 20 Abs. 9 EStG zu ermitteln und unterliegen dem progressivem Einkommensteuertarif gemäß § 32a EStG123. Gleiches gilt für einen Veräußerungsgewinn gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG. bb) Besteuerung des Hauptbeteiligten

31.59 Hält der Hauptbeteiligte seinen Anteil an der Kapitalgesellschaft im Privatvermögen, unterliegt er ab dem Veranlagungszeitraum 2009 mit seinen Ausschüttungen und Bezügen (Dividenden und vGA) nach § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 32d Abs. 1, § 43 Abs. 5 EStG dem gesonderten Tarif; bei tatsächlich erfolgtem Kapitalertragsteuereinbehalt entfaltet dieser die Abgeltungswirkung124. Die an den typisch stillen Unterbeteiligten gezahlten Gewinnanteile sind beim Hauptbeteiligten als Werbungskosten zu beurteilen, für die bei ihm das Verbot des Abzugs der tatsächlichen Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG greift. Aus diesem Grund dürfte das Begründen typischer Unterbeteiligungen an einem im Privatvermögen gehaltenen GmbH-Anteil im Anwendungsbereich der Abgeltungssteuer regelmäßig steuerlich nachteilig sein. Auf Antrag kann der Hauptbeteiligte aber gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG i.V.m. § 3 Nr. 40 EStG nach dem Teileinkünfteverfahren unter Abzug der anteiligen Werbungskosten (§ 3c Abs. 2 EStG) besteuert werden, wenn er unmittelbar zu mindestens 25 % an der GmbH beteiligt ist oder zu mindestens 1 % an der GmbH beteiligt und für diese beruflich tätig ist125. 31.60 Kommt es beim Hauptbeteiligten wegen § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG zur Anwendung des Teileinkünfteverfahrens, ist die von der Kapitalgesellschaft auf die Dividende an den Hauptbeteiligten einbehaltene Kapitalertragsteuer gemäß § 36 EStG auf seine Einkommensteuer anrechenbar.

123 So auch Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 163; Worgulla, DB 2009, 1146 (1149 f.). Eine vorrangige Zuordnung der Einkünfte des Unterbeteiligten kommt auch zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Betracht, siehe Pönicke/Bünning, BB 2014, 2717. 124 Siehe zur vGA aber das gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG geltende Korrespondenzprinzip. 125 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 3/2016). Zu den Anforderungen an die berufliche Tätigkeit siehe BFH v. 25.8.2015 – VIII R 3/14, BStBl. II 2015, 892 = GmbHR 2015, 1164; zur Antragsfrist siehe BFH v. 28.7.2015 – VIII R 50/14, BStBl. II 2015, 894 = GmbHR 2015, 1161.

1042 | Levedag

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.63 § 31

c) Die Besteuerungsfolgen bei atypischer Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil Auch bei der atypischen Unterbeteiligung erlangt der Unterbeteiligte der Gesellschaft gegenüber zivilrechtlich keine Gesellschafterstellung. Allerdings ist der atypisch Unterbeteiligte wirtschaftlicher Eigentümer der Beteiligung des Hauptbeteiligten und damit als Quasi-Gesellschafter anzusehen126. Ihm ist als wirtschaftlicher Eigentümer (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) ein Teil des Anteils des Hauptbeteiligten entsprechend dem Beteiligungsverhältnis unmittelbar zuzurechnen. Die Beteiligung des zivilrechtlichen Anteilseigners als Einkunftsquelle wird gesplittet127. Damit erzielt der atypisch Unterbeteiligte wie der Hauptbeteiligte als „Quasi-Gesellschafter“ gemäß § 20 Abs. 5 Satz 2 EStG grundsätzlich selbst Einkünfte aus der Beteiligung. Dies entspricht der gefestigten Rechtsprechung des BFH128.

31.61

Der BFH verlangt für das wirtschaftliche Eigentum des Unterbeteiligten, dass dieser alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte, insbesondere Gewinnbezugs- und Stimmrechte) wahrnehmen und durchsetzen kann (vgl. Rz. 31.54)129. Wer an Aktien unterbeteiligt ist, aber die Gesellschaftsrechte nicht ausüben kann und von den Entscheidungen des Aktionärs abhängig ist, überdies nur über ein begrenztes Gewinnbezugsrecht verfügt, ist kein wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien130. Ein beidseitiges Kündigungsrecht ist grundsätzlich unschädlich. Eine bloße Erwerbsoption reicht für die Begründung der wirtschaftlichen Inhaberschaft nicht aus131.

31.62

In den Veranlagungszeiträumen seit 2009 fallen die Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 32d Abs. 1, § 43 Abs. 5 EStG des Haupt- und des atypisch Unterbeteiligten unter den gesonderten Tarif und die Abgeltungswirkung, wenn die Unterbeteiligung im Privatvermögen gehalten wird. Der atypisch Unterbeteiligte bezieht neben dem Hauptgesellschafter aus den Ausschüttungen und Bezügen Einkünfte i.S. des § 20

31.63

126 BFH v. 22.7.2008 – IX R 61/05, GmbHR 2008, 1229; Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 3/2016); Hohaus, GmbHR 2002, 883 (885 ff.); Schulze zur Wiesche, GmbHR 1986, 236 (238); Märkle, DStZ 1985, 508 (511). 127 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 3/2016); Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 162; Worgulla, DB 2009, 1146 (1147); Martens, BB 2005, 1661 (1662); Märkle, DStZ 1985, 508 (511); Felix, DStZ 1988, 102; FG Düsseldorf v. 13.6.2001 – 2 K 1235/98 E, EFG 2001, 1383 (1384); Hohaus, GmbHR 2002, 883 (885 ff.). 128 BFH v. 15.5.2005 – VIII R 34/01, GmbHR 2005, 1633; BFH v. 22.7.2008 – IX R 61/05, BFH/NV 2008, 2004 (zu Angehörigen); BFH v. 26.1.2011 – IX R 7/09, BFHE 232, 463 = BStBl. II 2011, 540. 129 BFH v. 22.7.2008 – IX R 61/05, GmbHR 2008, 1229 (zu Angehörigen); BFH v. 15.5.2005 – VIII R 34/01, GmbHR 2005, 1633 (1635); BFH v. 8.11.2005 – VIII R 11/02, BFHE 211, 277 = BStBl. II 2006, 253; BFH v. 26.1.2011 – IX R 7/09, BFHE 232, 463 = BStBl. II 2011, 540; siehe dazu auch Schulze zur Wiesche, GmbHR 2006, 630 (631 ff.); Pupeter, GmbHR 2006, 911 (913 ff.); Hohaus, GmbHR 2002, 883. 130 BFH v. 1.8.2012 – IX R 6/11, BFH/NV 2013, 9. 131 BFH v. 4.7.2007 – VIII R 68/05, BB 2007, 2326.

Levedag | 1043

§ 31 Rz. 31.63 | Die Unterbeteiligung

Abs. 1 Nr. 1 EStG (und nicht wie der typisch Unterbeteiligte nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Dies dürfte auch für vGA gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gelten, die dem Hauptbeteiligten als Einkünfte zuzurechnen sind. Der Haupt- und der atypisch Unterbeteiligte können bei Vorliegen der Voraussetzungen jeweils den Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens stellen; in diesem Fall sind gemäß § 32d Abs. 2 Satz 2 EStG Werbungskosten anteilig abzugsfähig.

31.64 Wird die atypische Unterbeteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten, so ist auf die Ausschüttungen an den Unterbeteiligten auch ohne Antrag das Teileinkünfteverfahren anzuwenden, soweit er Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG bezieht, § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG132. Die Veräußerungsgewinne oder -verluste fallen gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a EStG auch unter das Teileinkünfteverfahren samt des Teilabzugsverbots gemäß § 3c Abs. 2 EStG. Letzteres gilt auch für Aufwendungen aus Teilwertabschreibungen auf die zugerechnete Beteiligung und für andere Beteiligungsaufwendungen. 31.65 Es ist bei der atypisch stillen Unterbeteiligung wegen der gesplitteten Zurechnung der Ausschüttungen und Bezüge die von der Gesellschaft einbehaltene Kapitalertragsteuer (§ 43 EStG) zwischen Anteilseigner und Unterbeteiligtem aufzuteilen und gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG jeweils auf deren Einkommensteuer anzurechnen, wenn die Abgeltungswirkung nicht greift133; ggf. ist bei einem unzureichenden Kapitalertragsteuerabzug, der nicht vollständig zur Abgeltungswirkung führt, der Beteiligungsertrag vom Unterbeteiligten zu erklären (§ 32d Abs. 3 EStG)134. 31.66 Bei der atypischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil ist eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte gemäß § 179 Abs. 2 Satz 2, 3, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO nicht durchzuführen. Da der zivilrechtliche GmbH-Gesellschafter als Hauptbeteiligter kein Mitunternehmer einer Innengesellschaft wird, fehlt es an gemeinschaftlich erzielten Einkünften135. Gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO i.V.m. Abs. 2 AO i.V.m. der zugehörigen Verordnung (vgl. § 1 VO) kann eine gesonderte Feststellung der Einkünfte aber auch bei Beteiligung mehrerer Personen an einer gemeinsamen Einkunftsquelle (dem GmbH-Anteil) vorzunehmen sein136. Bei der atypisch stillen Unterbeteiligung spricht aus diesem Grund einiges dafür, den Betrag der Ausschüttung und die einbehaltene Kapitalertragsteuer gesondert und einheitlich festzustellen137. Da der Unterbeteiligte trotz seiner Stellung als Quasi-Gesellschafter seine

132 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 163. 133 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 163; Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 3/2016); Schulze zur Wiesche, GmbHR 1986, 236 (239). 134 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85 Rz. 144. 135 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 367; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, 334. 136 Vgl. FG Baden-Württemberg v. 18.11.2011 – 11 K 1481/09, EFG 2012, 949 zur Treuhand an einem GmbH-Anteil. 137 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 163; ohne abschließende Aussage Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 3/2016).

1044 | Levedag

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.70 § 31

Einkünfte über die Person des Anteilseigners bezieht, können auch die Voraussetzungen des § 179 Abs. 2 Satz 3 AO sinngemäß erfüllt sein138. d) Einräumung, Veräußerung und Beendigung der Unterbeteiligung an einer Beteiligung aa) Einräumung der Unterbeteiligung durch den Hauptbeteiligten Die Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung an einer Kapitalbeteiligung im Privatvermögen durch den Hauptbeteiligten mit dem (quotalen) Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ist als Veräußerung eines Teilanteils gemäß § 17139, § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG zu beurteilen. Korrespondierend liegt ein Anschaffungsvorgang beim Unterbeteiligten vor. Die atypisch stille Unterbeteiligung ist eine „ähnliche Beteiligung“ i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG140. Die Einräumung einer typisch stillen Unterbeteiligung an einem Kapitalgesellschaftsanteil löst keine Steuerfolgen aus, da der Hauptbeteiligte die Einlage vereinnahmt und eine zusätzliche Einkunftsquelle beim Unterbeteiligten begründet wird.

31.67

Hält der Hauptbeteiligte die Beteiligung im Betriebsvermögen, entsteht bei ihm durch die Veräußerung ein laufender betrieblicher Gewinn bzw. Verlust. Dieser unterfällt zur Ermittlung der Einkünfte seit 2009 dem Teileinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a EStG und dem entsprechenden beschränkten Abzug der Anschaffungskosten gemäß § 3c Abs. 2 EStG.

31.68

Seit dem Veranlagungszeitraum 2009 unterliegt der Veräußerungsgewinn aus einer wesentlichen Beteiligung des Privatvermögens i.S. des § 17 Abs. 1 EStG unverändert dem Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG). Die Gewinne aus Veräußerungen von nicht wesentlichen Beteiligungen, die nach dem 31.12.2008 erworben oder begründet wurden, sind gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG unabhängig von einer Behaltensfrist steuerpflichtig und unterfallen dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG141.

31.69

Die unentgeltliche Einräumung einer atypisch stillen Unterbeteiligung an einem Kapitalgesellschaftsanteil löst gemäß § 17 Abs. 1 Satz 4, § 20 Abs. 4 Satz 6 EStG keine Besteuerungsfolgen aus142.

31.70

138 BFH v. 9.5.2000 – VIII R 41/99, BFHE 192, 273 = BStBl. II 2000, 686; siehe auch FG Düsseldorf v. 13.6.2001 – 2 K 1235/98 E, EFG 2001, 1383. 139 Siehe BFH v. 26.1.2011 – IX R 7/09, BFHE 232, 463 = BStBl. II 2011, 540 auch zur Abgrenzung eines zivilrechtlichen Durchgangserwerbs von der Begründung wirtschaftlichen Eigentums; BFH v. 1.8.2012 – IX R 6/11, BFH/NV 2013, 9; Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 3/2016). 140 BFH v. 26.1.2011 – IX R 7/09, BFHE 232, 463 = BStBl. II 2011, 540. 141 Auf diese Veräußerungsgewinne ist nicht mehr § 23 EStG a.F. anzuwenden. 142 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 3/2016).

Levedag | 1045

§ 31 Rz. 31.71 | Die Unterbeteiligung

bb) Beendigung und Veräußerung der Unterbeteiligung

31.71 Auch bei Beendigung des Unterbeteiligungsverhältnisses ist zu unterscheiden: Gehört die typische oder atypische Unterbeteiligung am Kapitalgesellschaftsanteil zum Betriebsvermögen des Unterbeteiligten, erzielt dieser aus einer vom Hauptbeteiligten gezahlten Abfindung betriebliche Einkünfte, wenn die gezahlte Abfindung den Nennbetrag der Einlage übersteigt, da eine steuerbare Rückveräußerung der Beteiligung an den Hauptbeteiligten vorliegt. Seit dem Veranlagungszeitraum 2009 findet das Teileinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a EStG (jeweils in Verbindung mit § 3c Abs. 2 EStG) Anwendung. 31.72 Wird die atypische Unterbeteiligung an einer Kapitalbeteiligung im Privatvermögen gehalten, sind die Abfindungsgewinne des Unterbeteiligten aus einer wesentlichen „ähnlichen Beteiligung“ gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3, § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG steuerpflichtig143. Wurde die atypische Unterbeteiligung nach dem 31.12.2008 begründet oder erworben, unterliegen auch Abfindungsgewinne aus der Rückübertragung nicht wesentlicher Unterbeteiligungen unabhängig von Behaltensfristen in vollem Umfang der Abgeltungsteuer, § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG144. 31.73 Wie die Beendigung führt auch die Veräußerung einer atypischen Unterbeteiligung an einen Dritten zu gemäß § 17 EStG steuerpflichtigen Einkünften. Die Ausführungen zur Behandlung von Abfindungen bei der Beendigung gelten hier entsprechend. 31.74 Gewinne aus Veräußerungen von typischen Unterbeteiligungen an Kapitalgesellschaftsanteilen, die nach dem 31.12.2008 begründet oder erworben wurden, unterliegen wegen § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG der Abgeltungssteuer (siehe auch Rz. 22.218)145. Eine typische Unterbeteiligung an einem Kapitalgesellschaftsanteil ist als rein schuldrechtliche Gewinnbeteiligung kein Einbringungsgegenstand gemäß §§ 20, 21, 24 UmwStG. Die Veräußerung einer im Privatvermögen gehaltenen typischen Unterbeteiligung war bis Ende 2008 grundsätzlich nicht steuerbar. Insbesondere war § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG a.F. nicht einschlägig, da das Veräußerungsentgelt des Unterbeteiligten vom Dritten nicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG als Gegenleistung für die Überlassung der Einlage für Rechnung des Hauptbeteiligten erbracht wurde146. Allerdings konnte ein Mehrerlös, der bei der Veräußerung einer typischen Unterbeteiligung erzielt wurde, unter den Voraussetzungen der § 22 Satz 1 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG a.F. als privater Veräußerungsgewinn zu versteuern sein. 31.75 –31.79 frei 143 BFH v. 18.5.2005 – VIII R 34/01, GmbHR 2005, 1633. 144 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 3/2016). Bei nicht wesentlichen Beteiligungen konnten Veräußerungsgewinne gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. j EStG a.F. steuerpflichtig sein, wenn die Beteiligung bis zum 31.12.2008 begründet oder erworben wurde. Auch hier gilt wiederum der beschränkte Abzug der Anschaffungskosten gemäß § 3c Abs. 2 EStG, siehe Schulze zur Wiesche, GmbHR 2006, 630 (635); Martens, BB 2005, 1660 (1663). 145 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 3/2016). 146 Vgl. Rz. 22.210; Märkle, DStZ 1985, 533 (534).

1046 | Levedag

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.83 § 31

III. Körperschaftsteuer Der Körperschaftsteuer liegt als Prinzip die Trennung der Besteuerung der Körperschaft von derjenigen ihrer Anteilseigner zugrunde. Die Einräumung einer Unterbeteiligung an dem Anteil an einer Körperschaft berührt daher im Ausgangspunkt nicht die Besteuerung der Körperschaft. Körperschaft und Anteilseigner stehen sich vielmehr grundsätzlich wie fremde Dritte gegenüber. Dies gilt auch für denjenigen, der an einem Anteil an einer Körperschaft unterbeteiligt ist. Leistungsbeziehungen zwischen ihm und der Körperschaft sind grundsätzlich steuerlich ebenso anzuerkennen wie Leistungsbeziehungen zu sonstigen fremden Dritten. Soweit körperschaftsteuerlich bedeutsam ist, ob zwischen zwei Personen gesellschaftsrechtliche Beziehungen bestehen – wie insbesondere bei verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen, aber etwa auch bei §§ 8a; 8b Abs. 2 Satz 4; 8c KStG –, ist zwischen typischen und atypischen Unterbeteiligungen zu differenzieren.

31.80

Atypische Unterbeteiligungen an Körperschaften erfordern nach der Rechtsprechung grundsätzlich, dass der atypisch Unterbeteiligte an dem Anteil an der Körperschaft wirtschaftliches Eigentum erlangt147. Erlangt der Unterbeteiligte eine solche Position, ist er nicht nur einkommensteuerrechtlich (vgl. § 20 Abs. 5 Satz 1 EStG), sondern auch körperschaftsteuerlich als gesellschaftsrechtlich Beteiligter anzusehen mit der Folge, dass auf ihn dieselben Regeln anzuwenden sind wie auf unmittelbar gesellschaftsrechtlich beteiligte Personen. Es ist daher etwa anzuerkennen, dass die Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung an dem Anteil an einer Körperschaft bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zum Untergang des Verlustvortrags gemäß § 8c KStG führt148. Ebenso kann in diesem Fall die Veräußerung einer atypischen Unterbeteiligung zur Anwendung von § 8b KStG auf Ebene des Veräußerers führen149.

31.81

Typische Unterbeteiligungen lassen den Unterbeteiligten hingegen steuerlich nicht in die Position des unmittelbar Beteiligten einrücken. Das Vorliegen einer typischen Unterbeteiligung kann körperschaftsteuerlich dennoch relevant werden, soweit besondere Regeln nicht nur bezüglich Anteilseignern, sondern auch gegenüber diesen nahestehende Personen gelten. Zu diesem Personenkreis werden vielfach auch typisch Unterbeteiligte gehören. Hingegen eröffnet die Einräumung einer typischen Unterbeteiligung nicht den Anwendungsbereich des § 8c KStG.

31.82

IV. Gewerbesteuer Atypische Unterbeteiligungen an gewerblich tätigen Personengesellschaften werden grundsätzlich wie atypische stille Beteiligungen behandelt, zu deren Gesellschaftsvermögen ein solcher Anteil gehört. Auch atypische Unterbeteiligungen führen daher 147 BFH v. 18.5.2005 – VIII R 34/01, BFHE 210, 247, BStBl. II 2005, 857, Rz. 25 ff. 148 Nach BMF v. 28.11.2017 – IV C 2-S 2745-a/09/10002:004, BStBl. I 2017, 1645 Tz. 6 kommt es für den Erwerb nach § 8c KStG auf den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums an. 149 Vgl. FG Münster v. 12.4.2019 – 13 K 1482/16 K,G, EFG 2019, 1410 Rz. 39 ff.

Lamprecht | 1047

31.83

§ 31 Rz. 31.83 | Die Unterbeteiligung

grundsätzlich zu einer doppelstöckigen Struktur. Die Bezüge der Unterbeteiligten gehören zum Gewinn der Hauptgesellschaft150. Allerdings soll nach h.M. die atypische Unterbeteiligungsgesellschaft selbst keinen eigenen Gewerbetrieb begründen151. Dem ist Kraus mit dem beachtlichen Argument entgegengetreten, dass das GewStG für das Vorliegen eines Gewerbebetriebes an das EStG anknüpft und § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG generell auch auf mitunternehmerische Innengesellschaften – und damit auch auf atypische Unterbeteiligungen – Anwendung findet152. Der Unterschied beider Ansichten ist im Regelfall allerdings gering, da bei Zugrundelegung der Ansicht von Kraus die Hinzurechnungs- bzw. Kürzungsvorschriften von § 8 Nr. 8 bzw. § 9 Nr. 2 GewStG Anwendung finden.

31.84 Wegen des Vorliegens einer doppelstöckigen Struktur ist die Begründung und Beendigung einer atypischen Unterbeteiligung wegen Verlustes der Unternehmeridentität verlustschädlich i.S. von § 10a GewStG153. Soll sich die Unterbeteiligung rechnerisch nur auf einen Teil des Personengesellschaftsanteils beziehen, soll sich Maetz zufolge dieses Ergebnis bezüglich des anderen Teils dadurch vermeiden lassen, dass der unmittelbar beteiligte Gesellschafter diesen verbleibenden Teil gerade nicht in die Unterbeteiligungsgesellschaft einbringt mit der Folge, dass er insofern ohne Zwischenschaltung der Unterbeteiligungsgesellschaft – und damit auch ohne Verlust der Unternehmeridentität – selbst an der Personengesellschaft beteiligt bleibt154. Die Unterbeteiligungsgesellschaft bezieht sich in diesem Fall nur auf den Teil, an dem der Unterbeteiligte – und zwar dann zu 100 % – beteiligt ist155. Insofern geht der Verlustvortrag daher auch nur zu diesem Teil unter. 31.85 Typische Unterbeteiligungen werden gewerbesteuerlich wie typische stille Beteiligungen behandelt. Der Gewinnanteil des typisch Unterbeteiligten wird daher zunächst als Sonderbetriebsausgabe abgezogen, sodann aber nach Maßgabe des § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG wieder hinzugerechnet. Der Gesetzgeber wollte an dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift nichts ändern. Insofern gilt die alte Rechtsprechung zu § 8 Nr. 3 GewStG a.F.156 fort. 31.86 –31.89 frei

150 Keß in Lenski/Steinberg, Stand: 10/2019, § 2 GewStG Rz. 2270. 151 Sarrazin in Lenski/Steinberg, Stand: 10/2019, § 5 GewStG Rz. 95; Selder in Glanegger/ Güroff, § 5 GewStG Rz. 11; Haas, GStB 2004, 406 (unter 5.3). Die Berufung auf BFH v. 2.10.1997 – IV R 75/96, BStBl. II 1998, 137 trägt nicht, da dort lediglich die Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auf atypische Unterbeteiligungsgesellschaften bejaht wurde. 152 Kraus, Die mitunternehmerische Innengesellschaft in der Gewerbesteuer, S. 111 f. 153 Vgl. FG Münster v. 22.5.2019 – 13 V 235/19 G, EFG 2019, 1223 Rz. 47. 154 Maetz, DStR 2015, 1844 (1850). 155 Vgl. zur Zulässigkeit, aber auch den strengen Anforderungen an die steuerliche Anerkennung einer quotalen Treuhand an einem Gesellschaftsanteil BFH v. 6.10.2009 – IX R 14/08, BFHE 228, 10, BStBl. II 2010, 460, Rz. 17 ff. m.w.N. 156 BFH v. 8.10.1970 – IV R 196/69, BFHE 100, 254 = BStBl. II 1971, 59.

1048 | Lamprecht

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.93 § 31

V. Erbschaft- und Schenkungsteuer Ist der Unterbeteiligte nur am Gewinn und Verlust des Hauptgesellschafters beteiligt, nicht aber so gestellt, wie wenn er auch am Vermögen der Gesellschaft beteiligt wäre, kann bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht über § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG eine entsprechende Vermögensquote (§ 3 BewG) zugerechnet werden. Die typische Unterbeteiligung ist vielmehr eine Kapitalforderung i.S. von § 12 BewG, die mit dem Nennwert der Einlage anzusetzen ist, sofern nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Die Frage, welcher Wert der Einlage eines Unterbeteiligten beizumessen ist und ob – gemessen am Wert der Beteiligungen – die anteilige Kapitalnutzung des Unterbeteiligten der des Hauptbeteiligten entspricht, ist eine allein wirtschaftliche Frage, für die das BewG unerheblich ist. Vielmehr ist der Wert der Einlage zunächst zum Verkehrswert des Vermögensanteils des Hauptbeteiligten in Beziehung zu setzen. Dementsprechend kann ein werterhöhender Umstand insoweit gegeben sein, als infolge einer bei Ansatz der Verkehrswerte prozentual niederen Einlage diese größere Nutzungen erbringt, als der Beteiligungsquote entspricht. Entsprechend dem logischen Grundsatz, dass der Teil nicht größer sein kann als das Ganze, müssen zwischen dem Wert der Hauptbeteiligung und der Unterbeteiligung Beziehungen derart bestehen, dass die Unterbeteiligung nicht mehr wert sein kann, als ihrem Verhältnis zum Wert der Hauptbeteiligung entspricht157.

31.90

In seiner Rechtsprechung geht der BFH158 bei der schenkweise eingeräumten typischen Unterbeteiligung jedoch davon aus, dass nicht bereits mit Einräumung der Unterbeteiligung ein Vermögensgegenstand zugewendet wird. Erst die tatsächlich an den typischen Unterbeteiligten ausgeschütteten Gewinnanteile oder Liquidationserlöse stellen freizügige Zuwendungen i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar. Für die Bewertung und das Entstehen der Steuer hat dies zur Folge, dass diese aufschiebend bedingten Zuwendungen nach § 4 BewG und § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG erst berücksichtigt werden können, wenn die Schenkung mit Ausschüttung des Gewinnanteils oder der Auskehrung des Liquidationserlöses ausgeführt ist.

31.91

Bei der Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung kommt die Gewährung der Steuerbefreiung für Betriebsvermögen (§§ 13a, 13b ErbStG) in Betracht.

31.92

Die Tendenz der Finanzverwaltung bei atypischen stillen Unterbeteiligungen an Personengesellschaften das Vorliegen von begünstigtem Vermögen zu verneinen159, widerspricht dem Gesetzeswortlaut. Bei Vorliegen einer ertragsteuerlichen Mitunternehmerschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG kommt es nicht auf die zivilrechtliche

31.93

157 BFH v. 10.3.1970 – BFH II 83/62, BFHE 99, 133 = BStBl. II 1970, 562. 158 BFH v. 16.1.2008 – II R 10/06, DStR 2008, 768 (769). 159 Verfügung der OFD Münster v. 30.3.2007, Kurzinformation. Sonstige Besitz- und Verkehrsteuern Nr. 001/2007, DStR 2007, 1125. Siehe aber auch OFD Karlsruhe v. 18.5.2009 – S 3806/51, ErbSt-Kartei BW § 13a ErbStG Karte 10.

Wachter | 1049

§ 31 Rz. 31.93 | Die Unterbeteiligung

Zuordnung des Betriebsvermögens an160. Die atypische Unterbeteiligung stellt nach richtiger Ansicht begünstigtes Vermögen dar.

31.94 Bei der schenkweisen Einräumung einer typischen stillen Unterbeteiligung scheitert die Anwendbarkeit der Verschonungsregelungen nach Ansicht des BFH allein schon daran, dass durch die Einräumung der Beteiligung schon kein Vermögensgegenstand zugewendet wird161. Ausführlich zum Ganzen siehe § 27.

VI. Zusammenfassung 31.95 Steuerrechtlich ist zwischen typischer und atypischer Unterbeteiligung zu unterscheiden: Bei der typischen Unterbeteiligung bezieht der Unterbeteiligte Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, die dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG unterliegen können. Wird die Unterbeteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten oder greift eine der Ausnahmen des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG ein, gilt für die Einkünfte des typisch Unterbeteiligten der progressive Steuersatz gemäß § 32a EStG. Die Gewinnanteile des typischen Unterbeteiligten sind beim Hauptgesellschafter als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben zu berücksichtigen, wenn das Gesellschaftsverhältnis und die Gewinnverteilung anzuerkennen sind. Hierzu muss der Unterbeteiligte eine sein Vermögen belastende Einlage leisten. Bei der atypischen Unterbeteiligung an einem Mitunternehmeranteil unterscheiden Rechtsprechung und h.L. zwei Mitunternehmerschaften in Gestalt der Unterbeteiligungsgesellschaft und der Hauptgesellschaft. Es besteht eine doppelstöckige Struktur: Die Unterbeteiligungsgesellschaft wird zur Mitunternehmerin und Obergesellschaft der Hauptgesellschaft. Zur Einordnung der Rechtsposition des Unterbeteiligten gelten die allgemeinen Kriterien des Mitunternehmerbegriffs, wobei für die Prüfung, ob dieser ein Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann, nur auf die Verhältnisse in der Unterbeteiligungsgesellschaft abzustellen ist. Der atypisch Unterbeteiligte erzielt gewerbliche Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG oder aus einer anderen Gewinneinkunftsart, wenn der Hauptbeteiligte diese Einkunftsart verwirklicht. Besonderheiten gelten für die Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil: Der dem Unterbeteiligten zugewandte Gewinnanteil beeinflusst den körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn der GmbH nicht. Der typische Unterbeteiligte bezieht vom Hauptbeteiligten Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG und unterliegt seit 2009 mit seinen Einkünften aus der stillen Unterbeteiligung der Abgeltungsteuer, es sei denn, es greift gemäß

160 So auch Hannes/Otto, ZEV 2005, 464 (467) und Carlé/Fuhrmann, FR 2006, 749 (755). 161 BFH v. 16.1.2008 – II R 10/06, DStR 2008, 768 (769).

1050 | Levedag/Lamprecht/Wachter

Die Unterbeteiligung im Steuerrecht | Rz. 31.95 § 31

§ 32d Abs. 2 EStG der tarifliche Steuersatz oder die Unterbeteiligung wird in einem Betriebsvermögen gehalten. Hält der Hauptbeteiligte seinen GmbH-Anteil im Privatvermögen, unterliegt er seit dem Veranlagungsjahr 2009 mit seinen Einkünften aus den GmbH-Anteil nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG. Die an den typisch stillen Unterbeteiligten gezahlten Gewinnanteile unterliegen dem Verbot des Abzugs der tatsächlichen Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG. Auf Antrag kann der Hauptbeteiligte mit seinen laufenden Beteiligungserträgen nach dem Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 EStG/§ 3c Abs. 2 EStG) unter Abzug der anteiligen Werbungskosten besteuert werden, wenn er zu mindestens 25 % an der GmbH beteiligt ist oder zu mindestens 1 % an der GmbH beteiligt und für diese beruflich tätig ist, § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG. Hält der Hauptbeteiligte seinen GmbH-Anteil in einem Betriebsvermögen, so unterliegt er mit seinen laufenden Einkünften und Veräußerungsgewinnen stets dem Teileinkünfteverfahren. Auch bei der atypischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil erlangt der Unterbeteiligte der Gesellschaft gegenüber formell keine Gesellschafterstellung. Allerdings ist der atypisch Unterbeteiligte nach h.M. als wirtschaftlicher Eigentümer materiellrechtlich wie ein Quasi-GmbH-Gesellschafter anzusehen. Ihm sind daher gemäß § 20 Abs. 5 EStG die an ihn weitergeleitenden Beteiligungserträge i.S.d § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen. In den Veranlagungszeiträumen seit 2009 fallen die Einkünfte des atypisch Unterbeteiligten im Privatvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 32d Abs. 1, § 43 Abs. 5 EStG regelmäßig unter den gesonderten Tarif, wenn die Unterbeteiligung im Privatvermögen gehalten wird. Bei qualifizierter Beteiligung ist nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG auf Antrag das Teileinkünfteverfahren anwendbar, so dass Werbungskosten und Verluste wenigstens anteilig berücksichtigt werden können. Wird die atypische Unterbeteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten, so ist auf den Unterbeteiligten das Teileinkünfteverfahren anzuwenden, soweit er Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG bezieht, § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG. Die typische stille Unterbeteiligung wird für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer grundsätzlich als bloße Kapitalforderung behandelt. Demnach kommt eine steuerliche Verschonung des Erwerbs nicht in Betracht. Eine atypisch stille Unterbeteiligung ist dagegen als Mitunternehmeranteil anzusehen, so dass der Erwerb als Betriebsvermögen steuerlich begünstigt sein kann (§§ 13a, 13b ErbStG).

Levedag/Lamprecht/Wachter | 1051

IV. Teil: Vertragsmuster

M 1 Vertrag über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft Vertrag über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft1 zwischen der Kommanditgesellschaft unter der Firma X & Co. KG mit Sitz in ... (Ort, Straße), vertreten durch ihre persönlich haftenden Gesellschafter ... (Namen, Adressen) – im Folgenden auch: die Inhaberin – und Herrn A, wohnhaft in ... (Ort, Straße) – im Folgenden auch: der stille Gesellschafter –

§ 1 Begründung der Gesellschaft (1) Die Kommanditgesellschaft unter der Firma „X & Co. KG“ ist Inhaberin des in ... (Ort, Straße) betriebenen Handelsgewerbes mit dem Gegenstand ... (Unternehmenszweck)2. (2) An diesem Handelsgewerbe beteiligt sich A als stiller Gesellschafter, ohne dadurch am Gesellschaftsvermögen beteiligt zu sein, nach näherer Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen3. Ergänzend gelten die gesetzlichen Vorschriften der §§ 230 ff. HGB.

§ 2 Dauer der Gesellschaft, Geschäftsjahr (1) Die Gesellschaft wird auf unbestimmte Dauer abgeschlossen und beginnt am ...4. (2) Das Geschäftsjahr der stillen Gesellschaft entspricht dem der Inhaberin.

§ 3 Einlage des stillen Gesellschafters5 (1) Der stille Gesellschafter erbringt eine Bareinlage von ... Euro. Diese ist sofort fällig und auf das Konto ... der Inhaberin zu überweisen.

1 Die elektronische Version der Musterverträge kann beim Verlag abgerufen werden (E-Mail: [email protected]). 2 Vgl. Rz. 10.4 ff.; zur Beteiligung an einem Handelsgewerbe Rz. 5.2 ff. 3 Zur Klarstellung, dass es sich um ein typisches stilles Gesellschaftsverhältnis handelt, könnte man eine Vermögensbeteiligung des Gesellschafters auch ausdrücklich ausschließen; vgl. Rz. 10.1. 4 Vgl. Rz. 10.40. Möglich ist auch die Vereinbarung einer festen Dauer, eventuell mit der Möglichkeit der Fortsetzung, sei es automatisch bei fehlender Kündigung oder durch (formlose) Erklärung; vgl. Rz. 10.40. 5 Vgl. allgemein zu Beitrag und Einlage Rz. 7.1 ff., 10.21 ff.

Kauffeld | 1053

M 1 | Vertragsmuster (2) Die Inhaberin ist zur sicherungsweisen Abtretung der Forderung gemäß Abs. 1 an Dritte im Rahmen und zur Förderung des Unternehmenszwecks der Inhaberin berechtigt.

§ 4 Geschäftsführung6 (1) Die Geschäftsführung steht allein der Inhaberin zu7. (2) Folgende Rechtsgeschäfte und Handlungen darf die Inhaberin jedoch nur mit Zustimmung des stillen Gesellschafters vornehmen8: a) Änderungen des Gegenstandes des Unternehmens; b) Formwechsel, Verschmelzung oder Spaltung des Unternehmens; c) Erwerb von oder Beteiligung an anderen Unternehmen sowie deren Veräußerung; d) Veräußerung oder Verpachtung des Unternehmens oder eines Teils des Unternehmens; e) Aufnahme neuer Gesellschafter einschließlich der Beteiligung weiterer stiller Gesellschafter9; f) vollständige oder teilweise Einstellung des Gewerbebetriebes; g) Errichtung von Zweigniederlassungen; h) Abschluss, Änderung oder Aufhebung von Gewinn- und Verlustübernahmeverträgen. (3) Beabsichtigt die Inhaberin die Vornahme einer der in Abs. 2 genannten Maßnahmen, so teilt sie dies dem stillen Gesellschafter unter Beifügung etwaiger für die Beurteilung maßgeblicher Unterlagen mit und fordert ihn zur Erteilung seiner Zustimmung auf. Ist eine schriftliche Stellungnahme des stillen Gesellschafters innerhalb von ... Wochen seit Zugang der Aufforderung nicht erfolgt, so gilt seine Zustimmung als erteilt; hierauf ist in der Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme ausdrücklich hinzuweisen. Erklärt der Gesellschafter innerhalb dieser Frist, dass er die vorgenommene Maßnahme nicht billige, so muss er diese bei der Gewinnberechnung und bei der Auseinandersetzung nicht gegen sich gelten lassen. Etwaige weitergehende Rechte des stillen Gesellschafters bleiben unberührt10.

6 Vgl. Rz. 10.17 ff. 7 Zur Geschäftsführung durch den Inhaber allgemein vgl. Rz. 12.2 ff. Zur Beteiligung des stillen Gesellschafters an der Geschäftsführung vgl. Rz. 12.36 ff. 8 Zur Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis Rz. 12.20 ff. Der Zustimmungskatalog deckt nur die Fälle der Gefährdung des Gesellschaftszwecks ab. Je nach den Umständen kann dem stillen Gesellschafter auch ein Mitwirkungsrecht an über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgehenden Geschäftsführungsmaßnahmen und Grundlagengeschäften eingeräumt werden: Grundstücksgeschäfte, Prokuristenbestellung, bestimmte Dauerschuldverhältnisse sowie z.B. Bürgschaften, Schuldversprechen, Garantien, Spekulationsgeschäfte. 9 Bei Publikumsgesellschaften ist dagegen eine ausdrückliche Ermächtigung der Inhaberin zur Aufnahme stiller Gesellschafter empfehlenswert. 10 Zur Haftung des Inhabers für eine schuldhafte Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis vgl. Rz. 12.26.

1054 | Kauffeld

Vertrag über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft | M 1

§ 5 Informations- und Kontrollrechte, Geheimhaltungspflicht (1) Dem stillen Gesellschafter stehen die gesetzlichen Informations- und Kontrollrechte des § 233 HGB zu11, und zwar auch nach Beendigung der Gesellschaft in dem zur Überprüfung des Auseinandersetzungsguthabens erforderlichen Umfang. (2) Diese Informations- und Kontrollrechte kann der stille Gesellschafter auch durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer wahrnehmen lassen. (3) Der stille Gesellschafter hat über alle ihm bekannt gewordenen Angelegenheiten der Gesellschaft Stillschweigen zu bewahren. Diese Verpflichtung gilt auch für die Dauer von ... Jahren nach Beendigung der stillen Gesellschaft, es sei denn, das Interesse der Inhaberin erfordert die Geheimhaltung nicht. Im Zweifelsfall wird der stille Gesellschafter eine Weisung der Inhaberin zur Vertraulichkeit bestimmter Tatsachen einholen.

§ 6 Konten des stillen Gesellschafters (1) Die Einlage des stillen Gesellschafters wird auf einem festen und unverzinslichen Einlagekonto verbucht12. (2) Verlustanteile werden auf einem Verlustkonto gebucht. Ist es belastet, werden alle Gewinnanteile dem Verlustkonto gutgeschrieben, bis dieses ausgeglichen ist13. Verlustanteile begründen keine Nachschusspflicht des stillen Gesellschafters14. (3) Alle sonstigen die stille Gesellschaft betreffenden Buchungen, insbesondere entnahmefähige Gewinngutschriften und Auszahlungen, werden auf einem Privatkonto vorgenommen. Dieses ist im Soll und Haben mit ... v.H. über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank15 zu verzinsen.

§ 7 Jahresabschluss16 (1) Die Inhaberin hat innerhalb von ... Monaten17 nach Ablauf eines jeden Geschäftsjahres den Jahresabschluss (Handelsbilanz, Gewinn- und Verlustrechnung) zu erstellen und 11 Vgl. allgemein Rz. 10.17 ff., 12.43 ff. Erweiterungen und Beschränkungen sind zulässig, z.B. um die Rechte des § 716 BGB; vgl. Rz. 12.45. 12 Zum Einlagekonto Rz. 7.78 ff. Zur Bewertung der Einlage vgl. Rz. 7.74 ff. Die Höhe der auf dem Einlagekonto verbuchten stillen Beteiligung kann von den Vertragsparteien abweichend bestimmt werden. 13 Vgl. Rz. 8.42, 8.107, 8.122. 14 Eine Nachschusspflicht zum Ausgleich eines negativen Verlustkontos nach Auflösung der Gesellschaft besteht nicht, auch nicht für den atypisch stillen Gesellschafter, § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB (hierzu Rz. 15.53 ff.). Eine solche Nachschusspflicht kann aber vertraglich vereinbart werden, vgl. BGH v. 20.9.2016 – II ZR 124/15. Wegen des Belastungsverbots ist jedoch eine hinreichend bestimmte Vereinbarung notwendig, die insbesondere die maximale Beitragslast für den stillen Gesellschafter bestimmt (hierzu Wedemann in Oetker § 232 HGB Rz. 20). 15 Es kann natürlich auch eine feste Verzinsung vereinbart werden. 16 Zum Verhältnis des Jahresabschlusses zur internen Rechnungslegung Rz. 13.1 ff., 8.46 ff. 17 § 243 Abs. 3 HGB fordert nur die Aufstellung des Jahresabschlusses „innerhalb der dem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit“, vgl. Rz. 8.98. Einen Anhaltspunkt mag die Sechsmonatsfrist des § 264 Abs. 1 Satz 4 HGB für kleine Kapitalgesellschaften bieten.

Kauffeld | 1055

M 1 | Vertragsmuster diesen dem stillen Gesellschafter unverzüglich zuzusenden. Einwendungen gegen den Jahresabschluss hat der stille Gesellschafter innerhalb von ... Wochen nach Zugang des Jahresabschlusses schriftlich geltend zu machen. Nach Ablauf dieser Frist gilt der Jahresabschluss als genehmigt18. (2) Der Jahresabschluss hat den einkommensteuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften zu entsprechen. Er ist auch im Interesse des stillen Gesellschafters aufzustellen.

§ 8 Gewinn- und Verlustbeteiligung (1) Der stille Gesellschafter ist mit ... v.H. am Gewinn und mit ... v.H. am Verlust beteiligt19. Dieser Quote liegen die Kapitalverhältnisse bei Begründung der stillen Gesellschaft zugrunde; ändern sie sich, ist die Quote unter Berücksichtigung der neuen Kapitalverhältnisse entsprechend anzupassen. Ändert sich das haftende Kapital der Inhaberin, ist der stille Gesellschafter berechtigt, seine Einlage verhältnismäßig anzupassen; anderenfalls ist sein Gewinn- und Verlustanteil anzupassen. (2) Der Ergebnisbeteiligung des stillen Gesellschafters ist der im steuerlichen Jahresabschluss ausgewiesene Ertrag vor Berücksichtigung des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinn- oder Verlustanteils nach Durchführung folgender Korrekturen zugrunde zu legen20: a) Erhöhte Absetzung und Sonderabschreibungen werden nach Wahl der Inhaberin durch degressive oder lineare Absetzung ersetzt. b) Steuerfreie Rücklagen werden bei ihrer Bildung dem Ergebnis zugerechnet, bei ihrer Auflösung abgesetzt. c) Soweit Vergütungen an Mitunternehmer der Inhaberin gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Steuerbilanz nicht als Aufwand abgesetzt sind, sind diese abzusetzen.

18 Die Genehmigung des Jahresabschlusses räumt dem stillen Gesellschafter keine Beteiligung an der Feststellung des Jahresabschlusses der Inhaberin ein, sondern bewirkt nur seine Maßgeblichkeit für diese und die folgenden Rechnungsperioden. Die Interessen des stillen Gesellschafters an einer angemessenen Ausübung von Bilanzierungswahlrechten und -spielräumen wird durch Abs. 2 sicher gestellt. Diese Regelung umgeht die Schwierigkeiten einer gesonderten Jahresrechnung für den stillen Gesellschafter, vgl. Rz. 8.46 ff. 19 Zur gesellschaftsvertraglichen Regelung der Gewinn- und Verlustverteilung Rz. 8.100 ff. Denkbar ist insbesondere die höhenmäßige Begrenzung auf ... v.H. der Einlage, bzw. der nach § 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB zulässige Ausschluss einer Verlustbeteiligung oder deren Begrenzung auf die Höhe der Einlage. Auch kann vereinbart werden, dass Gewinnanteile nicht dem Privatkonto, sondern in bestimmter Höhe zunächst dem Einlagekonto des stillen Gesellschafters gutgeschrieben werden, so dass sich der Wert seiner Beteiligung erhöht. 20 Die Ergebnisverteilung ist auf der Grundlage der Handels- oder der Steuerbilanz vorzunehmen. Da erstere aber nicht den Schutz einer steuerlichen Außenprüfung bietet, wird hier die Steuerbilanz zugrunde gelegt. Fehlt eine solche Regelung oder sehen §§ 7, 8 dies vor, so ist die Handelsbilanz maßgeblich. Außerdem sollte zu Beginn der stillen Gesellschaft eine Schätzung des Unternehmenswertes vorgenommen werden, die dann den späteren Bewertungen zugrunde gelegt wird. Die aufgeführten Korrekturen werden wegen § 4 Abs. 3 Satz 3 ergänzt durch die Geschäftsführungsmaßnahmen, die der stille Gesellschafter bei Verweigerung seiner Zustimmung nicht gegen sich gelten lassen muss.

1056 | Kauffeld

Vertrag über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft | M 1

d) Soweit Leistungen eines Mitunternehmers, die handelsrechtlich als Ertrag anzusehen sind (z.B. Zinszahlungen), in der Steuerbilanz nicht als Einnahmen ausgewiesen werden, sind diese hinzuzurechnen. e) Außerordentliche Aufwendungen und Erträge, die auf Geschäftsvorfälle aus der Zeit vor Beginn der stillen Gesellschaft zurückgehen, sind hinzu- bzw. abzusetzen. f) Gewinne und Verluste aus Abgängen von Gütern des Anlagevermögens, die bei Beginn der stillen Gesellschaft zum Betriebsvermögen der Inhaberin gehören, sind insoweit hinzu- bzw. abzusetzen, als sie auf Vorfälle aus der Zeit vor Beginn der stillen Gesellschaft zurückgehen. 3) Wird der Jahresabschluss der Inhaberin (z.B. aufgrund einer steuerlichen Außenprüfung) bestandskräftig geändert, so sind die geänderten Ansätze auch bei der Ergebnisbeteiligung des stillen Gesellschafters zu berücksichtigen; Ausgleichszahlungen sind innerhalb von vier Wochen nach bestandskräftiger Änderung des Jahresabschlusses vorzunehmen.

§ 9 Entnahmen (1) Der stille Gesellschafter ist berechtigt, Entnahmen zu Lasten des Guthabens auf seinem Privatkonto zu tätigen. Die Inhaberin ist berechtigt, das Guthaben des stillen Gesellschafters auf seinem Privatkonto jederzeit ganz oder teilweise auszuzahlen21. (2) Als Abschlagszahlung kann der stille Gesellschafter im laufenden Geschäftsjahr jeweils zum Quartalsende Entnahmen in Höhe von 25 v.H. des zuletzt festgestellten Gewinnanteils vornehmen22. Im Gründungsjahr berechnet sich die Höhe der Abschlagszahlung nach dem zu schätzenden Gewinnanteil23. Restzahlungen auf den Gewinnanteil bzw. die Rückzahlung überhöhter Abschlagszahlungen müssen innerhalb von vier Wochen nach Feststellung der Bilanz erfolgen. (3) Die Inhaberin kann die Auszahlung des Gewinnanteils bzw. der Abschlagszahlungen ganz oder zum Teil ablehnen, soweit die Liquiditätslage dies erforderlich macht24 oder sich im Laufe des Geschäftsjahres ergibt, dass der dem Privatkonto gutzuschreibende Gewinnanteil geringer sein wird als die Summe der gemäß Abs. 2 möglichen Abschlagszahlungen.

21 Diese Regelung dient zur Vermeidung der Verzinsungspflicht nach § 6 Abs. 3 Satz 2. Denkbar ist auch, eine solche Regelung unter den Vorbehalt bestimmter Kündigungsfristen zu stellen. 22 Vgl. Rz. 8.125. 23 Denkbar ist an dieser Stelle auch eine Regelung, wonach eine Entnahmeberechtigung erst in dem auf das Gründungsjahr folgende Geschäftsjahr besteht. 24 Durch das Entnahmerecht des stillen Gesellschafters können erhebliche Liquiditätsbelastungen für die Inhaberin eintreten. Alternativ zur hier vorgeschlagenen Generalklausel können etwa Kündigungsfristen für Entnahmen ab einer bestimmten Höhe vereinbart oder die Gewinnanteile in entnahmefähige (z.B. i.H. der Steuerpflicht des stillen Gesellschafters) und nicht entnahmefähige eingeteilt werden.

Kauffeld | 1057

M 1 | Vertragsmuster

§ 10 Abtretung und Belastung von Anteilen25 (1) Veräußerung, Abtretung und Verpfändung des stillen Gesellschaftsanteils sowie die Vereinbarung einer Unterbeteiligung, Nießbrauchbestellung oder anderweitigen Belastung sowie die Begründung von Treuhandverhältnissen sind nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der Inhaberin zulässig. Die Versagung der Zustimmung ist nur aus wichtigem Grund zulässig. (2) Dies gilt auch für die Abtretung und Verpfändung von Gewinnansprüchen und Guthaben auf dem Privatkonto.

§ 11 Tod des stillen Gesellschafters26 Beim Tod des stillen Gesellschafters treten seine Erben oder Vermächtnisnehmer hinsichtlich der stillen Beteiligung in seine Rechtsstellung ein. Mehrere Erben oder Vermächtnisnehmer haben sich gegenüber der Inhaberin durch einen gemeinsamen Bevollmächtigten vertreten zu lassen. Auf Verlangen der Inhaberin hat ihr der Bevollmächtigte seine Vertretungsbefugnis durch notariell beglaubigte Vollmacht nachzuweisen. Mit Ausnahme des Gewinnbezugsrechtes ruhen die Rechte der Erben aus diesem Vertrag bis zum Nachweis der Bevollmächtigung. § 12 Umwandlung der Geschäftsinhaberin27 Das stille Gesellschaftsverhältnis endet nicht durch Umwandlung der Geschäftsinhaberin und eine damit verbundene Vermögensübertragung. Durch Anpassung des vorliegenden Vertrages ist jedoch sicherzustellen, dass dem stillen Gesellschafter in dem übernehmenden/neuen Rechtsträger vergleichbare Rechte wie vor der Durchführung der Umwandlung zustehen. § 13 Kündigung28 (1) Die stille Gesellschaft kann von jedem der beiden Gesellschafter mit einer Frist von ... Monaten zum Ablauf eines Geschäftsjahres ordentlich gekündigt werden, erstmals jedoch zum ... (2) Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt; als solcher gilt neben den in § 234 HGB i.V.m. § 723 BGB genannten Gründen insbesondere auch: a) die Auflösung der Inhaberin; b) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des stillen Gesellschafters oder die Ablehnung der Eröffnung eines solchen Insolvenzverfahrens mangels Masse;

25 Vgl. Rz. 10.29 ff. Ganz zustimmungsfrei könnte man aber die Übertragung des Anteils auf Abkömmlinge stellen. 26 Vgl. Rz. 10.37, 14.49 ff. Die Frage des Todes des Inhabers (Rz. 10.55 ff., 14.42 ff.) stellt sich hier nicht; vgl. aber zur Auflösung der Inhaber-Handelsgesellschaft Rz. 14.58 ff. Bei der Beteiligung am Handelsgewerbe einer natürlichen Person kann die Fortsetzung der stillen Gesellschaft mit den Erben des Inhabers vereinbart werden. Zur erbrechtlichen Regelung Rz. 14.42 ff. 27 Vgl. Rz. 17.2 ff. 28 Vgl. Rz. 14.20 ff.

1058 | Kauffeld

Vertrag über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft | M 1

c) die Zwangsvollstreckung in Gesellschaftsrechte des stillen Gesellschafters, wenn die Vollstreckungsmaßnahmen nicht innerhalb von ... wieder aufgehoben werden; d) die Ertragslosigkeit der Gesellschaft während einer Dauer von ... Geschäftsjahren; e) die Vornahme eines nach § 4 Abs. 2 zustimmungsbedürftigen Geschäftes ohne die erforderliche Zustimmung. (3) Der stille Gesellschafter ist berechtigt, die Gesellschaft mit einer Frist von ... Monaten zum Monatsende zu kündigen, wenn während der Laufzeit der stillen Gesellschaft insgesamt mehr als 50 % der Gesellschaftsanteile entgeltlich oder im Wege der Kapitalerhöhung an Dritte, die nicht Angehörige im Sinne von § 15 AO sind, veräußert werden. Der stille Gesellschafter hat dieses Sonderkündigungsrecht innerhalb von ... Monaten ab Kenntnis von der Veräußerung oder Kapitalerhöhung schriftlich auszuüben. (4) Die Kündigung ist schriftlich durch eingeschriebenen Brief mit Rückschein oder gegen schriftliche Empfangsbestätigung gegenüber dem anderen Vertragspartner auszusprechen. Für die Fristwahrung ist der Zugang der Kündigung maßgeblich.

§ 14 Auseinandersetzung29 (1) Bei Beendigung der stillen Gesellschaft ist der stille Gesellschafter abzufinden30. (2) Soweit die Beendigung der stillen Gesellschaft nicht mit dem Ende des Geschäftsjahres zusammenfällt, ist zur Ermittlung des Auseinandersetzungsanspruchs auf der Grundlage der in §§ 7, 8 genannten Grundsätze eine Auseinandersetzungsbilanz auf den Tag der Beendigung aufzustellen31. Die Kosten hierfür werden von der Inhaberin und dem stillen Gesellschafter hälftig getragen. Stille Reserven sind nicht zu berücksichtigen. Am Ergebnis schwebender Geschäfte, die nicht bilanzierungspflichtig sind, nimmt der stille Gesellschafter nicht teil32. (3) § 8 Abs. 3 gilt entsprechend. (4) Das Auseinandersetzungsguthabens ist in ... gleichen Vierteljahresraten auszuzahlen, von denen die erste ... Monate nach dem Tag der Beendigung der stillen Gesellschaft fällig wird. Vorzeitige Tilgungen sind jederzeit möglich. Die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens ist angemessen zu strecken, wenn die Zahlung nach Satz 1 der Inhaberin im Hinblick auf ihre Liquiditätslage unzumutbar ist33.

29 Vgl. Rz. 10.23 ff., 15.1 ff. 30 Nach hier vertretener Auffassung ist zwischen Auflösung und Beendigung der stillen Gesellschaft zu unterscheiden, vgl. Rz. 14.3 ff. 31 Vgl. Rz. 15.15, 15.21 ff. Alternativ kann auf den Kontenstand zum letzten vorhergehenden Bilanzstichtag – bereinigt um zwischenzeitliche Entnahmen und Einlagen – abgestellt werden, wobei dann der stille Gesellschafter am Ergebnis des laufenden Geschäftsjahres zeitanteilig zu beteiligen ist. Damit lassen sich die Kosten der Aufstellung einer Auseinandersetzungsbilanz einsparen. 32 Anders die allerdings streitträchtige gesetzliche Regelung in § 235 Abs. 2 HGB. 33 Diese Regelung enthält eine einseitige Begünstiung der Inhaberin und ist daher nur dann empfehlenswert, wenn im Einzelfall das Bedürfnis besteht, ihren Liquiditätsinteressen besonders Rechnung zu tragen.

Kauffeld | 1059

M 1 | Vertragsmuster (5) Der noch ausstehende Teil des Auseinandersetzungsguthabens ist mit ... v.H. über dem jeweils gültigen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Die aufgelaufenen Zinsen sind mit der letzten Rate fällig.

§ 15 Schriftform, salvatorische Klausel (1) Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages können nur schriftlich wirksam vorgenommen werden. Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. (2) Durch die Ungültigkeit einzelner Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags wird die Gültigkeit des Vertrages im übrigen nicht berührt34. In einem solchen Fall oder zur Ausfüllung einer ergänzungsbedürftigen Lücke sind die Gesellschafter verpflichtet, durch Beschluss eine angemessene Regelung zu vereinbaren, die dem am nächsten kommt, was jene gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck des Vertrages gewollt haben würden, sofern sie die Ungültigkeit der Bestimmung oder die Lücke bedacht hätten.

§ 16 Gerichtsstand Gerichtsstand für sämtliche Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist ..., soweit dies zulässig vereinbart werden kann35. § 17 Vertragsausfertigung, Vertragskosten (1) Jede der vertragschließenden Parteien erhält eine Ausfertigung des Vertrages. (2) Die Kosten des Vertragsabschlusses trägt die Inhaberin. Rechtsberatungskosten trägt jede Vertragspartei selbst. Ort, Datum:

...

Geschäftsinhaberin:

...

Stiller Gesellschafter:

...

34 Nach § 139 BGB ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Gesellschaftsvertrag ohne den nichtigen Teil nicht abgeschlossen worden wäre. Daher empfiehlt es sich, eine Bestimmung wie die in § 15 Abs. 2 genannte in den Vertrag aufzunehmen. 35 Alternativ könnte der Vertrag etwa folgende Schiedsklausel vorsehen: „Für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag wird laut besonderer Urkunde die ausschließliche Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vereinbart.“ Vgl. Rz. 10.44 ff.

1060 | Kauffeld

Vertrag über die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft | M 2

M 2 Vertrag über die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft Vertrag über die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft1 zwischen der Kommanditgesellschaft unter der Firma Y & Co. KG mit Sitz in ... (Ort, Straße), vertreten durch ihre persönlich haftenden Gesellschafter ... (Namen, Adressen) – im Folgenden auch: die Inhaberin – und Herrn B, wohnhaft in ... (Ort, Straße) – im Folgenden auch: der stille Gesellschafter –

§ 1 Begründung der Gesellschaft (1) Die Kommanditgesellschaft unter der Firma „Y & Co. KG“ ist Inhaberin des in ... (Ort, Straße) betriebenen Handelsgewerbes mit dem Gegenstand ... (Unternehmenszweck). (2) An diesem Handelsgewerbe beteiligt sich A als atypischer stiller Gesellschafter nach näherer Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen. (3) Der stille Gesellschafter ist am Ergebnis, Vermögen und an den stillen Reserven der Gesellschaft beteiligt; die Beteiligungsquote misst sich nach § 8. Das Vermögen der Gesellschaft wird unbeschadet der Tatsache, dass kein Gesamthandsvermögen besteht, im Innenverhältnis wie gemeinschaftliches Vermögen behandelt2. Die Beteiligung des stillen Gesellschafters erstreckt sich insbesondere auch auf die offenen und stillen Reserven der Gesellschaft.

§§ 2–3 Dauer der Gesellschaft, Geschäftsjahr; Einlage des stillen Gesellschafters Wie typische stille Gesellschaft (M 1).

1 Die elektronische Version der Musterverträge kann beim Verlag abgerufen werden (E-Mail: [email protected]). 2 Gesellschaftsvermögen in einer gesamthänderischen Gebundenheit wie bei einer Personenhandelsgesellschaft wird bei einer atypisch stillen Beteiligung nicht gebildet. Mit vorstehender Regelung wird jedoch eine schuldrechtliche Behandlung als gemeinschaftliches Vermögen erreicht, was insbesondere im Hinblick auf die Auseinandersetzung der atypisch stillen Gesellschaft die mit Personenhandelsgesellschaften vergleichbaren Rechtsfolgen begründet, insbesondere eine Beteiligung an den stillen Reserven und an einem Firmenwert.

Kauffeld | 1061

M 2 | Vertragsmuster

§ 4 Geschäftsführung3 (1) Die Geschäftsführung steht allein der Inhaberin zu. (2) Die Inhaberin darf jedoch folgende Rechtsgeschäfte und Handlungen nur mit Zustimmung des stillen Gesellschafters vornehmen: a) Änderungen des Gegenstandes des Unternehmens; b) Formwechsel, Verschmelzung oder Spaltung des Unternehmens; c) Erwerb von oder Beteiligung an anderen Unternehmen sowie deren Veräußerung; d) Veräußerung oder Verpachtung des Unternehmens oder eines Teils des Unternehmens; e) Aufnahme neuer Gesellschafter einschließlich der Beteiligung weiterer stiller Gesellschafter4; f) vollständige oder teilweise Einstellung des Gewerbebetriebes; g) Errichtung von Zweigniederlassungen; h) Abschluss, Änderung oder Aufhebung von Gewinn- und Verlustübernahmeverträgen; i) Abschluss von Rechtsgeschäften, durch die die Gesellschaft im Einzelfall oder jährlich mit mehr als ... Euro belastet wird; j) Investitionen über einen Betrag von mehr als ... Euro; k) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten; l) Rechtsgeschäfte zwischen der Inhaberin und Gesellschaftern der Inhaberin sowie deren Angehörigen, die über den Betrag von ... Euro bzw. bei Dauerschuldverhältnissen von ... Euro p.a. hinausgehen. (3) Beabsichtigt die Inhaberin die Vornahme einer der in Abs. 2 genannten Maßnahmen, so teilt sie dies dem stillen Gesellschafter unter Beifügung etwaiger für die Beurteilung maßgeblicher Unterlagen mit und fordert ihn zur Erteilung seiner Zustimmung auf. Ist eine schriftliche Stellungnahme des stillen Gesellschafters innerhalb von ... Wochen seit Zugang der Aufforderung nicht erfolgt, so gilt seine Zustimmung als erteilt; hierauf ist in der Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme ausdrücklich hinzuweisen. Erklärt der Gesellschafter innerhalb dieser Frist, dass er die vorgenommene Maßnahme nicht billige, so muss er diese bei der Gewinnberechnung und bei der Auseinandersetzung nicht gegen

3 Um von Mitunternehmerinitiative sprechen zu können, muss dem still Beteiligten so maßgeblicher Einfluss auf das Unternehmen des Inhabers, insbesondere seine Geschäftsführung, eingeräumt werden, dass er im Wirtschaftsleben als Unternehmer erscheint. Hierfür reicht im Regelfall die Einräumung der Rechte des Kommanditisten in §§ 164, 166 HGB oder der bürgerlich-rechtlichen Kontrollrechte nach § 716 BGB, vgl. Rz. 20.70. Ihm kann jedoch auch Geschäftsführungsbefugnis eingeräumt werden; in diesem Fall wäre die Vereinbarung eines ausdrücklichen vertraglichen Wettbewerbsverbots in Erwägung zu ziehen; vgl. Rz. 12.33 ff. 4 Bei Publikumsgesellschaften ist dagegen eine ausdrückliche Ermächtigung der Inhaberin zur Aufnahme stiller Gesellschafter empfehlenswert.

1062 | Kauffeld

Vertrag über die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft | M 2

sich gelten lassen. Etwaige weitergehende Rechte des stillen Gesellschafters bleiben unberührt.

§ 5 Informations- und Kontrollrechte, Geheimhaltungspflicht (1) Neben den gesetzlichen Informations- und Kontrollrechten gemäß § 233 HGB stehen dem stillen Gesellschafter auch die Rechte aus §§ 716 BGB, 118 HGB zu. Sie beziehen sich auf alle Bücher und Unterlagen, die der Ermittlung der Besteuerungsgrundlage dienen, also insbesondere auch die Steuerbilanz und die Betriebsprüfungsberichte. Dies gilt auch nach Beendigung der Gesellschaft in dem zur Überprüfung des Auseinandersetzungsguthabens erforderlichen Umfang. (2) Diese Informations- und Kontrollrechte kann der stille Gesellschafter durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer wahrnehmen lassen. (3) Der stille Gesellschafter hat über alle ihm bekannt gewordenen Angelegenheiten der stillen Gesellschaft Stillschweigen zu bewahren. Diese Verpflichtung gilt auch für die Dauer von ... Jahren nach Beendigung der stillen Gesellschaft, es sei denn, das Interesse der Inhaberin erfordert die Geheimhaltung nicht. Im Zweifelsfall wird der stille Gesellschafter eine Weisung der Inhaberin zur Vertraulichkeit bestimmter Tatsachen einholen.

§§ 6–7 Konten des stillen Gesellschafters; Jahresabschluss Wie typische stille Gesellschaft (M 1). § 8 Gewinn- und Verlustbeteiligung (1) Der stille Gesellschafter ist mit ... v.H. am Gewinn und mit ... v.H. am Verlust beteiligt5. Dieser Quote liegen die Kapitalverhältnisse bei Begründung der stillen Gesellschaft zugrunde; ändern sie sich, ist die Quote unter Berücksichtigung der neuen Kapitalverhältnisse entsprechend anzupassen. (2) Der Ergebnisbeteiligung des stillen Gesellschafters ist der im steuerlichen Jahresabschluss ausgewiesene Ertrag vor Berücksichtigung des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinn- und Verlustanteils nach Durchführung folgender Korrekturen zugrunde zu legen6: a) Soweit Vergütungen an Mitunternehmer der Inhaberin gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Steuerbilanz nicht als Aufwand abgesetzt sind, sind diese abzusetzen; b) Soweit Leistungen eines Mitunternehmers, die handelsrechtlich als Ertrag anzusehen sind (z.B. Zinszahlungen) in der Steuerbilanz nicht als Einnahmen ausgewiesen werden, sind diese hinzuzusetzen; 5 Allerdings darf die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters nicht ausgeschlossen werden, da es sonst am Mitunternehmerrisiko fehlt. Fehlt eine besondere Regelung zur Gewinn- und Verlustbeteiligung, so erfolgt diese wegen der Mitunternehmerschaft des still Beteiligten so, als sei dieser Kommanditist des Geschäftsinhabers. 6 Da der atypisch stille Gesellschafter an den stillen Reserven beteiligt ist, findet eine Korrektur um erhöhte Absetzungen, Sonderabschreibungen und steuerfreie Rücklagen nicht statt. Gleiches gilt wegen der schuldrechtlichen Vermögensbeteiligung für Geschäftsvorfälle aus der Zeit vor Beginn der stillen Gesellschaft. Zu berücksichtigen sind dagegen Tätigkeitsund sonstige Vergütungen.

Kauffeld | 1063

M 2 | Vertragsmuster c) Maßnahmen, zu denen der stille Gesellschafter eine nach § 4 Abs. 3 Satz 3 dieses Vertrages erforderliche Zustimmung verweigert hat und die er demnach nicht gegen sich gelten lassen muss, sind für die Ermittlung des Ergebnisses nicht zu berücksichtigen. (3) Wird der Jahresabschluss der Inhaberin (z.B. aufgrund einer steuerlichen Außenprüfung) bestandskräftig geändert, so sind die geänderten Ansätze auch bei der Ergebnisbeteiligung des stillen Gesellschafters zu berücksichtigen; Ausgleichszahlungen sind innerhalb von vier Wochen nach bestandskräftiger Änderung des Jahresabschlusses vorzunehmen.

§§ 9–13 Entnahmen; Abtretung und Belastung von Anteilen; Tod des stillen Gesellschafters; Umwandlung der Inhaberin; Kündigung Wie typische stille Gesellschaft (M 1). § 14 Auseinandersetzung (1) Bei Beendigung der stillen Gesellschaft ist der stille Gesellschafter abzufinden. (2) Das Auseinandersetzungsguthaben errechnet sich aus: a) dem Saldo des Einlage-, Verlust- und Privatkontos; b) dem seiner Beteiligungsquote entsprechenden Anteil des stillen Gesellschafters an den stillen Reserven einschließlich des Geschäftswertes der Inhaberin. (3) Soweit die Beendigung der stillen Gesellschaft nicht mit dem Ende des Geschäftsjahres zusammenfällt, ist zur Ermittlung der Kontenstände auf den Tag der Beendigung der stillen Gesellschaft auf der Grundlage der §§ 7, 8 eine Auseinandersetzungsbilanz aufzustellen7. Die Kosten hierfür trägt der stille Gesellschafter. Am Ergebnis schwebender Geschäfte, die nicht bilanzierungspflichtig sind, nimmt der stille Gesellschafter nicht teil. (4) Zur Ermittlung des Anteils des stillen Gesellschafters an den stillen Reserven ist auf den Tag der Beendigung der stillen Gesellschaft eine Auseinandersetzungsbilanz aufzustellen. Zur Ermittlung der stillen Reserven sind8 a) Grundstücke und Gebäude durch den nach dem Baugesetzbuch bestellten Gutachterausschuss schätzen zu lassen; b) sonstige Wirtschaftsgüter (mit Ausnahme von Beteiligungsrechten) nach den steuerlichen Bewertungsvorschriften anzusetzen; c) steuerfreie Rücklagen, die während der Dauer der stillen Gesellschaft gebildet wurden, aufzulösen;

7 Diese Regelung kann ersetzt werden durch die Zugrundelegung des letzten Jahresabschlusses und eine zeitanteilige Ergebnisbeteiligung für das laufende Geschäftsjahr, wobei in diesem Fall nach Erstellung des neuen Jahresabschlusses der zeitanteilige Ergebnisanteil ergänzend berücksichtigt werden sollte. 8 Bei weniger umfangreichem Betriebsvermögen der Inhaberin kann auch ein weniger aufwendiges Bewertungsverfahren durchgeführt werden, etwa nach dem Verkehrswert der stillen Reserven. Kommt eine Einigung hierüber nicht zustande, so kann die Bewertung durch einen Schiedsgutachter durchgeführt werden.

1064 | Kauffeld

Vertrag über die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft | M 2

d) Beteiligungen entsprechend den Buchstaben a–c zu behandeln, bzw., soweit es sich um zum amtlichen Handel zugelassene oder in den geregelten Freiverkehr einbezogene Wertpapiere handelt, die entsprechenden Kurse anzusetzen. (5) Der Geschäftswert ist durch einen von beiden Vertragsparteien zu benennenden Wirtschaftsprüfer zu ermitteln9. (6) Endet die stille Gesellschaft mit Liquidation der Inhaberin, so ist für die Ermittlung der stillen Reserven und des Geschäftswertes der Liquidationserlös maßgebend. (7) § 8 Abs. 3 gilt entsprechend. (8) Das Auseinandersetzungsguthaben ist – außer im Falle der Liquidation der Inhaberin – in ... gleichen Vierteljahresraten auszuzahlen, von denen die erste drei Monate nach dem Tag der Auflösung der stillen Gesellschaft fällig wird. Vorzeitige Tilgungen sind jederzeit möglich. Die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens ist angemessen zu strecken, wenn die Zahlung nach Satz 1 der Inhaberin im Hinblick auf ihre Liquiditätslage unzumutbar ist. Wird die stille Gesellschaft durch Liquidation der Inhaberin beendet, so ist der Auseinandersetzungsanspruch innerhalb von ... Monaten nach seiner Feststellung fällig. (9) Der noch ausstehende Teil des Auseinandersetzungsguthabens ist mit ... v.H. über dem jeweils gültigen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Die aufgelaufenen Zinsen werden ebenfalls verzinst. Sie sind mit der letzten Rate fällig.

§§ 15–17 Schriftform, salvatorische Klausel; Gerichtsstand; Vertragsausfertigung, Vertragskosten Wie typische stille Gesellschaft (M 1). Ort, Datum:

...

Geschäftsinhaberin:

...

Stiller Gesellschafter:

...

9 Die Ermittlung des Firmenwertes ist in der Regel schwierig. Es kann daher zweckmäßig sein, die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Geschäftswert auszuschließen. Zumindest bei Liquidation des gesamten Unternehmens muss freilich der stille Gesellschafter auch am Geschäftswert beteiligt werden, um die Anerkennung der stillen Gesellschaft als Mitunternehmerschaft zu erreichen, vgl. Rz. 20.70 ff. Bei der atypischen stillen Gesellschaft ist allerdings zwar nicht bei Beendigung allein der stillen Gesellschaft, wohl aber bei Auflösung des gesamten Unternehmens eine Beteiligung des still Beteiligten am selbstgeschaffenen Firmenwert erforderlich, vgl. Rz. 20.75 ff. Diese geschieht dann über den Liquidationserlös.

Kauffeld | 1065

Stichwortverzeichnis Die Zahlen beziehen sich auf Randziffern, Ziffern mit dem Zusatz „M“ auf die Muster des IV. Teils.

Abfärbetheorie

– Einkommensteuer 22.10 ff. Abgeltungsteuer 22.288 f., 23.20 – Ausnahmetatbestände 22.260 ff. – Ausnahmetatbestände, Folgen 22.270, 22.272 – Günstigerprüfung 22.284, 22.298 ff. – Kapitalertragsteuer 22.283, 22.287 – nahestehende Personen 22.261 ff. – Pflichtveranlagung 22.294 f. – qualifizierte Beteiligung 22.264 ff. – typische stille Beteiligung 23.22 – Veranlagungsoption 22.298 f. – Veranlagungswahlrecht 22.296 f. – Verluste 22.256 – Werbungskosten 22.231 f., 22.257, 23.21 Abgrenzung stille Gesellschaft andere Rechtsformen – Abgrenzung Geschäft auf gemeinsame Rechnung 5.4 – Darlehen 10.38, 21.61 – Genussrechte 5.38 – Gesellschaft bürgerlichen Rechts 5.6 – Handelsgesellschaften 4.17 ff. – Kapitalgesellschaften 4.17 ff. – KG 5.8 ff. – Koalitions-Franchising 5.2 – Kommissionsgeschäft 5.52 f. – Metageschäft 6.50 – Miet-, Pacht-, Verlagsvertrag 5.49 ff. – OHG, KG 5.8 – partiarische Rechtsverhältnisse 5.18 ff. – partiarischer Dienstvertrag 5.39 ff. – partiarisches Darlehen 4.21, 5.20 ff., 29.4 – Personenhandelsgesellschaften 5.8 ff. – stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts 5.2 f., 5.7 – Treuhand 5.54 ff. – Unterbeteiligung 5.5 Abgrenzung typische, atypische stille Gesellschaft 20.66, 20.76 – Beteiligung an stillen Reserven 20.75 – GmbH & Co. KG & Still 20.81

– GmbH & Still 20.78 f. – Grundlagen 20.59 ff. – Steuerrecht 20.15 Abgrenzung zum Arbeitslohn 20.16 Abschichtungsbilanz 15.10 Abtretung – siehe Übertragung Abwicklungsgesellschaft – stille Gesellschafterin 6.41 Accomodatio 3.2 AG & Still 8.22 Agio 22.230, 23.88 Aktiengesellschaft – Firma 10.10 – Geschäftsinhaber 6.24, 8.18 f., 8.25 – Geschäftsinhaberin 9.58 – Rentengesellschaft 8.21 – stille Gesellschafterin 6.37 – Teilgewinnabführungsvertrag 8.18 – Zustimmung der Hauptversammlung 8.25 – Zweck 1.13 Anfechtung – siehe Insolvenzanfechtung Angehöriger – siehe Naher Angehöriger Anglo-amerikanischer Rechtskreis 3.59 Anhang 13.88, 13.108 Anlegerschutz 18.120, 18.123 – Agio 22.230 – aufsichtsrechtliche Schranken 18.166 f. – Prospekthaftung 18.121, 18.123, 18.130 Anschaffungskosten – negatives Kapitalkonto 22.122 Apotheken – Berufsrecht 9.77 Arbeitnehmer 2.24, 5.39 ff. – atypische stille Gesellschaft 2.29 ff. – Beteiligungsübergang im Todesfall 5.43 – Gewinnbeteiligung 2.27 f., 5.40 f. – Kontrollrechte 5.46 – Mitunternehmerschaft 2.29 ff. – typische stille Gesellschaft 2.33 ff.

1067

Stichwortverzeichnis – Umsatzbeteiligung 5.40 – Verlustbeteiligung 5.42 – Vermögensbeteiligungsgesetz 2.37 ff. Arbeitsleistung 21.48 f. Arbeitsvertrag – siehe Arbeitnehmer – siehe Dienstvertrag, partiarischer ARGE 24.7 Associazione in partecipazione 3.20, 3.22 Atypische stille Gesellschaft 1.30 ff., 4.14 f., 4.26 ff., 22.53 – Abfärbetheorie 22.10 ff. – Auflösung 22.131, 22.136 f. – Auseinandersetzungsguthaben 15.30 ff. – Bareinlage 22.33 – Begriff, steuerrechtlicher 4.33 – Beteiligtenfähigkeit 22.156 – Betriebsvermögen 22.22 ff. – einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 22.24, 22.152 ff. – Einkünftequalifikation 22.6, 22.9 – Einlagekonto 22.33, 22.35 – Einlageminderung 22.83 ff. – Einspruchsbefugnis 22.157 ff. – Ergänzungsbilanz 22.38 – Erscheinungsformen 4.26 ff. – familiengerichtliche Genehmigung 9.46 f. – fehlerhafte Gesellschaft 11.8 ff. – Geschäftsführungsbefugnis 4.32 – gewerbliche Prägung 22.6 ff., 22.10 ff., 22.16, 22.19, 22.22 – Gewinnanteil 22.6 ff., 22.50, 22.52 – Gewinnbeteiligung 22.50 – Gewinnermittlung 22.22 ff. – Gleichbehandlung der Gesellschafter 12.1 – GmbH-Anteil 22.42, 22.68 – Gründung 22.3 f. – KG 9.66 ff. – Kündigung 14.23 – Mitunternehmerschaft 4.24, 20.74, 22.5 – negatives Kapitalkonto 22.122 ff. – OHG 9.66 ff. – partielle Beteiligung 22.13, 22.41 – Rechtsberatung 9.78 – Rechtsformwahl 4.25 ff. – Sacheinlage 22.33 – Sonderbetriebsvermögen 22.40 ff. – Sonderbilanz 22.41 – Sondervergütungen 22.40 – Steuerbilanz 22.22 ff. – Steuerrechtssubjektivität 20.67 ff., 22.5, 22.32

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– Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation 22.9, 22.152 – Veräußerungsgewinn, -verlust 22.114 ff. – Verlustausgleich 22.66 – Verlustbeteiligung 8.40, 22.66 ff. – Verlustrücktrag 22.66 – Verlustvortrag 22.66 – Vermögensbeteiligung 4.14 f., 7.63 – Vertragsmuster M 2 – Wettbewerbsverbot 12.33, 12.42 – Zulässigkeit 1.32 ff. Atypische Unterbeteiligung – Gewerbesteuer 31.84 – GmbH-Anteil 31.54 – Körperschaftsteuer 31.81 – Mitunternehmerschaft 31.19 – Mitunternehmerstellung 31.21 – Unterbeteiligter 31.19 Auflösung 10.23 ff. – Abwicklungsgesellschaft 14.3 – atypische stille Gesellschaft 22.131, 22.136 f. – Auseinandersetzungsguthaben 10.23 ff. – Fortsetzungsklauseln 14.9 – mehrgliedrige stille Gesellschaft 14.6 – Nachlassteilung 14.52 – schwebende Geschäfte 10.23 ff. – steuerliche Folgen 22.131, 22.136 f., 22.202 f., 22.218 ff. – Tod des Inhabers 4.23 – typische stille Gesellschaft 22.202 f., 22.218 ff. – Wesen 14.1 ff. – Wirkungen 14.1 ff. – Zeitpunkt 14.3 f. Auflösungsgründe – siehe auch Auflösung 14.8 – Anteilsveräußerung 14.72 – auflösende Bedingung 14.13 – Auflösung Geschäftsinhaber 14.58 – Eheschließung 14.69 – Einlagerückgewähr 14.71 – Geschäftsfähigkeit 14.67 – Gläubigerkündigung 14.39 ff. – Handelsgewerbe 14.70 – Insolvenz 14.62 ff., 16.7 – Insolvenzplanverfahren 16.8 – Konfusion 14.68 – Kündigung 14.21 ff., 14.30 ff. – Tod des Geschäftsinhabers 14.42 ff. – Tod des stillen Gesellschafters 14.49 ff.

Stichwortverzeichnis – Unmöglichkeit 14.15 ff. – Unternehmensveräußerung 14.72 – Vereinbarung 14.10 – Zeitablauf 14.11 f. – Zweckerreichung 14.14 Auseinandersetzung 4.29, 15.40 ff. – Abschichtungsbilanz 15.10 – Abschreibungen, überhöhte 15.25 – Anspruchsverrechnung 15.7 – atypische stille Beteiligung 15.30 ff. – Auszahlungsanspruch 15.40 ff. – Begriff 15.9 – Dienstleistungen 15.34 ff. – Drittbeziehungen 15.7 – Durchsetzungssperre 15.9 – Einlage 15.7, 15.23 – Erfolgsermittlungsbilanz 15.10 – Gesamtabrechnung, Ausnahmen 15.8 – Geschäftswert 15.27 – gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen 15.18 – Hin- und Herzahlungen 15.8 – Innen-KG 15.13 – Klage 15.19 – Kontrollrechte 15.50 ff. – negatives Kapitalkonto 15.53 ff. – schwebende Geschäfte 15.19, 15.64, 15.66 f. – Sonderfälle 15.32 ff. – stille Rücklagen 15.25 – Stufenklage 15.19 – typische und atypische stille Gesellschaft 15.10 – unterlassene Abschreibungen 15.26 – Unternehmenswert 15.22 – Vertragsfreiheit 15.11 – Wesen 15.1 ff. – Zeitpunkt 15.15 f. – Zweck 15.7 Auseinandersetzungsanspruch – Fälligkeit 15.42 Auseinandersetzungsguthaben 10.23 ff., 15.17, 15.19 – atypische stille Gesellschaft 15.30 f. – Auszahlungsanspruch 15.40 ff., 15.74 – Auszahlungssperre 13.54 ff. – Berechnung 15.21 ff. – Beteiligungskonto 15.21 – Bilanzierung 13.70 ff. – Dienstleistungen 15.34 ff. – Durchsetzung 15.45 f., 15.48 – Durchsetzungssperre 15.20, 15.47

– einfache Rechnungsposten 15.20 – Ermittlung 15.17 – Fälligkeit 15.43 f. – Firmenwert 15.22 – Gebrauchsüberlassung 15.37 – Gesellschaftsvertrag 10.23 ff. – Insolvenz 16.49 ff., 16.59, 16.80 – Rechtsnatur 15.32 – Rente 15.44 – Sacheinlage 15.37 ff. – typische stille Gesellschaft 15.22 ff. – Verzinsung 15.41 Ausländische Anteilseigner – beschränkte Steuerpflicht 29.1 ff. – Körperschaftsteuer 29.20 Auslandsgesellschaften, europäische – siehe Europäische Auslandsgesellschaften Außensteuergesetz 29.39 ff. Ausstattungsversprechen 7.30

Bankaufsichtsrecht

19.1 Bareinlage 22.33 Begriff der stillen Gesellschaft – Steuerrecht 20.5 – Zivilrecht 4.1 ff. Beherrschender Gesellschafter 21.87, 21.89 – Begriff 21.89 ff. – steuerliche Behandlung 20.83, 21.94 ff. Beitragsleistung – Arbeitskraft 7.27 ff., 21.48 f. – Aufrechnung 7.11 – Bewertung 13.50 f. – Bilanzierung 7.7 ff., 7.31 ff., 13.44 ff. – Dienstleistungen 7.38 ff., 13.46 f. – Einbuchung 7.18 ff. – Einlage quoad sortem 7.36 f. – Einlagegutschrift 7.65 – Einrede des nichterfüllten Vertrags 7.55 – Formen 7.6 ff. – Gebrauchsüberlassung 7.31 ff. – Geld- oder Warenkredit 7.43 – Geldeinlage 7.10 ff. – gesetzeswidrige 7.50 – Gewährleistung 7.56 f. – Gläubigerverzug 7.60 – immaterielle Beiträge 7.45 – immaterielle Vermögensgegenstände 13.48 – Mängelgewährleistungsanspruch 7.58 – Nutzungen 13.45 ff. – Nutzungsrechte 13.45 – Rückstand 13.49

1069

Stichwortverzeichnis – Sacheinlage 7.15 ff. – Schenkung 7.18 ff. – sittenwidrige 7.50 – steuerliche Bedeutung 20.45 – Störungen 7.50 ff. – Treuhandverhältnis 7.60 – Über-, Unterbewertung 7.26 – Unmöglichkeit 7.51 f. – Unterlassungen 7.44 – Verjährung 7.56 – Verzug 7.54, 7.59 – Wert des Streitgegenstands 7.58 – Zeitpunkt 7.46 ff. Beitragspflicht 7.1 ff. – Abgrenzung zu Einlage und Beteiligung 7.1 f. – Geschäftsinhaber 12.2 f., 12.5 f. – Pflichtverletzung 7.54 f., 7.59 – Umfang 7.3 ff. – Verzug 7.55 Belgien 3.36 ff. Berichtigungsveranlagung 22.186 f. Berufsrecht 9.76 – Apotheken 9.77 Beschränkte Steuerpflicht 29.1 ff. – atypische stille Gesellschaft 29.14 ff. – Außensteuergesetz 29.39 ff. – Betriebsstätte 29.15 – Einkommensteuer 29.1 ff. – Erbschaftsteuer 29.21 – Körperschaftsteuer 29.20 – negative ausländische Einkünfte 29.44 ff. – typische stille Gesellschaft 29.6 ff. Beteiligungsverhältnis 7.61, 7.64 – Vermögensbeteiligung 7.63 Betreute 9.44 Betriebsaufspaltung – Einkommensteuer 22.102 ff. – Kontrollrechte 12.58 Betriebsausgaben – typische Unterbeteiligung 31.3 f. – typischer Unterbeteiligter 31.3 Betriebsfinanzamt 22.153 f. Betriebsvermögen 20.90, 22.22 ff., 22.249 – phasengleiche Aktivierung 22.197 Bewertung – Dienstleistungen 13.46 – Einbringung 22.3 – Gewinnbeteiligung 22.35 – IFRS/IAS 13.89 ff., 13.105 – Vermögenseinlage 10.21 Bilanz 13.16 ff.

1070

– Abschichtungsbilanz 15.10 – Aufstellung 13.19 – Auseinandersetzungsguthaben 13.70 ff. – Bedeutung 13.12 – Eigenkapital 13.24 ff. – Erfolgsermittlungsbilanz 15.10 – Ergebniskorrektur 13.67 – Feststellung 13.19 – Fremdkapital 13.25, 19.11, 19.22 – interne Rechnungslegung 13.12 – stille Beteiligung 13.81 ff. – Unterzeichnung 13.19 Brexit-Steuerbegleitgesetz 27.1 Buchführung 13.1, 13.4, 13.12, 13.16 ff. – Bedeutung 13.12 – Einlagekonto 13.18 f. – Pflicht 13.12 ff. Buchwertklauseln – Wirksamkeit 10.24 ff.

Collegantia

3.3 Commenda 3.2 Commendator 3.1 CRR 19.15

Darlehen, partiarisches

4.21 – Abgrenzung stille Gesellschaft 4.21, 10.38 – Abgrenzung zur stillen Gesellschaft 5.20 ff., 21.61 – Insolvenz des Darlehensnehmers 5.27 – Kapitalmarktrecht 5.31 – Kündigung 5.22 – Rückzahlung 5.22 – Steuerrecht 5.30 – Tod des Darlehensnehmers 5.28 – Übertragbarkeit 5.25 – Widerruf 5.26 Dienstleistungen – Vermögenseinlage 7.38 Dienstvertrag, partiarischer 2.27 f., 5.39 ff. – Abgrenzung stille Gesellschaft 5.39 – Gewinnbeteiligung 5.40 f. – Kontrollrechte 5.46 ff. Dokumentationspflichten 20.26 Doppelbesteuerung 29.23 ff. – per-country-limitation 29.25 Doppelbesteuerungsabkommen 29.27 f., 29.31 – atypische stille Gesellschaft 29.33 ff. – Außensteuergesetz 29.39 ff.

Stichwortverzeichnis – Großbritannien 29.38 – Qualifikationskonflikt 29.35 ff. – Schweiz 29.36 – Treaty Override 29.37 f. – typische stille Gesellschaft 29.28, 29.31 f. – USA 29.32 Doppelstöckige Personengesellschaft 24.9 f., 24.45 ff., 24.72a ff.

E-Bilanz

– Übermittlungspflicht 13.6, 13.9 Eigenkapital – CRR 19.2 – Gewinn- und Verlustbeteiligung 13.66 – Qualifikation 13.2 Eigenkapitalähnliche stille Beteiligung 7.81, 16.18 f. – Abgeltungsteuer 22.289 – Auflösungsgewinn 22.202 f., 22.218 – CRR 19.16 – Einspruch 22.157 ff. – Ergänzungskapital 19.25 – Finanzplanabrede 16.33 – gewillkürte 16.18 f. – GmbH 16.65 ff. – GmbH & Co. KG 16.67 – Kernkapital 19.4 f., 19.16 – Kernkapital, zusätzliches 19.19 – KWG 7.82, 19.4 f. – MoMiG 16.32, 16.66, 16.128 – Nachrangabrede 16.19 – negative Einnahmen 22.185 – steuerliche Bedeutung 19.11 – stille Beteiligung als Gesellschafterdarlehen 16.65 ff. – typische stille Beteiligung 22.182 – typische stille Gesellschaft 22.166 ff. – Werbungskosten 22.230 ff., 22.235 f., 22.238 Eigenkapitalersatz – Nachrangdarlehen 16.41 Eigenkapitalersetzende stille Beteiligung 23.96 ff. – gesetzliche 16.23 – Gesetzlicher Nachrang 16.24 – gewillkürte 16.23 – Vertraglicher Nachrang 16.27 Einbringung – GmbH & atypisch Still 23.70, 23.76 – Kapitalgesellschaft 22.140 f. – quoad sortem 7.36 f. – quoad usum 7.31 ff.

Einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 22.152 ff. – gewerbliche Einkünfte 22.10 ff. – Gewinn- und Verlustfeststellung 22.87 – Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter 22.107 – Unterbeteiligung 31.30 f., 31.66 Einkommensteuer – siehe auch Abgeltungsteuer – Abfärbetheorie 22.10 ff. – beschränkte Steuerpflicht 29.1 ff. Einkünfte aus Gewerbebetrieb – atypische stille Gesellschaft 22.6 ff. Einkünfte aus Kapitalvermögen 22.181 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft – typische stille Beteiligung 22.182 – typische stille Gesellschaft 22.182 Einkünfte aus selbständiger Arbeit – Geschäftsführergehalt 22.52 f. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung – Sacheinlage 22.33 Einkünfteermittlung – GmbH & atypisch Still 23.68 – Sondervergütungen 23.68 Einkunftsart – Forderung 22.33 Einlagekonto 7.78 f., 8.121 f., 8.124, 22.37 – Auseinandersetzung 15.23, 15.53 ff. – Ausschüttungen 15.61 – Buchwertabfindung 10.24 f. – Einkommensteuer 22.33, 22.35, 22.74 – Ergänzungsbilanz 22.38 – Gewinnanteile 8.121 – Gewinnthesaurierung 8.122 – steuerliche Bewertung 22.35 Einlageleistung 7.1 ff. – Thesaurierungsbegünstigung 22.88 Einmann-Kapitalgesellschaft 6.48 – handelsrechtliche Anerkennung 2.8 – steuerrechtliche Anerkennung 2.11 f. England 3.59 Entnahme – Bilanzierung 13.63 Entzug der Geschäftsführung – stiller Gesellschafter 12.38 Erbengemeinschaft 9.75 – Geschäftsinhaberin 6.35 – Nachlassteilung 14.52 – stiller Gesellschafterin 6.44 – Umwandlung in OHG 14.46

1071

Stichwortverzeichnis Erbfolge – Beteiligung an der Unternehmenssubstanz 2.20 – Tod des Geschäftsinhabers 4.23 – Unterbeteiligung 30.3 f. – vorweggenommene Erbfolge 2.21 Erbschaftsteuer 27.1 – beschränkte Steuerpflicht 29.21 – Betriebsvermögen 27.27, 27.31 – Bewertung 27.27 ff. – BVerfG 27.28 – Dienste 27.44 – dingliche Sicherheit 27.43 – Entstehung 27.20 ff. – Erbschaftsteuerrichtlinien 27.2 f. – Ertragswertverfahren, vereinfachtes 27.52 ff. – Freibeträge 2.22, 27.79 f. – Gegenstand der Zuwendung 27.24 – Gewinnbeteiligung 8.13, 27.10 f., 27.36 – Gewinnbeteiligung, Übermaß 27.16 ff. – Jahresertrag 27.53 – Kapitalforderungen 27.27, 27.28 – Kapitalisierungsfaktor 27.54 – Kapitalkonto 27.6 – Mitunternehmeranteil 27.70 f. – Privatvermögen 27.32 – Rückdatierung 27.23 – Schenkung 2.22, 7.18 ff., 27.5 ff. – Sonderbetriebsvermögen 27.48 – Steuersätze 27.81 – Steuertatbestand 27.4 – Unterbeteiligung 30.3 f., 31.90 ff. – Verfassungsrecht 27.1 – Verlust 27.41 – Vermögenseinlage 27.6 – Verschonung 27.59 ff. – Zuwendungsnießbrauch 27.73 Erfolgsermittlungsbilanz 15.10 Ermäßigter Steuersatz 22.147 Europäische Auslandsgesellschaften – Geschäftsinhaber 6.31 ff. – Umwandlung Geschäftsinhaber deutscher Rechtsform 17.69 EWIV 6.23 – Geschäftsinhaber 6.23 – stiller Gesellschafterin 6.40

Familiengerichtliche Genehmigung – Gesellschaftsvertrag 9.46 ff. – Schiedsvertrag 10.52

1072

– steuerliche Anerkennung 21.35 – Unterbeteiligung 30.36 Familiengesellschaft 2.18 ff., 20.86 f. – siehe auch Familiengerichtliche Genehmigung – Ausstattungsversprechen 7.30 – befristete Schenkung 21.42 – Beitragsleistung 21.48 f. – Entnahmerecht 21.44 – Ergänzungspfleger 9.45 – Fremdvergleich 21.36 ff. – Gewinn- und Verlustbeteiligung 21.38, 21.44 – klare und eindeutige Vereinbarung 21.30 ff. – Kontrollrechte 21.37 – Kündigungsrecht 21.43 f. – Minderjährige 9.40 f. – Nachweis 21.27 f. – Nichtanerkennung 21.62, 21.74 – Schenkung 21.54 f., 21.59 – Schenkungsteuer 21.47 – steuerliche Anerkennung 21.2, 21.22, 21.28 – steuerliche Bedeutung 21.44 – tatsächliche Durchführung 21.46 ff. – typisch stille Beteiligung 21.22 – Verfügung über Gewinnanteil 21.46 f. – Vermögenseinlage 21.46 ff. – zivilrechtliche Wirksamkeit 21.33 f. Fehlerhafte Gesellschaft 11.1 ff., 11.19 ff., 11.24 Fehlerhafte Gesellschaft – Bestandsschutz 11.3 – Grenzen 11.19 ff. – Grundsätze 11.4 – Minderjährige 11.24 f. – Rechtsfolgen 11.28 ff. – Schadensersatz 11.32 – Scheingesellschaft 11.27 – steuerliche Bedeutung 21.33 f. – Steuerrecht 20.11 – Verkehrsschutz 11.3 Feststellungsbescheid 22.152 ff. Fiktivkaufleute 6.15 Firma 10.6 ff. Firmenwert 8.87 Formbedürftigkeit 20.25 – Gesellschaftsvertrag 20.33 f. – steuerliche Bedeutung 21.31 Formelle Privatisierung 2.48 Frankreich 3.8 ff.

Stichwortverzeichnis Fremdkapital – Abgrenzung zu Eigenkapital 19.11 – Qualifikation 13.2 Fremdvergleich 21.36 ff. Fünftelregelung 22.151

Garantieversprechen 4.9 Gebrauchsüberlassung 7.31 ff. Geheimhaltungspflicht 10.41 f. Geldeinlage 7.10 ff. Gemeinsamer Zweck 4.9 Genossenschaft – Genussrechte 5.38 – Geschäftsinhaber 6.27 f. – stille Gesellschafterin 6.39 Gerichtsstand 10.16 Gerichtsstand der Mitgliedschaft 6.54 Geschäftsführung – atypischer stiller Gesellschafter 22.53 – Aufgaben 12.2 f., 12.5 f., 12.18 – Aufnahme eines stillen Gesellschafters 2.8 – Aufwendungen 12.23 – Ausschluss des Geschäftsinhabers 12.21 – Außenverhältnis 5.11 f., 12.3, 12.37 – außergewöhnliche Maßnahmen 12.61 f. – Befugnisse 12.19 – Berichtigungsveranlagung 22.186 f. – Beschränkung 12.20 f. – Betriebsprüfung 22.186 f. – Einkommensteuer 22.167 ff. – Einkommensteuer, typische Unterbeteiligung 31.16 – Einnahme-Überschuss-Rechnung 22.170 – Entzug 12.22 – Geschäftsführergehalt 22.53 – Gesellschaftsvertrag 12.1, 18.82 – Haftung 12.26 f. – Pflicht des Geschäftsinhabers 12.18 – Pflichtverletzung und Kündigung 12.28 – Privatentnahmen 12.25 – Prozesspartei 10.16 – Rechtsstellung 18.82 ff. – steuerliche Behandlung des Gehalts 22.52 f. – stiller Gesellschafter 12.36, 12.38 f. – Tod 4.23 – Treuepflicht 12.1, 12.29 ff., 18.82 – Überschreitung der Befugnisse 12.19 – Veräußerung des Geschäftsbetriebes 12.17 – Vergütung 12.23 f. – Vertretung 12.3

– Zustimmungsbedürftigkeit 12.20 Geschäftsinhaber – Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis 12.20 – Betreiber des Handelsgewerbes 12.4 – Betreibereigenschaft 6.16 – Erbengemeinschaft 6.35 – Erbfolge 10.55 ff. – EWIV 6.23 – Fiktivkaufmann 6.15 – Firma 10.6 ff. – Gelegenheitsgesellschafter 6.6 f. – Grenzen des unternehmerischen Spielraums 12.8 ff. – Grundtatbestand der Geschäftsinhaberschaft 6.4 – Handelsgesellschaft 6.24 – Handelsgewerbe 6.12 ff. – Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital 6.26 – Kapitalverwaltungsgesellschaft 6.26 – Kaufmannseigenschaft 6.1 f. – Körperschaften des öffentlichen Rechts 6.36 – Liquidationsgesellschaft 6.30 – natürliche Person 6.4 – Partnerschaftsgesellschaft 6.22 – Personenhandelsgesellschaft 6.18 f. – Persönliche Umstände 12.4 – Pflicht zur Fortführung des Handelsgewerbes 12.13 ff. – Pflicht zur Geschäftsführung 12.2 f., 12.5 f., 12.18 – Pflicht zur Rücksichtnahme 12.7 – Privatentnahmen 12.25 – Recht zur Geschäftsführung 12.2 f., 12.5 – Rechtsstellung 12.2 ff. – REIT-Aktiengesellschaften 6.26 – Societas Europaea 6.24 – Stellvertretung 12.37 – Stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts 6.3 – Tod 4.23, 10.55 ff., 14.42 ff. – Vermögensgemeinschaft 4.28 – Vermögensverwaltung 6.6 – Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit 6.29 – Vorgesellschaft 6.24, 6.25 – Vornahme von Inhabergeschäften 12.6 – Wechsel 10.39 – Wettbewerbsverbot 12.33 ff. Geschäftsveräußerung im Ganzen 25.35 Geschäftsvermögen 4.20

1073

Stichwortverzeichnis Gesellschaft bürgerlichen Rechts 5.6 f. – mehrere stille Gesellschafter 6.57 f., 6.62 – Unterbeteiligung 6.53 – Zweck 1.12 Gesellschafterdarlehen 16.38, 16.41, 16.43 – des eigenkapitalähnlichen Stillen 16.38 – stille Beteiligung 16.65 f., 16.72, 16.88 Gesellschafterwechsel – siehe auch Übertragung der stillen Beteiligung – siehe auch Veräußerung des Geschäftsbetriebs – Gesellschaft als stille Gesellschafterin 6.42 Gesellschaftsvermögen – atypische stille Gesellschaft 4.14 f. – Pfändung 4.15 – stille Gesellschaft 4.3 Gesellschaftsvertrag 9.3, 20.25 – AG 8.18 f., 8.25, 8.30 – AG als Geschäftsinhaberin 9.58 – AG als stille Gesellschafterin 9.60 – Allgemeine Geschäftsbedingungen 9.33 – Änderung des Handelsgewerbes ohne Zustimmung 12.10 ff. – Auflösungsklage 14.34 – Auseinandersetzung 15.11, 15.28, 15.43 – Auslegung 21.30 – Bedeutung 4.19, 9.1 f. – Bedingung 9.23 – Befristung 9.23 – Beitragspflicht 7.3 ff. – Berufsrecht 11.23 – Besondere Abschlusskonstellationen 9.18 – Betreuter 9.44 – Einmann-GmbH & Still 21.100 – Entstehung der stillen Gesellschaft 9.1 – Erbengemeinschaft 9.75 – Essentialia negotii 9.3 – familiengerichtliche Genehmigung 9.46 f. – Form 21.31 – Formbedürftigkeit 9.24 ff., 20.33 f., 21.30 ff. – Gemeinsamer Zweck 9.3 – Genossenschaft als Geschäftsinhaberin 9.64 – Genossenschaft als stille Gesellschafterin 9.65 – Gesellschaft bürgerlichen Rechts 9.73 – Gesellschaft in Liquidation 9.74 – Gesellschaftsvertrag 20.35 – Gesetzeswidrigkeit 11.20 ff. – Gestaltungsfreiheit 1.16 ff.

1074

– Gewinnbeteiligung 8.1 – GmbH 8.23 f. – GmbH als Geschäftsinhaberin 9.61 – GmbH als stille Gesellschafterin 9.63 – Grundstück 9.25 f. – Handelsgeschäft 9.6 – Inhabergeschäft 9.56 – Inhalt 9.2 f. – Inhaltsmängel 9.31 f. – Insichgeschäft 9.39, 9.45 – Kapitalgesellschaft 9.61 – Kartellverbot 9.83, 9.85 – KG 9.66 ff., 9.71 f. – Konsens der Parteien 9.21 – Kontrollrechte 15.52 – Kündigung 14.33 ff. – Kündigungsfristen 14.28 – Kündigungsklausel 18.93 ff. – Kündigungsrecht 14.23 f. – Mängel 11.1 ff. – Mehrgliedrigkeit 9.19 – Minderjährige 9.40 f., 11.24 f. – Missbrauch der Vertretungsmacht 9.35 ff. – Muster M 1, M 2 – Nichtigkeit 8.15, 11.2 f., 11.21 – OHG 9.66 ff., 9.71 f. – Organisationsrechtliche Natur 9.5 – Rechtsnatur 9.6 f. – Schenkungsversprechen 9.27 – Schuldvertragliche Natur 9.4 – schwebende Geschäfte 15.64 – Sittenwidrigkeit 9.32, 11.20 ff. – Stellvertretung 9.18, 9.35 ff., 9.54 – Stellvertretung durch Bevollmächtigte 9.55, 9.57 – Täuschung, Drohung 11.26 – Tod des Geschäftsinhabers 14.43 f. – Tod des stillen Gesellschafters 14.55 f. – Unterbeteiligung 30.26 ff. – Verbraucherschutz 9.34 – Versteckter Einigungsmangel 9.22 – Vertragspartner 9.19, 9.40 – Vertragsschluss 9.55 – Vertragsschluss durch die Parteien 9.8 – Vertragsschluss durch Prokuristen 9.56 – Vertretung kraft Amtes 9.54 – Vorvertrag 9.20 – Wettbewerbsrecht 9.84 – Widerruf 9.34 – Willensmängel 9.30, 9.33 – Wirksamkeit 9.20 – Wirksamwerden 9.23

Stichwortverzeichnis – Zustimmungserfordernis 8.26 ff. Gesellschaftsvertrag – Inhalt 10.1 ff. – Auseinandersetzungsguthaben 10.23 ff. – Beitragsleistung 10.21 f. – Dauer 10.40 – Eintrittsrecht 10.65 – Erbfolge 10.62 ff. – falsa demonstratio 10.3 – Firma 10.6 ff. – Geheimhaltung 10.41 f. – Gestaltungsfreiheit 10.1 – Gewinn- und Verlustbeteiligung 8.8 ff., 8.40 f., 10.21 f. – Glücksspiel 10.14 – Informationsrechte 10.17 ff. – Insolvenz 16.19, 16.30 f. – Kontrollrechte 10.17 ff. – Mindestinhalt 10.1 ff. – Mitwirkungsrechte 10.17 ff. – Schiedsvertrag 10.46 ff. – schwebende Geschäfte 10.23 ff. – Sicherheiten 10.43 – Sitz des Unternehmens 10.15 f. – stille Reserven 10.25 – Übertragung der stillen Beteiligung 10.29 ff. – Unternehmensgegenstand 10.13 f. – Vertragsstrafen 10.65 – Vorkaufsrecht 10.65 Gesellschaftszweck 1.11 ff. – Änderung 4.31 Gestaltungsfreiheit 1.17, 1.28 ff. – Gesellschaftsform 1.16 ff. – Grenzen 1.18 ff., 1.26 – Gründe 1.16 – stille Gesellschaft 1.28 ff. Gestaltungsmissbrauch 20.10, 20.50 ff. Gewerbe 6.6 – Erlaubte Tätigkeit 6.8 – Freiberufliche Tätigkeit 6.11 – Gelegenheitsgesellschaft als Hauptgesellschafterin 6.7 – Gewinnerzielungsabsicht 6.9 – Wirtschaftliche Tätigkeit 6.9 Gewerbebetrieb 6.5 Gewerbeertrag – Ermittlung 24.26 ff., 24.76 f. Gewerberechtliche Errichtungsschranken 9.80 Gewerbesteuer – Abfärberegelung 24.8, 24.74 – Abzugsfähigkeit 23.17, 24.5

– Anrechnung 22.165, 24.3, 24.59 ff., 24.73 f. – ARGE 24.7 – atypische stille Gesellschaft 24.6 – atypische Unterbeteiligung 31.83 f. – Besteuerungsgrundlage 24.26 ff., 24.31, 24.76 f. – doppelstöckige Personengesellschaft 24.9 f., 24.45 ff., 24.72a ff. – Erhebungszeitraum 24.57 – Erweiterte Kürzung 24.8, 24.32, 24.74 – Freibetrag 24.55 ff., 24.74 – Gewerbeertrag 24.26 ff., 24.31, 24.76 f. – GmbH & Still 21.83 – Haftung 24.25 – Hebesatz 24.58 – Hinzurechnung 24.21, 24.29 f., 24.78 ff. – Körperschaftsteuer 31.83 – Kürzung 24.21, 24.31 – mehrere Gewerbebetriebe 24.9, 24.12, 24.74 – mehrere stille Beteiligungen 24.11 – Mindestbesteuerung 24.50 – Organschaft 24.33 f., 24.74 – sachliche Steuerpflicht 24.1 f., 24.6, 24.74 – Schachtelbeteiligung 24.30 – Steuermessbetrag 24.54 – Steuermesszahl 24.54 – subjektive Steuerpflicht 24.22 ff. – Tracking-Stocks 24.13 ff. – typische stille Gesellschaft 24.74 – typische Unterbeteiligung 31.85 – Unternehmensidentität 24.36, 24.38 ff., 24.42, 24.44, 24.46 ff., 24.74 – Unternehmensteuerreform 2008 24.4 – Unternehmeridentität 24.37 f., 24.41 f., 24.44, 24.46 ff., 24.74 – Verfahrensrecht 24.65 ff. – Verlustverrechnung 24.35 ff., 24.44, 24.46 ff., 24.74 – Verlustvortrag 24.49 ff., 24.74 Gewinn – Begriff 8.2 – Berechnungsgrundlage 8.52 ff. – Handelsbilanzgewinn 8.53 ff. – Steuerbilanzgewinn 8.60 ff. Gewinn- und Verlustbeteiligung 8.1 ff., 8.8 ff., 8.37 f. – siehe auch Gewinnanteile – Abgrenzung der stillen Gesellschaft zum Darlehen 8.4 – Arten 8.8 ff., 8.40 f.

1075

Stichwortverzeichnis – atypische stille Gesellschaft 22.50, 22.52, 22.65 ff. – Ausschluss 8.15, 8.37 f. – Begrenzung durch § 15a EStG 22.241 – Begriff 8.2 ff. – Bemessungsgrundlage 8.42 – Berechnung 13.65, 13.87 – Berechnungsgrundlage 8.50 – Besteuerung bei Auflösung 22.203 ff. – Betriebsprüfung 22.186 f. – bilanzielle Behandlung 13.52 ff. – Bilanzierung 22.196 – Eigenkapital 13.66 – einheitliche Gewinnfeststellung 22.152 ff. – Einkommensteuer 22.184 ff. – Einlagekonto 8.110, 8.123 – Einschränkung des Verlustabzuges 22.68 – Entnahmen 8.11 – Entschädigung für Aufgabe 22.207 ff. – Entschädigung für entgangene Gewinne 22.206 f. – Erlass 16.109 ff. – Familiengesellschaften 8.102 – Fremdkapital 13.65 – Gesellschaftsvertrag 8.40 f., 10.2 – gesetzliche Regelung 8.42 – Gewinnbeteiligung 8.44 – Gewinngarantie 8.6, 8.31, 8.33 – Handelsbilanzgewinn 8.53 – Insolvenz 16.82 – Kapitaldividende 8.10 – Liquidationsgewinn 8.7 – Maßstäbe 8.40 – Mindestgewinn 8.31, 8.33 – negative Einnahmen 22.194 – partiarische Rechtsverhältnisse 5.16 f. – phasengleiche Aktivierung 22.197 – Publikumsgesellschaft 8.106 – Schenkung 8.13, 27.10 – schwebende Geschäfte 10.27 f. – steuerliche Bedeutung 20.8, 20.42 – Tarifbegünstigung 22.206 – typische stille Beteiligung 22.278 – typischer stiller Gesellschafter 22.166 ff. – überhöhte 8.13 – Umfang 8.73 ff., 8.110 – Umsatzbeteiligung 8.5 – Umwandlung 8.104 – Unangemessenheit 8.102 – uneingeschränkte Verlustbeteiligung 8.111 – Unterbeteiligung 30.55

1076

– Verlustbeteiligung 8.107 – Verlustbeteiligungsausschluss 8.108 – Verlustverteilungsschlüssel 8.107 – Verteilungsschlüssel 8.42 – vertragliche Regelung 8.110 – Vertragsfreiheit 8.101 – Vertragspraxis 8.50 f. – Vertragsregelungen 8.43 – Verzinsung 8.10 – Vorzugsdividende 8.105 – Zufluss 22.169 f. Gewinn- und Verlustrechnung – Betriebsprüfung 13.67 – Ergebniskorrektur 13.67 Gewinnabführungsvertrag – Kollision mit stiller Gesellschaft 8.35 f. Gewinnanspruch – Bilanz 13.53 – deklaratorisches Schuldanerkenntnis 8.95 – Entstehung 8.112 – Erfüllungsort 8.117 – Erlöschen 8.116 – Feststellung 8.97 – Verjährung 8.120 Gewinnanteile 8.102, 8.105 f., 22.168 ff. – Abtretung 10.33 – Anspruch gegen eine OHG 8.115 – atypischer stiller Gesellschafter 22.50, 22.52 – Auflösungs- und Veräußerungsgewinn 22.201 f. – Auszahlung 8.112 ff., 21.50 – beherrschender Gesellschafter, GmbH & typisch Still 22.195 – Berechnung 8.46 f., 8.50 – Berechnungsgrundlage 8.50 – Bilanzierung 8.113 – Darlehenskonto 8.127 – Einlagekonto 8.121 f., 8.124 – Entnahmerecht 21.45 – Ermittlung 8.72 ff. – Fälligkeit 8.114 – Familiengesellschaft 21.45 – Gesellschaftsvertrag 10.21 f. – Gewerbesteuer 24.82 ff. – Gewinn- und Verlustbeteiligung 21.45 – Gutschrift 22.190 – Scheingewinne 8.124 – Stehenlassen 8.12 – Steuerbilanz 8.64 ff. – Steuerbilanzgewinn 8.67 – steuerliche Bedeutung 21.45 ff.

Stichwortverzeichnis – Tod des stillen Gesellschafters 22.198 – Übertragbarkeit 8.118 – Verfügung über Gewinnanteil 21.45 – Verzinsung 8.119 – Vorausleistungen 22.194 – Zufluss 22.188 ff. – Zurückzahlung 8.124 Gewinnberechnung 8.52 ff. – atypische stille Gesellschaft 8.80 – Bemessungsgrundlage 8.85 – Durchführung 8.72 ff. – Frist 8.98 – gesplittete Einlage 8.81 – Gewinnverteilungsschlüssel 8.100 – Grundlage 8.91 ff. – Innen-KG 8.82 – Korrekturen 8.72 – prozessuale Geltendmachung 8.99 – Publikumsgesellschaft 8.82 f. – Rücklagen 8.76 – stillschweigende Feststellung des Gewinns 8.96 – typische stille Gesellschaft 8.84 ff. – Vermögensbeteiligung 8.81 Gewinnbeteiligung, unangemessene 8.102, 20.47 ff., 21.68 ff., 21.103 ff. – entgeltlich erworbene Beteiligung 21.72 f. – Familiengesellschaft 21.63 ff., 31.48 f. – fehlende entgegengesetzte Interessen 21.2 – Fremdvergleich 21.64 ff. – geschenkte Beteiligung 21.69 f., 21.72 – GmbH & Still 21.119 – Prognose 21.66 f. – Rechtsfolgen 21.74 f. – teilweise unentgeltlich erworbene Beteiligung 21.73 – Unterbeteiligung im Steuerrecht 31.48 f. – Zeitpunkt 21.67 Gleichbehandlung der Gesellschafter 12.1 GmbH – Auszahlung des Gewinnanteils 8.127 – Firma 10.10 – Geschäftsinhaber 6.24, 8.22 ff. – Gesellschaftsvertrag 9.61 – stille Gesellschafterin 6.37 – Zweck 1.13 GmbH & atypisch Still 23.71 – Einbringung 23.70, 23.76 – Einkünfteermittlung 23.67 f. – laufende Besteuerung 23.75 – Sonderbetriebsvermögen 23.69 – verdeckte Gewinnausschüttung 21.113 ff.

– Verlustausgleich 23.79 f. – Verlustvortrag 23.72 ff., 23.78 GmbH & Co. KG – Auszahlung des Gewinnanteils 8.127 – gewerbliche Prägung 23.7 – Mitunternehmerschaft 23.6 – partiarisches Darlehen 23.5 GmbH & Co. KG & Still – Mitunternehmerschaft 20.81 GmbH & Still 8.23 f., 23.3 f. – Auflösung 22.131, 22.136 f., 22.201 f., 22.219 f. – beherrschender Gesellschafter 22.195 – Fremdvergleich 21.101 – Geschäftsführergehalt 21.84, 22.52 f. – Gesellschaftsvertrag 21.100 – Gewerbesteuer 21.83 – Gewinnbeteiligung, angemessene 21.103 ff., 21.119 ff. – Gewinnbeteiligung, unangemessene 21.120 f. – Körperschaftsteuer 23.3 – Krise der GmbH 21.86 – Mitunternehmerschaft 20.78 f. – steuerliche Anerkennung 21.85, 21.107 – steuerliche Nichtanerkennung 21.102 – Über-, Unterbewertung der Einlage 21.86 – Unternehmenswert 21.126, 21.128 – verdeckte Einlage 21.107 f. – verdeckte Gewinnausschüttung 21.106 ff. – Verlusttransferfunktion 21.79 GmbH & typisch Still 23.87, 23.93 – Agio 23.88 – laufende Besteuerung 23.90 ff., 23.95 – Verlustverrechnung 23.90 – Verlustvortrag 23.89, 23.94 Grenzüberschreitende Umwandlung 17.64, 17.66 – Formwechsel 17.67 f. – Spaltung 17.66 – Verschmelzung 17.64 Griechenland 3.54 ff. Grunderwerbsteuer – Anzeigepflichten 28.19 – Bemessungsgrundlage 28.15 – Einbringung eines Grundstücks 28.4 – Konzernklausel 28.14 – Notarielle Beurkundung 28.5 – Share Deals 28.3 – Steueraufkommen 28.2 – Steuerbefreiungen 28.10 – Steuersatz 28.1

1077

Stichwortverzeichnis – Steuertatbestände 28.3 Grundlagenbescheid 22.87 Grundsteuer 28.21, 28.23 f. – Steueraufkommen 28.22 – Verfassungsrecht 28.24 Gründung 4.3, 9.3, 9.3 – Gesellschaftsvertrag 9.1

Haftung

7.80 ff., 12.26 f. – Geschäftsführung 12.40 – Missbrauch der stillen Gesellschaft 12.67 – stiller Gesellschafter 12.65 ff. Haftungsmaßstab 12.27 Halbeinkünfteverfahren – partielle Beteiligung 22.13 Handelsbilanz – Gewinnberechnung 8.53 ff., 8.60 – Unterbeteiligung 30.56 Handelsgesellschaft – Abwicklung 6.30 – Auflösung 14.58 – Geschäftsinhaber 6.18 f., 6.24 Handelsgewerbe 6.4, 6.12 ff. – Änderung 12.9 ff. – beschränkte Steuerpflicht 29.3 – Beteiligung 6.47 ff. – Betreibereigenschaft 6.16 – Einstellung 12.13 f. – Ergebnis 8.4 – Fiktivkaufleute 6.15 – Fortführung durch Erben 6.55 – Geschäftsinhaber 6.5 ff., 6.11 – Land- und Forstwirtschaft 6.14 – mehrere stille Gesellschafter 6.56, 6.59 – partielle Beteiligung 6.50 – Stehenlassen der Gewinnanteile 8.12 – Unternehmensgegenstand 10.13 f. – Veräußerung 12.13, 12.15 f. Handelsregistereintragung – Teilgewinnabführungsvertrag 8.30 Hinzurechnung Gewinnanteile stiller Gesellschafter 24.78 ff.

Informationsrechte

10.17 ff. – Abtretung 10.30 ff. Innengesellschaft 4.10 ff. – Auseinandersetzung 4.14 – Ehegatten 4.16 – Gesellschaftsvermögen 4.11 – Haftung 4.11 – Rechtsfähigkeit 4.12 – Zwangsvollstreckung 4.15

1078

Insichgeschäft 20.28 Insolvenz 4.12, 16.1 f. – Absonderungsrecht 16.46 ff. – Anfechtung 16.90 ff. – Auflösungsgrund 14.62 ff., 16.7 f. – Auseinandersetzungsguthaben 16.51 f., 16.59 – Außenhaftung 16.77 – Aussonderungsrecht 16.50 – Darlehensnehmer 5.27 – Durchführung 16.45 – Eigenkapitalersatz 16.3 – Einlage 16.88 – Eröffnung 16.7 – Feststellungsklage 16.53 – Geschäftsinhaber 5.27, 22.238 – Inhaber 16.6 f. – Insolvenzgrund 16.12 f., 16.16 – Insolvenzverwalter 16.45 – MoMiG 16.3 – negatives Kapitalkonto 16.81 ff. – Planverfahren 16.74 f. – ratierliche Einlagen 16.60 – schwebende Geschäfte 16.51 – stiller Gesellschafter 16.6, 16.10, 16.130, 16.132 – Überschuldungsstatus 16.15 – Unterbeteiligung 30.61, 30.65 – Verlustbeteiligung 16.82 – Vermögensbeschlag 16.9 Insolvenzanfechtung 16.90 ff., 16.98 ff. – Absichtsanfechtung 16.93 – anfechtbare Handlung 16.117 ff. – Ausschluss 16.113 ff. – Durchführung 16.121 ff. – Erlass der Verlustbeteiligung 16.103 f., 16.110 f. – Geltendmachung 16.121 ff. – Grundgedanke 16.90 f., 16.98 – Kausalität 16.119 – Kündigungsrecht 16.117 – nichtige Gesellschaft 16.116 – Rückgewährpflicht 16.115 – Schenkungsanfechtung 16.94 Insolvenzplan 16.74 Internationales Privatrecht 6.31 Internationales Steuerrecht 29.1 ff. Interne Rechnungslegung 8.47, 13.12 Italien 3.20, 3.22

Jahresabschluss

8.2, 13.1, 13.4, 13.12 – abgeltende Wirkung 22.288 f.

Stichwortverzeichnis – Abgrenzung zur internen Rechnungslegung 13.4 – Abgrenzung zur Steuerbilanz 13.5 – E-Bilanz der atypischen stillen Gesellschaft 13.6, 13.9 – Funktion 13.12 – Steuerbilanz der atypischen stillen Gesellschaft 13.6 Japan 3.60 ff. Juristische Person des öffentlichen Rechts – stille Gesellschafterin 6.45

Kapitalanlagebetrug

18.130 Kapitalertragsteuer 22.287 – Abgeltungssteuer 22.288 f. – beschränkte Steuerpflicht 29.11 – Kapitalertragsteuereinbehalt 31.65 – Wiederauffüllung verlustgeminderter stiller Beteiligungen 29.12 – Zufluss 22.193 Kapitalgesellschaft – Abgrenzung stille Gesellschaft 4.17 ff. – außerbetriebliche Sphäre 23.23 – Firma 10.10 – Geschäftsinhaber 6.24 – Gesellschaftsvertrag 9.61 – Steuerbelastung 23.17 – stille Gesellschafterin 6.37, 6.39 Kapitalkontenmodell – steuerliche Bewertung 22.37 Kapitalkonto 22.76 Kartellrecht 9.82 ff. – Fusionskontrolle 9.87 – Kartellverbot 9.85 – Wettbewerbsverbot 12.35 Kaufmannseigenschaft 4.12, 6.1 ff. – negatives Kapitalkonto 22.74 ff. KG als Maßstab 20.71 KGaA & Still 8.22 Kommanditgesellschaft 9.66 ff. – als stille Gesellschafterin 9.71 – Firma 10.10 – Gesellschaftsvertrag 9.66 ff. – Haftung 5.9 f. – Ursprung 3.4 – Verlustbeteiligung 5.14 – Vertretung 5.11 f. – Zweck 1.14 Kommanditgesellschaft auf Aktien – Firma 10.10 – Geschäftsinhaber 6.24 – stille Gesellschafterin 6.37

Kommissionsgeschäft – Abgrenzung stille Gesellschaft 5.52, 5.53 Kontrollrechte 6.56, 6.59, 10.17 ff., 12.44 – Abtretung 10.30, 12.44 – außerordentliche 12.50 f. – Bilanzeinsicht 12.49 – Darlehen, partiarisches 5.36 f. – Dienstvertrag, partiarischer 5.46 ff. – Einsichtsrecht 12.48 – Erben 2.19 – Erweiterung 4.32, 12.45 – Familiengesellschaft 21.37 – Gesellschaftsvertrag 10.17 ff., 12.45 f. – gesetzliche Einschränkungen 12.60 – mehrere stille Gesellschafter 6.56 – Mitteilung des Jahresabschlusses 12.47 – partiarische Rechtsverhältnisse 5.19 – Sachverständige 12.49 – Sondertatbestände 12.60 – steuerliche Bedeutung 20.43, 21.37 – stille Publikumsgesellschaft 12.44 – Unterbeteiligung 30.47 f. – Unternehmensbeteiligungen 12.53 ff. – Unübertragbarkeit 12.44 – vertragliche Einschränkung 12.46 – Voraussetzungen 12.43 Körperschaft des öffentlichen Rechts – Geschäftsinhaber 6.36 Körperschaftsteuer 23.1, 23.3 – Abgeltungsteuer 23.20 – Anrechnungsverfahren 23.18 – atypische Unterbeteiligung 31.81 – ausländische Anteilseigner 29.20 – GmbH & Co. KG 23.3 – Mitunternehmerschaft 23.14 – Öffentliche Hand 23.12 f. – Rechtstypenvergleich 23.10 – Steuersatz 23.17 – subjektive Steuerpflicht 23.8 f. – Teileinkünfteverfahren 23.17 ff. – Trennungsprinzip 23.15 f. – typische Unterbeteiligung 31.82 – unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht 23.11 – Unterbeteiligung 31.52, 31.54, 31.56, 31.80 Kündigung – Auflösungsklage 14.33 – außerordentliche 14.30 ff. – Fristen 14.28, 14.30 – Hinauskündigung 14.38 – ordentliche 14.21 ff.

1079

Stichwortverzeichnis – Pfändung 14.39 ff. – Rechtsmissbrauch 14.26 f. – Schriftform 18.98 – Unterbeteiligung 30.58 – Unzeit 14.36 – Verjährung 18.105 – Verwirkung 18.105 – Wesen 14.22 – wichtiger Grund 14.20 ff., 14.32 f., 18.102 ff. – Widerruf 14.29 Kündigungsfrist – steuerliche Bedeutung 20.44 Kündigungsrecht 21.45 – Ausschluss 14.23 – steuerliche Bedeutung 21.43

Liebhaberei 20.10 Liechtenstein 3.29 Limited Company by Shares – Geschäftsinhaberin 6.31, 6.34 Liquidation 15.1 ff. Liquidationsgesellschaft 6.30 Ltd. 23.10 Luxemburg 3.39 ff. Maßgeblichkeit des Zivilrechts 20.1 Metageschäft 5.2, 6.50, 20.8 Minderjährige 9.40 f., 11.24 – siehe auch Familiengerichtliche Genehmigung – Erbfolge 10.60 – Ergänzungspfleger 9.45 – fehlerhafte Gesellschaft 11.25 – Schiedsvertrag 10.52 – Unterbeteiligung 30.34 ff. Mindestbesteuerung 23.82 – Gewerbesteuer 24.50 Mindestgewinn 8.31, 8.33 Missbrauch der stillen Gesellschaft – Haftung 12.67 Mitarbeiterbeteiligung 2.24 – Besteuerung 2.28 – Beweggründe 2.24 – Formen 2.27 ff. – Gewinnbeteiligung 2.27 f. – Mitunternehmerschaft 2.29 ff. – partiarischer Dienstvertrag 5.39 ff. – typische stille Gesellschaft 2.33 ff. – Vermögensbeteiligungsgesetz 2.37 ff. Mitgliedschaft – Anhang 13.88 1080

– Bewertung 13.84 – Bilanzierung 13.80 ff. – Gewinn- und Verlustrechnung 13.87 Mittelbare Stellvertretung – steuerliche Behandlung 20.13 Mitunternehmerschaft – Arbeitnehmer 2.29 ff. – faktische 20.6 – Feststellungsbescheid 22.152 – GmbH & Co. KG 23.6 – GmbH & Co. KG & Still 20.81 – GmbH & Still 20.78 f. – KG als Maßstab 20.72, 20.73 – Mitunternehmerinitiative 20.70 ff. – Mitunternehmerrisiko 20.70 ff. – stille Gesellschaft 1.35 – stille Reserven 20.75 f. – Umsatzsteuer 25.2 f. – verdecktes Gesellschaftsverhältnis 20.35 Mitwirkungsrechte 10.17 ff.

Nachfolge

– Gesellschaftsvertrag 10.62 f. – gesellschaftsvertragliche Regelung 10.64 – Minderjährige 10.60 – Pflichtteilsanspruch 10.59 ff. – Tod des Inhabers 10.55 ff. – Vermächtnis 10.57 Nachlassteilung 2.19 – Erbengemeinschaft 14.52 Nachrangabrede 16.19, 16.30 Nachschusspflicht – stiller Gesellschafter 10.22 Nachweis 20.24 f. – fehlende entgegengesetzte Interessen GmbH & Still 20.1 – steuerliche Anerkennung 20.1, 20.3 f. Naher Angehöriger 21.2, 21.22 – mittelbare Angehörigenverträge 21.26 – Personenkreis 21.23, 21.26 Natürliche Person – stille Gesellschafterin 6.38 Negatives Kapitalkonto 7.78, 13.56, 15.53 ff., 15.61, 22.71 f. – atypischer stiller Gesellschafter 22.71 f. – typischer stiller Gesellschafter 22.239, 22.241 – Veräußerung 22.122 Niederlande 3.46 f.

Offene Handelsgesellschaft

9.66 ff. – als stille Gesellschafterin 9.71

Stichwortverzeichnis – Firma 10.10 – Gesellschaftsvertrag 8.115, 9.66 ff. – Gewinn- und Verlustbeteiligung 8.115 – Kündigung 14.20 ff. – Ursprung 3.5 – Zweck 1.14 Öffentliche Hand 23.12 f. Organschaft 23.49, 23.52 f., 23.59 f. – atypische stille Gesellschaft 23.55 ff. – Gewerbesteuer 24.33 f., 24.74 – Steuervergünstigungsabbaugesetz 23.51 – typische stille Gesellschaft 23.54 – Umsatzsteuer 25.1, 25.6 – zivilrechtliche Voraussetzungen 23.50, 23.58 Österreich 3.30 f.

Pachtvertrag, partiarischer

– Abgrenzung stille Gesellschaft 5.49 f. Parteifähigkeit 4.12, 10.16 Partiarische Rechtsverhältnisse 5.16 ff. – Begriff 5.16 f. – Darlehen 5.20 ff. – Dienstvertrag 5.39 ff. – Genussrechte 5.38 – Gewinnbeteiligung 5.16 f. – Hinzurechnung 24.81 – Kreditgeschäft 18.173 – Mietverträge 5.49 – Pachtverträge 5.49 – Unterbeteiligung 30.14 – Verlagsverträge 5.49 Partnerschaftsgesellschaft 6.37 – Geschäftsinhaber 6.22 – stille Gesellschafterin 6.37 Personengemeinschaft 7.64 Personengesellschaft 4.5 – Geschäftsinhaber(in) 6.18 f., 9.66 ff. – Gesellschaftsvertrag 9.66 ff. – stille Gesellschaft 4.5, 4.17 ff. – stille Gesellschafterin 6.37, 6.40 Personenhandelsgesellschaft – Minderjährige 9.53 Pfändung 4.15 Positives Kapitalkonto 7.78 Privatkonto 13.62 Prokura 9.56, 12.37 Prospekthaftung 18.165 – Anspruchsberechtigter 18.159 – Kapitalanlagegesetzbuch 18.132 – partiarische Darlehen 18.133, 18.135 – Vermögensanlagengesetz 18.132

– Vorrang des KAGB 18.138 Prüfungsanordnung 23.71 – Umsatzsteuer 25.4 Publikumsgesellschaft 2.45, 4.27 f., 9.19, 18.3 – siehe auch Stille Publikumsgesellschaft – Abfindungsklauseln 18.114 ff. – actio pro socio 18.84 – AG & Still 18.26, 18.45 – AGV 18.61 – Anlegerschutz 18.1 f., 18.120, 18.123, 18.130 – arglistige Täuschung 18.74 – Auflösung 14.9, 14.73 – Aufnahme neuer Gesellschafter 18.39 f. – Auseinandersetzung 18.108 ff. – Außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene Verträge 18.62 f. – BaFin 18.28 – Begriff 18.10 – Binnenorganisation 18.46 ff. – Eigenkapital 18.83 – Einlagengeschäft 18.166 – Emission 18.27 – Entwicklung 18.4 ff., 18.15 ff. – Errichtung 18.35, 18.39 – Erscheinungsformen 18.33 – fehlerhafte Gesellschaft 18.52 – finanzierter Beteiligungserwerb 18.71 f., 18.74 – Fortsetzungsklauseln 14.9 – Gesellschafterversammlung 18.46, 18.48 – Gesellschaftsvertrag 18.42, 18.82 ff. – Gesellschaftsvertrag, Auslegung 18.42 – Gesellschaftsvertrag, Form 18.41 – Gesellschaftsvertrag, Inhaltskontrolle 18.43 f. – Gestaltungsalternativen 18.35 – Gestaltungsvarianten 18.30, 18.37 – Gestaltungsvielfalt 18.31 – Gewerbeordnung 18.29 – Gewinnberechnung 8.82 – Grauer Kapitalmarkt 18.28 – Grenzen 18.13 f. – Haftungsverfassung 18.25, 18.88 ff. – Informationsrechte 18.84, 18.87 – Innen-KG 18.7, 18.36 – Insolvenz eines Gesellschafters 18.92 – Kapitalanlagegesetzbuch 18.132 – Kapitalmarktrecht 18.166 f. – Kohärenzprüfung 18.28 – Kontrollorgan 18.47 f.

1081

Stichwortverzeichnis – körperschaftliche Verfassung 18.3 – Kreditgeschäft 18.166, 18.173 – Kündigung 14.22, 18.93 ff., 18.99 ff. – Kündigungsrecht 14.27 – KWG 18.166 – Liquidation 18.91 – Liquidationsbeschluss 18.107 – mehrgliedrige stille Gesellschaft 18.33 – Mehrgliedriger Innenverband 18.36, 18.38 – Mehrgliedrigkeit 18.57, 18.60 – Mehrheitsprinzip 18.49 – Mitunternehmerschaft 18.24 – Nachschusspflicht 18.27 – Prospekthaftung 18.121, 18.123 f., 18.130 – Prospektnachträge 18.148 – Qualifikation 18.12 – Rechtsformwahl 18.22 f. – Rückzahlungsanspruch 18.66 – Small-Capital-Beteiligung 18.157 – Sonderrecht 18.6, 18.8 – Stellvertretung 18.79 ff. – Teilgewinnabführungsvertrag 8.18 f., 8.25 – Treuepflicht 17.23 – Unterbeteiligung 30.12 – Unterscheidung 18.37 – Verjährungsbeginn 18.129 – Verkaufsprospekt 18.145 – VermAnlG 18.60 – Vermittlerregister 18.27 – Vermögensanlagengesetz 18.23, 18.27, 18.132 – Vermögensanlagen-Informationsblatt 18.153 – Warnhinweise 18.27 – Wesensmerkmal 18.34 – Zulässigkeit 18.2 f., 18.11 – Zweigliedrigkeit 18.32, 18.54

Rangrücktritt

23.42 Rechnungslegung – Abgrenzung der internen – zur externen 13.4 – Steuerbilanz 13.6 – Überschuldungsstatus 13.5 Rechtbindungswille 20.29, 20.33 f. Rechtsberatung 9.78 Rechtsfähigkeit 4.12 – Steuerrecht 20.66 ff. Rechtsformwahl 20.10, 21.78 f., 21.81 – Gewerbesteuer 20.90 – Verlusttransferfunktion 20.88 ff.

1082

Rechtsgemeinschaft 1.8 Rechtstypenvergleich 23.10 Risikoübernahme – vertragliche 4.9

Sacheinlage

7.15 ff. – Umwandlung in Geldeinlage 7.12 Scheingesellschaft 11.27 – steuerliche Bedeutung 20.9 Schenkung der stillen Beteiligung 8.13, 20.8 – Angehörige 2.22 ff. – Arbeitskraft als Beitragsleistung 7.27 ff. – Befristung 21.42 – Einbuchung 7.18 ff. – Familiengesellschaften 7.30 – Fremdvergleich 21.55, 21.59, 21.61 – Gewinnbeteiligung, unangemessene 21.68 ff. – steuerliche Anerkennung 21.54 f., 21.59 – Über-, Unterbewertung der Einlage 7.26 – Unterbeteiligung 30.30 Schenkungsteuer – Erbschaftsteuer 27.1 Schiedsvertrag 10.46 ff. – Form 10.48 ff. – Minderjährige 10.52 – Schiedsrichter 10.53 – Verbraucher 10.50 f. Schneeballsystem 20.1 f., 20.40 f., 22.191 f. Schwebende Geschäfte 10.27 f. – Abwicklung 15.64, 15.66 f. – Auskunftsanspruch 15.72 f. – Begriff 15.66 – Errichtung 15.65 – Gewinn- und Verlustbeteiligung 15.69 ff. – Insolvenz 16.51 Schweden 3.50 ff. Schweiz 3.32 ff. Sendeve 3.2 Sitz des Unternehmens 10.15 f. societas quoad sortem 7.36 f. societas quoad usum 7.31 ff. Société en participation 3.8 ff. Sonderbetriebsvermögen – GmbH-Anteil 22.42 Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung 7.83 Sondervergütungen 20.15, 20.22 – atypische stille Gesellschaft 22.22 ff. – Betriebsprüfung 22.187 – Einlageminderung 22.85

Stichwortverzeichnis – Gewinnberechnung 22.187 f. – Kapitalkonto 22.74 f. Stellvertretung – Insichgeschäfte 9.39 – Missbrauch der Vertretungsmacht 9.35 ff. Steuerbegünstigungen 22.145 ff. Steuerberatungsgesellschaften 9.79 Steuerbilanz – Grundlage für Gewinnberechnung 8.64 ff. – Steuerbilanzgewinn 8.60 Steuerbilanzgewinn 8.2, 8.60 ff. Steuerliche Anerkennung 20.1, 20.40 – beherrschender Gesellschafter 21.87, 21.89 – Beitragsleistung 20.45 – Dokumentationspflichten 20.26 – fehlende entgegengesetzte Interessen 21.1 – fehlerhafte Gesellschaft 20.11 – Fremdvergleich 21.36 ff. – gemeinsamer Zweck 20.41 f. – Gestaltungsmissbrauch 20.50 ff. – Gewinn- und Verlustbeteiligung 20.42 – GmbH & Co. KG 20.36 – Indizien 20.41, 21.29 – Kontrollrechte 20.43 – Kündigungsfrist 20.44 – Maßgeblichkeit des Zivilrechts 20.3 f. – mehrere Rechtsverhältnisse 20.15 – Mitunternehmerschaft 20.35 – Nachweis 20.24 f., 21.1, 21.27 f. – personelle Verflechtungen 20.22 – Rechtbindungswille 20.7, 20.25, 20.29, 20.33 f. – Rückwirkung 20.12 – Sondervergütungen 20.15 – verdecktes Gesellschaftsverhältnis 20.34 ff. Steuerrechtssubjektivität 22.166, 24.22 ff. Steuervergünstigungsabbaugesetz 23.51 – Organschaft 23.53 – Verlustverrechnung 23.52 Stille Beteiligung 13.20 f. – Bankensanierung 7.83 – Begriff 13.21 – Bewertung 13.39, 13.42 – Bilanz 13.20 ff. – Bilanzposition 13.22 f. – Eigen-, Fremdkapitalcharakter 13.22 ff. – eigenkapitalähnliche 16.55, 16.57, 16.61 – Eigenkapitalcharakter 7.81, 13.40, 13.42, 18.83

– Eigenkapitalersatz 16.30 f., 16.37, 16.55, 16.57 – Einlage und stille Beteiligung 13.20 – Einlagekonto 13.22, 22.33 – Finanzkrise 2007 7.83 – Fremdkapitalcharakter 13.36 ff., 16.16, 16.55 ff. – Kleinstkapitalgesellschaften 13.41 – Kommanditistenstellung 13.28 – Laufzeit 13.29, 13.31 f., 13.82 – Nachhaltigkeit 13.30 – Nachrangigkeit 13.25 ff. – Schadensersatz 16.76 – Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung 7.83 – Übertragung 7.62, 22.125, 22.201 – Veranlagung 22.293 – Veräußerung 22.114 ff., 22.218 ff. – Verlustbeteiligung 13.25 f. Stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter – Gesetzliche Umqualifizierung 16.20 – Gesellschafterdarlehen 16.37 – Insolvenzantragspflicht 16.35 – Nachrangdarlehen 16.41 – Voraussetzungen 16.18, 16.61, 16.86 Stille Beteiligung mit Nachrangcharakter – Gesellschafterdarlehen 16.38 Stille Gesellschaft – siehe auch Abgrenzung typische, atypische stille Gesellschaft – Abgrenzung Darlehen 10.38, 21.61 – Abgrenzung Handelsgesellschaften 4.17 ff. – Abgrenzung Kapitalgesellschaften 4.17 ff. – Abgrenzung Metageschäft 6.50 – Abgrenzung partiarisches Darlehen 4.21, 29.4 – atypische Ausgestaltung 1.30 ff. – Begriff 4.1 ff., 20.5 – Beitragspflicht 7.1 – Betriebsüberlassungsvertrag 8.21 – Dauer 10.40 – Eigenkapital 23.42 ff. – Einmann-Gesellschaft 6.47 ff. – Erbengemeinschaft als Hauptgesellschafterin 6.35 – Erscheinungsformen 4.24 ff. – Gelegenheitsgesellschaft als Hauptgesellschafterin 6.6 – Geschäftsvermögen 4.20

1083

Stichwortverzeichnis – Gesellschafter der Inhabergesellschaft 21.76 f. – Gesellschaftszweck 4.6 ff. – Gewinn und Verlust 8.46 – Hansestädte 3.3 – historische Entwicklung 3.1 ff. – im ADHGB 3.7 – im ALR 3.6 – im Entwurf des HGB 3.7 – Innengesellschaft 4.4, 4.10 ff. – Kollision mit Gewinnabführungsvertrag 8.35 f. – Liquidationsgesellschaft als Geschäftsinhaberin 6.30 – mehrere stille Gesellschafter 6.55 – mehrgliedrige 6.57, 6.61 f. – Rechtsbeziehungen zwischen mehreren Stillen 6.55 – Rechtsfähigkeit 4.12 – Rechtsformwahl 2.1 f. – Trennungsprinzip. 21.78 – Unternehmensform 2.1 f. – verbundene zweigliedrige Gesellschaft 6.57 – verdeckte Einlage 23.48 – Wesen 4.6 ff. – Wettbewerbsverbot 12.42 – Zweigliedrigkeit, Grundsatz 6.55 Stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts 5.2 f., 6.2, 6.35 Stille Gesellschaft im ausländischen Recht – anglo-amerikanischer Rechtskreis 3.59 – Belgien 3.36 ff. – Frankreich 3.8 ff. – Griechenland 3.54 ff. – Italien 3.20, 3.22 – Japan 3.60 ff. – Liechtenstein 3.29 – Luxemburg 3.39 ff. – Niederlande 3.46 f. – Österreich 3.30 f. – Schweden 3.50 ff. – Schweiz 3.32 ff. Stille Publikumsgesellschaft – Auseinandersetzung 15.13 – Kontrollrechte 12.44 – Zustimmungserfordernis 8.27 Stille Reserven – Beteiligung des stillen Gesellschafters 8.85 – Gesellschaftsvertrag 10.25 – Unterbeteiligung 30.53 Stille vennootschap 3.46 f.

1084

Stiller Gesellschafter – Arbeitsvergütung 5.39 ff. – Beteiligungsfähigkeit 6.37 – Bilanzierungspflicht 13.79 – Erbengemeinschaft 6.44 – EWIV 6.40 – Genossenschaft 6.39 – Gerichtsstand der Mitgliedschaft 6.54 – Geschäftsführung 12.36, 12.38 f. – Geschäftsunfähigkeit 9.30 – Gesellschafter der Inhabergesellschaft 6.48 ff. – Gesellschafterstellung 4.18 ff. – Gewinnanspruch 8.112 – Gewinnbeteiligung 5.40 f., 5.45 – Gewinnermittlung 8.42 – Haftung 7.80 ff., 12.40, 12.65 ff. – Handlungsvollmacht 12.37 – in Liquidation 6.41 – Insolvenz 16.10, 16.130, 16.132 – juristische Person 6.37 – Juristische Person des öffentlichen Rechts 6.45 – Kapitalgesellschaft 6.37, 6.39 – Kaufmannseigenschaft 6.54 – Kommanditistenrechte, -pflichten 5.15 – Kontrollrechte 4.31 – mehrere stille Gesellschafter 4.27, 6.55 – Missbrauch der stillen Gesellschaft 12.67 – Mitwirkungsrechte 10.17 ff. – Nachschusspflicht 10.22 – natürliche Person 6.37 f. – Partnerschaftsgesellschaft 6.37 – Personengesellschaft 6.40 – Prokura 12.37 – Publikumsgesellschaft 18.39 f. – Sicherheiten 10.43 – Stiftung 6.43 – Tod 4.23, 5.43, 14.49 f. – Treuepflicht 12.1, 12.41, 18.82 – Übertragbarkeit der Ansprüche 4.21 f. – Umwandlung 17.56 ff. – Unterbeteiligung 6.63 – Unternehmer i.S.d. UStG 25.17 – Verbraucher 18.61 ff. – Verlustbeteiligung 5.14 – Vermögensbeteiligung 5.15 – Vermögensgemeinschaft 4.28, 5.15 – Wertbeteiligung 4.28 – Wettbewerbsverbot 12.42 – Widerspruchsrecht 4.32 – Zurechnungsdurchgriff 12.4

Stichwortverzeichnis – Zustimmungsrecht 4.32 Surrogat Gesellschafterdarlehen 16.29, 16.34, 16.65 f., 16.72, 16.88, 16.124, 16.126

Teileinkünfteverfahren 23.17 ff. Teilgewinnabführungsvertrag 8.18 f., 8.25, 8.30, 13.65 – Bilanzgewinn 8.31, 8.33 – Höchstbetrag der Gewinnabführung 8.31 – Mindestgewinn 8.33 – Zustimmungszeitpunkt 8.29 Tod des Inhabers – Auflösung 10.37 Totalgewinnabsicht 20.10, 20.13 Tracking-Stocks 24.13 ff. Tractator 3.1 Transparenzregister 2.16, 30.57a – Atypische stille Gesellschaft 2.17a – Auskunftspflicht der Anteilseigner 30.57b Trennungsprinzip 23.15 f., 23.49 Treuepflicht 12.29 ff., 12.41 – Geheimhaltungspflicht 12.31 – Geschäftsinhaber 12.1, 12.29 ff., 18.82 – stiller Gesellschafter 12.1, 12.41, 18.82 – Wettbewerbsverbot 12.33 ff. Treuhand – Abgrenzung stille Gesellschaft 5.54 ff. – Abgrenzung zur Unterbeteiligung 30.10 ff. – steuerliche Behandlung 20.13 Typenfreiheit 1.16 f., 1.17 f. – Grenzen 1.18 f. – Typenwechsel 1.27 – Typenzwang 1.20 Typisch stille Beteiligung 22.201 f. – Indizien 20.40 Typische stille Gesellschaft 4.25 – GmbH 9.61 – Vertragsmuster M 1 Typische Unterbeteiligung 31.2 ff. – Beendigung 31.7 – Einkünfte aus Kapitalvermögen 31.2 – Gewerbesteuer 31.85 – Körperschaftsteuer 31.82 – Unterbeteiligter 31.2 – Veräußerung 31.9 Übertragung

– Auseinandersetzungsguthaben 10.32 f. – Gewinnanspruch 10.32 f. – Kontrollrechte 10.30

Übertragung der stillen Beteiligung 7.62, 10.29 ff. – Tod eines Beteiligten 10.37 – unentgeltliche 22.125 f. – Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen 22.126 – Zustimmungserfordernis 10.34 ff. Umlaufvermögen 13.83 Umsatzsteuer 25.1 – Einräumung der stillen Beteiligung 25.7 – Geschäftsveräußerung im Ganzen 25.35 – Gewerblicher Beteiligungshandel 25.19 – Gewinn- und Verlustanteil 25.11 – Haftung 25.10 – Holding 25.21 – Leistungen gegen Sonderentgelt 25.37 ff. – Mitunternehmerschaft 25.2 f., 25.9 – Organschaft 25.1, 25.6 – Prüfungsanordnung 25.4 – Sacheinlagen 25.26 ff. – Trennungsprinzip 25.2, 25.30 ff. – Unternehmereigenschaft 25.1, 25.5, 25.9, 25.12 ff. – Unternehmerische Tätigkeit 25.18 ff., 25.34 – Veräußerung der stillen Beteiligung 25.41 ff. – Verfahrensrecht 25.4 – Vorsteuer 25.8, 25.13 ff. – Vorsteuerabzug 25.23 f. Umwandlung – Ausgliederung 17.42 – Einzelkaufmann 17.42 – Erbengemeinschaft 14.46 – Formwechsel 17.43 ff., 17.55 – Gesamtrechtsnachfolge 17.12 ff., 17.36 ff., 17.53 f. – Gesellschaftsanteil in stille Beteiligung 17.56 f. – Gesellschaftsvertrag 17.24 – Gesellschaftszweck 17.25 – grenzüberschreitende 17.64, 17.66 – Informationspflichten 17.14 ff., 17.39, 17.45 – Kündigung 17.26 – Personengesellschaft in einzelkaufmännisches Unternehmen 17.51 – Schadensersatz 17.27 – Spaltung des Geschäftsinhabers 17.35 ff. – Spaltung des Stillen 17.52 ff. – stille Beteiligung 17.56 ff.

1085

Stichwortverzeichnis – stille Beteiligung in Kapitalgesellschaftsanteil 17.59 f. – stille Beteiligung in Personengesellschaftsanteil 17.58 – stiller Gesellschafter 17.52 ff. – Treuepflicht 17.23 – typische in atypische stille Beteiligung 17.61 – Umwandlung des Stillen 17.52 ff. – Verschmelzung 17.11 ff., 17.34, 17.52 ff. – Verwässerungsschutz 17.24 – Zustimmungsbedürftigkeit 17.17 ff., 17.40, 17.44, 17.50, 17.54 Umwandlungssteuer 26.13 – Anwendung des § 24 UmwStG 26.2 – Einzelunternehmen & atypisch Still 26.14, 26.17, 26.21 – Personengesellschaft & atypisch Still 26.24 f., 26.27 ff., 26.44 – Übersicht 26.1 Unterbeteiligung 30.1 ff. – Abgeltungsteuer 31.54 – Abgrenzung zur Beteiligung am Handelsgewerbe 8.16 – Angehörige 31.35, 31.42 – angemessene Gewinnverteilung 31.49 – Anwendbarkeit der §§ 230 ff. HGB 30.23 ff. – Arten 30.15 ff. – atypische 30.17 f., 31.21 – Auflösung 30.58 ff. – Auseinandersetzung 30.64 – Bedeutung 30.2 ff. – Beendigung 30.58 ff., 31.27 – Befristung 31.39 – Beitrag 30.39 f. – BGB-Gesellschaft 6.47 – Bilanzeinsicht 30.47 – Buchwertabfindung 31.39 – Einräumung 31.26 – Familiengesellschaft 30.4 – Familienverband 31.35 – fehlerhafte Gesellschaft 30.38 – Formbedürftigkeit 30.29 ff. – Genehmigung 30.35 ff. – Genehmigungsbedürftigkeit 30.27 f. – Geschäftsfähigkeit 30.34 ff. – Geschäftsführung 30.43 ff. – Gesellschaftsvertrag 30.26 ff. – Gewinn- und Verlustbeteiligung 30.52 – Gewinnverteilung 30.56 – Gewinnverteilung, angemessene 31.48 f.

1086

– GmbH-Anteil 31.52, 31.54, 31.56 – Grundlagengeschäfte 30.46 – Gründung 31.26 – Haftung 30.50 – Informationsrechte 30.47 f. – Insolvenz 30.61, 30.65 – Körperschaftsteuer 31.80 – Kündigung 14.25, 30.57, 30.58 – Mängel des Gesellschaftsvertrages 30.38 – mehrgliedrige 30.20 – Mitunternehmerschaft 31.21, 31.42 f. – Pflichten 30.41 ff. – Publikums-Treuhandgesellschaften 30.12 – Rechte 30.41 ff. – Rechtsformwahl 30.1 ff. – Rechtsgrundlagen 30.21 ff. – Schenkung 30.30 ff. – steuerrechtliche Anerkennung 31.35 – stille Gesellschaft 30.8 – stille Reserven 30.53 – stiller Gesellschafter 6.56 – Stimmbindungsvereinbarung 30.45 f. – Tod eines Gesellschafters 30.60 – Treuhand 30.9 ff. – typische 30.16 – Übertragbarkeit 30.51 – Umwandlung 30.62 – Veräußerungsgewinn, -verlust 31.27 – Verlustbeteiligung 30.52 – Vertretung 30.42 – Werbungskosten 31.59 – Wesen 30.1 – Wettbewerbsverbot 30.49 – Zivilrecht 30.1 ff. – Zustimmungsbedürftigkeit 10.38 – Zweck 30.2 ff. Unterbeteiligung im Steuerrecht 31.1 ff. – Abgeltungsteuer 31.56 f., 31.63 – Angehörige 31.33 f. – Beendigung 31.7 – einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 31.30 f., 31.66 – Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 31.24 – Erbschaftsteuer 31.90 ff. – Familienverband 31.33 f. – Gewinnverteilung, angemessene 31.48 – GmbH-Anteil 31.52, 31.54, 31.56 – Kapitalertragsteuereinbehalt 31.65 – Mitunternehmerschaft 31.44 – Rückfallklausel 31.40 – Schenkungsteuer 31.90 ff.

Stichwortverzeichnis – steuerrechtliche Anerkennung 31.34, 31.36 – typisch stille Unterbeteiligung 31.7, 31.9 – Veräußerung 31.28 f. – Veräußerungsgewinn, -verlust 31.26, 31.28 Unternehmensform – Gestaltungsfreiheit 1.17, 1.19 f. – Sonderformen 1.2 ff. – steuerliche Schranken 1.1 ff. – stille Gesellschaft 2.1 f. – Typenbeschränkung 1.18 ff. – Typenwechsel 1.27 – Typenzwang 1.7 ff., 1.16, 1.18 ff. – Wahl 1.1 ff. – Wahlfreiheit 1.2 ff. – Zwecksetzung 1.11 ff. Unternehmensgegenstand 10.13 f. Unternehmensidentität 24.36, 24.38 ff., 24.42, 24.44, 24.46 ff. Unternehmenswert – GmbH & Still 21.126, 21.128 Unternehmeridentität 24.37 f., 24.41 f., 24.44, 24.46 ff., 24.74, 24.74 Unternehmerrisiko – Freibetrag 22.145 – Unterbeteiligter, atypischer 20.75 f. USA 3.59

Veranlassungszusammenhang

– Steuerrecht 20.14 Veräußerung des Geschäftsbetriebs 17.1, 22.142 – Beteiligung am Veräußerungsgewinn 17.10 – Einbringung einer stillen Beteiligung 22.140 f. – eintretender Gesellschafter 22.124 – Ergänzungsbilanz 22.120 – Fortsetzung 17.9 – Haftung des Erwerbers 17.5 – Mitwirkung des stillen Gesellschafters 17.2 – negatives Kapitalkonto 22.122 – Übergang der stillen Gesellschaft 17.3 f. – Zustimmungsbedürftigkeit 17.6 ff. Veräußerungsgewinn – Ausfall des Kaufpreises 22.118 f. – beschränkte Steuerpflicht 29.9 – Insolvenz 22.225 Veräußerungsverlust 22.223 Verdeckte Einlage 23.23, 23.41

– Begriff 23.29 – Bewertung 23.30 – Errichtung stiller Gesellschaft 23.36 – formeller Fremdvergleich 23.34 – Rechtsfolge 23.29 Verdeckte Gewinnausschüttung 21.119, 21.130, 23.23, 23.33 – atypische stille Gesellschaft 23.41 – Begriff 23.24 – Errichtung stiller Gesellschaft 23.31, 23.37 – formeller Fremdvergleich 23.32 – Fremdvergleich 23.25 – Gewinnbeteiligung 23.38 f. – GmbH & atypisch Still 21.113 ff. – GmbH & Still 21.106 ff. – Kündigungsrecht 23.40 – materieller Fremdvergleich 23.35 – nahestehende Person 23.26 – Rechtsfolgen 23.27 f., 23.34 – Unangemessene Gewinnverteilung 21.118 – Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis 23.25 Verdecktes Gesellschaftsverhältnis 20.34 f., 20.50 Verdecktes Stammkapital 23.42 Verein 1.8 – mehrere stille Gesellschafter 6.58 – Zweck 1.8 Vergütung – Geschäftsführung 12.24 Verlagsvertrag, partiarischer – Abgrenzung stille Gesellschaft 5.49 f., 5.51 Verlustausgleich – GmbH & atypisch Still 23.79 f. Verlustbeteiligung – verrechenbare 22.239, 22.241 Verluste – verrechenbare 22.71 f. Verlusttransferfunktion 20.88 f., 21.79 Verlustverrechnung – Gewerbesteuer 24.35 ff., 24.44, 24.46 ff., 24.74 – Steuervergünstigungsabbaugesetz 23.52 Verlustverrechnungsbeschränkung 23.104 Verlustvortrag 23.89, 23.94 – Gewerbesteuer 24.49 ff., 24.74 – GmbH & atypisch Still 23.72 ff., 23.78 Verlustvortragskonto 13.54 Verlustzuweisung – typisch stille Gesellschaft 22.234

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Stichwortverzeichnis – Werbungskosten 22.235 Vermögensbeteiligung 4.28 ff. – Beweggründe 4.28 – wirtschaftliche 4.14 f. Vermögensbeteiligungsgesetz – stille Beteiligung 2.37 ff. Vermögenseinlage – Bewertung 7.66, 7.68 f., 7.74 ff. – Familiengesellschaft 21.46 ff. – Gesellschaftsvertrag 10.2 – Gläubigerzugriff 7.8 – Insolvenz 16.10, 16.130, 16.132 – Leistung 7.1 ff. – Pfändung 14.39 – Rückgewähr 7.79 – Schenkung 2.22 ff., 27.6 f. – Über-, Unterbewertung 7.70 ff. – Übertragung 5.25 – Verwendung 12.32 – Wertvereinbarung 7.66, 7.68 f. Vermögensteuer 27.91 ff. Vermögenszurechnung 18.54 Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit – Geschäftsinhaberin 6.29 Vertragspartner 9.19, 9.40 Vertragsstrafe 10.65

1088

Vorgesellschaft 6.25 Vorkaufsrecht 10.65

Werbungskosten

22.231 f., 22.249, 22.271 – beschränkte Steuerpflicht 29.10 – Insolvenz 22.238 – Unterbeteiligung 31.59 – Verlustbeteiligung 22.231 Wertberichtigung – Beteiligung des stillen Gesellschafters 8.87 f. Wettbewerbsrecht 9.82 Wettbewerbsverbot 9.84, 14.23, 30.5, 30.49 – Geschäftsinhaber 12.33 ff. – Schranken 12.35 – stiller Gesellschafter 12.42 – Treuepflicht 12.34 Widerrufsfrist 18.64 f. – Gutschriften 22.193 – Übertragung 22.107 – unentgeltliche Übertragung 22.110 Wirtschaftsgüter – Mitunternehmererlass 22.107 Wirtschaftsprüfungsgesellschaften 9.79

Zufluss-/Abfluss-Prinzip

22.188 ff. Zuwendungsnießbrauch 27.73