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German Pages 924 Year 2009
Blaurock Handbuch Stille Gesellschaft
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Handbuch Stille Gesellschaft Gesellschaftsrecht · Steuerrecht von
Prof. Dr. Uwe Blaurock Universitätsprofessor in Freiburg
7. neu bearbeitete Auflage
2010
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Dr.OttoSchmidt Köln
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verz:eiclmet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 info®otto-schmidt.de www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-33526-7 ©2010 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Ühersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspei.chenmg und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Bercker, Kevela.er Printed in Germany
Vorwort Seit dem Erscheinen der 6. Auflage im Jahre 2003 sind zahlreiche gesetzliche Neuregelungen erfolgt sowie eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen ergangen, die für die stille Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind. Wesentliche Änderungen im zivilrechtlichen Teil ergaben sich einerseits durch das MoMiG sowie andererseits durch die neueren Entwicklungen bei der fehlerhaften stillen Gesellschaft, bei der stillen Gesellschaft in der Auseinandersetzung, bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung und im Recht der Unternehmensverträge bei der stillen Gesellschaft an einer Aktiengesellschaft. Das Kapitel zur Buchführung und zum Jahresabschluss ist im Hinblick auf die Änderungen durch das BilMoG sowie die Berücksichtigung der Behandlung der stillen Gesellschaft nach den internationalen Rechnungslegungsstandards in weiten Teilen neu gefasst worden. Im steuerrechtlichen Bereich haben die zahlreichen Reformgesetze der jüngeren Zeit wie das SEStEG, die Unternehmensteuerreform und die Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts zu tief greifenden Änderungen geführt. Das Kapitel zur Einkommensteuer wurde deshalb völlig neu geschrieben. Das Kapitel zur Erbschaftsteuer wurde in weiten Teilen neu gefasst und ist um die Behandlung der Bewertung erweitert worden; das eigenständige Kapitel zur Bewertung ist demgegenüber weggefallen. Die Flut der steuerlichen Detailänderungen insbesondere durch die Jahressteuergesetze hat darüber hinaus auch in allen übrigen steuerrechtlichen Kapiteln in erheblicher Weise Neufassungen des Textes erfordert. Da für die Praxis auch die vor 2009 geltenden Regelungen noch eine Zeit lang von Bedeutung sind, wurde in zahlreichen Fällen die Rechtslage vor und nach der jeweiligen Rechtsänderung dargestellt. Bei Rechtsprechung und Schrifttum ist das Buch von zahlreichen überholten oder inzwischen nicht mehr relevanten älteren Nachweisen entlastet worden. Das steigende wissenschaftliche Interesse, das die stille Gesellschaft jedoch in jüngerer Zeit findet, hat gleichwohl zu einer Vermehrung des Umfangs geführt. Das Handbuch gibt nunmehr den Stand von Gesetzgebung, Schrifttum und Rechtsprechung von August 2009 wieder. Die Neubearbeitung des Handbuchs wäre ohne die Hilfe und den unermüdlichen Einsatz der früheren und gegenwärtigen Mitarbeiter meines Lehrstuhls nicht möglich gewesen. Besonders zu danken habe ich hier Daniel Gracia Calvo, Caren Goldt, Dr. Thomas Löneke, Dr. Falk Mylich und Johannes Weber. Dank schulde ich auch Adrian Cavin, Carl-Philipp Eberlein, Milena Gimmler, Matthias Filker, Hedwig Hahn, Stefanie Hahn, Till Hiemenz-Müller, Nikita Malevannyy, Jessica Moser, Marietta Pietrek, Carl Christian Sanders, Alexandar Sarovic und Eva Schmitt.
V
Vorwort
Viele Benutzer des Handbuchs haben mir durch ihre Hinweise sehr geholfen; dafür danke ich vielmals und bitte zugleich herzlich und erneut um Kritik und Anregung (Kontakt siehe unten). Für eher technische Hinweise steht auch eine Antwortkarte am Ende des Handbuchs zur Verfügung. Freiburg, im Oktober 2009
Uwe Blaurock
Anschrift des Autors: Prof. Dr. Uwe Blaurock, Universität Freiburg, Institut für Wirtschaftsrecht, Wilhelmstraße 26, 79098 Freiburg i. Br., Fax: 0761-203 2287, E-Mail: [email protected]
VI
Inhaltsübersicht Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IX
Allgemeines Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXVII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Einführung
XLI
Seite
§ 1 Wesen und Bedeutung der Unternehmungsformen . . . . . . . . . .
1
§ 2 Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform, insbesondere die Gründe für ihre Wahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
§ 3 Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
I. Teil: Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht § 4 Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
§ 5 Die beteiligten Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
§ 6 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters. . . . . . .
90
§ 7 Gewinn- und Verlustbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
115
§ 8 Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
133
§ 9 Errichtung der stillen Gesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
153
§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
178
§ 11 Mängel des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
197
§ 12 Rechte und Pflichten der Gesellschafter. . . . . . . . . . . . . . . . . .
217
§ 13 Buchführung und Jahresabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
249
§ 14 Verteilung von Gewinn und Verlust. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
303
§ 15 Auflösung der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
327
§ 16 Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
348
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . .
372
VII
Inhaltsübersicht Seite
§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung . . . . . . . . . . . . . . .
408
§ 19 Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft . . . .
437
II. Teil: Die Besteuerung der stillen Gesellschaft § 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft. . . . . . . . .
485
§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen (stille Familiengesellschaft, GmbH & Still) . . . . . . . . . . . . . . .
517
§ 22 Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
559
§ 23 Körperschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
662
§ 24 Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
680
§ 25 Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
710
§ 26 Vermögensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
723
§ 27 Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
726
§ 28 Grund- und Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
753
§ 29 Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht . . . . . . .
758
III. Teil: Die Unterbeteiligung § 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht . . . . . . . . . . . . .
779
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
806
Anhang Vertrag über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft. . . . .
839
Vertrag über die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft . . . .
847
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
853
VIII
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VII
Allgemeines Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXVII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Einführung
XLI
Rn. Seite
§ 1 Wesen und Bedeutung der Unternehmungsformen I. Die Wahl der Unternehmungsform . . . . . . . . . . 1. Gesichtspunkte für die Wahl der Unternehmungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die zur Wahl stehenden Gesellschaftsformen 3. Die verschiedenen Gesellschaftszwecke . . . .
.......
1.1
1
....... ....... .......
1.1 1.7 1.11
1 3 4
. . . . .
1.16 1.16 1.18 1.26 1.27
6 6 6 9 9
... ... ...
1.28 1.28 1.30
10 10 10
...
1.30
10
...
1.32
12
...
1.35
13
IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.36
13
II. Die Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht . . . . . 1. Typenwahlfreiheit und Typengestaltungsfreiheit . 2. Typenzwang und Typenbeschränkung . . . . . . . . 3. Weitere Grenzen der Gestaltungsfreiheit . . . . . . 4. Typenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
III. Die Gestaltungsmöglichkeiten im Recht der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wesensmerkmale der stillen Gesellschaft . . . . . . . 2. Die atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . a) Atypische Gestaltungsformen der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulässigkeit der atypischen Gestaltungsformen der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anwendbarkeit der §§ 230 ff. HGB auf die atypischen Gestaltungsformen . . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
IX
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
§ 2 Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform, insbesondere die Gründe für ihre Wahl I. Beweggründe auf Seiten des stillen Gesellschafters . . . . .
2.2
16
II. Beweggründe auf Seiten des Inhabers des Handelsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zivilrechtliche Beweggründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuerrechtliche Beweggründe . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.7 2.7 2.12
17 17 18
III. Die stille Gesellschaft als Familiengesellschaft . . . . . . . .
2.18
20
IV. Die stille Gesellschaft als Form der Mitarbeiterbeteiligung 1. Die Beweggründe zur Mitarbeiterbeteiligung . . . . . . . 2. Die Formen der Mitarbeiterbeteiligung . . . . . . . . . . . . a) Die Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Mitunternehmerschaft (atypische stille Gesellschaft) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . d) Vermögensbeteiligungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . .
2.24 2.24 2.27 2.27
22 22 23 23
2.29 2.33 2.37
24 25 26
V. Die stille Publikumsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.45
29
VI. Die stille Gesellschaft als Beteiligungsinstrument für den Venture-Capital-Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.46
29
VII. Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . .
2.48
30
VIII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.51
30
3.1
32
3.8 3.8 3.20 3.30 3.31 3.38 3.42 3.62 3.69 3.74 3.78
34 34 36 39 40 42 44 48 49 50 51
§ 3 Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht I. Die Wurzeln der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausländisches Recht 1. Frankreich . . . . . 2. Italien . . . . . . . . 3. Liechtenstein . . . 4. Österreich . . . . . 5. Schweiz . . . . . . . 6. Belgien . . . . . . . 7. Luxemburg . . . . 8. Niederlande . . . . 9. Schweden . . . . . 10. Griechenland . . .
X
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
11. Anglo-amerikanischer Rechtskreis . . . . . . . . . . . . . . 12. Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.81 3.82
52 52
III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.87
54
I. Teil: Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht § 4 Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft I. Der Begriff der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Wesen der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . 1. Die stille Gesellschaft als echte Gesellschaft . . 2. Die stille Gesellschaft als Innengesellschaft . . . 3. Die stille Gesellschaft als Personengesellschaft .
. . . .
. . . .
. . . .
4.1
56
. . . .
. . . .
4.6 4.6 4.10 4.17
57 57 59 61
III. Die Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft . . . . . . 1. Die typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Atypische Formen der stillen Gesellschaft . . . . . . . . a) Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft . b) Die stille Gesellschaft mit Vermögensbeteiligung des Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die stille Gesellschaft mit Geschäftsführungsbeteiligung des Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die atypische stille Gesellschaft i.S. des Steuerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
4.24 4.25 4.26 4.27
63 64 64 64
.
4.28
65
.
4.32
66
.
4.33
67
IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.34
67
5.1 5.2 5.10 5.10 5.14 5.16 5.17 5.18 5.18 5.20 5.21 5.22 5.24 5.25
69 70 72 72 72 73 73 73 74 74 75 75 76 76
5.27
78
§ 5 Die beteiligten Personen I. Der Inhaber des Handelsgewerbes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Kaufmannseigenschaft des Geschäftsinhabers . . . . 2. Das Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers . . . . . . . . a) Kaufleute nach § 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kaufleute nach § 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kaufleute nach § 3 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Scheinkaufleute nach § 5 HGB . . . . . . . . . . . . . . . e) Handelsgesellschaften nach § 6 HGB . . . . . . . . . . . aa) Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kapitalgesellschaften außer Genossenschaften . cc) Vorgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Eingetragene Genossenschaften . . . . . . . . . . . ee) EWIV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Europäische Auslandsgesellschaften . . . . . . . . f) Unternehmen von Körperschaften des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XI
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
g) Gesellschaften in Liquidation . . . . . . . . . . . . . . . . h) Stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen . . . . . . a) Verschiedenheit von Geschäftsinhaber und Stillem . b) Stille Beteiligung an Teilen eines Handelsgewerbes . c) Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.28 5.31 5.32 5.32 5.35 5.36
78 79 79 79 80 81
.. ..
5.37 5.37
82 82
..
5.44
83
. . . . .
. . . . .
5.46 5.46 5.49 5.57 5.58
84 84 85 88 88
III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.59
88
6.1 6.1 6.3
90 90 91
..
6.6
92
..
6.6
92
II. Der stille Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Fähigkeit, stiller Gesellschafter zu werden . . . . 2. Körperschaften des öffentlichen Rechts als stille Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beteiligung mehrerer stiller Gesellschafter an einem Handelsgewerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz der Zweigliedrigkeit . . . . . . . . . . . . . b) Die mehrgliedrige stille Gesellschaft . . . . . . . . . c) Die wechselseitige stille Gesellschaft . . . . . . . . d) Die Unterbeteiligung an einer stillen Beteiligung
§ 6 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters I. Die Beitragspflicht des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . 1. Beitrag und Einlageleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Umfang der Beitragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Beitragsleistung des stillen Gesellschafters . . . . . . 1. Die Formen der Beitragsleistung und ihre rechtliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beitragsleistung durch Leistung einer bilanzierungsfähigen Einlage . . . . . . . . . . . . . . . aa) Persönliche Leistung einer Geldeinlage . . . . bb) Persönliche Leistung einer Sacheinlage . . . . cc) Schenkweise Einbuchung . . . . . . . . . . . . . . b) Die Leistung nicht bilanzierungsfähiger Beiträge aa) Gebrauchsüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einbringung eines Vermögensgegenstandes dem Werte nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Einräumung eines Geld- oder Warenkredits . ee) Unterlassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Immaterielle Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Zeitpunkt der Beitragsleistung . . . . . . . . . . . . . 3. Störungen bei der Beitragsleistung . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzwidrigkeit oder Sittenwidrigkeit . . . . . . . b) Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verzug und sonstige Pflichtverletzungen . . . . . .
XII
. . . . . .
. . . . . .
6.7 92 6.10 93 6.15 94 6.18 95 6.31 100 6.31 100
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
6.36 6.38 6.43 6.44 6.45 6.46 6.50 6.50 6.51 6.54
101 102 103 104 104 104 105 105 105 105
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
d) Gewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kündigung des Treuhandverhältnisses bei Beitragsleistung an einen Treuhänder . . . . . . . . . . III. Die Einlage des stillen Gesellschafters . 1. Beitrag und Einlagegutschrift . . . . . 2. Die Bewertung der Einlage . . . . . . . 3. Beitrag und Beteiligung . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
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. . . .
IV. Einlage und Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.57 106 6.60 107 6.61 6.61 6.63 6.76
107 107 107 110
6.81 111
V. Das Wesen des Einlagekontos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.84 112
VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.92 114
§ 7 Gewinn- und Verlustbeteiligung I. Die Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff der Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . 2. Die Gewinnbeteiligungsmöglichkeiten . . . . . . . . . 3. Anwendung der §§ 291 ff. AktG auf die stille Beteiligung an einer Aktiengesellschaft . . . . . . . . . a) Die stille Beteiligung als Teilgewinnabführungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags . . . . aa) Erforderlichkeit der Zustimmung . . . . . . . . bb) Zeitpunkt der Zustimmung . . . . . . . . . . . . c) Vertragliche Fehler und Mängel bei der stillen Beteiligung an einer Aktiengesellschaft . . . . . . . d) Unzulässigkeit der Abführung eines garantierten Mindestgewinns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Analoge Anwendung der §§ 291 ff. AktG auf die stille Beteiligung an einer GmbH? . . . . . . . . . . . . . 5. Kollision von Gewinnabführungs- und Teilgewinnabführungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
.. .. ..
7.1 116 7.2 116 7.8 118
..
7.19 120
..
7.19 120
.. .. ..
7.25 122 7.25 122 7.28 124
..
7.29 125
..
7.30 125
..
7.34 128
..
7.37 129
II. Die Verlustbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Ausschluss der Verlustbeteiligung . . . . . . . . . . . . 2. Verlustbeteiligungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . .
7.38 130 7.38 130 7.42 131
III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.44 131
§ 8 Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten I. Stille Gesellschaft und andere Formen der internen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.2 134
XIII
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
1. Stille Gesellschaft i.S. von §§ 230 ff. HGB und stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stille Gesellschaft und Geschäfte auf gemeinsame Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung . . . . . . . . . .
8.2 134 8.4 135 8.5 135
II. Stille Gesellschaft und Gesellschaft des bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.6 135
III. Stille Gesellschaft und Personenhandelsgesellschaften . . .
8.8 136
IV. Partiarische Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff und Wesen der partiarischen Verträge . . . . . 2. Das partiarische Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung der Unterscheidung zwischen partiarischem Darlehen und stiller Gesellschaft b) Unterscheidungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Genussrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der partiarische Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . 5. Partiarische Miet-, Pacht- und Verlagsverträge . . .
... ... ...
8.16 137 8.16 137 8.20 139
. . . . .
8.21 8.30 8.36 8.37 8.47
. . . . .
. . . . .
139 142 145 146 149
V. Kommissionsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.50 150
VI. Stille Gesellschaft und Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.52 151
VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.53 151
§ 9 Errichtung der stillen Gesellschaft I. Errichtung durch Gesellschaftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . 1. Wesen des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . 3. Abschluss des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . a) Zustandekommen des Gesellschaftsvertrags . . . . b) Der Vertragsschluss durch Vertreter . . . . . . . . . . . c) Wirksamwerden des Gesellschaftsvertrags . . . . . . d) Form des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . e) Geltung der §§ 305 ff. BGB (früher AGBG) . . . . . . f) Anwendbarkeit des § 312 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 4. Besonderheiten des Vertragsschlusses bei einzelnen Vertragspartnern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesellschaftsverträge mit mehreren Personen . . . b) Gesellschaftsverträge mit Geschäftsunfähigen, Minderjährigen oder Betreuten . . . . . . . . . . . . . . aa) Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters . . . . . bb) Bestellung eines Ergänzungspflegers . . . . . . . cc) Genehmigung des Vormundschaftsgerichts . . c) Gesellschaftsverträge mit Personengesellschaften .
XIV
. . . . . . . . . .
9.1 9.2 9.8 9.12 9.12 9.14 9.18 9.22 9.28 9.29
154 154 155 157 157 157 158 159 160 161
. .
9.30 161 9.30 161
. . . . .
9.32 9.32 9.38 9.40 9.50
162 162 163 164 168
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
d)
e)
f) g)
aa) Personenhandelsgesellschaften als Geschäftsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Personenhandelsgesellschaften als stille Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesellschaftsverträge mit GmbH . . . . . . . . . . . . . . aa) Die GmbH als Geschäftsinhaberin . . . . . . . . . bb) Die GmbH als stille Gesellschafterin . . . . . . . Gesellschaftsverträge mit Aktiengesellschaften . . . aa) Die Aktiengesellschaft als Geschäftsinhaberin . bb) Die Aktiengesellschaft als stille Gesellschafterin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Erbengemeinschaft setzt das einzelkaufmännische Unternehmen fort . . . . . . . . . . . . . Stille Gesellschaft mit einer Genossenschaft . . . . .
II. Gesetzliche Schranken für die Errichtung einer stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kartellrechtliche Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . a) Stille Gesellschaft und §§ 1 ff. GWB . . . . . . . . b) Stille Gesellschaft und §§ 35 ff. GWB . . . . . . . . 2. Gewerberechtliche und berufsständische Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Stille Beteiligungen an Apotheken . . . . . . . . . . b) Stille Beteiligungen an Rechtsberatungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Stille Beteiligungen an Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften . . . . . . . . . . d) Sonstige gewerberechtliche Einschränkungen . . 3. Kapitalmarktrechtliche Schranken . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
9.50 168 9.57 9.59 9.59 9.62 9.63 9.63
169 170 170 171 171 171
9.66 171 9.67 172 9.68 172 9.69 9.69 9.69 9.73
172 172 172 173
... ...
9.74 173 9.75 174
...
9.77 174
... ... ...
9.78 175 9.79 175 9.80 176
III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.81 176
§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags I. Der Mindestinhalt des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . II. Der sonstige Inhalt des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . 1. Firma, Sitz und Gegenstand des Unternehmens . . . . . a) Die Firma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Gegenstand des Unternehmens . . . . . . . . . . . . c) Der Sitz des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Informations-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beitragsleistung, Gewinn- und Verlustbeteiligung . . . . 4. Auseinandersetzungsguthaben, schwebende Geschäfte 5. Übertragung der Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Dauer der stillen Gesellschaft, Kündigung . . . . . . . . .
10.1 178 10.4 10.5 10.6 10.13 10.15
179 179 180 182 182
10.17 10.21 10.23 10.29 10.40
183 184 184 187 190
XV
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
7. Geheimhaltung der stillen Gesellschaft . . . . . 8. Gewährung von Sicherheiten an den stillen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Vereinbarung eines Schiedsgerichts . . . . . . . . 10. Regelung der Erbfolge beim Tode des Inhabers . a) Die erbrechtliche Regelung . . . . . . . . . . . . b) Die gesellschaftsvertragliche Regelung . . . . 11. Weitere Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
.....
10.41 190
. . . . . .
10.43 10.44 10.55 10.55 10.62 10.65
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
191 191 193 193 195 196
10.66 196
§ 11 Mängel des Gesellschaftsvertrags I. Die Lehre von der Gesellschaft mit fehlerhafter Vertragsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der fehlerhafte stille Gesellschaftsvertrag im Besonderen . 1. Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf die stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grenzen der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzes- und Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . b) Verstoß gegen berufsrechtliche Regelungen . . . . . . c) Minderjährigenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Arglistige Täuschung und widerrechtliche Drohung e) Fehlende Gesellschaft und Scheingesellschaft . . . . 3. Anwendbare Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.1 197 11.5 200 11.5 200 11.6 201 11.12 205 11.19 11.20 11.23 11.24 11.26 11.27 11.28
210 210 212 212 214 215 215
11.32 216
§ 12 Rechte und Pflichten der Gesellschafter I. Die Rechtsstellung des Inhabers des Handelsgeschäfts . . . 1. Die Beitragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erhaltung der Grundlagen des Handelsgeschäfts . . . c) Veräußerung oder Einstellung des Geschäftsbetriebs d) Gesellschafterwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesellschafterwechsel in einer Personenhandelsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesellschafterwechsel in einer Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XVI
12.2 12.3 12.4 12.4 12.9 12.15 12.21
218 218 218 218 219 221 223
12.21 223 12.23 224
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
3. 4. 5. 6.
e) Außergewöhnliche Maßnahmen der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Die zweckentsprechende Verwendung der Beitragsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Privatentnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Umwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis . . . . j) Haftung für Geschäftsführungsmaßnahmen . . . . . . Das Handeln nach außen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wettbewerbsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Grundsatz der Gleichbehandlung . . . . . . . . . . . . .
II. Die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . 1. Die Beitragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wettbewerbsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kontrollrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die gesetzlichen Kontrollrechte des Stillen . . . . . aa) Das ordentliche Informationsrecht des Stillen nach § 233 Abs. 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das außerordentliche Informationsrecht des Stillen nach § 233 Abs. 3 HGB . . . . . . . . . . . cc) Die Kontrolle von Beteiligungen . . . . . . . . . . dd) Weitere gesetzliche Kontrollrechte . . . . . . . . b) Vertragliche Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Beteiligung an der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . 6. Vertretung des Geschäftsinhabers nach außen . . . . . . 7. Haftung für Geschäftsführungs- und Vertretungshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Haftung des Stillen für Verbindlichkeiten des Handelsgewerbes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Gesellschafterwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12.24 224 12.29 12.31 12.36 12.37 12.39 12.44 12.47 12.52 12.58
225 226 227 227 228 229 230 231 232
. . . . . .
12.59 12.59 12.60 12.63 12.65 12.67
233 233 233 234 235 235
.
12.69 236
. . . . . .
12.73 12.77 12.85 12.88 12.90 12.93
.
12.96 243
237 238 240 241 242 242
. 12.98 243 . 12.110 247
III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.111 247 § 13 Buchführung und Jahresabschluss I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13.1 250
II. Grundlagen der Bilanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ordnungsmäßigkeit der Buchführung . . . . . . . . . . . . . 2. Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung . . . . . . . . .
13.4 251 13.4 251 13.16 253
III. Die Gliederung der Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aktivseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13.31 257 13.32 257
XVII
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
a) Anlagevermögen . . . . . . . . . . . . . b) Umlaufvermögen . . . . . . . . . . . . . c) Rechnungsabgrenzungsposten . . . . 2. Passivseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eigenkapital des Geschäftsinhabers b) Rückstellungen . . . . . . . . . . . . . . c) Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . d) Rechnungsabgrenzungsposten . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
13.32 13.35 13.36 13.43 13.43 13.49 13.56 13.57
IV. Bewertungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Bewertungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . 2. Bewertung bestimmter Wirtschaftsgüter . . . . . . . . . . a) Ermittlung der Anschaffungs- und Herstellungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abschreibungen auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Umlaufvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sonstige Abschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Passivposten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . .
13.61 263 13.62 264 13.67 265
.
13.69 266
. . . .
13.79 13.83 13.86 13.91
V. Buchführungspflicht und Jahresabschluss der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Die stille Gesellschaft in der Buchhaltung und im Jahresabschluss des Inhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Buchführungs- und Bilanzierungspflicht des Inhabers 2. Passivierung der stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . a) Abgrenzung eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen von stillen Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter . . . . . . . . b) Bilanzierung stiller Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter . . . . . . . . . . . c) Bilanzierung eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Aktivierung der Beitragsleistung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aktivierungsfähigkeit des Beitrages . . . . . . . . . . . b) Bewertung der Einlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bilanzielle Behandlung von Gewinnen, Verlusten und Entnahmen sowie von sonstigen Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber dem stillen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die stille Gesellschaft in der Gewinn- und Verlustrechnung sowie im Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XVIII
257 258 258 260 260 261 262 263
268 269 270 271
13.94 271
. 13.98 272 . 13.98 272 . 13.104 274
. 13.107 276 . 13.117 279 . 13.121 280 . 13.123 281 . 13.124 282 . 13.130 283
. 13.132 284 . 13.144 287
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
6. Der bilanzielle Ausweis von Abfindungszahlungen an atypische stille Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.145 288 a) Steuerbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.148 288 b) Handelsbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.150 289 VII. Die stille Gesellschaft in der Buchhaltung und im Jahresabschluss des stillen Gesellschafters . . . . . . . . 1. Buchführungs- und Bilanzierungspflicht des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aktivierung der Mitgliedschaft in der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die stille Gesellschaft in der Gewinn- und Verlustrechnung sowie im Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Bilanzierung nach internationalen Rechnungslegungsstandards (IAS/IFRS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung und Anwendungsbereich . . . . . . . . b) Bilanzierungsgrundsätze nach IAS/IFRS . . . . . . 2. Erfassung der stillen Beteiligung in der Bilanz des Inhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bilanzierung nach IAS 32 . . . . . . . . . . . . . . . . b) IAS 32-Amendment (IAS 32.16A und 16B) . . . . 3. Erfassung in der Bilanz des stillen Gesellschafters . 4. Angaben im Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . 13.154 291 . . . 13.154 291 . . . 13.155 291 . . . 13.162 293 . . . .
. . . .
. . . .
13.164 13.164 13.164 13.166
294 294 294 295
. . . . .
. . . . .
. . . . .
13.168 13.168 13.172 13.178 13.179
296 296 298 300 301
IX. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.180 301 § 14 Verteilung von Gewinn und Verlust I. Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Regelung im Gesellschaftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . II. Berechnung des Gewinns und Verlustes des Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Interne Rechnungslegung als Grundlage der Gewinnberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Berechnung von Gewinn und Verlust in der Vertragspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Feststellung der Gewinnrechnung . . . . . . . . . . .
14.1 303 14.2 304 14.3 304
.
14.8 306
.
14.8 306
. .
14.10 306 14.12 307
III. Berechnungsgrundlage für Gewinn und Verlust des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Handelsbilanzgewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuerbilanzgewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14.18 308 14.19 309 14.22 309
XIX
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
IV. Durchführung der Gewinnberechnung . . . . . . . . . . . 1. Korrekturen des Jahresergebnisses des Inhabers für die Gewinnberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unterschiede der Gewinnberechnung bei typischer und atypischer stiller Gesellschaft . . . . . . . . . . . . a) Gewinnberechnung bei der atypischen stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewinnberechnung bei der typischen stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Jahresergebnis des Inhabers als Grundlage für die Gewinnberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
...
14.33 312
...
14.33 312
...
14.40 314
...
14.41 315
...
14.42 315
...
14.49 319
V. Auszahlung des Gewinnanteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Auszahlungsanspruch des stillen Gesellschafters . 2. Auszahlungsanspruch und Einlage des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14.52 320 14.52 320
VI. Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Regelung im Gesellschaftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . .
14.67 324 14.67 324 14.69 324
VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14.74 326
14.61 322
§ 15 Auflösung der stillen Gesellschaft I. Das Wesen der Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15.1 327
II. Die Auflösungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auflösung durch Vereinbarung der Gesellschafter . . . . 2. Zeitablauf, Bedingungseintritt, Erreichen und Unmöglichwerden des Zwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ablauf der im Gesellschaftsvertrag festgelegten Zeit b) Eintritt einer im Gesellschaftsvertrag vereinbarten auflösenden Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erreichen des vereinbarten Zwecks (§ 726 BGB) . . . d) Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks (§ 726 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kündigung (§ 234 Abs. 1 HGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die ordentliche Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die außerordentliche Kündigung . . . . . . . . . . . . . . 4. Kündigung durch einen Privatgläubiger des stillen Gesellschafters (§§ 234, 135 HGB) . . . . . . . . . . . . . . . 5. Tod oder Todeserklärung eines Gesellschafters, Auflösung von Handelsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . a) Tod des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tod des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . c) Auflösung von Inhaber-Handelsgesellschaften . . . .
15.8 329 15.10 330
XX
15.11 330 15.11 330 15.13 330 15.14 330 15.15 15.20 15.21 15.30
331 332 332 335
15.39 337 15.42 15.42 15.49 15.58
339 339 340 343
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
6. Insolvenz eines Gesellschafters (§ 728 BGB) . . . . . . . . 7. Sonstige mögliche Auflösungsgründe . . . . . . . . . . . . .
15.62 344 15.66 345
III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15.73 346
§ 16 Auseinandersetzung I. Begriff und Wesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zeitpunkt der Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . II. Auseinandersetzungsguthaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens . . . . . 2. Höhe des Auseinandersetzungsguthabens . . . . . . . . . a) Höhe bei typischen stillen Beteiligungen . . . . . . . b) Höhe bei schuldrechtlicher Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonderfälle der Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . a) Dienstleistungen als Beitrag des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sachleistungen als Beitrag des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Auszahlungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs . . . . . . . . . . 2. Durchsetzung des Auseinandersetzungsanspruchs 3. Kontrollrechte des stillen Gesellschafters . . . . . . .
. . . .
. . . .
16.1 348 16.1 348 16.12 353
. . . .
16.14 16.14 16.16 16.17
354 354 354 355
. .
16.25 358 16.27 359
.
16.29 360
.
16.32 361
. . . .
16.35 16.37 16.40 16.44
361 362 363 364
IV. Das passive Einlagekonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliche Bedeutung als Auszahlungssperre . . . . 2. Vertragliche Sonderregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.47 364 16.47 364 16.55 367
V. Abwicklung schwebender Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff der schwebenden Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . 2. Beteiligung des stillen Gesellschafters am Ergebnis schwebender Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.56 367 16.56 367
VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.67 371
16.60 368
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz I. Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ziele der Insolvenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzestechnische Änderungen bezüglich der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17.1 373 17.2 373 17.5 374
XXI
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
II. Insolvenz des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.6 1. Auflösung der stillen Gesellschaft durch Insolvenz des Inhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.6 2. Die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters . . . . . . 17.8 a) Die stille Beteiligung mit Fremdkapitalcharakter . . 17.9 b) Die stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter . . . 17.12 aa) Verlustbeteiligung in voller Höhe . . . . . . . . . . 17.14 bb) Anwendbarkeit der Vorschriften über Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.19 cc) Insolvenzantragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.24 c) Die eigenkapitalersetzende stille Beteiligung kraft Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.25 d) Stille Beteiligung als Surrogat für ein Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.33 3. Insolvenzgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.39 a) Die stille Beteiligung als Fremdkapital . . . . . . . . . . 17.41 b) Die eigenkapitalähnliche stille Beteiligung . . . . . . . 17.42 c) Die stille Beteiligung als Surrogat für ein Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.43 d) Altfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.45 4. Die Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.46 a) Durchführung der Auseinandersetzung . . . . . . . . . 17.46 b) Höhe des Auseinandersetzungsanspruchs . . . . . . . . 17.49 c) Das Auseinandersetzungsguthaben . . . . . . . . . . . . 17.53 d) Das passive Einlagekonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.56 aa) Die stille Beteiligung als Fremdkapital . . . . . . 17.56 bb) Die eigenkapitalähnliche stille Beteiligung . . . 17.62 5. Der stille Gesellschafter im Insolvenzplanverfahren . . 17.63 6. Die Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.65 a) Die Sonderregelung des § 136 InsO . . . . . . . . . . . . 17.71 aa) Unabdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.72 bb) Verhältnis zu anderen Anfechtungsregeln . . . . 17.73 cc) Die Voraussetzungen der besonderen Insolvenzanfechtung gemäß § 136 InsO . . . . . . 17.75 dd) Vorliegen einer stillen Beteiligung . . . . . . . . . . 17.76 ee) Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens . 17.77 ff) Besondere Vereinbarung zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.78 gg) Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . 17.87 hh) Ausschluss der Anfechtbarkeit . . . . . . . . . . . . 17.88 b) Die Durchführung der Insolvenzanfechtung . . . . . . 17.96 c) Rückforderungsansprüche bei stillen Beteiligungen als Surrogat für Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . 17.99 aa) Innerhalb des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . 17.99 bb) Außerhalb des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . 17.101
XXII
374 374 375 375 376 377 379 381 382 384 386 387 387 387 388 388 388 389 391 392 392 393 393 394 395 395 395 396 396 397 397 399 399 402 403 403 404
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
d) Rückforderungsansprüche innerhalb des Insolvenzverfahrens bei eigenkapitalähnlichen stillen Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.104 405 III. Die Insolvenz des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . 17.105 405 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.107 406 § 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung I. Die stille Gesellschaft und die Umwandlung des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Stille Gesellschaft und klassische Unternehmensübertragung des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . a) Einfluss des stillen Gesellschafters auf die Unternehmensübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einfluss des stillen Gesellschafters auf die Überleitung des stillen Gesellschaftsverhältnisses auf den neuen Unternehmensträger . . . . . . . . . . . . c) Beteiligung des stillen Gesellschafters am Veräußerungsgewinn der Unternehmensübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stille Gesellschaft und Verschmelzung des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übertragenden Rechtsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die prinzipielle Übertragbarkeit der stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Informationspflichten des Geschäftsinhabers . . cc) Zustimmungsbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Rechtslage bei Zustimmung des Stillen . . . ee) Die Rechtslage bei fehlender Zustimmung des Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Rechtsformabhängiges Zustimmungserfordernis des übernehmenden Rechtsträgers . . b) Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stille Gesellschaft und Spaltung des Geschäftsinhabers a) Stille Beteiligung am übertragenden Rechtsträger . . aa) Die prinzipielle Übertragbarkeit der stillen Beteiligung in der Spaltung . . . . . . . . . . . . . . . bb) Information des Stillen und Zustimmungsbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stille Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger 4. Stille Beteiligung und Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Handelsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.2 409 18.3 410 18.4 410
18.7 411
18.10 412 18.11 413 18.11 413 18.12 18.14 18.17 18.24
413 414 415 418
18.25 418 18.28 419 18.34 422 18.35 422 18.36 422 18.36 422 18.39 423 18.41 424
18.42 424
XXIII
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
5. Stille Gesellschaft und Formwechsel des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Formwechsel im Anwendungsbereich des Umwandlungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Im Umwandlungsgesetz nicht geregelte Formwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.43 424 18.44 425 18.49 427
II. Die Umwandlung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . 1. Umwandlung mit Universalsukzession . . . . . . . . . . . 2. Formwechsel des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . .
18.52 428 18.53 428 18.55 429
III. Die Umwandlung der stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . 1. Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Gesellschaftsanteil an der Inhabergesellschaft . . . . . . . a) Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Personengesellschaftsanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Kapitalgesellschaftsanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Wechsel zwischen typischer und atypischer stiller Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.56 429
IV. Die Umwandlung eines Gesellschaftsanteils in eine stille Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die stille Gesellschaft in der grenzüberschreitenden Umwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Formwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.57 429 18.58 429 18.59 430 18.61 431 18.62 431 18.64 18.64 18.66 18.67
431 431 433 433
18.69 434
§ 19 Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft I. Begriff und Zulässigkeit der stillen Publikumspersonengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bedeutung der stillen Publikumspersonengesellschaft . . . 1. Emission am „grauen Kapitalmarkt“ . . . . . . . . . . . . . 2. Die geeignete Rechtsform für Publikumsgesellschaften 3. Geschichtliche Entwicklung und Perspektive . . . . . . . 4. Die Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Grenzen der Dispositionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das Sonderrecht der stillen Publikumspersonengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Errichtung der stillen Publikumspersonengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gestaltungsvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXIV
19.1 439 19.5 19.5 19.6 19.10 19.15 19.18
440 440 441 442 445 446
19.20 447 19.20 447 19.20 447
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
b) Beitritt zu einer stillen Publikumspersonengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Gesellschaftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Auslegung und Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . cc) Die Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Binnenorganisation der stillen Publikumspersonengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die stille Publikumspersonengesellschaft auf fehlerhafter Vertragsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . f) Der Abschluss stiller Beteiligungen als Haustürgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Haustürgeschäft nach § 312 BGB . . . . . . . . . . . bb) Widerruf nach § 355 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Höhe des Rückgewähranspruchs . . . . . . . . . . . g) Der finanzierte Beteiligungserwerb . . . . . . . . . . . . aa) Das verbundene Geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nicht verbundene Geschäfte . . . . . . . . . . . . . cc) Verstöße gegen Aufklärungspflichten . . . . . . . h) Stellvertretung und Verbraucherschutz . . . . . . . . . 2. Ausgestaltung der Gesellschaftsverträge . . . . . . . . . . . a) Rechte und Pflichten der Gesellschafter . . . . . . . . . aa) Einlagepflicht des Anlegers . . . . . . . . . . . . . . . bb) Informations- und Kontrollrechte der stillen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftungsverfassung der stillen Publikumspersonengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausscheiden des Anlegers und Abwicklung des stillen Gesellschaftsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . a) Insolvenz eines Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . b) Kündigung des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . c) Kündigung durch den Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Auseinandersetzung und Abfindung . . . . . . . . . . . . . . a) Vereinbarung von Abfindungsklauseln . . . . . . . . . . b) Inhaltskontrolle der Abfindungsvereinbarung . . . . . IV. Anlegerschutz im Recht der Publikumspersonengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung b) Spezialgesetzliche Prospekthaftung . . . . . . 2. Aufsichtsrechtliche Schranken . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19.22 19.24 19.24 19.25
447 448 448 448
19.28 449 19.29 450 19.32 451 19.33 19.33 19.38 19.43 19.45 19.45 19.48 19.50 19.51 19.54 19.54 19.55
452 452 453 455 458 458 461 462 463 464 464 465
19.56 465 19.58 466 19.61 19.62 19.63 19.66 19.70 19.74 19.76
467 468 468 469 471 471 472
19.80 19.81 19.81 19.84 19.89
474 474 474 475 478
19.95 481
XXV
Inhaltsverzeichnis
II. Teil: Die Besteuerung der stillen Gesellschaft Rn. Seite
§ 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft I. Die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften . 1. Prinzipielle Maßgeblichkeit des Zivilrechts . . . . . . . . 2. Vom Zivilrecht abweichende Regeln für das Vorliegen stiller Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mehrere Rechtsverhältnisse zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Nachweis der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . a) Nachweis des Rechtsbindungswillens . . . . . . . . . . b) Nachweis der Merkmale einer stillen Gesellschaft . c) Nachweis der Gewinn- und Verlustbeteiligung . . . . d) Nachweis von verdeckten stillen Gesellschaften bei der GmbH & Co. KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Gestaltungsmissbrauch, § 42 AO . . . . . . . . . . . . . . . .
20.1 486 20.5 487 20.11 490 20.17 20.23 20.28 20.33 20.40
492 493 494 496 498
20.42 499 20.44 500
II. Die Unterscheidung von typischer und atypischer stiller Gesellschaft im Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . .
20.52 502 20.54 503 20.55 503
III. Die atypische stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sonderprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20.58 505 20.58 505 20.66 509
IV. Steuerliche Motive für die Begründung von stillen Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20.71 512
V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20.80 515
§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen (stille Familiengesellschaft, GmbH & Still) I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die stille Familiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . 2. Die Anerkennung der stillen Familiengesellschaft als solcher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Klare und eindeutige Vereinbarung . . . . . . . . . . . b) Zivilrechtliche Wirksamkeit, Anwendbarkeit von § 41 Abs. 1 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fremdvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verfügungsrecht über die stille Beteiligung . . bb) Gewinn- und Verlustbeteiligung . . . . . . . . . .
XXVI
21.1 519
. .
21.4 520 21.4 520
. .
21.11 523 21.17 525
. . . .
21.20 21.24 21.30 21.33
526 528 529 531
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
d) Vertragsgemäße Durchführung des Gesellschaftsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Sonderproblem: Schenkung einer typischen Beteiligung mit Verlustausschluss durch den Inhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Folgen der Nichtanerkennung des Gesellschaftsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Anerkennung der Gewinn- und Verlustbeteiligung a) Maßstäbe und Zeitpunkt der Angemessenheitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die angemessene Gewinnverteilung im Einzelnen . aa) Die geschenkte Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . bb) Die entgeltlich erworbene Beteiligung . . . . . . . cc) Die teilweise geschenkte Beteiligung . . . . . . . c) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Rechtsfolgen einer Nichtanerkennung . . . . . . . . . III. Die GmbH & Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Steuerliche Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Anerkennung der GmbH & Still als solcher . . . . . a) Prinzipielle Anerkennung der GmbH & Still als solcher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erhöhte Nachweisanforderungen bei beherrschenden Gesellschaftern . . . . . . . . . . . . . . c) Der von den erhöhten Anforderungen betroffene Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die erhöhten Nachweisanforderungen im Einzelnen aa) Klare und eindeutige Vereinbarung, Üblichkeit bb) Zivilrechtliche Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . cc) Vertragsgemäße Durchführung . . . . . . . . . . . . e) Folgen einer Nichtanerkennung . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Anerkennung der Gewinn- und Verlustbeteiligung a) Maßstäbe der Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfolgen einer Nichtanerkennung . . . . . . . . . .
21.35 532
21.42 534 21.46 536 21.47 536 21.48 21.52 21.53 21.55 21.57 21.58 21.59
536 537 538 538 539 539 540
21.61 21.61 21.61 21.63 21.70
541 541 541 542 543
21.75 545 21.78 546 21.80 21.85 21.86 21.89 21.91 21.92 21.93 21.99 21.107
547 549 550 551 552 552 552 554 557
IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.108 558 § 22 Einkommensteuer I. Die atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Eingehung der atypisch stillen Gesellschaft . 2. Besteuerung laufender Geschäftsvorgänge . . . . . . a) Subjektive Steuerpflicht der Mitunternehmer .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
22.3 22.3 22.7 22.7
565 565 566 566
XXVII
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b) Gewinnanteile aus der atypisch stillen Gesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb . . . . . . . . . . . . . 22.8 566 aa) Nur teilweise gewerbliche Tätigkeit: Die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG . . . 22.13 569 bb) Die gewerbliche Prägung der GmbH & atypisch Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.20 571 c) Betriebsvermögen und Steuerbilanz der atypisch stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.22 572 d) Einlagekonto und Ergänzungsbilanz des atypisch stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.31 575 e) Sonderbetriebsvermögen des atypisch stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.37 577 aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.37 577 bb) GmbH-Beteiligung als Sonderbetriebsvermögen eines atypisch stillen Gesellschafters einer GmbH & Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.39 578 f) Gewinnanteil und Sondervergütungen des atypisch stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.41 579 aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.41 579 bb) Behandlung des Geschäftsführergehalts bei der GmbH & Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.42 580 g) Finanzierungsaufwendungen des stillen Gesellschafters und Zinsschranke nach § 4h EStG n.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.45 581 h) Verlustanteile des atypisch stillen Gesellschafters . 22.54 583 aa) Die Regelungen der §§ 10d, 15b, 2 Abs. 3 EStG . 22.55 583 bb) Beschränkung des Verlustabzugs bei stillen Gesellschaften an Kapitalgesellschaften nach § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . 22.57 584 cc) Beschränkung des Verlustausgleichs nach § 15a EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.64 587 i) Einlageminderung i.S. von § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG 22.74 591 j) Die Tarifbegünstigung des § 34a EStG n.F. . . . . . . . 22.79 592 3. Besteuerung außerordentlicher Geschäftsvorfälle . . . . 22.89 595 a) Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter . . . . . . . . . 22.89 595 b) Übernahme des Anteils durch einen neuen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.97 597 aa) Entgeltliche Veräußerung bei positivem Kapitalkonto des atypisch Stillen . . . . . . . . . . 22.97 597 (1) Behandlung beim ausscheidenden Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.97 597 (2) Exkurs: Nachträglicher Ausfall der Kaufpreisforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.101 600 (3) Behandlung beim eintretenden Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.104 601
XXVIII
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bb) Entgeltliche Veräußerung bei negativem Kapitalkonto des atypisch Stillen . . . . . . . . . (1) Behandlung beim ausscheidenden Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Behandlung beim eintretenden Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die unentgeltliche Übertragung . . . . . . . . . . c) Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft . . . . . d) Besonderheiten bei der Auflösung einer GmbH & atypisch Still: Einbringung des Anteils an der atypisch stillen Gesellschaft in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten e) Veräußerung des Geschäftsbetriebs . . . . . . . . . . . f) Auswirkungen von Übertragung der stillen Beteiligung und Ausscheiden des stillen Gesellschafters auf den Zinsvortrag nach § 4h Abs. 4 EStG n.F. und das Thesaurierungsguthaben nach § 34a Abs. 3 EStG n.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Steuerbegünstigung nach §§ 16 und 34 EStG . . . . aa) Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG . . . . . . . . . . bb) Sondertarife nach § 34 EStG . . . . . . . . . . . . . 4. Die einheitliche Gewinnfeststellung . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beteiligtenfähigkeit der atypisch stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einspruchsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG – sog. Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Steuerrechtliche Behandlung beim Inhaber des Handelsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Einkunftsart beim stillen Gesellschafter . . . . . . . 3. Überblick über die Änderungen der Besteuerung von Kapitaleinkünften nach dem UntStRG 2008 . . . . 4. Der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters . . . . . . a) Der Gewinnanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besonderheit: Mehrgewinne aufgrund Betriebsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Handelsbilanz als Gewinnverteilungsmaßstab bb) Steuerbilanz als Gewinnverteilungsmaßstab . c) Das Zufließen der Gewinnanteile . . . . . . . . . . . . 5. Gewinne aus Auflösung und Veräußerung der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 22.107 601 . 22.107 601 . 22.109 602 . 22.110 602 . 22.113 603
. 22.119 605 . 22.129 609
. . . . . .
22.130 22.132 22.132 22.134 22.139 22.139
609 610 610 611 612 612
. 22.145 613 . 22.146 614
. 22.160 617 . 22.161 617 . 22.162 617 . 22.168 619 . 22.171 620 . 22.175 621 . 22.175 621 . . . .
22.177 22.177 22.178 22.180
622 622 622 622
. 22.193 628
XXIX
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
6.
7. 8. 9.
10.
XXX
a) Gewinne aus Auflösung von vor dem 1. 1. 2009 begründeten oder erworbenen stillen Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.194 b) Gewinne aus der Veräußerung von vor dem 1. 1. 2009 begründeten oder erworbenen stillen Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.203 c) Veräußerungs- und Auflösungsgewinne bei stillen Beteiligungen, die nach dem 31. 12. 2008 begründet oder erworben wurden, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG n.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.212 Verlustbeteiligung und (sonstige) Werbungskosten . . . 22.219 a) Beschränkung des Werbungskostenabzuges nach § 20 Abs. 9 EStG n.F. ab 2009 . . . . . . . . . . . . 22.219 b) Der Verlustanteil in Veranlagungszeiträumen bis 2008 und im Falle des § 32d Abs. 2 EStG . . . . . 22.224 aa) Laufende Verluste aus der typisch stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.224 bb) Verlustausgleich und sinngemäße Anwendung von § 15a EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.230 (1) Rechtslage ohne Berücksichtigung von § 15a EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.230 (2) Sinngemäße Anwendung von § 15a EStG gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG . . . . 22.232 cc) Sinngemäße Anwendung des § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.244 c) Sonstige Werbungskosten in Veranlagungszeiträumen bis 2008 und im Falle des § 32d Abs. 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.245 d) Behandlung der Insolvenz des Geschäftsinhabers beim stillen Gesellschafter in Veranlagungszeiträumen bis 2008 und im Falle des § 32d Abs. 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.250 Beschränkung der Verlustnutzung nach § 20 Abs. 6 EStG n.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.254 Tarif . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.260 Die Kapitalertragsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.264 a) Der Steuerabzug vom Kapitalertrag . . . . . . . . . . . 22.264 b) Das Steuerabzugsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.270 c) Die abgeltende Wirkung der Kapitalertragsteuer bei Privatinvestoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.285 Kapitaleinkünfte in der Veranlagung . . . . . . . . . . . . . 22.288 a) Pflichtveranlagung zum Abgeltungsteuersatz, § 32d Abs. 3 EStG n.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.289 b) Veranlagungswahlrecht zum Abgeltungsteuersatz, § 32d Abs. 4 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.292
628
631
635 637 637 639 639 640 640 641 645
646
648 649 651 651 651 652 655 655 656 656
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
c) Veranlagungsoption (Günstigerprüfung), § 32d Abs. 6 EStG n.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Ausnahmen von der Abgeltungsteuer . . . . . . . . . . . . a) Das besondere Näheverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gläubiger und Schuldner sind einander nahe stehende Personen, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) EStG n.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Qualifizierte Beteiligung an der auszahlenden Kapitalgesellschaft, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) EStG n.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Schädliche Back-to-Back-Finanzierung, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c) EStG n.F. . b) Folgen des Vorliegens der Ausnahmetatbestände . . c) Beurteilung der Ausnahmebesteuerung . . . . . . . .
22.296 657 22.300 658 22.301 658
22.301 658
22.304 659 22.305 659 22.306 660 22.308 660
III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.310 661 § 23 Körperschaftsteuer I. Die Kapitalgesellschaft als stiller Gesellschafter . . . . . . . .
23.1 663
II. Die typische stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft 1. Steuerpflichtiger Gewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stille Beteiligung eines Gesellschafters der Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital . . . . . . . b) Problem der verdeckten Gewinnausschüttung . . . . aa) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsfolgen bei Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtsfolgen bei Anwendung der Abgeltungsteuer bzw. des Teileinkünfteverfahrens . . . . . c) Die Gesellschafterfremdfinanzierung nach § 8a KStG a.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die körperschaftsteuerliche Zinsschranke i.d.F. des UntStRG 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23.4 664 23.4 664 23.9 23.10 23.18 23.18
665 665 668 668
23.27 671 23.30 672 23.34 673 23.38 674
III. Die atypische stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23.47 677
IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23.50 678
§ 24 Gewerbesteuer I. Die typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Steuerobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die stille Gesellschaft im gewerbesteuerrechtlichen Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24.1 681 24.1 681 24.2 681
XXXI
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
3. Die Besteuerungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Begriff des Gewerbeertrags . . . . . . . . . . . . . . . b) Hinzurechnungen zum Gewerbeertrag (§ 8 GewStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. c) GewStG n.F. (ab 2008) . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 3 GewStG a.F. (bis 2007) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Bestimmung des Gewinnanteils i.S. des § 8 GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Berücksichtigung des Verlustanteils des typisch stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Steuermesszahl, Steuermessbetrag und Anwendung des Hebesatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Schuldner der Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Verfahrensrechtliche Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . II. Die atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Steuerobjekt – die sachliche Steuerpflicht . . . . . 2. Die gewerbesteuerliche Organschaft . . . . . . . . . . . . . 3. Die Besteuerungsgrundlage: Der Gewerbeertrag . . . . 4. Die subjektive Gewerbesteuerpflicht: Schuldner der Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verfahrensrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Der Gewerbeverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Die Berücksichtigung der Gewerbesteuer bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer . . . . . . . . . . . . a) Gewerbesteuer als Betriebsausgabe . . . . . . . . . . . aa) Die Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe ab 2008, § 4 Abs. 5b EStG n.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Abziehbarkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe bis 2007, § 4 Abs. 4 EStG a.F. b) Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG – sog. Gewerbesteueranrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . .
24.5 683 24.6 683 24.8 684 24.9 684 24.14 685 24.17 686 24.22 688 24.23 689 24.27 689 24.28 690
. . . .
24.30 24.30 24.36 24.44
691 691 693 695
. . .
24.48 696 24.57 699 24.62 701
. .
24.69 704 24.69 704
.
24.69 704
.
24.72 705
.
24.73 705
III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24.83 708
§ 25 Umsatzsteuer I. Besteuerungsgegenstand und Unternehmerbegriff . . . . . . 1. Stille Gesellschaft und Unternehmerbegriff . . . . . . . . 2. Der stille Gesellschafter als Unternehmer . . . . . . . . .
25.1 711 25.4 711 25.12 713
II. Errichtung der stillen Gesellschaft und Leistungsaustausch während ihres Bestehens . . . . . . . . .
25.16 715
XXXII
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
1. Leistung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . a) Die Leistung an die Innengesellschaft . . . . . . . b) Die Entscheidung des EuGH in Sachen KapHag Renditefonds und ihre Folgen . . . . . . . . . . . . . c) Die Berechtigung des stillen Gesellschafters zum Vorsteuerabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Leistung des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . .
... ...
25.16 715 25.17 715
...
25.22 717
... ...
25.27 718 25.30 719
III. Die Auflösung der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . .
25.38 721
IV. Veräußerung der stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . .
25.40 722
V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25.41 722
§ 26 Vermögensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26.1 723
§ 27 Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer I. Der Steuergegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27.1 727
II. Die Entstehung der Steuerschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Schenkung eines Gesellschaftsanteils mit überhöhter Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . .
27.16 731 27.16 731
III. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen und Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsprechung des BVerfG zur Bewertung von Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bewertung der stillen Beteiligung zum Zwecke der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . aa) Besteuerung des stillen Gesellschafters . . . bb) Besteuerung des Inhabers . . . . . . . . . . . . . (1) Steuersachverhalte ab 1. 1. 2009 . . . . . (2) Altfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . aa) Das gewerbliche Betriebsvermögen . . . . . . bb) Bewertung und Zurechnung von Betriebsvermögen ab 1. 1. 2009 . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bewertung und Zurechnung von Betriebsvermögen bis 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27.17 731
... ... ...
27.19 733 27.19 733 27.19 733
...
27.20 733
...
27.23 734
. . . . . . . .
27.24 27.25 27.25 27.44 27.44 27.45 27.49 27.49
. . . . . . . .
. . . . . . . .
...
735 735 735 740 740 740 742 742
27.52 742
...
27.62 745
IV. Steuerbefreiungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Begünstigung des Betriebsvermögens . . . . . . . . . . a) Anwendbarkeit auf die atypische stille Gesellschaft
27.64 745 27.64 745 27.64 745
XXXIII
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
b) Die Begünstigung von Betriebsvermögen ab 2009 . . c) Die Begünstigung von Betriebsvermögen bis 2008 . . 2. Persönliche Freibeträge und Steuersatz . . . . . . . . . . . .
27.68 747 27.79 750 27.80 750
IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27.87 752
§ 28 Grund- und Grunderwerbsteuer I. Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28.1 753
II. Grundsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28.11 756
§ 29 Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht I. Die beschränkte Steuerpflicht . . . . . 1. Einkommensteuer . . . . . . . . . . a) Typische stille Gesellschaft . . b) Atypische stille Gesellschaft . 2. Körperschaftsteuer . . . . . . . . . . 3. Vermögensteuer . . . . . . . . . . . . 4. Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
II. Maßnahmen zur Beseitigung der Doppelbesteuerung 1. Unilaterale Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bilaterale Maßnahmen (Doppelbesteuerungsabkommen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . b) Atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
29.1 29.1 29.6 29.14 29.20 29.21 29.22
759 759 760 762 763 763 763
.... ....
29.24 764 29.25 764
.... .... ....
29.28 765 29.29 766 29.33 768
III. Das Außensteuergesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.38 771
IV. Negative ausländische Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.43 774
V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.47 776
III. Teil: Die Unterbeteiligung § 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht I. Wesen der Unterbeteiligung und wirtschaftliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30.1 780
II. Abgrenzung zu anderen Rechtsinstituten . . . . . . . . . . . .
30.8 782
III. Arten der Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30.15 784
IV. Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30.21 786
V. Der Unterbeteiligungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsnatur des Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30.26 787 30.26 787
XXXIV
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
2. Formbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mängel des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . .
30.29 788 30.38 792
VI. Beitrag und Einlage in der Unterbeteiligungsgesellschaft .
30.39 792
VII. Die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien . . . . . . . . .
30.41 793
VIII. Beendigung der Unterbeteiligungsgesellschaft . . . . . . . . .
30.58 800
IX. Die Einlage des Unterbeteiligten in der Insolvenz des Hauptgesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30.65 803
X. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30.66 804
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht I. Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die typische Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die steuerliche Behandlung beim Unterbeteiligten . b) Die steuerliche Behandlung beim Hauptbeteiligten . c) Der Kapitalertragsteuerabzug und die abgeltende Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die atypische Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die atypische Unterbeteiligung als Mitunternehmerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die einheitliche Gewinnfeststellung . . . . . . . . . . . c) Einräumung, Auflösung und Veräußerung der Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Besonderheiten bei Unterbeteiligungen im Familienverband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Anerkennung der Unterbeteiligung als solcher . c) Die Anerkennung der Gewinnbeteiligung . . . . . . . 4. Besonderheiten bei der Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Steuerliche Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Besteuerung der typischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Besteuerung der atypischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einräumung, Veräußerung und Beendigung bei der Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil . . . . . . . II. Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31.1 31.2 31.2 31.14
808 808 808 811
31.15 812 31.18 813 31.18 813 31.28 817 31.30 818 31.34 31.34 31.35 31.50
820 820 820 824
31.56 826 31.56 826 31.58 827 31.63 829 31.70 831 31.77 833
III. Erbschaft- und Schenkungsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31.80 834
IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31.85 836
XXXV
Inhaltsverzeichnis
Anhang Seite
Vertrag über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft. . . . .
839
Vertrag über die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft . . . .
847
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
853
XXXVI
Allgemeines Literaturverzeichnis Soweit andere als die aufgeführten Auflagen im Text zitiert werden, ist dies jeweils angegeben. Im Übrigen findet sich spezielle Literatur vor jedem Kapitel.
Aulinger
Die atypische stille Gesellschaft, 1955
Baumbach/Hopt Baumbach/Hueck Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften Biesinger Binz/Sorg
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Blaurock Blümich Bordewin/Brandt Böttcher/Zartmann/ Faut Canaris
Die stille Gesellschaft, 10. Aufl. 2009 Die GmbH & Co. KG im Gesellschafts- und Steuerrecht, 10. Aufl. 2005 Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, 1981 Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz (Loseblatt) Kommentar zum Einkommensteuergesetz (Loseblatt) Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, 3. Aufl. 1978
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Großkommentar zum Hrsg. von Canaris, Schilling, Ulmer, Bd. 2: §§ 105–237 Handelsgesetzbuch HGB, 4. Aufl. 2004; §§ 105–113: 12. Lfg. 1988; §§ 114–122: 19. Lfg. 1999; §§ 123–130b: 17. Lfg. 1997; §§ 131–144, 24. Lfg. 2004, §§ 145–160: 18. Lfg. 1998; §§ 161–177a: 9. Lfg. 1987; §§ 230–237: 13. Lfg. 1990 Hartmann Heidelberger Kommentar zum Handelsgesetzbuch Heidelberger Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung Herrmann/Heuer/ Raupach Hesselmann/ Tillmann/MuellerThuns Heymann Hueck/Windbichler
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Röhricht/Graf von Westphalen Rowedder/SchmidtLeithoff Saenger Schlegelberger K. Schmidt K. Schmidt L. Schmidt Scholz
Schoor/Natschke Schulze zur Wiesche Soergel Staudinger Steckhan
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung: GmbHG, Kommentar, 4. Aufl. 2002 Die stille Gesellschaft, 1924 Handelsgesetzbuch, Kommentar, 5. Aufl. 1973 ff. Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002 Handelsrecht, 5. Aufl. 1999 Einkommensteuergesetz: EStG, Kommentar, 28. Aufl. 2009 Kommentar zum GmbH-Gesetz, Bd. I: §§ 1–34, 10. Aufl. 2006; Bd. II: §§ 35–52, 10. Aufl. 2007; Bd. II: §§ 45-87, 9. Aufl. 2002 GmbH & Still im Steuerrecht, 4. Aufl. 2005 Die GmbH & Still, 5. Aufl. 2009 Bürgerliches Gesetzbuch, hrsg. von W. Siebert, 13. Aufl. 1999 ff. Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. Bearb. und Neubearbeitungen 1993 ff. Die Innengesellschaft, 1966
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Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung: GmbHG, Großkommentar; Bd. I: §§ 1–28, 2005; Bd. II: §§ 29–52, 2006; Bd. III: §§ 53–87, 2008
Westermann Wiedemann
Handbuch der Personengesellschaften (Loseblatt) Gesellschaftsrecht, Bd. I: Allgemeine Lehren, 1980; Bd. II: Recht der Personengesellschaften, 2004 Gesellschaftsrecht, 7. Aufl. 2007
Wiedemann/Frey Zacharias/Hebig/ Rinnewitz
XL
Die atypisch stille Gesellschaft, 2. Aufl. 2000
Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. ABGB ABl. EG ABl. EU a.E. a.F. Abs. AcP AfA AG AktG AnfG Anh. Anm. AO ApothG Art. AStG AnSVG Aufl. Ba.-Wü. BaFin BAG BayObLG BB Bd. Bearb. Beck’sches Hdb. der PersGes. betr. BewG BFH BFHE BFuP BGB BGBl. BGH BGHZ BilMoG BMF
anderer Ansicht am angegebenen Ort Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ab 1.2.2003: ABl. EU) Amtsblatt der Europäischen Union (vormals ABl. EG) am Ende alte Fassung Absatz Archiv für die civilistische Praxis Absetzung für Abnutzung Aktiengesellschaft Aktiengesetz Anfechtungsgesetz Anhang Anmerkung Abgabenordnung Gesetz über das Apothekenwesen Artikel Außensteuergesetz Anlegerschutzverbesserungsgesetz Auflage Baden-Württemberg Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Bayerisches Oberstes Landesgericht Der Betriebs-Berater Band Bearbeitung Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) betreffend Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Bundesfinanzhofes Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz Bundesminister der Finanzen
XLI
Abkürzungsverzeichnis
BörsG BR-Drucks. BStBl. BT-Drucks. Buchst. BVerfG BVerfGE B.W. bzw.
Börsengesetz Bundesrats-Drucksache Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Buchstabe Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bürgerliches Gesetzbuch (Belgien) beziehungsweise
Cass.
Belgischer Kassationshof
DB DBA d.h. dHGB Diss. DM DNotZ DR DStR DStRE DStRdsch. DStZ DVR
Der Betrieb Doppelbesteuerungsabkommen das heißt Deutsches Handelsgesetzbuch Dissertation Deutsche Mark Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsches Recht Deutsches Steuerrecht Deutsches Steuerrecht – Entscheidungsdienst Deutsche Steuerrundschau Deutsche Steuer-Zeitung Teil A Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau
e.G. EFG e.K. Einl. ErbStG ErbStRG EStDV EStG EStR evtl.
eingetragene Genossenschaft Entscheidungen der Finanzgerichte eingetragener Kaufmann Einleitung Erbschaftsteuergesetz Erbschaftsteuerreformgesetz Einkommensteuer-Durchführungsverordnung Einkommensteuergesetz Einkommensteuer-Richtlinien eventuell
f., ff. FA FamRZ FamFG
folgend, folgende Finanzamt Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzgericht Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit Finanzgerichtsordnung Finanzminister Finanzmarktstabilisierungsgesetz Fußnote
FG FGG FGO FinMin FmStG Fn.
XLII
Abkürzungsverzeichnis
FR FS
Finanz-Rundschau Festschrift
GbR GenG GewO GewSt GewStDV GewStG GewStR GG ggf. GmbH GmbHG
Gesellschaft bürgerlichen Rechts Genossenschaftsgesetz Gewerbeordnung Gewerbesteuer Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung Gewerbesteuergesetz Gewerbesteuer-Richtlinien Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau GmbH-Steuer-Berater Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Grunderwerbsteuergesetz Griechisches Handelsgesetzbuch Großer Senat Grundsteuergesetz Gestaltende Steuerberatung Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz
GmbHR GmbH-StB GoB GrEStG grHGB GrS GrStG GStB GVBl. GVG h.A. Halbs. Heidelberger Komm.HGB Heidelberger Komm.InsO Heidelberger Komm.KStG HFA HFR HGB h.L. h.M. Hrsg., hrsg. HWiG
herrschende Ansicht Halbsatz Heidelberger Kommentar zum Handelsgesetzbuch (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Heidelberger Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer/in Deutschland e.V., Düsseldorf Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Handelsgesetzbuch herrschende Lehre herrschende Meinung Herausgeber, herausgegeben Haustürwiderrufsgesetz
i.d.F. i.S. i.V.m. INF InsO
in der Fassung im Sinne in Verbindung mit Die Information Insolvenzordnung
XLIII
Abkürzungsverzeichnis
JbFStR jHGB JR JStG JuS JW JZ
Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht Japanisches Handelsgesetzbuch Juristische Rundschau Jahressteuergesetz Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung
KapStDV
Verordnung zur Durchführung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) Steuerrechtsprechung in Karteiform (1919–1944) Kommanditgesellschaft/Kammergericht Kommanditgesellschaft auf Aktien Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Kosten-, Stempel- und Strafsachen Konkursordnung Kölner Steuer-Dialog Körperschaftsteuer Körperschaftsteuergesetz Körperschaftsteuer-Richtlinien Zeitschrift für Konkurs-, Treuhand und Schiedsgerichtswesen Kapitalverkehrsteuergesetz Kreditwesengesetz
Kartei KG KGaA KGJ
KO KÖSDI KSt KStG KStR KTS KVStG KWG LAG Lfg. LG LM LS LSt LStDV LSW LZ m.Anm. MDR m.E. Mio. m.N. MoMiG MünchHdb.GesR MünchKomm.AktG
XLIV
Lastenausgleichsgesetz Lieferung Landgericht Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs von Lindenmaier/Möhring Leitsatz Lohnsteuer Lohnsteuerdurchführungsverordnung Lexikon für Steuer- und Wirtschaftsrecht Leipziger Zeitschrift mit Anmerkung Monatsschrift für Deutsches Recht meines Erachtens Millionen mit Nachweisen Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Münchener Kommentar zum Aktiengesetz (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis)
Abkürzungsverzeichnis
MünchKomm.BGB
m.w.N. m.W.v.
Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) mit weiteren Nachweisen mit Wirkung vom
NDBW n.F. NJW Nr. NW/NRW NWB
Niederländisches Bürgerliches Gesetzbuch neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Nummer Nordrhein-Westfalen Neue Wirtschaftsbriefe
OFD OHG öHGB OLG OLGE OR
Oberfinanzdirektion Offene Handelsgesellschaft Österreichisches Handelsgesetzbuch Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte Schweizer Obligationenrecht
PGR
Personen- und Gesellschaftsrecht (Liechtenstein)
R R. RAG RBerG RDG Recht RefE RegE RFH RFHE RG RGZ RIW Rn. RS Rs Rspr. RStBl. RWP-Bl. Rz.
Richtlinie Rechtsspruch Reichsarbeitsgericht Rechtsberatungsgesetz Rechtsdienstleistungesgesetz Das Recht, begründet von Soergel Referentenentwurf Regierungsentwurf Reichsfinanzhof Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Reichsfinanzhofes Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft Randnummer Rechnungslegungsstandard Rechtssache Rechtsprechung Reichssteuerblatt Rechts- und Wirtschaftspraxis, Blattei-Handbuch Randziffer
S. S.A.R.L. SeuffA
Seite société à responsabilité limitée Seufferts Archiv
MünchKomm.HGB
XLV
Abkürzungsverzeichnis
SJZ sog. Sp. StAnpG StbJb. StBp. Stbg. StEntlG SteuerStud str. StRK st. Rspr. StSenkG StSenkErgG StVergAbG StuW StW
Schweizer Juristenzeitung so genannte Spalte Steueranpassungsgesetz Steuerberater-Jahrbuch Die steuerliche Betriebsprüfung Steuerberatung Steuerentlastungsgesetz Steuer und Studium streitig Steuerrechtsprechung in Karteiform (ab 1944) ständige Rechtsprechung Steuersenkungsgesetz Steuersenkungsergänzungsgesetz Steuervergünstigungsabbaugesetz Steuer und Wirtschaft Steuer-Warte
tokumei kumiai Tz.
Stille Gesellschaft (Japan) Textziffer
u. u.a. u.Ä. UGB UmwG UmwStG UntStFG UntStRG Urt. UStG UStR usw.
und und andere, unter anderem und Ähnliches Unternehmensgesetzbuch (Österreich) Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz Unternehmensteuerreformgesetz Urteil Umsatzsteuergesetz Umsatzsteuerrichtlinien und so weiter
v. VerkProspG VermBG VG vgl. Vorbem. VStG VStR VZ
vom/vor Verkaufsprospektgesetz Vermögensbeteiligungsgesetz Verwaltungsgericht vergleiche Vorbemerkung Vermögensteuergesetz Vermögensteuer-Richtlinien Veranlagungszeitraum
WM WP WPg
Wertpapier-Mitteilungen Der Wirtschaftsprüfer Die Wirtschaftsprüfung
XLVI
Abkürzungsverzeichnis
WpPG W.Venn/V.Soc.
Wertpapierprospektgesetz Gesetzbuch der Gesellschaften (Belgien)
z.B. ZfB ZfG ZGB ZGR ZHR
zum Beispiel Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen Zivilgesetzbuch (Griechenland) Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zivilprozessordnung zustimmende Anmerkung
ZIP zit. ZPO zust. Anm.
XLVII
Einführung § 1 Wesen und Bedeutung der Unternehmungsformen Schrifttum: Breuninger, Gottfried/Prinz, Ulrich, DStR-Fachliteratur: Besteuerung von Personengesellschaften, DStR 1996, 1761; Brönner, Herbert, Die Besteuerung der Gesellschaften, des Gesellschafterwechsels und der Umwandlungen, 18. Aufl. 2007; Flume, Werner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. I, Teil 1: Die Personengesellschaft, 1977; Groh, Manfred, Das Steuerrecht als unerwünschte Quelle des Gesellschaftsrechts, BB 1984, 304; Litfin, Martin/App, Michael, Unternehmensform nach Maß, 3. Aufl. 1994; Nitschke, Manfred, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, 1970; Ott, Walter, Die Problematik einer Typologie im Gesellschaftsrecht, dargestellt am Beispiel des schweizerischen Aktienrechts, 1972; Paulick, Heinz, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, zugleich ein Beitrag zur Typenlehre im Gesellschaftsrecht, 1954; Reuter, Dieter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, 1973; Sack, Rolf, Typusabweichung und Institutsmissbrauch im Gesellschaftsrecht, DB 1974, 369; Schulze-von Lasaulx, Hermann, Zur Frage der Gestaltungsfreiheit für Gesellschaftsverträge. Eine Bestandsaufnahme. Abschied von Illusionen, ZfG 21 (1971), 325; Teichmann, Arndt, Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen, 1970; Westermann, Harm Peter, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaft, 1970.
I. Die Wahl der Unternehmungsform 1. Gesichtspunkte für die Wahl der Unternehmungsform Auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts stellt die Rechtsordnung den Beteiligten eine Vielzahl von Gesellschaftstypen zur Verfügung, aus der sie – je nach den handelsrechtlichen, wirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Gegebenheiten – denjenigen Typus auswählen können, der zur Verwirklichung ihrer Ziele im einzelnen Falle am zweckmäßigsten und geeignetsten erscheint. Von entscheidender Bedeutung für die Wahl der Unternehmungsform sind die Kapitalaufbringung und Kapitalbeschaffung, die Haftung der Beteiligten für die im Rahmen des gesellschaftlichen Geschäftsbetriebes begründeten Verbindlichkeiten, der Zweck und Gegenstand des Unternehmens, die Auflösung im Falle des Todes, der Insolvenz oder des sonstigen Ausscheidens eines Gesellschafters und die Übertragbarkeit und Vererblichkeit der Anteile am Gesellschaftsvermögen. Immer stärker rückte aber bei der Wahl der Unternehmungsform auch die Frage der steuerlichen Belastung in den Vordergrund, seitdem sich die Besteuerung des gewerblichen Ertrags in der Form der progressiv ausgestalteten Einkommensteuer bei natürlichen Personen und den Gesellschaftern von Personengesellschaften und in der Form der proportional ausgestalteten Körperschaftsteuer bei Körperschaften, insbesondere bei den juristischen Personen, vollzieht. Die Rücksichtnahme auf die steuerlichen Verhältnisse führte je nach dem Stand der Steuergesetzgebung dazu, bald der Kapitalgesellschaft, bald der Personengesellschaft den Vorzug zu 1
1.1
§1
Wesen und Bedeutung
geben oder sich den jeweils bestehenden Bestimmungen dadurch anzupassen, dass im Wege der Umwandlung von der einen zur anderen Rechtsform gewechselt wird oder dass neue Typen geschaffen werden wie die GmbH & Co. KG, die GmbH & Still, die „kapitalistische“ Kommanditgesellschaft oder die „atypische“ stille Gesellschaft. Der Gedanke, eine Unternehmungsform zu finden, die nicht der steuerlichen Doppelbelastung ausgesetzt ist, hatte mit der Einführung des Vollanrechnungsverfahrens durch die Körperschaftsteuerreform 1977 seine Bedeutung verloren. Auch das StSenkG1 führte mit der Einführung des stark herabgesetzten Körperschaftsteuersatzes und des Halbeinkünfteverfahrens faktisch nicht zu einer erneuten Doppelbesteuerung. Das Halbeinkünfteverfahren wurde für Veranlagungsjahre ab 2009 durch das Unternehmensteuerreformgesetz 20082 wieder aufgehoben und im betrieblichen Bereich durch das vergleichbare Teileinkünfteverfahren ersetzt. Im privaten Bereich führt die Unternehmensteuerreform 2008 teilweise zu einer Doppelbesteuerung bei den Kapitaleinkünften. Dem wurde jedoch durch einen nochmals stark gesenkten Körperschaftsteuersatz und einen pauschalen Abgeltungsteuersatz auf Kapitalerträge Rechnung getragen. Trotzdem sind eine ständige an der Steuergesetzgebung orientierte steuerliche Optimierung der gewählten Gesellschaftsform und damit gegebenenfalls Umwandlungen notwendig.
1.2
Während die Zivilgerichtsbarkeit bereits frühzeitig die Freiheit der Beteiligten bei der Wahl und der Ausgestaltung der Unternehmungsform im einzelnen Falle anerkannt hatte3, stand die Finanzrechtsprechung derartigen Bestrebungen zunächst kritisch gegenüber. So sah der Reichsfinanzhof im Rahmen eines Besteuerungsverfahrens einer GmbH & Co. KG die gesamte KG als körperschaftsteuerpflichtiges Subjekt gemäß § 5 AO der damaligen Fassung an, da die Steuerpflicht sich erhöhe, wenn man die KG und nicht die GmbH als Körperschaftsteuersubjekt betrachte. Die Gründung einer GmbH & Co. KG bedeute in diesem Falle daher eine Umgehung der Körperschaftsteuerpflicht4.
1.3
Diese aus steuerpolitischen Gesichtspunkten getroffene Maxime wurde jedoch dann in der Entscheidung vom 13. 3. 1929 fallen gelassen, in der der Reichsfinanzhof formulierte, es bestünde keine vom Steuerpflichtigen zu widerlegende Vermutung dafür, dass die Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Co. ohne weiteres unter § 5 AO a.F. falle. Wenn eine Finanzbehörde die Rechtsform der GmbH & Co. KG steuerlich nicht gelten lassen wolle, so müsse sie feststellen, welche konkreten Ziele der Steuerpflichtige mit der von ihm gewählten Gesellschaftsform verfolgt habe, und nachweisen, dass zur Erreichung dieser Zwecke die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Co. nicht die gegebene Form war5. 1 StSenkG v. 23. 10. 2000, BGBl. I 2000, 1433. 2 UntStRG 2008 v. 14. 8. 2007, BGBl. I 2007, 1912. 3 RG v. 4. 7. 1922 – IIb 2/22, RGZ 105, 101; BayObLG v. 16. 2. 1912, OLGE 27, 331 = KGJ 44, 341, jeweils zur Anerkennung einer GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin einer KG. 4 RFH v. 15. 7. 1925 – I A 18/25, RFHE 17, 91; RFH v. 24. 2. 1927 – I B 83/26, RFHE 21, 92. 5 RFH v. 13. 3. 1929 – I A 174 – 176/28, RStBl. 1929, 329 (Nr. 474).
2
Wesen und Bedeutung
§1
Der Bundesfinanzhof hat sich diese Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes zu eigen gemacht und fortgeführt. In einer Entscheidung vom 20. 8. 1954 führt er aus, dass es den Steuerpflichtigen freigestellt sei, welche Rechtsform sie wählten, gerade auch im Hinblick auf die Wirkung der Besteuerung. Von den Steuerbehörden müsste sie in der konkret gewählten Form akzeptiert werden, selbst wenn sie vom wirtschaftlichen Standpunkt aus unzweckmäßig sein sollte. Nur wenn nach rechtlichen Gesichtspunkten eine andere als die gewählte Rechtsform zwingend sei, könnten die Steuerbehörden die gewählte Form beanstanden und die zwingende ihrer Besteuerung zugrunde legen1.
1.4
Die Neufassung des § 42 AO durch das JStG 2008 sieht allerdings vor, dass der Steuerpflichtige beachtliche außersteuerliche Gründe für die Wahl der Gestaltung nachweisen muss, um sich von dem Vorwurf einer „unangemessenen“ rechtlichen Gestaltung entlasten zu können. Das Schrifttum erwartet dennoch keine wesentlichen Änderungen zur bisherigen Rechtsprechung (siehe hierzu ausführlich Rn. 20.44 ff.).
1.5
Gleichwohl muss davor gewarnt werden, die Wahl der Unternehmensform ausschließlich unter steuerlichen Gesichtspunkten zu treffen. Die besten Erfolgsmöglichkeiten kann sich nämlich nur derjenige Betrieb versprechen, der bei seiner konkreten rechtlichen Ausgestaltung die in Betracht kommenden wirtschaftlichen Belange maßgebend berücksichtigt hat. Hier sind die Probleme der Finanzierung, des Vertrauens, der Übersichtlichkeit und der Vereinfachung der Geschäftshandhabung, der Haftung, der Vererblichkeit des Gesellschaftsvermögens und vieles mehr in Rechnung zu stellen2.
1.6
Richtig ist es allein, diejenige Unternehmensform als auf Dauer gesehen günstigste und zweckmäßigste zu wählen, die im einzelnen Falle organisch und betriebswirtschaftlich dem Unternehmen und den von ihm verfolgten Zwecken angemessen ist. 2. Die zur Wahl stehenden Gesellschaftsformen Die handelsrechtlichen, wirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Erwägungen, die in ihrer Gesamtheit für die Wahl der zweckmäßigsten und geeignetsten Gesellschaftsform bestimmend sind, lassen zugleich erkennen, warum sich der Gesetzgeber nicht mit der Normierung einer einzigen Gesellschaftsform oder einiger weniger Gesellschaftsformen begnügt hat, sondern der Wirtschaft eine Vielzahl von Gesellschaftstypen zu ihrer Wahl stellt, von denen jeder einzelne Typus nach Zwecksetzung und Inhalt für eine jeweils ganz bestimmte Art wirtschaftlicher Betätigung charakteristisch ist.
1.7
So stellt das BGB für Zusammenschlüsse von Personen zur Erreichung eines gemeinschaftlichen Zwecks den nichtwirtschaftlichen (ideellen) Verein (§ 21
1.8
1 BFH v. 20. 8. 1954 – I 130/53 U, BFHE 59, 329 = BStBl. III 1954, 336. 2 Brönner, Besteuerung der Gesellschaften, G Rn. 6; Litfin/App, Unternehmensform nach Maß, S. 484.
3
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Wesen und Bedeutung
BGB), den wirtschaftlichen Verein (§ 22 BGB) und den nicht rechtsfähigen Verein (§ 54 BGB) zur Verfügung. Es regelt die Verhältnisse der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft (§§ 705 ff. BGB) und der schlichten Rechtsgemeinschaft in Gestalt der Gemeinschaft nach Bruchteilen (§§ 741 ff. BGB).
1.9
Das Handelsrecht kennt neben den im HGB geregelten Personengesellschaften – der OHG, der KG und der stillen Gesellschaft, die allerdings keine Handelsgesellschaft ist, weil sie nach außen hin nicht in Erscheinung tritt – als Körperschaften die AG, die KGaA, die GmbH, die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft und den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Für die grenzüberschreitende Kooperation innerhalb der europäischen Union steht die EWIV zur Verfügung, und freiberufliche Verbindungen können in der Form der Partnerschaft gestaltet werden.
1.10
Allen diesen Gemeinschaftsformen – mit Ausnahme der schlichten Rechtsgemeinschaft – ist das Ziel eigen, durch die Zusammenfassung von Personen und Mitteln die Stellung ihrer Mitglieder als Einzelpersönlichkeiten – sei es unmittelbar, sei es mittelbar – zu stärken und einem bestimmten wirtschaftlichen oder ideellen Zweck zu dienen, dessen Verwirklichung in der Regel über die wirtschaftlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten des Einzelnen hinausgeht. Sie alle sind ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform dadurch gekennzeichnet, dass sich mehrere Personen zur Verfolgung eines gemeinschaftlichen Zwecks vereinigen, indem sie in vertragsmäßig vereinbarter oder satzungsmäßig festgelegter Weise zusammenwirken. 3. Die verschiedenen Gesellschaftszwecke
1.11
Haben alle gesellschaftlichen Unternehmungsformen einen gemeinsamen Gesamtzweck, der durch das Zusammenwirken der Beteiligten im Hinblick auf ein gemeinsames Ziel verwirklicht werden soll, so sind andererseits die Zwecke, denen die einzelnen Gesellschaftstypen zu dienen bestimmt sind, durchaus unterschiedlich. Die Verschiedenheit der Zwecke und die Verschiedenheit der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für das Zustandekommen und die Lebensentfaltung der einzelnen Gesellschaftstypen bilden die Grundlage für ihre Unterscheidung, gegenseitige Abgrenzung und praktische Verwendbarkeit. Der jeweilige Zweck bestimmt den wirtschaftlichen und rechtlichen Inhalt des einzelnen Gesellschaftstypus und beeinflusst damit maßgebend die Wahl der Gesellschaftsform im konkreten Falle.
1.12
So genügt für die Errichtung einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, dass die Gesellschafter sich durch den Gesellschaftsvertrag gegenseitig verpflichten, „die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern“ (§ 705 BGB). Der Zweck kann ein dauernder oder vorübergehender, ein wirtschaftlicher, gemeinnütziger oder ideeller sein, sofern er nur gemeinsam in dem Sinne ist, dass jeder Gesellschafter an seiner Verwirklichung in irgendeiner Weise Anteil hat.
4
Wesen und Bedeutung
§1
Ähnlich verhält es sich, wenn man auf den Zweck bei der Aktiengesellschaft, der Kommanditgesellschaft auf Aktien und bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung abstellt. Das Aktiengesetz erwähnt den Gesellschaftszweck als solchen überhaupt nicht (§§ 1 und 278 AktG). Es bestimmt nur, dass die Satzung den Gegenstand des Unternehmens, d.h. das Mittel, durch das der Zweck gefördert und verwirklicht werden soll, zu bestimmen hat (§§ 23 Abs. 3 Nr. 2, 281 Abs. 1 AktG). Wenn auch aus dem Charakter dieser Gesellschaften als Handelsgesellschaften (§§ 3 Abs. 1, 278 Abs. 3 AktG) der Wille des Gesetzgebers zu erkennen ist, dass ihr Zweck in der Regel auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet sein soll, so braucht doch der Gegenstand des Unternehmens kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu sein. Kraft ausdrücklicher Bestimmung in den §§ 3 Abs. 1 und 278 Abs. 3 AktG gelten Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien auch dann als Handelsgesellschaften, wenn der Gegenstand des Unternehmens nicht im Betrieb eines Handelsgewerbes besteht. Jeder erlaubte Zweck, mag er wirtschaftlicher oder ideeller Art sein, genügt, wohingegen ein gesetzlich unzulässiger – unsittlicher oder verbotener – Zweck die Gründung nichtig macht. § 1 GmbHG hebt dies ausdrücklich hervor, indem er bestimmt, dass Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach Maßgabe der Bestimmungen des Gesetzes zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck errichtet werden können.
1.13
Ist bei diesen Gesellschaften jeder erlaubte Zweck möglich und zulässig, so ist der Zweck, zu dessen Verwirklichung eine OHG oder KG errichtet werden kann, wesentlich enger umgrenzt. Bei diesen Gesellschaften genügt nicht jeder Zweck, auch nicht wie beim Verein i.S. des § 22 BGB ein wirtschaftlicher Zweck schlechthin, sondern nur ein Zweck, der auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma (§§ 105 Abs. 1, 105 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 i.V.m. § 2 Satz 1, 161 Abs. 1 HGB) oder auf die Vermögensverwaltung (§ 105 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 HGB) gerichtet ist. Lediglich bei Vermögensverwaltungsgesellschaften i.S. von § 105 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 HGB besteht nicht die Notwendigkeit zum Betrieb eines Gewerbes i.S. der §§ 1 bis 3 HGB, mit dem nach h.M. das Vorhandensein einer Gewinnerzielungsabsicht unlösbar verknüpft ist. Wo es an dem Gewinnstreben fehlt, wo also nur eine Deckung der Selbstkosten beabsichtigt ist, ist für die Errichtung einer OHG oder KG grundsätzlich kein Raum; ebenso wenig dort, wo die Absicht der Gesellschafter nur auf ein einzelnes oder mehrere einzelne Geschäfte und nicht auf einen für die Dauer unternommenen Kreis von Geschäften als Ganzes, als dauernde Einnahmequelle, gerichtet ist.
1.14
Bei der stillen Gesellschaft muss sich jemand, ohne dass er nach außen hin als Gesellschafter in Erscheinung tritt, am Handelsgewerbe eines anderen mit einer Vermögenseinlage, die in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht, gegen notwendige Teilnahme am Gewinn beteiligen. Die Verlustbeteiligung der stillen Gesellschafter kann durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden.
1.15
5
§1
Wesen und Bedeutung
II. Die Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht 1. Typenwahlfreiheit und Typengestaltungsfreiheit
1.16
Die vom Gesetzgeber vorgenommene Typengestaltung ist regelmäßig nicht zwingend. Die Beteiligten haben infolge zahlreicher nachgiebiger Bestimmungen die Möglichkeit, über die im Gesetz vorgegebenen Typen hinaus neue Formen und Spielarten zu schaffen und ihren Inhalt abweichend von der gesetzlichen Regelung zu gestalten. Die Gründe dafür liegen in der Funktion des Rechts, den wirtschaftlichen Interessen und Notwendigkeiten die Möglichkeit zu ihrer Entfaltung zu geben. Dieses Bedürfnis ist auf dem Gebiet des die wirtschaftliche Betätigung ordnenden Gesellschaftsrechts in einem weit stärkeren Maße vorhanden als auf denjenigen Rechtsgebieten, auf denen die Teilnahme am Wirtschaftsverkehr nicht in diesem Ausmaße gegeben ist. Deshalb wird das Gesellschaftsrecht genauso wie das Schuldrecht von den Grundsätzen der Vertragsfreiheit und der Gestaltungsfreiheit beherrscht. Damit trägt es der Differenziertheit der Lebenssachverhalte und Lebensverhältnisse und der Differenziertheit der jeweiligen Interessenlage der Beteiligten Rechnung, wahrt eine gewisse Elastizität der Rechtsform und beugt damit einer den Rechtsverkehr behindernden Erstarrung der Typen vor.
1.17
Die Vertrags- und Gestaltungsfreiheit findet in der Typenfreiheit im weiteren Sinne ihre Verwirklichung. Sie bietet den Beteiligten bei der Wahl und Ausgestaltung ihrer gesellschaftsrechtlichen Unternehmungsform folgende rechtliche Möglichkeiten: a) die freie Typenwahl als die Befugnis der Beteiligten, aus einer Vielzahl im Gesetz geregelter verkehrstypischer Gesellschaftsformen diejenige auszuwählen, die ihren Zwecken und Interessen im Einzelfall am besten entspricht; b) die inhaltliche Gestaltungsfreiheit als die Befugnis der Beteiligten, den Inhalt gesetzlich normierter Gesellschaftstypen abweichend von dem im Gesetz normierten Inhalt zu gestalten. 2. Typenzwang und Typenbeschränkung
1.18
Typenfreiheit und inhaltliche Gestaltungsfreiheit dürfen aber nicht dahin aufgefasst werden, dass der Dispositionsfreiheit der Beteiligten völlig freier Lauf gelassen wäre. Die Freiheit der Typenwahl findet ihre Grenzen im gesetzlichen Typenzwang und in der gesetzlichen Typenbeschränkung. Schreibt das Gesetz die Verwendung einer bestimmten Rechtsform zwingend vor, haben sich die Beteiligten zur Erreichung ihrer Ziele der vorgeschriebenen Rechtsform zu bedienen (gesetzlicher Typenzwang). In anderen Fällen ordnet das Gesetz an, dass bestimmte Vergemeinschaftungsformen, wie z.B. die Rechtsform des eingetragenen Vereins, der eingetragenen Genossenschaft oder der Partnerschaft, nur verwendet werden dürfen, wenn die Beteiligten in dieser Rechtsform ganz bestimmte genau umschriebene Zwecke – nichtwirtschaftliche Zwecke, Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs, Zusammenschluss zur Ausübung eines 6
Wesen und Bedeutung
§1
freien Berufs – verfolgen, so dass diese Rechtsformen für die Verfolgung anderer – wirtschaftlicher oder gewinnstrebiger – Zwecke nicht zur Verfügung stehen (gesetzliche Typenbeschränkung)1. Setzen somit gesetzlicher Typenzwang und gesetzliche Typenbeschränkung der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit Grenzen, so wirft sich die Frage auf, ob durch typologische Argumentation der Gestaltungsfreiheit für Gesellschaftsverträge Grenzen dahingehend gesetzt werden können, dass ein gesetzlich normierter Gesellschaftstyp nicht willkürlich im Wege der Entlehnung von Bauelementen aus anderen Gesellschaftsformen atypisch gestaltet werden darf. Diese Frage war vor allem in den 1970er-Jahren Gegenstand zahlreicher Publikationen2.
1.19
In diesem Zusammenhang sollte festgehalten werden, dass unser Gesellschaftsrecht einen Typenzwang i.S. der Typenauswahl kennt. Es steht den Gesellschaftern nach allgemeiner Anschauung nicht frei, Gesellschaftsrechtsformen zu wählen, die ganz außerhalb des Typenkatalogs liegen. So ist die Gründung einer offenen Handelsgesellschaft mit beschränkter Haftung unzulässig. Die Fragestellung beschränkt sich also darauf, ob sich eine Beschränkung der Gestaltungsfreiheit durch die Annahme der Unzulässigkeit von Abweichungen von einem aus den gesetzlichen Regelungen entwickelten Typus einer Gesellschaftsform ergibt.
1.20
Eine Einschränkung der Gestaltungsfreiheit aufgrund der Unzulässigkeit einer Abweichung von einem „Typus“ einer Gesellschaftsform kann jedoch nicht anerkannt werden. Dafür spricht allein die Tatsache, dass die Leitbegriffe wie Wesen, Typus, Institution etc. bisher nicht scharf genug umrissen worden sind, um sie als Abgrenzungskriterien verwenden zu können3. Auch die historische Zufälligkeit, mit der unser Gesellschaftsrecht entstanden ist, kann die Überlegenheit und den Geltungsanspruch des gesetzlich normierten „Typus“ gegenüber der atypischen Ausgestaltung nicht rechtfertigen4. Die Stellung der Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts im achten Abschnitt des zweiten Buches des Bürgerlichen Gesetzbuches, also unter den Vorschriften über die einzelnen Schuldverhältnisse, deuten darauf hin, dass – unabhängig davon, ob man die Einbindung in das Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches als glücklich oder unglücklich ansieht – der Gesetzgeber
1.21
1 Vgl. dazu grundlegend Paulick, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung; allgemein: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 II 4, S. 106 ff. 2 H.P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit; Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft; Teichmann, Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen; W. Ott, Die Problematik einer Typologie im Gesellschaftsrecht; Reuter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen; Schulze-von Lasaulx, ZfG 21 (1971), 325 ff.; Sack, DB 1974, 369 ff. Zusammenfassend: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 III, S. 109 ff. 3 Schulze-von Lasaulx, ZfG 21 (1971), 325 (332); Flume, BGB AT I/1, § 13 I, S. 189 f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2 IV 2 a) bb), S. 138 f. 4 Weick in Staudinger, 13. Bearb. 2005, Vorbem. zu §§ 21 ff. BGB Rn. 15.
7
§1
Wesen und Bedeutung
auch für die gesellschaftsrechtlichen Verträge nur die allgemeinen Grenzen für Schuldverträge ziehen wollte1.
1.22
Neben dieser eher formalen Argumentation lässt sich die hier vertretene Ansicht aber auch mit einem Hinweis auf die Grundlagen der Vertragsfreiheit begründen. Diese stellt eines der grundlegenden Prinzipien unserer Rechtsordnung dar, weil sie den Menschen als selbständig handelndes Wesen anerkennt und es ihm ermöglicht, seine Rechtsbeziehung mitzugestalten und selbst eine Regelung seiner Lebensverhältnisse zu treffen. Insoweit stellt sich die Privatautonomie als ein Korrelat der menschlichen Freiheit dar. Sie ist nicht auf bilaterale Geschäfte beschränkt, sondern muss auch dort ihre Wirkung zeitigen, wo in multilateralen Konnexionen eine Vergemeinschaftung eines gemeinsamen Zweckes erfolgen soll. Eine Einschränkung dieses Freiheitsrechtes kann aus übergeordnetem Interesse nur dort erfolgen, wo aufgrund gesetzlicher Bestimmungen Beschränkungen gegeben sind, oder wo allgemeine Grenzen für die privatautonome Gestaltung von Rechtsverhältnissen vorliegen.
1.23
Allein diese Betrachtungsweise wird auch den praktischen Bedürfnissen gerecht. Eine interessengerechte Rechtsfortbildung auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts würde auf Grundlage der Typuslehre erschwert, wenn nicht gar überhaupt abgeschnitten, ohne dass dabei den berechtigten Bedürfnissen der Rechtsunterworfenen, die auf den Wandel der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse reagieren wollen, Rechnung getragen würde. Eine starre Typuslehre würde im Gesellschaftsrecht damit in eine bedenkliche Nähe zur Begriffsjurisprudenz geraten, ohne auf die den tatsächlichen Lebenssachverhalten zugrunde liegenden Interessen einzugehen2.
1.24
Hiermit wird nicht einer missbräuchlichen Vertrags- und Gestaltungswillkür das Wort geredet, denn die Gestaltungsfreiheit kann nur in den gesetzlich zugelassenen Grenzen ausgeübt werden. Neben den Normen des zwingenden Rechts können sich solche aber auch aus den allgemeinen Grenzen für die privatautonome Gestaltung von Rechtsverhältnissen ergeben. So ist im Rahmen von (Personen-)Gesellschaftsverträgen die sich aus dem Grundsatz der Privatautonomie ergebende Unverzichtbarkeit der Selbstbestimmung zu beachten. Daneben kommt aber auch den Normen des dispositiven Rechts eine beschränkende Wirkung zu. Nach neuerem Verständnis sind diese nicht mehr generell abdingbar3, sondern haben relative Geltungswirkung. Bei Vorliegen eines Machtgefälles kann die Abbedingung einer dispositiven Norm, die zwischen gleichgeordneten Partnern zulässig ist, einen institutionellen Missbrauch enthalten. In diesem Rahmen wäre dann die Abbedingung dispositiven Rechts unzulässig.
1 Auf die Wertigkeit dieses Arguments weisen auch Schulze-von Lasaulx, ZfG 21 (1971), 325 und Sack, DB 1974, 369 (372) hin. 2 Sack, DB 1974, 369 (372); im Ergebnis ähnlich K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 III 3, S. 119 f. 3 Kramer in MünchKomm.BGB, 5. Aufl. 2006, Vor § 145 BGB Rn. 21 m.w.N.
8
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§1
Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit von Gesellschaftsverträgen sind daher den Wertentscheidungen des Gesetzgebers zu entnehmen, die auch in dispositiven Normen zum Ausdruck gekommen sein können. Die allgemeinen Regeln des Vertrags- und Schuldrechts sind ausreichend, um diesen gesetzgeberischen Wertungen Rechnung zu tragen. Sie erfassen alle Abweichungen, die einen Missbrauch einer Gesellschaftsform enthalten und daher von Rechts wegen nicht hingenommen werden können.
1.25
3. Weitere Grenzen der Gestaltungsfreiheit Ergeben sich aus diesen Überlegungen die allgemeinen Schranken der Typenund Gestaltungsfreiheit, so finden diese Freiheiten weiterhin ihre Grenzen in den zwingenden Rechtssätzen, die die Parteidisposition ausschließen, in den Formvorschriften, von deren Beachtung die Gültigkeit eines Rechtsgeschäfts abhängig ist, sowie in den Grundsätzen der §§ 134, 138, 242 BGB. Darüber hinaus ist für die Typenfreiheit kein Raum, wo der Gesetzgeber die Verwendung einer bestimmten Rechtsform bindend vorschreibt, wo also an die Stelle der Typenfreiheit der gesetzliche Typenzwang tritt. Aber auch die mehr oder weniger spezifizierte Umschreibung des Zwecks, der mit Hilfe der jeweiligen Gesellschaftsform erreicht werden kann und darf, ist insofern von erheblicher Bedeutung, als damit nicht nur die rechtliche Ausgestaltung des jeweiligen Gesellschaftstypus, die Art und Weise der Errichtung, die Regelung der Haftungsverhältnisse, die Wahrung der Interessen der Gesellschaftsgläubiger und die Sicherheit im Rechtsverkehr im engsten Zusammenhange stehen. Aus der Verschiedenartigkeit des Zwecks ergeben sich vor allem die Grenzen für die Verwendbarkeit der einzelnen Gesellschaftsformen im Rechtsleben und die Beschränkung der Freiheit der Typenwahl. Indem die Verwendung bestimmter Rechtsformen vom Vorhandensein eines gesetzlich festgelegten Zwecks abhängig gemacht und die Errichtung dieser Gesellschaften nur beim Vorliegen gerade dieses Zwecks oder der wesenseigenen sonstigen Merkmale gestattet werden, übt der Gesetzgeber auf die Wahl dieser Typen seinen durch rechtspolitische Erwägungen bestimmten Einfluss aus. Die Beteiligten dürfen diese ihrem Zweck oder ihren sonstigen Merkmalen nach begrenzten Gesellschaftsformen nur wählen, wenn sie auch tatsächlich den im Gesetz für ihre Verwendung festgelegten Zweck zu verwirklichen suchen und die wesensbestimmenden Merkmale beachten.
1.26
4. Typenwechsel Andererseits schließen sich die einzelnen Typen hinsichtlich ihrer Verwendbarkeit gegenseitig nicht aus. Sie sind in der Regel beliebig auswechselbar und geeignet, sich bei der Verwirklichung des nämlichen Zwecks gegenseitig zu ersetzen. Die Beteiligten sind – abgesehen von den Fällen des gesetzlichen Typenzwangs – nicht an einen bestimmten Typus gebunden. Ihnen ist es überlassen, ob sie eine einfachere, kompliziertere oder organreichere Gesellschaft ins Leben rufen wollen, wobei die Fragen der Kapitalbeschaffung und Kapitalaufbringung, der Haftung, des Verhältnisses der Gesellschafter untereinander, 9
1.27
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aber auch die Fragen, in welchem Ausmaß das Gesetz inhaltliche Gestaltungsfreiheit gewährt, wie hoch sich die Gründungskosten und die mit der in Aussicht genommenen Rechtsform verbundene steuerliche Belastung belaufen, und ähnliche rechtliche und betriebswirtschaftliche Erwägungen die Wahl der Unternehmungsformen beeinflussen.
III. Die Gestaltungsmöglichkeiten im Recht der stillen Gesellschaft 1. Wesensmerkmale der stillen Gesellschaft
1.28
Die Rechtsform der stillen Gesellschaft kann im Wirtschaftsleben aus den verschiedensten Beweggründen gewählt werden. Auch für die rechtliche Ausgestaltung bieten die gesetzlichen Vorschriften einen weiten Spielraum. Unabdingbar sind lediglich die Bestimmungen, nach denen eine stille Beteiligung nur an einem Handelsgewerbe zulässig und möglich ist (Rn. 4.1 f., 5.2), die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergehen muss (Rn. 6.1 ff.) und die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters nicht ausgeschlossen werden darf (Rn. 7.1 ff.). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, bleibt die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags und damit des Gesellschaftsverhältnisses im Übrigen den Beteiligten überlassen. Tatsächlich sind die Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft im Wirtschaftsleben in ihrer Mannigfaltigkeit kaum übersehbar.
1.29
Nach der gesetzlichen Regelung ist die stille Gesellschaft typischerweise eine Gesellschaft, bei der nach außen nur der Inhaber des Handelsgeschäfts in Erscheinung tritt. Er allein wird aus den im Rahmen seines Handelsgeschäfts abgeschlossenen Geschäften berechtigt und verpflichtet; er allein haftet demzufolge den Geschäftsgläubigern mit seinem gesamten Vermögen (§ 230 Abs. 2 HGB). Der stille Gesellschafter, dessen Leistung sich im gesetzlichen Regelfalle in der Erbringung seiner Vermögenseinlage erschöpft und der idealtypisch keinen Einfluss auf die Geschäftsführung und das Tätigwerden nach außen hat, ist den Gläubigern gegenüber von jeder Verantwortung und Haftung frei – im Gegensatz zum Kommanditisten auch dann, wenn er mit seiner Vermögenseinlage rückständig ist (vgl. § 171 Abs. 1 HGB). 2. Die atypische stille Gesellschaft a) Atypische Gestaltungsformen der stillen Gesellschaft
1.30
Die stille Beteiligung braucht sich nicht auf die Gewinnbeteiligung zu beschränken. Der stille Gesellschafter kann sich in weitem Umfang am Geschäft des Kaufmanns beteiligen. So ist neben der unabdingbaren Gewinnbeteiligung (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB) an eine Beteiligung am Verlust, an den Anlagewerten, an den offenen und stillen Rücklagen oder an einem etwaigen Geschäfts- oder Firmenwert zu denken. Dem stillen Gesellschafter können auch Verwaltungsrechte eingeräumt werden, die über die Informationsrechte des § 233 HGB weit hinausgehen (siehe Rn. 12.65 ff., 12.88). Die Verwaltungsrechte müssen sich nicht auf ein allgemeines oder nur für be10
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stimmte Geschäfte geltendes Zustimmungs- oder Widerspruchsrecht beschränken, sondern es können auch Geschäftsführungsbefugnisse übertragen werden. Die Geschäftsführungsbefugnis kann dem stillen Gesellschafter zusammen mit oder neben dem Geschäftsinhaber, aber auch allein zustehen (siehe näher unten Rn. 12.90 ff.)1. Im Innenverhältnis kann die Stellung des stillen Gesellschafters der eines persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG oder eines Kommanditisten angeglichen werden; so, wenn im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist, dass im Verhältnis der Beteiligten untereinander das Recht der OHG oder KG gelten soll. Nach den im Innenverhältnis getroffenen Abmachungen kann der stille Gesellschafter sogar der eigentliche Betreiber und Leiter des Handelsgeschäftes sein, während der nach außen allein in Erscheinung tretende Inhaber tatsächlich die Stellung eines Strohmanns einnimmt, der über keine eigenen Mittel verfügt. Nach den internen Vereinbarungen ist er dann verpflichtet, den Weisungen des stillen Gesellschafters Folge zu leisten, was jedoch auf seine Befugnis, nach außen zu handeln, keinen Einfluss hat. Diese Befugnis beruht auf seiner Eigenschaft als Geschäftsinhaber und kann ihm daher nicht durch den Gesellschaftsvertrag entzogen werden2. Es kann auf diese Weise die stille Gesellschaft im Innenverhältnis in mehr oder weniger starkem Ausmaße der OHG oder KG angenähert werden. Bestehen an einem Handelsgewerbe mehrere stille Gesellschaften, so können sich die mehreren Gesellschafter im Innenverhältnis eine körperschaftliche Verfassung geben und ihren Zusammenschluss in seiner inneren Struktur einer Kapitalgesellschaft annähern (Rn. 4.27 f.). Die mehreren stillen Gesellschafter können eine Gesellschafterversammlung bilden und Beschlüsse fassen, die für den Inhaber verbindlich sind. Sie können seine Geschäftsführung durch einen aus ihren Reihen gebildeten Ausschuss nach Art des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft überwachen lassen, wobei dem Inhaber wiederum nur die Stellung eines im Innenverhältnis weisungsgebundenen Geschäftsführers zukommen kann (siehe Rn. 5.50 ff.). In der Praxis wird mitunter auch nach Gestaltungen gesucht, um Vermögensrechte in diversifizierten Unternehmensgruppen auf die Ergebnisse von bestimmten Geschäftsbereichen zu beschränken. Der stille Gesellschafter kann sich auf eine Beteiligung an einem bestimmten Unternehmenssegment beschränken (sog. partielle atypische stille Beteiligung) und braucht sich nicht an dem ganzen Handelsgeschäft zu beteiligen3. Dies erfordert – neben entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Konstrukten – eine separate Rechnungslegung für die jeweiligen Bereiche mit einer Vielzahl von Zuordnungsfragen im Gemeinkostenbereich.
1 Vgl. zu den Einzelheiten Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 94. 2 Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 102. 3 BFH v. 6. 12. 1995 – I R 109/94, DStR 1996, 463 f. = GmbHR 1996, 378; Breuninger/ Prinz, DStR 1996, 1761 (1764); Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 145.
11
1.31
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b) Zulässigkeit der atypischen Gestaltungsformen der stillen Gesellschaft
1.32
Obwohl in diesen Fällen die Rechtsgestaltung von der Regelung der §§ 230 ff. HGB erheblich abweicht und die Rollen, die das Gesetz dem Inhaber des Handelsgewerbes und dem stillen Gesellschafter zugedacht hat, im Innenverhältnis völlig vertauscht sein können, hält die h.M. derartige „atypische“ Gebilde im Rahmen des nachgiebigen Rechts für möglich und zulässig und wendet auch auf sie grundsätzlich die für die stille Gesellschaft geltenden Vorschriften an (Rn. 4.26 ff., 14.41, 20.50 ff.). Es liegt bei solcher Vertragsgestaltung nämlich weder ein Scheingeschäft (§ 117 BGB) noch ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) vor.
1.33
Ein Scheingeschäft ist nicht gegeben, weil der übereinstimmende Wille der Beteiligten ernstlich auf die Errichtung einer solchen vom Normaltypus abweichenden stillen Gesellschaft gerichtet ist. Der Gesellschaftsvertrag wird nicht „nur zum Schein“ abgeschlossen. Auch wird durch ihn in Ermangelung eines gesamthänderisch gebundenen Vermögens und einer gemeinschaftlichen Firma kein anderes Gesellschaftsverhältnis – etwa das einer OHG oder KG – verdeckt (§ 117 Abs. 2 BGB), denn gerade der in der Form einer so ausgestalteten stillen Gesellschaft erstrebte Erfolg – der Ausschluss jeglicher Haftung des stillen Gesellschafters trotz Mitwirkung an der Unternehmensleitung und das Nichtbekanntwerdenlassen der Beteiligten nach außen – entspricht dem im Gesellschaftsvertrag verbindlich niedergelegten wirklichen Willen der Beteiligten, die sich der Abweichung der von ihnen geschaffenen Rechtsform vom Normaltypus durchaus bewusst sind.
1.34
Auch die §§ 134 und 138 BGB können zur Bekämpfung der geschilderten Typenabwandlung nicht herangezogen werden; § 134 BGB nicht, weil das Gesellschaftsrecht nicht verbietet, Personenvereinigungen in anderer als in der im Gesetz vorgesehenen Form und Ausgestaltung zu errichten. Das wäre nur der Fall, wenn der gesetzlichen Regelung der einzelnen Gesellschaftstypen die Tragweite beizumessen wäre, dass ihre Errichtung nur nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften erfolgen dürfe und dass nach dem Willen des Gesetzgebers jede andere Gestaltung ausgeschlossen sein soll. Nur dann könnte geltend gemacht werden, dass die gewählte Form eine Umgehung des Gesetzes darstelle oder gegen ein gesetzliches Verbot verstoße und deshalb nichtig sei. Ein solcher, jegliche Gestaltungsfreiheit ausschließender Typenzwang gilt nicht für die stille Gesellschaft. Ebenso wenig verstößt die Errichtung einer „atypischen“ stillen Gesellschaft nach Beweggrund, Zweck und Inhalt gegen die guten Sitten (§ 138 BGB), es sei denn, dass sie im einzelnen Falle zum Zwecke des Kreditschwindels oder der Gläubigerschädigung vorgenommen wird. Deshalb entfällt regelmäßig die Anwendbarkeit der §§ 226, 826 BGB. Diese Vorschriften können nur zum Zuge kommen, wenn es sich um einen die vorsätzliche Schädigung anderer Personen bezweckenden, sittenwidrigen Gesellschaftsvertrag handelt.
12
Wesen und Bedeutung
§1
c) Anwendbarkeit der §§ 230 ff. HGB auf die atypischen Gestaltungsformen Lassen sich hiernach – von Ausnahmefällen abgesehen – gegen Abwandlungen des stillen Gesellschaftsvertrags keine Bedenken erheben, so bleibt zu prüfen, ob auf die atypische stille Gesellschaft die Vorschriften der §§ 230 ff. HGB uneingeschränkt angewendet werden können oder ob nicht im einzelnen Falle eine davon abweichende Beurteilung geboten ist. Das soll im Zusammenhang mit den Einzelfragen des Rechts der stillen Gesellschaft untersucht werden. Schon hier aber sei vermerkt, dass im Steuerrecht die atypische stille Gesellschaft nicht als stille Gesellschaft, sondern als „Mitunternehmerschaft“ behandelt und damit den handelsrechtlichen Personengesellschaften gleichgestellt wird (Rn. 20.53).
1.35
IV. Zusammenfassung Für die Wahl der Unternehmungsform sind wirtschaftliche, betriebswirtschaftliche, handelsrechtliche und steuerrechtliche Erwägungen bestimmend. Dabei treten die Erwägungen über die „steuerlich günstigste“ Unternehmungsform immer stärker in den Vordergrund. Es sollte jedoch für ihre Wahl die Frage nach der Höhe der steuerlichen Belastung nicht allein ausschlaggebend sein. Auf längere Sicht gesehen erweist sich nur diejenige Unternehmungsform als die betriebswirtschaftlich „richtige“, die im konkreten Fall organisch dem Unternehmen und den von ihm verfolgten wirtschaftlichen Zwecken angepasst ist. Die Beteiligten können nicht nur aus einer Vielzahl im Gesetz geregelter typischer Gesellschaftsformen diejenige auswählen, die ihren Zwecken und Interessen am besten entspricht (freie Typenwahl); sie können auch den Inhalt der Gesellschaftsformen abweichend von der gesetzestypischen Regelung gestalten (inhaltliche Gestaltungsfreiheit) und neue atypische Formen schaffen (Typenfreiheit im engeren Sinne), wobei jedoch die Parteiautonomie in zwingenden gesetzlichen Vorschriften ihre Schranken findet. Besonders gestaltungsfähig ist die Rechtsform der stillen Gesellschaft, weil die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen im wesentlichen nachgiebiges Recht enthalten und der Gestaltungsfreiheit der Beteiligten einen weiten Spielraum lassen. Durch entsprechende Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag kann die stille Gesellschaft – beschränkt auf das Innenverhältnis – den handelsrechtlichen Personengesellschaften weitgehend angenähert werden. Aber auch eine Annäherung an die Körperschaften ist möglich, indem ihr im Innenverhältnis eine körperschaftliche Verfassung gegeben wird. Die im Wirtschaftsleben am weitesten verbreitete Abwandlung liegt vor, wenn der stille Gesellschafter nicht nur am laufenden Gewinn, sondern auch an der Geschäftsführung und an den Anlagewerten, an den Rücklagen und am Geschäfts- oder Firmenwert beteiligt wird. Auch auf solche atypischen stillen Gesellschaften wendet die h.M. im Wesentlichen die Vorschriften über die typische stille Gesellschaft an. Es liegt weder ein Scheingeschäft noch ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten vor. Im Steuer-
13
1.36
§1
Wesen und Bedeutung
recht dagegen wird die atypische stille Gesellschaft als „Mitunternehmerschaft“ angesehen und zufolge der das Steuerrecht beherrschenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise den handelsrechtlichen Personengesellschaften (Gesamthandsgemeinschaften) gleichgestellt.
14
§ 2 Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform, insbesondere die Gründe für ihre Wahl Schrifttum: Bell, Markus G., Venture Capitalist oder Angel – Welcher Kapitalgeber stiftet größeren Nutzen?, Die Bank 1999, 372; Brönner, Herbert, Die Besteuerung der Gesellschaften, des Gesellschafterwechsels und der Umwandlungen, 18. Aufl. 2007; Curtius-Hartung, Die stille Gesellschaft – Überlegungen aus handelsrechtlicher, steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht, StbKRep 1987, 223; v. Einem, Christoph, Stock-Options: Eine aktuelle Gestaltungsform der Mitarbeiterbeteiligung für Wachstumsunternehmen, in Haarmann, Hemmelrath & Partner, Gestaltung und Analyse der Rechts-, Wirtschafts- und Steuerberatung von Unternehmen, 1998, S. 389; Esch, Günter/ Baumann, Wolfgang/Schulze zur Wiesche, Dieter, Handbuch der Vermögensnachfolge, 6. Aufl. 2001; Felix, Günther, Beteiligungsformen nichttätiger Abkömmlinge an Familien-Personenunternehmen, DStZ 1988, 73; Felix, Günther/Streck, Michael, Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren, DStR 1977, 42; Fella, Günter, Die stille Gesellschaft im ESt-Recht, StWa 1992, 101; Fox, Thomas/Hüttche, Tobias/Lechner, Florian, Mitarbeiterbeteiligung an der GmbH, GmbHR 2000, 521; Giefers, Hans Werner, Die Wahl der Rechtsform für eine Familiengesellschaft, INF 1994, 144; Goutier, Klaus/Spönlein, Rita, Gestaltungsmöglichkeiten unter dem KStG 1977, GmbHR 1985, 264; Gutenberg, Erich, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Bd. 3, Die Finanzen, 8. Aufl. 1987; Haas, Franz, Wesen und Formen der Gewinnbeteiligung, Veröffentlichungen der Wirtschaftshochschule Mannheim, Reihe 2: Reden, Heft 1, 1957; Kußmaul, Heinz, Unternehmenskinder, 1983; Lienau, Alexander/Lotz, Thomas, Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen und die steuerlichen Konsequenzen, DStR 1991, 618; Litfin, Martin/App, Michael, Unternehmensform nach Maß, 3. Aufl. 1994; Löffelholz, Josef, Repetitorium der Betriebswirtschaftslehre, 6. Aufl. 1980; Mayen, Thomas, Privatisierung öffentlicher Aufgaben: Rechtliche Grenzen und rechtliche Möglichkeiten, DÖV 2001, 110; Mellerowicz, Konrad, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Bd. 1, 14. Aufl. 1974; Rams, Andreas/Remmen, Jan, Perspektiven der Venture-Finanzierung in Deutschland, Die Bank 1999, 687; Reinhardt, Rudolf, Die für die Ordnung der Wirtschaft maßgebenden Rechtsgrundsätze und die Rechtsform der Mitbestimmung, in Dietz/Hueck/ Reinhard, Festschrift für H.C. Nipperdey, 1955, S. 235; Reinhardt, Rudolf, Die gesellschaftsrechtlichen Fragen der Gestaltung der Unternehmensformen, Verhandlungen des 39. Deutschen Juristentages 1951, Teil 3, S. 5; Rieble, Volker, Wegfall der steuerrechtlichen Sperrfrist für die Vermögensbildung von Arbeitnehmern, BB 2002, 731; Robisch, Martin, Optimale Schütt-aus-Hol-zurück-Politik von Kapitalgesellschaften und Wandel der Tarifstruktur, DStR 1994, 334; Rößle, Karl, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 5. Aufl. 1956; Schäfer, Erich, Die Unternehmung, 10. Aufl. 1980; Schanz, Kay-Michael, Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, NZA 2000, 626; Schmalenbach, Eugen, Die Beteiligungsfinanzierung, 9. Aufl. 1966; Schneider, Dieter, Hochsteuerland Deutschland 1994/95, DB 1994, 541; Schoen, Susanne, Die außerbetriebliche Beteiligung als stiller Gesellschafter nach dem fünften Vermögensbildungsgesetz, BB 1988, 2113; Siddiqui, Sikandar, Die stille Gesellschaft als Instrument der Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung, in Henselmann, Steuerpolitik und Steuerreform im Spiegel ökonomischer Analysen, 2001, S. 69; Sturm, Friedrich, Das neue Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbildungen (Vermögensbeteiligungsgesetz), WM 1984, 753; Sudhoff, Heinrich/Sudhoff, Martin, Stille Beteiligung an einer GmbH und die Umwandlung dieser Beteiligung, GmbHR 1984, 77; Vollmer, Lothar/Maurer, Torsten, Die Eignung von sanierenden stillen Beteiligungen und Sanierungsgenussscheinen zur Abwehr der Überschuldung, DB 1994, 1173; Wöhe, Günter, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 23. Aufl. 2008; Wöhe, Günter, Die Steuern des Unternehmens, 6. Aufl.
15
§2
Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform 1991; Zacharias, Erwin/Hebig, Michael, Die Auswirkungen des Haushaltsbegleitgesetzes 1989 auf das 5. VermBG und auf § 19a EStG, FR 1989, 317.
2.1
Bei der Errichtung einer stillen Gesellschaft spielen wirtschaftliche, handelsrechtliche und steuerrechtliche Erwägungen eine wichtige Rolle. Es sind vor allem Finanzierungsfragen und haftungsrechtliche sowie steuerrechtliche Überlegungen, die zur Wahl dieser in der Praxis durchaus häufig anzutreffenden Rechtsform führen.
I. Beweggründe auf Seiten des stillen Gesellschafters
2.2
Auf Seiten des stillen Gesellschafters wird für die Übernahme einer stillen Beteiligung in der Regel der Wunsch nach einer günstigen Kapitalanlage bestimmend sein, die einen größeren Ertrag als Bankzinsen oder Aktiendividenden abwirft und die zugleich in der persönlichen Tüchtigkeit und Verantwortlichkeit des Inhabers des Handelsgeschäfts eine relative Sicherheit bietet.
2.3
Ist dem Geldgeber darüber hinaus an einer Sachwertsicherung gelegen, so kann im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass seine Beteiligung sich nicht auf den laufenden Jahresgewinn beschränken, sondern sich auf das Anlagevermögen, insbesondere auf die offenen und stillen Rücklagen und auf einen etwaigen Geschäfts- oder Firmenwert erstrecken soll (sog. atypische stille Beteiligung; Rn. 4.26 ff.).
2.4
Auch der Wunsch, die Kapitalanlage vor der Öffentlichkeit geheim zu halten, ein möglichst geringes Risiko einzugehen, am Verlust des Geschäfts entweder überhaupt nicht teilzunehmen oder die Verlustgefahr auf den Betrag der Vermögenseinlage zu beschränken, bestimmt häufig die Wahl der stillen Gesellschaft. Diese Wünsche lassen sich in der Form einer Kapitalgesellschaft, einer handelsrechtlichen Personengesellschaft oder eines schuldrechtlichen Darlehensvertrags nicht immer verwirklichen. Die mit der Beteiligung an einer handelsrechtlichen Personengesellschaft notwendig verbundene Publizität, die unbeschränkte gesamtschuldnerische Haftung der Komplementäre und die grundsätzlich persönliche Mitwirkung aller Gesellschafter bei der Geschäftsführung und Vertretung einerseits, die mangelnde Einflussmöglichkeit auf die Verwendung und Erhaltung des Beteiligungskapitals beim Darlehen, aber auch bei der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft andererseits, entsprechen oftmals nicht den Absichten der Beteiligten.
2.5
Der Wunsch nach sicherer Kapitalanlage ist jedoch nicht der einzige Beweggrund für den stillen Gesellschafter. Vielfach sind es auch wirtschaftliche Gründe, die für die Übernahme einer stillen Beteiligung bestimmend sind. In Fällen, wo jemand aus Gründen, die in seiner Person oder in seiner beruflichen oder gesellschaftlichen Stellung liegen, ein Handelsgewerbe nicht selbst betreiben darf, kann oder will, wird eine andere Person als Geschäftsführer vorgeschoben, wohingegen der stille Gesellschafter im Innenverhältnis der eigentliche Herr und Leiter des Unternehmens ist. Die stille Beteiligung wird auch dort gewählt, wo jemand mit Konkurrenten des Geschäftsinhabers in ge16
Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
§2
schäftlichen Beziehungen steht, die durch das Bekanntwerden des Beteiligungsverhältnisses gefährdet werden könnten. Zu denken ist weiter an die im Wirtschaftsleben, insbesondere im Lebensmittelgroßhandel und bei Brauereien, nicht seltenen Fälle, in denen sich ein Unternehmer mit Hilfe von stillen Beteiligungen einen bestimmten Abnehmerkreis oder feste Bezugsquellen sichern oder den Wettbewerb ausschalten will. Auch die Möglichkeit, die stille Beteiligung bei diversifizierten Unternehmen auf einen selbständig abgrenzbaren Geschäftszweig (vgl. Rn. 5.35) beschränken zu können, entspricht oftmals dem Interesse der Anleger, an der Entwicklung einzelner Geschäftszweige unmittelbar zu partizipieren. Viele Ziele, die der Geldgeber mit der typischen stillen Beteiligung verfolgt, lassen sich auch mit der Gewährung eines partiarischen Darlehens erreichen. Steuerliche Vorteile gegenüber dem partiarischen Darlehen bietet die stille Gesellschaft kaum noch. Die ehemals attraktiven Verlustnutzungsmöglichkeiten wurden in den letzen Jahren sukzessive eingeschränkt und die beiden Rechtsformen zuletzt durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 auch gewerbesteuerlich angeglichen1. Der Geschäftsherr wird zudem durch höhere Informations- und Mitspracherechte des Geldgebers belastet2.
2.6
II. Beweggründe auf Seiten des Inhabers des Handelsgeschäfts 1. Zivilrechtliche Beweggründe Ebenso vielfältig sind die Gründe, die den Inhaber eines Handelsgeschäfts zur Aufnahme eines stillen Gesellschafters bewegen können. Er will auf längere Zeit mit der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters arbeiten, ohne befürchten zu müssen, dass ihm diese kurzfristig gekündigt wird. Er will geheim halten, dass er genötigt ist, mit fremdem Geld zu arbeiten. Der Name des Geldgebers soll aus Wettbewerbsgründen nicht bekannt werden, oder der Geschäftsinhaber, der eine Konzession nur auf seinen Namen erhalten hat, kann sein Handelsgewerbe aus diesem Grunde nicht unter der Firma einer OHG oder KG betreiben und nimmt deshalb einen stillen Gesellschafter auf, der ihm das erforderliche Betriebskapital zur Verfügung stellt (vgl. dazu unten Rn. 9.74).
2.7
Die stille Beteiligung kann für den Geschäftsinhaber insofern vorteilhafter als die Aufnahme eines Darlehens sein, als sie zu einer Herabsetzung der fixen Kosten für die Fremdkapitalverzinsung führen kann, was wiederum für die Liquidität des Unternehmens günstig ist, weil sich der stille Gesellschafter je nach dem Geschäftsergebnis des betreffenden Jahres mit einer geringeren Gewinnquote begnügen muss. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen hat die ertragsabhängige Ergebnisbelastung und die einfache Anpassung der Kapi-
2.8
1 Eine unterschiedliche Behandlung erfahren stille Beteiligungen und partiarische Darlehen nach wie vor in den meisten Doppelbesteuerungsabkommen. 2 Lienau/Lotz, DStR 1991, 622.
17
§2
Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
talausstattung entscheidende Bedeutung1. Bei Banken führt die unter Umständen erhöhte Eigenkapitalquote zu einer Ausweitung der Kreditvergabemöglichkeit (§ 10 Abs. 4 KWG; vgl. dazu auch Rn. 6.82, 17.18). Auch für Sanierungszwecke kann die stille Gesellschaft eine geeignete Rechtsform sein, um einem finanziell Not leidenden Unternehmen neues Kapital zuzuführen2. Die stille Beteiligung an nicht börsennotierten mittelständischen Unternehmen wird durch die Errichtung von Unternehmensbeteiligungsgesellschaften gefördert (§ 1a Abs. 1 und 2 UBGG).
2.9
Häufig entsteht eine stille Gesellschaft im Zusammenhang mit der Auflösung einer handelsrechtlichen Personengesellschaft oder mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters, der der Gesellschaft seinen bisherigen Kapitalanteil weiterhin als Vermögenseinlage belässt. Das hat für den nunmehr nur noch still Beteiligten den Vorteil, dass seine persönliche Haftung für nach seinem Ausscheiden entstandene Verbindlichkeiten entfällt (§§ 159, 160 HGB) und dass er seine Einlage zurückfordern kann, ohne sich – wie als Kommanditist – der Gefahr einer erneuten persönlichen Haftung aussetzen zu müssen (§§ 172 Abs. 4, 171 Abs. 1 HGB).
2.10
Bei Kapitalgesellschaften kann durch die Begründung einer stillen Gesellschaft gelegentlich eine sonst erforderliche Kapitalerhöhung ersetzt werden. Gleichzeitig bietet die stille Beteiligung den Vorteil, dass die Einlage des stillen Gesellschafters leichter rückzahlbar ist als der Anteil am Gesellschaftsvermögen; es bedarf nicht der förmlichen Kapitalherabsetzung.
2.11
Insbesondere mittelständischen Unternehmen wird durch stille Beteiligungen an einzelnen Geschäftsbereichen die Möglichkeit eröffnet, bestimmte Projekte und Innovationen zu finanzieren. Auch können sie wichtige Lieferverhältnisse oder Geschäftsbeziehungen durch Bindung der Geschäftspartner mittels stiller Beteiligung sichern. 2. Steuerrechtliche Beweggründe
2.12
Vor allem bietet die Form der stillen Gesellschaft nicht unbeachtliche steuerliche Vorteile. Nachdem im Steuerrecht heute auch die stille Beteiligung von Aktionären oder GmbH-Gesellschaftern an ihrer Gesellschaft, ja sogar die stille Beteiligung des Einmanngesellschafters an seiner eigenen Gesellschaft anerkannt wird, eröffnen sich Möglichkeiten und Wege für wirtschaftliche Verflechtungen und gegenseitige Beteiligungen, die zu durchaus legalen Steuerersparnissen führen können (unten Rn. 23.1 ff.).
2.13
Wesentliche steuerrechtliche Bedeutung erlangt die stille Gesellschaft als Gestaltungsmittel zur Verlagerung von Einkünften. Ziel ist es, durch die Nutzung von Freibeträgen und Progressionsvorbehalten eine niedrigere Steuerbelastung für die Familie insgesamt zu erreichen. So können Einzel- und Mitunternehmer Einkünfte beispielsweise auf nahe Angehörige progressions1 Curtius-Hartung, StbKRep 1987, 225. 2 Vgl. dazu näher Vollmer/Maurer, DB 1994, 1173.
18
Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
§2
mindernd verlagern. Bei Eingreifen der durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 eingeführten Abgeltungsteuer für Kapitaleinkünfte führt die Verlagerung von Einkünften aufgrund des einheitlichen Abgeltungsteuersatzes nicht mehr zu einer Progressionsminderung. Bei Verlagerung von Einkünften auf Verwandte dürfte jedoch regelmäßig der Ausnahmetatbestand nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG n.F. gegeben sein, so dass eine Progressionsminderung auch weiterhin genutzt werden kann. Die stille Gesellschaft kann aber auch als Verlusttransfervehikel genutzt werden, um beispielsweise Anlaufverluste einer GmbH von der Gesellschafts- auf die Gesellschafterebene zu transferieren und dadurch der sog. Verlustfalle der Kapitalgesellschaft zu entgehen. Dort können die Verluste dann mit positiven Einkünften steuermindernd verrechnet werden. Hierbei sind allerdings die Grenzen der Verlustverrechnung (§§ 2 Abs. 3, 10d, 15 Abs. 4 Sätze 6 bis 8 und 15a EStG) und der Abziehbarkeit von Finanzierungsaufwendungen (§ 4h EStG und § 8a KStG) zu berücksichtigen. Die stille Gesellschaft kommt somit wie die GmbH & Co. KG als Gestaltungsmittel in Betracht, wenn die Vorteile der Kapitalgesellschaft (insbesondere die Haftungsbegrenzung) mit denen der Personengesellschaft (insbesondere die angesprochene direkte Gewinn- und Verlustzurechnung) kombiniert werden sollen.
2.14
Darüber hinaus können sich für Veranlagungsjahre bis einschließlich 2007 auch gewerbesteuerliche Vorteile ergeben, da bei der atypischen stillen Gesellschaft im Gegensatz zur Kapitalgesellschaft der Freibetrag für Personengesellschaften zur Anwendung kommt. Der Staffeltarif für Personengesellschaften wurde allerdings für Veranlagungsjahre ab 2008 aufgehoben. Dem gewerbesteuerlichen Vorteil steht allerdings der Nachteil gegenüber, dass beispielsweise Geschäftsführervergütungen, die ein atypisch stiller Gesellschafter erhält, zum Gewerbeertrag zählen. Gewerbesteuerliche Vorteile können sich auch durch die Vereinbarung von atypisch stillen Gesellschaften an einzelnen Geschäftsbereichen des Geschäftsinhabers ergeben. Jede Sparte, an der eine atypische stille partielle Beteiligung besteht, stellt nach Ansicht der Rechtsprechung1 einen eigenen Gewerbebetrieb dar, so dass der Freibetrag mehrfach zur Anwendung kommt. Allerdings ist im Gegenzug ein Ergebnisausgleich zwischen den verschiedenen Sparten nicht möglich.
2.15
Bei der Gestaltung der Gesellschaftsverträge ist allerdings darauf zu achten, dass alle Mindestanforderungen der stillen Gesellschaft berücksichtigt werden. Besondere Sorgfalt sollte darauf verwendet werden, dass die steuerrechtlichen Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft je nach Wunsch vermieden oder geschaffen werden. Gerade diese Frage führt in der Praxis zu Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung und letztlich zu langwierigen Gerichtsverfahren. Im Übrigen ergibt sich ein weites Feld individueller Gestaltungsmöglichkeiten, die den besonderen wirtschaftlichen, psychologischen und rechtlichen, aber auch steuerrechtlichen Situationen des Einzelfalles gerecht werden können.
2.16
1 Hierzu grundlegend BFH v. 6. 12. 1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 (686) = GmbHR 1996, 378.
19
§2
Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
2.17
Keine Bedeutung hat die stille Gesellschaft mehr als Gestaltungsmittel für die Bewirkung der Rückleistung der im Rahmen des „Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahrens“1 an die Anteilseigner ausgeschütteten Beträge.
III. Die stille Gesellschaft als Familiengesellschaft
2.18
Weit verbreitet ist die stille Gesellschaft als Mittel zur Sicherung der Familienangehörigen, zur Vorsorge für den Todesfall des Geschäftsinhabers, zur Verhinderung einer Zersplitterung des Anteilsbesitzes und damit als Mittel zur Abwendung der Gefahr einer Überfremdung durch den Eintritt von nicht zur Familie gehörigen Personen oder der Gefahr der Entziehung flüssiger Mittel aus dem Unternehmen. Mit Hilfe stiller Beteiligungen können der Familie die wirtschaftlichen Grundlagen des Unternehmens erhalten bleiben und kann im Falle des Todes des Inhabers der ungehinderte Fortbestand des Unternehmens gewährleistet werden. Besondere Bedeutung erlangt dieser letzte Gesichtspunkt, wenn eine Übergangszeit überbrückt werden muss, weil die als Nachfolger bestimmten Abkömmlinge erst heranwachsen oder sich noch in der Ausbildung befinden, oder weil die Last der Arbeit und Verantwortung nur allmählich auf jüngere Schultern gelegt werden soll2. In solchen Fällen können die Kinder zunächst als stille Gesellschafter beteiligt werden, indem ihnen der zur Leistung der Vermögenseinlage erforderliche Betrag vom Inhaber schenkungsweise zur Verfügung gestellt wird (Rn. 6.18 ff.). Auf diese Weise wird durch die stille Beteiligung die Anwartschaft derjenigen Erben sichergestellt, die als künftige Geschäftsinhaber ausersehen sind.
2.19
Die stille Gesellschaft eignet sich aber auch zur Sicherung derjenigen Erben, die von der Übernahme des Handelsgeschäfts ausgeschlossen sein sollen3. Sie können für ihre Erbansprüche dadurch abgefunden werden, dass ihnen der Geschäftsinhaber stille Beteiligungen einräumt, wodurch die Fortführung des Unternehmens als Einzelfirma ermöglicht wird. Aufgrund der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit lassen sich die berechtigten Belange und Interessen der weichenden Erben hinreichend wahren. So können die Überwachungs- und Kontrollrechte, die ihnen als stille Gesellschafter zustehen, erweitert, aber auch eingeschränkt werden. Ihre Vermögenseinlage kann – anders als die Einlage des Kommanditisten – durch Bestellung von Hypotheken oder Pfandrechten oder im Wege der Sicherungsübereignung gesichert werden (Rn. 10.43).
2.20
Sollen die Erben nicht nur am laufenden Jahresgewinn, sondern auch an der Substanz des Unternehmens beteiligt werden, so wird zweckmäßigerweise im Testament oder im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass sie bei der Auseinan1 Felix/Streck, DStR 1977, 42; Robisch, DStR 1994, 334; vgl. 6. Aufl., Rn. 2.14. 2 Vgl. Kußmaul, Unternehmenskinder, S. 283 ff. 3 Die Annahme von Esch/Baumann/Schulze zur Wiesche, Hdb. d. Vermögensnachfolge, Rn. 1232–1236, dass sich die stille Gesellschaft zur Regelung der Erbfolge in Familiengesellschaften weniger eigne als die KG, da sie zu einer unerwünschten Ungleichbehandlung der Erben führe, trifft in den zahlreichen Fällen einer erwünschten Differenzierung zwischen den Erben gerade nicht zu.
20
Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
§2
dersetzung an den offenen und stillen Rücklagen des Unternehmens teilhaben. Sie sind dann zwar nicht dinglich am Geschäftsvermögen beteiligt; sie haben aber gegenüber dem oder den Erben, die das Geschäft übernehmen, einen schuldrechtlichen Anspruch auf Beteiligung an der Unternehmenssubstanz. Dass sich in solchen Fällen die Beteiligung auch auf den Geschäftswert (goodwill) erstrecken soll, wird regelmäßig nicht dem Willen der Beteiligten entsprechen und ist auch nicht zweckmäßig, weil sich dieser Wert erfahrungsgemäß nur schwer feststellen lässt und es dabei vielfach zu Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten unter den beteiligten Erben kommt. Soll die Aufstellung einer besonderen Auseinandersetzungsbilanz vermieden werden, so kann der Erblasser bestimmen, dass als Abfindung für die Beteiligung an den Rücklagen des Unternehmens zu dem buchmäßigen Kapitalanteil, der sich aus der dem Todestag vorangehenden Bilanz ergibt, ein angemessener Aufschlag zu machen ist. Es empfiehlt sich auch, die Abfindungsraten an die Leistungsfähigkeit des Geschäftsinhabers anzupassen, damit dem Unternehmen nicht auf einmal größere Beträge entzogen werden und dadurch seine Liquidität gefährdet wird (Rn. 16.11 ff.). Die Begründung einer stillen Gesellschaft mit dem Ehepartner oder mit den Kindern kann schon zu Lebzeiten des Geschäftsinhabers als „vorweggenommene Erbfolge“ vor allem unter steuerlichen Gesichtspunkten vorteilhaft sein, weil weder die stille Beteiligung noch die aus ihr fließenden Gewinnanteile dem Inhaber zugerechnet werden (Rn. 21.4 ff.). Bei Steuermotivierten Beteiligungen nichttätiger Angehöriger hat die stille Beteiligung gegenüber der typischen Kommanditbeteiligung zudem den Vorteil, dass sie keine langfristige Mitinhaberschaft begründet, die später häufig den endgültigen Unternehmensnachfolger behindert1.
2.21
Überlässt der Inhaber seinem Ehepartner oder seinen Kindern die Vermögenseinlage im Wege der Schenkung, so bleibt diese seit Inkrafttreten des ErbStRG2 beim Ehepartner bis zu einem Betrag von 500 000 Euro (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) und bei den Kindern bis zu den Beträgen von je 400 000 Euro (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) schenkungsteuerfrei3. Die schenkungsweise überlassenen Beträge scheiden aus dem Vermögen des Schenkers aus.
2.22
Die Gewinne, die aufgrund der typischen stillen Beteiligung auf den Ehepartner und die Kinder entfallen, werden von diesen selbst versteuert und bilden bei dem Geschäftsinhaber Betriebsausgaben, die den Gewinn mindern. Als typisch still beteiligter Gesellschafter erzielt das Kind Einkünfte aus Kapitalvermögen. Es kommt somit in den Genuss des Sparerfreibetrages zzgl. Werbungskostenpauschale bzw. ab dem Veranlagungsjahr 2009 des Sparerpauschbetrages in Höhe von 801 Euro. Der Unternehmer kann mehr an Einkünften auf seine Angehörigen verlagern als beim Darlehen. Der steuerlich abzugsfähige Ge-
2.23
1 Vgl. dazu auch Felix, DStZ 1988, 73 (74) gegen Esch/Baumann/Schulze zur Wiesche, Hdb. d. Vermögensnachfolge, Rn. 1232–1236. 2 Erbschaftsteuerreformgesetz v. 24. 12. 2008, BGBl. I 2008, 3018. 3 Zur Höhe der Freibeträge vor Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes siehe Rn. 27.81.
21
§2
Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
winnanteil des still Beteiligten darf um einiges über dem marktüblichen Zinssatz für Kredite liegen (hierzu Rn. 21.53 ff.). Die Verlustpartizipation darf in diesem Fall allerdings nicht ausgeschlossen sein, wenn die Einlage, wie üblich, aus geschenkten Mitteln erbracht wird (vgl. hierzu Rn. 21.42 ff.). Verfügt das Kind über keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte, können seit 2004 Gewinnanteile bis zu 8465 Euro erzielt werden, ohne dass dies beim Kind zu einer Steuerbelastung führt1. Ist das Kind älter als 18 Jahre, so ist zu berücksichtigen, dass der Ausbildungsfreibetrag gekürzt wird, soweit die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes 1848 Euro übersteigen, und dass der Kinderfreibetrag bzw. das Kindergeld vollständig wegfällt, wenn die jährlichen Einkünfte und Bezüge des Kindes 7680 Euro übersteigen. Der durch die Bildung offener oder stiller Rücklagen entstehende Mehrwert des Unternehmens wächst den Familienangehörigen, wenn sie nach dem Gesellschaftsvertrag im Innenverhältnis auch am Geschäftsvermögen beteiligt sind, im Verhältnis ihrer Anteile schenkungsteuerfrei zu. Zugleich verringert sich insoweit das Vermögen des Geschäftsinhabers, so dass bei seinem Ableben ein geringerer Nachlasswert vorhanden und zu versteuern ist. Diese legalen Steuervorteile haben ihren Teil dazu beigetragen, die stille Gesellschaft zu einer immer stärker bevorzugten Gesellschaftsform zu machen, die im Wirtschaftsleben eine weit größere Rolle spielt als die Kommanditgesellschaft.
IV. Die stille Gesellschaft als Form der Mitarbeiterbeteiligung 1. Die Beweggründe zur Mitarbeiterbeteiligung
2.24
Auch in arbeitsvertraglicher Hinsicht kommt der stillen Gesellschaft Bedeutung zu. Hier ist vor allem an die Beteiligung von Arbeitnehmern am Erfolg des Unternehmens zu denken. Die Motive für die Einführung von Erfolgsbeteiligungen sind mannigfacher Art. Sie entspringen sozialen, betriebstechnischen und betriebswirtschaftlichen Erwägungen, indem durch die Ergebnisbeteiligung eine Besserung des Betriebsklimas erwartet oder eine stärkere innere Bindung der Arbeitnehmer an den Betrieb erhofft wird. In betriebswirtschaftlicher Hinsicht erwartet man von den am Betriebsergebnis beteiligten Arbeitnehmern ein stärkeres kostenorientiertes Denken und Handeln in der Richtung, dass sie die betrieblichen Einrichtungen schonend behandeln und mit dem Material sorgfältig umgehen. Man erhofft sich schließlich auch eine Mitarbeit in Organisationsfragen und eine gegenseitige Erziehung zu betrieblichem Denken sowie zunehmendes Interesse an der Steigerung der Produktivität des Betriebs. Durch die Erfolgsbeteiligung sollen also die Belange von Unternehmer und Arbeitnehmern sinnvoll miteinander verkoppelt werden.
2.25
Dabei werden jedoch die Verfahren und Möglichkeiten einer Gewinnbeteiligung vielfach überschätzt, und die wahre Bedeutung des Problems wird zu leicht vergessen. Es kommt einmal darauf an, eine betriebswirtschaftlich richtige, für den Betrieb tragbare Lösung der Gewinnzurechnung auf Arbeit und 1 Bei einer Verzinsung von 15 % erfordert dies eine stille Beteiligung im Nominalwert von 56 434 Euro.
22
Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
§2
Kapital zu finden, und zum anderen darauf, dass die Gewinnbeteiligung auf die Gestaltung der zwischenmenschlichen Beziehungen im Betrieb einwirkt, was letztlich dem Betrieb selbst wirtschaftliche Vorteile und Erfolge bringt. Unternehmer, Arbeitnehmer und Kapitalgeber arbeiten gemeinsam an der Weiterentwicklung des Betriebs. Ihr Interesse an seiner Erhaltung ist bedingt durch die Sicherung der eigenen Existenzgrundlage. So wird auch ein dauerhafter wirtschaftlicher Gesamterfolg wesentlich nur durch das harmonische Zusammenwirken aller im Betrieb Tätigen herbeigeführt werden können. Da der Gewinn aus der Zusammenarbeit aller im Betrieb Tätigen entstanden ist, wird man ihn niemals ursachgemäß auf die Wirkung der beiden Faktoren Kapital und Arbeit zurückführen können. Es ist daher auch unmöglich, anzugeben, welchen Gewinn der Faktor Arbeit und welchen Gewinn der Faktor Kapital verursacht hat. Das entscheidende Problem liegt deshalb nicht – wie vielfach angenommen wird – in der Frage nach der „rechnerischen“ Verteilung des Gewinnes auf Kapital und Arbeit, sondern in der Frage, wie die zwischenmenschlichen Beziehungen durch irgendeine der möglichen Arten und Formen von Gewinnbeteiligungen zu bessern sind, und im Falle einer Beteiligung der Arbeitnehmer am entstandenen Gewinn in der Frage nach seiner zweckgerechten Verteilung im Hinblick auf die Erhaltung, Erweiterung und auf den Fortschritt des Betriebs zugunsten der Gesamtwirtschaft1.
2.26
2. Die Formen der Mitarbeiterbeteiligung a) Die Gewinnbeteiligung Die einfachste Form einer Mitarbeiterbeteiligung liegt vor, wenn die Arbeitnehmer neben ihrem Arbeitslohn eine Beteiligung an dem im Unternehmen erwirtschafteten Gewinn erhalten, ohne dass es zwischen ihnen und dem Unternehmer zu einem gesellschaftlichen Zusammenschluss kommt. Es handelt sich hierbei um einen Arbeitsvertrag mit Gewinnbeteiligung (partiarischer Dienstvertrag; Rn. 8.37 ff.). Der an den Arbeitnehmer auszuschüttende Anteil kann dabei pauschaliert oder an bestimmte Ertrags- oder Kostenfaktoren gebunden werden.
2.27
Da nach den Vorschriften des Lohnsteuerrechts alles, was aus einem gegenwärtigen oder früheren Dienstverhältnis an Geld oder Geldeswert dem Arbeitnehmer zufließt, zu versteuernder Arbeitslohn ist, gehören die dem Arbeitnehmer zufließenden Gewinnanteile als Ausfluss des Arbeitsverhältnisses zu seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, die dem Lohnsteuerabzug unterliegen. Entscheidend ist einzig und allein der Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis. Auf die Bezeichnung und auf die Bemessungsgrundlage für die Gewinnbeteiligung kommt es nicht an. Die an die Arbeitnehmer gezahlten Gewinnanteile sind für den Unternehmer Betriebsausgaben, die den Gewinn mindern.
2.28
1 Vgl. dazu Haas, Wesen und Formen der Gewinnbeteiligung, S. 8 ff.
23
§2
Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
b) Die Mitunternehmerschaft (atypische stille Gesellschaft)
2.29
Stärkere Wirkungen als die bloße Gewinnbeteiligung erzeugt die Begründung einer Mitunternehmerschaft zwischen dem Unternehmer und seinen Arbeitnehmern. Hier wird der Arbeitsvertrag mit einem Gesellschaftsvertrag verbunden. Die Arbeitsleistung steht damit nicht allein im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, sondern bildet zugleich einen Beitrag zu einem gemeinsamen übergeordneten Zweck. Das Zusammenwirken von Arbeit im Betrieb und Unternehmensleitung soll den Unternehmenserfolg und damit den Nutzen für beide Teile erhöhen1.
2.30
Nicht nur der durch gemeinsame Arbeit geschaffene wirtschaftliche Erfolg des Betriebs soll allen mit dem Betrieb Verbundenen zugute kommen; vielmehr sollen alle im Betrieb Tätigen eine unternehmerische Stellung erhalten und an den Risiken, Rechten und Pflichten des Unternehmers in irgendeiner Form teilhaben, wodurch das Bewusstsein der Verbundenheit und Zusammengehörigkeit besonders gestärkt wird. Das gilt insbesondere auch für Zeiten einer schlechten Ertragslage.
2.31
Die Mitunternehmerschaft wird dadurch begründet, dass die Arbeitnehmer Bareinlagen leisten oder ihre Arbeitskraft in den Betrieb einbringen. Dafür werden sie an den Anlagewerten des Unternehmens sowie an den offenen und stillen Rücklagen beteiligt. Außerdem können ihnen Gesellschaftsrechte gewährt werden. Schwierigkeiten ergeben sich häufig daraus, dass den Arbeitnehmern regelmäßig der Einblick in das Unternehmen fehlt. Deshalb muss eine Einrichtung geschaffen werden, die ihrer Zusammensetzung und Aufgabenstellung nach geeignet ist, die Information und Kontrolle zu gewährleisten. Es müssen aber auch die Grenzen der Informations- und Kontrollrechte festgelegt werden, wenn diese das Unternehmen im Konkurrenzkampf nicht gefährden sollen2.
2.32
Steuerlich muss in den Fällen der Mitunternehmerschaft für den Unternehmer und für alle mit Einlagen beteiligten Arbeitnehmer eine einheitliche Gewinnfeststellung durchgeführt werden, bei der für alle Beteiligten die Höhe der auf sie entfallenden Gewinn- oder Verlustanteile festgestellt wird (Rn. 22.137 ff.). Übersteigt der Gewinnanteil allein oder mit anderen Einkünften, die nicht dem Steuerabzug unterlagen, im Jahr den Betrag von 410 Euro, so ist der Arbeitnehmer aufgrund einer von ihm abzugebenden Einkommensteuererklärung zu veranlagen (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Der atypisch still beteiligte Mitarbeiter erzielt gewerbliche Einkünfte (§ 15 Abs. 1 Satz 1 EStG). Einen eventuellen Verlust kann der atypisch still Beteiligte gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG bis zur Höhe seiner Einlage nach allgemeinen Regeln mit anderen Einkünften verrechnen. Der Freibetrag von 360 Euro gemäß § 3 Nr. 39 EStG
1 Vgl. hierzu Reinhardt in FS Nipperdey, S. 235 (246 ff.); so auch Schanz, NZA 2000, 626 (628). 2 Reinhardt in FS Nipperdey, S. 235 (247 ff.).
24
Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
§2
n.F. bzw. von 135 Euro gemäß § 19a EStG a.F.1 kann nicht in Anspruch genommen werden2. Gewinne aus der Veräußerung der atypisch stillen Beteiligung sind stets steuerpflichtig3. Zu beachten ist außerdem, dass die atypisch stille Beteiligung eines Mitarbeiters aufgrund der steuerlichen Mitunternehmerschaft die Folge hat, dass nicht nur die Gewinnanteile, sondern auch das Gehalt des beteiligten Arbeitnehmers für Gewerbesteuerzwecke nicht mehr abzugsfähig ist4. Aufgrund dieser steuerlichen Konsequenzen, die sich sowohl für den Begünstigten als auch für das jeweilige Unternehmen in der Regel als nachteilig erweisen, kommen in der Praxis Mitarbeiter-Beteiligungsmodelle mit atypisch stillen Gesellschaften so gut wie nicht vor5. c) Die typische stille Gesellschaft Die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft zwischen dem Unternehmer und seinen Arbeitnehmern ist steuerlich am günstigsten. Zu beachten ist, dass die Vermögenseinlage der stillen Gesellschafter auch in der Einbringung ihrer Arbeitskraft bestehen kann (Rn. 6.38 ff.).
2.33
Die auf die Arbeitnehmer entfallenden Gewinnanteile mindern als Betriebsausgaben den einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn des Inhabers. Sie sind bei den Arbeitnehmern Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, die gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG der Kapitalertragsteuer unterliegen. Der Geschäftsinhaber hat also einen Steuerabzug vorzunehmen und die einbehaltene Kapitalertragsteuer an das Finanzamt abzuführen (Rn. 22.234 ff. bzw. 22.274 ff.). In Veranlagungsjahren ab 2009 hat der Kapitalertragsteuerabzug abgeltende Wirkung, § 43 Abs. 5 EStG. Die stille Beteiligung mindert weiterhin beim Inhaber als echte Schuld das erbschaftsteuerliche Betriebsvermögen; beim Arbeitnehmer ist sie als Kapitalforderung zu berücksichtigen (Rn. 27.25 ff.).
2.34
In Veranlagungsjahren bis 2008 führt die Rückzahlung der Einlage des stillen Gesellschafters mit einem über das steuerliche Kapitalkonto hinausgehenden Betrag beim Stillen zu steuerpflichtigen Einnahmen, weil der Mehrbetrag regelmäßig eine Abfindung für zukünftige Gewinnanteile darstellt. Es handelt sich insoweit nicht um die Rückgewähr der Einlage, sondern um eine Entschä-
2.35
1 § 19a EStG a.F. wurde m.W.v. Kalenderjahr 2009 durch das MitarbeiterkapitalbeteiligungsG v. 7. 3. 2009 (BGBl. I 2009, 451) aufgehoben und durch § 3 Nr. 39 EStG n.F. ersetzt. 2 Drenseck in L. Schmidt, § 19a EStG Rn. 12. 3 Fox/Hüttche/Lechner, GmbHR 2000, 521 (527). 4 V. Einem in Gestaltung und Analyse der Rechts-, Wirtschafts- und Steuerberatung von Unternehmen, S. 389 (393); differenzierend: Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 170, die Arbeitslohn aus „echten“ Arbeitsverhältnissen im Gegensatz zu Geschäftsführervergütungen nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ansehen, sondern als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Differenzierend für die GmbH & Still: Schulze zur Wiesche, DStZ 1999, 285 (287 f.). 5 Siddiqui in Steuerpolitik und Steuerreform im Spiegel ökonomischer Analysen, S. 69 (74).
25
§2
Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
digung für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung i.S. von § 24 Nr. 1b EStG. Daher ist die Fünftelregelung des § 34 EStG anwendbar. Wird die stille Beteiligung an einen Dritten veräußert, sind hieraus resultierende Veräußerungsgewinne sogar steuerfrei, sofern nicht die Voraussetzungen eines Spekulationsgeschäftes vorliegen1. Verlustzuweisungen können steuerlich bis zur Höhe der geleisteten Einlage als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend gemacht werden (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG)2. Den Begünstigten steht bei dieser Einkunftsart ein Werbungskosten-Pauschbetrag gemäß § 9a Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. sowie ein Sparerfreibetrag gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG a.F. zu. Da auch Schuldzinsen zur Refinanzierung der stillen Beteiligung als Werbungskosten bei positiver Ertragsprognose abzugsfähig sind, kann eine Optimierung für den Mitarbeiter durch ein Arbeitgeberdarlehen erreicht werden (Leverage-Effekt). Gewerbesteuerlich finden allerdings bei einem nicht gewerblichen Empfänger (hier Arbeitnehmern) bis zum Veranlagungsjahr 2007 Hinzurechnungen statt (§ 8 Nr. 3 GewStG a.F.).
2.36
Die Unternehmensteuerreform 2008 führt insbesondere bei der typischen stillen Gesellschaft zu bedeutenden Änderungen gegenüber der bisherigen Besteuerung3. Aufgabe- oder Veräußerungsgewinne aus typischen stillen Beteiligungen, welche nach dem 31. 12. 2008 begründet oder erworben wurden, sind in jedem Fall als Kapitaleinkünfte nach § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG zu versteuern. Liegt kein Ausnahmetatbestand nach § 32d Abs. 2 EStG vor, unterliegen Kapitaleinkünfte ab dem Veranlagungsjahr 2009 der Abgeltungsteuer in Höhe von 25 %. Die pauschale Besteuerung von Kapitaleinkünften hat zur Folge, dass der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten gemäß § 20 Abs. 9 EStG nicht mehr zulässig ist. Stattdessen wird ein Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 801 Euro berücksichtigt. Verluste können nicht mehr mit anderen Einkunftsarten ausgeglichen, sondern nur noch im Rahmen der Kapitaleinkünfte vorgetragen und ausgeglichen werden, § 20 Abs. 6 EStG. Unterliegen die Einkünfte aus der typischen stillen Beteiligung der Abgeltungsteuer, dürfte die Fremdfinanzierung der Beteiligung steuerlich daher nicht mehr vorteilhaft sein. Bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung wird in Veranlagungsjahren ab 2008 kein Unterschied mehr zwischen gewerblichem und privatem Empfänger gemacht. Eine (teilweise) Hinzurechnung findet in beiden Fällen statt. d) Vermögensbeteiligungsgesetz
2.37
Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Erstes VermBG)4 erfährt die typische stille Beteiligung eine Förderung durch den Gesetzgeber. Von der Absicht getragen, das Hauptgewicht der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand unter Abkehr von der Förderung des reinen Geldsparens auf die Förderung von Beteiligungen am Produktivkapital zu verlagern, hat der Gesetzgeber einer1 2 3 4
BFH v. 11. 2. 1981 – I R 98/76, BStBl. II 1981, 465 = FR 1981, 338. BFH v. 28. 5. 1997 – VIII R 25/96, BStBl. II 1997, 724 = GmbHR 1997, 1013. Siehe dazu im Einzelnen Rn. 22.252 ff. Erstes VermBG v. 22. 12. 1983, BGBl. I 1983, 1592 = BStBl. I 1984, 23.
26
Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
§2
seits den Anlagekatalog der vermögenswirksamen Leistungen u.a. auf typische stille Beteiligungen erweitert und andererseits durch Einfügung des § 19a EStG a.F. steuerliche Vorteile für die Einräumung solcher Beteiligungsverhältnisse geschaffen. § 19a EStG wurde durch das Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz1 mit Wirkung für das Kalenderjahr 2009 aufgehoben und durch einen neuen § 3 Nr. 39 EStG ersetzt (siehe dazu Rn. 2.40). Das fünfte Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung (Fünftes VermBG2) sieht eine differenzierte Regelung der Zulagenförderung vor. Danach können die Verträge über die Erbringung von vermögenswirksamen Leistungen als Sparvertrag (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. i) i.V.m. § 4 des Fünften VermBG), Beteiligungs-Vertrag (§ 6 des Fünften VermBG) und Beteiligungs-Kaufvertrag (§ 7 des Fünften VermBG) ausgestaltet sein. Von den Vergünstigungen sind GmbHGeschäftsführer nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 des Fünften VermBG ausdrücklich ausgeschlossen, sofern sie die vom Gesetzgeber gezogenen Einkommensgrenzen nicht ohnehin überschreiten.
2.38
Bei einem Sparvertrag handelt es sich gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 des Fünften VermBG um einen Vertrag mit einem Kreditinstitut, in dem sich der Arbeitnehmer verpflichtet, zum Erwerb typischer stiller Beteiligungen einmalig oder für die Dauer von sechs Jahren laufend vermögenswirksame Leistungen einzahlen zu lassen oder andere Beträge einzuzahlen.
2.39
Ein Beteiligungs-Vertrag i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 6 des Fünften VermBG ist ein Vertrag mit dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber über die Begründung einer typischen stillen Beteiligung am Arbeitgeberbetrieb, wobei vereinbart wird, die vom Arbeitnehmer für die Begründung geschuldete Geldsumme mit vermögenswirksamen Leistungen zu verrechnen oder mit anderen Beträgen zu zahlen. Der stillen Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers steht nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2, Satz 4 des Fünften VermBG die stille Beteiligung an einem Unternehmen, das als herrschendes Unternehmen gemäß § 18 AktG mit dem arbeitgebenden Unternehmen verbunden ist oder an diesem oder dem herrschenden gesellschaftsrechtlich beteiligt ist, gleich.
2.40
Ein Beteiligungs-Kaufvertrag schließlich liegt vor, wenn der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber (§ 7 Abs. 1 des Fünften VermBG) oder mit einer dem Arbeitgeberbetrieb verbundenen GmbH (§ 7 Abs. 2 des Fünften VermBG) einen Kaufvertrag zum Erwerb einer typischen stillen Beteiligung abschließt, und vereinbart wird, den vom Arbeitnehmer geschuldeten Kaufpreis mit vermögenswirksamen Leistungen oder anderen Beträgen zu zahlen.
2.41
Die Förderung dieser Anlageformen erfolgt nach § 13 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Fünften VermBG3 bis zu einer Höhe von 400 Euro pro
2.42
1 Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz v. 7. 3. 2009, BGBl. I 2009, 451. 2 Neufassung des VermBG durch das Zweite VermBG v. 19. 12. 1986, BGBl. I 1986, 2595 = BStBl. I 1987, 231. 3 § 12 Abs. 3 Satz 2 des Vierten VermBG.
27
§2
Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
Kalenderjahr mit einer Arbeitnehmersparzulage von 20 %1 der erbrachten Leistung. Voraussetzung für die Gewährung der Sparzulage ist neben der Einhaltung der Einkommensgrenzen in § 13 Abs. 1 des Fünften VermBG, dass bis zum Ablauf einer Frist von sechs Jahren über die einmal begründete oder erworbene stille Teilhaberschaft nicht durch Rückzahlung, Abtretung, Beleihung oder in anderer Weise verfügt wird (Sperrfrist)2. Dabei ist hervorzuheben, dass anders als bei den traditionellen Anlageformen der Vermögensbildung eine Ausgestaltung als Ratensparvertrag nicht vorgesehen ist, so dass die Sperrfrist für jede einzelne Aufwendung getrennt läuft. Werden also einmal aufgewendete Beträge später aufgestockt, die Beteiligung beispielsweise erhöht, so beginnt für den Aufstockungsbetrag die sechsjährige Sperrfrist mit dem Zeitpunkt3 der Anlage neu zu laufen4. Eine vorzeitige Verfügung ist nur dann zulagenunschädlich, wenn eine der Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 Nr. 1–6 des Fünften VermBG vorliegt. Bei Sparverträgen i.S. von § 4 des Fünften VermBG sind darüber hinaus die Unschädlichkeitsbestimmungen des § 4 Abs. 5 und 6 des Fünften VermBG anwendbar.
2.43
Neben der Erweiterung des Vermögensbildungsgesetzes besteht ein steuerlicher Anreiz zum Erwerb von stillen und anderen Kapitalbeteiligungen durch § 3 Nr. 39 EStG5. Diese Vorschrift gewährt einen steuerfreien Vorteil für vom Arbeitnehmer im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses unentgeltlich oder verbilligt erworbene typische stille Beteiligungen. Steuerfrei ist die Hälfte des Wertes der Vermögensbeteiligung, höchstens jedoch 360 Euro6 im Kalenderjahr. Der Wert der stillen Beteiligung ist mit dem gemeinen Wert anzusetzen, § 3 Nr. 39 Satz 4 EStG. Die steueroptimale Beteiligungshöhe nach § 3 Nr. 39 EStG liegt bei einem Betrag für die Beteiligung von 720 Euro, der jeweils hälftig vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgebracht wird. Anders als für die Zulagenförderung nach dem Fünften VermBG gilt für die Beurteilung der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 39 EStG weder eine Sperrfrist7 noch eine Verdienstgrenze.
2.44
§ 3 Nr. 39 EStG setzt wie schon § 19a EStG a.F. voraus, dass allein der Erhalt einer stillen Beteiligung als Sachzuwendung, nicht aber Zuschüsse des Arbeitgebers zum Erwerb einer stillen Beteiligung an fremden Unternehmen in Form
1 Bis zum Kalenderjahr 2008 noch 18 %, Änderung durch das Mitarbeiterbeteiligungsgesetz v. 7. 3. 2009, BGBl. I 2009, 451. § 19a EStG a.F. ist nach § 52 Abs. 35 EStG für Altfälle weiterhin anzuwenden. 2 Im Einzelnen siehe § 4 Abs. 2, § 6 Abs. 3, § 7 Abs. 3 des Fünften VermBG. 3 Anfangszeitpunkt kann nur der 1. 1. sein, siehe § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 des Fünften VermBG einerseits und § 6 Abs. 3 Nr. 2, § 7 Abs. 3 des Fünften VermBG andererseits. 4 Sturm, WM 1984, 753 (761). 5 Bis zum Kalenderjahr 2008 nach § 19a EStG, Änderung durch das Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz v. 7. 3. 2009, BGBl. I 2009, 451. 6 Bis zum Kalenderjahr 2008 nach § 19a EStG a.F. 7 Für die Gewährung der Steuerfreiheit wurde die Sperrfrist von 6 Jahren durch das Steueränderungsgesetz 2001 v. 20. 12. 2001, BStBl. I 2001, 3794, abgeschafft. Vgl. hierzu Rieble, BB 2002, 731.
28
Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
§2
von Geldleistungen gefördert werden1. Im Übrigen kann der Arbeitnehmer die steuerliche Förderung neben der Förderung nach dem Fünften VermBG in Anspruch nehmen, soweit die Voraussetzungen für beide vorliegen2.
V. Die stille Publikumsgesellschaft Da die Zahl der stillen Gesellschafter nicht begrenzt ist, eignet sich die stille Gesellschaft auch zur Kapitalaufnahme auf dem „grauen Kapitalmarkt“. Hier bieten Unternehmen (üblicherweise in der Rechtsform einer AG oder GmbH) dem anlagesuchenden Publikum Beteiligungsmöglichkeiten, die steuerliche Vorteile bieten können. So lassen sich Prospektionskosten, Anlaufverluste etc. auf die stillen Gesellschafter verteilen, die diese „Verlustzuweisungen“ mit anderen gleichartigen Einkünften verrechnen können. Die Publikumsgesellschaften in Form der AG & Still oder GmbH & Still übertreffen diejenigen der früher bevorzugten GmbH & Co. KG inzwischen in ihrer Bedeutung hinsichtlich der am Kapitalmarkt aufgenommenen Mittel. Die Vorzüge der stillen Publikumsgesellschaft liegen in der flexiblen Gestaltungsmöglichkeit der Gesellschaftsverträge, die Nachteile für die Kapitalanleger unter Umständen in den gegenüber der KG geringeren Rechten (zu den Einzelheiten unten § 19 „Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft“).
2.45
VI. Die stille Gesellschaft als Beteiligungsinstrument für den Venture-Capital-Markt Wesentliche Bedeutung erlangt die stille Gesellschaft als Finanzierungsinstrument für Venture-Capital-Gesellschaften. Als Wagniskapital (Venture Capital) wird eine Form der Unternehmensfinanzierung durch Eigenkapital oder eigenkapitalähnliche Surrogate bezeichnet. Venture-Finanzierungen etablieren sich bei immer mehr Unternehmen neben der Kreditfinanzierung, denn die Möglichkeiten zur Stärkung der Eigenkapitalbasis sind bei nicht-emissionsfähigen Unternehmen und damit der Mehrheit des Mittelstandes begrenzt.
2.46
Dominierende Beteiligungsart ist hierbei die stille Beteiligung (35 %). Auf nachrangige Darlehen und Genussrechte entfällt lediglich ein Anteil von ca. 10 %. Auch findet in weiteren 20 % aller Wagnisfinanzierungen zumindest eine mit einer stillen Beteiligung kombinierte Finanzierung statt3. Hierbei beteiligen sich die Geldgeber oftmals als atypisch stille Gesellschafter, um ihren Einfluss im Unternehmen zu wahren. Ziel ist häufig die Umwandlung der „Start-up-GmbH“ in eine börsenfähige AG und damit der Zugang zum Börsenkapital. Bei der Umwandlung des Wachstumsunternehmens werden die stillen
2.47
1 Dreher, EWiR 1993, 815 f. zu BGH v. 24. 5. 1993 – II ZR 136/92, ZIP 1993, 1089; Fella, StWa 1992, 101 (104). 2 Drenseck in L. Schmidt, § 20 EStG Rn. 25. Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 217 mit Gestaltungsbeispiel. 3 Rams/Remmen, Die Bank 1999, 687 (690).
29
§2
Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
Gesellschafter mit Aktien abgefunden, die sie dann frei am Markt veräußern können (siehe hierzu Rn. 18.60).
VII. Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben
2.48
Häufig wird bei Privatisierungen, bei denen der Staat Träger der Verwaltungsaufgabe bleibt und sich für die Aufgabenerfüllung der Instrumente des privaten Rechts bedient – sog. formelle Privatisierungen1, die stille Beteiligung Privater an einer Anstalt oder Körperschaft des öffentlichen Rechts gewählt2. Für die Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit muss zwischen typisch und atypisch stiller Beteiligung unterschieden werden:
2.49
Bei der typisch stillen Beteiligung erlangt der stille Gesellschafter keine Mitunternehmerstellung, er hat auf den Inhalt der Entscheidungen des Geschäftsinhabers keinen Einfluss. Daher ist durch die Einräumung typisch stiller Beteiligungsrechte der Anforderungsbereich des Demokratieprinzips nicht berührt. Dies ist nur der Fall, wenn die gebotene ausreichende staatliche Ingerenz auf die Erfüllung der Verwaltungsaufgaben eingeschränkt sein könnte.
2.50
Anders verhält es sich hingegen bei der atypisch stillen Beteiligung, die – im Gegensatz zur typisch stillen Beteiligung – eine mitunternehmerische Beteiligung am Geschäft des Inhabers vermitteln kann. Dem stillen Gesellschafter können Verwaltungsrechte eingeräumt werden, die über die Informationsrechte des § 233 HGB weit hinausgehen (siehe Rn. 12.65 ff., 12.88). Es können auch Geschäftsführungsbefugnisse übertragen werden. Thematisch ist hierdurch der Schutzbereich des Demokratieprinzips berührt. Den Anforderungen des Demokratieprinzips muss daher bei der Ausgestaltung der atypisch stillen Gesellschaft Rechnung getragen werden3. Darüber hinaus muss nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs von Berlin die Einhaltung der vertraglichen Bestimmungen in vollem Umfang der Rechtsaufsichtsbehörde unterliegen und allen Mitgliedern des Parlaments die Möglichkeit eingeräumt werden, Einsicht in die entsprechenden Verträge zu nehmen4.
VIII. Zusammenfassung
2.51
Für die Wahl der stillen Gesellschaft als Unternehmungsform können für den Inhaber des Handelsgewerbes wie für den stillen Gesellschafter die vielfältigsten wirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen, handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Erwägungen bestimmend sein (I, Rn. 2.2 ff. und II., Rn. 2.7 ff.). Die stille Gesellschaft eignet sich besonders auch als Unternehmungsform für Familiengesellschaften, weil mit ihrer Hilfe der Bestand des Unternehmens für 1 2 3 4
Mayen, DÖV 2001, 110 (111). Vgl. hierzu VerfGH Berlin v. 21. 10. 1999 – VerfGH 42/99, DVBl. 2000, 51. VerfGH Berlin v. 21. 10. 1999 – VerfGH 42/99, DVBl. 2000, 51 (52 f.). VerfGH Berlin v. 21. 10. 1999 – VerfGH 42/99, DVBl. 2000, 51 (53).
30
Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
den Todesfall des Inhabers und die Versorgung der Erben, die nicht an der Erbfolge in das Unternehmen teilnehmen, gesichert werden können (III., Rn. 2.18 ff.). Die schenkungsweise Einräumung stiller Beteiligungen durch den Geschäftsinhaber zu seinen Lebzeiten an seine Ehefrau und an seine Kinder führt in der Regel als „vorweggenommene Erbfolge“ zu steuerlichen Vorteilen auf den Gebieten der Einkommen- und der Erbschaft-(Schenkung-)Steuer. In arbeits- und sozialrechtlicher Hinsicht kann die Rechtsform der stillen Gesellschaft – sei es als atypische stille Gesellschaft (Mitunternehmerschaft), sei es als typische stille Gesellschaft – zur Mitarbeiterbeteiligung Verwendung finden, um die Arbeitnehmer an den Ergebnissen des Betriebs zu beteiligen, wobei die dispositiven gesetzlichen Vorschriften die Ausgestaltung ermöglichen, die den Zwecken des einzelnen Betriebs am besten entspricht (IV., Rn. 2.24 ff.). Jedes Mittel der Bessergestaltung der zwischenmenschlichen Beziehungen im Betrieb trägt letztlich zu einer günstigeren wirtschaftlichen Entwicklung des Betriebs bei. Typische stille Beteiligungen von Arbeitnehmern werden darüber hinaus vom Gesetzgeber über Arbeitnehmersparzulagen und Einräumung von Steuervorteilen unter bestimmten Voraussetzungen sowohl auf Seiten des Geschäftsinhabers als auch auf Seiten des stillen Gesellschafters gefördert. Auch dieser Umstand kann Beweggrund für die Errichtung einer (typischen) stillen Gesellschaft sein. Atypische stille Beteiligungen von Arbeitnehmern werden aufgrund der steuerlichen Folgen nur in Ausnahmefällen vereinbart werden können. Wesentliche Bedeutung erlangt die stille Gesellschaft auch als Finanzierungsinstrument für Venture-Capital-Gesellschaften und als Unternehmungsform zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben.
31
§2
§ 3 Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht Schrifttum: Endemann, Handbuch des Deutschen Handels-, See- und Wechselrechts, Erster Band, 1881, S. 710 ff.; Engler, Carsten, Die Kommanditgesellschaft (KG) und die stille Gesellschaft im Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch (ADHGB) von 1861, 1999; von Gierke, Julius, Handelsrecht und Schifffahrtsrecht, 8. Aufl. 1958, § 37 II; Lübbert, Erich, Die rechtliche Natur der stillen Gesellschaft unter besonderer Berücksichtigung ihrer historischen Entwicklung, ZHR 58 (1906), 464; Müller-Erzbach, Rudolf, Deutsches Handelsrecht, 2. und 3. Aufl. 1928, S. 226 ff. m.w.N.; Renaud, Achilles, Das Recht der stillen Gesellschaft und der Vereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Rechnung, 1885, S. 3 ff.; Schimke, Martin, Die historische Entwicklung der Unterbeteiligungsgesellschaft in der Neuzeit, 1991.
I. Die Wurzeln der stillen Gesellschaft
3.1
Die stille Gesellschaft ist eine der ältesten Formen kaufmännischer Betätigung. Ihre Wurzeln reichen bis in das Mittelalter zurück. Bereits im Soester Stadtrecht aus dem Jahre 1120 wird sie erwähnt. Dort ist davon die Rede, dass einem ausreisenden Kaufmann, der selbst nur seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt (tractator), von einem Mitbürger – dem commendator – bei Gelegenheit der Ausreise Waren oder Geld (bona) zum Betrieb eines Handelsgewerbes (ad negociandum) mitgegeben werden, damit er mit diesen Gütern zum gemeinsamen Nutzen, d.h. auf gemeinsame Rechnung, Handel treibt. Der Gewinn oder Verlust aus diesen Geschäften wurde unter den Beteiligten verteilt. Der commendator hatte im Innenverhältnis nur mit seiner „Einlage“ in Waren oder Geld einzustehen, wohingegen der tractator mit seinem gesamten Vermögen haftete.
3.2
Bestimmend für die Entwicklung und weite Verbreitung dieses als commenda, accomodatio oder sendeve bezeichneten Rechtsverhältnisses waren vor allem die Zinsverbote des kanonischen Rechts, welche die Geldgeber veranlassten, nach anderen Wegen als dem Darlehen zu suchen, wenn sie ihr Geld Gewinn bringend anlegen wollten. Als eine sich auf das Innenverhältnis der beiden Beteiligten beschränkende Gelegenheitsgesellschaft erinnert sie an das heutige Kommissionsgeschäft (§§ 383 ff. HGB), von dem sie sich dadurch unterscheidet, dass der tractator zwar im eigenen Namen, aber nicht auf alleinige Rechnung des Geldgebers, sondern auf gemeinschaftliche Rechnung handelte, woraus sich ihr gesellschaftsrechtlicher Charakter ergab.
3.3
Häufig legte auch der tractator seinerseits Kapital ein, das ihm vielfach von dem commendator vorgestreckt wurde. Diese als wedderlegginge oder collegantia bezeichnete Gesellschaft beschränkte sich ebenfalls auf das Innenverhältnis der beiden Beteiligten zueinander. Nach außen trat wiederum nur der tractator im eigenen Namen auf. Ursprünglich nur als Gelegenheitsgesellschaft in Erscheinung tretend, wurde sie später auf längere Dauer errichtet und wandelte sich damit zur Erwerbsgesellschaft um. Die Gewinne oder Ver32
Wurzeln/Stellung im ausländischen Recht
§3
luste wurden unter den beiden Gesellschaftern verteilt. Solche Beteiligungsverhältnisse spielten im Überseehandel der Hansestädte eine große Rolle. Sie bildeten den Ursprung der heutigen Kommanditgesellschaft und der stillen Gesellschaft. Der Ursprung der Kommanditgesellschaft war gegeben, als auch der commendator nach außen hervortrat. Das geschah durch die Führung einer gemeinschaftlichen Firma. Geschäftsführung und Vertretung oblagen dem tractator, der für die Verbindlichkeiten mit seinem gesamten Vermögen haftete, während sich die Haftung des commendators auf seine Einlage beschränkte. Trat der commendator nach außen nicht hervor, wurde also das Handelsgewerbe nicht unter einer gemeinschaftlichen Firma betrieben, dann lag eine stille Gesellschaft (societas per modum participationis, compagnia secreta) vor, bei der der stille Gesellschafter für die Verbindlichkeiten nicht haftete.
3.4
Daneben gab es die Form der heutigen offenen Handelsgesellschaft als eine auf Dauer angelegten Erwerbsgesellschaft, die unter einer gemeinschaftlichen Firma am Rechtsverkehr teilnahm, deren Geschäftsführung und Vertretung von den Gesellschaftern gemeinsam betrieben wurden und die auf dem Gesamthandsprinzip beruhte.
3.5
Als „geheime“ oder „heimliche“ Gesellschaft ging die participatio in das Recht der Neuzeit ein. Das Preußische Allgemeine Landrecht (Th. II Tit. 8 § 651) bezeichnet die stille Gesellschaft mit dem französischen Namen der Kommanditgesellschaft. Selbst im Entwurf eines Handelsgesetzbuches für die preußischen Staaten von 1857, der Ausgangspunkt für das ADHGB war und sich an den code de commerce anlehnte, wurde nicht zwischen Kommanditgesellschaft und stiller Gesellschaft unterschieden. Erst auf der Nürnberger Konferenz zur Ausarbeitung des Entwurfs eines allgemeinen Handelsgesetzbuches für die deutschen Bundesstaaten war eine Trennung der beiden Gesellschaftsformen Gegenstand der Gesetzesberatungen1. Die Entwicklung hin zur Trennung und Konkurrenz von stiller Gesellschaft und Kommanditgesellschaft fand erst ihren Abschluss mit dem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, das zwischen der stillen Gesellschaft und der Kommanditgesellschaft unterschied, und mit dem Handelsgesetzbuch vom 10. 5. 1897. In der Denkschrift zum Entwurf dieses Handelsgesetzbuches heißt es:
3.6
„Der stille Gesellschafter beteiligt sich an dem Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt, gegen Anteil am Gewinn und regelmäßig auch am Verlust. Die Einlage ist so zu leisten, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes übergeht, und der Inhaber, der die Geschäfte nur unter seiner eigenen, nicht unter einer Gesellschaftsfirma betreibt, wird aus diesen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet.“
3.7
1 Vgl. hierzu Engler, Kommanditgesellschaft und stille Gesellschaft im ADHGB von 1861, S. 33 ff.
33
§3
Wurzeln/Stellung im ausländischen Recht
II. Ausländisches Recht Schrifttum: Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt; Hohloch, Gerhard (Hrsg.), EU-Handbuch Gesellschaftsrecht, Loseblatt; Schlegelberger, Franz (Hrsg.), Rechtsvergleichendes Handwörterbuch für das Zivil- und Handelsrecht des In- und Auslandes, 6. Band, 1938, S. 448 ff.; weiterführende Literaturangaben in Kirchner, Hildebert, Bibliographie zum Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, Band 1986/1995, ZGR Sonderheft 8/Teil 2, 1998.
1. Frankreich Schrifttum: Cozian, Maurice/Viandier, Alain/Deboissy, Florence, Droit des sociétés, 19. Aufl. 2006; von Holleben, Horst, Die rechtliche Struktur der Handelsgesellschaften im französischen Recht unter besonderer Berücksichtigung der Einmanngesellschaft, Diss. Hamburg, 1969; De Juglart, Michel/Ippolito, Benjamin/du Pontavic, Emmanuel, Cours de droit commercial, 2. Band: Les sociétés, 3. Aufl. 1980/82; Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. II, Frankreich 30.50; Lemeunier, Francis, La réforme des sociétés commerciales, Tome I, 1966, S. 231 ff.; Sonnenberger, Hans/Dammann, Reinhard, Französisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 3. Aufl. 2008; Storp, Roger/Bissinger, Maximilian, Änderungen im französischen Gesellschaftsrecht, RIW 1978, 421.
3.8
Das Recht der stillen Gesellschaft (société en participation) war bis zum 1. 7. 1978 in den Art. 419–422 des Gesetzes Nr. 66–537 vom 24. 7. 1966 über die Gesellschaften geregelt. Durch das Änderungsgesetz Nr. 78/9 vom 4. 1. 1978 wurden diese Vorschriften aufgehoben (Art. 53 des bezeichneten Gesetzes) und durch die Art. 1871–1873 des 3. Kapitels des 9. Titels des 3. Buches des code civil ersetzt. Dort finden sich nun die Regelungen über die société en participation, die insgesamt eher mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts des BGB als mit der stillen Gesellschaft des HGB vergleichbar ist1.
3.9
Kennzeichnend für die société en participation ist die Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern, die Gesellschaft nicht einzutragen (Art. 1871 Abs. 1 Satz 1 code civil). Mangels Eintragung ist die société en participation keine juristische Person und unterliegt auch nicht den Veröffentlichungsvorschriften (Art. 1871 Abs. 1 Satz 3 code civil). Sie hat weder eine Firma noch einen Gesellschaftssitz.
3.10
Der Vertrag zur Gründung einer derartigen société en participation bedarf keiner besonderen Form. Die Zahl der Gesellschafter ist nicht auf zwei beschränkt. Dies ergibt sich aus der allgemeinen Vorschrift des Art. 1832 Abs. 1, nach der der Gesellschaftsvertrag zwischen zwei oder mehreren Personen geschlossen wird. Diese Bestimmung ist auch auf die société en participation anwendbar (Art. 1871 Abs. 2 code civil).
3.11
Anders als im deutschen Recht der stillen Gesellschaft ist die société en participation nicht auf die Beteiligung an einem Handelsgewerbe beschränkt. Die Gesellschaft kann vielmehr auch bürgerlichrechtliche Aktivitäten zum Ge1 Storp/Bissinger, RIW 1978, 421, sprechen von einer Art „Stillen Gesellschaft“.
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Wurzeln/Stellung im ausländischen Recht
§3
genstand haben. Der Gegenstand des Gesellschaftsvertrags ist nur für die Frage von Bedeutung, welchen Regelungen die Beziehungen zwischen den Gesellschaftern in Ermangelung besonderer vertraglicher Vereinbarungen unterliegen. Die Gesellschaft unterliegt gemäß Art. 1871-1 code civil den Regeln der société civile, wenn es sich um eine Gesellschaft bürgerlichrechtlichen Charakters handelt, und den Regeln der société en nom collectif, wenn der handelsrechtliche Charakter im Vordergrund steht. Unabhängig von ihrem handelsrechtlichen oder bürgerlichrechtlichen Charakter hat die Gesellschaft mangels eigener Rechtspersönlichkeit kein eigenes Gesellschaftsvermögen. Grundsätzlich bleibt jeder Gesellschafter Eigentümer der von ihm der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Gegenstände (Art. 1872 Abs. 1 code civil), während bei der deutschen stillen Gesellschaft der stille Gesellschafter seine Einlage so zu leisten hat, dass sie in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergeht (§ 230 Abs. 1 HGB). Nach Art. 1872 Abs. 2 und 3 code civil ist jedoch auch die Bildung von Miteigentum (indivision) möglich. Darüber hinaus können die Gesellschafter vereinbaren, dass der Geschäftsführer im Interesse einer erleichterten Geschäftsabwicklung gegenüber Dritten als Alleineigentümer der Einlagen angesehen wird.
3.12
Die société en participation kann nicht nur als stille Innengesellschaft (société occulte), sondern seit der Reform von 1978 auch als Außengesellschaft (société ostensible) konzipiert werden. Der Unterschied ist namentlich im Hinblick auf die Geschäftsführung und die Gesellschafterhaftung von Bedeutung.
3.13
Die Vorschriften über die Geschäftsführung sind im Wesentlichen den Regelungen der société à responsabilité limitée (S.A.R.L.) angeglichen. Die Geschäftsführung obliegt im Allgemeinen einem oder mehreren Teilhabern, die einstimmig ernannt werden. Der Geschäftsführer kann vorbehaltlich satzungsmäßiger Beschränkungen alle Maßnahmen treffen, die im Interesse der Gesellschaft liegen (Art. 1871-1 i.V.m. Art. L. 13 Abs. 1 bzw. Art. 1846 code civil). Ist die stille Gesellschaft eine reine Innengesellschaft, handelt der Geschäftsführer wie bei einem höchstpersönlichen Geschäft im eigenen Namen. Die Gesellschafter haben gegen den oder die Geschäftsführer Anspruch auf Rechnungslegung und Gewinnverteilung, wohingegen der oder die Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftern einen Entschädigungsanspruch für die im gemeinsamen Interesse eingegangenen Verpflichtungen haben. Sind mehrere Gesellschafter vorhanden, so haften sie dem Geschäftsführer nicht als Gesamtschuldner. Gegen jeden von ihnen kann nur bis zur Höhe seines Anteils an der Schuld vorgegangen werden.
3.14
Für die Haftung im Außenverhältnis sieht Art. 1872-1 Abs. 1 code civil vor, dass jeder Gesellschafter auf eigene Rechnung handelt. Handelt ein Gesellschafter jedoch mit Wissen und Kenntnis Dritter in seiner Eigenschaft als Gesellschafter, wird also das Vorhandensein der Gesellschaft Dritten offenbart, so haften alle Gesellschafter für diese Handlung; im Falle einer société en participation handelsrechtlichen Charakters solidarisch, im Falle einer bürgerlichrechtlichen Gemeinschaft im Verhältnis ihrer Anteile am Gesellschafts-
3.15
35
§3
Wurzeln/Stellung im ausländischen Recht
kapital am Tage der Fälligkeit der Schuld oder der Zahlungseinstellung (Art. 1872-1 Abs. 2 code civil). Dieselben Grundsätze greifen nach Art. 1872-1 Abs. 3 code civil ein, wenn zwar die Gesellschaft nicht offenbart wird, aber entweder ein Gesellschafter durch seine Einmischung den Vertragspartner glauben lässt, dass er sich ihm gegenüber verpflichten wolle, oder wenn das Geschäft zu seinen Gunsten endet. Im Gegensatz zum deutschen Recht, das in § 230 Abs. 2 HGB die ausschließliche Haftung des Inhabers für die im Betrieb geschlossenen Geschäfte vorsieht, können im französischen Recht die Gesellschafter mithin auch für die Handlung eines ihrer Mitgesellschafter haften.
3.16
Jeder Gesellschafter kann seine gesellschaftsvertraglichen Rechte nach der in Art. 1690 code civil für Forderungsabtretungen getroffenen Regelung abtreten. Hierfür ist jedoch vorbehaltlich anderer gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen die Zustimmung aller Mitgesellschafter erforderlich.
3.17
Die Gesellschafter können unter Beachtung des Verbots der leoninischen Abmachung (Art. 1844-1 Abs. 2 code civil) die Verteilung der Gewinne und Verluste frei bestimmen. Fehlt eine Regelung im Gesellschaftsvertrag, erfolgt eine anteilsmäßige Verteilung im Verhältnis zu den Einlagen (Art. 1844-1 Abs. 1 code civil). Bei Gesellschaften von kurzer Dauer wird die Verteilung nur einmal nach Beendigung aller Geschäfte, d.h. bei der Auflösung, vorgenommen.
3.18
Gründe für eine Auflösung der société en participation finden sich zunächst in der für alle Gesellschaften geltenden Vorschrift des Art. 1844-7 code civil. Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Zeit gegründet worden, kann darüber hinaus jeder Gesellschafter jederzeit die Auflösung verlangen, indem er die anderen Gesellschafter über diesen Entschluss informiert (Art. 1872-2 Abs. 1 code civil). Das Auflösungsverlangen darf jedoch nicht böswillig oder zur Unzeit gestellt werden. Sofern nicht ausnahmsweise gemäß Art. 1872 Abs. 2 und 3 code civil Miteigentum gebildet wurde, ist im Falle der Auflösung eine Liquidation entbehrlich.
3.19
Gemäß Art. 1873 code civil finden die Vorschriften der société en participation auch auf die société créé de fait, also die faktische Gesellschaft, die bisher nach den Vorschriften über die société en nom collectif behandelt worden war, Anwendung. 2. Italien Schrifttum: Caroselli, Oscar, L’associazione in partecipazione, 1930; Frignani, Aldo/Giancarlo, Elia, Italian company law, 1992; Ghidini, Mario, L’associazione in partecipazione, 1959; Giriodi, Associazione in partecipazione, in Nuovo Digesto Italiano, 1937, vo. I, S. 1022; Grandi, Salvatore Giovanni, L’associazione in partecipazione, 1939; Hofmann, Michael, Gesellschaftsrecht in Italien, 2. Aufl. 1997; Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. III, Italien 40.50; Oelkers, Janine, Das patrimonio destinato zur Verfolgung besonderer Geschäftsvorhaben – eine rechtsökonomische Bewertung der neuen Möglichkeiten einer Haftungssegmentierung im italienischen Aktienrecht, in Recht und Wirtschaft 2008,
36
Wurzeln/Stellung im ausländischen Recht
§3
S. 235 ff., Silberschmidt, Wilhelm, Das partiarische Rechtsverhältnis in rechtsvergleichender und geschichtlicher Darstellung, ZHR 96 (1931), 267; Steinhauser, Die Reform des Gesellschaftsrechts in Italien, EuZW 2004, 364; Viviante, Cesare, L’oggetto e la durata dell’associazione in partecipazione, in Foro it. 1933, I, 13.
Auch das italienische Recht kennt die stille Gesellschaft (associazione in partecipazione). Sie liegt vor, wenn der Inhaber eines Handelsgewerbes einen anderen gegen eine Einlage, die in das Vermögen des Inhabers übergeht, am Gewinn seines Unternehmens beteiligt. Die associazione in partecipazione ist eine reine Innengesellschaft, die keine eigene Rechtspersönlichkeit, keinen selbständigen Sitz und keine eigene Firma hat. Die Geschäftsführung liegt beim Inhaber des Handelsgeschäfts. Er handelt nach außen im eigenen Namen und wird aus den von ihm abgeschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet. Der Unternehmer haftet mit seinem ganzen Vermögen.
3.20
Art. 2549 des codice civile definiert die associazione in partecipazione als einen Vertrag, durch den der Unternehmer dem stillen Gesellschafter einen Anteil am Gewinn seines Unternehmens oder eines oder mehrerer Geschäfte gegen einen bestimmten Beitrag gewährt. Der stille Gesellschafter gestattet dem Unternehmer, sein Kapital gegen eine entsprechende Gegenleistung wirtschaftlich zu nutzen.
3.21
Der stille Gesellschafter muss sich mit einer Einlage beteiligen. Er haftet beschränkt auf diese Einlage und hat einen Anspruch gegen den Unternehmer auf einen Anteil am Gewinn und auf Rückzahlung der Einlage, wenn diese nicht durch Verluste aufgezehrt wird. Soweit die Einlage des stillen Gesellschafters nicht durch Verluste aufgezehrt ist, kann sie in der Insolvenz des Inhabers als Insolvenzforderung geltend gemacht werden. Ist sie noch nicht oder nur zum Teil geleistet, so braucht sie im Insolvenzfall nur bis zum Betrag des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Verlustanteils erbracht zu werden.
3.22
Gegenüber dem Inhaber des Handelsgeschäfts stehen dem stillen Gesellschafter bestimmte Mindestrechte zu. Zunächst hat der Inhaber die vereinbarten Leistungen zu erbringen und das Unternehmen so zu führen, dass der gemeinsame Zweck erreicht wird. Ihm obliegt dabei eine weitgehende Sorgfaltspflicht, bei deren Verletzung der stille Gesellschafter zur sofortigen Vertragsauflösung und zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen berechtigt ist. Eine Verletzung der Sorgfaltspflicht liegt insbesondere vor, wenn der Inhaber vertragswidrig Konkurrenzgeschäfte betreibt, seine Bücher nicht ordnungsgemäß führt, den Sitz des Unternehmens eigenmächtig verlegt, ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters an der Börse spekuliert und dessen Empfehlungen bzw. Einwendungen nicht würdigt oder leichtfertig übergeht. Die Kontrollrechte des stillen Gesellschafters sind begrenzt. Grundsätzlich hat er nur Anspruch auf einen jährlichen Rechenschaftsbericht (Art. 2252 Abs. 3 codice civile). Auch wenn der Gesellschaftsvertrag weitere Kontrollrechte enthalten kann, darf dies keinesfalls dazu führen, dass dem Stillen echte Entscheidungsbefugnisse im Hinblick auf die Geschäftsführung eingeräumt werden.
3.23
37
§3
Wurzeln/Stellung im ausländischen Recht
3.24
Die Verteilung des Gewinns oder Verlustes bestimmt sich nach dem Gesellschaftsvertrag mit der Maßgabe, dass sich mangels anderweitiger vertraglicher Vereinbarungen die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters auf den Betrag seiner Einlage beschränkt. Die leoninische Abrede ist auch im italienischen Recht unzulässig (Art. 2265 codice civile).
3.25
Im Übrigen haben die Beteiligten weitgehende Vertragsfreiheit bei der Regelung ihrer Beziehungen. Sie können die stille Gesellschaft für eine bestimmte Dauer eingehen, aber auch als Gelegenheitsgesellschaft zur Durchführung einzelner Geschäfte errichten. Die Einlagen können zu Eigentum oder zur Nutzung überlassen werden; sie können auch im Einsatz der persönlichen Arbeitskraft bestehen. Für den Abschluss des Gesellschaftsvertrags ist keine Form erforderlich, es sei denn, dass die Art der Einlagen eine solche verlangt. Der Stille darf weitere stille Gesellschaftsverhältnisse jedoch nur mit Zustimmung des Geschäftsinhabers eingehen.
3.26
Eine nicht unumstrittene Sonderform der stillen Beteiligung stellt die seit der Reform des italienischen Gesellschaftsrechts 20041 mögliche stille Beteiligung an einem Zweckvermögen (patrimonio destinato) dar, welche als „Gesellschaft in der Gesellschaft“ bezeichnet werden kann.2 Die Möglichkeit der Bildung von patrimoni destinati ist nur bei italienischen Aktiengesellschaften unter Beachtung der entsprechenden formellen (ordnungsgemäßer Vorstandsbeschluss etc.) und materiellen Voraussetzungen möglich.
3.27
Es handelt sich hierbei um ein Zweckvermögen, welches nicht mehr als 10 % des Eigenkapitals der Gesellschaft betragen darf und einer besonderen Geschäftstätigkeit (specifico affare) gewidmet ist. Diese Geschäftstätigkeit darf mit dem Unternehmensgegenstand der Aktiengesellschaft zwar nicht identisch sein, muss jedoch von diesem inhaltlich umfasst werden. Die Folge der Widmung ist der Zerfall des ursprünglich einheitlichen Gesellschaftsvermögens in zwei haftungsmäßig voneinander getrennte Vermögensmassen: Auf der einen Seite steht das patrimonio destinato und auf der anderen das verbleibende Gesellschaftsvermögen (patrimonio residuo). Diese Vermögenstrennung ermöglicht somit innerhalb einer Aktiengesellschaft die Beschränkung des Haftungsrisikos. Den Gläubigern des besonderen Geschäftsvorhabens haftet grundsätzlich – bei entsprechender Mitteilung beim Abschluss des Rechtsgeschäfts – nur das Zweckvermögen; den regulären Gläubigern der Gesellschaft ist hingegen der Zugriff auf das patrimonio destinato verwehrt.
3.28
In der gesetzlichen Grundform besteht das Zweckvermögen ohne Beteiligung Dritter und kann so z.B. als Alternative zur Bildung einer Tochtergesellschaft 1 Zur Reform im italienischen Gesellschaftsrecht siehe auch den einführenden Überblick von Steinhauser, Die Reform des Gesellschaftsrechts in Italien, EuZW 2004, 364. 2 Zu dieser Neuerung im italienischen Gesellschaftsrecht ausführlich: Oelkers, Das patrimonio destinato zur Verfolgung besonderer Geschäftsvorhaben – eine rechtsökonomische Bewertung der neuen Möglichkeiten einer Haftungssegmentierung im italienischen Aktienrecht, in Jb.J.ZivRWiss. 2007, 235–262.
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§3
oder als Alternative zu Spartenaktien eingesetzt werden. Jedoch besteht zudem die Möglichkeit für Dritte, sich an diesem Zweckvermögen zu beteiligen: Zum einen kann der Dritte als schlichter Kapitalgeber fungieren, zum anderen kann dem Dritten eine aktivere Rolle mit weitergehenden Vermögens- und Verwaltungsrechten eingeräumt werden. Dadurch tritt neben den Gedanken der Haftungsbeschränkung u.a. der Anreiz der separaten Finanzierung bestimmter Vorhaben der Aktiengesellschaft. Der Dritte kann sich somit ganz gezielt beteiligen. Entscheidet sich der Vorstand für eine Beteiligung Dritter am Zweckvermögen, so muss der Gründungsbeschluss entsprechende Angaben – etwa über die zu leistenden Beiträge – enthalten, wobei die Rechte des Dritten weitgehend frei gestaltbar sind. Die einzige gesetzliche Vorgabe an die Beitragsleistung Dritter besteht darin, dass sie vermögensrechtlicher Natur (natura patrimoniale) sowie einer wirtschaftlichen Bewertung zugänglich sein muss. Das heißt, dass sowohl die typischen Geldleistungen als Beiträge möglich sind, aber auch Sachen, Rechte und sogar Dienstleitungen als konforme Beitragsleistungen in Betracht kommen. Diese Anforderungen an den Beitrag Dritter sind erheblich geringer als diejenigen, die an die Aktionärseinlage gestellt werden, da das Zweckvermögen kein Mindestkapitalerfordernis kennt. In Bezug auf die stille Beteiligung ist hervorzuheben, dass der Stille sich nicht wie üblich am Unternehmen selbst, sondern an einer gegenüber dem sonstigen Vermögen der Aktiengesellschaft verselbstständigten Vermögensmasse beteiligt. Die zwingende Gewinnbeteiligung des Stillen wird nicht am Gesamtunternehmen, sondern ausschließlich am besonderen Geschäftsvorhaben bemessen. Allerdings ist auch die Gewinnausschüttung an den Stillen unabhängig von einer etwaigen Gewinnausschüttung auf der Ebene des Gesamtunternehmens. Dies kann durchaus vorteilhaft für den stillen Gesellschafter sein, etwa wenn das besondere Vorhaben im Gegensatz zum Gesamtunternehmen besonders floriert. Zudem besteht zwar eine synallagmatische Verknüpfung zwischen der Beteiligung und der Einlageleistung, jedoch entsteht weder ein neues Rechtssubjekt noch ein gemeinsames Vermögen, aus dem die Gesellschaft und der Dritte berechtigt sind. Die Geschäftsführung obliegt allein dem Vorstand, wobei dem Stillen aber Teilhaberechte bzw. Zustimmungsvorbehalte für bestimmte Maßnahmen eingeräumt werden können. Im Außenverhältnis haftet hingegen allein die Aktiengesellschaft.
3.29
3. Liechtenstein Schrifttum: Marxer & Partner, Gesellschaften und Steuern in Liechtenstein, 11. Aufl. 2003; Wagner, Jürgen/Dermühl, Sabine/Plüss, Adrian, Handels- und Wirtschaftsrecht in der Schweiz und in Liechtenstein, 3. Aufl. 2006.
Das Liechtensteinsche Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) aus dem Jahre 1926 enthält in dem Titel über die stille Gesellschaft (Art. 768–778) im wesentlichen eine Wiedergabe des deutschen Rechts. Während nach französischem und italienischem Recht die stille Gesellschaft auch die Rechtsform für eine Gelegenheitsgesellschaft sein kann, steht sie im liechtensteinischen Recht nur für Erwerbsgesellschaften von einer gewissen Dauer zur Verfügung. 39
3.30
§3
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Das Recht der Gelegenheitsgesellschaft wird – losgelöst von dem der stillen Gesellschaft – in einem besonderen Titel geregelt. 4. Österreich Schrifttum: Bauer, David Christian, Die stille Gesellschaft als Finanzierungsinstrument, 2000; Bydlinski, Peter, Die stille Gesellschaft als Kapitalanlage, 1988; EggerGrugg, Einführung in das österreichische Gesellschaftsrecht, 1968; Fritz, Christian, Gesellschafts- und Unternehmensformen in Österreich, 3. Aufl. 2007, S. 499 ff.; Hämmerle, Hermann/Wünsch, Horst, Handelsrecht, Bd. 2: Gesellschaftsrecht, Genossenschaftsrecht, Unternehmensverbindungen, 4. Aufl. 1993, S. 193 ff.; Hebig, Michael/ Heuer, Frank, Besteuerung einer grenzüberschreitenden stillen Beteiligung an einer österreichischen Kapitalgesellschaft, RIW 1985, 797; Kastner, Walther, Gesellschafterwechsel und ähnliche Änderungen bei der stillen Gesellschaft, in Gesellschafts- und Unternehmensrecht – gesammelte Aufsätze von 1946–1981, 1982, S. 214 ff.; Kastner, Walther/Doralt, Peter/Nowotny, Christian, Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts, 5. Aufl. 1990, S. 137 ff.; Kohlhammer, Richard/Drmola, Christian, Die atypisch stille Beteiligung an einer Organgesellschaft, Öst. Recht der Wirtschaft 1993, S. 262 f.; Krejci, Heinz (Hrsg.), Kommentar zu den durch das HaRÄG 2005 eingeführten Neuerungen im Unternehmensgesetzbuch und im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, 2007; Maultauschl, Ferdinand/Schuppich, Walter/Stagel, Friedrich, Rechtslexikon, Handbuch des österreichischen Rechts für die Praxis, Bd. 9 (Loseblattsammlung, 1956–1971); Neuner, Kurt, Die stille Gesellschaft im Abgabenrecht; 4. Aufl. 1998; Paschinger, Oskar, Die Gesellschaften und Genossenschaften im Zivilprozess, 1979, 176 ff.; Straube, Manfred, Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Bd. 1 (§§ 1–188, 343–453), 3. Aufl. 2003.
3.31
Rechtsgrundlage sind seit dem 1. 1. 2007 die §§ 178–188 des Bundesgesetzes über besondere zivilrechtliche Vorschriften für Unternehmen (Unternehmensgesetzbuch – UGB), welche die §§ 178 bis 188 des österreichischen Handelsgesetzbuches ersetzten. Den Anstoß für die Reform des österreichischen Handelsrechts gab die Novelle des dHGB 1998, wobei die Änderungen im österreichischen Recht jedoch einen weitergehenden Umfang erfahren haben1. Kernstück der Neuerungen ist die Abschaffung des Kaufmannsbegriffs zugunsten eines Unternehmerbegriffs, der größenunabhängig ist. In der Folge erfasst das UGB nunmehr auch Klein(st)unternehmen sowie teilweise die freien Berufe und die Land- und Forstwirtschaft. Der Anwendungsbereich des Rechts der stillen Gesellschaft wird durch diese Erweiterung des Grundtatbestands des UGB auf alle Unternehmer stark ausgedehnt. Im Übrigen wurde das Recht der stillen Gesellschaft keiner grundlegenden Revision unterzogen, so dass auch ältere Literatur durchaus nicht an Relevanz verliert. Eine wesentliche Neuerung in Bezug auf die alte Rechtslage enthält § 179 UGB (vormals § 178 öHGB): Der in § 178 öHGB statuierte Ausschluss der Anwendung der Regelungen des ABGB wurde nunmehr aufgehoben, womit die Vorschriften über die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts im Bereich der stillen Gesellschaft un1 Ausführlich zur Reform in Österreich – auch in Bezug auf Änderungen im ABGB – siehe Krejci (Hrsg.), Kommentar zu den durch das HaRÄG 2005 eingeführten Neuerungen im Unternehmensgesetzbuch und im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, 2007.
40
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§3
streitig ergänzend herangezogen werden können. Weiterhin wurde § 180 Abs. 2 öHGB (der § 708 BGB entsprach) ersatzlos gestrichen. Die Haftung für diligentia quam in suis entspricht nicht dem des ABGB zugrunde liegenden Haftungssystem. Ferner sind auch die Unternehmer, welche nicht dem Dritten Buch des UGB unterfallen und auch nicht aus steuerrechtlichen Gründen einen Jahresabschluss erstellen müssen, dem stillen Gesellschafter gegenüber gemäß § 183 Abs. 1 UGB rechnungslegungspflichtig. Eine stille Gesellschaft liegt vor, wenn sich jemand an dem Unternehmen eines anderen mit einer Vermögenseinlage beteiligt, ohne dass diese Beteiligung nach außen hin in Erscheinung tritt1. Der Geschäftsinhaber wird aus den in dem Betrieb abgeschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet. Die stille Gesellschaft hat daher keine eigene Firma und ist nicht im Firmenbuch eingetragen; sie ist eine Gesellschaft des Handelsrechts, aber keine Handelsgesellschaft. Da die stille Gesellschaft eine reine Innengesellschaft ist, wird sie häufig dann gewählt, wenn der Name und die Einlage des stillen Gesellschafters anderen Personen nicht bekannt werden sollen.
3.32
Zur Gründung einer stillen Gesellschaft kommt es oft im Erbfalle, wenn der Übernehmer des Betriebs seine Verwandten (z.B. Geschwister) als stille Teilhaber aufnimmt, oder aus steuerlichen Gründen, wenn der Unternehmer seine Kinder als stille Gesellschafter beteiligt, um dadurch sowohl einkommensteuerliche als auch erbschaftsteuerliche Ersparnisse zu erzielen. Minderjährige bedürfen zur stillen Beteiligung grundsätzlich der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters und des Vormundschaftsgerichtes, da die Beteiligung in der Regel nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb des Pflegebefohlenen gehören wird. Gleiches gilt für den Abschluss von stillen Beteiligungsverträgen durch minderjährige Geschäftsinhaber2. Mangels Differenzierung in § 154 Abs. 3 ABGB gilt das auch bei vereinbartem Verlustausschluss3 (zur Rechtslage in Deutschland vgl. Rn. 9.32 ff.).
3.33
Die Rechtsverhältnisse werden in erster Linie durch den Gesellschaftsvertrag geregelt. Der stille Gesellschafter hat kein Geschäftsführungs- und Vertretungsrecht. Er hat Anspruch auf Beteiligung am Gewinn und nimmt am Verlust, soweit die Verlustbeteiligung nicht ausgeschlossen ist, nur bis zum Betrag seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage teil. Er ist nicht verpflichtet, den bezogenen Gewinn wegen späterer Verluste zurückzuzahlen. Solange jedoch seine Einlage durch Verluste gemindert ist, wird der jährliche Gewinn zur Deckung dieses Verlustes verwendet. Der stille Gesellschafter ist berechtigt, die abschriftliche Mitteilung der jährlichen Bilanz zu verlangen und ihre Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen.
3.34
Die Auflösung der stillen Gesellschaft erfolgt durch Vereinbarung, durch Zeitablauf, durch den Tod des Geschäftsinhabers, nicht aber des stillen Gesell-
3.35
1 Zur Abgrenzung vom (partiarischen) Darlehen vgl. OGH v. 28. 2. 1988, ÖWB 1988, 369. 2 Straube, § 178 öHGB Rn. 15. 3 Straube, § 178 öHGB Rn. 12.
41
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schafters, durch Konkurs des Geschäftsinhabers oder des Stillen sowie durch Kündigung. Nach der Auflösung der Gesellschaft hat der Geschäftsinhaber das Guthaben des stillen Gesellschafters auszuzahlen. An Gewinnen und Verlusten aus zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäften nimmt der stille Gesellschafter teil. Er kann am Schluss jedes Geschäftsjahres Rechenschaft über die inzwischen abgewickelten Geschäfte, Auszahlung des ihm gebührenden Betrags und Auskunft über den Stand der noch schwebenden Geschäfte verlangen.
3.36
Im Falle des Konkurses über das Vermögen des Geschäftsinhabers kann der stille Gesellschafter wegen seiner Einlage, soweit sie seinen Verlustanteil übersteigt, seine Forderung als Konkursgläubiger geltend machen. Bei nicht vollständiger Einzahlung der Einlage hat sie der stille Gesellschafter bis zu dem Betrag, welcher zur Deckung seines Anteils am Verlust erforderlich ist, zur Konkursmasse einzuzahlen.
3.37
Der stille Gesellschafter wird bei der vorstehend erörterten typischen stillen Gesellschaft (= echte stille Gesellschaft) nicht Miteigentümer des „Gesellschafts“-Vermögens, das rechtlich allein dem Geschäftsinhaber zugeordnet ist. Im Falle seines Ausscheidens hat er neben seinem Gewinnanspruch grundsätzlich nur Anspruch auf den Nominalwert seiner Einlage. Daneben kennt aber auch das österreichische Recht die atypische Gesellschaft (= unechte stille Gesellschaft), bei der der stille Gesellschafter schuldrechtlich am Vermögen des Geschäftsinhabers und damit an den stillen Reserven und am Firmenwert des Unternehmens beteiligt sein kann. Eine dingliche Bindung wird dadurch nicht erzeugt. Der Stille erwirbt nur einen schuldrechtlichen Anspruch darauf, dass er im Falle der Auseinandersetzung auch an den Wertsteigerungen des Geschäftsvermögens teilnimmt. Atypisch ist ferner eine stille Gesellschaft, bei der die Geschäftsführung in den Händen des Stillen liegt oder diesem zumindest ein entscheidendes Mitbestimmungsrecht in Geschäftsführungsangelegenheiten zusteht oder dem Stillen Sonderrechte ohne Beteiligung am Anlagevermögen eingeräumt werden. 5. Schweiz Schrifttum: Flüge, Die sog. „stille Beteiligung“ im deutschen und schweizerischen Zivilund Steuerrecht, Archiv für schweizerisches Abgabenrecht 1966/67, 281; Habermas, Hans Joachim, Die stille Gesellschaft im deutschen und schweizerischen Recht, Diss. Bern und Heidelberg 1961; Locher, Die Besteuerung der Gesellschaften und Konzerne nach schweizerischem Recht und nach den internationalen Doppelbesteuerungsabkommen, StuW 1957, 795; Meier-Hayoz, Arthur/Forstmoser, Peter, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 9. Aufl. 2004; Naef, Frank, Kennt das schweizerische Recht die stille Gesellschaft?, Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins, 96. Jahrg. (1960), 257, 305; Pedrazzini, Mario M., Stille Gesellschaft oder (offene) einfache Gesellschaft? SJZ 1956, 369; Wagner, Jürgen/Dermühl, Sabine/Plüss, Adrian, Handels- und Wirtschaftsrecht in der Schweiz und in Liechtenstein, 3. Aufl. 2006; Wespi, Conrad, Die stille Gesellschaft im schweizerischen Recht, Diss. Zürich 1930.
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§3
Das schweizerische Recht kennt Handelsgesellschaften und Genossenschaften. Handelsgesellschaften sind entweder Personengesellschaften – als solche kennt das schweizerische Recht die Kollektivgesellschaft und die Kommanditgesellschaft – oder Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung). Nicht zu den Handelsgesellschaften rechnet die einfache Gesellschaft, worunter Art. 530 Abs. 1 OR „die vertragsmäßige Verbindung von zwei oder mehreren Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln“ versteht. Gegenstand der einfachen Gesellschaft kann jeder rechtlich erlaubte Zweck sein, gleichgültig, ob es sich um einen vorübergehenden oder dauernden, um einen ideellen oder wirtschaftlichen Zweck handelt.
3.38
Die Vorschriften über die einfache Gesellschaft finden jedoch nur Anwendung, „sofern dabei nicht die Voraussetzungen einer anderen durch das Gesetz geordneten Gesellschaft zutreffen“, Art. 530 Abs. 2 OR. Daraus ergibt sich, dass, wenn der Zweck der Gesellschaft auf den Betrieb eines nach kaufmännischen Grundsätzen geführten Gewerbes unter einer gemeinsamen Firma gerichtet ist, die Vorschriften, die für die Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft gelten, anzuwenden sind.
3.39
Die einfache Gesellschaft besitzt ebenso wenig wie die Personengesellschaften Rechtspersönlichkeit. Soll ein rechtsfähiges Gebilde errichtet werden, so müssen sich die Beteiligten der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, einer Genossenschaft oder des rechtsfähigen Vereins bedienen. Die einfache Gesellschaft ist die subsidiäre Gesellschaftsform, die immer nur dann zur Verfügung steht, wenn nicht die Voraussetzungen einer anderen durch das Gesetz geordneten Gesellschaft vorliegen.
3.40
Zur Errichtung einer einfachen Gesellschaft genügt ein formloser Vertrag. Die Führung einer eigenen Firma und die Eintragung im Handelsregister sind ihr versagt. Am häufigsten tritt die einfache Gesellschaft als Gelegenheitsgesellschaft in Erscheinung. Sie wird aber auch zur Errichtung von Kartellen oder zur Bildung von Konsortien benutzt, die die Emission von Anleihen oder die Verwertung von Konzessionen oder Patenten bezwecken. In Ermangelung einer eigenen Rechtsform für die stille Gesellschaft ist sie auch die Rechtsform, unter der sich eine „Stille Gesellschaft“ mit Gewinn- oder Verlustbeteiligung und Mitspracherecht des stillen Gesellschafters konstituieren kann. Eine solche Gesellschaft entspricht regelmäßig der atypischen stillen Gesellschaft des deutschen Rechts (dazu Rn. 14.41 ff., 20.55, 22.3 ff.), wohingegen die typische stille Gesellschaft i.S. des § 230 HGB in der Schweiz als partiarisches Darlehen behandelt wird1.
3.41
1 Locher, Die Besteuerung der Gesellschaften und Konzerne nach schweizerischem Recht und nach den internationalen Doppelbesteuerungsabkommen, StuW 1957, 795.
43
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6. Belgien Schrifttum: Ballon, Geens & Stuyck, Handels- en vennootschapsrecht, 6. Aufl. 1999; Dabin & Benoît-Moury, in Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. II, Belgien 20.50; De Pelsmaeker, Des associations en participations et des syndicats financiers, 3e éd. 1934; Tilquin & Simonart, Traité des sociétés, II, 1997; Vananroye in Vennootschappen en verenigingen: artikelsgewijze commentaar met overzicht van rechtspraak en rechtsleer, 2002; Wallemaq, Traité et formulaire des associations momentanées et en participation, 1973.
3.42
Historisch findet die belgische stille Gesellschaft ihre Wurzeln in der „commenda“ des altitalienischen Rechts. Über die „société anonyme“ des französischen Rechts und über die „association en participation“ des Code de Commerce (1807) hat die stille Gesellschaft ihren Weg ins belgische Gesellschaftsrecht gefunden. Seit 1873 waren die betreffenden Regelungen im „Gesetz über die Handelsgesellschaften“ (Buch IX des Code de Commerce) zu finden. Durch das Gesetz v. 7. 5. 1999 ist dieses aufgehoben und das komplette belgische Gesellschaftsrecht in einem Gesetzbuch kodifiziert worden. Dieses „Gesetzbuch der Gesellschaften“ (W. Venn./C. Soc.) ist am 6. 2. 2001 in Kraft getreten.
3.43
Das W. Venn spricht nicht mehr von „Handelsvereinigung“ (handelsvereniging/association), sondern bezeichnet die stille Gesellschaft als „stille Handelsgesellschaft“ (stille handelsvennootschap/société interne). Gemäß Art. 2 I W. Venn fehlt ihr – wie auch der Gelegenheitsgesellschaft (tijdelijke handelsvereniging/société momentanée) und der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (maatschap/société de droit commun) – die Rechtsfähigkeit (Rechtspersönlichkeit).
3.44
Die auf die stille Gesellschaft anwendbaren Regeln befinden sich in Buch II (Art. 18–45: Gemeinsame Regeln für alle Gesellschaften) sowie in Buch III (Art. 46–55) des W. Venn. Sie stimmen zum größten Teil mit den bisher geltenden Artikeln des Code Civil über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts überein und sind überwiegend dispositives Recht. Neben diesen finden auch die Artikel des Code Civil, die für jeden Vertrag gelten (Art. 1101 f. B.W.), Anwendung.
3.45
Konstruktiv handelt es sich bei der stillen Gesellschaft in Belgien im Grunde um eine Sondergestaltung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Seit dem 1995 eingeführten Registerzwang für Handelsgesellschaften zur Erlangung der Rechtsfähigkeit (Rechtspersönlichkeit) kann die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowohl bürgerliche als auch kommerzielle Zwecke verfolgen und ist somit zur Grundform aller Gesellschaften geworden. Ihre Regeln gelten für alle nicht eingetragenen Gesellschaften. Nur wenn sie als reine Innengesellschaft ausgestaltet wird, finden grundsätzlich die Sonderregelungen der stillen Gesellschaft Anwendung. Gleiches gilt übrigens für die Gelegenheitsgesellschaft. Die Lehre fragt daher zu Recht nach dem Sinn einer Aufrechterhaltung der stillen Gesellschaft und der Gelegenheitsgesellschaft, als Gesellschaftsformen ohne Rechtspersönlichkeit neben der Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
44
Wurzeln/Stellung im ausländischen Recht
§3
Art. 48 W. Venn. definiert die stille Gesellschaft als eine Gesellschaft, in der sich eine oder mehrere Personen an Geschäften beteiligen, die andere Personen im eigenen Namen führen. Anders als in Deutschland sieht in Belgien also bereits das Gesetz mehrgliedrige stille Gesellschaften vor, und zwar auch in der für Deutschland ungewohnten Weise, dass mehrere nach außen handelnde Gesellschafter – also gleichsam mehrere Inhaber – zusammen mit einem oder mehreren stillen Gesellschaftern eine stille Gesellschaft bilden. Insofern setzt das belgische Recht konsequent den Ansatz um, die stille Gesellschaft lediglich als eine Modifikation der – unter Umständen auch mehrgliedrigen – Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzusehen. Im Ergebnis nähert sich die belgische stille Gesellschaft auf diese Weise zugleich der deutschen KG an.
3.46
Die stille Gesellschaft kann in Belgien sowohl zeitlich begrenzte als auch dauerhafte Aktivitäten zum Zweck haben. Der gemeinsame Zweck bestimmt ihren bürgerlichen oder kommerziellen Charakter, aus dem sich u.a. Unterschiede hinsichtlich der gerichtlichen Zuständigkeit (bürgerliche Gerichte oder Handelsgerichte) sowie hinsichtlich des anwendbaren Beweisrechts (Art. 49 W. Venn.) ergeben. Als kommerziell bezeichnet man diejenigen Gesellschaften, die Handelsaktivitäten i.S. von Art. 2 und 3 W. Kh. ausüben.
3.47
In der Praxis findet die Stille Gesellschaft in Belgien einen weiten Anwendungsbereich. Sie ist sowohl Mittel zur Finanzierung von Gesellschaften als auch Instrument wirtschaftlicher Kooperation (z.B. das Befrachten eines Schiffes im eigenen Namen, aber für gemeinsame Rechnung). Die Gründung einer stillen Gesellschaft ist durch einen formlosen Gesellschaftsvertrag möglich. Der Beweis für ihre Existenz wird je nach Gesellschaftszweck entweder gemäß den bürgerlichrechtlichen oder den weniger strikten handelsrechtlichen Regeln geliefert (Art. 49 W. Venn.).
3.48
Auch materiell lässt der dispositive Charakter der Regelungen im W. Venn. den Gesellschaftern viel Spielraum bei der Ausgestaltung der stillen Gesellschaft. Sie muss nur die typischen Merkmale des Vertrages einer Personengesellschaft aufweisen: Pluralität der Gesellschafter, Erbringen einer Einlage zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes, Gewinnerzielung und Gewinnverteilung (Art. 1 I W. Venn.). Diese vier Elemente bilden die notwendige „affectio societatis“. Das Teilen von Gewinnen und Verlusten ist zudem unabdingbar. Ein kompletter Ausschluss der Verlustbeteiligung ist gemäß Art. 32 II W. Venn. nichtig.
3.49
Kaufmannseigenschaft kommt in Belgien lediglich dem bzw. ggf. auch den nach außen handelnden Gesellschaftern zu. Der stille Gesellschafter ist selbst kein Kaufmann, da er notwendigerweise nicht nach außen hin handelt. Mangels eigener Rechtspersönlichkeit (Art. 2 I W. Venn.) ist auch die stille Gesellschaft als solche kein Kaufmann.
3.50
Der Umstand, dass in Belgien die stille Gesellschaft lediglich eine Sonderform der bürgerlichen Gesellschaft ist und daher ggf. auch über mehrere nach außen
3.51
45
§3
Wurzeln/Stellung im ausländischen Recht
auftretende Gesellschafter verfügt, macht es – anders als in Deutschland – erforderlich, auch für die stille Gesellschaft die Geschäftsführung und bei Vorhandensein mehrerer nach außen auftretender Gesellschafter auch die Frage, ob und wie diese sich gegenseitig vertreten, eigens zu regeln. Dabei gelten für beide Aspekte grundsätzlich die Regeln über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, denen zufolge Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht grundsätzlich parallel laufen (siehe Art. 50–52 W. Venn.).
3.52
Regelmäßig sind die Geschäftsführung in der Gesellschaft und – bei Vorhandensein mehrerer nach außen auftretender Gesellschafter – auch deren Vertretung Gegenstand besonderer vertraglicher Regelung. Der Geschäftsführer kann im Gesellschaftsvertrag oder in einem späteren Akt ernannt werden. Im ersten Fall kann er nur aus wichtigem Grund abberufen werden. Im zweiten Fall ist dies jederzeit möglich. Wenn der Vertrag nichts Weiteres bestimmt, ist er berechtigt, alle Geschäftsführungsmaßnahmen vorzunehmen. Sind mehrere Geschäftsführer ohne weitere vertragliche Bestimmungen ernannt, kann jeder alle Geschäftsführungsmaßnahmen auch ohne Einvernehmen der übrigen vornehmen (Art. 34 W. Venn.). Gegenüber dem stillen Gesellschafter ist der Geschäftsführer verpflichtet, die Bestimmungen über den Umfang seiner Befugnisse zu beachten d.h. er muss immer im Interesse der stillen Gesellschaft (Art. 19 I W. Venn.), d.h. dem gemeinsamen Zweck entsprechend handeln.
3.53
Fehlt im Gesellschaftsvertrag eine Regelung, betrifft die Geschäftsführungsbefugnis alle Gesellschafter. Jeder ist berechtigt, die der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Güter zu benutzen (Art. 36, 2 W. Venn.) und jeder kann die anderen Mitgesellschafter verpflichten, mit ihm die Ausgaben zu tragen, die notwendig sind, um die Geschäfte der Gesellschaft aufrecht zu erhalten (Art. 36, 3 W. Venn.). Das Handeln im Interesse der Gesellschaft (Art. 19 W. Venn.) und gemäß dem Gesellschaftszweck ist auch hier der Leitfaden. Die Gesellschafter sind sich untereinander Rechenschaft schuldig. In Immobilienangelegenheiten besteht allerdings selbst dann keine Alleingeschäftsführungsbefugnis, wenn das fragliche Geschäft vorteilhaft für die Gesellschaft sein sollte (Art. 36, 4 W. Venn.).
3.54
Da der stille Gesellschafter definitionsgemäß ein Gesellschafter ist, der nicht nach außen handelt, kann er auch keine originäre Vertretungsmacht haben. Ihm ist es jedoch nicht untersagt, sich intern an der Geschäftsführung der Gesellschaft zu beteiligen. Er kann sogar als Bevollmächtigter den (oder die) nach außen auftretenden Gesellschafter gegenüber Dritten vertreten, solange er weder unter einer besonderen Firma handelt noch seine Eigenschaft als Gesellschafter herausstellt (Cass., 18. 3. 1954, Pas., I, S. 629; vgl. Art. 54 W. Venn.). Überschreitet der stille Gesellschafter diese Grenzen, wird er als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts behandelt. Er haftet dann unmittelbar und unbeschränkt, mit seinem ganzen Vermögen, in gleichen Teilen oder solidarisch gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, je nach dem bürgerlichen oder dem kommerziellen Charakter der Gesellschaft (Art. 52 W. Venn.). Hingegen führt die Kenntnis eines Dritten von der stillen Gesellschaft allein nicht zur Haftung des stillen Gesellschafters. 46
Wurzeln/Stellung im ausländischen Recht
§3
Der stille Gesellschafter hat das Recht, die Handlungen des Geschäftsinhabers insbesondere durch Einsichtnahme in die Bücher und alle Schriftstücke der Gesellschaft zu kontrollieren, sofern er hierdurch die Geschäftsführung nicht stört.
3.55
Im Übrigen ist eine Haftung des stillen Gesellschafters für die im Interesse der Gesellschaft vom Inhaber eingegangenen Verbindlichkeiten ausgeschlossen. Art. 54 W. Venn. räumt Dritten keine unmittelbaren Ansprüche gegen ihn ein, soweit er sich auf eine reine Beteiligung beschränkt. Sie können sich allein an den Geschäftsinhaber halten. Als Ausnahme sind der mittelbare Anspruch des Art. 1166 B.W. und die außervertragliche Haftung (Art. 1382–1383 B.W.) zu erwähnen.
3.56
Da die stille Gesellschaft keine Rechtspersönlichkeit besitzt, hat sie auch kein Gesellschaftsvermögen. Die von jedem Gesellschafter zu erbringende Einlage (Art. 1 I, 19 und 22–24 W. Venn.) bleibt mit dem Vermögen der Gesellschafter verbunden. Das Eigentum von Geld oder mischbaren Gütern geht regelmäßig in das Vermögen des Geschäftsinhabers über. Bei anderen beweglichen und unbeweglichen Gütern entscheidet der Wille der Parteien, ob sie nur zur Nutzung eingebracht werden, ob ein zweckgebundenes Miteigentum entsteht oder ob sie in das Eigentum des Geschäftsführers übertragen werden (Cass., 4. 3. 1943, Pas., I, S. 84). Die höchstrichterliche Rechtsprechung befürwortet eine Vermutung zugunsten eine Einlage zur Nutzung von nicht in Bargeld bestehenden Vermögensgütern (Cass., 4. 2. 1954, Pas., 1954, I, S. 488 f.; Cass., 18. 2. 1976, Pas., I, 691 f.). In einem solchen Fall würde sich die stille Gesellschaft im Innenverhältnis auf eine einfache Gewinn- und Verlustrechnung beschränken. Die Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern können jedoch nicht die Rechte Dritter gegenüber dem Geschäftsführer beeinträchtigen. So kann der Geschäftsführer Dritten gegenüber über ihm zur Verfügung gestellte bewegliche Aktiva wirksam verfügen (Cass., 4. 2. 1954, Pas., I, S. 488 f.).
3.57
Die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Gewinn und Verlust ist zwischen den Vertragsparteien zu vereinbaren. Soweit der Gesellschaftsvertrag hierüber keine Bestimmung enthält, ist die Verteilung entsprechend den Einlagen vorzunehmen (Art. 30 I W. Venn.).
3.58
Die Übertragung der Gesellschafteranteile setzt grundsätzlich die Zustimmung der anderen Gesellschafter voraus (Art. 38 W. Venn.).
3.59
Für die stille Gesellschaft sind die für alle Gesellschaften geltenden allgemeinen Auflösungsgründe, z.B. Tod eines Gesellschafters, maßgebend (Buch II, Titel III, Art. 39–45 W. Venn.). Soweit im Gesellschaftsvertrag keine Zeit vereinbart ist, gilt die stille Gesellschaft als auf Lebenszeit der Gesellschafter abgeschlossen (Art. 21 W. Venn.). Die Gesellschaft kann dennoch durch einseitige Erklärung eines Gesellschafters aufgelöst werden, es sei denn, die Auflösung erfolgt böswillig oder zu einem ungünstigen Zeitpunkt (Art. 39, 5 und 43–44 W. Venn.). Bei einer für eine bestimmte Zeit eingegangenen stillen Gesellschaft kann dies nur vorzeitig aus einem wichtigem Grund erfolgen (Art. 45 W. Venn).
3.60
47
§3
Wurzeln/Stellung im ausländischen Recht
3.61
Bei Auflösung wird ein Rechnungsabschluss (Règlement de comptes) vorgenommen, keine eigentliche Liquidation. Im Falle eines Miteigentums finden mangels einer vertraglichen Regelung die Artikel bezüglich der Verteilung eines Nachlasses Anwendung (Art. 55 W. Venn.). Die Umwandlung einer stillen Gesellschaft bedingt notwendigerweise ihre Auflösung und die Errichtung einer neuen Gesellschaft. 7. Luxemburg Schrifttum: Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. III, Luxemburg 50.50.
3.62
Das luxemburgische Gesetz v. 10. 8. 1915 unterteilt die Handelsgesellschaften in die Handelsgesellschaften im engeren Sinne und in sog. Handelsvereinigungen, zu denen auch die stille Gesellschaft gehört. Diese letztere Gesellschaftsart wird durch Art. 2 Abs. 1 und Art. 138 ff. des Gesetzes vom 10. 8. 1915 näher umrissen.
3.63
Die Handelsvereinigung ist eine nach außen nicht in Erscheinung tretende Gesellschaft ohne Rechtsfähigkeit. Sie ist eine Personenvereinigung in der Form einer organisierten Gemeinschaft, welche die Gesellschafter nur in ihren Beziehungen untereinander bindet. Der Geschäftsinhaber muss von dritten Personen unmittelbar und persönlich in Anspruch genommen und verklagt werden.
3.64
Das luxemburgische Gesetz unterscheidet zwischen handelsrechtlichen Gelegenheitsgesellschaften, deren Zweck in der Abwicklung eines einzigen Geschäfts besteht, und den stillen Gesellschaften, die ein auf längere Zeit angelegtes Geschäft betreiben. Der Vertrag, durch den eine Handelsvereinigung geschaffen wird, muss weder besonderen Formerfordernissen genügen noch veröffentlicht werden. Eine Handelsvereinigung kann daher auch durch mündliche Vereinbarung der Beteiligten gegründet werden.
3.65
Das Gesellschaftskapital setzt sich aus den Einlagen der Beteiligten zusammen. Diese legen ihre Beiträge zum Zwecke der Gewinnerzielung zusammen. Die Gewinne kommen allen Gesellschaftern zugute, ebenso wie die Verluste zu Lasten aller Gesellschafter gehen. Klauseln, die die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters auf die Höhe seines Beitrags beschränken, sind zulässig.
3.66
Der Geschäftsinhaber handelt wie ein Einzelkaufmann im eigenen Namen. Die Gesellschafter untereinander treffen alle die Gesellschaft betreffenden Beschlüsse in gemeinsamer Übereinkunft. Für die Handelsvereinigungen besteht weder eine interne noch eine externe Kontrolle der Geschäftsführung. Geschäftsinhaber und stiller Gesellschafter sind an allen Entscheidungen beteiligt, so dass eine interne Kontrolle überflüssig ist.
3.67
Die Verteilung der Gewinne und Verluste erfolgt aufgrund freier Vereinbarung der Beteiligten. Da der stille Gesellschafter als solcher nicht in Erscheinung 48
Wurzeln/Stellung im ausländischen Recht
§3
tritt, haben Dritte keine unmittelbare Klagemöglichkeit gegen ihn, auch wenn er ihnen bekannt sein sollte. Die stille Gesellschaft endet mit der Erreichung des Gesellschaftszwecks, mit dem Untergang des Gesellschaftsgegenstandes sowie durch einseitige Willenserklärung des Geschäftsinhabers oder des stillen Gesellschafters. Diese Erklärung darf allerdings nicht gegen Treu und Glauben verstoßen oder zur Unzeit erfolgen. Eine Handelsvereinigung kann nicht in eine Handelsgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit umgewandelt werden.
3.68
8. Niederlande Schrifttum: Gotzen, Paul, Niederländisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2000, 94 ff.; Haarhuis, Koen, Gesellschaftsrecht in den Niederlanden, München 1995; Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. III, Niederlande 60.50.
Die stille Gesellschaft (stille vennootschap) war in den Niederlanden auch schon vor der ausdrücklichen Erwähnung im neuen Bürgerlichen Gesetzbuch (Art. 7. 13. 1. 2 Abs. 1 Satz 1 und 7. 13. 1. 7 Abs. 1 NDBW) bekannt. Es wurde darunter der Zusammenschluss eines nach außen hin unbeschränkt mit seinem Privatvermögen haftenden Gesellschafters mit einem anderen Gesellschafter verstanden, der nur zur Erbringung einer Einlage verpflichtet war und dessen Mitwirkung nach außen hin nicht offenkundig wurde. Da insoweit unter rechtlichen Gesichtspunkten Affinitäten zur Kommanditgesellschaft bestanden, andererseits aber durch den Wegfall jeglicher Firmierung die Offenkundigkeit einer KG fehlte, bildete sich im niederländischen Schrifttum folgerichtig die Bezeichnung stille Kommanditgesellschaft (stille commanditaire vennootschap) heraus.
3.69
Im neuen Gesetzbuch der Niederlande ist die stille Gesellschaft, wie bereits erwähnt, zwar ausdrücklich genannt, es finden sich jedoch keinerlei Sonderregelungen für ihre Ausgestaltung und Tätigkeit. Es gelten mithin die allgemeinen Regeln über die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft. Danach liegt eine stille Gesellschaft dann vor, wenn sich mehrere Personen vertraglich zum Betrieb eines gemeinsamen Gewerbes für gemeinsame Rechnung unter Leistung von Einlagen zusammenschließen, ohne dabei jedoch unter einer gemeinsamen Firma zu handeln. Mangels eigener Rechtspersönlichkeit der stillen Gesellschaft steht das Eigentum an den eingebrachten Einlagen nicht der stillen Gesellschaft, sondern den Gesellschaftern gemeinsam zu. Diese haben an den von ihnen eingebrachten Sachen ein gesellschaftlich gebundenes Miteigentum.
3.70
Vertretungsbefugt ist nur derjenige Gesellschafter, der eine entsprechende Vollmacht seiner Mitgesellschafter besitzt. Handelt ein Gesellschafter für die Gesellschaft, ohne eine entsprechende Vollmacht der Mitgesellschafter zu besitzen und wird dieses Handeln nicht nachträglich genehmigt, dann werden die Gesellschafter aus dem rechtsgeschäftlichen Handeln regelmäßig nicht mitverpflichtet. Der Außenstehende kann sich lediglich an denjenigen Gesell-
3.71
49
§3
Wurzeln/Stellung im ausländischen Recht
schafter halten, der ihm gegenüber tätig geworden ist. In diesem Falle haftet für seine Forderung nicht das Gesellschaftsvermögen, sondern nur das private Vermögen des ihm gegenüber handelnden Gesellschafters. Soweit jedoch eine Vollmacht vorlag oder ein unbevollmächtigtes Handeln nachträglich genehmigt worden ist, kann der Außenstehende sowohl auf das Gesellschaftsvermögen als auch das Privatvermögen der Gesellschafter zugreifen. Dabei haften ihm die Gesellschafter jedoch nicht als Gesamtschuldner, sondern nur zu gleichen Teilen.
3.72
Zwischen den Gesellschaftern wird Gewinn und Verlust der Gesellschaft, soweit nichts anderes vereinbart worden ist, gleichberechtigt verteilt. Darunter ist jedoch nicht eine gleichmäßige Pro-Kopf-Verteilung zu verstehen, sondern jeder wird bei Gewinn- und Verlustbeteiligung entsprechend seiner quotenmäßigen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen berücksichtigt.
3.73
Die Auflösung der Gesellschaft kann durch einstimmigen Beschluss der Gesellschafter oder auch einseitige Kündigung eines der Mitgesellschafter vorgenommen werden. Dritte können die Auflösung der Gesellschaft und damit die Zugriffsmöglichkeit auf den Anteil des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen entweder über einen Gesellschaftskonkurs oder den Konkurs eines der Gesellschafter betreiben. 9. Schweden Schrifftum: Fischler, Josef/Vogel, Heinrich, Schwedisches Handels- und Wirtschaftsrecht mit Verfahrensrecht, 3. Aufl. 1978.
3.74
In Schweden ist die stille Gesellschaft zwar allgemein anerkannt, aber nicht positivrechtlich geregelt. Vergleichbar dem deutschen Recht liegt eine stille Gesellschaft dann vor, wenn jemand gegen Beteiligung am Gewinn oder auch am Verlust eine Geld- oder Sacheinlage in das Gewerbe eines anderen so leistet, dass sie in das Vermögen des anderen übergeht. Wegen dieser Kreditierungs- und Verzinsungsfunktion der Einlage wurde nach früherer Auffassung diese Rechtsbeziehung ausschließlich nach Darlehensregeln beurteilt. Die heutige h.A. hat jedoch die gesellschaftsrechtlichen Elemente hervorgehoben und beurteilt auch die stille Gesellschaft als echtes Gesellschaftsverhältnis. Wie im deutschen Recht bleiben jedoch die Grenzen zu Darlehen und anderen Gesellschaftsformen fließend.
3.75
Der Gesellschaftsvertrag bedarf keiner besonderen Form. Wegen des Fehlens einer gesetzlichen Regelung und der mangelnden Abklärung der Probleme der stillen Gesellschaft in der schwedischen Rechtsprechung ist es jedoch empfehlenswert, im Vertrag die Beziehungen zwischen den Gesellschaftern ausführlich zu regeln. Soweit keine besonderen Bestimmungen getroffen worden sind, wird die Gewinnquote des stillen Gesellschafters proportional seiner Einlage zum gesamten Betriebskapital des Gewerbetreibenden bestimmt. Für Verluste beschränkt sich im Innenverhältnis seine Haftung auf die Einlage. Zur Überprüfung seines Gewinn- oder Verlustanteiles hat der stille Gesellschafter An-
50
Wurzeln/Stellung im ausländischen Recht
§3
spruch auf Mitteilung einer vollständigen Jahresbilanz, ist aber nicht ohne weiteres zur Prüfung unter Einsicht der Bücher und Papiere berechtigt. Ebenso steht ihm regelmäßig kein Verwaltungsrecht zu. Gerade hier im Innenverhältnis dürfte sich jedoch, wie auch im deutschen Recht diskutiert, eine entsprechende Anwendung der Regeln über die Kommanditgesellschaft oftmals rechtfertigen. Im Außenverhältnis trifft den stillen Gesellschafter keine Haftung für die durch den Inhaber zum Zwecke des Betriebs des Gewerbes eingegangenen Geschäfte. Er haftet nicht einmal mit seiner Einlage; vielmehr wird er – selbst im Konkurs – als gewöhnlicher Gläubiger behandelt.
3.76
Es kann mitunter schwierig sein, zwischen einer stillen und einer einfachen bürgerlichen Gesellschaft zu unterscheiden, weil bei der letzteren die Rollen auch so verteilt sein können, dass der eine die Geschäfte führt und der andere Kapital zuschießt. Im Einzelfall kann daher zweifelhaft sein, ob und inwieweit die gesamten Betriebsmittel für die Betriebsschulden in Anspruch genommen werden können.
3.77
10. Griechenland Schrifttum: Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. IV, Griechenland 100.50; Pánou, Georgios, Die Stille Gesellschaft im griechischen Recht unter Berücksichtigung des deutschen Rechts, 1995; Papathoma-Baetge, Anastasia, Gesellschaftsrecht in Griechenland, 1995.
Auch das griechische HGB von 1835 kennt die stille Gesellschaft. Es enthält jedoch weder eine Definition noch eine Umschreibung der Wesensmerkmale der stillen Gesellschaft. Die Art. 47–50 grHGB behandeln lediglich Fragen von untergeordneter Bedeutung. Lehre und Rechtsprechung definieren die stille Gesellschaft als diejenige innere, rechtsunfähige Personengesellschaft, bei der die auf die Erreichung des gemeinsamen Zweckes gerichteten Handlungen im Namen nur eines Gesellschafters oder mehrerer von ihnen vorgenommen werden, welche als Einzelpersonen und nicht als Vertreter einer Außengesellschaft agieren, während die nicht nach außen auftretenden Gesellschafter sich an den Ergebnissen (Gewinn und Verlust) aus der Tätigkeit der ersteren beteiligen. Die griechische stille Gesellschaft, die auch mehrgliedrig strukturiert sein kann, ist somit nicht auf die Beteiligung an einem Handelsgewerbe beschränkt. Anders als im deutschen Rechtskreis wird die Rechtsform der stillen Gesellschaft üblicherweise bereits bei der Unternehmensgründung gewählt.
3.78
Art. 48 Satz 2 grHGB gewährt den Gesellschaftern eine weit gehende Freiheit in der konkreten Ausgestaltung der stillen Gesellschaft. Unterlassen die Gesellschafter eine Regelung, sind die Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Art. 741–783 ZGB) analog anzuwenden, soweit der Charakter der stillen Gesellschaft dem nicht entgegensteht. Einer besonderen Form bedarf der Gesellschaftsvertrag nicht.
3.79
51
§3
Wurzeln/Stellung im ausländischen Recht
3.80
Die Geschäftsführungsbefugnis ist frei regelbar und kann auch allein dem stillen Gesellschafter zustehen. Falls der Stille jedoch an der Geschäftsführung teilnimmt, so trägt er auch das Unternehmerrisiko ohne Beschränkung auf seine Einlage. Der Stille besitzt unabhängig von der Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses die erweiterten Kontrollrechte des Art. 755 ZGB, der § 716 BGB entspricht. Eine Beschränkung i.S. des § 233 HGB ist unzulässig. Im Falle des Todes eines Gesellschafters wird die griechische stille Gesellschaft gemäß Art. 773 Abs. 1 ZGB grundsätzlich aufgelöst. Das Fortbestehen der stillen Gesellschaft kann lediglich für den Fall des Todes des Stillen vertraglich vereinbart werden. 11. Anglo-amerikanischer Rechtskreis Schrifttum: Bennett, James M., Die US-Limited Partnership, RIW 1992, 276; Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. IV, Vereinigtes Königreich 90.4060; Ullmann-Czubak, Hertha, „Association“ oder „Partnership“? – Steuerliche Qualifikation einer deutschen GmbH & Still in den USA, RIW 1980, 634; Walter, Otto L./Conston, Henry S., Steuerliche Entwicklungen in den USA, StuW 1981, 388; Weisser, Peter, A Comparison of the Société simple with the English partnership and unincorporated association, Diss. Bern 1958.
3.81
Im anglo-amerikanischen Recht gibt es eine stille Gesellschaft als bloße Innengesellschaft nicht. Gesellschafter, die nach außen nicht in Erscheinung treten, haften gleichwohl für Gesellschaftsschulden solidarisch. Lediglich in der Form der Kommanditgesellschaft (limited partnership) kann eine Beschränkung der Haftung herbeigeführt werden. 12. Japan Schrifttum: Baum, Harald (Hrsg.), Japanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 1994; Dernauer, Marc, Die japanische Gesellschaftsrechtsreform 2005/2006, ZJapanR 2005, No. 20, 123; Ishikawa, Akira/Leetsch, Ingo, Das japanische Handelsrecht in deutscher Übersetzung, 1988; Rehme, Das japanische Handelsrecht, ZHR 51 (1901), 1 und ZHR 54 (1904), 347; Thoens, Nikolaus M., Die steuerrechtliche Gestaltung von Unternehmenskäufen in Japan aus Sicht deutscher Investoren, IStR 1999, 161; Witty, Thomas, Das neue Gesellschaftsrecht in Japan, ZJapanR 2007, No. 23, 185; Yoost/Mc Ginnis, International Tax Review 1996, 15.
3.82
Das überwiegend um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert geschaffene japanische Gesellschaftsrecht orientierte sich sehr stark am deutschen Recht1. Diesen Einfluss verdankt es dem deutschen Juristen Carl Friedrich Hermann Roesler (1834–1894), der von der japanischen Regierung mit der Ausarbeitung eines Entwurfs für das japanische Handelsgesetz beauftragt wurde, das nach mehrmaliger Revision am 16. 6. 1899 in Kraft trat. Dies erklärt auch das Vor-
1 Rehme, ZHR 51 (1901), 1 (4).
52
Wurzeln/Stellung im ausländischen Recht
§3
handensein der international relativ seltenen Rechtsform der stillen Gesellschaft (tokumei kumiai) im japanischen Handelsrecht1. Das japanische Gesellschaftsrecht unterscheidet sich mittlerweile jedoch erheblich von dem deutschen Recht und wurde in einer großen Reform, die in dem Gesellschaftsgesetz (kaisha hô, in Kraft seit dem 1. 5. 2006) kulminierte, modernisiert. Das Gesellschaftsgesetz sieht vier Typen von Handelsgesellschaften vor: Die offene Handelsgesellschaft (gômei kaisha), die Kommanditgesellschaft (gôshi kaisha) und die neue Hybridgesellschaft (gôdô kaisha, auch LLC genannt) sowie die Aktiengesellschaft (kabushiki kaisha). Die frühere Gesellschaft mit beschränkter Haftung (yûgen kaisha) wurde abgeschafft und existiert allenfalls noch übergangsweise. Neben dem Gesellschaftsgesetz bestehen das Zivilgesetzbuch und das Handelsgesetz jedoch weiterhin fort, so dass in Bezug auf die stille Gesellschaft keine grundlegenden Änderungen erfolgten2. Die tokumei kumiai gehört auch nach dem japanischen Handelsgesetz (jHGB) nicht zu den Handelsgesellschaften im technischen Sinne; sie ist nicht einmal im Anschluss an diese, vielmehr im dritten Buch unter den Handelsgeschäften geregelt. Wie bei der stillen Gesellschaft erbringt bei der tokumei kumiai der Einlegende aufgrund der vertraglichen Verpflichtung seine Einlage dergestalt, dass diese unmittelbar in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergeht (Art. 536 Abs. 1 jHGB). Dieser führt das Handelsgeschäft unverändert im eigenen Namen und auf eigene Rechnung fort. Der Einleger erhält einen bestimmten Anteil am Gewinn oder Verlust für einen bestimmten Zeitraum auf seine Einlage.
3.83
Aus den von dem Inhaber geschlossenen Geschäften erwirbt der stille Gesellschafter Dritten gegenüber keine Rechte und übernimmt ihnen gegenüber keine Pflichten (Art. 536 Abs. 2 jHGB). Von dem Grundsatz, dass der stille Gesellschafter zu Dritten in keine Beziehungen tritt, ihnen insbesondere in keiner Weise haftet, macht das jHGB in Anlehnung an Art. 299 ADHGB (1861) eine Ausnahme: Wenn der Name des stillen Gesellschafters in der Firma des Geschäftsinhabers enthalten ist, haftet jener mit diesem persönlich und solidarisch. In Art. 537 jHGB heißt es sinngemäß: Hat der stille Gesellschafter dem Gebrauch seines Familiennamens oder seines Familien- oder Vornamens in der Firma des Inhabers des Handelsgeschäfts oder der Verwendung seiner Firma als Firma des Inhabers des Handelsgeschäfts zugestimmt, so haftet er neben dem Inhaber gesamtschuldnerisch für alle aufgrund des Gebrauchs der Firma entstehenden Verbindlichkeiten3.
3.84
1 Art. 535 bis 542 Handelsgesetz; vgl. hierzu Yoost/Mc Ginnis, International Tax Review 1996, 15. 2 Zu den Neuerungen der Gesellschaftsrechtsreform in Japan: Dernauer, Marc, Die japanische Gesellschaftsrechtsreform 2005/2006, ZJapanR 2005, No. 20, 123; Witty, Thomas, Das neue Gesellschaftsrecht in Japan, ZJapanR 2007, No. 23, 185. 3 Zutreffend geht die allgemeine Ansicht in Deutschland davon aus, dass grundsätzlich keine Rechtsscheinhaftung des stillen Gesellschafters eingreift, wenn sein Name in der Firma genannt wird; vgl. Rn. 10.8.
53
§3
Wurzeln/Stellung im ausländischen Recht
3.85
Steuerrechtlich kann der Geschäftsinhaber den dem Einleger zugewiesenen Gewinnanteil voll abziehen bzw. muss einen Verlustanteil versteuern. Der Einleger erzielt steuerlich Einkünfte aus einer besonderen Form von Kapitalvermögen, die er gegenüber dem japanischen Fiskus zu erklären hat. Sofern der Einleger nicht über eine Betriebsstätte in Japan verfügt, sind die Einkünfte aus einer tokumei kumiai von entscheidendem Vorteil. Dann nämlich unterliegen sie entweder lediglich der nationalen Körperschaftsteuer, nicht aber präfekturaler und lokaler Körperschaftsteuer sowie Unternehmensteuer, oder aber überhaupt keiner japanischen Besteuerung1.
3.86
Die potentiellen Vorteile einer Besteuerung der Einkünfte aus einer tokumei kumiai sind allerdings für deutsche Investoren nicht direkt zu erlangen. Da die stille Gesellschaft sowohl der japanischen als auch der deutschen Jurisdiktion bekannt war, wurden bei Abschluss des DBA in Art. 10 Abs. 5 Halbs. 2 auch die Einkünfte des stillen Gesellschafters ausdrücklich unter den Dividendenbegriff subsumiert. Daher scheidet ein Abzug der Gewinnanteile des stillen Gesellschafters beim japanischen Geschäftsinhaber aus. Auch wird in Japan eine zusätzliche Quellensteuer von 10–15 % erhoben. Um dieser Quellensteuer zu entgehen, müssten deutsche Investoren auf Gesellschaften beispielsweise aus den Niederlanden oder der Schweiz zurückgreifen, womit die Einkünfte aus einer tokumei kumiai unter die sonstigen Einkünfte subsumiert und von der japanischen Besteuerung freigestellt werden würden2. In jüngster Zeit gewinnt die tokumei kumiai als Alternative zur Beteiligung an einem joint venture und im Zusammenhang mit Unternehmenskäufen an Bedeutung.
III. Zusammenfassung
3.87
Die geschichtlichen Wurzeln der heutigen stillen Gesellschaft reichen bis in das Mittelalter zurück. Ihre Vorzüge lagen damals wie heute darin, dass sie als solche nach außen nicht in Erscheinung tritt und dass der stille Gesellschafter für die im Handelsgewerbe des Inhabers begründeten Verbindlichkeiten nicht haftet.
1 Thoens, IStR 1999, 161 (167). 2 Vgl. Art. 11, 22 DBA Japan-Schweiz; Art. 11, 23 DBA Niederlande-Japan.
54
I. Teil: Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht § 4 Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft Schrifttum: Albracht, Wolfgang, Die stille Gesellschaft im Recht der Publikumspersonengesellschaften, Gießen 1990; Arnold, Kurt, Die rechtliche Stellung des stillen Gesellschafters, Leipzig 1909; Aulinger, Leonhard, Die atypische stille Gesellschaft, 1955; Blaurock, Uwe, Einfluss im Unternehmen und die gesellschaftsrechtliche Haftungsstruktur, in Festschrift für Walter Stimpel zum 68. Geburtstag, 1985, S. 553 ff.; Brockhoff, Hedin, Arbeitnehmer oder stiller Gesellschafter, BB 1972, 1092; Dobroschke, Eduard, Die stille Kapitalbeteiligung von Mitarbeitern und die Mitarbeiter-Kapitalbeteiligungsgesellschaften, DB 1976, 1045; Düringer, Adelbert/Hachenburg, Max/Flechtheim, Julius, Das Handelsgesetzbuch vom 10. 5. 1897 (unter Ausschluss des Seerechts) auf der Grundlage des bürgerlichen Gesetzbuches, 3. Aufl. 1930 bis 1932; Ebeling, Stille Gesellschaft und partiarisches Darlehen, WM 1956, 330; Enneccerus, Ludwig/Lehmann, Heinrich, Recht der Schuldverhältnisse, 15. Aufl. 1958; Felix, Günther, Stille Gesellschaft in Steuer und Recht, Bericht der 2. Kölner Trainingstagung des Arbeitskreises für Steuerrecht GmbH, 4. Aufl. 1976; Fischer, Robert, Fragen aus dem Recht der stillen Gesellschaft, JR 1962, 201; Fischer, Ursula, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts und zur stillen Gesellschaft, WM 1981, 638; Geibel, Hans, Die Innengesellschaft, Gießen 1935; Hadding, Walther, Zur gesellschaftsrechtlichen Vereinbarkeit von stillen Vermögenseinlagen und Genussrechten mit dem Förderungszweck eingetragener Kreditgenossenschaften, ZIP 1984, 1295; Herrmann, Elke, So genannte Schenkung stiller Beteiligungen, ZHR 147 (1983), 313 mit Erwiderung von Hengeler, Hans Peter, ZHR 147 (1983), 329; Hoeniger, Heinrich, Innengesellschaft und Innensyndikat, ZHR 84 (1921), 469; Hoffmann, Fritz, Zur Abgrenzung der typischen von der atypischen stillen Gesellschaft, zugleich eine Besprechung des BFH-Urteils I R 206/69 v. 23. 1. 1974, GmbHR 1975, 257; Hoffmann, Wolf-Dieter, Zum Problem der stillen Beteiligung ausländischer Anteilseigner an inländischen Beteiligungsunternehmen, DB 1979, 1195; Hueck, Alfred, Die Übertragung von Geschäftsanteilen, ZHR 83 (1920), 1; Hueck, Alfred, Die stille Beteiligung bei Handelsgesellschaften, in Festschrift für Heinrich Lehmann, 1937, S. 239 ff.; Iber, Konrad, Die mehrgliedrige stille Gesellschaft als Unternehmensform zur freiwilligen Beteiligung von Arbeitnehmern, RdA 1973, 303; Janzen, Harald, Die Übertragung und Belastung von Mitgliedschaften in der stillen Gesellschaft, Marburg 1979; Knoche, Martin, Selbständige Bilanzierung bei atypischer stiller Beteiligung am Betrieb einer Kapitalgesellschaft, BB 1972, 656; Kühnle, Horst, Stille Gesellschaft und partiarisches Darlehen, Köln 1967; Lang, Heinrich, Die Typen der stillen Gesellschaft und die Anwendung gesellschaftsrechtlicher Normen auf sie, Freiburg 1930; Müller, Lothar, Fragen der typischen und der atypischen Beteiligung am Unternehmen einer Kapital- und Handelsgesellschaft, StbJb. 1973/74, 203; Otto, Heinz G.C., Moderne Erscheinungsformen der stillen Beteiligung, BB 1948, 210; Paulick, Heinz, Die steuerrechtliche Beurteilung stiller Beteiligungen an Gesellschaften mbH, GmbHR 1959, 223; Paulick, Heinz, Die Einmann-GmbH & Co. KG als stille Gesellschaft, in Festschrift für Heinrich Demelius zum 80. Geburtstag, 1973, S. 339 ff.; Pehl, Fritz, Die stille Gesellschaft als Unternehmensform, Mannheim 1934; Post, Manfried/Hoffmann, Günther F., Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, 3. Aufl. 1997; Rasner, Henning, Die atypische stille Gesellschaft, 1961; Rose, Gerd/Glorius-Rose, Cornelia, Unternehmen – Rechtsformen und Verbindungen, 3. Aufl. 2001; Scheuffe-
55
§4
Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft le, Peter, Die typische stille Gesellschaft im Handelsrecht und im steuerlichen Bewertungsrecht, BB 1979, 1026; Schimke, Martin, Die historische Entwicklung der Unterbeteiligungsgesellschaft in der Neuzeit, Berlin 1991; Schlitt, Michael, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters in der typischen stillen Gesellschaft und in der stillen Publikumsgesellschaft, Berlin 1996; Schmidt, Gerhard, Betrachtungen zur Innengesellschaft, Hamburg 1956; Schmidt, Karsten, Die Kreditfunktion der stillen Einlage, ZHR 140 (1976), 475; Schmidt, Karsten, Konzernrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen für typische stille Beteiligungen an Kapitalgesellschaften?, ZGR 1984, 295; Schneider, Uwe H., Sonderrecht für Publikumspersonengesellschaften, ZHR 142 (1978), 228; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die stille Gesellschaft in der steuerlichen Rechtsprechung, BB 1982, 1974; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die atypische GmbH & Still Bewertung des Sonderbetriebsvermögens, Gewinnermittlung, atypische stille Beteiligung an vermögensverwaltender GmbH, GmbHR 1985, 160; Senftner, Georg, Die offene Handelsgesellschaft und die stille Gesellschaft, 13. Aufl. 1971; Sennhenn, Ernst, Die gesellschaftsrechtliche und die steuerrechtliche Behandlung der typischen und der atypischen stillen Gesellschaft, Münster 1975; Siebert, Wolfgang, Zur atypischen stillen Gesellschaft, NJW 1953, 806; Siebert, Wolfgang, Die faktische Innengesellschaft, BB 1958, 1065; Sudhoff, Heinrich, Die GmbH & Co. StG, DB 1969, 2069; Werner, Horst S., Die stille Unternehmensbeteiligung, 1990; Zinkeisen, Klaus, Der Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, Diss. Hamburg, 1972.
I. Der Begriff der stillen Gesellschaft
4.1
Das HGB enthält im Gegensatz zum ADHGB keine gesetzliche Definition des Begriffs der stillen Gesellschaft1. Es umschreibt aber in § 230 ihr Wesen dahin: „Wer sich als stiller Gesellschafter an dem Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt, mit einer Vermögenseinlage beteiligt, hat die Einlage so zu leisten, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht. Der Inhaber wird aus den in dem Betriebe geschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet.“ Ergänzend fügt § 231 Abs. 2 HGB hinzu: „Im Gesellschaftsvertrage kann bestimmt werden, dass der stille Gesellschafter nicht am Verluste beteiligt sein soll; seine Beteiligung am Gewinne kann nicht ausgeschlossen werden.“ Allein der Gebrauch des Begriffs „stille Gesellschaft“ besagt nicht, dass hinsichtlich der rechtlich zutreffenden Qualifizierung tatsächlich ein stilles Gesellschaftsverhältnis vorliegt2.
4.2
Ob mit den genannten Vorschriften das Gesetz die Entstehungsvoraussetzungen der stillen Gesellschaft regelt, ihre unerlässlichen und insoweit zwingenden Merkmale sowie eine Umschreibung ihres rechtlichen Wesens und damit 1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 2 definiert die stille Gesellschaft folgendermaßen: „Ist aufgrund des zwischen einem Unternehmensträger … und einem anderen (stillen Gesellschafter) zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks ein Gesellschaftsvertrag geschlossen worden, kraft dessen der stille Gesellschafter ohne Bildung eines Gesellschaftsvermögens mit einer Einlage am Unternehmen … beteiligt ist und eine Gewinnbeteiligung erhält, so liegt eine stille Gesellschaft vor.“ 2 Vgl. RG v. 16. 9. 1930 – III 381/29, RGZ 130, 1; FG Rheinland-Pfalz v. 11. 8. 1997 – 5 K 2052/96, EFG 1997, 1384.
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Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
§4
bindend ihren Wirkungsbereich festlegt, ist umstritten. Ob und inwieweit Gebilde, die von den in den §§ 230 und 231 Abs. 2 HGB festgelegten Merkmalen abweichen, nach dem Recht der stillen Gesellschaft oder nach anderen Vorschriften zu beurteilen sind, wird an anderer Stelle erörtert (Rn. 7.1 ff.). Die stille Gesellschaft ist eine echte Gesellschaft i.S. des § 705 BGB1, bei der der stille Gesellschafter am Handelsgewerbe des Inhabers mit einer in dessen Vermögen befindlichen Einlage beteiligt ist und dafür am Gewinn – nicht notwendig auch am Verlust – teilnimmt. Daraus ergibt sich, dass die stille Gesellschaft – anders als die OHG oder KG – kein von dem Privatvermögen der Gesellschafter abgesondertes, gesamthänderisch gebundenes Gesellschaftsvermögen hat. Der stille Gesellschafter ist, wenn nichts anderes vereinbart ist, an den Anlagewerten und ihren Wertsteigerungen, an den Rücklagen, an einem etwaigen Geschäfts- oder Firmenwert und damit an der Entwicklung des Unternehmens, das rechtlich allein dem Inhaber zugeordnet ist, nicht beteiligt2. Er hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf den vertraglich vereinbarten anteiligen Gewinn. Kaufmannseigenschaft kommt dem stillen Gesellschafter allein aufgrund seiner stillen Beteiligung nicht zu.
4.3
Da es an einer gemeinsamen Firma und an einem Gesellschaftsvermögen fehlt, erzeugt die Errichtung einer stillen Gesellschaft nach außen keine Rechtswirkungen. Der Inhaber wird aus den in dem Unternehmen geschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet (§ 230 Abs. 2 HGB). Damit wird die stille Gesellschaft vom Gesetzgeber als ein auf das Verhältnis der Beteiligten untereinander beschränktes Gesellschaftsverhältnis charakterisiert. Als reine Innengesellschaft enthält sie eine gesellschaftliche Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen mit notwendigem Anteil am Gewinn und einer Einlage im Vermögen des Geschäftsinhabers.
4.4
Aus dieser Umschreibung ergeben sich die typischen Merkmale, durch die sich die stille Gesellschaft von allen anderen Gesellschaftsformen und ähnlichen Rechtsverhältnissen des geltenden Rechts unterscheidet. Da sie auf den engen persönlichen Beziehungen der Gesellschafter untereinander beruht, ist sie zugleich als Personengesellschaft zu charakterisieren.
4.5
II. Das Wesen der stillen Gesellschaft 1. Die stille Gesellschaft als echte Gesellschaft Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks, zu dessen Erreichung jeder Teil einen Beitrag leisten muss. Der stille Gesellschafter leistet seinen Beitrag dadurch, dass er dem Unternehmen des Inhabers Kapital, andere Vermögenswerte oder seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Der Inhaber des Handelsgewerbes verpflichtet sich dagegen, sein Unternehmen nach besten Kräften auf 1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 4. 2 Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 10 I 4 a), S. 881.
57
4.6
§4
Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
gemeinschaftliche Rechnung, aber nach wie vor unter seiner alleinigen Verantwortung zu führen. Diesem Verhältnis entspricht es, wenn dem stillen Gesellschafter Informations- und Kontrollrechte sowie der seiner Kapitalbeteiligung entsprechende angemessene Anteil am Erfolg zustehen (§§ 230 Abs. 1, 233 HGB).
4.7
Der gemeinsame Zweck ist, wenn auch auf das Innenverhältnis beschränkt, auf den Abschluss von Handelsgeschäften auf gemeinschaftliche Rechnung gerichtet. Dadurch wird die stille Gesellschaft zu einer echten Gesellschaft, auch wenn kein Gesellschaftsvermögen vorhanden ist1. Das Vorhandensein eines Gesellschaftsvermögens gehört nach h.L.2 nicht zu den Wesensmerkmalen einer Gesellschaft. Bei der stillen Gesellschaft darf gar kein Gesellschaftsvermögen gebildet werden3.
4.8
Die Bestimmung des § 718 BGB, nach der die Beiträge der Gesellschafter und die durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter werden, ist auf die stille Gesellschaft, für die gerade das Fehlen eines gemeinschaftlichen Vermögens typisch ist, nicht anwendbar.
4.9
Die Frage der Vermögensgemeinschaft ist gegenüber der gemeinschafts- und rechtsbildenden Kraft der gemeinsamen Tätigkeit von nachgeordneter Bedeutung4. Die wichtigste und zugleich unabdingbare Voraussetzung einer stillen Gesellschaft ist die gegenseitige Verpflichtung der Beteiligten zur Förderung des gemeinsamen Zwecks, der auf die Erzielung von Gewinn im Rahmen des auf gemeinschaftliche Rechnung betriebenen Handelsgewerbes des Inhabers gerichtet ist. Der Zweck muss beiden Gesellschaftern gemeinsam sein – es dürfen nicht lediglich die Interessen des einen durch den anderen gefördert werden. Das wäre der Fall, wenn der eine nur am Verlust, nicht auch am Gewinn des anderen beteiligt wäre. In solchen Fällen liegt möglicherweise ein Garantieversprechen oder eine vertragliche Risikoübernahme vor, aber keine Gesellschaft. Dass es sich bei der stillen Gesellschaft um ein Gemeinschaftsverhältnis und nicht nur um ein bloßes schuldrechtliches Kreditverhältnis (Darlehen) handelt, zeigt sich darin, dass selbst beim Fehlen jeder anderen Gemeinschaftsorganisation zumindest gewisse gesellschaftsrechtliche Kontrollund Informationsrechte des stillen Gesellschafters gegeben sind (§ 233 HGB). Aber auch sein Recht auf Beteiligung am Geschäftsgewinn (§ 231 Abs. 2 1 RG v. 30. 9. 1911 – V 591/10, RGZ 77, 223; RG v. 25. 10. 1912 – II 326/12, RGZ 80, 268; RG v. 10. 10. 1933 – II 148/33, RGZ 142, 13 (21). 2 Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 15; Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 729; Sprau in Palandt, § 705 BGB Rn. 33; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 3; Siebert, BB 1958, 1065 (1068); Habermeier in Staudinger, 13. Bearb. 2003, § 705 BGB Rn. 12 und 59 f. 3 RG v. 16. 11. 1899 – VI 326/99, RGZ 45, 34 (38); RG v. 20. 12. 1929 – II 66/29, RGZ 126, 386 (390); RG v. 8. 1. 1937 – II 122/36, RGZ 153, 371 (374); OLG Hamm v. 10. 1. 1994 – 8 U 106/93, NJW-RR 1994, 1382; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 9; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 10 I 4, S. 876; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 10. 4 Siebert, BB 1958, 1066 (1068).
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§4
Halbs. 2 HGB), das durch den Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden kann, seine etwaige Verlustbeteiligung und sein Recht zur Auflösung der Gesellschaft aus wichtigem Grunde (§ 234 Abs. 1 Satz 2 HGB) sind als sozialrechtliche Elemente zu nennen. 2. Die stille Gesellschaft als Innengesellschaft Das kennzeichnende Merkmal für eine Innengesellschaft besteht darin, dass die Gesellschaft nach außen hin nicht auftritt, dass also eine direkte Vertretung der Gesellschaft durch die Gesellschafter fehlt. Die Geschäfte der Innengesellschaft werden durch den Geschäftsinhaber im eigenen Namen, wenn auch im Innenverhältnis für Rechnung der Gesellschaft geführt, so dass die Beteiligung der Gesellschafter nach außen nicht erkennbar wird1. Auch aus der Erteilung einer Vollmacht an den stillen Gesellschafter kann nichts für das Bestehen einer Außengesellschaft hergeleitet werden2.
4.10
Während für die Handelsgesellschaften charakteristisch ist, dass sie sich als solche, d.h. unter ihrer Gesellschaftsfirma, am Rechtsverkehr beteiligen, besteht das Wesen der stillen Gesellschaft darin, dass sie ihr Dasein nach außen nicht zu erkennen gibt oder zumindest nicht zu erkennen zu geben braucht. Sie tritt nicht unter einer Gesellschaftsfirma auf. Sie hat, da die Einlage des stillen Gesellschafters notwendig in das Vermögen des Inhabers übergehen muss, kein ihr als solcher zustehendes Gesellschaftsvermögen. Es gibt keine Gesellschaftsforderungen und keine Gesellschaftsverbindlichkeiten. Aus den im Rahmen des Handelsgeschäfts abgeschlossenen Geschäften wird allein der Inhaber des Handelsgewerbes, das dieser unter seiner eigenen Firma betreibt, berechtigt und verpflichtet (§ 230 Abs. 2 HGB). Ihm allein ist das Geschäftsvermögen zugeordnet; er allein haftet für die Geschäftsschulden mit seinem gesamten Vermögen. Eine Haftung des stillen Gesellschafters gegenüber den Geschäftsgläubigern ist ausgeschlossen, auch wenn er seine Einlage noch nicht geleistet hat. Hier liegt ein wichtiger Unterschied zum Kommanditisten, der den Gesellschaftsgläubigern unmittelbar bis zur Höhe der rückständigen Einlage haftet (§ 171 Abs. 1 HGB).
4.11
Die stille Gesellschaft besitzt keine Rechtsfähigkeit; sie hat als solche keine eigenen Rechte und Pflichten3. Sie kann nicht Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben; sie kann nicht vor Gericht klagen und ver-
4.12
1 BGH v. 24. 2. 1954 – II ZR 3/53, BGHZ 12, 308 (314); OLG Frankfurt a.M. v. 3. 10. 1969 – 10 U 253/68, BB 1969, 1411; BFH v. 5. 2. 2002 – VIII R 31/01, BFHE 198, 101. 2 BGH v. 6. 11. 1963 – IV ZR 32/63, DB 1964, 476. Zur Abgrenzung der Rechtsbegriffe „Außengesellschaft“ und „Innengesellschaft“ und zur Haftung kraft Rechtscheins vgl. BGH v. 23. 6. 1960 – II ZR 172/59, DB 1960, 912. Ob eine Außen- oder Innengesellschaft vorliegt, beurteilt sich in erster Linie nach dem erklärten Willen der Gesellschafter; nach dem objektiven Sachverhalt nur dann, wenn er sich als Auswirkung einer gesellschaftsvertraglichen Regelung darstellt, BGH v. 11. 10. 1965 – II ZR 45/63, DNotZ 1966, 502. 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 7 f.
59
§4
Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
klagt werden1. Ihr kommt weder aktive noch passive Parteifähigkeit i.S. des § 50 ZPO zu; auch ist sie weder insolvenzfähig noch zivilrechtlich deliktsfähig. Sie ist, weil sie sich nicht unter einer gemeinschaftlichen Firma am Wirtschaftsleben beteiligt, keine Handelsgesellschaft. Der Gesetzgeber bringt das in der Überschrift des zweiten Buches des HGB zum Ausdruck, indem er es „Handelsgesellschaften und die stille Gesellschaft“ nennt. Es kommt ihr als solche keine Kaufmannseigenschaft zu. Kaufmann ist nur der Inhaber des Handelsgeschäfts. Nur auf ihn sind die Vorschriften des HGB über die kaufmännische Firma, über die Führung von Handelsbüchern und alle anderen auf Kaufleute bezogenen Vorschriften anwendbar.
4.13
So betrachtet, erschöpft sich die stille Gesellschaft als Innengesellschaft hinsichtlich ihrer Rechtswirkungen in den durch den Gesellschaftsvertrag festgelegten rein schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und seinem stillen Teilhaber. Es fehlt an der Publizität. Das Gesellschaftsverhältnis erzeugt keine Wirkungen gegenüber dritten Personen; weder eine Haftung des stillen Gesellschafters für die Schulden des Inhabers noch seine dingliche Mitberechtigung an der Substanz des Handelsgewerbes. Der Zweck der stillen Gesellschaft ist lediglich darauf gerichtet, die von dem Inhaber des Handelsgeschäfts allein und im eigenen Namen abgeschlossenen Geschäfte im Verhältnis der Gesellschafter untereinander auf gemeinschaftliche Rechnung zu führen.
4.14
Auch wenn die stille Gesellschaft kein Gesellschaftsvermögen besitzt, an dem die Gesellschafter zur gesamten Hand beteiligt sind, kann im Rahmen einer atypischen Ausgestaltung der stillen Gesellschaft der stille Teilhaber insbesondere bei Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses wirtschaftlich so gestellt werden, als ob er an dem Geschäftsvermögen beteiligt wäre. Eine solche Vereinbarung hat rein schuldrechtlichen Charakter. Sie erzeugt keine dingliche Mitberechtigung. So steht rechtlich das Geschäftsvermögen auch bei einer atypischen stillen Gesellschaft dem Inhaber des Handelsgewerbes zu, der allein verfügungsberechtigt bleibt. Die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern hat aber bei vertraglich vereinbarter Substanzbeteiligung so zu erfolgen, als ob das Geschäftsvermögen gemeinschaftliches Vermögen beider Gesellschafter wäre. Insoweit hat der Geschäftsinhaber hinsichtlich des wirtschaftlich dem stillen Gesellschafter zustehenden Anteils am Gesellschaftsvermögen die Stellung eines Treuhänders2.
4.15
Dritten Personen, insbesondere den Gläubigern gegenüber ist eine solche Absprache ohne rechtliche Wirkung. Die Privatgläubiger des stillen Gesellschafters können deshalb seinen „Anteil“ am Geschäftsvermögen, der in Wirklichkeit nicht vorhanden ist, nicht wie bei der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§ 725 BGB) pfänden. Sie können nur seinen Anspruch auf das pfänden, was er von dem Geschäftsinhaber als „Auseinandersetzungsguthaben“ zu fordern hat (§ 234 i.V.m. § 135 HGB). Hat der Gläubiger die Pfändung des An1 Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 10 I 3, S. 879. 2 OLG Frankfurt a.M. v. 3. 10. 1969 – 10 U 253/68, BB 1969, 1411; Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 729.
60
Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
§4
spruchs des stillen Gesellschafters auf das, was diesem bei der Auseinandersetzung zukommt, erwirkt, so kann er die Gesellschaft sechs Monate vor dem Ende des Geschäftsjahrs für diesen Zeitpunkt kündigen (Rn. 15.39). Eine wirtschaftliche Vermögensbeteiligung wird häufig vereinbart, wenn der stille Gesellschafter der eigentliche Kapitalgeber und im Innenverhältnis „die Seele des Unternehmens“ ist oder wenn ein Treuhandverhältnis vorliegt. Unter der Voraussetzung, dass Ehegatten einen Gesellschaftszweck i.S. des § 705 BGB verfolgen, hat die Rechtsprechung auch eine Ehegatten-Innengesellschaft anerkannt. Hinsichtlich des gemeinsamen Gesellschaftszwecks genügt es jedoch nicht, wenn die Ehegatten den gesetzlichen Zweck der ehelichen Lebensgemeinschaft i.S. des § 1353 BGB verwirklichen oder lediglich ihren Pflichten gemäß § 1360 BGB nachkommen. Voraussetzung für die Anerkennung einer Ehegatten-Innengesellschaft ist vielmehr, dass die Partner über die Familiengemeinschaft und über den Rahmen des § 1360 BGB hinaus eine besondere Bindung gesellschaftsrechtlicher Art zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks eingehen1.
4.16
3. Die stille Gesellschaft als Personengesellschaft Die stille Gesellschaft unterscheidet sich von den Handelsgesellschaften nicht durch ihren wirtschaftlichen Zweck, sondern durch ihre rechtstechnische Ausgestaltung als Innengesellschaft. Das hindert aber nicht, sie den Personengesellschaften zuzurechnen, da sie deren Wesen teilt2. Sie steht damit im Gegensatz zu den Kapitalgesellschaften, bei denen die Personen der Gesellschafter gegenüber ihrer kapitalmäßigen Beteiligung zurücktreten.
4.17
Wenn in den vorhergehenden Abschnitten betont wurde, das Verhältnis der Beteiligten zueinander erschöpfe sich in rein schuldrechtlichen Beziehungen nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags, so könnte dies den Anschein erwecken, als handele es sich bei der stillen Gesellschaft lediglich um ein Verhältnis gegenseitiger Verpflichtungen, d.h. um ein Schuldverhältnis i.S. eines gegenseitigen Vertrags. Das trifft nicht zu. Dass sich die Gesellschafter – wenn auch nur im Innenverhältnis – zur Erreichung eines gemeinschaftlichen Zwecks verpflichten, bedeutet mehr als nur die Begründung wechselseitiger Leistungspflichten. Es bedeutet, dass gewisse Angelegenheiten, die sich aus der Verfolgung des gemeinsamen Zwecks ergeben, fortan nicht nur Angelegenheiten jedes einzelnen Gesellschafters, sondern gemeinsame Angelegenheiten beider Vertragspartner sind. Sie fallen nicht mehr in die Einzelsphäre der Gesellschafter, sondern in ihre gemeinschaftliche, d.h. gesellschaftliche Sphäre.
4.18
Grundlage der stillen Gesellschaft ist der Gesellschaftsvertrag, der die gemeinsamen Angelegenheiten der Beteiligten regelt und bestimmt, von wem und
4.19
1 BGH v. 20. 12. 1952 – II ZR 44/52, BGHZ 8, 249; BGH v. 28. 10. 1959 – IV ZR 91/59, BGHZ 31, 197; BGH v. 22. 2. 1967 – IV ZR 331/65, BGHZ 47, 157, (162); OLG Karlsruhe v. 19. 1. 2009 – 1 U 175-08, RNotZ 2009, 335; BGH v. 9. 10. 1974 – IV ZR 164/73, NJW 1974, 2278; BGH v. 30. 6. 1999 – XII ZR 230/96, BGHZ 142, 137. 2 So auch Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 72 Rn. 17.
61
§4
Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
wie diese Angelegenheiten wahrgenommen werden sollen und in welcher Weise der Einzelne daran beteiligt ist. Das Gesetz selbst enthält neben den zwingenden Merkmalen der stillen Gesellschaft auch dispositive Vorschriften über die Geschäftsführung, über das Handeln nach außen (§ 230 Abs. 2 HGB), über die Teilnahme des stillen Gesellschafters an Gewinn und Verlust (§§ 231, 232 HGB), über sein Kündigungsrecht (§ 234 HGB), über die von ihm anzuwendende Sorgfaltspflicht (§ 708 BGB) und über sein Recht zur Einsichtnahme in die Geschäftsbücher und zur Nachprüfung der Gewinnabrechnung (§ 233 HGB). Alle diese Vorschriften – mögen sie im Einzelnen auch abdingbar sein – spiegeln in ihrer Gesamtheit das Wesen der Gesellschafterstellung des stillen Gesellschafters wider. Sie lassen erkennen, dass die stille Gesellschaft nicht nur ein Schuldverhältnis ist, sondern zugleich eine sozialrechtlich verbundene Personengemeinschaft darstellt, die als solche im Innenverhältnis eines Mindestmaßes an Organisation bedarf und als organisierte Gesamtheit von ihren einzelnen Mitgliedern zu unterscheiden ist. Unter diesem Blickpunkt betrachtet, muss die stille Gesellschaft in das Recht der Gemeinschaften und Verbände eingeordnet werden. Sie unterscheidet sich von ihnen durch das Fehlen eigener Rechtsfähigkeit, einer körperschaftlichen Verfassung sowie eines Gesellschaftsvermögens.
4.20
Die stille Gesellschaft verfügt nicht über ein Gesellschaftsvermögen i.S. des nominell festgelegten Grund- oder Stammkapitals einer Kapitalgesellschaft oder des Gesellschaftsvermögens einer handelsrechtlichen Personengesellschaft. Es gibt nur ein Geschäftsvermögen, das rechtlich dem Inhaber zugeordnet ist und das die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters umfasst. Diese Einlage führt zu keiner Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen mit dinglicher Wirkung; sie stellt – wirtschaftlich gesehen – nur einen „Betriebsvorschuss“ dar, den der stille Gesellschafter für die Dauer der Gesellschaft dem Inhaber treuhänderisch zur Verfügung stellt, um ihn im Falle der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses von diesem in Höhe des tatsächlich geleisteten Betrags zurückzuerhalten, falls er nicht am Verlust beteiligt ist (§ 235 Abs. 1 HGB).
4.21
Wenn sich auch im Regelfall der Beitrag des stillen Gesellschafters in der Leistung der vereinbarten Einlage erschöpft, besteht doch aufgrund des gemeinschaftlichen Zwecks eine mehr oder weniger stark ausgeprägte persönliche Verbundenheit der Beteiligten. Das zeigt sich nicht nur darin, dass sie verpflichtet sind, den gemeinsamen Zweck zu fördern und alles zu unterlassen, was geeignet ist, diesen Zweck zu vereiteln oder zu beeinträchtigen, sondern vor allem darin, dass die Ansprüche der Gesellschafter wie bei jeder echten Gesellschaft grundsätzlich nicht übertragbar sind, ausgenommen die Ansprüche auf den Gewinnanteil und auf das, was dem stillen Gesellschafter bei der Auflösung der Gesellschaft zusteht (§ 717 BGB; Rn. 10.29 ff.). Die Unübertragbarkeit gilt insbesondere für die Beteiligung als solche. Dadurch unterscheidet sie sich vom partiarischen Darlehen, das beliebig übertragbar ist. Auch wenn die Beteiligung des stillen Gesellschafters auf die Leistung der vertraglich übernommenen Vermögenseinlage beschränkt ist und ihm nach dem Gesellschaftsvertrag Mitwirkungsrechte aller Art bei der Führung der Geschäfte ver62
Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
§4
sagt sind, ändert das nichts an der Tatsache, dass die stille Gesellschaft im Innenverhältnis von der gesellschaftlichen Verbundenheit der Beteiligten beherrscht wird (Rn. 12.4 ff.). Der stille Gesellschafter hat gesellschaftsrechtliche Befugnisse, die ohne Zustimmung des Geschäftsinhabers nicht auf einen anderen übertragen werden können. Auf der anderen Seite kann aber auch der Inhaber des Handelsgeschäfts im Zusammenhang mit der Veräußerung des Unternehmens die Beteiligung des stillen Gesellschafters nicht ohne dessen Zustimmung so übertragen, dass dieser künftig am Handelsgewerbe des Erwerbers still beteiligt ist. Die stille Beteiligung beruht nicht nur auf dem Vertrauen zu einem bestimmten Unternehmen, sondern vor allem auf dem Vertrauen des stillen Gesellschafters zu der persönlichen Leistungsfähigkeit dieses Unternehmers. Aus diesem Grund braucht sich der stille Gesellschafter gegen seinen Willen keinen anderen Gesellschafter aufdrängen zu lassen, zu dem er nicht das gleiche Vertrauen entwickeln kann, auch wenn das Unternehmen als solches unverändert bleibt1 (Rn. 12.18; vgl. dazu auch die Ausführungen zur Spaltung Rn. 18.39 ff.).
4.22
Schließlich zeigt sich der personengesellschaftsrechtliche Charakter der stillen Gesellschaft darin, dass beim Tode des Inhabers die stille Gesellschaft aufgelöst wird, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht (Rn. 15.42 f.) – eine Vorschrift, die den Schutz der berechtigten Interessen des stillen Gesellschafters bezweckt. Beim Tod des stillen Gesellschafters dagegen wird der Fortbestand der Gesellschaft im Zweifel nicht berührt (§ 234 Abs. 2 HGB). Diese unterschiedliche Regelung erklärt sich aus der Wertung der Interessen der Beteiligten durch den Gesetzgeber. Dem stillen Gesellschafter soll beim Tode des Inhabers kein Vertragspartner aufgezwungen werden, zu dem er kein Vertrauen hat. Stirbt der stille Gesellschafter, so sieht der Gesetzgeber in der Fortsetzung der Gesellschaft mit dessen Erben regelmäßig keine Gefährdung der Interessen des Inhabers, vor allem dann nicht, wenn der stille Gesellschafter, wie es dem vom Gesetzgeber geregelten Normalfall entspricht, nicht zur persönlichen Mitarbeit verpflichtet, sondern nur kapitalmäßig beteiligt ist.
4.23
III. Die Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft Das gesetzliche Recht der stillen Gesellschaft enthält nur wenige zwingende Regelungen, da angesichts ihres Charakters als reine Innengesellschaft auf Vertretungs- und Gläubigerschutzbestimmungen sowie auf Regelungen bezüglich des Gesellschaftsvermögens verzichtet werden konnte. Die damit weitgehend herrschende Vertragsfreiheit bedingt die große Typenvielfalt der stillen Gesellschaft.
1 A. Hueck in FS Lehmann, S. 239 (251).
63
4.24
§4
Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
Im Allgemeinen wird dabei zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften unterschieden1. Von eminent praktischer Bedeutung ist dabei insbesondere die steuerrechtliche Unterscheidung zwischen der stillen Gesellschaft ohne und der stillen Gesellschaft mit Mitunternehmerschaft des Stillen (siehe dazu Rn. 20.52 ff.). Dieser Unterscheidung kommt auch Bedeutung für die Anwendung des § 236 HGB zu2. Soweit die atypischen Formen der stillen Gesellschaft im Vergleich zur typischen stillen Gesellschaft einer rechtlichen Sonderbehandlung unterworfen sind, wird darauf jeweils im Sachzusammenhang eingegangen. 1. Die typische stille Gesellschaft
4.25
Die typische stille Gesellschaft entspricht dem als solches allgemein unterstellten3 gesetzlichen Leitbild der §§ 230 ff. HGB und enthält sämtliche soeben (Rn. 4.6 ff.) skizzierten Wesensmerkmale. Sie ist in Abgrenzung zu den als atypisch bezeichneten Formen insbesondere durch ihre Zweigliedrigkeit ohne verbandsmäßige Organisation, das Fehlen jeglicher Beteiligung des Stillen am Vermögen des Handelsgewerbes und das Fehlen einer Beteiligung des Stillen an der Geschäftsführung gekennzeichnet. Die typische stille Gesellschaft ist in der Praxis nicht unbedingt die am häufigsten vorkommende Form der stillen Gesellschaft. Angesichts der sich bei der typischen stillen Gesellschaft stellenden Probleme der Gewinnbeteiligung (Rn. 7.1 ff., 14.1 ff.) erscheint es ohnehin ratsam, die stille Gesellschaft zumindest hinsichtlich der schuldrechtlichen Beteiligung des Stillen am Vermögen des Handelsgewerbes (siehe dazu sogleich Rn. 4.28 ff.) atypisch auszugestalten. 2. Atypische Formen der stillen Gesellschaft
4.26
Je nach Art der Abweichung vom gesetzlichen Idealtypus unterscheidet man die folgenden Formen einer atypischen stillen Gesellschaft im zivilrechtlichen und steuerrechtlichen Sinne. Hierbei handelt es sich wiederum um bestimmte, in der Praxis häufig vorkommende Typen, die ihrerseits verschiedene Ausprägungen annehmen und insbesondere auch kombiniert vorliegen können. a) Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft
4.27
Beteiligt sich eine Vielzahl von untereinander in der Regel nicht bekannten stillen Anlegern kapitalistisch an einer körperschaftlich verfassten Personengesellschaft, so spricht man von einer stillen Publikumspersonengesellschaft. 1 Intensive Diskussion der Abgrenzung vgl. aus jüngerer Zeit BFH v. 26. 11. 2003 – VIII R 64/03, GmbHR 2004, 436; FG Münster v. 5. 12. 2003 – 11 K 1478/02 F, EFG 2004, 404; FG Baden-Württemberg v. 3. 12. 2004 – 10 K 225/01, EFG 2005, 530; FG Düsseldorf v. 25. 10. 2006 – 7 K 2887/05 G, EFG 2007, 704. 2 LG Berlin v. 29. 10. 2003 – 100 O 124/03, ZInsO 2004, 689. 3 Weder der Gesetzestext noch die Entstehungsgeschichte des ADHGB bzw. HGB belegen allerdings die gesetzgeberische Entscheidung für einen bestimmten Typus der stillen Gesellschaft.
64
Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
§4
Eine stille Publikumsgesellschaft entsteht durch die Beteiligung mehrerer stiller Gesellschafter auf der Grundlage mehrerer selbständiger, aber gleich lautender Gesellschaftsverträge oder auf der Grundlage eines einheitlichen Gesellschaftsvertrags (siehe dazu näher Rn. 9.31). Häufig ist in diesem Zusammenhang auch die Kombination von stiller Beteiligung und Kommanditbeteiligung (zur sog. gesplitteten Einlage siehe auch Rn. 17.12). Die Ausgestaltung als stille Publikumsgesellschaft ist nicht notwendig gleichbedeutend mit einer „atypischen“ stillen Gesellschaft. Hierbei bedarf es einer Entscheidung nach dem konkreten Einzelfall, ob besondere Umstände die Einordnung des Gesellschafters als „atypisch“ rechtfertigen1. In der stillen Publikumsgesellschaft entsteht regelmäßig ein Bedürfnis nach Koordination der verschiedenen Rechtsverhältnisse mit den einzelnen Stillen in Form einer eigenen Verbandsstruktur. Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwieweit die stille Publikumsgesellschaft aufgrund ihrer körperschaftsähnlichen Struktur einer Sonderbehandlung im Hinblick auf den Vertragsschluss durch den Geschäftsinhaber, die Form des Vertragsschlusses, die Vertragsauslegung, die Anwendbarkeit des § 708 BGB zu unterwerfen ist und inwieweit die Bestimmungen des Anlegerschutzes insbesondere betreffend die vertragliche Inhaltskontrolle und den Kündigungsschutz bei ihr zum Tragen kommen (dazu ausführlich unten § 19 „Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft“). b) Die stille Gesellschaft mit Vermögensbeteiligung des Stillen Bei der atypischen stillen Gesellschaft mit Vermögensbeteiligung wird auf schuldrechtlichem Wege eine echte Wertbeteiligung des Stillen an der Substanz des Handelsgewerbes geschaffen2. Der Grund für solche von dem Normaltypus der stillen Gesellschaft abweichende Vereinbarungen liegt meist in dem Drang nach Sachwerten und nach Teilhabe an der Sachwertsicherung. Auch bei derartigen Vertragsgestaltungen entsteht jedoch kein Gesamthandsvermögen. Der stille Gesellschafter wird lediglich obligatorisch so gestellt, als ob tatsächlich zwischen ihm und dem Inhaber des Handelsgeschäfts eine dingliche Vermögensgemeinschaft bestanden habe3. Dieser Anspruch bedingt für den Stillen die Erweiterung seines Anteils am Gewinn und seines mit Auflösung der Gesellschaft entstehenden Auseinandersetzungsguthabens (Rn. 14.40 f.). 1 Vgl. zur Abgrenzung zwischen typischer und atypischer stiller Beteiligung LG Berlin v. 29. 10. 2003 – 100 O 124/03, ZInsO 2004, 689. 2 Vgl. BGH v. 29. 11. 1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157; Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 34 f.; Siebert, StbJb. 1955/56, 299 (304); Siebert, NJW 1953, 806; Post/Hoffmann, Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, S. 29, Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 130 ff. 3 Vgl. RG v. 20. 12. 1929 – II 66/29, RGZ 126, 386 (390); FG Baden-Württemberg v. 26. 9. 1973 – V 99/73, EFG 1974, 118; BGH v. 24. 9. 1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (178); Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 60 ff.; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 50; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 335 HGB Anm. 28; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 80 (aber: „Innen-KG“).
65
4.28
§4
Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
4.29
Den Gläubigern des Inhabers gegenüber kann sich der stille Gesellschafter jedoch nicht auf seine obligatorische Mitberechtigung berufen – auch dann nicht, wenn er allein das gesamte Geschäftsvermögen eingebracht hat. Auch in diesem Falle hat er keinen Anspruch auf Herausgabe des Geschäftsvermögens, sondern nur einen Anspruch auf Auseinandersetzung gemäß § 235 HGB. Der Auseinandersetzungsanspruch beschränkt sich aber nicht wie im Falle der typischen stillen Gesellschaft auf die Rückzahlung der gegebenenfalls durch Verluste verminderten Vermögenseinlage. Es wird vielmehr das gesamte Geschäftsvermögen aufgrund einer Liquidationsbilanz ermittelt und aufgrund dieser Bilanz das Auseinandersetzungsguthaben unter Berücksichtigung des vereinbarten Beteiligungsschlüssels festgestellt, weil anders der Anteil des stillen Gesellschafters an den Rücklagen und am Geschäfts- oder Firmenwert nicht ermittelt werden kann. Eine tatsächliche Liquidation findet regelmäßig nicht statt. Vielmehr führt der Inhaber nach dem Ausscheiden des stillen Gesellschafters das Handelsgewerbe auf eigene Rechnung weiter.
4.30
Gegen die schuldrechtliche, auf das Innenverhältnis beschränkte Vermögensbeteiligung des Stillen bestehen keine rechtlichen Bedenken, wenn nur das Handelsgewerbe nach außen allein auf den Namen des Inhabers geführt wird und dementsprechend eine etwaige Vertretungsbefugnis des stillen Gesellschafters sich als Vertretung des Geschäftsinhabers und nicht als Vertretung der Gesellschaft darstellt. Eine schuldrechtliche Beteiligung des stillen Gesellschafters am Geschäftsvermögen und an der Geschäftsführung steht mit dem Wesen der stillen Gesellschaft nicht im Widerspruch.
4.31
In aller Regel wird die Vereinbarung einer schuldrechtlichen Vermögensbeteiligung mit einer Erweiterung der Kontrollrechte des Stillen und einer gesteigerten Treuepflicht der Gesellschafter verbunden sein1. Entgegen einer älteren Auffassung2 ist damit jedoch keine Änderung des Gesellschaftszwecks von der bloßen Gewinnerzielung hin zu einer Vermehrung des Gesellschaftsvermögens verbunden, da sich beides nicht voneinander trennen lässt3. c) Die stille Gesellschaft mit Geschäftsführungsbeteiligung des Stillen
4.32
Die Geschäftsführungsbeteiligung des Stillen setzt seine Mitwirkung an Geschäftsführungsmaßnahmen des Geschäftsinhabers zumindest in Gestalt von Zustimmungs- bzw. Widerspruchsrechten voraus4. Die bloße Erweiterung seiner in § 233 HGB normierten Kontrollrechte ist hierfür nicht ausreichend. Die Mitwirkung des Stillen kann durchaus so weitgehend ausgestaltet sein, dass ihm unmittelbare Geschäftsführungs- und Entscheidungsbefugnisse zustehen. Allerdings gilt auch hier, dass sich diese Rechte nur auf das Innenverhältnis beschränken. Daher ist eine Geschäftsführungsmaßnahme des Geschäftsinhabers, die aufgrund des Gesellschaftsvertrags im Innenverhältnis nur mit Zu1 2 3 4
Vgl. dazu Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 73 Rn. 35. Vgl. dazu Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 72. Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 73 Rn. 36. Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 35 f.
66
Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
§4
stimmung des Stillen durchgeführt werden darf, im Außenverhältnis auch ohne Erteilung der Zustimmung wirksam. d) Die atypische stille Gesellschaft i.S. des Steuerrechts Um eine atypische stille Gesellschaft i.S. des Steuerrechts handelt es sich, wenn das stille Gesellschaftsverhältnis die Kriterien der steuerlichen Mitunternehmerschaft (§§ 20 Abs. 1 Nr. 4 und 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) erfüllt (siehe dazu näher unten Rn. 22.3 ff.). Eine atypische stille Gesellschaft im zivilrechtlichen Sinne kann, muss aber nicht auch eine atypische stille Gesellschaft im steuerrechtlichen Sinne sein.
4.33
IV. Zusammenfassung Durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrags entsteht zwischen den Beteiligten ein auf Beitragsleistung, Gewinnverteilung und Auseinandersetzung nach der Beendigung der stillen Gesellschaft gerichtetes echtes Gesellschaftsverhältnis. Im Gegensatz zu den handelsrechtlichen Personengesellschaften und zur Gesellschaft des bürgerlichen Rechts führt die Errichtung der stillen Gesellschaft nicht zu einer Vergemeinschaftung des Geschäftsvermögens. Es gibt weder bei der typischen noch bei der atypischen stillen Gesellschaft ein Gesellschaftsvermögen, das als Sondervermögen beiden Gesellschaftern zur gesamten Hand zusteht. Das Geschäftsvermögen und die einzelnen Rechte, aus denen es sich zusammensetzt, sind allein dem Geschäftsinhaber zugeordnet. Der stille Gesellschafter ist daran nicht beteiligt. Seine Privatgläubiger können sich somit nur aus dem befriedigen, was ihm als anteiliger Gewinn oder bei einer Auseinandersetzung zufällt. Die stille Gesellschaft als solche kann weder klagen noch verklagt werden. Den stillen Gesellschafter trifft keine Haftung für die Geschäftsschulden. Es gibt keine Sonderinsolvenz der stillen Gesellschaft. Gleichwohl ist sie als Innengesellschaft eine echte Gesellschaft i.S. von § 705 BGB. Entscheidend dafür ist der gemeinsame Zweck, zu dessen Erreichung sich die Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten. Die stille Gesellschaft ist nicht nur ein Schuldverhältnis unter den Gesellschaftern, sondern zugleich eine sozialrechtlich verbundene Personengemeinschaft, aus der sich für die Beteiligten echte gesellschaftsrechtliche Rechte und Pflichten ergeben. Die stille Gesellschaft hat die Wesensmerkmale einer Personengesellschaft, die auf der persönlichen Verbundenheit der Gesellschafter beruht, wenn sich auch im Falle der vom Gesetzgeber geregelten typischen stillen Gesellschaft die Beteiligung des stillen Gesellschafters in seiner Vermögenseinlage erschöpft. Der personenrechtliche Charakter zeigt sich vor allem in der grundsätzlichen Unübertragbarkeit der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung auf einen anderen sowie darin, dass das Gesellschaftsverhältnis, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht, durch den Tod des Geschäftsinhabers, nicht dagegen durch den Tod des stillen Gesellschafters beendet wird.
67
4.34
§4
Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
Da die meisten Vorschriften aus dem Recht der stillen Gesellschaft dispositiver Natur sind, können die Beteiligten von dem Normaltypus abweichen und atypische Gebilde schaffen. Die Abweichungen liegen in der Erweiterung der Rechte des stillen Gesellschafters. Er kann über die im Gesetz vorgesehene Gewinn-(Verlust-)Beteiligung hinaus – wenn auch nur mit schuldrechtlicher, auf das Innenverhältnis beschränkter Wirkung – am Geschäftsvermögen (an den stillen Rücklagen, am Geschäfts- oder Firmenwert) beteiligt werden mit der Maßgabe, dass bei Beendigung der stillen Gesellschaft die Auseinandersetzung so stattzufinden hat, als ob zwischen ihm und dem Inhaber in Ansehung des Geschäftsvermögens eine Vermögensgemeinschaft bestanden habe. Ihm können, obwohl das Gesetz es nicht vorsieht, Geschäftsführungsbefugnisse übertragen werden, die ihm eine Stellung verschaffen, die wirtschaftlich der eines Unternehmers gleicht oder zumindest angenähert ist. Beide Gestaltungen können je für sich vereinbart werden; sie können aber auch miteinander verbunden sein. Das Steuerrecht unterscheidet aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ebenfalls zwischen der typischen und der atypischen stillen Gesellschaft und stellt letztere als „Mitunternehmerschaft“ den handelsrechtlichen Personengesellschaften gleich.
68
§ 5 Die beteiligten Personen Schrifttum: Bamberger, Heinz Georg/Roth, Herbert, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 3: §§ 1297–2385, EGBGB, 2. Aufl. 2008; von Bar, Christian, Internationales Privatrecht, 2. Band: Besonderer Teil, 1991; Beuthien, Volker, Genossenschaftsgesetz, 14. Aufl. 2004; Beuthien, Volker, Der atypische stille Gesellschafter, NZG 2003, 849; Bicker, Eike Thomas, Gläubigerschutz in der grenzüberschreitenden Konzerngesellschaft, Diss. Freiburg i.Br., 2006; Blaurock, Uwe, Zur stillen Beteiligung mehrerer Personen an einer Apotheke, NJW 1972, 1119; Blaurock, Uwe, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, 1981; Blaurock, Uwe, Die GmbH & Still im Steuerrecht, BB 1992, 1969; Blaurock, Uwe, Die Limited & Still, in Festschrift für Harm Peter Westermann zum 70. Geburtstag, 2008, S. 821 ff.; Canaris, Claus-Wilhelm, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006; Ebert, Sabine, The Law Applicable to Groups of Companies Involving European Companies (Societas Europea), 25 Company Lawyer 2004, 108; Eidenmüller, Horst, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 2004; Eidenmüller, Horst, Mobilität und Restrukturierung von Unternehmen im Binnenmarkt, JZ 2004, 24; Hadding, Walther, Zur gesellschaftsrechtlichen Vereinbarkeit von stillen Vermögenseinlagen und Genussrechten mit dem Forderungszweck eingetragener Kreditgenossenschaften, ZIP 1984, 1295; Horn, Norbert, Unternehmensbeteiligung der Arbeitnehmer und Gesellschaftsrecht, ZGR 1974, 133; Janzen, Harald, Die Übertragung und Belastung von Mitgliedschaften in der stillen Gesellschaft, Diss. Marburg, 1979; Kauffeld, Hans-Georg, Die partielle Unternehmensbeteiligung, 2008; König, Johannes, Die subjektive Steuerpflicht der Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts nach dem deutschen Körperschaftsteuerrecht, Diss. Münster, 1958; Lang, Johannes/ Weidmüller, Ludwig, Genossenschaftsgesetz, 36. Aufl. 2008; Lentner, Anton J., Das Gesellschaftsrecht der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV), 1994; Lindley, Nathaniel/Banks, Roderick C. I’Anson, Partnership, 18th ed. 2002; Möhle, Fritz, Die Personengesellschaft OHG, KG, StG, 2. Aufl. 1957; Paulick, Heinz, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, zugleich ein Beitrag zur Typenlehre im Gesellschaftsrecht, 1954; Paulick, Heinz, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956; Paulick, Heinz, Die Einmann-GmbH Stille Gesellschaft (StG) im Steuerrecht, GmbHR 1982, 237; Reuter, Dieter, Verbesserung der Risikokapitalausstattung der Unternehmen durch Mitarbeiterbeteiligung?, NJW 1984, 1849; Schmidt, Karsten, Die Vertragsparteien bei der stillen Beteiligung, DB 1976, 1705; Schmidt, Karsten, Sozialansprüche und actio pro socio bei der „GmbH & Still“ – Zur Binnenverfassung der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft, in Festschrift für Gerold Bezzenberger, 2000, S. 401 ff.; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die Einmann-GmbH & Still und Mitunternehmerschaft, GmbHR 1983, 202; Sudhoff, Heinrich, Die GmbH & Co. StG, DB 1969, 2069; Tiedtke, Klaus, Die schenkweise Zuwendung einer stillen Beteiligung an ein minderjähriges Kind, BB 1988, 946.
I. Der Inhaber des Handelsgewerbes Der Kaufmannsbegriff bildet nicht nur den entscheidenden Zugang zum Handelsrecht, sondern auch zum Recht der stillen Gesellschaft.
69
5.1
§5
Die beteiligten Personen
1. Die Kaufmannseigenschaft des Geschäftsinhabers
5.2
Taugliches Beteiligungssubjekt i.S. der §§ 230 ff. HGB ist nur derjenige, der ein „Handelsgewerbe“ mit Gewinnerzielungsabsicht1 betreibt. Das Gesetz nennt ihn den Inhaber des Handelsgeschäfts. Er muss stets Kaufmann i.S. des HGB sein2.
5.3
Gemäß § 1 Abs. 1 HGB kann nur derjenige Kaufmann sein, der ein Handelsgewerbe betreibt. Zusätzlich ist erforderlich, dass das Handelsgewerbe nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 1 Abs. 2 HGB). Bedarf es keines kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetriebs, kann der Gewerbetreibende die Kaufmannseigenschaft durch Eintragung im Handelsregister erlangen (§ 2 Abs. 1 HGB). Handelsgesellschaften haben kraft Gesetzes Kaufmannseigenschaft (§ 6 HGB).
5.4
Fehlt dem Inhaber die Kaufmannseigenschaft, so kann eine stille Gesellschaft im Rechtssinne nicht entstehen. Daraus folgt aber nicht, dass der Gesellschaftsvertrag nichtig wäre; er kann nur keine stille Gesellschaft begründen. Das Vertragsverhältnis wird in der Regel nach den Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu beurteilen sein, wobei es den Beteiligten im Rahmen des dispositiven Rechts vorbehalten ist zu vereinbaren, dass sich ihre Rechtsbeziehungen im Innenverhältnis nach den Vorschriften über die stille Gesellschaft bestimmen sollen, soweit sie passen. Das gilt im Zweifel nicht für die §§ 233 Abs. 3 HGB, 136 InsO3.
5.5
§ 230 Abs. 1 HGB schließt somit die stille Beteiligung an land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben aus, soweit es sich nicht um im Handelsregister eingetragene land- oder forstwirtschaftliche Unternehmen i.S. des § 3 Abs. 2 HGB oder um land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe i.S. des § 3 Abs. 3 HGB handelt. Ebenso kommt eine stille Beteiligung an einer freiberuflichen Tätigkeit4, an einem eingetragenen Verein i.S. des § 21 BGB sowie an einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (§ 15 VAG) nicht in Betracht. Denkbar ist in diesen Fällen lediglich die Entstehung einer stillen Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (siehe dazu näher Rn. 8.2 f.). 1 Vgl. zu diesem Erfordernis Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 75 Rn. 2; vgl. zur stillen Beteiligung am Handelsgewerbe einer Genossenschaft Rn. 5.22, am Handelsgewerbe einer Gesellschaft in Liquidation Rn. 5.28 und am Handelsgewerbe einer Gebietskörperschaft Rn. 5.27. 2 So Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 6 ff.; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 45; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rn. 34 ff.; in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rn. 5; so nun auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 19; a.A. K. Schmidt, DB 1976, 1707 (1708), der die §§ 230 ff. HGB auch auf nichtkaufmännische Unternehmen anwenden wollte; vgl. dazu auch Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 25 f., 38 f. 3 Vgl. BGH v. 22. 6. 1981 – II ZR 94/80, NJW 1982, 99 m. Anm. K. Schmidt, JuS 1982, 139; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rn. 40. 4 A.A. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 25, 121; wie hier BFH v. 21. 9. 1989 – IV R 126/88, BFH-NV Nr. 11/90, 692 und Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 75 Rn. 1.
70
Die beteiligten Personen
§5
Durch die stille Beteiligung an einer Gelegenheitsgesellschaft, bei der es an dem gemeinsamen dauernden Gewinnstreben einer Handelsgesellschaft fehlt, entsteht lediglich eine stille Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, auf die die Regelungen der §§ 230 ff. HGB allerdings entsprechend anwendbar sind (siehe dazu näher Rn. 8.3).
5.6
Erbengemeinschaften können in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit Inhaber eines Handelsgeschäftes und als solche prinzipiell Partner einer stillen Gesellschaft sein. Bei langfristiger Fortsetzung des Handelsgeschäfts unter der bisherigen Firma ohne Nachfolgezusatz und ohne Eintragung der neuen Inhaber im Handelsregister müssen sich die Erben allerdings zumindest so behandeln lassen, als würden sie das Unternehmen in der Rechtsform der OHG fortführen. Der Abschluss eines stillen Beteiligungsvertrages kann dabei als Indiz für einen derartigen Fortsetzungswillen der Erben herangezogen werden1.
5.7
Fraglich ist die Möglichkeit einer Beteiligung als stiller Gesellschafter an einer Partnerschaftsgesellschaft. Dagegen spricht in erster Linie die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 2 PartGG, derzufolge die Partnerschaftsgesellschaft kein Handelsgewerbe ausübt. Andererseits stellt die Partnerschaft als rechtsfähige Personengesellschaft eine strukturgleiche Variante der offenen Handelsgesellschaft (sog. Schwesterfigur zur OHG) dar. Für die Bejahung der Möglichkeit einer Beteiligung als stiller Gesellschafter spricht auch, dass einige Berufsgruppen (z.B. Wirtschaftsprüfer und Steuerberater) Handelsgesellschaften gründen können, obwohl sie kein Handelsgewerbe betreiben. Somit können Zusammenschlüsse, die die Voraussetzungen von § 2 HGB und § 1 Abs. 2 PartGG erfüllen, zwischen der Handelsgesellschaft und der Partnerschaftsgesellschaft wählen. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ist aber nur im ersten Fall eine stille Beteiligung i.S. der §§ 230 ff. HGB möglich. Dieses Ergebnis mag insofern unbefriedigend erscheinen, als die Möglichkeit einer Beteiligung als stiller Gesellschafter allein von der Rechtsformwahl abhängen würde, obwohl die Gesellschaft in beiden Fällen die gleiche Tätigkeit ausübt und im Wesentlichen die gleichen gesetzlichen Vorschriften Anwendung finden. In Fällen, in denen sich jemand still an einer Partnerschaftsgesellschaft beteiligt und eine stille Gesellschaft des bürgerlichen Rechts entsteht, müssen die §§ 230 ff. HGB deshalb entsprechend anwendbar sein (siehe dazu näher Rn. 8.3).
5.8
Gewährt der Gesellschaftsvertrag dem stillen Gesellschafter Rechte, die ihm eine maßgebliche Einflussnahme auf Leitung und Verwaltung der Partnerschaft ermöglichen (atypisch stille Gesellschaft), sind berufsständische Beschränkungen, insbesondere bei der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, zu beachten (siehe dazu näher Rn. 9.74 ff.).
5.9
1 Vgl. zum Ganzen BGH v. 21. 5. 1955 – IV ZR 7/55, BGHZ 17, 299 (302); Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 14; K. Schmidt, DB 1976, 1706; vgl. auch BFH v. 9. 7. 1987 – IV R 95/85, BFHE 150, 539 = BStBl. II 1988, 245 = BB 1988, 43; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 75 Rn. 8.
71
§5
Die beteiligten Personen
2. Das Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers Als Inhaber des Handelsgewerbes, an dem eine stille Beteiligung begründet werden kann, kommen in Betracht: a) Kaufleute nach § 1 HGB
5.10
Kaufmann nach § 1 Abs. 1 HGB ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Der Begriff des Handelsgewerbes wurde inhaltlich in § 1 Abs. 2 HGB ausgestaltet: Handelsgewerbe ist „jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.“
5.11
Im Interesse der Rechtssicherheit hat der Gesetzgeber § 1 Abs. 2 HGB als widerlegliche Vermutung („es sei denn“) ausgestaltet, so dass bei Vorliegen eines Gewerbes – gleich welcher Art – von der Eigenschaft als Handelsgewerbe und damit vom Kaufmannsstatus ausgegangen werden kann. Die Vermutung spricht auch für das Vorliegen eines Rechtssubjekts, mit dem eine stille Gesellschaftsbeteiligung eingegangen werden kann. Wer ein anderes behauptet, trägt dafür die Darlegungs- und Beweislast.
5.12
Die nach § 29 HGB obligatorische Eintragung hat deklaratorischen Charakter. Somit wird eine stille Beteiligung an einem Gewerbe des § 1 Abs. 2 HGB schon mit Vertragsabschluss wirksam.
5.13
Der Kaufmannsbegriff erfasst aber nicht alle Unternehmen. Auch nach der Reform des HGB im Jahr 1998 bleibt es beim hergebrachten Grundsatz, dass Freiberufler nicht Kaufleute sein können1. b) Kaufleute nach § 2 HGB
5.14
Kaufleute sind auch diejenigen Kleingewerbetreibenden, die von der Option in § 2 Satz 1 HGB zur Handelsregistereintragung Gebrauch gemacht haben. Als solche unterliegen sie dann aber den Regelungen des Handelsrechts zur Gänze2, insbesondere der Buchführungspflicht nach § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB.
5.15
Da in diesen Fällen die Eintragung im Handelsregister konstitutive Bedeutung hat, liegt vor der Eintragung kein Handelsgewerbe vor. Das schließt nicht aus, dass ein auf Errichtung einer stillen Gesellschaft gerichteter Vertrag, in dem sich der künftige Inhaber und der stille Gesellschafter verpflichten, einerseits die Eintragung im Handelsregister herbeizuführen und den Geschäftsbetrieb aufzunehmen und andererseits die vereinbarte Vermögenseinlage zu leisten, schon vor der Eintragung rechtswirksam abgeschlossen werden kann. Die stille Gesellschaft als solche wird jedoch erst mit der Eintragung gemäß § 2 HGB 1 Röhricht in Röhricht/Graf von Westphalen, Einleitung Rn. 38; Canaris, Handelsrecht, § 2 Rn. 8 ff.; hierzu kritisch: K. Schmidt, Handelsrecht, § 9 IV 2a cc; K. Schmidt, ZIP 1997, 909 (911). 2 Canaris, Handelsrecht, § 3 Rn. 16; Roth in Koller/Roth/Morck, § 2 HGB Rn. 1.
72
Die beteiligten Personen
§5
wirksam1. Kommt der Inhaber seiner Verpflichtung zur Herbeiführung der Registereintragung und zur Aufnahme des Geschäftsbetriebs nicht nach, kann der stille Gesellschafter auf Erfüllung klagen. Karsten Schmidt bezeichnete dieses Ergebnis als engherzig und unbefriedigend2. Nunmehr sieht auch er die Lösung des Problems darin, dass man vor der Eintragung im Handelsregister auf Beteiligungen an nichtkaufmännischen Unternehmen die §§ 230 ff. HGB entsprechend anwendet3. c) Kaufleute nach § 3 HGB Inhaber von land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmen, die gemäß § 2 HGB im Handelsregister eingetragen sind (§ 3 Abs. 2 HGB), und von land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieben, die im Handelsregister eingetragen sind (§ 3 Abs. 3 HGB), sind Kaufleute. Auch hier kommt dem Registereintrag konstitutive Bedeutung zu. Es gelten die Ausführungen zu Rn. 5.14.
5.16
d) Scheinkaufleute nach § 5 HGB Hat jemand, der im Handelsregister eingetragen ist, in Wirklichkeit aber kein Handelsgewerbe betreibt, einen stillen Gesellschafter aufgenommen, so kann gegenüber demjenigen, welcher sich auf die Eintragung beruft, nicht geltend gemacht werden, dass das unter der Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei. Das gilt nicht nur im Innenverhältnis zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter, sondern auch im Verhältnis zu dritten Personen, z.B. für die Zulässigkeit der besonderen Insolvenzanfechtung gegenüber dem stillen Gesellschafter gemäß § 136 InsO (dazu unten Rn. 17.75 ff.). Dies ergibt sich aus §§ 2 und 105 Abs. 2 HGB4. Daher ist § 5 HGB in seinem Anwendungsbereich stark eingeschränkt, wenn nicht sogar überflüssig5. e) Handelsgesellschaften nach § 6 HGB Stille Gesellschafter können aufgenommen werden von – Personengesellschaften (vgl. Rn. 5.18 f.), – Kapitalgesellschaften außer Genossenschaften (vgl. Rn. 5.20), – Vorgesellschaften (vgl. Rn. 5.21), 1 So jetzt auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 19; a.A. noch K. Schmidt, DB 1976, 1707. Da es für K. Schmidt im Ergebnis nicht auf die Kaufmannseigenschaft des Geschäftsinhabers, sondern auf das Vorhandensein eines Unternehmens ankam, konnte jeder Sollkaufmann unabhängig davon, ob er im Handelsregister eingetragen war oder nicht, ein stilles Beteiligungsverhältnis begründen. 2 K. Schmidt, DB 1976, 1707. 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 19, 23 f.; so auch BFH v. 10. 7. 2001 – VIII R 45/98, DB 2001, 2072. 4 Bei entsprechend weiter Auslegung; ebenso: K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 21. 5 So K. Schmidt, ZIP 1997, 909 (914); a.A. Canaris, Handelsrecht, § 3 Rn. 49.
73
5.17
§5
Die beteiligten Personen
– eingetragenen Genossenschaften (vgl. Rn. 5.22 ff.), – EWIV (vgl. Rn. 5.24) und – europäischen Auslandsgesellschaften und der SE (vgl. Rn. 5.25 f.). aa) Personengesellschaften1
5.18
Zu den Personengesellschaften zählen die offene Handelsgesellschaft (§§ 105–160 HGB) und die Kommanditgesellschaft (§§ 161–177 HGB). Über die Berechtigung zur Aufnahme eines stillen Gesellschafters vgl. unten Rn. 9.50 ff. Statt der Möglichkeit zur Begründung einer stillen Gesellschaft mit einer BGB-Gesellschaft von Kleingewerbetreibenden besteht gemäß § 105 Abs. 2 HGB die Option, dass sich Kleingewerbetreibende zu einer OHG oder KG zusammenschließen. Hierzu muss die Handelsregistereintragung herbeigeführt werden2, wodurch die Wirksamkeit der Gesellschaft nach außen konstituiert wird (§§ 105 Abs. 2, 123 Abs. 2 Halbs. 2 HGB). Als Personenhandelsgesellschaft gelten für sie gemäß § 6 Abs. 1 HGB die Vorschriften für Kaufleute, eine stille Gesellschaftsbeteiligung nach den §§ 230 ff. HGB ist möglich.
5.19
Von wesentlicher Bedeutung ist die Vorschrift des § 105 Abs. 2 HGB für die stille Gesellschaft vor allem aber unter einem anderen Gesichtspunkt: Gemäß § 105 Abs. 2 HGB wird die Eintragungsoption auch den vermögensverwaltenden Gesellschaften eröffnet. bb) Kapitalgesellschaften außer Genossenschaften
5.20
Betreibt eine Aktiengesellschaft, § 3 AktG, eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, §§ 3 und 278 Abs. 3 AktG, oder eine GmbH, § 13 Abs. 3 GmbHG, kein Handelsgewerbe, weil sie ausschließlich ideelle Zwecke verfolgt, so kann auch sie einen stillen Gesellschafter aufnehmen, da sie Kaufmann kraft Rechtsform gemäß § 6 HGB ist3. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit kann die Entscheidung der Frage, ob die Kapitalgesellschaften ein Handelsgewerbe betreiben oder nicht, nicht der Beurteilung im Einzelfall überlassen bleiben. Es muss vielmehr von einer einheitlichen Voraussetzung ausgegangen werden. Diese besteht bei allen Unternehmen, die nicht einen Handelsgewerbebetrieb zum Gegenstand haben, in der Eintragung im Handelsregister.
1 RG v. 20. 12. 1929 – II 66/29, RGZ 126, 386; RG v. 8. 1. 1937 – II 122/36, RGZ 153, 371; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 75 Rn. 5. 2 von Gerkan/Haas in Röhricht/Graf von Westphalen, § 105 HGB Rn. 8b. 3 Vgl. BFH v. 21. 6. 1983 – VIII R 237/80, BB 1983, 1515 = DB 1983, 1743 = GmbHR 1983, 281 und BMF v. 26. 11. 1987-IV B 2-S 2241-61/87, BStBl. I 1987, 765; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 20; a.A. Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 36; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 13, die davon ausgehen, dass die Formkaufleute gemäß § 6 HGB nicht schon deshalb stille Gesellschaftsverhältnisse begründen können, weil sie Kaufmannseigenschaft kraft Rechtsform besitzen; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 75 Rn. 10, die eine planmäßige Gewinnerzielung fordern.
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Die beteiligten Personen
§5
Handelt es sich um Aktiengesellschaften für einen bestimmten Investitionstyp, so ist jedoch zu differenzieren: Kapitalanlagegesellschaften und Investment-AGs ist die Aufnahme kurzfristiger Kredite gemäß § 53 bzw. § 99 Abs. 3 InvG nur bis zu 10 % der Höhe des Sondervermögens bzw. Gesellschaftsvermögens gestattet. Es handelt sich hierbei um Verbotsgesetze, da die unzulässige Darlehensaufnahme gemäß § 143 Abs. 1 Nr. 2 InvG ordnungswidrig ist. Daraus ergibt sich, dass langfristige Kreditbeziehungen grundsätzlich nicht eingegangen werden dürfen. Deshalb muss auch die Aufnahme stiller Gesellschafter ausgeschlossen sein. Hingegen kann die REIT-AG stille Gesellschafter beteiligen. Jedoch muss darauf geachtet werden, dass das Eigenkapital 45 % des unbeweglichen Vermögens im Einzel- oder Konzernabschluss nicht unterschreitet. Die übermäßige Fremdkapitalaufnahme ist steuerschädlich gemäß § 18 Abs. 4 i.V.m. § 15 REITG. cc) Vorgesellschaften Die unter Rn. 5.20 genannten Kapitalgesellschaften können auch im Stadium zwischen ihrer Errichtung und der Erlangung der Rechtsfähigkeit stille Gesellschafter aufnehmen. Das gilt insbesondere für die Vor-Aktiengesellschaft und die Vor-GmbH1.
5.21
dd) Eingetragene Genossenschaften Ob an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften i.S. des Genossenschaftsgesetzes eine stille Beteiligung begründet werden kann, war lange Zeit umstritten2. Die Bedenken ergaben sich aus der arteigenen Förderungsaufgabe der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, denen es gemäß § 1 Abs. 1 GenG obliegt, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs zu fördern, nicht aber zum Zwecke der Gewinnerzielung am allgemeinen Güteraustausch teilzunehmen. Aus diesem Grund wurde überwiegend die Auffassung vertreten, eine stille Beteiligung an einer Genossenschaft sei mit dem Wesen und der Aufgabenstellung der e.G. nicht vereinbar; außerdem regelten die §§ 19, 20 i.V.m. § 18 Satz 2 GenG zwingend und abschließend die Gewinnverwendung, so dass eine Gewinnausschüttung an Nichtmitglieder unmöglich sei3.
5.22
Diese Bedenken gegen die Zulässigkeit einer stillen Beteiligung an einer eingetragenen Genossenschaft sind heute, nachdem sich die Genossenschaften zu echten Unternehmen entwickelt haben, die zur Erhaltung der Wettbewerbs-
5.23
1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 27. 2 Vgl. dazu Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 75 Rn. 13; Hadding, ZIP 1984, 1295. 3 Vgl. zu dieser Ansicht Paulick, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, S. 144; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, S. 134 ff.; Schnorr von Carolsfeld, ZfG 9 (1959), 50; K. Schmidt, DB 1976, 1705 (1707); so auch noch Metz in Lang/Weidmüller, 32. Aufl. 1988, § 1 GenG Rn. 269; siehe jetzt aber Schulte in Lang/Weidmüller, § 1 GenG Rn. 100 f.
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§5
Die beteiligten Personen
fähigkeit auf Gewinnerzielung nicht verzichten können und deshalb wegen ihrer gesetzlich beschränkten Kapitalverhältnisse mehr als andere Unternehmen auf die Stärkung ihres Betriebskapitals bedacht sein müssen, unbegründet und überholt. Die Gewinnerzielungsabsicht ist für die eingetragene Genossenschaft heute unabdingbar. Lediglich die Art und Weise der Gewinnverwendung muss dem gesetzlichen Förderungszweck der eingetragenen Genossenschaft entsprechen. Auf die Gefahr der Unterwanderung des Genossenschaftszwecks durch Nichtmitgliedergeschäfte kommt es nach der Änderung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 GenG nicht mehr an, da nunmehr solche Geschäfte uneingeschränkt zulässig sind. Auch § 19 Abs. 1 GenG, der eine Verteilung des Jahresgewinns auf die Genossen vorsieht, regelt nur die Verteilung des Bilanzgewinns, von dem der Gewinnanteil des Stillen bereits zuvor abzuziehen ist1. Problematisch ist allenfalls die atypisch stille Beteiligung, wenn der atypisch Stille kein Genosse ist. Doch hat der atypisch Stille weniger Rechte als ein Genosse. Das Abfindungsguthaben des atypisch stillen Gesellschafters bemisst sich nach dem anteilig erzielten Wirtschaftsergebnis, so dass ein Zugriff auf von Genossen erwirtschaftete Rücklagen nicht stattfindet2. Eine stille Gesellschaft kann deshalb auch an einer eingetragenen Genossenschaft wirksam begründet werden. ee) EWIV
5.24
Zweifelhaft ist, ob die EWIV stille Gesellschafter aufnehmen kann, denn der EWIV ist es nach Art. 3 Abs. 1 EWIV-VO ausdrücklich untersagt, Gewinne für sich selbst zu erzielen. Angesichts der Tatsache, dass die Tätigkeit der EWIV im Gegensatz selbst zur Genossenschaft ausdrücklich auf die Unterstützung ihrer Mitglieder, also auf Hilfstätigkeiten beschränkt ist und die Gewinnerzielung allenfalls als Nebenzweck verfolgt wird, dürfte die stille Beteiligung an einer EWIV mit ihrem Wesen und ihrer Aufgabenstellung nur schwer zu vereinbaren sein. Dies zeigt sich auch daran, dass ein etwaiges Ergebnis der Tätigkeit der Vereinigung bei ihren Mitgliedern besteuert wird. Zudem erhebt der Fiskus die Gewerbesteuer nach § 5 Abs. 1 Satz 4 GewStG nicht bei der EWIV, sondern bei deren Mitgliedern. Da sich Gewinne aus der Tätigkeit der EWIV lediglich als Nebeneffekt ergeben können, dürfte jedenfalls kaum ein praktisches Bedürfnis bestehen, sich an einer EWIV still zu beteiligen. ff) Europäische Auslandsgesellschaften
5.25
Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, inwieweit eine stille Gesellschaft deutschen Rechts mit einer europäischen Auslandsgesellschaft begründet werden kann; diese Frage stellt sich insbesondere mit Blick auf die eng1 So auch Beuthien, § 19 GenG Rn. 24; Beuthien, NZG 2003, 849 (851); Hadding, ZIP 1984, 1295 (1302); jetzt auch Schulte in Lang/Weidmüller, § 1 GenG Rn. 100; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 20 m.w.N. 2 Beuthien, § 19 GenG Rn. 25; Beuthien, NZG 2003, 849 (853).
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Die beteiligten Personen
§5
lische Limited1. Aus der Sicht des internationalen Privatrechts hängt diese Frage maßgeblich davon ab, ob die stille Gesellschaft vertraglich zu qualifizieren ist und die Regeln der Art. 27 ff. EGBGB gelten oder ob sie gesellschaftsrechtlich einzuordnen ist und damit der Bereichsausnahme in Art. 37 Satz 1 Nr. 2 EGBGB unterfällt. Eine vertragliche Qualifikation würde die Möglichkeit eröffnen, deutsches Recht (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) und damit das Recht der deutschen stillen Gesellschaft zu wählen. Die h.M. geht davon aus, dass die stille Gesellschaft als reine Innengesellschaft vertraglich zu qualifizieren ist2. Diese Ansicht scheint deshalb vorzugswürdig, weil anders als bei Außengesellschaften kein Grund besteht, die Parteiautonomie der Gesellschafter einzuschränken. Die ausländische Gesellschaft muss, um eine stille Gesellschaft begründen zu dürfen, Kaufmann i.S. des HGB sein; dies ist im Wege der Substitution zu ermitteln3. Als eine der GmbH vergleichbare Kapitalgesellschaft ist insbesondere auch die englische Limited Kaufmann4. Auch die Societas Europaea (SE) mit Satzungssitz in Deutschland oder einem anderen Mitgliedstaat betreibt ein Handelsgewerbe i.S. des § 230 Abs. 1 HGB. Im Regelfall werden die Parteien eine Rechtswahl treffen, indem sie ausdrücklich ein „stilles Gesellschaftsverhältnis“ deutschen Rechts eingehen; anderenfalls kommt Art. 28 EGBGB zur Anwendung. Die charakteristische Vertragsleistung i.S. des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 EGBGB erbringt im Regelfall der stille Gesellschafter. Damit gelangt das deutsche Recht zur Anwendung, wenn der stille Gesellschafter seinen Wohnsitz in Deutschland hat. Anderes gilt bei Vereinbarung einer atypischen stillen Beteiligung5. Zu beachten ist allerdings, dass etwa das englische Gesellschaftsrecht einen nur im Innenverhältnis Beteiligten als partner (sleeping partner) ansieht, wenn dieser eine gesellschafterähnliche Stellung innehat6. Bei der atypischen Beteiligung besteht daher die Gefahr, dass der stille Gesellschafter als partner angesehen wird und ihn eine persönliche Haftung trifft. Von der Einordnung des stillen Gesellschaftsverhältnisses zu unterscheiden ist die Frage, inwieweit Schutzvorschriften aus dem Recht der Auslandsgesellschaft zur Geltung kommen. So sind nach deutschem Recht stille Beteiligungen an einer Aktiengesellschaft als Teilgewinnabführungsvertrag einzuordnen 1 Vgl. hierzu näher Blaurock in FS Westermann, S. 821 ff. 2 BGH v. 13. 9. 2004 – II ZR 276/02, NJW 2004, 3706 (3708); Martiny in MünchKomm.BGB, 4. Aufl. 2006, Art. 37 EGBGB Rn. 45; Spickhoff in Bamberger/Roth, Art. 37 EGBGB Rn. 4; Hohloch in Erman, Art. 37 EGBGB Rn. 5; v. Hoffmann in Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 37 EGBGB Rn. 48–50; Blaurock in FS Westermann, S. 821 (837); für gesellschaftsrechtliche Qualifikation aber von Bar, Internationales Privatrecht, 2. Band, Rn. 617 f., 645. 3 Vgl. Rehberg in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 5 Rn. 13 f.; Kindler in MünchKomm.BGB, 4. Aufl. 2006, IntGesR Rn. 171 m.w.N.; Sonnenberger in MünchKomm.BGB, 4. Aufl. 2006, Einl. IPR Rn. 618. 4 Blaurock in FS Westermann, S. 821 (840 f.). 5 Näher zum Ganzen Blaurock in FS Westermann, S. 821 (833 ff.). 6 Lindley/Banks, Partnership, Rn. 5–30; zum Ganzen Blaurock in FS Westermann, S. 821 (825 ff.).
77
5.26
§5
Die beteiligten Personen
und bedürfen der Zustimmung der Hauptversammlung (siehe Rn. 7.22 f.). Konzernrechtliche Sachverhalte werden nach h.M. nach dem Statut der betroffenen Gesellschaft beurteilt1. Dabei dürfte sich das Statut der abhängigen Gesellschaft im Hinblick auf Konzernfragen nach dem statutarischen Sitz und nicht nach dem Verwaltungssitz der Gesellschaft bestimmen2. Ob die stille Gesellschaft im internationalen Privatrecht konzernrechtlich zu qualifizieren ist, steht nicht ohne weiteres fest. Aber auch wenn man das stille Gesellschaftsverhältnis nicht konzernrechtlich qualifiziert, sondern als Unternehmensbeteiligung sui generis, müssen die Schutzvorschriften des ausländischen Gesellschaftsrechts zur Anwendung gelangen. Für gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen ist international-privatrechtlich grundsätzlich auf das Statut der betroffenen Gesellschaft abzustellen3. Eine Anwendung des deutschen Konzernrechts auf die europäische Auslandsgesellschaft erscheint so wenig sachgerecht, wie den Gesellschaftern der ausländischen Gesellschaft jeglichen Schutz zu versagen. Die Vorfrage, welche Gesellschafterschutzvorschriften bei der Einräumung stiller Beteiligungen deutschen Rechts zum Tragen kommen, ist an das Gesellschaftsstatut des Satzungssitzes der Auslandsgesellschaft anzuknüpfen. Wenn das ausländische Recht keine stillen Beteiligungen kennt, bedarf es möglicherweise einer Substitution. f) Unternehmen von Körperschaften des öffentlichen Rechts
5.27
Unternehmen von Gebietskörperschaften können ebenfalls Geschäftsinhaber in einer stillen Gesellschaft sein. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt wird. Der Annahme einer Gewinnerzielungsabsicht steht dabei die Wahrnehmung gemeinnütziger Aufgaben nicht entgegen, sofern das Unternehmen von der Absicht der Gewinnerzielung beherrscht wird. Dies gilt insbesondere für die Sparkassen, die zwar nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften gehalten sind, ihre Geschäfte „ohne Gewinnstreben“ zu betreiben, ihre Tätigkeit aber dennoch auf die Erzielung von Überschüssen „zur Verwendung für öffentliche, mit dem gemeinnützigen Charakter der Sparkasse in Einklang stehende Zwecke“ ausrichten. g) Gesellschaften in Liquidation
5.28
An einer Gesellschaft in Liquidation können durchaus stille Beteiligungen bestehen4. Das wird schon daraus deutlich, dass im Rahmen der Liquidation auch das stille Gesellschaftsverhältnis abgewickelt werden muss, da eine Vollbeendigung ohne Abwicklung des stillen Gesellschaftsverhältnisses nicht möglich ist. 1 Vgl. OLG Frankfurt v. 23. 3. 1988 – 9 U 80/84, AG 1988, 267; Großfeld in Staudinger, 13. Bearb. 1998, IntGesR, Rn. 556; Ebert, 25 Company Lawyer 2004, 108 (110). 2 Kindler in MünchKomm.BGB, 4. Aufl. 2006, IntGesR Rn. 556; Eidenmüller, JZ 2004, 24 (30); eingehend zum Ganzen Bicker, Gläubigerschutz in der grenzüberschreitenden Konzerngesellschaft, S. 71 ff. 3 Thorn in Palandt, Art. 12 EGBGB Rn. 17 m.w.N. 4 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 29.
78
Die beteiligten Personen
§5
Umstritten ist jedoch, ob an Handelsgesellschaften, die sich im Zustand der Abwicklung befinden, neue stille Beteiligungen begründet werden können. Diese Gesellschaften betreiben zwar auch noch während des Liquidationsstadiums ein Handelsgewerbe, ihr Zweck ist jedoch nur noch begrenzt auf Gewinnerzielung gerichtet. Somit ist die Neuaufnahme eines stillen Gesellschafters regelmäßig mit dem Liquidationszweck nicht vereinbar, wenn man berücksichtigt, dass die stille Gesellschaft die Beteiligung an dem Gewinn eines werbenden Geschäftsbetriebs ist1.
5.29
Anders zu beurteilen ist aber der Fall, dass der Aufnahme des stillen Gesellschafters die Absicht der Sanierung durch Beschaffung neuen Kapitals zugrunde liegt, durch die die Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft ermöglicht werden soll. Der stille Gesellschafter ist hier an der fortgesetzten Gesellschaft beteiligt.
5.30
Zur Beendigung der stillen Gesellschaft im Zeitpunkt der Auflösung einer Handelsgesellschaft vgl. unten Rn. 15.58 ff. h) Stille Gesellschaft An einer stillen Gesellschaft ist eine stille Beteiligung nicht möglich, weil sie als Innengesellschaft kein Handelsgewerbe betreibt2.
5.31
3. Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen a) Verschiedenheit von Geschäftsinhaber und Stillem Gemäß § 230 Abs. 1 HGB liegt eine stille Gesellschaft vor, wenn sich jemand mit einer Vermögenseinlage am Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt, beteiligt. Daraus ergibt sich, dass der Inhaber des Handelsgewerbes nicht zugleich dessen stiller Gesellschafter sein kann. Denn niemand kann sein eigener Gläubiger und Schuldner sein. Beerbt der Geschäftsinhaber den stillen Gesellschafter oder dieser jenen, so führt das zwangsläufig zur Beendigung der stillen Gesellschaft (Rn. 15.68); sie kann nicht als Einmanngesellschaft fortbestehen.
5.32
Anders ist die Rechtslage, wenn eine Handelsgesellschaft Inhaberin des Handelsgewerbes ist3. Das gilt sowohl für die handelsrechtlichen Personengesellschaften (offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft) als auch für Kapitalgesellschaften. Bei ihnen können die Gesellschafter zugleich still beteiligt sein. Das trifft auch für die Einmanngesellschaft zu, bei der eine stille Beteiligung des einzigen Gesellschafters an seiner eigenen Gesellschaft denkbar
5.33
1 So die h.M., vgl. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 14; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 38; a.A. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 29. 2 Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 47, Hopt in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rn. 5; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 32. 3 Vgl. dazu auch Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 26 f.
79
§5
Die beteiligten Personen
und zulässig ist1. Von besonderer Bedeutung ist die Tatsache, dass sich die Gesellschafter der GmbH neben ihrer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung am Stammkapital zugleich auch still am Handelsgewerbe der GmbH beteiligen können. Das gilt auch für den Alleingesellschafter der GmbH, der sich an dem Unternehmen seiner GmbH gleichzeitig still beteiligt. Man spricht insoweit von einer Einmann-GmbH & Still2. Ist der Stille gleichzeitig Gesellschafter der GmbH, sind jedoch einige Besonderheiten zu beachten, damit die Beteiligung steuerrechtlich anerkannt wird (Rn. 21.78 ff.). Die Zulässigkeit dieser Beteiligungsformen ist eine Folge der rechtlichen Trennung der juristischen Person von ihren Gesellschaftern sowie der Tatsache, dass sich die außergesellschaftlichen Beziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern nach individualrechtlichen Grundsätzen bestimmen. Zu den „außergesellschaftlichen“ Beziehungen gehören in diesem Falle auch die Beziehungen, die sich aufgrund eines stillen Beteiligungsverhältnisses ergeben.
5.34
Bei den Personenhandelsgesellschaften (offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft) folgt handelsrechtlich die Möglichkeit einer stillen Beteiligung der Gesellschafter an der Gesellschaft aus § 124 Abs. 1 HGB i.V.m. § 14 Abs. 1 BGB. Steuerrechtlich greift hier jedoch eine andere Beurteilung ein. Das Steuerrecht betrachtet die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft als Mitunternehmer des gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs, die steuerlich ebenso wenig wie Einzelkaufleute stille Gesellschafter ihres eigenen (Teil-)Handelsgewerbes sein können (vgl. Rn. 20.21). b) Stille Beteiligung an Teilen eines Handelsgewerbes
5.35
Die stille Beteiligung braucht sich nicht auf das Handelsgewerbe als Ganzes zu erstrecken; sie kann auf einen Teil desselben beschränkt sein3, z.B. auf die Geschäfte einer einzelnen Niederlassung oder eines Zweigbetriebs oder auf einzelne Geschäftszweige (stille Beteiligung nur an dem Produktionsbetrieb, nicht auch am Vertrieb; nur an den Großhandels-, nicht an den Einzelhandels1 BFH v. 21. 6. 1983 – VIII R 237/80, BFHE 138, 458 = BStBl. II 1983, 563; BFH v. 6. 2. 1980 – I R 50/76, BFHE 130, 268 = BStBl. II 1980, 477; BFH v. 9. 9. 1952 – I 55/52 U, BStBl. III 1952, 276 = StRK DMBilG § 30 R. 3; BFH v. 20. 8. 1954 – I 103/53 U, BStBl. III 1954, 336 = StRK EStG § 15 R. 22; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 35; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 75 Rn. 25. Zur GmbH & Still siehe im Einzelnen unten Rn. 21.61 ff. 2 BFH v. 20. 8. 1954 – I 130/53 U, BStBl. III 1954, 336; BFH v. 6. 2. 1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = BB 1980, 1087; BFH v. 21. 6. 1983 – VIII R 237/80, BStBl. II 1983, 563 = BB 1983, 1515 = DB 1983, 1743; wiederholend: BFH v. 25. 5. 1988 – I R 92/84, BFH/NV 1989, 258; BFH v. 15. 12. 1992 – VIII R 42/90, BStBl. II 1994, 702 = BFHE 170, 345 = FR 1993, 436; BFH v. 26. 4. 1989 – I R 96/85, BFH/NV 1990, 63; BFH v. 5. 12. 1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841; BFH v. 12. 12. 1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59; vgl. auch Post/Hoffmann, Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, S. 79; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 119; Schulze zur Wiesche, GmbHR 1983, 202; Blaurock, BB 1992, 1969; Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 92; Paulick, GmbHR 1982, 237. 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 39, eingehend Kauffeld, Die partielle Unternehmensbeteiligung, S. 203 ff.
80
Die beteiligten Personen
§5
geschäften; nur an Geschäften mit bestimmten Warengattungen oder nur an einer einzelnen von mehreren Zeitschriften eines Verlages1). Mit Recht hat der BFH2 auch in den Finanzgeschäften einer GmbH, die Inhaberin des Handelsgewerbes war, einen selbständig abgrenzbaren Geschäftszweig gesehen, an dem eine stille Beteiligung möglich ist. In diesen Fällen müssen die Beteiligten im Gesellschaftsvertrag die Geschäfte, an denen die stille Beteiligung stattfinden soll, von den anderen Geschäften eindeutig abgrenzen. Auch eine eindeutige Trennung der Buchhaltung und eine klare Absprache über die Verteilung der Gemeinkosten sind erforderlich, um Meinungsverschiedenheiten über die Höhe und den Umfang des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinns oder Verlustes von vornherein auszuschließen. Dagegen ist eine stille Beteiligung i.S. des § 230 HGB nur an einzelnen oder auch an mehreren Geschäften oder Geschäftswerten nicht möglich; insoweit fehlt es an der Beteiligung an einem Handelsgewerbe. Daran fehlt es ebenso, wenn jede einzelne Warensendung einzeln abgerechnet wird und auch die Möglichkeit besteht, das Rechtsverhältnis nach jeder Lieferung zu lösen. Gegen die Bedeutung der Einzelabrechnung kann nicht eingewandt werden, die Gewinne seien zwar entgegen § 232 HGB zum jeweiligen Bilanzstichtag nicht festgestellt, immerhin aber doch feststellbar gewesen. Denn gerade die Art der tatsächlichen Handhabung und nicht die alternativ bestehenden Möglichkeiten kennzeichnen ein Vertragsverhältnis. Derartige Vereinbarungen sind als Gelegenheitsgesellschaften3 oder Metaverbindungen zu beurteilen, deren Rechtsverhältnisse sich grundsätzlich nach den Vorschriften über die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts bestimmen; eine Anwendung der §§ 230 ff. HGB kommt nur im Rahmen einer Analogie in Betracht4. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann auch ein Darlehen mit Gewinnbeteiligung (unten Rn. 8.20 ff.) oder ein Kommissionsgeschäft (§ 383 HGB; unten Rn. 8.50 ff.) vorliegen. c) Unterbeteiligung Haben die Beteiligten vereinbart, dass der eine an dem Gewinn beteiligt sein soll, den der andere als Gesellschafter einer Handelsgesellschaft erzielt, so fehlt es an der Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen. Es handelt sich um eine Unterbeteiligung in Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (unten Rn. 30.1 ff.), bei der nur Rechtsbeziehungen zwischen dem Hauptbeteiligten und dem Unterbeteiligten, nicht auch zwischen diesem und der Handelsgesellschaft bestehen. Nicht anders ist es, wenn sich jemand an dem Anteil eines Gesellschafters einer offenen Handelsgesellschaft oder an dem Anteil eines Komplementärs beteiligt. Zwar sind die persönlich haftenden Gesellschafter in der Regel Kaufleute i.S. des HGB. Das Handelsgewerbe wird aber nach den Bestimmungen des Handelsrechts von der offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft unter ihrer eigenen Firma betrieben. 1 RFH v. 16. 3. 1938 – VI 167/38, RStBl. 1938, 508. 2 BFH v. 27. 2. 1975 – I R 11/72, BFHE 115, 518 = BStBl. II 1975, 611 = StRK GewStG § 8 Nr. 2–9 R. 121 m. Anm. Paulick. 3 BFH v. 27. 5. 1982 – V R 110 u. 111/81, BStBl. II 1982, 678. 4 Vgl. Rn. 8.2 ff.
81
5.36
§5
Die beteiligten Personen
II. Der stille Gesellschafter 1. Die Fähigkeit, stiller Gesellschafter zu werden
5.37
Die Fähigkeit, stiller Gesellschafter zu werden, besitzt jeder, der nach geltendem Recht fähig ist, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Das sind einmal alle natürlichen Personen, gleichgültig, ob sie geschäftsunfähig, geschäftsfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind. Zum anderen gehören dazu alle juristischen Personen des bürgerlichen und des Handelsrechts (eingetragene Vereine, rechtsfähige Stiftungen, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Erwerbsund Wirtschaftsgenossenschaften), die handelsrechtlichen Personengesellschaften, die – wie die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft – unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen können (§ 124 Abs. 1 HGB), und die Körperschaften des öffentlichen Rechts (unten Rn. 5.44 f.). Auch die Partnerschaftsgesellschaft kann sich als rechtsfähige Personengesellschaft am Handelsgewerbe eines Dritten als stille Gesellschafterin beteiligen.
5.38
Will sich eine eingetragene Genossenschaft an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter beteiligen, so muss die Beteiligung der Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder der Genossenschaft zu dienen bestimmt sein (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 GenG). Eine Beteiligung ist weiterhin zulässig, wenn sie gemeinnützigen Bestrebungen der Genossenschaft dient. In diesem Falle darf die Beteiligung jedoch nicht den alleinigen oder überwiegenden Zweck der Genossenschaft bilden (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 GenG).
5.39
Soweit Handelsgesellschaften als solche als stille Gesellschafter am Handelsgewerbe eines anderen beteiligt sind, werden nicht zugleich auch die einzelnen Gesellschafter zu still Beteiligten. Das führt dazu, dass ein Gesellschafterwechsel den Bestand der stillen Beteiligung regelmäßig nicht berührt, sofern nur – etwa bei der Aufnahme neuer Gesellschafter – die Identität der Personengesamtheit als solche gewahrt bleibt. Wo das nicht der Fall ist, besteht die stille Gesellschaft in ihrer bisherigen Zusammensetzung als allein berechtigt und verpflichtet fort, es sei denn, dass der Inhaber des Handelsgewerbes der Neuaufnahme zugestimmt hat. Mit der Zustimmung wird die bisherige stille Gesellschaft aufgelöst, und es tritt eine neue stille Gesellschaft in neuer Zusammensetzung an ihre Stelle (Rn. 10.34). Dass sich die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft oder einer handelsrechtlichen Personengesellschaft an ihrer eigenen Gesellschaft still beteiligen können, wurde bereits dargelegt (Rn. 5.33 ff.).
5.40
Neben den natürlichen und juristischen Personen des privaten und des öffentlichen Rechts hat die Rechtsprechung auch nichtrechtsfähigen Gebilden die Fähigkeit, stiller Gesellschafter zu sein, zuerkannt: nichtrechtsfähigen Vereinen (§ 54 BGB), nicht eingetragenen Genossenschaften, Erbengemeinschaften, im Zustand der Liquidation befindlichen Handelsgesellschaften. Ob sie auch noch während der Abwicklung stille Teilhaber werden können, hängt davon ab, ob eine solche Beteiligung in den Rahmen der Abwicklung fällt. Für 82
Die beteiligten Personen
§5
die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts war auch schon vor der Entscheidung des BGH vom 29. 1. 20011 anerkannt, dass sie stille Gesellschafterin sein kann. Das gilt erst recht nun nach der höchstrichterlichen Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit2. Eine stille Gesellschaft als solche kann sich in Ermangelung eigener Verpflichtungsfähigkeit nicht am Handelsgewerbe eines anderen beteiligen. Dazu sind nur der Inhaber des Handelsgeschäfts und der stille Gesellschafter je für ihre Person in der Lage.
5.41
Sofern es zur Erreichung des Ziels der EWIV notwendig ist und für Rechnung ihrer Mitglieder geschieht, kann sich auch die EWIV am Handelsgewerbe eines anderen still beteiligen. Allerdings darf es sich dabei nicht um ein Mitgliedsunternehmen oder eine von der EWIV abhängige Tochtergesellschaft handeln, da sonst ein Verstoß gegen das Kreditgewährungs-, Konzernleitungs- bzw. Holdingverbot vorliegen würde (vgl. Art. 3 Abs. 2 Buchst. a), b) und d) EWIV-VO).
5.42
Der stille Gesellschafter kann selbst Kaufmann sein. Erforderlich ist das jedoch nicht. Ist er nicht Kaufmann, erlangt er durch die Übernahme der stillen Beteiligung keine Kaufmannseigenschaft, da er nach außen nicht in Erscheinung tritt, insbesondere kein Handelsgewerbe betreibt und der Inhaber des Handelsgeschäfts aus den im Betrieb geschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet wird (§ 230 Abs. 2 HGB). Die für Kaufleute geltenden Vorschriften betreffen regelmäßig nur den Geschäftsinhaber, nicht den stillen Gesellschafter, es sei denn, dass er selbst Kaufmann ist; er untersteht deshalb nicht dem Gerichtsstand des § 22 ZPO.
5.43
2. Körperschaften des öffentlichen Rechts als stille Gesellschafter Besonderheiten gelten für die stille Beteiligung juristischer Personen des öffentlichen Rechts an Handelsunternehmen. Für den Bund bestimmt § 65 BHO die Voraussetzungen für Beteiligungen an privatrechtlichen Unternehmen. Den nordrhein-westfälischen Gemeinden wird in § 108 Abs. 1 Nr. 3 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen i.d.F. der Bekanntmachung vom 14. 7. 1994 (GV.NW. S. 270) zur Pflicht gemacht, sich an wirtschaftlichen Unternehmen nur zu beteiligen, wenn für die Beteiligung eine Form gewählt wird, welche die Haftung der Gemeinde auf einen bestimmten Betrag begrenzt. § 103 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg i.d.F. der Bekanntmachung vom 24. 7. 2000 (GBl. S. 582) lässt die Beteiligung von Gemeinden an einem rechtlich selbständigen Unternehmen zu, wenn für die Beteiligung eine Form gewählt wird, bei der die Haftung der Gemeinde auf einen ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag begrenzt wird. 1 BGH v. 29. 1. 2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341. 2 Weitere Nachweise bei K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 34.
83
5.44
§5
Die beteiligten Personen
Nach Art. 92 Abs. 1 Nr. 3 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern i.d.F. der Bekanntmachung vom 22. 8. 1998 (GVBl. Bayern S. 797) dürfen sich die Gemeinden an wirtschaftlichen Unternehmen u.a. nur beteiligen, wenn die Haftung der Gemeinde auf einen bestimmten Betrag begrenzt wird, wobei die Rechtsaufsichtsbehörde in begründeten Fällen Ausnahmen zulassen soll. Zweck dieser Vorschriften, die auch in den meisten anderen Gemeindeordnungen anzutreffen sind, ist die Vermeidung einer unbeschränkten Haftung, die mit der Beteiligung verbunden ist. Da der stille Gesellschafter für die im Rahmen des Handelsgewerbes des Inhabers begründeten Verbindlichkeiten überhaupt nicht haftet, stehen die erwähnten öffentlich-rechtlichen Bestimmungen der stillen Beteiligung einer Gemeinde oder sonstigen Körperschaft des öffentlichen Rechts am Handelsgewerbe eines anderen nicht entgegen.
5.45
Die typische stille Beteiligung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts am Handelsgewerbe eines anderen begründet keinen Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG und löst demzufolge keine unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht aus. Die Körperschaft des öffentlichen Rechts unterliegt aber mit den Einkünften aus der stillen Beteiligung, von denen der Steuerabzug vom Kapitalertrag vorzunehmen ist, der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht nach § 2 Nr. 2 KStG i.V.m. §§ 49 Abs. 1 Nr. 5, 20 Abs. 1 Nr. 4 und 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG. Handelt es sich dagegen um eine atypische stille Beteiligung, die steuerlich als Mitunternehmerschaft gewertet wird (unten Rn. 20.53 ff.), so stellt diese Beteiligung einen die unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht auslösenden Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts dar (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG)1. 3. Beteiligung mehrerer stiller Gesellschafter an einem Handelsgewerbe a) Grundsatz der Zweigliedrigkeit
5.46
Hat der Inhaber mit mehreren Personen Gesellschaftsverträge abgeschlossen, so liegen regelmäßig so viele voneinander unabhängige, selbständige Gesellschaften vor, wie stille Gesellschafter beteiligt sind2. Die stille Gesellschaft ist nach der Vorstellung des Gesetzes üblicherweise eine zweigliedrige Gesellschaft. Zwischen den mehreren stillen Gesellschaften bestehen regelmäßig keine Rechtsbeziehungen. Das ist in der Regel auch anzunehmen, wenn die stillen Gesellschafter gleichzeitig aufgenommen und die stillen Beteiligungen in einem einzigen Vertrag gebündelt werden. Der Inhaber des Handelsgeschäfts bedarf, wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist, dann zur Aufnahme weiterer stiller Gesellschafter nicht der Zustimmung der
1 Vgl. dazu Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 77. 2 Vgl. RG v. 1. 2. 1890 – I 304/89, RGZ 25, 41 (45); Saenger, Die stille Gesellschaft, S. 59; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 45.
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Die beteiligten Personen
§5
bereits vorhandenen Gesellschafter. Die Beendigung einer stillen Gesellschaft berührt nicht den Fortbestand der anderen. Dasselbe gilt, wenn ein Erbe, der das Handelsgeschäft des Erblassers fortführt, seine Miterben in der Weise abfindet, dass er sie an dem Handelsgeschäft still beteiligt. Auch hier entstehen regelmäßig mehrere stille Gesellschaften, ohne dass die Erben-Gesellschafter untereinander in gesellschaftsrechtlichen Beziehungen stehen.
5.47
Führt ein Teil der Erben das Handelsgeschäft gemeinschaftlich fort, so ist eine stille Beteiligung der abzufindenden Erben nur an der neu entstandenen Handelsgesellschaft zulässig. An den Anteilen der einzelnen Gesellschafter ist nur eine Unterbeteiligung möglich, letztere insbesondere dann, wenn nur einer der übernehmenden Erben Ausgleichsverpflichtungen gegenüber dem oder den abzufindenden Erben hat.
5.48
b) Die mehrgliedrige stille Gesellschaft Die Zweigliedrigkeit der stillen Gesellschaft ist jedoch nicht zwingend1. Da Vertragsfreiheit herrscht, kann der Wille der Beteiligten auch darauf gerichtet sein, nur eine stille Gesellschaft mit einer Mehrheit von Teilhabern – ähnlich einer Kommanditgesellschaft mit mehreren Kommanditisten2 – zu errichten (sog. mehrgliedrige stille Gesellschaft). Ob das dem Willen der Beteiligten entspricht, ist im Wege der Vertragsauslegung zu ermitteln3. Mehrere stille Beteiligungen können so in einem Gesellschaftsvertrag zusammengefasst werden, dass sich die Beteiligten gegenseitig zur Förderung eines gemeinsamen Zweckes verpflichten, wobei der eine das Unternehmen als Inhaber betreibt und die anderen als stille Gesellschafter Einlagen leisten. Bei dieser Vertragsgestaltung besteht nicht nur eine gesellschaftliche Bindung zwischen jedem stillen Gesellschafter und dem Inhaber; es liegt auch nicht nur eine interne Bindung der stillen Gesellschafter untereinander vor, sondern es ist ein alle Beteiligten verbindendes gesellschaftliches Band vorhanden, das eine einheitliche Gesellschaft umschließt4. 1 BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 32/94, BGHZ 127, 176 (179); a.A. RG v. 1. 2. 1890 – I 304/89, RGZ 25, 41 (45) und Reuter, NJW 1984, 1849 (1851). 2 K. Schmidt spricht daher bei einer entsprechend organisierten GmbH & Still auch von einer „virtuellen KG“ mit „virtuellem Gesamthandsvermögen“: K. Schmidt in FS Bezzenberger, S. 401 (405 f.); so nun auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 81 ff. 3 So auch Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 75 Rn. 24. 4 Vgl. BGH v. 10. 7. 1958 – II ZR 320/56, WM 1958, 1336; BGH v. 15. 11. 1971 – II ZR 130/69, NJW 1972, 338; BGH v. 21. 4. 1980 – II ZR 144/79, BB 1980, 958; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 228; Hopt in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rn. 7; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 48; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rn. 44; Blaurock, NJW 1972, 1119; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 100 ff.; Horn in Heymann, § 230 HGB Rn. 61; Horn, ZGR 1974, 133 (157); Sudhoff, DB 1969, 2069 (2070); Janzen, Übertragung und Belastung von Mitgliedschaften in der stillen Gesellschaft, S. 7 ff.; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 83 und K. Schmidt in FS Bezzenber-
85
5.49
§5
Die beteiligten Personen
5.50
Es kann auch so sein, dass sich die mehreren stillen Gesellschafter von Anfang an zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zusammenschließen, die ihrerseits – anstelle der einzelnen Gesellschafter – die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters erwirbt. Es ist dann nur ein stiller Gesellschafter – die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts – vorhanden1. Scheidet ein Gesellschafter aus, so berührt das nicht den Bestand der stillen Gesellschaft. Die Auseinandersetzung findet nur zwischen dem Ausscheidenden und den übrigen an der BGBGesellschaft Beteiligten statt. In diesen Fällen ist nur der BGB-Gesellschaft eine Bilanzabschrift zu erteilen und es gibt nur eine gemeinsame Bucheinsicht der BGB-Gesellschafter. Es wird zudem nur eine gemeinschaftliche Einlage geleistet und nur ein Gewinnanteil ausgewiesen. Eine Kündigung ist lediglich einheitlich für alle Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts möglich. Dem Geschäftsinhaber gegenüber handeln die vertretungsberechtigten Gesellschafter der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts.
5.51
Schließen sich dagegen die mehreren stillen Gesellschafter zur Wahrung ihrer gemeinsamen Interessen gegenüber dem Inhaber von sich aus zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zusammen, so bleibt jeder einzelne auch in Zukunft dem Inhaber gegenüber stiller Gesellschafter, soweit nichts anderes vereinbart ist2. Der Inhaber behält insbesondere sein Kündigungsrecht. Auch der Zusammenschluss der mehreren Gesellschafter in der Rechtsform eines nicht eingetragenen Vereins zur Wahrung ihrer im Wesentlichen gleichgerichteten Interessen gegenüber dem Inhaber ist rechtlich zulässig. Es bestehen dann mehrere stille Gesellschaften; daneben existiert eine interne Vereinigung der stillen Gesellschafter, die zu dem Geschäftsinhaber keine unmittelbaren Beziehungen zu haben braucht3. Verglichen werden kann diese Konstruktion mit einem Interessenpool verschiedener Aktionäre, die nicht ihre Aktien einbringen, sondern diese GbR nur zur Koordinierung ihrer Interessen gründen.
5.52
Die mehreren stillen Gesellschafter können unter sich und mit dem Inhaber Verpflichtungen vermögensrechtlicher Natur eingehen, z.B. zur Leistung oder zur Erhöhung ihrer Einlagen oder zur Aufrechterhaltung der Einlagen für eine bestimmte Zeit. Dann hat nicht nur der Inhaber aufgrund des stillen Gesellschaftsvertrags einen Anspruch auf Bewirkung der Einlage; es kann auch jeder einzelne Gesellschafter aufgrund der zwischen den Gesellschaftern bestehenden besonderen Vereinbarungen von jedem anderen die Leistung der Vermögenseinlage an den Geschäftsinhaber fordern und klageweise durchsetzen.
ger, S. 401 (403), stellt entscheidend auf die Unterscheidung zwischen dem stillen Einlageverhältnis auf der einen und dem Gesellschaftsverhältnis auf der anderen Seite ab. Das stille Einlageverhältnis besteht seiner Ansicht nach aus nur zwei Parteien, dem stillen Gesellschafter und dem Geschäftsinhaber, lediglich das stille Gesellschaftsverhältnis kann ein Organisationsstatut darstellen und somit mehrgliedrig sein. 1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 86; K. Schmidt, DB 1976, 1705; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rn. 43. 2 Beispiel: BGH v. 13. 12. 2006 – II ZR 62/04, BB 2006, 792 = GmbHR 2006, 832. 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 85.
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§5
Durch einen solchen Zusammenschluss der stillen Gesellschafter darf aber das Kündigungsrecht jedes einzelnen nicht weiter eingeschränkt werden, als es das Gesetz in § 234 HGB zulässt. Die Kündigung des einzelnen für seine Person kann also nicht an die Zustimmung der anderen Gesellschafter oder an einen Mehrheitsbeschluss gebunden oder mit erschwerenden Nachteilen für den Kündigenden verknüpft werden.
5.53
Stehen dem Inhaber mehrere stille Gesellschafter gegenüber, so kann jeder von ihnen die ihm kraft Gesetzes (§ 233 HGB) zustehenden Kontroll- und Überwachungsrechte für sich allein ausüben. Das kann zu einer für den Geschäftsinhaber lästigen, unzumutbaren Behinderung des Geschäftsbetriebs führen. Es wird deshalb in solchen Fällen häufig vereinbart, dass nicht jeder Einzelne für sich befugt sein soll, von den ihm zustehenden Kontrollrechten Gebrauch zu machen, sondern dass die mehreren Gesellschafter ihre Rechte dem Inhaber gegenüber nur gemeinsam aufgrund gemeinschaftlicher Beschlussfassung ausüben dürfen, wobei das Stimmrecht in den Gesellschaftsverträgen zu regeln ist (Mehrheitsbeschluss, Ausübung des Stimmrechts nach Maßgabe der Vermögenseinlagen usw.). Es kann auch vereinbart werden, dass der einzelne Gesellschafter ihm über die gesetzlichen Mindestkontrollrechte hinaus eingeräumte Rechte nur ausüben darf, wenn eine bestimmte Zahl der anderen Gesellschafter oder Gesellschafter mit einer bestimmten Höhe ihrer Einlagen die gleichen Rechte geltend machen. Der Gesellschaftsvertrag kann weiter vorsehen, dass mehrere stille Gesellschafter ihre Rechte nur durch einen gemeinsamen Vertreter oder durch einen gemeinsamen bestellten Vertrauensrat auszuüben berechtigt sein sollen.
5.54
Solche und ähnliche Vereinbarungen halten sich im Rahmen der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit. Sie erweisen sich im Interesse der Aufrechterhaltung einer geordneten Geschäftsführung als zweckmäßig, da sie den Geschäftsinhaber gegen eine mehrmalige Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht jedem einzelnen Gesellschafter gegenüber schützen.
5.55
Es kann auch ein noch straffer organisierter Zusammenschluss der mehreren stillen Gesellschafter geschaffen werden, vor allem dann, wenn das Geschäftsvermögen im Wesentlichen aus ihren Vermögenseinlagen gebildet wurde und der Geschäftsinhaber nur die Funktionen eines Geschäftsführers wahrzunehmen hat. In solchen Fällen wird dem Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander oft eine Organisation mit körperschaftlicher Verfassung gegeben, die der einer Aktiengesellschaft weitgehend angeglichen werden kann. So können sie zu Gesellschafterversammlungen zusammentreten und nach Maßgabe ihrer Vermögenseinlagen oder aufgrund von Mehrheitsbeschlüssen über alle wichtigen Angelegenheiten entscheiden. Sie können aus ihrer Mitte einen Aufsichtsrat bestellen, der die Geschäftsführung des Inhabers überwacht, dem oft nur die Rechtsstellung eines weisungsgebundenen, vielleicht sogar jederzeit abrufbaren Angestellten zukommt. Auch bei derartigen Vertragsgestaltungen bestehen, wenn nichts anderes vereinbart ist, im Verhältnis zum Geschäftsinhaber mehrere selbständige, voneinander unabhängige stille Gesellschaften.
5.56
87
§5
Die beteiligten Personen
c) Die wechselseitige stille Gesellschaft
5.57
Auch eine wechselseitige stille Beteiligung in der Weise, dass sich zwei Kaufleute jeweils am Handelsgewerbe des anderen beteiligen, ist möglich. Es liegen zwei stille Gesellschaften vor, von denen jede für sich ihre eigene Rechtsbeständigkeit hat, auch wenn sie nach den getroffenen Vereinbarungen nur gleichzeitig aufgelöst werden können oder wenn – was im Zweifel als dem Willen der Beteiligten entsprechend anzunehmen ist – die Auflösung der einen Gesellschaft die Auflösung der anderen zur Folge haben soll1. d) Die Unterbeteiligung an einer stillen Beteiligung
5.58
Der stille Gesellschafter kann seinerseits an seiner Beteiligung einen anderen unterbeteiligen. Rechtsbeziehungen bestehen nur zwischen ihm und dem Unterbeteiligten, nicht zwischen diesem und dem Inhaber des Handelsgeschäfts. Maßgebend sind die Vorschriften über die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Die Vorschriften über die stille Gesellschaft können unmittelbar keine Anwendung finden, weil keine Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen vorliegt. Ihrer entsprechenden Anwendung steht allerdings nichts entgegen, soweit sie auf die Unterbeteiligung passen und soweit dies dem Willen der Vertragspartner entspricht.
III. Zusammenfassung
5.59
Voraussetzung für die Errichtung einer stillen Gesellschaft ist, dass der Inhaber ein Handelsgewerbe betreibt, also Kaufmannseigenschaft i.S. des HGB besitzt. Da die Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen stattfinden muss, kann sich der Inhaber eines Einzelunternehmens an seinem eigenen Unternehmen nicht still beteiligen. Dagegen können die Gesellschafter einer Handelsgesellschaft – auch der Einmann-Gesellschafter – zugleich stille Gesellschafter ihrer Gesellschaft sein. Das gilt indessen, soweit es sich um handelsrechtliche Personengesellschaften handelt, nur für den Bereich des Handelsrechts. Steuerrechtlich gelten die Gesellschafter der handelsrechtlichen Personengesellschaften aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise als Mitunternehmer. Eine stille Beteiligung der Mitunternehmer an ihrem eigenen Unternehmen wird deshalb mit steuerlicher Wirkung nicht anerkannt (Rn. 5.34 und unten 20.21). Die Fähigkeit, stiller Gesellschafter zu werden, kommt allen natürlichen und juristischen Personen des privaten und öffentlichen Rechts zu, darüber hinaus auch nicht eingetragenen Vereinen und Genossenschaften, Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und Erbengemeinschaften. Der stille Gesellschafter wird durch die Übernahme der stillen Beteiligung nicht Kaufmann, es sei denn, dass er selbst ein Handelsgewerbe betreibt.
1 Möhle, Die Personengesellschaft OHG, KG, StG, S. 323.
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Die beteiligten Personen
Bestehen an einem Handelsgewerbe mehrere stille Gesellschaften, so bleibt, wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist, jede einzelne Gesellschaft in ihrem Bestand unberührt. Zwischen den mehreren Gesellschaften bestehen keine Rechtsbeziehungen. Aufgrund der Vertragsfreiheit können die stillen Gesellschafter aber auch untereinander in Rechtsbeziehungen treten, sei es, dass sie sich von vornherein oder später zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder zu einem Verein zusammenschließen und dem Inhaber des Handelsgewerbes in dieser Rechtsform gegenübertreten (dann kann die Gesellschaft oder der Verein allein die Gesellschaftereigenschaft besitzen), sei es, dass sie ihrem Zusammenschluss im Innenverhältnis eine Organisation mit körperschaftlicher Verfassung geben, d.h. zu einer Gesellschafterversammlung, die über die Durchführung der geschäftlichen Maßnahmen beschließt, zusammentreten und einen Aufsichtsrat bilden, der die Geschäftsführung des Inhabers kontrolliert und überwacht. Schließlich ist es auch möglich, dass zwischen dem Geschäftsinhaber und allen stillen Gesellschaftern nur ein einziger Gesellschaftsvertrag mit wechselseitigen Verpflichtungen besteht. Das alles liegt im Rahmen des dispositiven Rechts und wird durch die gesetzlichen Vorschriften gedeckt, obwohl auf diese Weise im Innenverhältnis die Beziehungen zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter völlig anders gestaltet werden können, als es dem Normaltypus der stillen Gesellschaft entspricht.
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§5
§ 6 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters Schrifttum: Berninger, Axel, Die Societas Quoad Sortem – Eine Einbringungsform im Personengesellschaftsrecht, 1994; Blaurock, Uwe/Berninger, Axel, Kapitalkonto und Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten bei der Anwendung von § 15a EStG, JZ 1992, 614; Bork, Reinhard, Die Einlagefähigkeit obligatorischer Nutzungsrechte, ZHR 154 (1990), 205; Brandner, Hans Erich/Bergmann, Alfred, Die Schenkung von Gesellschaftsanteilen, in Festschrift für Walter Sigle, 2000, S. 327 ff.; Hengeler, Hans Peter, So genannte Schenkung stiller Beteiligungen – Erwiderung, ZHR 147 (1983), 329; Herrmann, Elke, So genannte Schenkung stiller Beteiligungen, ZHR 147 (1983), 313; Huber, Ulrich, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personengesellschaften des Handelsrechts, 1970; Hueck, Alfred, Die Übertragung von Geschäftsanteilen, ZHR 83 (1920), 1; Mock, Sebastian, Stille in MoMiG zur stillen Gesellschaft? – Das neue (Eigen-) Kapitalersatzrecht und seine Auswirkungen auf das Recht der stillen Gesellschaft, DStR 2008, 1645; Moench, Dietmar, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Loseblatt); Mylich, Falk, Probleme und Wertungswidersprüche beim Verständnis von § 135 Abs. 1 Alt. 2 Nr. 2 InsO n.F., ZGR 2009, 474; Petzoldt, Rolf, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2. Aufl. 1986; Reinhardt, Bärbel, Die Einlage quoad sortem und ihre Darstellung in der Handelsbilanz, DStR 1991, 588; Schmidt, Karsten, Die Kreditfunktion der stillen Einlage, ZHR 140 (1976), 475; Schmidt, Karsten, Obligatorische Nutzungsrechte als Sacheinlagen?, ZHR 154 (1990), 237; Schmidt, Karsten, Formfreie Schenkung von stillen Beteiligungen und Unterbeteiligungen?, DB 2002, 829; Tiedtke, Klaus, Die schenkweise Zuwendung einer stillen Beteiligung an ein minderjähriges Kind, BB 1988, 946; Westermann, Harm Peter, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaft, 1970; Würdinger, Hans, Anmerkung zu BGH v. 29. 10. 1952, JZ 1953, 226.
I. Die Beitragspflicht des stillen Gesellschafters 1. Beitrag und Einlageleistung
6.1
Wie jeder andere Gesellschafter unterliegt auch der stille Gesellschafter der Pflicht des § 705 BGB, die Erreichung des Gesellschaftszwecks durch einen eigenen Beitrag zu fördern. Eine stille Gesellschaft ohne Pflicht des Stillen zur Beitragsleistung ist nicht denkbar1. Der Beitrag des Stillen ist streng von der Einlage (dazu Rn. 6.7 ff.) und der Beteiligung des Stillen (dazu Rn. 6.76 ff.) zu trennen2. Hierdurch kann zunächst eine Ausweitung des üblicherweise im Gesellschaftsrecht zugrunde gelegten Begriffs der Einlage als der bilanzierungsfähigen Vermehrung des Unternehmensvermögens vermieden werden. Anderenfalls ist man nämlich gezwungen, die Einlage des Stillen als jeden vermögenswerten Vorteil, der mit einem 1 Kühn in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rn. 1; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 15. 2 Vgl. auch BFH v. 23. 2. 2000 – VIII R 40/98, BStBl. II 2001, 24; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II 1d und III 2a; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 37, 143; Horn in Heymann, § 230 HGB Rn. 20.
90
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
§6
Geldbetrag geschätzt werden kann, zu definieren1, um die Beitragleistung in der Form von Dienstleistungen, Gebrauchsüberlassungen sowie der Überlassung von Kundschaft oder Know-how als mögliche Gegenstände einer Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters zu erfassen2. Darüber hinaus wäre die Anerkennung einer Beitragleistung durch Einbuchung oder durch in der Vergangenheit erbrachte Dienstleistungen dogmatisch erschwert. Auch die Vereinbarung einer bedingten Einlagepflicht, die nach der hier vertretenen Differenzierung bei sofortiger Einbuchung des Stillen fraglos zulässig ist, könnte sonst in der Praxis nur mit Hilfe einer großzügigen Feststellung der Unbedingtheit der Einlagepflicht anerkannt werden3. Schließlich erweist sich die Differenzierung zwischen Beitrag und Einlageleistung auch in Bilanzierungsfragen als überlegen (siehe dazu Rn. 13.107 ff.). Aus der hier zugrunde gelegten Differenzierung folgt zudem, dass die Leistung einer Einlage keine notwendige Voraussetzung für die Existenz einer stillen Gesellschaft darstellt. Dies bedeutet, dass es zwar keine stille Gesellschaft ohne Beitragspflicht und ohne Beteiligung des Stillen, wohl aber eine stille Gesellschaft ohne eine persönliche Einlageleistung des Stillen geben kann (dazu näher unten Rn. 6.31 ff.).
6.2
2. Der Umfang der Beitragspflicht Der Umfang der Beitragspflicht wird einzig und allein durch den Gesellschaftsvertrag bestimmt. § 706 Abs. 1 BGB, wonach die Gesellschafter in Ermangelung anderer Vereinbarungen gleiche Beiträge zu leisten haben, ist auf die stille Gesellschaft nicht anwendbar.
6.3
Die Beitragsleistung braucht jedoch nicht ziffernmäßig festzustehen, weil ihr im Gegensatz zur Kommanditeinlage nicht die Eigenschaft einer Haftsumme zukommt. Es genügt, dass sie objektiv bewertbar ist und bestimmt werden kann4. So genügt es, wenn sich ihre Höhe nach dem jeweiligen Bedarf an Betriebskapital bemessen soll5.
6.4
Der Beitrag braucht nicht das Maximum der Leistungen des stillen Gesellschafters zu repräsentieren; er kann vertraglich zu weiteren Leistungen verpflichtet sein. Zur Erhöhung seines Beitrags oder zur Ergänzung der durch Verlust verminderten Einlage ist er aber nur berechtigt und verpflichtet, wenn es im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist (§ 707 BGB).
6.5
1 2 3 4
Hopt in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rn. 20. Beispiele nach Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 75. Vgl. dazu auch Kühn in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rn. 3. RG v. 30. 9. 1927 – II 85/27, Recht 1928, Nr. 39; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 77. 5 RG v. 30. 9. 1927 – II 85/27, Recht 1928, Nr. 39.
91
§6
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
II. Die Beitragsleistung des stillen Gesellschafters 1. Die Formen der Beitragsleistung und ihre rechtliche Behandlung
6.6
Als Beitrag des stillen Gesellschafters zur stillen Gesellschaft kommt jede Förderung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks i.S. von § 705 BGB in Betracht1. Die Form der Beitragsleistung wird ebenfalls im Gesellschaftsvertrag festgelegt. Der Stille wird seine Beitragspflicht zwar zumeist durch eine bilanzierungsfähige Einlageleistung nach § 230 Abs. 1 HGB erfüllen (dazu sogleich Rn. 6.7 ff.). Daneben hat er aber auch die Möglichkeit, seine Beitragspflicht durch Einbuchung (Rn. 6.18 ff.) oder andere Maßnahmen zur Förderung des Gesellschaftszwecks (Rn. 6.31 ff.) zu erfüllen. Hieraus können Abgrenzungsprobleme zu anderen Vertragstypen entstehen, die weiter unten zu erörtern sind (Rn. 8.1 ff.). a) Beitragsleistung durch Leistung einer bilanzierungsfähigen Einlage
6.7
Hierzu zählen sämtliche Beiträge, die der Stille unmittelbar zur bilanzierungsmäßigen Vermehrung des Vermögens des Geschäftsinhabers erbringt. Derartige Beiträge müssen nach § 230 Abs. 1 HGB in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie notwendig auch in dessen Eigentum übergehen müssen. Vielmehr genügt es, wenn dem Geschäftsinhaber die rechtliche Verfügungsmöglichkeit über den Gegenstand der Einlage zusteht2. Der Anspruch auf Leistung der Einlage ist daher auch ohne weiteres abtretbar3. Dass der Beitrag an den Zessionar gezahlt wird, schadet nicht. Durch den Übergang der Vermögenseinlage in das Vermögen des Geschäftsinhabers unterscheidet sich die stille Gesellschaft jedenfalls von der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft und der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, für die das Vorhandensein eines den Gesellschaftern zur gesamten Hand zustehenden Gesellschaftsvermögens kennzeichnend ist4.
6.8
Die Vermögenseinlage steht dem Zugriff der Geschäftsgläubiger zur Verfügung. Gleichwohl ist sie nicht Haftungsobjekt und Realsicherung in dem Sinne, dass sich die Gläubiger des Inhabers unmittelbar an den stillen Gesellschafter halten könnten, solange er die Einlage noch nicht erbracht hat. Der stille Gesellschafter haftet anders als der Kommanditist auch in diesem Falle nicht für die Geschäftsverbindlichkeiten (§ 230 Abs. 2 HGB). Es können aber die Gläubiger des Inhabers dessen Anspruch auf die rückständige Einlage pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen.
1 So auch Kühn in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rn. 11; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 144; H.P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 322. 2 Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 80. 3 Koller in Koller/Roth/Morck, § 230 HGB Rn. 20; zur Abtretbarkeit von Einlageansprüchen in der Kommanditgesellschaft BGH v. 19. 12. 1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 = NJW 1975, 1022. 4 Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist das allerdings nicht zwingend.
92
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
§6
Der Stille kann eine bilanzierungsfähige Einlage entweder durch persönliche Leistung (Rn. 6.10 ff.) oder im Anschluss an eine schenkweise Einbuchung dadurch erbringen, dass er die Einlage dem Geschäftsinhaber belässt (Rn. 6.18 ff.)1.
6.9
aa) Persönliche Leistung einer Geldeinlage Die wichtigste Unterform der persönlichen und bilanzierungsfähigen Einlageleistung ist die der Geldeinlage. Die Geldeinlage kann zunächst durch Barzahlung oder bargeldlose Zahlung erbracht werden.
6.10
Bringt der stille Gesellschafter Forderungen gegen den Geschäftsinhaber ein, so handelt es sich ebenfalls um eine Geldeinlage. Das ist unstreitig für den Fall, dass der stille Gesellschafter Forderungen gegen den Geschäftsinhaber besitzt und mit seinen Forderungen gegen die Einlageforderung des Inhabers aufrechnet. Anders soll es zu bewerten sein, wenn die Forderung des stillen Gesellschafters gegen den Geschäftsinhaber auf die Einlage nur angerechnet und die Forderung in ein Einlageguthaben umgewandelt wird2. Zwar soll dann als Gegenleistung für die Einlagegutschrift auch die Forderung des stillen Gesellschafters gegen den Geschäftsinhaber erlöschen; jedoch sei dieses nur als Sach-, nicht als Geldanlage zu werten. Diese Betrachtung ist aber rein begrifflich und verkennt, dass in beiden Fällen der wesentliche Tatbestand der gleiche ist. Es wird in beiden Fällen eine Forderung eingebracht, die gegen den Geschäftsinhaber besteht und zugunsten der Einlagegutschrift erlischt. Diese Wesensgleichheit erfordert eine einheitliche Behandlung. Ob die Forderung nun aufgerechnet oder angerechnet wird, kann nicht dafür maßgeblich sein, sie als Geld- oder Sacheinlage zu behandeln.
6.11
Durch die Festsetzung eines Entgelts und die anschließende Verrechnung können zudem eine Sacheinlage (dazu unten Rn. 6.15 ff.) und nicht bilanzierungsfähige Beiträge wie Gebrauchsüberlassungen oder Dienstleistungen (siehe dazu auch Rn. 6.38 ff.) in eine Geldeinlage umgewandelt werden. Besteht die Vermögenseinlage beispielsweise in einem Grundstück, dann liegt grundsätzlich eine Sacheinlage vor, die gemäß §§ 873 Abs. 1, 925 BGB in das Eigentum des Geschäftsinhabers zu übertragen ist. Es kann aber auch nach dem Willen der Beteiligten so sein, dass zwischen ihnen ein Kaufvertrag über das Grundstück abgeschlossen wird, bei dem die Kaufsumme als Geldeinlage im Wege der Aufrechnung als Gesellschaftsbeitrag des Veräußerers und künftigen stillen Gesellschafters erbracht wird. Die Unterscheidung ist wichtig für den Fall der Mängelrüge, die bei der Sacheinlage zu anderen Rechtsfolgen führt als beim Kaufvertrag (siehe dazu näher unten Rn. 6.57 f.).
6.12
Unter den jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen ist auch die einseitige Aufrechnung und die Tilgung von Geldschulden des Geschäftsinhabers gegen-
6.13
1 So auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II 1d; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 14. 2 BGH v. 24. 9. 1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174; vgl. auch BFH v. 29. 5. 2001 – VIII R 10/00, BFHE 195, 486 = DB 2001, 2023 (2026) unter III.2.b) aa) der Gründe.
93
§6
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
über Dritten1 durch den Stillen möglich. Obwohl es unzulässig ist, frühere Geldleistungen nachträglich als Einlageleistungen gemäß § 230 Abs. 1 HGB anzusehen oder solche Leistungen rückwirkend in Einlageleistungen umzuwandeln2, kann eine Beteiligung etwa durch Einbuchung oder durch nachträgliche Festsetzung eines Entgelts eingeräumt werden3.
6.14
Solange die Einlage nicht vollständig geleistet ist, können bei entsprechender Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag die dem stillen Gesellschafter zustehenden anteiligen Gewinne zur Erfüllung der Einlagepflicht verwendet werden4. bb) Persönliche Leistung einer Sacheinlage
6.15
Es ist für die Leistung einer Einlage gemäß § 230 Abs. 1 HGB nicht notwendig, dass sie in Geld erbracht wird; erforderlich ist nur, dass sie einen Vermögenswert repräsentiert, übertragbar und bewertbar ist5. Die Einlage kann deshalb neben oder an Stelle von Geldeinlagen in Form von Sacheinlagen aller Art erbracht werden. Demnach können Gegenstand der Einlage des stillen Gesellschafters sein: bewegliche Sachen, Grundstücke, Wertpapiere, Forderungen gegen Dritte, Beteiligungen, Urheberrechte, Patente6, Lizenzen, Erbbaurechte, Nießbrauchsrechte7 und auch Sachgesamtheiten wie ein Handelsunternehmen8.
6.16
Die Sacheinlage wird durch Übertragung in das Eigentum des Geschäftsinhabers geleistet (sog. Einbringung quoad dominium; vgl. auch § 230 Abs. 1 HGB). Die Übertragung vollzieht sich dabei nach den allgemeinen sachenrechtlichen Grundsätzen: Einigung und Übergabe bei Geld, Inhaberpapieren und sonstigen beweglichen Sachen (§ 929 BGB), Auflassung und Eintragung bei Grundstücken (§§ 873 Abs. 1, 925 BGB), Abtretung bei Forderungen, Indossierung bei Wechseln, Orderpapieren und Namensaktien. Auf die Sachmängelgewährleistung des Stillen wird unten noch eigens eingegangen (siehe unten Rn. 6.57 f.).
6.17
Mit der Übergabe beweglicher Sachen, bei Grundstücken mit erfolgter Übergabe oder mit der Eintragung, wenn sie der Übergabe vorausgeht, geht die Gefahr des zufälligen Untergangs auf den Inhaber über (§ 446 BGB), § 447 BGB ist entsprechend anwendbar, wenn der stille Gesellschafter auf Verlangen des In1 Vgl. OLG Frankfurt v. 20. 5. 1977 – 10 U 215/76, DB 1977, 1841 und RG v. 19. 5. 1909 – I 294/08, Recht 1909, Nr. 2635. 2 RG v. 30. 10. 1907 – I 16/07, LZ 1908, 158; Kühn in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rn. 8; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 151; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 75; nur scheinbar a.A. OLG Hamburg v. 12. 8. 1998 – 11 U 247/96, NZG 1999, 66. 3 Für die h.M. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 151. 4 So auch Kühn in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rn. 7. 5 RG v. 2. 10. 1924 – II 600/23, Recht 1925, 28 Nr. 5; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 149; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 75. 6 RG v. 28. 9. 1928 – III 523/27, RGZ 122, 70 (72). 7 Zur Einlagefähigkeit obligatorischer Nutzungsrechte vgl. Bork, ZHR 154 (1990), 205 und K. Schmidt, ZHR 154 (1990), 237. 8 RG v. 24. 3. 1888 – I 29/88, RGZ 20, 163; RG v. 14. 12. 1892 – I 303/92, RGZ 30, 57.
94
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§6
habers die einzubringenden Sachen nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort versendet. An dem Verlust, der durch den zufälligen Untergang entsteht, ist der stille Gesellschafter beteiligt, soweit durch den Verlust der laufende Jahresgewinn gemindert wird oder der stille Gesellschafter an den Verlusten des Handelsgeschäfts teilnimmt. cc) Schenkweise Einbuchung Häufig wird die Einlage des stillen Gesellschafters dadurch geleistet, dass der Geschäftsinhaber dem stillen Gesellschafter auf dessen Einlagekonto einen bestimmten Betrag unentgeltlich gutschreibt und das eigene Geschäftskonto entsprechend belastet.
6.18
Die rechtliche Beurteilung dieses Verfahrens ist in zweierlei Hinsicht umstritten1: Zunächst wurde im Zusammenhang mit der schenkweisen Einbuchung die Frage aufgeworfen, ob es eine Stille Gesellschaft ohne eine persönliche Einlageleistung des Stillen überhaupt geben könne2. Bisher entsprach es einhelliger Meinung, dass durch eine bloße Umbuchung sowohl die Schenkung der Einlage an den Stillen als auch die Begründung einer stillen Gesellschaft gegeben war3. Von Herrmann4 wurden hiergegen Bedenken erhoben. Da der Schenkungsempfänger keinerlei Leistungen erbringe, fördere er nicht den gemeinsamen Zweck der Gesellschaft i.S. von § 705 BGB5, was zur Folge habe, dass eine stille Gesellschaft nicht angenommen werden könne. Der Vertrag begründe nur Ansprüche des vermeintlichen stillen Gesellschafters auf Zahlung von Gewinnanteilen und eines Betrages für den Fall der Vertragsbeendigung. Ausschließlich diese Ansprüche – und nicht etwa eine Gesellschafterposition – seien Schenkungsobjekt. Dem hat Hengeler6 entschieden widersprochen, denn es wäre ein unnötiges „Hin- und Herzahlen“, wenn der Geschäftsinhaber dem Stillen zunächst Bargeld übereignen und dieser es anschließend als Einlage in die Gesellschaft einbringen würde7. Die einfache Umbuchung verkürze diesen wirtschaftlich gewollten Vorgang nur. Aber auch rechtlich ließe sich die Einlageleistung des stillen Gesellschafters darstellen: Der Geschäftsinhaber verspricht dem Stillen schenkweise den Einlagebetrag; dieser rechnet die Forde-
1 Vgl. dazu für die h.M. auch Kühn in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rn. 3 und 14 ff. und Hengeler, ZHR 147 (1983), 329 m.w.N.; a.A. Herrmann, ZHR 147 (1983), 313. 2 Verneinend RG v. 8. 1. 1896 – I 294/96, ZHR 48 (1899), 344 und Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 8; dagegen Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil, S. 194. 3 BGH v. 29. 10. 1952 – II ZR 16/52, BGHZ 7, 378; BFH v. 19. 9. 1974 – IV R 95/73, BFHE 113, 558; ausdrücklich bereits A. Hueck, ZHR 83 (1920), 1 (9); Cremer in Staudinger, 13. Bearb. 1995, § 518 BGB Rn. 25. 4 Herrmann, ZHR 147 (1983), 313. 5 Herrmann, ZHR 147 (1983), 313 (321, 327). 6 Hengeler, ZHR 147 (1983), 329. 7 Hengeler, ZHR 147 (1983), 329 (332).
95
6.19
§6
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
rung mit der aus dem geschlossenen Gesellschaftsvertrag entspringenden Einlageverpflichtung auf1.
6.20
Maßgeblich ist auch hier die oben vorgenommene Unterscheidung zwischen Einlage und Beitrag und die Feststellung, dass es keine beitragslose, wohl aber eine stille Gesellschaft ohne persönliche Einlageleistung des Stillen geben kann. Es ist nämlich nicht erforderlich, dass die Leistung der Einlage durch den stillen Gesellschafter selbst zu erfolgen hat. Entscheidend ist nur, dass der Stille eine Einlage hält, und nicht, dass er sie auch persönlich leistet2. Denn der in diesem Zusammenhang etwas missverständlich formulierte § 230 HGB besagt lediglich, dass eine von Seiten des Stillen erfolgende Einlageleistung der Natur der stillen Gesellschaft als reiner Innengesellschaft entsprechend nicht in das Vermögen der Gesellschaft, sondern das Vermögen des Geschäftsinhabers übergeht3. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass die Einlageleistung stets durch den stillen Gesellschafter selbst vorgenommen werden muss. Der Beitrag des Stillen besteht in den Fällen der schenkweisen Einbuchung darin, dass er die ihm zugewandte Vermögenseinlage im Handelsgewerbe belässt.4
6.21
Darüber hinaus herrscht Streit in der Frage, inwieweit der Einbuchungsvorgang dem notariellen Beurkundungserfordernis des § 518 BGB unterliegt.
6.22
Der BGH führt dazu wörtlich aus5: „Das Wesen der Innengesellschaft ohne Gesellschaftsvermögen besteht darin, dass nur ein Gesellschafter das Vermögen des betriebenen Geschäfts inne hat und dass er dem andern nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags lediglich schuldrechtlich verpflichtet ist. Geht seine Verpflichtung dahin, den anderen an seinem Vermögen zu beteiligen, so soll es nach dem Parteiwillen gerade nicht zu einer Vermögensübertragung kommen; die Zusage soll sich vielmehr in einer schuldrechtlichen Verpflichtung erschöpfen und bedarf darum, wenn sie unentgeltlich erteilt wird, zu ihrer Wirksamkeit der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung. Der Formmangel kann nicht dadurch geheilt werden, dass der Geschäftsinhaber den vereinbarten Anteil buchmäßig, steuerlich oder sonst wie als Vermögen des andern führt. Denn auch durch derartige Handhabung wird der andere nicht stärker als schuldrechtlich an dem Vermögen des Geschäftsinhabers beteiligt.“ Der BGH, dem sich die Steuerrechtsprechung6 angeschlossen hat, geht somit davon aus, dass es sich hierbei um eine unentgeltliche Zuwendung des Ge-
1 Ähnlich bereits A. Hueck, ZHR 83 (1920), 1 (11 f.). 2 So auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II 1d; vgl. auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 143. 3 Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 10, 80; Hopt in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rn. 21; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rn. 28; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 11. 4 So auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 143. 5 BGH v. 29. 10. 1952 – II ZR 16/52, BGHZ 7, 378 (380). 6 Vgl. dazu BFH v. 19. 9. 1974 – IV R 95/73, BFHE 113, 558 (563) sowie Rn. 9.25 ff.
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schäftsinhabers an den Dritten handele, die der Form des § 518 BGB bedürfe1. Da in der Einbuchung des Anteils keine Bewirkung der versprochenen Leistung zu sehen sei, müsse dieses Versprechen, um Rechtswirksamkeit zu erlangen, notariell beurkundet werden2. Maßgebend für das Erfordernis der notariellen Beurkundung soll der Charakter der stillen Gesellschaft als Innengesellschaft ohne Gesellschaftsvermögen sein. Bei derartigen Innengesellschaften liege das Vermögen in der Hand eines der Gesellschafter ohne dingliche Beteiligung des anderen; dessen Rechte seien allein schuldrechtlicher Natur. Ein auf die Einräumung einer stillen Beteiligung gerichtetes Schenkungsversprechen des Inhabers könne daher durch die buchmäßige Berücksichtigung nicht geheilt werden, da hier nur die eine schuldrechtliche Verpflichtung aus dem Schenkungsversprechen durch die andere schuldrechtliche Verpflichtung aus der stillen Gesellschaft ersetzt werde3. Der Ansicht des BGH ist insbesondere von Herrmann4 beigepflichtet worden. Nach ihrer Ansicht soll maßgeblich sein, dass der am Unternehmen zu Beteiligende weder Leistungen erbringt noch Pflichten übernimmt, den vorgesehenen Zweck also in keiner Weise fördert. Damit fehle es an einem der konstitutiven Merkmale in jeder Gesellschaft, nämlich der Beitragspflichtigkeit eines jeden Gesellschafters5. K. Schmidt differenzierte zunächst allein zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft. Der Rechtsprechung des BGH sei danach lediglich für die typische stille Gesellschaft, die sich in einem qualifizierten Kreditverhältnis erschöpfe und keine kommanditistenähnliche Beteiligung verschaffe, zuzustimmen6. In einer neueren Untersuchung schränkt auch K. Schmidt7 den Geltungsbereich der bestehenden Gerichtspraxis weiter ein. Danach sei lediglich die Schenkung einer typischen stillen Beteiligung am Einzelunternehmen durch einen Einzelunternehmer formbedürftig. Allein in diesem Fall fehle es an einem echten Vermögenstransfer nach Einbuchung der stillen Beteiligung8. Nicht formbedürftig sei danach „die Innenbeteiligung als ‚Quasi-Kommanditist‘ durch Schenkung einer atypischen stillen Einlage, die Schenkung der stillen Beteiligung an einer Handelsgesellschaft durch deren Gesellschafter oder durch einen Dritten und die unentgeltliche Übertragung einer stillen Beteiligung“9.
1 Gegen das Formerfordernis wendet sich Cremer in Staudinger, 13. Bearb. 1995, § 518 BGB Rn. 25. 2 BGH v. 29. 10. 1952 – II ZR 16/52, BGHZ 7, 378 (380). 3 BGH v. 29. 10. 1952 – II ZR 16/52, BGHZ 7, 378 (380); BGH v. 24. 9. 1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (179) = DB 1952, 947; bestätigt durch BGH v. 6. 3. 1967 – II ZR 180/65, WM 1967, 685 = DB 1967, 1258. 4 Herrmann, ZHR 147 (1983), 313 (317 ff.); zustimmend auch Hadding in Soergel, 12. Aufl. 2007, § 705 BGB Rn. 12; Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil, S. 154 ff.; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rn. 106. 5 So ausdrücklich Herrmann, ZHR 147 (1983), 313 (321). 6 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 III 1a. 7 K. Schmidt, DB 2002, 829; vgl. dazu und zum Folgenden auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 100 ff. 8 K. Schmidt, DB 2002, 829 (834). 9 K. Schmidt, DB 2002, 829 (834).
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Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
6.23
Überwiegend ist die Ansicht des BGH im Schrifttum jedoch auf Ablehnung gestoßen1. Dabei sind von verschiedenen Ansatzpunkten aus Gegenargumente vorgetragen worden. Zum Ersten wird darauf verwiesen, dass die unentgeltliche Beteiligung an einer Außengesellschaft (OHG, KG) mit Abschluss des Vertrages vollzogen sei, so dass – auch wenn eine Schenkung vorliegt – Heilung der Nichtigkeit nach § 518 Abs. 2 BGB eintritt. Zwar bedeute bei der Innengesellschaft die Umbuchung des Vermögensanteils noch nicht die Bewirkung der versprochenen Leistung, wohl aber die Einräumung des Gesellschaftsverhältnisses. Mit der Begründung der Mitgliedschaft sei die Schenkung vollzogen2. Zum Zweiten wird angeführt, dass der Stille durchaus eine Einlage leiste. Das Gesetz verbiete ihm nämlich nicht, seine Einlagen aus Vermögenswerten zu bestreiten, die ihm von Dritten – so auch vom Geschäftsinhaber – zur Verfügung gestellt worden seien. So könne er z.B. auch Geldbeträge, die ihm vom Geschäftsinhaber schenkweise überlassen worden sind, als Einlage in die Gesellschaft einbringen. Es sei purer Formalismus, den unnötigen Umweg über eine derartige doppelte Übereignung des Einlagebetrages zu verlangen; es muss dem Stillen auch gestattet werden, diesen Geldbetrag gleich in der Gesellschaft zu belassen3. Weiterhin wird darauf verwiesen, dass mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags und der Umbuchung des Einlagebetrages vom Kapitalkonto des Geschäftsinhabers auf das Einlagekonto des Stillen nicht nur ein Schenkungsversprechen seitens des Geschäftsinhabers gegenüber dem Stillen abgegeben werde, sondern diesem auch gleichzeitig die mitgliedschaftliche Rechtsstellung eines Gesellschafters vermittelt wird. Diese Stellung wird bereits durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrags geschaffen und nicht erst, wie der BGH meint, versprochen. Der Geschäftsinhaber kann nicht mehr tun, als die stille Beteiligung durch die Einbuchung einzuräumen. Hierin liegt daher der Vollzug des Schenkungsversprechens, so dass eine fehlende notarielle Beurkundung geheilt wird4.
6.24
Der letztgenannten Auffassung ist zuzustimmen. Der BGH verneint im Ergebnis für Innengesellschaften schlechthin eine Heilungsmöglichkeit. Damit setzt er sich in Widerspruch zu seiner sonstigen Rechtsprechung, mit der er durchaus eine gesellschaftliche Verfestigung der stillen Gesellschaft anerkannt hat, wie etwa bei der Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auch auf die atypische5 und die typische6 stille Gesellschaft. Schließlich ist auch vom Schutzgedanken des § 518 BGB her die Verneinung 1 Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 82; Ulmer in MünchKomm.BGB, § 705 BGB Rn. 45; Würdinger, JZ 1953, 226 (227); Hengeler, ZHR 147 (1983), 329; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 37. 2 So z.B. Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 28. 3 Hengeler, ZHR 147 (1983), 329 (332). 4 Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 28; Würdinger, JZ 1953, 226 (227); Ulmer in MünchKomm.BGB, § 705 BGB Rn. 45; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 37. 5 BGH v. 29. 11. 1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157. 6 BGH v. 29. 6. 1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5.
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§6
der Heilungsmöglichkeit nicht geboten, denn die Einbuchung der Beteiligung des Stillen stellt (insbesondere gegenüber der Finanzverwaltung) durchaus einen Publizitätsakt dar, in dem sich der Erfüllungswille des Schenkers dokumentiert. Angesichts der Rechtsprechung des BGH werden die Beteiligten jedoch, wenn jemand in der vorerwähnten Weise unentgeltlich beteiligt werden soll, gut daran tun, den Gesellschaftsvertrag gemäß § 518 Abs. 1 BGB notariell beurkunden zu lassen. Es empfiehlt sich auch, unter diesem Gesichtspunkt die Verhältnisse der Vergangenheit zu überprüfen, damit nicht aus Anlass von Erbfällen die formlos eingeräumte Beteiligung hinsichtlich ihrer gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen angezweifelt werden kann.
6.25
Eine gemischte Schenkung1 ist gegeben, wenn der Inhaber, was handelsrechtlich zulässig ist (vgl. unten Rn. 6.63 ff.), die Vermögenseinlage höher bewertet, als es ihrem Verkehrswert entspricht, wie umgekehrt eine Schenkung des stillen Gesellschafters an den Inhaber anzunehmen ist, wenn seine Vermögenseinlage zu gering bewertet wird. Eine gemischte Schenkung kann auch darin gesehen werden, dass dem stillen Gesellschafter eine Gewinnbeteiligung zugesprochen wird, die nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem Wert der von ihm erbrachten Einlage steht.
6.26
Auch die Aufnahme eines lediglich seine Arbeitskraft2 einbringenden stillen Gesellschafters unter Beteiligung am Gewinn kann, wie bereits der Reichsfinanzhof feststellte, eine Schenkung sein3.
6.27
Aus der Entscheidung des RFH, die in erster Linie eine atypische stille Beteiligung betrifft, aber auch für die typische stille Gesellschaft gilt, ergibt sich, dass eine freigebige Bereicherung des stillen Gesellschafters auf Kosten des Inhabers gegeben ist, wenn die Gewinnbeteiligung so hoch ist, dass sie durch den Wert der Gesellschafterpflichten keinen Ausgleich findet. Die Bereicherung besteht in dem Recht des stillen Gesellschafters auf den Teil der Gewinnbezüge, dem keine Beitragsleistung gegenübersteht. Hinzukommen muss als weitere Voraussetzung für die Feststellung einer Schenkung in subjektiver Hinsicht, dass der Inhaber das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung erkannt und die freigebige Bereicherung des stillen Gesellschafters als Erfolg seines Handelns gewollt hat. Dass dem stillen Gesellschafter die Früchte seiner Arbeit teilweise selbst zufallen und dass er auch von der Arbeit des Inhabers Vorteile hat, spielt für die Beurteilung keine Rolle. Solche Verhältnisse sind immer gegeben, wenn sich mehrere zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles zusammenschließen. Entscheidend ist einzig und allein, ob jeder Vertragsteil zur Erreichung des gemeinschaftlichen Zwecks wertmäßig soviel beisteuert, wie ihm Vorteile erwachsen, oder ob über den Zweck des Zusammenschlusses hinaus eine besondere vermögensrechtliche Bevorzugung eines
6.28
1 Hierzu Weidenkaff in Palandt, § 516 BGB Rn. 13 ff. 2 Vgl. hierzu sogleich unter Rn. 6.38 ff. 3 RFH v. 7. 11. 1940 – IIIe 18/40, RStBl. 1941, 71; vgl. auch Petzoldt, § 7 ErbStG Rn. 163.
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§6
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
Beteiligten auf Kosten des anderen gewollt und erreicht wird. Nur dann kann von einer Schenkung gesprochen werden.
6.29
Bei Einräumung einer atypischen stillen Beteiligung durch Einbringung der Arbeitskraft wird also das Gewinnbezugsrecht in der Regel nicht geschenkt, da regelmäßig die Arbeitsleistung als angemessene Beitragsleistung anzusehen ist1.
6.30
Gemäß § 1624 Abs. 1 BGB gilt nicht als Schenkung, was einem Kinde mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung von dem Vater oder der Mutter zugewendet wird (Ausstattung). Demgemäß bedarf ein Ausstattungsversprechen keiner notariellen Beurkundung. Gegenstand einer Ausstattung oder eines Ausstattungsversprechens kann auch die Einräumung einer stillen Beteiligung oder einer Unterbeteiligung sein. Ausstattung oder Ausstattungsversprechen können aber nur vorliegen, wenn die Verheiratung oder die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung in Aussicht steht, bzw. in greifbare Nähe gerückt ist, denn vorher können die Eltern nicht übersehen, was das Kind zur Begründung oder Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung künftig einmal benötigen wird2. Daraus ergibt sich, dass die Zuwendung einer stillen Beteiligung oder einer Unterbeteiligung an ein noch nicht volljähriges Kind – von besonderen Ausnahmefällen abgesehen – keine Ausstattung i.S. des § 1624 Abs. 1 BGB darstellt. b) Die Leistung nicht bilanzierungsfähiger Beiträge aa) Gebrauchsüberlassung
6.31
Der vom stillen Gesellschafter zu leistende Beitrag kann auch in einer Gebrauchsüberlassung (sog. Einbringung quoad usum) liegen. Sie stellt entgegen der h.M.3 grundsätzlich keine Vermögenseinlage dar4. Im Falle der Gebrauchsüberlassung findet die Übertragung eines Gegenstandes auf den Geschäftsinhaber zur Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes nicht durch eine Übertragung des Eigentums statt, sondern dadurch, dass ihm der Besitz oder zumindest ein Anspruch auf Überlassung der Sache oder des Rechts, soweit dies zum Gebrauch notwendig ist, eingeräumt wird. Hierdurch wird der Inhaber zumindest in die Lage versetzt, im Interesse der Verwirklichung des Gesellschaftszwecks von den ihm zum Gebrauch überlassenen Vermögenswerten jederzeit ungehindert Gebrauch zu machen.
6.32
Er darf aber von der Sache oder dem Recht nur den durch den Gesellschaftszweck gestatteten Gebrauch machen. Anderenfalls muss der stille Gesell1 FG München v. 21. 3. 1967 – II 53/66, EFG 1967, 523; vgl. auch Petzoldt, § 7 ErbStG Rn. 201. 2 KG v. 30. 10. 1962 – 6 U 1003/62, FamRZ 1963, 449. 3 Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rn. 108; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 52. 4 So auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 149.
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§6
schafter zustimmen. Die Unterhaltungspflicht bestimmt sich nach dem Gesellschaftsvertrag. Veräußert der stille Gesellschafter ein dem Inhaber zum Gebrauch überlassenes Grundstück während der Dauer der Gesellschaft, so braucht dieser das Grundstück dem Erwerber nicht herauszugeben, solange das Gesellschaftsverhältnis fortbesteht (§§ 566 Abs. 1, 986 Abs. 1 BGB). Inwieweit der stille Gesellschafter seine Rechte an dem eingelegten Gegenstand aufgeben muss, bestimmt sich nach dem Gesellschaftsvertrag. So kann der stille Gesellschafter, wenn dem Geschäftsinhaber zur Verfolgung des Gesellschaftszweckes nur ein Mitbenutzungsrecht eingeräumt worden ist, weiterhin das Grundstück oder den Gegenstand als Mitbenutzungsberechtigter nutzen1.
6.33
Bei der Gebrauchsüberlassung trägt der stille Gesellschafter die Gefahr des zufälligen Untergangs. Er ist aber, wenn er seine vereinbarte Einlage ordnungsgemäß erbracht hat, nicht verpflichtet, an Stelle des untergegangenen oder verschlechterten Gegenstandes einen anderen Gegenstand als Ersatz einzubringen (§ 707 BGB). Dass er deswegen seinen Gewinnanteil zu einem entsprechenden Teil verliert, ist nach dem vermutlichen Willen der Beteiligten nicht anzunehmen. Nach Sinn und Zweck des Gesellschaftsvertrags trifft der Verlust des Gebrauchs daher auch den Inhaber des Handelsgeschäfts. Auf die Sachmängelgewährleistung des Stillen wird unten noch eigens eingegangen (siehe unten Rn. 6.57 f.).
6.34
Werden Gegenstände in Vollziehung der Einlageverpflichtung dem Inhaber zum Gebrauch überlassen, so können sich Abgrenzungsschwierigkeiten gegenüber anderen Rechtsinstituten ergeben, insbesondere gegenüber den partiarischen Verträgen (dazu Rn. 8.16 ff.). Entstehen Zweifel darüber, ob die Einlage zu Eigentum übertragen oder nur zum Gebrauch überlassen worden ist, so findet die Auslegungsvorschrift des § 706 Abs. 2 BGB sinngemäße Anwendung. Danach ist eine Eigentumsübertragung anzunehmen, wenn es sich um vertretbare oder verbrauchbare Sachen handelt oder wenn Gegenstand der Einlage nicht vertretbare oder nicht verbrauchbare Sachen sind, denen eine Schätzung beigefügt ist, die nicht nur der Gewinnverteilung dienen soll. Es ist ratsam, im Gesellschaftsvertrag eindeutige Vereinbarungen darüber zu treffen, ob die einzubringenden Gegenstände dem Recht oder nur dem Gebrauch nach auf den Geschäftsinhaber übertragen werden sollen.
6.35
bb) Einbringung eines Vermögensgegenstandes dem Werte nach Hier fallen die zivilrechtliche und die wirtschaftliche Lage auseinander. Die Einbringung dem Werte nach (sog. Einbringung quoad sortem)2 richtet sich darauf, der stillen Gesellschaft ohne Eigentumsübertragung den wirtschaftlichen 1 Zur Zulässigkeit des Bruchteilseigentums von Inhaber und stillem Gesellschafter an einzelnen Gegenständen vgl. BGH v. 29. 11. 1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157. 2 Vgl. dazu insgesamt Berninger, Die Societas Quoad Sortem; Blaurock/Berninger, JZ 1992, 614 (621) und Ulmer/Schäfer in MünchKomm.BGB, § 706 BGB Rn. 12; zur Darstellung der Einlage in der Handelsbilanz siehe Reinhardt, DStR 1991, 588.
101
6.36
§6
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
Wert einer Sache zur Verfügung zu stellen. Der im Eigentum des Stillen verbleibende Gegenstand wird nicht nur zur Nutzung und zum Gebrauch überlassen, sondern zusätzlich dem Werte nach in die Gesellschaft eingebracht, d.h. der Stille ist zudem verpflichtet, im Innenverhältnis den Wert der Vermögensgegenstände zur Verfügung zu stellen. Die eintretende Wertsteigerung steht wie bei der Einbringung quoad dominium dem Inhaber zu, zivilrechtlich bleibt der Stille jedoch wie bei der Einbringung quoad usum während der gesamten Nutzungs- und Gebrauchsdauer Eigentümer des Vermögensgegenstands. Die Einbringung quoad sortem stellt mithin eine Zwischenform zwischen Gebrauchsüberlassung und Übereignung dar1.
6.37
Praktische Bedeutung hat diese Form der Beitragsleistung insbesondere für die Einbringung von Grundstücken erlangt, da hierdurch Kosten und Steuern gespart werden können. Fehlt es bei der Leistung einer Grundstückseinlage an der erforderlichen notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrags und wurde dieser Mangel nicht nach § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt, ist darüber hinaus eine Umdeutung der Einbringung quoad dominium in eine Einbringung quoad sortem denkbar (§ 140 BGB). cc) Dienstleistungen
6.38
Der Beitrag des stillen Gesellschafters kann auch in Dienstleistungen bestehen. Auch dieser Beitrag stellt entgegen der h.M.2 grundsätzlich keine Vermögenseinlage dar3. Um eine Vermögenseinlage handelt es sich nur, wenn für die zu erbringende Dienstleistung ein Entgelt festgesetzt wird, das als Einlage des stillen Gesellschafters verrechnet werden kann4 (Rn. 6.1). Aufgrund vergangener Dienstleistungen kann dem Stillen eine Beteiligung nur durch eine Geldeinlage, die durch Verrechnung mit einer offenen Gehaltsforderung oder einem nachträglich vereinbarten Gehalt erbracht wird, eingeräumt werden5. Neben der Gewinnbeteiligung kann für die Tätigkeit des stillen Gesellschafters schließlich auch eine Sondervergütung vereinbart werden.
6.39
Nicht jede Dienstleistung zur Förderung eines fremden Handelsgeschäftes begründet jedoch eine stille Gesellschaft. So kann auch ein nicht formbedürftiges Gehaltsversprechen vorliegen, ein Dienstvertrag mit Gewinnbeteiligung oder ein aufschiebend bedingter Beteiligungsvertrag. Die Abgrenzung dieser Typen untereinander und zur stillen Gesellschaft müssen in concreto auf1 Für die Behandlung der aus dieser „Zwitterstellung“ folgenden Probleme ist hier kein Raum. Ausführlich zur Einbringung quoad sortem: Berninger, Die Societas Quoad Sortem. 2 Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rn. 108; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 52. 3 So auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 149. 4 So nun auch BFH v. 10. 7. 2001 – VIII R 45/98, BFHE 196, 103 = DB 2001, 2072; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 149. 5 BGH v. 24. 9. 1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (181); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 151; Hopt in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rn. 20; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 75.
102
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
§6
grund der besonderen Umstände des einzelnen Falles getroffen werden (siehe dazu Rn. 8.37 ff.). Soweit die Dienstleistungen allein zum Zwecke der Verrechnung mit der Einlage erbracht werden, ist der Stille ausschließlich in der Eigenschaft eines gewinnbeteiligten Gesellschafters tätig; er ist weder Arbeitnehmer noch Angestellter. Hiervon ist insbesondere dann auszugehen, wenn sich die Höhe des Arbeitsentgelts nach dem jeweiligen Geschäftsergebnis richten soll, also schwankender Arbeitslohn bezogen wird. Ist hingegen ein fester Arbeitslohn vereinbart und soll dieser zur Tilgung der Vermögenseinlage übertragen, also nicht ausgezahlt werden, so liegen Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis nebeneinander vor. Aus dem Arbeitsverhältnis ergeben sich dann die üblichen beiderseitigen Rechte und Pflichten.
6.40
Bei Verpflichtungen zu nur gelegentlichen Dienstleistungen oder zur Übernahme einer Aushilfstätigkeit ist genauestens zu prüfen, ob hier ein Gesellschaftszweck gegeben ist und dieser Beitrag den Gesellschaftszweck fördern kann. Besonders wenn Familienangehörige als stille Gesellschafter beteiligt sind, bedarf es der Prüfung, ob deren Tätigkeit einem gemeinsamen Gesellschaftszweck dient und diese Tätigkeit dem Gesellschaftszwecke förderlich ist. Dies ist auch Voraussetzung der Anerkennung der stillen Familiengesellschaft im Steuerrecht (vgl. hierzu Rn. 21.11 ff.).
6.41
Der Stille wird durch eine Beitragsleistung in der Form von Dienstleistungen nicht zu einem Arbeitnehmer i.S. des Arbeits-, Sozial- und Steuerrechts, so dass die Regelungen über den Kündigungsschutz, die Arbeitnehmerhaftung, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, das Konkursprivileg, die Sozialversicherungspflicht und die Lohnsteuer zunächst keine Anwendung finden. Die Geltung arbeitsrechtlicher Vorschriften kann sich aber aus einem Nebeneinander von Arbeitsverhältnis und Gesellschaftsverhältnis ergeben1. Darüber hinaus kann die Anwendung einzelner arbeitsrechtlicher Vorschriften im Gesellschaftervertrag vereinbart werden. Insbesondere ist insoweit an die Schutzvorschriften des § 618 BGB zu denken, während die Kündigungsvorschriften der §§ 621 ff. BGB durch § 234 HGB abgelöst werden. Die Haftung des aufgrund des Gesellschaftsvertrags zu Dienstleistungen verpflichteten stillen Gesellschafters bestimmt sich nach § 708 BGB; damit ist in der Regel die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen. Das Unmöglichwerden der Dienste kann zur Auflösung der Gesellschaft aus wichtigem Grunde führen. Ein Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses besteht nicht.
6.42
dd) Einräumung eines Geld- oder Warenkredits Des Weiteren kann der Beitrag des Stillen in der Einräumung eines Geld- oder Warenkredits bestehen, wenn dieser eine gesellschaftsrechtliche Leistung des stillen Gesellschafters darstellt. Von einem selbständigen, in Geld abschätz1 Vgl. BSG v. 24. 1. 2007 – B 12 KR 31/06 R, NZS 2007, 648: Zur Sozialversicherungspflicht eines stillen Gesellschafters mit Anstellungsvertrag.
103
6.43
§6
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
baren Vermögenswert kann insbesondere dann ausgegangen werden, wenn dieser Kredit zu besonders günstigen Konditionen eingeräumt wird. Entscheidend werden hier immer die Umstände des jeweiligen Einzelfalles sein. ee) Unterlassungen
6.44
Als Beitrag des Stillen kommt weiterhin die Übernahme der Verpflichtung, ein bestimmtes Geschäft nicht zu beliefern1 oder auf Wettbewerb zu verzichten, in Betracht. ff) Immaterielle Beiträge
6.45
Schließlich ist die Beitragsleistung durch die Überlassung von Bezugsquellen2, Geschäftsgeheimnissen, Kundschaft, Know-how3 und des Firmenrechts, soweit es übertragbar ist (§ 23 HGB), zulässig. 2. Der Zeitpunkt der Beitragsleistung
6.46
Wann die Vermögenseinlage zu leisten ist, bestimmt sich nach dem Gesellschaftsvertrag. Enthält dieser keine Bestimmungen, so ist sie im Zweifel sofort zu leisten (§ 271 Abs. 1 BGB). Zum Verzug mit der Beitragsleistung siehe Rn. 6.54. Gegebenenfalls trifft den stillen Gesellschafter eine Vorleistungspflicht, z.B. dann, wenn seine Einlage nach dem Gesellschaftsvertrag zum Erwerb des Handelsgeschäfts verwendet werden soll.
6.47
Verschlechtern sich die Vermögensverhältnisse des Inhabers, bevor der stille Gesellschafter seine Vermögenseinlage geleistet hat, so steht ihm nach h.M. ein Leistungsverweigerungsrecht zu, bis der Inhaber das Handelsgeschäft mit den im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Mitteln ausgestattet oder ihm für seine Einlage Sicherheit bestellt hat (§ 321 BGB)4. Nach der hier vertretenen Ansicht hat der stille Gesellschafter ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB.
6.48
Verschlechtert sich die Vermögenslage des Inhabers erst, nachdem der stille Gesellschafter seine Vermögenseinlage erbracht hat, so kann er den Gesellschaftsvertrag aus wichtigem Grunde kündigen (§ 234 Abs. 1 HGB). Da jedoch die Kündigung das Gesellschaftsverhältnis nur für die Zukunft beendet, muss er einen bereits entstandenen Verlust nach Maßgabe seiner Verlustbeteiligung tragen.
6.49
Im Übrigen bleibt es dem stillen Gesellschafter unbenommen, sich gegen das Risiko abzusichern, das mit der Übertragung seiner Einlage in das Alleinver1 RG v. 2. 10. 1924 – II 600/23, Recht 1925, 28 Nr. 5. 2 RG v. 14. 3. 1919 – II 393/18, RGZ 95, 147 (150). 3 BFH v. 27. 2. 1975 – I R 11/72, BFHE 115, 518 = BStBl. II 1975, 611 = StRK GewStG § 8 Nr. 2–9 R. 121 m. Anm. Paulick. 4 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 157 f.
104
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
§6
mögen des Geschäftsinhabers entsteht. Als Sicherungsmaßnahme kann alles vereinbart werden, was nur die Einlage als Vermögenswert in der Hand des Geschäftsinhabers belässt, solange er sich vertragstreu verhält1. 3. Störungen bei der Beitragsleistung a) Gesetzwidrigkeit oder Sittenwidrigkeit Die Gesetzwidrigkeit oder Sittenwidrigkeit der Beitragsleistung führt zur Nichtigkeit (§§ 134, 138 BGB).
6.50
b) Unmöglichkeit Die Unmöglichkeit der Beitragsleistung führt zum Erlöschen der Leistungspflicht (§ 275 Abs. 1 BGB), gewährt darüber hinaus aber nur einen Grund zur fristlosen Kündigung gemäß § 723 BGB i.V.m. § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB2. Das ergibt sich aus dem Gesellschaftscharakter der stillen Gesellschaft. Haben die Gesellschafter ihre gegenseitigen Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt und das ursprünglich vorhandene Vermögen umgesetzt, dann tritt der auf Dauer berechnete Zweck der Gesellschaft, der sich nicht in der Leistung der beiderseitigen Einlagen erschöpft, in den Vordergrund. An die Stelle der sofortigen Beendigung der Gesellschaft tritt die Kündigung aus wichtigem Grunde. Zu den Einzelheiten der fehlerhaften Gesellschaft siehe unten Rn. 11.5 ff. Im Falle des § 285 BGB hat der Gesellschafter das Surrogat zur Verfügung zu stellen.
6.51
Der stille Gesellschafter hat die Unmöglichkeit seiner Leistung im Rahmen des § 708 BGB zu vertreten. Hat der Geschäftsinhaber die Unmöglichkeit zu vertreten (auch hier gilt § 708 BGB), so kann der stille Gesellschafter aus wichtigem Grunde fristlos kündigen (§ 234 HGB, § 723 BGB) und Schadensersatz verlangen.
6.52
Macht die Unmöglichkeit der Beitragsleistung die Erreichung des Gesellschaftszwecks unmöglich, so löst sich die Gesellschaft nach § 726 BGB auf (Rn. 15.15 ff.).
6.53
c) Verzug und sonstige Pflichtverletzungen Bei Verzug mit der Beitragsleistung haftet der säumige Gesellschafter dem anderen für den Verzugsschaden (§ 280 Abs. 1 u. 2 i.V.m. §§ 286, 288 BGB, § 352 HGB). Außerdem kann der Verzug wichtiger Grund zur Kündigung sein, ein Lösungsrecht nach § 323 BGB besteht nicht3.
1 Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 54. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 160; RG v. 20. 10. 1934 – I 264/33, RGZ 145, 274 (283). 3 OLG München v. 28. 7. 2000 – 23 U 4359/99, BB 2000, 2120 (2121); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 161.
105
6.54
§6
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
6.55
Auch eine sonstige Pflichtverletzung nach § 280 BGB berechtigt den Geschäftsinhaber bloß zur Kündigung aus wichtigem Grund.
6.56
Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages können die Beteiligten wegen ihrer Beitragspflicht nicht geltend machen, weil der Gesellschaftsvertrag kein Austauschvertrag i.S. der §§ 320 ff. BGB ist1. Dem Erfüllungsverlangen des Gesellschafters, der selbst mit seinem Beitrag im Rückstand ist, braucht der andere Gesellschafter nicht nachzukommen. Seine Klage wäre abzuweisen (keine Verurteilung zur Leistung Zug um Zug). d) Gewährleistung
6.57
Weil das Einbringen einer Sache zu Eigentum kein Leistungsaustausch ist, sondern eine Leistungsvereinigung zur Erreichung des Gesellschaftszwecks darstellt, kann das Kaufrecht nur entsprechende Anwendung finden. Die Vorschriften über die Mängelgewährleistung sind der Natur des Gesellschaftsverhältnisses entsprechend nur sinngemäß anwendbar; d.h. im Falle der Schlechtleistung kann Nacherfüllung verlangt werden, im Falle des Rücktritts ist die mangelhafte Sache zurückzugeben und dafür der Wert der mangelfreien Sache einzubringen. Im Falle der Minderung findet keine Herabsetzung der Gegenleistung statt; vielmehr ist der Minderwert durch eine zusätzliche Geldeinlage auszugleichen. Es kommen die §§ 437 ff. BGB entsprechend zur Anwendung. Es gelten die Verjährungsfristen bei der Gewährleistung nach Kaufrecht (§ 438 BGB), nach dem sich auch der Gefahrübergang bestimmt (§ 446 BGB)2. § 377 Abs. 1 HGB findet keine Anwendung, da der Gesellschaftsvertrag kein Handelsgeschäft darstellt.
6.58
Ist der zum Gebrauch überlassene Gegenstand mit Mängeln behaftet, die den Gebrauch unmöglich machen oder beeinträchtigen, so werden regelmäßig die Vorschriften über die Miete sinngemäß herangezogen werden können. Das gilt jedoch nur für die Gewährleistungsvorschriften (§§ 536 ff. BGB)3, nicht auch für die Kündigungsvorschriften oder für die Haftung auch für leichte Fahrlässigkeit.
6.59
Der Geschäftsinhaber kann den Stillen auf die Erfüllung seiner Pflichten verklagen (zur Anwendbarkeit der actio pro socio in einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft siehe Rn. 19.57). Steht der Bestand der Gesellschaft in Streit und war die Einlageverpflichtung in Raten zu erfüllen, so ist gemäß § 3 ZPO die Höhe der gesamten Einlageverpflichtung zugrunde zu legen4. 1 So auch OLG München v. 28. 7. 2000 – 23 U 4359/99, BB 2000, 2120 (2121); anders die h.M.: Grüneberg in Palandt, Einführung vor § 320 BGB Rn. 6; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 81; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 27 f.; differenzierend K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 157 f. 2 A.A. Ulmer/Schäfer in MünchKomm.BGB, § 706 BGB Rn. 24 ff.; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 162: Vorrang des Gesellschaftsrechts. 3 So auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 162; a.A. Ulmer/Schäfer in MünchKomm.BGB, § 706 BGB Rn. 28. 4 OLG München v. 23. 6. 2005 – 7 U 1590/05, DB 2005, 1567.
106
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
§6
e) Kündigung des Treuhandverhältnisses bei Beitragsleistung an einen Treuhänder Besteht eine vertragliche Vereinbarung, nach der der Beitrag an einen Treuhänder zu leisten ist, der sicherstellen soll, dass der Beitrag zu einem bestimmten vereinbarten Zweck verwendet wird, und kündigt der Geschäftsinhaber seinerseits das Treuhandverhältnis, so ist der stille Gesellschafter zur Erbringung des Beitrags nicht mehr verpflichtet. Denn die Einschaltung des Treuhänders als Sicherung der vertragsmäßigen Verwendung des Beitrags ist in der Regel wesentliche Voraussetzung für die Verpflichtung des stillen Gesellschafters, seinen Beitrag zu leisten. Durch die Kündigung des Treuhandverhältnisses ist diese Voraussetzung vom Geschäftsinhaber beseitigt worden. Zu einer Beteiligung ohne die vorgesehene Sicherung hat sich der stille Gesellschafter aber nicht verpflichtet1.
6.60
III. Die Einlage des stillen Gesellschafters 1. Beitrag und Einlagegutschrift Die Beitragsleistung ist von der Gutschrift des Einlagewertes auf dem Einlagekonto des Stillen zu unterscheiden2. Die Höhe der Gutschrift des Wertes der Einlage auf dem Einlagekonto des Stillen ist unabhängig vom tatsächlichen Wert der Beitragsleistung und kann als solche von den Gesellschaftern grundsätzlich frei vereinbart werden (dazu näher Rn. 6.63 ff.).
6.61
Der Höhe der Gutschrift auf dem Einlagekonto kommt für das Beteiligungsverhältnis des Stillen jedoch regelmäßig eine besondere Bedeutung zu, da nach dem Gesellschaftsvertrag die Gewinnverteilung vielfach auf der Grundlage der Kapitalkonten vorgenommen werden wird. Dies gilt auch für den Auseinandersetzungsanspruch, der dem stillen Gesellschafter im Falle der Auflösung zusteht, und für die Feststellung etwaiger Ersatzansprüche, wenn die Einlage in einer Gebrauchsüberlassung bestand und der Wert des überlassenen Gegenstandes durch ein vom Geschäftsinhaber zu vertretendes Verhalten beeinträchtigt worden ist.
6.62
2. Die Bewertung der Einlage Die Gutschrift des Wertes der Einlage des Stillen auf dessen Einlagekonto kann von den Gesellschaftern ohne Rücksicht auf den wirklichen Wert des Beitrags oder irgendwelche Bewertungsvorschriften im Rahmen des gesetzlich Zulässigen (§ 138 BGB) frei vereinbart werden3. Dies gilt auch für Bareinlagen, 1 OLG Hamm v. 5. 3. 1979 – 8 U 22/79, GmbHR 1979, 255. 2 So auch Kühn in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rn. 20; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II 1d. 3 BGH v. 24. 9. 1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (178 f.); BGH v. 21. 4. 1955 – II ZR 227/53, BGHZ 17, 130 (134); Hopt in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rn. 22; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 14, 78; Kühn in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rn. 16;
107
6.63
§6
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
bei denen sich die Gutschrift auf dem Einlagekonto ebenfalls nicht mit dem Nominalbetrag der geleisteten Zahlung zu decken braucht
6.64
Auch bei der Leistung nicht bilanzierungsfähiger Beiträge (Rn. 6.31 ff.) sind die Gesellschafter in der Bewertung ebenso frei wie in der Entscheidung, ob und in welcher Höhe dem Stillen hierfür eine Gutschrift auf dem Einlagekonto gutgebracht wird. In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die nicht bilanzierungsfähigen Beiträge des Stillen wie Gebrauchsüberlassungen und Dienstleistungen regelmäßig durch eine vom Einlagekonto unabhängige Gewinnbeteiligung des Stillen abgegolten werden1. Deshalb werden hierfür Gutschriften auf dem Einlagekonto nur bei ausdrücklicher Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag vorzunehmen sein. Aus der Nichtberücksichtigung von nicht bilanzierungsfähigen Beiträgen auf dem Einlagekonto kann jedoch nicht gefolgert werden, dass damit regelmäßig auch die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters ausgeschlossen ist. Auch insoweit ist die stille Gesellschaft eine Risikogemeinschaft, so dass der Stille mangels anderweitiger Vereinbarungen auch in diesem Falle am Verlust beteiligt ist. Die Höhe der Verlustbeteiligung ergibt sich dann aus § 231 Abs. 1 HGB und § 722 Abs. 2 BGB2.
6.65
Die freie Vereinbarkeit des Wertes der Einlage beruht auf der Natur der stillen Gesellschaft als einer Innengesellschaft, bei der die Einlage des Stillen lediglich interne Bedeutung hat und anders als die Einlage des Kommanditisten keine für die Gesellschaftsgläubiger maßgebliche Haftsumme darstellt3. Aus diesem Grund findet auch keine Belastung des Einlagekontos im Falle teilweiser Rückständigkeit der Beitragsleistung statt.
6.66
Bei der Über- oder Unterbewertung der Einlage ist dennoch Vorsicht geboten. Zum einen sollten die Gesellschafter beachten, dass in der Überbewertung der Vermögenseinlage unter Umständen in Höhe des Mehrwerts eine gemischte Schenkung oder ein Schenkungsversprechen des Geschäftsinhabers an den stillen Gesellschafter, in der Unterbewertung in Höhe des Minderwerts eine solche des stillen Gesellschafters an den Geschäftsinhaber liegen kann4. Nach Ansicht des BGH bedarf es dabei der Beachtung der in § 518 Abs. 1 BGB vorgeschriebenen Form (vgl. hierzu und zur Kritik an der Ansicht des BGH Rn. 6.21 ff.). Außerdem kann die Schenkungsteuerpflicht ausgelöst werden. Diesen Gefahren des Schenkungsrechts können die Gesellschafter bei einer Unterbewertung jedoch durch die Vereinbarung begegnen, dass der Unterschiedsbetrag als Darlehen des stillen Gesellschafters angesehen werden soll.
6.67
Werden von dem stillen Gesellschafter geleistete Dienste mit Rücksicht auf die günstige Entwicklung des Unternehmens höher bewertet, so ist die Sachla-
1 2 3 4
K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 150; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rn. 111. Vgl. dazu BGH v. 24. 9. 1952, BGHZ 7, 174 (181). So auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 231 HGB Rn. 21. BGH v. 24. 9. 1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (178 f.). Zur gemischten Schenkung siehe Weidenkaff in Palandt, § 516 BGB Rn. 13 ff.
108
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
§6
ge ähnlich zu beurteilen, wie wenn ein Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einem Arbeitnehmer ohne rechtliche Verpflichtung, aber im Hinblick auf den Erfolg seiner Arbeitsleistung eine besondere Zuwendung macht. Eine solche Zuwendung ist nach dem Willen der Vertragspartner keine unentgeltliche Zuwendung und fällt als Entlohnung nicht unter § 516 BGB1. Eine solche liegt deshalb auch nicht in der Höherbewertung der Einlage des stillen Gesellschafters, wenn sie als nachträgliches Entgelt für seine bisherige erfolgreiche Tätigkeit gewollt war2. Allerdings können sich im Einzelfall schwierige Abgrenzungen zur Belohnung (remuneratorische Schenkung) ergeben3. Bei Unterbewertung können sich auch bei der Beendigung der Gesellschaft Nachteile ergeben. Dies gilt insbesondere für die atypische stille Gesellschaft. Ist nämlich bei der atypischen stillen Gesellschaft für den Fall der Auseinandersetzung nichts Abweichendes vereinbart, so ist jeder Gesellschafter im Verhältnis seiner Einlage an den stillen Reserven und am Geschäftswert beteiligt. Eine Unterbewertung der Einlage des stillen Gesellschafters kommt damit allein dem Geschäftsinhaber zugute, da der Unterschiedsbetrag zwischen dem Nominal- oder Verkehrswert der Einlage und dem im Gesellschaftsvertrag angenommenen niedrigen Wert zu den stillen Reserven gehört. Auch hier steht es den Gesellschaftern jedoch frei, etwas anderes zu vereinbaren.
6.68
Die Beteiligten können die Einlage auch so bewerten, dass sie diese in einem bestimmten Verhältnis zu dem vorhandenen Geschäftsvermögen des Inhabers ansetzen und die betragsmäßige Festlegung ihres Wertes von der betragsmäßigen Bewertung des Geschäftsvermögens abhängig machen. Wegen der damit verbundenen Unsicherheiten ist hier die Gefahr einer Überbewertung der Einlage des stillen Gesellschafters oder der Unterbewertung des Geschäftsvermögens des Inhabers besonders groß. Daher sollte man hier angesichts der Auffassung des BGH, dass in der bloßen Gutschrift auf dem Einlagekonto noch nicht der Vollzug der Schenkung zu sehen sei, von mündlichen oder privatschriftlichen Vereinbarungen absehen und statt dessen die Formvorschrift des § 518 Abs. 1 BGB beachten.
6.69
Die im Gesellschaftsvertrag getroffene Bewertung der Vermögenseinlage müssen die Gesellschafter gegen sich gelten lassen. So kann weder eine höhere, objektiv richtige Festsetzung beansprucht werden, noch brauchen sie sich eine Anpassung ihres Beteiligungswertes an die wirklichen Verhältnisse gefallen zu lassen. Die Grenze für die Wertfestsetzung wird allein durch § 138 BGB gezogen.
6.70
Dritte Personen, insbesondere die Gläubiger des Inhabers, haben keine Möglichkeit, die von den Beteiligten vorgenommene Bewertung anzufechten. Im Insolvenzfall kann jedoch unter Umständen nach §§ 129 ff. InsO ein Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters bestehen.
6.71
1 Für die h.M. siehe Weidenkaff in Palandt, § 516 BGB Rn. 9a m.w.N. 2 BGH v. 24. 9. 1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (181). 3 Hierzu J. Koch in MünchKomm.BGB, 5. Aufl. 2007, § 516 BGB Rn. 31 f.
109
§6
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
6.72
Ist im Gesellschaftsvertrag über die Bewertung der Vermögenseinlage nichts vereinbart, so ist sie nach objektiven Maßstäben vorzunehmen, d.h. die Einlage ist regelmäßig mit dem gemeinen Wert im Einbringungszeitpunkt anzusetzen. Als Zeitpunkt der Einbringung ist der Zeitpunkt des Gefahrübergangs zu betrachten, wenn die Beteiligten nicht, was ihnen ebenso wie bei der Wertfestsetzung unbenommen bleibt, eine andere Regelung getroffen haben.
6.73
Kommt es zwischen den Beteiligten über die Bewertung ihrer Einlage zum Streit, muss diese durch den Richter erfolgen. Kann er unter Zugrundelegung objektiver Maßstäbe die Bewertung nicht vornehmen, dann ist ein Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft nicht zustande gekommen, weil über einen wesentlichen Punkt des Gesellschaftsvertrags keine Einigung besteht.
6.74
Deshalb ist bei der Behandlung dieser Bewertungsfragen schon im Stadium des Vertragsabschlusses größte Sorgfalt geboten. Insbesondere sollten zumindest möglichst genaue Maßstäbe vereinbart werden, nach denen die etwa erst in Zukunft mögliche Fixierung des an sich schon gegenwärtig vorhandenen Vermögenswerts der Einlage erfolgen soll. Dies gilt vor allem auch für die Bewertung von Dienstleistungen, bei der sich oft Schwierigkeiten ergeben, die bei der Ermittlung des Gewinnanteils des Stillen und bei Beendigung der Gesellschaft akut werden. Es empfiehlt sich daher auch hier eine sorgfältige Klärung der Bewertungsfragen im Gesellschaftsvertrag.
6.75
Kommt es beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags noch nicht zu einer Einigung über die Bewertung der von den Gesellschaftern einzubringenden Gegenstände, setzen die Gesellschafter aber gleichwohl in Kenntnis dieser noch ausstehenden Einigung ihre Gesellschaft im allseitigen Einverständnis in Vollzug, so findet die Auslegungsvorschrift des § 154 Satz 1 BGB keine Anwendung. Die in Vollzug gesetzte Gesellschaft ist keine fehlerhafte Gesellschaft, sondern eine rechtlich voll wirksame Gesellschaft1. 3. Beitrag und Beteiligung
6.76
Aufgrund seiner Beitragsleistung ergibt sich für den Stillen ein Beteiligungsverhältnis, das zu den unabdingbaren Wesensmerkmalen der stillen Gesellschaft gehört2. Das Beteiligungsverhältnis ist im Gesellschaftsvertrag nach Art und Umfang zu bestimmen. Die Gesellschafter haben dabei insbesondere festzulegen, ob sich die Beteiligung auf den Gewinn und Verlust, nur auf den Gewinn oder auch auf das Geschäftsvermögen erstrecken soll.
6.77
Die Beteiligung des stillen Gesellschafters ist unabhängig von der dinglichen Vermögenslage zu betrachten. Da die stille Gesellschaft nicht als solche nach außen auftreten kann, fehlt es bei ihr an einem gemeinschaftlichen Gesell1 BGH v. 23. 11. 1959 – II ZR 187/58, NJW 1960, 430 = BB 1960, 15; OLG Bremen v. 13. 7. 2001 – 4 U 6/01, NZG 2002, 173 (174). 2 RG v. 8. 1. 1896 – I 294/96, JW 1896, 76 = ZHR 48 (1899), 344; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 37.
110
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
§6
schaftsvermögen1. Hinsichtlich des im Handelsgeschäft des Inhabers insgesamt arbeitenden Vermögens besteht keine sachenrechtliche Gemeinschaft – weder in der Form eines Gesamthandseigentums noch in der Form einer Gemeinschaft nach Bruchteilen. Demzufolge sind die §§ 718, 719, 738 BGB, die das Vorhandensein eines Gesellschaftsvermögens voraussetzen, auf die stille Gesellschaft nicht anwendbar. Dass es an einer Vermögensgemeinschaft fehlt, spielt für die Annahme einer Gesellschaft keine Rolle. Wesensnotwendig ist für die Gesellschaft lediglich der gemeinsame Zweck und die Förderungspflicht2. Entscheidend ist also die Personengemeinschaft; sie ist gegenüber der Vermögensgemeinschaft primär. Im Rahmen einer Gesellschaft ist zwar die Vermögensgemeinschaft die Regel, sie ist aber nicht unentbehrlich und gegenüber der Personengemeinschaft sekundär3.
6.78
Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass auch bei der stillen Gesellschaft beiden Gesellschaftern an einzelnen Gegenständen Bruchteilseigentum zusteht, wenn nur das Geschäft selbst auf den Namen des Inhabers geführt wird und dieser als der alleinige Träger des Unternehmens erscheint4.
6.79
Auch bei der atypischen stillen Gesellschaft wird der stille Gesellschafter nicht Miteigentümer des Geschäftsvermögens; auch hier hat er wie ein Gläubiger lediglich obligatorische Ansprüche für den Zeitpunkt der Auseinandersetzung5. Er kann deshalb nicht intervenieren, wenn in das Vermögen des Geschäftsinhabers die Zwangsvollstreckung betrieben wird.
6.80
IV. Einlage und Haftung Eine von dem stillen Gesellschafter als Beitrag geleistete Einlage geht in das Vermögen des Inhabers über und unterliegt somit uneingeschränkt der Zwangsvollstreckung seiner Gläubiger. Insoweit haftet sie mithin für die Schulden des Inhabers. Hingegen stellt die Beteiligung des stillen Gesellschafters nach der gesetzlichen Regelung des § 236 Abs. 1 HGB grundsätzlich kein haftendes Kapital dar. Denn der stille Gesellschafter kann sie, soweit sie nicht durch Verluste aufgebraucht ist, in der Insolvenz des Inhabers als Insolvenzforderung geltend machen. Dies wird insbesondere bei Ausschluss der Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters bedeutsam. Dass die Beteiligung des stillen Gesellschafters nicht zum haftenden Kapital gehört, zeigt sich auch daran, dass er eine rückständige Einlage nur insoweit in die Insolvenzmasse zu leis1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 9; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 10; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rn. 103. 2 Ulmer in MünchKomm.BGB, § 705 BGB Rn. 128. 3 Ulmer in MünchKomm.BGB, § 705 BGB Rn. 280; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rn. 14. 4 BGH v. 29. 11. 1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157 (161); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 9; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 10, 26; H.P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 322. 5 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 80.
111
6.81
§6
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
ten hat, als dies zur Deckung seines Anteils am Verlust notwendig ist (§ 236 Abs. 2 HGB). Er muss sie nicht vollständig leisten und sich wegen des nicht durch Verluste aufgezehrten Teils seiner Beteiligung auf die Quote verweisen lassen.
6.82
Zu der gesetzlichen Regel des § 236 Abs. 1 HGB, dass stille Beteiligungen kein haftendes Kapital darstellen, besteht aber die für die Praxis wichtige Ausnahme der stillen Beteiligungen durch Gesellschafter gemäß § 39 Abs. 4 InsO. Sie stellen unter den gleichen Voraussetzungen wie Gesellschafterdarlehen1 haftendes Kapital dar, können also insbesondere nicht zur Insolvenztabelle angemeldet werden und unterliegen den weiteren Besonderheiten eigenkapitalersetzender Leistungen. Da die daraus resultierenden Rechtsfolgen vornehmlich in der Insolvenz des Inhabers eine Rolle spielen, werden die damit zusammenhängenden Fragen unter Rn. 17.17 ff. behandelt.
6.83
Der Begriff des „haftenden Eigenkapitals“ spielt für stille Gesellschaften auch im Gesetz über das Kreditwesen (KWG) eine Rolle. Die Kreditinstitute müssen im Interesse der Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, insbesondere zur Sicherung der ihnen anvertrauten Vermögenswerte, ein angemessenes haftendes Eigenkapital aufweisen. Stille Beteiligungen sind dabei ihrem haftenden Eigenkapital unter der Voraussetzung zuzurechnen, dass sie bis zur vollen Höhe am Verlust teilnehmen und erst nach Befriedigung der Gläubiger des Kreditinstituts zurückgefordert werden können (§ 10 Abs. 2a Nr. 8, Abs. 4 Satz 1 KWG). Weiter müssen sie dem Kreditinstitut insgesamt für mindestens 5 Jahre zur Verfügung gestellt worden sein und dürfen frühestens in zwei Jahren fällig werden. Besserungsabreden bezüglich der Erhöhung des durch Verluste geschmälerten Rückzahlungsanspruchs sind nur unter engen Voraussetzungen möglich. Diese Vertragsbedingungen können gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2, 3 KWG nachträglich nicht zu Lasten der Gläubiger des Kreditinstituts verändert werden. Hierauf hat das Kreditinstitut den stillen Gesellschafter vor Abschluss des Gesellschaftsvertrags ausdrücklich schriftlich hinzuweisen.
V. Das Wesen des Einlagekontos
6.84
Das Einlagekonto des stillen Gesellschafters weist die durch die Auflösung der stillen Gesellschaft aufschiebend bedingte Forderung des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber wegen seiner Beteiligung aus2. Ein passives Einlagekonto hat hingegen nur die Bedeutung einer Gewinnauszahlungssperre. Hat der stille Gesellschafter die Einlage voll geleistet, so kann er weder während des Bestehens der Gesellschaft noch bei ihrer Beendigung zur Abdeckung des passiven Einlagekontos herangezogen werden3.
1 Mylich, ZGR 2009, 474 (500); a.A. Mock, DStR 2008, 1645 (1647 f.). 2 RG v. 20. 4. 1934 – II 39/34, RGZ 144, 246 (249 f.). 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 22 ff.; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rn. 125.
112
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
§6
Nicht abgehobene Gewinne früherer Jahre können nicht zur Abdeckung späterer Verluste verwendet werden, es sei denn, dass sie nach dem Gesellschaftsvertrag die Beteiligung des stillen Gesellschafters erhöht haben.
6.85
Die Einlage muss nicht unbedingt für die Dauer des Gesellschaftsverhältnisses im Handelsgeschäft des Inhabers belassen werden. Es kann im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden, dass sie nach einer bestimmten Zeit zurückzugeben ist, ohne dass das Gesellschaftsverhältnis davon berührt würde. Dies ergibt sich aus § 136 InsO, in dem die ganze oder teilweise Rückgewähr der Einlage bei fortbestehender Gesellschaft ausdrücklich erwähnt wird.
6.86
Selbst wenn man in der Leistung einer Vermögenseinlage eine unerlässliche Voraussetzung für die Errichtung der Gesellschaft erblickt, kann die Zulässigkeit von deren zeitweiser Rückgewähr nicht bestritten werden. Der Rückgewähr der Einlage stehen andere Leistungen des Inhabers gleich, soweit sie ihren Rechtsgrund in dem stillen Gesellschaftsverhältnis haben. Inwieweit die Rückgewähr der Einlage die Beendigung des stillen Gesellschaftsverhältnisses kennzeichnet, richtet sich folglich ausschließlich nach dem Parteiwillen. Ohne besondere Vereinbarung wird man allerdings von der Rückgewähr auf die Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses schließen dürfen.
6.87
Die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters ist hingegen konstitutives Merkmal der stillen Gesellschaft (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB). Ihr Ausschluss beendet das stille Gesellschaftsverhältnis oder wandelt es in eine Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts oder ein Darlehensverhältnis um1.
6.88
Der stille Gesellschafter kann – auch rückwirkend für bereits eingetretene Verluste – von der Teilnahme am Verlust befreit werden (§ 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB) und es kann ihm sein anteiliger Gewinn ausgezahlt werden, obwohl seine Einlage durch Verluste gemindert ist. Auch dies können die Gläubiger des Inhabers grundsätzlich nicht verhindern (vgl. Rn. 17.78 ff.). Entsprechendes gilt auch für den Erlass der Verpflichtung zur Leistung der Einlage2.
6.89
Die Beteiligung des stillen Gesellschafters kann ebenso wie sein Anspruch auf Gewinnbeteiligung durch Bestellung einer Hypothek, eines Pfandrechts, durch Sicherungsübereignung oder Bürgschaft sichergestellt werden (Rn. 10.43).
6.90
Eine Abtretung der Beteiligung durch den stillen Gesellschafter ist nur mit Zustimmung des Geschäftsinhabers zulässig (§ 717 Satz 1 BGB)3. Um Unklarheiten auszuschließen, sollte für den Fall der zulässigen Abtretung durch den Stillen vereinbart werden, dass die Abtretung dem Inhaber gegenüber nur wirksam ist, wenn sie ihm von beiden Vertragsparteien gemeinsam angezeigt wird.
6.91
1 Koller in Koller/Roth/Morck, § 231 HGB Rn. 2. 2 OLG Frankfurt v. 1. 12. 1981 – 5 U 114/81, WM 1982, 198 (199); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 146, 153. 3 Vgl. Koller in Koller/Roth/Morck, § 230 HGB Rn. 25.
113
§6
Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
VI. Zusammenfassung
6.92
Mit der Beitragsleistung beteiligt sich der stille Gesellschafter am Handelsgewerbe des Inhabers. Diese Beteiligung bildet die Grundlage für die Ansprüche des stillen Gesellschafters auf anteiligen Gewinn und etwaigen Liquidationserlös und für seine sonstigen Rechte und Pflichten gesellschaftsrechtlicher Art. Gegenstand der Beitragsleistung kann alles sein, was der Förderung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks förderlich ist. Hierzu gehören die bilanzierungsfähigen Einlageleistungen wie die Geldzahlung oder die Sachleistung, aber auch sonstige Beiträge wie Gebrauchsüberlassungen, Dienstleistungen oder die Bereitstellung immaterieller Werte. Bei der Bewertung der sich aus der Beitragsleistung ergebenden Einlage des Stillen haben die Beteiligten freie Hand. Sie können den Wert nach ihrem Ermessen festsetzen und brauchen dabei auf den objektiven Verkehrswert keine Rücksicht zu nehmen. Der Wert der Vermögenseinlage ist dem stillen Gesellschafter auf seinem Einlagekonto gutzubringen. Da die nicht bilanzierungsfähigen Beiträge des Stillen wie Gebrauchsüberlassungen und Dienstleistungen regelmäßig durch eine vom Einlagekonto unabhängige Gewinnbeteiligung des Stillen abgegolten werden, werden hierfür Gutschriften auf dem Einlagekonto nur bei ausdrücklicher Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag vorgenommen. Gewinnanteile, die der stille Gesellschafter nicht entnommen hat, erhöhen in Ermangelung abweichender Vereinbarungen nicht seine Vermögenseinlage und sind deshalb wie sonstige Forderungen und Schulden, die aus außergesellschaftlichen Rechtsgeschäften herrühren, nicht auf dem Einlagekonto, sondern auf einem besonderen Darlehenskonto des Stillen auszuweisen. Von Bedeutung ist die Vermögenseinlage grundsätzlich nur im Innenverhältnis zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter. Ihr kommt im Gegensatz zur Kommanditeinlage gegenüber den Gläubigern des Inhabers grundsätzlich keine Garantiefunktion zu. Wird sie vorzeitig zurückgezahlt, so ändert das nichts an dem Fortbestand der stillen Gesellschaft, wenn nur der stille Gesellschafter weiterhin am Gewinn beteiligt bleibt. Die Gläubiger des Inhabers haben darauf keinen Einfluss (vgl. aber § 136 InsO).
114
§ 7 Gewinn- und Verlustbeteiligung Schrifttum: Berninger, Axel, Errichtung einer stillen Gesellschaft an einer Tochter-AG bei bestehendem Beherrschungsvertrag und Gewinnabführungsvertrag zwischen Mutterund Tochter-AG, DB 2004, 297; Bitsch, Herbert, Gewinnverteilung der GmbH & Stille Gesellschaft, GmbHR 1983, 56; Blaurock, Uwe, Die stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Unternehmensvertrag, in Festschrift für Bernhard Großfeld zum 65. Geburtstag, 1999, S. 83 ff.; Breidenbach, Berthold, Angemessenheit der Gewinnverteilung bei Familien-Personengesellschaften, DB 1980, Beilage 20; Döllerer, Georg, Die atypische stille Gesellschaft – gelöste und ungelöste Probleme, DStR 1985, 295; Emmerich, Volker/Habersack, Mathias, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 5. Aufl. 2008; Habersack, Mathias, Festvergütung des stillen Gesellschafters – Ein Problem des § 301 AktG?, in Liber amicorum Wilhelm Happ, 2006, S. 49 ff.; Häger, Michael/Elkemann-Reusch, Manfred, Mezzanine Finanzierungsinstrumente, 2. Aufl. 2007; Hoffmann, Ralf, Sind stille Beteiligungen zwingend Teilgewinnabführungsverträge?, Finanz-Betrieb 2005, S. 373; Hopt, Klaus J./Wiedemann, Herbert, Aktiengesetz, Großkommentar, 4. Aufl. 1992 ff.; Huber, Ulrich, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personengesellschaften des Handelsrechts, 1970; Huber, Ulrich, Gesellschafterkonten in der Personengesellschaft, ZGR 1988, 1; Hüffer, Uwe, Aktiengesetz, 8. Aufl. 2008; Jebens, Philipp, Die stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, BB 1996, 701; Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, hrsg. von Zöllner, Wolfgang/Noack, Ulrich, 3. Aufl. 2004; Kauffeld, Hans-Georg, Die partielle Unternehmensbeteiligung, 2008; Kropff, Bruno, Textausgabe des Aktiengesetzes, 1965; Märkle, Rudi W., Zur Gewinnverteilung bei Familienpersonengesellschaften, DStR 1973, 131; Mertens, Klaus Peter, Die Entscheidungsautonomie des Vorstands und die „Basisdemokratie“ in der Aktiengesellschaft, ZHR 147 (1983), 377; Mertens, Kai, Die stille Beteiligung an der GmbH und ihre Überleitung bei Umwandlung in die AG, AG 2000, 32; Nirk, Rudolf/Ziemons, Hildegard/Binnewies, Burkhard, Handbuch der Aktiengesellschaft, Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Loseblatt; Pluskat, Sorika, Anmerkung zu LG Bonn v. 10. 1. 2006, EWiR 2006, 261; Priester, Hans-Joachim, Zusammentreffen von Gewinnabführungsvertrag und stiller Gesellschaft – Dissonanz oder Konkordanz?, in Festschrift für Arndt Raupach zum 70. Geburtstag, 2006, S. 391 ff.; Rust, Walter, Die Vereinbarkeit einer gewinnunabhängigen Festvergütung zugunsten eines stillen Gesellschafters mit § 301 AktG, AG 2006, 563; Schmidt, Karsten, Konzernrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen für typische stille Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, ZGR 1984, 297; Schmidt-Ott, Justus, Publizitätserfordernisse bei atypisch stillen Beteiligungen an dem Unternehmen einer GmbH, GmbHR 2001, 182; Schmidt-Ott, Justus, Nochmals: Publizität und stille Beteiligung am Unternehmen einer GmbH, Replik zu Weigl, GmbHR 2002, 778, GmbHR 2002, 784; Schneider, Uwe H./Rensch, Peter, Die Vertretung und Mitwirkung der Gesellschafter bei der Gründung einer GmbH & Still, DB 1989, 713; Schulte, Christian/Waechter, Thomas, Atypische stille Beteiligungen und § 294 AktG – neue Fassung, alte Probleme?, GmbHR 2002, 189; Schulze-Osterloh, Joachim, Das Recht der Unternehmensverträge und die stille Beteiligung an einer Aktiengesellschaft, ZGR 1974, 427; Semler, Johannes, Vorfinanzierung künftigen Aktienkapitals durch stille Gesellschaften, in Festschrift für Winfried Werner, 1984, S. 855 ff.; Stimpel, Walter, Anlegerschutz durch Gesellschaftsrecht in der Publikumskommanditgesellschaft, in Festschrift für Robert Fischer, 1979, S. 771 ff.; Weigl, Gerald, Anwendungs- und Problemfelder der stillen Gesellschaft, DStR 1999, 1568; Weigl, Gerald, Zur Eintragungspflicht einer GmbH & Still im Handelsregister, Zugleich: Anmerkungen zu Schmitt-Ott, GmbHR 2001, 182, GmbHR 2002, 778.
115
§7
Gewinn- und Verlustbeteiligung
I. Die Gewinnbeteiligung
7.1
Drittes unerlässliches Erfordernis für das Zustandekommen einer stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB ist neben der Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen und neben der Beitragsleistung des Stillen die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Gewinn. Sie kann nicht ausgeschlossen werden (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB). 1. Der Begriff der Gewinnbeteiligung
7.2
Gewinn ist das positive Ergebnis eines Handelsgewerbes innerhalb eines Wirtschaftsjahres, das einen Zeitraum von nicht mehr als 12 Monaten umfasst. Er drückt sich im handelsrechtlichen Jahresabschluss (Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung) der Gesellschaft aus. Der Gewinn des stillen Gesellschafters wird sich regelmäßig an dieser Jahresbilanz orientieren. Es bleibt den Beteiligten jedoch unbenommen, als Grundlage für die Gewinnbeteiligung des Stillen auch den Gewinn zu vereinbaren, der sich aus der Steuerbilanz ergibt. Es empfiehlt sich daher, im Gesellschaftsvertrag in jedem Falle eine eindeutige Regelung darüber zu treffen, welcher Gewinn zugrunde gelegt werden soll. Ist das nicht geschehen, so wird es regelmäßig dem Willen der Beteiligten entsprechen, dass der Gewinn maßgebend sein soll, der sich aus dem handelsrechtlichen Jahresabschluss ergibt (Rn. 14.10).
7.3
Die Gewinnbeteiligung braucht sich nicht auf den Gesamtgewinn des Handelsgewerbes zu beziehen; sie kann auf die Ergebnisse einer Niederlassung, einer Zweigstelle, einzelner Abteilungen oder bestimmter Geschäftsarten beschränkt sein1. Dagegen genügt die Beteiligung nur an einzelnen – auch mehreren – Handelsgeschäften nicht2.
7.4
Die nach § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB erforderliche Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters ist dann gegeben, wenn der Anteil des stillen Gesellschafters von dem Ergebnis des Geschäftsbetriebes abhängig ist, wenn er also die Gefahr, dass kein Gewinn erzielt wird, mitzutragen hat3. Das ist nicht der Fall, wenn er einen festen, vom wechselnden Geschäftsergebnis unabhängigen, stets gleich bleibenden Anteil erhält4, wenn er auf von ihm gelieferte Wa1 Eingehend hierzu Kauffeld, Die partielle Unternehmensbeteiligung, S. 203 ff. 2 Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 29; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 39; vgl. dazu auch unten Rn. 8.4 f. 3 BGH v. 22. 12. 1953 – IV ZR 87/53, LM Nr. 8 zu § 139 BGB; BayObLG v. 2. 1. 1951 – UmstBeschwReg. 12/50, NJW 1951, 237 (238). 4 RG v. 1. 3. 1893 – I 426/92, RGZ 31, 72 (73 f.); RG v. 16. 9. 1930 – III 381/29, RGZ 130, 1 (4); RG v. 6. 12. 1935 – II 86/35, JW 1936, 921; BGH v. 22. 12. 1953 – IV ZR 87/53, LM Nr. 8 zu § 139 BGB; BFH v. 9. 7. 1969 – I R 188/67, BFHE 96, 397 (402) = BStBl. II 1969, 690 (692); BayObLG v. 2. 1. 1951 – UmstBeschwReg. 12/50, NJW 1951, 237 (238); OLG Hamburg v. 22. 8. 1949 – 1 U 218/49, MDR 1950, 229; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 231 HGB Rn. 24; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 17; Hopt in Baumbach/Hopt, § 231 HGB Rn. 2; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 39.
116
Gewinn- und Verlustbeteiligung
§7
ren einen Zuschlag zum Verkaufspreis erhebt1 oder wenn ihm eine feste Verzinsung seiner Einlage zugesagt wird2. Fehlt es an einer Gewinnbeteiligung, dann bedeutet dies freilich nicht die Nichtigkeit der Vereinbarung, sondern lediglich, dass die Vereinbarung keine stille Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB begründet. Liegt dem Rechtsverhältnis ein gemeinsamer Zweck i.S. von § 705 BGB zugrunde, wird es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts handeln, während in den Fällen der festen Verzinsung der Einlage in der Regel von einem Darlehensverhältnis auszugehen sein wird3. Auch eine bloße Umsatzbeteiligung ist keine Gewinnbeteiligung4. Die Umsatzbeteiligung hat nicht die Erzielung eines Gewinns zur Voraussetzung und muss deshalb auch in Verlustjahren gewährt werden. Für den Umsatzbeteiligten ist die neben dem Gehalt gezahlte Umsatzprovision regelmäßig eine zusätzliche Entlohnung, um seinen Einsatz und sein Interesse zu fördern5. Wird die Umsatzprovision gegen feste Verzinsung im Geschäft des Inhabers belassen, so liegt ein Darlehen vor, das in eine stille Beteiligung umgewandelt werden kann, wenn eine Gewinnbeteiligungsabrede hinzutritt. Eine Umsatzbeteiligung ist allerdings dann einer Gewinnbeteiligung gleichzustellen, wenn die Umsatzbeteiligung mittelbar auf eine Beteiligung am Unternehmenserfolg hinausläuft6.
7.5
Dagegen wird das Merkmal der Gewinnbeteiligung nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Gewinnbeteiligung auf einen Höchst- oder Mindestbetrag festgesetzt wird, da auch hier der stille Gesellschafter die Gefahr des Unternehmens mit trägt7. Ist der garantierte Mindestbetrag hingegen so hoch bemessen, dass der Gewinn im Verhältnis zu ihr als unmaßgeblich zurücktritt, liegt keine Gewinnbeteiligung i.S. des § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB vor8. In der Garantie eines Mindestgewinns wird man regelmäßig zugleich den Ausschluss der Verlustbeteiligung zu sehen haben9.
7.6
1 RG v. 1. 3. 1893 – I 426/92, RGZ 31, 72 (73 f.). 2 RG v. 6. 12. 1928 – IV 95/28, RGZ 122, 387 (390); RG v. 16. 9. 1930 – III 381/29, RGZ 130, 1 (4). 3 Zutt in GroßKomm.HGB, § 231 HGB Rn. 9; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 41 und § 231 HGB Rn. 24; Hopt in Baumbach/Hopt, § 231 HGB Rn. 2; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 40. 4 Vgl. Zutt in GroßKomm.HGB, § 231 HGB Rn. 16. 5 RFH v. 23. 2. 1944 – VI 312/43, RStBl. 1944, 405 (406); BFH v. 11. 11. 1965 – IV 82/62 U, BStBl. III 1966, 95. 6 BFH v. 22. 10. 1987 – IV R 17/84, BFHE 151, 163 (167); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 38. 7 RG v. 6. 12. 1928 – IV 93/28, RGZ 122, 387 (390); RG v. 6. 12. 1935 – II 86/35, JW 1936, 921; BGH v. 22. 12. 1953 – IV ZR 87/53, LM Nr. 8 zu § 139 BGB; BayObLG v. 2. 1. 1951 – UmstBeschwReg. 12/50, NJW 1951, 237 (238); OLG Hamburg v. 22. 8. 1949 – 1 U 218/49, MDR 1950, 229; Zutt in GroßKomm.HGB, § 231 HGB Rn. 9; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 231 HGB Rn. 24; Hopt in Baumbach/Hopt, § 231 HGB Rn. 2. 8 Vgl. BGH v. 19. 9. 1951 – II ZR 20/51, LM § 335 HGB Nr. 1; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 16. 9 Wie hier: K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 231 HGB Rn. 21; Hopt in Baumbach/ Hopt, § 231 HGB Rn. 3.
117
§7
Gewinn- und Verlustbeteiligung
7.7
Da § 232 HGB nachgiebiges Recht enthält1, ist die Gewinn- und Verlustberechnung sowie die Auszahlung des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinns nicht unbedingt zum Schlusse jedes Geschäftsjahres vorzunehmen. Daher ist eine Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern zulässig, nach der der stille Gesellschafter in den einzelnen Jahren keine anteiligen Gewinne erhält, sondern nur an dem sich bei der künftigen Auseinandersetzung ergebenden Überschuss teilnehmen soll2. Dabei ist jedoch zu beachten, dass mangels besonderer Vereinbarung die Beteiligung am Geschäftsgewinn nicht ohne weiteres auch die Beteiligung am Liquidationsgewinn umfasst, wenn der Inhaber sein Handelsgeschäft vertragswidrig liquidiert. Denn der Gewinnanspruch bezieht sich nur auf operative Gewinne3. Es können dem stillen Gesellschafter dann nur Schadensersatzansprüche wegen seines ihm entgangenen Gewinns erwachsen4. 2. Die Gewinnbeteiligungsmöglichkeiten
7.8
Die Art und Weise der Gewinnverteilung und die Festsetzung des Gewinnverteilungsschlüssels werden von den Beteiligten im Wege gegenseitiger Vereinbarung geregelt, ohne dass für sie in der Regel irgendwelche gesetzlichen Bindungen bestehen.
7.9
Meist wird vereinbart, dass der stille Gesellschafter einen bestimmten Hundertsatz des Gewinns erhalten soll oder dass die Gewinnverteilung auf der Grundlage des Verhältnisses der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters zum Betriebsvermögen des Inhabers vorzunehmen ist. Dabei ist von der ursprünglichen Vermögenseinlage auszugehen. Denn die jeweiligen Buchwerte der Vermögenseinlage am Ende eines jeden Geschäftsjahres sind als Bemessungsgrundlage für die Gewinnverteilung zu sehr der Manipulation durch den Geschäftsinhaber unterworfen5.
7.10
Üblich ist auch die Absprache, dass jeder Gesellschafter aus dem vorhandenen Reingewinn vorweg eine bestimmte Dividende auf sein Kapital erhält und dass erst der restliche Gewinn verteilt wird, wobei die Kapitaldividende freilich nur gezahlt wird, wenn ein Gewinn erwirtschaftet worden ist. Wird dagegen dem stillen Gesellschafter neben der Gewinnbeteiligung eine feste Verzinsung seiner Einlage zugesagt, dann sind die Zinsen im Zweifel auch zu zahlen, wenn ein Gewinn nicht erzielt worden ist oder wenn der erzielte Gewinn gerade nur zur Erfüllung der Zinsverpflichtung ausreicht.
7.11
Es kann ferner vereinbart werden, dass der stille Gesellschafter in bestimmten Grenzen zu Entnahmen aus seiner Vermögenseinlage berechtigt sein soll. Eine solche Vereinbarung kommt in der Praxis selten vor. Sie kann dann aber ein 1 2 3 4
K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 2. RG v. 6. 12. 1928 – IV 93/28, RGZ 122, 387 (390). K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 5. Vgl. Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 230 HGB Rn. 55; so bereits schon OLG Rostock v. 27. 6. 1908, OLGE 22, 37. 5 Vgl. dazu eingehend Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 42.
118
Gewinn- und Verlustbeteiligung
§7
Indiz dafür sein, dass der stille Gesellschafter in seiner Rechtsstellung derjenigen eines Mitunternehmers gleichgestellt sein soll. Belässt der stille Gesellschafter seine anteiligen Gewinne im Handelsgewerbe des Inhabers, so empfiehlt es sich, eine Vereinbarung darüber zu treffen, ob der Gewinnanteil als Darlehen anzusehen oder ob eine Erhöhung der Vermögenseinlage mit entsprechender Gewinnbeteiligung gewollt ist. Verbleibt der Gewinnanteil als Darlehen im Handelsgewerbe, so bedarf es für eine Verzinsung des Darlehenskontos der zusätzlichen Vereinbarung. Denn die gegebenenfalls vereinbarte Mindestdividende für die Einlage gilt keineswegs zwingend auch für die Verzinsung eines Darlehens1.
7.12
Ein Gesellschafter, der nicht mit einer Bar- oder Sacheinlage beteiligt ist, erfährt durch die Einräumung der Gewinnbeteiligung keine unentgeltliche Bereicherung, wenn die Gewinnbeteiligung in angemessenem Verhältnis zu den von ihm übernommenen Pflichten, insbesondere zum Wert seiner Mitarbeit und seines Risikos, steht. Ist jedoch die Gewinnbeteiligung so hoch, dass sie durch den Wert der übernommenen Gesellschafterpflichten keinen Ausgleich findet, so liegt in dem Teil der Gewinnbezüge, dem keine Gegenleistung gegenübersteht, eine freigebige und möglicherweise schenkungsteuerpflichtige Zuwendung an den stillen Gesellschafter. Voraussetzung für die Annahme einer solchen gemischten Schenkung ist in subjektiver Hinsicht, dass die Beteiligten das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung erkannt und die freigebige Bereicherung des stillen Gesellschafters als Erfolg ihres Handelns gewollt haben (Rn. 6.28).
7.13
Ob der stille Gesellschafter auch an dem Gewinn aus den im Zeitpunkt der Errichtung der stillen Gesellschaft schwebenden Geschäften oder nur am Gewinn aus den während des Bestehens der Gesellschaft abgeschlossenen Geschäften beteiligt sein soll, muss im Wege der Vertragsauslegung ermittelt werden. Zur Vermeidung von Streitigkeiten empfiehlt sich eine eindeutige Regelung. Fehlt es an einer solchen, wird im Zweifel davon auszugehen sein, dass der stille Gesellschafter nach dem Willen der Beteiligten an allen Gewinnen teilnehmen soll, die während des Bestehens der Gesellschaft realisiert werden (vgl. Rn. 14.49).
7.14
Während die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters nicht ausgeschlossen werden darf, kann die des Inhabers des Handelsgeschäfts unter Umständen ausgeschlossen werden2. Diese Konstellation ist gelegentlich anzutreffen, wenn der stille Gesellschafter im Innenverhältnis der eigentliche Träger des Unternehmens ist. Der Inhaber erhält dann gewöhnlich ein festes Gehalt. Eine derartige Konstruktion wird man aber nur anerkennen dürfen, wenn die stille Gesellschaft Treuhandcharakter trägt und der Inhaber im Innenverhältnis von
7.15
1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 29. 2 Zutt in GroßKomm.HGB, § 231 HGB Rn. 10; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 231 HGB Rn. 25.
119
§7
Gewinn- und Verlustbeteiligung
den Verlusten befreit ist. Sollte dieses nicht der Fall sein, ist der Vertrag wegen Knebelung sittenwidrig und nach § 138 BGB unwirksam1.
7.16
Geht die Vereinbarung dahin, dass jemand am Gewinn, den ein anderer als Gesellschafter einer Handelsgesellschaft erzielt, beteiligt sein soll, so liegt keine Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen und demzufolge keine stille Gesellschaft vor. Es handelt sich vielmehr um eine Unterbeteiligung, deren Rechtsverhältnisse sich nach den Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestimmen (Rn. 30.1).
7.17
Sollte ausnahmsweise der Gesellschaftsvertrag keine Regelung im Hinblick auf die Gewinnverteilung enthalten, gilt nach § 231 Abs. 1 HGB ein den Umständen nach angemessener Anteil als bedungen. Als angemessen gilt dabei eine Gewinnverteilung, die sich aus dem Verhältnis der Werte der Beitragsleistungen ergibt.
7.18
Ist nur der Anteil am Verlust bestimmt, so gilt dieser im Zweifel auch für die Gewinnbeteiligung (§ 722 Abs. 2 BGB). 3. Anwendung der §§ 291 ff. AktG auf die stille Beteiligung an einer Aktiengesellschaft a) Die stille Beteiligung als Teilgewinnabführungsvertrag2
7.19
Nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG i.V.m. § 293 Abs. 2 AktG bedürfen Verträge, in denen die Aktiengesellschaft sich verpflichtet, einen Teil ihres Gewinns oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil an einen anderen abzuführen, zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung von mindestens drei Viertel des in der Hauptversammlung vertretenen Grundkapitals und der Eintragung in das Handelsregister3 (§ 294 AktG). Daneben hat der Vorstand der Hauptversammlung einen schriftlichen Bericht über den Abschluss und Inhalt des Gewinnabführungsvertrags zu erstatten sowie eine Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in die Wege zu leiten (§§ 293a ff. AktG).
7.20
Zu den Unternehmensverträgen gehören auch die Teilgewinnabführungsverträge. Ein Teilgewinnabführungsvertrag liegt gemäß § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG dann vor, wenn sich eine Aktiengesellschaft verpflichtet, einen Teil ihres Gewinns oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil an einen anderen abzuführen. Dabei ist gemäß § 292 Abs. 2 AktG davon auszugehen, dass Verträge über eine Gewinnbeteiligung von Mitgliedern des Vorstandes und des Aufsichtsrats oder von einzelnen Arbeitnehmern der Gesellschaft sowie eine Abrede über eine Gewinnbeteiligung im Rahmen von Verträgen des 1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 40. 2 Zum Folgenden näher Blaurock in FS Großfeld, S. 83 ff. 3 Die Registergerichte müssen hierbei nicht nur eine formelle, sondern auch eine materielle Prüfung angemeldeter Teilgewinnabführungsverträge durchführen. Vgl. zum Eintragungsverfahren Schulte/Waechter, GmbHR 2002, 189.
120
Gewinn- und Verlustbeteiligung
§7
laufenden Geschäftsverkehrs oder Lizenzverträgen keine Teilgewinnabführungsverträge sind. Der Frage, ob und in welchem Umfang das Recht der Unternehmensverträge auf die Vereinbarung einer stillen Gesellschaft mit einer Aktiengesellschaft anzuwenden ist, kommt grundsätzliche Bedeutung zu, zumal das Problem berührt wird, ob und gegebenenfalls welche Verbindungslinien zwischen dem Recht der Personengesellschaften und dem Recht der Unternehmensverbindungen bestehen. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob mit Hilfe gesellschaftsrechtlicher Gestaltungen der Beziehungen zu einer Aktiengesellschaft die für Unternehmensverträge geltenden Vorschriften unterlaufen werden können oder ob das Recht der Unternehmensverträge das Gesellschaftsrecht überlagert1.
7.21
Teilweise wird die Anwendung der §§ 291 ff. AktG auf das stille Beteiligungsverhältnis mit der Begründung verneint, dass der stille Gesellschafter zusammen mit seinem Partner einen gemeinsamen von dem Ertrag der AG zu unterscheidenden Gewinn erziele, so dass es an einer Abführung des Gewinns der Aktiengesellschaft an den stillen Teilhaber fehle2. Demgegenüber steht die heute ganz überwiegende Auffassung auf dem gegenteiligen Standpunkt und nimmt an, es liege ein Unternehmensvertrag entweder nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG3 oder (bei einer Geschäftsführungsbefugnis des Stillen) Nr. 3 AktG4 vor.
7.22
Der letztgenannten Auffassung ist mit der Maßgabe beizupflichten, dass in jedem Falle ein Vertrag nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG gegeben ist. Das Gegenargument, die stille Gesellschaft erziele einen eigenen, von der Aktiengesellschaft zu unterscheidenden Gewinn, kann nicht überzeugen. Es lässt sich mit der Rechtsnatur der stillen Gesellschaft als einer Innengesellschaft ohne eigenes Vermögen nicht vereinbaren. Die Eigenart der stillen Gesellschaft besteht gerade darin, dass der Teilhaber sich an dem Unternehmen eines anderen beteiligt und mit diesem nicht ein gemeinsames Unternehmen gründet. Die vertragliche Vereinbarung bezieht sich demzufolge auf die Partizipation an dem vom Partner erwirtschafteten Gewinn als dem Ertrag ausschließlich dieses anderen Unternehmens. Damit erfüllt der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags das Merkmal der Abführung selbst erwirtschafteten Gewinns an einen anderen. Da in aller Regel nicht der gesamte Gewinn abgeführt werden soll (Rn. 7.9), ist die stille Beteiligung grundsätzlich einem Teilgewinnabführungsvertrag gleichzustellen. Bis zur Zustimmung durch die Hauptversammlung und bis zur Eintragung in das Handelsregister sind die stillen Gesellschaftsverträge daher schwebend unwirksam (§§ 293 Abs. 1, 294 Abs. 2 AktG).
7.23
1 Vgl. dazu Schulze-Osterloh, ZGR 1974, 427. 2 Nirk in Nirk/Ziemons/Binnewies, Handbuch der Aktiengesellschaft, Rn. I 2277 (Lfg. 30 – Februar 1999). 3 BGH v. 21. 7. 2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38 (43); OLG Celle v. 15. 5. 1996 – 9 U 40/95, WiB 1996, 1052 m. Anm. Notthoff; K. Schmidt, ZGR 1984, 297; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 116; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rn. 64 ff.; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 58. 4 So Schulze-Osterloh, ZGR 1974, 427.
121
§7
Gewinn- und Verlustbeteiligung
7.24
Diese Gleichstellung gilt unabhängig davon, ob es sich um eine typische oder atypische stille Beteiligung handelt1; denn entgegen der Ansicht von SchulzeOsterloh2 führt insbesondere die Vereinbarung erweiterter Geschäftsführungsbefugnisse des Stillen zu keiner besonderen Beurteilung. Durch eine solche Vereinbarung ändert sich nichts daran, dass der Gewinn der Aktiengesellschaft als solcher der Bezugspunkt der Gewinnvereinbarung ist. Der Umstand, dass steuerlich der Gewinn auch dem Stillen zugerechnet wird, ist auf die zivilrechtliche Beurteilung in diesem Punkt ohne Einfluss. Die steuerliche Bewertung kann kein gemeinschaftliches Vermögen, und damit keinen Gewinn der stillen Gesellschaft, den es zu verteilen gäbe, konstituieren. Eine Partizipation an der Geschäftsführung kann auch nicht dazu führen, einen Betriebsüberlassungsvertrag i.S. von § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG zu begründen, da die Geschäftsführung des Stillen noch immer vorrangig auf Rechnung der Aktiengesellschaft erfolgt, der Betriebsüberlassungsvertrag aber das Handeln des Übernehmenden auf seine Rechnung – wenn auch im Namen der AG – erfordert3. Die Gewinnbeteiligung des Stillen hat nicht zur Folge, dass er nunmehr die Geschäfte gänzlich auf eigene Rechnung führt. Außerdem ist aus dem schon genannten Grunde die Argumentation von Schulze-Osterloh, der Betrieb werde von der stillen Gesellschaft geführt4, mit deren Rechtsnatur nicht zu vereinbaren. An einen Betriebsüberlassungsvertrag mit dem stillen Gesellschafter als Übernehmenden wäre allenfalls zu denken, wenn dieser allein für die AG die Geschäfte führen würde, wobei die Aktiengesellschaft ihrerseits den Status einer sog. „Rentengesellschaft“ hätte. b) Die Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags aa) Erforderlichkeit der Zustimmung
7.25
Sofern sich die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft an ein breites Anlagepublikum wenden will, also eine Vielzahl von Vertragsschlüssen angestrebt wird, erweist sich die Notwendigkeit der Zustimmung der Hauptversammlung nach § 293 Abs. 1 AktG zu jedem einzelnen Vertragsschluss als eine praktische Hürde.
7.26
Eine in § 292 Abs. 2 AktG angelegte Möglichkeit, die Zustimmungspflicht der Hauptversammlung auszuschließen, wäre die Annahme, dem Abschluss der stillen Gesellschaftsverträge lägen Abreden über eine Gewinnbeteiligung im Rahmen von Verträgen des laufenden Geschäftsverkehrs zugrunde. Diesen Fall nimmt das Gesetz von der Anwendung des Rechts der Unternehmensverträge und damit von der Zustimmungspflicht der Hauptversammlung explizit aus, obwohl es sich auch hierbei um Gewinnbeteiligungen handelt. Unter welchen Voraussetzungen die Abrede über eine Gewinnbeteiligung im Rahmen 1 Jebens, BB 1996, 701; K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (302 ff.); Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rn. 69. 2 Schulze-Osterloh, ZGR 1974, 427 (447). 3 Vgl. Emmerich in Emmerich/Habersack, § 292 AktG Rn. 43. 4 Schulze-Osterloh, ZGR 1974, 427 (453 f.).
122
Gewinn- und Verlustbeteiligung
von Verträgen des laufenden Geschäftsverkehrs getroffen ist, sagt das Gesetz nicht. Es liegt nahe, hierin Geschäfte zu erblicken, die regelmäßig oder zumindest häufig wiederkehren und sich in dem Bereich bewegen, mit dem die Geschäftsführung nach dem Betrieb des Unternehmens ständig befasst ist1. Unter diesem Aspekt könnten die stillen Beteiligungen als Gegenstand des laufenden Geschäftsverkehrs angesehen werden2. Es erscheint allerdings fraglich, ob mit dieser Argumentation dem Sinn der Befreiungsvorschrift in § 292 Abs. 2 AktG entsprochen wird. Es muss auch berücksichtigt werden, dass der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags für ein Unternehmen in der Regel nicht Gegenstand des üblichen Geschäftsverkehrs ist. Er stellt vielmehr im Personengesellschaftsrecht ein ungewöhnliches Geschäft i.S. des § 116 HGB dar3. Nach der Gesetzesbegründung sollten mit der Vorschrift des § 292 Abs. 2 AktG aber lediglich unbedeutende Gewinnabführungen in üblichen Formen der Gewinnbeteiligung zur Entlastung der Hauptversammlung ausgenommen werden4. Der Gesetzgeber hat keine quantitativen Kriterien als Abgrenzungsmerkmale normiert, sondern stellt, wie auch der Vergleich zu den anderen Alternativen des § 292 Abs. 2 AktG zeigt, qualitativ auf die Art des Vertrags ab5. Abgesehen von engen Ausnahmefällen darf deshalb die Höhe der Gewinnbeteiligung grundsätzlich keine Rolle spielen6; denn auch durch mehrere einzelne Teilgewinnabführungsverträge könnte das Gewinnrecht der Aktionäre ausgehöhlt werden. Inwieweit die Vereinbarung einer stillen Beteiligung eine nach den Vorstellungen des Gesetzgebers im Wirtschaftsleben übliche Gewinnbeteiligung ist, lässt sich nicht ohne weiteres in dem einen oder anderen Sinne zweifelsfrei bestimmen. Immerhin spricht die Einordnung als ungewöhnliches Geschäft i.S. von § 116 HGB eher dagegen. Entscheidend dürfte jedoch der Gesichtspunkt sein, dass die stillen Beteiligungen bei den Publikumsgesellschaften in der Regel keinen unbedeutenden Charakter tragen. Sie sind vielmehr ein einkalkuliertes, wesentliches Instrument der Kapitalbeschaffung und als solches ein tragender Pfeiler der gesamten Konzeption. Damit erhält die Entscheidung über den Abschluss stiller Gesellschaftsverträge den Charakter eines Grundlagenbeschlusses7. Ein solcher kann nicht nach § 292 Abs. 2 AktG von der Zustimmungspflicht der Hauptversammlung ausgenommen werden. Nicht zuletzt spricht auch die Vorschrift des § 294 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AktG gegen die Anwendbarkeit von § 292 Abs. 2 AktG; denn hier geht der Gesetzgeber davon aus, dass auch Massengeschäfte unter § 292 Abs. 1 AktG fallen können8. Über mehrere Unternehmensverträge kann grundsätzlich im Wege der Sammelabstimmung beschlossen werden, wenn 1 In diese Richtung Semler in FS Winfried Werner, S. 855 (861). 2 So Hoffmann, Finanz-Betrieb 2005, 373 (376 ff.). 3 K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (302) m.w.N. in Fn. 38; Priester in FS Raupach, S. 391 (396). 4 Amtl. Begr. abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz, S. 379. 5 Emmerich in Emmerich/Habersack, § 292 AktG Rn. 33 m.w.N. 6 So aber Hoffmann, Finanz-Betrieb 2005, 373 (380). 7 A.A. Hoffmann, Finanz-Betrieb 2005, 373 (381), der davon ausgeht, dass es bei im Verhältnis zu Risikoprofil und Gegenleistung angemessener Gewinnbeteiligung keiner Hauptversammlungsentscheidung bedarf. 8 Zutreffend Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (53 f.).
123
§7
§7
Gewinn- und Verlustbeteiligung
kein Aktionär Einspruch gegen dieses Verfahren einlegt und darauf hingewiesen worden ist, dass bei mehrheitlicher Ablehnung eine gesonderte Abstimmung über jeden einzelnen Vertrag zu erfolgen hat1.
7.27
Denkbar ist auch, die Festschreibung des Zwecks der Einräumung stiller Beteiligungen in der Satzung als Unternehmensgegenstand für ausreichend zu erachten. Man könnte nämlich argumentieren, dass in diesen Fällen der Abschluss der einzelnen Verträge auf einem von der Hauptversammlung gebilligten Unternehmensgegenstand beruhe und im Weiteren eine reine „Routinesache“, in diesem Sinne also „laufender Geschäftsverkehr“ sei. Eine solche Argumentation widerspräche aber der Konzeption, die die Rechtsprechung bei der Auslegung der Kompetenzvorschriften des Aktiengesetzes verfolgt. Danach ist die Aufnahme eines bestimmten Tätigkeitsfeldes in die Satzung von der Frage der Zustimmung zu dem Geschäft durch die Hauptversammlung strikt zu trennen. Die Festlegung des Unternehmensgegenstandes in der Satzung umschreibt lediglich den Geschäftsbereich, in dem der Vorstand befugtermaßen tätig sein darf. Soweit er darüber hinaus in diesem festgelegten Bereich Maßnahmen durchführen will, die nach den Vorschriften des Aktiengesetzes von der Zustimmung der Hauptversammlung abhängig sind, ist diese gesondert einzuholen, da sie die Satzungsbestimmung wegen des zwingenden Charakters der aktienrechtlichen Vorschriften (§ 23 Abs. 5 AktG) nicht ersetzen kann2. Auch die eine Publikums-KG betreffende Entscheidung des BGH3, nach welcher der Kommanditist sich die durch Beitritt weiterer Kommanditisten mittelbar entstehende Veränderung der Gewinnverteilung und Stimmgewichte gefallen lassen müsse, weil eben die Gesellschaft auf den Beitritt von möglichst vielen Anlegern ausgerichtet gewesen sei, kann für die Gegenmeinung nicht ins Feld geführt werden. Denn der Gesetzgeber hat den stillen Gesellschaftsvertrag als Teilgewinnabführungsvertrag nun einmal der speziellen Regelung in den §§ 291 ff. AktG unterworfen4. bb) Zeitpunkt der Zustimmung
7.28
Ist demnach ein Hauptversammlungsbeschluss unentbehrlich, kann man sich noch fragen, ob ein solcher schon vor Abschluss der Verträge gefasst werden kann. Hierfür spricht, dass § 293 Abs. 2 AktG nur eine „Zustimmung“ fordert und damit nach allgemeiner zivilrechtlicher Terminologie sowohl die Einwilligung als auch die Genehmigung ermöglicht. Dennoch wird man die Möglichkeit einer Einwilligung nur dann befürworten können, wenn sie im Hinblick auf die Funktion der Kompetenzzuweisung einer aktuellen Genehmigung gleichwertig ist. Das ist sie jedoch nur, wenn der einwilligenden Hauptver1 BGH v. 21. 7. 2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38 (41). 2 BGH v. 25. 2. 1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 (130 f.) und BGH v. 16. 11. 1981 – II ZR 150/80, BGHZ 82, 188 (197), wo hervorgehoben wird, dass die Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung unabdingbar ist; vgl. auch Mertens, ZHR 147 (1983), 389. 3 BGH v. 24. 11. 1975 – II ZR 89/74, BGHZ 66, 82 (86 f.). 4 Zur rechtspolitischen Angreifbarkeit dieser Regelung vgl. K. Schmidt, ZGR 1974, 295 (305 f.).
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sammlung die gleichen Fakten bekannt sind wie einer aktuell aus Anlass eines bestimmten Vertragsschlusses zustimmenden Hauptversammlung. Gerade die aktuelle Entscheidungsmacht aufgrund der im Einzelfall zu berücksichtigenden Umstände und Auswirkungen des Vertrages auf die Gewinnbeteiligung der Aktionäre ist es, die § 293 Abs. 2 AktG der Hauptversammlung sichern will und die bei einer generellen „Erlaubnis“ in Form einer Satzungsbestimmung in der Regel ebenso wenig gegeben ist wie bei einem vorherigen Zustimmungsbeschluss1. Hinzu kommt, dass die §§ 293a–293g AktG ein bestimmtes Procedere der Aktionärsinformation bei der Beschlussfassung vorschreibt, das ohne ein bestimmtes Vertragswerk nicht einzuhalten ist. Auch der BGH hat in dem ähnlich liegenden Fall der Vermögensübertragung ausdrücklich hervorgehoben, dass die vollständige Unterrichtung der Aktionäre ein essentieller Bestandteil sei, der als Grundlage der dem Aktionärschutz dienenden Kompetenzausübung durch die Hauptversammlung unabdingbar sei, und in diesen Grundsatz explizit die Entscheidung über Unternehmensverträge einbezogen2. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass etwa die Abstimmung über einen Vertragsentwurf zulässig ist, der später unverändert abgeschlossen werden soll3. Sofern die Beteiligungshöhe im einzelnen oder zumindest bis zu einer Höchstgrenze feststeht, dürfte auch das fehlende Wissen um die Personen der Vertragspartner kein Hindernis darstellen, da die Person des Stillen bei Massengesellschaften für die betreffende Zustimmungsentscheidung kaum eine Rolle spielt. Im Übrigen wird es darauf ankommen, ob die Judikatur bereit ist, im Interesse der verbesserten Funktionsfähigkeit einer Publikums-AG ihre bisherige strenge Handhabung des als Schutz der Aktionäre gedachten Zustimmungsvorbehaltes zumindest dann zu lockern, wenn die Aktionäre die Initiatoren des Anlagemodells sind, also keinen „Schutz“ in Anspruch nehmen wollen. c) Vertragliche Fehler und Mängel bei der stillen Beteiligung an einer Aktiengesellschaft Sind die aktienkonzernrechtlichen Vorgaben nicht erfüllt worden, liegt ein fehlerhafter Unternehmensvertrag vor, so dass die Regeln zur fehlerhaften Gesellschaft anzuwenden sind (siehe Rn. 19.28 und Rn. 11.1 ff.).
7.29
d) Unzulässigkeit der Abführung eines garantierten Mindestgewinns Nach § 301 Satz 1 AktG kann eine Gesellschaft höchstens den ohne die Gewinnabführung entstehenden und um den Verlustvortrag sowie die gesetzliche Rücklage geminderten (§ 300 AktG) Jahresüberschuss als Gewinn abführen. Zunächst muss geklärt werden, ob die Vorschrift des § 301 AktG auf Teilgewinnabführungsverträge überhaupt Anwendung findet. In der Literatur wird die Anwendung des § 301 AktG zum Teil mit der Begründung abgelehnt, die 1 Vgl. K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (306). 2 BGH v. 16. 11. 1981 – II ZR 150/80, BGHZ 82, 188, 195 (196). 3 BGH v. 16. 11. 1981 – II ZR 150/80, BGHZ 82, 188, 194 (195); Altmeppen in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2000, § 293 AktG Rn. 34.
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7.30
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Gewinn- und Verlustbeteiligung
gewinnabführende Gesellschaft erhalte eine Gegenleistung für das Versprechen der Abführung und diese Gegenleistung trage erst dazu bei, dass Gewinne überhaupt erwirtschaftet werden könnten. Wegen der vereinbarten Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung dürfe es auf einen tatsächlichen Gewinn der AG nicht ankommen, da diese mit der dann gegebenen Möglichkeit, zu Lasten des Vertragspartners erst ihre eigenen Verluste vorzutragen und die gesetzliche Rücklage aufzufüllen, „überkompensiert“ sei1. Die überwiegende Meinung2 spricht sich zutreffend gegen diesen Standpunkt aus und bezieht auch Teilgewinnabführungsverträge in die Vorschrift mit ein. Dies gebietet bereits der eindeutige Wortlaut der Vorschrift: § 301 AktG verweist ausdrücklich auf § 300 AktG, der die Vorschriften über die gesetzliche Rücklage auf den Teilgewinnabführungsvertrag für anwendbar erklärt.3 Ebenso sprechen Sinn und Zweck dafür, dass auch bei Abführung von Teilgewinnen nicht mehr als der erwirtschaftete Gewinn abgeführt wird. Dies dient der Kapitalerhaltung, die ja auch Ziel der Vorschriften der §§ 300 ff. AktG ist. Die Konsequenz, dass die Aktiengesellschaft zu Lasten des Vertragspartners zunächst ihre Verluste vortragen darf, entspricht diesem Schutzgedanken, weil anderenfalls möglicherweise zu Lasten der Gläubiger und der Aktionäre das Unternehmen der Aktiengesellschaft die Verluste nicht aufholen könnte. Dementsprechend hat auch die Gesetzesbegründung die Einbeziehung der Teilgewinnabführungsverträge in § 301 AktG angenommen4. Die vereinbarte Gegenleistung führt zu keiner anderen Beurteilung, da der durch sie ermöglichte Gewinn bei Nichtanwendung des § 301 AktG vollständig dem Berechtigten zufließen könnte. Die Gegenleistung ist daher allenfalls bei der Berechnung des höchstens abzuführenden Gewinns zu berücksichtigen. Sie führt aber nicht zur Unanwendbarkeit von § 301 AktG. Eine entgegenstehende Vereinbarung bleibt zwar wirksam, begründet aber einen Pflichtenverstoß des Vorstandes und macht ihn schadenersatzpflichtig nach § 93 AktG5.
7.31
Zweifelhaft ist, ob § 301 AktG auch dann Anwendung findet, wenn eine gewinnunabhängige Festvergütung an den stillen Gesellschafter über den Jahresüberschuss hinaus gezahlt wird. Das LG Bonn hat diese Frage verneint6. Die überwiegende Ansicht in der Literatur stimmt diesem Ergebnis zu7. Gegen eine Anwendbarkeit des § 301 AktG wird vorwiegend angeführt, § 301 AktG setze voraus, dass sich die Zahlung gerade als „Abführung eines Gewinnes“ 1 So früher Koppensteiner in Kölner Kommentar zum AktG, 1. Aufl. 1985, § 301 AktG Rn. 9 ff.; ähnlich auch Altmeppen in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2000, § 301 AktG Rn. 7 f.; anders Koppensteiner in Kölner Kommentar zum AktG, 2. Aufl. 1987, § 301 AktG Rn. 5. 2 Vgl. LG Bonn v. 10. 1. 2006 – 11 O 79/05, AG 2006, 465 = Der Konzern 2006, 557; Hüffer, § 301 AktG Rn. 2; Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (56). 3 Vgl. die Begründung des RegE, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz, 1965, S. 389 (390). 4 Vgl. dazu die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 301 AktG, S. 389. 5 Altmeppen in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2000, § 301 AktG Rn. 23. 6 LG Bonn v. 10. 1. 2006 – 11 O 79/05, AG 2006, 465 (465 f.) = Der Konzern 2006, 557. 7 Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (57 ff.); Pluskat, EWiR 2006, 261 (262); Altmeppen in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2000, § 301 AktG Rn. 3; Rust, AG 2006, 563 (565 f.); a.A. Elkemann-Reusch in Häger/Elkemann-Reusch, Mezzanine Finanzierungselemente, Rn. 273; Hoffmann, Finanz-Betrieb 2005, 373 (375).
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Gewinn- und Verlustbeteiligung
§7
darstelle; dies sei bei der Zahlung einer Festvergütung nicht der Fall; eine Festvergütung sei als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechung darzustellen und sei Grundlage der Gewinnermittlung1. Richtig hieran ist, dass eine Festvergütung für sich genommen keinen Gewinn i.S. des § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB darstellt (siehe oben Rn. 7.6 ff.). Eine ähnliche Problematik stellt sich bei Geschäftsführungsverträgen gemäß § 291 Abs. 2 Satz 2 AktG. Hier stellt sich die Frage, ob der Anspruch gegen die abhängige Gesellschaft gemäß § 667 BGB dazu führt, dass bereits kein Gewinn entsteht und § 301 AktG nicht anwendbar ist. Richtigerweise kann aber auch hier § 301 AktG nicht durch eine Berücksichtigung des Anspruchs im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung umgangen werden2. Schutzzweck des § 301 AktG ist ausweislich der Gesetzesbegründung der Schutz des Gesellschaftskapitals; dieses soll unabhängig von der Art der Gewinnberechnung geschützt werden; der vertraglichen Dispostionsfreiheit werden damit Grenzen gesetzt3. Der von § 301 AktG intendierte Schutz würde leer laufen, könnte die Gewinnhöhe auf der ersten Stufe der Gewinn- und Verlustrechnung durch Berücksichtigung von Zuwendungen an den Gesellschafter herabgesetzt werden. Wenn § 301 AktG das Eigenkapital der Gesellschaft schützen soll, muss diese Vorschrift erst recht gelten, wenn gar kein Gewinn gemacht worden ist. Auch verdeckte Gewinnausschüttungen müssen unter den Anwendungsbereich des § 301 AktG fallen. Zwar unterliegt der stille Gesellschafter grundsätzlich nicht dem Gebot der Kapitalerhaltung4. Aus der Vorschrift des § 301 AktG folgt allerdings, dass der Vertragspartner des Gewinnabführungsvertrags zumindest einer partiellen Kapitalbindung unterliegt. Seine Leistung wird insoweit Risikokapital, als es um den mit Hilfe seiner Einlage erzielten Gewinn geht. Der Beitrag des Stillen ist der Eigenkapitalbindung zwar grundsätzlich nicht unterworfen (vgl. § 236 Abs. 2 HGB). Das spricht dafür, dass auch die Festvergütung nicht der Eigenkapitalvergütung unterliegen sollte. Dem Schutzzweck des § 301 AktG entspricht es aber, dass die Erträgnisse der Einlage zumindest der Kapitalbindung unterliegen. Hier zwischen „Gewinn“ und Festvergütung zu trennen, erscheint nicht sachgerecht. Beide sind gleichsam gesellschaftsrechtlich bedingte Gegenleistung der Beitragsleistung. Eine einheitliche Behandlung erscheint gerechtfertigt, um Umgehungen zu unterbinden. Auch der Einwand, § 302 AktG regele abschließend die Konstellation ge-
1 LG Bonn v. 10. 1. 2006 – 11 O 79/05, AG 2006, 465 (465 f.) = Der Konzern 2006, 557; Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (59); Pluskat, EWiR 2006, 261 (262); Rust, AG 2006, 563 (565). 2 So im Ergebnis auch Emmerich in Emmerich/Habersack, § 301 AktG Rn. 6 und wohl auch BGH v. 1. 12. 2003 – II ZR 202/01, NZG 2004, 185 (186 f.). 3 Vgl. die Begründung des RegE, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz, S. 389 (389 f.): Die Gesellschaft soll vor dem Ausweis von Verlusten geschützt werden, die durch eine unbeschränkte Vertragsfreiheit bei der Gewinnberechnung entstehen können. Anders aber Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (58); Pluskat, EWiR 2006, 261 (262); Rust, AG 2006, 563 (565). 4 Zutreffend LG Bonn v. 10. 1. 2006 – 11 O 79/05, AG 2006, 465 (466) = Der Konzern 2006, 557; siehe hierzu und zu Ausnahmen auch Rn. 17.19 ff.
127
7.32
§7
Gewinn- und Verlustbeteiligung
winnunabhängiger Zuwendungen1 und sehe eine Ausgleichspflicht gerade nicht für den Teilgewinnabführungsvertrag vor, ist nicht durchschlagend. Denn § 302 AktG schützt nicht nur das Gesellschaftsvermögen, sondern normiert als Kompensation für die weitergehenden Eingriffsrechte2 eine über § 301 AktG hinausgehende pauschale Verlustausgleichspflicht.
7.33
Ist entgegen § 301 AktG eine Zahlung an den stillen Gesellschafter erfolgt, hat die Gesellschaft einen Anspruch auf Rückzahlung dieser Summe. Dieser ergibt sich nicht aus dem Bereicherungsrecht der §§ 812 ff. BGB, sondern bereits aus einer (analogen) Anwendung von § 62 AktG; denn die Auszahlung stellt einen Verstoß gegen die mit § 301 AktG bezweckte Vermögensbindung dar3. Zur Frage, ob das Fehlen der Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss des Gewinnabführungsvertrages oder das Fehlen der Eintragung in das Handelsregister zur Anwendbarkeit der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft führt, siehe Rn. 11.4. 4. Analoge Anwendung der §§ 291 ff. AktG auf die stille Beteiligung an einer GmbH?
7.34
Für den GmbH-Konzern werden die für den Aktienkonzern bestehenden Regelungen teilweise entsprechend angewandt. So hat der BGH in seinem „Supermarkt-Beschluss“4 für den Abschluss von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen durch eine GmbH Zustimmungs- und Formerfordernisse aufgestellt, die den §§ 293, 299 AktG weitgehend ähneln.
7.35
Die überwiegende Ansicht spricht sich jedoch grundsätzlich gegen die Übernahme der von § 292 AktG angeordneten Gleichstellung der Teilgewinnabführungsverträge in das GmbH-Recht aus, da es sich bei einem solchen Vertrag nicht um einen echten Unternehmensvertrag mit organisationsrechtlicher Wirkung, sondern einen schuldrechtlichen Austauschvertrag handele5. Auch 1 LG Bonn v. 10. 1. 2006 – 11 O 79/05, AG 2006, 465 (466) = Der Konzern 2006, 557; Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (58); Pluskat, EWiR 2006, 261 (262); Rust, AG 2006, 563 (566). 2 Vgl. zu den Grundgedanken des § 302 AktG Emmerich in Emmerich/Habersack, § 302 AktG Rn. 16 f. 3 Vgl. Hirte in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 2005, § 301 AktG Rn. 25 m.w.N. 4 BGH v. 24. 10. 1988 – II ZB 7/88, BGHZ 105, 324. 5 Vgl. BayObLG v. 18. 2. 2003 – 3Z BR 233/02, NJW-RR 2003, 908 (909) = GmbHR 2003, 534; LG Darmstadt v. 24. 8. 2004 – 8 0 96/04, AG 2005, 488 (489 f.) = ZIP 2005, 402; K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (309); Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rn. 75 ff.; Jebens, BB 1996, 701 (702 f.); Schneider/Reusch, DB 1989, 713 (715 f.); Priester in FS Raupach, S. 391 (401); Schmidt-Ott, GmbHR 2001, 182; Schmidt-Ott, GmbHR 2002, 784 (785); a.A. jedoch Casper in Ulmer/Habersack/Winter GmbHG, Anh. zu § 77 GmbHG Rn. 195 u. 203; Weigl, DStR 1999, 1568; Weigl, GmbHR 2002, 778; Mertens, AG 2000, 32; Schulte/Waechter, GmbHR 2002, 189 (190) und wohl auch Koppensteiner in Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 77 GmbHG Rn. 67 ff.; differenzierend Mertens, AG 2000, 32 (37), der eine entsprechende Anwendung der Grundsätze des Supermarkt-Beschlusses des BGH bei unangemessen hoher Gewinnbeteiligung oder uneingeschränkten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen des Stillen annimmt.
128
Gewinn- und Verlustbeteiligung
§7
seien die GmbH-Gesellschafter weniger schutzwürdig als die Aktionäre, da die Geschäftsführung ihren Weisungen unterliege1. Dem ist sowohl für die typische als auch die atypische stille Gesellschaft zu folgen. Bei der atypischen stillen Gesellschaft, bei der dem Stillen erweiterte Mitspracherechte und/oder obligatorische Substanzbeteiligungen eingeräumt werden, bedarf es ohnehin für den Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags einer Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag oder einer Zustimmung aller Gesellschafter (dazu näher Rn. 9.52 f.). Dies entspricht funktional dem Schutz, den der BGH im Supermarkt-Beschluss2 gewährt hat. Einer Eintragung im Handelsregister und einer Einreichung des stillen Gesellschaftsvertrags beim Handelsregister3 bedarf es bei der GmbH jedoch nicht4. Bei einer Aktiengesellschaft dient die Eintragung auch und gerade dem Schutz künftiger Aktionäre. Dieses Bedürfnis ist bei einer GmbH nicht in gleichem Maße gegeben5. Außerdem wäre es mit dem Gedanken der Rechtssicherheit unvereinbar, wenn das Registergericht eine Beurteilung der Beeinträchtigung der beteiligten Gesellschafter im Einzelfall vornehmen müsste6.
7.36
5. Kollision von Gewinnabführungs- und Teilgewinnabführungsvertrag Als weitgehend ungeklärt stellt sich bislang das Verhältnis von Gewinnabführungsvertrag und stiller Beteiligung dar. Es steht die Frage im Raum, ob und unter welchen Voraussetzungen eine stille Beteiligung trotz bestehendem Gewinnabführungsvertrag eingeräumt und umgekehrt ein Gewinnabführungsvertrag bei bestehender stiller Beteiligung geschlossen werden kann7. Einerseits könnten Gewinnabführungs- und Teilgewinnabführungsvertrag zueinander in Widerspruch stehen und deswegen die Einräumung einer stillen Beteiligung bei bestehendem Gewinnabführungsvertrag unzulässig sein8. Andererseits ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Teilgewinnabführungsvertrag das Element eines schuldrechtlichen Austauschgeschäfts in sich trägt9 und stille Beteiligungen ein Mittel der Unternehmensfinanzierung sind. Die stille Beteiligung ist als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung zu verbuchen (vgl. § 277 Abs. 3 Satz 2 HGB); der Gewinnabführungsvertrag umfasst nur den Residualgewinn10. Von diesem sind grundsätzlich die Teilgewinnabführungen abzuziehen. Selbst wenn Gewinn- und Teilgewinnabführungsver1 2 3 4
5 6 7 8 9 10
Jebens, BB 1996, 701 (703). BGH v. 24. 10. 1988 – II ZB 7/88, BGHZ 105, 324. Vgl. BGH v. 30. 1. 1992 – II ZB 15/91, GmbHR 1992, 253 = ZIP 1992, 395 (Siemens). Ebenso BayObLG v. 18. 2. 2003 – 3Z BR 233/02, NJW-RR 2003, 908 (909) = GmbHR 2003, 534; AG Berlin-Charlottenburg v. 29. 11. 2005 – HRB 96299B, GmbHR 2006, 258; Zutt in Großkomm. HGB, § 230 HGB Rn. 59; a.A. Mertens, AG 2000, 32 (37). Hierzu näher Blaurock in FS Großfeld, S. 83 (90 ff.). BayObLG v. 18. 2. 2003 – 3Z BR 233/02, NJW-RR 2003, 908 (909) = GmbHR 2003, 534. Hierzu Berninger, DB 2004, 297; Priester, in FS Raupach, S. 391 ff. So Berninger, DB 2004, 297 (299). Vgl. Begründung des RegE, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz, S. 378 f. Priester in FS Raupach, S. 391 (397). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass auch dieser als Aufwand zu verbuchen ist.
129
7.37
§7
Gewinn- und Verlustbeteiligung
trag in Widerspruch zueinander stünden, würde dies gleichwohl nicht zur Nichtigkeit der Verträge, sondern zu Sekundäransprüchen wegen Vertragsverletzungen führen. So kann eine Pflichtverletzung des Gewinnabführungsvertrags1 darin gesehen werden, dass der Beitrag des Stillen in keinem angemessenen Verhältnis zum Gewinnanspruch steht2. Eine im Innenverhältnis wirkende Pflicht, die Zustimmung des Vertragspartners des Gewinnbeteiligungsvertrags vor Einräumung stiller Beteiligungen einzuholen, dürfte mangels gesetzlicher Grundlage nicht bestehen3. Ebenso ist § 295 Abs. 1 Satz 1 AktG nicht anzuwenden4; aufgrund der Relativität der Verträge ändert sich der jeweilige Vertragsinhalt mit dem Abschluss des anderen Vertrages nicht.
II. Die Verlustbeteiligung 1. Der Ausschluss der Verlustbeteiligung
7.38
Die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Verlust kann durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden (§ 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB). Das kann auch stillschweigend geschehen. Ein stillschweigender Verlustausschluss wird in der Regel anzunehmen sein, wenn dem stillen Gesellschafter ein Mindestgewinn garantiert ist5. Es handelt sich auch hier um eine Frage der Vertragsauslegung, bei der der wirkliche Wille der Beteiligten zu erforschen ist.
7.39
Dagegen bedeutet die Vereinbarung, der stille Gesellschafter solle bei der Auflösung der Gesellschaft seine Einlage in voller Höhe zurückerhalten, nicht ohne weiteres den Ausschluss der Verlustbeteiligung. Sie wird regelmäßig dahin zu verstehen sein, dass er während des Bestehens der Gesellschaft am Verlust beteiligt wird, aber bei Beendigung der Gesellschaft seine Vermögenseinlage in voller Höhe zurückerhalten soll, auch wenn sein Einlagekonto unter den Betrag der ursprünglichen Einlage gesunken ist6. Der stille Gesellschafter hat bei dieser Vertragsauslegung praktisch einen Teil des Verlustes mitzutragen, da die in den einzelnen Jahren auf ihn entfallenden Gewinne zunächst zur Wiederauffüllung seines durch die Verluste geminderten Einlagekontos zu verwenden sind, mithin zur Ausschüttung an ihn nicht zur Verfügung stehen (§ 232 Abs. 2 Satz 2 HGB).
7.40
Zulässig ist auch die Abrede, dass der stille Gesellschafter mit seiner Einlage zwar am Verlust teilnimmt, aber nicht verpflichtet ist, spätere Gewinne zur Verlustdeckung zu verwenden, oder dass er berechtigt ist, einen bestimmten
1 Zur Anwendbarkeit der §§ 280 ff. BGB siehe OLG Frankfurt v. 29. 6. 1999 – 5 U 251/97, NZG 2000, 603 (604). 2 Priester in FS Raupach, S. 391 (398). 3 So aber Priester in FS Raupach, S. 391 (399). 4 So aber Berninger, DB 2004, 297 (299). 5 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 231 HGB Rn. 21; Zutt in GroßKomm.HGB, § 231 HGB Rn. 11. 6 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 231 HGB Rn. 21; Zutt in GroßKomm.HGB, § 231 HGB Rn. 11.
130
Gewinn- und Verlustbeteiligung
§7
Teil seines Gewinnanteils ohne Rücksicht auf etwaige Verluste zu entnehmen. Ist im Gesellschaftsvertrag nur von der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters die Rede, so ist damit nicht gesagt, dass seine Verlustbeteiligung ausgeschlossen sein soll1. Es gilt vielmehr die Auslegungsregel des § 722 Abs. 2 BGB: Ist nur der Anteil am Gewinn bestimmt, so gilt die Bestimmung im Zweifel für Gewinn und Verlust2.
7.41
2. Verlustbeteiligungsmöglichkeiten Für das Ausmaß der Verlustbeteiligung und für den Verteilungsschlüssel sind in erster Linie die gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen maßgebend (Rn. 14.69 ff.). Es können dabei für die Verteilung von Gewinn und Verlust verschiedene Maßstäbe zugrunde gelegt werden. Auch eine nur beschränkte Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters ist etwa in der Form möglich, dass er nur bis zu einem bestimmten Betrag oder nur in Höhe eines bestimmten Hundertsatzes seiner Einlage zur Verlusttragung verpflichtet sein soll. Es kann auch vorgesehen werden, dass in späteren Jahren der Verlust vorab aus den gemeinsamen Gewinnen zu decken ist.
7.42
Im Gesellschaftsvertrag kann schließlich vereinbart werden, dass der Inhaber des Handelsgeschäfts von der Verlusttragung befreit sein soll, dass also der stille Gesellschafter im Innenverhältnis allein den Verlust zu tragen hat. Solche Vereinbarungen sind häufig bei atypischen stillen Gesellschaften anzutreffen, wenn der Inhaber nur eine vorgeschobene Person, der stille Gesellschafter aber der Kapitalgeber und Träger des Handelsgeschäfts ist. Das Außenverhältnis wird dadurch nicht berührt; insbesondere beeinflussen solche Abreden nicht die persönliche Haftung des Inhabers für die Geschäftsverbindlichkeiten. Er kann aber, wenn er von den Gläubigern in Anspruch genommen wird, von dem stillen Gesellschafter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen.
7.43
III. Zusammenfassung Die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters ist zwingendes Merkmal der stillen Gesellschaft. Sein Gewinnanteil muss von den wechselnden Ergebnissen des Handelsgewerbes abhängig sein, d.h. er muss das Risiko, dass kein Gewinn erzielt wird, mittragen. Eine Umsatzbeteiligung ist der Gewinnbeteiligung grundsätzlich nicht gleichzustellen. Für den Inhaber des Handelsgewerbes gilt diese Regelung nicht, er kann durch den Gesellschaftsvertrag von der Teilnahme am Gewinn ausgeschlossen werden. Meist wird dann aber ein partiarisches Dienstverhältnis vorliegen. 1 BGH v. 29. 6. 1992 – II ZR 284/91, NJW 1992, 2696 (2697); OLG Brandenburg v. 8. 2. 1995 – 7 U 101/94, NJW-RR 1996, 156 (157). 2 BGH v. 30. 11. 1959 – II ZR 204/57, DB 1960, 261 = BB 1960, 14; OLG Brandenburg v. 8. 2. 1995 – 7 U 101/94, NJW-RR 1996, 156 (157).
131
7.44
§7
Gewinn- und Verlustbeteiligung
Wie der Gewinn unter den Gesellschaftern zu verteilen ist, ob dies aufgrund der Handelsbilanz oder der Steuerbilanz zu geschehen hat, ist ebenso der Parteidisposition überlassen wie die Festlegung des Gewinnverteilungsschlüssels und der Gewinnbeteiligungsmodalitäten. Der stille Beteiligungsvertrag mit einer Aktiengesellschaft als Geschäftsinhaber unterliegt aufgrund der Gewinnbeteiligung des Stillen als (Teil-)Gewinnabführungsvertrag den §§ 291 ff. AktG. Sein Abschluss bedarf daher der Zustimmung der Hauptversammlung und der Eintragung. Die Auszahlung einer Festvergütung über den Gewinn hinaus stellt einen Verstoß gegen § 301 AktG dar. Auf die stille Beteiligung an einer GmbH sind diese Regelungen jedoch nicht anwendbar. Eine stille Beteiligung kann auch bei bestehendem Gewinnabführungsvertrag eingeräumt werden; es kommen aber Schadensersatzansprüche des herrschenden Unternehmens in Betracht. Im Gesellschaftsvertrag kann bestimmt werden, dass der stille Gesellschafter nicht am Verlust beteiligt sein soll. Das kann auch stillschweigend geschehen, etwa dadurch, dass ihm ein Mindestgewinn garantiert wird. Mit auf das Innenverhältnis beschränkter Wirkung kann die Teilnahme des Inhabers am Geschäftsverlust ausgeschlossen werden. Seine Rechtsstellung dritten Personen gegenüber wird davon aber nicht berührt. Wird er von Geschäftsgläubigern in Anspruch genommen, ist ihm der stille Gesellschafter zum Ersatz seiner Aufwendungen verpflichtet.
132
§ 8 Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten Schrifttum: Anders, Jürgen, Partiarische Rechtsverhältnisse und verdeckte Mitunternehmerschaft, INF 1988, 505; Bauer, David Christian, Die Stille Gesellschaft als Finanzierungsinstrument, 2000; Blaurock, Uwe/Berninger, Axel, Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil in zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht (Teil I), GmbHR 1990, 11; Claussen, Carsten Peter, Der Genussschein und seine Einsatzmöglichkeiten, in Festschrift für Winfried Werner, 1984, S. 81 ff.; Derleder, Peter/Wosnitza, Rüdiger, Auskunftspflichten der Banken beim Teilzahlungskredit, ZIP 1990, 901; Dötsch, Franz, Erfassung der von der Verwalterin eines Termin-Sammelkontos (hier: Ambros S.A.) den Anlegern ausgezahlten sowie von den Anlegern zwecks Erhöhung ihres Einlagekapitals stehen gelassenen „Renditen“ als Einkünfte aus Kapitalvermögen, DStZ 1997, 837; Feddersen, Dieter/Knauth, Klaus-Wilhelm, Eigenkapitalbildung durch Genussscheine, 2. Aufl. 1992; Felix, Günther, Stille Gesellschaft in Recht und Steuer, Bericht der 2. Kölner Trainingstagung des Arbeitskreises für Steuerrecht GmbH, 1972; Fella, Günter, Die stille Gesellschaft im ESt-Recht, StWa 1992, 101; Fischer, Ursula, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts und zur stillen Gesellschaft, WM 1981, 638; Haas, Ulrich, Abgrenzung von Stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen, DStR 2000, 649; Habersack, Mathias, Genussrechte und sorgfaltswidrige Geschäftsführung, ZHR 155 (1991), 387; Habersack, Mathias/Mülbert, Peter O./Schlitt, Michael, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 2. Aufl. 2008; Hueck, Alfred, Die stille Beteiligung bei Handelsgesellschaften, in Festschrift für H. Lehmann, 1937, S. 239 f.; Kuhn, Georg, Die Rechtsprechung des BGH zur Kommandit-, stillen und bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft, WM 1955, 282; WM 1957, 1014; WM 1961, 714; WM 1963, 1170; Kuhn, Georg, Die Rechtsprechung des BGH zur stillen und zur bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft, WM 1968, 1114; 1975, 718; Lienau, Alexander/Lotz, Thomas, Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen und die steuerlichen Konsequenzen, DStR 1991, 618; Martinek, Michael, Franchising: Grundlagen der zivil- und wettbewerbsrechtlichen Behandlung der vertikalen Gruppenkooperation beim Absatz von Waren und Dienstleistungen, 1987; Martinek, Michael, Moderne Vertragstypen, Bd. II: Franchising, Know-how-Verträge, Management- und Consultingverträge, 1992; Meilicke, Heinz, Inwieweit können Verluste aus Genussscheinen steuerlich geltend gemacht werden?, BB 1989, 465; Obermüller, Walter/Obermüller, Manfred, Die Unterbeteiligung im Bankgeschäft, in Festschrift für Winfried Werner, 1984, S. 607 ff.; Pauka, Dietmar, Gewerbesteuer 1990, DB 1991, 1402; Reinhardt, Rudolf, Die für die Ordnung der Wirtschaft maßgebenden Rechtsgrundsätze und die Rechtsform der Mitbestimmung, in Festschrift für H.C. Nipperdey zum 60. Geburtstag, 1955, S. 235 f.; Schmidt, Harry, Stille Gesellschaft und AGB-Gesetz, ZHR 159 (1995), 734; Schmidt, Karsten, Die Vertragsparteien bei der stillen Gesellschaft, DB 1976, 1705; Schön, Wolfgang, Ein Allgemeiner Teil der Genussrechte, JZ 1993, 925; Schön, Wolfgang, Gibt es das partiarische Darlehen?, ZGR 1993, 210; Silberschmidt, Wilhelm, Das partiarische Rechtsverhältnis in rechtsvergleichender und geschichtlicher Darstellung, ZHR 96 (1931), 267; Smid, Stefan, Insolvenzordnung, Kommentar, 2. Aufl. 2001; Sosnitza, Olaf, Zur Abgrenzung von stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen, NZG 2000, 303; Theisen, Manuel R., Partiarisches Darlehen als Finanzierungsalternative zur stillen Gesellschaft, GmbHR 1987, 64; Vögele, Alexander/Kircher, Markus, Im Blickpunkt: Partiarischer Dienstvertrag im internationalen Konzern, BB 2000, 1581.
133
§8
Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten
8.1
Aus den in den §§ 5 bis 7 herausgearbeiteten Merkmalen, die in ihrer Gesamtheit das Wesen der stillen Gesellschaft ausmachen, ergibt sich zugleich ihre Abgrenzung gegenüber verwandten Rechtsinstituten. Theoretisch bereitet diese Abgrenzung kaum Schwierigkeiten; praktisch ist sie nicht immer einfach. Die von den Beteiligten gewählten Bezeichnungen sind für die rechtliche Beurteilung des jeweiligen Verhältnisses nicht entscheidend; sie können aber ein Anhaltspunkt für das sein, was sie gewollt haben. Von Bedeutung für die rechtliche Wertung ist einzig und allein der von ihnen im Einzelfall verfolgte Zweck.
I. Stille Gesellschaft und andere Formen der internen Beteiligung 1. Stille Gesellschaft i.S. von §§ 230 ff. HGB und stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts
8.2
Der rechtliche Unterschied zwischen der stillen Gesellschaft i.S. von §§ 230 ff. HGB und der stillen Gesellschaft des bürgerlichen Rechts besteht allein darin, dass der Geschäftsinhaber im zweiten Fall kein Handelsgewerbe betreibt. Eine stille Gesellschaft des bürgerlichen Rechts besteht daher nach geltendem Recht beispielsweise dann, wenn sich der Stille an einem künstlerischen, freiberuflichen oder nicht eingetragenen landwirtschaftlichen Gewerbe beteiligt. Auch die stille Beteiligung an einem einzigen oder mehreren einzelnen Geschäften des Geschäftsinhabers (sog. Metageschäft) ist ein Anwendungsfall der stillen Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Es handelt sich hier um eine Gelegenheitsgesellschaft, der das gemeinsame dauernde Gewinnstreben durch Betreiben eines Handelsgeschäfts fehlt. Die §§ 230 ff. HGB sind daher auch in diesem Fall nicht unmittelbar anwendbar1. Schließlich entsteht beim Koalitions-Franchising ebenfalls eine Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts, da der von den Parteien dieses Vertragstyps verfolgte gemeinsame Zweck nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes schlechthin, sondern allein auf die Absatzoptimierung im Hinblick auf die systemspezifischen Waren und/oder Dienstleistungen unter Berücksichtigung der gemeinsamen Marketingkonzeption gerichtet ist und darüber hinaus das Koalitions-Franchising durch eine Umsatz- und nicht durch die für die stille Gesellschaft wesensnotwendige Gewinnbeteiligung gekennzeichnet ist2.
8.3
Auch auf die stille Gesellschaft des bürgerlichen Rechts finden jedoch die Regelungen der §§ 230 ff. HGB entsprechende und vor den §§ 705 ff. BGB vorrangige Anwendung3. Während dabei § 236 HGB auch für die stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts gilt, greift der in § 136 InsO geregelte Anfechtungstat-
1 Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 33; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 19; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 26. 2 Vgl. dazu eingehend Martinek, Moderne Vertragstypen Bd. II, S. 113 und Martinek, Franchising, S. 397 ff. 3 Vgl. dazu auch Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 11; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 73 Rn. 5 ff.
134
Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten
§8
bestand allerdings nur bei einer handelsgewerblichen Beteiligung ein1. Was die subsidiäre Anwendung der §§ 705 ff. BGB betrifft, so können die §§ 709, 711 f., 714 f. sowie 718 f. BGB bei Innengesellschaften bereits aus strukturellen Gründen keine Anwendung finden. Hinsichtlich der Mitwirkungsrechte des Stillen wird zudem die Regelung des § 716 BGB durch § 233 Abs. 2 HGB ausgeschlossen. Schließlich wird § 722 BGB in aller Regel durch die interessengerechteren §§ 231 Abs. 1 und 232 Abs. 2 HGB verdrängt. 2. Stille Gesellschaft und Geschäfte auf gemeinsame Rechnung Von der stillen Gesellschaft zu unterscheiden ist auch der Verkauf auf gemeinsame Rechnung, bei dem bei jedem Verkauf Einzelabrechnungen über die Kosten aufgestellt werden, das Rechtsverhältnis nach jeder Lieferung gelöst werden kann, eine Vermögenseinlage nicht vorhanden ist und ein Eigentumsübergang der Ware nicht erfolgt2.
8.4
3. Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung Bei der Unterbeteiligung beteiligt sich der Unterbeteiligte an dem Gesellschaftsanteil eines anderen und nicht an einem Handelsgewerbe. Sowohl Unterbeteiligung als auch stille Gesellschaft sind Innengesellschaften, sie weisen deshalb eine gewisse Ähnlichkeit auf. Auf die Unterbeteiligung lassen sich einige der Regelungen für die stille Gesellschaft entsprechend anwenden. In einer Reihe von Punkten ist jedoch eine unterschiedliche Handhabung geboten. Im Einzelnen wird die Unterbeteiligung in § 30 und § 31 näher behandelt.
8.5
II. Stille Gesellschaft und Gesellschaft des bürgerlichen Rechts Die stille Gesellschaft ist eine Abart der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Von dieser unterscheidet sie sich dadurch, dass sie nur an einem Handelsgewerbe begründet werden kann, dass der stille Gesellschafter stets am Gewinn beteiligt sein muss, dass sie anders als eine BGB-Außengesellschaft kein gesamthänderisch gebundenes Gesellschaftsvermögen besitzt3 und dass sie sich als Innengesellschaft in ihren Rechtswirkungen auf das Verhältnis der Gesellschafter untereinander beschränkt, nach außen also als Personenvereinigung nicht in Erscheinung tritt.
8.6
Immerhin ergibt sich aus der engen Verwandtschaft zwischen beiden Gesellschaftsformen, dass die §§ 705 ff. BGB ergänzend auf die stille Gesellschaft anwendbar sind, soweit sie nicht das Außenverhältnis und das Vorhandensein eines Gesamthandsvermögens betreffen oder ausdrücklich durch die Sonderregelung der §§ 230 ff. HGB verdrängt werden (siehe dazu auch Rn. 9.5).
8.7
1 So auch Zeuner in Smid, § 136 InsO Rn. 3; a.A. K, Schmidt, DB 1976, 1705 (1707 f.). 2 BFH v. 29. 10. 1969 – I R 80/67, BStBl. II 1970, 180. 3 Vgl. dazu auch OLG Hamm v. 10. 1. 1994 – 8 U 106/93, NJW-RR 1994, 1382.
135
§8
Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten
III. Stille Gesellschaft und Personenhandelsgesellschaften
8.8
Die Formen der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft sind im Wirtschaftsleben zur Verwirklichung der von den Beteiligten verfolgten Zwecke oftmals weniger geeignet als die Form der stillen Gesellschaft (Rn. 2.2 ff.). Die Gesellschaftereigenschaft und das Beteiligungsverhältnis müssen im Handelsregister eingetragen werden (§§ 106 Abs. 2, 162 Abs. 1 HGB) und sind deshalb der Öffentlichkeit bekannt. Alle persönlich haftenden Gesellschafter sind zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt und verpflichtet (§§ 114 Abs. 1, 125 Abs. 1 HGB) und haften als Gesamtschuldner für die Gesellschaftsverbindlichkeiten mit ihrem gesamten Vermögen. Sie treten unter einer gemeinschaftlichen Firma auf und sind an dem Gesellschaftsvermögen gesamthänderisch berechtigt.
8.9
Trotz dieser rechtlichen Wesensunterschiede zwischen den handelsrechtlichen Personengesellschaften und der stillen Gesellschaft, liegt – wirtschaftlich gesehen – ein Vergleich der Rechtsstellung des stillen Gesellschafters mit der des Kommanditisten nahe, weil beide mit einer „Einlage“ beteiligt sind, weil der Kommanditist, sobald er seine Einlageverpflichtung erfüllt hat, für die Gesellschaftsverbindlichkeiten ebenso wenig haftet wie der stille Gesellschafter und weil die Mitwirkung beider grundsätzlich auf Kontrollrechte beschränkt ist. Trotz dieser Gemeinsamkeiten bestehen gewichtige Unterschiede:
8.10
Solange der Kommanditist seine Einlage nicht geleistet hat, haftet er den Gesellschaftsgläubigern bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar (§ 171 Abs. 1 HGB). Der stille Gesellschafter haftet den Gläubigern des Geschäftsinhabers nicht – auch nicht, wenn er mit seiner Einlage im Rückstand ist.
8.11
Da es sich bei der Vertretung durch die persönlich haftenden Gesellschafter um eine echte Vertretung kraft Gesetzes handelt, werden aus den von ihnen abgeschlossenen Geschäften alle Gesellschafter, auch die Kommanditisten, mitberechtigt und mitverpflichtet. Bei der stillen Gesellschaft handelt der Inhaber nach außen im eigenen Namen, wenn auch im Innenverhältnis für gemeinsame Rechnung. Er vertritt dabei nicht den stillen Gesellschafter, dessen Name im Handelsregister nicht erscheint, und wird deshalb aus den von ihm abgeschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet (§ 230 Abs. 2 HGB). Es bestehen weder unmittelbare noch mittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem stillen Gesellschafter und den Geschäftsgläubigern.
8.12
Obwohl der Kommanditist von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, kann er Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, widersprechen (§ 164 HGB); er hat also für die Grundlagenbeschlüsse ein vollwertiges Mitwirkungsrecht. Für den stillen Gesellschafter sieht das Gesetz ein solches Recht grundsätzlich nicht vor. Allerdings können auch hier bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht oder aufgrund ausdrücklicher gesell-
136
Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten
§8
schaftsvertraglicher Vereinbarung die Mitwirkung des Stillen erfordern (Rn. 12.27 f.; vgl. auch zur Umwandlung Rn. 18.17 ff., 18.39 f.). Aufgrund seiner Beteiligung ist der Kommanditist an dem gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen mitberechtigt. In der dinglichen Rechtslage des gemeinsam betriebenen Handelsgewerbes liegt der Hauptunterschied zwischen der Kommanditgesellschaft und der stillen Gesellschaft. Sie ist von Bedeutung dafür, wer über das Vermögen zu verfügen berechtigt ist, wer die sachen- und besitzrechtlichen Abwehransprüche erlangt und auf welche Gegenstände sich die Beteiligung erstreckt. Der Kommanditist hat nicht wie der stille Gesellschafter nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung seiner Einlage im Falle der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses. Er ist kraft Gesetzes am gesamten Vermögen der Gesellschaft beteiligt, auch an den offenen und stillen Rücklagen und an einem etwaigen Geschäfts- oder Firmenwert. Andererseits ist im Falle einer Insolvenz die Stellung des stillen Gesellschafters günstiger als die des Kommanditisten, weil er in gleicher Weise wie die anderen Insolvenzgläubiger für seine Vermögenseinlage entsprechend der vorhandenen Insolvenzmasse Befriedigung beanspruchen kann.
8.13
Während der Kommanditist stets an den Verlusten der Gesellschaft beteiligt ist, kann die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden.
8.14
Aufgrund der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit lässt sich die Rechtsform der stillen Gesellschaft weitgehend der Kommanditgesellschaft annähern, besonders dadurch, dass der stille Gesellschafter außer am Gewinn auch am Vermögen des Geschäftsinhabers beteiligt oder dass ihm im Innenverhältnis geradezu die Rechtsstellung eines Kommanditisten zuerkannt wird. Wo solche Vereinbarungen getroffen werden, haben sie nur schuldrechtliche Wirkung. Dritten Personen gegenüber kommt ihnen keine Bedeutung zu. Sie führen nicht zu einer dinglichen Mitberechtigung des stillen Gesellschafters am Geschäftsvermögen des Inhabers. Vielmehr erlangt der Stille nur den schuldrechtlichen Anspruch, im Falle der Beendigung der Gesellschaft so gestellt zu werden, als ob zwischen ihm und dem Inhaber eine Vermögensgemeinschaft bestanden hätte1. Zulässig ist allerdings die Bildung eines gemeinsamen Vermögens zwischen den Gesellschaftern außerhalb des stillen Gesellschaftsverhältnisses, etwa in Form einer Bruchteilsgemeinschaft2.
8.15
IV. Partiarische Rechtsverhältnisse 1. Begriff und Wesen der partiarischen Verträge Partiarische Rechtsverhältnisse sind Austauschverträge nichtgesellschaftsrechtlicher Art, durch die jemand einem anderen eine Leistung gegen einen Anteil an dem Gewinn, den der andere erzielt, verspricht. 1 BGH v. 24. 9. 1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 175 (177). 2 Koller in Koller/Roth/Morck, § 230 HGB Rn. 3.
137
8.16
§8
Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten
Beispiele hierfür sind die Verpachtung eines Grundstücks gegen eine Quote der darauf zu gewinnenden Früchte, die Leistung von Diensten in einem Handelsgeschäft gegen Gewinnbeteiligung (commis interessé) oder die Darlehensgewährung gegen Beteiligung an dem vom Darlehensnehmer erwirtschafteten Gewinn.
8.17
In diesen Fällen schwebt den Beteiligten ein gemeinschaftliches wirtschaftliches Ziel vor, das auf die Erzielung eines möglichst hohen Ertrags, an dem beide Teile gleichermaßen interessiert sind, gerichtet ist. Aber dieser Ertrag soll nicht durch die Tätigkeit beider, sondern allein durch die Tätigkeit eines Teils hervorgebracht werden, wozu ihn die Leistung des anderen vielfach erst befähigt. Die Beteiligten vereinigen sich nicht zu gemeinschaftlichem Erwerb und Gewinn, sondern der eine macht den Erwerb und Gewinn für sich allein und tauscht nur einen Teil desselben gegen die Leistungen des anderen aus. Es fehlt an der Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks. Der Darlehensgeber, der Verpächter, der am Gewinn beteiligte Angestellte haben an dem Unternehmen selbst keinen Anteil; sie sind – insoweit deckt sich ihre Rechtsstellung mit der des stillen Gesellschafters – nicht Teilhaber des Unternehmens, sondern nur Teilhaber am Gewinn. Die Gewinnbeteiligung bildet die Entschädigung für die von ihnen zu erbringende Leistung. Mit dem Anspruch auf Gewinn verbindet sich ein Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung, soweit es zur Feststellung des Gewinnanteils erforderlich ist. Über einzelne Geschäftsvorfälle kann keine Auskunft verlangt werden. § 716 BGB ist nicht anwendbar. Wohl aber verpflichtet die Zusage der Gewinnbeteiligung den Unternehmer zu einer dem Vertrag entsprechenden Förderung seiner Geschäfte. Die schuldhafte Verletzung dieser Pflicht berechtigt den Vertragspartner zur Klage auf Erfüllung und zur Geltendmachung des ihm erwachsenen Schadens.
8.18
Durch das Fehlen eines gemeinsam zu verfolgenden Zweckes unterscheiden sich die partiarischen Verträge von der stillen Gesellschaft. Sie sind bloße Dienst-, Miet-, Pacht- oder Darlehensverträge. Der partiarisch Beteiligte hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die Herbeiführung des erstrebten wirtschaftlichen Erfolgs. Während es für die stille Gesellschaft typisch ist, dass die Gesellschafter als Gleichberechtigte für den gemeinsamen Zweck zusammen, unter gemeinsamer Verantwortung und auf gemeinsame Rechnung tätig werden, wird beim partiarischen Rechtsverhältnis der eine Teil unter eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung tätig und schuldet dem Beteiligten nur eine Abrechnung über die von ihm erzielten Ergebnisse1.
8.19
Auch die dem stillen Gesellschafter gesetzlich zustehenden Kontrollrechte (§ 233 HGB) sind für die Abgrenzung der stillen Beteiligung von den partiarischen Geschäften bedeutsam. Bei den partiarischen Geschäften tritt das Moment der Gewinnbeteiligung zu einem nicht gesellschaftlichen Rechtsverhältnis hinzu. Sie erfolgt als Gegenleistung für die Leistung von Arbeit oder 1 Vgl. BFH v. 10. 2. 1978 – III R 115/76, BFHE 124, 374; BFH v. 22. 10. 1987 – IV R 17/84, BStBl. II 1988, 62 (64); BFH v. 10. 11. 1987 – VIII R 53/84, DB 1988, 262; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 28 ff.; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 53.
138
Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten
§8
Kapital, jedoch nicht aufgrund gesellschaftlicher Beteiligung. Deshalb ist der commis interessé nicht Gesellschafter, sondern Angestellter. Der Prinzipal schließt die Geschäfte für sich allein als Unternehmer ab und handelt dabei nach seinem Belieben. Der Angestellte hat kein Kontrollrecht; er kann die Vorlage der Bilanz und der Geschäftsbücher nur insoweit verlangen, als es zur Prüfung seines Tantiemeanspruchs erforderlich ist. Es liegt ein partiarischer Arbeitsvertrag, keine Gesellschaft vor, auch wenn dem Angestellten eine gewisse Mitwirkung bei Festsetzung der Verkaufspreise eingeräumt ist1. 2. Das partiarische Darlehen Gegenstand des Darlehensvertrages sind Geld oder andere vertretbare Sachen, die der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber in Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten hat (§§ 488 Abs. 1, 607 Abs. 1 BGB). Die Darlehensvaluta geht ebenso wie die Einlage des stillen Gesellschafters in das Vermögen des Darlehensnehmers über. Wirtschaftlich betrachtet besteht deshalb zwischen dem Darlehen und der stillen Gesellschaft eine enge Verwandtschaft, die dazu geführt hat, dass auf dem Gebiete des von der wirtschaftlichen Betrachtungsweise beherrschten Steuerrechts die Einlage des typischen stillen Gesellschafters im Wesentlichen wie ein Darlehen behandelt wird.
8.20
a) Bedeutung der Unterscheidung zwischen partiarischem Darlehen und stiller Gesellschaft Beide Rechtsinstitute sind jedoch streng zu unterschieden, weil mit ihnen unterschiedliche Folgewirkungen verknüpft sind2:
8.21
Im Gegensatz zum Darlehensgeber kann der stille Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsvertrags verlangen, dass seine Einlage dem gemeinschaftlichen Zweck entsprechend im Handelsgeschäft des Inhabers verwendet wird (Rn. 12.29 f.). Er hat einen Rechtsanspruch darauf, dessen Durchführung er überwachen und erzwingen kann. Je umfassender die Kontroll- und Überwachungsrechte des Geldgebers sind, umso mehr deutet dies auf das Vorhandensein eines Gesellschaftsverhältnisses hin. Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit von der vorgängigen Kündigung des Gläubigers oder Schuldners ab 1 RG v. 1. 11. 1922 – I 572/21, RGZ 105, 315; RG v. 10. 10. 1933 – II 148/33, RGZ 142, 13. 2 Nicht überzeugend ist hier Bauer, Die Stille Gesellschaft als Finanzierungsinstrument, S. 48 ff., der aufgrund der gleichen Zwecksetzung und der Möglichkeit einer vertraglichen Annäherung beider Rechtsinstitute die strenge Unterscheidung für nicht aussagekräftig hält. Eine faktische Annäherung durch vertragliche Gestaltung in Einzelfällen kann aber keine Aufhebung der Unterscheidung der ungleichartigen Rechtsinstitute im Generellen rechtfertigen. Auch ist fraglich, ob nicht trotz entgegenstehenden Wortlauts die Auslegung für die Annahme eines stillen Beteiligungsverhältnisses spricht, wenn eine vertragliche Ausgestaltung, insbesondere die Einräumung von Kontrollrechten, nach dem Vorbild der stillen Beteiligung erfolgt.
139
8.22
§8
Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten
(§§ 488 Abs. 3 Satz 1, 608 Abs. 1 BGB). Die Kündigungsfrist beträgt bei Darlehensverträgen über die Überlassung von Geld drei Monate, Sachdarlehensverträge sind jederzeit kündbar (§§ 488 Abs. 3 Satz 2, 608 Abs. 2 BGB). Bei der stillen Gesellschaft bestimmen sich die Kündigungsmöglichkeiten und Kündigungsfristen hingegen nach § 234 HGB. Wird die Kündigungsfrist des § 234 HGB gleichwohl abbedungen und verkürzt, so kann dies als Indiz gegen das Vorliegen einer stillen Gesellschaft gewertet werden1. Es ist nach § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB auch eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde zulässig (Rn. 15.30).
8.23
Während der stille Gesellschafter regelmäßig am Verlust teilnimmt, widerspricht eine Verlustbeteiligung dem Wesen des Darlehens (§§ 488 Abs. 1, 607 Abs. 1 BGB). Tritt deshalb zur Gewinnbeteiligung die Verlustbeteiligung hinzu, so liegt eine Zweckgemeinschaft in der Form einer Innengesellschaft vor. Dem Geldgeber stehen die in § 233 HGB vorgesehenen Kontrollrechte zu. Eine Verlustbeteiligung führt zur Teilnahme am Risiko des Geschäftsinhabers und steht damit der Annahme eines partiarischen Darlehens zwingend entgegen2. Eine Ausnahme hiervon gilt allerdings bei Genussrechten (siehe hierzu unten Rn. 8.36). Auch eine eingeschränkte Verlustbeteiligung des Stillen dergestalt, dass seine Ansprüche nur Drittgläubigeransprüchen im Rang nachgehen, im Verhältnis zu den Gesellschafteransprüchen aber vorrangig sind, weist einen Eigenkapitalcharakter auf und spricht damit für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft3.
8.24
Auch eine getroffene Regelung über eine Mindestverzinsung spricht nicht entscheidend gegen ein stilles Gesellschaftsverhältnis, wenn neben dieser Festvergütung der Stille auch an dem verbleibenden Gewinn der Inhaberin beteiligt ist4. Ein Ausschluss von der Gewinnbeteiligung liegt erst dann vor, wenn der stille Gesellschafter von jeglicher Beteiligung am Gewinn ausgeschlossen ist.
8.25
Der Darlehensgeber kann seine Forderung im Wege der Abtretung auf einen anderen übertragen. Bei der stillen Beteiligung ist das wegen der im Innenverhältnis bestehenden gesellschaftsrechtlichen Bindungen ohne Zustimmung des anderen Gesellschafters nicht zulässig (Rn. 10.28). Haben die Beteiligten vereinbart, dass der Geldgeber seinen Rückzahlungsanspruch nicht abtreten darf oder er dazu der Zustimmung des Inhabers bedarf, so spricht das, wenn auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, im Zweifel für das Vorhandensein einer stillen Gesellschaft.
8.26
Wer die Hingabe eines Darlehens verspricht, kann im Zweifel den Darlehensvertrag außerordentlich kündigen, wenn in den Vermögensverhältnissen des anderen Teils eine wesentliche Verschlechterung eintritt, durch die der An1 2 3 4
BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755. BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755. BFH v. 15. 10. 2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334. BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 32/94, BGHZ 127, 176 (180 f.); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 60.
140
Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten
§8
spruch auf Rückzahlung gefährdet wird (§ 490 BGB). Allerdings ergibt sich in diesem Fall auch für den stillen Gesellschafter ein Leistungsverweigerungsrecht aus § 273 BGB (Rn. 6.47). Wird über das Vermögen des Darlehensnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet, so kann der Gläubiger des partiarischen Darlehens die volle Darlehensforderung als Insolvenzforderung geltend machen. Ist der stille Gesellschafter am Verlust beteiligt, so kann er nur seine um die Verlustbeteiligung geminderte Einlage zur Insolvenztabelle anmelden (§ 236 Abs. 2 HGB). Ist er mit seiner Einlage im Rückstand, muss er sie insoweit zur Masse leisten, als er am Verlust teilnimmt. Darüber hinaus kommt auch eine Behandlung der Einlage des Stillen als haftendes Eigenkapital in Betracht (Rn. 17.17 ff.).
8.27
Die Bereichsausnahmeregelung des § 310 Abs. 4 BGB erfasst nur die auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts getroffenen Vereinbarungen und mithin den stillen Gesellschaftsvertrag1. Eine gerichtliche Inhaltskontrolle von standardisierten stillen Gesellschaftsverträgen kann mithin nur über den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) erfolgen. Auch eine teleologische Reduktion des § 310 Abs. 4 BGB ist im Hinblick auf die stille Gesellschaft nicht angebracht, da trotz der bloßen Erwähnung der „Handelsgesellschaften“ in der Gesetzesbegründung zur Vorläuferregelung in § 23 Abs. 1 AGBG ein dahingehender Gesetzeszweck nicht feststellbar ist. Schließlich handelt es sich bei der stillen Gesellschaft nicht um ein Austausch- sondern um ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis, auf das die Inhaltskontrolle der §§ 307 ff. BGB nicht zugeschnitten ist. Außerdem kann, wie erwähnt, ein hinreichender Schutz des Stillen über die Inhaltskontrolle nach § 242 BGB gewährleistet werden2.
8.28
Steuerrechtlich war die Unterscheidung bis zum Veranlagungsjahr 2008 für die Gewerbesteuer von Interesse, da die Hinzurechnung der Gewinnanteile des stillen Gesellschafters nach § 8 Nr. 3 GewStG a.F. im Gegensatz zur hälftigen Hinzurechnung beim partiarischen Darlehen in voller Höhe erfolgte3. Ab dem Veranlagungsjahr 20094 werden die stille Beteiligung und das partiarische Darlehen nach § 8 Nr. 1 Buchst. a) und c) GewStG n.F. bei der Hinzurechnung jedoch gleich behandelt. Für die beschränkte Steuerpflicht und für die Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen ist der Unterschied zwischen Darlehen und stiller Gesellschaft aber weiterhin rechtserheblich (Rn. 29.1 ff.).
8.29
Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen ist auch auf dem Gebiet des Kapitalmarktrechts von Bedeutung. Werden stille Beteiligungen im Inland öffentlich angeboten, trifft den Anbieter nach § 8f Abs. 1 1 BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 32/94, ZIP 1994, 1847; OLG Hamburg v. 22. 12. 1993 – 5 U 149/93, WM 1994, 499, differenzierend nach der Art des Beitritts Basedow in MünchKomm.BGB, 5. Aufl. 2007, § 310 BGB Rn. 80; vgl. auch H. Schmidt, ZHR 159 (1995), 734. 2 Wie hier BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 32/94, ZIP 1994, 1847 (1849); vgl. zum Meinungsstand auch H. Schmidt, ZHR 159 (1995), 734 (737). 3 Vgl. dazu Pauka, DB 1991, 1402. 4 Änderung durch das UntStRG 2008 v. 14. 8. 2007, BGBl. I 2007, 1912.
141
§8
Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten
Satz 1 VerkProspG1 die Pflicht, einen Verkaufsprospekt zu veröffentlichen; ist der Prospekt fehlerhaft oder wurde ein Prospekt gar nicht erstellt, kommt eine Haftung nach §§ 13 f. VerkProspG in Betracht (näher hierzu Rn. 19.84). Da die Prospektpflicht nur hinsichtlich des Angebots solcher Anteile besteht, die eine Beteiligung am Unternehmensergebnis gewähren (§ 8f Abs. 1 Satz 1 VerkProspG), scheidet sie bei partiarischen Rechtsverhältnissen aus2. b) Unterscheidungskriterien
8.30
Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen stellt sich als schwierig dar und muss anhand des Einzelfalls vorgenommen werden. Die partiarischen Darlehen (Beteiligungsdarlehen) sind nach teilweise vertretener Ansicht Sonderfälle stiller Beteiligungen und sollen den §§ 230 ff. HGB unterliegen3. Die Abgrenzungsschwierigkeiten werden damit allerdings nicht behoben, sondern nur auf eine andere Ebene verlagert – die der Unterscheidung von partiarischem und einfachen Darlehen. Es kann zwar nicht geleugnet werden, dass sich die Zweckverfolgung bei der stillen Gesellschaft ebenso wie beim partiarischen Darlehen primär in der Gewinnerzielung verwirklicht4. Andererseits muss sich das Betreiben des Handelsgeschäfts nicht in jedem Falle als bloßer Reflex dieses Gewinnstrebens erweisen. Abhängig von Art und Umfang der Rechte des Beteiligungsinhabers kann dieser in einem Fall mehr, im anderen Fall weniger an dem Handelsgeschäft beteiligt sein und je nachdem an der Zweckverfolgung partizipieren. Das zeigt sich beispielsweise in der Frage, ob der Geschäftsinhaber zur Unternehmensführung primär verpflichtet ist5. Der Vertrag muss daher einer Gesamtbetrachtung unterzogen werden, wobei einzelne vertraglich geregelte Elemente auf einen Willen der Parteien schließen lassen können, die nicht explizit geregelten Fragen den §§ 230 ff. HGB zu unterwerfen. Es ist daher entscheidend, ob die Parteien sich durch den Vertrag zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verbunden haben und ihre schuldrechtlichen Beziehungen ein gesellschaftsrechtliches Element in sich tragen oder ob die Parteien ohne jeden gemeinsamen Zweck lediglich ihre eigenen Interessen verfolgen und ihre Beziehungen zueinander ausschließlich durch die Verschiedenheit ihrer eigenen Interessen bestimmt werden6. Trotz dieses rechtlichen Unterschieds ist es in der Praxis bisweilen 1 Verkaufsprospektgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 9. 9. 1998, BGBl. I 1998, 2701, zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 16. 7. 2007, BGBl. I 2007, 1330. 2 RegE zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz, BT-Drucks. 15/3174 v. 24. 5. 2004, S. 42. 3 Schön, ZGR 1993, 210 (217 ff.). 4 Schön, ZGR 1993, 210 (220 f.). 5 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 58. 6 Vgl. BGH v. 10. 6. 1965 – II ZR 6/63, DB 1965, 1589; BGH v. 9. 2. 1967 – III ZR 226/64, BB 1967, 349; OLG Nürnberg v. 4. 12. 1967 – 5 U 35/67, DB 1968, 166; BGH v. 26. 6. 1989 – II ZR 128/88, NJW 1990, 573; BGH v. 29. 6. 1992 – II ZR 284/91, NJW 1992, 2696, m. Anm. Blaurock, EWiR 1992, 1111; BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 32/94, ZIP 1994, 1847; OLG Hamburg v. 22. 12. 1993 – 5 U 149/93, WM 1994, 499, Böttcher/ Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 53; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 28 ff.; A. Hueck in FS Lehmann, S. 239 ff.
142
Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten
§8
schwierig, ein Vertragsverhältnis dem einen oder anderen Rechtsinstitut zuzuordnen, wenn aussagekräftige Anzeichen für den Willen der Parteien fehlen. Denn beim partiarischen Darlehen sind die Interessen beider Vertragspartner auf die Erzielung eines möglichst hohen Gewinns gerichtet und auch bei der stillen Gesellschaft erschöpft sich die Mitwirkung des stillen Gesellschafters an der Verwirklichung des gemeinsamen Zwecks vielfach in der Erbringung seiner Einlage. Die Abgrenzung bereitet keine Schwierigkeiten, wenn für das hingegebene Geld keine Zinsen oder sonstigen Nutzungen ausbedungen sind oder eine feste, von den wechselnden Geschäftsergebnissen unabhängige Verzinsung oder sonstige Vergütung vereinbart wurde1. In diesen Fällen fehlt es an dem für das stille Gesellschaftsverhältnis notwendigen Erfordernis der Gewinnbeteiligung. Haben die Beteiligten vertraglich vereinbart, dass der Geldgeber seine Vermögenseinlage nicht auf einen anderen übertragen darf2 oder dass er an der Substanz des Vermögens und damit am Risiko des Unternehmens schuldrechtlich beteiligt sein soll, so spricht das für das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses. Betreibt der Empfänger des Geldes kein Handelsgewerbe, so liegt zumindest keine handelsrechtliche stille Gesellschaft, sondern allenfalls eine stille Gesellschaft des bürgerlichen Rechts vor. Ebenso scheidet bei vertraglich vereinbarter Beteiligung des Geldgebers am Verlust des „Darlehensnehmers“ die Annahme eines partiarischen Rechtsgeschäfts aus3; denn einer Verlustbeteiligung stehen die §§ 488 Abs. 1, 607 Abs. 1 BGB entgegen, wonach der Empfänger des Darlehens verpflichtet ist, das Darlehen bzw. das Empfangene in Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten.
8.31
Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich jedoch, wenn dem Geldgeber neben oder an Stelle einer festen Verzinsung eine Gewinnbeteiligung unter Ausschluss der Verlustbeteiligung zugesagt ist. Da die Vertragspartner es oft daran fehlen lassen, ihren Willen eindeutig zum Ausdruck zu bringen – sie sprechen von stiller Beteiligung, meinen aber ein Darlehen mit Gewinnbeteiligung und umgekehrt –, muss ihr Wille im Wege der Auslegung ermittelt werden4. Bei diesen fließenden Grenzen lassen sich keine allgemein gültigen Regeln aufstellen. Es kommt auf den im Wege der Auslegung zu ermittelnden Willen der Vertragsschließenden, die wirtschaftlichen Ziele und auf das Gesamtbild aller Umstände im Einzelfall an5. Die von den Parteien gewählte Bezeichnung hat
8.32
1 Vgl. OLG Dresden v. 8. 9. 1999 – 19 U 101/99, DStR 2000, 649 m. Anm. Haas u. NZG 2000, 302 m. Anm. Sosnitza. 2 So auch Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 54. Zu beachten ist aber, dass auch Kredite mit einem Abtretungsverbot versehen werden können (§ 399 BGB). 3 Vgl. OLG Dresden v. 8. 9. 1999 – 19 U 101/99, DStR 2000, 649 m. Anm. Haas u. NZG 2000, 302 m. Anm. Sosnitza. 4 BGH v. 9. 2. 1967 – III ZR 226/64, BB 1967, 349; OLG Frankfurt v. 1. 12. 1981 – 5 U 114/81, WM 1982, 198. 5 BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 32/94, ZIP 1994, 1847; BFH v. 10. 2. 1978 – III R 115/76, BFHE 124, 374; OLG Dresden v. 8. 9. 1999 – 19 U 101/99, DStR 2000, 649 m. Anm. Haas u. NZG 2000, 302 m. Anm. Sosnitza.
143
§8
Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten
lediglich indizielle Bedeutung und schließt somit eine abweichende Beurteilung nicht aus1.
8.33
Zu berücksichtigen sind insbesondere die wirtschaftlichen Ziele der Vertragsparteien2 (insbesondere steuerrechtliche Aspekte3), die geplante Dauer des Vertragsverhältnisses4, das Fehlen einer Kreditsicherung5, die Einschränkung der Möglichkeiten zur Kündigung oder Anteilsübertragung6, die Kontroll- und Mitspracherechte7, die Verpflichtung des Geschäftsinhabers zur bestimmungsgemäßen Verwendung der Einlage8, Art und Umfang der Kontrollrechte9, sowie die Risikobereitschaft des Geldgebers10. Bei dieser Abwägung aller nach dem Vertragsinhalt maßgebenden Umstände können auch außerhalb des Wortlauts liegende Umstände von Bedeutung sein11. So können u.a. auch die bisherigen wirtschaftlichen Beziehungen der Parteien Anhaltspunkte vermitteln12. Weitere Indizien für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft sind die Ergänzung der Berufe von stillem Gesellschafter und Unternehmen, das Zurverfügungstellen einer Konzession oder die mögliche Eingliederung von Nebenbetrieben. Andererseits kann eine große räumliche Entfernung des Stillen gegen das Vorhandensein einer Gesellschaft sprechen13.
8.34
Ein besonderes Gewicht dürfte unter den genannten Indizien die für das stille Beteiligungsverhältnis sprechende Existenz von weitergehenden Kontroll-,
1 RG v. 14. 12. 1892 – I 303/92, RGZ 30, 57; RG v. 15. 3. 1893 – I 451/92, RGZ 31, 33; RG v. 11. 3. 1904 – VII 498/03, RGZ 57, 175; RG v. 8. 3. 1918 – II 409/17, RGZ 92, 292; BGH v. 19. 9. 1951 – II ZR 20751, BB 1951, 849; BGH v. 9. 2. 1967 – II ZR 226/64, BB 1967, 349; BFH v. 21. 6. 1983 – VIII R 237/80, BB 1983, 1515 = DB 1983, 1743 = GmbHR 1983, 281; BFH v. 8. 3. 1984 – I R 31/80, BB 1984, 1473 = WM 1984, 1207; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 30 ff. 2 BMF v. 16. 11. 1986 – IV C 5-S 1300-331/87, BStBl. I 1987, 740. 3 So ist der BFH vom Vorliegen einer stillen Gesellschaft ausgegangen, weil nur die Gründung einer stillen Gesellschaft für den Stillen steuerlich von Vorteil war, vgl. BFH v. 19. 10. 2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334. 4 Vgl. dazu BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 32/94, ZIP 1994, 1847 sowie Lienau/Lotz, DStR 1991, 618 (620) und Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 73 Rn. 13. 5 BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 32/94, ZIP 1994, 1847; BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755; BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 12/96, BStBl. II 1997, 761. 6 BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 32/94, ZIP 1994, 1847. 7 Vgl. dazu BGH v. 29. 6. 1992 – II ZR 284/91, NJW 1992, 2696, m. Anm. Blaurock EWiR 1992, 1111; BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 32/94, ZIP 1994, 1847; BFH v. 15. 10. 2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 73 Rn. 13. 8 BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755. Nach FG Baden-Württemberg v. 3. 12. 2004 – 10 K 225/01, DStRE 2006, 15 (16 f.), kann sich eine solche Verpflichtung aus Prospektangaben zur geplanten Verwendung der Einlagen ergeben. 9 BFH v. 15. 10. 2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334. 10 Vgl. dazu BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755 sowie Pauka, DB 1991, 1402 (1407). 11 So auch BFH v. 16. 7. 1986 – I R 78/79, BFH/NV 1987, 326 und BMF v. 16. 11. 1986 – IV C 5-S 1300-331/87, BStBl. I 1987, 740. 12 BMF v. 16. 11. 1986 – IV C 5-S 1300-331/87, BStBl. I 1987, 740. 13 Vgl. zu diesen Indizien Immenga, GmbHR 1988, 506.
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§8
Mitsprache- und Überwachungsrechten haben1. Wer ein Darlehen gibt, überlässt es in der Regel dem Darlehensnehmer, den besten Weg zu suchen, um die Mittel zu verdienen, mit denen er die Zinsen zahlen kann. Kommt es dem Geldgeber lediglich darauf an, dem Unternehmer einen Kredit zu einem vom Geschäftsgewinn abhängigen Zinssatz zur Verfügung zu stellen, so wird regelmäßig ein Darlehensverhältnis mit Gewinnbeteiligung im Willen der Vertragspartner gelegen haben2. Das Interesse des Geldgebers ist hier im Wesentlichen darauf gerichtet, die zur Verfügung gestellte Valuta ungeschmälert zurückzuerhalten und an dem im Geschäftsbetrieb des Darlehensnehmers erzielten Gewinn beteiligt zu sein. Allerdings kommt auch der Existenz von Kontroll- und Mitwirkungsrechten nur Indizfunktion zu. Auch wenn der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber gegenüber zur Rechenschaftslegung nicht verpflichtet ist und das Recht zur Bucheinsicht nur aus einer (entsprechenden) Anwendung des § 810 BGB abgeleitet werden kann und die Kontrollrechte des Darlehensgebers daher grundsätzlich sehr beschränkt sind3, ist die vertragliche Vereinbarung weiterer Mitwirkungsmöglichkeiten des Darlehensgebers durchaus möglich, ohne dass dadurch zwingend eine stille Gesellschaft begründet würde. Andererseits kann aus dem Fehlen vertraglich geregelter Überwachungsrechte nicht ohne weiteres auf ein partiarisches Darlehen geschlossen werden, wenn sich die Vertragspartner zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen haben; mit der Vereinbarung einer stillen Gesellschaft hängen die gesetzlich angeordneten Informationsrechte zwingend zusammen4.
8.35
3. Genussrechte Genussrechte werden fast ausschließlich von Kapitalgesellschaften als Finanzierungsinstrument eingesetzt. Der Genussrechtsinhaber kann dabei für seine Kapitaleinlage eine Gegenleistung erhalten, die sich nach dem Ergebnis oder dem zu verteilenden Jahresabschluss des Genussrechtsschuldners bemisst. Auch eine Beteiligung des Genussrechtsinhabers am Liquidationserlös der Gesellschaft und die Einräumung von Kontrollrechten sind denkbar. Hierdurch kann die wirtschaftliche Stellung des Genussrechtsinhabers derjenigen eines stillen Gesellschafters weitgehend angenähert sein. Die Abgrenzung muss im Einzelfall anhand einer Gesamtbetrachtung vorgenommen werden: Kriterien sind die Beteiligung an Gewinn und Verlust, das Ausfallrisiko des Stillen, die Verpflichtung des Geschäftsinhabers, den Gesellschaftszweck durch eine be1 RG v. 11. 3. 1904 – VII 498/03, RGZ 57, 175 (176); RG v. 11. 5. 1920 – VII 311/19, 374/19, RGZ 99, 161 (163); RG v. 15. 6. 1922 – VI 370/21, RGZ 105, 32; RG v. 28. 9. 1928 – III 523/27, RGZ 122, 70 (72); RG v. 6. 12. 1928 – IV 93/28, RGZ 122, 387; BGH v. 29. 6. 1992 – II ZR 284/91, NJW 1992, 2696, m. Anm. Blaurock, EWiR 1992, 1111; BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 32/94, ZIP 1994, 1847; BFH v. 15. 10. 2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334; OLG Dresden v. 8. 9. 1999 – 19 U 101/99, DStR 2000, 649 m. Anm. Haas u. NZG 2000, 302 m. Anm. Sosnitza. 2 RG v. 29. 1. 1942 – II 118/41, RGZ 168, 284. 3 Vgl. hierzu Derleder/Wosnitza, ZIP 1990, 901. 4 BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755.
145
8.36
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Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten
stimmte Verpflichtung zu fördern, die Mindestdauer des Rechtsverhältnisses sowie Mitwirkungs- und Kontrollrechte1. Allerdings schließen sich Verlustteilnahme und Genussrecht nicht gegenseitig aus: Es gibt Genussrechte, die am Verlust partizipieren2. Wegen des unternehmerischen Risikos des Genussrechtsinhabers wird allerdings teilweise davon ausgegangen, dass solche Genussrechte gleichzeitig ein stilles Gesellschaftsverhältnis begründen3. Dem tritt die h.M.4 jedoch zu Recht entgegen: Rechtlich bleibt das Genussrecht ein einfaches schuldrechtliches Gläubigerrecht auf der Basis eines bloßen Austauschvertrages, dem es an der personalistischen Verbindung zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks mangelt. Der Unterschied kommt auch etwa darin zum Ausdruck, dass die stille Beteiligung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen, das Genussrecht hingegen frei übertragbar5 ist. Die Vorschriften über die stille Gesellschaft mögen Schutzvorschriften zugunsten des Stillen enthalten; doch zwingt dies nicht zu einer Umqualifizierung des Genussrechts in eine stille Beteiligung6: Die Wertungen der §§ 230 ff. HGB können bei der Inhaltskontrolle des Genussrechts7 berücksichtigt werden. 4. Der partiarische Dienstvertrag
8.37
Der stille Gesellschafter kann seine persönliche Arbeitskraft als Beitrag gegen Gewinnbeteiligung in das Handelsgewerbe des Inhabers einbringen (Rn. 6.38 ff.). Hier entstehen häufig Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen der stillen Gesellschaft und dem partiarischen Dienstvertrag, bei dem den Arbeitnehmern in Ergänzung oder an Stelle der laufenden Lohn- bzw. Gehaltsbezüge Gewinnbeteiligungen gewährt werden. Maßgeblich sind in diesem Zusammenhang die gleichen Grundsätze, die für die Abgrenzung der stillen Beteiligung vom partiarischen Darlehen angeführt wurden. Für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft sprechen die zusätzliche Leistung einer Kapitaleinlage, die Verlustbeteiligung sowie die Personenverschiedenheit von Arbeitgeber und Geschäftsinhaber8.
8.38
Zunächst muss auch hier das Erfordernis der Gewinnbeteiligung (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB) erfüllt sein. Erhalten die Arbeitnehmer ausschließlich feste, vom Geschäftsergebnis unabhängige Bezüge, so fehlt es an diesem Erfordernis 1 Vgl. FG Baden-Württemberg v. 3. 12. 2004 – 10 K 225/01, DStRE 2006, 15 (16 ff.). 2 Berghaus/Bardelmeier in Habersack/Mülbert/Schlitt, § 12 Rn. 12. 3 Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 395; Habersack in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2005, § 221 AktG Rn. 88 f.; Meilicke, BB 1989, 465 (466); Schön, JZ 1993, 925 (929 f.); Schön, ZGR 1993, 210 (235). 4 BGH v. 21. 7. 2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38 (43); FG Baden-Württemberg v. 3. 12. 2004 – 10 K 225/01, DStRE 2006, 15 (16 ff.); FG Köln v. 25. 3. 1998 – 12 K 1927/92, EFG 1998, 1214; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 53; Feddersen/Knauth, Eigenkapitalbildung durch Genussscheine, S. 17 f. 5 Habersack in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2005, § 221 AktG Rn. 210. 6 In diese Richtung aber Habersack in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2005, § 221 AktG Rn. 89. 7 Zur Inhaltskontrolle von Genussrechten siehe Habersack in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2005, § 221 AktG Rn. 254 ff. 8 Nieders. FG v. 25. 6. 2003 – 3 K 38/02, DStRE 2003, 1338 (1339).
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und folglich an einer stillen Gesellschaft. Eine bloße Umsatzbeteiligung begründet ebenfalls keine stille Gesellschaft1. Deshalb ist ein Angestellter, der neben einem festen Gehalt nur eine Umsatzbeteiligung bezieht, steuerrechtlich auch dann kein stiller Gesellschafter, wenn er eine unternehmergleiche Stellung innehat und erhebliche kapitalmäßige Bindungen zu dem Unternehmen eingegangen ist2. Bezieht der Arbeitnehmer kein festes Gehalt, sondern lediglich eine Gewinnbeteiligung, spricht andererseits vieles für eine stille Gesellschaft. So bejahte der BFH das Vorliegen einer stillen Gesellschaft in einem Fall, in dem die Leitung eines Unternehmens, in welchem die Betriebsinhaberin selbst nicht tätig war, zwei Prokuristen oblag, die kein festes Gehalt, sondern eine Gewinnbeteiligung von je einem Drittel erhielten und denen die Aufnahme als Gesellschafter in Aussicht gestellt war, was später auch geschah3. Den tragenden Grund für die Annahme einer stillen Gesellschaft sah der BFH in der alleinigen Unternehmensleitung der Prokuristen ohne festes Gehalt sowie darin, dass die Entnahmen der Betriebsinhaberin von der Zustimmung der Prokuristen abhängig waren.
8.39
Ist der Arbeitnehmer auch am Verlust beteiligt, wird regelmäßig ebenfalls eine stille Gesellschaft anzunehmen sein, da eine Verlustbeteiligung dem Wesen des Arbeitsverhältnisses fremd ist.
8.40
Unvereinbar mit einem Dienstvertrag, aber durchaus vereinbar mit der stillen Beteiligung wäre die Abrede, dass die Beteiligung des Arbeitnehmers im Falle seines Todes auf seine Erben übergehen soll (§ 234 Abs. 2 HGB). Daher hat der BFH zu Recht eine stille Gesellschaft für den Fall angenommen, dass der Prokurist gegen eine garantierte Entnahme von monatlich 1500 DM und eine Gewinnbeteiligung von 35 % unter Ausschluss der Verlusttragung wie ein Arbeitnehmer tätig ist und dieses Vertragsverhältnis, das dem Prokuristen zwar keine Beteiligung am Anlagevermögen, aber ein Anhörungsrecht bei Abschluss bestimmter Geschäfte und ein Zustimmungsrecht bei Maßnahmen wie der Gesellschafteraufnahme und Prokuraerteilung einräumt, mit seinen Erben fortzusetzen ist4. Neben der vereinbarten Fortsetzung des Vertragsverhältnisses mit den Erben tritt hier als Argument für eine stille Gesellschaft auch die Gewinnbeteiligung gegenüber den festen Bezügen in den Vordergrund. Unter Berücksichtigung des Vertragsinhaltes und des in dem entschiedenen Fall vorhandenen Einflusses sowie der Gestaltungsmöglichkeiten des Prokuristen auf das Betriebsergebnis ist zu schließen, dass sich die Beteiligten zu einer wirklichen Zweckgemeinschaft zusammenschließen wollten und auch zusammengeschlossen haben.
8.41
1 BFH v. 11. 11. 1965 – IV 82/62, BStBl. III 1966, 95; vgl. auch BFH v. 27. 2. 1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611. 2 BFH v. 11. 11. 1965 – IV 82/62 U, BStBl. III 1966, 95; BFH v. 8. 5. 1962 – I 145/61, HFR 1962, 270 = StRK GewStG § 8 Nr. 2–9 R. 81. 3 BFH v. 8. 7. 1965 – IV 30/63 U, BStBl. III 1965, 558. 4 BFH v. 5. 8. 1965 – IV 138/63, BStBl. III 1965, 560.
147
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8.42
Als die eigentlich problematischen Abgrenzungsfälle verbleiben diejenigen, in denen vertraglich eine Kombination von festem Grundgehalt und Gewinnbeteiligung unter Ausschluss der Verlustbeteiligung des Arbeitnehmers vereinbart wurde. Hier ist für die Annahme einer stillen Beteiligung entscheidend, dass sich aus einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls ergibt, dass ein auf die Verwirklichung eines gemeinsamen Zwecks gerichtetes gesellschaftliches Verhältnis vorliegt. Die Arbeitsleistung des stillen Gesellschafters steht hier nicht nur im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, sondern bildet zugleich einen Beitrag zu dem gemeinsamen übergeordneten Zweck. Das Zusammenwirken von Arbeit im Betrieb und Unternehmensleitung soll den Unternehmenserfolg und damit den Nutzen für beide Teile erhöhen1. Die gemeinsame Zweckverfolgung kann sich dabei bereits aus den näheren vertraglichen Vereinbarungen der Parteien insbesondere über die Bezüge des Arbeitnehmers ergeben2. Allerdings kommt es nicht allein auf einzelne Bestimmungen oder Vereinbarungen eines Vertrags an. Vielmehr ist es notwendig, diese im Zusammenhang mit dem gesamten Vertragszweck und mit den von den Parteien verfolgten wirtschaftlichen Zielen einer umfassenden rechtlichen Beurteilung und Würdigung zu unterziehen3.
8.43
Eine stille Gesellschaft ist danach in der Regel anzunehmen, wenn es sich um eine erhebliche Gewinnbeteiligung insbesondere auch im Verhältnis zur Gesamtvergütung4 handelt, wenn das Dienstverhältnis für die Beteiligten für längere Zeit verbindlich ist und wenn für den Arbeitnehmer nicht nur ein Anspruch auf Entlohnung für seine Dienste besteht5. Eine Gewinnbeteiligung von nur 5 % spricht dabei weniger für eine stille Gesellschaft als eine solche von 30 oder 40 %. Auch die später geplante Übernahme des Betriebs, die fehlende Vereinbarung über Arbeitszeit, Urlaub usw. oder der Ausschluss einer vollständigen Entnahme der Bezüge legen die Existenz einer stillen Gesellschaft nahe. Es kommt aber immer auf die Vertragsgestaltung und auf das Gesamtbild aller Umstände im Einzelfall an. So kann neben der Gewinnbeteiligung durchaus auch eine feste Arbeitsvergütung vereinbart werden. Die Gewährung einer hohen Gewinnbeteiligung begründet andererseits für sich allein noch keine stille Gesellschaft, wenn dem Beteiligten daneben ein festes Gehalt gezahlt wird6.
8.44
Ein besonders wichtiges Indiz bei der Abgrenzung bildet die Feststellung, ob und in welchem Umfange dem Arbeitnehmer Mitwirkungs-, Kontroll- und Überwachungsrechte vertraglich vorbehalten sind. Die bloße Gewinnbeteiligung gibt für sich allein keine Befugnis zur Einflussnahme auf die Geschäftsführung. Wo aber Mitwirkungs-, Kontroll- und Überwachungsrechte vertraglich vereinbart worden sind, besteht zumindest eine Vermutung, dass die Beteiligten eine stille Gesellschaft begründen wollten. Dies gilt auch dann, 1 2 3 4 5 6
Vgl. Reinhardt in FS Nipperdey, S. 235 (246 ff.). BFH v. 28. 7. 1971 – I R 78/68, BStBl. II 1971, 815. Vögele/Kircher, BB 2000, 1581 (1582 f.). Nieders. FG v. 24. 9. 1987 – XII 83/86, EFG 1988, 303, (304). Vgl. dazu auch RFH v. 16. 3. 1938 – VI 154/38, RStBl 1938, 556. BFH v. 5. 6. 1964 – IV 108/63, BStBl. III 1965, 51.
148
Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten
§8
wenn durch den Gesellschaftsvertrag ein Verhältnis der Gleichordnung hinsichtlich der Geschäftsführung und Gewinnbeteiligung zwischen den Beteiligten geschaffen worden ist1; denn dies deutet auf eine gemeinsame und gleichberechtigte Zweckverfolgung hin, da der Dienstvertrag gerade durch ein Abhängigkeitsverhältnis, ein Verhältnis der Über- und Unterordnung gekennzeichnet ist2. Der Nur-Arbeitnehmer ist von dem Geschäftsherrn abhängig. Er ist in den Organismus seines Betriebes eingegliedert und verpflichtet, seinen Weisungen zu folgen. Er nimmt eine Rechtsstellung ein, mit der Mitwirkungs-, Überwachungs- und Kontrollbefugnisse gegenüber dem Geschäftsherrn regelmäßig nicht vereinbar sind. Allerdings ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass auch der im Rahmen eines partiarischen Dienstverhältnisses am Gewinn beteiligte Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung der für die Gewinnberechnung notwendigen Auskünfte an sich oder einen unparteiischen Wirtschaftsprüfer hat. Ergibt sich das Vorliegen einer stillen Gesellschaft aufgrund anderer Umstände, so kann sich der stille Gesellschafter für die Behauptung, er sei nur Angestellter gewesen, allerdings nicht darauf berufen, dass er kein Mitsprache- oder Überwachungsrecht gehabt habe. Aus § 233 HGB, wonach der stille Gesellschafter lediglich berechtigt ist, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und ihre Richtigkeit unter Einsicht der Papiere und Bücher zu prüfen, ergibt sich, dass die Entscheidungsbefugnis über die Geschicke des Unternehmens dem Geschäftsinhaber grundsätzlich verbleibt.
8.45
Andererseits ist ein am Gewinn beteiligter Geschäftsführer nicht allein deshalb als stiller Gesellschafter anzusehen, weil der Unternehmer mit ihm wichtige, den Betrieb betreffende Entscheidungen erörtert und ihm Einsicht in die Bilanzen und Bücher gewährt3. Dies kann sich bereits aus der Geschäftsführertätigkeit ergeben. Eine stille Beteiligung lässt sich vielmehr erst dann annehmen, wenn die Geschäftsführungstätigkeit mit weiteren Leistungen zusammentrifft, die in dieser Form von einem Nichtgesellschafter nicht erbracht zu werden pflegen4.
8.46
5. Partiarische Miet-, Pacht- und Verlagsverträge Die Beitragsleistung des stillen Gesellschafters kann in der Weise erbracht werden, dass er bestimmte Gegenstände (Gebäude, bewegliche Sachen, Patente, Lizenzen) nicht in das Eigentum des Geschäftsinhabers überträgt, sondern ihm nur zum Gebrauch überlässt (Rn. 6.31). Es können aber auch Miet- oder Pachtverträge mit Gewinnbeteiligung abgeschlossen werden, wobei die Ge1 BFH v. 7. 2. 1968 – I 233/64, BFHE 91, 373; BFH v. 28. 1. 1982 – IV R 197/79, BStBl. II 1982, 389; BFH v. 7. 12. 1983 – I R 144/79, BStBl. II 1984, 373 = BB 1984, 1028 = DB 1984, 967. 2 RG v. 10. 10. 1933 – II 148/33, RGZ 142, 13 (21 ff.); BFH v. 7. 12. 1983 – I R 144/79, BB 1984, 1028 = DB 1984, 967; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 56 ff. 3 BFH v. 6. 10. 1971 – I R 215/69, DStZ/A 1972, 197. 4 So auch Nieders. FG v. 24. 9. 1987 – XII 83/86, EFG 1988, 303 (304).
149
8.47
§8
Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten
winnbeteiligung des Vermieters, Verpächters oder Patentinhabers in Ergänzung oder an Stelle fester Miet- oder Pachtzinsen oder Lizenzgebühren gewährt wird.
8.48
Für die rechtliche Abgrenzung und Beurteilung1 gilt dasselbe wie für die anderen partiarischen Verträge. Nicht jede Gebrauchsüberlassung gegen Gewinnbeteiligung führt zu einer stillen Gesellschaft. Entscheidend ist auch hier die Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes. Ein Indiz dafür ist eine erhebliche Gewinnbeteiligung, verbunden mit der Tatsache, dass das Rechtsverhältnis auf beiden Seiten für längere Zeit verbindlich ist. Der Umstand, dass der den Gebrauch Überlassende auch an dem Risiko der Neuinvestitionen und an dem Geschäftsrisiko in hohem Maße teilnimmt und dass ihm Kontroll-, Überwachungs- und Mitwirkungsrechte zustehen, spricht für ein gesellschaftliches Verhältnis und gegen die Annahme eines mit Gewinnbeteiligung ausgestatteten Miet- oder Pachtvertrags. Dasselbe gilt für mit Gewinnbeteiligung ausgestattete Verlagsverträge.
8.49
Allerdings hat der BFH2 im Falle einer Betriebsüberlassung durch eine Mutter an ihren Sohn Kontrollbefugnisse für unbeachtlich angesehen und das Vorliegen eines Pachtvertrags bejaht. Das FG Schleswig-Holstein3 stellte bei der Bejahung einer stillen Gesellschaft darauf ab, dass nicht nur eine zeitlich begrenzte Nutzungsüberlassung vorlag.
V. Kommissionsgeschäft
8.50
Gemäß § 383 Abs. 1 HGB ist Kommissionär, wer es gewerbsmäßig übernimmt, Waren oder Wertpapiere für Rechnung eines anderen – des Kommittenten – im eigenen Namen zu kaufen oder zu verkaufen. Die wesentliche Voraussetzung, die das Kommissionsgeschäft kennzeichnet, ist die Übernahme eines Geschäftsabschlusses im Namen des Kommissionärs für Rechnung des Kommittenten.
8.51
Soweit der Kommissionär im eigenen Namen handelt, gleicht seine Rechtsstellung der des Inhabers eines Handelsgeschäfts. Anders als dieser wird jedoch der Kommissionär stets für Rechnung des Kommittenten tätig, wohingegen der Inhaber des Handelsgeschäfts zur Verwirklichung des gemeinschaftlichen Zwecks für gemeinschaftliche Rechnung tätig wird. Die Interessenlage ist beim Kommissionsgeschäft eine andere als bei der stillen Gesellschaft. Das eigene Interesse des Kommissionärs beschränkt sich auf den Erwerb seines Provisionsanspruchs. Im Übrigen handelt er im Interesse des Kommittenten, der letztlich den Abschluss mit dem Dritten erstrebt und als der wirkliche Geschäftsherr kaufen oder verkaufen und den Preis zahlen oder empfangen will. Insoweit handelt der Kommissionär im fremden Interesse. Was er von dem Dritten erwirbt, kommt wirtschaftlich dem Kommittenten zu. Die praktische 1 Vgl. dazu auch Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 73 Rn. 16 ff. 2 BFH v. 5. 6. 1964 – IV 213/60, BStBl. III 1965, 49. 3 FG Schleswig-Holstein v. 24. 10. 1963 – IV 80-82/62, EFG 1964, 273.
150
Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten
§8
Bedeutung des Kommissionsgeschäfts liegt darin, dass der Kommissionär als mittelbarer Stellvertreter seinen eigenen Namen und seinen Kredit für den Kommittenten einsetzt. Bei der stillen Gesellschaft dagegen wird der Geschäftsinhaber nicht nur im Interesse des stillen Gesellschafters, sondern im beiderseitigen Interesse auf gemeinschaftliche Rechnung tätig, wobei die Beteiligten in gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit einen gemeinsamen Zweck zu erreichen versuchen.
VI. Stille Gesellschaft und Treuhand Nach der Rechtsprechung schließen sich stille Gesellschaft und Treuhand gegenseitig aus1. Wesentliches Merkmal der Treuhand ist das Handeln des Treuhänders im Interesse und für Rechnung des Treugebers. Dagegen wird der Geschäftsinhaber der stillen Gesellschaft zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks für gemeinschaftliche Rechnung tätig.
8.52
Die Bezeichnung des jeweils zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts als Gesellschaftsvertrag oder Treuhandabrede hat bei der Abgrenzung lediglich indizielle Bedeutung. Maßgeblich ist der materielle Gehalt. Wichtigstes Abgrenzungskriterium ist dabei die Dispositionsbefugnis. Obwohl dem Stillen Informations-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte zustehen können, verbleibt dem Geschäftsinhaber ein großer kaufmännischer Handlungsspielraum. Demgegenüber ist der Treuhänder an die konkreten Weisungen des Treugebers gebunden. Dieser übt die tatsächliche Sachherrschaft über das Treuhandvermögen aus. Der Treugeber kann jederzeit Herausgabe seines Vermögens verlangen. Die stille Gesellschaft ist hingegen als Dauerschuldverhältnis mit mitgliedschaftsrechtlichem Einschlag ausgestaltet, wobei jedoch auch eine kurzfristige Kündigungsmöglichkeit vereinbart werden kann. Im Gegensatz zur Gewinnbeteiligung und Risikogemeinschaft bei der stillen Gesellschaft trägt der Treuhänder das Verlustrisiko allein, stehen ihm demgegenüber aber auch etwaige Gewinne zu. Die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung des Treuhänders ist möglich2.
VII. Zusammenfassung Abzugrenzen von der stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB sind zunächst die anderen Formen einer internen Unternehmensbeteiligung wie die stille Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, die Vornahme von Geschäften für gemeinsame Rechnung und die Unterbeteiligung am Gesellschaftsanteil des Gesellschafters einer Handelsgesellschaft oder eines stillen Gesellschafters. Von den handelsrechtlichen Personengesellschaften unterscheidet sich die stille Gesellschaft, die keine Handelsgesellschaft ist, dadurch, dass ihre Wirkungen sich auf das Innenverhältnis der Beteiligten zueinander beschränken 1 Vgl. BFH v. 10. 7. 2001 – VIII R 35/00, BStBl. II 2001, 646. 2 Vgl. BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755; Dötsch, DStZ 1997, 837.
151
8.53
§8
Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten
und dass es – auch bei atypischer Ausgestaltung – an einem gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen, an dem der stille Gesellschafter dinglich mitberechtigt ist, fehlt. Hierdurch unterscheidet sich der stille Gesellschafter trotz äußerlicher Ähnlichkeit der Rechtsstellung vom Kommanditisten. Von der stillen Beteiligung scharf zu trennen sind wegen der andersartigen Rechtsfolgen die partiarischen Verträge, bei denen der eine Vertragspartner als Entgelt für die von ihm erbrachten Leistungen am Gewinn des anderen beteiligt wird. Die Abgrenzung gegenüber der stillen Gesellschaft ist in der Praxis oft schwierig. Allgemein gültige Regeln lassen sich nicht aufstellen. Es kommt stets auf die Vertragsgestaltung und auf das Gesamtbild aller Umstände im Einzelfall an. Entscheidend für die Annahme einer stillen Gesellschaft ist der animus contrahendae societatis, d.h. der Wille der Beteiligten, zur Verwirklichung eines gemeinschaftlichen Zwecks zusammenzuwirken. Wichtige Anhaltspunkte für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft sind die dem Vertragspartner eingeräumten Kontroll- und Mitwirkungsrechte, die Dauer des Vertragsverhältnisses, die Höhe der Gewinn- und Verlustbeteiligung und die Risikobereitschaft des Geldgebers, die Unübertragbarkeit bzw. bei Dienstleistungen die Vererblichkeit der Beteiligung, die Einschränkung der Möglichkeiten zur Kündigung oder Anteilsübertragung sowie die Stellung der Gesellschafter zueinander (Gleichordnung oder Über- und Unterordnung). Vom Kommissionsgeschäft unterscheidet sich die stille Gesellschaft durch die völlig andere Interessenlage. Der Inhaber des Handelsgeschäfts wird zwar ebenso wie der Kommissionär nach außen hin im eigenen Namen tätig. Er handelt aber nicht auf fremde Rechnung, sondern in Verfolgung des gemeinsamen gesellschaftlichen Zwecks auf gemeinschaftliche Rechnung. Das Rechtsverhältnis zwischen dem schuldrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligten Stillen und dem Geschäftsinhaber ist schließlich weder ein reines Treuhandverhältnis noch ein bloßer Gewinnabführungsvertrag.
152
§ 9 Errichtung der stillen Gesellschaft Schrifttum: Beuthien, Volker, Die atypische stille Gesellschaft – Ein Weg zu mehr Eigenkapital für eingetragene Genossenschaften?, NZG 2003, 849; Beyer-Petz, Ines, Der stille Gesellschafter in der Steuerberatungsgesellschaft, DStR 2008, 73; Boos, Karl-Heinz/Fischer, Reinfried/Schulte-Mattler, Hermann, Kreditwesengesetz, Kommentar zum KWG und Ausführungsvorschriften, 3. Aufl. 2008; Bornemann, Alexander, Stille Publikumsgesellschaft im Spannungsfeld von Gesellschafts- und Bankenaufsichtsrecht, ZHR 166 (2002), 211; Brox, Hans, Die unentgeltliche Aufnahme von Kindern in eine FamilienPersonengesellschaft, in Festschrift für Bosch, 1976, S. 75 ff.; Buchwald, Friedrich, Die geschenkte Aufnahme in eine Personengesellschaft, GmbHR 1953, 81; Demgensky, Sascha/Erm, Andreas, Der Begriff der Einlagen nach der 6. KWG-Novelle, WM 2001, 1445; Emmerich, Volker/Habersack, Mathias, Konzernrecht, 9. Aufl. 2008; Enneccerus, Ludwig/Lehmann, Heinrich, Recht der Schuldverhältnisse, 15. Aufl. 1958; Feuerich, Wilhelm E./Weyland, Dag, Bundesrechtsanwaltsordnung, 7. Aufl. 2008; Fichtelmann, Helmar, Stille Gesellschaft mit (minderjährigen) Kindern, EStB 2000, 202; Fischer, Robert, Fragen aus dem Recht der stillen Gesellschaft, JR 1962, 201; Florstedt, Tim, Der „stille Verband“, 2007; Fromm, Rüdiger, Einbeziehung einer stillen Beteiligung, insbesondere im Familienunternehmen, StBp. 1977, 251; Gastmann, Günter, Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung bei stiller Beteiligung eines Minderjährigen am Gewerbebetrieb seines Vaters, StBp 1969, 255; Gernhuber, Joachim/Coester-Waltjen, Dagmar, Lehrbuch des Familienrechts, 5. Aufl. 2006; Godin, Reinhard Freiherr von, Die unentgeltliche Aufnahme eines Innengesellschafters, JR 1953, 171; Hoffmann, Günther F., Der Minderjährige als Gesellschafter, in Recht und Besteuerung der Familienunternehmen, Aktuelle Referate der Arbeitstagung Familienunternehmen am 27. 9. 1969 in Wiesbaden; Hueck, Alfred, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 4. Aufl. 1971; Hueck, Alfred, Die stille Beteiligung bei Handelsgesellschaften, in Festschrift für H. Lehmann, 1937, S. 239 ff.; Hundertmark, Dedo, Gründung einer so genannten Innengesellschaft mit Minderjährigen, BB 1970, 165; Klamroth, Sabine, Zur Anerkennung von Verträgen zwischen Eltern und minderjährigen Kindern, BB 1975, 525; Knopp, Werner, Gründung stiller Gesellschaften bei Beteiligung Minderjähriger, NJW 1962, 2181; Kropff, Bruno, Textausgabe des Aktiengesetzes, 1965; Larenz, Karl, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. II, Besonderer Teil, Teilband 2, 13. Aufl. 1994; Lehmann, Heinrich/Dietz, Rolf, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. 1970; Nagel, Manfred, Familiengesellschaft und elterliche Gewalt, 1968; Natschke, Thomas, Die stille Gesellschaft als Gestaltungsinstrument, StB 1998, 181; Petzoldt, Rolf, Die stille Gesellschaft, NWB Fach 18, S. 2975; Rosenau, Heinz, Beteiligung Minderjähriger an gesellschaftsrechtlichen Unternehmensformen, BB 1965, 1393; Rosenau, Heinz, Die Gründung einer stillen Gesellschaft mit Minderjährigen, BB 1969, 1080; Schmidt, Harry, Stille Gesellschaft und AGB-Gesetz, ZHR 159 (1995), 734; Schmidt, Karsten, Konzernrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen für typische stille Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, ZGR 1984, 297; Schneider, Uwe H./Reusch, Peter, Die Vertretung und die Mitwirkung der Gesellschafter bei der Gründung einer GmbH & Still, DB 1989, 713; Schubert, Claudia, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft und das Haustürwiderrufsrecht, WM 2006, 1328; Schulze-Osterloh, Joachim, Das Recht der Unternehmensverträge und die stille Beteiligung an einer Aktiengesellschaft, ZGR 1974, 427; Semler, Johannes, Vorfinanzierung zukünftigen Aktienkapitals durch stille Gesellschaften, in Festschrift für W. Werner, 1984, S. 855 ff.; Stürner, Rolf, Der lediglich rechtliche Vorteil, AcP 173 (1973), 402; Sudhoff, Heinrich, Die Beteiligung der Kinder am väterlichen Unternehmen, DB 1965, 1545; Tiedtke, Klaus, Unentgeltliche Beteiligung eines Kindes als stiller Gesellschafter, DB 1977, 1064; Tiedtke, Klaus, Zur steuerlichen Anerkennung von stillen Beteiligungen minderjähriger Kinder, FR 1980,
153
§9
Errichtung der stillen Gesellschaft 421; Tiedtke, Klaus, Die schenkweise Zuwendung einer stillen Beteiligung an ein minderjähriges Kind, BB 1988, 946; Ulmer, Peter/Brandner, Hans-Erich/Hensen, Horst-Dieter, AGB-Recht, 10. Aufl. 2006; Weigl, Gerald, Anwendungs- und Problemfelder der stillen Gesellschaft, DStR 1999, 1568; Wolf, Manfred/Lindacher, Walter F./Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl. 2009; Würdinger, Hans, Gesellschaften I, Recht der Personengesellschaften, 1937.
I. Errichtung durch Gesellschaftsvertrag
9.1
Da die stille Gesellschaft nicht in das Handelsregister eingetragen wird, entsteht sie mit dem Wirksamwerden des Gesellschaftsvertrags, auch wenn der stille Gesellschafter seinen Beitrag noch nicht geleistet oder der Inhaber den Betrieb seines Handelsgeschäfts noch nicht begonnen hat (Rn. 5.15). 1. Wesen des Gesellschaftsvertrags
9.2
Zur Errichtung der stillen Gesellschaft bedarf es des Abschlusses eines Gesellschaftsvertrags, durch den sich der Inhaber des Handelsgeschäfts und der stille Gesellschafter gegenseitig verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes – nämlich die Führung des Handelsgewerbes des Inhabers auf gemeinsame Rechnung – in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten (§ 705 BGB). Durch die vertragliche Grundlage unterscheidet sich die stille Gesellschaft einerseits von dem Verein und der Körperschaft, die auf einem sozialrechtlichen Gesamtakt beruhen, und andererseits von der schlichten Rechtsgemeinschaft, die keinen Vertrag, sondern die Tatsache gemeinsamen Rechtserwerbs zur Grundlage hat.
9.3
Der gemeinsame Zweck besteht in dem Streben nach Erzielung von Gewinn durch das vom Geschäftsinhaber betriebene Handelsgewerbe. Ein gemeinsamer, jedoch nicht auf Gewinnerzielung gerichteter Zweck führt ebenso wenig zu einer stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB wie ein gemeinsames Streben nach Gewinn durch den Betrieb eines Unternehmens, das kein Handelsgewerbe ist.
9.4
Verfolgt jeder Partner nur den eigenen Zweck und schließt er einen Vertrag nur, um im Austausch für die eigene Leistung eine Gegenleistung zu erhalten, ohne sich zur gemeinsamen Förderung eines den Eigeninteressen vorgehenden gemeinsamen Zwecks zu verpflichten, so liegt keine stille Gesellschaft vor.
9.5
Der Gesellschaftsvertrag bildet die Grundlage der stillen Gesellschaft. Er ist bestimmend und richtungweisend für das gesellschaftsrechtliche Verhältnis des Inhabers und des stillen Gesellschafters und enthält die Vorschriften, die dieses Verhältnis regeln. Soweit er keine Vereinbarungen über die Beziehungen der Vertragspartner zueinander enthält, greifen ergänzend die §§ 230 ff. HGB und die §§ 705 ff. BGB ein – letztere jedoch nur insoweit, als sie mit dem Wesen der stillen Gesellschaft vereinbar sind. Nicht anwendbar sind die Vorschriften, die das Außenverhältnis betreffen oder sich auf das Vorhandensein eines Gesamthandsvermögens beziehen. Da die stille Gesellschaft keine Han154
Errichtung der stillen Gesellschaft
§9
delsgesellschaft ist, kann das Recht der Handelsgesellschaften, insbesondere das der OHG und KG, nicht einmal ergänzend zur Anwendung kommen. Der Gesellschaftsvertrag ist seinem Wesen nach sowohl Schuldvertrag als auch gemeinschaftsbegründender, sozial- und personenrechtlicher Vertrag. Das ergibt sich daraus, dass er auf die Begründung eines Rechtsverhältnisses abzielt, das diese beiden Elemente umfasst. Wenn in § 705 BGB nur die schuldrechtliche Seite betont wird, so darf nicht übersehen werden, dass die Verpflichtung zur gegenseitigen Förderung eines gemeinsamen Zwecks auch den personenrechtlichen Zusammenschluss mit umfasst. Deshalb enthält der Gesellschaftsvertrag regelmäßig nicht nur Bestimmungen über die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Gesellschafter, sondern er regelt auch die Organisation, die mitgliedschaftlichen Rechte auf Mitwirkung, Aufsicht und Unterrichtung, auf Teilnahme am Gewinn und am Verlust, auf das Auseinandersetzungsguthaben sowie die Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses.
9.6
Der Gesellschaftsvertrag ist für den Geschäftsinhaber stets ein Handelsgeschäft (§ 343 Abs. 1 HGB), für den stillen Gesellschafter nur, wenn die stille Beteiligung zum Betrieb seines eigenen Handelsgewerbes gehört.
9.7
2. Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrags Der Gesellschaftsvertrag, der seine rechtliche Grundlage in § 705 BGB hat, ist ein schuldrechtlicher Vertrag, aber kein gegenseitiger Vertrag i.S. der §§ 320 ff. BGB1. Wenn § 705 BGB den Inhalt des Gesellschaftsvertrags dahin umschreibt, dass sich die Gesellschafter „gegenseitig“ verpflichten, die Erreichung des gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten, so besagt das, dass aufgrund des Gesellschaftsvertrags jeder von dem anderen bestimmte Leistungen, die als „Beiträge“ bezeichnet werden, und darüber hinaus ein Verhalten verlangen kann, das die Erreichung des gemeinsamen Zwecks fördert. Das Wort „gegenseitig“ besagt aber nicht, dass jeder für sich Leistungen des anderen zu empfangen hätte, d.h. dass die Leistung des einen die Gegenleistung für die Leistung des anderen wäre. Der Gesellschaftsvertrag ist kein Austauschvertrag. Es liegt kein Leistungsaustausch, sondern eine Leistungsvereinigung zur Erreichung des gemeinsamen Zweckes vor. Für den Austauschvertrag ist kennzeichnend, dass er erfüllt ist, wenn die gegenseitigen Leistungen erbracht sind, wohingegen die durch die Begründung einer stillen Gesellschaft geschaffene Organisation die Gesellschafter auch noch und erst recht verbindet, wenn die Beiträge geleistet sind. Was der einzelne Gesellschafter aus der Gesellschaft für sich erlangt, erlangt er nicht unmittelbar von seinem Mitgesellschafter, sondern in Gestalt seines Gewinnanteils aus dem Ertrag der gemeinsamen Tätigkeit. 1 Wie hier Würdinger, Gesellschaften I, S. 42; Keßler in Staudinger, 13. Bearb. 2003, § 705 BGB Rn. 6 ff.; Ulmer in MünchKomm.BGB, § 705 BGB Rn. 155 ff.; RG v. 5. 4. 1935 – II 327/34, RGZ 147 340 (342); RG v. 27. 9. 1938 – I 36/38, RGZ 158, 321 (326); offen gelassen: BGH v. 19. 12. 2005 – II ZR 234/04, ZIP 2006, 279.
155
9.8
§9
Errichtung der stillen Gesellschaft
9.9
Demgegenüber will die heute wohl noch überwiegende Meinung den Begriff des gegenseitigen Vertrags weiter fassen und – wenn auch mit Einschränkungen – darunter nicht nur Austauschverträge, sondern auch die Gesellschaft verstehen. Begründet wird dies damit, dass jeder seinen Beitrag nur deshalb leiste, weil sich auch die übrigen zur Leistung verpflichten. Diese Auffassung1 sieht zumindest bei der typischen stillen Gesellschaft2 die §§ 320 ff. BGB, wenn auch mit Einschränkungen, zumindest als entsprechend anwendbar an. Einschränkungen sollen vor allem gelten, wenn die Gesellschaft durch Aufnahme ihrer Tätigkeit in Vollzug gesetzt ist. Spätestens von diesem Zeitpunkt ab ist auch nach dieser Auffassung das Rücktrittsrecht der §§ 326 Abs. 5, 323 Abs. 1 BGB durch das Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde gemäß § 723 BGB zu ersetzen3. Für den Fall, dass die Erreichung des Gesellschaftszweckes unmöglich wird, gilt die Sondervorschrift des § 726 BGB. Die Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§ 320 BGB) soll zumindest dann gegeben sein, wenn die Gesellschaft nur aus zwei Gesellschaftern besteht. Gerade in diesem Falle wird man jedoch an Stelle der Leistung „Zug um Zug“ besser mit § 273 BGB zum Ziele kommen4.
9.10
Im Verzugsfalle genügen die §§ 280 Abs. 1 u. 2, 286 ff. BGB und das Kündigungsrecht gemäß § 723 BGB i.V.m. § 234 HGB. Letzteres steht jedem Gesellschafter zu, wenn dem anderen Gesellschafter die Erfüllung einer ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegenden wesentlichen Verpflichtung unmöglich war. Hat er die Unmöglichkeit zu vertreten, so hat der andere Gesellschafter nach den allgemeinen Grundsätzen des Schuldrechts einen Schadensersatzanspruch wegen Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB).
9.11
Wird dem stillen Gesellschafter die von ihm geschuldete Leistung durch Umstände, die er nicht zu vertreten hat, unmöglich, bleibt zu prüfen, ob er statt der unmöglich gewordenen Sacheinlage oder Dienstleistung zur Leistung eines entsprechenden Geldbetrags verpflichtet ist, weil er nach dem Parteiwillen einen bestimmten Vermögenswert einlegen sollte und die unmöglich gewordene Leistung nur die in erster Linie vorgesehene Beitragsform war. Dagegen würde es dem Wesen der stillen Gesellschaft als einer Gesellschaft widersprechen, im Falle des § 326 Abs. 5 i.V.m. § 323 Abs. 1 BGB auch die Leistungspflicht des anderen Gesellschafters fortfallen zu lassen, denn der nicht mehr leistungspflichtige Stille kann ein Interesse an der Aufrechterhaltung der stillen Gesellschaft haben und daher bereit sein, statt seiner unmöglich gewordenen Leistung eine andere Sach- oder Geldleistung zu erbringen, deren Annahme dem Geschäftsinhaber zuzumuten ist. Das Kündigungsrecht des § 723 BGB 1 Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, § 176 III 1; Lehmann/Dietz, Gesellschaftsrecht, S. 52 ff.; Hueck/Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 6 Rn. 3 ff.; einschränkend auch Sprau in Palandt, § 705 BGB Rn. 13. 2 Für eine Differenzierung zwischen typischer und mehrgliedriger stiller Gesellschaft K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 158. 3 RG v. 11. 2. 1913 – II 461/12, RGZ 81, 303 (305 ff.); RG v. 16. 1. 1917 – II 345/16, RGZ 89, 333 ff.; RG v. 5. 1. 1926 – II 153/24, RGZ 112, 280 (283); vgl. auch Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 70. 4 Larenz, Schuldrecht II/2, § 60 Ib m.w.N.
156
Errichtung der stillen Gesellschaft
§9
bietet dem anderen Gesellschafter in jedem Fall einen ausreichenden Schutz seiner Interessen1. 3. Abschluss des Gesellschaftsvertrags a) Zustandekommen des Gesellschaftsvertrags Für das Zustandekommen des Gesellschaftsvertrags gelten grundsätzlich die allgemeinen Regelungen der §§ 145 ff. BGB. Die Vertragsparteien sind an ihre Willenserklärungen gebunden; das gilt auch, wenn noch die Hauptversammlung der AG als Kaufmann zustimmen muss2.
9.12
Solange sich die Beteiligten nicht über alle Punkte, über die nach der Erklärung auch nur eines Partners eine Vereinbarung getroffen werden sollte, geeinigt haben, ist im Zweifel der Gesellschaftsvertrag nicht zustande gekommen (§ 154 Abs. 1 BGB). Eine Einigung nur über die wesentlichen Punkte genügt regelmäßig nicht, es sei denn, dass für die übrigen Punkte die gesetzliche Regelung vereinbart oder Feststellung durch ein Schiedsgericht, einen Dritten oder einen Gesellschafter vorgesehen ist (§§ 315 ff., 319 BGB). Allerdings ist in Anlehnung an die Lehre von der Gesellschaft auf fehlerhafter Vertragsgrundlage ein jederzeit kündbarer vorläufiger Gesellschaftsvertrag anzunehmen, wenn die Gesellschafter in Kenntnis des unvollständigen Gesellschaftsvertrags die Errichtung der Gesellschaft geplant und sich mit der Aufnahme der Tätigkeit vor einer vollständigen Vereinbarung einverstanden erklärt haben3. Selbst wenn der Stille Kaufmann ist, ist die stille Gesellschaft keine Handelsgesellschaft. Bei fehlerhafter Vertragsgrundlage muss auch in diesem Fall nur nach § 723 Abs. 3 BGB gekündigt werden. Es bedarf keiner Auflösungsklage gemäß § 133 HGB. Liegt ein versteckter Einigungsmangel vor, so gilt gemäß § 155 BGB das Vereinbarte, sofern anzunehmen ist, dass der Vertrag auch ohne eine Bestimmung über den Punkt, über den in Wirklichkeit keine Einigung besteht, geschlossen sein würde. Das wird regelmäßig angenommen werden können, wenn die Beteiligten den gemeinsamen Zweck in der vorgesehenen Weise verfolgen. Die tatsächliche Handhabung und Durchführung des Vertrags müssen in derartigen Fällen als Vereinbarung dahingehend ausgelegt werden, dass nach ihrem Willen der Vertrag im übrigen Gültigkeit haben soll.
9.13
b) Der Vertragsschluss durch Vertreter Der Prokurist kann im Rahmen seiner Vertretungsbefugnis (§ 49 HGB) einen stillen Gesellschafter aufnehmen oder für die von ihm vertretene Firma eine stille Beteiligung eingehen. Die Grenzen der Befugnisse des Prokuristen liegen dort, wo durch den Vertragsabschluss die rechtliche Organisation des eigenen 1 Hierzu Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 71 m.w.N. 2 OLG Braunschweig v. 3. 9. 2003 – 3 U 140/02, ZIP 2003, 1793 (1795). 3 Vgl. dazu allg. BGH v. 28. 11. 1953 – II ZR 188/52, BGHZ 11, 190 (192); vgl. dazu auch Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rn. 3.
157
9.14
§9
Errichtung der stillen Gesellschaft
Handelsgeschäfts tief greifende Änderungen erfahren würde. Das kann bei der Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters der Fall sein, dem aufgrund des Gesellschaftsvertrags Einfluss auf die Geschäftsführung des Unternehmens zustehen soll. Hierin könnte eine so wesentliche Veränderung der rechtlichen Grundlagen des Handelsgeschäfts liegen, dass für sie die Vertretungsmacht des Prokuristen nicht ausreicht1.
9.15
Dem Handlungsbevollmächtigten steht die Aufnahme eines stillen Gesellschafters nicht zu. Seine Vollmacht erstreckt sich nur auf Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb des Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt (§ 54 Abs. 1 HGB). Der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags gehört jedoch zu den ungewöhnlichen Geschäften, zu deren Vornahme er einer besonderen Vollmacht bedarf.
9.16
Auch Testamentsvollstrecker, Nachlasspfleger und Insolvenzverwalter können in dieser ihrer besonderen Eigenschaft mit Wirkung für die von ihnen vertretenen Personen keine stillen Gesellschaftsverträge abschließen.
9.17
Die Liquidatoren einer Handelsgesellschaft können keinen stillen Gesellschafter aufnehmen. Darin würde eine Wiederaufnahme der produktiven Tätigkeit der Handelsgesellschaft zu sehen sein (siehe Rn. 5.30 f.). c) Wirksamwerden des Gesellschaftsvertrags
9.18
Der Inhalt eines erst künftig abzuschließenden Gesellschaftsvertrags kann in einem Vorvertrag, für dessen Formbedürftigkeit die gleichen Vorschriften wie für den Gesellschaftsvertrag selbst gelten, festgelegt werden. Er gibt den Beteiligten einen klagbaren Anspruch auf Abschluss des Gesellschaftsvertrags.
9.19
Der Gesellschaftsvertrag selbst kann ferner unter einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung abgeschlossen werden. Von der ersten Möglichkeit wird häufig Gebrauch gemacht, wenn der persönlich haftende Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft zugunsten seiner Kinder eine stille Beteiligung eingeht, die mit seinem Tode wirksam werden soll, wobei als Einlage der künftigen stillen Gesellschafter das gelten soll, was dem Ausgeschiedenen als Abfindung zugekommen wäre.
9.20
Vereinbarungen mit dem Inhalt, dass der Gesellschaftsvertrag rückwirkend ab einem bestimmten, in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt Gültigkeit haben soll, sind handelsrechtlich zulässig. Steuerlich werden sie jedoch nicht anerkannt (Rn. 20.14).
9.21
Das Wirksamwerden des Gesellschaftsvertrags kann schließlich durch Willensmängel vereitelt werden. Ist die Beitrittserklärung eines Gesellschafters wegen Geschäftsunfähigkeit oder aus einem anderen Grunde (§§ 116 bis 118 BGB) nichtig, so hat das regelmäßig die Fehlerhaftigkeit des Gesellschaftsver1 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 89; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 118.
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§9
trags zur Folge. Es greifen dann die von der Rechtsprechung und Lehre entwickelten Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft ein (Rn. 11.2 ff.). d) Form des Gesellschaftsvertrags Für den Abschluss des Gesellschaftsvertrags ist regelmäßig eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben. Er kann daher auch stillschweigend durch schlüssiges Handeln zustande kommen1. Es empfiehlt sich jedoch in jedem Falle, ihn zumindest privatschriftlich abzufassen, einmal aus Gründen der Beweissicherung, zum anderen, um von vornherein Meinungsverschiedenheiten über seinen Inhalt soweit wie nur irgend möglich auszuschließen.
9.22
Der Einhaltung der Form bedarf es ausnahmsweise dann, wenn dies aufgrund anderer Vorschriften erforderlich ist. Verpflichtet sich z.B. der stille Gesellschafter zur Einbringung eines Grundstücks, auch wenn es erst noch erworben werden soll, oder verpflichtet sich der Geschäftsinhaber zur Rückgewähr eines solchen nach Auflösung der stillen Gesellschaft oder zur Einräumung eines Grundpfandrechts zur Sicherung der Einlage des stillen Gesellschafters, so bedarf der Vertrag der notariellen Beurkundung (§§ 311b Abs. 1, 873 Abs. 2 BGB). Die Einhaltung der gleichen Form ist erforderlich, wenn der Gesellschaftsvertrag die schuldrechtliche Verpflichtung zur Veräußerung von Grundstücken enthält. Sind der Inhaber und der stille Gesellschafter Miteigentümer eines zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücks und soll für den Fall der Auflösung der Gesellschaft der Anteil des einen an den das Handelsgeschäft weiterführenden Gesellschafter übertragen werden, so ist auch hier die Formvorschrift des § 311b Abs. 1 BGB zu beachten. Der Formmangel wird geheilt, wenn die in den Formvorschriften vorgesehenen Handlungen vorgenommen werden (§ 311b Abs. 1 Satz 2 BGB).
9.23
Die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags ist weiterhin notwendig, wenn sich der stille Gesellschafter zur Einbringung seines gegenwärtigen Vermögens oder eines Bruchteils seines gegenwärtigen Vermögens (§ 311b Abs. 3 BGB) oder zur Abtretung eines GmbH-Anteils verpflichtet (§ 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG). Auch bei der Abtretung eines GmbH-Anteils wird der Formverstoß durch Vollzug geheilt (§ 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG)2, der aber seinerseits notarieller Form bedarf (§ 15 Abs. 3 GmbHG). Verpflichtet er sich zur Gebrauchsüberlassung oder zur Einbringung quoad sortem (siehe dazu Rn. 6.36 f.) eines in seinem Alleineigentum stehenden Grundstücks, so ist § 311b Abs. 1 BGB mangels einer Eigentumsübertragung nicht anwendbar. Etwas anderes gilt dagegen, wenn sich der stille Gesellschafter verpflichtet, das Eigentum an dem zunächst nur zur Benutzung überlassenen Grundstück auf den Inhaber zu übertragen, wenn das Geschäft eine Reihe von Jahren ohne Verlust gearbeitet hat. Hier ist § 311b Abs. 1 BGB wiederum anwendbar.
9.24
1 BayObLG v. 2. 1. 1951 – UmstBeschwReg. 12/50, OLGE 38, 195 (196) = NJW 1951, 237 (238); Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 79; Hopt in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rn. 10; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 95. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 96.
159
§9
Errichtung der stillen Gesellschaft
9.25
Der notariellen Beurkundung gemäß § 518 Abs. 1 BGB bedarf nach Meinung des BGH auch ein Vertrag, in dem der Inhaber dem stillen Gesellschafter einen Teil seines eigenen Kapitalkontos zur Bewirkung der Vermögenseinlage schenkungsweise überlässt (Rn. 6.18 f.)1. In solchen Fällen ist jedoch regelmäßig zu prüfen, ob nicht eine formlos gültige Ausstattung i.S. von § 1624 BGB vorliegt. Wenn die stille Beteiligung durch letztwillige Verfügung zugewendet wird, hat der Begünstigte nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Einräumung der stillen Beteiligung. Im Rahmen der Erfüllung dieses Anspruchs bedarf die Vermögenszuwendung grundsätzlich nur dann der Beurkundung, wenn gleichzeitig nebenher eine schenkweise Übertragung erfolgt2.
9.26
Dagegen spielt die Formbedürftigkeit des Gesellschaftsvertrags keine Rolle, soweit es sich um das Vermögen des Inhabers handelt. Auch wenn darin Grundstücke enthalten sind, bedarf es nicht der Beachtung der Formvorschrift des § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB, weil durch die Errichtung der stillen Gesellschaft die Rechtszuständigkeit des Inhabers keine Änderung erfährt, insbesondere kein Gesamthandsvermögen entsteht.
9.27
Ist die Einhaltung der Form nicht beachtet und der Formmangel nicht geheilt worden, so ist im Zweifel der ganze Gesellschaftsvertrag fehlerhaft. Bei der Wichtigkeit, die den formgeschützten Verträgen im Allgemeinen zukommt, wird man in der Regel davon ausgehen müssen, dass der Gesellschaftsvertrag ohne den nichtigen Teil nicht abgeschlossen worden wäre (§ 139 BGB). Um allen Zweifeln aus dem Wege zu gehen, empfiehlt es sich, in den Gesellschaftsvertrag eine Bestimmung des Inhalts aufzunehmen, dass seine Wirksamkeit im Übrigen nicht berührt werden soll, falls eine einzelne Bestimmung nichtig ist, dass er vielmehr ohne diese Bestimmung aufrechterhalten bleibt3. e) Geltung der §§ 305 ff. BGB (früher AGBG)4
9.28
Eine Inhaltskontrolle von Gesellschaftsverträgen durch die §§ 305 ff. BGB (früher AGBG) findet, selbst wenn Bedingungen enthalten sind, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S. des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB gelten, aufgrund der Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 BGB nicht statt5. Die Geltung des § 310 Abs. 4 BGB für die stille Gesellschaft ist jedoch umstritten. Beim Überwiegen schuldrechtlicher Elemente und gegebener Verwandtschaft zum partiarischen Darlehen wird die Anwendung des § 310 Abs. 4 BGB teilweise befürwortet6. Der Begriff „Gesellschaftsrecht“ des § 310 Abs. 4 BGB ist jedoch weit zu verstehen und daher auch auf die stille Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB anwendbar. Auch eine teleologische Reduktion der Vorschrift kommt hinsicht1 2 3 4
Vgl. OLG Düsseldorf v. 17. 12. 1998 – 6 U 193/97, NZG 1999, 652. Petzoldt, NWB Fach 18, S. 2975 (2979) m.w.N. Vgl. dazu auch Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rn. 22. Gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB ist das AGBG für Dauerschuldverhältnisse bis zum 31. 12. 2002 anzuwenden, vom 1. 1. 2003 an nur die §§ 305 ff. BGB. 5 KG v. 17. 2. 2004 – 14 U 334/02, KGR 2004, 477. 6 Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, § 305a BGB Rn. 24; Wolf/Lindacher/Pfeiffer, § 305a BGB Rn. 74; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 124.
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lich der typischen wie der atypischen stillen Gesellschaft nicht in Betracht, da es sich bei dem Gesellschaftsvertrag nicht um einen reinen Austauschvertrag handelt und die allgemeine auf § 242 BGB zu stützende Inhaltskontrolle den Stillen in hinreichendem Maße schützt1. Jedoch unterliegen die von einem Unternehmen für eine Vielzahl von Gesellschaftsverträgen mit stillen Gesellschaftern vorformulierten Vertragsbedingungen einer ähnlichen objektiven Auslegung und Inhaltskontrolle wie AGB2. Dadurch wird die Unanwendbarkeit des AGB-Rechts kompensiert3. f) Anwendbarkeit des § 312 BGB4 Unter den Voraussetzungen des § 312 BGB besteht für den stillen Gesellschafter eine Widerrufsmöglichkeit seines Gesellschaftsbeitritts nach § 355 BGB5. Für die Rückabwicklung finden die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft Anwendung6. Einzelheiten zur Anwendbarkeit der Regeln über den Widerruf von Haustürgeschäften sowie zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen siehe unten § 19 „Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft“.
9.29
4. Besonderheiten des Vertragsschlusses bei einzelnen Vertragspartnern a) Gesellschaftsverträge mit mehreren Personen Bei der stillen Gesellschaft stehen sich regelmäßig zwei Vertragspartner gegenüber: Der Inhaber des Handelsgeschäfts auf der einen und der stille Gesellschafter auf der anderen Seite. Auf diese Weise ist auch die Beteiligung mehrerer Stiller in der Form mehrerer zweigliedriger Gesellschaftsverhältnisse ohne gesellschaftsrechtliches Sonderverhältnis zwischen den einzelnen Stillen durchführbar.
9.30
Daneben ist aber auch die Möglichkeit gegeben, mehrere Personen durch einen einzigen Gesellschaftsvertrag koordiniert und verbunden durch ein einigendes gesellschaftsrechtliches Band an dem Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers zu beteiligen (mehrgliedrige stille Gesellschaft mit Verbandscharakter)7. Die Aufnahme weiterer stiller Gesellschafter erfolgt in diesem Fall nach personengesellschaftlichen Regeln durch Vertrag mit dem Geschäftsinhaber
9.31
1 BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 32/94, ZIP 1994, 1847 (1849); OLG Hamburg v. 22. 12. 1993 – 5 U 149/93, WM 1994, 499; OLG Koblenz v. 14. 1. 1982 – 2 HO 207/81, ZIP 1982, 165; H. Schmidt, ZHR 159 (1995), 734 (736 f.); Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rn. 10; Goette, DStR 1995, 108; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 57. 2 BGH v. 13. 9. 2004 – II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095. 3 Teilweise ebenso K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 125. 4 Gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB sind für Dauerschuldverhältnisse bis zum 31. 12. 2002 das HTWG, vom 1. 1. 2003 an nur die §§ 312, 312a BGB anzuwenden. 5 BGH v. 29. 11. 2004 – II ZR 6/03, DB 2005, 332; KG v. 17. 2. 2004 – 14 U 334/02, KGR 2004, 477. 6 Anders OLG Jena v. 26. 2. 2003 – 4 U 786/02, ZIP 2003, 1444 (1446 ff.). 7 Vgl. dazu K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 83 f.
161
§9
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und allen anderen Stillen. Eine Bevollmächtigung des Geschäftsinhabers bzw. seiner Organe zum Abschluss von Aufnahmeverträgen ist jedoch möglich1 (weitere Einzelheiten unter § 19 „Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft“)2. b) Gesellschaftsverträge mit Geschäftsunfähigen, Minderjährigen oder Betreuten aa) Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters
9.32
Ist einer der Vertragspartner geschäftsunfähig, so muss für ihn der gesetzliche Vertreter den Gesellschaftsvertrag abschließen. Kinder unter sieben Jahren müssen somit beim Vertragsschluss von ihren Eltern vertreten werden (§§ 104 Nr. 1, 105 Abs. 1, 1626 Abs. 1, 1629 Abs. 1, 2 BGB).
9.33
Minderjährige über sieben Jahre können den Gesellschaftsvertrag aufgrund ihrer beschränkten Geschäftsfähigkeit zwar selbst abschließen, bedürfen hierfür aber grundsätzlich der Einwilligung oder Genehmigung ihres gesetzlichen Vertreters (§§ 106, 107, 108 Abs. 1 BGB).
9.34
Umstritten ist, ob die stille Beteiligung dem Minderjährigen dann lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt und damit einer Zustimmung nicht bedarf, wenn ihm die stille Beteiligung durch Einbuchung oder die Einlageleistung geschenkt wird, dem Minderjährigen hieraus auch keine weiteren Verpflichtungen erwachsen und er am Verlust keinen Anteil hat. Die Rechtsprechung hat sich unter Hinweis auf die zumeist langfristige Bindung der Einlage des Minderjährigen auch in diesen Fällen für eine Zustimmungsbedürftigkeit ausgesprochen3. Die h.L. ist dem entgegengetreten4. Dabei ist zwar richtig, dass sowohl Rechte als auch Pflichten in einer Innengesellschaft wie der Stillen Gesellschaft gerade für den stillen Gesellschafter einen anderen Charakter haben als bei einem Mitglied einer Außengesellschaft und insbesondere die Pflichtengebundenheit durch den Verlustausschluss stark reduziert wird. Dennoch bleibt eine rechtliche Bindung des Unterbeteiligten aus dem Gesellschaftsvertrag erhalten. Diese Mitgliedschaftspflichten reichen aus, um ein nicht lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft annehmen zu können.
9.35
Hat der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts einen Minderjährigen zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts ermächtigt, so ist dieser für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Das kann auch die Aufnah-
1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 84 a.E. 2 Zum Ganzen Florstedt, Der „stille Verband“, S. 30 ff.; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 80 ff. 3 BFH v. 28. 11. 1973 – I R 101/72, BStBl. II 1974, 289 (290); OLG Hamm v. 22. 1. 1974 – 15 W 36/73, OLGZ 1974, 158 (162). 4 Klamroth, BB 1975, 526; Tiedtke, DB 1977, 1065; Stürner, AcP 173 (1973), 402 (436); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 105; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 63.
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me eines stillen Gesellschafters oder die Beteiligung als stiller Gesellschafter sein, es sei denn, dass dazu der gesetzliche Vertreter der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf (§ 112 Abs. 1 Satz 2 BGB; dazu sogleich unter Rn. 9.40 ff.). Hat der gesetzliche Vertreter einen Minderjährigen ermächtigt, in Dienst oder in Arbeit zu treten, so ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche die Eingehung oder Aufhebung eines Dienstoder Arbeitsverhältnisses der gestatteten Art oder die Erfüllung der sich aus einem solchen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen betreffen. Ausgenommen sind Verträge, zu denen der gesetzliche Vertreter der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf (§ 113 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die für einen einzelnen Fall erteilte Ermächtigung gilt im Zweifel als allgemeine Ermächtigung zur Eingehung von Verhältnissen derselben Art (§ 113 Abs. 4 BGB). Im Rahmen dieser Vorschrift kann der Minderjährige auch ein partiarisches Dienstverhältnis (Rn. 8.37 ff.) eingehen. Ob er auch eine stille Gesellschaft begründen kann, in die er seine Arbeitskraft einbringt, lässt sich allgemein nicht sagen. Es kommt hier auf die Verhältnisse im Einzelfall an. Wenn seine Verlustbeteiligung ausgeschlossen ist und ihm durch den Gesellschaftsvertrag keine besonderen Pflichten, insbesondere zur Geschäftsführung, auferlegt werden, bestehen keine rechtlichen Bedenken, die Frage zu bejahen.
9.36
Sofern für den grundsätzlich voll geschäftsfähigen Betreuten ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden ist (§ 1903 BGB), findet das Minderjährigenrecht mit Ausnahme der in § 107 BGB getroffenen Einschränkung hinsichtlich der lediglich vorteilhaften Geschäfte entsprechende Anwendung. Auf die Ausführungen unter Rn. 9.34 kann mithin verwiesen werden.
9.37
bb) Bestellung eines Ergänzungspflegers Ist ein gesetzlicher Vertreter, der am Vertragsschluss mitwirken muss, der Partner des Gesellschaftsvertrags oder dessen Vertreter, so ist das Verbot des Insichgeschäfts nach § 181 BGB zu beachten. Familienrechtliche Vertretungsverbote ergeben sich zudem aufgrund der §§ 1629 Abs. 2 und 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB, wenn der Gesellschaftsvertrag mit dem Ehegatten oder einem in gerader Linie Verwandten des gesetzlichen Vertreters abgeschlossen wird. Die Gründung einer typischen stillen Gesellschaft zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern bedarf daher der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers. Die Eltern sind insoweit von der Vertretung ihrer Kinder ausgeschlossen. Der Abschluss eines Gesellschaftsvertrags zwischen einem Elternteil und seinen noch minderjährigen Kindern ist grundsätzlich kein Rechtsgeschäft, das den Kindern lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Auch bei der Gründung einer typischen stillen Gesellschaft – selbst unter Ausschluss der Beteiligung der Kinder am Verlust – bleibt die Tatsache bestehen, dass die Kinder verpflichtet sind, die schenkweise überlassenen Beträge als Einlage so zu leisten, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes übergehen. Damit sind die schenkweise überlassenen Beträge dem wirtschaftlichen Schicksal des Unternehmens wieder verbunden. Der Abschluss eines solchen Vertrags 163
9.38
§9
Errichtung der stillen Gesellschaft
begründet für die Kinder die Verpflichtung zur Leistung einer Einlage in das Unternehmen des Elternteils, bringt ihnen also nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil. Das gilt auch dann, wenn etwa der Vater ihnen die zur Leistung ihrer Einlagen erforderlichen Mittel selbst schenkt. Deshalb ist die Zuziehung eines für jedes der Kinder besonders zu bestellenden Ergänzungspflegers sowohl für den Abschluss als auch für die Änderungen des Gesellschaftsvertrags (§ 1909 BGB) geboten, da andernfalls der Vertrag infolge Verstoßes gegen das Verbot des § 181 BGB rechtsunwirksam wäre1.
9.39
Dies gilt nach der hier vertretenen Ansicht, nach der jeder Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrages genehmigungsbedürftig (§ 107 BGB) ist, auch dann, wenn die stille Beteiligung schenkweise eingeräumt wird und die Einlage des Kindes dadurch erbracht wird, dass der Geschäftsinhaber sie von seinem Kapitalkonto abbucht und das Kind nicht am Verlust beteiligt ist2. cc) Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
9.40
Der gesetzliche Vertreter des Geschäftsinhabers bedarf zur Aufnahme eines stillen Gesellschafters regelmäßig nicht der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung.
9.41
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn es sich um einen Vertrag, der auf den entgeltlichen Erwerb oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist, oder um einen Gesellschaftsvertrag handelt, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird (§§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 3 BGB). Unter welchen Voraussetzungen auf der Seite des Geschäftsinhabers ein Gesellschaftsvertrag zum Betrieb eines Handelsgewerbes i.S. des § 1822 Nr. 3 BGB vorliegt, ist im Einzelnen zweifelhaft.
9.42
Der Vertrag über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft als solcher ist nicht auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gerichtet. Der Geschäftsbetrieb ist hier lediglich Voraussetzung und Mittel zur Erreichung des gemeinschaftlichen Zwecks, und zwar als Beitrag des Geschäftsinhabers, im Gegensatz zum Beitrag des stillen Gesellschafters, der in der Regel in seiner Vermögenseinlage besteht3. Die Erwägung, dass der Kaufmann nach Einge-
1 BFH v. 28. 11. 1973 – I R 101/72, BFHE 111, 85 = BStBl. II 1974, 289; BFH v. 9. 7. 1987 – IV R 95/85, FR 1987, 623 (624) 289; BFH v. 9. 7. 1987 – IV R 95/85, BStBl. II 1988, 247; Groh, BB 1987, 1505 (1507); a.A. Tiedtke, BB 1988, 946 (948) mit dem Argument, in der Sache liege eine Schenkung einer stillen Beteiligung als solcher vor, worin lediglich ein rechtlicher Vorteil zu sehen sei, § 181 BGB finde daher keine Anwendung. 2 Vgl. BFH v. 27. 1. 1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635 unter Bezugnahme auf BFH v. 19. 12. 1979 – I R 176/77, BB 1980, 762. Vertritt man dagegen die Auffassung, bei Ausschluss der Verlustteilnahme handele es sich bei der Einräumung einer stillen Gesellschaft um ein rechtlich lediglich vorteilhaftes Geschäft, so braucht für diesen Fall kein Ergänzungspfleger bestellt zu werden, vgl. z.B. Tiedtke, DB 1977, 1064. 3 Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 35, 38; Fischer, JR 1962, 202; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 108; a.A. Koenigs, Die stille Gesellschaft,
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hung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses nicht mehr frei ist hinsichtlich der Entscheidungen über Fortführung, Einstellung oder Veräußerung des Unternehmens1, ändert hieran als bloß mittelbare Konsequenz des Gesellschaftsverhältnisses nichts. Fraglich ist allerdings, ob dies nach dem Schutzgedanken, der dem § 1822 Nr. 3 BGB zugrunde liegt, auch für atypische stille Beteiligungen gelten kann2. Hier ist zu differenzieren. Bei der atypischen stillen Gesellschaft, bei welcher der stille Gesellschafter schuldrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligt ist, bedarf es ebenfalls keiner vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung gemäß § 1822 Nr. 3 BGB3. Etwas anderes muss aber für die atypische stille Gesellschaft gelten, bei der der stille Gesellschafter Aufgaben der Geschäftsführung wahrnimmt, da hier dem Geschäftsinhaber weitgehend die Herrschaft über sein Unternehmen entzogen werden kann.
9.43
Gehören Grundstücke zum Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers, kommen die §§ 1643 Abs. 1, 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht zur Anwendung, weil durch die Begründung der stillen Gesellschaftsverhältnisse keine Änderung in den Eigentumsverhältnissen des Inhabers eintritt. Dagegen kann der Gesellschaftsvertrag nur mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung abgeschlossen werden, wenn darin die Verpflichtung zur Verfügung über ein Grundstück oder über ein Recht an einem Grundstück (§ 1821 Abs. 1 Nr. 4 BGB) eingegangen wird oder wenn der Vertrag auf den entgeltlichen Erwerb eines Grundstücks, eines eingetragenen Schiffs oder Schiffsbauwerks oder eines Rechts an einem Grundstück gerichtet ist (§ 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB).
9.44
Die Frage, ob der gesetzliche Vertreter des stillen Gesellschafters zum Abschluss des Gesellschaftsvertrags der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nach den §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 3 BGB bedarf, ist umstritten. Mit der Begründung, der stille Gesellschafter werde nicht Mitinhaber und es liege nur ein Akt der Vermögensanlage vor, verneint ein Teil der Literatur das Erfordernis der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung4. Andere dagegen bejahen
9.45
1 2
3 4
S. 83 ff.; Saenger, Die stille Gesellschaft, S. 147 ff.; Zimmermann in Soergel, 13. Aufl. 2000, § 1822 BGB Rn. 27; Knopp, NJW 1962, 2181 (2185). Vgl. Knopp, NJW 1962, 2181 (2185). Nagel, Familiengesellschaft und elterliche Gewalt, S. 75 ff., lehnt jede teleologische Auslegung des § 1822 Nr. 3 BGB und jede Anwendung auf stille Gesellschaftsverhältnisse ab; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 108 will dagegen § 1822 Nr. 3 BGB bereits anwenden, sobald der stille Gesellschafter Kommanditistenrechte erhält. Danach würde eine schuldrechtliche Beteiligung des stillen Gesellschafters aus Gesellschaftsvermögen für die Anwendung des § 1822 Nr. 3 BGB regelmäßig ausreichen. A.A. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 108. Nagel, Familiengesellschaft und elterliche Gewalt, S. 73 ff.; Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 36 ff.; Gernhuber/Coester-Waltjen, Lehrbuch des Familienrechts, § 60 Rn. 110; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 92, für die typische stille Gesellschaft; Fischer, JR 1962, 202; Rosenau, BB 1965, 1393.
165
§9
Errichtung der stillen Gesellschaft
eine generelle Genehmigungsbedürftigkeit, da die konkreten Risiken der jeweiligen Beteiligung vom Vormundschaftsgericht zu überprüfen seien1.
9.46
Vorzug verdient eine teleologische, auf den gesetzlichen Schutzzweck und das Schutzbedürfnis des stillen Gesellschafters abstellende Betrachtungsweise, die im Einzelnen zu differenzierenden Ergebnissen führt: Eine atypische stille Gesellschaft mit schuldrechtlicher Beteiligung am Geschäftsvermögen, mit Geschäftsführungsbefugnissen sowie Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters, stellt für diesen einen Gesellschaftsvertrag zum Betrieb eines Handelsgewerbes gemäß § 1822 Nr. 3 BGB dar2. Dasselbe muss auch für die typische stille Beteiligung gelten, wenn der stille Gesellschafter am Verlust beteiligt ist3. Hat dagegen der stille Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag nur eine einmalige Kapitaleinlage zu zahlen, ohne am Verlust, am Geschäftsvermögen oder an der Geschäftsführung beteiligt zu sein, so bedarf der Vertragsabschluss nicht der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung i.S. der §§ 1643, 1822 Nr. 3 BGB4. Die Genehmigungspflicht des § 1822 Nr. 3 BGB ist im Interesse und zum Schutz des Vertretenen für die Fälle geschaffen, in denen dem Minderjährigen aus der Beteiligung an einem Erwerbsgeschäft und aus dem Abschluss eines Gesellschaftsvertrags, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird, Schulden oder Nachteile drohen. Das ist aber nicht zu befürchten, wenn der Minderjährige nur eine einmalige Kapitaleinlage leistet und darüber hinaus weder am Risiko noch am Verlust des Betriebs beteiligt ist. Gegen diese Auffassung wird eingewandt, dass sie zu Rechtsunsicherheit führe, da die Beteiligten bei der Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten nicht mit hinreichender Sicherheit das Vorliegen der oben genannten Kriterien beurteilen könnten. Somit könne auch nicht die Notwendigkeit einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung und damit die Wirksamkeit der Vereinbarung selbst abgeschätzt werden. Daher soll eine generelle, von der Selbsteinschätzung der Beteiligten unabhängige vormundschaftsgerichtliche Prüfung des Gesellschaftsvertrags erforderlich sein5. Dagegen ist jedoch einzuwenden, dass es keine Anhaltspunkte für eine fehlende Eindeutigkeit oder Bestimmtheit der genannten Kriterien gibt. Eine Prüfung der Genehmigungs1 LG München II v. 6. 11. 1998 – 1 O 4221/98, NJW-RR 1999, 1018; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 64 f.; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 82 f.; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 34; Zimmermann in Soergel, 5. Aufl. 2008, § 1822 BGB Rn. 27; Wagenitz in MünchKomm.BGB, 5. Aufl. 2008, § 1822 BGB Rn. 26. 2 Vgl. Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 93; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 62, 134; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 105. 3 LG Bielefeld v. 25. 10. 1968 – 3a T 193/68, NJW 1969, 753; so auch Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rn. 55. 4 BGH v. 28. 1. 1957 – III ZR 155/55, JZ 1957, 382 = FamRZ 1957, 120 = NJW 1957, 672; Fichtelmann, EStB 2000, 202 (205); Saar in Erman, § 1822 BGB Rn. 17. 5 LG München II v. 6. 11. 1998 – 1 O 4221/98, NJW-RR 1999, 1018; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 65; Wagenitz in MünchKomm.BGB, 5. Aufl. 2008, § 1822 BGB Rn. 26.
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bedürftigkeit durch die Beteiligten ist insofern auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit ausreichend. Im Übrigen würde die Attraktivität derartiger stiller Beteiligungen bei Annahme einer generellen vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungsbedürftigkeit ohne zureichenden Grund geschmälert. Jedenfalls bedarf eine lediglich rechtlich vorteilhafte stille Beteiligung (siehe Rn. 9.34), die die gesetzlichen Vertreter für den Vertretenen vereinbaren, keiner vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung1. Daneben wird der Genehmigungsvorbehalt des § 1822 Nr. 1 BGB nur ganz selten einschlägig sein. Diese Vorschrift betrifft nach Ansicht des BGH nämlich nur solche Rechtsgeschäfte, bei denen der Wille beider Vertragspartner auf eine Verpflichtung zur Verfügung über das Vermögen eines Beteiligten im Ganzen geht. Dabei genügt ein auf die Übertragung einzelner bestimmter Vermögensgegenstände gerichteter Vertrag selbst dann nicht, wenn diese Vermögensstücke tatsächlich das ganze Vermögen des Vertretenen ausmachen2.
9.47
Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung kann aber auch noch aus anderen Gründen zur Errichtung einer stillen Gesellschaft erforderlich sein (§§ 1807 ff., 1811, 1821 Abs. 1 Nr. 1–4, 1822 Nr. 5, 1643 Abs. 1 BGB).
9.48
Der vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft, an der Minderjährige oder unter Einwilligungsvorbehalt stehende Betreute beteiligt sind, kann eine stille Gesellschaft im Namen der Gesellschaft ohne vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eingehen3. Aus dem Umstand, dass an einer KG Minderjährige als Kommanditisten beteiligt sind, folgt nicht, dass der Abschluss des Gesellschaftsvertrags über eine stille Gesellschaft nach § 1822 Nr. 3 BGB der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf und mangels einer solchen Genehmigung unwirksam ist. Die Befugnis des persönlich haftenden Gesellschafters, die Gesellschaft zu vertreten, wird durch die Beteiligung eines Minderjährigen an der Gesellschaft nicht eingeschränkt4. Die Beteiligung eines Minderjährigen an einer Personenhandelsgesellschaft bewirkt nicht, dass die Rechtsgeschäfte, zu denen Minderjährige der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedürfen, auch für die Gesellschaft selbst nicht ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abgeschlossen werden können. Die vertretungsberechtigten Gesellschafter können solche Geschäfte vielmehr ohne weiteres im Namen der Gesellschaft vornehmen. Jede andere Entscheidung würde die ganze Personengesellschaft unter die Kontrolle des Vormundschaftsgerichts stellen. Das aber wäre praktisch untragbar, denn damit würde dem Vormundschaftsgericht in weitem Umfang die Entscheidung kaufmännischer Zweckmäßigkeitsfragen bei der Führung des Gesellschaftsunternehmens aufgebürdet5.
9.49
1 2 3 4 5
Vgl. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 92. Diederichsen in Palandt, § 1822 BGB Rn. 3 m.w.N. Vgl. BGH v. 29. 6. 1970 – II ZR 158/69, GmbHR 1971, 47. Vgl. BGH v. 20. 9. 1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 (30). A. Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, S. 309.
167
§9
Errichtung der stillen Gesellschaft
c) Gesellschaftsverträge mit Personengesellschaften aa) Personenhandelsgesellschaften als Geschäftsinhaber
9.50
Die Errichtung der stillen Gesellschaft ist ein Rechtsgeschäft, das die OHG oder KG als teilrechtsfähige Einheit mit dem Dritten abschließt. Der stille Gesellschafter begründet ein Gesellschaftsverhältnis nur mit dem Geschäftsinhaber, d.h. mit der offenen Handelsgesellschaft oder der Kommanditgesellschaft als in sich geschlossener Einheit und tritt nicht in die Gesamthandsgemeinschaft der Gesellschafter ein.
9.51
Die Aufnahme eines typischen stillen Gesellschafters bedeutet keine Änderung der Grundlagen der OHG oder KG1. Seit der Entscheidung des Reichsgerichts vom 8. 1. 19372 hat sich demgemäß in Rechtsprechung und Lehre die Auffassung durchgesetzt, dass ein Vertrag über die Gründung einer stillen Gesellschaft im Außenverhältnis rechtswirksam von dem oder den vertretungsberechtigten Gesellschaftern abgeschlossen werden kann und die Zustimmung der übrigen Gesellschafter hierzu nicht erforderlich ist. Zum Abschluss eines solchen Rechtsgeschäfts ist daher jeder Gesellschafter befugt, der nicht von der Vertretung ausgeschlossen ist, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag eine Gesamtvertretung vorschreibt (§§ 125, 126 HGB).
9.52
Soll der stille Gesellschafter jedoch aufgrund des Gesellschaftsvertrags Einfluss auf die Geschäftsführung haben, selbst Geschäftsführungsbefugnisse wahrnehmen, in der Gesellschafterversammlung Stimmrechte ausüben oder schuldrechtlich an der Vermögensentwicklung beteiligt werden, ist eine andere Beurteilung notwendig. In diesen Fällen der Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters reicht die Vertretungsmacht des einzelnen Gesellschafters nicht aus. Hier werden die Grundlagen der Gesellschaft als solche berührt, was einer Änderung des Gesellschaftsvertrags gleichkommt. Dazu ist der einzelne vertretungsberechtigte Gesellschafter aber nicht berechtigt (§ 126 Abs. 1 HGB). Er kann die Gesellschaft auch nicht schuldrechtlich in dieser Richtung binden3. 1 RG v. 8. 1. 1937 – II 122/36, RGZ 153, 371; BGH v. 14. 2. 1957 – II ZR 190/55, WM 1957, 544; BGH v. 11. 1. 1960 – II ZR 69/59, WM 1960, 187; BGH v. 18. 10. 1962 – II ZR 12/61, WM 1962, 1353; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 32; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 95; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 86 ff.; A. Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, S. 293 ff.; A. Hueck in FS Lehmann, S. 247; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 111. 2 RG v. 8. 1. 1937 – II 122/36, RGZ 153, 371. 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, 2. Aufl.2006, § 126 HGB Rn. 11; a.A.: Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 87; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 95, soweit dem Stillen die vermögensrechtliche Stellung eines OHG-Gesellschafters eingeräumt werden soll (anders dagegen für die Einräumung von Mitverwaltungsrechten an den stillen Gesellschafter); Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 42 ff., wonach allein durch die schuldrechtliche Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters die Grundlagen der Gesellschaft nicht berührt werden. Für den Fall der Beteiligung an der Geschäftsführung bejaht auch er zur Wirksamkeit des Vertrags das Zustimmungserfordernis sämtlicher Gesellschafter; zustimmend insoweit A. Hueck in FS Lehmann, S. 239 (249 ff.).
168
Errichtung der stillen Gesellschaft
§9
Weigern sich die anderen Gesellschafter oder auch nur einer von ihnen, dem atypischen stillen Gesellschaftsvertrag zuzustimmen, so erhält der Dritte keine Gesellschafterstellung. Damit fällt im Zweifel der ganze auf die Gründung der stillen Gesellschaft gerichtete Vertrag wegen Unmöglichkeit der Erfüllung in sich zusammen. Waren dem Dritten schon bindende Zusicherungen gemacht worden, so können für ihn Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschafter entstehen, die ihre Vertretungsbefugnis überschritten haben.
9.53
Im Innenverhältnis ist die Frage von Bedeutung, ob der Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags ein Rechtsgeschäft ist, das der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt, oder ob eine Handlung vorliegt, die darüber hinausgeht, so dass zu ihrer Vornahme ein Beschluss sämtlicher Gesellschafter erforderlich ist (§§ 116 Abs. 2, 164 HGB) bzw. den Kommanditisten ein Widerspruchsrecht zusteht (§ 164 HGB).
9.54
Die Entscheidung ist von den Verhältnissen der einzelnen Gesellschaft und von der Bedeutung und Tragweite des einzelnen Geschäfts abhängig. In der Regel stellt die Aufnahme eines stillen Gesellschafters eine so einschneidende Maßnahme dar, dass sie nicht mehr zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gerechnet werden kann und deshalb die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist1. Fehlt es daran, so wird der von den vertretungsberechtigten Gesellschaftern abgeschlossene Vertrag in seiner Rechtswirksamkeit nicht berührt (§ 126 Abs. 2 HGB), wenn nicht etwa ein sittenwidriges Zusammenspiel des oder der vertretungsberechtigten Gesellschafter mit dem stillen Gesellschafter vorliegt und der Berufung auf die Gültigkeit des Vertrags die Einrede der Arglist entgegengesetzt werden kann.
9.55
In jedem Fall sind die vertretungsberechtigten Gesellschafter den anderen Gesellschaftern gegenüber für die aus der Überschreitung ihrer Geschäftsführungsbefugnisse entstehenden Schäden ersatzpflichtig. In der Regel wird auch ein wichtiger Grund zur Entziehung der Geschäftsführung (§ 117 HGB) und Vertretung (§ 127 HGB) und zur Klage auf vorzeitige Auflösung der Gesellschaft (§ 133 HGB) gegeben sein.
9.56
bb) Personenhandelsgesellschaften als stille Gesellschafter Will sich eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft am Handelsgewerbe eines anderen still beteiligen, so können die vertretungsberechtigten Gesellschafter im Rahmen ihrer Vertretungsmacht den Gesellschaftsvertrag nach außen hin auch ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter rechtswirksam abschließen (§ 126 Abs. 1 HGB), es sei denn, dass es um die Verpflichtung zur Übertragung des Unternehmens geht. Zu einer Veräußerung des Unternehmens berechtigt die gesetzliche Vertretungsbefugnis des § 126 HGB nicht. Sie würde nämlich eine Änderung des Gesellschaftsver1 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 86 ff.; A. Hueck in FS Lehmann, S. 239 (249); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 111; Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 40 ff.
169
9.57
§9
Errichtung der stillen Gesellschaft
hältnisses bewirken und geht deshalb über den Rahmen des § 126 HGB hinaus1. Es bedarf daher in diesem Falle des Zusammenwirkens aller Gesellschafter.
9.58
Ob in der Beteiligung einer Personenhandelsgesellschaft am Handelsgeschäft eines anderen als stiller Gesellschafter ein ungewöhnliches Geschäft zu sehen ist, für das es im Innenverhältnis der Beschlussfassung durch sämtliche OHGGesellschafter bedarf (§ 116 Abs. 2 HGB), bzw. bei dem die Kommanditisten ein Widerspruchsrecht haben (§ 164 HGB), richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Jedenfalls dann, wenn eine langfristige Festlegung flüssiger Mittel erfolgt, wird der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags zu den ungewöhnlichen Geschäften zu rechnen sein. d) Gesellschaftsverträge mit GmbH aa) Die GmbH als Geschäftsinhaberin
9.59
Die stille Beteiligung an einer GmbH kommt durch einen Gesellschaftsvertrag zwischen dem stillen Gesellschafter einerseits und der GmbH, vertreten durch den oder die Geschäftsführer, andererseits zustande2.
9.60
Die organschaftliche Vertretungsmacht gemäß § 35 GmbHG deckt jedenfalls den Abschluss eines typischen stillen Gesellschaftsvertrags. Der Mitwirkung der Gesellschafterversammlung bedarf es insoweit nicht3. Zwar könnte man dagegen einwenden, dass der Stille „nicht unerhebliche Einflussmöglichkeiten“ erhalte und daher für die Wirksamkeit des Vertrages über die Errichtung einer stillen Gesellschaft ein Beschluss der Gesellschafterversammlung notwendig sei4. Auf der anderen Seite erschöpfen sich die Möglichkeiten der Einflussnahme jedoch im schuldrechtlichen Bereich. Es ist eine stille Beteiligung „an einem Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt“ (§ 230 Abs. 1 HGB). Der Einfluss bleibt also stets mittelbar. Die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses sind insofern nicht betroffen. Lediglich im Innenverhältnis wird man im Zweifel davon ausgehen, dass der Abschluss des stillen Beteiligungsvertrags durch den oder die Geschäftsführer der Zustimmung der Gesellschafter bedarf. Schließt der Geschäftsführer der GmbH pflichtwidrig einen stillen Beteiligungsvertrag ab, ergeben sich in der Regel keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit im Außenverhältnis. Die interne Pflichtwidrigkeit schlägt nur nach den allgemeinen Grundsätzen über den Missbrauch der Vertretungsmacht im Außenverhältnis durch, d.h. bei einem sittenwidrigen, die GmbH schädigenden Zusammenwirken zwischen Geschäftsführer und stillem Gesellschafter. 1 Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 45; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 126 HGB Rn. 11. 2 Vgl. ausführlich zu diesem Thema Schneider/Reusch, DB 1989, 713. 3 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 88; K. Schmidt, ZGR 1984, 297 (307 ff.); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 114 m.w.N.; anders inzwischen Weigl, DStR 1999, 1568 (1572). 4 Vgl. Weigl, DStR 1999, 1568 (1572).
170
Errichtung der stillen Gesellschaft
§9
Zweifelhaft ist dagegen die Vertretungsmacht des Geschäftsführers, wenn eine atypische stille Beteiligung an einer GmbH begründet werden soll. Hier wird man eine besondere Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag oder, falls eine solche fehlt, die Zustimmung aller GmbH-Gesellschafter verlangen müssen, da Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses betroffen sind1.
9.61
bb) Die GmbH als stille Gesellschafterin Der Abschluss des Gesellschaftsvertrags wird hier regelmäßig auch intern von der Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer gedeckt sein. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn es sich um ein ungewöhnliches Geschäft handelt oder der Gesellschaftsvertrag bzw. Gesellschafterbeschlüsse die Geschäftsführungsbefugnis einschränken (§ 37 Abs. 1 GmbHG)2.
9.62
e) Gesellschaftsverträge mit Aktiengesellschaften aa) Die Aktiengesellschaft als Geschäftsinhaberin Die stille Beteiligung an einer Aktiengesellschaft kommt durch einen Gesellschaftsvertrag zwischen dem stillen Gesellschafter einerseits und der AG, vertreten durch den Vorstand (§ 78 AktG), andererseits zustande. Fraglich ist, ob zur Wirksamkeit des stillen Beteiligungsvertrags die Zustimmung der Hauptversammlung erforderlich ist.
9.63
Der Vorstand ist der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche die Satzung oder der Aufsichtsrat für den Umfang seiner Vertretungsbefugnis festgesetzt haben oder die sich aus einem Beschluss der Hauptversammlung nach § 119 Abs. 2 AktG ergeben (§ 82 Abs. 2 AktG). Da die Vertretungsbefugnis Dritten gegenüber nicht beschränkt werden kann (§ 82 Abs. 1 AktG), wirken diese Beschränkungen jedoch grundsätzlich nur im Innenverhältnis.
9.64
Die Zustimmung der Hauptversammlung ist für die Wirksamkeit des stillen Beteiligungsvertrags jedoch erforderlich, da es sich nach zutreffender Auffassung bei dem Vertrag über die stille Gesellschaft um einen zustimmungs- und eintragungsbedürftigen Unternehmensvertrag i.S. der §§ 291 ff. AktG handelt (siehe dazu eingehend Rn. 7.19 ff.). Die Bindungswirkung des Vertrags ist aber bereits vor der Zustimmung der Hauptversammlung gegeben3.
9.65
bb) Die Aktiengesellschaft als stille Gesellschafterin Beteiligt sich eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien als stille Gesellschafterin am Handelsgewerbe eines anderen, so ist die Zustimmung der Hauptversammlung nur erforderlich, wenn das gesamte Gesell1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 115. 2 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rn. 84. 3 OLG Braunschweig v. 3. 9. 2003 – 3 U 140/02, ZIP 2003, 1793 (1795).
171
9.66
§9
Errichtung der stillen Gesellschaft
schaftsvermögen in das Handelsgewerbe des anderen eingebracht werden soll (§ 179a AktG)1. Die Beschlüsse bedürfen einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst. Die Satzung kann diese Mehrheit durch eine größere Kapitalmehrheit ersetzen und weitere Erfordernisse aufstellen. f) Die Erbengemeinschaft setzt das einzelkaufmännische Unternehmen fort
9.67
Die Erbengemeinschaft kann ein Unternehmen betreiben. Die Erbengemeinschaft nach einem Kaufmann ist in diesem Fall Kaufmann2. An ihr können stille Beteiligungen eingegangen werden. Dazu bedarf es der Zustimmung aller Erben3. g) Stille Gesellschaft mit einer Genossenschaft
9.68
Sowohl die typisch stille Beteiligung als auch die atypisch stille Beteiligung an einer Genossenschaft ist möglich. Für die typisch stille Beteiligung ist das unproblematisch4. Für die atypisch stille Gesellschaft ist das nicht unumstritten. Es widerspricht nicht dem Förderzweck, wenn die Genossenschaft zusätzlich von Außenstehenden stille Einlagen entgegennimmt. Zwar erhoffen sich Dritte Zinsgewinne statt nichtkapitalistischer Fördervorteile, jedoch sind derartige Zwecke bei einer Genossenschaft nicht schlechthin ausgeschlossen5. Geschäftspolitische Teilhaberechte stiller Gesellschafter schmälern weder die Selbstverwaltungsbefugnis der Genossen, noch eine Organkompetenz der Generalversammlung6. Letztlich wird auch nicht gegen die zwingende Gewinnzuweisung an die Genossen verstoßen. § 19 GenG soll nicht die Ausschüttung an Dritte verhindern, sondern lediglich die Rücklagenbildung zu Lasten der Genossen vermeiden; § 48 GenG ist eine Vorschrift, die die Zuständigkeit der Generalversammlung für die Feststellung des Jahresabschlusses festlegt, jedoch keine Vorgaben zur Art und Weise der Gewinnermittlung enthält7.
II. Gesetzliche Schranken für die Errichtung einer stillen Gesellschaft 1. Kartellrechtliche Schranken a) Stille Gesellschaft und §§ 1 ff. GWB
9.69
Bei Anwendung der §§ 1 ff. GWB auf eine stille Gesellschaft ist stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalls zu achten. Neben wettbewerbsbeschrän1 BGH v. 25. 2. 1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122; konkretisiert durch BGH v. 26. 4. 2004 – II ZR 155/02, BGHZ 159, 30. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 1 HGB Rn. 52. 3 BFH v. 9. 7. 1987 – IV R 95/85, BStBl. II 1988, 245; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 117. 4 Beuthien, NZG 2003, 849 (850). 5 Vgl. Beuthien, NZG 2003, 849 (851, auch Fn. 5). 6 Beuthien, NZG 2003, 849 (851). 7 Beuthien, NZG 2003, 849 (852).
172
Errichtung der stillen Gesellschaft
§9
kenden Zwecken dürften auch wettbewerbsbeschränkende Wirkungen bei einer stillen Gesellschaft regelmäßig ausscheiden1. Der Wettbewerb i.S. von § 1 GWB wird durch die gemeinsame Verfolgung einer Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen einer typischen stillen Gesellschaft regelmäßig nicht nennenswert beeinflusst. Auch die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots stellt bei gegebener Funktionsnotwendigkeit für die stille Gesellschaft keinen Verstoß gegen § 1 GWB dar (siehe dazu auch Rn. 12.57). Ausnahmen können sich allerdings bei hohen stillen Beteiligungen ergeben, wenn das damit verbundene erhebliche Interesse des Stillen am wirtschaftlichen Erfolg des Geschäftsinhabers negative Folgen für den Wettbewerb erwarten lässt.
9.70
Bei der Gründung einer atypischen stillen Gesellschaft, bei der der stille Gesellschafter am Geschäftsvermögen und/oder der Geschäftsführung beteiligt wird, ist im Hinblick auf § 1 GWB immer genauestens zu untersuchen, ob durch die gesellschaftliche Bindung wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen bezweckt oder zumindest bewirkt werden.
9.71
Ein Verstoß gegen § 1 GWB führt, sofern nicht die Legalisierungsmöglichkeiten der §§ 2 f. GWB eingreifen, zur Nichtigkeit (§ 134 BGB i.V.m. § 1 GWB) oder Teilnichtigkeit (§ 139 BGB).
9.72
b) Stille Gesellschaft und §§ 35 ff. GWB Voraussetzung für die Anwendung der §§ 35 ff. GWB auf die stille Gesellschaft ist, dass diese sich als Zusammenschluss (§ 37 GWB) zweier Unternehmen i.S. des GWB darstellt und dabei die entsprechenden Umsatzgrenzwerte erreicht werden2. Sowohl der Vermögenserwerb gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB als auch der Anteilserwerb gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB sind regelmäßig ausgeschlossen3. Der Kontrollerwerb gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB und der Einflusserwerb gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB kommen aber bei der atypisch stillen Gesellschaft beim Vorhandensein von Veto- und Weisungsrecht in Betracht4.
9.73
2. Gewerberechtliche und berufsständische Beschränkungen Bei der stillen Gesellschaft, insbesondere der atypischen stillen Gesellschaft, bei der dem Stillen Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt werden, ergeben sich besondere Probleme, wenn ein Handelsgewerbe wegen seiner Bedeutung für die Allgemeinheit nur mit einer dem Geschäftsinhaber persönlich erteilten öffentlich-rechtlichen Konzession betrieben werden darf und/oder in wirtschaftlich unabhängiger Weise auszuüben ist.
1 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 78 Rn. 3 ff. 2 Vgl. dazu auf der Grundlage des GWB a.F. v. 22. 12. 1989, näher Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 78 Rn. 11 m.w.N.; vgl. zu § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB bei der stillen Gesellschaft: OLG Düsseldorf v. 6. 7. 2005 - VI-Kart 26/04(V) WuW/E 2005. 1271 ff. 3 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 78 Rn. 12 und 16 f. 4 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 78 Rn. 15 und 20.
173
9.74
§9
Errichtung der stillen Gesellschaft
a) Stille Beteiligungen an Apotheken
9.75
Bis zum Jahre 1980 war es zwar grundsätzlich möglich, dass der Geschäftsinhaber (Apotheker) an seinem Unternehmen einen stillen Gesellschafter beteiligte, da er alleiniger Träger des Unternehmens blieb und der Stille auch im Innenverhältnis regelmäßig keinen Einfluss auf die Geschäftsführung hatte, die öffentlich-rechtliche Verantwortung des Geschäftsinhabers für die ordnungsmäßige Führung des Betriebs also nicht durch privatrechtliche Bindungen berührt wurde. Allerdings war auch bereits vor 1980 ein Vertrag über die Gründung einer stillen Gesellschaft nichtig, wenn der Apotheker bei der Führung der Apotheke in einer nicht mehr hinnehmbaren Weise behindert wurde, so dass er in eine wirtschaftliche Abhängigkeit geriet. Dieser Sachverhalt lag u.a. dann vor, wenn der Gewinnverteilungsschlüssel extrem zu Lasten des Apothekers gestaltet wurde. War ein Gesellschaftsvertrag auf die Verwirklichung eines gesetzwidrigen Tatbestandes – Verstoß gegen das Apothekengesetz – gerichtet, so lag Gesamtnichtigkeit vor (§ 134 BGB). Die erbrachten Leistungen waren dann nach Bereicherungsgrundsätzen abzurechnen und zurückzugewähren1.
9.76
Durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Apothekenwesen vom 4. 8. 19802 wurde die Rechtslage jedoch grundlegend geändert. Nach § 8 Satz 2 ApothG sind nunmehr Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer stillen Gesellschaft und Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für dem Erlaubnisempfänger gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, insbesondere auch am Umsatz oder am Gewinn ausgerichtete Mietverträge, unzulässig. Rechtsgeschäfte, die ganz oder teilweise gegen § 8 Satz 2 ApothG verstoßen, sind nichtig (§ 12 ApothG). Wer vorsätzlich oder fahrlässig aufgrund einer nach § 8 Satz 2 ApothG unzulässigen Vereinbarung Leistungen erbringt oder annimmt oder eine solche Vereinbarung in sonstiger Weise ausführt, handelt ordnungswidrig und muss mit einer Geldbuße von bis zu 20 000 Euro rechnen (§ 25 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ApothG). b) Stille Beteiligungen an Rechtsberatungsunternehmen
9.77
Sofern die Rechtsberatung im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erfolgt, ergibt sich die Unmöglichkeit stiller Beteiligungen i.S. der §§ 230 ff. HGB aus § 59e Abs. 3 Alt. 2 BRAO. Zwar ist Zusammenschlüssen von Rechtsanwälten wegen § 59c Abs. 1 BRAO der Weg zur Erlangung der Kaufmannseigenschaft nicht mehr verwehrt. Der Gesetzgeber hat vielmehr für diese Berufsgruppe die Möglichkeit geschaffen, einen Personenzusammenschluss dem Statut einer GmbH zu unterstellen. Insofern scheitert die Zulässigkeit einer stillen Beteiligung nicht schon – wie nach alter Rechtslage – von vornherein daran, dass ein Zusammenschluss von Rechtsanwälten kein Handelsgewerbe i.S. des 1 BGH v. 24. 9. 1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214 = WM 1980, 12 (14) = NJW 1980, 638 (639); BGH v. 3. 11. 1982 – IVa ZR 47/81, WM 1982, 1439 (1440). 2 BGBl. I 1980, 1142; Neufassung S. 1993 ff.
174
Errichtung der stillen Gesellschaft
§9
§ 230 Abs. 1 HGB darstellt. Doch auch wenn eine Anwalts-GmbH damit die Formkaufmannseigenschaft gemäß § 13 Abs. 3 GmbHG i.V.m. § 6 Abs. 1 HGB erlangt, besteht ein weiterer Grund für ein Beteiligungsverbot: Gemäß § 59e Abs. 3 Alt. 2 BRAO dürfen Dritte nicht am Gewinn der Rechtsanwaltsgesellschaft beteiligt werden. Die Gewinnberechtigung ist aber unerlässliches Erfordernis für das Zustandekommen einer stillen Gesellschaft (vgl. Rn. 7.1). Eine Ausnahme von dem Verbot der stillen Beteiligung an Rechtsanwaltsgesellschaften ist für in der Rechtsanwalts-GmbH beschäftigte Berufsträger zu machen. Während die erste Alternative von § 59e Abs. 3 BRAO auch nicht stimmberechtigte Rechtsanwälte erfassen soll, sind von der zweiten Alternative zumindest die in der GmbH beschäftigten Berufsträger ausgenommen1. In der Organisation der Rechtsanwaltsgesellschaft kann mit einem derartigen Modell differenziert werden: Mitarbeitende Rechtsanwälte können Gesellschafter der GmbH mit allen Stimmrechten, vor allem zur Organisation der Gesellschaft und Gewinnverwendung sein. Mitarbeitende Rechtsanwälte können ebenso auf eine stille Beteiligung beschränkt werden. Sie haben dann ein reines Gewinnbezugsrecht, das von der Entscheidung über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Gewinnverwendung in der GmbH abhängt. c) Stille Beteiligungen an Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Die stille Beteiligung an Steuerberatungsgesellschaften, die sich nach § 49 Abs. 1 StBerG auch in personen- oder kapitalgesellschaftsrechtlicher Form organisieren können, ist zulässig. Jedoch muss differenziert werden: Sowohl typische als auch atypische stille Beteiligungen, können durch Berufsträger eingegangen werden2. Nichtberufsträgern kann aber nur eine typisch stille Beteiligung gewährt werden, die ihnen keinen Einfluss auf die Gesellschaft, Gesellschafter und damit Berufsträger ermöglicht3. Vergleichbares gilt auch für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (§§ 27 f. WPO)4. Die Gegenansicht, die Nichtberufsträgern grundsätzlich die stille Beteiligung versagen will, kann nicht überzeugen5. Der Gesetzgeber hat im Hinblick auf die Urteile des Bundesgerichtshofs zur stillen Beteiligung an einer Apotheke nur im Apothekengesetz ein ausdrückliches Verbot der stillen Beteiligung aufgenommen. Das darf nicht verallgemeinert werden.
9.78
d) Sonstige gewerberechtliche Einschränkungen Sofern Gewerbe wie beispielsweise das Versteigerungsgewerbe (§ 34b GewO) lediglich in der Form eines Einzelkaufmanns, einer GbR oder einer aus natür1 Feuerich/Weyland, § 59e BRAO Rn. 10 f. 2 Vorausgesetzt wohl von OLG Düsseldorf v. 14. 3. 1996 – StO 6/93, NJW-RR 1997, 313; vgl. auch Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 77 Rn. 11; keine Diskussion in BSG v. 24. 1. 2007 – B 12 KR 31/06 R, NZS 2007, 648. 3 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 77 Rn. 11. 4 Vgl. dazu näher Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 77 Rn. 12. 5 Beyer-Petz, DStR 2008, 73 (75).
175
9.79
§9
Errichtung der stillen Gesellschaft
lichen Personen bestehenden OHG betrieben werden dürfen, finden die für die Zulässigkeit stiller Beteiligungen an Apotheken vor der Änderung des Apothekengesetzes entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze (Rn. 9.73 ff.) entsprechende Anwendung1. Danach ist eine typische stille Beteiligung grundsätzlich möglich. 3. Kapitalmarktrechtliche Schranken
9.80
Durch die Sechste KWG-Novelle vom 5. 6. 1997 wurde eine weitere, kapitalmarktrechtliche Schranke für stille Beteiligungen an Publikumsgesellschaften aufgestellt: Der Kreis der nach dem Gesetz über das Kreditwesen erlaubnispflichtigen Bankgeschäfte (§ 1 Abs. 1 KWG) wurde in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG (Einlagengeschäft) durch einen Auffangtatbestand erweitert, dem auch typische stille Beteiligungen unterliegen können2. Näheres unter § 19 „Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft“.
III. Zusammenfassung
9.81
Der Gesellschaftsvertrag bildet die Grundlage der stillen Gesellschaft. Soweit in ihm das Verhältnis der Gesellschafter nicht vollständig geregelt ist, finden ergänzend die §§ 230 ff. HGB und die §§ 705 ff. BGB mit Ausnahme der Vorschriften, die ein Außenverhältnis und ein Gesellschaftsvermögen voraussetzen, Anwendung, nicht dagegen die Vorschriften über die handelsrechtlichen Personengesellschaften. Entgegen der h.M. handelt es sich bei dem stillen Gesellschaftsvertrag nicht um einen Austauschvertrag i.S. der §§ 320 ff. BGB. Es liegt kein Leistungsaustausch, sondern eine Leistungsvereinigung zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes vor. Die Vorschriften über gegenseitige Verträge sind deshalb nicht anwendbar – auch nicht entsprechend. Auch ohne diese Vorschriften lassen sich sachgerechte, dem Gesellschaftszweck Rechnung tragende Ergebnisse sichern. Der Gesellschaftsvertrag bedarf keiner Form, soweit sich nicht die Formbedürftigkeit aus anderen gesetzlichen Bestimmungen (§§ 311b Abs. 1 u. 3, 518 Abs. 1 BGB, § 15 GmbHG) ergibt. Die Frage, ob bei Minderjährigkeit eines Vertragspartners zum Abschluss des Gesellschaftsvertrags eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist, ist für die atypische stille Gesellschaft regelmäßig zu bejahen, für die typische stille Gesellschaft regelmäßig zu verneinen. Will eine OHG oder KG einen stillen Gesellschafter aufnehmen oder sich am Handelsgewerbe eines anderen still beteiligen, so handelt es sich im Innenver1 Vgl. dazu näher Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 77 Rn. 5. 2 VG Berlin v. 22. 2. 1999 – 25 A 276/95, DB 1999, 1377 (1378 ff.); Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 34; Demgensky/Erm, WM 2001, 1445 (1449); Bornemann, ZHR 166 (2002), 211 (215 f.); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 88.
176
Errichtung der stillen Gesellschaft
hältnis zumeist um ungewöhnliche Geschäfte, die der Beschlussfassung aller Gesellschafter unterliegen. Nach außen sind sie regelmäßig wirksam, auch wenn nicht alle Gesellschafter zugestimmt haben. Die Gesellschafter, die ihre Geschäftsführungsbefugnis überschritten haben, sind aber den anderen Gesellschaftern für die ihnen entstandenen Schäden ersatzpflichtig. Der Vorstand und die Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften haben ebenfalls die im Innenverhältnis bestehenden Beschränkungen ihrer Geschäftsführungsbefugnis zu beachten. Die Errichtung einer stillen Gesellschaft kann kartellrechtlichen (§§ 1 ff. und 35 ff. GWB), gewerberechtlichen und kapitalmarktrechtlichen Beschränkungen unterliegen.
177
§9
§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags Schrifttum: Canaris, Claus-Wilhelm, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006; von der Heydt, KarlEduard, Stille Beteiligung, Unterbeteiligung, gesellschaftsrechtliche Treuhand, in Münchener Vertragshandbuch, Bd. 1, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl. 2005, S. 1301 ff.; Janzen, Harald, Die Übertragung und Belastung von Mitgliedschaften in der stillen Gesellschaft, Diss. Marburg, 1979; Jung, Peter, Firmen von Personenhandelsgesellschaften nach neuem Recht, ZIP 1998, 677; Kort, Michael, Das Informations- und Prüfungsrecht des stillen Gesellschafters gemäß § 233, DStR 1997, 1372; Lörcher, Gino, Das neue Recht der Schiedsgerichtsbarkeit, DB 1998, 245; Musielak, Hans-Joachim, Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2008; Reinhardt, Rudolf/Schultz, Dietrich, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 1981; Schlitt, Michael, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters in der typischen stillen Gesellschaft und in der stillen Publikumsgesellschaft, 1996; Schmidt, Karsten, Neues Schiedsverfahrensrecht und Gesellschaftsrechtspraxis, ZHR 162 (1998), 265; Sudhoff, Heinrich, Unternehmensnachfolge, 5. Aufl. 2005; Sudhoff, Heinrich, Personengesellschaften, 8. Aufl. 2005; Vertragsmuster für typisch stille Gesellschaft und für typisch stille Gesellschaft an einer GmbH (GmbH & Still), Kölner Mustervorlagen Nr. 3, Arbeitskreis für Steuerrecht Köln, 6. Aufl. 1978; Westermann, Harm Peter, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970; Wurm, Carl/Wagner, Hermann/Zartmann, Hugo/Albrecht, Andreas, Das Rechtsformularbuch, 15. Aufl. 2007, Kapitel 117, S. 1689 ff.; Zöller, Richard, Zivilprozessordnung, 27. Aufl. 2009.
I. Der Mindestinhalt des Gesellschaftsvertrags
10.1
Das Gesetz enthält keine Bestimmungen darüber, welchen Inhalt im Einzelnen der Gesellschaftsvertrag haben muss. Es überlässt die Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Beziehungen weitgehend der Gestaltungsfreiheit der Beteiligten. Ihr zufolge können sie ihre rechtlichen Beziehungen im Innenverhältnis so ordnen, wie es ihnen am zweckmäßigsten erscheint. Verwiesen sei an dieser Stelle auf die sich im Anhang befindenden Musterverträge einer typischen stillen Gesellschaft und einer atypischen stillen Gesellschaft i.S. des Steuerrechts.
10.2
Immerhin müssen sich aus dem Gesellschaftsvertrag die wesentlichen Merkmale einer stillen Gesellschaft eindeutig ergeben. Es muss aus ihm ersichtlich sein, – dass eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung des stillen Gesellschafters am Handelsgewerbe eines anderen gewollt ist (animus contrahendae societatis), – dass der stille Gesellschafter sich verpflichtet, einen Beitrag zu leisten, der, sofern er in einer Vermögenseinlage besteht, in das Vermögen des Inhabers übergeht, – dass der stille Gesellschafter keine dingliche Mitberechtigung am Geschäftsvermögen erhält, – dass die Vereinigung sich auf das Innenverhältnis beschränkt und
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§ 10
– dass der stille Gesellschafter am Gewinn beteiligt ist. Soll er am Verlust nicht beteiligt sein, so muss die Verlustbeteiligung vertraglich ausgeschlossen werden. Für die rechtliche Qualifikation des Vertrages als Vertrag über eine stille Gesellschaft ist der Rechtsfolgewille maßgeblich, den die Beteiligten in den Vertragsklauseln zum Ausdruck gebracht haben. Ihre eigene Bezeichnung ist dagegen unerheblich, wenn diese im Widerspruch zum dokumentierten Rechtsfolgewillen steht1. So ist etwa die von ihnen gewählte Bezeichnung für die rechtliche Beurteilung des Vertrages nicht entscheidend, wenn sich aus dem Vertragsinhalt ein Widerspruch mit dem Gesellschaftsrecht im Allgemeinen oder mit dem Recht der stillen Gesellschaft im Besonderen ergibt. Soll nach dem Gesellschaftsvertrag der „stille“ Gesellschafter auch dinglich am Geschäftsvermögen beteiligt sein oder soll das Handelsgewerbe unter einer gemeinschaftlichen Firma betrieben werden, so liegt niemals eine stille Gesellschaft vor, auch wenn der Personenzusammenschluss als solche bezeichnet wird. Andererseits steht der Gebrauch einer unrichtigen Vertragsbezeichnung der Annahme einer stillen Gesellschaft nicht entgegen, wenn der Vertrag in seinen wesentlichen Grundlagen die Merkmale der stillen Gesellschaft aufweist.
10.3
II. Der sonstige Inhalt des Gesellschaftsvertrags Die Beteiligten sollten es niemals bei dem Mindestinhalt, der das Wesen der stillen Gesellschaft ausmacht, bewenden lassen. Sie sollten darüber hinaus weitere Regelungen in den Gesellschaftsvertrag aufnehmen, um von vornherein in jeder Hinsicht klare und eindeutige Rechtsverhältnisse zu schaffen.
10.4
1. Firma, Sitz und Gegenstand des Unternehmens Es ist an sich nicht erforderlich, in den Gesellschaftsvertrag eine Bestimmung zum Gegenstand des Unternehmens aufzunehmen. Die Aufnahme einer diesbezüglichen vertraglichen Regelung ist in jedem Falle aber zweckmäßig und ratsam, weil der Inhaber des Handelsgeschäfts mit der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters dann nicht nach seinem Belieben verfahren kann, sondern verpflichtet ist, sie im Rahmen des vereinbarten und genau umschriebenen Gegenstandes des Unternehmens einzusetzen. Das ist wichtig, wenn der Inhaber mehrere Handelsgeschäfte unter verschiedenen Firmen betreibt, der stille Gesellschafter aber nur an den Ergebnissen eines Unternehmens oder einzelner Geschäftszweige beteiligt sein soll (oben Rn. 5.37). Aus denselben Gründen ist die genaue Festlegung der Firma und des Sitzes des Handelsgeschäfts zu empfehlen.
1 BFH v. 10. 2. 1978 – III R 115/76, WM 1978, 994 (995).
179
10.5
§ 10
Inhalt des Gesellschaftsvertrags
a) Die Firma
10.6
Die stille Gesellschaft nimmt nicht unter einer gemeinschaftlichen Firma am Rechtsverkehr teil. Als Innengesellschaft tritt sie nach außen nicht in Erscheinung. Es gibt nur die Firma des Inhabers des Handelsgewerbes, für die die §§ 17 ff. HGB gelten.
10.7
Wesentliche Funktionen der Firma sind die Firmenunterscheidbarkeit, die Ersichtlichkeit der Gesellschaftsform und der Haftungsverhältnisse (§§ 18, 19 HGB). Die Firmenbildung des Einzelkaufmanns folgt den allgemeinen Regeln: Die Firma muss zur Kennzeichnung geeignet sein, Unterscheidungskraft besitzen (§ 18 Abs. 1 HGB) und darf nicht gegen das Irreführungsverbot verstoßen (§ 18 Abs. 2 HGB). Es besteht vorbehaltlich der genannten Einschränkungen die Wahl zwischen Personen-, Sach- und Phantasiefirmen. Die Firma darf keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse irrezuführen, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind (§ 18 Abs. 2 Satz 1 HGB). Der Name des stillen Gesellschafters darf also in der Firma grundsätzlich nicht erscheinen. Dies würde fälschlicherweise auf das Vorhandensein einer Außengesellschaft (OHG oder KG) hinweisen. Auch können ein Kaufmann und ein stiller Gesellschafter nicht zusammen als „Kaufmann & Stiller e.K.“ firmieren, da ein derartiges Auftreten nach außen in sich widersprüchlich und auch irreführend wäre.1
10.8
Es ist aber auch denkbar, dass jemand ein bestehendes Handelsgeschäft unter Lebenden erwirbt und dass der bisherige Inhaber daran still beteiligt bleibt. In diesem Falle darf für das Geschäft die bisherige Firma, in der der Name des nunmehr still Beteiligten enthalten ist, mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortgeführt werden, wenn der bisherige Geschäftsinhaber und nunmehrige stille Gesellschafter in die Fortführung der Firma ausdrücklich einwilligt (§ 22 Abs. 1 HGB)2. Wird dies richtig eingetragen und bekannt gemacht, so ist Vertrauensschutz nur noch in den neben § 15 Abs. 2 HGB verbleibenden Grenzen möglich, also dann, wenn besondere Aufklärungspflichten verletzt wurden (vgl. auch Rn. 12.98 ff.). Eine allgemeine Rechtsscheinhaftung des stillen Gesellschafters durch seine Namensnennung in der Firma wird in keinem Fall begründet3. Entsprechendes gilt, wenn ein Handelsgeschäft aufgrund eines Nießbrauchs, eines Pachtvertrags oder eines ähnlichen Verhältnisses übernommen wird (§ 22 Abs. 2 HGB). Ferner kann der still Beteiligte sein bisher selbst betriebenes Handelsgewerbe zusammen mit der Firma als Vermögenseinlage in das Handelsgewerbe des Inhabers einbringen (§ 23 HGB). Es gehört dann die Firma zum Vermögen des Inhabers.
10.9
Eine abgeleitete Firma kann also weitergeführt werden, auch wenn in ihr der Name des stillen Gesellschafters enthalten ist. Um jedoch kein Missverständnis 1 Canaris, Handelsrecht, § 11 Rn. 7. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 15. 3 Anders noch Art. 299 ADHGB (1861). Heute allgemeine Meinung, vgl. nur Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 236; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 15.
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§ 10
über die Haftungsverhältnisse aufkommen zu lassen, ist es zweckmäßig, durch Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes klarzustellen, dass der stille Gesellschafter nicht Mitinhaber des Handelsgeschäfts ist. Auf die Firma einer OHG, KG, AG, KGaA, GmbH oder eG hat die stille Beteiligung keinen Einfluss. Ob zur Vermeidung von möglichen Irrtümern ein Hinweis auf das Vorliegen einer stillen Gesellschaft in der Firma grundsätzlich zu unterbleiben hat (§ 18 Abs. 2 HGB), ist strittig1. Die Namen anderer Personen als der persönlich haftenden Gesellschafter durften vor der HGB-Reform 1998 nicht in die Firma einer OHG oder KG aufgenommen werden (§ 19 Abs. 4 HGB a.F.). Ob nunmehr die Namen von Kommanditisten aufgenommen werden dürfen oder ob ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB vorliegt, ist umstritten2. Der Gesetzgeber wollte das Firmenrecht durch die Abschaffung des § 19 Abs. 4 HGB a.F. gerade liberalisieren, so dass über § 18 Abs. 2 HGB n.F. nicht die aufgegebenen alten Wertungen wiederhergestellt werden dürfen3. Hingegen ist es zutreffend, wenn trotz der Liberalisierung des Firmenrechts weiterhin unter Verweis auf § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB die Aufnahme der Namen von Nichtgesellschaftern in die Firma abgelehnt wird. Es muss wenigstens eine mittelbare Unternehmensbeteiligung gegeben sein4. Für die Aufnahme des Stillen in die Firma ergibt sich folgende Lösung: Der Stille ist mittelbar durch seine Einlage am Geschäft der Handelsgesellschaft beteiligt. Handelt es sich um eine KG, weiß der Außenstehende ohnehin nicht, ob alle Namensträger in der Firma persönlich haftende Gesellschafter sind. Der Name des stillen Gesellschafters kann folglich in die Firma aufgenommen werden. Handelt es sich um eine OHG, erschließt sich aus dem Verbot der Aufnahme von Nichtgesellschaftern, dass alle Namensgeber der Firma persönlich haften. Die Aufnahme des Namens eines stillen Gesellschafters ist in diesem Fall irreführend gemäß § 18 Abs. 2 HGB.
10.10
Ob in die Firma der GmbH die Namen anderer Personen als der Gesellschafter aufgenommen werden dürfen, ist ebenfalls am Maßstab des Irreführungsverbots des § 18 Abs. 2 HGB zu ermitteln. Da den Gläubigern gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG nur die GmbH mit ihrem Vermögen haftet, kann aus Sicht der Gläubiger kein Vertrauen entstehen, dass eine in der Firma aufgeführte Person persönlich haftet. Die Aufnahme des Namens des stillen Gesellschafters in die Firma der GmbH ist daher zulässig. Nichts anderes gilt für die AG. Der Rechtsformzusatz „GmbH & Still“ ist dagegen aufgrund der Eignung zur Irreführung über die Haftungsverhältnisse firmenrechtlich unzulässig5. Verstöße gegen die Vorschriften über die Handelsfirma berechtigen das Registergericht zum Einschreiten gemäß § 37 Abs. 1 HGB i.V.m. § 392 FamFG (bis 1 Ablehnend noch die 6. Aufl., Rn. 10.10. 2 Für die Möglichkeit der Aufnahme zusätzlicher Personen: Heidinger in MünchKomm.HGB, 2. Aufl. 2005, § 18 HGB Rn. 168; Hopt in Baumbach/Hopt, § 19 HGB Rn. 22; Canaris, Handelsrecht, § 11 Rn. 5; a.A. Jung, ZIP 1998, 677 (682). 3 Canaris, Handelsrecht, § 11 Rn. 5. 4 Canaris, Handelsrecht, § 11 Rn. 6; a.A. wohl nur Heidinger in MünchKomm.HGB, 2. Aufl. 2005, § 18 HGB Rn. 168. 5 Vgl. Heider in MünchKomm.AktG, 3. Aufl. 2008, § 4 AktG Rn. 30.
181
10.11
§ 10
Inhalt des Gesellschaftsvertrags
vor dem 1. 9. 2009: § 140 FGG) und können für den stillen Gesellschafter eine Haftung für die Verbindlichkeiten des Inhabers begründen. Soweit ein stiller Gesellschafter unzulässig in die Firma des e.K. oder der OHG aufgenommen worden ist, kommt eine Haftung gegenüber Gläubigern als Scheinhandelsgesellschafter in Betracht.
10.12
Zum Schutz des stillen Gesellschafters und im Interesse der ordnungsgemäßen Verwendung seiner Vermögenseinlage ist es zulässig, im Innenverhältnis zu vereinbaren, dass der Inhaber die Firma, die im Zeitpunkt der Errichtung der Gesellschaft bestand, ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters nicht ändern darf. Aber auch ohne ausdrückliche Vereinbarung wird man im Wege der Vertragsauslegung in der Regel zu demselben Ergebnis kommen müssen, insbesondere dann, wenn der Inhaber noch unter einer anderen Firma Handelsgeschäfte betreibt oder an anderen Firmen beteiligt ist. b) Der Gegenstand des Unternehmens
10.13
Gegenstand des Unternehmens einer stillen Gesellschaft kann jedes Handelsgewerbe sein (oben Rn. 5.2 ff.). Auch hier werden die Beteiligten gut daran tun, im Gesellschaftsvertrag das Handelsgewerbe, an dem die stille Gesellschaft stattfinden soll, nach Art, Geschäftszweig und Umfang so genau wie möglich zu umschreiben und zu vereinbaren, dass der Geschäftsinhaber den Gegenstand des Unternehmens nicht ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters verändern darf. Auch diese Vereinbarung beschränkt sich in ihrer Wirkung auf das Innenverhältnis. Handelt ihr der Inhaber zuwider, so liegt darin eine Verletzung des Gesellschaftsvertrags, die den stillen Gesellschafter zum Ersatz des ihm entstandenen Schadens berechtigt und ihm einen wichtigen Grund zur fristlosen Lösung des Gesellschaftsverhältnisses geben kann (unten Rn. 12.9 ff., 12.39 ff. und 15.30 ff.).
10.14
Wird in der Form der stillen Gesellschaft ein erlaubtes Glücksspiel betrieben, so verstößt das nicht gegen § 134 BGB1. Wegen atypischer stiller Gesellschaften an Unternehmen, für deren Betrieb eine persönliche Konzession erforderlich ist, siehe oben Rn. 9.74 ff. c) Der Sitz des Unternehmens
10.15
Da die stille Gesellschaft keine Außengesellschaft ist, hat sie keinen Sitz im handelsrechtlichen Sinne. Der Sitz des Handelsgewerbes, d.h. der Ort, wo die Verwaltung geführt wird, bestimmt sich nach den für den Inhaber geltenden Bestimmungen. Im Gesellschaftsvertrag kann – wiederum beschränkt auf das Innenverhältnis – vereinbart werden, dass der Inhaber zur Verlegung des Sitzes seines Handelsgeschäfts der Zustimmung des stillen Gesellschafters bedarf. Ist eine solche Bestimmung nicht in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen, wird man in der Regel aufgrund der gegebenen Interessenlage im Wege der Auslegung zu demselben Ergebnis kommen. 1 BGH v. 19. 9. 1963 – II ZR 76/61, MDR 1963, 988.
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Der Sitz ist maßgebend für den Gerichtsstand (§ 17 ZPO). Bei Rechtsstreitigkeiten ist die stille Gesellschaft weder aktiv noch passiv parteifähig. Nur der Inhaber des Handelsgeschäfts ist Partei. In den von ihm oder gegen ihn geführten Prozessen kann der stille Gesellschafter Zeuge sein. Die stille Gesellschaft hat keinen eigenen Gerichtsstand. § 22 ZPO ist nicht anwendbar. Für Streitigkeiten der Gesellschafter untereinander ist sowohl während des Bestehens als auch nach Auflösung der Gesellschaft die Kammer für Handelssachen zuständig (§§ 95 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a), 96, 98 GVG).
10.16
2. Informations-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte des stillen Gesellschafters § 233 Abs. 1 HGB, wonach der stille Gesellschafter berechtigt ist, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und ihre Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen, enthält nachgiebiges Recht1. In den Gesellschaftsverträgen werden häufig Vereinbarungen getroffen, durch die die Kontrollrechte des stillen Gesellschafters erweitert oder beschränkt werden (siehe dazu näher unten Rn. 12.88 ff.)2. Eine Erweiterung wird regelmäßig vereinbart, wenn es sich um eine hohe Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters handelt, wenn er auch an den Anlagewerten, an den Rücklagen und am Geschäfts- oder Firmenwert beteiligt sein soll oder wenn er im Innenverhältnis der eigentliche Geschäftsherr ist.
10.17
Eine Beschränkung der Informations- und Kontrollrechte ist zweckmäßig, wenn mehrere stille Gesellschafter vorhanden sind und der Inhaber daran interessiert ist, dass nicht jeder einzelne seine Rechte selbständig und unabhängig von den anderen ausübt (dazu oben Rn. 5.55), wenn die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters für das Handelsgeschäft nur geringe Bedeutung hat oder wenn er selbst ein Handelsgewerbe betreibt und mit dem Geschäftsinhaber im Wettbewerb steht.
10.18
Bei einer aus diesen Gründen erfolgenden Beschränkung der Informationsund Kontrollrechte im Gesellschaftsvertrag ist allerdings darauf zu achten, dass die vertraglichen Regelungen die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters nicht zu sehr beschneiden, denn eine zu starke Beschränkung seiner Informations- und Kontrollrechte kann die Existenz einer stillen Gesellschaft überhaupt in Frage stellen oder sittenwidrig bzw. nichtig sein (unten Rn. 12.89)3.
10.19
Obgleich der stille Gesellschafter kraft Gesetzes keine Mitwirkungsbefugnisse hat, können ihm solche durch den Gesellschaftsvertrag übertragen werden (unten Rn. 12.88, 12.90 ff.). Hier ist wiederum der Privatautonomie ein weiter Spielraum gelassen. Bestimmte Rechtshandlungen (Änderung der Firma, des Sitzes) oder bestimmte Rechtsgeschäfte (Grundstücksgeschäfte, Erwerb und Veräußerungen von Betrieben und Beteiligungen, Beteiligung weiterer stiller
10.20
1 Vgl. Kort, DStR 1997, 1372. 2 Zum Umfang eines gesellschaftsvertraglich vereinbarten Einsichtsrechts des stillen Gesellschafters bei Beteiligung des Geschäftsinhabers an weiteren Gesellschaften vgl. BGH v. 16. 1. 1984 – II ZR 36/83, ZIP 1984, 702. 3 Vgl. Kort, DStR 1997, 1372 (1375).
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Gesellschafter, wesentliche Anstellungsverträge) können zu ihrer Wirksamkeit im Innenverhältnis von der Zustimmung oder Genehmigung des stillen Gesellschafters abhängig gemacht werden. Er kann an der Geschäftsführung beteiligt werden, sei es zusammen mit dem Inhaber, sei es neben ihm oder unter seinem gänzlichen Ausschluss; er kann mit Wirkung nach außen zum Handlungsbevollmächtigten oder Prokuristen bestellt werden (unten Rn. 12.93 ff.). 3. Beitragsleistung, Gewinn- und Verlustbeteiligung
10.21
Art und Höhe der Beitragsleistung sowie ihre Bewertung sind im Gesellschaftsvertrag festzulegen (vgl. Rn. 6.3 ff.). Dasselbe gilt für die Höhe des Gewinn- und Verlustanteils, für den der Gewinn- und Verlustverteilung zugrunde zu legenden Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel (vgl. Rn. 7.1 ff.), sowie dafür, ob die Gewinn- und Verlustverteilung auf der Grundlage der Handelsbilanz (Jahresabschluss) oder der Steuerbilanz vorgenommen werden soll (vgl. Rn. 14.18 ff.)1. Soll der stille Gesellschafter nicht am Verlust beteiligt sein, so bedarf dies der Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag (§ 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB; vgl. dazu Rn. 7.38 ff.).
10.22
Sofern der Stille seine Beitragsleistung erbracht hat, ist er zu weiteren Leistungen an den Inhaber nur verpflichtet, wenn im Gesellschaftsvertrag eine solche „Nachschusspflicht“ vorgesehen ist (§ 707 BGB)2. Dasselbe gilt für die nachträgliche Erhöhung der Vermögenseinlage. Insbesondere vermehrt der von dem Stillen der Gesellschaft belassene Gewinn dessen Einlage nur dann, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde (§ 232 Abs. 3 HGB). Selbst dann, wenn eine „Nachschussverpflichtung“ oder eine Verpflichtung zur Einlagenerhöhung im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist, beschränkt sich diese Vereinbarung ebenso wie die Verpflichtung zur Leistung des ursprünglichen Beitrags auf das Innenverhältnis. Die Gläubiger des Inhabers können daraus keine unmittelbaren Ansprüche gegen den stillen Gesellschafter herleiten, wohl aber die Forderung des Inhabers gegen ihn auf Leistung des rückständigen Beitrags pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. 4. Auseinandersetzungsguthaben, schwebende Geschäfte
10.23
In jedem Fall sollte der Gesellschaftsvertrag die Berechnung des Auseinandersetzungsanspruchs des stillen Gesellschafters bei Beendigung der stillen Gesellschaft regeln. Das Gesetz bestimmt in § 235 Abs. 1 HGB hierzu lediglich, dass das Guthaben des stillen Gesellschafters in Geld zu berichtigen ist, lässt 1 Zur Auslegung einer Verlustbeteiligungsregelung in stiller Gesellschaft und in atypisch stiller Gesellschaft in Abgrenzung zur persönlichen Nachschusspflicht des stillen Gesellschafters vgl. OLG Karlsruhe v. 19. 2. 1986 – 6 U 111/85, ZIP 1986, 916. 2 Zur Bestimmtheit der Nachschusspflicht vgl. BGH v. 4. 7. 2005 – II ZR 354/03, ZIP 2005, 1455; BGH v. 23. 1. 2006 – II ZR 306/04, ZIP 2006, 562; BGH v. 23. 1. 2006 – II ZR 126/04, ZIP 2006, 754; BGH v. 19. 3. 2007 – II ZR 73/06, ZIP 2007, 812; BGH v. 21. 5. 2007 – II ZR 96/06, ZIP 2007, 1458.
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die näheren Modalitäten aber offen. Dies birgt den Keim für Streit bei der Auseinandersetzung in sich, da mit ihr zu klären ist, inwieweit der stille Gesellschafter für in dem Handelsgewerbe vorhandene stille Reserven abzufinden ist. Dies gilt in jedem Fall für die atypische stille Gesellschaft, die sich gerade durch die umfassende Abfindung für solche stille Reserven auszeichnet (vgl. Rn. 4.28 ff.), aber auch für die typische stille Gesellschaft. Denn auch bei ihr kommt eine solche Abfindung in Betracht, soweit während des Bestehens der stillen Gesellschaft stille Reserven (ggf. auch Verluste) gelegt wurden, an denen der stille Gesellschafter zwar nicht im Jahr ihrer wirtschaftlichen Verursachung, wohl aber bei Beendigung der stillen Gesellschaft partizipieren soll (vgl. Rn. 16.19 ff.). Die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens ist deswegen zentraler Bestandteil jedes Vertrages über die Errichtung einer stillen Gesellschaft. Empfehlenswert ist es, die letzte Jahresschlussbilanz vor der Auflösung der stillen Gesellschaft zur Grundlage der Berechnung des Auseinandersetzungsanspruchs zu bestimmen, um auf diese Weise die gesonderte Erstellung einer Bilanz im Falle der Beendigung der stillen Gesellschaft zu vermeiden. Dies entspricht ohnehin der Regelung in §§ 132, 234 Abs. 1 Satz 1 HGB, sollte darüber hinaus aber auch für alle anderen Fälle des Ausscheidens gelten. Für die darüber hinausgehende Berechnung des Abfindungsguthabens sind verschiedene Regelungen denkbar, vgl. hierzu im Einzelnen unten Rn. 16.10 f., 16.16 ff. Dem Gestaltungswillen der Gesellschafter sind insoweit nur geringe Grenzen gesetzt. Insbesondere können die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Zulässigkeit von Abfindungsbeschränkungen bei Gesamthandsgesellschaften nur sehr bedingt auf die stille Gesellschaft übertragen werden, da bei der typischen stillen Gesellschaft der stille Gesellschafter ohnehin nur in sehr eingeschränktem Maße über den Buchwert seiner Einlage hinaus abzufinden ist (vgl. Rn. 16.17 ff.), der Vergleichsmaßstab für Abfindungsbeschränkungen bei stillen Gesellschaften also von vornherein ein anderer ist als bei Gesamthandsgesellschaften. Dennoch können auch bei stillen Gesellschaften Abfindungsbeschränkungen unter Umständen unwirksam sein.
10.24
Unwirksam können bei typischen stillen Gesellschaften vor allem Abfindungsklauseln sein, die die Abfindung unter den Buchwert der Einlage des stillen Gesellschafters senken. In diesem Fall wird noch von der gesetzlichen Regelung des § 235 Abs. 1 HGB nach unten abgewichen. Hierin liegt zumindest dann ein Verstoß gegen § 138 BGB, wenn die Klausel Gläubiger unangemessen benachteiligt, weil sie nur für den Fall der Gläubigerkündigung gilt1, oder wenn sie den stillen Gesellschafter unangemessen benachteiligt, weil sie auch dann anzuwenden ist, wenn der Geschäftsinhaber die stille Gesellschaft kündigt, ohne dass der stille Gesellschafter hierfür einen wichtigen Grund gesetzt hat2. Entsprechend der Rechtslage bei Gesamthandsgesellschaften wird man
10.25
1 BGH v. 7. 4. 1960 – II ZR 69/58, BGHZ 32, 151 (155); BGH v. 12. 6. 1975 – II ZB 12/73, BGHZ 65, 22 (26 ff.). 2 BGH v. 29. 5. 1978 – II ZR 52/77, NJW 1979, 104; vgl. auch BGH v. 9. 1. 1989 – II ZR 83/88, ZIP 1989, 770 (772).
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auch sonst eine Abfindung unter dem Buchwert regelmäßig als unwirksam ansehen müssen, sofern sie nicht ausnahmsweise durch besondere Interessen des Geschäftsführers gerechtfertigt ist1. Insofern kommt insbesondere in Betracht, dass Liquiditätsinteressen des Geschäftsinhabers zumindest die Fälligkeit des Abfindungsguthabens hinausschieben. Hingegen hat die Rechtsprechung lediglich in dem Umstand, dass die Beteiligung dem Gesellschafter von dem Inhaber zuvor geschenkt war, keine Rechtfertigung für eine Abfindungsbeschränkung gesehen2. Ob ein gänzlicher Ausschluss der Abfindung im Falle des Todes eines Gesellschafters wie bei Gesamthandsgesellschaften unter dem Gesichtspunkt gerechtfertigt sein kann, dass die Regelung für alle Gesellschafter gleichmäßig gilt, erscheint wegen der unterschiedlichen Struktur von Gesamthands- und Innengesellschaften zweifelhaft. Unwirksam können bei typischen stillen Gesellschaften ferner Klauseln sein, die das unentziehbare Kündigungsrecht nach § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB schwerwiegend beeinträchtigen, weil sie speziell für den Fall der Kündigung im Verhältnis zum Buchwert der Einlage entweder eine unverhältnismäßig niedrige oder eine unverhältnismäßig hohe Abfindung bestimmen. Hingegen ist für die bei Gesamthandsgesellschaften im Zusammenhang mit Abfindungsbeschränkungen bedeutsame ergänzende Vertragsauslegung nur sehr eingeschränkt Raum, da typische stille Gesellschafter anders als Gesamthandsgesellschafter per definitionem grundsätzlich nur an dem buchmäßig ausgewiesenen Erfolg des Handelsgewerbes partizipieren. Anderes kann nur dann gelten, wenn während des Bestehens der stillen Gesellschaft im Übermaß stille Reserven gelegt wurden, an denen der stille Gesellschafter sonst – entgegen der Intention des Gesellschaftsvertrags – gar nicht teilhaben würde. Selbst in diesem Fall werden aber häufig die Interessen an einer einfachen Berechnung des Abfindungsguthabens die Abfindung zum Buchwert rechtfertigen.
10.26
Für atypische stille Gesellschaften gilt insofern prinzipiell nichts anderes als für typische stille Gesellschaften, da gerade die Regelung des Abfindungsguthabens für die Unterscheidung zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften von Bedeutung ist3. Eine Übertragung der Grundsätze über Abfindungsbeschränkungen bei Gesamthandsgesellschaften auf atypische stille Gesellschaften scheidet aus, weil eben bei Vereinbarung einer Abfindungsbeschränkung insoweit keine atypische, sondern eine typische stille Gesellschaft vorliegt. Nur wenn sich aus dem Inbegriff aller übrigen Vertragsbestandteile deutlich ergibt, dass die Vertragsparteien doch eine volle Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters vereinbaren wollten, der Vertrag also insofern perplex und zugunsten einer vollen Vermögensbeteiligung auszulegen ist, können die Grundsätze über Abfindungsbeschränkungen bei Gesamthandsgesellschaften angewandt werden4. 1 BGH v. 16. 12. 1991 – II ZR 58/91, BGHZ 116, 359 (376). 2 BGH v. 9. 1. 1989 – II ZR 83/88, ZIP 1989, 770 (772) (Gesamthandsgesellschaft). 3 Vgl. OLG München v. 8. 7. 1992 – 7 U 1562/91, NJW-RR 1994, 161; zur Zulässigkeit von Buchwertklauseln bei stillen Publikumsgesellschaften: Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 262–268. 4 Zu diesen vgl. von Gerkan/Haas in Röhricht/Graf von Westphalen, § 131 HGB Rn. 61 ff.
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Gemäß § 235 Abs. 2 HGB nimmt der stille Gesellschafter an dem Gewinn und Verlust der zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäfte teil. Für die Gewinne und Verluste aus den im Zeitpunkt der Errichtung der Gesellschaft schwebenden Geschäften sieht das Gesetz keine Regelung vor. Im Zweifel ist der stille Gesellschafter daran zu beteiligen, da sie einen Teil der regulären Geschäftsergebnisse bilden (siehe näher unten Rn. 16.56 ff.).
10.27
In beiden Fällen handelt es sich um nachgiebiges Recht. Es kann deshalb die Beteiligung des stillen Gesellschafters an den Gewinnen der bei Beginn der Gesellschaft schwebenden Geschäfte, die dann aber eindeutig gekennzeichnet werden müssen, ausgeschlossen werden. Dasselbe gilt für die Beteiligung an den bei Auflösung der Gesellschaft schwebenden Geschäften. Es kann auch so verfahren werden, dass dem stillen Gesellschafter ohne Rücksicht auf das Ergebnis der endgültig abgewickelten Geschäfte vertraglich ein Pauschalabfindungsbetrag zuerkannt wird (unten Rn. 16.62).
10.28
5. Übertragung der Beteiligung Der Charakter der stillen Gesellschaft als Personengesellschaft gestattet grundsätzlich keine Übertragung der Mitgliedschaft und der nichtvermögensrechtlichen Ansprüche, die den Gesellschaftern aus dem Gesellschaftsverhältnis gegeneinander zustehen, auf dritte Personen. Es würde ihrer personenrechtlichen Verbundenheit widersprechen, wenn ein Gesellschafter seine Beteiligung ohne Zustimmung des anderen auf eine dritte Person übertragen könnte, mit der der andere nun fortan zusammenarbeiten müsste1. Damit ist die freie Übertragbarkeit für den personenrechtlichen Teil der Mitgliedschaft ohne Zustimmung des anderen Gesellschafters ausgeschlossen, und zwar sowohl hinsichtlich einzelner Befugnisse als auch hinsichtlich der Summe der Einzelrechte, die zu dem personenrechtlichen Teil der Mitgliedschaft gehören.
10.29
Unübertragbar sind deshalb auf Seiten des stillen Gesellschafters das ihm vertraglich eingeräumte Recht auf Teilnahme an der Geschäftsführung, ihm vertraglich zustehende Zustimmungs-, Widerspruchs- und Informationsrechte und die Kontrollrechte aus § 233 HGB (vgl. § 717 Satz 1 BGB). Auf Seiten des Inhabers sind die ihm zustehenden Rechte und Pflichten zur Förderung des gemeinschaftlichen Zweckes sowie die vermögensrechtlichen Sozialansprüche wie etwa der Anspruch auf eine vereinbarte Vermögenseinlage von der Übertragung ausgeschlossen.
10.30
Auch die vermögensrechtliche Beteiligung kann während des Bestehens der Gesellschaft nicht einseitig auf Dritte übertragen werden, da auch sie einen integrierten Bestandteil der Mitgliedschaft bildet und von ihr nicht ohne Zustimmung des anderen Gesellschafters gelöst werden kann.
10.31
1 Allgemein zur Frage der Abspaltbarkeit von mitgliedschaftlichen Rechten mit und ohne Zustimmung des Mitgesellschafters vgl. BGH v. 10. 11. 1951 – II ZR 111/50, BGHZ 3, 354 (357).
187
§ 10
Inhalt des Gesellschaftsvertrags
10.32
Dagegen sind die Ansprüche auf den anteiligen Gewinn und auf das künftige Auseinandersetzungsguthaben übertragbar (§ 717 Satz 2 BGB)1. Es handelt sich um vermögensrechtliche Geldansprüche, die übertragen werden können, weil sie nicht mehr in den Gesellschaftsbereich gehören, sondern bereits der vermögensrechtlichen Individualsphäre des stillen Gesellschafters zugeordnet sind. Soweit die Ansprüche übertragbar sind, können sie gepfändet oder verpfändet werden. Eine Pfändung ist auch möglich, wenn im Gesellschaftsvertrag die Nichtabtretbarkeit vereinbart worden ist (§ 851 Abs. 2 ZPO).
10.33
Mit der Abtretung des Gewinnanspruchs geht grundsätzlich nur das Recht auf Auszahlung des festgestellten Gewinns auf den Abtretungsempfänger über. In Übereinstimmung mit dem im Recht der Personengesellschaft allgemein geltenden Grundsatz (§ 717 BGB), wonach die Rechte der Gesellschafter unübertragbar sind und einzelne Rechte im allgemeinen nur insoweit abgetreten und vom Gesellschaftsanteil abgespalten werden können, als das Gesetz selbst Ausnahmen zulässt, können auch die dem stillen Gesellschafter nach § 233 HGB zustehenden Informations- und Überwachungsrechte nicht übertragen werden. Der Abtretungsempfänger kann deshalb weder die Mitteilung des Jahresabschlusses noch die Einsicht in die Geschäftsbücher und Geschäftspapiere verlangen. Es würde der Höchstpersönlichkeit der gesellschaftsrechtlichen Informations- und Überwachungsrechte widersprechen, sie einem Dritten zur Ausübung im eigenen Namen zu überlassen. Wenn hiernach auch kein allgemeines Informations- und Überwachungsrecht übertragen werden kann, so kann doch nicht an der Tatsache vorbeigegangen werden, dass durch die Abtretung auch das Recht auf Auszahlung des Gewinnanteils erworben wurde. Hierbei handelt es sich um einen Zahlungsanspruch, der seinem Inhalt nach unbestimmt ist. Er entsteht nur dann und soweit, als ein Gewinn festgestellt wird. In einem solchen Fall enthält die Verpflichtung, den jeweils festgestellten Gewinnanteil des übertragenden Gesellschafters dem Abtretungsempfänger auszuzahlen, nach Treu und Glauben auch das Gebot, diesem den errechneten Gewinnanteil der Höhe nach mitzuteilen2.
10.34
Selbstverständlich kann jeder Gesellschafter mit Zustimmung des anderen seine Beteiligung und die damit verbundenen Gesellschaftsrechte auf einen anderen übertragen. Das kann auch schon im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden. Anhand des Gesellschaftsvertrags ist dann zu ermitteln, welche Form der Beteiligungsübertragung im Einzelnen dem Willen der Beteiligten entspricht.
10.35
Danach kann es sein, dass die stille Gesellschaft zwischen den bisher beteiligten Personen im Zeitpunkt der Übertragung enden soll. Dann kommt zwischen dem verbleibenden Gesellschafter und dem Erwerber der Beteiligung ein neuer Gesellschaftsvertrag – im Zweifel zu den bisherigen Bedingungen – zustande.
1 BGH v. 3. 11. 1975 – II ZR 98/74, NJW 1976, 189 = GmbHR 1976, 37. 2 BGH v. 3. 11. 1975 – II ZR 98/74, NJW 1976, 189 = GmbHR 1976, 37; Habermeier in Staudinger, 13. Bearb. 2003, § 717 BGB Rn. 19.
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Inhalt des Gesellschaftsvertrags
§ 10
Dem im Gesellschaftsvertrag niedergelegten Willen der Beteiligten wird es allerdings in der Regel entsprechen, einen Übergang der Mitgliedschaft als Ganzes unter Wahrung der Identität der bestehenden stillen Gesellschaft anzunehmen1. Diese Form der Beteiligungsübertragung vollzieht sich zwischen ausscheidendem und neu eintretendem Gesellschafter, und bei ihr tritt der neue Geschäftsinhaber oder stille Gesellschafter im vollen Umfang in die Rechtsstellung seines Vorgängers ein2. Bei einem Wechsel des Geschäftsinhabers erhält der neue Geschäftsinhaber damit einen wirtschaftlichen Ausgleich für die gegenüber dem stillen Gesellschafter übernommenen Verpflichtungen vom alten Geschäftsinhaber. Bei einem Wechsel des stillen Gesellschafters findet diesen der neue stille Gesellschafter ab.
10.36
Eine Sonderregelung gilt für den Fall des Todes eines Beteiligten. Während die stille Gesellschaft durch den Tod des Inhabers aufgelöst wird, führt der Tod des stillen Gesellschafters nicht die Auflösung herbei (§ 234 Abs. 2 HGB). Den Gesellschaftern bleibt es jedoch unbenommen, zu vereinbaren, dass beim Tod des Inhabers die Gesellschaft mit seinen Erben fortgesetzt oder dass sie beim Tod des stillen Gesellschafters aufgelöst werden soll (unten Rn. 15.43 ff., 15.49 ff.).
10.37
Die grundsätzliche Unübertragbarkeit der stillen Beteiligung lässt den Unterschied gegenüber dem Darlehen deutlich erkennen. Obwohl sich im Regelfalle die Verpflichtung des stillen Gesellschafters in der Leistung der übernommenen Vermögenseinlage erschöpft und deshalb dem Darlehen wirtschaftlich nahe kommt, ist die Interessenlage eine wesentlich andere. Dem Inhaber des Handelsgeschäfts kann es nicht gleichgültig sein, wer ihm als stiller Gesellschafter gegenübersteht, ebenso wie es dem stillen Gesellschafter nicht gleichgültig sein kann, mit wem er es als Inhaber zu tun hat. Für den Inhaber ist das Interesse an der Unübertragbarkeit der Beteiligung besonders offensichtlich, wenn der stille Gesellschafter seine Einlage noch nicht oder noch nicht voll geleistet oder wenn er sich zur Einbringung persönlicher Dienstleistungen verpflichtet hat, wenn er an der Geschäftsführung beteiligt ist oder über weitgehende Mitwirkungs-, Zustimmung- und Kontrollrechte verfügt. Aber auch bei normaler Gestaltung des Gesellschaftsverhältnisses verbietet der gemeinsam zu verfolgende Gesellschaftszweck, dass dem Inhaber ohne oder gegen seinen Willen ein anderer stiller Gesellschafter aufgezwungen wird. Will dagegen der stille Gesellschafter an seiner Beteiligung einen anderen unterbeteiligen, bedarf es dazu nicht der Zustimmung des Inhabers, weil zwischen diesem und dem Unterbeteiligten keine Rechtsbeziehungen entstehen (hierzu näher unten Rn. 30.27 f.).
10.38
Andererseits hat auch der stille Gesellschafter ein berechtigtes Interesse daran, dass ohne seinen Willen kein Inhaberwechsel stattfindet. Es kann deshalb
10.39
1 So allgemein für Personengesellschaften BGH v. 28. 4. 1954 – II ZR 8/53, BGHZ 13, 179 (185); zu den Motiven der Beteiligten im Einzelnen Reinhardt/Schultz, Gesellschaftsrecht, S. 53. 2 BGH v. 8. 11. 1965 – II ZR 223/64, BGHZ 44, 229 (231); Ulmer/Schäfer in MünchKomm.BGB, § 719 BGB Rn. 17 ff.
189
§ 10
Inhalt des Gesellschaftsvertrags
im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass der Inhaber sein Handelsgeschäft, an dem die Beteiligung besteht, nicht oder nur mit Zustimmung des stillen Gesellschafters veräußern oder in eine andere Rechtsform umwandeln darf (unten Rn. 12.15 ff., 18.1 ff.). Mit einer derartigen Klausel würde noch einmal ausdrücklich festgeschrieben, dass es der gemeinsam zu verfolgende Gesellschaftszweck verbietet, dem stillen Gesellschafter ohne oder gegen seinen Willen einen anderen Geschäftsinhaber aufzuzwingen. Darüber hinaus kann aber auch die Aufnahme weiterer Gesellschafter von der Zustimmung des still Beteiligten abhängig gemacht werden. 6. Dauer der stillen Gesellschaft, Kündigung
10.40
Soll die Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen werden, muss dies im Gesellschaftsvertrag vereinbart sein. Mit dem Ablauf der vorgesehenen Zeit löst sich dann die Gesellschaft auf (unten Rn. 15.11 f.). Soll sie weiterhin fortbestehen, bedarf es eines neuen Vertrags, der auch stillschweigend geschlossen werden kann1. In der Fortführung des Handelsgeschäfts durch den Inhaber über die vorgesehene Zeit hinaus ist eine solche stillschweigende Vereinbarung nicht zu sehen. Es muss vielmehr zwischen den Beteiligten eine Einigung darüber bestehen, dass das Gesellschaftsverhältnis fortbestehen soll. Das den Gesellschaftern zustehende Kündigungsrecht kann im Gesellschaftsvertrag abweichend von den nachgiebigen gesetzlichen Vorschriften geregelt werden (unten Rn. 15.23 ff.). 7. Geheimhaltung der stillen Gesellschaft
10.41
Das Bestehen des stillen Gesellschaftsverhältnisses braucht an sich vor der Öffentlichkeit nicht geheim gehalten zu werden. Häufig macht der Inhaber mit Einwilligung des stillen Gesellschafters seinen Gläubigern im Interesse seiner Kreditwürdigkeit davon Mitteilung. Rechtsbeziehungen zwischen diesen und dem stillen Gesellschafter werden dadurch nicht erzeugt. Insbesondere haftet der stille Gesellschafter nicht für die im Rahmen des Handelsgeschäfts begründeten Verbindlichkeiten. Hierzu bedarf es gesonderter Vereinbarungen (siehe näher unten Rn. 12.98 ff.). Eine Rechtsscheinhaftung des Stillen wird lediglich dann begründet, wenn er den Anschein hervorruft oder unterhält, er sei Geschäftsinhaber oder persönlich haftender Gesellschafter2.
10.42
Die Beteiligten können aber auch daran interessiert sein, dass die stille Gesellschaft nach außen nicht bekannt wird. Sie können dann diesbezügliche Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag treffen. Bei schuldhafter Zuwiderhandlung ergeben sich Schadensersatzverpflichtungen. Auch ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses kann gegeben sein.
1 BayObLG v. 2. 1. 1951 – UmstBeschwReg. 12/50, NJW 1951, 237 (238). 2 RG v. 15. 3. 1893 – I 451/92, RGZ 31, 33 (39); BAG v. 16. 3. 1955 – 2 AZR 28/54, JZ 1955, 582; BGH v. 6. 11. 1963 – IV ZR 32/63, WM 1964, 296 (297).
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§ 10
8. Gewährung von Sicherheiten an den stillen Gesellschafter Im Gesellschaftsvertrag kann vereinbart werden, dass der Abfindungsanspruch des stillen Gesellschafters durch Pfandrechte, Hypotheken oder im Wege der Sicherungsübereignung gesichert werden soll. Die hypothekarische Sicherung der Einlage führt, da der Auseinandersetzungsanspruch des stillen Gesellschafters erst mit der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses entsteht (Rn. 6.90), zunächst zur Entstehung einer Eigentümergrundschuld, die sich im Zeitpunkt der Auflösung in eine Fremdhypothek verwandelt1. Aber auch der künftige Auseinandersetzungsanspruch muss bereits der Höhe nach bestimmbar sein, um die (vorläufige) Eigentümergrundschuld einzutragen zu können2. Auch Vereinbarungen darüber, dass der Abfindungsanspruch in angemessenen Raten zurückzuzahlen ist, um nicht die Liquidität des Unternehmens zu gefährden, haben sich in der Praxis als zweckmäßig erwiesen.
10.43
9. Vereinbarung eines Schiedsgerichts Die Vereinbarung eines Schiedsgerichts, also eines privaten Gerichts, das im schiedsrichterlichen Verfahren entscheidet, hat den Vorteil, dass Streitigkeiten nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen werden müssen; die stille Beteiligung wird also auch im Falle eines Rechtsstreits nicht publik. Dazu kommt, dass Meinungsverschiedenheiten in aller Regel auf diese Weise verhältnismäßig schnell beigelegt werden können.
10.44
Durch das Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz 1997 wurden die im Wesentlichen noch aus dem Jahr des Inkrafttretens der ZPO (1879) stammenden Vorschriften des zehnten Buchs der ZPO einer grundlegenden Reform unterworfen, die sich weitgehend an dem UNCITRAL-Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit orientiert. Während jedoch das Modellgesetz nur für die internationale Schiedsgerichtsbarkeit gedacht war, gelten die geänderten Vorschriften des deutschen Rechts ohne Unterschied, ob es sich um ein internationales oder nationales Verfahren handelt3. Nach der Übergangsregelung des Art. 4 SchiedsVfG beurteilt sich die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen, die vor dem Inkrafttreten am 1. 1. 1998 geschlossen worden sind, nach dem bis dahin geltenden Recht4.
10.45
§ 1029 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass durch eine Schiedsvereinbarung alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen den Parteien in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis entstanden sind oder künftig entstehen, der Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterworfen werden können. Gegenstand der Schiedsvereinbarung kann jeder vermögensrechtliche Anspruch sein; auch Schiedsvereinbarungen über nichtvermögensrechtliche Ansprüche haben insoweit Wirkung, als die Parteien berechtigt sind, über den Gegenstand des Streites einen Vergleich zu schließen (§ 1030 Abs. 1 ZPO). Grundsätzlich kann also
10.46
1 2 3 4
BayObLG v. 2. 1. 1951 – UmstBeschwReg. 12/50, NJW 1951, 237 (238). Bassenge in Palandt, § 1113 BGB Rn. 9 und 18. Lörcher, DB 1998, 245 (245). Vgl. hierzu Geimer in Zöller, Vor § 1025 ZPO Rn. 11.
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§ 10
Inhalt des Gesellschaftsvertrags
eine Schiedsvereinbarung über alle Probleme, die sich im Zusammenhang mit einer stillen Beteiligung ergeben, getroffen werden. Die Schiedsrichter treffen in freier Beweiswürdigung eine billige Entscheidung, gegen die allerdings grundsätzlich kein Rechtsmittel gegeben ist (§ 1055 ZPO).
10.47
Die Schiedsklausel könnte etwa lauten1: „Alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag sollen unter Ausschluss des Rechtswegs durch ein Schiedsgericht entschieden werden. Den Schiedsvertrag haben die Parteien in einer besonderen Urkunde als Bestandteil dieses Gesellschaftsvertrags niedergelegt.“
10.48
Die Schiedsvereinbarung bedarf der Dokumentenform. Eine mündliche Vereinbarung genügt den Anforderungen des § 1031 ZPO auch dann nicht, wenn kein Verbraucher (§ 13 BGB) an der Vereinbarung beteiligt ist; hingegen müssen die Voraussetzungen von § 126a BGB nur bei der Beteiligung von Verbrauchern erfüllt sein2.
10.49
Ohne Beteiligung eines Verbrauchers ist lediglich eine Form erforderlich, die einen Nachweis der Schiedsvereinbarung zulässt3. In welchen Fällen ein Nachweis des Bestehens einer solchen Vereinbarung gesichert ist, ist beispielhaft in § 1031 ZPO aufgezählt. Ausreichend ist es danach, wenn die Schiedsvereinbarung in einem beiderseitig unterzeichneten Dokument oder in zwischen den Parteien gewechselten Dokumenten enthalten ist (§ 1031 Abs. 1 Alt. 1 und 2 ZPO). Daneben genügt auch eine einseitige schriftliche Erklärung, wenn der andere Teil nicht rechtzeitig einen nach der Verkehrssitte erforderlichen Widerspruch erklärt (§ 1031 Abs. 2 ZPO); weiterhin ist die Bezugnahme auf ein eine Schiedsklausel enthaltendes Dokument zulässig, wenn der bezugnehmende Vertrag den Formerfordernissen genügt (§ 1031 Abs. 3 ZPO). Eine Schiedsvereinbarung wird auch durch Begebung eines Konnossements begründet, in dem ausdrücklich auf die in einem Chartervertrag enthaltene Schiedsklausel Bezug genommen wird (§ 1031 Abs. 4 ZPO). Der Mangel der Form wird jedoch durch die Einlassung auf die schiedsgerichtliche Verhandlung zur Hauptsache geheilt (§ 1031 Abs. 6 ZPO).
10.50
Ist dagegen ein Verbraucher beteiligt, was in aller Regel bei stillen Beteiligungen an einer Publikumsgesellschaft der Fall sein wird, so unterliegt die Schiedsvereinbarung bezüglich der Form strengeren Anforderungen. Die Abrede muss in einer von den Parteien eigenhändig unterzeichneten Urkunde enthalten sein (§ 1031 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Diese Urkunde darf keine anderen Vereinbarungen als diejenige über das Schiedsgericht enthalten, es sei denn die Vereinbarung ist notariell beurkundet (§ 1031 Abs. 5 Satz 3 ZPO).
10.51
Weitere Mechanismen zum Schutz des Verbrauchers wie eine allgemeine Überlegenheitsklausel nach dem Vorbild des § 1025 Abs. 2 ZPO sind nach neuer Rechtslage im Gesetz nicht angelegt. Ein ausreichender Schutz wird 1 So Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 30. 2 Voit in Musielak, § 1031 ZPO Rn. 4. 3 Vgl. Geimer in Zöller, § 1031 ZPO Rn. 5.
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Inhalt des Gesellschaftsvertrags
§ 10
durch das Formerfordernis des § 1031 Abs. 5 ZPO und durch das Gleichbehandlungsgebot des § 1042 Abs. 1 ZPO gewährleistet1. Ist einer der beiden Vertragspartner minderjährig und wird ein Schiedsvertrag vorgesehen, so bedarf der Vormund der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes zu dem Schiedsvertrag, es sei denn, dass der Gegenstand des Streits in Geld schätzbar ist und den Wert von 3000 Euro nicht übersteigt (§ 1822 Nr. 12 BGB). Handeln für das minderjährige Kind die Eltern, so bedürfen diese der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nicht (§ 1643 Abs. 1 BGB).
10.52
Abweichend von der früheren Rechtslage geht das Neuregelungsgesetz von dem aus einer ungeraden Zahl von Schiedsrichtern zusammengesetzten Schiedsgericht aus und bestimmt in § 1034 Abs. 1 Satz 2 ZPO das DreierSchiedsgericht als den gesetzlichen Regelfall2. Weitere Verfahrensregeln zu der Bildung des Schiedsgerichts enthalten die §§ 1035–1039 ZPO.
10.53
Für die Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten unter den Beteiligten über die Höhe des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters, über die Höhe seines Auseinandersetzungsguthabens, über Fragen der Gewinnermittlung, über Abschreibungs-, Buchführungs- und Bilanzierungsfragen wird häufig unter Ausschluss des Rechtswegs die Zuständigkeit eines öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfers oder Steuerberaters vereinbart.
10.54
10. Regelung der Erbfolge beim Tode des Inhabers a) Die erbrechtliche Regelung Will der Inhaber für den Fall seines Todes, dass sein Unternehmen nur von einem Erben fortgeführt wird, dass aber die anderen Erben daran beteiligt sein sollen, so kann er sie zu gleichen Teilen als Erben einsetzen und bestimmen, dass das Unternehmen ungeteilt von dem als Nachfolger Ausersehenen als Einzelunternehmen fortzuführen ist, wohingegen die anderen Erben mit ihren Erbteilen an dem Unternehmen still beteiligt werden.
10.55
Beispiele für die Errichtung von Testamenten:
10.56
„Meine Erben sind mein Sohn und mein Enkel zu gleichen Teilen. Meiner Ehefrau vermache ich meinen Hausrat und mein gesamtes außerbetriebliches Vermögen. Sie erhält ferner von den Erben eine lebenslängliche Rente von monatlich … Euro, die bei Wiederverheiratung fortfällt. Mein Unternehmen soll zunächst als Einzelunternehmen durch meinen Sohn fortgesetzt werden. Mein Enkel ist mit seinem Anteil am Geschäftsvermögen still beteiligt, aber im Falle einer Auseinandersetzung wie der Gesellschafter einer OHG zu behandeln. Er hat das Recht, als gleichberechtigter Teilhaber in das alsdann als OHG weiterzuführende Unternehmen einzutreten.“
1 Vgl. Geimer in Zöller, Vor § 1025 ZPO Rn. 10. 2 So auch schon früher die überwiegende Praxis; Lörcher, DB 1998, 245 (246).
193
§ 10
Inhalt des Gesellschaftsvertrags
„Zu meinem Alleinerben bestimme ich meinen Neffen Fritz. Meine Ehefrau erhält zur Abfindung ihrer Erbansprüche eine stille Beteiligung in Höhe der Hälfte des Nachlasswertes. Diese endet im Falle ihrer Wiederverheiratung, sonst bei ihrem Ableben. Im Falle ihrer Wiederverheiratung erhält sie nur den Buchwert ihres Anteils in zehn gleichen Jahresraten ausgezahlt. Erlischt die stille Beteiligung durch ihren Tod, so hat der Geschäftsinhaber das Guthaben zuzüglich eines Aufschlags von … v.H. in zehn gleichen Jahresraten an ihre Erben auszuzahlen. Auf die stille Beteiligung ist nach Abzug eines angemessenen Unternehmergewinns eine Gewinnbeteiligung von mindestens einem Viertel des verbleibenden Gewinns auszuschütten.“
10.57
Der Erblasser kann auch durch Vermächtnisanordnung den Erben verpflichten, den überlebenden Ehegatten oder andere Familienangehörige als stille Gesellschafter in das von ihm fortzuführende Unternehmen aufzunehmen. Besteht an dem Unternehmen bereits eine stille Gesellschaft, so müssen die getroffenen Vereinbarungen und die durch den Gesellschaftsvertrag geschaffenen Bindungen beachtet werden. Lässt der Gesellschaftsvertrag die Aufnahme der Erben als stille Gesellschafter zu, so entstehen keine Schwierigkeiten. Dagegen können vertragliche Einschränkungen der Übertragbarkeit bei Weigerung der anderen Beteiligten die Erfüllung des Vermächtnisses unmöglich machen. Hier bietet sich oft als Ausweg die Einsetzung eines Erben oder Vermächtnisnehmers, der seinerseits verpflichtet wird, die anderen Angehörigen an seiner Beteiligung unterzubeteiligen (unten Rn. 30.3 f.).
10.58
Zur Verhinderung des Eindringens familienfremder Personen kann bestimmt werden, dass beim Ableben eines Beteiligten, der keine Abkömmlinge hinterlässt, die Beteiligung gegen oder ohne Abfindung an die eigene Familie zurückfallen soll.
10.59
Setzt der Inhaber für den Fall seines Todes seinen Ehegatten als Alleininhaber ein, so ist es zweckmäßig, den Abkömmlingen zur Abgeltung ihres Pflichtteils wenigstens die Hälfte des gesetzlichen Erbteils als Erben zuzuwenden; auch hier bietet sich die Errichtung einer stillen Gesellschaft in vielen Fällen als zweckmäßige Lösung an, sei es in typischer oder in atypischer Form.
10.60
Auch als Übergangsregelung zur Überbrückung eines vorläufigen Zustandes ist die Form der stillen Gesellschaft geeignet, z.B. wenn minderjährige, als Nachfolger ausersehene Kinder erst heranwachsen oder sich noch in der Ausbildung befinden. Hier findet meist eine Beteiligung an den Rücklagen und am Geschäftswert des Unternehmens statt (oben Rn. 2.15 ff.).
10.61
Ist der Erblasser selbst am Handelsgewerbe eines anderen still beteiligt, so endet bei seinem Tode das Gesellschaftsverhältnis regelmäßig nicht (§ 234 Abs. 2 HGB). Er kann deshalb durch letztwillige Verfügung anordnen, wer von seinen Erben an seine Stelle als stiller Gesellschafter treten und die Gesellschaft fortsetzen soll. Es müssen aber auch hier die getroffenen Vereinbarungen und die durch den Gesellschaftsvertrag geschaffenen Bindungen beachtet werden (vgl. zum Tod des stillen Gesellschafters im Einzelnen unten Rn. 15.49 ff.).
194
Inhalt des Gesellschaftsvertrags
§ 10
Um den reibungslosen Übergang des Unternehmens vom Erblasser auf seine Erben zu gewährleisten und das Unternehmen den Zufälligkeiten des Erbgangs zu entziehen, wird vielfach die Übertragung auf die künftigen Erben bereits unter Lebenden vollzogen. Die Beteiligung der pflichtteilsberechtigten Erben an dem Unternehmen schon zu Lebzeiten des Geschäftsinhabers und ihre gleichzeitige Bindung durch den Gesellschaftsvertrag stellen eine geeignete Möglichkeit dar. Dabei werden die Erben, die im Geschäft nicht selbst tätig sein sollen, zweckmäßig als stille Gesellschafter beteiligt, während der oder die zur Nachfolge bestimmten Erben die Stellung von Kommanditisten oder persönlich haftenden Gesellschaftern erhalten. Damit ist eine Einflussnahme der abzufindenden Erben auf die Geschäftsführung ausgeschlossen. Auch das Entstehen einer Erbengemeinschaft beim Tode des Geschäftsinhabers wird vermieden. Die Beziehungen der Erben richten sich hinsichtlich des Unternehmens nach dem Gesellschaftsvertrag. Die stillen Gesellschafter können sich den Bestimmungen des Vertrags nicht dadurch entziehen, dass sie den Pflichtteil fordern, weil ihre Gesellschafterstellung nicht auf Erbrecht, sondern auf dem unter Lebenden geschlossenen Gesellschaftsvertrag und der darin vorweggenommenen Erbfolge beruht.
10.62
Ist im Gesellschaftsvertrag festgelegt, dass beim Tode des Inhabers seine Beteiligung den übrigen Gesellschaftern anteilmäßig zuwachsen soll, so fällt sein Kapitalanteil nicht in den Nachlass. Die Erben, die nur als stille Gesellschafter beteiligt sind, werden in einem solchen Falle sowohl von der Erbfolge in das Unternehmen als auch von den auf dem Gesellschaftsvertrag beruhenden Zuwendungen ausgeschlossen, da sie mit einer festen Einlage, nicht aber als Gesamthänder am Gesellschaftsvermögen beteiligt sind und ihnen infolgedessen die Zuwendung nicht zugute kommt. Sie haben allenfalls einen Anspruch gegen die Miterben auf Ergänzung ihres Pflichtteils (§ 2325 BGB), wenn die vertragliche Bestimmung, der zufolge der Kapitalwert der Beteiligung des Erblassers unmittelbar auf die Erben-Gesellschafter übergeht, nicht länger als zehn Jahre vor dem Erbfall festgelegt wurde (vgl. zum Tod des Geschäftsinhabers im Einzelnen unten Rn. 15.42 ff.).
10.63
Diese Gestaltung bietet die Möglichkeit, die Ansprüche der zum Ausscheiden bestimmten Erben auf ein Mindestmaß zu beschränken und die Wirkung der Abfindung auf die Liquidität des Unternehmens durch entsprechende Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags abzuschwächen. Gleichzeitig bietet diese Regelung steuerliche Vorteile. Liegt nämlich die schenkweise Kapitalübertragung vom Vater auf die Kinder länger als zehn Jahre vor dem Erbfall, so werden die Erwerbe bei der Errechnung der Erbschaftsteuer nicht zusammengerechnet (§ 14 ErbStG). Auf diese Weise kommen die Erben zweimal in den Genuss der Freibeträge. Gleichzeitig wird die Gesamtbelastung durch die progressive Erbschaftsteuer vermindert. Bei solcher Vertragsgestaltung empfiehlt es sich, weitere Bestimmungen in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen, z.B. über die Dauer der stillen Gesellschaft, über Kündigungsmöglichkeiten, über die Teilnahme der stillen Gesellschafter am Gewinn und Verlust (Beschränkung der
10.64
b) Die gesellschaftsvertragliche Regelung
195
§ 10
Inhalt des Gesellschaftsvertrags
Gewinnbeteiligung auf einen bestimmten Teil des Gesamtgewinns oder auf einen Vom-Hundertsatz ihrer Einlagen), über ihr Recht zur Gewinnentnahme (nur insoweit, als es die Geschäftslage zulässt), über eine etwaige Substanzbeteiligung, über die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens (Ratenzahlungen zur Verhinderung einer Beeinträchtigung der Liquidität des Unternehmens) usw. 11. Weitere Regelungen
10.65
Als weitere Regelungen im Gesellschaftsvertrag kommen in Betracht: – Festlegung der Mindestanforderungen, die an die Buchführung des Inhabers zu stellen sind (vgl. unten Rn. 13.1 ff.), – Bestimmungen über die Höhe der vorzunehmenden Abschreibungen (vgl. unten Rn. 13.33, 13.79 ff., 16.21), – Behandlung des Geschäfts und Firmenwertes bei der Auseinandersetzung (vgl. unten Rn. 16.22 ff.), – Vereinbarung von Wettbewerbsbeschränkungen und Wettbewerbsverboten (vgl. unten Rn. 12.52 ff.), – Vereinbarung von Vertragsstrafen für den Fall, dass einer der Beteiligten gegen die ihm obliegenden Verpflichtungen verstößt, sowie – Vereinbarung, dass der stille Gesellschafter berechtigt sein soll, als offener Teilhaber in das Handelsgeschäft einzutreten oder bei Veräußerung des Handelsgeschäfts ein Vorkaufsrecht auszuüben.
III. Zusammenfassung
10.66
Über den Inhalt des Gesellschaftsvertrags enthält das Gesetz keine Vorschriften. Es muss aus dem Vertrag jedoch eindeutig hervorgehen, dass eine stille Gesellschaft errichtet werden soll. Die gesetzlichen Merkmale, die in ihrer Gesamtheit das Wesen der stillen Gesellschaft ausmachen, müssen deshalb als Mindestinhalt im Gesellschaftsvertrag niedergelegt sein. Darüber hinaus sollten es aber die Beteiligten nicht bei der Festlegung des Mindestinhalts bewenden lassen. Sie sollten alle ihre Beziehungen so erschöpfend und umfassend wie nur irgend möglich regeln, um Meinungsverschiedenheiten über ihre Rechte und Pflichten weitestgehend auszuschalten. Welche Punkte im Gesellschaftsvertrag zweckmäßig berücksichtigt werden, ergibt sich beispielhaft aus der obigen Übersicht. Soweit der Gesellschaftsvertrag Lücken aufweist, greifen ergänzend die §§ 230 ff. HGB und die §§ 705 ff. BGB ein, letztere jedoch nur insoweit, als sie sich nicht auf das Außenverhältnis und auf das Vorhandensein eines gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögens beziehen.
196
§ 11 Mängel des Gesellschaftsvertrags Schrifttum: Blaurock, Uwe, Zur Anwendung der für die fehlerhafte Gesellschaft geltenden Grundsätze auf die stille Gesellschaft, WuB II H. § 230 HGB 1.05; Canaris, ClausWilhelm, Bankvertragsrecht, Bd. 1, 3. Aufl. 1988; Fischer, Robert, Die faktische Gesellschaft, NJW 1955, 849; Fischer, Robert, Anmerkung zu BGH Urt. v. 29. 11. 1952 – II ZR 25/52, BGH LM Nr. 4 zu § 335 HGB; Florstedt, Tim, Der „stille Verband“, 2007; Flume, Werner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. I, Teil 1: Die Personengesellschaft, 1977; Ganßmüller, Helmut, Einzelfragen zum Recht der Gesellschaft auf mangelhafter Vertragsgrundlage, DB 1955, 257; Grunewald, Barbara, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl. 2008; Habscheid, Walther J., Faktische Innengesellschaften? BB 1955, 50; Hüffer, Uwe, Aktiengesetz, 8. Aufl. 2008; Konzen, Horst, Fehlerhafte stille Beteiligungen an Kapitalanlagegesellschaften, in Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S. 1133 ff.; Möhle, Fritz, Die Personengesellschaft OHG, KG, StG, 2. Aufl. 1957; Rödig, Jürgen, Bereicherung ohne Rechtfertigung durch Gesellschaftsvertrag, 1972; Röwer, Heinz-Hugo, Fehlerhafte Innengesellschaften, Freundesgabe für Willi Weichler zum 70. Geburtstag, 1997, S. 115 ff.; Schäfer, Carsten, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, 2002; Schmidt, Karsten, „Fehlerhafte Gesellschaft“ und allgemeines Verbandsrecht, AcP 186 (1986), 421; Schulze-Osterloh, Joachim, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, 1972; Schumann, Hans, Handelsrecht, Bd. I: Handelsgesellschaften, 1954; Siebert, Wolfgang, Die faktische Innengesellschaft, BB 1958, 1065; Stimpel, Walter, Aus der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Gesellschaftsrecht, ZGR 1973, 73; Tettinger, Peter W., Die fehlerhafte stille Gesellschaft – Zivilrechtlicher Anlegerschutz durch bankrechtliche Erlaubnisvorbehalte? (Teil II), DStR 2006, 903; Ulmer, Peter, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft – gesicherter Bestand des Gesellschaftsrechts oder methodischer Irrweg?, in Festschrift für Werner Flume, Bd. II, 1978, S. 301 ff.; Weber, Hansjörg, Zur Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, 1978; Wiesner, Georg, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, 1980 (mit Besprechung von Blaurock, Uwe, AcP 181 (1981), 451).
I. Die Lehre von der Gesellschaft mit fehlerhafter Vertragsgrundlage Entspricht ein an sich wirksamer Gesellschaftsvertrag nicht den an eine stille Gesellschaft zu stellenden Anforderungen – findet die Beteiligung nicht an dem Handelsgewerbe eines anderen statt, fehlt es an der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters oder wird vereinbart, dass das Geschäftsvermögen den Gesellschaftern zur gesamten Hand zustehen oder dass die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen werden soll –, so ist der Gesellschaftsvertrag nicht unwirksam. Er vermag nur nicht eine stille Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB zu begründen. Es wird regelmäßig eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts vorliegen. Auch eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft kann gegeben sein.
11.1
Anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn der Gesellschaftsvertrag an Mängeln leidet, die nach den allgemeinen Vorschriften des BGB dessen Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit bedingen. Hier ist daran zu denken, dass ein Gesellschafter im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geschäftsunfähig war, dass der Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder gegen die guten Sit-
11.2
197
§ 11
Mängel des Gesellschaftsvertrags
ten (§ 138 BGB) verstößt oder der im Einzelfall erforderlichen Form1 entbehrt. In Betracht kommen weiterhin die Fälle der Anfechtbarkeit des Gesellschaftsvertrags wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung sowie die Fälle des versteckten Einigungsmangels (§ 155 BGB). In jüngerer Zeit werden dem auch die Fälle gleichgestellt, in denen ein Verbraucher in Bezug auf seine Beitrittserklärung zum Gesellschaftsvertrag wirksam einen Haustürwiderruf ausgeübt hat (§ 312 Abs. 1 i.V.m. § 355 Abs. 1 BGB)2.
11.3
Es gehört zu den mittlerweile gesicherten Erkenntnissen des Gesellschaftsrechts3, dass mit derartigen Mängeln behaftete Gesellschaftsverträge nicht ohne weiteres nach den allgemeinen, für die Rückabwicklung von nichtigen bzw. unwirksamen Schuldverhältnissen geltenden Vorschriften zu behandeln sind. Die sog. Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft erkennt vielmehr an, dass auch rechtsfehlerhaft begründete Gesellschaften als bestehende angesehen werden können und nicht ex tunc als inexistent betrachtet werden müssen4. Hintergrund dieser überwiegend anerkannten Lehre5 ist das Bedürfnis nach Verkehrsschutz einerseits und Bestandsschutz andererseits. So soll beispielsweise eine ins Leben getretene Gesellschaft sich etwaigen Gläubigern gegenüber nicht darauf berufen können, sie sei wegen eines nach den §§ 116 ff. BGB zur Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit führenden Mangels niemals zur Entstehung gelangt (Verkehrsschutz)6. Darüber hinaus wird für das Verhältnis der Gesellschafter untereinander eine rückwirkende Abwicklung der fehlerhaften Gesellschaft für nicht interessengerecht sowie insbesondere bei Vorliegen von Gesamthandsvermögen für undurchführbar gehalten und stattdessen lediglich die Auflösung für die Zukunft unter Maßgabe gesellschaftsrechtlicher Abwicklungsvorschriften zugelassen (Bestandsschutz).
1 Z.B. Schriftformerfordernis bei stillen Beteiligungsverträgen an einer AG gemäß. § 293 Abs. 3 AktG; vgl. BGH v. 29. 11. 2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262) = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock, WuB II H. § 230 HGB 1.05. 2 BGH v. 29. 11. 2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock, WuB II H. § 230 HGB 1.05; siehe Näheres unter Rn. 19.33 ff. 3 So BGH v. 29. 6. 1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8). 4 Zum Verhältnis von Vertragsauslegung einerseits und dem Institut der fehlerhaften Gesellschaft andererseits als Instrumente zur Aufrechterhaltung einer fehlerhaft zustande gekommenen Gesellschaft siehe Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 106 ff. 5 Kritisch aber Rödig, Bereicherung ohne Rechtfertigung durch Gesellschaftsvertrag, S. 61 ff.; Schulze-Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, S. 272 ff.; Weber, Zur Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 102 ff., 159 ff.; vgl. hierzu auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 I 3. 6 In diesem Bereich trifft sich die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft mit der allgemeinen Rechtsscheinhaftung. Nach dem heutigen Stand der Dogmatik stehen beide Rechtsinstitute aber selbständig nebeneinander und sind scharf zu trennen. Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 I 3; für die Abgrenzung zur Scheingesellschaft vgl. Ulmer in GroßKomm.HGB, 4. Aufl. 1989, § 105 HGB Rn. 384.
198
Mängel des Gesellschaftsvertrags
§ 11
Auf diesen beiden Anliegen der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft beruhen deren nachstehend zusammengefasste Grundsätze1.
11.4
Es wird im Verhältnis der Gesellschafter zueinander davon ausgegangen, dass aufgrund des mangelhaften Vertrages eine tatsächliche Gemeinschaft begründet worden ist, zu deren Beseitigung es im Falle der handelsrechtlichen Personengesellschaft einer besonderen Auflösungsklage bedarf2, für die jeder Grund genügt, der nach den allgemeinen Regeln die Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags zur Folge hat3. Bis zur Rechtskraft des Auflösungsurteils wird die Gesellschaft als bestehend behandelt. Die Gesellschafter sind zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet, wie wenn der Gesellschaftsvertrag gültig wäre. Gewinn und Verlust sind nach den getroffenen Vereinbarungen zu verteilen. Es gelten für die Gesellschafter alle Rechte und Pflichten, wie sie sich aus einem gültigen Vertrag ergeben. Ist das Auflösungsurteil ergangen, so richtet sich die Auseinandersetzung nach den Vorschriften über die Auflösung einer gültigen Gesellschaft4. Im Außenverhältnis gelten für die Beziehungen zu Dritten die Vorschriften des Gesellschaftsrechts. Die Gesellschafter können sich den Gläubigern gegenüber nicht auf die Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags berufen. Sie müssen sich ihnen gegenüber so behandeln lassen, als ob auch nach außen hin eine gültige Gesellschaft bestünde. Das gilt vor allem hinsichtlich der Haftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten5. Positive Voraussetzung für den Eintritt dieser Rechtsfolgen ist das Vorliegen eines nach den allgemeinen Regeln anfechtbaren oder nichtigen Gesellschaftsvertrags6, der in Vollzug gesetzt worden ist7. Für das Merkmal des Vollzuges genügen nach wohl h.M. bereits interne Vollzugshandlungen wie z.B. die Leis-
1 Ausführlich Ulmer in GroßKomm.HGB, 4. Aufl. 1989, § 105 HGB Rn. 327 ff.; Ulmer in MünchKomm.BGB, § 705 BGB Rn. 323 ff. 2 RG v. 13. 11. 1940 – II 44/40, RGZ 165, 193; BGH v. 24. 10. 1951 – II ZR 18/51, BGHZ 3, 285 (289). 3 BGH v. 24. 10. 1951 – II ZR 18/51, BGHZ 3, 285 (292). 4 RG v. 13. 11. 1940 – II 44/40, RGZ 165, 193 (199); BGH v. 24. 10. 1951 – II ZR 18/51, BGHZ 3, 285 (289); Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2 V 4. 5 RG v. 13. 11. 1940 – II 44/40, RGZ 165, 193 (198); BGH v. 8. 11. 1965 – II ZR 267/64, BGHZ 44, 235 (237). 6 Die früher auf dem Boden der Theorie der faktischen Vertragsverhältnisse vertretene Lehre von der faktischen Gesellschaft, wonach auch rein tatsächliche gemeinschaftliche Betätigung ausreichen sollte, ist heute überwunden. Nachdem der BGH sich von dieser Lehre schon in der Entscheidung v. 28. 11. 1953 – II ZR 188/52, BGHZ 11, 190 distanziert hatte, vollzog BGH v. 5. 3. 1964 – II ZR 208/61, LM Nr. 19 zu § 105 HGB (m. Anm. Fischer) zur Klarstellung auch eine terminologische Wendung von der „faktischen“ zur „fehlerhaften“ Gesellschaft. 7 Kritisch zu diesem Erfordernis Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 117 ff.
199
§ 11
Mängel des Gesellschaftsvertrags
tung der Beiträge1. Nicht ausreichend ist die Leistung von Beiträgen, die lediglich auf das vom Beteiligten zu zahlende Agio angerechnet worden sind2. Ist der Gesellschaftsvertrag zur Begründung der stillen Gesellschaft mit einer Aktiengesellschaft als Unternehmensträger abgeschlossen, so bedarf er zwar als Teilgewinnabführungsvertrag gemäß §§ 293 Abs. 1 Satz 1, 294 Abs. 2, 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der Hauptversammlung und der Eintragung in das Handelsregister3. Nach der Rechtsprechung des BGH hindert die fehlende Zustimmung weder die Anwendbarkeit der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft noch ist die Eintragung eine Voraussetzung des Vollzugs, auch in diesem Fall genügt die Leistung der Einlage durch den Stillen4. Negatives Erfordernis ist, dass die Anerkennung der fehlerhaften Gesellschaft nicht mit gewichtigen Interessen der Allgemeinheit oder besonders schutzwürdiger Personen in Widerspruch tritt5. So können Verstöße gegen § 134 BGB oder § 138 BGB die Annahme einer bis zur Geltendmachung des Mangels als bestehend zu behandelnden Gesellschaft ausschließen6. Auch der Minderjährigenschutz geht dem Interesse an der Anerkennung einer fehlerhaften Gesellschaft vor7. Die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft werden hingegen nicht zu Gunsten des Schutzes arglistig getäuschter Personen verdrängt8. Auch verbraucherschutzrechtliche Erwägungen stehen einer Anwendung der Grundsätze bisher nicht entgegen9.
II. Der fehlerhafte stille Gesellschaftsvertrag im Besonderen 1. Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf die stille Gesellschaft
11.5
Da die oben genannten Grundsätze hauptsächlich im Rahmen der Beurteilung von Außengesellschaften entwickelt worden sind, versteht es sich nicht von 1 BGH v. 25. 5. 1954 – II ZR 167/53, BGHZ 13, 320 (321); BGH v. 29. 11. 2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (2. LS); Ulmer in MünchKomm.BGB, § 705 BGB Rn. 331; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, 2. Aufl. 2006, § 105 HGB Rn. 236; Wiedemann Gesellschaftsrecht II, § 2 V 3; Hadding in Soergel, 12. Aufl. 2007, § 705 BGB Rn. 75; a.A. C. Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, S. 157 ff. 2 OLG Hamburg v. 14. 7. 1999 – 11 U 15/99, DStR 1999, 2043. 3 BGH v. 21. 7. 2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38 (43). 4 BGH v. 29. 11. 2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (2. LS); Wälzholz, DStR 2003, 1533; a.A. Hüffer, § 291 AktG Rn. 21 m.w.N. 5 BGH v. 24. 10. 1951 – II ZR 18/51, BGHZ 3, 285 (288); BGH v. 6. 2. 1958 – II ZR 210/56, BGHZ 26, 330 (334); BGH v. 29. 6. 1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (9). 6 BGH v. 25. 3. 1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234 (241); BGH v. 24. 9. 1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214 (217 f.). 7 RG v. 18. 9. 1934 – II 95/34, RGZ 145, 155 (159); BGH v. 30. 9. 1982 – II ZR 58/81, NJW 1983, 748; LAG Hamm v. 17. 2. 2000 – 4 Sa 1150/99, NZA-RR 2001, 177. 8 St. Rspr. BGH v. 19. 12. 1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 (345 f.). 9 Bisher st. Rspr. BGH v. 2. 7. 2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201 (207) (HWiG); nun jedoch BGH v. 5. 5. 2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 mit Vorlage an den EuGH, dazu Näheres unter Rn. 19.43 f.
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§ 11
selbst, dass sie auch auf Innengesellschaften, insbesondere auf die stille Gesellschaft Anwendung finden. Zur Beantwortung der Frage, ob die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auch für das stille Beteiligungsverhältnis gelten, ist allein der Aspekt des Bestandsschutzes von Interesse. Da die stille Gesellschaft als solche nicht nach außen auftritt, spielt der Gesichtspunkt des Verkehrsschutzes keine Rolle. Es geht dementsprechend um die Frage, ob es gerechtfertigt bzw. erforderlich ist, bei mangelhaften stillen Beteiligungsverhältnissen statt einer Rückabwicklung nach den allgemeinen Grundsätzen des BGB aus Gründen des Bestandsschutzes für die fehlerhaft zustande gekommene stille Gesellschaft den gesellschaftsrechtlichen Abwicklungsnormen den Vorzug zu geben. a) Meinungsstand Hierzu finden sich in Rechtsprechung und Schrifttum einander widerstreitende Stellungnahmen1.
11.6
Ein Teil der Literatur geht davon aus, für die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft sei das Vorhandensein von Gesamthandsvermögen unabdingbare Voraussetzung; für die stille Gesellschaft komme dieses Rechtsinstitut mithin schon von vornherein nicht in Betracht2. Insbesondere die ältere Literatur stellt hierbei darauf ab, dass die Wiederherstellung des früheren Zustandes durch Abwicklung nach Bereicherungsrecht nur bei gesamthänderisch gebundenem Vermögen Schwierigkeiten bereite. Bei der stillen Gesellschaft, bei der die Einlage in das alleinige Vermögen des Inhabers gelange, bestünden hier jedoch keine Probleme3. Zum gleichen Ergebnis gelangen Teile des Schrifttums, die freilich von einem anderen Ausgangspunkt her argumentieren, indem sie an die Doppelnatur des Gesellschaftsverhältnisses als Schuldverhältnis und Organisation4 anknüpfen und dem Gesamthandsvermögen zur Begründung dieser Doppelnatur zentrale Bedeutung beimessen5. Erst die einverständliche Schaffung von Gesamthandsvermögen führe zur Überlagerung des bis dahin uneingeschränkt den Nichtigkeits- und Anfechtungsregeln unterliegenden Schuldverhältnisses durch die 1 Einen Überblick zu den verschiedenen dogmatischen Ansätzen geben Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 42 ff.; C. Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, S. 120 ff.; Ulmer in MünchKomm.BGB, § 705 BGB Rn. 347 ff. 2 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 90 ff., 111; Möhle, Die Personengesellschaft OHG, KG, StG, S. 28, 315; Schumann, Handelsrecht, Bd. I, S. 294; Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 166. 3 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 99, 104 f., 111 f.; Schumann, Handelsrecht, Bd. I, S. 294. 4 Hierzu Flume BGB AT I/1, § 2 III, S. 13 ff.; Ulmer in FS Flume II, S. 301 (308 ff., 318); Ulmer in MünchKommBGB, § 705 BGB Rn. 354 ff. 5 Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 81 ff., 162 ff.; Röwer in FS Weichler, S. 120 (127); Ulmer in GroßKomm.HGB, 4. Aufl. 1989, § 105 HGB Rn. 339a; ebenso im Grundsatz K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 I 3 sowie K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 132 f. mit abweichenden Folgerungen, die unten unter Rn. 11.19 ff. dargestellt sind.
201
11.7
§ 11
Mängel des Gesellschaftsvertrags
gesellschaftliche „Organisation“, weil allein die Gesamthandsgemeinschaft eine eigene im Rechtsverkehr erhebliche Handlungsorganisation und damit ein besonderes über das reine Schuldverhältnis hinausgehendes Organisationsmoment aufweise1. Mit der einverständlichen Schaffung von Gesamthandsvermögen und damit der gesellschaftlichen Organisation sei den Gesellschaftern die uneingeschränkte Dispositionsbefugnis bezüglich ihrer das Innenverhältnis nunmehr überschreitenden Beziehungen entzogen; sie müssten sich für den Zeitraum bis zur Geltendmachung des Mangels grundsätzlich an der Gesamthandsgemeinschaft und deren Vertragsgrundlage festhalten lassen. Eine Abänderung der gesellschaftsrechtlichen Beziehungen könne daher abweichend von den allgemeinen Grundsätzen nur ex nunc erfolgen2. Mit dem Merkmal der Gesamthand stehe überdies ein eindeutiges Abgrenzungskriterium für den Anwendungsbereich der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft zur Verfügung, wohingegen die grundsätzliche Ausdehnung auf Innengesellschaften ohne Gesamthandsvermögen mit der schwierigen und oft zu Zufallsergebnissen führenden Frage der Abgrenzung zwischen Innengesellschaft und partiarischem Rechtsverhältnis belastet sei3. Schließlich könne ein sachgerechter Ausgleich bei Auseinandersetzung durch die flexiblen Wertmaßstäbe des § 818 Abs. 1 bis 3 BGB4 oder durch Annahme eines gesetzlichen Vertrauensschuldverhältnisses5 hergeleitet werden, ohne dass es der Anwendung gesellschaftsrechtlicher Normen bedürfe. Ebenfalls auf organisationsrechtliche Momente stellt eine weitere Ansicht ab, die jedoch die notwendige Organisation als Voraussetzung für die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nur bei Körperschaften und rechtsfähigen Personengesellschaften und folglich nicht bei der stillen Gesellschaft als gegeben sieht6. Ausdifferenzierter und daher auch schwieriger in ihrer Handhabung ist eine weitere Ansicht aus der jüngsten Literatur, die bei stillen Gesellschaften zwischen „stillen Kreditgesellschaften“ und „stillen Verbänden“ unterscheidet7. Nur bei stillen Verbänden soll wegen dort bestehender Rückabwicklungsschwierigkeiten die Grundsätze der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft Anwendung finden8. Kennzeichnend für einen solchen stillen Verband soll wiederum sein, dass der Geschäftsinhaber den Nutzen der Unternehmung für Rechnung der Innen-Gesellschafter zieht9.
11.8
Eine andere, in der Literatur vor allem in Anschluss an BGHZ 8, 157 vertretene Ansicht sieht die Rechtfertigung der Lehre von der fehlerhaften Gesell1 Ulmer in FS Flume II, S. 301 (311 ff.); Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 89 ff.; insoweit anders K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 II 3, dazu unten Rn. 11.19 ff. 2 Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 114 ff.; Ulmer in FS Flume II, S. 301 (312 ff.); Ulmer in MünchKomm.BGB, § 705 BGB Rn. 354. 3 Ulmer in MünchKomm.BGB, § 705 BGB Rn. 359. 4 Ulmer in FS Flume II, S. 301; siehe auch Rödig, Bereicherung ohne Rechtfertigung durch Gesellschaftsvertrag, S. 61 ff. 5 Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 171 ff. 6 Bälz in MünchHdb.GesR Bd. 1, § 100 Rn. 337 ff. 7 Florstedt, Der „stille Verband“, S. 1 ff. 8 Florstedt, Der „stille Verband“, S. 78 ff. 9 Florstedt, Der „stille Verband“, S. 30 ff., 257.
202
Mängel des Gesellschaftsvertrags
§ 11
schaft darin, dass die Rechtsordnung die Tatsache der Schaffung gemeinsamer Werte durch gemeinsame Tätigkeit nicht rückwirkend negieren könne. Sie hält dementsprechend die Anwendung dieses Rechtsinstitutes nur in den Fällen der atypischen stillen Gesellschaft für zulässig, in denen die internen Rechtsverhältnisse denjenigen bei den Personenhandelsgesellschaften angenähert sind1. Entscheidend sei nicht das Vorhandensein von Gesamthandsvermögen, sondern das Vorliegen einer auf gewisse Dauer angelegten, werteschaffenden Arbeitsgemeinschaft2. Auch innerhalb dieser Auffassung finden sich verschiedene Akzentuierungen. So wird einerseits eine vermögensrechtliche Beteiligung am Handelsgeschäft in Kombination mit tätiger Mitwirkung im Unternehmen gefordert3. Andere Autoren legen entscheidendes Gewicht auf die obligatorische Beteiligung am Wert des Unternehmens4 oder heben wesentlich auf die Geschäftsführungstätigkeit des Stillen ab5. Eine dritte Ansicht lässt es genügen, wenn alternativ eines dieser beiden Merkmale gegeben ist6. Fehle es dagegen an diesen Kriterien, so sollen die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft nicht eingreifen, da die typische stille Gesellschaft keine werteschaffende Arbeitsgemeinschaft sei, vielmehr den Dauerschuldverhältnissen nahe stehe und ebenso wie diese keinen Bestandsschutz genießen könne7.
11.9
Eine Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft nur auf atypische stille Gesellschaftsformen befürwortet im neueren Schrifttum auch Karsten Schmidt8, wobei auch er sich in der Begründung von der zuerst genannten Lehre unterscheidet. Er schließt sich im Grundsatz der Auffassung an, dass die Rechtfertigung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft in der Doppelnatur der Personengesellschaft als Schuldverhältnis und Organisation gesehen werden müsse9. Mit der Berücksichtigung organisationsrechtlicher Elemente lasse die Lehre ferner ein allgemeines verbandsrechtliches Prinzip erkennen, das gleichermaßen für Kapital- und Personengesellschaften gelte10. Als zentrales Merkmal für das organisatorische Element sieht er allerdings nicht die Gesamthand, sondern die für Handelsgesellschaften kennzeichnende Kombination von Vermögensgemeinschaft und Mitgliedschaftsrechten an, die
11.10
1 So zunächst BGH v. 29. 11. 1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157 (167); OLG Nürnberg v. 28. 4. 1961 – 1 U 12/61, BB 1961, 1341 (1342); Siebert, BB 1958, 1065; Fischer, NJW 1955, 849; Habscheid, BB 1955, 50; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 106. 2 Siebert, BB 1958, 1065 (1068); Habscheid, BB 1955, 50 (52). 3 So schon BGH v. 29. 11. 1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157 (167). 4 Fischer, Anm. zu BGH LM Nr. 4 zu § 335 HGB. 5 Habscheid, BB 1955, 50 (52); Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 55 f. 6 Siebert, BB 1958, 1065 (1070). 7 Siebert, BB 1958, 1065 (1067); Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 51 f. 8 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 131 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 II 3. 9 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 II 3; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 132. 10 K. Schmidt AcP 186 (1986), 421 (424 ff.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 6 I 3; ebenso C. Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, S. 137 ff.
203
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bei einer typischen stillen Gesellschaft nicht vorliege, vielmehr nur angenommen werden könne, wenn der stille Gesellschafter schuldrechtlich am Unternehmensvermögen beteiligt sei und ihm mitgliedschaftliche Mitverwaltungsrechte mindestens in Gestalt eines Widerspruchsrechtes nach Art des § 164 HGB oder eines Stimmrechtes zugestanden seien. Das Vorliegen nur eines dieser Merkmale reiche nicht aus1.
11.11
Die höchstrichterliche Rechtsprechung wendet die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf alle stillen Gesellschaftsverhältnisse an, ohne nach der Ausgestaltung im Einzelfall zu differenzieren2. Große Teile des Schrifttums haben sich dem angeschlossen3. Am Anfang dieser zum Teil durch die Obergerichte widersprochenen4, inzwischen jedoch gefestigten5 Rechtsprechung steht die Erstreckung des Anwendungsbereichs von den Außengesellschaften auf die atypische stille Gesellschaft mit Vermögensbeteiligung und Geschäftsführungsbefugnissen des Stillen durch die Entscheidung des BGH vom 29. 11. 19526. Der BGH hob in diesem Urteil noch auf die faktische Begründung gemeinsamer Werte durch beiderseitige Tätigkeit der Gesellschafter auf der Grundlage eines dem Recht der Personenhandelsgesellschaften angeglichenen Innenverhältnisses ab. Später7 erachtete der BGH als tragenden Grund für die Rechtfertigung des Instituts der fehlerhaften Gesellschaft den Charakter des Gesellschafterverbundes als Leistungs- und Risikogemeinschaft. Den Vollzug dieser Gemeinschaft könne die Rechtsordnung nicht ignorieren. Da auch die stille Gesellschaft ungeachtet der schwächeren Bindung der Partner und ohne Rücksicht auf die Gestaltung im Einzelfall wegen der langfristig vereinbarten Teilung von Gewinn und Verlust des Unternehmens in Verbindung mit 1 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 II 3; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 133 f.; a.A. C. Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, S. 144 f. (gegen Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf jegliche Form der Innengesellschaft). 2 BGH v. 29. 6. 1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8 f.). 3 Stimpel, ZGR 1973, 73 (101); Keßler in Staudinger, 12. Bearb. 1979, § 705 BGB Rn. 141; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 10 II 3; Hopt in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rn. 11; Sprau in Palandt, § 705 BGB Rn. 19; Konzen in FS Westermann, S. 1133 (1144 ff.); Grunewald, Gesellschaftsrecht, 1 D, Rn. 30 jedoch mit Ausnahme bei „problemlos möglicher Rückabwicklung“; vorher schon Steckhan, Die Innengesellschaft, S. 110 ff., 129 und Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 69. 4 OLG Schleswig v. 13. 6. 2002 – 5 U 78/01, ZIP 2002, 1244 (1247); OLG Jena v. 26. 2. 2003 – 4 U 786/02, ZIP 2003, 1444. 5 GH v. 29. 6. 1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8 f.); BGH v. 25. 3. 1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234 (237); BGH v. 24. 9. 1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214 (217); BGH v. 12. 2. 1973 – II ZR 133/70, WM 1973, 900 (901); BGH v. 25. 11. 1976 – II ZR 187/75, WM 1977, 196 (197), BGH v. 14. 10. 1991 – II ZR 212/90, WM 1992, 490 (491); BGH v. 29. 6. 1992 – II ZR 284/91, WM 1992, 1576; BGH v. 24. 5. 1993 – II ZR 136/92, WM 1993, 1277 (1278); BGH v. 29. 11. 2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock, WuB II H. § 230 HGB 1.05; BGH v. 21. 3. 2005 – II ZR 310/03, NZG 2005, 467; BGH v. 29. 11. 2004 – II ZR 149/03, NZG 2005, 472; BGH v. 29. 11. 2004 – II ZR 149/03, NZG 2005, 476; BGH v. 26. 9. 2005 – II ZR 314/03, NZG 2006, 57 (58). 6 BGH v. 29. 11. 1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157. 7 BGH v. 29. 6. 1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8 f.).
204
Mängel des Gesellschaftsvertrags
§ 11
einer Einlageleistung des Stillen als Leistungs- und Risikogemeinschaft angesehen werden könne, müssten auch hier die allgemeinen Rückabwicklungsvorschriften zugunsten des Bestandsschutzes durch Anwendung gesellschaftsrechtlicher Normen zurücktreten. Anderenfalls gelange man zu dem grob unbilligen Ergebnis, dass in Zeiten wirtschaftlichen Niedergangs das Risiko der Betriebsführung entgegen dem im Gesellschaftsvertrag erklärten Willen der Gesellschafter allein dem Geschäftsinhaber zugewiesen werde, und andererseits die in einer Phase wirtschaftlichen Aufschwungs auch auf dem Kapitalbeitrag des stillen Gesellschafters beruhenden Erfolge des Unternehmens allein dem Inhaber zugute kämen, während der Stille mit einem geringerwertigen Bereicherungsanspruch abgefunden werde. Eine sachgerechte Risikoverteilung erfordere daher die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf alle stillen Beteiligungsverhältnisse, ohne Unterschied, ob diese gesetzestypisch oder atypisch ausgestaltet seien1. b) Stellungnahme Der Auffassung der Rechtsprechung ist zuzustimmen. Sie berücksichtigt zutreffend den Umstand, dass die Gesellschafter zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks eine Leistungs- und Risikogemeinschaft eingehen wollen. Diesem Gesichtspunkt kann das Bereicherungsrecht nur sehr bedingt Rechnung tragen. Bei einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung nach den §§ 812, 818 BGB nimmt der Stille am Verlust nur insoweit teil, als tatsächlich gezogene Nutzungen i.S. von § 818 Abs. 1 BGB nicht vorliegen werden. An Gewinnen partizipiert er lediglich, soweit sie sich als tatsächlich gezogene Nutzungen der Einlage darstellen2. Dieser auf rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen im Rahmen von reinen Austauschverträgen zugeschnittene Rückabwicklungsmodus kann die bei einer Personengesellschaft regelmäßig komplexere Interessenlage nicht immer hinreichend berücksichtigen. So kann insbesondere bei atypischen stillen Gesellschaften die Tatsache, dass die Gesellschafter etwa einverständlich in dem Unternehmen tätig waren, unter Umständen dessen Wert gemeinsam geschaffen sowie sich während der Dauer der Vertragsdurchführung im Vertrauen auf dessen Wirksamkeit an den vereinbarten Modalitäten zur Verfolgung des gemeinsamen Zwecks ausgerichtet haben, auch in der rechtlichen Beurteilung nicht unberücksichtigt bleiben. Eine von den Parteien gewollte und bewusst durchgeführte Risikogemeinschaft rückwirkend als inexistent zu betrachten und eine auf Austauschverhältnisse zugeschnittene Rückabwicklung mit einer vom erklärten Parteiwillen abweichenden Risikoverteilung vorzunehmen, erscheint nicht sachgerecht. Zwar trifft es zu, dass im Rahmen eines rückwirkend abzuwickelnden fehlerhaften Vertragsverhältnisses die Beziehungen der Parteien zueinander regelmäßig nach anderen Maßstäben als den von den Parteien ursprünglich vereinbarten beurteilt werden. Dies ist an sich keine Besonderheit allein der Gesellschaftsverträge. Eine Sonderstellung der Gesellschaftsverträge insbesondere gegenüber sonstigen Dauerschuldverhältnissen rechtfertigt sich aber aus dem 1 BGH v. 29. 6. 1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8 f.). 2 Vgl. hierzu Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 166 ff.
205
11.12
§ 11
Mängel des Gesellschaftsvertrags
Aspekt der Leistungs- und Risikogemeinschaft und der zu ihrem Funktionieren bestehenden gesellschaftsrechtlichen Bindung, die sich beispielsweise in der Zustimmungspflicht bei Veränderungen der Grundlagen des Handelsgeschäftes äußert1, ihren Ausdruck aber auch in der Behandlung der Einlage des Stillen in der Insolvenz findet, indem diese in Höhe des Verlustanteils als haftendes Kapital angesehen wird (vgl. dazu auch unten Rn. 17.8 ff.)2. Zwar ist es im Einzelfall nicht immer einfach, ein stilles Gesellschaftsverhältnis von einem partiarischen Dienst- oder Darlehensvertrag zu trennen. Hier gibt es die bekannten Abgrenzungsprobleme, die zu schwer prognostizierbaren Einzelfallentscheidungen der Gerichte führen können (vgl. hierzu oben Rn. 8.1 ff.). Hierbei handelt es sich indessen um ein allgemeines Problem, aus dessen Schwierigkeit und der zu einzelfallorientierten Ergebnissen führenden Behandlung nichts gegen die Anwendung der Regeln der fehlerhaften Gesellschaft auf alle Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft hergeleitet werden kann. Für die Anwendbarkeit dieser Lehre ist vielmehr auf das Ergebnis einer solchen Abgrenzung zurückzugreifen. Die Grenze der Anwendbarkeit der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft verläuft dort, wo die stille Gesellschaft in ein partiarisches Rechtsverhältnis übergeht. Da sich die Abgrenzung beider Gestaltungsformen ungeachtet der im Detail anzuwendenden Maßstäbe an dem für ein Gesellschaftsverhältnis charakteristischen gemeinsam verfolgten Zweck orientiert (siehe oben Rn. 8.16 ff.) und dieser auch den Ausgangspunkt für die Korrektur der allgemeinen Rückabwicklungsvorschriften im Rahmen der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft darstellt, erscheint diese Grenzziehung auch folgerichtig. Im übrigen hat sie gegenüber der Auffassung, die eine Anwendung lediglich auf bestimmte atypische stille Gesellschaftsformen befürwortet, den Vorteil, dass keine zusätzlichen Abgrenzungsprobleme hinsichtlich der Bestimmung der Gesellschaftsformen auftauchen, die im Unterschied zu anderen Bestandsschutz verdienen und so keine über die allgemeine Abgrenzung zu partiarischen Rechtsverhältnissen hinausgehenden Rechtsunsicherheiten schafft.
11.13
Es ist den von der Rechtsprechung abweichenden Stimmen in der Literatur zuzugeben, dass sich in bestimmten Fällen, vor allem im Grenzbereich zwischen partiarischem Rechtsverhältnis und stiller Gesellschaft, mit bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung ebenfalls interessengerechte Ergebnisse erzielen lassen, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die Praxis durch Berücksichtigung von Vertrauensgesichtspunkten dem Bereicherungsrecht eine gewisse Flexibilität verleiht3. Auch mit der Annahme eines gesetzlichen Ver-
1 Vgl. dazu näher unten Rn. 12.9 ff., dort auch ausführlich zu den gesellschaftsrechtlichen Bindungen; vgl. auch Steckhan, Die Innengesellschaft, S. 119 ff. allgemein zu Innengesellschaften. 2 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 V 2, meint, aus der gesetzlichen Regelung eine Beurteilung der Einlage als qualifizierten Kredit herleiten zu können. Damit drängt er den gesellschaftsrechtlichen Aspekt als Regelungsgrund für die § 236 HGB, § 136 InsO zurück. Ebenso K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 5. 3 In der Literatur wird darüber hinaus teilweise versucht, den Bestandsschutz auch im Bereicherungsrecht durch eine entsprechende Anwendung des in § 346 Satz 2 BGB a.F.
206
Mängel des Gesellschaftsvertrags
§ 11
trauensschuldverhältnisses mögen sachgerechte Ergebnisse zu erzielen sein1. Der von der Rechtsprechung eingeschlagene Weg hat diesen Lösungen gegenüber jedoch den Vorzug, dass er eine im Gesellschaftsrecht weitgehend anerkannte Rechtsfigur zur Gewinnung sachgerechter Ergebnisse einsetzt und so ein zur Beurteilung aller fehlerhaften Gesellschaften einheitliches Instrument zur Verfügung stellt, das ein typisch gesellschaftsrechtliches Bedürfnis nach Modifizierung der bürgerlichrechtlichen Nichtigkeits- und Anfechtungsfolgen befriedigt und auch dann zu interessengerechten Rechtsfolgen führt, wenn ein Bedürfnis für eine solche Modifikation im Einzelfall nicht hervortritt. Dies trägt wesentlich zur Rechtsklarheit und Rechtssicherheit bei2. Auch wenn man wie Wiesner3 das Hauptaugenmerk auf den Vertrauensschutz unter den Gesellschaftern legt, ist die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft der Konstruktion eines spezifischen Vertrauensschuldverhältnisses vorzuziehen. Denn das schutzwürdige Interesse der Gesellschafter im Hinblick auf die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrags kann sich nur auf die Geltung der gesetzlichen Normen bzw. des vertraglich Vereinbarten erstrecken. Gerade diesen Regeln verhilft aber das Institut der fehlerhaften Gesellschaft zur Anerkennung, indem es das Gesellschaftsverhältnis – grundsätzlich – als bestehend behandelt und so die gesellschaftsrechtlichen Normen zur Anwendung bringt sowie die nicht fehlerhaften Vertragsbestimmungen unberührt lässt.
11.14
Zudem gelangt man mit der Ansicht der Rechtsprechung auch zu sachgerechten Ergebnissen im Fall der Insolvenz des Handelsunternehmens, einem Bereich, bei dem das reine Innenverhältnis der Gesellschafter verlassen wird und auch Folgen für außenstehende Gläubiger des Inhabers zu bedenken sind. Nur wenn man die auf fehlerhaftem Gesellschaftsvertrag vollzogene stille Gesellschaft grundsätzlich als bestehend behandelt und dadurch die Anwendung der §§ 236 HGB und 136 InsO eröffnet, kann die Einlage des Stillen in der Insolvenz des Geschäftsinhabers dem Gedanken der bewusst durchgeführten Leistungs- und Risikogemeinschaft entsprechend nach Maßgabe des § 236 HGB als haftendes Kapital angesehen werden. Soweit man Bestandsschutz für die fehlerhafte stille Gesellschaft nicht gewähren will, wirkt dies zum Nachteil der Insolvenzgläubiger, da der Stille in diesem Fall auch in der Höhe seiner Einlage, in der er nach dem Gesellschaftsvertrag am Verlust beteiligt sein soll, mit ihnen konkurriert. Den Gläubigern würde die nach dem Vertrag am Verlust teilnehmende Einlage als haftendes Kapital entzogen.
11.15
enthaltenen Gedankens, die Vergangenheit möglichst unangetastet zu lassen, zu berücksichtigen; hierzu Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 170 f. 1 So Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 171 ff. 2 So auch Stimpel, ZGR 1973, 73 (101 f.). 3 Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 171 ff., 177 ff. Der Umstand, dass Wiesner zur sachgerechten Behandlung fehlerhafter Innengesellschaften auf ein gesetzliches Vertrauensschuldverhältnis angewiesen ist, verdeutlicht die Fragwürdigkeit seines Ausgangspunktes, die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft sei nur bei Vorliegen einer Gesamthand anzuwenden.
207
§ 11
Mängel des Gesellschaftsvertrags
11.16
Weiterhin ist auch die Anwendung des in § 136 InsO geregelten besonderen Insolvenzanfechtungstatbestandes von der Annahme eines bestehenden Gesellschaftsverhältnisses bzw. eines Gesellschaftsverhältnisses, das mindestens im Jahr vor Insolvenzeröffnung rechtswirksam bestanden hat (siehe unten Rn. 17.76), abhängig1. Nimmt man die stille Gesellschaft aus dem Anwendungsbereich der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft heraus, so führt das zu einem Ausschluss des besonderen Insolvenzanfechtungsrechts für die Gläubiger des Inhabers. Sieht man die ratio des § 136 InsO darin, den Informationsvorsprung des stillen Gesellschafters vor den anderen Unternehmensgläubigern zu sanktionieren2, so ist nicht einzusehen, warum die Gläubiger bei einer fehlerhaften stillen Gesellschaft schlechter stehen sollen, denn bei tatsächlicher Durchführung des stillen Beteiligungsverhältnisses kommt dem Stillen der Insidervorteil ebenfalls zugute. Auch eine Einschränkung auf atypische stille Gesellschaften ist nicht angezeigt3, weil nach dem Gesetz schon die Interessenlage bei einer typischen stillen Gesellschaft für ein besonderes Insolvenzanfechtungsrecht ausreicht. Nichts anderes kann dann für die durchgeführte fehlerhafte stille Gesellschaft gelten.
11.17
Schließlich eröffnet die Anwendung der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft auch die Möglichkeit, dem wegen des Vertragsmangels kündigenden Gesellschafter ein Recht auf Überprüfung des vom Geschäftsinhaber errechneten Auseinandersetzungsguthabens nach Maßgabe des § 233 HGB zu geben, wenn man zutreffenderweise4 diese Norm auch auf den ausscheidenden Gesellschafter anwendet. Das führt zu dem sachgerechten Ergebnis, dass der wegen des Vertragsmangels Kündigende ebenso wie der aus einer fehlerfrei zustande gekommenen stillen Gesellschaft Ausscheidende sich zur Kontrolle seiner Auseinandersetzungsansprüche auf die gesellschaftsrechtliche Norm des § 233 HGB stützen kann und nicht auf das allgemeine Auskunfts- oder Einsichtsrecht aus §§ 810, 242 BGB beschränkt ist.
11.18
Von dem so dargelegten Standpunkt aus versteht es sich, dass es für die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf das Vorliegen von Gesamthandsvermögen entgegen anderen Auffassungen in der Literatur nicht ankommen kann. Es ist nicht so, dass sich nur bei Bildung von gesamthänderisch gebundenem Vermögen die Schwierigkeiten ergeben, die zu einer Modifikation der allgemeinen Regeln führen müssen; und es ist auch nicht so, dass sich die Funktion des Rechtsinstituts der fehlerhaften Gesellschaft allein in der adäquaten Rückabwicklung von gesamthänderischem Eigentum einer werbenden Personengesellschaft erschöpft; vielmehr müssen die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft auch als Instrument zur sachgerechten Abwicklung 1 Zutt in GroßKomm.HGB, § 237 HGB Rn. 4; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 9; siehe auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 V 2a, wo eine analoge Anwendung auf sonstige Fälle langfristiger Unternehmensfinanzierung befürwortet wird. 2 Hierzu K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh., Rn. 3. 3 So aber im Ergebnis K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 9, 19; § 230 HGB Rn. 134. 4 Zur anders lautenden h.M. siehe unten Rn. 16.44 ff.
208
Mängel des Gesellschaftsvertrags
bewusst durchgeführter Leistungs- und Risikogemeinschaften verstanden werden1. Wenn in der neueren Literatur der Gesamthand zentrale Bedeutung für die Annahme eines gesellschaftlichen Organisationsstatuts beigemessen und allein bei Vorliegen einer solchen „Organisation“ die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft befürwortet, für stille Gesellschaften also generell ausgeschlossen wird, so ist dem nicht zu folgen. Wäre dies richtig, so müsste sowohl der BGB-Gesellschaft mit Bruchteilsvermögen als auch der BGB-Außengesellschaft ohne Gesellschaftsvermögen ein organisationsrechtliches Element abgesprochen werden, was nicht zutrifft. Sowohl die vermögenslose BGB-Außengesellschaft als auch die BGB-Gesellschaft mit Bruchteilsvermögen ist ein auch personenrechtlich relevantes Gebilde, bei dem jeweils eine über ein bloßes Schuldverhältnis hinausgehende Verfestigung vorhanden ist. Die gesamthänderische Bindung betrifft lediglich die Bildung eines gesellschaftlichen Sondervermögens, die zu dem selbst bereits Organisationscharakter tragenden Gesellschaftsverhältnis hinzutritt2. Überzeugender ist demgegenüber schon die Argumentation von Karsten Schmidt3, der die entscheidenden Merkmale für ein genügend verfestigtes Organisationsstatut in einer den Personenhandelsgesellschaften angenäherten Vermögens- und Organisationsstruktur sieht. Letztlich vermag aber auch diese Ansicht die Interessenlage bei typischen stillen Gesellschaften nicht hinreichend zu berücksichtigen, da sie das gesetzestypische stille Beteiligungsverhältnis lediglich als qualifiziertes Kreditverhältnis begreift und so die gesellschaftsrechtlichen Aspekte, die einen Bestandsschutz auch für typische stille Gesellschaften rechtfertigen, in den Hintergrund drängt. Zudem kann auch diese Auffassung nicht begründen, warum die in § 236 HGB und § 136 InsO für typische stille Gesellschaften geregelte Behandlung der Einlage in der Insolvenz bei einem stillen Beteiligungsverhältnis auf fehlerhafter Vertragsgrundlage nur bei atypischer Ausgestaltung zum Zuge kommen soll. Schließlich ist auch in Rechnung zu stellen, dass eine Beschränkung des Bestandsschutzes auf atypische stille Gesellschaftsformen zusätzliche Abgrenzungsprobleme mit sich brächte. Neben die Trennung von Gesellschaft und partiarischem Rechtsverhältnis träte die Abgrenzung derjenigen Gesellschaftsform, die Bestandsschutz verdient, von derjenigen, bei welcher eine Rückabwicklung nach allgemeinen Regeln vorzunehmen ist. Da hier die Abgrenzungskriterien nicht abschließend bestimmt und gleichfalls fließende Übergänge denkbar sind4, wären die Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zusätzlich belastet. Dies wird durch die von der Rechtsprechung vertretene Auffassung vermieden5. Ihr ist aus diesem und aus den zuvor genannten Gründen zu folgen. Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft ist somit auf die stille Gesellschaft generell anwendbar, ohne dass es auf die Ausgestaltung im Einzelfall ankommt. 1 2 3 4
Vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2 V 2. Blaurock, AcP 181 (1981), 451 (453). K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 132 ff. Siehe nur K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 133; Siebert, BB 1958, 1065 (1068 ff.). 5 Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 107, der eine fehlende Einzelfallgerechtigkeit bemängelt, verkennt, dass sich die gefestigte Rechtsprechung des BGH gerade an Einzelfällen zu orientieren hatte.
209
§ 11
§ 11
Mängel des Gesellschaftsvertrags
2. Grenzen der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft
11.19
Die rechtliche Anerkennung einer fehlerhaften stillen Gesellschaft findet jedoch entsprechend den eingangs (oben Rn. 11.1 ff.) dargestellten allgemeinen Grundsätzen dieser Lehre dort ihre Grenze, wo gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder bestimmter, besonders schutzwürdiger Personen entgegenstehen1. Dies sind die Fälle der Gesetzwidrigkeit i.S. von § 134 BGB2, der groben Sittenwidrigkeit i.S. von § 138 BGB3 sowie solche Konstellationen, bei denen ein Gesellschafter durch Täuschung oder Drohung zum Beitritt bewogen wird und die bloße Auflösung dem Täuschenden bzw. Drohenden ungerechtfertigte Vorteile brächte4. Schließlich ist auch der Minderjährigenschutz hier zu nennen5. a) Gesetzes- und Sittenwidrigkeit
11.20
Im Falle der Gesetzes- bzw. Sittenwidrigkeit ist danach zu unterscheiden, ob lediglich einzelne, den Gesellschaftszweck nicht unmittelbar betreffende Klauseln der Nichtigkeitssanktion der §§ 134, 138 BGB unterfallen oder ob der Gesellschaftszweck selbst mit dem Gesetz oder den guten Sitten nicht vereinbar ist. Die Unvereinbarkeit nur einzelner Klauseln mit den §§ 134, 138 BGB lässt die Gültigkeit des übrigen Gesellschaftsvertrags in der Regel unberührt6. Die mangelhafte Vertragsbestimmung ist nicht anzuwenden, die dadurch entstandene Lücke durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen7. Nur ausnahmsweise ist Totalnichtigkeit des Gesellschaftsvertrags anzunehmen, etwa wenn die betreffende Klausel für die Gesellschafter von fundamentaler Bedeutung ist oder der wirksame Restvertrag zu von den Gesellschaftern offensichtlich nicht gewollten Ergebnissen führt8. Die Regel des § 139 BGB kann angesichts der Bestrebungen nach Bestandsschutz bei mangelbehafteten Gesellschaftsverträgen allenfalls sehr eingeschränkte Anwendung finden9. Dennoch ist es zur Vermeidung von Zweifeln sinnvoll, eine salvatorische Klausel in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.
1 BGH v. 24. 10. 1951 – II ZR 18/51, BGHZ 3, 285 (288); BGH v. 29. 6. 1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (9). 2 BGH v. 25. 3. 1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234 (241); BGH v. 24. 9. 1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214. 3 BGH v. 9. 2. 1970 – II ZR 76/68, LM Nr. 18 zu § 138 (Cd) BGB. 4 BGH v. 12. 5. 1954 – II ZR 167/53, BGHZ 13, 320 (323); BGH v. 29. 6. 1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (10). 5 BGH v. 30. 4. 1955 – II ZR 202/53, BGHZ 17, 160 (167); BGH v. 20. 9. 1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 (29); BGH v. 30. 9. 1982 – III ZR 58/81, NJW 1983, 748. 6 BGH v. 9. 2. 1970 – II ZR 76/68, LM Nr. 18 zu § 138 (Cd) BGB; BGH v. 12. 2. 1973 – II ZR 69/70, WM 1973, 900 (901); BGH v. 16. 11. 1981 – II ZR 213/80, NJW 1982, 877 (879). 7 Schäfer in GroßKomm.HGB, § 132 HGB Rn. 39. 8 Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 107, 108; Ulmer in MünchKomm.BGB, § 705 BGB Rn. 53. 9 Schäfer in GroßKomm.HGB, § 132 HGB Rn. 39; Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 106 f.
210
Mängel des Gesellschaftsvertrags
§ 11
Ist dagegen der Gesellschaftszweck selbst mit den §§ 134, 138 BGB nicht vereinbar, so führt dies zur Totalnichtigkeit des Gesellschaftsvertrags1. Im Recht der stillen Gesellschaft sind in diesem Zusammenhang vor allem Fälle praktisch geworden, in denen es um berufsspezifische Anforderungen (Konzessionen, Sachkunde etc.) zum Betrieb des Unternehmens geht2. Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass die berufsspezifischen Anforderungen grundsätzlich nur für den Geschäftsinhaber gelten, da er allein das Geschäft betreibt. Ein Verstoß berührt deshalb nicht zwingend den Bestand des Gesellschaftsvertrages3. Dessen Nichtigkeit ist vielmehr erst anzunehmen, wenn die konkrete Ausgestaltung und Durchführung des Gesellschaftsvertrages dem Sinn und Zweck der Verbotsnorm zuwiderläuft. Dies hat der BGH beispielsweise bejaht, wenn der stille Gesellschafter eines Inkassounternehmens nicht die Erlaubnis nach dem früheren Art. 1 § 1 RBerG besaß, aber maßgeblichen Einfluss auf die Führung der Geschäfte ausüben konnte4. Nichtigkeit nach § 134 BGB hat der BGH auch für den Fall angenommen, dass die stille Beteiligung an einer Apotheke den Apotheker als Erlaubnisinhaber entgegen den Intentionen des Apothekengesetzes in persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit bringt5.
11.21
Handelt es sich bei dem Abschluss stiller Beteiligungsverträge um konzessionspflichtige Einlagengeschäfte, d.h. um solche typisch stillen Gesellschaften, bei denen die Verlustbeteiligung ausgeschlossen wurde und die durch Publikumsbeteiligungsgesellschaften vertrieben werden (siehe Rn. 19.1), stellt sich die Frage, ob ein Verstoß gegen § 32 KWG zum Ausschluss der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft und zur Nichtigkeit gemäß § 134 BGB führt (siehe Rn. 19.32; Rn. 19.88 ff.).
11.22
Nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG sind Bankgeschäfte ohne die nach § 32 KWG erforderliche Erlaubnis verboten. Das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis berührt jedoch nach Ansicht des BGH die Wirksamkeit der mit den Kunden geschlossenen Verträge nicht6. Denn das Verbot des § 54 KWG richte sich nur gegen eine der beiden Vertragsparteien7. Dem BGH kann zugestimmt werden, soweit es Darlehensverträge betrifft, auf die sich auch alle oben genannten Entscheidungen des BGH bezogen. Handelt es sich hingegen – wie es bei stillen Beteiligungen der Fall sein kann – um Einlagengeschäfte, wäre es mit dem Zweck der §§ 32, 54 KWG, den Kunden vor unsoliden Finanzunternehmen zu schützen, 1 Ulmer in GroßKomm.HGB, § 105 HGB Rn. 355. 2 BGH v. 25. 3. 1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234; BGH v. 24. 9. 1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214. 3 Die Führung des Geschäftes ohne Konzession kann aber die Auflösung der Gesellschaft nach § 726 BGB zur Folge haben, wenn der Geschäftsinhaber die Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession nicht erfüllen kann. 4 BGH v. 25. 3. 1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234 (239 ff.). 5 BGH v. 24. 9. 1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214 (217 ff.). Nach heutiger Rechtslage ist die stille Beteiligung eines Nichtapprobierten an einer Apotheke generell untersagt, Art. 1 Nr. 3 des Änderungsgesetzes zum ApothG, BGBl. I 1980, 1142, dazu Rn. 9.75 f. 6 BGH v. 14. 7. 1966 – II ZR 240/64, WM 1966, 1101 (1102); BGH v. 18. 10. 1978 – VIII ZR 278/77, WM 1978, 1268 f. 7 BGH v. 14. 7. 1966 – II ZR 240/64, WM 1966, 1101 (1102); vgl. hierzu Sack in Staudinger, 13. Bearb. 2003, § 134 BGB Rn. 258.
211
§ 11
Mängel des Gesellschaftsvertrags
unvereinbar, die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB nicht anzuwenden1. Der BGH hat diese Frage bisher explizit offen gelassen2. Der Schutz des Kunden erfordert allerdings nicht die beiderseitige Nichtigkeit des gesamten Einlagevertrags; es genügt vielmehr nach dem Schutzzweck des § 32 KWG und analog § 15 Abs. 5 KWG, dass der Kunde seine Einlage sofort zurückfordern kann3. Bereits dem Gesellschafterkonto zugewiesene Gewinne sind zurückzugewähren. b) Verstoß gegen berufsrechtliche Regelungen
11.23
Auch bei Verstoß gegen eine berufsrechtliche Regelung hat der BGH die Nichtigkeit der Gesellschaft bejaht, wenn durch ihre Anerkennung der gesetzlich verbotene Zustand der Sache nach legitimiert würde4. In diesen Fällen verdient die stille Gesellschaft keinen Bestandsschutz. Die Rechtsordnung kann nicht ein von ihr verbotenes und für nichtig erklärtes Rechtsverhältnis anerkennen, das laufend neue Rechte und Pflichten begründet. Das Interesse der Gesellschafter an der Anerkennung des von ihnen gewollten und tatsächlich begründeten Zustandes muss hinter die entgegenstehenden Belange der Allgemeinheit zurücktreten. Der BGH hat allerdings eine Ausnahme für den Fall zugelassen, dass die Gesellschafter nicht bewusst gegen das Verbotsgesetz verstoßen sondern vielmehr ihre – wegen Fehlens einer behördlichen Genehmigung – gesetzwidrige Geschäftstätigkeit in Übereinstimmung mit der Konzessionsbehörde ausgeübt haben5. Von dieser Ausnahme abgesehen bewirkt die unheilbare Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags, dass an die Stelle der Ansprüche und Verpflichtungen aus dem Gesellschaftsvertrag die im allgemeinen Vertragsrecht geltenden Nichtigkeitsfolgen treten, wonach die aufgrund eines nichtigen Rechtsverhältnisses erbrachten gegenseitigen Leistungen nach Bereicherungsgrundsätzen abzurechnen und zurückzugewähren sind, wobei namentlich § 817 BGB zu beachten ist6. c) Minderjährigenschutz
11.24
Die Fälle des Vorrangs schutzwürdiger Interessen einzelner betreffen vor allem die Eingehung einer stillen Gesellschaft durch Minderjährige. Die Rechtsordnung des BGB stellt den Schutz der in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkten oder geschäftsunfähigen Personen generell über den allgemeinen Vertrauens- und Verkehrsschutz, er muss daher auch Vorrang vor dem gesellschaftsrechtlichen Bestandsschutzinteresse haben, das für den Minderjährigen
1 So auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1173. 2 BGH v. 21. 3. 2005 – II ZR 124/03, NZG 2005, 471. 3 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1173; Sack in Staudinger, 13. Bearb. 2003, § 134 BGB Rn. 258; Tettinger, DStR 2006, 903 (904). 4 BGH v. 28. 9. 1995 – II ZR 257/94, DStR 1995, 1722 m. Anm. Goette. 5 BGH v. 24. 4. 1954 – II ZR 35/53, LM Nr. 8 zu § 105 HGB; a.A. Ulmer in MünchKomm.BGB, § 705 BGB Rn. 334 m.w.N., der betont, dass es auf subjektive Kriterien bei der Prüfung des Vorrangs öffentlicher Interessen nicht ankommt. 6 BGH v. 25. 3. 1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234 (242).
212
Mängel des Gesellschaftsvertrags
§ 11
Verpflichtungen und damit rechtliche Nachteile mit sich brächte1. Liegt demnach eine auf Eingehung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses gerichtete, infolge von Geschäftsunfähigkeit aber von Anfang an nichtige Willenserklärung vor (§ 105 Abs. 1 BGB), so entsteht keine, insbesondere auch keine als bestehend zu behandelnde fehlerhafte stille Gesellschaft. Der Geschäftsunfähige erlangt aus dem nichtigen Gesellschaftsvertrag weder Rechte noch binden ihn Pflichten. Er kann die Rückerstattung bereits geleisteter Beiträge und Einlagen in Anwendung der §§ 812, 818, 985 ff. BGB verlangen. Handelt es sich um einen beschränkt Geschäftsfähigen, so treten diese Rechtsfolgen nur ein, wenn die erforderliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters fehlt (hierzu Rn. 9.33.). Streitig ist indessen, ob zum Schutz des nur beschränkt oder überhaupt nicht Geschäftsfähigen die allgemeinen Rückabwicklungsvorschriften mit der Folge partiell modifiziert werden sollen, dass zwar das Verlustrisiko ausgeschlossen, die Gewinnbeteiligung aber aufrecht zu erhalten ist. Von der früher überwiegenden Auffassung wurde dies im Hinblick auf den so zu erreichenden optimalen Schutz der betreffenden Personen bejaht2. Dagegen wird jedoch geltend gemacht, dem Gesellschaftsrecht sei die Position eines Gesellschafters, der nur Rechte, aber keine Pflichten habe, unbekannt; die Anerkennung einer solchen Position sei auch nicht vertretbar, da das in der Führung eines kaufmännischen Unternehmens liegende Risiko unzulässigerweise in vollem Umfang auf die andere Partei abgewälzt werde3. Für die stille Gesellschaft muss dieses Argument freilich relativiert werden, da § 231 Abs. 2 HGB den Ausschluss von der Beteiligung am Verlust ausdrücklich zulässt. Die Verlagerung des Verlustrisikos auf den Inhaber des Unternehmens ist dem Recht der stillen Gesellschaft also nicht grundsätzlich unbekannt. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass für den Fall der vereinbarten Nichtteilnahme am Verlust der Gesellschaftsvertrag in seiner Gesamtheit auf diese Risikoverteilung durch entsprechende Ausgestaltung der Rechte und Pflichten der Gesellschafter zugeschnitten wird. Dem nicht oder nur beschränkt Geschäftsfähigen das Verlustrisiko abzunehmen und die Gewinnverteilungsabrede, die auf der Grundlage auch einer Verlustteilnahme vereinbart wurde, aufrechtzuerhalten, ist ein schwer wiegender Eingriff in das Vertragsgefüge, der auch unter dem Aspekt des Minderjährigenschutzes nicht zwingend erscheint. Diesem Schutzbedürfnis ist Genüge getan, wenn der Minderjährige keine Nachteile zu erleiden hat und so gestellt wird, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen. Darüber hinausgehend Gewinnanteile außerhalb von § 818 Abs. 1 BGB generell zuzusprechen, erfordert der Minderjährigenschutz dagegen nicht. Soweit Dienstleistungen eingebracht werden, können auch diese im Rahmen einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung berücksichtigt werden4. Für die 1 Vgl. u.a. BGH v. 17. 2. 1992 – II ZR 100/91, NJW 1992, 1503 (1504); kritisch dazu: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 III 3a; LAG Hamm v. 17. 2. 2000 – 4 Sa 1150/99, NZA-RR 2001, 177. 2 Ganßmüller, DB 1955, 257 (260); Keßler in Staudinger, 12. Bearb. 1979, § 705 BGB Rn. 134. 3 Ulmer in GroßKomm.HGB, § 105 HGB Rn. 348; Ulmer in MünchKomm.BGB, § 705 BGB Rn. 337. 4 Hierzu Lieb in MünchKomm.BGB, 4. Aufl. 2004, § 818 BGB Rn. 46 ff.; einschränkend nunmehr Schwab in MünchKomm.BGB, 5. Aufl. 2009, § 818 BGB Rn. 82 ff.
213
11.25
§ 11
Mängel des Gesellschaftsvertrags
in der Praxis wichtigen Fälle des Minderjährigenschutzes stellt sich das Problem ohnehin in abgeschwächter Schärfe. Es sind dies die Konstellationen, in denen beschränkt Geschäftsfähige beteiligt sind, deren Willenserklärungen bei Fehlen etwa erforderlicher vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung oder bei mangelnder, aber notwendiger Einschaltung eines besonderen Pflegers nicht nichtig, sondern schwebend unwirksam sind. Hier bleibt es den gesetzlichen Vertretern und dem Vormundschaftsgericht vorbehalten, durch Erteilung der Genehmigung bzw. deren Verweigerung den Vertrag in seiner Wirksamkeit endgültig zu beeinflussen. Im Rahmen dieser Entscheidung kann eine Orientierung an der geschäftlichen Entwicklung des Unternehmens vorgenommen und damit das Interesse des Minderjährigen an einer Gewinn bringenden Beteiligung berücksichtigt werden. Dadurch dürfte seinem Schutzinteresse hinreichend Rechnung getragen sein. Ein weiter gehender Eingriff in den Vertrag dergestalt, dass allein die Gewinnabrede Bestand hat, der Restvertrag aber unwirksam sein soll, ist nicht angezeigt1. d) Arglistige Täuschung und widerrechtliche Drohung
11.26
Für den Fall der arglistigen Täuschung oder widerrechtlichen Drohung ist keine allgemeine Ausnahme von den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft anzuerkennen2. Der getäuschte bzw. bedrohte Gesellschafter ist vielmehr auf das außerordentliche Kündigungsrecht zu verweisen. Bei der hierauf folgenden Auseinandersetzung können Schadensersatzansprüche des benachteiligten Gesellschafters (etwa aus §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB [culpa in contrahendo] oder aus § 826 BGB) berücksichtigt werden, so dass dessen schützenswerten Interessen hinreichend Rechnung getragen wird3. Der BGH hat allerdings verschiedentlich ausgesprochen, dass er auch von diesem Grundsatz eine Ausnahme zulassen will, wenn eine besonders grobe Sittenwidrigkeit vorliegt, oder ein Sachverhalt gegeben ist, in dem sich ein Gesellschafter durch Drohung oder Täuschung einen überaus günstigen Gewinn- und Liquidationsanteil einräumen lässt und ein deswegen in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellender Schadensersatzanspruch keinen genügenden Ausgleich schafft4. Bisher ist ein solcher Sachverhalt jedoch noch nicht praktisch geworden. Allerdings wirkt die neuere Rechtsprechung des BGH, nach der in zweigliedrigen stillen Publikumspersonengesellschaften der Hauptgesellschafter den getäuschten Stillen ohne Berücksichtigung des aktuellen Wertes der Beteiligung im Wege des Schadensersatzes so zu stellen hat, als sei der Stille nie1 Ulmer in GroßKomm.HGB, § 105 HGB Rn. 349. 2 BGH v. 19. 12. 1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 (345); BGH v. 29. 6. 1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (9 f.); BGH v. 30. 3. 1967 – II ZR 102/65, BGHZ 47, 293 (300); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 III 3; Ulmer in MünchKomm.BGB, § 705 BGB Rn. 340; C. Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, S. 279 ff.; Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 134 f. 3 BGH v. 29. 6. 1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (10); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 III 3. 4 BGH v. 12. 5. 1954 – II ZR 167/53, BGHZ 13, 320 (323); BGH v. 6. 2. 1958 – II ZR 210/56, BGHZ 26, 330 (335); BGH v. 29. 6. 1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (9 f.); ablehnend das überwiegende Schrifttum.
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Mängel des Gesellschaftsvertrags
§ 11
mals Gesellschafter geworden, im Ergebnis wie eine Abkehr vom Vorrang des Bestandsschutzes vor den Interessen des Getäuschten1. e) Fehlende Gesellschaft und Scheingesellschaft Schließlich kommt die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nicht zum Zuge, falls es überhaupt an einem – wenn auch fehlerhaften – Gesellschaftsvertrag fehlt. Sind sich die Beteiligten von vornherein darüber im klaren, eine Gesellschaft nicht errichten zu wollen, können sie nicht verlangen, im Verhältnis zueinander als Gesellschafter behandelt zu werden2, so z.B. auch bei der nur zum Schein eingegangenen stillen Gesellschaft3.
11.27
3. Anwendbare Regelungen Ist entsprechend dem Ausgeführten nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft zu verfahren, so sind die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter bis zur Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses durch fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde im Ganzen gesehen den für die gültige Gesellschaft maßgebenden Normen zu unterstellen. Für ihre Rechte und Pflichten ist neben dem Gesetz der Gesellschaftsvertrag heranzuziehen, soweit nicht gerade seine mangelhaften Teile die Grundlage bieten müssten. Die Gesellschafter können also alle Rechte aus dem Gesellschaftsvertrag gegeneinander geltend machen, z.B. den Anspruch auf Leistung der vereinbarten Beiträge und auf Erfüllung der Pflicht zur Geschäftsführung. Im Einzelfalle kann jedoch die Rechtsausübung aus dem Vertrag gegen Treu und Glauben verstoßen und dann unzulässig sein.
11.28
Die Beendigung der stillen Gesellschaft führt zur Auseinandersetzung unter den Beteiligten gemäß § 235 HGB (siehe unten Rn. 16.1.). Das Auseinandersetzungsguthaben ist bei der typischen stillen Gesellschaft aufgrund einer Erfolgsermittlungsbilanz, bei der atypischen stillen Gesellschaft aufgrund einer Liquidationsbilanz zu ermitteln, obwohl es in der Regel nicht zu einer Liquidation des Handelsgewerbes kommt. Bei der Auseinandersetzung sind etwaige Schadensersatzansprüche der Gesellschafter wegen der Vertragsmängel zu berücksichtigen. Hier kommen etwa Ansprüche desjenigen in Betracht, der die Auflösung der Gesellschaft wegen Wuchers oder Betrugs verlangt. Bei der Auflösung wegen Irrtums hat nach § 122 Abs. 2 BGB derjenige, der sich geirrt hat, dem anderen Teil den Vertrauensschaden zu ersetzen4.
11.29
Einer Auflösungsklage bedarf es zur Beendigung der stillen Gesellschaft nicht. Es genügt formlose Kündigung – auch bei der atypischen stillen Gesellschaft.
11.30
1 BGH v. 29. 11. 2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262) = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock WuB II H. § 230 HGB 1.05; siehe dazu unten Rn. 19.44. 2 BGH v. 28. 11. 1953 – II ZR 188/52, BGHZ 11, 190. 3 BGH v. 27. 5. 1953 – II ZR 171/52, BGH LM Nr. 4 zu § 105 HGB; Ulmer in GroßKomm.HGB, § 105 HGB Rn. 384. 4 Vgl. dazu BGH v. 29. 6. 1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (10).
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§ 11
Mängel des Gesellschaftsvertrags
Beim Vorliegen eines im öffentlichen Interesse gegebenen Nichtigkeitsgrundes kann sich jeder ohne weiteres auf die Nichtigkeit berufen.
11.31
Die Rechtsprechung hat die Anwendung der §§ 133, 140 HGB auf die stille Gesellschaft auch in den Fällen abgelehnt, in denen vereinbart war, dass im Innenverhältnis das Recht der offenen Handelsgesellschaft gelten soll1. Es genügt erforderlichenfalls eine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO. Ist der Mangel nach Vertragsschluss, aber vor seiner Geltendmachung fortgefallen, so hat der kündigende Gesellschafter kein schutzwürdiges Interesse mehr an der Beendigung der stillen Gesellschaft. Der Vertragsmangel muss noch im Zeitpunkt der Kündigung bestehen.
III. Zusammenfassung
11.32
Nach ständiger Rechtsprechung sind sowohl auf die typische wie auf die atypische stille Gesellschaft die Grundsätze über die Gesellschaft mit fehlerhafter Vertragsgrundlage anwendbar, d.h. dem Gesellschaftsvertrag anhaftende Mängel führen grundsätzlich nicht zu seiner Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit, sondern nur zur Möglichkeit der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde. Die Annahme ursprünglicher Nichtigkeit würde sowohl bei der typischen wie bei der atypischen stillen Gesellschaft nicht zu sachgerechten Ergebnissen führen, vor allem dann, wenn die stille Gesellschaft schon längere Zeit bestanden hat und mit Hilfe der stillen Beteiligung Werte geschaffen worden sind, die bei Vernichtung des Gesellschaftsverhältnisses ex tunc allein dem Geschäftsinhaber verbleiben, während sich der stille Gesellschafter mit der Rückforderung seiner ursprünglichen Vermögenseinlage begnügen muss und auf mehr oder weniger unsichere Schadensersatzansprüche angewiesen ist. Wenn die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft zur Anwendung kommen, tritt an die Stelle anfänglicher Nichtigkeit die nur in die Zukunft wirkende Kündigung aus wichtigem Grunde, die zur Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses und zur anschließenden Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten führt. Einer Auflösungsklage bedarf es nicht. Bis zur Auflösung bestimmen sich die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter nach den für die gültige Gesellschaft maßgebenden Vorschriften und nach den im Gesellschaftsvertrag getroffenen Vereinbarungen, soweit sie nicht gerade mit dem die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit begründenden Mangel behaftet sind. Die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft finden keine Anwendung, wenn eine Willenseinigung der Beteiligten über die Errichtung einer stillen Gesellschaft nicht vorliegt, wenn der Gesellschaftsvertrag gegen im öffentlichen Interesse erlassene Vorschriften verstößt, sich als Scheingeschäft darstellt oder von einem Geschäftsunfähigen abgeschlossen worden ist. Ist der Vertrag von einem in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten abgeschlossen, so hängt seine Wirksamkeit von der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters ab. §§ 108, 109 BGB finden Anwendung. 1 RG v. 27. 11. 1940 – II 67/40, RGZ 165, 260.
216
§ 12 Rechte und Pflichten der Gesellschafter Schrifttum: Binz, Mark K./Sorg, Martin H., Die GmbH & Co. KG, 10. Aufl. 2005; Blaurock, Uwe, Einfluss im Unternehmen und die gesellschaftliche Haftungsstruktur, in Festschrift für W. Simpel, 1985, S. 553 ff.; Erkens, Michael, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen bei der Unternehmensübertragung und Unternehmensumwandlung, Diss., Frankfurt 2000; Hartmann, Bernhard, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983; Haupt, Günter/Reinhardt, Rudolf, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 1952; Hepting, Reinhard, Die Personengesellschaft als Konzernobergesellschaft: Informationsrechte des außenstehenden Gesellschafters, in Festschrift für K. Pleyer, 1986, S. 301 ff.; Hofmann, Paul, Unbeschränkte Kommanditistenhaftung und gesetzliche Wertung, NJW 1969, 577; Hueck, Alfred, Die stille Beteiligung bei Handelsgesellschaften, in Festschrift für H. Lehmann, 1937, S. 239 ff.; Hueck, Götz, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht, 1958; Immenga, Ulrich, Die personalistische Kapitalgesellschaft, 1970; Limbach, Jutta, Die beschränkte Haftung in Theorie und Praxis, GmbHR 1967, 71; Löffler, Joachim, Zur Reichweite des gesetzlichen Wettbewerbsverbots in der Kommanditgesellschaft, NJW 1986, 223; Paulick, Heinz, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, zugleich ein Beitrag zur Typenlehre im Gesellschaftsrecht, 1954; Schlitt, Michael, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters in der typischen stillen Gesellschaft und in der stillen Publikumsgesellschaft, Berlin 1996; Schmidt, Karsten, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden, 1984; Schneider, Uwe H., Sonderrecht für Publikumspersonengesellschaften, ZHR 142 (1978), 228; Sudhoff, Heinrich/Sudhoff, Martin, Die stille Beteiligung bei der Umwandlung des Hauptunternehmens in eine GmbH oder GmbH & Co., GmbHR 1981, 235; Windbichler, Christine, Schadensersatzansprüche des stillen Gesellschafters – Besprechung der Entscheidung BGH WM 1987, 1193 ff., ZGR 1989, 434.
Das Gesellschaftsverhältnis beruht auf dem Gesellschaftsvertrag. Er ist die Grundlage für die gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten der Beteiligten und das gesellschaftsrechtliche Band, das sie umschließt, wenn auch bei der stillen Gesellschaft die gemeinschaftsrechtlichen Beziehungen der Gesellschafter im Regelfall nur schwach ausgeprägt sind. Immerhin sind sie kraft des Gesellschaftsvertrags verpflichtet, für die Erreichung des gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise tätig zu werden, die vereinbarten Beiträge zu leisten, unter Umständen auch am Verlust teilzunehmen und die Geschäfte zu führen. Aus den zwischen ihnen bestehenden personenrechtlichen Bindungen ergibt sich eine Treuepflicht, die zwar nicht der Art, wohl aber dem Maße nach von dem zu unterscheiden ist, was auch sonst Treu und Glauben im Schuldverhältnis verlangen. Aus der Gesellschafterstellung ergeben sich aber auch konkrete Vermögensrechte wie der Anspruch auf anteiligen Gewinn, auf das Auseinandersetzungsguthaben oder auf Ersatz von Aufwendungen für die Geschäftsführung sowie bestimmte Verwaltungsrechte wie das Recht zur Geschäftsführung oder die Informations- und Kündigungsrechte.
217
12.1
§ 12
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
I. Die Rechtsstellung des Inhabers des Handelsgeschäfts
12.2
Die stille Gesellschaft lässt die Unternehmerstellung des Inhabers in ihrem Kern unberührt. Er behält nach außen seine Verfügungsfreiheit über das Handelsgeschäft in vollem Umfange. 1. Die Beitragspflicht
12.3
Die Beitragsleistung des Geschäftsinhabers zur Förderung des gemeinsamen Zwecks besteht regelmäßig darin, dass er sein eigenes Handelsgeschäft fortan für gemeinsame Rechnung führt. Das schließt nicht aus, dass auch er sich im Gesellschaftsvertrag zur Leistung eines weiteren Beitrags verpflichtet, die wie die Beitragsleistung des stillen Gesellschafters in einer Geldeinlage oder Sacheinlage, in Dienstleistungen oder Gebrauchsüberlassungen bestehen kann. 2. Die Geschäftsführung a) Allgemeines
12.4
Die Geschäftsführung bildet das Kernstück aller gesellschaftlichen Tätigkeit. Sie ist auf die Erreichung des Gesellschaftszwecks gerichtet. Der Inhaber ist nicht nur berechtigt, für die Gesellschaft tätig zu werden, sondern er ist auch verpflichtet, ihre Interessen wahrzunehmen. Für seine Tätigkeit hat allein das Interesse der Gesellschaft maßgebend und bestimmend zu sein. Die Verfolgung eigener, gesellschaftsfremder Interessen ist ihm untersagt. Hat er bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags den Geschäftsbetrieb noch nicht begonnen, so ist er zur alsbaldigen Aufnahme verpflichtet. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, kann der stille Gesellschafter auf Aufnahme des Geschäftsbetriebs klagen1. Vollstreckt wird gemäß § 888 Abs. 1 ZPO. § 888 Abs. 3 ZPO ist nicht anwendbar, denn diese Vorschrift ist zum Schutze der abhängigen Arbeitnehmer eingeführt worden und soll nur das Erzwingen der aus einem Vertrag i.S. des § 611 BGB geschuldeten Dienste verhindern. Insoweit fehlt es für eine entsprechende Anwendung bei Gesellschaftern an einer vergleichbaren Interessenlage2.
12.5
Der Inhaber führt die Geschäfte im eigenen Namen für gemeinschaftliche Rechnung. Die Geschäftsführung umfasst die gesamte Tätigkeit zur Förderung des Gesellschaftszwecks und zur Wahrnehmung aller die Gesellschaft angehenden laufenden Angelegenheiten einschließlich der Buchführung, der Aufstellung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung. Ihr Inhalt und Umfang können durch den Gesellschaftsvertrag im Innenverhältnis beschränkt werden, indem dem Inhaber etwa bestimmte Arten von Geschäften untersagt oder diese von der Zustimmung des stillen Gesellschafters abhängig gemacht 1 Vgl. Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 85; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 151; a.A. KG v. 15. 11. 1900, DJZ 1901, 50; Saenger, Die stille Gesellschaft, S. 131 ff. 2 So auch Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 151 Fn. 126; a.A. Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 35.
218
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
§ 12
werden (siehe unten Rn. 12.37). Er ist dann diesem gegenüber im Innenverhältnis verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, die für den Umfang seines Handelns nach außen festgesetzt sind oder die sich aus dem Gesellschaftszweck, aus der sozialrechtlichen Treuepflicht sowie daraus ergeben, dass er sein Handelsgeschäft nicht mehr für eigene Rechnung betreibt, sondern dass der stille Gesellschafter an dessen Ergebnissen teilnimmt. Auf die Einhaltung dieser Schranken ist gerade bei der stillen Gesellschaft besonderes Gewicht zu legen, weil die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters gegenüber dem Inhaber im Regelfalle außerordentlich schwach ist. Er wirkt, wenn nicht im Gesellschaftsvertrag etwas anderes vereinbart ist, an der Geschäftsführung nicht mit. Ihm stehen nicht einmal die dem Kommanditisten in § 164 HGB eingeräumten Rechte zum Widerspruch gegen Handlungen zu, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgehen. Der Inhaber bedarf zur Vornahme einzelner Geschäfte nicht seiner Zustimmung. Er kann der Vornahme einzelner Geschäfte durch den Inhaber weder widersprechen noch kann er verlangen, dass bestimmte, von ihm gewünschte Geschäfte vorgenommen oder unterlassen werden.
12.6
Eine Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnisse hat nur im Innenverhältnis rechtliche Bedeutung und kann zu Schadensersatzverpflichtungen des Inhabers führen. Im Außenverhältnis sind die Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen voll wirksam. Es kann sich also ein Dritter, der mit dem Inhaber ein Rechtsgeschäft abgeschlossen hat, nicht darauf berufen, dieses sei unwirksam, weil der Inhaber die ihm gegenüber dem stillen Gesellschafter obliegenden Verpflichtungen bezüglich der Ausübung seiner Geschäftsführungsbefugnis verletzt habe. Dasselbe gilt für den stillen Gesellschafter im Verhältnis zu dem Dritten.
12.7
Gemäß § 712 BGB kann einem Gesellschafter die ihm zustehende Geschäftsführungsbefugnis durch Beschluss der anderen Gesellschafter entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Da der Inhaber bei normaler Gestaltung des Gesellschaftsvertrags (zu Sonderformen Rn. 12.90 ff.) die Geschäftsführung allein innehat und im eigenen Namen ausübt, ist § 712 BGB auf ihn nicht anwendbar. Der stille Gesellschafter kann ihm nicht die Geschäftsführung entziehen. Er kann nur das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grunde kündigen (§ 723 BGB) und den ihm durch die vorzeitige Auflösung der Gesellschaft entgehenden Gewinn als Schadensersatzforderung geltend machen, wenn den Inhaber ein Verschulden trifft. Die Schadensersatzforderung besteht in der Vergütung des Gewinns, den der stille Gesellschafter bei vertragsmäßiger Weiterführung des Geschäfts mit Wahrscheinlichkeit erwarten konnte (§ 252 BGB).
12.8
b) Erhaltung der Grundlagen des Handelsgeschäfts Aus der Verpflichtung, den Geschäftsbetrieb fortan auf gemeinschaftliche Rechnung so zu führen, wie es dem gemeinschaftlichen Zweck entspricht, ergeben sich für den Inhaber mannigfache Beschränkungen, die er dem stillen 219
12.9
§ 12
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
Gesellschafter gegenüber einzuhalten verpflichtet ist. Er muss auf die berechtigten Interessen seines Teilhabers Rücksicht nehmen und sich bei allen seinen Entscheidungen, Maßnahmen und Handlungen von dem Gesellschaftszweck leiten lassen, dem er nicht zuwiderhandeln darf.
12.10
Dazu gehört, dass sich der Betrieb des Handelsgeschäfts in den Grenzen halten muss, die bei gleichartigen, mit gleichen Mitteln ausgestatteten Unternehmen üblich sind1. Diese Feststellung ist allerdings so weit und so allgemein gefasst, dass sie der unternehmerischen Initiative des Inhabers einen erheblichen Spielraum lässt. Dabei ist zu beachten, dass sich feste, ein für allemal gültige Regeln für ein dem Gesellschaftszweck entsprechendes Verhalten des Inhabers nicht aufstellen lassen. Stets muss das Verhalten auf seine Übereinstimmung mit dem Gesellschaftszweck hin unter Berücksichtigung aller Umstände und Verhältnisse des einzelnen Falles gewürdigt werden. Es lassen sich jedoch einige äußerste Grenzen feststellen, jenseits derer das Verhalten des Geschäftsinhabers mit dem Zweck der stillen Gesellschaft nicht mehr vereinbar ist.
12.11
So darf er ohne Zustimmung seines Teilhabers das Handelsgeschäft in seinen Grundlagen, wie sie im Zeitpunkt der Errichtung der stillen Gesellschaft bestanden haben, nicht umgestalten, erweitern oder einschränken, weil dadurch die Interessen des stillen Gesellschafters – insbesondere im Hinblick auf den ihm zugesicherten Gewinnanteil, auf seine vertraglich nicht ausgeschlossene Verlustbeteiligung und auf Auszahlung seines Auseinandersetzungsguthabens – beeinträchtigt werden können. Der stille Gesellschafter hat Anspruch darauf, dass das Handelsgeschäft gegenüber dem Zeitpunkt der Gesellschaftsgründung in seinen wesentlichen Grundlagen nicht verändert wird2. Eine Änderung der Art oder des Umfangs des Handelsgeschäfts ohne seine Zustimmung ist nur in engen Grenzen möglich und zulässig, soweit sie handelsüblich ist und der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt3. Dasselbe gilt für eine Änderung des Gegenstandes des Unternehmens oder der Firma oder für eine Verlegung des Sitzes, weil auch dadurch das Wagnis des Handelsgeschäfts und damit die Gewinnaussichten des stillen Gesellschafters ungünstig beeinflusst werden können (siehe auch oben Rn. 10.12 f., 10.15).
12.12
Hier zeigen sich der Wert und die Bedeutung klarer, eindeutiger Vereinbarungen, weil bei den fließenden Grenzen bezüglich dessen, was dem Inhaber noch erlaubt und was – weil dem gemeinsamen Zweck zuwiderlaufend – als unzulässig anzusehen ist, keine festen Regeln aufgestellt werden können. Ob eine Änderung der wesentlichen Grundlagen des Handelsgeschäfts vorgenommen worden ist, lässt sich stets nur von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben, der Handelsüblichkeit und der Verkehrssitte feststellen. Dabei kommt gerade bei der stillen Gesellschaft dem Grund-
1 RG v. 8. 3. 1918 – II 409/17, RGZ 92, 292; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 137. 2 Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 86; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 137. 3 BGH v. 25. 9. 1963 – V ZR 133/61, DB 1963, 1604 = BB 1963, 1277.
220
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
§ 12
satz von Treu und Glauben wegen der beschränkten Kontrollrechte des stillen Gesellschafters eine gesteigerte Bedeutung zu (dazu näher Rn. 12.47 ff.). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie zu verfahren ist, wenn der Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass eine Änderung der Grundlagen des Handelsgeschäfts ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters zulässig sein soll. Solche Fallgestaltungen lagen der Judikatur verschiedentlich zur Entscheidung vor1.
12.13
Während die Rechtsprechung hier zunächst die Auffassung vertrat, die Verpflichtung des Unternehmers zur unveränderten Fortführung des Betriebes sei konstitutives Merkmal einer stillen Gesellschaft, ihr vertraglicher Ausschluss2 verhindere daher das Entstehen einer stillen Beteiligung3, gab sie diese Ansicht später zu Recht auf. Nunmehr geht die Spruchpraxis dahin, dass der Ausschluss der Verpflichtung zur Fortführung des Betriebes durch den Unternehmer im Gesellschaftsvertrag lediglich in Zweifelsfällen bei der Abgrenzung zwischen einer stillen Gesellschaft und anderen Rechtsverhältnissen entscheidende Bedeutung erlangen kann, der Annahme einer stillen Gesellschaft aber nicht schon grundsätzlich entgegensteht. Das gilt insbesondere für die Abgrenzung der stillen Gesellschaft vom partiarischen Arbeitsverhältnis, weil hier der Ausschluss der Verpflichtung, den Betrieb unverändert fortzuführen, ein Indiz für das Abhängigkeitsverhältnis des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber sein kann, wie es gerade das partiarische Arbeitsverhältnis kennzeichnet4.
12.14
c) Veräußerung oder Einstellung des Geschäftsbetriebs Aus der Verpflichtung des Geschäftsinhabers zu einer den Gesellschaftszweck fördernden Geschäftsführung ergibt sich, dass er ohne Zustimmung seines Teilhabers weder zur ganzen oder teilweisen Veräußerung des Geschäfts noch zu dessen Einstellung berechtigt ist, weil in beiden Fällen die Erreichung des Gesellschaftszwecks regelmäßig unmöglich wird. 1 BFH v. 10. 3. 1971 – I R 73/67, BFHE 102, 242 = BStBl. II 1971, 589 = StRK FGO § 40 R. 24; FG Nürnberg v. 17. 12. 1975 – V 187/73, EFG 1976, 303; BFH v. 16. 8. 1978 – I R 28/76, BFHE 126, 51 = BStBl. II 1979, 51. 2 Der dem FG Nürnberg v. 17. 12. 1975 – V 187/73, EFG 1976, 303 zur Beurteilung vorliegende Vertrag bestimmte Folgendes: „Die stillen Gesellschafter können keinen Handlungen der persönlich haftenden Gesellschafter widersprechen, auch nicht der Umwandlung, dem Verkauf oder der Auflösung der Gesellschaft. Auch gegen den Eintritt weiterer persönlich haftender Gesellschafter, Kommanditisten oder stiller Gesellschafter sowie gegen Erhöhung oder Verminderung der Einlage eines anderen stillen Gesellschafters, Kommanditisten oder persönlich haftenden Gesellschafters können keine Einwendungen erhoben werden. Diese Akte unterliegen lediglich der Beschlussfassung der persönlich haftenden Gesellschafter.“ 3 So ausdrücklich FG Nürnberg v. 17. 12. 1975 – V 187/73, EFG 1976, 303; auch BFH v. 10. 3. 1971 – I R 73/67, BFHE 102, 242 unter unrichtiger Auslegung von BGH v. 25. 9. 1963 – V ZR 133/61, BB 1963, 1277 und BFH v. 27. 2. 1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611 (614). 4 BFH v. 16. 8. 1978 – I R 28/76, BFHE 126, 51 = BStBl. II 1979, 51.
221
12.15
§ 12
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
12.16
Ist im Falle der Einstellung die Fortführung des Handelsgeschäfts möglich, so kann der stille Gesellschafter Erfüllung des Vertrags verlangen. Wird das Handelsgeschäft nur vorübergehend eingestellt und besteht Aussicht, den Geschäftsbetrieb in absehbarer Zeit im Wesentlichen in unveränderter Form wieder aufzunehmen, wird der Fortbestand der stillen Gesellschaft nicht berührt. Der stille Gesellschafter kann, sobald die Gründe für die vorübergehende Betriebseinstellung weggefallen sind, die Erfüllung des Vertrags in der vereinbarten Form verlangen.
12.17
Die unberechtigte Einstellung des Geschäftsbetriebs macht den Inhaber dem stillen Gesellschafter gegenüber schadensersatzpflichtig. Hätte er allerdings das Recht gehabt, die Gesellschaft wegen dauernder Unrentabilität des Unternehmens fristlos zu kündigen, so wird der stille Gesellschafter in der Regel nicht geschädigt sein, es sei denn, dass der Inhaber die Unrentabilität zu vertreten hat. In Anlehnung an § 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1 AktG kann bloßes Missmanagement nicht als „Vertretenmüssen“ eingestuft werden1.
12.18
Im Falle der Veräußerung des Handelsgeschäfts setzt sich das Gesellschaftsverhältnis nicht ohne weiteres mit dem Erwerber fort. Für den Eintritt des neuen Unternehmensinhabers in die gesellschaftsrechtliche Position des Veräußernden bedarf es einer gesonderten Übertragung dieser Gesellschafterstellung. Zur Wirksamkeit einer solchen Übertragung ist neben dem Einvernehmen von Alt- und Neuunternehmer das Einverständnis des stillen Gesellschafters erforderlich. Rechtstechnisch kann der erforderliche Konsens in einem dreiseitigen Vertrag zwischen allen Beteiligten oder in einer Vereinbarung zwischen dem veräußernden Geschäftsinhaber und dem Erwerber unter Zustimmung des stillen Gesellschafters hergestellt werden (vgl. oben Rn. 10.28 ff.). Hinsichtlich der schuldrechtlichen Bindung ist der Geschäftsinhaber im Verhältnis zum stillen Gesellschafter bei einer Veräußerung des Unternehmens als verpflichtet anzusehen, bei der Übertragung seiner Gesellschafterstellung auf Verlangen des Stillen mitzuwirken. Demgegenüber unterliegen grundsätzlich weder der Stille noch der Erwerber des Handelsgeschäfts einer rechtlichen Bindung, das Gesellschaftsverhältnis mit dem jeweils anderen fortzusetzen. Einschränkungen können sich aber namentlich für den stillen Gesellschafter aus seiner Treuebindung ergeben2.
12.19
Fehlt es am erforderlichen Einverständnis des stillen Gesellschafters oder des Erwerbers zur Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses, so tritt der neue Inhaber trotz erfolgter Geschäftsübernahme insoweit nicht in die Position des Veräußernden ein. Hinsichtlich des Gesellschaftsverhältnisses mit dem Altunternehmer wird teilweise angenommen, dieses werde wegen Unmöglichkeit der Erreichung des Gesellschaftszwecks aufgelöst3. Dem ist jedoch nicht zuzustimmen, weil hierdurch dem stillen Gesellschafter die Möglichkeit genommen würde, die Fortführung des Handelsgeschäfts durch den früheren Geschäftsinhaber zu verlangen. An einem solchen Verlangen, gegebenenfalls 1 OLG Oldenburg v. 22. 6. 2006 – 1 U 34/03, GmbHR 2006, 1263. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 39. 3 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 255.
222
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
§ 12
auch an einer Geltendmachung durch Klageerhebung, kann der stille Gesellschafter ein Interesse haben. Die Weiterführung des Handelsgeschäfts und damit die Rückübertragung des Unternehmens ist auch nicht als grundsätzlich unmöglich anzusehen. Daher ist nicht Auflösung der stillen Gesellschaft gemäß § 726 BGB anzunehmen, vielmehr bleibt dem stillen Gesellschafter die Wahl, ob er das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grunde kündigen oder die Fortführung des Unternehmens durch seinen Mitgesellschafter verlangen will1. Im Falle der Kündigung ist ihm sein Partner in der Regel zum Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) verpflichtet. Gleiches gilt bei Weigerung der Fortführung, obwohl ihm diese möglich ist. Bei Weigerung kommt hierfür § 281 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB als Anspruchsgrundlage in Betracht. Die Wirksamkeit der Geschäftsveräußerung wird in diesem Fall nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Erwerber von dem Bestehen der stillen Gesellschaft Kenntnis hatte. Nur wenn er mit dem Veräußerer in einer die guten Sitten verletzenden Weise zusammenwirkte, um den stillen Gesellschafter zu schädigen, ist er zur Wiederherstellung des früheren Zustandes verpflichtet (§§ 826, 249 BGB). Im Innenverhältnis ist der Inhaber dem stillen Gesellschafter schadensersatzpflichtig. Der stille Gesellschafter kann aber nicht auch einen Anteil an dem bei der Veräußerung des Geschäfts erzielten Gewinn, insbesondere an dem für den ideellen Wert des Geschäfts gezahlten Entgelt beanspruchen. Daran hat er ebenso wenig Anteil wie an dem Geschäft selbst. Ihm ist nur der Gewinn zu ersetzen, der ihm bei ertragsmäßiger Fortführung des Geschäfts voraussichtlich zugeflossen wäre.
12.20
d) Gesellschafterwechsel aa) Gesellschafterwechsel in einer Personenhandelsgesellschaft Besteht die stille Gesellschaft an einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft und tritt im Bestand der Gesellschafter ein Wechsel ein, so führt dies grundsätzlich nicht zur Auflösung der stillen Gesellschaft2. Diese ist mit der Handelsgesellschaft selbst eingegangen, deren Identität auch bei einem Gesellschafterwechsel gewahrt bleibt3. Dem stillen Gesellschafter ist aber ein außerordentliches Kündigungsrecht einzuräumen, wenn für ihn durch den Gesellschafterwechsel die Fortsetzung der stillen Gesellschaft unzumutbar geworden ist. Wann dies der Fall ist, ist durch eine umfassende Interessenabwägung im Einzelfall zu beantworten. Die außerordentliche Kündigung dürfte berechtigt sein, wenn solvente persönlich haftende Gesellschafter gegen nicht kreditwürdige ausgewechselt werden oder wenn das stille Gesellschaftsverhältnis gerade auf dem Vertrauensverhältnis zu dem Ausscheidenden be-
1 Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1981, 235 (236). 2 A.A. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 254 f., der sich bei fehlender Zustimmung des Stillen zum Gesellschafterwechsel für eine Auflösung ipso iure ausspricht. 3 Zur Identitätswahrung: BGH v. 8. 11. 1965 – II ZR 223/64, BGHZ 44, 229 (231).
223
12.21
§ 12
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
ruht1. Demgegenüber dürfte es nicht genügen, wenn beispielsweise die Person eines typischen Kommanditisten wechselt2.
12.22
Der Ein- und Austritt von Gesellschaftern kann schon im Gesellschaftsvertrag von der Zustimmung des stillen Gesellschafters abhängig gemacht werden – vor allem, wenn er im Innenverhältnis die Stellung eines „Mitunternehmers“ hat. Um Meinungsverschiedenheiten von vornherein auszuschließen, ist zu empfehlen, im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich zu vereinbaren, dass Veränderungen im Gesellschafterbestand der OHG der Zustimmung des stillen Gesellschafters bedürfen. In diesem Fall begründet grundsätzlich schon die Nichteinholung der Zustimmung das außerordentliche Kündigungsrecht. bb) Gesellschafterwechsel in einer Kapitalgesellschaft
12.23
Ist eine Kapitalgesellschaft Inhaberin des Handelsgewerbes, so wird der Bestand einer an ihr bestehenden stillen Gesellschaft durch einen Wechsel der Aktionäre oder Gesellschafter nicht berührt. Auch ein außerordentliches Kündigungsrecht kommt für den Regelfall nicht in Betracht. Sieht der stille Gesellschafter sich zu einer Fortsetzung der Beteiligung aufgrund des Gesellschafterwechsels nicht in der Lage, so ist es ihm zuzumuten, das Gesellschaftsverhältnis ordentlich zu kündigen. e) Außergewöhnliche Maßnahmen der Geschäftsführung
12.24
Der Inhaber hat seine gesamte Geschäftsführung so einzurichten, dass der gemeinsame Zweck gefördert wird. Da er im Außenverhältnis keinerlei Beschränkungen unterworfen ist – auch bei außergewöhnlichen Geschäften hat der stille Gesellschafter in Ermangelung besonderer Abreden kein Zustimmungs- oder Widerspruchsrecht – stellt sich die Frage, wie außergewöhnliche, aus dem Rahmen des Handelsgeschäfts fallende oder dem Gesellschaftszweck zuwiderlaufende Geschäfte dem Stillen gegenüber wirken.
12.25
Während unter die gewöhnlichen Geschäfte alle Geschäfte fallen, welche die Verfolgung des gemeinsamen Zweckes regelmäßig mit sich bringt (Miete der Geschäftsräume, Warenein- und -verkauf, Einstellung des Personals, Buchführung usw.), fallen unter den Begriff der ungewöhnlichen Geschäfte solche, die nicht dem Gesellschaftszweck entsprechen, die die Grundlagen des Handelsgewerbes ändern, die das Geschäftsvermögen so beanspruchen, dass die Erreichung des Gesellschaftszwecks gefährdet wird, die eine Änderung des Gesellschaftszwecks zur Folge haben (Übergang vom Einzelhandel zum Großhandel, von der Fabrikation zum Handel oder umgekehrt) oder die sich nicht mehr in den Grenzen dessen halten, was bei Unternehmen gleicher Art und gleicher Kapitalverhältnisse handelsüblich ist3. 1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 49; A. Hueck in FS Lehmann, S. 239 (252). 2 A. Hueck in FS Lehmann, S. 239 (253). 3 RG v. 8. 3. 1918 – II 409/17, RGZ 92, 292 (293).
224
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
§ 12
Die Abgrenzung der gewöhnlichen von den außergewöhnlichen Geschäften bereitet häufig Schwierigkeiten. Eine eindeutige Grenzziehung ist nicht möglich. Die Entscheidung kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles getroffen werden, wobei der Gegenstand des Handelsgewerbes, seine Größe, die Handelsüblichkeit, die kaufmännische Verkehrsauffassung und der Grundsatz von Treu und Glauben zu berücksichtigen sind.
12.26
Will der Inhaber Geschäfte, die nach dem Gesellschaftsvertrag nicht Gegenstand des auf gemeinsame Rechnung betriebenen Handelsgewerbes sind, auch für Rechnung des stillen Gesellschafters abschließen, so muss er im Innenverhältnis dessen Zustimmung oder Genehmigung einholen. Ob er zustimmen oder genehmigen will, hängt von seiner freien Entschließung ab. Er braucht diese Geschäfte nicht gegen sich gelten zu lassen und nimmt an den durch sie verursachten Gewinnen und Verlusten nicht teil1. Er kann die Geschäfte aber auch genehmigen, so dass sie für und gegen ihn wirken. Er muss jedoch, sobald er von einem solchen Geschäft Kenntnis erlangt, seine Entscheidung unverzüglich treffen. Das gebietet der Grundsatz von Treu und Glauben. Er darf also nicht abwarten, wie sich das Geschäft entwickelt, ob es Gewinn oder Verlust bringen wird, um es im ersten Falle zu genehmigen und seinen Anteil an dem erzielten Gewinn zu verlangen und es im letzteren Falle als für ihn unverbindlich zurückzuweisen. Ist ihm der Abschluss eines Geschäfts, das gegen den Gesellschaftszweck verstößt oder über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgeht, bekannt geworden und erhebt er dagegen keinen Widerspruch, so ist darin unter Umständen eine Genehmigung zu sehen2. Hatte er das Geschäft schon vorher abgelehnt, dann ist eine spätere Genehmigung ausgeschlossen.
12.27
Der stille Gesellschafter kann, wenn der Inhaber schuldhaft dem Gesellschaftsvertrag zuwiderhandelt oder gegen den Gesellschaftszweck verstößt, Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung verlangen. Er kann schließlich den Gesellschaftsvertrag aus wichtigem Grunde kündigen und die Gesellschaft vorzeitig zur Auflösung bringen. Auch hier bleibt ihm die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vorbehalten.
12.28
f) Die zweckentsprechende Verwendung der Beitragsleistung Der stille Gesellschafter hat einen Rechtsanspruch darauf, dass der Inhaber die Beitragsleistung nur zu dem im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Zweck verwendet und das Geschäftsvermögen nicht in einer dem Gesellschaftszweck zuwiderlaufenden Weise schmälert. Verwendet er die Beitragsleistung anders, als es im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist, kann der stille Gesellschafter auf Erfüllung klagen oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen bzw. das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grunde vorzeitig kündigen.
1 RG v. 8. 3. 1918 – II 409/17, RGZ 92, 292 (294). 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 178.
225
12.29
§ 12
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
12.30
Kein Gesellschafter darf seinen Beitrag, den er nach dem Gesellschaftsvertrag zur Erreichung des gemeinsamen Zweckes zu erbringen hat, einseitig mindern. Entzieht der Inhaber dem Handelsgeschäft in unzulässiger Höhe Mittel, kann der stille Gesellschafter auf Wiederzuführung entsprechender Mittel oder auf Schadensersatz klagen1. Auch darf der Inhaber dem Unternehmen keine wesentlichen Vermögensgegenstände entfremden2. Der stille Gesellschafter hat aber keinen Anspruch darauf, dass der Inhaber bei geschäftlichen Schwierigkeiten und Verlusten aus seinem eigenen Vermögen weitere Mittel zuschießt. Dazu wäre er nur verpflichtet, wenn es im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist (§ 707 BGB). g) Privatentnahmen
12.31
Der Inhaber erhält für seine Geschäftsführungstätigkeit kraft Gesetzes keine Vergütung. Er kann, wenn nichts anderes vereinbart ist, lediglich für Aufwendungen, die er in Angelegenheiten der Gesellschaft aus seinem Privatvermögen gemacht hat und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte, Ersatz verlangen (§§ 713, 670 BGB), d.h. er kann diese Beträge entnehmen oder sich gutschreiben. Das gilt jedoch nicht für Verluste, die er an seinem Privatvermögen aus der Geschäftsführung erleidet. Die weiter gehende Ersatzpflicht gemäß § 110 HGB gilt nicht für die typische stille Gesellschaft. Bei der im Innenverhältnis an eine handelsrechtliche Personengesellschaft angeglichenen atypischen stillen Gesellschaft ist allerdings eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift in Betracht zu ziehen3.
12.32
Die Beteiligten können vereinbaren, dass dem Inhaber als Gegenleistung für seine Geschäftsführungstätigkeit vorab ein bestimmter Teil des Gewinns zur Verfügung gestellt wird, sei es in der Form eines „festen Gehalts“ oder eines Vorzugsgewinnanteils. Während das „Gehalt“ den Gesamtgewinn verringert und deshalb je nach dem Gewinnanteil des Inhabers auch zu seinen Lasten geht, verringert ein Vorzugsgewinnanteil allein den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters.
12.33
Soll dem Geschäftsinhaber eine Vergütung für die Führung der Geschäfte der stillen Gesellschaft auch in Jahren, in denen kein Gewinn zu verzeichnen ist, gezahlt werden, so müssen die entsprechenden Beträge von den Einlagekonten der stillen Gesellschafter zugunsten des Kapitalkontos des Geschäftsinhabers abgebucht werden.
12.34
Beteiligt sich jemand still an einer handelsrechtlichen Personengesellschaft, so gehen die Vergütungen, die im Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft für die Geschäftsführung vorgesehen sind, nur dann zu Lasten des stillen Gesellschafters, wenn es in dem stillen Gesellschaftsvertrag vorgesehen
1 Hopt in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rn. 13. 2 RG v. 20. 12. 1929 – II 66/29, RGZ 126, 386 (391). 3 Hopt in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rn. 18; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 180.
226
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
§ 12
ist. Andernfalls muss der Berechnung des auf ihn entfallenden anteiligen Gewinns der Gesamtgewinn der Personengesellschaft zugrunde gelegt werden. Da der Inhaber des Handelsgewerbes sein eigenes Geschäft betreibt, ist er grundsätzlich zu Privatentnahmen zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten für sich und seine Familie berechtigt. Aber er muss, was die Höhe der Entnahmen anlangt, auf das Vorhandensein des stillen Gesellschafters und auf die Verwirklichung des gemeinsamen Zweckes Bedacht nehmen. Keinesfalls darf er dem Unternehmen Mittel entziehen, die zu seiner unbehinderten Fortführung und zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks erforderlich sind. Zweckmäßigerweise wird im Gesellschaftsvertrag das Entnahmerecht des Inhabers näher geregelt.
12.35
h) Umwandlung Auf die Umwandlung des Inhabers des Handelsgewerbes wird unten unter § 18 in einem eigenen Kapitel eingegangen.
12.36
i) Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis Es steht den Beteiligten frei, in welcher Weise sie im Innenverhältnis ihre Rechtsbeziehungen regeln wollen. Sie können demgemäß auch das Recht und die Pflicht des Geschäftsinhabers zur Geschäftsführung beschränken. Dies kann zunächst in der Weise geschehen, dass dem stillen Gesellschafter Kontroll-, Zustimmungs- und Widerspruchsrechte zugebilligt werden. So kann im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass der Inhaber bestimmte Geschäfte nur mit Zustimmung des stillen Gesellschafters vornehmen darf oder bestimmte Geschäfte (z.B. Spekulationsgeschäfte) zu unterlassen hat. Schließlich kann im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden, dass der stille Gesellschafter berechtigt sein soll, dem Inhaber die Geschäftsführung zu entziehen, an seiner Stelle selbst die Geschäfte zu führen oder einen anderen damit zu beauftragen. Auf diese Weise kann die Leitung des Handelsgeschäfts in die Hand von Personen gelegt werden, die nicht die volle vermögensrechtliche Verantwortung für das Unternehmen tragen (Rn. 12.101 ff.).
12.37
Derartige Vereinbarungen stehen der Annahme einer stillen Gesellschaft grundsätzlich nicht entgegen1. Ist der Inhaber im Innenverhältnis von der Geschäftsführung ausgeschlossen, so fragt es sich allerdings, ob überhaupt noch eine stille Gesellschaft oder nur ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag vorliegt. Zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis des Geschäftsinhabers durch den stillen Gesellschafter bedarf es zudem einer ausdrücklichen Vertragsbestimmung. Eine so weit gehende Maßnahme kann nicht allein auf § 712 BGB gestützt werden, weil dem Geschäftsinhaber durch die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis praktisch verboten würde, sein ihm ausschließlich gehörendes Handelsgeschäft zu betreiben. Fehlt es an einer
12.38
1 BGH v. 29. 11. 1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157 (160); BGH v. 27. 3. 1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583; BGH v. 6. 11. 1963 – IV ZR 32/63, DB 1964, 476.
227
§ 12
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
ausdrücklichen Vertragsbestimmung, bleibt dem Stillen nur die Kündigung des Gesellschaftsvertrags aus wichtigem Grunde1. j) Haftung für Geschäftsführungsmaßnahmen
12.39
Verletzt der Inhaber schuldhaft die ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegenden Pflichten, so macht er sich dem stillen Gesellschafter gegenüber schadensersatzpflichtig. Das gilt auch, wenn er die Auflösung der Gesellschaft schuldhaft herbeiführt oder dem stillen Gesellschafter einen Grund zur vorzeitigen Kündigung gegeben hat. Der Schadensersatzanspruch umfasst den entgangenen Gewinn, mit dessen Entstehen bei Fortführung des Geschäfts nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen voraussichtlich gerechnet werden konnte. Dagegen hat der stille Gesellschafter auf den Gewinn, den der Inhaber durch die unberechtigte Geschäftsveräußerung erzielt hat, keinen Anspruch, da dieser Veräußerungsgewinn seine Ursache nicht in dem laufenden Betrieb des Handelsgeschäfts hat. Ein Schadensersatzanspruch des stillen Gesellschafters wegen entgangenen Gewinns bleibt auch in diesem Falle unberührt2.
12.40
Die Beteiligten haften einander aus dem Gesellschaftsvertrag für die Sorgfalt, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen (§ 708 BGB). Für seine Angestellten trifft den Inhaber dem stillen Gesellschafter gegenüber die Haftung für Erfüllungsgehilfen. Er hat jedoch deren Verschulden auch nur im Rahmen des § 708 BGB zu vertreten (§ 278 BGB). Dieser gemilderte Haftungsmaßstab erklärt sich aus dem zwischen den Gesellschaftern bestehenden Vertrauensverhältnis. Für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haften sie in jedem Falle (§ 277 BGB). Die gemilderte Haftung besteht jedoch nur, wenn es um die Nichterfüllung gesellschaftsrechtlicher Verpflichtungen, insbesondere auch der Einlageverpflichtung geht, nicht aber, wenn der stille Gesellschafter als Dritter, z.B. als Verkäufer, Vermieter oder Angestellter aufgrund besonderen Dienstvertrags, auftritt oder tätig wird. Auch die Handlungen, die der Inhaber außerhalb seiner Geschäftsführungsbefugnis für die stille Gesellschaft vornimmt, können nicht als Erfüllung einer gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung angesehen werden. Der Inhaber haftet insoweit für jedes Verschulden3. Keine Anwendung findet § 708 BGB ferner in den Fällen stiller Publikumsgesellschaften oder der stillen Beteiligung an einer Publikumsgesellschaft4. Hier haften der Geschäftsinhaber sowie die Initiatoren des Kapitalanlagemodells gemäß § 276 BGB für jedes Verschulden, weil es an dem in § 708 BGB vorausgesetzten Vertrauensverhältnis fehlt5. Zu den Einzelheiten näher Rn. 19.58.
1 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 154; Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, S. 65. 2 Windbichler, ZGR 1989, 434. 3 RG v. 22. 10. 1938 – II 58/38, RGZ 158, 302 (312). 4 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 164. 5 Zur Publikums-KG: BGH v. 4. 7. 1977 – II ZR 150/75, BGHZ 69, 207 (209 ff.); BGH v. 12. 11. 1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321 (328).
228
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
§ 12
Die Beweislast dafür, dass ein nachlässiges Verhalten dem in eigenen Angelegenheiten beobachteten Verhalten entspricht, trifft den Gesellschafter, der sich auf die gemilderte Haftung beruft. Da § 708 BGB nachgiebiges Recht enthält, ist die Einführung einer strengeren oder noch milderen Haftung möglich. Die Haftung wegen Vorsatzes kann nicht im Voraus erlassen werden (§ 276 Abs. 3 BGB).
12.41
Der stille Gesellschafter ist, wenn der Inhaber schuldhaft den getroffenen Vereinbarungen zuwiderhandelt, darüber hinaus berechtigt, das Gesellschaftsverhältnis fristlos zu kündigen und vom Inhaber wegen Verletzung des Gesellschaftsvertrags Ersatz seines Schadens zu verlangen.
12.42
Fällt die Ausübung des Handelsgewerbes unter ein gesetzliches oder polizeiliches Verbot oder kann das Handelsgewerbe wegen Erkrankung des Inhabers nicht fortgeführt werden oder erweist es sich als dauernd unrentabel, so fehlt es an einem Verschulden des Inhabers. Eine Schadensersatzpflicht kommt dann nicht in Betracht.
12.43
3. Das Handeln nach außen Eine Vertretung im rechtstechnischen Sinne gibt es bei der stillen Gesellschaft nicht. Als Innengesellschaft betreibt sie kein Handelsgewerbe und tätigt selbst keine Geschäfte. Nach außen tritt allein der Inhaber unter seiner Firma auf. Er wird aus den von ihm abgeschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet (§ 230 Abs. 2 HGB). Seine Rechtsstellung im Außenverhältnis ist die gleiche, wie wenn die stille Gesellschaft nicht vorhanden wäre. Sie kann auch durch Vereinbarungen im Innenverhältnis nicht beschränkt werden. Deshalb sind Dritten gegenüber Handlungen des Geschäftsinhabers, die ihm durch den Gesellschaftsvertrag untersagt sind oder zu denen er der Zustimmung des stillen Gesellschafters bedarf, voll wirksam, es sei denn, dass der Geschäftsinhaber und der Dritte vorsätzlich zusammenwirken, um den stillen Gesellschafter zu schädigen (§ 826 BGB).
12.44
Willenserklärungen sind dem Inhaber gegenüber abzugeben. Daraus ergibt sich, dass dort, wo es auf die Kenntnis von Tatumständen, auf Bösgläubigkeit, Arglist oder auf die Verletzung von Treu und Glauben ankommt, die Kenntnis oder das Wissen des Inhabers genügt. In Prozessen, die von ihm oder gegen ihn geführt werden, kann der stille Gesellschafter Zeuge sein.
12.45
Da der Inhaber weder die Gesellschaft noch den stillen Gesellschafter vertritt, kann er weder von der „Vertretung“ ausgeschlossen noch kann ihm diese entzogen werden. Die Gründe, die bei der offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft zur Entziehung der Vertretungsmacht berechtigen, führen bei der stillen Gesellschaft in der Regel zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde.
12.46
229
§ 12
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
4. Die Treuepflicht
12.47
Unmittelbarer Ausfluss des personenrechtlichen Gesellschaftsverhältnisses ist die aus dem Gesellschaftszweck sich ergebende Treuepflicht. Der Zusammenschluss zum Betrieb eines Handelsgewerbes auf gemeinschaftliche Rechnung bedingt ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis und steht in besonderem Maße unter dem Grundsatz von Treu und Glauben, ohne den ein Zusammenwirken nicht denkbar ist und der gemeinsame Zweck nicht verwirklicht werden kann1.
12.48
Zwar sind die Treuebindungen, weil es in der Regel an der tätigen Mitarbeit des stillen Gesellschafters fehlt, wesentlich lockerer als bei den auf der persönlichen Mitarbeit der Gesellschafter beruhenden handelsrechtlichen Personengesellschaften, bei denen die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter zu ihrer Gesellschaft und untereinander nicht nur durch den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben bestimmt werden, sondern echte Treuebindungen und Treuepflichten voraussetzen und bedingen. Mögen diese bei der stillen Gesellschaft keine so starke Ausprägung erfahren, so sind sie gleichwohl vorhanden und machen auch sie zu einem vom Treuegedanken beherrschten Gemeinschaftsverhältnis.
12.49
Wo die Grenzen zwischen einem noch mit der Treuepflicht zu vereinbarenden Verhalten und einer schuldhaften Verletzung der Treuepflicht liegen, lässt sich nur unter Berücksichtigung aller Verhältnisse im einzelnen Fall feststellen. Oberste Pflicht jedes Beteiligten ist es, an der Erreichung des gemeinsamen Zweckes nach besten Kräften mitzuwirken. Aufgrund der Treuepflicht ist der Inhaber verpflichtet, nicht nur alles zu unterlassen, was dem gemeinsamen Zweck schädlich sein könnte, sondern auch alles zu tun, was den Umständen nach erforderlich ist und ihm zugemutet werden kann, um den gemeinsamen Zweck zu fördern. Die Treuepflicht findet jedoch ihre Grenzen an der Wahrnehmung berechtigter eigener Interessen, namentlich wenn es um Rechte aus dem Gesellschaftsverhältnis geht, die dem Inhaber in seinem Interesse gewährt worden sind. Daher ist es fraglich, ob die Gesellschafter der stillen Gesellschaft tatsächlich gezwungen sind den Gesellschaftsvertrag zu ändern, nur weil der Gewinn des Stillen sich anders entwickelt als erwartet2.
12.50
Aus der Treuepflicht kann sich für die Beteiligten die Verpflichtung ergeben, das Bestehen der stillen Gesellschaft dritten Personen gegenüber geheim zu halten. Das folgt nicht schon aus dem Wesen der stillen Gesellschaft; es kann aber in der Regel als stillschweigend vereinbart und von den Beteiligten gewollt unterstellt werden (§§ 157, 242 BGB). Wird einer solchen ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung zuwider von einem Beteiligten das Bestehen der Gesellschaft nach außen hin offenbart, so können sich für den anderen Teil Schadensersatzansprüche und das Recht zur fristlosen Kündigung ergeben.
1 BGH v. 11. 7. 1951 – II ZR 45/50, BGHZ 3, 75 (81). 2 So aber FG Bremen v. 1. 9. 2005 – 1 K 53/05, DStRE 2007, 939 (943).
230
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
§ 12
Mit der Treuepflicht unvereinbar wäre ein Verhalten des Inhabers, das geeignet ist, die vermögensrechtlichen Ansprüche des stillen Gesellschafters zu beeinträchtigen. Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die persönlichen Bindungen zwischen den Beteiligten im Regelfall schwächer sind als bei den handelsrechtlichen Personengesellschaften und dass der typische stille Gesellschafter an der Geschäftsführung nicht beteiligt ist. Das führt dazu, dass rein persönliche Differenzen und Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten nur in Ausnahmefällen unter dem Blickpunkt der Verletzung der Treuepflicht einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung geben können. Es sind aber auch die nur geringen Einflussmöglichkeiten des stillen Gesellschafters auf die Geschäftsführung in dem Bereich der Bewertung der auf dem Spiele stehenden Interessen einzubeziehen mit der Folge, dass ein Verhalten des Inhabers, das bei den handelsrechtlichen Personengesellschaften wegen der wesentlich weitergehenden Überwachungs- und Mitwirkungsrechte der Gesellschafter nicht als Treuepflichtverletzung zu werten ist, bei der stillen Gesellschaft geeignet sein kann, das Vertrauen des stillen Gesellschafters zur Person des Inhabers zu erschüttern.
12.51
5. Wettbewerbsbeschränkungen Einen wichtigen Anwendungsfall der Treuepflicht bilden die Wettbewerbsgeschäfte. Für die Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft bestimmt § 112 Abs. 1 HGB, dass sie ohne Einwilligung der anderen Gesellschafter weder in dem Handelszweig der Gesellschaft Geschäfte machen noch an einer anderen gleichartigen Handelsgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafter teilnehmen dürfen. Verletzt ein Gesellschafter diese Verpflichtung, so kann die Gesellschaft Schadensersatz fordern oder statt dessen von dem Gesellschafter verlangen, dass er die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft eingegangen gelten lasse und die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgebe oder seinen Anspruch auf sie abtrete (§ 113 Abs. 1 HGB). Dasselbe gilt für die persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, nicht jedoch für die Kommanditisten (§ 165 HGB).
12.52
Das Recht der stillen Gesellschaft enthält derartige Vorschriften nicht. Sie können auch nicht entsprechend angewendet werden, weil es an den engen persönlichen Beziehungen, die die Grundlage so einschneidender Wettbewerbsbeschränkungen bilden, zwischen den Beteiligten regelmäßig fehlt. Auch die Vorschriften über die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts sehen ein Wettbewerbsverbot nicht vor.
12.53
Damit ist jedoch nicht gesagt, dass der Inhaber unbehindert Wettbewerbsgeschäfte vornehmen könnte. Die Schranken ergeben sich aus der Treuepflicht1. Richtungweisend und entscheidend dafür, was er in dieser Hinsicht tun und lassen darf, ist seine Verpflichtung, das Handelsgeschäft für gemeinschaftliche Rechnung zu führen, die Verwirklichung des gemeinsamen Zwe-
12.54
1 Vgl. dazu auch Mattfeld in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 15 Rn. 2.
231
§ 12
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
ckes zu fördern und die im gemeinsamen Interesse der Beteiligten liegenden Gewinnaussichten nicht durch Wettbewerbsgeschäfte zu schmälern. Er darf deshalb Geschäfte, die nach dem Gesellschaftszweck in den Rahmen seines Handelsgewerbes fallen und auf gemeinsame Rechnung vorzunehmen sind, nicht auf eigene Rechnung abschließen. Tätigt er solche Geschäfte außerhalb seines Handelsgewerbes unter seinem bürgerlichen Namen, unter der Firma eines anderen von ihm betriebenen Handelsgeschäfts oder durch einen Strohmann, so ist das eine Verletzung der Treuepflicht, die Schadensersatzansprüche des stillen Gesellschafters auslösen kann. Ein Eintrittsrecht steht diesem jedoch nicht zu.
12.55
Dagegen kann der Inhaber alle Geschäfte für eigene Rechnung abschließen, die nicht in den Rahmen seines Handelsgewerbes fallen, die ihm nach dem Gesellschaftsvertrag gestattet sind, denen der stille Gesellschafter zugestimmt oder nicht widersprochen hat, vorausgesetzt, dass durch den Abschluss dieser Geschäfte die stille Gesellschaft als solche nicht geschädigt wird1.
12.56
Handelt es sich um eine atypische stille Gesellschaft, die im Innenverhältnis der OHG bzw. KG angeglichen ist, so steht nicht mehr der die typische stille Gesellschaft kennzeichnende kapitalistische Aspekt im Vordergrund. Vielmehr gewinnen hier wie bei einer echten handelsrechtlichen Personengesellschaft die engen persönlichen Beziehungen an Bedeutung. Dies lässt eine entsprechende Anwendung der §§ 112, 113 HGB als gerechtfertigt erscheinen, so dass den Geschäftsinhaber ein allgemeines Wettbewerbsverbot trifft und das Eintrittsrecht des § 113 Abs. 1 HGB zum Zuge kommt2. Gegen das Wettbewerbsverbot getätigte Geschäfte gelten dann als auf gemeinsame Rechnung abgeschlossen und der Stille partizipiert an deren Ertrag.
12.57
Zur Vermeidung von Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten sollten die Wettbewerbsverhältnisse im Gesellschaftsvertrag ausführlich geregelt werden. Der Inhaber kann von allen Wettbewerbsbeschränkungen befreit werden, ihm kann aber auch jeglicher Wettbewerb in dem Handelszweig der stillen Gesellschaft und jede sonstige Betätigung untersagt werden. Auch eine Sicherung dieser Vereinbarung für den Fall ihrer Verletzung durch Vertragsstrafen ist zulässig. Der Vertragsfreiheit sind allerdings kartellrechtliche Schranken (§ 1 GWB) unter dem Gesichtspunkt der Funktionsnotwendigkeit der Wettbewerbsbeschränkung zur Durchsetzung des Gesellschaftszwecks gesetzt3. 6. Der Grundsatz der Gleichbehandlung
12.58
Der das gesamte Gesellschaftsrecht beherrschende Gleichbehandlungsgrundsatz spielt bei der typischen stillen Gesellschaft regelmäßig keine Rolle. Das ergibt sich aus der im Wesentlichen nur kapitalmäßigen Beteiligung des stillen Gesellschafters. Soweit jedoch allgemeine Vorschriften über Personengesell1 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 225. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 141; vgl. auch Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 72; Mattfeld in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 15 Rn. 2. 3 Vgl. dazu eingehend Mattfeld in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 15 Rn. 7.
232
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
§ 12
schaften ergänzend herangezogen werden, kann sich auch das Gleichbehandlungsgebot auswirken, insbesondere bei der atypischen stillen Gesellschaft1. Eine Besonderheit besteht ferner bei der stillen Publikumsgesellschaft, bei der bei gleicher Ausgestaltung der stillen Gesellschaftsverträge auch der Gleichbehandlungsgrundsatz eingreift2.
II. Die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters 1. Die Beitragspflicht Die wichtigste, nicht abdingbare Verpflichtung des stillen Gesellschafters besteht in der vertragsmäßigen Leistung des übernommenen Beitrags (siehe dazu oben Rn. 6.1 ff.). Hat er sie erbracht, kann er, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht, zu weiteren Leistungen nicht herangezogen werden. Zur einseitigen Erhöhung der übernommenen Beitragsleistung ist er weder verpflichtet noch berechtigt (§ 707 BGB). Sofern im Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes vereinbart wurde, führen auch die nicht abgehobenen Gewinnanteile zu keiner Erhöhung der Einlage (§ 232 Abs. 3 HGB) und sind daher einem vom Einlagekonto verschiedenen Konto gutzuschreiben.
12.59
2. Die Treuepflicht Im Rahmen des gemeinsam zu verfolgenden Zwecks ist auch der stille Gesellschafter gehalten, auf die gemeinschaftlichen Interessen Rücksicht zu nehmen und nicht zum Nachteil der Gesellschaft zu handeln. Dazu gehört im Zweifel die Geheimhaltung des Gesellschaftsverhältnisses. Auch bei der Ausübung ihm vertraglich eingeräumter Zustimmungs- und Widerspruchsrechte werden seine Entscheidungen durch den Grundsatz von Treu und Glauben bestimmt. Er muss sich dabei von sachgerechten, die Verwirklichung des gemeinschaftlichen Zwecks fördernden Erwägungen leiten lassen. Eine Pflicht zur Zustimmung wird anzunehmen sein, wenn durch die Ablehnung das Gemeinschaftsinteresse oder der Gesellschaftszweck beeinträchtigt werden würde. Der stille Gesellschafter, der durch willkürliche Verweigerung seiner Zustimmung zu notwendigen sachdienlichen Maßnahmen der Geschäftsführung seine Treuepflicht gröblich vernachlässigt, macht sich schadensersatzpflichtig. Der Schaden kann darin bestehen, dass sich der andere Teil zur fristlosen Kündigung gezwungen sieht und diese ihm Nachteile bringt.
12.60
Widerspricht der stille Gesellschafter der Vornahme eines Rechtsgeschäfts, dann ist es, wenn es gleichwohl vorgenommen wird, für ihn nicht verbindlich. Es geht auf Rechnung und Gefahr des Inhabers. Dieser braucht einen offen-
12.61
1 Näher G. Hueck, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht, S. 42 ff. 2 Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 10 I 4 b), S. 882; zur stillen Publikumsgesellschaft näher unten § 19.
233
§ 12
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
sichtlich gegen die Gesellschaftstreue verstoßenden, willkürlichen Widerspruch nicht zu beachten1.
12.62
Stärkere Bindungen, auch wenn sie nicht im Gesellschaftsvertrag vereinbart sind, können sich für den stillen Gesellschafter ergeben, wenn er an der Geschäftsführung beteiligt ist. Je nach Art und Umfang dieser Beteiligung können sich für ihn die gleichen Treuebindungen wie für den Inhaber ergeben2. 3. Wettbewerbsbeschränkungen
12.63
Ein Wettbewerbsverbot besteht für den typischen stillen Gesellschafter nicht3. Es wäre bei zutreffender Wertung der beiderseitigen Interessen sachlich nicht gerechtfertigt, weil er nur mit seiner Vermögenseinlage beteiligt ist und an der Geschäftsführung nicht teilnimmt, so dass er regelmäßig auch keinen tieferen Einblick in den Geschäftsbetrieb des Inhabers hat. Er steht insoweit einem Kommanditisten gleich, für den ebenfalls kein Wettbewerbsverbot besteht (§ 165 HGB). Der typische stille Gesellschafter kann demzufolge Geschäfte, die in den Handelszweig der Gesellschaft fallen, auf eigene Rechnung abschließen, auch wenn er dabei die ihm aus seiner Beteiligung zugeflossenen Kenntnisse und Erfahrungen benutzt. Nur darf er nicht geradezu die Interessen des Inhabers schädigen.
12.64
Eine andere Beurteilung kann gerechtfertigt sein, wenn er als atypischer stiller Gesellschafter Einfluss auf die Geschäftsführung hat oder wenn er selbst Kaufmann ist und sich in dem Handelszweig des Inhabers geschäftlich betätigt. Hier ergibt sich auch für ihn aus dem Grundsatz von Treu und Glauben die Verpflichtung, sich eines den Gesellschaftszweck schädigenden oder beeinträchtigenden Wettbewerbs zu enthalten4. Für seine wettbewerbsrechtliche Stellung gilt in diesem Falle dasselbe, was oben (Rn. 12.52 ff.) für den Inhaber ausgeführt worden ist. Ist der Stille alleiniger Geschäftsführer, ist § 112 HGB entsprechend anwendbar, wenn nichts Abweichendes vereinbart wird5. Darüber hinaus können dem stillen Gesellschafter im Rahmen des kartellrechtlich Zulässigen6 vertragliche Wettbewerbsbeschränkungen, deren Einhaltung durch Vertragsstrafen gesichert werden kann, auferlegt werden. Eine von ihm zu entrichtende Vertragsstrafe fällt steuerlich unter den Begriff der Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.
1 RG v. 22. 10. 1938 – II 58/38, RGZ 158, 302 (310 f.). 2 Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 74 ff. 3 Vgl. dazu insgesamt Mattfeld in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 15 Rn. 8; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 155. 4 Mattfeld in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 15 Rn. 9. 5 BGH v. 5. 12. 1983 – II ZR 242/82, DB 1984, 495 (496); Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 134; Löffler, NJW 1986, 223 (227); siehe auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 155. 6 Mattfeld in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 15 Rn. 12.
234
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
§ 12
Die gesetzlichen und vertraglichen Kontrollrechte stehen dem Stillen grundsätzlich nur persönlich zu1. Der im Recht der Personengesellschaft geltende Grundsatz des § 717 Satz 1 BGB, wonach die Rechte der Gesellschafter unübertragbar sind und einzelne Rechte im allgemeinen nur insofern abgetreten werden können, als das Gesetz selbst Ausnahmen zulässt (siehe oben Rn. 10.28), gilt auch für die dem stillen Gesellschafter nach § 233 HGB zustehenden Informations- und Überwachungsrechte. Im Falle der gemäß § 717 Satz 2 BGB zulässigen Abtretung des Anspruchs auf den Gewinnanteil kann der Abtretungsempfänger daher vom Geschäftsinhaber weder die Mitteilung des Jahresabschlusses noch die Einsicht in die Geschäftsbücher und Geschäftspapiere verlangen2. Allerdings enthält die Verpflichtung, den jeweils festgestellten Gewinnanteil des stillen Gesellschafters dem Abtretungsempfänger auszuzahlen, nach Treu und Glauben das Gebot, diesem den errechneten Gewinnanteil der Höhe nach mitzuteilen3.
12.65
In einer stillen Publikumsgesellschaft werden die Informations- und Kontrollrechte der einzelnen stillen Gesellschafter gegenüber dem Geschäftsinhaber zumeist durch einen Vertreter oder Beirat wahrgenommen. Zu den Einzelheiten näher unten § 19.
12.66
4. Kontrollrechte
a) Die gesetzlichen Kontrollrechte des Stillen Das Gesetz und insbesondere § 233 HGB, der teils wörtlich (Abs. 1 und 3), teils sachlich (Abs. 2) der Regelung in § 166 HGB entspricht, gewährt dem stillen Gesellschafter verschiedene Informations- und Kontrollrechte. Durch die Kontrollbefugnisse gemäß § 233 HGB unterscheidet sich die stille Gesellschaft von den partiarischen Geschäften (vgl. hierzu oben Rn. 8.16 ff.).
12.67
Ob der stille Gesellschafter seine eigenen Verpflichtungen erfüllt, insbesondere seine vereinbarte Einlage geleistet hat, ist für die Geltendmachung der Rechte aus § 233 HGB unerheblich4. Nach h.M. stehen die Rechte aus § 233 HGB, wenn nichts anderes vereinbart ist, dem stillen Gesellschafter allerdings nur zu, solange die Gesellschaft besteht, nicht mehr dagegen nach ihrer Auflösung zum Zwecke der Nachprüfung des Auseinandersetzungsguthabens und in Ansehung der schwebenden Geschäfte5. Später kann die Vorlage der Bücher und Geschäftspapiere nur unter den Voraussetzungen des § 810 BGB verlangt werden6.
12.68
1 2 3 4 5
Dazu näher Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 141 ff. BGH v. 8. 7. 1957 – II ZR 54/56, BGHZ 25, 115 (122 ff.). BGH v. 3. 11. 1975 – II ZR 98/74, GmbHR 1976, 37. Hopt in Baumbach/Hopt, § 233 HGB Rn. 1. BGH v. 11. 7. 1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (324); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 233 HGB Rn. 31; Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 139 ff.; näher hierzu und zur abweichenden eigenen Auffassung siehe Rn. 16.44. 6 RG v. 17. 3. 1926 – II 304/25, JW 1926, 1812; BGH v. 8. 4. 1976 – II ZR 203/74, DB 1976, 2106 (2107); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 233 HGB Rn. 31; Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 140.
235
§ 12
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
aa) Das ordentliche Informationsrecht des Stillen nach § 233 Abs. 1 HGB
12.69
Der stille Gesellschafter ist gemäß § 233 Abs. 1 HGB berechtigt, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses, d.h. der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung (§ 242 Abs. 3 HGB), zu verlangen und deren Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen1. Unter „Bilanz“ versteht das Gesetz zwar grundsätzlich die Handelsbilanz. Soweit für die Berechnung des Gewinn- und Verlustanteils des Stillen nach dem Gesellschaftsvertrag jedoch die Steuerbilanz maßgeblich ist, muss auch diese abschriftlich mitgeteilt werden. Wird neben dem alljährlich nach den allgemeinen Vorschriften aufzustellenden Jahresabschluss eine besondere Abrechnung über den auf den stillen Gesellschafter entfallenden anteiligen Gewinn erstellt, so kann er stets auch die Mitteilung des Jahresabschlusses verlangen. Zwischenabschlüsse und Prüfungsberichte sind jedoch nicht mitzuteilen. In Bezug auf diese Dokumente hat der Stille jedoch ein Einsichtsrecht.
12.70
Das Einsichtsrecht des Stillen ist im Gegensatz zu § 118 HGB auf das zur Kontrolle des Jahresabschlusses erforderliche Maß beschränkt2. Zu den Büchern und Papieren gehören sämtliche für den Jahresabschluss relevanten Unterlagen des Handelsgewerbes. Zeit, Ort und Art der Einsicht werden im Einzelfall durch die Treuepflicht bestimmt. Mitnahme oder Versendung der entsprechenden Dokumente kann der Stille regelmäßig nicht verlangen3.
12.71
Der stille Gesellschafter kann sich, wenn es sich als notwendig erweist und wenn nicht berechtigte Belange des Inhabers entgegenstehen, der Hilfe eines Buchsachverständigen bedienen. Erhebt der Inhaber gegen den vom stillen Gesellschafter beauftragten Sachverständigen begründete Bedenken, so ist die Bucheinsicht einem vom Gericht zu bestellenden Buchsachverständigen zu übertragen. War die Zuziehung des Sachverständigen wegen der Mangelhaftigkeit der Buchführung objektiv erforderlich, so kann der Stille Ersatz der ihm dadurch entstandenen Kosten verlangen4. Soweit ihm die Kosten nicht erstattet werden, liegen steuerlich Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen vor.
12.72
Aus § 233 Abs. 1 HGB ergibt sich für den stillen Gesellschafter ein notfalls im Klagewege durchsetzbarer Anspruch gegen den Inhaber auf ordnungsgemäße Buchführung und Bilanzierung5. Das gilt auch, wenn der Inhaber Minderkaufmann ist, da auch dieser für ordnungsgemäße Aufzeichnungen, die eine geeignete Grundlage für die Gewinnermittlung abgeben, sorgen muss.
1 2 3 4
Dazu näher Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 85 ff. Dazu näher Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 150 ff. Vgl. dazu Hopt in Baumbach/Hopt, § 233 HGB Rn. 4. OLG München v. 1. 4. 1954 – 6 U 1895/53, BB 1954, 669; Hopt in Baumbach/Hopt, § 118 HGB Rn. 5; zum Kostenersatz a.A. OLG Düsseldorf v. 13. 6. 1929 – 6 U 36/29, JW 1929, 2169. 5 A.A. OLG Hamburg v. 4. 3. 2004 – 11 U 200/03, ZIP 2004, 1099 (1100), wonach nur ein Anspruch auf Übermittlung eines aufgestellten Jahresabschlusses besteht. Andernfalls soll sich der Stille mit seinen Informationsrechten aus § 810 BGB behelfen.
236
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
§ 12
bb) Das außerordentliche Informationsrecht des Stillen nach § 233 Abs. 3 HGB Auf Antrag des stillen Gesellschafters kann das Gericht, wenn wichtige Gründe vorliegen, die Mitteilung des Jahresabschlusses oder sonstige Aufklärungen sowie die Vorlage der Bücher und Papiere jederzeit anordnen (§ 233 Abs. 3 HGB). Diese Vorschrift ist zwingendes Recht und kann nicht im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden1.
12.73
Ein wichtiger Grund ist jedenfalls dann gegeben, wenn ein berechtigtes Misstrauen gegen die Geschäftsführung besteht oder die Bucheinsicht nach § 233 Abs. 1 HGB ohne triftigen Grund verweigert wurde. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist keine Ermessensfrage. Es handelt sich vielmehr um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Dagegen liegt es im pflichtgemäßen Ermessen des Richters, welche Anordnungen er treffen will (Vorlage von Bilanzen oder Zwischenbilanzen, Umfang der Buchvorlage, Zuziehung von Sachverständigen usw.).
12.74
Behauptet der Inhaber, er habe keine Bilanzen aufgestellt, so steht das einer gerichtlichen Anordnung gemäß § 233 Abs. 3 HGB nicht entgegen. Die Anordnung braucht sich nicht auf die Bilanzen und Bücher der dem Antrag vorhergehenden zehn Jahre (§ 257 Abs. 4 HGB) zu beschränken. Sind dem stillen Gesellschafter jedoch durch den Gesellschaftsvertrag Geschäftsführungsbefugnisse übertragen worden, so kann er in der Regel nicht das Einschreiten des Gerichts verlangen, da er bereits die Möglichkeiten hat, die ihm die gerichtliche Anordnung verschaffen soll.
12.75
Der Antrag ist im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu stellen. Antragsgegner ist der Inhaber des Handelsgeschäfts2. Die Entscheidung erfolgt im Beschlussverfahren (§ 375 FamFG, vormals §§ 145, 146 FGG) oder bei entsprechender Vereinbarung durch ein Schiedsgericht (siehe oben Rn. 10.43 ff.). Da das Recht aus § 233 Abs. 3 HGB nur einem stillen Gesellschafter zusteht, ist die Frage, ob ein stilles Beteiligungsverhältnis oder etwa ein partiarisches Darlehen vorliegt, als Sachurteilsvoraussetzung auch in diesem Verfahren zu klären. Wahlweise kann der Anspruch auch im Streitverfahren durchgesetzt werden, wenn der wichtige Grund in der Verweigerung des allgemeinen oder vertraglichen Prüfungsrechts besteht3.
12.76
1 Zum Verständnis von § 233 Abs. 3 HGB im Verhältnis zu Abs. 1 siehe K. Schmidt, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden, S. 74 i.V.m. S. 79; vgl. auch Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 100 ff. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 233 HGB Rn. 13; siehe aber auch OLG Köln v. 30. 5. 1967 – 2 Wx 217/66, OLGZ 1967, 362, wo ausnahmsweise als Antragsgegner auch der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH zugelassen wird. 3 OLG Köln v. 30. 5. 1967 – 2 Wx 217/66, OLGZ 1967, 362; OLG Stuttgart v. 18. 2. 1970 – 8 W 350/69, OLGZ 1970, 262; OLG Hamm v. 27. 2. 1970 – 15 W 4/70, MDR 1970, 594.
237
§ 12
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
cc) Die Kontrolle von Beteiligungen
12.77
Ist der Inhaber seinerseits an einem weiteren Unternehmen beteiligt, so kann es für den stillen Gesellschafter von Interesse sein, sich auch über die Beziehungen zu dem mit dem Geschäftsinhaber verbundenen Unternehmen sowie über dessen Geschäftstätigkeit zu informieren; dies insbesondere dann, wenn laut Gesellschaftsvertrag die Einlage in das Unternehmen fließen soll, an welchem der Geschäftsinhaber beteiligt ist. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit sich das Kontrollrecht des stillen Gesellschafters auf ein Unternehmen erstreckt, an dem nicht der Stille, sondern im Rahmen seines Handelsgeschäfts der Inhaber beteiligt ist1. Zur Beantwortung bedarf es einer Differenzierung.
12.78
Vom Kontrollrecht grundsätzlich erfasst sind alle Unterlagen des Inhabers betreffend die Geschäftsvorgänge zwischen den beteiligten Unternehmen, da es sich hierbei um Angelegenheiten handelt, die in den Bereich der Geschäftsführung des Unternehmens fallen, an dem der Stille beteiligt ist2. Es handelt sich um Geschäftsmaßnahmen, die zu kontrollieren dem Stillen durch § 233 HGB gerade ermöglicht werden soll. Eine Einschränkung erfährt dieses Recht des Stillen lediglich insoweit, als es dem Zweck dienen muss, eine sachgerechte Prüfung der Bilanzen zu ermöglichen3.
12.79
Demgegenüber verneint die Rechtsprechung eine prinzipielle Erstreckung des Informationsrechts auch auf Unterlagen des mit dem Inhaber verbundenen Unternehmens selbst. Es wird vielmehr grundsätzlich an der Eigenständigkeit der Rechtsbeziehungen zwischen dem Stillen und dem Geschäftsinhaber einerseits sowie zwischen letzterem und dem Drittunternehmen andererseits festgehalten. Folglich werden gesellschaftsrechtliche Kontrollbefugnisse bezüglich der Geschäftsführung des mit dem Inhaber verbundenen Unternehmens allein dem Inhaber und nicht dem stillen Gesellschafter gewährt. Die bloße Beteiligung des Geschäftsinhabers an einem dritten Unternehmen könne für diesen in der Regel auch nicht die Pflicht begründen, dem Stillen Einsicht in die Unterlagen jenes Unternehmens zu verschaffen4. Zur Rechtfertigung dieser Auffassung wird neben dem formellen Aspekt der Verschiedenheit der Rechtssubjekte angeführt, dass ein Informationsrecht des mit der zu kontrollierenden Gesellschaft nicht in unmittelbaren Rechtsbeziehungen stehenden stillen Gesellschafters den schutzwürdigen Interessen der übrigen an dem Unternehmen beteiligten Gesellschafter zuwiderliefe5.
1 Dazu näher Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 80 ff. 2 BGH v. 20. 6. 1983 – II ZR 85/82, ZIP 1983, 935 (936); BGH v. 16. 1. 1984 – II ZR 36/83, NJW 1984, 2470. 3 BGH v. 8. 7. 1957 – II ZR 54/56, BGHZ 25, 115 (120). 4 BGH v. 16. 1. 1984 – II ZR 36/83, NJW 1984, 2470; zu dieser Entscheidung Hepting in FS Pleyer, S. 301 ff. 5 BGH v. 16. 1. 1984 – II ZR 36/83, NJW 1984, 2470; BGH v. 20. 6. 1983 – II ZR 85/82, ZIP 1983, 935 (936).
238
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
§ 12
Aus dem Gesichtspunkt des Interessenkonfliktes leitet der BGH auch Ausnahmetatbestände zu dem von ihm aufgestellten Grundsatz ab. Haben grundsätzlich die Belange der an dem Drittunternehmen neben dem Inhaber beteiligten Gesellschafter Vorrang vor den Informationsinteressen des stillen Gesellschafters, so sollen dessen Belange dann ein Übergewicht gewinnen, wenn sein unverzichtbar geschützter Bereich tangiert wird. Der unverzichtbar geschützte Bereich wird dabei vom BGH in Anlehnung an den wichtigen Grund des § 233 Abs. 3 HGB bestimmt. Liegt ein wichtiger Grund i.S. dieser Regelung vor, so ist der unverzichtbar geschützte Bereich des stillen Gesellschafters berührt und sein außerordentliches Informationsrecht umfasst auch die Geschäftsunterlagen des mit dem Inhaber verbundenen Unternehmens1.
12.80
Wann ein solcher wichtiger Grund vorliegt, der eine Ausweitung des Kontrollrechts rechtfertigt, hat die Rechtsprechung nicht abschließend festgelegt. Diese Frage dürfte nur nach einer einzelfallbezogenen, umfassenden Interessenabwägung zu beantworten sein. Hierbei verbietet sich eine zu enge Anlehnung an die Vorschrift des § 233 Abs. 3 HGB und der zu dieser ergangenen Rechtsprechung. Das gesetzlich geregelte außerordentliche Informationsrecht ist auf den internen Interessenausgleich der Partner des stillen Gesellschaftsverhältnisses zugeschnitten. Bei der Prüfung einer Ausweitung des Informationsrechts auf Beteiligungsunternehmen sind zusätzliche Drittinteressen mit zu berücksichtigen, was in der Regel dazu führen wird, dass an den wichtigen Grund, der eine Erstreckung des Informationsrechts rechtfertigen soll, höhere Anforderungen zu stellen sind, als dies im Zweipersonenverhältnis nötig ist. § 233 Abs. 3 HGB ist in diesem Zusammenhang eher als positivrechtlicher Ansatzpunkt zur Rechtfertigung eines Mindestschutzbereichs für den stillen Gesellschafter zu verstehen, wenn der Inhaber im Rahmen seines Handelsgeschäftes Beteiligungen an anderen Unternehmen hält, wodurch er auch deren Interessen in bestimmter Weise verpflichtet ist2. Entsprechend diesem Zweck, einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Beteiligten herbeizuführen, muss das Merkmal „wichtiger Grund“ ausgelegt werden.
12.81
Die Rechtsprechung hat eine Ausweitung des außerordentlichen Informationsrechts in einem Fall angenommen, in welchem die Einlage des stillen Gesellschafters in die Beteiligungsgesellschaft floss und diese auch diejenigen Geschäfte tätigte, die Zweck des stillen Gesellschaftsvertrags waren, so dass sie auch die Gewinne erwirtschaftete, die dem Stillen zugute kommen sollten. Ein weiteres Gefährdungsmoment bestand zudem in einer besonderen personellen und finanziellen Verflechtung des Geschäftsinhabers mit dem Beteiligungsunternehmen3. Bei dieser Konstellation sah der BGH den Zugang des stillen Gesellschafters zu Informationen über die wesentlichen mit seiner Einlage finanzierten Geschäfte versperrt und damit die schützenswerten Belange des Stillen – insbesondere auch durch die Gefährdungslage wegen der Verflechtung – nicht mehr hinreichend gewahrt. Er erweiterte daher das außerordentli-
12.82
1 BGH v. 16. 1. 1984 – II ZR 36/83, NJW 1984, 2470. 2 So wohl auch Hepting in FS Pleyer, S. 301 (307). 3 BGH v. 16. 1. 1984 – II ZR 36/83, NJW 1984, 2470 (2471).
239
§ 12
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
che Informationsrecht des Stillen auch auf Unterlagen des Beteiligungsunternehmens1.
12.83
Aus den gleichen Erwägungen bestimmt sich auch der Umfang des Kontrollrechtes in dem Fall, dass der Geschäftsinhaber im Rahmen seines Handelsbetriebes eine hundertprozentige Beteiligung an einer anderen Gesellschaft hält, wie dies bei einer Betriebsaufspaltung in der Regel der Fall ist. Bei einer solchen Konstellation, bei der die Beteiligungsgesellschaft ein hundertprozentiges Tochterunternehmen des Inhabers ist, werden Interessen Dritter, die gegenüber dem Informationsinteresse des Stillen abzuwägen wären, überhaupt nicht berührt. Da der Inhaber alle Anteile an dem Beteiligungsunternehmen hält, stehen letztlich nur seine Belange denen des stillen Gesellschafters gegenüber. Dieser gesellschaftsinterne Interessenkonflikt wird in § 233 HGB geregelt. Der in § 233 HGB dem Inhaber auferlegten Pflicht darf sich dieser nicht unter Hinweis auf die formale Verschiedenheit zwischen sich und der Tochtergesellschaft entziehen. Der stille Gesellschafter kann vielmehr auch Einsicht in die Unterlagen des Tochterunternehmens verlangen2.
12.84
Die Erstreckung des Informationsrechts auf Bilanzen und Geschäftsunterlagen des Beteiligungsunternehmens geht nicht so weit, dass der Stille gegen dieses einen Anspruch auf Ausübung seines Kontrollrechts hätte. Informationsschuldner bleibt vielmehr der Geschäftsinhaber3. Daraus folgt vor allem, dass das Recht des Stillen auf Information durch die entsprechende Rechtsstellung des Geschäftsinhabers im Beteiligungsunternehmen begrenzt ist. dd) Weitere gesetzliche Kontrollrechte
12.85
Dagegen stehen dem Stillen die in § 716 BGB und in § 118 HGB dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter eingeräumten weiteren Rechte, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft jederzeit persönlich zu unterrichten, die Geschäftsbücher und die Papiere der Gesellschaft einzusehen und sich aus ihnen eine Übersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anzufertigen, nicht zu (§ 233 Abs. 2 HGB). Sie können ihm lediglich vertraglich eingeräumt werden.
12.86
Aus dieser Beschränkung ergibt sich zugleich, dass er während des Bestehens der stillen Gesellschaft nicht die Vorlage der Geschäftsbücher nach § 810 BGB verlangen kann. Anderenfalls könnte er über diese Vorschrift die beschränkte Einsicht nach § 233 HGB vereiteln4. Das Recht des Prozessgerichts, nach §§ 258, 260 HGB die Vorlage der Handelsbücher anzuordnen, wird durch § 233 HGB jedoch nicht ausgeschlossen. 1 Zustimmend K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 233 HGB Rn. 13; Hepting in FS Pleyer, S. 301 (306 f.). 2 BGH v. 8. 7. 1957 – II ZR 54/56, BGHZ 25, 115 (117 f.); Hepting in FS Pleyer, S. 301 (302, 306). 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 233 HGB Rn. 13; Hepting in FS Pleyer, S. 301 (302). 4 Vgl. auch Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 132.
240
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
§ 12
Einen Anspruch auf Rechnungslegung gemäß § 259 BGB hat der Stille nur, wenn die Handelsbücher, die er zur Nachprüfung der Richtigkeit der Bilanz einzusehen berechtigt ist, keinen hinreichenden Aufschluss zu geben vermögen1. Er ist auch nicht berechtigt, selbst eine Inventur aufzunehmen, den Kassenbestand zu prüfen oder Auskunft über den Stand der einzelnen Geschäfte zu verlangen.
12.87
b) Vertragliche Vereinbarungen Im Gesellschaftsvertrag können die Kontrollrechte des Stillen jedoch erweitert oder beschränkt werden.
12.88
Eine Erweiterung der Kontrollrechte des stillen Gesellschafters ist vor allem anzutreffen, wenn ihm Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt werden oder wenn er im Innenverhältnis an dem Geschäftsvermögen und an den Rücklagen beteiligt sein soll. Häufig werden in diesem Zusammenhang dem stillen Gesellschafter zusätzlich die durch § 233 Abs. 2 HGB verdrängten Kontrollrechte nach § 716 BGB sowie verschiedene Zustimmungs- und Widerspruchsrechte zugebilligt. Darüber hinaus kann im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden, dass der stille Gesellschafter berechtigt sein soll, dem Inhaber die Geschäftsführung zu entziehen oder einen anderen mit der Geschäftsführung zu beauftragen. Auf diese Weise kann die Leitung des Handelsgeschäfts in die Hand von Personen gelegt werden, die nicht die volle vermögensrechtliche Verantwortung für das Unternehmen tragen (Rn. 12.101 ff.). Die Durchsetzung solcher vertraglich eingeräumten Kontrollrechte kann jedoch nicht im Verfahren nach § 233 Abs. 3 HGB erfolgen. Der stille Gesellschafter muss insoweit ordentlich klagen. Es ist aber auch eine Einschränkung der in § 233 Abs. 1 HGB vorgesehenen Kontrollrechte möglich und zulässig. Sie wird zu erwägen sein, wenn der stille Gesellschafter selbst Kaufmann und in demselben Handelszweig tätig ist oder wenn die stille Beteiligung im Rahmen des Handelsgeschäfts des Inhabers nicht ins Gewicht fällt. Die Beschränkung kann darin bestehen, dass der stille Gesellschafter nicht alle Bücher oder dass er die Bücher nicht selbst einsehen darf, sondern einen Buchsachverständigen damit betrauen muss, oder dass beim Vorhandensein mehrerer stiller Gesellschafter die Kontrollrechte nur durch einen Ausschuss oder einen Vertrauensmann ausgeübt werden dürfen. Bei der Beschränkung der Kontrollrechte ist indessen Zurückhaltung geboten, weil bei zu starker Einschränkung Zweifel am Vorliegen eines echten Gesellschaftsverhältnisses entstehen können. Dieser Gesichtspunkt spielt insbesondere in steuerlicher Hinsicht eine wichtige Rolle (Rn. 20.1 ff.). Auch kann eine zu starke Beschränkung sittenwidrig und nichtig sein, besonders wenn der Verdacht einer unredlichen Geschäftsführung besteht.
1 RG v. 2. 11. 1926 – II 594/25, RG JW 1927, 368; vgl. auch Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 132.
241
12.89
§ 12
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
5. Beteiligung an der Geschäftsführung
12.90
In der Regelung ihrer Innenbeziehungen sind die Parteien des stillen Gesellschaftsvertrags frei. Der stille Gesellschafter kann daher zusammen mit dem Inhaber, neben ihm oder an seiner Stelle zur Geschäftsführung berechtigt oder verpflichtet sein. Die (teilweise) Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis auf den stillen Gesellschafter kann auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen1. Derartige Vereinbarungen stehen der Annahme einer (atypischen) stillen Gesellschaft grundsätzlich nicht entgegen2. Ist der Inhaber im Innenverhältnis von der Geschäftsführung ausgeschlossen, so fragt es sich allerdings, ob überhaupt noch eine stille Gesellschaft oder nur ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag vorliegt.
12.91
Bei vertraglich eingeräumter Geschäftsführungsberechtigung des Stillen ist § 712 Abs. 1 BGB analog anzuwenden, so dass der Geschäftsinhaber bei Vorliegen eines wichtigen Grundes berechtigt ist, dem stillen Gesellschafter die Befugnis zur Führung der Geschäfte zu entziehen und die Geschäftsführung wieder selbst zu übernehmen3.
12.92
Der stille Gesellschafter, dem Geschäftsführungsbefugnisse übertragen worden sind, hat in Ermangelung anderer Vereinbarungen ebenso wenig wie der Inhaber einen Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit4, es sei denn, dass ihm die Geschäftsführung aufgrund eines besonderen, vom Gesellschaftsvertrag unabhängigen Dienstvertrags übertragen oder dass eine Geschäftsführervergütung ausdrücklich vereinbart ist. In diesem Fall genießt er in arbeits- und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht den besonderen Schutz des abhängigen Angestellten und das Konkursvorrecht des verdienten Lohnes. Es kann das Arbeitsverhältnis unter Beachtung der Kündigungsschutzbestimmungen nach den §§ 626 ff. BGB gekündigt werden. Für die Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses kommen dagegen die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften zur Anwendung5. 6. Vertretung des Geschäftsinhabers nach außen
12.93
Alle diese und ähnliche Absprachen, die in der Regel zur Annahme einer atypischen stillen Gesellschaft führen, haben nur im Innenverhältnis Bedeutung. Nach außen hin kann die alleinige Handlungsbefugnis des Inhabers weder ausgeschlossen noch rechtswirksam beschränkt werden.
1 BGH v. 18. 10. 1965 – II ZR 232/63, DB 1966, 187; OLG Nürnberg v. 26. 1. 1968 – 6 W 10/68, DB 1968, 479. 2 BGH v. 29. 11. 1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157 (160); BGH v. 27. 3. 1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583; BGH v. 6. 11. 1963 – IV ZR 32/63, DB 1964, 476. 3 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 158; Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, S. 64. 4 Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 95. 5 RG v. 10. 10. 1933 – II 148/33, RGZ 142, 13 (16); Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 160.
242
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
§ 12
Soll der stille Gesellschafter auch im Außenverhältnis mit Wirkung für und gegen das Handelsgewerbe des Inhabers handeln können, muss ihm Prokura oder Handlungsvollmacht erteilt werden. Geschieht das mit Rücksicht auf seine Gesellschafterstellung im Gesellschaftsvertrag, so bildet die Prokura oder Handlungsvollmacht einen Bestandteil seiner Mitgliedschaft mit der Folge, dass der Widerruf der Prokura oder Handlungsvollmacht sich nach den Bestimmungen des Gesellschaftsrechts richtet. Sie können ihm nur dadurch entzogen werden, dass das Gesellschaftsverhältnis gekündigt wird. § 52 Abs. 1 HGB passt nicht für die gesellschaftsrechtliche Regelung der Prokura oder Handlungsvollmacht eines Gesellschafters und ist deshalb in diesen Fällen nicht anwendbar1. Im Gesellschaftsvertrag kann jedoch eine andere Regelung getroffen werden. Es können insbesondere die Voraussetzungen festgelegt werden, unter denen dem stillen Gesellschafter die Prokura oder Handlungsvollmacht entzogen werden kann.
12.94
Die Vertretungsbefugnis des Stillen muss sich stets auf die Vertretung des Geschäftsinhabers beschränken; sie darf sich nicht als eine Vertretung der Gesellschaft selbst darstellen2, weil sonst der Rechtsschein einer Außengesellschaft erweckt würde.
12.95
7. Haftung für Geschäftsführungs- und Vertretungshandlungen Der zur Geschäftsführung berechtigte stille Gesellschafter hat dem Inhaber gegenüber nach § 708 BGB nur für die Sorgfalt einzustehen, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, wenn seine Geschäftsführungsbefugnis oder seine Bestellung zum Prokuristen bzw. Handlungsbevollmächtigten auf dem Gesellschaftsvertrag beruht. Ist er aufgrund besonderen Dienstvertrags Geschäftsführer, Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter, so haftet er nach den allgemeinen Vorschriften für jedes Verschulden (vgl. dazu oben Rn. 12.40).
12.96
Handlungen, die er ohne erforderliche Ermächtigung durch den Inhaber oder unter Überschreitung seiner Zuständigkeit vornimmt, fallen ebenso wie die entsprechenden Handlungen des Inhabers unter den Begriff der Geschäftsführung ohne Auftrag und lösen eine verschärfte Haftung aus. Sie können durch den Inhaber genehmigt werden und gelten dann im Innenverhältnis als im Rahmen des Handelsgeschäfts abgeschlossen.
12.97
8. Haftung des Stillen für Verbindlichkeiten des Handelsgewerbes Da die stille Gesellschaft keine Außengesellschaft ist, sind die §§ 709 bis 712 BGB nicht anwendbar. Der stille Gesellschafter wird aus den Rechtsgeschäften, die vom Inhaber des Handelsgeschäfts abgeschlossen werden, weder berechtigt noch verpflichtet. Das wäre nur der Fall, wenn die Geschäfte auch in seinem Namen abgeschlossen worden wären. Im Verhältnis zu den Gläubigern
1 BGH v. 27. 6. 1955 – II ZR 232/54, BGHZ 17, 392. 2 BGH v. 27. 3. 1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583.
243
12.98
§ 12
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
des Inhabers entspricht die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters – abgesehen von dem Sonderfall der Insolvenz (unten Rn. 17.1 ff.) – der eines Darlehensgebers. Auch darf § 171 Abs. 2 HGB nicht analog zulasten des atypisch stillen Gesellschafters herangezogen werden, selbst wenn kraft Gesellschaftsvertrags der Stille dieselben Rechte und Pflichten wie ein Kommanditist erhalten soll1. Nach außen tritt nur der Geschäftsinhaber in Erscheinung und nie der atypisch stille Gesellschafter. Auf die Eintragung der Haftsumme des stillen Gesellschafters wird im Gegensatz zur Eintragung der Haftsumme des Kommanditisten bewusst verzichtet.
12.99
Es kann aber der stille Gesellschafter den Gläubigern des Geschäftsinhabers aus anderen Gründen haften, so wenn er sich ihnen gegenüber verbürgt, eine Schuldmitübernahme vereinbart oder einen Garantievertrag abgeschlossen hat. Darüber hinaus kann sich eine Haftung aus Rechtsschein ergeben, wenn der Stille wie der Geschäftsinhaber oder Gesellschafter einer OHG aufgetreten ist2. Hingegen wird seine Haftung nicht schon dadurch begründet, dass das stille Gesellschaftsverhältnis nach außen bekannt gegeben wurde (siehe auch oben Rn. 10.41).
12.100 Betrachtet man unter dem Blickpunkt der Haftung die einzelnen Gesellschaftsformen des geltenden Rechts, so ist deutlich das Streben des Gesetzgebers zu erkennen, einen Ausgleich zwischen den in jedem Unternehmen vorhandenen wirtschaftlichen Grundelementen, repräsentiert durch das Kapital und die Arbeit (den Unternehmensbesitz und die Unternehmensleitung), und der Verantwortlichkeit, ausgedrückt durch die Haftung, herbeizuführen3. Dem Verhältnis von Unternehmensbesitz und Unternehmensleitung, von persönlicher Einflussnahme auf das Schicksal des Unternehmens und bloßer kapitalmäßiger Beteiligung entspricht die gesetzliche Ordnung der Haftungsverhältnisse bei der stillen Gesellschaft: Dem Geschäftsinhaber obliegen Geschäftsführung und Handeln nach außen; ihn trifft deshalb die Verantwortung für sein Tun in Gestalt der unbeschränkten und unbeschränkbaren persönlichen Haftung, wohingegen den von Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossenen, nur mit seiner Vermögenseinlage beteiligten stillen Gesellschafter keine Haftung trifft (§ 230 Abs. 2 HGB). Er kann, wenn er am Verlust teilnimmt, im ungünstigsten Falle die für den Beteiligungszweck aus seinem Vermögen ausgesonderte Einlage verlieren, darüber hinaus aber zu weiteren Leistungen nicht herangezogen werden (§ 707 BGB).
12.101 Diese Regelung soll nach h.M. auch gelten, wenn das im Gesetz festgelegte Verhältnis von wirtschaftlicher Macht (Unternehmensbesitz) und Verantwortung (Unternehmensleitung) zwischen den Beteiligten dergestalt verlagert wird, dass der stille Gesellschafter der eigentliche Leiter des Unternehmens ist und die Form der stillen Gesellschaft nur dazu benutzt, sich trotz tatsächlicher Unternehmensleitung der unbeschränkten persönlichen Haftung zu 1 OLG Schleswig v. 30. 10. 2008 – 5 U 66/08, NZG 2009, 256; Revision beim BGH unter II ZR 249/08 anhängig. 2 BGH v. 6. 11. 1963 – IV ZR 32/63, BB 1964, 327. 3 Vgl. dazu Blaurock in FS Stimpel, S. 553 ff.
244
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
§ 12
entziehen1. Hier wird die für diese Gesellschaftsform typische Relation zwischen Unternehmensleitung und Haftung im Wege der Parteidisposition aufgehoben. In der Literatur wurde die Auffassung vertreten, dass zwischen unternehmerischer Leitungsmacht und gesellschaftsrechtlicher Verantwortung ein notwendiger Zusammenhang bestehe. Man sprach von einem „Ausdruck des wirtschaftsverfassungsrechtlichen Prinzips, dass der leitende Unternehmer voll für den geschäftlichen Einfluss seiner Betätigung im Wirtschaftsverkehr einstehen soll“2. Wo nun entgegen der gesetzlich vorgesehenen Verteilung der Funktionen dem stillen Gesellschafter im Innenverhältnis tatsächlich die Leitung des Unternehmens obliegt, stellt sich die Frage, ob es nicht folgerichtig wäre, ihn auch mit der unbeschränkten persönlichen Haftung zu belasten, zumal sich seine Tarnung als stiller Gesellschafter unter solchen Umständen als Missbrauch der Gesellschaftsform darstellen kann3.
12.102
Der BGH ist dieser Auffassung nicht gefolgt. In seinem Urteil vom 6. 11. 19634 meinte er, auch aus der Erteilung einer Generalvollmacht und aus der Übertragung von Geschäftsführungsbefugnissen auf den stillen Gesellschafter könne kein Haftungsgrund hergeleitet werden. Der stille Gesellschafter hafte den Geschäftsgläubigern unmittelbar nur aufgrund einer besonderen Verpflichtung. Jedoch könne eine Haftung kraft Rechtsscheins in Betracht kommen, wenn der stille Gesellschafter sich den Geschäftsgläubigern gegenüber als Gesellschafter einer OHG bezeichnet hat.
12.103
Selbst dann, wenn der Geschäftsherr und Geschäftsinhaber nur die vom Stillen vorgeschobene Person zur Führung seiner Geschäfte ist, ist nach Meinung des BGH die Haftung des stillen Gesellschafters für Verbindlichkeiten der Gesellschaft ausgeschlossen. Die unmittelbare Haftung widerspreche der Haftungsregelung, wie sie für handelsrechtliche Gesellschaften und deren Gesellschafter im HGB vorgeschrieben sei. Sie würde unter bestimmten Voraussetzungen zu einer gefahrvollen Aufweichung des Rechts führen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung müsste sich bei der Abgrenzung der Tatbestände in einer überaus bedenklichen Kasuistik verlieren und der Rechtssicherheit in einem unvertretbaren Umfange Abbruch tun5.
12.104
1 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 237; Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 18; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 136; BGH v. 6. 11. 1963 – IV ZR 32/63, BB 1964, 327. 2 Haupt/Reinhardt, Gesellschaftsrecht, S. 79; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 419. 3 Vgl. dazu Haupt/Reinhardt, Gesellschaftsrecht, S. 79; Paulick, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, S. 39; Paulick, Handbuch Stille Gesellschaft, 1. Aufl., Anhang § 8 II, S. 101 ff.; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 136. 4 BGH v. 6. 11. 1963 – IV ZR 32/63, BB 1964, 327. 5 Vgl. auch die „Rektor-Entscheidung“ des 2. Zivilsenats des BGH v. 17. 3. 1966 – II ZR 282/63, BGHZ 45, 204 (hier ging es allerdings um eine KG). Die Rechtsprechung des BGH ist in der Literatur überwiegend auf Zustimmung gestoßen, vgl. Limbach, GmbHR 1967, 71 (73); Hofmann, NJW 1969, 577; Blaurock in FS Stimpel, S. 553 (569).
245
§ 12
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
12.105 Eine unmittelbare Haftung des Stillen gegenüber den Gesellschaftsgläubigern wird dagegen dann zu bejahen sein, wenn er das Gesellschaftsverhältnis bewusst dazu missbraucht, sich auf Kosten redlicher Dritter in sittenwidriger Weise Vorteile zu verschaffen, wenn er also z.B. einen kreditwürdig erscheinenden, aber mittellosen Geschäftsinhaber vorschiebt und zugleich seine Haftung für Verluste im Innenverhältnis auf seine Einlage oder auf einen Betrag beschränkt, der im Missverhältnis zu Art, Umfang und Risiko der auf seine Weisung abgeschlossenen Rechtsgeschäfte steht1.
12.106 Mit den hier erörterten Fragen befasste sich auch das BAG in seinem Urteil v. 16. 3. 19552. Ihm lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der stille Gesellschafter hatte nach dem Gesellschaftsvertrag nicht nur weit gehende Aufsichtsrechte, sondern alle Geschäfte waren von seiner Genehmigung abhängig. Ihm stand darüber hinaus die unbeschränkte und unwiderrufliche Vertretungsmacht zu. Er allein bestimmte die abzuschließenden Geschäfte, zeichnete für die Firma, verfügte über das Bankkonto; er allein hatte auch die für die Geschäftsführung erforderlichen Geldmittel zur Verfügung gestellt. Daraus hatte das LAG den Schluss gezogen, dass er der wahre Inhaber des Geschäfts, nicht nur stiller Teilhaber sei, und dass er deshalb für alle Schulden aufkommen müsse.
12.107 Das BAG ist dieser Ansicht nicht gefolgt. Es führte aus, das LAG verkenne, dass nach der Rechtsprechung und der überwiegenden Meinung der Rechtslehre auch bei einer atypischen stillen Gesellschaft, bei der dem stillen Gesellschafter weit gehende Geschäftsführungsrechte eingeräumt sind, der Grundsatz des § 230 Abs. 2 HGB nicht gänzlich ausgeschaltet sei und dass sich die stille Gesellschaft nicht gegen den Willen der Vertragspartner automatisch in eine OHG verwandle mit der Folge, dass der stille Gesellschafter nunmehr für alle Schulden der Gesellschaft hafte. Es handle sich vielmehr nur darum, ob im einzelnen Falle der mit der Gesellschaft in Geschäftsverkehr tretende Dritte aus dem Verhalten der Gesellschafter gutgläubig annehmen könne, dass der andere Gesellschafter auch mithaftender Gesellschafter sei. Diese Grundsätze des sog. Rechtsscheins, die dem Schutz des redlichen Handelsverkehrs dienen und die Erfüllung der einzelnen schuldrechtlichen Verträge gegenüber dem Vertragsgenossen sichern sollen, seien aber nicht ohne weiteres beim Arbeitsverhältnis anwendbar, da dieses nach den heutigen Rechtsanschauungen überwiegend personenrechtlicher Art ist und von dem Grundsatz der gegenseitigen Treuepflicht beherrscht wird. Die Frage sei also, ob der stille Gesellschafter gegenüber den Angestellten der Firma eine solche Treuepflicht habe und ihm deshalb eine Mitverpflichtung zur Zahlung der Gehälter obliege. Dagegen komme es weniger darauf an, ob die Angestellten bei Abschluss des Arbeitsvertrags oder während seines Bestehens über die Rechtsverhältnisse der Firma genau Bescheid wüssten, ob sie den stillen Gesellschafter für einen dem Firmeninhaber gleichberechtigten Gesellschafter gehalten hätten und hätten halten dürfen. Entscheidend müsse vielmehr sein, ob er zu ihnen in personenrechtliche Beziehungen arbeitsvertraglicher Art getreten sei. 1 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 239. 2 BAG v. 16. 3. 1955 – 2 AZR 28/54, JZ 1955, 582 m. Anm. v. Molitor.
246
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
§ 12
Ob das allerdings schon der Fall ist, wenn der stille Gesellschafter der maßgebende Leiter der Gesellschaft ist, Weisungsrechte gegenüber dem Angestellten ausübt und der eigentliche Geschäftsinhaber nur eine vorgeschobene Person ist, die im wesentlichen nur die Stellung eines Angestellten hat, brauchte das BAG nicht zu entscheiden, da in dem zu beurteilenden Fall besondere Verhältnisse vorlagen, die eine Mitverpflichtung des stillen Gesellschafters für das Gehalt des Klägers rechtfertigten.
12.108
Zu beachten ist jedenfalls, dass auch bei starken Mitverwaltungs- und Geschäftsführungsbefugnissen, der stille Gesellschafter grundsätzlich nicht als Arbeitgeber anzusehen ist. Sein Auftreten kann aber unter Umständen geeignet sein, ihn gegenüber den Arbeitnehmern als Arbeitgeber erscheinen zu lassen. Spielt sich z.B. der mitverwaltungsberechtigte stille Gesellschafter als Mitinhaber auf, haftet er den Arbeitnehmern des Inhabers1.
12.109
9. Gesellschafterwechsel Findet bei einer Kapitalgesellschaft oder einer Personenhandelsgesellschaft, die eine stille Beteiligung hält, ein Gesellschafterwechsel statt, so hat das in keinem Fall Einfluss auf den Fortbestand des stillen Gesellschaftsverhältnisses, da die Identität des stillen Teilhabers gewahrt bleibt. Bei der OHG bzw. KG kann sich hier im Hinblick auf die personalistische Struktur im Einzelfall aber ein außerordentliches Kündigungsrecht für den Geschäftsinhaber ergeben.
12.110
III. Zusammenfassung Aus dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Gesellschaftsverhältnis ergeben sich für die Beteiligten zahlreiche gesellschaftsrechtliche Pflichten und Rechte. Oberste Pflicht ist die Förderung der Erreichung des gemeinschaftlichen Zweckes. Dazu gehört vor allem, dass die Gesellschafter ihre vertraglich übernommenen Beiträge ordnungsgemäß leisten. Da der Inhaber des Handelsgewerbes im eigenen Namen auftritt und das dem Handelsgewerbe dienende Betriebsvermögen rechtlich ihm allein zugeordnet ist, ist seine Rechtsstellung im Außenverhältnis die gleiche, wie wenn die stille Gesellschaft nicht bestünde. Im Innenverhältnis ergeben sich jedoch daraus, dass der Geschäftsbetrieb auf gemeinschaftliche Rechnung geht, Beschränkungen und Bindungen mannigfacher Art. Der Inhaber hat das Geschäft so zu führen, dass der gemeinsame Zweck erreicht wird. Er ist verpflichtet, die wesentlichen Grundlagen des Handelsgewerbes, wie sie im Zeitpunkt der Begründung des Gesellschaftsverhältnisses bestanden, zu erhalten, das Handelsgeschäft weder zu veräußern noch einzustellen noch seine Rechtsform ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters zu verändern. Außergewöhnliche Maßnahmen und Geschäfte, 1 Vgl. Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 137.
247
12.111
§ 12
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
die außerhalb des Handelsgewerbes liegen, braucht dieser nicht gegen sich gelten zu lassen; er nimmt an den daraus resultierenden Gewinnen und Verlusten nicht teil, es sei denn, dass er diese Geschäfte genehmigt hat. Weitere Verpflichtungen und Beschränkungen ergeben sich für den Inhaber hinsichtlich der Verwendung der Vermögenseinlage und hinsichtlich der Privatentnahmen. Im Außenverhältnis haben diese Beschränkungen keine Bedeutung; ihre Wirkungen erschöpfen sich im Verhältnis der Gesellschafter untereinander. Verstöße verpflichten den Inhaber zum Schadensersatz, wobei seine Haftung nur eine solche für Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten ist, und berechtigen den stillen Gesellschafter unter Umständen zu vorzeitiger Kündigung des Gesellschaftsvertrags. Wichtige Ausflüsse des Gesellschaftsverhältnisses sind die dem Inhaber obliegende Treuepflicht und die sich aus dieser ergebende Verpflichtung, Wettbewerbsgeschäfte, durch die die Erreichung des gemeinschaftlichen Zweckes gefährdet oder beeinträchtigt werden könnte. Für den stillen Gesellschafter besteht wegen seiner in der Regel nur kapitalmäßigen Beteiligung und wegen seines nur geringen Einflusses auf die Geschäftsführung kein allgemeines Wettbewerbsverbot. Aber auch er hat nach Treu und Glauben alles zu unterlassen, was der Verwirklichung des gemeinsamen Zweckes abträglich sein könnte. Zur Wahrung seiner Interessen gibt ihm § 233 HGB gewisse – wenn auch nur schwache – Kontrollrechte, die durch den Gesellschaftsvertrag erweitert, aber auch beschränkt werden können. Auch ihn trifft nur die Haftung für Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten. Da das Verhältnis der Gesellschafter untereinander durch nachgiebige Bestimmungen geregelt ist, bleibt ihnen ein weiter Spielraum, ihre beiderseitigen Rechte und Pflichten vertraglich so festzulegen, wie es ihren Zielen im einzelnen Falle am besten entspricht.
248
§ 13 Buchführung und Jahresabschluss Schrifttum: Adler, Hans/Düring, Walther/Schmaltz, Kurt, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995 ff.; Baetge, Jörg/Winkeljohann, Norbert/Haenelt, Timo, Die Bilanzierung des gesellschaftsrechtlichen Eigenkapitals von Nicht-Kapitalgesellschaften nach der novellierten Kapitalabgrenzung des IAS 32 (rev. 2008), DB 2008, 1518; Barckow, Andreas/Schmidt, Martin, IASB Exposure Draft „Financial Instruments Puttable at Fair Value and Obligations Arising on Liquidation“ – Darstellung und Würdigung der vorgeschlagenen Änderungen, KoR 2006, 623; Beck’scher Bilanz-Kommentar – Handels- und Steuerbilanz – §§ 238 bis 339 HGB – hrsg. von Ellrott, Helmut/Förschle, Gerhart/Hoyos, Martin/Winkeljohann, Norbert, 6. Aufl. 2006; Berninghaus, Jochen, Feststellung des Jahresabschlusses in der stillen Gesellschaft? – Zugleich ein Beitrag zur Bilanzfeststellung im Personengesellschaftsrecht, in Festschrift für Volker Röhricht zum 65. Geburtstag, 2005, S. 747; Birke, Alfons, Die Behandlung von Barabfindungen an ausscheidende Gesellschafter (§§ 738 ff. BGB) im Jahresabschluss der Personengesellschaft nach Handels- und Steuerrecht, Pfaffenweiler 1990; Bösl, Konrad/Sommer, Michael (Hrsg.), Mezzanine Finanzierung, 2006; Felix, Günther, Zur Angabepflicht stiller Beteiligungen im Anhang des Jahresabschlusses, BB 1987, 1495; Glade, Anton, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, 2. Aufl. 1995; Groh, Manfred, Eigenkapitalersatz in der Bilanz, BB 1993, 1882; Groh, Manfred, Das negative Kapitalkonto des stillen Gesellschafters, in Ertragsbesteuerung, Festschrift für Ludwig Schmidt, 1993, S. 439 ff.; Groh, Manfred, Ausscheiden eines Gesellschafters in der Bilanz der Personengesellschaft, BB 1994, 540; Groh, Manfred, Nutzungseinlage, Nutzungsentnahme und Nutzungsausschüttung, DB 1988, S. 514; Groh, Manfred, Die Bilanz der Unterbeteiligungsgesellschaft, in Festschrift für Hans-Joachim Priester zum 70. Geburtstag, 2007, S. 107 ff.; Heinen, Edmund, Handelsbilanzen, 12. Aufl. 1986; Heinz, Peter, Die GmbH und die atypisch stille Gesellschaft – Handels- und steuerrechtliche Fragen, in Steuerrecht Gesellschaftsrecht Berufsrecht, Festschrift für Berufsakademie Villingen, 1995, S. 54 ff.; Hense, Heinz H., Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 1990; Herrmann, Horst, Zur Bilanzierung bei Personenhandelsgesellschaften – Die Überarbeitung der HFA-Stellungnahme 1/1976; WPg 1994, 500; Herrmann, Horst, Auswirkungen von Veränderungen im Gesellschafterbestand in der Bilanz der Personenhandelsgesellschaft, in Personengesellschaft und Bilanzierung, IDW, Düsseldorf 1990, S. 167; Heuser, Paul/Theile, Carsten, IAS/IFRS Handbuch – Einzel- und Konzernabschluss, 4. Aufl. 2009; Kaldenbach, Peter, Bilanzierung stiller Beteiligungen bei negativem Kapitalkonto im Konzernabschluss, BB 1997, 1089; Knobbe-Keuk, Brigitte, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993; Knobbe-Keuk, Brigitte, Stille Beteiligung und Verbindlichkeiten mit Rangrücktrittsvereinbarungen im Überschuldungsstatus und in der Handelsbilanz des Geschäftsinhabers, ZIP 1983, 127; Knobbe-Keuk, Brigitte, Die gesetzliche Regelung des negativen Kapitalkontos des Kommanditisten – eine Missgeburt, NJW 1980, 2557; Kormann, Berthold, Das negative Kapitalkonto, BB 1974, 893; Kuhn, Steffen/Scharpf, Paul (Hrsg.), Rechnungslegung von Financial Instruments nach IFRS, 3. Aufl. 2006; Küting, Karlheinz/Dürr, Ulrike, Mezzanine-Kapital – Finanzierungsentscheidung im Sog der Rechnungslegung, DB 2005, 1529; Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter, Handbuch der Rechnungslegung, Loseblattwerk, Bd. 1a, 5. Aufl. 2002; Küting, Karlheinz/Kessler, Harald, Eigenkapitalähnliche Mittel in der Handelsbilanz und im Überschuldungsstatus, BB 1994, 2103; Küting, Karlheinz/Kessler, Harald/Harth, Hans-Jörg, Genussrechtskapital in der Bilanzierungspraxis, BB 1996, Beilage 4; Küting, Karlheinz/Pfitzer, Norbert/Weber, Claus-Peter, Das neue deutsche Bilanzrecht, 2. Aufl. 2009; Langholz, Hans-Georg/Vahle, Peter, Handels- und steuerrechtliche Behandlung des Abfindungsguthabens des ausscheidenden atypisch stillen Gesellschafters für einen
249
§ 13
Buchführung und Jahresabschluss Geschäfts- oder Firmenwert, DStR 2000, 763; Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, WolfDieter (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 6. Aufl. 2008; Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter, Kein Eigenkapital in der IAS/IFRS-Bilanz von Personengesellschaften und Genossenschaften?, BB 2004, 1042; Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter, IFRSRechnungslegung für Personengesellschaften als Theater des Absurden, DB 2005, 404; Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter, Die Neuregelung des IASB zum Eigenkapital bei Personengesellschaften, DB 2006, 1797; Memento Bilanzrecht für die Praxis 2009 Handelsrecht, Steuerrecht und IFRS, 3. Aufl. 2009; Müller, Welf, Wohin entwickelt sich der bilanzrechtliche Eigenkapitalbegriff?, in Rechnungslegung im Wandel, Festschrift für Wolfgang Dieter Budde, 1995, S. 445 ff.; Ordelheide, Dieter/Hartle, Joachim, Rechnungslegung und Gewinnermittlung von Kapitalgesellschaften nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz, GmbHR 1986, 9, 38; Schaber, Mathias/Kuhn, Steffen/Eichhorn, Sonja, Eigenkapitalcharakter von Genussrechten in der Rechnungslegung nach HGB und IFRS, BB 2004, 315; Scheffler, Eberhard, Eigenkapital im Jahres- und Konzernabschluss nach IFRS, 2006; Schmidt, Karsten, Quasi-Eigenkapital als haftungsrechtliches und als bilanzielles Problem, in Bilanz- und Konzernrecht – Festschrift für Reinhard Goerdeler, 1987, S. 487 ff.; Schmidt, Ludwig, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 28. Aufl. 2009; Schmidt, Martin, Eigenkapital nach IAS 32 bei Personengesellschaften: aktueller IASBVorschlag und Aktivitäten anderer Standardsetzer, BB 2006, 1563; Schmidt, Martin, IAS 32 (rev. 2008): Ergebnis- statt Prinzipienorientierung, BB 2008, 434; Scholz, Kommentar zum GmbH-Gesetz Bd. II (§§ 35–52), 10. Aufl. 2007; Schulze-Osterloh, Joachim, Die Personengesellschaft als Bilanzierungssubjekt und Bilanzierungsobjekt, in Personengesellschaft und Bilanzierung, IDW, Düsseldorf 1990, S. 129; Schulze-Osterloh, Joachim, Die Rechnungslegung der Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz, ZHR 150 (1986), 403; Schulze zur Wiesche, Dietrich W., Zur Bilanzierung von typischen stillen Beteiligungen, in Rechnungslegung im Wandel, in Festschrift für Wolfgang Dieter Budde, 1995, S. 579 ff.; Teichgräber, Gerhard, Die Bewertung des Vorratsvermögens nach fiktiven Verbrauchsfolgen in der Handels- und Steuerbilanz, 1977; Thiel, Jochen/Lüdtke-Handjery, Alexander, Bilanzrecht, 5. Aufl. 2005; Thömmes, Otmar, Die Auswirkungen des Eintritts und Ausscheidens von Gesellschaftern in Personenhandelsgesellschaften auf die Handelsbilanz, 1991; Vollmer, Lothar/Maurer, Torsten, Die Eignung von sanierenden stillen Beteiligungen und Sanierungsgutscheinen zur Abwehr der Überschuldung, DB 1994, 1173; Wahl, Adalbert, Die Vermögenseinlage des atypischen stillen Gesellschafters in der Handelsbilanz und im Überschuldungsstatus der GmbH, GmbHR 1975, 169; Wahl, Adalbert, Einkommensteuerliche Gleichwertigkeit von Mitunternehmerschaften mit und ohne Gesamthandsvermögen, in Handelsbilanzen und Steuerbilanzen, Festschrift für Heinrich Beisse, 1997, S. 521 ff.; Werner, Horst, Stilles Gesellschaftskapital und Genussrechtskapital als stimmrechtsloser Eigenkapitalersatz, 4. Aufl. 2004; Westerfelhaus, Herwarth, Die stille Gesellschaft im Bilanzrecht, DB 1988, 1173.
I. Allgemeines
13.1
Eine wichtige Aufgabe, die dem Inhaber des Handelsgewerbes im Rahmen seiner Geschäftsführung obliegt, ist die Buchführung und die Erstellung des Jahresabschlusses. Von herausragender Bedeutung ist die Buchführungs- und Bilanzierungspflicht einerseits für den stillen Gesellschafter, weil die Höhe seines Auszahlungsanspruchs sich in der Regel an der Höhe des bilanziell ausgewiesenen Unternehmensgewinns orientiert. Andererseits ist der Fiskus an der Erstellung eines Jahresabschlusses interessiert, um den steuerbaren Ertrag
250
Buchführung und Jahresabschluss
§ 13
des Handelsunternehmens ersehen zu können. Schließlich haben auch Gläubiger des Handelsgeschäfts ein Interesse daran, Einblick in die Vermögenslage ihres Schuldners zu erlangen. Darüber hinaus kann auch der stille Gesellschafter zur Einbeziehung seiner stillen Beteiligung an dem Handelsgewerbe des Inhabers in seinem Jahresabschluss berechtigt oder verpflichtet sein. In beiden Fällen stellt sich damit die Frage nach der Behandlung der stillen Gesellschaft im Bilanzrecht.
13.2
Von der Behandlung der stillen Gesellschaft im Bilanzrecht ist die interne Rechnungslegung der stillen Gesellschaft zu unterscheiden. Sie ist regelmäßig von dem Inhaber durchzuführen, um den Gewinn- und Verlustanteil des stillen Gesellschafters zu errechnen. Zwar greift sie in der Regel auf die gleiche Buchhaltung des Inhabers zurück, die Unterscheidung zwischen beiden Formen der Rechnungslegung ist aber schon deswegen geboten, weil das Bilanzrecht zwingendes öffentliches Recht darstellt, während die interne Rechnungslegung zur Disposition der Gesellschafter steht. Im Folgenden wird nur auf die Bilanzierung im erstgenannten Sinne eingegangen. Die Erörterung der internen Rechnungslegung bleibt hingegen § 14 (Die Verteilung von Gewinn und Verlust) vorbehalten.
13.3
II. Grundlagen der Bilanzierung 1. Ordnungsmäßigkeit der Buchführung Die handelsrechtlichen Vorschriften enthalten formelle und materielle Bestimmungen zur Buchführung und Inventarisierung (§§ 238–241a HGB) und zur Erstellung des aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung bestehenden Jahresabschlusses (§§ 242–256a HGB mit den Ergänzungen für die Kapitalgesellschaften in den §§ 264 ff. HGB). Neben den gesetzlich formulierten Grundsätzen wird in beiden Regelungsbereichen auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) verwiesen (§ 238 Abs. 1 Satz 1 und § 243 Abs. 1 HGB). Sowohl für die eigentliche Buchführung und Inventarisierung als auch für den darauf aufbauenden Jahresabschluss sind also die GoB von großer Bedeutung, indem sie den Katalog der positivrechtlich normierten Anforderungen an die Rechnungslegung mit verbindlicher Kraft ergänzen1. Die GoB sind definiert als Regeln, nach denen ein auf fachgerechte, ordnungsmäßige Rechnungslegung bedachter Kaufmann zu verfahren pflegt, verfahren kann oder verfahren darf, um jederzeitige Übersicht über seine Handelsgeschäfte sowie die Lage seines Vermögens zu erhalten und ihre Gewinnung einem sachkundigen Außenstehenden ohne Schwierigkeiten zu ermöglichen2. 1 Zur Rechtsnatur der GoB und zu ihrer Ermittlung siehe Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 3 II, S. 41 ff. m.w.N. 2 Brüggemann in GroßKomm.HGB, 4. Aufl. 1995, § 38 HGB Anm. 2; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 3 II, S. 42; der BFH umschreibt die GoB als „Regeln, nach denen der Kaufmann zu verfahren hat, um zu einer dem gesetzlichen Zweck entsprechenden Bilanz zu gelangen“, BFH v. 31. 5. 1967 – I 208/63, BStBl. III
251
13.4
§ 13
Buchführung und Jahresabschluss
13.5
Weitere Buchführungsregeln finden sich für Besteuerungszwecke in den §§ 143 ff. AO, wobei diese sich mit den im HGB normierten Anforderungen teilweise decken.
13.6
Für die hier zunächst zu behandelnde Führung der Handelsbücher sind als Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit in formeller Hinsicht Klarheit, Übersichtlichkeit und leichte Nachprüfbarkeit der Aufzeichnungen zu nennen; materiell müssen die Aufzeichnungen der Wahrheit entsprechen und alle Risiken angemessen berücksichtigen. Als Bestandteil des Wahrheitsgebots kann die Richtigkeits- und Vollständigkeitsanforderung in § 239 Abs. 2 HGB angesehen werden. Schließlich muss die Buchführung fortlaufend sein, §§ 238 Abs. 1 Satz 3, 239 Abs. 2 HGB1.
13.7
Zur Ordnungsmäßigkeit der Buchführung gehört auch, dass die für das System einer kaufmännischen Buchführung erforderlichen Bücher geführt werden, was auch auf Datenträgern geschehen kann (§ 239 Abs. 4 HGB). Dabei ist nach heutigem Recht das System der doppelten Buchführung geboten, da nunmehr jeder Kaufmann gesetzlich verpflichtet ist, neben der Bilanz auch eine Gewinn- und Verlustrechnung aufzustellen, die einfache Buchführung aber nicht Grundlage einer Gewinn- und Verlustrechnung sein kann2.
13.8
Im Tagebuch (Grundbuch) sind sämtliche Geschäftsvorfälle nach ihrer Zeitfolge vollständig und fortlaufend aufzuzeichnen, wobei die einzelnen Geschäftsvorfälle sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen müssen. Es genügt nicht, die Buchungsvorgänge systematisch nach Konten zu gliedern; sie müssen auch chronologisch im Grundbuch geordnet sein.
13.9
Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen täglich aufgezeichnet werden (§ 146 Abs. 1 Satz 2 AO). Der buchmäßige Kassenbestand muss mit dem tatsächlichen Bestand jederzeit abgestimmt werden können. Auch bei Durchschreibebuchführung ist ein Kassenbuch notwendig, wenn die Barvorgänge nicht vollständig und täglich in der Durchschreibebuchführung erfasst werden.
13.10
Das Kontokorrent dient der Darstellung der Geschäftsvorgänge mit den einzelnen Kunden und Lieferanten. Die Verrechnung ist auf einem Sachkonto und auf den Personenkonten vorzunehmen. Die Eintragung auf Personenkonten allein reicht nicht aus. Besteht kein laufender unbarer Geschäftsverkehr, so ist es zulässig, die nur gelegentlich vorkommenden unbaren Geschäftsvorfälle in einem Grundbuch aufzuzeichnen – ohne Darstellung auf einzelnen Personenkonten. Es müssen dann aber zum Bilanzstichtag Saldenlisten über die Forderungen und Verbindlichkeiten erstellt werden3.
1967, 607; BFH v. 3. 2. 1969 – GrS 2/68, BStBl. II 1969, 291; dies bringen § 238 Abs. 1 Satz 2 HGB und § 145 Abs. 1 Satz 1 AO auch deutlich zum Ausdruck. 1 Merkt in Baumbach/Hopt, § 238 HGB Rn. 14. 2 Schulze-Osterloh, ZHR 150 (1986), 403 (410). 3 BFH v. 23. 2. 1951 – IV 15/51 S, BStBl. I 1951, 75.
252
Buchführung und Jahresabschluss
§ 13
Bei Einzelhändlern ist eine vereinfachte Verbuchung der kleineren Krediteinkäufe und Kreditverkäufe zugelassen. Derartige Geschäftsvorgänge müssen zumindest im Wareneingangsbuch in einer besonderen Spalte als Kreditgeschäfte gekennzeichnet sein. Ferner muss darin der Tag der Begleichung der Rechnung vermerkt werden. Kleinere Warenverkäufe auf Kredit sind zusammen mit der Zahlung mindestens in einer Kladde festzuhalten, die als Teil der Buchführung aufzubewahren ist. Zum Bilanzstichtage sind Personenübersichten zu erstellen.
13.11
Die Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen können auch in der geordneten Ablage von Belegen bestehen oder auf Datenträgern geführt werden, soweit diese Formen der Buchführung einschließlich des dabei angewandten Verfahrens den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen (§ 239 Abs. 4 HGB, § 146 Abs. 5 AO).
13.12
Die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung erfordert schließlich vollständige Belege und Bestandsverzeichnisse, die zehn Jahre aufzubewahren sind (§ 257 Abs. 4 HGB, § 147 Abs. 3 AO). Für jede Buchung muss ein Beleg vorhanden sein.
13.13
Der BGH1 hat in einem Konkursfall entschieden, dass zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auch für kleinere und mittlere Betriebe die Verpflichtung gehört, jeder Buchung einen Beleg zugrunde zu legen und die Belege geordnet aufzubewahren. Nur dem Beleg in Verbindung mit der Eintragung, nicht der Eintragung allein kommt Beweiskraft zu. Fehlt es an Belegen, so ist die Buchführung nicht ordnungsgemäß, ohne dass es auf die Gründe des Fehlens ankommt.
13.14
Zu den aufzubewahrenden Belegen gehören auch die Inventuren und Inventurunterlagen. Sind sie nicht mehr vorhanden, so ist für zwei Geschäftsjahre keine ordnungsmäßige Buchführung vorhanden, weil die nicht ordnungsgemäße Schlussbilanz eines Jahres zugleich auf die Ordnungsmäßigkeit der Anfangsbilanz des folgenden Jahres einwirkt und dadurch zwei Abrechnungszeiträume beeinflusst werden2.
13.15
2. Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung Die Bilanz ist gemäß § 242 Abs. 1 Satz 1 HGB ein das Verhältnis des Vermögens und der Schulden darstellender Abschluss. Sie ist nach § 242 Abs. 3 HGB Bestandteil des Jahresabschlusses und wie dieser nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu erstellen (§ 243 Abs. 1 HGB), so dass sie den Beteiligten im Rahmen der Bewertungsvorschriften einen möglichst sicheren Einblick in die Lage des Unternehmens gewährt3. Im Anhang des Jahresabschlusses einer Kapitalgesellschaft sind zusätzliche Angaben zu machen, 1 BGH v. 25. 3. 1954 – 3 StR 232/53, LM Nr. 6 zu § 240 KO. 2 BFH v. 24. 3. 1987 – I R 144/83, BFH/NV 1987, 581; BFH v. 25. 3. 1954 – IV D 1/53 S, BStBl. III 1954, 195. 3 So § 149 Abs. 1 Satz 2 AktG a.F.
253
13.16
§ 13
Buchführung und Jahresabschluss
wenn bei Anwendung der allgemeinen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung unter Beachtung der speziell für Kapitalgesellschaften geltenden Rechnungslegungsvorschriften ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild i.S. von § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht vermittelt werden kann (§ 264 Abs. 2 Satz 2 HGB).
13.17
Aus dem Zweck der Bilanz, einen möglichst sicheren bzw. den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Einblick in die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu eröffnen, ergeben sich verschiedene, allgemein anerkannte Bilanzierungsgrundsätze.
13.18
Hierzu gehört zunächst der Grundsatz der Bilanzklarheit. Klar und übersichtlich ist die Bilanz, wenn sie die wirtschaftlichen Zusammenhänge des Unternehmens erkennen lässt. Klarheit und Übersichtlichkeit erfordern insbesondere Abschlussgliederung und Abschlusserläuterung. Durch sie sollen die Erkennbarkeit der wirtschaftlichen Verhältnisse, vor allem der finanziellen Abhängigkeit, gewährleistet werden. Für Kapitalgesellschaften sind die Mindestgliederungsvorschriften des § 266 HGB verbindlich. Die nicht nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 PublG publizitätspflichtigen Personengesellschaften und Einzelkaufleute sind nicht gesetzlich auf eine bestimmte Gliederungsform verpflichtet. Es wird jedoch angenommen, dass sie die Bilanz zumindest in ihrer Grundform an § 266 HGB auszurichten haben1.
13.19
Zum Grundsatz der Bilanzklarheit zählt auch die eindeutige Bezeichnung des Bilanzpostens innerhalb der Gliederung sowie insbesondere das Saldierungsverbot des § 246 Abs. 2 Satz 1 HGB, wonach Posten der Aktivseite grundsätzlich nicht mit Posten der Passivseite, Aufwendungen nicht mit Erträgen, Grundstücksrechte nicht mit Grundstückslasten verrechnet werden dürfen.
13.20
Eine Ausnahme hierzu sieht der durch das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG)2 eingeführte § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB n.F. vor. Vermögensgegenstände, die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind und ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen, die gegenüber Arbeitnehmern eingegangen wurden, sind mit diesen Schulden zu verrechnen; entsprechend ist mit den zugehörigen Aufwendungen und Erträgen zu verfahren. Für Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, besteht daher ein Saldierungsgebot für sog. Planvermögen. Steuerlich wird die Ausnahme vom Saldierungsverbot nicht nachvollzogen (§ 5 Abs. 1a Satz 1 EStG n.F.).
1 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 3 III 2, S. 45; Merkt in Baumbach/Hopt, § 243 HGB Rn. 4. 2 BGBl. I 2009, 1102. Die Änderungen durch das BilMoG sind grundsätzlich auf Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, anzuwenden, Art. 66 Abs. 3 Satz 1 EGHGB n.F. Auf freiwilliger Basis können die Regelungen des BilMoG jedoch auch schon auf nach dem 31. 12. 2008 beginnende Geschäftsjahre angewendet werden, Art. 66 Abs. 3 Satz 6 EGHGB n.F.
254
Buchführung und Jahresabschluss
§ 13
Der Grundsatz der Bilanzwahrheit erfordert eine tatsachengetreue Bewertung. Das in der Bilanz enthaltene Zahlenmaterial muss den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen, wobei indessen nicht die objektive Wahrheit i.S. der wirklichen Vermögenslage gemeint ist. Erforderlich ist vielmehr die Richtigkeit in Bezug auf den Bilanzzweck und die gesetzlichen Bewertungsvorschriften sowie die GoB, die das Erreichen des Bilanzzwecks sicherstellen sollen. Die sich bei Beachtung dieser Grundsätze ergebende Abweichung von der tatsächlichen, objektiv verstandenen Vermögenslage bedeutet keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Bilanzwahrheit.
13.21
Als weiterer Ausdruck des Wahrheitsprinzips ist das in § 246 Abs. 1 HGB niedergelegte Vollständigkeitsgebot zu nennen. Es sind sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden in der Bilanz auszuweisen. Dies gilt auch für Posten, die vollständig abgeschrieben sind. Sie sind mit einem Erinnerungswert in die Bilanz aufzunehmen. Schließlich gehört zur Bilanzwahrheit das Verbot, Aktiva oder Passiva frei zu erfinden, sie also für Bilanzzwecke zu fingieren.
13.22
Im Zuge der Bilanzrechtsmodernisierung zum 1. 1. 2010 durch das BilMoG (siehe bereits oben Rn. 13.20) ist § 246 Abs. 1 HGB reformiert worden, ohne dass damit in der Sache eine Änderung der Rechtslage verbunden ist. Schon nach der bisherigen Rechtslage ist § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB i.S. einer wirtschaftlichen Vermögenszugehörigkeit zu verstehen1. § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB n.F. bestimmt nun prinzipieller, dass ein Vermögensgegenstand auch einem Nichteigentümer zuzurechnen sein kann, wenn er Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft ist und den Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf den Vermögensgegenstand wirtschaftlich ausschließen kann.
13.23
Der Grundsatz der Bilanzkontinuität dient der Aussagekraft einer Bilanz durch Vergleichbarkeit aller fortlaufenden Abschlüsse eines Unternehmens. Sie erfordert zunächst den Zusammenhang der Jahresbilanzen in dem Sinne, dass die Schlussbilanz eines Jahres mit der Anfangsbilanz des nächsten Jahres übereinstimmt (Bilanzidentität, § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB).
13.24
Als Bestandteil der Bilanzkontinuität ist auch der Grundsatz der Stetigkeit zu begreifen. In formeller Hinsicht sind hiermit die Beibehaltung der Gliederung und die gleich bleibende Benennung der einzelnen Positionen gemeint. Materiell müssen gleiche Tatbestände in aufeinander folgenden Bilanzen gleich behandelt werden. Insbesondere sollen die Bewertungsmethoden beibehalten werden, § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB. Durch das für Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, geltende BilMoG (siehe bereits oben Rn. 13.20) wird das Stetigkeitsprinzip zudem durch das Gebot der Ansatzstetigkeit erweitert (§ 246 Abs. 3 HGB n.F.). Danach müssen nun auch (noch verbliebene) Ansatzwahlrechte und über einen Bilanzansatz entscheidende Ermessensspielräume einheitlich ausgeübt werden2.
13.25
1 Siehe nur Merkt in Baumbach/Hopt, § 246 HGB Rn. 11. 2 Siehe eingehend Küting/Tesche in Küting/Pfitzer/Weber, Das neue deutsche Bilanzrecht, S. 38 ff.
255
§ 13
Buchführung und Jahresabschluss
13.26
Ein weiterer wichtiger Grundsatz ist das Vorsichtsprinzip, dessen allgemeinste Definition dahin geht, dass der Unternehmer sein Vermögen eher zu niedrig als zu hoch ansetzen darf. Dieser Grundsatz dient neben dem Eigenschutz des Kaufmanns vor allem dem Gläubigerschutz, da durch eine tendenzielle Unterbewertung die Gewinnausschüttung zugunsten der Erhaltung der Haftungssubstanz beeinflusst wird und potentielle Gläubiger bei Einblick in die Bilanz jedenfalls kein günstigeres Bild über das Vermögen erhalten, als es tatsächlich ist.
13.27
Konkretisierungen des Prinzips der vorsichtigen Bilanzierung sind das Realisationsprinzip und das Imparitätsprinzip.
13.28
Nach dem in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB ausdrücklich festgelegten Realisationsprinzip sind Gewinne nur auszuweisen, wenn sie auch tatsächlich verwirklicht wurden. Zur Sicherstellung dieses Grundsatzes bestimmt § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB, dass ein höherer Wert als die Herstellungs- oder Anschaffungskosten nicht ausgewiesen werden darf. Das genaue Gegenteil gilt für die Behandlung von Verlusten. Sie sind bereits zu berücksichtigen, wenn sie zwar schon verursacht, aber noch nicht realisiert sind.
13.29
Zur Sicherung dieses Grundsatzes gilt das ab 2010 in § 253 Abs. 4 HGB n.F.1 in seiner strengen Form (für Umlaufvermögen) und in eingeschränkter Form in § 253 Abs. 3 HGB n.F.2 (für Anlagevermögen) kodifizierte Niederstwertprinzip. Dem gleichen Zweck dient die Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste, die in § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB vorgeschrieben ist. Diese Ungleichbehandlung von noch nicht realisierten Gewinnen und noch nicht realisierten Verlusten ist Gegenstand des Imparitätsprinzips.
13.30
Das Vorsichtsprinzip wurde durch das BilMoG in wichtigen Bereichen zugunsten der Informationfunktion des Abschlusses gelockert. Dies betrifft insbesondere die nach bisherigem Recht bestehenden Bilanzierungsverbote für unentgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (§ 248 Abs. 2 HGB a.F.). § 248 HGB n.F. enthält ab 2010 kein generelles Verbot für die Bilanzierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens mehr, sondern gewährt ein Bilanzierungswahlrecht. Bilanzierungsverbote bestehen wie zuvor für Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, die nicht entgeltlich erworben wurden (§ 248 Abs. 2 Satz 2 HGB n.F.). § 255 Abs. 2 Satz 4, Abs. 2a HGB n.F. enthält eine Bewertungspflicht für die auf die Entwicklungsphase entfallenden Herstellungskosten, wohingegen auf die Forschungsphase entfallende Herstellungskosten nicht in die Bewertung einfließen dürfen. Gläubigerschützenden Gesichtspunkten wird Rechnung getragen durch die Implementierung einer Ausschüttungssper1 Entspricht § 253 Abs. 3 HGB a.F. 2 Entspricht § 253 Abs. 2 HGB a.F.
256
Buchführung und Jahresabschluss
§ 13
re (§ 268 Abs. 8 HGB n.F.) und die Verpflichtung, den Gesamtbetrag der Forschungs- und Entwicklungskosten sowie den davon auf die selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens entfallenden Teil – aufgegliedert in Forschungs- und Entwicklungskosten – im Anhang anzugeben (§§ 285 Nr. 22, 314 Abs. 1 Nr. 14 HGB n.F.). Die zweite zentrale Änderung im Bereich der immateriellen Vermögensgegenstände durch das BilMoG betrifft Ansatz und Bewertung des Geschäfts- oder Firmenwerts. Nach §§ 246 Abs. 1 Satz 4, 253 Abs. 5 Satz 2 HGB n.F. gilt der derivative Geschäfts- oder Firmenwert ab 2010 als zeitlich begrenzt abnutzbarer Vermögensgegenstand1.
III. Die Gliederung der Bilanz Nach dem Grundsatz der Abschlussklarheit sind sowohl die Bilanz als auch die Gewinn- und Verlustrechnung übersichtlich zu gliedern (§ 243 Abs. 2 HGB), so dass ein klarer Einblick in den wirtschaftlichen Aufbau des Unternehmens gewährleistet ist. In § 266 Abs. 1 HGB ist als Gliederungsschema die Kontenform für Kapitalgesellschaften verbindlich vorgeschrieben. Aktiv- und Passivseite stehen sich gegenüber, wobei sich die Aktivseite in das Anlageund Umlaufvermögen gliedert, während sich die Passivseite in die Positionen Eigenkapital, Rückstellungen und Verbindlichkeiten aufteilt. Auf beiden Seiten kommen die entsprechenden Rechnungsabgrenzungsposten hinzu. Für nichtpublizitätspflichtige Personenunternehmen ist diese Gliederungsvorschrift nicht verbindlich. Es ist nur § 247 Abs. 1 HGB zu beachten, wonach in der Bilanz das Anlage- und Umlaufvermögen, das Eigenkapital, die Schulden sowie die Rechnungsabgrenzungsposten gesondert auszuweisen und hinreichend aufzugliedern sind. Aus den allgemein geltenden Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung in Verbindung mit dem in § 247 Abs. 1 HGB ausgesprochenen Gebot der hinreichenden Aufgliederung wird man aber eine an die Form des § 266 HGB angenäherte Gliederung fordern müssen, wobei der Hauptunterschied darin zu sehen ist, dass die Gliederung nicht so detailliert ausfallen muss, einzelne Posten also zu größeren Blöcken zusammengefasst werden dürfen2. Zudem ist zu beachten, dass der Grundsatz der Abschlussklarheit gebietet, Postenbezeichnungen des § 266 HGB nur in dem dort verstandenen Sinne zu verwenden3.
13.31
1. Aktivseite a) Anlagevermögen Zum Anlagevermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die dauernd den Zwecken des Betriebes zu dienen bestimmt sind. Es entscheidet die Zweckbestim1 Siehe eingehend Küting/Ellmann in Küting/Pfitzer/Weber, Das neue deutsche Bilanzrecht, S. 268 ff. und Rn. 13.34. 2 Merkt in Baumbach/Hopt, § 247 HGB Rn. 2 sowie § 266 HGB Rn. 2; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 4 I, S. 62 Fn. 1; Schulze-Osterloh, ZHR 150 (1986), 403 (427). 3 Schulze-Osterloh, ZHR 150 (1986), 403 (427).
257
13.32
§ 13
Buchführung und Jahresabschluss
mung darüber, ob ein Gegenstand dem Anlagevermögen zuzurechnen ist. Hierher gehören als immaterielle Vermögensgegenstände1 neben dem Geschäfts- oder Firmenwert vor allem bestimmte entgeltlich erworbene bzw. selbst geschaffene Rechte und Werte, ferner als sog. Sachanlagen2 Grundstücke und technische Anlagen und schließlich die Finanzanlagen3, bei denen Beteiligungen an anderen, auch verbundenen, Unternehmen als Hauptfall zu nennen sind4.
13.33
Für Geschäftsjahre bis 2009 gilt weiterhin § 255 Abs. 4 HGB a.F.: Danach darf der selbst geschaffene (originäre) Geschäfts- oder Firmenwert nicht aktiviert werden. Nur dann, wenn ein Unternehmen gegen Entgelt erworben worden ist und die für die Übernahme bewirkte Gegenleistung die Werte der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt, darf der Unterschiedsbetrag unter die Posten des Anlagevermögens aufgenommen werden, § 255 Abs. 4 HGB a.F.
13.34
Durch das BilMoG wurde § 255 Abs. 4 HGB a.F. für Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, aufgehoben. Gemäß § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB gilt ab diesem Zeitpunkt ein entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert als zeitlich begrenzt abnutzbarer Vermögensgegenstand. Es besteht daher nunmehr eine Aktivierungspflicht. Der Wert ist nach Maßgabe des § 253 Abs. 3 HGB n.F. planmäßig oder – bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen – außerplanmäßig abzuschreiben5. b) Umlaufvermögen
13.35
Zum Umlaufvermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die zum Verbrauch, zur Be- oder Verarbeitung oder zur Veräußerung bestimmt sind, d.h. einem fortlaufenden Wechsel in ihrem Bestande unterliegen. Hierzu zählen die Vorräte (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, unfertige Erzeugnisse, Fertigerzeugnisse, Waren, geleistete Anzahlungen) sowie Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände und Wertpapiere, soweit sie nicht zum Anlagevermögen gehören. Schließlich sind auch Schecks, Kassenbestand, Bundesbank- und Postgiroguthaben und Guthaben bei Kreditinstituten6 hier zu nennen. c) Rechnungsabgrenzungsposten
13.36
Es handelt sich um Aktivposten, die der zeitgerechten Aufwands- und Ertragsverteilung dienen, wenn Ausgaben vor dem Abschlussstichtag gemacht werden und Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen (§ 250 Abs. 1 1 2 3 4 5
Gliederungspunkt A I der Aktivseite. Gliederungspunkt A II der Aktivseite. Gliederungspunkt A III der Aktivseite. Zur weiteren Aufgliederung im Einzelnen siehe § 266 Abs. 2 HGB. Vgl. ausführlich auch die Begründung des RegE zum BilMoG, BR-Drucks. 344/08, S. 102 f. sowie Küting/Ellmann in Küting/Pfitzer/Weber, Das neue deutsche Bilanzrecht, S. 268 ff. 6 Gliederungspunkte B I–IV der Aktivseite.
258
Buchführung und Jahresabschluss
§ 13
Satz 1 HGB). Sie müssen auf diese Zeiträume verteilt werden. Da es sich um Ausgaben handelt, deren Wirkung in spätere Gewinnermittlungszeiträume hineinreicht, spricht man von transitorischen Ausgaben. Für sie wird ein Aktivposten gebildet, der in den folgenden Wirtschaftsjahren mit dem jeweils das einzelne Wirtschaftsjahr belastenden Teil über Gewinn oder Verlust ausgebucht wird. Beispiele: Der Inhaber des Handelsgeschäfts hat Geschäftsräume gemietet. Er hat die Miete von 12 000 Euro jeweils am 1. 10. eines Kalenderjahrs im Voraus zu bezahlen. Dann treffen von den 12 000 Euro, die zunächst voll über Kosten verbucht werden, nur 3000 Euro auf das Jahr der Zahlung. Nur diese 3000 Euro dürfen den Gewinn des laufenden Jahres mindern, wohingegen 9000 Euro als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten (als Forderung an die kommende Geschäftszeit) anzusetzen sind. Dieser Betrag ist im folgenden Wirtschaftsjahr über das Gewinn- und Verlustkonto auszubuchen.
13.37
Der Inhaber hat auf ein Darlehen jährlich im Voraus 6000 Euro Zinsen am 1. 4. jedes Kalenderjahres zu entrichten. Von diesen 6000 Euro belasten das Zahlungsjahr nur 4500 Euro; es sind 1500 Euro als Rechnungsabgrenzungsposten zu aktivieren, der im folgenden Jahr über das Gewinn- und Verlustkonto aufgelöst wird.
13.38
Umgekehrt werden häufig Einnahmen erzielt, die erfolgsmäßig nicht in voller Höhe das Einnahmejahr betreffen, sondern auch teilweise einen Ertrag des vorhergehenden Jahres darstellen (antizipative Einnahmen). Dann war in dem vorhergehenden Jahr ein Ertrag noch nicht zu verzeichnen. Um zu einem zutreffenden Gewinnergebnis zu kommen, sind diese Beträge, solange sie noch offen sind, unter den sonstigen Forderungen auszuweisen.
13.39
Beispiel: Der Inhaber des Handelsgeschäfts hat Geschäftsräume vermietet. Er erhält die Miete vereinbarungsgemäß ein Jahr nachträglich. Ist Zahlungstermin der 30. 9., so fehlen ihm im laufenden Jahr Mieteinnahmen für die letzten drei Monate, wenn das Wirtschaftsjahr gleich dem Kalenderjahr ist. Für diese fehlenden Einnahmen muss ein Aktivposten gebildet werden; anderenfalls würde ein zu niedriger Gewinn ausgewiesen werden. Beträgt die Mieteinnahme jährlich 12 000 Euro, dann sind 3000 Euro als Forderung einzusetzen. Wird im nächsten Jahr die Miete mit 12 000 Euro tatsächlich entrichtet, so sind 3000 Euro davon über den aktivierten Betrag zu verrechnen, so dass sich nur 9000 Euro als laufende Einnahme auswirken.
13.40
Bisher bestehende Wahlrechte für bestimmte Zölle und Steuern (§ 250 Abs. 1 Satz 2) sind durch das BilMoG1 für Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, ersatzlos gestrichen worden In steuerrechtlicher Hinsicht wird die Änderung nicht nachvollzogen, so dass es zwingend zu einem Auseinanderfallen von Handels- und Steuerbilanz kommt.
13.41
1 Kapitalgesellschaften können nach § 268 Abs. 6 HGB das Disagio oder Damnum auch im Anhang angeben.
259
§ 13
Buchführung und Jahresabschluss
13.42
Als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten kann in Anwendung von § 250 Abs. 3 HGB schließlich das Disagio oder Damnum ausgewiesen werden1. Bei Inanspruchnahme des Aktivierungswahlrechts ist eine planmäßige jährliche Abschreibung vorzunehmen, die auf die gesamte Laufzeit der Verbindlichkeit verteilt werden kann (§ 250 Abs. 3 Satz 2 HGB). Steuerlich besteht für das Disagio oder Damnum wie bei den anderen Rechnungsabgrenzungsposten kein Aktivierungswahlrecht, sondern eine Aktivierungs- und Abschreibungspflicht (§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG). 2. Passivseite a) Eigenkapital des Geschäftsinhabers
13.43
Das Eigenkapital2 ist derjenige Gliederungspunkt, der erkennen lässt, in welcher Höhe die ausgewiesenen Vermögenswerte die Schulden des Geschäftsinhabers übersteigen. Gemäß § 266 Abs. 3 HGB sind unter dem Eigenkapital auch die Rücklagen sowie der Gewinn- bzw. Verlustvortrag und der Jahresüberschuss bzw. der Jahresfehlbetrag auszuweisen. Hierdurch soll eine klare Darstellung der Eigenkapitalsituation erreicht werden.
13.44
Bei Personenunternehmen wird das Eigenkapital durch den Ansatz einer Kapitalposition für den Unternehmer ausgewiesen. Handelt es sich um eine Personengesellschaft, so setzt sich das Eigenkapital aus den Kapitalkonten der Gesellschafter zusammen.
13.45
Bei Kapitalgesellschaften erscheint in der Bilanz unter Eigenkapital als erstes das gezeichnete Kapital (§ 266 Abs. 3 A I HGB). Nach der Legaldefinition in § 272 Abs. 1 Satz 1 HGB handelt es sich um das Kapital, auf das die Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft gegenüber den Gläubigern beschränkt ist3.
13.46
Hinzukommen die Kapitalrücklagen (§ 272 Abs. 2 Nr. 1–4 HGB) und die Rücklagen für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen (§ 272 Abs. 4 HGB) sowie die Gewinnrücklagen (§ 272 Abs. 3 HGB), wozu insbesondere die gesetzlichen Rücklagen4, satzungsmäßige und andere Rücklagen5 zu zählen sind, die nur ausgewiesen werden dürfen, soweit sie im Geschäftsjahr oder in einem früheren Geschäftsjahr aus dem Ergebnis gebildet worden sind. Gewinnrücklagen sind auch bei Personengesellschaften möglich und verbreitet6. Die genannten handelsrechtlichen Rücklagen mindern den
1 Kapitalgesellschaften können nach § 268 Abs. 6 HGB das Disagio oder Damnum auch im Anhang angeben. 2 Gliederungspunkt A der Passivseite. 3 Die gesetzliche Formulierung ist sehr unglücklich. Eine persönliche Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft gibt es grundsätzlich nicht. 4 Z.B. § 150 AktG. 5 § 58 AktG und § 29 GmbHG. 6 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 4 V 1, S. 102.
260
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§ 13
steuerpflichtigen Gewinn nicht, sie stellen eine Verwendung des steuerpflichtigen Gewinns dar und sind zusätzliches Eigenkapital. Das Steuerrecht lässt andererseits aber auch sog. steuerfreie Rücklagen zu, die den Gewinn in der Rechnungsperiode mindern. Sie sind in späteren Wirtschaftsjahren aber regelmäßig wieder gewinnerhöhend aufzulösen, so dass der Effekt in einem Zins- und Liquidationsvorteil durch Steueraufschub zu sehen ist. Beispiele solcher steuerfreien Rücklagen sind die Euroumrechnungsrücklage nach § 6d EStG und die Reinvestitionsrücklage nach §§ 6b und c EStG1.
13.47
Vor der Modernisierung des Bilanzrechts durch das BilMoG2 für Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, bestand auch die Möglichkeit, die steuerliche Bilanzierung dieser Rücklagen in die Handelsbilanz zu übernehmen. Zur Anhebung des Informationsniveaus des Jahresabschlusses3 hat der Gesetzgeber den Grundsatz der umgekehrten Maßgeblichkeit aufgegeben. § 247 Abs. 3 HGB in der bisherigen Fassung ist in diesem Zuge gestrichen worden.
13.48
b) Rückstellungen Rückstellungen gehören im Gegensatz zu den Rücklagen zu den Schulden. Der Ausweis von Rückstellungen dient dem Zweck, künftigen Aufwand der Rechnungsperiode ihrer Verursachung zuzurechnen. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB schreibt Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten, d.h. für Verbindlichkeiten, die am Bilanzstichtag dem Grunde oder der Höhe nach nicht feststehen, sowie für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften vor.
13.49
Es braucht sich bei den rückstellungsfähigen Verbindlichkeiten nicht um rechtliche Verpflichtungen zu handeln, auf deren Erfüllung ein klagbarer Anspruch besteht. Es genügt ein tatsächliches Verhältnis, aufgrund dessen sich jemand nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu einer Leistung verpflichtet fühlt oder aufgrund dessen er mit einer Inanspruchnahme am Bilanzstichtag zu rechnen hat, ohne sich ihr entziehen zu können. Ausdrücklich vom Gesetz genannt sind in diesem Zusammenhang die Rückstellungen für Gewährleistungen ohne rechtliche Verpflichtungen, § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB. Entfernte Möglichkeiten eines Verlustes oder einer Inanspruchnahme genügen jedoch nicht zur Geltendmachung einer Rückstellung; es muss sich um einen Verlust oder um eine Inanspruchnahme handeln, die mit einiger Sicherheit oder doch mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
13.50
Rückstellungen sind auch möglich für unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung oder Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 HGB)4. Hinsichtlich der Passivierungspflicht unterscheidet der Gesetzgeber. Im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für In-
13.51
1 2 3 4
Hierzu Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 4 V 2, S. 105 ff. BGBl. I 2009, 1102. S. dazu Hoyos/M. Ring in Beck'scher BilanzKomm., § 249 HGB Rn. 101–110. S. dazu Hoyos/M. Ring in Beck'scher BilanzKomm., § 249 HGB Rn. 101–110.
261
§ 13
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standhaltung, die innerhalb der drei auf den Schluss des Geschäftsjahres folgenden Monate nachgeholt werden, müssen als Passivposten ausgewiesen werden. Gleiches gilt für die Abraumbeseitigung, sofern sie im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt wird. Für Rückstellungen betreffend unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung besteht ein Passivierungswahlrecht, wenn sie nicht innerhalb der ersten drei Monate nach Schluss der Rechnungsperiode, aber noch innerhalb des folgenden Geschäftsjahres nachgeholt werden. Eine Passivierungspflicht besteht weiter für die Gewährleistungen ohne rechtliche Verpflichtung.
13.52
Die Vorschrift des § 249 Abs. 2 HGB a.F. schließlich lässt für Geschäftsjahre bis 2009 die Bildung von sog. Aufwandsrückstellungen ausdrücklich zu (Passivierungswahlrecht)1. Voraussetzung ist die genaue Umschreibung der Aufwendungen, die am Abschlussstichtag dem Grunde nach wahrscheinlich oder sicher, der Höhe oder des Zeitpunktes ihres Eintrittes nach aber unbestimmt sein müssen. Zudem müssen sie dem Geschäftsjahr des Abschlusses oder einem früheren Geschäftsjahr zugeordnet werden können.
13.53
Die Vorschrift des § 249 Abs. 2 a.F. HGB ist restriktiv auszulegen2, da der durch die unbestimmten Rechtsbegriffe eröffnete weite Auslegungsspielraum die Gefahr birgt, dass Kapitalgesellschaften, denen die freie Bildung von stillen Reserven verwehrt ist, das Instrument der Aufwandsrückstellungen für Thesaurierungszwecke einsetzen3.
13.54
Die Rückstellungen mindern im Gegensatz zu den Rücklagen den Gewinn. Werden sie später aufgelöst, so ergibt sich eine entsprechende Gewinnerhöhung, die auch steuerlich zu berücksichtigen ist. Andere Rückstellungen als die in § 249 Abs. 1 und 2 HGB genannten sind nicht zulässig, § 249 Abs. 3 Satz 1 HGB.
13.55
Die oben genannten Passivierungswahlrechte betreffend Aufwandsrückstellungen und Rückstellungen für unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die zwar innerhalb des folgenden Jahres, aber nicht innerhalb der ersten drei Monate nachgeholt werden, sind durch das BilMoG4 für Geschäftsjahre, welche nach dem 31. 12. 2009 beginnen, abgeschafft worden. Die nach der bisherigen Fassung des § 249 Abs. 2 HGB gebildeten Rückstellungen können beibehalten werden oder unmittelbar zugunsten der Gewinnrücklage aufgelöst werden (Art. 67 Abs. 1 EGHGB n.F.). c) Verbindlichkeiten
13.56
Als Verbindlichkeiten sind die tatsächlichen Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern auszuweisen. Das Gesetz enthält in § 266 Abs. 3 C HGB eine Glie1 Kritisch hierzu Schulze-Osterloh, ZHR 150 (1986), 403 (422 ff.); siehe im Übrigen zu den Aufwandsrückstellungen Ordelheide/Hartle, GmbHR 1986, 9 (16 ff.). 2 Ebenso Merkt in Baumbach/Hopt, § 249 HGB Rn. 26. 3 Schulze-Osterloh, ZHR 150 (1986), 403 (424). 4 BGBl. I 2009, 1102.
262
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§ 13
derung der anzusetzenden Verbindlichkeiten. Hierunter fallen Anleihen, Schulden bei Kreditinstituten, Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und aus Solawechseln sowie aus Warenlieferungen und sonstigen Leistungen. Auch Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen sowie solchen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, sind auszuweisen1. Bei den sonstigen Verbindlichkeiten sind diejenigen aus Steuern und die im Rahmen der sozialen Sicherheit gesondert zu erfassen. d) Rechnungsabgrenzungsposten Auch bei den passiven Rechnungsabgrenzungsposten handelt es sich wie bei den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten um Posten, die den Zweck haben, Aufwand und Ertrag zeitraumgerecht zu verteilen; nur erscheinen diese Posten diesmal auf der Passivseite der Bilanz. Als passive Rechnungsabgrenzungsposten dürfen nur ausgewiesen werden Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen, § 250 Abs. 2 HGB. Es handelt sich also um Einnahmen, die gewinnmäßig teilweise zum Ertrag späterer Wirtschaftsjahre gehören (transitorische Einnahmen); für sie ist ein Gegenposten in die Bilanz des Einnahmejahres einzustellen, der in dem Wirtschaftsjahr, in dem die Einnahme Ertrag wird, zugunsten des laufenden Gewinns auszubuchen ist.
13.57
Beispiel: Der Inhaber erhält Miete in Höhe von 6000 Euro für 12 Monate im Voraus am 1. 7. 2002. Wirtschaftsjahr ist das Kalenderjahr. Nur in Höhe von 3000 Euro ist die vereinnahmte Miete Ertrag des Wirtschaftsjahres 2002. Im Abschluss 2002 ist deshalb ein Passivposten in Höhe der restlichen 3000 Euro einzusetzen, der im Jahre 2003 aufzulösen ist.
13.58
Nicht unter § 250 Abs. 2 HGB fallen Einnahmen, wenn und soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit vor dem Abschlussstichtag darstellen (antizipative Passiva). Bei ihnen ergibt sich hingegen schon aus den allgemeinen Passivierungsgrundsätzen, dass sie als sonstige Verbindlichkeiten auszuweisen sind. Werden Beträge größeren Umfangs antizipativ passiviert, sind sie allerdings nach § 268 Abs. 5 Satz 3 HGB im Anhang zu erläutern.
13.59
Beispiel: Der Mieter hat den Mietzins halbjährlich jeweils zum 31. 3. und 30. 9. zu entrichten. Entspricht das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr, muss er im vorangegangenen Bilanzierungszeitraum die Hälfte des erst im nächsten Jahr fälligen Mietzinses als sonstige Verbindlichkeit passivieren.
13.60
IV. Bewertungsvorschriften Die Bewertung der in die Bilanz einzustellenden Wirtschaftsgüter ist in den §§ 252–256a HGB geregelt. Bis zur Streichung der betreffenden Vorschriften
1 Im Einzelnen siehe § 266 Abs. 3 C HGB.
263
13.61
§ 13
Buchführung und Jahresabschluss
durch das BilMoG1 fanden sich ergänzende Vorschriften für Kapitalgesellschaften in den §§ 279–283 HGB a.F2. Diese Bewertungsvorschriften betreffen nur die Handelsbilanz. Das Steuerrecht folgt grundsätzlich der Handelsbilanz (Maßgeblichkeitsprinzip, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz wird allerdings von zahlreichen steuerrechtlichen Vorschriften (z.B. §§ 5 Abs. 3–6, 6 Abs. 1 Nr. 1–3a, 6a EStG) durchbrochen. Sinn dieser Regelungen ist es vor allem, die handelsrechtlich noch zulässigen Unterbewertungen bzw. freien stillen Reserven nicht unbesehen in die für die Besteuerung maßgebliche Gewinnermittlung zu übernehmen, so dass ein zu geringer Gewinn der Besteuerung zugrunde gelegt würde. Dementsprechend hat der Steuergesetzgeber eigene Bewertungsvorschriften geschaffen, die rein fiskalischen Zwecken folgen und darauf ausgerichtet sind, den wirklichen Gewinn des Unternehmens zu erfassen. 1. Allgemeine Bewertungsvorschriften
13.62
Den handelsrechtlichen Bewertungsbestimmungen hat der Gesetzgeber allgemeine Bewertungsgrundsätze in § 252 HGB vorangestellt. Danach ist bei jeder Bewertung von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen (going concern-Prinzip, § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB). Die Vermögensgegenstände und Schulden sind zum Abschlussstichtag (Stichtagsprinzip) einzeln zu bewerten, § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB.
13.63
Der Grundsatz der Einzelbewertung ist Ausfluss des Vorsichtsprinzips und soll verhindern, dass durch Zusammenfassung von Vermögensgegenständen Wertminderungen und Wertzuwächse gegeneinander saldiert werden3. Er gilt nach § 6 EStG auch im Steuerrecht. Ausnahmen von diesem Prinzip lässt das Gesetz in § 240 Abs. 4 HGB zu, wonach gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände beim Inventar jeweils zu einer Gruppe zusammengefasst und mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden können (sog. Gruppen- oder Sammelbewertung). Eine weitere Ausnahme vom Grundsatz der Einzelbewertung statuiert § 240 Abs. 3 HGB, der es erlaubt, Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens und Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe mit gleich bleibender Menge und gleich bleibendem Wert anzusetzen (sog. Festbewertung)4, sofern sie regelmäßig ersetzt werden, ihr Gesamtwert für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist und der Bestand in Größe, Wert und Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt.
13.64
Die in § 240 Abs. 3, 4 HGB zugelassene Fest- bzw. Gruppen- oder Sammelbewertung ist gemäß § 256 Satz 2 HGB auch bei der Erstellung des Jahres1 BGBl. I 2009, 1102, anzuwenden auf Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen. 2 Für Konzerne gelten darüber hinaus ergänzend die §§ 308, 309 HGB. 3 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 5 III 2a, S. 156. 4 Zur Festbewertung Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 5 III 2c, S. 157.
264
Buchführung und Jahresabschluss
§ 13
abschlusses erlaubt1. Außerdem lässt § 256 Satz 1 HGB im Rahmen ordnungsmäßiger Buchführung ein Schätzungsverfahren nach bestimmten fiktiven Verbrauchs- oder Veräußerungsfolgen zu. Nach § 256 Satz 1 sind das sog. Fifo(First In – First Out) und Lifo-Verfahren (Last In – First Out) zulässig. Das sog. Hifo- (Highest in – First out) und das Lofo-Verfahren (Lowest In – First Out) sind nach Änderung des § 256 Satz 1 HGB durch das BilMoG2 für Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, jedoch unzulässig. Die Zulässigkeit dieser Bewertungsvereinfachungsverfahren war nach bisherigem Recht umstritten3. Kapitalgesellschaften haben bei der Wahl der Gruppen- oder Sammelbewertung oder des Schätzungsverfahrens nach § 256 Satz 1 HGB Angaben im Anhang nach Maßgabe des § 284 Abs. 2 Nr. 4 HGB zu machen. Mit der Neufassung des § 254 HGB durch das BilMoG hat auch die Möglichkeit der Bildung von Bewertungseinheiten bei Hedging-Geschäften Eingang in das HGB gefunden. § 254 HGB in der Fassung des BilMoG sieht vor, dass Vermögensgegenstände, Schulden, schwebende Geschäfte oder mit hoher Wahrscheinlichkeit vorgesehene Transaktionen mit Finanzinstrumenten zur Absicherung von Risiken zusammengefasst werden können, soweit der Eintritt der abgesicherten Risiken ausgeschlossen ist. Dies entspricht der schon bisherigen Rechtspraxis und war durch den Gesetzgeber bereits steuerrechtlich anerkannt (§ 5 Abs. 1a EStG).
13.65
Die Regelungen in § 252 Abs. 1 Nr. 4, 5 HGB sind ebenfalls Ausdruck des Vorsichtsprinzips und sprechen das Imparitäts- und Realisationsprinzip an. Diese Grundsätze sind als allgemeine Bilanzierungsprinzipien bereits oben behandelt (vgl. Rn. 13.4 ff., 13.16 ff.)4. Gleiches gilt für die Regelungen in § 252 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 HGB als Bestandteile des Grundsatzes der Bilanzkontinuität (vgl. Rn. 13.24 ff.).
13.66
2. Bewertung bestimmter Wirtschaftsgüter Neben der Festschreibung allgemeiner Bewertungsprinzipien enthalten die handelsrechtlichen Vorschriften Bestimmungen über die Ansätze bestimmter Wirtschaftsgüter. Im Einzelnen gilt hier Folgendes:
13.67
Alle Vermögensgegenstände sind höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen, § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB, vermindert um Abschreibungen nach § 253 Abs. 3, 5 HGB (§ 253 Abs. 2, 5 HGB a.F.) Ein darüber hinausgehender Wertansatz würde zum Ausweis eines noch nicht verwirk-
13.68
1 Eine weitere Ausnahme vom Grundsatz der Einzelbewertung, die auf kaufmännischer Übung beruht, ist die Durchschnittsbewertung, bei der der Durchschnittsanschaffungspreis als rechnerisches Mittel aus allen Einkäufen einer Waren- oder Rohstoffart zur Bewertung des Endstandes herangezogen wird, hierzu Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 5 III 2d aa, S. 158 ff. 2 Vgl. Merkt in Baumbach/Hopt, § 256 HGB Rn. 1 ff.; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 5 III 2d bb, S. 160. 3 BGBl. I 2009, 1102. 4 Zum Realisationszeitpunkt Merkt in Baumbach/Hopt, § 252 HGB Rn. 14.
265
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Buchführung und Jahresabschluss
lichten Gewinns führen1. Das ist sowohl handelsrechtlich als auch steuerrechtlich unzulässig. Steuerlich erfolgt die Bewertung zu den Anschaffungsoder Herstellungskosten oder zum niedrigeren Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG). a) Ermittlung der Anschaffungs- und Herstellungskosten
13.69
Die Anschaffungskosten umfassen die gesamten Aufwendungen zur Anschaffung eines Wirtschaftsgutes und zu seiner Versetzung in einen betriebsbereiten Zustand, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können, § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB. Zu den Kosten für die Anschaffung gehören nach § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten.
13.70
Erfasst sind neben dem eigentlichen Kaufpreis alle Aufwendungen, die gemacht werden mussten, um das Wirtschaftsgut so in das Betriebsvermögen einzugliedern, dass es seinem Zweck entsprechend nutzbar ist. Anschaffungskosten sind insbesondere auch die Transportkosten, die Montagekosten für die Aufstellung einer Maschine, die Kosten der Fundamentierung, die Kosten für das Niederreißen und die Wiederaufrichtung von Wänden und Mauern; weiterhin gehören dazu die Vertragskosten, etwaige Reisekosten zur Besichtigung eines später erworbenen Wirtschaftsgutes, Versicherungsprämien, Grunderwerbsteuer und Wertzuwachssteuer.
13.71
Die nach § 15 UStG abziehbare Umsatzsteuer gehört nicht zu den Anschaffungskosten, § 9b Abs. 1 EStG. Soweit sie nicht als Vorsteuer abziehbar ist, erhöht die Umsatzsteuer die Anschaffungskosten. Gemeinkosten, d.h. die dem angeschafften Wirtschaftsgut nicht einzeln zurechenbaren Kosten, dürfen nicht berücksichtigt werden2.
13.72
Abzuziehen sind gemäß § 255 Abs. 1 Satz 3 HGB Anschaffungspreisminderungen, also Rabatte, Skonti und Nachlässe anderer Art.
13.73
Die Herstellungskosten für im Unternehmen selbst hergestellte Wirtschaftsgüter umfassen nach der Legaldefinition in § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Dazu gehören insbesondere Materialkosten, also vor allem die Kosten der zur Fertigung benötigten Rohstoffe. Daneben zählen zu den Herstellungskosten auch die Fertigungskosten, d.h. insbesonde-
1 Die im Rahmen des BilMoG noch im RegE geplante Bewertung der zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumente mit dem beizulegenden Zeitwert hat sich wegen der Finanzkrise nicht durchsetzen können. Die Bewertung von Finanzinstrumenten nach den für Umlaufvermögen geltenden Grundsätzen ist daher auch in Zukunft auf den Handelsbestand von Kreditinstituten beschränkt, vgl. § 340e HGB. 2 Merkt in Baumbach/Hopt, § 255 HGB Rn. 2.
266
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re die Fertigungslöhne, und die Sondereinzelkosten der Fertigung, wie z.B. Spezialwerkzeuge, Gebühren für Patente oder Lizenzen1. Für Geschäftsjahre, die vor dem 31. 12. 2009 begonnen haben, besteht nach § 255 Abs. 2 Satz 3–5 HGB a.F. handelsrechtlich ein Einrechnungswahlrecht für die dem hergestellten Wirtschaftsgut nicht direkt zurechenbaren Gemeinkosten. Hierzu zählen die Materialgemeinkosten, also z.B. Aufwendungen für die Lagerhaltung, sowie die Fertigungsgemeinkosten, d.h. insbesondere Kosten der technischen Betriebsleitung, Instandhaltungskosten, Aufwendungen für die Energieversorgung, usw. Hinzu kommt der Wertverzehr des Anlagevermögens, womit vor allem die Wertminderung der Fertigungsanlagen gemeint ist. Steuerlich besteht hinsichtlich der Einrechnung dieser Kosten kein Wahlrecht, sondern eine Einrechnungspflicht2.
13.74
Für Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, entfällt aufgrund der Neufassung des § 255 Abs. 2 HGB durch das BilMoG3 das Bewertungswahlrecht für dem hergestellten Wirtschaftsgut nicht direkt zurechenbare Gemeinkosten. Dadurch wird die handelsrechtliche Lage der steuerrechtlichen angepasst.
13.75
Allgemeine Verwaltungskosten, Aufwendungen für soziale Einrichtungen, für freiwillige soziale Leistungen und betriebliche Altersversorgungen brauchen nicht eingerechnet zu werden, § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB (§ 255 Abs. 2 Satz 4 HGB a.F.). Dies ist im Ergebnis auch steuerrechtliche Praxis4.
13.76
Keine Herstellungskosten sind die Vertriebskosten, § 255 Abs. 2 Satz 4 HGB (entspricht § 255 Abs. 2 Satz 6 HGB a.F.), d.h. die Aufwendungen, die dem Absatz der hergestellten Güter dienen, insbesondere die Umsatzsteuer5. § 255 Abs. 2 Satz 4 HGB n.F. schließt jetzt neben den Vertriebskosten auch explizit die Forschungskosten von der Einbeziehung in die Herstellungskosten aus. Ebenso wenig dürfen kalkulatorische Zinsen auf das Eigenkapital und grundsätzlich auch nicht solche für das Fremdkapital in die Herstellungskosten eingerechnet werden, § 255 Abs. 3 Satz 1 HGB. Eine Ausnahme lässt das Gesetz in § 255 Abs. 3 Satz 2 HGB beim Fremdkapital zu, wenn es zur Finanzierung der Herstellung des Vermögensgegenstandes verwendet wird und die Fremdkapitalzinsen auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Das Steuerrecht fordert für eine Einrechnung in die Herstellungskosten einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang der Kreditaufnahme mit der Herstellung des Wirtschaftsgutes und einen Herstellungszeitraum von in der Regel über einem Jahr. Zudem ist Voraussetzung für die steuerliche Berücksichtigung die entsprechende Be-
13.77
1 2 3 4 5
Siehe § 255 Abs. 2 Satz 1, 2 HGB; Merkt in Baumbach/Hopt, § 255 HGB Rn. 16. R 6.3 Abs. 1–3 EStR 2008. BGBl. I 2009, 1102. R 6.3 Abs. 4 EStR 2008. Strittig ist die Behandlung der Sondereinzelkosten des Vertriebs, siehe Merkt in Baumbach/Hopt, § 255 HGB Rn. 20; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 5 IV 2a, S. 169 mit Fn. 77 und § 6 I 4, S. 251 f.
267
§ 13
Buchführung und Jahresabschluss
handlung in der Handelsbilanz1. Kapitalgesellschaften müssen bei der Einrechnung Angaben hierüber im Anhang machen, § 284 Abs. 2 Nr. 5 HGB.
13.78
Der durch das BilMoG neu eingeführte § 255 Abs. 2a HGB n.F. regelt die Herstellungskosten selbst geschaffener immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und grenzt die berücksichtigungsfähigen Entwicklungskosten von den nach § 255 Abs. 1 Satz 4 HGB n.F. nicht berücksichtigungsfähigen Forschungskosten ab. b) Abschreibungen auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens
13.79
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, sind nach Ansatz mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten planmäßig abzuschreiben, § 253 Abs. 3 Satz 1 HGB (§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB a.F.). Der Plan muss die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach einer den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechenden Abschreibungsmethode auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Gegenstand voraussichtlich genutzt werden kann. Im Rahmen der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung halten sich insbesondere die steuerlichen Abschreibungsmethoden des § 7 EStG2. Nach dem Grundsatz der Bewertungsstetigkeit (Rn. 13.25) darf die Abschreibungsmethode nicht willkürlich gewechselt werden.
13.80
Ohne Rücksicht darauf, ob ihre Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind Vermögensgegenstände des Anlagevermögens außerplanmäßig auf den niedrigeren Wert, der ihnen am Abschlussstichtag beizulegen ist, abzuschreiben, § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB (§ 253 Abs. 2 Satz 3 HGB a.F.). Das bislang bestehende Bewertungswahlrecht bei nur vorübergehender Wertminderung von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens fällt aufgrund der Streichung des § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB a.F. durch das BilMoG3 für Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, weg. Es besteht daher zukünftig ein Abschreibungsverbot. Eine Ausnahme dazu bilden lediglich Finanzanlagen, bei denen auch in Zukunft ein Abschreibungswahlrecht bei lediglich voraussichtlicher Wertminderung besteht, § 253 Abs. 3 Satz 4 HGB.
13.81
Der niedrigere Wertansatz darf in Geschäftsjahren, die vor dem 1. 1. 2010 beginnen, bei Personenunternehmen beibehalten werden, auch wenn die Gründe hierfür nicht mehr bestehen. Dies stellt § 253 Abs. 5 HGB a.F. ausdrücklich klar. Für Kapitalgesellschaften besteht demgegenüber ein Wertaufholungsgebot nach § 280 Abs. 1 HGB a.F., so dass § 253 Abs. 5 HGB a.F. für sie nicht gilt4. Für Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, wurde ein um1 Siehe noch den in den EStR 2008 nicht mehr explizit genannten R 33 Abs. 7 EStR 2001. 2 Merkt in Baumbach/Hopt, § 253 HGB Rn. 8. 3 BGBl. I 2009, 1102. 4 Eine Ausnahmeregelung enthält § 280 Abs. 2 HGB. Wird von ihr Gebrauch gemacht, ist dies in Anhang anzugeben und zu begründen, § 280 Abs. 3 HGB. Hierzu auch § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG und Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 5 VI, S. 208 f.
268
Buchführung und Jahresabschluss
§ 13
fassendes und rechtsformunabhängiges Wertaufholungsgebot für alle Formen von außerplanmäßigen Abschreibungen im HGB verankert. Das Wertaufholungswahlrecht für Personengesellschaften nach § 253 Abs. 5 HGB a.F. fällt daher weg. Für das Steuerrecht bestimmt § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG, dass Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die AfA nach § 7 EStG anzusetzen sind. Bei niedrigerem Teilwert kann auch dieser angesetzt werden.
13.82
c) Umlaufvermögen Für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens1 (vgl. Rn. 13.35) besteht anders als für das Anlagevermögen gemäß § 253 Abs. 4 Satz 1 HGB (§ 253 Abs. 3 Satz 1 HGB a.F.) die handelsrechtliche Pflicht, sie nach Ansatz mit den Herstellungsoder Anschaffungskosten auf den niedrigeren Markt- oder Börsenpreis abzuschreiben (sog. strenges Niederstwertprinzip). Statt eines nicht feststellbaren Börsen- oder Marktpreises ist der Zeitwert des Gutes anzusetzen, § 253 Abs. 4 Satz 2 HGB (§ 253 Abs. 3 Satz 2 HGB a.F.). Dieser Wert richtet sich nach dem am Markt im weiteren Sinne (also nicht am für das Wirtschaftsgut relevanten Markt) erzielbaren Preis2. Bewertungszeitpunkt ist der Bilanzstichtag.
13.83
Die Gegenstände des Umlaufvermögens dürfen in Wirtschaftsjahren, die vor dem 1. 1. 2010 beginnen, mit noch niedrigeren Werten als den vorstehend erwähnten angesetzt werden, soweit der niedrigere Wertansatz bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist, um zu verhindern, dass in der nächsten Zukunft der Wertansatz dieser Gegenstände aufgrund von Wertschwankungen geändert werden muss (§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB a.F.). Die Kapitalgesellschaften müssen gemäß § 277 Abs. 3 Satz 1 HGB a.F. solche Abschreibungen gesondert ausweisen oder im Anhang angeben. Anders als Personenunternehmen können sie die niedrigeren Werte nur solange beibehalten, wie die Gründe hierfür bestehen, § 280 Abs. 1 HGB a.F. Diese Abschreibungs- und Beibehaltungswahlrechte fallen für Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, aufgrund der Änderungen durch das BilMoG weg.
13.84
Das strenge Niederstwertprinzip bei den Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens gilt auch steuerlich für diejenigen Gewerbetreibenden, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen. Sie haben für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG).
13.85
1 Siehe § 266 Abs. 2 B HGB. 2 Merkt in Baumbach/Hopt, § 253 HGB Rn. 15 zu § 253 Abs. 3 Satz 1 HGB a.F.
269
§ 13
Buchführung und Jahresabschluss
d) Sonstige Abschreibungen
13.86
Die Vorschrift des § 253 Abs. 4 HGB a.F. erlaubt es Personenunternehmen in Wirtschaftsjahren, die bis zum 31. 12. 2009 beginnen, ausdrücklich, auch außerhalb dieser Bewertungsbestimmungen Abschreibungen nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung vorzunehmen. Eine Einschränkung erfährt diese Befugnis allein dadurch, dass die Bildung der stillen Reserven nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung gerechtfertigt sein muss. Die Unterbewertung hat den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu entsprechen1. Außerdem erlaubt § 253 Abs. 4 HGB a.F. die freie Unterbewertung nur hinsichtlich des Anlage- und Umlaufvermögens. Überhöhte Ansätze auf der Passivseite werden durch diese Vorschrift nicht gedeckt2. Ein nach § 253 Abs. 4 HGB a.F. gewählter Ansatz darf beibehalten werden, auch wenn die Gründe hierfür entfallen, § 253 Abs. 5 HGB a.F. Steuerlich gilt das Unterbewertungsrecht des § 253 Abs. 4 HGB a.F. nicht.
13.87
Auch diese Möglichkeit, aufgrund vernünftiger kaufmännischer Beurteilung Abschreibungen vorzunehmen zu können, fällt für Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, aufgrund der Streichung des bisherigen § 253 Abs. 4 HGB durch das BilMoG3 weg. Die Handelsbilanz wird dadurch weiter der Steuerbilanz, für die bislang schon der Bewertungsvorbehalt der §§ 5 Abs. 6, 6, 7 EStG galt, angeglichen.
13.88
Neben den handelsrechtlichen Abschreibungen des § 253 HGB erlaubt § 254 HGB a.F. in Wirtschaftsjahren, die bis zum 31. 12. 2009 beginnen, einen auf steuerrechtlichen Abschreibungen beruhenden niedrigeren Wert in die Handelsbilanz zu übernehmen. Damit trägt das Gesetz der Tatsache Rechnung, dass steuerliche Abschreibungen oftmals von der Berücksichtigung auch in der Handelsbilanz abhängig gemacht werden (sog. umgekehrte Maßgeblichkeit).
13.89
Bei Kapitalgesellschaften beschränkt § 279 Abs. 2 HGB a.F. die bisher bestehende Möglichkeit der Übernahme steuerlich motivierter Abschreibungen sogar ausdrücklich auf den Fall der umgekehrten Maßgeblichkeit. Anders als Personenunternehmen4 können Kapitalgesellschaften einen einmal angesetzten niedrigeren Wert bei Fortfall der hierfür maßgeblichen Gründe auch nicht beibehalten, § 280 Abs. 1 HGB a.F.5.
13.90
Der Grundsatz der umgekehrten Maßgeblichkeit wird durch das BilMoG für Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, aufgegeben. Dieses Wahl-
1 Näher hierzu Merkt in Baumbach/Hopt, § 253 HGB Rn. 32; Schulze-Osterloh, ZHR 150 (1986), 403 (418 ff.). 2 Merkt in Baumbach/Hopt, § 253 HGB Rn. 31; unberührt bleibt die Möglichkeit, Rückstellungen auf der Passivseite unter den Voraussetzungen des § 249 HGB zu bilden. 3 BGBl. I 2009, 1102. 4 Siehe § 254 Satz 2 HGB a.F. 5 Siehe auch hier die Ausnahmeregelung in § 280 Abs. 2 HGB a.F.
270
Buchführung und Jahresabschluss
§ 13
recht fällt in Zukunft i.S. einer Verbesserung der Informationsfunktion des handelsrechtlichen Jahresabschlusses1 ersatzlos weg. e) Passivposten Bewertungsvorschriften für die Passivposten Verbindlichkeiten und Rückstellungen enthält § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB. Danach sind Verbindlichkeiten aller Art in Wirtschaftsjahren, die bis zum 31. 12. 2009 beginnen, grundsätzlich mit dem Rückzahlungsbetrag anzusetzen.
13.91
Durch das BilMoG wurde für Wirtschaftsjahre, die bis zum 31. 12. 2009 beginnen, für Verbindlichkeiten und Rückstellungen der Begriff des Erfüllungsbetrages eingeführt. Dies ist der Betrag, der zur Erfüllung der Verbindlichkeit aufgebracht werden muss, also bei Geldleistungsverpflichtungen der Rückzahlungsbetrag und bei Sachleistungs- oder Sachwertverpflichtungen der im Erfüllungszeitpunkt voraussichtlich aufzuwendende Geldbetrag2. Mit dieser neu eingeführten Terminologie des Erfüllungsbetrags soll u.a. auch klargestellt werden, dass bei Rückstellungsbewertungen künftige Preis- und Kostensteigerungen zu berücksichtigen sind3.
13.92
Die nach § 249 HGB vorgeschriebenen bzw. zugelassenen Rückstellungen sind mit dem Betrage anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist, § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB. Für Eventualverbindlichkeiten bedeutet dies, dass kein Ansatz mit dem vollen Betrag erfolgen darf, sondern die wahrscheinlich zu erwartende Höhe auszuweisen ist4. Hier besteht ein Ermessensspielraum des Bilanzierenden. Die steuerrechtliche Behandlung regelt § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG.
13.93
V. Buchführungspflicht und Jahresabschluss der stillen Gesellschaft Die stille Gesellschaft als solche ist nach Handelsrecht nicht buchführungsund bilanzierungspflichtig. Dies ist jedenfalls für die typische stille Gesellschaft unstrittig. Die stille Gesellschaft ist definitionsgemäß eine reine Innengesellschaft und kann demzufolge weder eigenes Vermögen bilden, das sie bilanzieren könnte, noch Adressat einer Bilanzierungspflicht sein. Von der Frage nach einem Jahresabschluss der stillen Gesellschaft zu trennen ist die Berechnung des Gewinns und Verlustes des stillen Gesellschafters. Hierzu bedarf es in der Regel einer internen Rechnungslegung, die aber nicht eine Bilanz i.S. des Handelsrechts ist5.
1 2 3 4 5
Vgl. Begründung zum RegE, BR-Drucks. 344/08, S. 129 f. Vgl. Begründung zum RegE, BR-Drucks. 344/08, S. 114. Vgl. Begründung zum RegE, BR-Drucks. 344/08, S. 114. Merkt in Baumbach/Hopt, § 253 HGB Rn. 4. I.S. der internen Rechnungslegung der stillen Gesellschaft sind auch die Ausführungen zur „Jahresrechnungslegung bei typischer stiller Beteiligung“ bei K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 11–21 zu verstehen.
271
13.94
§ 13
Buchführung und Jahresabschluss
13.95
Umstritten ist, ob die atypische stille Gesellschaft buchführungs- und bilanzierungspflichtig ist. Eine Ansicht in der Literatur geht davon aus, dass bei der atypischen stillen Gesellschaft, jedenfalls in der Form der „Innen-KG“, eine Pflicht zur Buchführung und Bilanzerstellung besteht. Begründet wird dies damit, dass sich eine geordnete Abrechnung nur erreichen lasse, wenn der stillen Gesellschaft eine eigene Buchführung und damit auch eine eigene Bilanz zugebilligt werden1. Es sei analog §§ 167 Abs. 1, 120 Abs. 1 HGB eine „Als-ob-Handelsbilanz“ einer „virtuellen Kommanditgesellschaft“ aufzustellen2. Bestätigt sieht sich diese Meinung auch durch die jüngere Rechtsprechung des BFH, der die atypisch stille Gesellschaft als „Subjekt der Gewinnerzielung und -ermittlung“ ansieht, die eine eigene Steuerbilanz aufzustellen hat3.
13.96
Richtigerweise ist auch für die atypische stille Gesellschaft keine Ausnahme von dem Grundsatz angezeigt, dass stille Gesellschaften als reine Innengesellschaften nicht buchführungs- oder bilanzierungspflichtig sind4. Eine handelsrechtliche Buchführungspflicht ergibt sich jedenfalls nicht aus dem Gesetz. Weder ist die stille Gesellschaft Kaufmann i.S. des § 238 Abs. 1 HGB, noch verweist § 232 HGB für die Ermittlung des Jahresergebnisses auf § 120 HGB, wie dies bei § 167 Abs. 1 HGB für die Kommanditgesellschaft der Fall ist.
13.97
Die Erstellung einer eigenen Handelsbilanz der atypischen stillen Gesellschaft ist auch gesellschaftsrechtlich nicht zwingend geboten. Zwar ist dies eine Möglichkeit, den zu verteilenden Gewinn zu ermitteln, dieser kann jedoch mittels einer internen Nebenrechnung aus der Bilanz des Inhabers ermittelt werden. Zwingend notwendig dürfte eine eigene Handelsbilanz der atypischen stillen Gesellschaft nur sein, wenn der Gesellschaftsvertrag die Aufstellung einer solchen als Grundlage für die Gewinnermittlung und Verteilung zwingend vorsieht.
VI. Die stille Gesellschaft in der Buchhaltung und im Jahresabschluss des Inhabers 1. Buchführungs- und Bilanzierungspflicht des Inhabers
13.98
Als Kaufmann ist der Inhaber grundsätzlich zur Buchführung und zur Aufstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet (§§ 238 Abs. 1 Satz 1, 242 Abs. 1
1 Groh in FS Priester, S. 107 (108). 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 39 f. Etwas missverständlich insofern Berninghaus in FS Röhricht, S. 747 ff., der von der Feststellung des Jahresabschlusses der stillen Gesellschaft spricht, darunter aber offensichtlich keinen Jahresabschluss i.S. der §§ 242 ff. und 262 ff. HGB, sondern eine interne Rechnungslegung versteht, siehe Berninghaus in FS Röhricht, S. 751 f. 3 BFH v. 2. 2. 1999 – II B 112/97, BFH/NV 1999, 912; BFH v. 26. 11. 1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = DB 1997, 1060. Auf die Frage, inwieweit eine Steuerbilanz der stillen Gesellschaft anzuerkennen ist, wird unter Rn. 22.22 ff. eingegangen. 4 Ebenso Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 426; BFH v. 3. 5. 2000 – IV B 46/99, BFH/NV 2000, 1014 (unter 2.b).
272
Buchführung und Jahresabschluss
§ 13
Satz 1 HGB). An diese handelsrechtliche Bilanzierungspflicht knüpft in § 140 AO auch das Steuerrecht an1. Eine größenabhängige Ausnahme von der Koinzidenz zwischen Kaufmannseigenschaft und handelsrechtlicher Bilanzierungspflicht sehen die durch das BilMoG2 eingeführten §§ 241a, 242 Abs. 4 HGB vor. Einzelkaufleute, die an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren nicht mehr als 500 000 Euro Umsatzerlöse und 50 000 Euro Jahresüberschuss aufweisen, sind nicht bilanzierungspflichtig (§§ 241a Abs. 1 Satz 1, 242 Abs. 4 HGB). Im Fall der Neugründung treten die Rechtsfolgen schon ein, wenn die Voraussetzungen des § 241a Abs. 1 Satz 1 am ersten Abschlussstichtag nach der Neugründung nicht überschritten werden (§ 241a Abs. 1 Satz 2 HGB). Kleinere Unternehmen können sich daher auf die deutlich einfachere EinnahmenÜberschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG beschränken. Das Erfordernis der Führung von Bestandskonten, Inventarisierung und Kassenführung entfällt. Um festzustellen, ob die Schwellenwerte eingehalten sind, genügt es, dass nach überschlägiger Ermittlung unter Berücksichtigung der handelsrechtlichen Vorschriften zum Jahresabschluss ein Überschreiten der Schwellenwerte nicht zu erwarten ist. In entsprechender Weise ist fortdauernd zu überwachen, ob die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen3. Die Erleichterungen gelten nicht für Personenhandelsgesellschaften und Genossenschaften. Sie sind erstmals für das nach dem 31. 12. 2007 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden (Art. 66 Abs. 1 EGHGB).
13.99
Die Buchführungspflicht bedeutet für den Inhaber insbesondere auch die Aufgabe, alle Geschäftsvorfälle, die sich aus der stillen Beteiligung ergeben, in den Konten seiner Finanzbuchhaltung zu erfassen. Hierzu ist die Bildung eines Einlagekontos für die Darstellung der Beteiligung des stillen Gesellschafters und die eines Privatkontos für die Darstellung seines Gewinnanteils erforderlich. Das Einlagekonto wird zweckmäßigerweise in die Unterkonten „Pflichteinlage“, „Verlustvortrag“ und ggf. „Entnahmen“ untergliedert4. Hat der stille Gesellschafter seine Einlage noch nicht vollständig erbracht, ist unter Umständen zur Darstellung dieses Sachverhaltes außerdem ein Konto für eingefordertes, noch nicht eingezahltes Kapital zu schaffen.
13.100
Die Salden dieser Konten sind in die Bilanz zu übernehmen. Bei der Auf- und Feststellung sowie der Unterzeichnung der Bilanz wirkt der stille Gesellschafter nach der gesetzlichen Regelung nicht mit. Für die Unterzeichnung nach § 245 HGB lässt sich auch vertraglich nichts anderes vereinbaren, da diese Vorschrift öffentlich-rechtlicher Natur ist und deswegen nicht zur Disposition der Gesellschafter steht. Hinsichtlich der Auf- und Feststellung sind abweichende vertragliche Vereinbarungen zulässig, aber nicht ratsam. Ist die Inhaberin ihrerseits eine Gesellschaft, stellt die Einräumung eines Mitwirkungsrechts des
13.101
1 2 3 4
Zur Steuerbilanz der atypischen stillen Gesellschaft vgl. Rn. 22.22 ff. BGBl. I 2009, 1102. Vgl. Begründung zum RegE, BR-Drucks. 344/08, S. 100. Hoyos/St. Ring in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rn. 710 (zum Kapitalkonto des Kommanditisten).
273
§ 13
Buchführung und Jahresabschluss
stillen Gesellschafters an der Bilanzfeststellung ein Grundlagengeschäft dar. Ein solches Mitwirkungsrecht kann deswegen nur von allen Mitgliedern der Gesellschaft gewährt werden. Der Geschäftsführer allein ist hierzu nicht befugt.
13.102 Wie der Inhaber die stille Gesellschaft im Einzelnen in seiner Rechnungslegung zu erfassen hat, gehört zu den umstrittenen Themen des Bilanzrechts. Obwohl speziell zu diesem Thema in den letzten Jahren mehrere Beiträge erschienen sind, hat sich eine einheitliche Meinung bisher nicht gebildet. „Wegen der sehr divergierenden Literaturauffassungen“ hat auch das Institut der Wirtschaftsprüfer entgegen seinen ursprünglichen Absichten bisher nicht zur Abbildung von stillen Gesellschaften im handelsrechtlichen Jahresabschluss Stellung genommen. Dies ist allerdings inzwischen für die Bilanzierung von Genussrechten bei Kapitalgesellschaften geschehen; auf diese Stellungnahme wird wegen der Ähnlichkeit beider Finanzierungsmittel deswegen in der Literatur verwiesen1.
13.103 Bei der Gründung einer stillen Gesellschaft ist bilanz- und gesellschaftsrechtlich die Leistung der Einlage durch den stillen Gesellschafter von der Einräumung der stillen Beteiligung durch den Inhaber zu unterscheiden2. Die bilanzrechtliche Diskussion konzentriert sich auf die Passivierung der Beteiligung des stillen Gesellschafters. Sie wird deswegen im Folgenden vor der Aktivierung der Einlage dargestellt. Dabei ist zuerst Stellung zu nehmen, ob die mannigfaltigen zivilrechtlichen Ausgestaltungsformen der stillen Gesellschaft dazu zwingen, hinsichtlich der Bilanzierung stille Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter von eigenkapitalähnlichen stillen Beteiligungen zu unterscheiden, und wenn ja, nach welchen Kriterien die Abgrenzung zu erfolgen hat. Erst dann kann auf den konkreten Ausweis der Beteiligung in der Bilanz eingegangen werden. Hinsichtlich der Bewertung steht schließlich die Frage nach der Möglichkeit negativer Einlagekonten des stillen Gesellschafters im Vordergrund. Auf der Aktivseite der Bilanz des Inhabers ist insbesondere auf die Bewertung der Einlageleistung und ihr Verhältnis zur Höhe der Beteiligung einzugehen. 2. Passivierung der stillen Beteiligung
13.104 Durch die Gründung der stillen Gesellschaft wird der stille Gesellschafter an dem Handelsgewerbe des Inhabers beteiligt. Aus der Definition der stillen Gesellschaft als Innengesellschaft folgt, dass dieser Beteiligung kein dinglicher Anteil an dem Geschäftsvermögen des Inhabers entspricht. Die Beteiligung erschöpft sich vielmehr in obligatorischen Ansprüchen des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber, nämlich insbesondere in dem Auseinandersetzungsanspruch, der mit der Gründung der stillen Gesellschaft entsteht und nach Auflösung der stillen Gesellschaft von dem Inhaber zu erfüllen ist. Dieser Anspruch entspricht auch schon vor Auflösung der Gesellschaft den Anforderun1 Vgl. Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2103). 2 Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 92 f.
274
Buchführung und Jahresabschluss
§ 13
gen an eine passivierungsfähige Schuld des Inhabers und stellt damit die Grundlage für die Bilanzierung der stillen Beteiligung dar1. Deren Bilanzierung richtet sich folglich nach Höhe und Ausgestaltung dieses Anspruchs. Das Konto, das diese Beteiligung in der Finanzbuchhaltung dokumentiert, wird als „Einlagekonto“ bezeichnet2. Unter welcher Position dieses Konto in der Bilanz des Inhabers auszuweisen ist, ist umstritten. Ursache hierfür ist, dass nach überwiegender Meinung die stille Beteiligung abweichend von der Regelung der §§ 230 ff. HGB vertraglich so sehr Eigenkapital angenähert sein kann, dass der Ausweis als Schuld des Inhabers nicht mehr dem Gebot der Bilanzklarheit gemäß § 243 Abs. 2 HGB entspricht3. Unter welchen genauen Voraussetzungen bilanziell eine solche eigenkapitalähnliche stille Beteiligung angenommen werden kann, ist allerdings innerhalb dieser h.M. ebenso umstritten wie die Frage, wie sie ggf. dann in der Bilanz des Inhabers darzustellen ist.
13.105
Hingegen wollen Westerfelhaus und Groh alle Formen stiller Beteiligungen einheitlich in der Bilanz erfassen. Groh begründet seine Auffassung damit, dass eine stille Beteiligung nie hinreichend dem bilanziellen Eigenkapital angenähert werden könne, weil die stille Beteiligung immer Innengesellschaft bleibe4. Konsequenterweise will Groh sie deswegen immer als Verbindlichkeit in der Bilanz darstellen. Hingegen erkennt Westerfelhaus an, dass stille Beteiligungen eigenkapitalähnliche Züge annehmen können. Um aber Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen einzelnen Formen zu vermeiden, will er jede stille Gesellschaft in eine neu zu schaffende Bilanzposition „stille Einlagen“ einstellen, die der des Eigenkapitals folgen und noch vor etwaigen Sonderposten mit Rücklagenanteil in der Bilanz stehen solle5. Beide Ansichten haben zu Recht keine Gefolgschaft gefunden. Sie vermeiden zwar Abgrenzungsfragen, werden aber der Informationsfunktion der Bilanz nicht gerecht. Sowohl für die Gläubiger des Unternehmens als auch für dessen Gesellschafter ist nämlich nicht die Eigenschaft der stillen Gesellschaft als Innengesellschaft hinsichtlich ihrer Bilanzierung entscheidend, sondern vielmehr die Teilnahme der stil-
13.106
1 Groh, BB 1993, 1882 (1891); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 144 ff. 2 Die Bezeichnung „Einlagekonto“ darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Konto bilanziell nicht die „Einlage“ des stillen Gesellschafters i.S. des § 230 HGB repräsentiert, sondern dessen wertmäßig nicht unbedingt gleich hohe stille Beteiligung. Im Folgenden wird der allgemein üblichen Terminologie „Einlagekonto“ (vgl. Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 3 und Kühn in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rn. 20; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 166) gefolgt und auf die Einführung des Begriffs „Beteiligungskonto“ verzichtet. 3 Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127 (130); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 183 ff.; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 7; K. Schmidt in FS Goerdeler, S. 487 (491, 498 f.); Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 32; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rn. 91 f.; Hoyos/M. Ring in Beck’scher BilanzKomm., § 266 HGB Rn. 187 und § 247 HGB Rn. 233; Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rn. 582; Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2111, 2114). 4 Groh, BB 1993, 1882 (1891 f.). 5 Westerfelhaus, DB 1988, 1173 (1178).
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len Beteiligung an einem Verlust, an einem Liquidationsüberschuss sowie ggf. an einem Insolvenzverfahren des Unternehmens. Gerade darin unterscheiden sich aber stille Beteiligungen, abhängig von ihrer Ausgestaltung wesentlich voneinander. Die bilanzielle Differenzierung zwischen eigenkapitalähnlichen stillen Beteiligungen und solchen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter ist deswegen mit § 25 RechKredV1 auch in das Recht der Rechnungslegung eingegangen. Mit der überwiegenden Meinung ist diese differenzierende Betrachtungsweise auf alle Handelsgewerbe, an denen eine stille Beteiligung besteht, anzuwenden. a) Abgrenzung eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen von stillen Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter
13.107 Die Abgrenzung eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen von solchen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter hat an den bilanzrechtlichen Begriff des Eigenkapitals anzuknüpfen2. Insoweit kann die steuerrechtliche Unterscheidung zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft nicht übernommen werden, da diese nur auf den Begriff der Mitunternehmerschaft, nicht aber auf den des bilanziellen Eigenkapitals abzielt3. Nicht ohne weiteres anwendbar sind auch die Kriterien, die nach dem Gesetz bzw. der Rechtsprechung dazu führen, dass stille Beteiligungen in der Krise und der Insolvenz des Unternehmens haftungsrechtlich als Eigenkapitalersatz behandelt werden, denn der bilanzrechtliche Eigenkapitalbegriff ist auch insoweit selbständig4.
13.108 Allerdings herrscht in der Literatur noch kein Konsens darüber, welche positiven Merkmale eine stille Beteiligung erfüllen muss, um in der Bilanz nicht als Schuld des Inhabers, sondern als eigenkapitalähnlicher Posten zu erscheinen. Die verschiedenen Meinungen hierzu spiegeln dabei die Uneinigkeit über den genauen bilanzrechtlichen Begriff des Eigenkapitals wider5. Weitgehende Übereinstimmung besteht nur insoweit, dass zumindest solchen stillen Beteiligungen, die nicht am Verlust des Handelsgewerbes teilnehmen oder die bei Insolvenz des Inhabers als Insolvenzforderung geltend gemacht werden können, Fremdkapitalcharakter zukommt. Gerade die Teilnahme am Insol1 Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute vom 10. 2. 1992, BGBl. I 1992, 203, zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes vom 22. 5. 2005, BGBl. I 2005, 1373. 2 Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2114); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 144. 3 Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127 (128); Wahl, GmbHR 1975, 169 (170–173) und Müller in FS Budde, S. 445 (462), verwenden zwar zur Unterscheidung unterschiedlich zu bilanzierender Formen stiller Gesellschaften das Begriffspaar „typische“ und „atypische“ stille Gesellschaft, allerdings nicht i.S. des Bestehens bzw. Nichtbestehens einer Mitunternehmerschaft. Unklar insoweit Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 579 (580 ff.), der nur die Bilanzierung typischer stiller Gesellschaften behandelt, aber offen lässt, ob er den Begriff der atypischen stillen Gesellschaft im steuerrechtlichen Sinne versteht. 4 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 10. 5 Küting/Kessler, BB 1994, 2103 mit Nachweisen über den Meinungsstand; vgl. Müller in FS Budde, S. 445 (455 ff.).
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venzverfahren und eine gewinnunabhängige Vergütung zeichnen nämlich Fremdkapital als solches aus1. Verlustbeteiligung und Nachrangigkeit stellen deswegen die Mindestanforderungen an eine eigenkapitalähnliche stille Beteiligung dar. Der stille Gesellschafter nimmt in diesem Sinne am Verlust teil, wenn sich sein Auseinandersetzungsanspruch um den Betrag seiner Verlustanteile mindert und er keine festen Ansprüche gegen den Inhaber wegen der Einlageleistung hat. Eine Grundverzinsung eigenkapitalähnlicher Beteiligungen ist folglich ausgeschlossen. Sie würde eine latente Bedrohung der den Gläubigern zur Verfügung stehenden Haftungsmasse bedeuten2. Hingegen ist mit Verlustbeteiligung nicht gemeint, dass der stille Gesellschafter im Innenverhältnis unbeschränkt haftet.
13.109
Nachrangigkeit stellt ein zusätzliches Merkmal eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen dar, weil aus § 236 Abs. 1 HGB folgt, dass auch stille Beteiligungen mit Verlustbeteiligung unter Umständen als Insolvenzforderungen angemeldet werden können. Mit der h.M. spielt es dabei keine Rolle, ob die Nachrangigkeit auf einer besonderen Nachrangabrede oder auf der Anwendung von gesetzlichen Vorschriften bzw. von der Rechtsprechung entwickelten Regeln beruht3. Allerdings wird man ohne besondere Nachrangabrede besondere Vorsicht bei der Klassifizierung der stillen Beteiligung als nachrangig walten lassen müssen.
13.110
Teile der Literatur gehen allerdings nicht ausdrücklich auf Nachrangigkeit und Verlustbeteiligung ein, sondern geben stattdessen die schuldrechtliche Gleichstellung des stillen Gesellschafters mit einem Kommanditisten als Kriterium für die Eigenkapitalähnlichkeit seiner stillen Beteiligung an4. Dieses Kriterium sollte aber zur Abgrenzung nicht verwendet werden. Zwar entspricht es in der Regel den genannten Mindestanforderungen, für die genaue Unterscheidung erweist es sich aber als zu eng, weil die Gleichstellung mit einem Kommanditisten bedingt, dass der stille Gesellschafter bei der Auseinan-
13.111
1 Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2105); Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rn. 90; K. Schmidt in FS Goerdeler, S. 487 (490); Groh, BB 1993, 1882; so auch Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127 (129), auf S. 129 allerdings mit missverständlichem Hinweis auf die gesetzliche Regelung in § 231 HGB (§ 336 HGB a.F.), klarstellend auf S. 130; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 4c, S. 110 (insoweit ebenfalls missverständlich); Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 8; teilweise abweichend Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 105–115. 2 Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2105). 3 HFA 1/94, WPg 1994, 419 (420); Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2105); Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 12; Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rn. 582; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rn. 91; a.A. Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 129 (130 f.): Nachrangabrede erforderlich. 4 Müller in FS Budde, S. 445 (462); Wahl, GmbHR 1975, 169 (172 f.), geht von der Gleichstellung mit einem Kommanditisten aus, lässt aber ausdrücklich offen, inwieweit geringere Anforderungen genügen.
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dersetzung auch an etwaigen stillen Reserven beteiligt wird. Diese positive Teilhabe am gesamten Geschäftsvermögen ist aber für die maßgeblichen Gläubiger- und Gesellschafterinteressen und damit für die Behandlung der stillen Beteiligung in der Bilanz unerheblich.
13.112 Während Teile des Schrifttums es bei Nachrangigkeit und Verlustbeteiligung als Kriterien belassen1, fordern andere darüber hinaus, dass die Einlage des stillen Gesellschafters längerfristig dem Handelsgewerbe zur Verfügung steht. Sie verweisen zu Recht darauf, dass erst die Längerfristigkeit die Gläubiger des Inhabers davor sichert, dass ihre Haftungsmasse auch in Zukunft nicht durch die Auszahlung der stillen Beteiligung geschmälert wird. Untereinander besteht dabei allerdings keine Einigkeit, wann dies der Fall ist. Die Anforderungen an die Beteiligung reichen von „unkündbar“2 über „quasi unkündbar“3 bis zu „längerfristig nicht kündbar“4. Nur vereinzelt wird § 10 Abs. 4 KWG als genauerer Maßstab für die Längerfristigkeit der Beteiligung herangezogen5. Längerfristigkeit bedeutete dann, dass die Einlage mindestens fünf Jahre zur Verfügung steht und der Auseinandersetzungsanspruch frühestens zwei Jahre nach dem Bilanzstichtag fällig werden kann.
13.113 Auch das Institut der Wirtschaftsprüfer hat in seiner Stellungnahme HFA 1/94 zur Bilanzierung von Genussrechten bei Kapitalgesellschaften, die insoweit mit stillen Beteiligungen vergleichbar sind, gefordert, dass Genussrechtskapital langfristig zur Verfügung gestellt worden sein muss, um als eigenkapitalähnliches Kapital bilanziert zu werden. Es hat allerdings zugleich zutreffend auf den abweichenden Regelungszweck des KWG hingewiesen und es deswegen abgelehnt, dessen Maßstäbe für die Langfristigkeit der Kapitalzuführung zu übernehmen. Es hat vielmehr auf die Angabe bestimmter Mindestzeiträume verzichtet und stattdessen nur gefordert, die Restlaufzeit im Anhang anzugeben6.
13.114 Hinsichtlich der Langfristigkeit ist weiterhin zu beachten, dass gemäß § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB i.V.m. § 723 BGB die Kündbarkeit zumindest wegen wichtigen Grundes nicht vertraglich ausgeschlossen werden kann, so dass es „unkündbare“ stille Beteiligungen nicht gibt. Gegen die Bestimmung fester Mindestzeiträume der Unkündbarkeit spricht hingegen, dass dies unter Umständen dazu nötigt, dieselbe stille Beteiligung während ihres Bestehens von eigenkapitalähnlichem zu Fremdkapital umzuqualifizieren. 1 Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127 (130); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 250, mit Differenzierungen nach der Rechtsform des Unternehmens; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 14; K. Schmidt in FS Goerdeler, S. 487 (491), 498 f.; Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 32. 2 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rn. 91. 3 Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rn. 582. 4 Hoyos/M. Ring in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rn. 233. 5 Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2111, 2114); Schimpfky in Bösl/Sommer, Mezzanine Finanzierung, S. 149. 6 HFA 1/94, WPg 1994, 419 (420) Zur Bilanzierungspraxis bei Genussrechten aufschlussreich: Küting/Kessler/Harth, BB 1996, Beilage 4.
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Angesichts dieser Schwierigkeiten erscheint es vorzugswürdig, zumindest bei stillen Beteiligungen auf unbestimmte Zeit auf die gesetzliche Wertung des § 136 InsO zurückzugreifen. Der Schutz der Gläubiger des Inhabers vor Schmälerung ihrer Haftungsmasse wird danach dadurch gewährleistet, dass eine Rückgewähr der stillen Beteiligung in der Krise des Unternehmens anfechtbar ist. Da bei stillen Beteiligungen auf unbestimmte Zeit zudem die Vermutung besteht, dass eine längerfristige Kapitalzufuhr beabsichtigt ist, sollten sie als eigenkapitalähnlich bilanziert werden, soweit sie auch die Kriterien der Nachrangigkeit und Verlustbeteiligung erfüllen1.
13.115
Bestehen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Zweifel, ob eine stille Beteiligung die genannten Kriterien erfüllt, so ist nach dem Vorsichtsprinzip von einer Beteiligung mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter auszugehen2.
13.116
b) Bilanzierung stiller Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter Nach h.M. sind stille Beteiligungen, die die Kriterien der Eigenkapitalähnlichkeit nicht erfüllen, als Verbindlichkeiten des Inhabers auszuweisen3. Der abweichenden Ansicht Glades, selbst stille Beteiligungen, die dem gesetzlichen Regelungsmodell entsprechen, seien in einen Sonderposten zwischen dem Eigenkapital und den Rückstellungen zu bilanzieren4, widerspricht die Erkenntnis, dass gerade solche Beteiligungen qualifizierte Kreditverhältnisse (vgl. § 236 HGB) darstellen und deswegen als solche in der Bilanz erscheinen müssen. Dem wird aber nur der Ausweis als Verbindlichkeit gerecht. Im Interesse der Bilanzklarheit und der Praktikabilität der Bilanzierung ist auch den Meinungen nicht zu folgen, die weitere grundsätzliche Differenzierungen hinsichtlich der Bilanzposition stiller Beteiligung mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter vornehmen wollen5.
13.117
Innerhalb der Verbindlichkeiten erscheinen stille Beteiligungen grundsätzlich unter der Position „C. 8. sonstige Verbindlichkeiten“. Besitzt der stille Gesellschafter aber seinerseits Unternehmenseigenschaft, kommt als speziellere Position insbesondere „C. 7. Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit de-
13.118
1 Auf die Möglichkeit der Minderung der Haftungsmasse im nächsten Geschäftsjahr stellt auch HFA 1/94, WPg 1994, 419 (420) ab, soweit es sich um grundsätzlich als Eigenkapital zu bilanzierende Genussrechte handelt. 2 Küting in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, § 272 HGB Rn. 29. 3 Hoyos/M. Ring in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rn. 233, § 266 HGB Rn. 187; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rn. 91; Reinhard in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, § 247 HGB Rn. 97; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 8, 10; Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 579 (588), jeweils m.w.N. 4 Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rn. 582. 5 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rn. 62: ggf. Sonderposten zwischen Eigenkapital und Rückstellungen; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 171 ff.: ggf. Ausweis unter den Rückstellungen, ihm folgend Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 102 f.
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nen ein Beteiligungsverhältnis besteht“ in Betracht1. In beiden Fällen ist die Bildung eines Unterbilanzpostens für die Darstellung der stillen Beteiligung gemäß § 265 Abs. 5 Satz 1 HGB zulässig. Nicht anzugeben sind die Namen der stillen Gesellschafter2.
13.119 Besteht das Unternehmen in der Rechtsform der GmbH oder der AG und ist der stille Gesellschafter seinerseits GmbH-Gesellschafter bzw. Aktionär, sind zusätzlich bei der Bilanzierung die Anforderungen des § 42 Abs. 3 GmbHG zu beachten, der in der Alternative „Verbindlichkeiten“ auch stille Beteiligungen erfasst3.
13.120 Die Bewertung der stillen Beteiligung in der Bilanz richtet sich nach der Höhe des Auseinandersetzungsanspruchs, wie er nach den vertraglichen Vereinbarungen zum Bilanzstichtag besteht. Bestehen keine besonderen Vereinbarungen, ist zu Beginn der stillen Gesellschaft der Verkehrswert der Einlage des stillen Gesellschafters anzusetzen4. Soll nach dem Gesellschaftsvertrag die Beteiligung absichtlich höher sein als der Wert der Einlage, so ist danach zu unterscheiden, ob der Auseinandersetzungsanspruch erst über die vereinbarte Dauer der stillen Gesellschaft oder sofort in Höhe des Betrages der Beteiligung entstehen soll, was insbesondere bei einer gemischten Schenkung anzunehmen ist. Im ersten Fall ist die Höhe der Beteiligung in der Bilanz ratierlich aufzustocken, im zweiten von Anfang an in voller Höhe auszuweisen5. c) Bilanzierung eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen
13.121 Für die Position, unter denen stille Beteiligungen mit eigenkapitalähnlichem Charakter in der Bilanz auszuweisen sind, werden zwei Posten diskutiert. Entweder soll hierfür ein Untergliederungspunkt in der Passivposition „A. Eigenkapital“ gebildet werden6; oder es wird die Schaffung eines neuen Hauptgliederungspunktes, z.B. mit der Bezeichnung „Nach A.“, für die Darstellung eigenkapitalähnlicher Beteiligungen vorgeschlagen7. Zutreffend wird dabei allerdings darauf hingewiesen, dass es sich hierbei eher um ein Detailproblem 1 2 3 4
Zur Frage, ob ein Beteiligungsverhältnis besteht, vgl. Rn. 13.156. Bezzenberger in MünchHdb.GesR Bd. 2, 1. Aufl. 1991, § 18 Rn. 12. Crezelius in Scholz, § 42 GmbHG Rn. 27. Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 11; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 167; für die Fälle eines Differenzbetrages zwischen Rückzahlungsanspruch und aktivierter Einlageleistung siehe Rn. 13.122. 5 So auch HFA 1/94, WPg 1994, 419 (421) zur Bilanzierung von Genussscheinen. 6 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rn. 91; § 266 HGB Rn. 179; Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2114); Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rn. 582; K. Schmidt in FS Goerdeler, S. 487 (496); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 251–264; Wahl, GmbHR 1975, 169 (173); Vollmer/Maurer, DB 1994, 1173 (1175); Reinhard in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, § 247 HGB Rn. 97; Dusemond/Knop in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, § 266 HGB Rn. 121 f.; so nun auch Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 16. 7 Hoyos/M. Ring in Beck’scher BilanzKomm., § 266 HGB Rn. 187; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 4 V, S. 107 f.
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handelt, nämlich welche Darstellungsweise funktionsgerechter ist1. Wichtiger als die Position in der Bilanz ist eine aussagekräftige Bezeichnung des entsprechenden gemäß § 265 Abs. 5 HGB zu bildenden Postens. Auch die Stellungnahme HFA 1/94 des Instituts der Wirtschaftsprüfer zur Bilanzierung von Genussrechtskapital hat die genaue Stellung in der Bilanz freigestellt, sich aber zumindest für den Ausweis unter der Position „A. Eigenkapital“ ausgesprochen. Angesichts der divergierenden Meinungen, welchen Inhalt ein neuer Hauptgliederungspunkt „Nach A.“ haben soll, erscheint deswegen ein Ausweis als Untergliederungspunkt der Position „A. Eigenkapital“ vorzugswürdig2. Die Höhe der Bewertung ergibt sich bilanztechnisch aus der Bewertung der aktivierten Einlageleistung. Dies bedeutet in der Regel die Passivierung zum Nennbetrag. Probleme können sich aber ergeben, wenn der Rückzahlungsbetrag die Höhe der Einlageleistung übersteigt. Beispielhaft sei der Fall genannt, dass ein Investor anstatt einen Zero-Bond3 zu gewähren, eine eigenkapitalähnliche stille Beteiligung übernimmt. Als Entgeltleistung wird ihm die Differenz zwischen Einlageleistung und Rückzahlungsanspruch als Rendite gewährt. Bei Behandlung der stillen Beteiligung als Fremdkapital kann für den Unterschiedsbetrag ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden (§ 250 Abs. 3 HGB) (siehe im Einzelnen Rn. 13.130). Bei der Qualifikation als Eigenkapitalposten ist dies nicht möglich. Bei der Beantwortung der Frage, wie das Disagio auszugleichen ist, ist zu berücksichtigen, dass der Differenzbetrag zwischen Einlage und stiller Beteiligung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine nachträgliche – im Rückzahlungszeitpunkt zu zahlende – Vergütung für die Übernahme der stillen Beteiligung darstellt. Es erscheint daher sachgerecht, diesen Unterschiedsbetrag als gesonderten Aufwandsposten auszuweisen.
13.122
3. Aktivierung der Beitragsleistung des stillen Gesellschafters Während die Beteiligung des stillen Gesellschafters auf der Passivseite der Bilanz erscheint, ist seine Beitragsleistung unter demjenigen Bilanzposten zu aktivieren, der der Art des durch den stillen Gesellschafter geleisteten Gegenstandes entspricht. Dies gilt freilich nur, sofern der geleistete Gegenstand als Einlage überhaupt aktivierungsfähig ist. Neben der Aktivierungsfähigkeit des Beitrags des stillen Gesellschafters wirft auch die Bewertung einer geleisteten Einlage besondere Fragen auf.
1 K. Schmidt in FS Goerdeler, S. 487 (499). 2 Vgl. die jeweils unterschiedlichen Auffassungen zu einem neuen Hauptgliederungspunkt bei Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rn. 582; Westerfelhaus, DB 1988, 1173 (1177) und Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127 (131). 3 Nullkuponanleihe, Darlehen ohne laufende Zinszahlung mit Verzinsung am Ende der Laufzeit.
281
13.123
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a) Aktivierungsfähigkeit des Beitrages
13.124 Konstituierendes Merkmal jeder stillen Gesellschaft ist, dass der stille Gesellschafter die Erreichung des gemeinsamen Zwecks der stillen Gesellschaft durch eine hierzu geeignete Beitragsleistung fördert. Nicht erforderlich ist hingegen, dass er in eigener Person eine Einlage leistet, die als aktivierungsfähiger Vermögensgegenstand in das Vermögen des Inhabers übergeht1. Vielmehr kann seine Beteiligung im Rahmen einer Schenkung des Inhabers auch durch Einbuchen entstehen2. Damit stellt sich die Frage, welche Beitragsleistungen als Einlage des stillen Gesellschafters in der Bilanz des Inhabers konkret aktiviert werden können.
13.125 Das Kriterium der Bilanzierungsfähigkeit wird zunächst bedeutsam bei Leistung von Nutzungen und Nutzungsrechten als Beitrag des stillen Gesellschafters. Diese haben zwar beide einen schätzbaren Vermögenswert, aber nur die Leistung eines Nutzungsrechts kann als Einlage aktiviert werden, weil nur dieses einen Vermögensgegenstand darstellen kann. Letzteres setzt allerdings seinerseits voraus, dass das Nutzungsrecht entweder gegen einen Dritten besteht oder aber von dem Gesellschaftsverhältnis so gelöst ist, dass es selbständig verwertbar ist3.
13.126 Ansprüche auf Dienstleistungen stellen keine Vermögensgegenstände dar und können deswegen nie aktiviert werden; dies stellt § 27 Abs. 2 Halbs. 2 AktG für die Aktiengesellschaft klar, gilt aber darüber hinaus für jede Gesellschaftsform4.
13.127 In beiden Fällen ist es aber möglich, als Einlage eine Geldschuld des stillen Gesellschafters zu bestimmen, mit der vereinbarte Entgelte für Nutzungen oder Dienstleistungen verrechnet werden, nachdem diese geleistet worden sind5.
13.128 Für Geschäftsjahre, die vor dem 1. 1. 2010 beginnen, ergibt sich dies daraus, dass die gleichzeitige Gewährung einer Beteiligung die Entgeltlichkeit des Erwerbes i.S. des § 248 Abs. 2 HGB a.F. bedeutet6. Für Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, wurde das Aktivierungswahlrecht durch das Bil1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 37. 2 Vgl. hierzu Rn. 6.18 ff. und wegen der einzuhaltenden Formvorschriften bei einer Schenkung Rn. 6.21 ff. 3 Wobei nach h.M. nur dingliche Nutzungsrechte zu aktivieren sind. Obligatorische Nutzungsrechte werden bei der Auflösung der stillen Gesellschaft regelmäßig entfallen und stellen daher keinen greifbaren Vermögenswert dar, vgl. Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 4; ferner Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 4 IV 2, S. 88 f.; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 112 ff.; Groh, DB 1988, 514 (519 ff.). 4 Ellrott/Brendt in Beck’scher BilanzKomm., § 255 HGB Rn. 156 f.; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 118. 5 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 149; Groh, DB 1988, 514 (519). 6 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 248 HGB Rn. 21.
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MoG ohnehin auch auf selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände erweitert, § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB n.F. Zwar sind bestimmte Vermögensgegenstände in § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB n.F. vom Aktivierungswahlrecht ausgenommen, doch auch hier gilt weiterhin, dass diese wegen der Entgeltlichkeit des Erwerbes aufgrund Gewährung einer Beteiligung nicht selbst geschaffen sind. Die Aktivierung ausstehender Einlageverpflichtungen stiller Gesellschafter unterscheidet sich nicht von der bei anderen Gesellschaftsformen, denn dass die stille Gesellschaft vor Leistung der Einlage wieder aufgelöst werden kann, bedeutet nicht, dass die Einlageverpflichtung nur eine nicht zu aktivierende Eventualforderung wäre1. Auch auflösend bedingte Forderungen sind zu aktivieren2. Da gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen ist, widerspricht der Aktivierung auch nicht die Möglichkeit, dass in der Insolvenz die Einlageverpflichtung wegen § 236 Abs. 2 HGB nur bedingt bestehen kann. Je nach Rechtsform des Handelsgewerbes finden folglich § 272 Abs. 1 HGB oder die entsprechenden Regelungen für einzelkaufmännische Unternehmungen und Personengesellschaften Anwendung für die Aktivierung der ausstehenden Einlageforderung3.
13.129
b) Bewertung der Einlage Die geleistete Einlage des stillen Gesellschafters wird grundsätzlich mit ihrem Zeitwert angesetzt4. Liegt dieser unter der Höhe der eingeräumten Beteiligung, so ist der Differenzbetrag entweder als Aufwand oder als Entnahme des Inhabers zu verbuchen. Im ersten Fall besteht gemäß § 250 Abs. 3 HGB zumindest bei stillen Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter auch die Möglichkeit, den Differenzbetrag in einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten einzustellen und diesen über die vereinbarte Laufzeit der stillen Gesellschaft als Aufwand abzuschreiben5. Steuerrechtlich ist Letzteres geboten6.
13.130
Liegt der Zeitwert der Einlageleistung über dem Wert der eingeräumten Beteiligung, so kann wahlweise auch der niedrigere Beteiligungswert angesetzt wer-
13.131
1 So aber Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 138. 2 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rn. 54. 3 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 247 HGB Rn. 69 f.; enger Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 96: Aktivierung nur soweit der stille Gesellschafter auch in der Insolvenz seiner Einlageverpflichtung nachkommen muss. 4 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 255 HGB Rn. 96 f.; Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, I Rn. 480; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 124 ff.; vgl. schon Rn. 13.122. 5 HFA 1/94, WPg 1994, 419, 421 zur Bilanzierung von Genussrechten. Zur Abschreibung bei unbestimmter Laufzeit vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 250 HGB Rn. 95. Man beachte die komplementäre Möglichkeit, die Höhe der Beteiligung in Raten zu erhöhen, vgl. Rn. 13.120. 6 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 7 V 2, S. 282.
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den mit der Folge, dass eine stille Reserve entsteht. Dies entspricht der h.M. zu Gesellschaftereinlagen bei anderen Rechtsformen1. Sind stille Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter allerdings auf Zeit eingegangen worden, ist § 250 Abs. 2 HGB zu beachten, der zwingend die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens für Einnahmen vorsieht, soweit sie Ertrag für eine bestimmte2 Zeit nach dem Bilanzstichtag darstellen3. 4. Bilanzielle Behandlung von Gewinnen, Verlusten und Entnahmen sowie von sonstigen Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber dem stillen Gesellschafter
13.132 Über die Einlage und die Beteiligung hinaus sind auch Gewinne, Verluste und Entnahmen des stillen Gesellschafters sowie sonstige Forderungen und Verbindlichkeiten ihm gegenüber zu bilanzieren.
13.133 Die Gewinnansprüche des stillen Gesellschafters erhöhen grundsätzlich nicht seine Beteiligung; sie stellen vielmehr selbständige Forderungsrechte dar, die ein von der Beteiligung unterschiedliches Schicksal haben. Sie sind deswegen auf einem gesonderten Passivkonto zu verbuchen und in den Abschluss des Jahres einzustellen, in dem der Gewinn erwirtschaftet und damit der Gewinnanspruch wirtschaftlich verursacht wurde4. Bestehen weitere Verbindlichkeiten des Unternehmens gegenüber dem stillen Gesellschafter, bietet es sich an, diese und die Gewinnansprüche jeweils als Unterkonten zu einem allgemeinen „Privatkonto“ des stillen Gesellschafters zu führen. Das Gewinnkonto geht in der Bilanz in den Posten „C. 8. Sonstige Verbindlichkeiten“ bzw. in den jeweils spezielleren Posten ein. Ist im Gesellschaftsvertrag die Erhöhung der stillen Beteiligung durch stehen gelassene Gewinnanteile vereinbart, so sind die Gewinnanteile dem Einlagekonto gutzuschreiben5. Gleiches gilt, solange die Höhe des Einlagekontos durch frühere Verluste unter dem Wert der vereinbarten stillen Beteiligung liegt.
13.134 Verlustanteile des stillen Gesellschafters werden zu Lasten seines Einlagekontos gebucht, auch wenn das Unternehmen weitere Verbindlichkeiten gegenüber dem stillen Gesellschafter hat. Dies geschieht, indem in seinem Ein1 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 255 HGB Rn. 97; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 6; a.A. Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 131 mit Nachweisen zur Gegenmeinung. 2 Zu den Anforderungen vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 250 HGB Rn. 31 ff., 115. 3 So auch HFA 1/94, WPg 1994, 419 (421) zur Bilanzierung von Genussrechten. 4 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 283; so auch BFH v. 19. 2. 1991 – VIII R 106/87, BStBl. II 1991, 569 zur Bilanzierung des Gewinnanspruchs in der Bilanz des stillen Gesellschafters; richtigerweise führt auch die neuere Rechtsprechung des Großen Senats des BFH v. 7. 8. 2000 – GrS 2/99, BFHE 192, 339 = BStBl. II 2000, 632 nicht gegen eine phasengleiche Aktivierung, vgl. Rn. 22.178. 5 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 247 HGB Rn. 65.
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lagekonto ein „Verlustvortragskonto“ als Korrekturunterkonto gebildet wird, das die entsprechenden Verlustanteile aufnimmt1. Dieses Vorgehen erleichtert das Feststellen einer Sperre für die Auszahlung zukünftiger Gewinnanteile des stillen Gesellschafters. In der Bilanz findet es hingegen keinen Niederschlag, wenn der stille Gesellschafter gemäß § 231 Abs. 2 HGB vertraglich vereinbart hat, dass er nur mit einem Teil seiner Beteiligung am Verlust des Unternehmens teilnimmt2. Überschreiten die Verluste die Höhe der Beteiligung, müssen ohne besondere vertragliche Regelung zukünftige Gewinne auch diese Verluste abdecken, bevor sie wieder an den stillen Gesellschafter auszuzahlen sind. Das Einlageguthaben des stillen Gesellschafters hat dann folglich einen negativen Wert.
13.135
Die bilanzielle Behandlung eines solchen sog. negativen Einlageguthabens ist umstritten. Die Aktivierung einer Forderung des Inhabers gegen den stillen Gesellschafter in Höhe des negativen Einlageguthabens scheidet aus, weil der stille Gesellschafter gemäß § 232 Abs. 2 Satz 2 HGB am Verlust nur bis zur Höhe seiner Einlage teilnimmt, folglich der Inhaber gegen den stillen Gesellschafter auch keine verwertbare Forderung hat, was Voraussetzung für die Aktivierung eines entsprechenden Vermögensgegenstandes wäre3. Anderes kann nur in den Fällen gelten, in denen der stille Gesellschafter gegenüber dem Inhaber zur unbeschränkten Übernahme von Verlusten verpflichtet ist (vgl. zu solchen Fällen Rn. 7.43.).
13.136
Zur bilanziellen Behandlung negativer Einlageguthaben wird deshalb einerseits die Auffassung vertreten, sie schlicht durch negative Einlagekonten auszudrücken. Der Passivsaldo soll dann in der Bilanz des Einzelkaufmanns oder der Personengesellschaft als nicht durch Einlagen gedeckter Verlustanteil des stillen Gesellschafters am Ende der Aktivseite ausgewiesen werden4. Sollte die stille Gesellschaft vor Wiederauffüllung des Einlagekontos durch Gewinne aufgelöst werden, so müsste in diesem Fall der Betrag des negativen Kapitalkontos als Verlust des entsprechenden Jahres zu Lasten des Inhabers gebucht werden5. In Betracht kommt andererseits, negative Einlagekonten nicht zuzulassen und den Verlustanteil des stillen Gesellschafters als zusätzlichen Verlust des Inhabers zu verbuchen. Zukünftige Gewinne sind in diesem Fall eben-
13.137
1 Hoyos/St. Ring in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rn. 710; Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 29; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 17, spricht sich auch für die Möglichkeit eines bilanziellen Ausweises auf der Aktivseite (Verlustvortragskonto) aus. 2 So Hoyos/St. Ring in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rn. 710; Adler/Düring/ Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 247 HGB Rn. 72 für eine von der Pflichteinlage abweichende Hafteinlage eines Kommanditisten. 3 Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 30; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 18. 4 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 18. 5 Kormann, BB 1974, 893 (894) für atypische stille Gesellschaften.
285
§ 13
Buchführung und Jahresabschluss
falls nur dem Kapitalkonto des Inhabers zuzuführen, solange nicht die Beteiligung rechnerisch wieder einen positiven Wert erreicht1.
13.138 Für stille Beteiligungen an Kapitalgesellschaften sind negative Einlagekonten in der Bilanz nicht zuzulassen. Verlustanteile, die auf den stillen Gesellschafter entfallen, sind vielmehr hier in die Position „A. V. Jahresfehlbetrag“ bzw. „A. V. Bilanzverlust“ zu übernehmen. Andernfalls bestände bei Aktiengesellschaften die Möglichkeit, dass Gewinne um den Betrag des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Verlustes entgegen den gesetzlichen Kapitalerhaltungsvorschriften an die Aktionäre ausgeschüttet werden2.
13.139 Bei Kapitalgesellschaften ist der Ausweis von negativen Einlagekonten atypischer stiller Gesellschafter jedoch möglich, wenn ausstehende Einlagen bestehen und in der Bilanz ein Nettoausweis nach der ausstehenden stillen Einlage vorgenommen wurde. In Geschäftsjahren, die vor dem 1. 1. 2010 beginnen, kann noch zwischen Netto- und Bruttoausweis gewählt werden, § 272 Abs. 1 Satz 3 HGB a.F. Aufgrund der Änderung durch das BilMoG3 ist für Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, allein der Nettoausweis zulässig, § 272 Abs. 1 HGB n.F. Entsteht lediglich durch den saldierten Ausweis der ausstehenden Einlagen mit dem gezeichneten stillen Einlagekapital und dem Verlustanteil ein negatives Einlagekonto, so ist ein Ausweis negativer Einlagekonten bis zur Höhe der gezeichneten Einlage zulässig, wenn die ausstehenden Einlagen den Gläubigern als Verlustdeckungspotential zur Verfügung stehen. Damit die Erträge aus den Verlustzuweisungen, soweit sie die geleisteten Einlagen der stillen Gesellschafter übersteigen, den Aktionären nicht als Ausschüttungspotential zur Verfügung stehen, ist, um der Funktion der gesetzlichen Kapitalerhaltungsvorschriften Rechnung zu tragen, eine Ausschüttungssperre durch Bildung einer Rücklage herzustellen.
13.140 Auch bei stillen Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter dürfen unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens keine negativen Einlagekonten gebildet werden. Grund hierfür ist, dass sonst der Verlust des Geschäftsinhabers nicht mehr periodengerecht ermittelt werden kann.
13.141 Hingegen bestehen bei eigenkapitalähnlichen Beteiligungen an einzelkaufmännischen Unternehmen und Personengesellschaften nicht in gleichem Maße Bedenken gegen negative Einlagekonten wie bei Kapitalgesellschaften, da bei diesen Rechtsformen das Eigenkapitalkonto variabel geführt wird. Eigenkapitalähnliche stille Beteiligungen ähneln hier folglich stark Einlagen von Kommanditisten. Die Bildung negativer Kapitalkonten für Kommanditeinlagen ist aber anerkannt4 und wird in § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG vorausgesetzt. Die gegen diese Anerkennung vorgebrachten Argumente sind zwar nicht un1 Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 30; unentschieden K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 31. 2 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 18. 3 BGBl. I 2009, 1102. 4 Vgl. BFH v. 13. 3. 1964 – VI 343/61 S, BStBl. III 1964, 359; BFH v. 10. 11. 1980 – GrS 1/79, BStBl. II 1981, 164.
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beachtlich1, es geht aber nicht an, bei insoweit gleicher Problemlage die mit Kommanditeinlagen vergleichbaren stillen Beteiligungen anders zu behandeln als diese2. Solange deswegen Kommanditeinlagen mit negativem Wert bilanziert werden dürfen, muss das auch für stille Beteiligungen gelten3. Andernfalls wäre auch die Verweisung für atypische stille Beteiligungen auf § 15a Abs. 3 Satz 1 in § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG unverständlich. Zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter können unabhängig vom Gesellschaftsverhältnis weitere Forderungen und Verbindlichkeiten bestehen. Sie lassen bilanzrechtlich die Beteiligung des stillen Gesellschafters unberührt. Vielmehr sind sie auf gesonderte Forderungs- bzw. Verbindlichkeitenkonten zu verbuchen; letztere stellen ggf. ein Unterkonto zu einem allgemeinen Privatkonto des stillen Gesellschafters dar. Eine Saldierung verbietet sich.
13.142
Von solchen Forderungen des Inhabers gegen den stillen Gesellschafter zu unterscheiden ist die Gewährung einer zeitweiligen Entnahme des stillen Gesellschafters von seiner Beteiligung. Sie wird von seinem Einlagekonto über das Entnahmenunterkonto abgebucht. Abgrenzungskriterium ist insoweit, ob spätere Gewinne zur Auffüllung des Einlagekontos bis zur Höhe der vereinbarten Einlage dienen oder ausgeschüttet werden sollen4.
13.143
5. Die stille Gesellschaft in der Gewinn- und Verlustrechnung sowie im Anhang Der stille Gesellschaftsvertrag stellt bilanziell grundsätzlich einen Teilgewinnabführungsvertrag dar (vgl. Rn. 7.19.)5. Dies bedingt auch die Behandlung der stillen Beteiligung in der Gewinn- und Verlustrechnung des Inhabers. Verlustanteile des stillen Gesellschafters, die von seinem Einlagekonto abgebucht werden, sind demnach in der Bilanz von Kapitalgesellschaften als Erträge aus Teilgewinnabführungsverträgen auszuweisen. Umgekehrt sind Gewinnanteile, die auf sein Einlagekonto gebucht werden, Aufwendungen aus Teilgewinnabführungsverträgen6. Im Anhang des Jahresabschlusses des Inhabers ist die stille Beteiligung nicht anzugeben7.
1 2 3 4 5
Vgl. Knobbe-Keuk, NJW 1980, 2557 (2558). So aber Groh in FS L. Schmidt, S. 439 (443 ff.). Kormann, BB 1974, 893 (894). Vgl. Schulze-Osterloh in IDW, Personengesellschaft und Bilanzierung, S. 129 (136). Für die Gewinn- und Verlustrechnung unbestritten; Wirtschaftsprüfer-Handbuch, Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland, Band 1, 12. Aufl. 2000, F Rn. 334 ff., R Rn. 267 m.w.N. 6 Westerfelhaus, DB 1988, 1173 (1178); Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 275 HGB Rn. 214; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 277 HGB Rn. 58; Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 124; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 292 ff. (mit Darstellung von Sonderfällen). 7 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 285.
287
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§ 13
Buchführung und Jahresabschluss
6. Der bilanzielle Ausweis von Abfindungszahlungen an atypische stille Gesellschafter
13.145 Handelsbilanzrechtlich ist Anspruchsverpflichteter der Abfindungsbeträge der Geschäftsinhaber. Er muss diese Abfindungsverbindlichkeit auf der Passivseite seiner Bilanz ausweisen. Fraglich ist jedoch, welche Gegenbuchung vorzunehmen ist.
13.146 Die Gegenbuchung ist unproblematisch, solange die Abfindung dem Nominalwert des Kapitalkontos des ausscheidenden atypischen stillen Gesellschafters entspricht. Dann findet ein bloßer Passivtausch statt. An die Stelle des Kapitalanteils des ausscheidenden stillen Gesellschafters tritt die Abfindungsverbindlichkeit.
13.147 Hieran ändert sich auch nichts, wenn die Abfindungsverbindlichkeit höher ist als das Kapitalkonto des ausscheidenden Gesellschafters. Auch hier ist zunächst das Kapitalkonto des ausscheidenden Gesellschafters auszubuchen. Nur hinsichtlich der Gegenbuchung für den Mehrbetrag besteht keine gesicherte Rechtsauffassung1. a) Steuerbilanz
13.148 Unter einkommensteuerrechtlichen Gesichtspunkten hat der BFH diese Frage schon wiederholt zugunsten eines Gleichklangs der Lösungen beim Ausscheiden atypischer stiller Gesellschafter und Personenhandelsgesellschafter entschieden2. Übersteigt das nach Maßgabe der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen unter Einbeziehung der stillen Reserven sowie des Geschäfts- und Firmenwerts zu ermittelnde Abfindungsguthaben die Buchkapitalkonten des atypischen stillen Gesellschafters, so wird mit dem übersteigenden Betrag der Anteil des atypischen stillen Gesellschafters an den stillen Reserven des Unternehmensvermögens, gegebenenfalls mit einem die stillen Reserven übersteigenden Teilbetrag der Anteil des atypischen stillen Gesellschafters an dem Geschäfts- und Firmenwert des Handelsgewerbes des Inhabers des Handelsgeschäfts vergütet. Mit dieser Abgeltung hat der Inhaber des Handelsgeschäfts ein aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut erworben.
13.149 Begründet wird dieses Ergebnis damit, dass der Geschäftsinhaber einkommensteuerrechtlich die schuldrechtlichen wertmäßigen Anteile des stillen Gesellschafters an den ihm zivilrechtlich und wirtschaftlich selbst gehörenden Wirtschaftsgütern erworben hat3. In der Steuerbilanz müssen daher die über den 1 Herrmann in IDW, Personengesellschaft und Bilanzierung, S. 167 (184). 2 BFH v. 30. 3. 1989 – I R 130/85, BFH/NV 1989, 780 ff.; BFH v. 3. 6. 1997 – VIII B 73/96, BFH/NV 1997, 838 f. 3 Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rn. 496; insoweit mit unzutreffender Begründung Langholz/Vahle, DStR 2000, 763 (765), die eine Einzelfallbegründung des BFH v. 10. 8. 1978 – IV R 54/74, DStR 1979, 116 f. zum Maßstab der Rechtsprechung erheben. Der BFH betonte in der genannten Entscheidung, dass die Besonderheit jenes Falles darin lag, dass der ausscheidende stille Gesellschafter keinen ausdrücklichen vertragli-
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Buchführung und Jahresabschluss
§ 13
Buchwert des Kapitalkontos gezahlten Geldabfindungen für stille Reserven und/oder den Geschäftswert unabhängig davon, ob ein Mitunternehmer mit oder ohne Gesamthandsvermögen ausscheidet, anteilig als Anschaffungskosten bei den jeweiligen Vermögenswerten aktiviert werden1. b) Handelsbilanz Eine Wertaufstockung in der Handelsbilanz der Geschäftsinhaberin ist bei Abfindung der schuldrechtlichen Vermögensansprüche von atypischen stillen Gesellschaftern grundsätzlich unzulässig2. Der Inhaber des Handelsgeschäfts hat mit der Abgeltung des Geschäfts- oder Firmenwerts kein unter handelsbilanziellen Aspekten aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut i.S. des § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB n.F. (bzw. § 255 Abs. 4 Satz 1 HGB a.F.) erworben. Die Gesellschaft nimmt die Abfindungsverbindlichkeit nicht auf sich, um zusätzliche Vermögensgegenstände zu erlangen (§ 255 Abs. 1 HGB). Auch um nachträgliche Anschaffungskosten handelt es sich nicht, weil hiervon nur gesprochen werden kann, wenn die Aufwendungen den Wert der Vermögensgegenstände tatsächlich erhöhen3 oder hierzu doch geeignet sind4: Beides trifft hier nicht zu5. Eine Wertaufstockung im Rahmen des § 253 Abs. 5 HGB6, an die man denken mag, führt nicht zum gewünschten Ergebnis, da sie die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten der einzelnen Vermögensgegenstände nicht überschreiten darf und außerdem angemessene planmäßige Abschreibungen berücksichtigen muss7. Wenn dadurch lediglich in der Vergangenheit vorgenommene Abschreibungen, die entweder überhöht waren oder nicht mehr notwendig sind, rückgängig gemacht werden, dem Ausscheidenden also ihm durch Bilanzierungsmaßnahmen bisher vorenthaltene Gewinnanteile nunmehr gutgebracht werden, ist sie zulässig, soweit nicht die Anschaffungskosten der Gesellschaft für den betreffenden Vermögensgegenstand überschritten werden.
13.150
Damit scheint es sich bei der Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters, jedenfalls insoweit, als sie das Nominalkapital des Ausscheidenden übersteigt,
13.151
1 2 3 4 5
6 7
chen Anspruch auf eine Vergütung der stillen Reserven und des Geschäftswerts hatte. Die besondere Einzelfallqualität der Entscheidung hebt auch das Finanzgericht BadenWürttemberg in der Entscheidung vom 25. 6. 1998 – 14 K 290/96, EFG 1998, 647, hervor. Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rn. 482 (488). Langholz/Vahle, DStR 2000, 763 (764); Wahl in FS Beisse, S. 521 (526); so ohne Begründung im Ergebnis auch Heinz in FS Berufsakademie Villingen, S. 54 (58). BGH v. 31. 10. 1978 – KZR 5/77, BB 1979, 387. BFH v. 16. 11. 1982 – VIII R 167/78, BFHE 137, 55. Groh, BB 1994, 540 (540); so im Ergebnis auch Thömmes, Die Auswirkungen des Eintritts und Ausscheidens von Gesellschaftern in Personengesellschaften auf die Handelsbilanz, S. 53. Entspricht § 280 Abs. 1 HGB a.F., der durch das BilMoG vom 25. 5. 2009, BGBl. I 2009, 1102, für Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, aufgehoben wurde. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 280 HGB Rn. 9 zu § 280 HGB a.F.
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§ 13
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um Aufwand der Gesellschaft zu handeln1. Dabei würde aber übersehen werden, dass es durch das Gesellschaftsverhältnis bedingte Vermögensmehrungen oder -minderungen gibt, die als Einlagen und Entnahmen auch in der Handelsbilanz den Gewinn der Gesellschaft weder erhöhen noch verringern2. Die Auszahlung des Kapitalkontos oder die Begründung der Abfindungsschuld zu Lasten eben dieses Kontos ist offenbar eine solche Entnahme des Gesellschafters. Dies gilt auch für die Mehrabfindung, denn in Wahrheit darf die Abfindung, unabhängig von ihrem Umfang, den Gesellschaftsgewinn in keinem Fall beeinflussen. Das Ausscheiden eines Gesellschafters ist kein betrieblicher, sondern ein gesellschaftsrechtlich bedingter Vorgang, so dass sich die Abfindung im Ganzen als Entnahme darstellt3.
13.152 Tätigt der stille Gesellschafter Entnahmen während des Bestehens der Laufzeit, so werden diese seinem Kapitalkonto belastet. Entnahmen führen während des Bestehens des stillen Beteiligungsverhältnisses nicht zu einem ertragswirksamen Vorgang. Das Einlagekonto des stillen Gesellschafters, das durch zulässige Entnahmen negativ geworden ist und für das keine Einlageverpflichtung besteht, hat den Charakter eines gesellschaftsrechtlichen Verrechnungspostens. Es darf dabei keinen Unterschied machen, ob vor Ausscheiden Entnahmen in Höhe des potentiellen Anteils an den stillen Reserven gestattet werden oder diese erst nach Ausscheiden ausgeglichen werden.
13.153 Daher ist der Ausweis der Abfindung unter einem Korrekturposten zum Eigenkapital vorzunehmen. Der Korrekturposten könnte etwa bezeichnet werden als „Sonderposten aus der Abfindung ausscheidender atypischer stiller Gesellschafter“ und kann zwar nicht allgemein aus Überschüssen späterer Jahre aufgelöst werden, sondern nur aus dem Teil des Überschusses, der aus der Auflösung der bezahlten stillen Reserven stammt4. Kann bei einer späteren Veräußerung kein Veräußerungsgewinn in entsprechender Höhe erzielt werden, so ist der fehlende Deckungsbetrag als Verlust des Geschäftsjahres zu verbuchen. Zur Wahrung der Kapitalerhaltungsvorschriften ist auch für diesen Sonderposten bei einer Kapitalgesellschaft die Bildung einer Rücklage in entsprechender Höhe unumgänglich.
1 So im Fall des Ausscheidens aus einer Personenhandelsgesellschaft Heinen, Handelsbilanzen, S. 416 ff.; Birke, Behandlung von Barabfindungen an ausscheidende Gesellschafter im Jahresabschluss, S. 378 ff.; so auch vertreten im Fall des Ausscheidens eines atypischen stillen Gesellschafters von Langholz/Vahle, DStR 2000, 763 (764); Heinz in FS Berufsakademie Villingen, S. 54 (58). 2 Groh, BB 1994, 540 (540). 3 Vgl. hierzu Groh, BB 1994, 540 (541); Herrmann in IDW, Personengesellschaft und Bilanzierung, S. 167 (187); Herrmann, WPg 1994, 500 (509). 4 Insoweit ungenau Groh, BB 1994, 540 (542), der die Auflösung des Korrekturpostens allgemein aus Überschüssen der Folgejahre zulassen will.
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Buchführung und Jahresabschluss
§ 13
VII. Die stille Gesellschaft in der Buchhaltung und im Jahresabschluss des stillen Gesellschafters 1. Buchführungs- und Bilanzierungspflicht des stillen Gesellschafters Ist der stille Gesellschafter selbst Kaufmann, so kommt auch für ihn eine Buchführungs- und Bilanzierungspflicht hinsichtlich der stillen Beteiligung in Betracht. Voraussetzung hierfür ist, dass die stille Beteiligung zum Geschäftsvermögen des stillen Gesellschafters zählt. Bei Gesellschaften stimmt dieses mit dem Gesellschaftsvermögen überein; beim Einzelkaufmann hingegen muss zwischen seinem Privat- und seinem Unternehmensvermögen unterschieden werden. Nur die Vermögensgegenstände, die seiner unternehmerischen Tätigkeit dienen, sind zu bilanzieren. Ist eine klare Zuordnung nicht möglich, was bei stillen Beteiligungen häufig vorkommen wird, so ist der nach außen erkennbar gewordene Wille des stillen Gesellschafters maßgeblich. Steuerrechtlich entspricht dies der Unterscheidung zwischen notwendigem Betriebs- und Privatvermögen sowie gewillkürtem Betriebsvermögen1.
13.154
2. Aktivierung der Mitgliedschaft in der stillen Gesellschaft Der bilanzierungspflichtige stille Gesellschafter hat die Vermögensgegenstände, die ihm aus dem Gesellschaftsvertrag zustehen, zu aktivieren. Hierzu gehört vornehmlich die Mitgliedschaft des stillen Gesellschafters selbst. Als Inbegriff aller gesellschaftsvertraglichen Rechte und Pflichten des stillen Gesellschafters stellt sie nämlich einen einheitlichen Vermögensgegenstand dar und bildet das Stammrecht, auf dem die einzelnen verselbständigten Gewinnansprüche gründen2.
13.155
An welcher Stelle die Mitgliedschaft des stillen Gesellschafters in der Bilanz auszuweisen ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Gemäß § 247 Abs. 2 HGB erscheint sie unter dem Gliederungspunkt „A. Anlagevermögen“, wenn sie bestimmt ist, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen, andernfalls unter dem Gliederungspunkt „B. Umlaufvermögen“. Der jeweilig einschlägige Untergliederungspunkt hängt seinerseits davon ab, ob die Mitgliedschaft bilanzrechtlich als Anteil oder als Ausleihung bzw. Forderung anzusehen ist. Schließlich ist umstritten, unter welchen Umständen die Mitgliedschaft in einer stillen Gesellschaft unter den Begriff der Beteiligung i.S. des § 271 Abs. 1 Satz 1 HGB fällt.
13.156
Die Zuordnung der Mitgliedschaft in das Anlage- oder in das Umlaufvermögen richtet sich als Finanzanlage vornehmlich nach der beabsichtigten Zeitdauer der Beteiligung3. Finanzanlagen mit einer gesamten Laufzeit unter einem Jahr
13.157
1 Zur handels- und steuerrechtlichen Abgrenzung des Privat- vom Betriebsvermögens vgl. Förschle/Kroner in Beck’scher BilanzKomm., § 246 HGB Rn. 56 ff. 2 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 313; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 21. 3 Hoyos/F. Huber in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rn. 356; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 333, 351; vgl. auch Adler/Düring/ Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 247 HGB Rn. 105 ff.
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gelten dabei stets als Umlaufvermögen, solche mit einer Laufzeit von über vier Jahren stets als Anlagevermögen. Bei Laufzeiten zwischen ein und vier Jahren ist die Absicht des Inhabers maßgeblich1. Diese Kriterien können auf stille Gesellschaften mit befristeter Vertragsdauer übernommen werden. Bei unbefristeten stillen Gesellschaften kann es hingegen nur auf den Willen des stillen Gesellschafters ankommen, die stille Beteiligung über einen längeren Zeitraum zu halten. Angesichts der geringen Fungibilität der Beteiligung und der Verpflichtung des stillen Gesellschafters, den Gesellschaftszweck zu fördern, ist eine solche Absicht regelmäßig zu vermuten2.
13.158 Im Umlaufvermögen wird die stille Beteiligung unter „B. II. 4. sonstige Vermögensgegenstände“ bilanziert3. Im Anlagevermögen ist für Mitgliedschaften, die dem gesetzlichen Typus entsprechen, ein Ausweis unter „A. III. 6. sonstige Ausleihungen“ zu verlangen4, auch wenn die Beteiligung grundsätzlich als Anteil i.S. des Bilanzrechts zu qualifizieren ist5. Die Bezeichnung des Gliederungspunktes kann an die Tatsache angepasst werden, dass er auch stille Beteiligungen erfasst. Dem abweichenden Vorschlag von Westerfelhaus und Hense, die Mitgliedschaft als Beteiligung i.S. des § 271 Abs. 1 HGB zu bilanzieren6, ist hingegen dann zu folgen, wenn der Anteil vom stillen Gesellschafter gehalten wird, um eine dauernde Verbindung zu dem Unternehmen, an dem der Anteil besteht, zu schaffen. Als hinreichendes Indiz für ein solches unternehmerisches Interesse des stillen Gesellschafters am Unternehmen des Inhabers können Art und Umfang der stillen Beteiligung ausreichen7.
13.159 Die Bewertung der Mitgliedschaft erfolgt nach den allgemeinen Regeln zu den Anschaffungskosten8. Zu diesen sind neben dabei anfallenden Steuern und Provisionen als Anschaffungsnebenkosten auch später stehen gelassene Gewinne des stillen Gesellschafters als nachträgliche Anschaffungskosten zu 1 Hoyos/F. Huber in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rn. 357. 2 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 336. 3 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 351; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 21. 4 Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 379 (392). 5 Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 271 HGB Rn. 13; Hoyos/ Gutike in Beck’scher BilanzKomm., § 271 HGB Rn. 15; a.A.: Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 580 (592); Groh, BB 1993, 1882 (1892); Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 271 HGB Rn. 7 m.w.N., der für die stille Gesellschaft als Innengesellschaft hierfür erweiterte Kontrollrechte des stillen Gesellschafters verlangt, einschränkend aber Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 266 HGB Rn. 72, 81. Dagegen zu Recht Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 321 ff. 6 Westerfelhaus, DB 1988, 1173 (1178); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 329 ff. 7 Vgl. Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 271 HGB Rn. 11; Hoyos/Gutike in Beck’scher BilanzKomm., § 271 HGB Rn. 16–19; weiter gehend Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 130: Dauerhaftigkeit der stillen Beteiligung genügt. 8 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rn. 24; zu dem genauen Umfang der Anschaffungskosten einer stillen Beteiligung vgl. Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 351 ff.
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zählen1. Vermindern Verlustanteile das Einlagekonto des stillen Gesellschafters oder wird seine Mitgliedschaft auf andere Weise in ihrem Wert vermindert, so ist von ihrem Bilanzwert gemäß § 253 Abs. 3 bzw. Abs. 4 HGB (entsprechen inhaltlich § 253 Abs. 2 bzw. Abs. 3 HGB a.F.) eine entsprechende Abschreibung vorzunehmen2. Hingegen kommen planmäßige Abschreibungen nicht in Betracht, da die Mitgliedschaft in ihrer Nutzbarkeit nicht i.S. des § 253 Abs. 3 Satz 1 HGB zeitlich begrenzt ist. In einer Verlustsituation besteht bei Bilanzierung im Umlaufvermögen (§ 253 Abs. 4 Satz 1 HGB) eine Abschreibungspflicht. Bei Bilanzierung im Anlagevermögen ist diese Pflicht bei einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung gegeben, wenn die Anschaffungskosten höher als der beizulegende Wert sind (§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB). Bei voraussichtlich nicht dauerhaften Wertminderungen besteht bei Ausweis im Anlagevermögen für Geschäftsjahre, die vor dem 1. 1. 2010 beginnen, ein Abschreibungswahlrecht, § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB a.F. Aufgrund der Änderungen durch das BilMoG3 besteht dieses Wahlrecht in Geschäftsjahren, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, nur noch bei Finanzanlagen (§ 253 Abs. 3 Satz 4 HGB n.F.). Da aber die stille Beteiligung im Anlagevermögen stets entweder als sonstige Ausleihung (§ 266 Abs. 2 A. III. 6. HGB) oder Beteiligung (§ 266 Abs. 2 A. III. 3. HGB) zu bilanzieren ist, stellt sie stets eine Finanzanlage dar. Insoweit besteht auch weiterhin ein Bewertungswahlrecht.
13.160
Soweit Abschreibungen wegen dauernder oder vorübergehender Wertminderung der Mitgliedschaft vorgenommen werden, bestimmt sich der niedrigere beizulegende Wert nach dem voraussichtlichen Ertragswert der stillen Beteiligung4. Das bisher nur für Kapitalgesellschaften bestehende Wertaufholungsgebot nach § 280 HGB ist nach Einführung des § 254 Abs. 5 HGB n.F. durch das BilMoG für Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2009 beginnen, rechtsformunabhängig zu beachten. Ein niedrigerer Wertansatz darf dann grundsätzlich nicht mehr beibehalten werden, soweit die Gründe für die außerordentliche Abschreibung der Mitgliedschaft in späteren Geschäftsjahren entfallen.
13.161
3. Die stille Gesellschaft in der Gewinn- und Verlustrechnung sowie im Anhang Gewinne des stillen Gesellschafters stellen für ihn Erträge aus Teilgewinnabführungsverträgen, Verluste Aufwendungen aus Verlustübernahme dar5. Gesellschaftsrechtlich entstehen diese Gewinnansprüche grundsätzlich erst mit 1 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 356. 2 So mit unterschiedlichen Begründungen: Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 358 ff.; Groh, BB 1993, 1882 (1892); Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 392 ff.; Kaldenbach, BB 1997, 1089 (1090). 3 BGBl. I 2009, 1102. 4 Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 134. 5 Förschle in Beck’scher BilanzKomm., § 275 HGB Rn. 207; Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 275 HGB Rn. 300; Westerfelhaus, DB 1988, 1173 (1179); Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 580 (594); a.A. Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 136.
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13.162
§ 13
Buchführung und Jahresabschluss
der Bilanzaufstellung des Unternehmens an dem die Beteiligung besteht. Nach allgemeinen Regeln sind sie auch erst zu diesem Zeitpunkt zu bilanzieren. In Fällen, in denen zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter aber wirtschaftliche Verflechtungen bestehen, ist nach der Rechtsprechung der Gewinn beim Stillen in der gleichen Periode zu bilanzieren wie in der Bilanz des Inhabers (vgl. Rn. 14.53).
13.163 Kapitalgesellschaften müssen gemäß § 285 Nr. 11 HGB im Anhang Angaben über Anteile an anderen Unternehmen machen, wenn die Anteile mindestens 20 % des Kapitals des Unternehmens betragen. Allerdings gelten stille Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter nicht als Anteile i.S. dieser Vorschrift, so dass mit der h.M. eine Angabepflicht nur für eigenkapitalähnliche stille Beteiligungen anzuerkennen ist1.
VIII. Bilanzierung nach internationalen Rechnungslegungsstandards (IAS/IFRS) 1. Allgemeines a) Bedeutung und Anwendungsbereich
13.164 In den letzten Jahren haben internationale Rechnungslegungsstandards immer mehr an Bedeutung gewonnen. Nicht nur international aufgestellte Unternehmen sind heute gezwungen, sich mit dieser Materie zu befassen. Mit Verordnung vom 19. 7. 20022 hat der europäische Gesetzgeber einheitliche Rechnungslegungsstandards für die konsolidierten Jahresabschlüsse börsennotierter Unternehmen erlassen (Art. 4 IFRS-VO). Die Verordnung ist unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht (Art. 249 EG) und verpflichtet die kapitalmarktorientierten Unternehmen dazu, ihren Konzernabschluss nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) aufzustellen. Relevanz erlangen die IFRS aber nicht nur bei konsolidierten Abschlüssen börsennotierter Gesellschaften. Der nationale Gesetzgeber hat mit § 315a Abs. 3 HGB, beruhend auf Art. 5 IFRS-VO, ein Wahlrecht für Konzernabschlüsse nicht börsennotierter Unternehmen geschaffen. Die IFRS verfolgen dabei das Ziel, Investoren am Kapitalmarkt mit aktuellen, entscheidungsrelevanten Informationen über die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu versorgen und international vergleichbar zu machen3. Die weltweite Verständlichkeit und Anerkennung wird dadurch verstärkt, dass die IFRS stark an die in den Vereinigten Staaten verbindlichen US-GAAP angenähert sind.
1 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 285 HGB Rn. 226; a.A. Felix, BB 1987, 1495, der aber verkennt, dass in § 286 Abs. 3 Satz 2 HGB nicht über die stille Gesellschaft, sondern über das Unternehmen des Inhabers zu berichten ist. 2 Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 v. 19. 7. 2002 – IFRS-VO, ABl. EU Nr. L 243, S. 1, zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVO (EG) 297/2008 v. 11. 3. 2008, ABl. EU Nr. L 97, S. 62. 3 Vgl. den zweiten Erwägungsgrund zur IFRS-VO.
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§ 13
Einzelabschlüsse müssen weiterhin nach nationalen Rechnungslegungsstandards aufgestellt werden. Dies ist schon deshalb verständlich, weil die Bilanzierung nach IFRS anderen Bewertungsprinzipen folgt und damit nicht als Grundlage für die Gewinnausschüttung (§§ 58 Abs. 4 AktG, 29 Abs. 1 GmbHG, 120 Abs. 1, 167 Abs. 1 HGB) oder die steuerliche Gewinnermittlung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) geeignet ist1. Fakultativ können Unternehmen daneben einen Abschluss auf IFRS-Basis erstellen. Dies kann vor allem zur besseren Information potentieller Anleger empfehlenswert sein und wird vom Gesetzgeber dadurch begünstigt, dass dieser Abschluss statt des HGB-Abschlusses veröffentlicht werden kann (§ 325 Abs. 2a HGB).
13.165
b) Bilanzierungsgrundsätze nach IAS/IFRS Die IFRS verfolgen einen stark objektivierten Maßstab. Das Informationsinteresse von Anlegern (decision usefulness) steht stärker im Vordergrund als das in Deutschland traditionell stark ausgeprägte Vorsichtsprinzip zum Schutz der Gläubiger. Daher unterscheiden sich die Prinzipien der internationalen Rechnungslegung bzw. deren Gewichtung teilweise erheblich von den deutschen Bilanzierungsgrundsätzen. Systemtragendes Prinzip ist – neben dem auch im deutschen Recht vorherrschenden Prinzip der Periodenabgrenzung (§ 242 Abs. 1 Satz 1 HGB bzw. IASC-F. 222, accrual basis) und Unternehmensfortführung (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB bzw. IASC-F. 23, going concern) – der Grundsatz der fair presentation (IAS 1.7). In erster Linie soll die Bilanz eine wirklichkeitsgetreue Darstellung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens für den Anleger darstellen (true and fair view, IASC-F. 46). Hierzu müssen die Informationen im Jahresabschluss verständlich (understandability, IASC-F. 25), entscheidungserheblich (relevance and materiality, IASC-F. 26-30), zuverlässig und vollständig (reliability and completeness, IASC-F. 31, 32 und 38) sowie mit früheren Abschlüssen und Abschlüssen anderer Unternehmen vergleichbar sein (comparability, IASC-F. 39–42). Das Vorsichtsprinzip (prudence, IASC-F. 37) spielt im Vergleich zum deutschen Bilanzrecht eine eher untergeordnete Rolle3. Geschäfte sind nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt und nicht nach formaljuristischen Kriterien zu beurteilen (substance over form, IASC-F. 35). Unterschiede zeigen sich vor allem in den weniger strikten Aktivierungs-, Passivierungs- und Bewertungsvorschriften der IFRS, die im Vergleich zum nationalen Recht weitere Gestaltungsspielräume eröffnen, u.a. bei der Bewer1 Vgl. RegE zum BilReG, BR-Drucks. 326/04, S. 44 f. 2 Das sog. Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statements (Rahmenkonzept des ehem. IASC für die Aufstellung und Darstellung von Abschlüssen) beinhaltet Rahmengrundsätze und Leitlinien der Rechnungslegung, ist aber kein eigener Standard (IASC-F. 2). Es ist, von Ausnahmefällen abgesehen (z.B. bei ausdrücklichem Verweis, IAS 8.11 (b)), nicht unmittelbar für die Bilanzierung maßgeblich. Bei Divergenzen zu IAS/IFRS gehen die Standards vor (IASC-F. 2, 3). Es dient vor allem als Grundlage für die Neu- und Weiterentwicklung eines einheitlichen Konzepts durch das IASB und den nationalen Gesetzgeber (IASC-F. 1 (a)-(c)), aber auch als Leitlinie für die Aufstellung (IASC-F. 1 (d)) und Interpretation (IASC-F. 1 (e), (f)) von Abschlüssen nach internationalen Standards. 3 Memento Bilanzrecht für die Praxis, Rn. 2.123.
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§ 13
Buchführung und Jahresabschluss
tung von immateriellen Vermögenswerten und Zeitwerten1. Eine gewisse Annäherung in diesem Punkt hat durch das BilMoG stattgefunden (siehe Rn. 13.30.
13.167 Detailliertere Vorschriften enthalten die IAS/IFRS über Angabe und Darstellung sowie Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten. Für die bilanzielle Erfassung der stillen Beteiligung stellen sich wiederum zwei Fragen: zum einen, wie die stille Beteiligung im Jahresabschluss des Inhabers (vgl. Rn. 13.168 ff.), zum anderen wie sie im Abschluss eines rechnungslegungspflichtigen stillen Gesellschafters zu bilanzieren ist (vgl. Rn. 13.178 ff.). 2. Erfassung der stillen Beteiligung in der Bilanz des Inhabers a) Bilanzierung nach IAS 32
13.168 Obwohl IAS 32 detaillierte Regelungen über Angabe und Darstellung von Finanzinstrumenten enthält, sucht man eine Vorschrift über die Bilanzierung stiller Beteiligungen vergeblich, was sich schon dadurch erklären lässt, dass diese hybride Finanzierungsform den meisten europäischen Staaten (insbesondere dem englischen Recht) unbekannt ist. Ob die Beteiligung nach IAS/IFRS als Eigenkapital ausgewiesen werden kann, richtet sich demnach nach den allgemeinen Vorschriften. Eine positive Definition von Eigenkapital existiert nicht. Nach der Konzeption der IFRS-Rechnungslegung stellt das Eigenkapital den Restwert der Vermögenswerte des Unternehmens nach Abzug aller Schulden dar (vgl. IASC-F. 49 (c)). Die stille Beteiligung kann daher nur dann als Eigenkapital bilanziert werden, wenn sie nicht als (unter Umständen langfristige) Verbindlichkeit zu erfassen ist.
13.169 Nach IAS 32.17 hängt die Einordnung eines Finanzinstruments (IAS 32.16) maßgeblich davon ab, ob eine vertragliche Verpflichtung des Emittenten zur Abgabe flüssiger Mittel an den Inhaber des Finanzinstruments besteht. In dieser Hinsicht sind bei der stillen Gesellschaft zwei Gestaltungsmöglichkeiten denkbar. Zum einen kann die Gesellschaft auf bestimmte Zeit geschlossen werden, dann existiert der Anspruch des Gesellschafters auf sein Auseinandersetzungsguthaben bereits von Anfang an. Dabei führt die Nachrangigkeit oder Langfristigkeit der Kapitalüberlassung nach der Konzeption des IAS 32 zu keinem anderen Ergebnis2. Die stille Gesellschaft kann aber auch auf unbestimmte Zeit eingegangen werden. Der Auseinandersetzungsanspruch entsteht in diesem Fall erst mit Auflösung der Gesellschaft. Aus IAS 32.18 (b) und 32.19 (b) folgt aber, dass der Rückzahlungsanspruch nicht zwingend von Beginn an bestehen muss, sondern ein Finanzinstrument bereits dann als Fremdkapital zu qualifizieren ist, wenn dem Inhaber ein Kündigungsrecht zusteht (puttable instruments) bzw. sich der Emittent dem Rückzahlungsanspruch nicht entziehen kann. Ein gesetzliches Kündigungsrecht steht bilan-
1 Thiel/Lüdtke-Handjery, Bilanzrecht, Rn. 64. 2 M. Schmidt, BB 2006, 1563 (1563); Kuhn/Scharpf, Rechnungslegung von Financial Instruments nach IFRS, Rn. 3880.
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ziell einem vertraglichen Kündigungsrecht gleich (vgl. auch IAS 32.13)1. Demnach sind alle Finanzinstrumente, die pflichtgemäß oder wahlweise einen Rückzahlungsanspruch begründen können, als Verbindlichkeiten zu behandeln2. Unberücksichtigt bleibt dabei, ob der vom Unternehmen zu zahlende Betrag noch nicht feststeht (z.B. weil es sich um eine Residualgröße handelt), ob das Kündigungsrecht langen Kündigungsfristen unterliegt oder ob der Inhaber sein Kündigungsrecht bereits ausgeübt hat3. Aus der Tatsache wiederum, dass das ordentliche Kündigungsrecht bei der auf unbestimmte Zeit eingegangenen stillen Gesellschaft nicht ausgeschlossen, sondern höchstens modifiziert werden kann (Rn. 15.23), ergibt sich, dass die stille Beteiligung grundsätzlich als Verbindlichkeit ausgewiesen werden muss4. Nach der Gegenansicht von Werner5 soll hingegen eine Bilanzierung als Eigenkapital möglich sein, wenn der stille Gesellschafter an den Verlusten des Geschäftsbetriebs beteiligt ist6. Bei einer entsprechenden Vereinbarung und tatsächlich eingetretenen Verlusten habe der Gesellschafter nämlich gerade keinen Anspruch auf Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens. Eine Lösung, wonach je nach momentan bestehendem Auseinandersetzungsanspruch die Beteiligung als Eigen- oder Fremdkapital qualifiziert wird, erscheint aber nicht praktikabel.
13.170
Zielführender erscheint der Einwand, dass bereits bei Eingehung der Gesellschaft der Rückzahlungsanspruch nicht unbedingt ist. Insbesondere unter Berücksichtigung des substance over form-Prinzips (IASC-F. 35) könnte die Einordnung als Eigenkapital treffender sein; immerhin ist dies nach deutschem Recht bei entsprechender Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags anerkannt (vgl. Rn. 13.107 ff.). Zu betonen ist aber, dass der Grundsatz des IASC-F. 35 keine unmittelbare Geltung beansprucht, sondern durch IAS 32 ausgeformt wird. Zwar enthält IAS 32.18 einen entsprechenden Hinweis auf die Maßgeblichkeit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, wird aber in IAS 32.18 (b) weiter konkretisiert. Danach ist ein Finanzinstrument selbst dann als finanzielle Verbindlichkeit zu qualifizieren, wenn die Höhe des Betrags an abfließenden finanziellen Mitteln durch die Vermögenswerte des Emittenten (Residualanspruch) bestimmt wird. Insofern ist die stille Beteiligung grundsätzlich als Verbindlichkeit zu bilanzieren.
13.171
1 Kuhn/Scharpf, Rechnungslegung von Financial Instruments nach IFRS, Rn. 3720. 2 So auch Küting/Dürr, DB 2005, 1529 (1530); Schaber/Kuhn/Eichhorn, BB 2004, 315 (318); Schimpfky/Schneider in Bösl/Sommer, Mezzanine Finanzierung, S. 152. 3 M. Schmidt, BB 2006, 1563 (1563). 4 So auch Schimpfky/Schneider in Bösl/Sommer, Mezzanine Finanzierung, S. 152; Scheffler, Eigenkapital im Jahres- und Konzernabschluss nach IFRS, S. 59, 45; Lüdenbach in Lüdenbach/Hoffmann, IFRS-Kommentar, § 20 Rn. 8, LS: Wirt 762/8; Heuser/ Theile, IFRS-Handbuch, Rn. 2060 (Mezzanine Kapital); Küting/Dürr, DB 2005, 1529 (1532 f.). 5 Werner, Stilles Gesellschaftskapital, S. 78 f. 6 Der von Werner, Stilles Gesellschaftskapital, S. 78 vorgeschlagene Ausschluss des Kündigungsrechts ist nach der hier vertretenen Auffassung (Rn. 15.23) nicht möglich.
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b) IAS 32-Amendment (IAS 32.16A und 16B)
13.172 Die Qualifikation von Finanzinstrumenten als Fremdkapital bei einer (gesetzlichen) Kündigungsmöglichkeit des Investors führte aber auch zu dem aus deutscher Sicht befremdlichen Ergebnis, dass sogar die Einlagen der Gesellschafter von Personengesellschaften – nach HGB ein eindeutiger Fall von Eigenkapital – in der IFRS-Bilanz als Verbindlichkeiten ausgewiesen werden mussten. Auch hier kann ein Kündigungsrecht der Gesellschafter nicht ausgeschlossen werden (§ 723 Abs. 3 BGB). Dies wurde zwar zum Teil in der Literatur bestritten1; IAS 32 lässt aber insofern keinen Raum für eine „berichtigende“ Auslegung2. Zu Recht wurde die Sachrichtigkeit dieses Ergebnisses bezweifelt3. Neben den für deutsche Bilanzadressaten ungewohnten Bezeichnungsvorgaben führte die geltende Rechtslage zu evident sachwidrigen Bewertungsfolgen. Die potentielle Rückzahlungsverpflichtung war mit dem Verkehrswert (fair value) zu bewerten, die Wertänderung als Ertrag oder Aufwand zu erfassen. Je positiver sich der anteilige Unternehmenswert entwickelte, je besser es also dem Unternehmen ging, desto schlechter fiel die Abbildung der wirtschaftlichen Situation in der Bilanz aus4.
13.173 Das IASB hat hierauf reagiert und am 22. 6. 2006 einen Reformentwurf5 in Form eines Zusatzes zu IAS 32 (IAS 32-Amendment) zur Diskussion gestellt. Am 14. 2. 2008 hat das IASB mit Wirkung zum 1. 1. 2009 die Amendments to IAS 32 (Financial Instruments: Presentation and IAS 1 Presentation of Financial Statements: Puttable Financial Instruments and Obligations Arising on Liquidation) formell verabschiedet, welche sich vom Reformentwurf aus dem Jahre 2006 jedoch erheblich unterscheiden6. Die Änderung führt dazu, dass wenigstens die Einlagen von Personengesellschaftern als Eigenkapital bilanziert werden können7. Zu untersuchen ist daher, ob es Ausgestaltungsformen der stillen Gesellschaft geben kann, die einen Ausweis der stillen Beteiligung als Eigenkapital ermöglichen.
13.174 Regelungskern des Zusatzes ist die Modifikation des Begriffs der finanziellen Verbindlichkeit (financial liability). Danach können auch vertraglich wie gesetzlich kündbare Finanzinstrumente (puttable financial instruments) unter bestimmten Bedingungen als Eigenkapital (equity) klassifiziert werden. Damit 1 Lüdenbach/Hoffmann, BB 2004, 1042; Hoffmann, DB 2005, 404 sowie Hoffmann, DB 2006, 1797. 2 Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, Rn. 2052; Hoffmann IDW, RS HFA 9, Tz. 49; wovon im Übrigen auch das IASB ausgeht, vgl. nur die Begründung zum Reformentwurf des IASB. 3 Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, Rn. 2050, das IASB habe sich mit der Regelung „ohne Not in eine Sackgasse manövriert“. 4 Vgl. Lüdenbach/Hoffmann, BB 2004, 1042 (1047). 5 Exposure Draft of Proposed Amendments to IAS 32 Financial Instruments: Presentation and IAS 1 Presentation of Financial Statements: Financial Instruments Puttable at Fair Value and Obligations Arising on Liquidation, abrufbar unter https://www.iasb.org. 6 Anerkennungsverfahren (Endorsement) der Europäischen Kommission abgeschlossen durch Kommissionsverordnung vom 21. 1. 2009, ABl. EU Nr. L 17, S. 23. 7 Baetge/Winkeljohann/Haenelt, DB 2008, 1518; M. Schmidt, BB 2008, 434.
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soll sichergestellt werden, dass auch solche Finanzinstrumente dem Eigenkapital unterfallen, die zwar durch individuelle Kündigung des Kapitalgebers dem Unternehmen entzogen werden können, jedoch in voller Höhe an Risiken und Chancen der Unternehmenstätigkeit partizipieren (sog. risk and reward approach). Rechtstechnisch realisiert dies der Entwurf weniger durch eine prinzipielle Begriffsmodifikation des Fremdkapitals1, sondern durch eine detaillierte, stark kasuistische Aufzählung der Fälle, die als kündbare Finanzinstrumente dem Eigenkapital unterfallen sollen. Der Reformentwurf aus dem Jahre 2006 verfolgte den risk and reward approach konsequent dadurch, dass er entscheidend auf die letztrangige Haftung im Insolvenzfalle abstellte. Maßgeblich war danach, ob der Inhaber des Finanzinstruments bei Kündigung oder Liquidation nur einen Rückzahlungsanspruch zum fair value des anteiligen Nettovermögens des Unternehmens hatte2. Dies wurde dadurch konkretisiert, dass das Finanzinstrument zur letztrangigen Kapitalklasse (most subordinated class) der emittierten Finanzinstrumente gehören musste. Das trifft zwar für die typische stille Beteiligung nicht zu (vgl. §§ 238 Abs. 1 HGB, 38 InsO) (vgl. Rn. 17.9). Nach dem Entwurf erschien es aber zumindest denkbar, dass die stille Beteiligung als Eigenkapitalinstrument ausgestaltet werden konnte. Nicht ausreichend ist hierfür, dass der stille Gesellschafter im Rang nach den übrigen Insolvenzgläubigern haftet (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Damit der Gesellschafter in die letztrangige Kapitalklasse (most subordinated class) fällt, muss er insolvenzrechtlich gleichrangig (§ 199 InsO) neben dem Inhaber des Handelsgeschäfts aus dem verbleibenden Überschuss befriedigt werden (vgl. Rn. 17.16). Anders als nach HGB (Rn. 13.110 ff.) kam es dagegen nicht auf die Langfristigkeit der Kapitalüberlassung an. Der Reformentwurf unterschied gerade zwischen unkündbaren Instrumenten (perpetual instruments), die bereits bisher als Eigenkapital zu qualifizieren waren, und den kündbaren Finanzinstrumenten (puttable instruments), die ausnahmsweise dem Eigenkapital unterfallen. In seinen Erwägungsgründen zu dem Reformentwurf (ED IAS 32-Basis for Conclusions 22) stellte das IASB zudem ausdrücklich fest, dass die (neue) Eigenkapitalklasse der instruments puttable at fair value nicht dem Prinzip der Dauerhaftigkeit der Kapitalüberlassung folgt, sondern ging davon aus, dass mit einer Abfindung zum fair value des anteiligen Nettovermögenswerts eine Schädigung der übrigen Kapitalgeber ausgeschlossen wird.
1 Aus diesem Grund bereits zum Reformentwurf kritisch M. Schmidt, BB 2006, 1563 (1565); das IASB betont aber selbst, dass es sich bei dem Zusatz zu IAS 32 nur um kurzfristige Änderungen handelt und langfristige Projekte des IASB davon nicht berührt werden. 2 Kumulativ mussten hierzu folgende Voraussetzungen erfüllt sein (vgl. ED IAS 32.11): (a) Das Finanzinstrument muss zum beizulegenden Zeitwert (fair value) des anteiligen Nettovermögens des Unternehmens (pro rata share of the net assets of the entity) emittiert werden. (b) Das Instrument verpflichtet den Emittenten bei Kündigung nur zur Rückzahlung zum fair value des anteiligen Nettovermögens des Unternehmens. (c) Im Fall der Liquidation ist der Inhaber nur in Höhe seines anteiligen Nettovermögenswerts berechtigt.
299
13.175
§ 13
Buchführung und Jahresabschluss
13.176 Im Standard Setting-Verfahren ist der Reformentwurf erheblich modifiziert und durch eine Vielzahl weiterer Kriterien erweitert worden. Nach IAS 32.16A kann ein kündbares Finanzinstrument dann als Eigenkapital klassifiziert werden, wenn es (a) den Inhaber des Instruments im Falle der Liquidation berechtigt, seinen anteiligen Nettovermögenswert einzufordern, (b) zur letztrangigen Kapitalklasse gehört, (c) alle kündbaren Finanzinstrumente der letztrangigen Kapitalklasse dieselben Merkmale aufweisen, (d) außer der Verpflichtung des Unternehmens im Falle der Kündigung das Instrument zurückzunehmen, den Emittenten zu keinen anderen finanziellen Leistungen verpflichtet und (e) der erwartete Zahlungsstrom über dessen Laufzeit substanziell auf dem Jahresergebnis, den Änderungen des Buchwerts des Nettovermögens oder der Änderung des Unternehmenswerts basiert.
13.177 Insbesondere das Merkmal, dass alle Instrumente der letztrangigen Kapitalklasse dieselben Merkmale (identical features) aufweisen müssen, erweist sich bei der Ausgestaltung der stillen Beteiligung als schwierig. Ob hierfür bereits die unterschiedliche Form der Haftung im Außenverhältnis ausreicht, erscheint zweifelhaft. Für eine rein bilanzielle – am risk and reward approach orientierte – Betrachtungsweise kann dies sinnvollerweise keinen Unterschied machen. Ebenso verhält es sich mit Regelungen über die Geschäftsführung und Vertretung. Bezeichnenderweise enthalten auch die Beispiele in IAS 32.16A (c) lediglich einen Verweis auf die Kündbarkeit und die Berechnungsmethode für den Abfindungsanspruch und betreffen damit ausschließlich finanzielle Gestaltungsmerkmale1. Die Stellung des stillen Gesellschafters ist aber auch in finanzieller Hinsicht praktisch immer unterschiedlich zur Stellung des Inhabers ausgestaltet. Die stille Beteiligung dürfte sich daher auch in Zukunft nicht als Mezzanines Finanzierungsinstrument zur Aufbesserung des Eigenkapitals in IFRS-Bilanzen eignen. 3. Erfassung in der Bilanz des stillen Gesellschafters
13.178 Beim stillen Gesellschafter stellt die Beteiligung einen finanziellen Vermögenswert i.S. von IAS 32.11 (financial asset) dar. Die Darstellung in der Bilanz richtet sich nach der beabsichtigten Verwendung und Haltedauer unter Angabe der Bezeichnung des Finanzinstruments2. Nach IAS 39.45 wird zwischen vier verschiedenen Kategorien für Finanzinstrumente unterschieden: (a) Finanzielle Vermögenswerte, die erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden (financial assets at fair value through profit or loss), (b) bis zur Endfälligkeit gehaltene Finanzinvestitionen (held-to-maturity investments), (c) Kredite und Forderungen (loans and receivables) und (d) zur Veräußerung verfügbare Vermögenswerte (available-for-sale financial assets). Die erstmalige Bewertung erfolgt nach IAS 39.43 bei allen Instrumenten mit dem beizulegenden Zeitwert (fair value). Unterschiede ergeben sich bei der Folgebewertung des Vermögenswerts. Nach IAS 39.46 ist bei finanziellen Ver1 Ebenso Baetge/Winkeljohann/Haenelt, DB 2008, 1518 (1519); insbesondere zu Buchwertklauseln bei der Abfindung M. Schmidt, BB 2008, 434 (435 f.). 2 Schimpfky/Schneider in Bösl/Sommer, Mezzanine Finanzierung, S. 152.
300
Buchführung und Jahresabschluss
§ 13
mögenswerten, die erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden sowie bei zur Veräußerung verfügbaren Vermögenswerten auch bei der Folgebewertung der beizulegende Zeitwert maßgeblich, während bis zur Endfälligkeit gehaltene Finanzinvestitionen und Kredite und Forderungen mit den fortgeführten Anschaffungskosten anzusetzen sind. 4. Angaben im Anhang Zu den finanziellen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten sind im Anhang des Jahresabschlusses umfangreiche Angaben zu machen. Gemäß IAS 32.51-95 sind die Adressaten des Abschlusses insbesondere über Umfang und Art des Finanzinstruments sowie wesentliche Vertragsbedingungen, die Einfluss auf die Höhe, den Zeitpunkt und die Wahrscheinlichkeit des Eintritts künftiger Cash-Flows haben, zu informieren1. Zudem sind Angaben über die angewendeten Bilanzierungs- und Bewertungskriterien sowie die Bewertungsmethoden zu machen.
13.179
IX. Zusammenfassung Zur Buchführung und Bilanzierung ist regelmäßig nur der Inhaber verpflichtet; den stillen Gesellschafter treffen entsprechende Pflichten nur, wenn er selbst Kaufmann ist. Die stille Gesellschaft als solche ist hingegen nie Trägerin von Buchführungs- und Bilanzierungspflichten. Inhaber und gegebenenfalls stiller Gesellschafter haben die Geschäftsvorfälle, die sich aus der stillen Beteiligung ergeben, in ihrer Finanzbuchhaltung zu erfassen und die entsprechenden Vermögensgegenstände und rechtlichen Verpflichtungen in ihrer Bilanz darzustellen. In der Bilanz des Inhabers hängt der Ausweis der Beteiligung des stillen Gesellschafters von ihrer zivilrechtlichen Ausgestaltung ab. Grundsätzlich sind unbefristete, nachrangige Beteiligungen mit Verlustbeteiligung als eigenkapitalähnlich anzusehen. Ihre Darstellung erfolgt in einem Untergliederungspunkt des Eigenkapitals. Andere Beteiligungen haben überwiegenden Fremdkapitalcharakter. Sie werden regelmäßig unter den „sonstigen Verbindlichkeiten“ erfasst. Die Höhe des Ausweises der Beteiligung in der Bilanz richtet sich grundsätzlich nach dem Auseinandersetzungsanspruch des stillen Gesellschafters2. Aktivierungsfähige Einlageleistungen des stillen Gesellschafters sind unter dem Bilanzposten auszuweisen, der der Art des geleisteten Vermögensgegenstandes entspricht. Gewinne des stillen Gesellschafters erhöhen ohne besondere vertragliche Vereinbarung nicht seine Einlage und sind deshalb auf einem gesonderten Verbindlichkeitenkonto zu verbuchen. Verluste gehen zu Lasten seines Einlagekontos. Eigenkapitalähnliche Beteiligungen an einzelkaufmännisch betriebenen Unternehmen oder Personengesellschaften können auf 1 Schimpfky/Schneider in Bösl/Sommer, Mezzanine Finanzierung, S. 154. 2 Ausnahme bei eigenkapitalähnlichem Charakter: Höhe der Bilanzierung als Eigenkapital hängt von der Höhe der Einlageleistung ab. Bei Differenzbetrag Passivierung des Disagios als Aufwendung, siehe Rn. 13.120.
301
13.180
§ 13
Buchführung und Jahresabschluss
Grund vorheriger Verluste ein negatives Einlagekonto aufweisen. In der Gewinn- und Verlustrechnung stellt der stille Gesellschaftsvertrag einen Teilgewinnabführungsvertrag dar. Soweit der stille Gesellschafter eine Bilanz aufstellt, erfolgt der Ausweis seiner Mitgliedschaft in der stillen Gesellschaft grundsätzlich unter dem Posten „A. III. Finanzanlagen“. Sie ist unter dem Unterposten „A. III. 6. sonstige Ausleihungen“ darzustellen, wenn der stille Gesellschafter mit seiner stillen Beteiligung keine unternehmerischen Interessen verfolgt, andernfalls unter dem Posten „A. III. 3. Beteiligungen“. Die Höhe des Ausweises richtet sich nach den Anschaffungskosten, zu denen auch auf dem Einlagekonto stehen gelassene Gewinnanteile des stillen Gesellschafters gehören. Ist der Wert der Mitgliedschaft des stillen Gesellschafters durch Verluste oder auf sonstige Weise gemindert, sind entsprechende außerordentliche Abschreibungen zu tätigen.
302
§ 14 Verteilung von Gewinn und Verlust Schrifttum: Adler, Hans/Düring, Walther/Schmaltz, Kurt, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995 ff.; Baumbach, Adolf/Hueck, Alfred, GmbH-Gesetz, 18. Aufl. 2006; Berninghaus, Jochen, Feststellung des Jahresabschlusses in der stillen Gesellschaft?, in Festschrift für Volker Röhricht, 2005, S. 747 ff.; Binz, Mark/Mayer, Gerd, Bilanzierungsentscheidungen und Jahresabschlussfeststellung in Personengesellschaften, DB 2007, 1739; Bormann, Michael/Hellberg, Claus, Ausgewählte Probleme der Gewinnverteilung in der Personengesellschaft, DB 1997, 2415; Coenenberg, Adolf, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 20. Aufl. 2005; Costede, Jürgen, Besonderheiten der mitunternehmerischen Stillen Gesellschaft, StbKRep 1987, 239; Döllerer, Georg, Die Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter in der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, DStR 1984, 383; Fichtelmann, Helmar, GmbH & Still im Steuerrecht, 5. Aufl. 2000; Gebhardt, Joachim, Kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen: Stehenlassen als Gewähren i.S. des § 32a GmbHG?, DB 1984, 1385; Goette, Wulf, Stille Gesellschaft: Investitionszulage als Teil des dem Stillen zustehenden nach steuerlichen Regeln zu ermittelnden Gewinns?, DStR 1995, 1843; Habersack, Mathias, Der praktische Fall: Der lästige Gesellschafter, JuS 1989, 739; Hense, Heinz Hermann, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 1990; Hillers, Klaus, Personengesellschaft und Liquidation, 1988; Kormann, Berthold, Das negative Kapitalkonto, BB 1974, 893; Kulemann, Grit/Harle, Georg, Die Gewinnverteilung in der GmbH & Still, GStB 2000, 14; Münchener Vertragshandbuch, Band 1: Gesellschaftsrecht, hrsg. von Martin Heidenhain/Burkhardt W. Meister, 6. Aufl. 2005; Priester, Hans-Joachim, Jahresabschlussfeststellung bei Personengesellschaften, DStR 2007, 28; Schulze-Osterloh, Joachim, Der atypische stille Gesellschafter ist der typische stille Gesellschafter, in Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse, 2001, S. 377 ff.; Sudhoff, Heinrich, Gewinnanteil und Auseinandersetzungsquote des stillen Gesellschafters, NJW 1960, 2121; Thöne, Wolfgang A., Behandlung der Gesellschafterdarlehen im Konkurs der Gesellschaft nach der GmbH-Novelle, DB 1980, 2179; Ulmer, Peter, Die Mitwirkung der Kommanditisten an der Bilanzierung der KG, in Festschrift für Wolfgang Hefermehl, 1976, S. 207 ff.; Wachter, Stephan, Die Gewinnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, 1996; Weimar, Robert, Die GmbH & Still im Fortschritt des Gesellschaftsrechts, ZIP 1993, 1509; Wertenbruch, Johannes, Beschlussfassung in Personengesellschaft und KG-Konzern, ZIP 2007, 798; Zinkeisen, Klaus, Der Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, 1972.
I. Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters Unabdingbares Merkmal der stillen Gesellschaft ist die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters. Wird die Gewinnbeteiligung des Stillen vertraglich ausgeschlossen, so ist eine solche Vereinbarung allerdings nicht nichtig. § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB besagt nur, dass das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien dann keine stille Gesellschaft ist1. Die Gewinnbeteiligung des Geschäftsinhabers kann dagegen auch im Rahmen einer stillen Gesellschaft ausgeschlossen werden (vgl. Rn. 7.15).
1 Zutt in GroßKomm.HGB, § 231 HGB Rn. 9; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 231 HGB Rn. 23; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 40.
303
14.1
§ 14
Verteilung von Gewinn und Verlust
1. Gesetzliche Regelung
14.2
Gemäß § 232 Abs. 1 HGB ist am Schluss jedes Geschäftsjahres der Gewinn zu berechnen und der auf den stillen Gesellschafter entfallende Gewinnanteil auszubezahlen. Weder dem Inhaber noch dem stillen Gesellschafter steht kraft Gesetzes eine Vorzugsdividende zu. Wegen des Rechts des Inhabers zu Entnahmen aus dem Geschäft vgl. Rn. 12.31 ff.; zur Vereinbarkeit einer gewinnunabhängigen Festvergütung für den stillen Gesellschafter mit § 301 AktG vgl. Rn. 7.30 ff. Für Art und Ausmaß der Gewinnbeteiligung ist in erster Linie der Gesellschaftsvertrag maßgebend. Ergänzend greift § 231 Abs. 1 HGB ein. Ist der Anteil des stillen Gesellschafters an Gewinn und Verlust nicht bestimmt, so gilt ein den Umständen nach angemessener Anteil als bedungen (keine gleichen Anteile wie nach § 722 Abs. 1 BGB). Die Verteilung nach Köpfen wäre bei der stillen Gesellschaft nicht gerechtfertigt. Die Verteilung von Gewinn und Verlust ist vielmehr dann angemessen, wenn sie in gleichem Verhältnis steht wie die Beiträge des Inhabers und des stillen Gesellschafters zueinander1. Zur Bemessung der Beitragsleistungen sind alle Umstände des einzelnen Falles zu berücksichtigen: Art und Größe der Einlage des stillen Gesellschafters, Teilnahme am Verlust oder Verlustausschluss, Ausschluss von der Haftung, Einsatz der Arbeitskraft, Verhältnis der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters zum Betriebsvermögen des Inhabers. Im Streitfalle entscheidet über die Angemessenheit das Gericht. Ist nur der Anteil am Gewinn oder am Verlust bestimmt, so gilt die Bestimmung im Zweifel für Gewinn und Verlust (§ 722 Abs. 2 BGB). 2. Regelung im Gesellschaftsvertrag
14.3
Die Beteiligten können ihre Gewinn- und Verlustbeteiligung frei vereinbaren, ohne irgendwelchen beschränkenden Bestimmungen unterworfen zu sein. Auch eine stillschweigende Regelung ist denkbar; so z.B. wenn die Beteiligten ohne ausdrückliche Abrede den Gewinn jahrelang nach bestimmten Maßstäben unter sich verteilt haben oder wenn dem Stillen bei den Vertragsverhandlungen Bilanzen vorgelegt werden und er davon ausgehen musste, dass diese der Gewinnberechnung zugrunde gelegt werden2. So kann vereinbart werden, dass auf jeden ein bestimmter Hundertsatz des Gewinnes und des Verlustes entfällt oder dass der Erfolg entsprechend dem Verhältnis der Einlage des stillen Gesellschafters zu dem Geschäftsvermögen des Inhabers oder nach dem Verhältnis ihrer Kapitalanteile verteilt werden soll. Soll sich der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters nach dem Verhältnis der beiderseitigen Einlagen richten, so ist das Verhältnis dieser Einlagen maßgebend, nicht das Verhältnis der Einlage des stillen Gesellschafters zum jeweiligen Geschäftsvermögen. Bezugspunkt ist die Höhe der ursprünglichen Einlage, nicht die des Einlagekontos zum Bilanzstichtag (vgl. Rn. 7.9)3.
1 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 37. 2 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 85 Rn. 26 ff. 3 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 42.
304
Verteilung von Gewinn und Verlust
§ 14
Auch eine unangemessene Gewinnverteilung, die dem wirtschaftlichen oder persönlichen Einsatz des stillen Gesellschafters an Kapital oder Arbeit nicht entspricht, ist bürgerlich-rechtlich wirksam, wenn die Formvorschrift des § 518 Abs. 1 BGB beachtet worden ist, soweit es sich um ein Schenkungsversprechen handelt (vgl. Rn. 6.21 ff.). Die Vereinbarung über eine unangemessene Gewinnverteilung kann aber steuerlich beanstandet werden, was insbesondere bei Familiengesellschaften der Fall ist. Das Gesellschaftsverhältnis wird hier zwar anerkannt, das Finanzamt nimmt aber eine Korrektur der Gewinnverteilung vor. In Höhe des unangemessenen Gewinnanteils der stillen Gesellschafter kann es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Gesellschafter der Geschäftsinhaberin handeln, wenn zwischen beiden Gesellschaftergruppen Personenidentität oder familiäre Bindungen bestehen1 (Rn. 21.52 ff.).
14.4
Vereinbart werden kann auch, dass der stille Gesellschafter am Gewinn in einem größeren Ausmaß als am Verlust beteiligt sein soll, dass sein Gewinnanteil einen bestimmten, zahlenmäßig festgelegten Betrag nicht überschreiten darf oder dass er erst am Gewinn beteiligt sein soll, nachdem der Inhaber bestimmte Beträge oder eine bestimmte Dividende vorweg erhalten hat; auch hier hängt die Beteiligung von den wechselnden Geschäftsergebnissen, insbesondere davon ab, dass ein entsprechend hoher Gewinn erwirtschaftet wird.
14.5
Haben der Inhaber des Handelsgeschäfts und der stille Gesellschafter vereinbart, dass für die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters von dem Gewinn auszugehen ist, der sich aus dem testierten handelsbilanziellen Jahresabschluss des Inhabers ergibt, so ist die Bezugsgröße für den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters der Jahresüberschuss vor Körperschaftsteuer und vor Abzug des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters2. Gegen die Annahme, dass mit dem Wortlaut der Vereinbarung als Bezugsgröße für die Ermittlung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters der Handelsbilanzgewinn, also der Gewinn nach Abzug der Körperschaftsteuer und des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters, gemeint sei, sprechen das Wesen und die Besonderheiten der stillen Gesellschaft. Der stille Gesellschafter will mit seiner Beteiligung am Betrieb weder Einfluss auf die steuerlichen Verhältnisse des Geschäftsinhabers nehmen noch selbst von diesen beeinflusst werden. So würde die Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters nach Körperschaftsteuer den Geschäftsinhaber doppelt begünstigen: Zum einen aufgrund der nach Berücksichtigung des Gewinnanteils geringeren Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer und zum anderen aus der Abwälzung eines Teils der Körperschaftsteuer auf den stillen Gesellschafter.
14.6
Wandelt der persönlich haftende Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft oder ein Kommanditist seine Beteiligung in eine stille Beteiligung um und werden im Gesellschaftsvertrag keine neuen Vereinbarungen über die künftige Gewinn- oder Verlustbeteiligung getroffen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass er entsprechend seinem bisherigen Anteil
14.7
1 FG Nürnberg v. 15. 6. 1999 – I 118/97, EFG 1999, 917 = GmbHR 1999, 995. 2 FG Nürnberg v. 15. 6. 1999 – I 118/97, EFG 1999, 917 = GmbHR 1999, 995.
305
§ 14
Verteilung von Gewinn und Verlust
auch in Zukunft am Gewinn oder Verlust beteiligt bleiben soll, dass aber ein ihm bisher zugestandener Vorzugsgewinnanteil künftig wegfällt1.
II. Berechnung des Gewinns und Verlustes des Gesellschafters 1. Interne Rechnungslegung als Grundlage der Gewinnberechnung
14.8
Nach § 232 Abs. 1 HGB ist am Schluss jedes Geschäftsjahres der Gewinn und Verlust zu berechnen. Eine Bezugnahme auf die „Bilanz“ wie in § 120 Abs. 1 HGB fehlt. Dies liegt daran, dass die stille Gesellschaft selbst keine Bilanz i.S. des § 242 Abs. 1 HGB aufstellt (vgl. Rn. 13.79 f.) und sich ihr Gewinn und Verlust auch nicht unmittelbar aus der Bilanz des Inhabers ergeben. Vielmehr bedarf deren Ermittlung ohne besondere vertragliche Vereinbarung grundsätzlich einer eigenen, internen Berechnung durch den Inhaber2.
14.9
Nach der gesetzlichen Regelung ist deswegen der Inhaber grundsätzlich zur Vornahme einer solchen internen Rechnungslegung zur Berechnung des Gewinns und des Verlustes der stillen Gesellschaft verpflichtet. Die gesellschaftsrechtliche Verpflichtung zur Rechnungslegung umfasst dabei auch die Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, soweit sie für die Gewinnberechnung des stillen Gesellschafters erforderlich sind3. 2. Die Berechnung von Gewinn und Verlust in der Vertragspraxis
14.10
Die gängige Vertragspraxis weicht von der gesetzlichen Regelung insoweit ab, als sie durchweg den handels- oder steuerrechtlichen Jahresabschluss des Inhabers zur Grundlage der Gewinn- und Verlustberechnung des Inhabers macht und von diesem einzelne Korrekturen vornimmt, um den Gewinn- und Verlust des Inhabers zu berechnen. Es empfiehlt sich dringend, dieser Praxis zu folgen, da andernfalls die Gewinn- und Verlustberechnung nicht nur einen erheblichen zusätzlichen Aufwand bedeutet, sondern auch leicht zu mannigfaltigen Streitigkeiten zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter führt.
14.11
Diese Vertragspraxis entbindet allerdings nicht von der Notwendigkeit, Handels- und Steuerbilanz des Inhabers einerseits und interne Rechnungslegung der stillen Gesellschaft andererseits zu unterscheiden. Während die ersten beiden auf zwingendem Recht beruhen und nur in gewissem Maße dem Inhaber Wahlrechte und Beurteilungsspielräume zur Verfügung stellen, steht die interne Berechnung des Gewinns des stillen Gesellschafters vollständig zur Disposition des Vertrages zwischen ihm und dem Inhaber. Sieht der Ge1 Vgl. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 231 HGB Rn. 10. 2 Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 3; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 85 Rn. 12; S. Wachter, Gewinnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, S. 41; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 11 ff. Zur Frage, inwieweit eine Korrekturrechnung in der Praxis tatsächlich jährlich vorzunehmen ist, vgl. Rn. 14.49 ff. 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 13.
306
Verteilung von Gewinn und Verlust
§ 14
sellschaftsvertrag deshalb eine bestimmte Rechnungslegung vor, z.B. die Einschränkung der Bildung stiller Reserven, so ist im Zweifelsfall durch Auslegung festzustellen, ob damit nur die interne Rechnungslegung der stillen Gesellschaft oder auch die externe des Inhabers gemeint ist. Zu berücksichtigen ist dabei einerseits, dass an einer entsprechenden Beeinflussung der externen Rechnungslegung häufig beide Gesellschafter kein Interesse haben; der Sinn solcher Vertragsklauseln besteht regelmäßig nur darin, den Umfang des Gewinnrechts des stillen Gesellschafters näher zu umschreiben, hingegen sollen sie nicht dem Fiskus Vorteile hinsichtlich der Rechnungslegung des Unternehmens verschaffen. Andererseits sollten die internen Korrekturen des Jahresergebnisses des Inhabers aber auch auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt bleiben, um die Berechnung von Gewinn und Verlust nicht unnötig zu erschweren. 3. Die Feststellung der Gewinnrechnung Aus der Unterscheidung der internen von der externen Rechnungslegung folgt, dass der stille Gesellschafter grundsätzlich weder an der Auf- noch an der Feststellung der Bilanz des Inhabers teilnimmt. Anderes kann insbesondere dann gelten, wenn der stille Gesellschafter auf Grund besonderer vertraglicher Regelung an der Geschäftsführung des Inhabers beteiligt ist1.
14.12
Bislang wurde der internen Jahresrechnung keine besondere rechtliche Qualität zugesprochen. Insbesondere sollte sie nicht von Inhaber und stillem Gesellschafter gemeinsam verbindlich festgestellt werden2. Allenfalls sollte der Inhaber von dem stillen Gesellschafter die Zustimmung zu ihr verlangen können3. Begründet wird diese Ansicht damit, dass das Gesetz eine besondere Feststellung der Jahresrechnung bei der stillen Gesellschaft nicht vorsehe4. Dies ist aber bei keiner Personengesellschaft der Fall. Für die OHG und die KG ist dennoch unbestritten, dass ihre Jahresabschlüsse erst mit der Feststellung durch ihre Gesellschafter zwischen diesen verbindlich werden. Der Zweck der Feststellung, nämlich die Ansätze der Erfolgsrechnung zukünftigem Streit zwischen den Gesellschaftern möglichst zu entheben5, trifft aber auf die stille Gesellschaft in gleicher Weise zu wie auf Personenhandelsgesellschaften6. Deswegen ist auch für die interne Jahresrechnung der stillen Gesellschaft eine Feststellung durch ihre Gesellschafter anzunehmen. Mit der Feststellung erlangt sie die Qualität eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses7.
14.13
1 2 3 4 5 6 7
Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 85 Rn. 5. Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 21. Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 85 Rn. 3. Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 21. Ulmer in FS Hefermehl, S. 207 (210 f.). Berninghaus in FS Röhricht, S. 754 f. Vgl. BGH v. 29. 3. 1996 – II ZR 263/94, BB 1996, 1105 (1106); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 20; Habersack in MünchKomm.BGB, § 781 BGB Rn. 22 ff.
307
§ 14
Verteilung von Gewinn und Verlust
14.14
Eine stillschweigende Anerkennung der Jahresrechnung kann regelmäßig angenommen werden, wenn der stille Gesellschafter innerhalb angemessener Frist nach ihrer Mitteilung keine Beanstandungen erhebt und ihre Werte in seine Einkommensteuererklärung übernimmt1. Eine Anfechtung des Anerkenntnisses wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung ist möglich2.
14.15
Über die Form, in der die Abrechnung gegenüber dem stillen Gesellschafter zu erfolgen hat, sagt § 232 Abs. 1 HGB nichts aus. Eine Darstellung in Form einer Bilanz oder einer Gewinn- und Verlustrechnung nach den Vorschriften des dritten Buches des HGB ist nicht zwingend erforderlich3.
14.16
Eine Frist, innerhalb derer die Berechnung des Gewinnanteils zu erfolgen hat, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Bei Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung genügt es, wenn die Berechnung innerhalb der für die Aufstellung des Jahresabschlusses des Inhabers festgesetzten Frist erfolgt. Eine frühere Berechnung kann der stille Gesellschafter nicht verlangen. Ist wie bei Einzelkaufleuten und bei handelsrechtlichen Personengesellschaften die Aufstellung des Jahresabschlusses nicht genau befristet, so hat die Abrechnung wie die Aufstellung des Jahresabschlusses innerhalb der einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit zu erfolgen, § 243 Abs. 3 HGB4. Geschieht das nicht, kann der stille Gesellschafter auf Vornahme der Berechnung klagen.
14.17
Ist der Inhaber zur Vornahme der Gewinnberechnung verurteilt worden, so wird häufig ein zweiter Prozess zur Geltendmachung des Zahlungsanspruchs erforderlich werden. Ist der stille Gesellschafter in der Lage, seinen Gewinnanteil selbst zu berechnen, kann er sofort Zahlungsklage erheben. Ist er dazu nicht in der Lage, ist es zweckmäßig, mit der Klage auf Vornahme der Gewinnberechnung die Klage auf Zahlung dessen zu verbinden, was ihm aufgrund der Berechnung zukommt (§ 254 ZPO).
III. Berechnungsgrundlage für Gewinn und Verlust des stillen Gesellschafters
14.18
Als Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters kommt in der Praxis – wie bereits erwähnt – sowohl die Handels- als auch die Steuerbilanz in Betracht. Ob der handelsrechtlich ermittelte oder der steuerrechtlich ermittelte Gewinn der Gewinnverteilung zugrunde gelegt werden soll, bedarf der Festlegung im Gesellschaftsvertrag. Fehlt eine solche Festlegung, ist der Handelsbilanzgewinn zugrunde zu legen. 1 Vgl. BGH v. 3. 11. 1975 – II ZR 87/74, DB 1976, 42 (43); OLG Düsseldorf v. 26. 11. 1993 – 7 U 146/92, NJW-RR 1994, 1455 (1458). 2 Vgl. RG v. 20. 3. 1901 – I 477/00, RGZ 48, 77 (82 f.). 3 Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 3. 4 Vgl. zur Aufstellungsfrist Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 243 HGB Rn. 38 ff.
308
Verteilung von Gewinn und Verlust
§ 14
Die handelsrechtlichen Anforderungen an die Bilanz sind durch das Prinzip der Vorsicht gekennzeichnet. Wegen der Risiken, mit denen jede wirtschaftliche Betätigung behaftet ist, sollen die Kapitalgeber und die außenstehenden Dritten vermögensmäßig gesichert werden – ein Ziel, das durch den Grundsatz der vorsichtigen Bewertung der Vermögensposten des Umlaufvermögens erreicht werden soll. Die handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften sollen sicherstellen, dass der Unternehmer seine Vermögenslage nicht günstiger darstellt, als sie in Wirklichkeit ist.
14.19
Die Berechnung des Gewinnanteils auf der Grundlage der Handelsbilanz bringt für den stillen Gesellschafter deshalb Gefahren mit sich. Diese bestehen darin, dass der Geschäftsinhaber insbesondere durch handelsrechtlich zulässige Unterbewertungen auf der Aktivseite stille Reserven zulasten des jährlichen Gewinns bildet, an denen der lediglich gewinnbeteiligte stille Gesellschafter ohne entsprechende interne Korrektur nicht partizipieren würde.
14.20
Soll trotz dieser Bedenken der Handelsbilanzgewinn der Gewinnverteilung zugrunde gelegt werden, so empfiehlt es sich insbesondere bei Eingehen einer typischen stillen Gesellschaft dringend, durch Festlegung von Bewertungsrichtlinien die interne Korrektur genau zu umschreiben. Andernfalls gelten grundsätzlich die bewertungsrechtlichen Vorschriften des HGB (vgl. Rn. 13.61 ff.), die durch das Bestehen der stillen Gesellschaft ohne ausdrückliche vertragliche Bestimmung nur in gewissem Maße eine interne Modifizierung erfahren.
14.21
1. Handelsbilanzgewinn
2. Steuerbilanzgewinn Dass anstatt der Handelsbilanz als Bemessungsgrundlage für die Gewinnverteilung auch die Steuerbilanz herangezogen werden kann, ist seit dem Urteil des BFH vom 9. 7. 19691 unbestritten.
14.22
Unter Steuerbilanzgewinn ist grundsätzlich der nach steuerrechtlichen Vorschriften ermittelte Gewinn zu verstehen. Dabei ist Gewinn nach der Legaldefinition in § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.
14.23
Bei Gewerbetreibenden, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung freiwillig Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buch-
14.24
1 BFH v. 9. 7. 1969 – I R 188/67, BStBl. II 1969, 690; Goette, DStR 1995, 1844.
309
§ 14
Verteilung von Gewinn und Verlust
führung auszuweisen ist. Dabei sind die steuerlichen Bewertungsvorschriften in § 6 EStG zu beachten.
14.25
Liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 EStG vor, kann statt der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG wahlweise als Gewinn der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben angesetzt werden. Für den einheitlich und gesondert festzustellenden Gewinn der handelsrechtlichen Personengesellschaften gelten die gleichen Gewinnermittlungsvorschriften. Ist eine Körperschaft Inhaberin des Handelsgewerbes, so bestimmt sich die Gewinnermittlung ebenfalls nach den Vorschriften des EStG (§ 8 Abs. 1 KStG).
14.26
Wenn für die Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft die Maßgeblichkeit der Steuerbilanz vereinbart ist, so bedarf es der Auslegung im Einzelfall, ob damit die Steuerbilanz der Kapitalgesellschaft vor oder nach Abzug der Körperschaftsteuer und bis 1996 der Vermögensteuer gemeint ist. Obwohl der körperschaftsteuerliche Gewinnbegriff die Körperschaftsteuer und Vermögensteuer bei Kapitalgesellschaften mit einbezieht, ist bei der Bemessungsgrundlage für die stille Gesellschaft nicht ohne weiteres von diesem auszugehen. Nach Ansicht des BFH1 soll mit der Vereinbarung der Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters lediglich der Vorrang der steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften über die Bilanz bezweckt werden. Somit kann nur die Auslegung im Einzelfall ergeben, was die Parteien mit der Maßgeblichkeit der Steuerbilanz hinsichtlich der Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters gemeint haben. Dabei kommt der ständigen Übung der Vertragspartner eine entscheidende Bedeutung zu.
14.27
Wer sich als stiller Gesellschafter an einem Unternehmen beteiligen will, wird dazu neigen, die Zahlung der Körperschaftsteuer und der Vermögensteuer bei Kapitalgesellschaften als eine private Angelegenheit zu betrachten, die keinen Einfluss auf die Höhe seines Gewinnanteils haben dürfe. Sein Interesse geht dahin, dass die Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Berechnung seines Gewinnanteils auch die Nichtabzugsfähigkeit der Körperschaftsteuer, der Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch und der Vermögensteuer nach § 10 Nr. 2 KStG einschließt. Im Gegensatz dazu könnte die Kapitalgesellschaft darauf hinweisen, dass ihre Gesellschafter ebenfalls nur einen Gewinn nach Abzug dieser Steuern beanspruchen können und dass daher eine Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters nach dem Steuerbilanzgewinn „vor Steuern“ den stillen Gesellschafter besser stellen würde als die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft. Hierzu ist jedoch Folgendes zu bemerken:
14.28
Eine Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters nach Abzug der Körperschaftsteuer würde dazu führen, dass der stille Gesellschafter indirekt die Körperschaftsteuerbelastung der Kapitalgesellschaft mitzutragen hätte. Dies 1 BFH v. 14. 8. 1974 – I R 35/74, BFHE 113, 298 = BStBl. II 1974, 774.
310
Verteilung von Gewinn und Verlust
§ 14
erschien bislang nicht gerechtfertigt, da der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters im Fall der typischen stillen Beteiligung den körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn der Kapitalgesellschaft gerade mindern soll oder im Fall der atypischen stillen Beteiligung der Kapitalgesellschaft nicht zugerechnet wird. Im Ergebnis war somit davon auszugehen, dass bei Vereinbarung der Maßgeblichkeit der Steuerbilanz hinsichtlich der Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters im Zweifel der Steuerbilanzgewinn vor Abzug der Körperschaftsteuer zugrunde zu legen war1. Nach der Unternehmensteuerreform 2008 gilt der Grundsatz fort, dass der stille Gesellschafter nicht indirekt die Körperschaftsteuer mittragen soll. Er bedarf allerdings wegen des neu eingeführten § 4h EStG, der gemäß § 8a Abs. 1 KStG auch für Körperschaften gilt, einer Einschränkung. Soweit die Steuerbilanz Maßstab ist, kommt es auf die steuerrechtlichen Ansatzvorschriften an. Anschließend ist die durch Anwendung von § 4h EStG entstehende zusätzliche Steuerbelastung zu berechnen und der Gewinn insoweit zu mindern. Diese zusätzliche Gewinnminderung beruht darauf, dass die zusätzliche Steuerbelastung durch die Einordnung der typischen stillen Gesellschaft als Fremdfinanzierung durch die stille Gesellschaft selbst mit verursacht wird.
14.29
Soll die Steuerbilanz als Grundlage für die Berechnung des anteiligen Gewinns gewählt werden, so ist zu berücksichtigen, dass die steuerrechtlichen Anforderungen an die Bilanz auf den Ausweis des richtigen, d.h. eines den Tatsachen entsprechenden Ergebnisses gerichtet sind2. Die Bewertung beruht auf objektiven Maßstäben, wobei der Teilwert die unterste Grenze bildet, die nicht unterschritten werden darf. Die Steuerbilanz soll ein möglichst getreues Bild der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse vermitteln. Im Gegensatz zur Handelsbilanz ist sie reservenfeindlich, so dass sich insoweit die Ziele des Steuergesetzgebers und die Wünsche des stillen Gesellschafters decken.
14.30
Bedenken gegen die Verwendung der Steuerbilanz als Grundlage für die Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters ergeben sich allerdings daraus, dass eine Reihe von Ausgaben, die handelsrechtlich und betriebswirtschaftlich Aufwand darstellen, steuerrechtlich nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden3. Das gilt z.B. für die Körperschaftsteuer bei juristischen
14.31
1 So auch Costede, StbKRep 1987, 239 (261). 2 So auch Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 61. 3 Die gegen diese Bedenken von Post/Hoffmann, Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, S. 59, sowie von Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 219 ff., geäußerte Kritik beruht auf einem Missverständnis. Sie verwechseln die Bedenken, die gegen die Verwendung der Steuerbilanz als Grundlage für die Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters erhoben werden, mit der Frage, ob sich der Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft nach dem Gewinn vor oder nach Abzug der Körperschaftsteuer richtet. Wenn die genannten Autoren zutreffend die übrigen nach § 10 KStG nicht abziehbaren Aufwendungen (gemeint sind die dort genannten Aufwendungen mit Ausnahme der Körperschaftsteuer) als abzugsfähig behandelt wissen wollen und somit
311
§ 14
Verteilung von Gewinn und Verlust
Personen, für nicht belegte Spenden, für die Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch, für die Hälfte der Aufsichtsratsvergütungen und für in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen. Diese Aufwendungen sind für die Zwecke der Besteuerung dem Handelsbilanzgewinn wieder hinzuzurechnen (§ 10 KStG).
14.32
Sowohl die Handels- als auch die Steuerbilanz des Inhabers bedürfen also gewisser Korrekturen um als Grundlage der Gewinn- und Verlustberechnung für die stille Gesellschaft zu dienen. Die Kautelarpraxis bevorzugt die Steuerbilanz und nimmt die dargestellten Korrekturen vor1. Dies hat den Vorzug, dass die Steuerbilanz einer Kontrolle durch die Finanzbehörden unterliegt und insoweit dem stillem Gesellschafter eine erhöhte Richtigkeitsgewähr bietet. Die Unterschiede zwischen der Handels- und Steuerbilanz nivellieren sich in der Praxis freilich, da die meisten Unternehmen eine Einheitsbilanz aufstellen, also die Handelsbilanz soweit wie zulässig der Steuerbilanz anpassen.
IV. Durchführung der Gewinnberechnung 1. Korrekturen des Jahresergebnisses des Inhabers für die Gewinnberechnung
14.33
Zur Berechnung von Gewinn und Verlust des stillen Gesellschafters ist das Jahresergebnis des Inhabers weiterhin um die Erträge und Aufwendungen zu bereinigen, an denen der stille Gesellschafter nicht teilnimmt. Dies gilt unabhängig davon, ob als Grundlage der Gewinn- und Verlustberechnung der handelsrechtliche oder der steuerrechtliche Jahresabschluss herangezogen wird. Die Korrektur ist dabei dem Gegenstande, der Herkunft und der zeitlichen Entstehung nach vorzunehmen. Der stille Gesellschafter partizipiert nur an demjenigen Erfolg, der seit Bestehen der stillen Beteiligung im Handelsgewerbe des Inhabers realisiert worden ist. Das Jahresergebnis des Inhabers weist hingegen auch Erfolge aus solchen Geschäften aus, die aus früheren Zeiten stammen oder die einem Geschäftsbereich zuzuordnen sind, an dem der stille Gesellschafter nicht beteiligt ist. Umgekehrt sind Erfolge, an denen der stille Gesellschafter teilnimmt und die nicht in den Jahresabschluss des Inhabers Eingang gefunden haben, dem Gewinn des stillen Gesellschafters hinzuzurechnen. Schließlich spielt die Unterscheidung zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft eine erhebliche Rolle bei der Gewinn- und Verlustberechnung.
14.34
Die Beteiligung jedes stillen Gesellschafters erstreckt sich zunächst nur auf die Ergebnisse, die im Rahmen des vereinbarten Gesellschaftszwecks entstanden sind. Ergebnisse aus vertragswidriger Geschäftsführung des Inhabers sind deshalb bei der Gewinnermittlung für den stillen Gesellschafter nicht zu berücksichtigen. Hierzu gehören alle Geschäfte, die nicht dem Gesellschaftszweck entsprechen oder außerhalb der Geschäftsführungsbefugnis des Inhanotwendigerweise den Steuerbilanzgewinn zwecks Berechnung des stillen Gewinnanteils modifizieren müssen, stimmen sie doch der hier vertretenen Auffassung zu. 1 Vgl. von der Heydt in Münchener Vertragshandbuch, Bd. 1, VIII 1 Anm. 10 f.; Bopp/ Kolberg in Formularbuch Recht und Steuern, A. 14.00 Rn. 39.
312
Verteilung von Gewinn und Verlust
§ 14
bers liegen1. Maßstab für die Abgrenzung ist im Zweifelsfall das, was bei vergleichbaren Unternehmen üblich ist. Genehmigt der stille Gesellschafter solche Geschäfte allerdings nachträglich (vgl. Rn. 12.27 f.), so wirken Erfolg und Misserfolg auch für und gegen ihn2. Aus dem gleichen Grund haben auch Erträge und Aufwendungen aus privaten Geschäften des Inhabers keinen Einfluss auf den verteilungspflichtigen Gewinn eines stillen Gesellschafters3. So sind Gewinne, die auf dem schenkweisen Schulderlass von Seiten eines Familienmitglieds oder auf dem Wegfall von Schulden durch Erbfolge beruhen, von der Verteilung an den stillen Gesellschafter ausgeschlossen.
14.35
In zeitlicher Hinsicht nimmt der stille Gesellschafter hingegen auch an Ergebnissen teil, die aus vor dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags liegenden Handelsgeschäften resultieren, aber erst während des Bestehens der stillen Gesellschaft realisiert werden, sofern nichts anderes vereinbart ist. Es handelt sich insoweit um Ergebnisse aus dem laufenden Geschäftsbetrieb. Wollte man nur Gewinne und Verluste zugrunde legen, die im Zeitraum nach der Gründung der stillen Gesellschaft verursacht wurden, würden sich schwierige Abgrenzungsprobleme ergeben, auf welchen Zeitpunkt (z.B. Vertragsschluss oder Zeitpunkt der Vornahme der Leistungshandlung als Verursachung des Gewinns) man abstellen soll4.
14.36
Aus dem Jahresergebnis des Inhabers sind weiterhin diejenigen Posten herauszurechnen, die nicht das Ergebnis der Geschäftstätigkeit des Inhabers darstellen, sondern die der Gewinnverwendung zuzurechnen sind. Hierzu gehört insbesondere die Bildung offener Rücklagen durch den Inhaber. Sie geht nicht zulasten des stillen Gesellschafters5. Auch Veränderungen des Kapitals des Inhabers gehören nicht zu seiner Geschäftstätigkeit und berühren deswegen nicht den Gewinn und Verlust des stillen Beteiligten. So partizipiert dieser z.B. nicht an dem Agio aus Aktienemissionen6. Gleiches gilt für Gewinn- und Verlustvorträge aus der Zeit vor Gründung einer typischen stillen Gesellschaft7.
14.37
Der Gewinnverwendung sind solche Bilanzierungsmaßnahmen gleichzusetzen, die zwar bilanzrechtlich zur Ergebnisermittlung gehören, der Sache nach aber Ergebnisverwendung bedeuten. Die Rechtslage zwischen Inhaber und
14.38
1 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 12, 15. 2 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 16. 3 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 3, 17; Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 7. 4 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 29. 5 Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 14. 6 Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 17; a.A. Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 30 für Fälle, in denen die Kapitalveränderungen des Inhabers den prozentualen Gewinnanteil des stillen Gesellschafters berühren. Richtigerweise ist dies aber keine Frage der Gewinnverteilung, sondern der Zulässigkeit einseitiger Kapitaländerungen. 7 Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 17.
313
§ 14
Verteilung von Gewinn und Verlust
stillem Gesellschafter kann insoweit nicht anders beurteilt werden als die zwischen Komplementär und Kommanditist. In der Kommanditgesellschaft bedürften solche Bilanzierungsmaßnahmen der Zustimmung aller Gesellschafter1. Allerdings lässt der BGH in Personengesellschaften eine allgemeine Mehrheitsklausel für die Bilanzfeststellung genügen2. Er hat zwar die Frage, inwieweit Maßnahmen der Bilanzfeststellung erfasst sind, die sich als (verdeckte) Maßnahmen der Gewinnverwendung erweisen, bislang noch nicht entschieden. Man wird aber auch die Ausübung derartiger Wahlrechte unter eine allgemeine Mehrheitsklausel fassen können, weil die minutiöse Festlegung der von einer Mehrheitsentscheidung gedeckten Wahlrechte wenig tunlich ist3. Mit Blick auf § 29 Abs. 1 GmbHG werden auch allgemeine Klauseln in Personengesellschaftsverträgen zur Gewinnthesaurierung für zulässig erachtet4; wird ein Wahlrecht bereits bei der Aufstellung bzw. Feststellung des Jahresabschlusses ausgeübt, kann das Ergebnis nicht anders lauten. Eine derartige Mehrheitsklausel muss im Vertrag zur stillen Gesellschaft selbst enthalten sein Der Inhaber kann nicht einseitig den Gewinn des stillen Gesellschafters durch Ermessensabschreibungen gemäß § 253 Abs. 4 HGB drücken5.
14.39
Schließlich kann die Beteiligung des stillen Gesellschafters nur an einem Teilbereich des Unternehmens bestehen, z.B. nur an einer Filiale. Der Inhaber hat dann seine Rechnungslegung so zu organisieren, dass der Erfolg der unterschiedlichen Unternehmenseinheiten isoliert festgestellt werden kann6. Bei Eingehen einer so gearteten stillen Beteiligung sind im Gesellschaftsvertrag diejenigen Handelsgeschäfte genau zu bestimmen, an deren Erfolg der stille Gesellschafter teilnimmt. Zur Vorbeugung von Streitigkeiten sollte auch die Bewertung des internen Leistungsaustauschs zwischen den Unternehmensteilen und die Verteilung von Gemeinkosten von vornherein vertraglich geregelt werden. 2. Unterschiede der Gewinnberechnung bei typischer und atypischer stiller Gesellschaft
14.40
Große praktische Bedeutung für die Gewinnberechnung hat der Unterschied zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft. Ohne besondere vertragliche Vereinbarung nimmt ein stiller Gesellschafter nämlich nicht ohne weiteres an dem gesamten Erfolg des Unternehmens so teil, wie dies der Inhaber tut. Seine Gewinnbeteiligung ist vielmehr auf solche Gewinne und Verluste beschränkt, die aus dem Betrieb des Handelsgewerbes herrühren7. Dies ist 1 2 3 4
BGH v. 29. 3. 1996 – II ZR 263/94, BB 1996, 1105 (1108). BGH v. 15. 1. 2007 – II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 (288 ff.). So auch Binz/Mayer, DB 2007, 1739 (1743). So z.B. Binz/Mayer, DB 2007, 1739 (1742); Priester, DStR 2007, 28 (31); a.A. z.B. Wertenbruch, ZIP 2007, 798 (801). 5 Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 10. 6 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 39. 7 Nur hierauf beruht die Unterscheidung zwischen typischer und atypischer Gesellschaft hinsichtlich der Gewinnverteilung. Hingegen kann aus der Eigenschaft der stil-
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aber nach h.A. nicht bei allen Unternehmensgewinnen der Fall. Vom Gewinn des stillen Gesellschafters sind danach insbesondere solche Vermögenszuwächse ausgeschlossen, die auf die Veränderung des Marktwertes des Anlagevermögens zurückzuführen sind. Gleiches gilt für Verluste. Beide sind nach h.A. nicht dem Handelsgewerbe des Inhabers zuzurechnen, sondern beruhen auf unternehmensexternen Ursachen. An ihnen partizipiert der stille Gesellschafter deswegen nicht, weil seine Beteiligung sich nur auf das Handelsgewerbe des Inhabers erstreckt, § 230 Abs. 1 HGB. Für die Gewinnberechnung der typischen stillen Gesellschaft bedeutet dies, dass das Jahresergebnis des Inhabers um solche Erträge und Aufwendungen zu bereinigen ist, die ihre Herkunft nicht im Handelsgewerbe des Inhabers haben1. a) Gewinnberechnung bei der atypischen stillen Gesellschaft Anderes gilt nur, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag der stille Gesellschafter zwar nicht dinglich, wohl aber schuldrechtlich an dem Geschäftsvermögen des Inhabers – atypisch – beteiligt ist. Denn das Jahresergebnis des Inhabers entspricht der Wertveränderung des bilanzierten Geschäftsvermögens. Bei der atypischen stillen Gesellschaft bedarf es deswegen keiner Unterscheidung der Erträge und Aufwendungen danach, ob sie ihre Ursache in dem Handelsgewerbe des Inhabers haben oder nicht. Dies vereinfacht die Gewinn- und Verlustberechnung für den stillen Gesellschafter erheblich. Der atypische stille Gesellschafter hat Anteil auch an solchen Gewinnen, die nicht im Jahresabschluss ausgewiesen, sondern als stille Reserven thesauriert werden. Sie erhöhen seinen Auseinandersetzungsanspruch, da sie spätestens bei der Auflösung der stillen Gesellschaft im Rahmen einer Bewertung des Geschäftsvermögens aufgedeckt werden. Die Gewinnbeteiligung des atypischen stillen Gesellschafters gleicht damit der eines Kommanditisten.
14.41
b) Gewinnberechnung bei der typischen stillen Gesellschaft Bei der typischen stillen Gesellschaft bereitet die genaue Berechnung des Gewinns und des Verlustes Schwierigkeiten. Drei Fragen sind zu unterscheiden: Welche Erträge und Aufwendungen sind dem Handelsgewerbe des Inhabers zuzurechnen und sind deshalb Bestandteil des Gewinns und des Verlustes des stillen Gesellschafters, wie sind diese Erträge und Aufwendungen aus dem Jahresabschluss des Inhabers zu entnehmen und wann sind die Gewinne und Verluste dem stillen Gesellschafter auszuzahlen?
len Gesellschaft als Innengesellschaft für die Gewinnberechnung nichts entnommen werden, zutreffend Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 4. 1 H.M. Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 2 f.; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 5; Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 6; a.A. Zinkeisen, Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, S. 32; Sudhoff, NJW 1960, 2122; Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 23 ff.
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14.43
Für den Umfang der Erfolgsbeteiligung des typischen stillen Gesellschafters kommt es auf die Herkunft der Gewinne und Verluste an1. Auf dem Betrieb des Unternehmens des Inhabers beruht der Erfolg aus Umsatzgeschäften, aus Wertveränderungen im Umlaufvermögen2, aus Verjährung von Geschäftsverbindlichkeiten sowie aus Sanierungsverzichten von Gläubigern3. Auch an Wertveränderungen infolge von Währungsumstellungen hat die Rechtsprechung den typischen stillen Gesellschafter partizipieren lassen, weil auch sie mittelbar dem Betrieb des Handelsgewerbes zuzurechnen sind4.
14.44
Nicht zum Betrieb des Unternehmens gehört die Veräußerung desselben. Gewinne und Verluste gegenüber dem Buchwert (stille Reserven, Firmenwert) gehen grundsätzlich nicht zugunsten und zulasten des stillen Gesellschafters. Dies gilt grundsätzlich auch für die Veräußerung von Teilen des Handelsgewerbes. Eine andere Betrachtung ist hingegen geboten, wenn die Größe des Unternehmens eine Veräußerung von einzelnen Unternehmensteilen als üblich erscheinen lässt. Letzteres wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Geschäftsinhaber zu einer solchen Veräußerung gegenüber dem stillen Gesellschafter berechtigt ist. Verletzt der Inhaber durch die Veräußerung des Handelsgewerbes schuldhaft seine gesellschaftsvertragliche Geschäftsführungspflicht gegenüber dem stillen Gesellschafter, so hat er ihm Schadensersatz zu leisten. Die Höhe bestimmt sich gemäß § 252 BGB danach, welcher Gewinn dem stillen Gesellschafter durch die Vertragsverletzung wahrscheinlich entgangen ist. Hierbei ist eine etwaige Kündigungsmöglichkeit des Inhabers ebenso zu berücksichtigen wie das nach allgemeinen Grundsätzen zu berechnende Auseinandersetzungsguthaben, das dem still Beteiligten nach einer Auflösung der stillen Gesellschaft zugestanden hätte5.
14.45
Keinen Anteil hat der stille Gesellschafter grundsätzlich zudem an marktbedingten Werterhöhungen und -minderungen im Anlagevermögen6. Diese stehen nach h.A. nicht in hinreichendem Zusammenhang mit dem Handelsgewerbe des stillen Gesellschafters. Die Ungleichbehandlung gegenüber marktbedingten Wertveränderungen im Umlaufvermögen wird damit begrün1 Allg. Meinung: K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 5; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 337 HGB Anm. 6; Horn in Heymann, § 232 HGB Rn. 3. 2 RG v. 18. 4. 1901 – VI 53/1901, JW 1901, 404 (405); K. Schmidt in Schlegelberger, 5. Aufl. 1992, § 232 HGB Rn. 4. 3 RG v. 17. 4. 1928 – II 342/27, RGZ 120, 410 (412); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 7 f.; Horn in Heymann, § 232 HGB Rn. 3; a.A.: Koller in Koller/Roth/ Morck, § 232 HGB Rn. 3. 4 RG v. 17. 4. 1928 – II 342/27, RGZ 120, 410 (412); BGH v. 11. 7. 1951 – II ZR 45/50, BGHZ 3, 75 (81); BGH v. 30. 1. 1952 – II ZR 200/51, BGHZ 4, 364 (367); zustimmend K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 7 f.; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 19. 5 Zur Rechtslage bei unzulässiger Veräußerung des Handelsgewerbes durch den Inhaber vgl. allgemein Habersack, JuS 1989, 739. 6 A.A. hierzu Schulze-Osterloh in FS Kruse, S. 377 (379), der davon ausgeht, dass grundsätzlich auch Wertveränderungen im Anlagevermögen bei der Ermittlung des Ausgangsbetrages für die Ergebnisverteilung Berücksichtigung finden. Im Einzelfall gelangen aber beide Ansichten oftmals zu gleichen Ergebnissen.
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det, dass dieses ohne besondere Vereinbarung Gegenstand der Gewinn- und Verlustgemeinschaft zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter sei, während davon beim Anlagevermögen nicht ohne weiteres ausgegangen werden könne1. Der stille Gesellschafter partizipiert deswegen an der Veräußerung von Anlagevermögen nur insoweit, als dies zur Betriebstätigkeit des Inhabers gehört. Ob hierzu der Austausch alter Maschinen gegen neue gerechnet werden kann, wird unterschiedlich beurteilt2, sollte aber bejaht werden. Grundstücksveräußerungen werden hingegen in aller Regel nicht von der Betriebstätigkeit umfasst3. Grundsätzlich ist der typische stille Gesellschafter auch nicht am Firmenwert beteiligt. Der grundsätzliche Ausschluss des stillen Gesellschafters von Wertveränderungen des Anlagevermögens und des Firmenwertes erfährt eine gewichtige Einschränkung: Immer muss die Wertveränderung ihre Ursache außerhalb des Handelsgewerbes des Inhabers haben. Betriebsbedingte Wertänderungen sind hingegen auch gegenüber dem stillen Beteiligten relevant4. So vermindern Abschreibungen für Abnutzungen auch im Anlagevermögen seinen Gewinn, nicht aber außerplanmäßige Abschreibungen auf den niedrigeren Wert (§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB5, soweit sie auf ein Sinken der Marktpreise zurückzuführen sind6. Umgekehrt gilt, dass Mehrwerte, die erst durch die Aufwendung von Gesellschaftsmitteln geschaffen wurden, auch dem stillen Gesellschafter gebühren7. In der viel zitierten Entscheidung des Reichsgerichts vom 17. 4. 1928 heißt es hierzu: „Ohne Frage nimmt der stille Gesellschafter an den Wertsteigerungen der während der Dauer der Gesellschaft und mit ihren Mitteln erworbenen oder verbesserten Anlage-Gegenstände teil“8. Gleiches muss auch für den Firmenwert gelten. Zu solchen Werterhöhungen sind die Bebauung eines Grundstücks aus Gesellschaftsmitteln und unter Umständen auch die planmäßige, langfristig gedachte Erhöhung des Firmenwertes durch Werbeaufwendungen zu zählen9.
1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 5 ff. 2 Dafür Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 11; für den Regelfall dafür Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 11; für den Regelfall dagegen Hopt in Baumbach/Hopt, § 232 HGB Rn. 1. 3 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 22; unklar aber § 86 Rn. 23 f. 4 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 21 f.; Horn in Heymann, § 232 HGB Rn. 2, § 235 HGB Rn. 11, vgl. aber auch § 235 HGB Rn. 12. 5 Für Geschäftsjahre, die vor dem 1. 1. 2010 beginnen, finden sich die außerplanmäßigen Abschreibungen auf dem niedrigeren Wert in § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB a.F. 6 A.A. offenbar Koller in Koller/Roth/Morck, § 232 HGB Rn. 3. 7 RG v. 17. 4. 1928 – II 342/27, RGZ 120, 410 (411); OLG Frankfurt v. 15. 3. 2001 – 12 U 214/99, NZG 2001, 696; Hopt in Baumbach/Hopt, § 232 HGB Rn. 1. 8 RG v. 17. 4. 1928 – II 342/27, RGZ 120, 410 (411). Zu dem Geschäftswert äußert sich das RG nicht. 9 Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 337 HGB Anm. 6; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 26.
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Die genaue Abgrenzung, was von der Betriebstätigkeit umfasst wird, kann Schwierigkeiten bereiten1. Dies rechtfertigt allerdings nicht die generelle Aufgabe der Unterscheidung zwischen betriebsbedingten und unternehmensexternen Erfolgen2. Maßgeblich sind vielmehr die gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter. Sie sind an Hand der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Ist z.B. das Anlagevermögen oder der Firmenwert erst durch die Einlage des stillen Gesellschafters vom Inhaber erworben worden, so ist dies ein Indiz dafür, dass der stille Gesellschafter auch an allen Wertveränderungen des entsprechenden Gegenstandes teilnimmt3.
14.48
Neben der Frage, welche Erträge und Aufwendungen genau von der Betriebstätigkeit des Inhabers erfasst werden, bereitet im Rahmen der Gewinn- und Verlustberechnung vor allem die Frage Schwierigkeiten, wie der abstrakt bestimmte Gewinn des stillen Gesellschafters konkret aus dem Jahresabschluss des Inhabers zu entnehmen ist. Die Erfolgsspaltung, die der Inhaber in seiner Gewinn- und Verlustrechnung vornimmt, ist nämlich nicht mit der Spaltung des Erfolges danach, ob der stille Gesellschafter an ihm teilnimmt oder nicht, identisch. Insbesondere kann nicht das in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesene Betriebsergebnis ohne weiteres als Maßstab für die Erfolgsbeteiligung des stillen Gesellschafters zugrunde gelegt werden, auch wenn der Umfang der Erfolgsbeteiligung gesellschaftsrechtlich als „Betriebsergebnis“ bezeichnet wird. Denn unter dem Betriebsergebnis wird bilanzrechtlich nicht das Gleiche verstanden wie gesellschaftsrechtlich4. So fallen z.B. Erträge und Aufwendungen aus der Gewährung oder Aufnahme von Krediten nicht unter den Begriff des Betriebsergebnisses im bilanzrechtlichen Sinne, sie sind vielmehr als „sonstige Zinsen und ähnliche Erträge“ bzw. „Zinsen und ähnliche 1 Eine eher weite Auffassung der Betriebstätigkeit vertritt insbesondere Bezzenberger/ Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 8 ff., 21 f. 2 So aber insbesondere Zinkeisen, Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, S. 46, und neuerdings wieder S. Wachter, Gewinnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, S. 87. S. Wachter möchte deswegen konsequenterweise den stillen Gesellschafter auch an der Auflösung von stillen Reserven beteiligen, soweit sie vor Eingehen der stillen Gesellschaft gelegt wurden, Wachter, Gewinnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, S. 102 Fn. 271. Gerade insoweit weicht er aber wesentlich von der hier vertretenen Auffassung ab. Entscheidend gegen die Ansicht von Wachter spricht, dass ohne besondere vertragliche Vereinbarung nicht anzunehmen ist, dass der Inhaber durch das Eingehen der stillen Gesellschaft dem stillen Gesellschafter einen Teil des Wertes der zu diesem Zeitpunkt in dem Handelsgeschäft vorhandenen stillen Reserven übertragen will. Dies ergibt sich schon daraus, dass regelmäßig weder Inhaber noch stiller Gesellschafter sich zu diesem Zeitpunkt darüber Klarheit verschaffen, inwieweit stille Reserven im Handelsgeschäft vorhanden sind. 3 RG v. 11. 11. 1930 – II 102/30, HRR 1931 Nr. 527; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 9. 4 Zutreffend Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 8 f.; so auch Wachter, Gewinnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, S. 48 f., zu den betriebswirtschaftlichen Schwierigkeiten bei der Erfassung des Betriebsergebnisses vgl. Coenenberg, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, S. 628 ff.
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Aufwendungen“ Teil des Finanzergebnisses. Gleichwohl partizipiert an ihnen der stille Gesellschafter1. Andererseits gehören Erträge und Aufwendungen aus dem Verkauf von Gegenständen des Anlagevermögens handelsbilanzrechtlich zum Betriebsergebnis, sofern sie nicht unter außergewöhnlichen Umständen stattfinden, wie z.B. bei der Schließung ganzer Unternehmensteile. Keinen Niederschlag findet schließlich im Jahresabschluss die Unterscheidung, ob Buchgewinne auf eine Veränderung der Marktlage oder darauf zurückzuführen sind, dass die vorangegangenen Abschreibungen für Abnutzung den tatsächlichen abnutzungsbedingten Werteverzehr übertroffen haben. Im letzteren Falle gebührte – nimmt man die oben dargestellte Unterscheidung nach der Herkunft des Erfolges ernst – ein Teil des Buchgewinns dem stillen Gesellschafter. Aus den dargestellten Beispielen ergibt sich, dass der Gewinn und Verlust des typischen stillen Gesellschafters nicht aus dem Jahresabschluss exakt abzulesen ist2. 3. Jahresergebnis des Inhabers als Grundlage für die Gewinnberechnung Eine exakte Berechnung des Gewinns und Verlustes des typischen stillen Gesellschafters erforderte im Grunde deswegen eine gesonderte Buchhaltung beim Inhaber. Dieser Aufwand wird aber in der Praxis nicht getätigt und entspricht auch nicht dem mutmaßlichen Willen des Inhabers und des stillen Gesellschafters. Vielmehr ist davon auszugehen, dass in der Praxis der Gewinn und Verlust auch des typischen stillen Gesellschafters häufig schlicht auf Grundlage des Jahresergebnisses des Inhabers ohne Differenzierung nach der Herkunft des Ergebnisses errechnet wird3. Abweichungen von einer solchen Praxis sind insbesondere dann gerechtfertigt, wenn in dem Jahresergebnis offensichtlich in erheblichem Maße Gewinne enthalten sind, die nur dem Inhaber zustehen. Dies ist z.B. der Fall, wenn durch den Verkauf des Geschäftsgebäudes in hohem Maße stille Reserven aufgedeckt werden.
14.49
Wird der Gewinn und der Verlust des typischen stillen Gesellschafters jährlich ausgezahlt, ohne dass eine Differenzierung nach der Herkunft des Erfolges vorgenommen wird, stellt sich schließlich die Frage, ob diese Gewinnverteilung endgültig ist oder eine nachträgliche Korrektur im Rahmen der Auseinandersetzung nach Auflösung der stillen Gesellschaft erfolgt4. Bei einer endgültigen Gewinnverteilung erhält der stille Gesellschafter im Rahmen der Auseinandersetzung nur sein Einlageguthaben und eventuell weitere vorhandene Forderungen gegen den Inhaber in Höhe des jeweiligen Buchwertes ausgezahlt. Dies macht die Auseinandersetzung einfach, entspricht aber regelmäßig nicht dem Interesse des stillen Gesellschafters. In diesem Fall sind nämlich die während des Bestehens der stillen Gesellschaft zu seinen Lasten gelegten stillen Reser-
14.50
1 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 9. 2 So auch Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 11; Wachter, Gewinnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, S. 62. 3 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 7; Sudhoff, NJW 1960, 2121 (2123); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 40. 4 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 7.
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ven für ihn endgültig verloren. Dies wiegt umso schwerer, als der Inhaber in weitem Maße den Umfang der stillen Thesaurierung beeinflussen kann. Angesichts dieser Manipulationsmöglichkeiten durch den Inhaber kann ohne besondere vertragliche Vereinbarung nicht davon ausgegangen werden, dass eine solche endgültige Gewinnverteilung von dem stillen Gesellschafter bei Eingehen der Beteiligung gewollt war1. Regelmäßig hat deswegen bei der typischen stillen Gesellschaft eine Korrektur der vorangegangenen Gewinnauszahlungen im Rahmen der Auseinandersetzung zu erfolgen.
14.51
Für die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens gelten grundsätzlich dieselben Überlegungen wie für die jährliche Gewinn- und Verlustberechnung. Die Schwierigkeiten einer genauen Berechnung bleiben deswegen die gleichen. Dennoch ist eine rückblickende Korrektur einer jährlichen vorzuziehen, da sie die Gesamtentwicklung des Unternehmens eher erfasst. Die Bemessung des Auseinandersetzungsanspruchs des typischen stillen Gesellschafters wird deswegen auszugehen haben von der Differenz des Geschäftswertes zum Zeitpunkt der Auflösung der stillen Gesellschaft zu dem bei Eingehen der stillen Gesellschaft. Letzterer ist gegebenenfalls zu schätzen2. Die Differenz beider Werte ist je nach vertraglicher Vereinbarung wiederum im Verhältnis der Beiträge des Inhabers zu der des stillen Gesellschafters bei der Auseinandersetzung zu verteilen. Die Umstände des Einzelfalls können einen Auf- oder Abschlag rechtfertigen.
V. Auszahlung des Gewinnanteils 1. Der Auszahlungsanspruch des stillen Gesellschafters
14.52
Wann der Anspruch des stillen Gesellschafters auf seinen Gewinnanteil entsteht, ist in § 232 Abs. 1 HGB nicht ausdrücklich geregelt. Zwar ist das Ergebnis eines Geschäftsjahres schon am Bilanzstichtag verursacht, der daraus resultierende Gewinn oder Verlust des Inhabers hängt aber wesentlich von der Ausübung von Wahlrechten und Beurteilungsspielräumen bei der Aufstellung der Bilanz ab. Bevor diese Entscheidungen nicht getroffen sind, ist somit der gewinnabhängige Anspruch des stillen Gesellschafters seiner Höhe nach noch nicht entstanden3.
14.53
In Ausnahme davon sind die Gewinnansprüche des stillen Gesellschafters jeweils in dem Jahr zu aktivieren, in dem der Gewinn bei dem Inhaber erwirtschaftet wurde, wenn zwischen beiden Personenidentität, also eine wirtschaft1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 18, § 235 HGB Rn. 24; Sudhoff, NJW 1960, 2121 (2126). 2 Vgl. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 27. 3 So auch Döllerer, DStR 1984, 833; Costede, StbKRep 1987, 254; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 380 ff.; offen gelassen von BFH v. 19. 2. 1991 – VIII R 106/87, BB 1991, 1301; a.A. BFH v. 11. 10. 1968 – III 246/64, BStBl. II 1969, 123 = BFHE 94, 261 ff.; BFH v. 16. 2. 1979 – III R 37/77, BStBl. II 1979, 278 = BFHE 127, 56 ff.; Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 23: Entstehung des Anspruchs ohne weiteres zum Bilanzstichtag.
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liche Einheit, besteht. Das ist auch dann der Fall, wenn der Stille seine Bilanz vor der des Inhabers erstellt. Die Bestimmbarkeit der Höhe des Gewinnanspruchs steht dann seiner Feststellung gleich1. Der Auszahlungsanspruch wird spätestens mit der Berechnung des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinnanteils fällig. Verzögert der Inhaber die Abrechnung, so gilt als Fälligkeitstag der Zeitpunkt, zu dem er den Gewinn bei ordnungsmäßigem Geschäftsgang hätte berechnen können2.
14.54
Schließt eine OHG mit einem Dritten einen stillen Gesellschaftsvertrag ab, so kann der stille Gesellschafter seinen Gewinnanspruch nicht nur gegen die Gesellschaft, sondern auch gegen die einzelnen Gesellschafter unmittelbar geltend machen. Die Ansprüche, die dem stillen Gesellschafter gegen die Personengesellschaft aus dem stillen Gesellschaftsverhältnis zustehen, beruhen auf einem Rechtsverhältnis, das diese mit ihm als einem Dritten abgeschlossen hat. Für die Verpflichtungen aus diesem Rechtsverhältnis kommt die allgemeine Haftungsvorschrift des § 128 HGB zur Anwendung. Der stille Gesellschafter ist nicht Mitgesellschafter der einzelnen Mitglieder der Personengesellschaft; er steht mit ihnen als Einzelperson nicht in einem unmittelbaren Gesellschaftsverhältnis. Folglich haften diese ihm auch nicht aus ihrem Gesellschaftsverhältnis untereinander, sondern aus einem Rechtsgeschäft, das sie namens ihrer Gesellschaft mit dem stillen Gesellschafter abgeschlossen haben3.
14.55
Der Auszahlungsanspruch erlischt nicht mit der Feststellung der nächsten Jahresbilanz. Da § 122 HGB auf die stille Gesellschaft keine Anwendung findet, kann der stille Gesellschafter auch dann Auszahlung verlangen, wenn die Liquidität des Inhabers dadurch in Mitleidenschaft gezogen wird. Sein Auszahlungsanspruch kann aber durch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht eingeschränkt werden, z.B. wenn die Geltendmachung des Zahlungsanspruchs der Gesellschaft zum offenbaren Schaden gereichte4.
14.56
Erfüllungsort für die Auszahlung des anteiligen Gewinns ist der Ort der gewerblichen Niederlassung des Inhabers; dieser ist verpflichtet, den Gewinnanteil dem stillen Gesellschafter zu übersenden (§§ 269, 270 BGB).
14.57
Der Anspruch des stillen Gesellschafters auf den Gewinnanteil ist abtretbar (§ 717 BGB), pfändbar und verpfändbar. Der neue Gläubiger kann jedoch Zahlung erst nach Eintritt der Fälligkeit, d.h. nach Vornahme der Berechnung durch den Inhaber, verlangen.
14.58
1 BFH v. 19. 2. 1991 – VIII R 106/87, BB 1991, 1301 f. m. Anm. Hoffmann. 2 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 200; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 24; Hopt in Baumbach/Hopt, § 232 HGB Rn. 4; Horn in Heymann, § 232 HGB Rn. 7. 3 BGH v. 11. 1. 1960 – II ZR 69/59, BB 1960, 188. 4 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 22; Hopt in Baumbach/Hopt, § 232 HGB Rn. 4; Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 22.
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14.59
Der fällige Anspruch auf den anteiligen Gewinn ist, wenn der stille Gesellschafter Kaufmann ist, mit 5 % zu verzinsen (§§ 352, 353 HGB), mit Verzugseintritt unabhängig von der Kaufsmannseigenschaft mit 5 % über dem Basiszinssatz (§ 352 Abs. 1 HGB i.V.m. § 288 BGB). Ist ein Verbraucher nicht beteiligt, beträgt der Zinssatz acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
14.60
Der Auszahlungsanspruch verjährt nach § 195 BGB in drei Jahren1. 2. Auszahlungsanspruch und Einlage des stillen Gesellschafters
14.61
Der stille Gesellschafter kann Auszahlung auch verlangen, wenn er seine Einlage noch nicht bewirkt hat. Ist die Einlageforderung fällig, so kann der Inhaber gegen den Gewinnauszahlungsanspruch des stillen Gesellschafters aufrechnen oder, wenn die Einlage nicht in einer Geldleistung besteht, den Gewinn zurückbehalten (§ 273 BGB).
14.62
Die Auszahlung des Gewinnanteils kann so lange nicht verlangt werden, wie das Einlageguthaben des stillen Gesellschafters durch Verluste unter die vertragsmäßige Höhe gesunken ist. In diesem Fall ist der Gewinn zunächst zur Auffüllung der Einlage zu verwenden. Da die Vermögenseinlage nur im Verhältnis der beiden Gesellschafter zueinander Bedeutung hat, kann eine Gewinnauszahlung auch erfolgen, wenn sie durch Verlust vermindert ist. Die Gläubiger des Inhabers können das nicht verhindern. Gegebenenfalls haben sie das Insolvenzanfechtungsrecht aus § 136 InsO (vgl. Rn. 17.75 ff.).
14.63
Wird dem stillen Gesellschafter irrtümlich ein Gewinnanteil ausgezahlt, obwohl sein Einlagekonto in der Bilanz des Inhabers durch Verlust gemindert war, muss er ihn auf Verlangen des Inhabers zurückzahlen. Gleiches gilt, wenn die Bilanz des Inhabers zu Unrecht Gewinne ausgewiesen hatte, die dann an den stillen Gesellschafter ausgezahlt wurden. § 172 Abs. 5 HGB kann nicht in analoger Anwendung zum Schutze des stillen Gesellschafters eingreifen. Nach h.A. wird durch ihn allenfalls eine direkte Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern ausgeschlossen, nicht hingegen aber eine interne Rückzahlungspflicht gegenüber der Kommanditgesellschaft2. Gerade um die interne Rückzahlungspflicht gegenüber dem Inhaber geht es aber bei der stillen Gesellschaft. Hingegen sind zu Recht bezogene oder gutgeschriebene Gewinnanteile beim Eintritt späterer Verluste nicht zurückzuzahlen, § 232 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 HGB.
14.64
Die Auszahlung des Gewinnanteils kann im Gesellschaftsvertrag näher geregelt werden, etwa durch die Vereinbarung, dass sie dem Inhaber nicht zum Schaden gereichen darf oder dass der Gewinnanteil ganz oder teilweise zur Deckung der rückständigen Vermögenseinlage zu verwenden ist. Im letzteren Fall bildet der Gewinn einen Teil der Vermögenseinlage, die zur Deckung spä1 Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 24; BGH v. 6. 4. 1981 – II ZR 186/80, BGHZ 80, 357. 2 Horn in Heymann, § 172 HGB Rn. 23; Hopt in Baumbach/Hopt, § 172 HGB Rn. 9; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, §§ 171, 172 HGB Rn. 93 f.
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terer Verluste herangezogen werden kann. Soweit im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist, beschränken sich die Ansprüche des stillen Gesellschafters auf die Zahlung seines anteiligen Gewinns. Es kann ihm aber auch das Recht eingeräumt werden, sich alljährlich einen bestimmten Betrag seines Einlagekontos – meist in Form einer nach dessen Stand berechneten Kapitaldividende – auszahlen zu lassen. Die Entnahme ist, soweit sie höher als der auf ihn entfallende Gewinnanteil ist, von dem Einlagekonto abzubuchen. Es liegt insoweit eine teilweise Rückgewähr der Einlage vor, die im Konkurs des Inhabers ein Anfechtungsrecht aus § 136 InsO begründet (vgl. Rn. 17.75 ff.). Hat der stille Gesellschafter seine Einlage vollständig geleistet und ist das Einlagekonto nicht durch Verluste geschmälert, so kann ein weiterer Gewinnanteil dem Einlagekonto nur gutgeschrieben werden, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist (§ 232 Abs. 3 HGB). Eine solche Vereinbarung kann auch stillschweigend getroffen werden; so z.B. wenn der anteilige Gewinn mit Wissen des stillen Gesellschafters dem Einlagekonto gutgeschrieben oder wenn ihm auf diesen Betrag eine Vorzugsdividende ausgezahlt wird. Es liegt dann eine im beiderseitigen Einverständnis vorgenommene nachträgliche Erhöhung der anfänglich übernommenen Einlage vor1.
14.65
Sind dagegen keine besonderen Vereinbarungen getroffen worden, ist der nicht ausgezahlte Gewinnanteil des stillen Gesellschafters wie eine reine Gläubigerforderung zu behandeln. Der Gewinnanspruch ist ihm auf einem besonderen Konto (Darlehenskonto) gutzuschreiben und steht ihm ohne Rücksicht auf spätere Verluste, die nur vom Einlagekonto abgebucht werden, jederzeit zur Auszahlung zur Verfügung. Besonderheiten können sich in diesem Zusammenhang für typische stille Gesellschafter einer GmbH bzw. GmbH & Co. KG sowie für GmbH-Gesellschafter, die gleichzeitig am Unternehmen der GmbH still beteiligt sind, ergeben. Lassen sie ihren Gewinnanteil in einer wirtschaftlichen Krisensituation des Unternehmens stehen, müssen sie damit rechnen, dass die stehen gelassenen Gewinne unter bestimmten Voraussetzungen als insolvenzrechtlich relevante Gesellschafterdarlehen angesehen werden (vgl. Rn. 17.17 ff.)2. Nach der Änderung des GmbH-Rechts durch das MoMiG werden Gesellschafterdarlehen ausschließlich insolvenzrechtlich beurteilt. Es kommt nun nicht mehr darauf an, dass der stehen gelassene Gewinnanspruch kapitalersetzend war, sondern lediglich darauf, dass der atypisch stille Gesellschafter sich diesen Anspruch innerhalb eines Jahres vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat auszahlen lassen, vgl. § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO n.F.
14.66
1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 28. 2 Vgl. BGH v. 7. 11. 1994 – II ZR 270/93, BGHZ 127, 336 m.w.N.; BGH v. 13. 2. 2006 – II ZR 62/04, GmbHR 2006, 531; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 172a HGB Rn. 35, 60; Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 25.
323
§ 14
Verteilung von Gewinn und Verlust
VI. Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters 1. Gesetzliche Regelung
14.67
Im Gesellschaftsvertrag kann bestimmt werden, dass der stille Gesellschafter nicht am Verlust beteiligt sein soll (§ 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB). Der Verlustausschluss kann sich auch aus den Umständen ergeben. Ist dem stillen Gesellschafter z.B. ein Mindestgewinn garantiert, so bedeutet das, dass er am Verlust nicht teilnimmt. Die Vereinbarung, dass er bei Beendigung der Gesellschaft seine Einlage voll zurückerhalten soll, kann nach dem Willen der Beteiligten Ausschluss der Verlustbeteiligung sein. Die Vereinbarung kann aber auch dahin auszulegen sein, dass der Ausschluss der Verlustbeteiligung nur im Rahmen der Endabrechnung, nicht auch für die einzelnen Jahre der Dauer der stillen Gesellschaft gewollt ist (vgl. Rn. 7.38 ff.).
14.68
Wo die Verlustbeteiligung weder vertraglich noch stillschweigend ausgeschlossen ist, richtet sich der Verlustanteil in erster Linie nach dem Gesellschaftsvertrag. Enthält dieser keine Bestimmungen, gilt ein den Umständen nach angemessener Anteil als bedungen (§ 231 Abs. 1 HGB). Ist nur der Anteil am Gewinn bestimmt, so gilt die Bestimmung im Zweifel für Gewinn und Verlust (§ 722 Abs. 2 BGB). 2. Regelung im Gesellschaftsvertrag
14.69
Wie bei der Bemessung des Gewinnanteils sind die Beteiligten bei der Festlegung des anteiligen Verlustes keinen Beschränkungen unterworfen (vgl. Rn. 7.38 ff., 14.3 ff.).
14.70
Der stille Gesellschafter nimmt am Verlust nur bis zum Betrag seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage teil, § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB. Er hat insoweit dieselbe rechtliche Stellung wie der Kommanditist (§ 167 Abs. 3 HGB). Der auf ihn entfallende Verlustanteil wird von seinem Einlagekonto abgeschrieben. Das kann dazu führen, dass das Einlageguthaben passiv wird. Insoweit verliert der stille Gesellschafter das Recht auf Rückzahlung seiner Vermögenseinlage. Anders ist es bei Dienstleistungen und Gebrauchsüberlassungen, die auf dem Einlagekonto nicht gutgebracht worden sind (vgl. Rn. 6.31 ff.). In diesen Fällen braucht der stille Gesellschafter einen etwaigen Verlust nicht in Geld zu ersetzen. Er haftet nur mit seinen künftigen Gewinnen, nicht auch – bei Gebrauchsüberlassungen – mit dem Wert der überlassenen Sache.
14.71
Solange die Einlage des stillen Gesellschafters durch Verluste gemindert ist, ist der jährliche Gewinn zur Deckung dieses Verlustes zu verwenden, § 232 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 HGB. Auszahlung des Gewinns nach Ausgleichung eines Passivsaldos kann der stille Gesellschafter auch erst dann verlangen, wenn sein Einlagekonto mindestens den auf seine Einlage geleisteten Betrag erreicht.
324
Verteilung von Gewinn und Verlust
§ 14
Dieser ganz h.A.1 wird vereinzelt entgegengehalten, ihre Interpretation des regelmäßigen Parteiwillens sei zu generell, vielmehr müsse von Fall zu Fall geprüft werden, „ob die Gesellschafter beabsichtigen, dem stillen Partner das Risiko aufzubürden, unter Umständen jahrelang keinerlei Gewinn zu erhalten, obwohl das Handelsgeschäft seines Partners gewinnbringend arbeitet, nur weil in einer vorausgegangenen Geschäftsperiode die Verlustanteile wesentlich höher waren als die geleistete Vermögenseinlage“2.
14.72
Hierbei handelt es sich um die Konsequenz der Verlustbeteiligung vergangener Jahre. Es wird insoweit nicht generell interpretiert, sondern gerade das gewollte Verlustrisiko verwirklicht, wenn der stille Gesellschafter mit seinem Anteil am künftigen Gewinn an der Deckung früherer Verluste teilnimmt3. Das bedeutet aber nicht, dass der stille Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zum Ausgleich eines danach bestehenden Passivsaldos verpflichtet ist. Es kann auch vereinbart werden, dass der stille Gesellschafter über seine Einlage hinaus am endgültigen Verlust beteiligt sein soll. Der stille Gesellschafter muss dann bei der Auflösung der Gesellschaft in Höhe des übernommenen Betrags dem Inhaber Zahlung leisten und insoweit auch einen Passivsaldo ausgleichen. Die Deckungspflicht kann bei entsprechenden Vereinbarungen im Innenverhältnis auch so weit gehen, dass der stille Gesellschafter sich verpflichtet, uneingeschränkt für etwaige Verluste einzustehen4. Eine solche uneingeschränkte Nachschusspflicht während oder nach Beendigung der Gesellschaft gilt aber noch nicht dann als vereinbart, wenn im Gesellschaftsvertrag einer atypisch stillen Gesellschaft bestimmt ist, dass der „stille Gesellschafter im Verhältnis am Verlust uneingeschränkt teilnimmt, jedoch unbeschadet seiner nur auf die Einlage beschränkten Haftung nach außen“5. Hierdurch wird das Haftungsprivileg des stillen Gesellschafters nach § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB noch nicht abbedungen. Mit einer solchen Vereinbarung wird lediglich bestimmt, dass durch entsprechende Belastung des Kapitalkontos des stillen Gesellschafters dessen künftige Gewinnquoten geschmälert werden. Soll eine schwerwiegende, wirtschaftlich der Haftung eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters gleichkommende Verlusttragungspflicht des stillen Gesellschafters gewollt sein, so bedarf es einer ausdrücklichen Verpflichtungserklärung6.
1 Vgl. Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 48; Zutt in GroßKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 29; Horn in Heymann, § 232 HGB Rn. 10; Fichtelmann, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 38; aus der Rechtsprechung OLG Karlsruhe v. 19. 2. 1986 – 6 U 111/85, ZIP 1986, 917. 2 Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 86 ff. 3 Wie hier K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn. 32; OLG Karlsruhe v. 19. 2. 1986 – 6 U 111/85, ZIP 1986, 917. 4 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 12, 176; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rn. 49; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 77 f.; OLG Karlsruhe v. 19. 2. 1986 – 6 U 111/85, ZIP 1986, 917. 5 OLG Karlsruhe v. 19. 2. 1986 – 6 U 111/85, ZIP 1986, 918. 6 OLG Karlsruhe v. 19. 2. 1986 – 6 U 111/85, ZIP 1986, 918; BGH v. 17. 3. 1966 – II ZR 282/63, NJW 1966, 1309.
325
14.73
§ 14
Verteilung von Gewinn und Verlust
VII. Zusammenfassung
14.74
Für die Verteilung von Gewinn und Verlust ist in erster Linie der Gesellschaftsvertrag maßgebend. Die gesetzlichen Vorschriften greifen nur ein, wenn es an einer vertraglichen Regelung fehlt. Anders als bei der offenen Handelsgesellschaft sind Gewinn und Verlust nicht nach Köpfen, sondern in einem den Umständen nach angemessenen Verhältnis zu verteilen. Die Verteilung von Gewinn und Verlust in der stillen Gesellschaft bestimmt sich nach einer internen Rechnungslegung, die vom Inhaber durchzuführen ist. Als Grundlage der Gewinn- und Verlustberechnung kann gesellschaftsvertraglich entweder der handels- oder der steuerrechtliche Jahresabschluss des Inhabers bestimmt werden. In beiden Fällen sind Korrekturrechnungen vorzunehmen. Der stille Gesellschafter nimmt nur an dem Erfolg teil, der aus dem Betrieb des Handelsgewerbes stammt, an dem die stille Beteiligung besteht. An Werterhöhungen und Wertminderungen des Anlagevermögens sowie des Firmenwertes partizipieren typische stille Gesellschafter hingegen nicht, soweit diese Änderungen auf betriebsexternen Ursachen beruhen. Werden zulasten des Gewinns während der stillen Gesellschaft stille Reserven gelegt, so ist dies bei Berechnung des Abfindungsguthabens des stillen Gesellschafters angemessen zu berücksichtigen. Vertraglich kann vereinbart werden, dass der stille Gesellschafter atypisch an jeder Vermögensänderung des Handelsgeschäftes teilnimmt. Was für die Berechnung des anteiligen Gewinns gilt, gilt sinngemäß für die Berechnung des anteiligen Verlustes, sofern nicht die Verlustbeteiligung durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen ist. Der stille Gesellschafter nimmt am Verlust nur bis zum Betrag seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage teil. Ist die Einlage durch Verluste vermindert worden, müssen künftige Gewinne zunächst zur Wiederauffüllung der Einlage bis zu ihrer anfänglichen Höhe verwendet werden. Erst dann erlangt der stille Gesellschafter seinen Gewinnauszahlungsanspruch wieder. Es handelt sich dabei um dispositives Recht, so dass trotz Minderung der Einlage eine Gewinnausschüttung möglich ist (vgl. aber § 136 InsO).
326
§ 15 Auflösung der stillen Gesellschaft Schrifttum: Blaurock, Uwe, Anmerkung zu BGH v. 7. 2. 1994, EWiR § 230 HGB 1/94, 584; Brandes, Helmut, Die Rechtsprechung des BGH zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts und zur stillen Gesellschaft, WM 1989, 1357; Felix, Günther, Stille Gesellschaft in Recht und Steuer, Bericht der 2. Kölner Trainingstagung der Arbeitskreise für Steuerrecht GmbH, 1972; Flume, Werner, Die werdende juristische Person, in Festschrift für E. Geßler, 1971, S. 3 f.; Geck, Reinhard, Die Auflösung der stillen Gesellschaft unter besonderer Berücksichtigung der Auseinandersetzung, DStR 1994, 657; Glenk, Hartmut, Die typische stille Beteiligung an einer GmbH aus Sicht des Gesellschaftsrechts, INF 1995, 176; Glenk, Hartmut, Die atypische stille Beteiligung an einer GmbH aus Sicht des Gesellschaftsrechts, INF 1995, 401; Gottwald, Peter, Insolvenzrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2006; Hartmann, Bernhard, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983; Knieper, Rolf/Fromm, Hartmut, Erbrecht und Gesellschaftsrecht bei der Gesellschafternachfolge, NJW 1980, 766; Reusch, Peter, Anmerkung zu BGH v. 8. 7. 1992, WuB II H. § 235 HGB, S. 439; Schmidt, Karsten, Das Vollstreckungsund Insolvenzrecht der stillen Gesellschaft, KTS 1977, 1; Schöne, Thorsten, Anmerkung zu BGH v. 7. 2. 1994, WuB II H. § 230, S. 419; Siebert, Wolfgang, Aktuelle Rechtsfragen zur Mitgliedschaft in Personengesellschaften, StbJb. 1955/56, 299 f., 316 f.; Siebert, Wolfgang, Die Nachfolge von Todes wegen in die Mitgliedschaft des Gesellschafters einer Offenen Handelsgesellschaft, NJW 1955, 809; Sudhoff, Heinrich/Sudhoff, Martin, Die stille Beteiligung bei Umwandlung des „Hauptunternehmens“ in eine GmbH oder GmbH & Co, GmbHR 1981, 235; Thiel, Rudolf, Übertragung stiller Reserven, 1965; van Venrooy, Gerd J., Unwirksamkeit der unzeitigen Kündigung in den gesetzlich geregelten Fällen, JZ 1981, 53.
I. Das Wesen der Auflösung Die Auflösung der stillen Gesellschaft – auch in atypischer Gestalt – unterscheidet sich in ihrem Wesen grundlegend von der Auflösung der handelsrechtlichen Personen- und Kapitalgesellschaften. Es sind zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter nur schuldrechtliche Beziehungen abzuwickeln. Eine Liquidation im eigentlichen Sinne findet nicht statt. Das Handelsgeschäft als solches bleibt bestehen und wird in der Regel ohne Veränderung seiner Grundlagen vom Inhaber weitergeführt. Deshalb wird die Auflösung auch nicht in das Handelsregister eingetragen.
15.1
Dass es bei der stillen Gesellschaft – auch bei der atypischen stillen Gesellschaft – nicht zu einer Liquidation im rechtstechnischen Sinne kommt, erklärt sich daraus, dass es kein Gesellschaftsvermögen, keine Gesellschaftsforderungen und keine Gesellschaftsschulden gibt, die im Interesse der Gläubiger in einem besonderen Verfahren abgewickelt werden müssten. Der Inhaber ist und bleibt Eigentümer des Handelsgeschäfts, und er ist und bleibt auch nach der Auflösung der stillen Gesellschaft seinen Gläubigern verhaftet. Er ist demzufolge auch nicht Liquidator; § 147 HGB findet keine Anwendung. Er kann nicht wie ein Liquidator abberufen und durch einen anderen Liquidator ersetzt werden. Kommt er seinen ihm in Ansehung der „Auseinandersetzung“ obliegenden Pflichten nicht ordnungsgemäß nach, so kann der stille Gesellschafter
15.2
327
§ 15
Auflösung der stillen Gesellschaft
seine berechtigten Interessen im Wege einstweiliger Verfügungen sichern lassen und Schadensersatzansprüche geltend machen.
15.3
Im Zeitpunkt der Auflösung hört die stille Gesellschaft auf, ihren bisherigen Gesellschaftszweck, den Betrieb des Handelsgewerbes im ganzen zu gemeinsamem Nutzen, zu verfolgen; entgegen der h.M. besteht sie aber mit dem Zweck der Abwicklung der schwebenden Geschäfte zu gemeinsamem Nutzen fort, bis die Auseinandersetzung abgeschlossen ist1. Sie geht nicht sofort unter, sondern besteht als Abwicklungsgesellschaft weiter2, wobei sich die gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten der Beteiligten entsprechend dem veränderten Zweck anpassen. Die Gesellschafter sind nicht mehr verpflichtet, den primären Gesellschaftszweck z.B. durch Leistung der Einlage oder Fortführung des Handelsgeschäftes zu fördern, aber sie sind verpflichtet, die schwebenden Geschäfte abzuwickeln, das Endguthaben des Stillen zu ermitteln und dieses auszuzahlen oder einen etwaigen Passivsaldo zu decken. Da der primäre Gesellschaftszweck fortgefallen ist, erlöschen bestehende Wettbewerbsverbote. Etwaige Geschäftsführungsbefugnisse des stillen Gesellschafters, die auf dem Gesellschaftsvertrag beruhen, gelten zu seinen Gunsten als fortbestehend, bis er von der Auflösung Kenntnis erlangt oder sie kennen muss (§ 729 BGB), es sei denn, die Gesellschaft wurde durch Kündigung aufgelöst.
15.4
Die h.M. nimmt hingegen an, dass die Auflösung der stillen Gesellschaft zugleich deren Vollbeendigung zur Folge hat. Die hierfür vorgetragene Begründung, bei der stillen Gesellschaft sei kein Gesamthandsvermögen abzuwickeln3, ist zwar sachlich richtig, trägt aber nicht den Schluss, dass für den Zeitraum, in dem noch gemeinsame Geschäfte schweben, der stille Gesellschafter nicht noch Rechte aus dem Gesellschaftsvertrag hat. Dies gilt insbesondere für das Informationsrecht aus § 233 HGB4. Die h.M. muss in diesem Fall den stillen Gesellschafter auf ein Einsichtsrecht in die Bücher gemäß § 810 BGB beschränken5.
15.5
Der Stille nimmt nicht mehr am Gewinn und Verlust künftiger Geschäfte teil. Nur am Gewinn und Verlust der zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäfte bleibt er beteiligt (vgl. hierzu Rn. 16.56 ff.). Bestanden zwischen ihm und dem Inhaber auch außergesellschaftliche, individualrechtliche Rechtsbeziehungen (Lieferungs-, Anstellungs-, Miet-, Pacht-, Darlehensverträge), so werden sie durch die Auflösung der stillen Gesellschaft an sich nicht berührt.
1 Ebenso Hopt in Baumbach/Hopt, § 234 HGB Rn. 1; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 174; Horn in Heymann, § 234 HGB Rn. 2, 13; a.A. die h.M. vgl. BGH v. 22. 10. 1990 – II ZR 247/89, DStR 1991, 622; BGH v. 22. 6. 1981 – II ZR 94/80, NJW 1982, 99 (100); Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 261, 284; Koller in Koller/Roth/Morck, § 234 HGB Rn. 13; Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 2; differenzierend K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 1. 2 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 174. 3 So Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 2. 4 Wie hier Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 20. 5 Insofern konsequent OLG Hamburg v. 4. 3. 2004 – 11 U 200/03, NZG 2004, 715 f.
328
Auflösung der stillen Gesellschaft
§ 15
Doch wird besonders bei Dauerschuldverhältnissen im Zweifel davon auszugehen sein, dass sie nach dem Willen der Beteiligten mit der Auflösung der Gesellschaft beendet sein sollen. Es kommt auf die Vereinbarungen und auf den im Wege der Vertragsauslegung zu ermittelnden Willen der Beteiligten an. Sind mehrere Personen nebeneinander still an einem Handelsgewerbe beteiligt, so berührt die Auflösung einer stillen Gesellschaft nicht den Fortbestand der anderen, da diese voneinander unabhängig und hinsichtlich ihrer Existenz selbständig sind. Anderes gilt jedoch, wenn ausnahmsweise eine mehrgliedrige stille Gesellschaft vereinbart wurde1.
15.6
Entschließen sich die Gesellschafter, das Gesellschaftsverhältnis trotz Vorliegens eines Auflösungsgrundes aufrechtzuerhalten, so haben sie einander im Zweifel so zu stellen, als ob die Gesellschaft ohne Unterbrechung als werbende fortbestanden habe. Der stille Gesellschafter nimmt dann am Gewinn und Verlust der in der Zwischenzeit abgeschlossenen Geschäfte teil. Betrachtet man die Gesellschaft trotz Eintritts eines Auflösungsgrundes als fortbestehend, so ergibt sich dies von selbst. Nimmt man dagegen automatische Vollbeendigung an, so bedürfte dies einer eigenen Regelung im Gesellschaftsvertrag. Eine stillschweigende Aufrechterhaltung der auf bestimmte Zeit errichteten stillen Gesellschaft nach § 134 HGB ist jedoch nicht schon in der Fortführung des Geschäftsbetriebes durch den Inhaber zu sehen. Die Parteien müssen die Gesellschaft vielmehr als fortbestehend behandeln, vor allem im Hinblick auf die Gewinn- und Verlustbeteiligung2.
15.7
II. Die Auflösungsgründe Die Auflösungsgründe sind im Wesentlichen dieselben wie bei der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§§ 723 ff. BGB). Sie sind im Gesetz nicht abschließend aufgezählt. Es können im Gesellschaftsvertrag beliebige weitere Auflösungsgründe vereinbart werden. Systematisch können die gesetzlich zwingenden von den unter dem Vorbehalt abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelung stehenden Auflösungsgründen unterschieden werden.
15.8
Fortsetzungsklauseln entsprechend § 736 BGB kommen nur bei mehrgliedrigen stillen Gesellschaften in Betracht3. Bei auf Dauer angelegten stillen Publikumsgesellschaften empfiehlt sich ihre Vereinbarung, da ihre Gesellschafter regelmäßig den Bestand der Gesellschaft nicht von einem Auflösungsgrund abhängig machen wollen, der nur die Person eines Gesellschafters betrifft. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung ist deswegen von einer solchen stillschweigenden Fortsetzungsklausel auszugehen4. Im Zweifel gelten die Regelungen
15.9
1 Vgl. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 2; Geck, DStR 1994, 657. 2 Horn in Heymann, § 234 HGB Rn. 4. 3 Goette, Anm. zu BGH v. 13. 11. 1995 – II ZR 235/94, DStR 1996, 31; Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 21. 4 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 74 Rn. 14; vgl. auch § 91 Rn. 38 für die Insolvenz eines Gesellschafters.
329
§ 15
Auflösung der stillen Gesellschaft
über Auflösung und Ausscheiden für Personenhandelsgesellschaften, insbesondere auch § 131 HGB, entsprechend1. 1. Auflösung durch Vereinbarung der Gesellschafter
15.10
Die Gesellschafter können jederzeit beschließen, die Gesellschaft aufzulösen. Der Beschluss braucht die Auflösung nicht für sofort auszusprechen, sondern kann sie für einen bestimmten zukünftigen Zeitpunkt festlegen. Eine Auflösung der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft durch Mehrheitsbeschluss ist nur zulässig, wenn diese Möglichkeit im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. 2. Zeitablauf, Bedingungseintritt, Erreichen und Unmöglichwerden des Zwecks a) Ablauf der im Gesellschaftsvertrag festgelegten Zeit
15.11
Ist die stille Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen, so löst sie sich mit Ablauf der vorgesehenen Zeit auf. Es ist den Beteiligten nicht verwehrt, vor Ablauf der Zeit ihre Fortdauer zu vereinbaren.
15.12
Ist die stille Gesellschaft solcherart zeitlich begrenzt, besteht kein ordentliches Kündigungsrecht. Es lebt aber bei stillschweigender Fortsetzung der Gesellschaft wieder auf, da diese dann nach § 134 HGB als auf unbestimmte Zeit fortgesetzt gilt. Trotz Vereinbarung einer zeitlich begrenzten Dauer des Gesellschaftsvertrags bleibt die Möglichkeit der Kündigung aus wichtigem Grunde bestehen (vgl. Rn. 15.30 ff.)2. Dieses Kündigungsrecht kann vertraglich nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden (§ 234 Abs. 1 Satz 2 HGB, § 723 BGB). Macht der stille Gesellschafter von seinem Recht zur vorzeitigen Kündigung Gebrauch, so können die Gläubiger des Inhabers nicht von ihm Schadensersatz verlangen, weil er durch die vorzeitige Auflösung der Gesellschaft ihnen gegenüber den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt habe – eine Folge der Tatsache, dass zwischen ihm und den Gläubigern des Inhabers keine Rechtsbeziehungen bestehen. b) Eintritt einer im Gesellschaftsvertrag vereinbarten auflösenden Bedingung
15.13
Eine unter einer auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) eingegangene stille Gesellschaft wird mit Bedingungseintritt aufgelöst. c) Erreichen des vereinbarten Zwecks (§ 726 BGB)
15.14
Die Auflösung der stillen Gesellschaft tritt ein, sobald der vertraglich festgesetzte Zweck erreicht ist3. Einer Auflösungsklage bedarf es nicht. Das gilt auch, wenn die Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen und diese 1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 2. 2 Geck, Anm. zu BGH v. 4. 3. 1991 – II ZR 181/90, DStR 1991, 623 (624). 3 Geck, Anm. zu BGH v. 22. 10. 1991 – II ZR 247/89, DStR 1991, 622 (623).
330
Auflösung der stillen Gesellschaft
§ 15
noch nicht abgelaufen ist (z.B. Errichtung einer stillen Gesellschaft zum Zwecke der Ausbeute eines bestimmten Rohstoffvorkommens oder zum Zwecke der Verwertung eines bestimmten Warenlagers). Bei Zweifeln über die Beendigung der Gesellschaft empfiehlt sich Kündigung aus wichtigem Grunde oder Auflösung durch Vereinbarung. d) Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks (§ 726 BGB) Auch hier tritt die Auflösung von selbst ein, mag auch die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Zeit noch nicht abgelaufen sein. Die Unmöglichkeit, den Gesellschaftszweck zu erreichen, stellt einen Wegfall der objektiven Geschäftsgrundlage dar; sie tritt nur ein, wenn das Erreichen des Zwecks vollständig und endgültig unmöglich geworden ist1. Stellt der Geschäftsinhaber sein Handelsgewerbe ein, kann die stille Gesellschaft ihren Zweck – Förderung des Gewerbes – nicht mehr erreichen. Bei nur vorübergehender Einstellung besteht das Gesellschaftsverhältnis fort, solange die Möglichkeit der Wiederaufnahme dieses oder eines entsprechenden Geschäftsbetriebs gegeben ist, mögen auch einzelne Pflichten wie etwa die Pflicht zu einer bestimmten Tätigkeit – weil zur Zeit unausführbar – ruhen.
15.15
Ein Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks liegt insbesondere vor, wenn dem Inhaber erforderliche Genehmigungen oder Erlaubnisse nicht erteilt werden oder das Handelsgeschäft aus rechtlichen Gründen endgültig nicht fortgeführt werden kann.
15.16
Ein Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks liegt auch vor, wenn einem Kreditinstitut, an dem stille Gesellschafter beteiligt sind, die Erlaubnis, Bankgeschäfte zu betreiben, gemäß § 35 Abs. 2 KWG entzogen wird. Bestimmt in diesen Fällen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, dass das Kreditinstitut abzuwickeln ist, so wirkt diese Entscheidung wie ein Auflösungsbeschluss (§ 38 Abs. 1 Satz 2 KWG). Sie führt automatisch auch zur Auflösung der stillen Gesellschaft.
15.17
Nachhaltige Unrentabilität des Handelsgeschäfts bedeutet nicht Unmöglichkeit der Zweckerreichung. Hier ist aber in der Regel ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde gegeben2.
15.18
Subjektives Unvermögen eines Beteiligten steht der objektiven Unmöglichkeit gleich. Ein Verschulden ist nicht erforderlich. In den Fällen der vertragswidrigen Aufgabe, Einstellung oder Veräußerung des Handelsgeschäfts durch den Inhaber, des Einbringens des Unternehmens in eine Kapitalgesellschaft und in ähnlichen Fällen liegt eine vom Inhaber zu vertretende Unmöglichkeit der Erfüllung der gesellschaftsvertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem stillen Gesellschafter vor, die zu Schadensersatzansprüchen führen kann.
15.19
1 BGH v. 23. 5. 1957 – II ZR 250/55, BGHZ 24, 279 (293); BGH v. 12. 7. 1982 – II ZR 157/81, BGHZ 84, 379 (381). 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 16, 49; Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 7; RG v. 28. 1. 1927 – II 25/26, JW 1927, 1350.
331
§ 15
Auflösung der stillen Gesellschaft
3. Kündigung (§ 234 Abs. 1 HGB)
15.20
Die Kündigungsvorschriften, die für die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gelten, passen nicht uneingeschränkt für die stille Gesellschaft, weil der Inhaber des Handelsgeschäfts nicht der Gefahr jederzeitiger Kündigung nach § 723 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgesetzt sein darf. Er muss für längere Zeit mit gleich bleibenden Verhältnissen rechnen können und Zeit haben, sich auf die Auflösung der Gesellschaft und auf die damit verbundene Rückzahlung der Einlage vorzubereiten1. Zweck des § 234 Abs. 1 HGB ist es daher, die ordentliche Kündigung nach den für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften, die Kündigung aus wichtigem Grunde dagegen nach den Vorschriften für die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zu regeln. Bei der ordentlichen Kündigung soll, da der stille Gesellschafter mit dem Handelsgewerbe eines Kaufmanns in Beziehung steht, den kaufmännischen Erfordernissen, insbesondere der Bedeutung des Geschäftsjahrs, Rechnung getragen werden, wohingegen kein Bedürfnis besteht, die bei der offenen Handelsgesellschaft notwendige Auflösungsklage für die stille Gesellschaft zu übernehmen. Deshalb verweist § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB insoweit auf die Regelung des § 723 BGB. a) Die ordentliche Kündigung
15.21
Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ist notwendiges Strukturelement bei Personengesellschaften, die auf unbestimmte Zeit oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangen sind. Jeder Gesellschafter hat das unentziehbare Recht zur Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses, wenn die Voraussetzungen der §§ 132 und 134 HGB gegeben sind. Diese Vorschriften sind unabdingbar. Die Kündigung kann, wenn die Gesellschaft für unbestimmte Zeit eingegangen ist, nur für den Schluss eines Geschäftsjahres erklärt werden; sie muss mindestens 6 Monate vor diesem Zeitpunkt stattfinden (§ 132 HGB). Auch eine Kündigung vor Vollzug der Gesellschaft ist wirksam2. Dasselbe gilt für eine Gesellschaft, die für die Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangen ist oder nach dem Ablauf der für ihre Dauer bestimmten Zeit stillschweigend fortgesetzt wird (§ 134 HGB). Nicht gleichzusetzen ist einer solchen Gesellschaft eine Gesellschaft, die auf bestimmte Zeit eingegangen ist, wenn die Zeit so bemessen wurde, dass sie der mutmaßlichen Lebensdauer eines Gesellschafters gleichkommt oder sie übersteigt3.
15.22
Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige, an den anderen Gesellschafter zu richtende formlose Willenserklärung. Ist eine Gesellschaft Geschäftsinhaber, so ist die Kündigung von der Vertretungsmacht des vertretungsberechtigten Organs gedeckt, da die inneren Rechtsverhältnisse der
1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 44. 2 BGH v. 13. 4. 1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277 m. Anm. H.-F. Müller, WuB II H. § 723 BGB. 3 Hopt in Baumbach/Hopt, § 134 HGB Rn. 3; K. Schmidt in GroßKomm.HGB, § 134 HGB Rn. 33; einschränkend Emmerich in Heymann, § 131 HGB Rn. 5.
332
Auflösung der stillen Gesellschaft
§ 15
Gesellschaft nicht betroffen werden1. Bei Publikumsgesellschaften genügt der Zugang beim Inhaber, seine Vollmacht zur Entgegennahme von Beitrittserklärungen erstreckt sich grundsätzlich auch auf die von Kündigungen2. Das ordentliche Kündigungsrecht kann durch den Gesellschaftsvertrag zwar modifiziert, aber nicht ausgeschlossen werden3; dies ist auch nicht auf Schleich- oder Umwegen, etwa durch praktisch unzumutbare Nachteile für den Kündigenden nach Ausübung seines Rechtes (z.B. Gewinnsperren u.ä.), möglich, da solche Umgehungsbestimmungen entsprechend § 723 Abs. 3 BGB nichtig sind4. Wird daher die Ausübung des Kündigungsrechts im Gesellschaftsvertrag mit wirtschaftlichen Nachteilen verknüpft, die die Kündigung praktisch unmöglich machen, so ist darin ein unzulässiger Ausschluss oder eine unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechts zu sehen; so etwa, wenn bei der atypischen stillen Gesellschaft mit Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters dieser für den Fall der ordentlichen Kündigung nicht an den Rücklagen beteiligt sein oder das Auseinandersetzungsguthaben erst nach einer langen Zeit ausbezahlt erhalten soll. Nichtig ist deshalb auch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall der ordentlichen Kündigung, regelmäßig auch die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots für die Zeit nach dem Ausscheiden5.
15.23
Im Falle des BGH-Urteils v. 19. 1. 19676 hatten die Gesellschafter einer OHG die Beteiligung eines Gesellschafters in der rechtsirrigen Vorstellung, sie könnten diesem durch die Vereinbarung einer auf Lebenszeit unkündbaren stillen Gesellschaft eine Versorgung sichern, in eine stille Beteiligung umgewandelt. Da aber eine auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangene stille Gesellschaft einer auf unbestimmte Zeit eingegangenen Gesellschaft gleichsteht, ist ein auf Lebenszeit abgeschlossener Gesellschaftsvertrag als ein gemäß § 132 HGB jederzeit kündbarer Gesellschaftsvertrag zu behandeln, für den nach der zwingenden Vorschrift des § 723 Abs. 3 BGB die ordentliche Kündigung nicht ausgeschlossen werden kann. In diesem Fall – so führt der BGH aus –, in dem sich die Vertragschließenden in einem gemeinsamen Irrtum über die Rechtslage befunden hätten, könne aber die Kündigung nach den Regeln über das Fehlen der Geschäftsgrundlage für eine bestimmte Zeit unzulässig sein. Es sei daher eine Anpassung des Vertrags an die wirkliche Rechtslage in der Weise geboten, dass eine auf bestimmte Zeit eingegangene stille Gesellschaft angenommen und für diese Zeit die ordentliche Kündigung nicht zugelassen werde.
15.24
1 BGH v. 17. 4. 1989 – II ZR 258/88, WM 1989, 878; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 20. 2 BGH v. 19. 12. 1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 (347). 3 BGH v. 20. 12. 1956 – II ZR 166/55, BGHZ 23, 10; BGH v. 19. 1. 1967 – II ZR 27/65, BB 1967, 309. 4 Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 107; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 47. 5 Zu Abfindungsklauseln vgl. Rn. 10.24 f. 6 BGH v. 19. 1. 1967 – II ZR 27/65, BB 1967, 309.
333
§ 15
Auflösung der stillen Gesellschaft
15.25
Eine für die Dauer der Hauptgesellschaft abgeschlossene gesellschaftsrechtliche Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil kann wie eine für unbestimmte Zeit vereinbarte Unterbeteiligung gekündigt werden, wenn die Dauer der Hauptgesellschaft weder zeitlich noch durch ihren Zweck begrenzt und deshalb ungewiss ist1.
15.26
Die Kündigung darf sich aber auch nicht als missbräuchliche Rechtsausübung darstellen, wobei allerdings fraglich ist, ob bei der ordentlichen Kündigung eines Gesellschaftsverhältnisses überhaupt eine missbräuchliche Rechtsausübung angenommen werden kann. Selbst wenn dies bejaht wird, darf auf diese Weise nicht ein praktischer Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts herbeigeführt werden2.
15.27
Eine Ausnahme hierzu findet sich aber im Recht der Publikumspersonengesellschaften. Kündigt der Geschäftsinhaber einer stillen Publikumsgesellschaft einem oder allen stillen Gesellschaftern, so ist die Kündigung nur wirksam, wenn für sie ein sachlicher Grund vorliegt. Die Kündigung des Inhabers unterliegt damit der gerichtlichen Kontrolle im gleichen Umfange, wie wenn ein Komplementär einer Publikumskommanditgesellschaft eine Option zur Übernahme der Kommanditbeteiligungen ausübt3. Eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung, die dem Geschäftsinhaber das einseitige Recht gibt, die kapitalanlegenden stillen Gesellschafter nach freiem Ermessen „hinauszukündigen“ ist deshalb grundsätzlich unwirksam4. Dies ist zum Schutz der Kapitalanleger notwendig, da andernfalls das freie Kündigungsrecht vom Inhaber leicht dazu missbraucht werden könnte, Druck auf unliebsame Gesellschafter auszuüben. Bei einer Publikumsgesellschaft besteht darüber hinaus das erhebliche Risiko, dass der Inhaber sein Kündigungsrecht so ausübt, dass ihm und nicht den Anlegern die Früchte einer erfolgreichen Investition zukommen (hierzu näher unten § 19 „Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft“).
15.28
Die Kündigungsfristen der §§ 132 und 134 HGB können im Gesellschaftsvertrag verlängert oder verkürzt, sie können für den Inhaber und den stillen Gesellschafter verschieden bemessen werden. Fehlt es an der Wahrung der Kündi1 BGH v. 11. 7. 1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 165. 2 BGH v. 20. 12. 1956 – II ZR 166/55, BGHZ 23, 10 (16): Kündigung einer stillen Gesellschaft, die durch Vergleich über erbrechtliche Streitigkeiten zwischen Geschwistern errichtet worden war. Der BGH entschied: „Da die Beklagten erst nach Ablauf von 12 Jahren das Gesellschaftsverhältnis zum Ablauf des 13. Jahres gekündigt haben, kann eine solche Kündigung auch unter Berücksichtigung der Umstände, die der Kläger für den Abschluss des Vergleichs maßgebend bezeichnet hat, … nicht als eine missbräuchliche Rechtsausübung angesprochen werden. Daraus folgt, dass die von den Beklagten ausgesprochene Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses auch nicht nach § 242 BGB als unwirksam angesehen werden kann.“; vgl. Geck, DStR 1994, 657 (659). 3 Vgl. BGH v. 3. 5. 1982 – II ZR 78/81, BGHZ 84, 11 (14 f.); BGH v. 21. 3. 1988 – II ZR 135/87, BGHZ 104, 50 (56 f.). 4 Blaurock, Anm. zu BGH v. 7. 2. 1994 – II ZR 191/92, EWiR § 230 HGB 1/94, 585 (586); Glenk, INF 1995, 401 (404); Horn in Heymann, § 234 HGB Rn. 11.
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gungsfrist, so gilt die Kündigung in der Regel für den nächsten zulässigen Termin. Die Gesellschafter können sie aber auch als rechtzeitig abgegeben gelten lassen. Darin liegt ein Auflösungsbeschluss (vgl. Rn. 15.10) zu dem in der Kündigung angegebenen Termin. Eine ordnungsgemäß ausgesprochene Kündigung kann nicht einseitig zurückgenommen, wohl aber durch Vereinbarung der Beteiligten rückgängig gemacht werden.
15.29
b) Die außerordentliche Kündigung Ist die Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen, so ist die Kündigung vor dem Ablauf der Zeit nur zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ist eine Kündigungsfrist bestimmt, so ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes die Kündigung ohne Einhaltung dieser Frist zulässig (§ 234 HGB, § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB). Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ist sie bereits vor Invollzugsetzung des Gesellschaftsvertrags zulässig, da das Vertragsverhältnis als solches schon mit Vertragsschluss in Kraft tritt und gewisse Rechtswirkungen erzeugt1.
15.30
Die fristlose Kündigung ist stets nur das äußerste Mittel und dann verwehrt, wenn andere zumutbare Möglichkeiten – wie etwa die Neuverhandlung – bestehen, um einen Missstand zu beseitigen2.
15.31
Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn die Fortsetzung der stillen Gesellschaft für den kündigenden Gesellschafter unzumutbar geworden ist, also insbesondere wenn ein Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung verletzt3 oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird. Der wichtige Grund kann in der Person dessen liegen, der von dem Kündigungsrecht Gebrauch macht, aber auch in der Person des anderen Gesellschafters oder in sonstiger Weise gegeben sein. Auch eine unverschuldete Unmöglichkeit kann ein wichtiger Kündigungsgrund sein, ebenso ein Verhalten des Inhabers, das zu berechtigtem Misstrauen gegen seine Tüchtigkeit und Rechtschaffenheit Anlass gibt, auch dauernde Unrentabilität oder die Einstellung des Geschäftsbetriebs (vgl. Rn. 15.15 ff., aber auch Rn. 15.59). Verändert der Inhaber ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters die Gesellschafterstruktur, die wesentlichen Grundlagen seines Handelsgewerbes oder die Rechtsform seines Unternehmens, so ist der stille Gesellschafter zur fristlosen Kündigung berechtigt. Zur Beantwortung der Frage, ob es dem Stillen zumutbar ist, das Gesellschaftsverhältnis in der veränderten Form fortzusetzen, bedarf es grundsätzlich einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und einer umfassenden Interessenabwägung4. Führt die Bindung des Miterben des stillen Gesellschafters, den der Erblasser entspre-
15.32
1 2 3 4
BGH v. 13. 4. 1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277. Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rn. 186. BGH v. 18. 10. 1965 – II ZR 232/63, WM 1966, 29 (31). BGH v. 12. 7. 1982 – II ZR 157/81, BGHZ 84, 379 (382); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 49.
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chend dem Gesellschaftsvertrag zu seinem Nachfolger bestimmt und der das Eintrittsrecht ausgeübt hat, an die Testamentsvollstreckung bzw. gegenüber den Miterben zu Unzuträglichkeiten, die den Mitgesellschaftern nicht zuzumuten sind, so kann dies ein wichtiger Kündigungsgrund sein1.
15.33
Was als wichtiger Grund anzusehen ist, kann im Gesellschaftsvertrag näher geregelt werden. Es kann vereinbart werden, dass die Gründe, die bei der offenen Handelsgesellschaft zur Auflösung gemäß § 133 HGB berechtigen, wichtige Gründe zur fristlosen Kündigung sein oder dass bestimmte Tatsachen einen wichtigen Grund oder keinen wichtigen Grund bilden sollen2. Das Verbot der Beschränkung des Kündigungsrechts in § 723 Abs. 3 BGB nimmt den Gesellschaftern nicht das Recht zu vereinbaren, dass bestimmte Vorfälle den Fortbestand der Gesellschaft nicht in Frage stellen sollen. Allerdings ist der Verzicht auf die außerordentliche Kündigung nach § 723 Abs. 3 BGB nichtig3. Es kann deshalb auch nicht eine Vertragsstrafe oder ein Austrittsgeld für den Fall der Kündigung rechtswirksam vereinbart werden. Zulässig ist dagegen die Vereinbarung, ein Schiedsgericht solle das Vorliegen eines wichtigen Grundes bindend feststellen, weil in der Übertragung der Entscheidung auf das Schiedsgericht keine Beschränkung des Kündigungsrechts liegt. Ebenso erscheint es unbedenklich zu vereinbaren, dass der stille Gesellschafter, der dem Inhaber einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung gegeben hat oder der aus einem in seiner Person liegenden und von ihm zu vertretenden wichtigen Grund fristlos kündigt, nur den Buchwert seiner Vermögenseinlage zurückerhalten, an den stillen Reserven aber nicht beteiligt sein soll.
15.34
Ob ein wichtiger Grund vorliegt, entscheidet im Streitfall das Prozessgericht. Die Grenze der Zumutbarkeit ist dabei weder aufgrund der subjektiven Ansichten des Kündigenden noch derjenigen seines Partners, sondern anhand eines möglichst objektiven Maßstabs festzustellen.
15.35
Die Beweislast für das Vorliegen eines wichtigen Grundes trifft den Kündigenden. Er kann dabei solche Tatsachen nicht geltend machen, die schon vor Abschluss des Gesellschaftsvertrags vorlagen und ihm bekannt waren. Wohl aber kann er sie zur Unterstützung solcher Ereignisse anführen, die sich erst später abgespielt oder herausgestellt haben.
15.36
Auch beim Vorliegen eines wichtigen Grundes darf die Kündigung nicht zur Unzeit erfolgen, es sei denn, dass ein wichtiger Grund gerade auch für die unzeitige Kündigung gegeben ist (§ 723 Abs. 2 BGB). Durch die Kündigung zur Unzeit wird zwar die Gesellschaft aufgelöst4; der Kündigende hat aber dem anderen Teil den ihm entstandenen Schaden zu ersetzen, der den entgangenen Gewinn bis zu dem Tag umfasst, zu dem die reguläre Auflösung der Gesell1 BGH v. 28. 6. 1962 – II ZR 61/61, WM 1962, 1084. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 49 a.E.; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 268. 3 Glenk, INF 1995, 176 (180). 4 H.M., vgl. die Literaturnachweise bei van Venrooy, JZ 1981, 53 Fn. 6; a.A. mit beachtlichen Gründen van Venrooy, JZ 1981, 53 (57).
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schaft hätte herbeigeführt werden können. Auf die Einrede der Kündigung zur Unzeit kann verzichtet werden. Macht der stille Gesellschafter von seinem Recht zur vorzeitigen Kündigung Gebrauch, so können jedoch die Gläubiger des Inhabers nicht von ihm Schadensersatz verlangen, weil er durch die vorzeitige Auflösung der Gesellschaft ihnen gegenüber den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt habe – eine Folge der Tatsache, dass zwischen ihm und den Gläubigern des Inhabers keine Rechtsbeziehungen bestehen. Hat der stille Gesellschafter an den Inhaber eine Sache für bestimmte Zeit unkündbar vermietet, so beendet auch die Kündigung nach § 723 BGB nicht ohne weiteres auch den Mietvertrag (vgl. Rn. 15.5).
15.37
Gelegentlich ist die Frage aufgeworfen worden, ob ein stiller Gesellschafter statt der außerordentlichen Kündigung das Handelsgeschäft ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven übernehmen könne (vgl. §§ 142, 161 HGB). Der Rechtsgedanke dieser Vorschriften passt jedoch nicht auf die Situation bei der stillen Gesellschaft, jedenfalls nicht auf diejenige bei der typischen stillen Gesellschaft, bei der für den Stillen die reine, möglichst Gewinn bringende Kapitalanlage vor der unternehmerischen Initiative den Vorrang hat. Jedoch kann ein derartiges Übernahmerecht vertraglich vereinbart werden1.
15.38
Umstritten sind die Fälle der freien Hinauskündigungsklausel. Früher galt der Grundsatz, dass eine derartige freie Hinauskündbarkeit eines Gesellschafters nach dem Willen eines Gesellschafters nicht zulässig ist2. Diese Rechtsprechung wurde jedoch in den letzten Jahren gelockert, sofern die Hinauskündigung durch besondere Umstände ausnahmsweise sachlich gerechtfertigt ist3. Das hat auch für die stille Gesellschaft Bedeutung: Wird die stille Beteiligung im Zusammenhang mit einer Mitarbeit im Unternehmen des Kaufmannes oder der Handelsgesellschaft gewährt, so ist der Kaufmann bzw. das Vertretungsorgan der Handelsgesellschaft bei Beendigung des (Mit-)Arbeitsverhältnisses im Zweifel zur Kündigung der stillen Beteiligung berechtigt. 4. Kündigung durch einen Privatgläubiger des stillen Gesellschafters (§§ 234, 135 HGB) Unter bestimmten Voraussetzungen hat ein Privatgläubiger des stillen Gesellschafters nach § 135 HGB das Recht, die Gesellschaft unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist zum Ende des Geschäftsjahres zu kündigen, und zwar auch dann, wenn die Gesellschaft auf bestimmte Zeit eingegangen ist. 1 Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 109. 2 BGH v. 7. 2. 1994 – II ZR 191/92, BGHZ 125, 74 (zur atypischen stillen Gesellschaft) m.w.N.; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 54. 3 BGH v. 8. 3. 2004 – II ZR 165/02, NJW 2004, 2013 (zur GbR); BGH v. 19. 9. 2005 – II ZR 173/04, NJW 2005, 3641 (Managermodell/zur GmbH); BGH v. 19. 9. 2005 – II ZR 342/03, NJW 2005, 3644 (Mitarbeitermodell/zur GmbH); BGH v. 19. 3. 2007 – II ZR 300/05, NJW-RR 2007, 913 (Erbengemeinschaft/zur KG); BGH v. 7. 5. 2007 – II ZR 281/05, NJW-RR 2007, 1256 (Gemeinschaftspraxis).
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1. Es muss innerhalb der letzten sechs Monate vor Ausspruch der Kündigung erfolglos eine Zwangsvollstreckung – gleich durch wen – in das bewegliche Vermögen des stillen Gesellschafters versucht worden sein1. 2. Der Gläubiger muss einen nicht nur vorläufig vollstreckbaren Schuldtitel gegen den stillen Gesellschafter erwirkt und 3. aufgrund dieses Schuldtitels die Pfändung und Überweisung des Anspruchs des stillen Gesellschafters auf dasjenige erwirkt haben, was ihm bei der Auseinandersetzung zukommt. Die Pfändung allein genügt nicht.
15.40
Die Gesellschaft wird dann zum Ende des Geschäftsjahres aufgelöst, und der Gläubiger erlangt ein Pfandrecht an dem Auseinandersetzungsanspruch des stillen Gesellschafters (§ 1273 BGB). Der Inhaber kann die Auflösung dadurch abwenden, dass er die Schuld des stillen Gesellschafters bezahlt (§ 268 BGB). Seine Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch des stillen Gesellschafters bleiben ihm auch gegenüber dem Privatgläubiger erhalten (§ 404 BGB). Ist die Kündigung wirksam geworden, so bleibt sie es auch, wenn ihre Voraussetzungen später wegfallen. Der Gläubiger selbst erlangt durch die Pfändung und Kündigung nicht die Stellung eines stillen Gesellschafters und demzufolge auch kein Mitwirkungsrecht bei der Berechnung des Guthabens. Vertragliche Vereinbarungen über die Berechnung des Guthabens sind auch für ihn verbindlich, wenn sie nicht erst nach der Pfändung getroffen worden sind oder nur den Zweck haben, seine Rechte aus § 234 Abs. 1 HGB zu beeinträchtigen. § 725 BGB ist nicht anwendbar, weil es einen Anteil an einem Gesellschaftsvermögen nicht gibt. Das gilt auch für die atypische stille Gesellschaft.
15.41
Für die Gläubiger des Inhabers des Handelsgewerbes ist ein entsprechendes Kündigungsrecht nicht vorgesehen, weil sie jederzeit die Möglichkeit des Zugriffs auf sein Vermögen einschließlich der Einlage des Stillen haben2. Hat dieser seine Einlage noch nicht oder noch nicht vollständig erbracht, so können sie den Anspruch des Inhabers darauf pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Der stille Gesellschafter kann aber, wenn ein Gläubiger in das Vermögen des Inhabers vollstreckt, das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grunde kündigen3. Nimmt er allerdings bis zur Höhe seiner Einlage am Verlust der stillen Gesellschaft teil, so wandelt sich der Anspruch auf Erbringung der Einlage um in einen Anspruch auf Verlustausgleich4. Dieser ist dann, da die Kündigung nur ex nunc wirkt, als solcher pfändbar.
1 2 3 4
Emmerich in Heymann, § 135 HGB Rn. 9; Hopt in Baumbach/Hopt, § 135 HGB Rn. 6. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 52. K. Schmidt, KTS 1977, 4. Geck, DStR 1994, 657 (659).
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5. Tod oder Todeserklärung eines Gesellschafters, Auflösung von Handelsgesellschaften a) Tod des Geschäftsinhabers Gemäß § 727 Abs. 1 BGB endet die stille Gesellschaft mit dem Tode oder der Todeserklärung des Inhabers1. Der Grund für diese Regelung liegt in der Abhängigkeit des Gedeihens des Handelsgewerbes von seiner Person und seiner persönlichen Tüchtigkeit und entspricht somit den Interessen des stillen Gesellschafters. Die Auflösung tritt auch ein, wenn die Erben des Inhabers das Handelsgeschäft fortführen. Sie haben dem stillen Gesellschafter den Tod unverzüglich anzuzeigen (§ 727 Abs. 2 BGB). Ob sie den Stillen zur Fortführung der Geschäfte verpflichtet sind, ist umstritten. Eine solche Pflicht zur Fortführung ergibt sich für die schwebenden Geschäfte unstreitig aus § 235 Abs. 2 HGB. Soweit dies zur Vertragsabwicklung erforderlich ist, muss aber auch § 727 Abs. 2 BGB Anwendung finden. Denn eine Gefährdung der Auseinandersetzungsansprüche kann auch Vorkehrungen erfordern, die über die Abwicklung der schwebenden Geschäfte hinausgehen. Da die Gesellschaft durch die Auflösung nicht vollbeendet wird (Rn. 15.1 ff.), bleiben die Erben zur Fortführung verpflichtet, soweit dies zur Sicherung des neuen Gesellschaftszweckes – der Abwicklung – erforderlich ist2. Die gleiche Pflicht obliegt dem stillen Gesellschafter, wenn er nach dem Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung berechtigt war, bis zum Eintritt der Erben.
15.42
Der Tod des Geschäftsinhabers führt nicht zur Auflösung der stillen Gesellschaft, wenn im Gesellschaftsvertrag etwas anderes vereinbart ist. Die Vereinbarung kann die Fortsetzung der Gesellschaft zwischen Stillem und Erben oder nur ein diesbezügliches Forderungsrecht zugunsten des Erben oder des Stillen vorsehen. Eine Anordnung des Inhabers im Wege einer letztwilligen Verfügung bringt diese Wirkung nicht hervor.
15.43
Ist vereinbart, dass die stille Gesellschaft mit den Erben fortgesetzt werden soll, so bestimmt sich ausschließlich nach erbrechtlichen Vorschriften, wer Erbe ist (gesetzliche oder testamentarische Erbfolge). Ist nur ein Erbe vorhanden, so tritt er an die Stelle des Inhabers. Sind mehrere Erben vorhanden, so treten sie im Zeitpunkt des Erbfalls dem stillen Gesellschafter als Erbengemeinschaft gegenüber. Ist ein Miterbe an der Erbfolge in das Handelsgeschäft nicht interessiert, kann er nicht die Fortsetzung der Gesellschaft ablehnen, er kann nur die Erbschaft als solche ausschlagen. Allerdings kann der Gesellschaftsvertrag ein solches Recht zur Ablehnung allein der Gesellschafterstellung vorsehen. Ansonsten hat der Erbe unter Umständen nach Annahme der Erbschaft ein Recht zu fristloser Kündigung aus wichtigem Grunde. Er
15.44
1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 7. 2 Ähnlich Horn in Heymann, § 234 HGB Rn. 19; a.A. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 8 (mit Einschränkungen für die atypische stille Gesellschaft); Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 13; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 91 Rn. 22 f.
339
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ist nicht berechtigt, seinen Verbleib davon abhängig zu machen, dass ihm gemäß § 139 HGB die Rechtsstellung eines Kommanditisten eingeräumt wird.
15.45
Soll im Wege der Erbauseinandersetzung das Handelsgeschäft nur einem oder einigen Miterben zugewiesen werden, so bedarf dies vorbehaltlich anderer gesellschaftsvertraglicher Regelungen der Zustimmung des stillen Gesellschafters. Wird sie nicht erteilt, so liegt in der Übertragung auf den Miterben eine Verletzung des für die Erbengemeinschaft verbindlichen Gesellschaftsvertrags, die den stillen Gesellschafter zur Klage auf Erfüllung oder auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung berechtigt.
15.46
Die Umwandlung der Erbengemeinschaft in eine offene Handelsgesellschaft ist auch ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters zulässig, wenn alle Miterben die Rechtsstellung von persönlich haftenden Gesellschaftern erhalten. Die Interessen des Stillen werden dadurch nicht beeinträchtigt. Dagegen ist seine Zustimmung erforderlich, wenn sich einige Erben von der offenen Handelsgesellschaft ausschließen oder sich nur als Kommanditisten beteiligen wollen oder wenn das Unternehmen in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt werden soll1. Vorrangig ist in allen Fällen die Auslegung der Fortsetzungsklausel.
15.47
Ein Testamentsvollstrecker kann weder das Handelsgeschäft in eine Kapitalgesellschaft noch die an dem Handelsgeschäft entstandenen Mitgliedschaftsrechte der Erben in stille Beteiligungen umwandeln. Dazu sind nur die Erben selbst befugt.
15.48
Im Gesellschaftsvertrag kann vereinbart werden, dass beim Tode des Inhabers das Handelsgewerbe auf den stillen Gesellschafter übergehen soll. Die Vereinbarung gibt einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erben2. Die im Zeitpunkt der Übertragung bestehende stille Gesellschaft erlischt durch Konfusion (vgl. Rn. 15.68). Die Erben des Inhabers scheiden aus. Ihr Auseinandersetzungsguthaben errechnet sich aus der Bilanz. b) Tod des stillen Gesellschafters
15.49
Durch den Tod des stillen Gesellschafters wird vorbehaltlich abweichender gesellschaftsvertraglicher Vereinbarung die Gesellschaft nicht aufgelöst (§ 234 Abs. 2 HGB). Auch diese Regelung entspricht der Interessenlage, weil der stille Gesellschafter bei typischer Vertragsgestaltung nur kapitalmäßig beteiligt ist und der Aufrechterhaltung des Gesellschaftsverhältnisses mit seinen Erben regelmäßig keine in deren Person liegende Gründe entgegenstehen.
15.50
Anders stellt sich die Situation dar, wenn dem Stillen in der atypisch stillen Gesellschaft Geschäftsführungs- und Mitverantwortungsrechte eingeräumt worden sind und ihm damit die Mitbestimmung über die Geschicke des Ge1 Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 35; vgl. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 10. 2 Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 35.
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schäfts zugestanden wurde. In solchen Fällen kann dem Geschäftsinhaber nicht ohne weiteres zugemutet werden, auch dem Erben oder einer Erbengemeinschaft diese Rechtsstellung einzuräumen. Rasner1 nimmt daher einen stillschweigenden Ausschluss des § 234 Abs. 2 HGB an und gelangt so zur zwingenden Auflösung der Gesellschaft. Die überwiegende Auffassung will dem Inhaber dagegen ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund geben2. Dies ist auch interessengerecht, da das Kündigungsrecht den Interessen des Inhabers völlig genügt, dabei aber auch die Fortsetzung ohne besondere Vereinbarung zulässt. Ist nur ein Erbe vorhanden, so tritt dieser im Zeitpunkt des Erbfalls kraft Erbrechts an die Stelle des stillen Gesellschafters, ohne dass es einer besonderen Erklärung bedarf. Ist er an dem Erwerb der stillen Beteiligung nicht interessiert, muss er die ganze Erbschaft ausschlagen. Er hat, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, kein Recht, nur die stille Beteiligung auszuschlagen, im Übrigen aber die Erbschaft anzunehmen. Rückt der Erbe in die Stellung als stiller Gesellschafter ein, so verliert er nicht das Recht, sich gegenüber den Ansprüchen des Inhabers auf die beschränkte Erbenhaftung zu berufen.
15.51
Rücken mehrere Erben in die stille Gesellschafterstellung ein, so treten sie dem Inhaber nicht einzeln mit der ihrem Erbteil entsprechenden Einlage als selbständige Gesellschafter, sondern als Erbengemeinschaft (d.h. als ein stiller Gesellschafter) gegenüber, die die Rechte und Pflichten gemeinsam ausübt. Die Verteilung des Gewinns auf die einzelnen Erben ist Nachlassteilung.
15.52
Eine Sondererbfolge in die stille Beteiligung, die dazu führte, dass jeder Erbe einzeln wie bei der OHG und der KG Gesellschafter würde, existiert auch bei der atypischen stillen Gesellschaft nicht3. Die Sondererbfolge stellt eine Ausnahme zum Grundsatz der Universalsukzession im Erbrecht dar, die ihre Rechtfertigung vor allem in haftungsrechtlichen Überlegungen findet4. Diese spielen bei der Innengesellschaft aber keine Rolle und können deswegen eine Sondererbfolge in die stille Beteiligung nicht rechtfertigen5. Dies gilt auch für atypische stille Beteiligungen, bei denen z.B. der stille Gesellschafter an der Geschäftsführung teilnimmt oder die eine Verbandsstruktur aufweisen6, denn die Universalsukzession in den Nachlass steht nicht zur Disposition des Gesellschaftsvertrags. Auch reichen einfache Zweckmäßigkeitserwägun-
15.53
1 Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 139. 2 Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 38; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 58; Horn in Heymann, § 234 HGB Rn. 15 f.; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 91 Rn. 24. 3 Leipold in MünchKomm.BGB, 4. Aufl. 2004, § 1922 BGB Rn. 77. 4 Vgl. BGH v. 22. 11. 1956 – II ZR 222/55, BGHZ 22, 186 (192); BGH v. 20. 4. 1972 – II ZR 143/69, BGHZ 58, 316 (317). 5 Vgl. Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 252 f. 6 So aber Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 91 Rn. 26 insbesondere für die gesplittete Einlage; Knieper/Fromm, NJW 1980, 2677 (2688); Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 253 f.; zurückhaltender aber K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 57.
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gen nicht aus, für die stille Gesellschaft von einem so tragenden Grundsatz wie dem der Gesamtrechtsnachfolge eine Ausnahme zu machen1. Die Annäherung der atypischen stillen Gesellschaft an die Kommanditgesellschaft findet ihre Grenze dort, wo es um die Folgen des begriffsbildenden Unterschieds zwischen Innen- und Außengesellschaft geht. Eine Sondererbfolge in die stille Beteiligung gibt es deswegen genauso wenig wie die Sondererbfolge eines Erben des Inhabers in das Handelsgeschäft.
15.54
Wird die Erbengemeinschaft durch Auseinandersetzung aufgelöst, so hat das auf die stille Gesellschaft keinen Einfluss. Insbesondere wird dadurch die stille Beteiligung nicht in mehrere Teile aufgespalten, wenn nicht der Inhaber der Auseinandersetzung zustimmt oder der Gesellschaftsvertrag etwas anderes vorsieht2. Es kann sich aber der Inhaber im Gesellschaftsvertrag verpflichten, der unter den Erben getroffenen Regelung zuzustimmen.
15.55
Im Gesellschaftsvertrag kann vereinbart werden, dass nicht alle, sondern nur einzelne Erben oder nur Familienangehörige Rechtsnachfolger sein sollen3. Da das Erbrecht für die stille Gesellschaft nur eine Gesamtnachfolge aller Erben kennt, kann der im Gesellschaftsvertrag als Nachfolger bestimmte Miterbe den Gesellschaftsanteil jedoch nicht unmittelbar erwerben; vielmehr muss die Vermögenseinlage des Stillen dem benannten Miterben im Wege der Auseinandersetzung zugewiesen werden4. Hat der Stille testamentarisch seinen Nachfolger bestimmt (in Übereinstimmung mit dem Gesellschaftsvertrag), so kann es sich um ein Vorausvermächtnis oder eine Teilungsanordnung handeln. Beide haben nur schuldrechtliche Wirkung, d.h. sie begründen ein Forderungsrecht gegen den Beschwerten bzw. die Erbengemeinschaft5, nicht aber gegen den Geschäftsinhaber.
15.56
Es kann im Gesellschaftsvertrag dem Erben oder einem Nichterben auch ein Eintrittsrecht eingeräumt werden. Es handelt sich dabei in der Regel um einen Vertrag zugunsten eines Dritten6. Der Eintrittsberechtigte kann also entscheiden, ob er die Gesellschaft mit dem Inhaber fortsetzen will oder nicht. Eine Eintrittspflicht kann auf diesem – gesellschaftsvertraglichen – Wege für den Bedachten nicht begründet werden.
15.57
Die Wahrnehmung der Gesellschafterrechte durch einen Testamentsvollstrecker ist grundsätzlich möglich, und zwar auch bei der atypisch stillen Gesellschaft. Die Testamentsvollstreckung bedarf jedoch immer der Zustimmung des Geschäftsinhabers7. 1 A.A. offenbar Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 253 f. mit dem Argument, auf diese Weise ließe sich ein unterschiedliches Schicksal von Kommanditeinlage und stiller Einlage beim Tode des stillen Gesellschafters vermeiden. 2 RG v. 20. 12. 1929 – II 66/29, RGZ 126, 386 (392). 3 BGH v. 28. 6. 1962 – II ZR 61/61, WM 1962, 1084. 4 A.A. Siebert, StbJb. 1955/56, 299 (316 ff.). 5 Edenhofer in Palandt, § 1939 BGB Rn. 1, § 2048 BGB Rn. 1 ff. 6 Siebert, NJW 1955, 812; Siebert, StbJb. 1955/56, 316. 7 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 91 Rn. 32; BGH v. 3. 7. 1989 – II ZB 1/89, NJW 1989, 3152 (3153).
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Auflösung der stillen Gesellschaft
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c) Auflösung von Inhaber-Handelsgesellschaften Ist eine Handelsgesellschaft Inhaberin des Handelsgewerbes, so ist deren Auflösung nicht dem Tod einer natürlichen Person gleichzustellen1. Die Auflösung einer Handelsgesellschaft als Geschäftsinhaberin leitet zunächst nur ihre Abwicklung ein, führt aber nicht ipso iure zur Auflösung der stillen Gesellschaft. Während der Abwicklung kann aber auch diese aufgelöst werden, und zwar insbesondere durch Kündigung der Liquidatoren oder des stillen Gesellschafters, bzw. nach § 726 BGB durch Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks. Durch die Abwicklung wird zwar der Zweck der Handelsgesellschaft geändert, derjenige der stillen Gesellschaft – Förderung des Handelsgewerbes der Inhabergesellschaft – aber noch nicht vereitelt. Eine Auflösung der stillen Gesellschaft nach § 726 BGB ist erst dann anzunehmen, wenn die Handelsgesellschaft zur Fortsetzung des Geschäftsbetriebes endgültig nicht mehr in der Lage ist2. Von diesem Zeitpunkt an befindet sich die stille Gesellschaft dann ihrerseits im Stadium der Auflösung und ist abzuwickeln3. Vollbeendigung der Handelsgesellschaft ist nicht erforderlich4, da diese erst nach Erlöschen auch der Abfindungsansprüche des stillen Gesellschafters eintreten kann. Die Auflösung der Handelsgesellschaft wird nach Lage des Einzelfalles häufig aber auch einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen, so dass die stille Gesellschaft meist schon vor Unmöglichwerden des Zwecks durch Kündigung aufgelöst werden wird. Daneben steht es den Gesellschaftern frei, die Auflösung der Handelsgesellschaft gesellschaftsvertraglich als Auflösungsgrund zu bestimmen.
15.58
Dagegen kann an der Abwicklungsgesellschaft eine stille Beteiligung grundsätzlich nicht neu vereinbart werden, es sei denn, dass diese stille Beteiligung gerade den Abwicklungszweck fördern soll.
15.59
Aus dem Gesellschaftsvertrag sind die Liquidatoren zur ordnungsgemäßen Abwicklung der Geschäftsinhaberin verpflichtet. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, so stehen dem Stillen Schadensersatzansprüche zu.
15.60
Beschließen die Gesellschafter der Geschäftsinhaberin willkürlich und ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters deren Auflösung, so kann darin eine schuldhafte Verletzung des Gesellschaftsvertrags mit dem Stillen liegen. Zutt will dem stillen Gesellschafter dann einen Anspruch auf weitere Vertragserfüllung und auf Rückgängigmachung der Auflösung geben5. M.E. genügt es im Falle der Vollbeendigung, dass der stille Gesellschafter einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung hat6. Setzt die aufgelöste Gesellschaft ihren
15.61
1 BGH v. 12. 7. 1982 – II ZR 157/81, BGHZ 84, 379 (380); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 7, 24. 2 BGH v. 12. 7. 1982 – II ZR 157/81, BGHZ 84, 379 (380); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 28; Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 15. 3 Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 113; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 271. 4 So aber Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 91 Rn. 44. 5 Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 14; Felix, Stille Gesellschaft in Recht und Steuer, Rn. 95. 6 Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 250.
343
§ 15
Auflösung der stillen Gesellschaft
Geschäftsbetrieb fort, kann der stille Gesellschafter verlangen, dass das Gesellschaftsverhältnis fortgesetzt wird1. Ist die stille Gesellschaft dagegen noch nicht vollbeendet, so hat der stille Gesellschafter einen Anspruch auf Rückumwandlung der Abwicklungsgesellschaft in eine werbende Gesellschaft, allerdings nur dann, wenn die Gesellschafter der Geschäftsinhaberin dadurch nicht in die persönliche Haftung gedrängt werden. Während man von GmbHGesellschaftern verlangen kann, von der Abwicklungsgesellschaft wieder zur werbenden überzugehen, kann das von Gesellschaftern einer Personenhandelsgesellschaft nicht verlangt werden. In diesem Fall muss sich der stille Gesellschafter mit Schadensersatzansprüchen begnügen. 6. Insolvenz eines Gesellschafters (§ 728 BGB)
15.62
Die stille Gesellschaft ist in Ermangelung eines Gesellschaftsvermögens als solche nicht insolvenzfähig. Wird über das Vermögen des Inhabers oder des stillen Gesellschafters das Insolvenzverfahren eröffnet, so führt das nach § 728 BGB zur Auflösung der Gesellschaft2. Den Gläubigern des Stillen wird damit im Falle seiner Insolvenz der Zugriff auf den Abfindungsanspruch ermöglicht. Aus § 236 HGB, der gewährleisten soll, dass der stille Gesellschafter nicht hinter die übrigen Gläubiger zurücktreten muss, folgt die Auflösung der stillen Gesellschaft auch im Falle der Insolvenz des Geschäftsinhabers.
15.63
Die Auflösung knüpft an den Erlass des Eröffnungsbeschlusses, nicht erst an dessen Zustellung an. Die sofortige Beschwerde nach § 34 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 InsO hat keine aufschiebende Wirkung, § 4 InsO i.V.m. § 570 Abs. 1 ZPO3. Ob die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses rückwirkend seine Folgen hinsichtlich der stillen Gesellschaft beseitigt4, kann dahinstehen, da sich die stille Gesellschaft durch die Auflösung nur in eine Abwicklungsgesellschaft umwandelt und nicht sofort beendigt wird. Diese wandelt sich auch dann wieder in eine werbende stille Gesellschaft um, wenn das Insolvenzverfahren eingestellt (§ 207 Abs. 1 InsO) wird5. In der Regel wird aber ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung gegeben sein.
15.64
§ 736 BGB, wonach der Gesellschaftsvertrag vorsehen kann, dass der in Insolvenz geratene Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet und diese unter den anderen Gesellschaftern fortbesteht, ist auf eine nur aus zwei Gesellschaftern bestehende stille Gesellschaft naturgemäß nicht anwendbar. Anders liegt es dagegen bei einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft im Falle der Insolvenz nur eines stillen Gesellschafters6.
1 Vgl. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 24. 2 RG v. 28. 9. 1928 – III 523/27, RGZ 122, 70 (72); a.A. Geck, DStR 1994, 657 (660) für den Konkurs des stillen Gesellschafters. 3 Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 16 Rn. 39. 4 So Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 10; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 91 Rn. 34. 5 A.A. Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 10. 6 Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 8; Horn in Heymann, § 234 HGB Rn. 19.
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Auflösung der stillen Gesellschaft
§ 15
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Nachlass eines Gesellschafters hat die Auflösung der stillen Gesellschaft nicht zur Folge. § 728 BGB ist auf diesen Fall weder direkt noch entsprechend anzuwenden1, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Unter Umständen ist eine Kündigung aus wichtigem Grunde möglich2.
15.65
7. Sonstige mögliche Auflösungsgründe Weitere Auflösungsgründe können im Gesellschaftsvertrag beliebig vereinbart werden. Zur Auflösung führen teilweise aber auch folgende, bisher noch nicht erwähnte Gründe.
15.66
Der Verlust der Geschäftsfähigkeit eines Beteiligten führt grundsätzlich nicht zur Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses. Für den nicht voll geschäftsfähigen Teil handelt sein gesetzlicher Vertreter. Unter Umständen ist der andere Gesellschafter zur Kündigung aus wichtigem Grunde berechtigt. Das wird regelmäßig nur dann in Betracht kommen, wenn der Inhaber die Geschäftsfähigkeit verliert oder wenn dem stillen Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag Geschäftsführungsbefugnisse übertragen sind.
15.67
Die stille Gesellschaft wird aufgelöst durch Konfusion, also grundsätzlich wenn sich durch Erbgang oder Verschmelzung die Rechtsstellung des Inhabers mit der des stillen Gesellschafters in einer Person vereinigt.
15.68
Schließen der Inhaber und der stille Gesellschafter miteinander die Ehe, so berührt das nicht den Bestand der stillen Gesellschaft, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben oder Gütertrennung vereinbaren, weil weder bei dem einen noch bei dem anderen Güterstand das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten sind. Anders ist die Rechtslage, wenn Gütergemeinschaft (§ 1416 BGB) vereinbart ist. In das Gesamtgut fallen die Beteiligungen aber auch dann nur bei Zustimmung der Gesellschafter, da sie nach § 719 Abs. 1 BGB nicht durch Rechtsgeschäft übertragbar sind und daher nach § 1417 Abs. 2 BGB grundsätzlich zum Sondergut zählen3.
15.69
Die Frage, ob die stille Gesellschaft aufgelöst wird, wenn der Inhaber kein Handelsgewerbe mehr betreibt, ist streitig; sie ist von Bedeutung für die Kaufleute nach §§ 2 und 3 HGB, wenn die Eintragung im Handelsregister gelöscht wird. Es fehlt dann an einer nach § 230 HGB für die stille Gesellschaft wesentlichen Voraussetzung. Die Gesellschaft besteht aber, wenn es – was in der Regel unterstellt werden kann – dem Willen der Beteiligten entspricht, als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts weiter4; auf sie können die Vorschriften
15.70
1 Zur früheren Rechtslage nach § 131 Nr. 5 HGB a.F. vgl. BGH v. 30. 4. 1984 – II ZR 293/83, BGHZ 91, 132 (135); Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 8. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 49. 3 Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 19. 4 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 262; Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 19; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 42 a.E.
345
§ 15
Auflösung der stillen Gesellschaft
über die stille Gesellschaft, soweit sie passen, entsprechend angewendet werden.
15.71
Wird dem stillen Gesellschafter die Einlage zurückgewährt, so entfällt eine wesentliche Voraussetzung für die Errichtung einer stillen Gesellschaft (vgl. Rn. 6.85 f.). Auf den Fortbestand der rechtswirksam begründeten Gesellschaft hat die Rückgewähr der Einlage jedoch grundsätzlich keinen Einfluss. Das ergibt sich einmal aus § 136 InsO, wo der Gesetzgeber selbst diese Möglichkeit in Erwägung zieht, zum anderen daraus, dass die Einlage auch durch Verluste oder vereinbarte Entnahmen aufgezehrt werden kann, ohne dass dies die Auflösung der Gesellschaft zur Folge hat. Soll durch die Rückgewähr dem Geschäftsinhaber die Einlage endgültig entzogen werden, so liegt darin allerdings meist auch eine einverständliche Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses1.
15.72
Die Unternehmens- oder Anteilsveräußerung durch den Geschäftsinhaber führt als solche nicht zur Auflösung der stillen Gesellschaft, da der Geschäftsinhaber Rechtssubjekt und durch das Gesellschaftsverhältnis gebunden bleibt. Denkbar ist aber eine Auflösung durch Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks (§ 726 BGB; vgl. Rn. 15.15 ff.; 10.20).
III. Zusammenfassung
15.73
Die Auflösung der stillen Gesellschaft führt zur Umwandlung in eine Abwicklungsgesellschaft mit dem Zweck der Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern. Diese liegt allein in den Händen des Inhabers. Der stille Gesellschafter wirkt an ihr nicht mit, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Als Auflösungsgründe erwähnt das Gesetz in § 234 Abs. 1 HGB lediglich die ordentliche Kündigung der Gesellschaft durch einen Gesellschafter oder durch den Gläubiger des stillen Gesellschafters und verweist dazu auf die entsprechenden Vorschriften aus dem Recht der OHG, wohingegen sich die fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde nach § 723 BGB bestimmt. Sie kann durch den Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen oder erschwert werden. Da die stille Gesellschaft eine Sonderform der Innengesellschaft bürgerlichen Rechts ist, wird die rudimentäre Regelung des § 234 HGB durch die §§ 705 ff. BGB ergänzt: § 726 (Erreichung oder Unmöglichwerden des vereinbarten Zwecks), § 728 (Insolvenz eines Gesellschafters), § 727 (Tod des Inhabers des Handelsgewerbes). Im letzteren Falle kann im Gesellschaftsvertrag die Fortsetzung der Gesellschaft mit seinen Erben vorgesehen werden. Durch den Tod des stillen Gesellschafters wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt. Diese Regelung ist nicht erschöpfend. Als weitere Auflösungsgründe sind zu nennen der Ablauf der im Gesellschaftsvertrag festgelegten Zeit, der Eintritt einer auflösenden Bedingung, Vereinbarung der Gesellschafter. Den Beteilig1 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 91 Rn. 41; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 5; a.A. Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 84.
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Auflösung der stillen Gesellschaft
ten bleibt es unbenommen, beliebige weitere Auflösungsgründe zu vereinbaren. Im Bereich der atypischen stillen Gesellschaft und der Publikumsgesellschaft gilt es, auch für die Auflösungsgründe die Spezifika der jeweiligen Unternehmensform zu berücksichtigen, welche z.B. die Kündigungsrechte ausschließen oder modifizieren können. Liegt kein zwingender Auflösungsgrund vor, so ist stets zu fragen, ob nicht die Voraussetzungen eines außerordentlichen Kündigungsrechts nach § 723 BGB erfüllt sind. Dazu ist immer eine Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles erforderlich.
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§ 15
§ 16 Auseinandersetzung Schrifttum: Felix, Günther, Stille Gesellschaft in Recht und Steuer, Bericht der 2. Kölner Trainingstagung des Arbeitskreises für Steuerrecht GmbH, 1972; Hartmann, Bernhard, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983; Hillers, Klaus, Personengesellschaft und Liquidation, Diss., Bielefeld 1987; Lang, Heinrich, Die Typen der stillen Gesellschaft und die Anwendung gesellschaftsrechtlicher Normen auf sie, Diss., Freiburg i.Br. 1930; Marquardt, Michael, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 16. 5. 1994, WiB 1994, 906; Messer, Herbert, Gesellschaftsbezogene Forderungen als unselbständige Rechnungsposten in der Auseinandersetzungsrechnung der Gesellschaft, in Festschrift für Walter Stimpel, 1985, S. 205 ff.; Müller, Hans-Friedrich, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 13. 4. 1995, WuB II H. § 723 BGB, S. 994; Schmidt, Karsten, Abfindung, Unternehmensbewertung und schwebende Geschäfte, DB 1983, 2401; Schmidt, Karsten, „Anwachsung“: Was ist das, und … gibt es das noch?, in Festschrift für Ulrich Huber, 2006, S. 969 ff.; Schulze-Osterloh, Joachim, Der atypische stille Gesellschafter ist der typische stille Gesellschafter!, in Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse, 2001, S. 377 ff.; Sudhoff, Gewinnanteil und Auseinandersetzungsguthaben des stillen Gesellschafters, NJW 1960, 2121; Sudhoff, Heinrich/Sudhoff, Martin, Stille Beteiligung an einer GmbH und die Umwandlung dieser Beteiligung, GmbHR 1984, 77; Wackerbauer, Martin, Die Auseinandersetzungsbilanz beim Ausscheiden eines Kommanditisten aus der Kommanditgesellschaft und bei Auflösung der stillen Gesellschaft, Diss. München, 1952; Zinkeisen, Klaus, Der Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, Diss. Hamburg, 1972.
I. Begriff und Wesen 1. Die gesetzliche Regelung
16.1
Nach der Auflösung der Gesellschaft hat sich der Inhaber des Handelsgeschäfts mit dem stillen Gesellschafter auseinander zu setzen und dessen Guthaben in Geld zu berichtigen (§ 235 Abs. 1 HGB). Bei der Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft handelt es sich jedoch nicht um eine Liquidation im herkömmlichen gesellschaftsrechtlichen Sinne. Zumindest in dogmatischer Hinsicht unterscheidet sich die Abwicklung von der Auseinandersetzung i.S. der §§ 738–740 BGB erheblich. Diese Vorschriften beziehen sich nach der allgemeinen Konzeption der Regelungen über die Gesellschaft zunächst auf die Außengesellschaft und verfolgen den Zweck, das Gesellschaftsvermögen aus seiner gesamthänderischen Gebundenheit zu lösen und den einzelnen Gesellschaftern ihren Anteil an dem Vermögen tatsächlich zuzuführen. Dessen bedarf es bei der stillen Gesellschaft nicht, weil in dinglicher Hinsicht ein gemeinschaftliches Vermögen nicht vorhanden ist und eine persönliche Haftung des stillen Gesellschafters den Gläubigern gegenüber entfällt.
16.2
Bereits an anderer Stelle (Rn. 15.3) ist dargelegt worden, dass auch die stille Gesellschaft nicht automatisch mit ihrer Beendigung erlischt, sondern zunächst mit dem Zweck der Abwicklung fortbesteht, wobei sich die gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten entsprechend dem Abwicklungszweck anpassen. Fraglich ist aber, ob dieser Befund notwendigerweise die An348
Auseinandersetzung
§ 16
wendung der §§ 738–740 BGB (analog) nach sich zieht. Insbesondere K. Schmidt1 will die §§ 738–740 BGB (zumindest teilweise) auch auf die stille Gesellschaft anwenden. Dabei sei aber auf die Besonderheiten der Innengesellschaft sowie auf Spezialvorschriften des HGB Rücksicht zu nehmen. Im Einzelnen ergebe sich daraus vor allem eine Rückgabepflicht nach § 732 i.V.m. § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB und die Anwendung des § 740 auf schwebende Geschäfte, wobei die allgemeine Vorschrift in wesentlichen Teilen von § 235 HGB verdrängt werde2. Auch die Regeln über die Anwachsung (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB) seien modifiziert anzuwenden. Zwar finde keine „dingliche“ – genauer: die Rechtszuständigkeit betreffende – Anwachsung des Gesellschaftsanteils statt. Anwachsung i.S. des § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB könne aber auch als ein rein vermögensmäßiger Zuwachs des „Anteils am Gesellschaftsvermögen“ verstanden werden3. Dagegen scheidet nach allgemeiner Auffassung4 eine entsprechende Anwendung der Schuldbefreiungsverpflichtung nach § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB aus, weil es ihrer mangels gemeinschaftlicher Schulden nicht bedarf. Ebenso existiert keine Haftung für Fehlbeträge gemäß § 739 BGB, da der stille Gesellschafter nach § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB nur bis zum Betrag seiner Einlage am Verlust teilnimmt.
16.3
Hierzu ist zu bemerken: Die auf die Außengesellschaft bezogenen §§ 705 ff. BGB können immer nur insoweit Anwendung finden, als ihnen nicht Spezifika der stillen Gesellschaft als Innengesellschaft entgegenstehen. Das starke Modifikationsbedürfnis zeigt, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Abfindungsregeln die Außengesellschaft im Blick hatte. Die Gesetzeskonzeption geht eben vom Bestehen eines Gesellschaftsvermögens und gemeinschaftlicher Schulden aus (§ 738 Abs. 1 BGB). Auch die Reduktion des § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB wird dem Prinzip der Anwachsung nicht gerecht. Vielmehr handelt es sich dabei nach traditionellem Verständnis um ein tragendes Prinzip der Gesamthand, das sich nicht in der vermögensrechtlichen Zuordnung erschöpft. Es bedeutet (zumindest dem idealtypischen gesetzlichen Ausgangsmodell nach) einen Wechsel in der gesamthänderischen Berechtigung und damit eine umfassende Neuzuordnung der gesellschaftsrechtlichen Verfügungsund Verwaltungsbefugnisse5. Zwar ist zuzugeben, dass nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der GbR im vermögensrechtlichen Bereich eine „ding-
16.4
1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 3 ff.; K. Schmidt in FS Huber, S. 969; wohl auch Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 2 f.; für die analoge Anwendung von § 738 Abs. 2 BGB auch RG v. 5. 11. 1918 – II 243/18, RGZ 94, 106 (108). 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 5, 9. 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 4. 4 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 6, 8; Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 2; Stuhlfelner in Heidelberger Komm.HGB, § 235 HGB Rn. 1; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rn. 1. 5 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 5 I 2a, S. 249 sowie § 5 II 1c, S. 258; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 4 III, S. 30 f.; Hueck/Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 3 Rn. 4 ff., insbes. Rn. 8 m.w.N.
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§ 16
Auseinandersetzung
liche“ Neuzuordnung des Gesellschaftsvermögens auch bei der bürgerlichrechtlichen Außengesellschaft nicht mehr stattfindet. Allein hieraus den Schluss auf deren Entbehrlichkeit zu schließen, erscheint aber methodisch angreifbar, da der Gesetzgeber bei Schaffung des § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB noch von einem überkommenen Verständnis der Rechtsfähigkeit der Gesamthand ausging1.
16.5
Die §§ 738–740 BGB, die ein Gesellschaftsvermögen voraussetzen, sind deshalb auf die typische stille Gesellschaft nicht anwendbar2. Zu Recht weist Zutt3 aber auf die geringen praktischen Konsequenzen dieses Streits hin. Die Anwendung der §§ 738 Abs. 1 Satz 1, 740 BGB wird auch von der Gegenauffassung stark relativiert. Nach der hier vertretenen Auffassung ergibt sich eine (ohnehin selten eingreifende) Rückgabepflicht für Gegenstände, die der Stille zum Gebrauch eingebracht hat, aus § 732 BGB (siehe Rn. 16.27).
16.6
Das eben Gesagte gilt auch für die atypische stille Gesellschaft. Zwar bringt die vermögensmäßige Beteiligung am Geschäft des Inhabers einige Besonderheiten bei der Auseinandersetzung mit sich; auch der atypische stille Gesellschafter hat aber nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf verhältnismäßige Beteiligung am Wert des Geschäftsvermögens und kann deswegen nicht die Versilberung des im Alleineigentum des Geschäftsinhabers stehenden Vermögens verlangen4. Die Auseinandersetzung sowohl einer typischen als auch einer atypischen stillen Gesellschaft ähnelt also weniger der Liquidation einer Gesamthandsgesellschaft als vielmehr dem Ausscheiden eines Gesamthandsgesellschafters aus einer solchen5.
16.7
Zweck der Auseinandersetzung innerhalb eines stillen Gesellschaftsverhältnisses ist es deshalb nur, in einem einheitlichen Verfahren die gesamten aus dem Gesellschaftsverhältnis entspringenden Ansprüche gegeneinander zu verrechnen. Das setzt nicht voraus, dass ein Gesamthandsvermögen vorhanden ist. Auch ohne eine gesamthänderische Vermögensbindung bestehen Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter, die eine Auseinandersetzung im Wege einer Gesamtabrechnung er-
1 Dies verkennt K. Schmidt freilich nicht (vgl. bloß K. Schmidt in FS Huber, S. 973), plädiert aber für eine entsprechende Änderung auch des Verständnisses von der Anwachsung (K. Schmidt in FS Huber, S. 979 ff.); im Gegensatz zur Frage der Rechtsfähigkeit der GbR ist diese Frage jedoch weit weniger virulent. 2 Wie hier: Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 287; B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, S. 117; Hillers, Personengesellschaft und Liquidation, S. 437; Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 2; Stuhlfelner in Heidelberger Komm.HGB, § 235 HGB Rn. 1; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rn. 1; von Gerkan/Mock in Röhricht/Graf von Westphalen, § 235 HGB Rn. 2; Ulmer/Schäfer in MünchKomm.BGB, § 738 BGB Rn. 10, 71. 3 Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 2. 4 RG v. 20. 2. 1941 – II 99/40, RGZ 166, 164 f. 5 Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rn. 1; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 2; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 3; Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 3 sowie § 235 HGB Rn. 2.
350
Auseinandersetzung
§ 16
forderlich machen1; mehrfache Zahlungsvorgänge sollen auch hier nach Möglichkeit vermieden werden. Die einzelnen Geldzahlungsansprüche zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter können folglich nach Auflösung der stillen Gesellschaft nicht mehr einzeln geltend gemacht werden. Sie werden vielmehr zu Rechnungsposten innerhalb der Gesamtabrechnung2. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind für die Fälle anzuerkennen, in denen der stille Gesellschafter mit Sicherheit einen bestimmten Mindestbetrag von dem Inhaber verlangen kann (vgl. Rn. 16.36])3. Hierfür kommt insbesondere die Rückzahlung des Einlageguthabens in Betracht, wenn der stille Gesellschafter nicht am Verlust der Gesellschaft teilnimmt4. Solche Mindestbeträge bleiben auch nach Auflösung der stillen Gesellschaft selbständig einklagbar. Zur Auseinandersetzung gehören damit alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um zu ermitteln, was dem stillen Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner Einlage nach Ermittlung von Gewinn und Verlust zusteht5. Eine Auseinandersetzung ist auch dann erforderlich, wenn der stille Gesellschafter selbst keine eigene Einlage in das Vermögen des Inhabers geleistet hat, da auch in diesem Fall, Gewinnansprüche von Seiten des stillen Gesellschafters bestehen können6. Ob im Rahmen der Auseinandersetzung auch außergesellschaftliche Beziehungen zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter, z.B. Lieferungs-, Miet-, Pacht-, oder Arbeitsverträge, abgewickelt werden, hängt davon ab, ob sie ihrem Inhalte nach ebenfalls von der Auflösung der stillen Gesellschaft erfasst sein sollen. Sind sie erst mit Gründung der stillen Gesellschaft eingegangen worden, wird dies im Zweifel zu bejahen sein. Nach der Rechtsprechung werden in diesem Fall auch solche Drittgläubigeransprüche Teil der Gesamtabrechnung zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter7. 1 BGH v. 29. 6. 1992 – II ZR 284/91, NJW 1992, 2697; BGH v. 27. 3. 1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583; Hillers, Personengesellschaft und Liquidation, S. 439 f.; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 18; Koller in Koller/Roth/Mork, § 235 HGB Rn. 1; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rn. 7; a.A. Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rn. 1. 2 BGH v. 2. 7. 1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (305); BGH v. 12. 5. 1977 – III ZR 91/75, DB 1977, 2040; BGH v. 10. 4. 1989 – II ZR 158/88, NJW-RR 1989, 866 (867); BGH v. 28. 1. 1991 – II ZR 48/90, NJW-RR 1991, 1049; Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 6; Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 9; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 256; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 18; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 15; a.A. Hopt in Baumbach/ Hopt, § 235 HGB Rn. 1; BGH v. 23. 11. 1967 – II ZR 199/66, BB 1968, 268. 3 BGH v. 29. 6. 1992 – II ZR 284/91, NJW 1992, 2696 (2697); BGH v. 27. 3. 1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 18; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 294 f.; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rn. 7; Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 22. 4 BGH v. 4. 3. 1991 – II ZR 181/90, DStR 1991, 623. 5 RG v. 7. 6. 1943 – II 34/43, RGZ 171, 133; BGH v. 27. 3. 1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583. 6 Vgl. BGH v. 16. 5. 1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185. 7 OLG Düsseldorf v. 17. 10. 1990 – 17 U 47/90, BB 1991, 946; kritisch hierzu Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 9 a.E.; zur parallelen Rechtslage bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts BGH v. 20. 10. 1977 – II ZR 92/76, WM 1978, 89 (90); BGH v. 24. 5. 1971
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16.8
§ 16
Auseinandersetzung
16.9
Die Abwicklung der schuldrechtlichen Beziehungen erfolgt bei der typischen stillen Gesellschaft grundsätzlich aufgrund einer für den Auflösungstag vom Geschäftsinhaber1 aufzustellenden Erfolgsermittlungsbilanz2. Das entspricht der Tatsache, dass der typische stille Gesellschafter nur am Gewinn, nicht auch an den Vermögenswerten beteiligt ist. Ist er als atypischer stiller Gesellschafter auch an den Vermögenswerten beteiligt, bedarf es der Aufstellung einer Abschichtungsbilanz bzw. Vermögensbilanz, in der auch die in dem Unternehmen vorhandenen Rücklagen und ein etwaiger Geschäfts- oder Firmenwert, an denen der Ausscheidende Anteil hat, zu berücksichtigen sind. Der grundlegende Unterschied in der Auseinandersetzung beider Formen der stillen Gesellschaft wird allerdings dadurch relativiert, dass bei der Auseinandersetzung einer typischen stillen Gesellschaft regelmäßig zusätzlich die Gewinnverteilung der vorangegangenen Jahre zu korrigieren ist (dazu sogleich Rn. 16.19)3.
16.10
§ 235 HGB enthält dispositives Recht4. Vertragliche Modifikationen der Abfindung sind wirksam, soweit sie nicht das Kündigungsrecht der Gesellschafter unzumutbar einschränken oder gegen § 138 BGB verstoßen (Rn. 15.23 f.). In diesem Rahmen können die Gesellschafter die Auseinandersetzung so vereinbaren, wie es ihnen am zweckmäßigsten erscheint. Das gilt insbesondere für die Berechnung des Guthabens des stillen Gesellschafters5. Es kann z.B. vereinbart werden, dass die Gesellschaft im Innenverhältnis nach Art einer Handelsgesellschaft liquidiert werden soll, so z.B. wenn der stille Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag die Rechtsstellung eines OHG-Gesellschafters haben oder am Betriebsvermögen beteiligt sein soll. Es gelten dann die §§ 145 ff. HGB, d.h. alle Liquidationsmaßnahmen bedürfen im Innenverhältnis seiner Zustimmung (§ 150 HGB)6. Aber nach außen handelt auch hier der
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3 4
5 6
– II ZR 184/68, WM 1971, 931 (932); OLG Karlsruhe v. 24. 1. 2001 – 6 U 137/00, NZG 2001, 748 (749); Messer in FS Stimpel, S. 205; a.A. Ulmer/Schäfer in MünchKomm.BGB, § 730 BGB Rn. 53 (m.w.N. zum Meinungsstand), wo jedoch darauf hingewiesen wird, dass es der Gesellschaft unbenommen bliebe, mit Gegenansprüchen gegen den Gesellschafter aufzurechnen oder unter Berufung auf absehbare Nachschussansprüche die Missbrauchseinrede (§ 242 BGB) zu erheben. Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 5 a.E.; Koller in Koller/Roth/Mork, § 235 HGB Rn. 2; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 16, 19. BGH v. 16. 5. 1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185 (1186); BGH v. 13. 4. 1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277; B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, S. 119; Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 7; im Ergebnis ebenso K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 16; a.A. Zinkeisen, Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, S. 93. Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 11; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 15 ff. BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 32/94, BB 1994, 2439; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 55; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 10 m.w.N. Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 50. Vgl. auch Königs, Die stille Gesellschaft, S. 301; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 55; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 11, 66.
352
Auseinandersetzung
§ 16
Inhaber allein; nur er wird durch die von ihm zur Durchführung der Liquidation vorgenommenen Geschäfte berechtigt und verpflichtet. Die §§ 146 und 147 HGB sind nicht anwendbar1. Eine Eintragung der Liquidation im Handelsregister findet nicht statt. Zur Vereinfachung kann auch vereinbart werden, dass der eine Gesellschafter eine feste Abfindung, der andere – auch der stille Gesellschafter – das Handelsgeschäft erhalten soll. Zur Übernahme des Handelsgeschäfts kann der betreffende Gesellschafter berechtigt, aber auch verpflichtet sein2. Die Berechnung der Abfindung kann auch modifiziert werden, z.B. kann vereinbart werden, dass der Gesellschafter zu Buchwerten abgefunden werden soll und dass stille Reserven nicht aufzulösen sind3. Sagt in diesem Falle der Gesellschaftsvertrag nichts über Art und Höhe der Abfindung, dann ist ein angemessenes Entgelt zugrunde zu legen, das unter Berücksichtigung des gemeinen Wertes und des vorhandenen Geschäfts- oder Firmenwertes zu ermitteln ist (§ 316 BGB).
16.11
2. Zeitpunkt der Auseinandersetzung Stichtag für die Auseinandersetzung ist der Tag der Auflösung, nicht der Schluss des Geschäftsjahrs, es sei denn, dass die Auflösung gerade zu diesem Tage erfolgt ist oder die Beteiligten eine andere Vereinbarung getroffen haben4.
16.12
Etwas anderes gilt bei Ausscheiden eines am Gewinn beteiligten Angestellten; für die Berechnung seines Anteils am Jahresgewinn ist stets die zum Schluss des Jahres aufgestellte Jahresbilanz maßgebend, gleichgültig wann er ausgeschieden ist. Es ist also – vorbehaltlich einer abweichenden vertraglichen Vereinbarung – nicht notwendig, eine Zwischenbilanz zum Tage des Ausscheidens aufzustellen. Die Tatsache, dass der Angestellte während des Bilanzjahres ausgeschieden ist, wirkt sich nur dahin aus, dass der Betrag, der ihm nach der
16.13
1 Ebenso K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 66, jedoch soll § 146 Abs. 1 HGB sinngemäß anwendbar sein; nach der hier vertretenen Auffassung ergibt sich dies bereits aus ergänzender Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB). 2 Im Einzelnen vgl. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 67; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 56 f. Eine Verpflichtung des Geschäftsinhabers zur Übertragung des Unternehmens auf den stillen Gesellschafter kann auch ohne ausdrückliche Vereinbarung anzunehmen sein, wenn der stille Gesellschafter der eigentliche Unternehmensinhaber ist, vgl. Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 56 f. 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 36; nach Meinung von K. Schmidt müsste sich letzteres allerdings von selbst verstehen; richtigerweise bedarf es aber einer entsprechenden Regelung, da der (auch typisch) Stille an den stillen Reserven, die während des Bestehens der stillen Gesellschaft aufgelaufen sind, bei der Auseinandersetzung partizipiert, vgl. Rn. 16.15 ff. 4 RG v. 30. 10. 1928 – 28/28 II, JW 29, 320; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 17; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rn. 11; Koller in Koller/Roth/Morck, § 235 HGB Rn. 3; Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 7; Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rn. 1; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 19.
353
§ 16
Auseinandersetzung
Jahresbilanz bei Tätigkeit während des ganzen Geschäftsjahres zukommen würde, im Verhältnis der Zeit, während der er gearbeitet hat, zu der Zeit des ganzen Geschäftsjahres betragsmäßig herabgesetzt wird1.
II. Auseinandersetzungsguthaben 1. Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens
16.14
Die Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens ist als Geschäftsführungsmaßnahme Sache des Inhabers (vgl. bereits Rn. 16.9). Ist im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorgesehen, hat der Stille keinen Anspruch auf Mitwirkung, sondern ist auf die Kontrollrechte des § 233 HGB beschränkt2. Andererseits kann dem stillen Gesellschafter gesellschaftsvertraglich ein Mitwirkungsrecht eingeräumt werden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn er schon vor Auflösung an der Geschäftsführung beteiligt war.
16.15
Der Inhaber hat die Berechnung des Guthabens unverzüglich nach der Auflösung vorzunehmen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann der stille Gesellschafter auf Feststellung seines Guthabens klagen. Prozessual bietet sich meist an, im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) daneben den noch nicht bezifferbaren Zahlungsanspruch gegen den Inhaber geltend zu machen (vgl auch Rn. 16.36)3. Die Abwicklung noch schwebender Geschäfte berechtigt den Inhaber nicht, die Berechnung des Guthabens hinauszuzögern, auch wenn zu erwarten ist, dass diese Geschäfte seine Höhe beeinflussen werden4. 2. Höhe des Auseinandersetzungsguthabens
16.16
Die Höhe der Beteiligung des Stillen bei Beendigung der Gesellschaft ist davon abhängig, welche Vereinbarungen die Gesellschafter über die Behandlung ihrer Beteiligungskonten getroffen haben und welche Entwicklung diese Konten in der Zeit bis zur Auflösung der Gesellschaft genommen haben. Wenn die Beteiligten besondere Darlehenskonten geführt haben, muss festgestellt werden, welchen Konten während dieser Zeit eingezahlte Beträge und stehen gebliebene Gewinne gutgeschrieben und welche Konten mit etwa entnommenen Beträgen belastet worden sind. Werden stehen gebliebene Gewinne vom Stillen unabhängig vom Beteiligungskonto geltend gemacht, kommt es darauf an, wie mit den stehen gebliebenen Gewinnen des Inhabers zu verfahren war. Waren sie seinem Beteiligungskonto gutzuschreiben, kann sich dadurch das Verhält1 BAG v. 3. 6. 1958 – 2 AZR 406/55, BAGE 5, 317; ebenso LAG Düsseldorf v. 23. 7. 2003 – 12 Sa 260/03, Beck RS 2007, 47704; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 17. 2 Siehe eingehend Rn. 16.64, wobei nach wohl überwiegender (nicht jedoch zutreffender) Auffassung dem Stillen nicht einmal die umfangreicheren Kontrollrechte nach § 233 HGB zustehen sollen. 3 Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rn. 3; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 43. 4 Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rn. 3.
354
Auseinandersetzung
§ 16
nis der beiden Beteiligungskonten zugunsten des Inhabers geändert haben. Waren sie seinem Darlehenskonto gutzubringen, können sie dadurch im Verhältnis der Beteiligten den Wert des Geschäftsvermögens verringert haben. Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte kann für den Zeitpunkt der Auflösung erst das Verhältnis der beiden Beteiligungskonten und damit die prozentuale Beteiligung der Gesellschafter am Geschäftsvermögen bestimmt werden, von der bei der Auseinandersetzung und der Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters auszugehen ist1. a) Höhe bei typischen stillen Beteiligungen Das Auseinandersetzungsguthaben des typischen stillen Gesellschafters besteht regelmäßig aus dem Buchwert seiner Vermögenseinlage, wie sie sich am Auflösungstage aufgrund der Buchführung auf dem Einlagekonto ergibt, vermehrt oder – bei Verlustbeteiligung – vermindert um das Ergebnis des letzten Geschäftsjahres bis zum Tage der Auflösung. Das dem stillen Gesellschafter zustehende Ergebnis wird nach den gleichen Grundsätzen ermittelt, die für die Ermittlung des laufenden Jahresergebnisses gelten (vgl. Rn. 14.33 ff., insbesondere Rn. 14.49 ff.). Es ist also auch die Auseinandersetzungsbilanz eine echte Erfolgsermittlungsbilanz; sie ist keine Liquidations-(Vermögens-)Bilanz, weil der typische stille Gesellschafter nicht am Geschäftsvermögen beteiligt ist2.
16.17
Bei der Abrechnung sind nur solche Einlagen zu berücksichtigen, die tatsächlich geleistet und dem stillen Gesellschafter auf dem Einlagekonto gutgebracht worden sind. Das trifft auf Einlagen, die in einer Gebrauchsüberlassung oder in der Leistung von Diensten bestanden, nicht zu, es sei denn, dass der Wert der Gebrauchsüberlassung oder der Dienste vereinbarungsgemäß dem Einlagekonto gutgeschrieben worden ist. Ist das nicht geschehen, kann bei der Auseinandersetzung ein solcher Wert auf dem Einlagekonto nicht verrechnet werden (vgl. Rn. 6.23 f., 6.38, 13.107 ff.).
16.18
Mit der Saldierung der gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten, korrigiert um den Gewinn und Verlust des laufenden Geschäftsjahrs, hat die Auseinandersetzung bei der typischen stillen Gesellschaft ihr Bewenden, soweit der stille Gesellschafter jährlich jeweils an dem gesamten, ihm zukommenden Gewinn und Verlust teilgenommen hat3. Gerade dies ist aber wegen der Schwierigkeiten einer genauen jährlichen Gewinnabrechnung für den typischen stillen Gesellschafter häufig nicht der Fall. Im Rahmen der Berechnung des Auseinandersetzungsanspruchs des typischen stillen Gesellschafters ist deswegen auch die vorangegangene Gewinn- und Verlustverteilung zwischen
16.19
1 BGH v. 24. 9. 1952, BGHZ 7, 174 f. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 16. 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 22; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 21.
355
§ 16
Auseinandersetzung
ihm und dem Inhaber zu korrigieren (Rn. 14.49 ff.)1. Die Schwierigkeit und die Streitanfälligkeit der Auseinandersetzung bei der typischen stillen Gesellschaft liegen in der Bezifferung dieser Korrektur. Auf sie zu verzichten ist zwar zulässig, entspricht aber nicht dem Interesse des stillen Gesellschafters. Ein Verzicht kann deswegen nur bei einer klaren Regelung im Gesellschaftsvertrag angenommen werden2.
16.20
Der Korrektur im Rahmen der Auseinandersetzung liegen dieselben Grundsätze zugrunde wie der jährlichen Gewinn- und Verlustverteilung. Sie betrifft deswegen zunächst die im Geschäftsvermögen vorhandenen Rücklagen, die während des Bestehens der Gesellschaft aus den laufenden Betriebsgewinnen oder aus überhöhten Abschreibungen gebildet wurden und dadurch in den zurückliegenden Jahren den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters entsprechend vermindert haben3. Für offene Rücklagen ist dies unstrittig4. Schwieriger ist die Beurteilung der Rechtslage bei stillen Rücklagen/Reserven, wobei K. Schmidt zutreffend darauf hingewiesen hat, dass es im Wesentlichen darum geht, inwieweit die Jahresbilanzen (in denen die stillen Reserven nicht erfasst werden) auch in der Auseinandersetzung maßgeblich sein sollen5. Nach seiner Auffassung ist eine rechtliche Gleichbehandlung der stillen mit den offenen Rücklagen weder juristisch haltbar noch entspreche sie den kaufmännischen Gepflogenheiten6. Das trifft so aber nicht zu. Dem Gesetz nach ist eine Koppelung der Jahresabschlüsse an die Auseinandersetzungsbilanz nicht zwingend vorgegeben. Vielmehr verfolgen beide ganz unterschiedliche Zwecke. Ursache für die Entstehung von stillen Reserven ist das bilanzrechtliche Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Es ist Ausdruck einer vorsichtigen Bewertung von Gegenständen des Betriebsvermögens und soll im Interesse der Gesellschaft die Ausschüttung bloßer Buchgewinne verhindern (siehe Rn. 13.26). Dass diese Gewinne nicht bilanzwirksam erfasst werden, ändert aber nichts daran, dass sie im ordentlichen Geschäftsverkehr tatsächlich erwirtschaftet wurden. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB ist auf die Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens nach Auflösung der Gesellschaft jedoch nicht mehr anwendbar. Im dogmatischen Ansatz ist daher Bezzenberger/Keul7 zu folgen: Die während des Bestehens der stillen Gesellschaft entstandenen stillen Reserven
1 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 9; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 22; Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 10 ff.; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 9 Fn. 22. 2 Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 13; Sudhoff, NJW 1960, 2121 (2126). 3 Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 12; Hillers, Personengesellschaft und Liquidation, S. 437. 4 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 23; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 19; Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 12; Koller in Koller/Roth/Morck, § 235 HGB Rn. 3; Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 11; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rn. 12. 5 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 24. 6 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 24; vgl. auch Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 12, der nur dem stillen Gesellschafter gegenüber unzulässigerweise gebildete stille Reserven auflösen will. 7 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 11.
356
Auseinandersetzung
§ 16
sind aufzulösen und dem Stillen anteilig gutzuschreiben1. Bewertungsmaßstab ist dabei der handelsrechtliche Teilwert. Im Ergebnis unterscheiden sich beide Auffassungen allerdings kaum. Auch die Gegenansicht geht davon aus, dass diese Frage vorrangig nach dem (ggf. auslegungsbedürftigen) Gesellschaftsvertrag zu lösen ist2. Im Zweifel sei sogar davon auszugehen, dass aus Betriebsgewinnen entstandene stille Reserven aufzulösen sind, da grundsätzlich anzunehmen sei, dass der Stille nur während seiner Beteiligung mit einer Gewinnschmälerung einverstanden ist3. Auch ist der typische stille Gesellschafter an einer durch die Aufwendung von Gesellschaftsmitteln herbeigeführten Vermehrung des Geschäftsvermögens zu beteiligen4. Die aus Gesellschaftsmitteln vorgenommenen Investitionen sind daher bei der Auseinandersetzung zu berücksichtigen5. Die Notwendigkeit zur Vornahme von Korrekturen im Rahmen der Auseinandersetzungsbilanz kann sich auch daraus ergeben, dass in der Vergangenheit Abschreibungen, die nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung hätten vorgenommen werden müssen, unterlassen worden sind. Da die regelmäßigen Absetzungen für Abnutzung stets auch zu Lasten des stillen Gesellschafters gehen, weil sie im regelmäßigen Geschäftsbetrieb verursacht worden sind, hat ihre Unterlassung in früheren Jahren zu überhöhten Gewinnanteilen des stillen Gesellschafters geführt. Es entspricht der Billigkeit und dem Interesse des Inhabers, dass die unterlassenen Abschreibungen nunmehr nachgeholt werden und zu einer Verminderung des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters führen6. Er ist aber nicht verpflichtet, früher bezogene Gewinne zurückzuzahlen, wenn sich bei der Auseinandersetzung herausstellt, dass sie in Wirklichkeit nicht vorhanden gewesen sind7.
16.21
Der ausscheidende stille Gesellschafter ist grundsätzlich nicht an den immateriellen Werten des Unternehmens, insbesondere an dem Geschäfts- oder Firmenwert zu beteiligen, weil für die typische stille Gesellschaft das Fehlen einer – wenn auch nur schuldrechtlichen – Vermögensbeteiligung wesenseigen und charakteristisch ist8. Anderes gilt insbesondere, wenn der Geschäftswert
16.22
1 Im Ergebnis ebenso Schulze-Osterloh in FS Kruse, S. 377 (387); Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 12; Koller in Koller/Roth/Morck, § 235 HGB Rn. 3; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rn. 13. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 22. 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 24; wie sich allerdings bei dieser Annahme eine gegenteilige kaufmännische Gepflogenheit entwickeln soll, erscheint zweifelhaft. 4 RG v. 17. 4. 1928 – II 342/27, RGZ 120, 410. 5 BGH v. 30. 11. 1959 – II ZR 204/57, DB 1960, 261. 6 Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 12; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 24. 7 RG v. 20. 3. 1901 – I 477/00, RGZ 48, 77; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 32. 8 H.M.: BGH v. 12. 5. 1986 – II ZR 11/86, ZIP 1986, 774 f.; Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 8; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 26; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 289; B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der
357
§ 16
Auseinandersetzung
aus Mitteln des Geschäftsvermögens zu Lasten auch des anteiligen Gewinns des stillen Gesellschafters in früheren Jahren gebildet worden ist (vgl. hierzu Rn. 14.45 ff.)1.
16.23
Es ist offensichtlich, dass im Vertrag über eine typische stille Gesellschaft die Auseinandersetzung näher geregelt werden sollte2. In Betracht kommen hierzu entweder das genaue Bestimmen der Berechnungsmodalitäten, das Festlegen eines pauschalen Zuschlags auf den Buchwert zugunsten des stillen Gesellschafters oder der Ausschluss jeder Ergebniskorrektur3. Vereinbart kann auch werden, dass der stille Gesellschafter zwar nicht an dem Geschäftswert als solchem beteiligt ist, wohl aber an dessen Wertzuwachs während des Bestehens der stillen Gesellschaft. Der Unterschied zur atypischen stillen Gesellschaft liegt dann darin, dass der stille Gesellschafter nicht an dem Geschäftswert beteiligt ist, soweit er schon vor Gründung der stillen Gesellschaft bestand. Diese Form der Beteiligung kann allerdings nicht als Regel unterstellt werden, auch sie bedarf der besonderen vertraglichen Vereinbarung. Eine Schätzungsgrundlage für die Ergebniskorrektur erhält man im Übrigen, wenn man den Wertzuwachs des Geschäftsvermögens in Verhältnis zu den Beitragsleistungen des Inhabers und des stillen Gesellschafters setzt.
16.24
Diese bei der Auseinandersetzung gegebenenfalls vorzunehmenden Korrekturen haben mit der für die atypische stille Gesellschaft charakteristischen schuldrechtlichen Beteiligung des stillen Gesellschafters an den Anlagewerten, an den (bei Gründung der Gesellschaft bereits bestehenden, im Übrigen vgl. Rn. 16.20) Rücklagen und am Geschäfts- oder Firmenwert nichts zu tun. Sie haben ihre Ursache nicht in einer „Substanzbeteiligung“ des stillen Gesellschafters, sondern darin, dass während des Bestehens der Gesellschaft seine anteiligen Gewinne zu niedrig oder zu hoch errechnet worden sind. Sie führen also nicht zur Behandlung der Beteiligung als atypische stille Gesellschaft – auch nicht auf dem Gebiete des Steuerrechts (vgl. hierzu Rn. 20.52 ff., 22.2 ff.). b) Höhe bei schuldrechtlicher Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters
16.25
Nach anderen Grundsätzen als bei der typischen stillen Gesellschaft bestimmt sich die Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens, wenn der stille Gesellschafter schuldrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligt ist. Bestimmt der Gesellschaftsvertrag nichts anderes, so ist der Inhaber verpflichtet, den Wert des schuldrechtlichen Anteils des atypischen stillen Gesellschafters am Ge-
Wirtschaftspraxis, S. 122 f.; Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 12; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rn. 14; Koller in Koller/Roth/Morck, § 235 HGB Rn. 3; a.A. Zinkeisen, Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, S. 33, 89. 1 Weitergehend Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 12 f.; SchulzeOsterloh in FS Kruse, S. 377 (387). 2 Ebenso K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 22. 3 So auch Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 117 f.
358
Auseinandersetzung
§ 16
schäftsvermögen diesem in Geld zu ersetzen. Es bedarf dazu der Aufstellung einer Vermögensbilanz auf den Zeitpunkt der Auflösung, in die nicht die Buchwerte, sondern die wirklichen Werte der einzelnen zum Betriebsvermögen gehörenden Vermögensgegenstände einzustellen sind1. Maßgeblich ist der Fortführungswert2, sofern nicht auch das Handelsgeschäft aufgelöst wird. Der stille Gesellschafter erhält darüber hinaus seinen Anteil an den offenen Rücklagen und an dem Geschäftswert3. Dieser ist zu schätzen. Der stille Gesellschafter, der schuldrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligt ist, wird also im Gegensatz zum typischen stillen Gesellschafter nicht mit dem berichtigten Buchwert seiner Einlage abgefunden; er erhält ein Auseinandersetzungsguthaben, das sich von dem eines OHG-Gesellschafters nicht unterscheidet und dessen Wert sich nach dem tatsächlichen Geschäftswert bestimmt4. Der Gesellschaftsvertrag kann auch hier die Modalitäten für die Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens im Einzelnen und abweichend von den obigen Ausführungen regeln. Es kann die Berücksichtigung des Geschäftswertes oder bestimmter Rücklagen ausgeschlossen, es kann ihnen aber auch in Form eines Zuschlags zum Buchwert des Einlagekontos Rechnung getragen werden. Enthält der Gesellschaftsvertrag Abreden über die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens, ohne die Behandlung des Geschäftswerts zu erwähnen, so spricht das dafür, dass er außer Betracht bleiben soll.
16.26
3. Sonderfälle der Auseinandersetzung Ergibt die Berechnung für den stillen Gesellschafter ein Guthaben, so ist dieses in Geld zu berichtigen (§ 235 Abs. 1 HGB). Das Abfindungsguthaben gibt ihm einen schuldrechtlichen Anspruch auf Zahlung des festgestellten Betrags durch den Inhaber; dieser ist in Höhe des Guthabens Schuldner des stillen Gesellschafters5.
16.27
Diejenigen Wirtschaftsgüter, die zum Gebrauch überlassen worden sind, sind mit der Auflösung der Gesellschaft an den stillen Gesellschafter zurückzuge-
16.28
1 BGH v. 13. 4. 1995 – II ZR 132/94, NJW-RR 1995, 1061; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 58; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 301; Bezzenberger/ Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 28; Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 22; Koller in Koller/Roth/Morck, § 235 HGB Rn. 4. 2 Marquardt, Anm. zu BGH v. 16. 5. 1994, WiB 1994, 906. 3 Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 22; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 58. 4 BGH v. 16. 5. 1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185 (1186); BGH v. 13. 4. 1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277; B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, S. 117; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 192 f.; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 58; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 27; Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 22. 5 RG v. 20. 2. 1941 – II 99/40, RGZ 166, 160 (164 f.); RG v. 20. 12. 1929 – II 66/29, RGZ 126, 393; BGH v. 2. 5. 1983 – II ZR 148/82, NJW 1983, 2375; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 27.
359
§ 16
Auseinandersetzung
ben, wenn sie der Inhaber nicht zur Abwicklung der schwebenden Geschäfte benötigt (§ 732 BGB)1. a) Dienstleistungen als Beitrag des stillen Gesellschafters
16.29
Ist ein Einlagekonto nicht geführt worden und haben die Parteien auch keine Vereinbarung getroffen, nach der der Wert der Dienste einem Einlagekonto des stillen Gesellschafters gutzuschreiben gewesen wäre, dann ist in aller Regel dem stillen Gesellschafter ein solcher Wert bei der Auseinandersetzung auch nicht gutzubringen2. Der Grund hierfür besteht darin, dass sich Dienstleistungen zwar unter Umständen über das Ende der Gesellschaft hinaus zugunsten des Unternehmens auswirken mögen; sie schlagen sich aber in der Regel im Geschäftsvermögen nicht in so bestimmter Weise nieder, dass sie dort bei Beendigung der Gesellschaft als fest umrissener und messbarer Vermögenswert festzustellen wären. Von seiner in Dienstleistungen bestehenden Einlage ist deshalb nichts zu erstatten. Man wird dies am treffendsten mit dem hypothetischen Willen der Parteien begründen können3. Mit dem Verzicht, die Einlage auf dem Kapitalkonto des Stillen zu erfassen, zeigen die Parteien, dass sie ihr keinen bilanziellen Wert zumessen. Schon aufgrund praktischer Schwierigkeiten ist nicht davon auszugehen, dass sie die Wertbemessung (erst) bei Auflösung der Gesellschaft vornehmen wollten. Mit der Gewinnbeteiligung, die das Entgelt für die Nutzungen darstellt, die das Unternehmen aus der Einlage ziehen konnte, sind die Dienstleistungen abschließend berücksichtigt. Das entspricht auch der im Regelfall für die stille Gesellschaft anwendbaren Vorschrift des § 733 Abs. 2 Satz 3 BGB, nach der für Einlagen, die in der Leistung von Diensten bestanden, kein Ersatz verlangt werden kann.
16.30
Das alles gilt aber nicht, wenn wegen der besonderen Ausgestaltung der Dienste und der Eigenart der für die Gewinnbeteiligung vereinbarten Berechnungsmethode die bis zum Ausscheiden geleisteten Dienste des stillen Gesellschafters durch den Gewinnanteil nicht voll abgegolten sind und wenn insoweit der Erfolg dieser Dienste bei Auflösung der Gesellschaft im Geschäftsvermögen noch als greifbarer und messbarer Vermögenswert vorhanden ist. Denn dann fehlt es an den tatsächlichen Voraussetzungen, die es rechtfertigen, den Ersatz für Dienstleistungen auszuschließen.
16.31
In einem solchen Ausnahmefall wird die auszuzahlende Einlage des Stillen nicht nach dem tatsächlich erzielten Gewinn berechnet, weil dies § 235 Abs. 1 HGB widerspräche. Vielmehr hat der Stille einen Anspruch auf Ersatz seiner im Geschäftsvermögen verbliebenen Einlage in einer Höhe, die sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft bestimmt4. 1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 12 wendet hier § 738 BGB analog an, vgl. Rn. 16.1. 2 BGH v. 24. 9. 1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (181); RG v. 14. 12. 1938 – II 109/38, SeuffA 93 Nr. 59; Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 21. 3 Zutreffend daher K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 14. 4 BGH v. 22. 11. 1965 – II ZR 189/63, NJW 1966, 501; Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rn. 1; zweifelnd K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 14, der statt-
360
Auseinandersetzung
§ 16
Bei Einlagen, die zum Gebrauch überlassen wurden, die also Eigentum des stillen Gesellschafters geblieben sind, trägt dieser die Gefahr des zufälligen Untergangs. Für normale Abnutzung kann er keinen Ersatz verlangen, wohl aber hat er Anspruch auf Entschädigung, wenn die Wertminderung infolge vertragswidriger Benutzung oder mangelnder Sorgfalt des Inhabers (§ 708 BGB) eingetreten ist.
16.32
Der stille Gesellschafter hat auch dann nur einen Geldanspruch, wenn seine Einlage in einer Sacheinlage bestand, die in das Eigentum des Inhabers übertragen worden ist; er kann nicht die Rückübertragung des Eigentums verlangen, wie er andererseits nicht verpflichtet ist, an Stelle seines Auszahlungsanspruchs die noch vorhandene Sacheinlage zurückzunehmen. Anders ist es zu beurteilen, wenn vereinbart worden ist, dass die formell zu Eigentum übertragenen Sacheinlagen ihm im Innenverhältnis zugewiesen bleiben sollten. Dann ist er schuldrechtlich berechtigt und verpflichtet, sie bei Auflösung der Gesellschaft zurückzunehmen.
16.33
Ist der stille Gesellschafter bei Auflösung der Gesellschaft mit einer Sacheinlage im Rückstand, kann der Inhaber deren Leistung weiterhin verlangen. Es verwandelt sich sein Anspruch nicht in eine Geldforderung (siehe Rn. 16.50).
16.34
b) Sachleistungen als Beitrag des stillen Gesellschafters
III. Auszahlungsanspruch Der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben ist übertragbar (§ 717 Satz 2 BGB). Die Übertragung ist schon vor dem Ausscheiden möglich1. Es handelt sich um einen künftigen Anspruch. Wird dieser Anspruch abgetreten, so wird diese Vorausabtretung hinfällig, wenn der Gesellschafter seine Beteiligung auf eine andere Person überträgt, da die Forderung in der Person des Zedenten (des ehemaligen Gesellschafters) nicht mehr entstehen kann. Für den Fall der Gesamtrechtsnachfolge gilt dies allerdings nicht. Die Vorausabtretung bleibt bestehen, da der Gesamtrechtsnachfolger in die Position seines Vorgängers einrückt2. Dagegen ist der Anspruch auf Vornahme der Auseinandersetzung nicht abtretbar; er steht als Ausfluss des Gesellschaftsverhältnisses nur dem stillen Gesellschafter zu (§ 717 Satz 1 BGB).
16.35
Da der stille Gesellschafter als solcher kein Kaufmann ist, kann er wegen seines Auseinandersetzungsguthabens erst Zinsen mit Verzugseintritt gemäß § 288 BGB beanspruchen. Ist er dagegen selbst Kaufmann und ist der Gesell-
16.36
dessen eine Lösung über bereicherungsrechtliche Grundsätze (§ 812 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BGB) oder die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) befürwortet. 1 Koller in Koller/Roth/Morck, § 235 HGB Rn. 1. 2 BGH v. 14. 7. 1997 – II ZR 122/96, WM 1997, 1709; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 29.
361
§ 16
Auseinandersetzung
schaftsvertrag ein beiderseitiges Handelsgeschäft, sind für sein Auseinandersetzungsguthaben bereits mit Fälligkeit 5 % Zinsen zu zahlen (§§ 352, 353 HGB)1. 1. Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs
16.37
Die Fälligkeit des Auseinandersetzungsguthabens bestimmt sich nach § 271 BGB; sie hat die vorgängige Berechnung des Guthabens durch den Inhaber zur Voraussetzung2. Wird diese verzögert, tritt die Fälligkeit in dem Zeitpunkt ein, in dem der Inhaber nach Treu und Glauben das Guthaben hätte errechnen können3. Der stille Gesellschafter kann in diesem Falle auf Vornahme der Auseinandersetzung klagen. Zweckmäßig wird er mit dieser Klage die Klage auf Zahlung seines Guthabens verbinden, wobei die Angabe des genauen Betrags bis zu dessen Feststellung vorbehalten wird (Stufenklage gemäß § 254 ZPO)4. Liegen die Verhältnisse so einfach, dass sich der endgültige Anspruch des Stillen ohne besonderes Abrechnungsverfahren ermitteln lässt, oder kann er den Betrag selbst berechnen, so wird er unmittelbar auf Zahlung klagen. Kann er nur einen Mindestbetrag angeben, der ihm auf jeden Fall zusteht, kann dessen Zahlung verlangt werden5. War z.B. der stille Gesellschafter am Verlust nicht beteiligt, dann ist die Klage auf Rückzahlung der Einlage auf jeden Fall berechtigt und begründet, und es bleibt nur noch die Berechnung des bis zum Auflösungstage entstandenen anteiligen Gewinns offen. Bei Verlustbeteiligung genügt zur Rechtfertigung der Klage auf Rückzahlung der Einlage der Nachweis, dass bis auf das letzte, noch nicht abgerechnete Geschäftsjahr stets ein Gewinnanteil ausgezahlt worden ist und dass auch das letzte Geschäftsjahr keinen Verlust erbracht hat6.
16.38
Es empfiehlt sich, im Gesellschaftsvertrag nähere Bestimmungen über die Auszahlung des Guthabens zu treffen, damit die Liquidität des Inhabers nicht beeinträchtigt wird (Vereinbarung von Zahlungsfristen oder Ratenzahlungen).
1 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 294; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 31; Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rn. 2; Koller in Koller/Roth/Morck, § 235 HGB Rn. 2. 2 BGH v. 29. 6. 1992 – II ZR 284/91, DNotZ 1993, 619 (620 f.); Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rn. 2; Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 2; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 29. 3 Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 2; Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 19; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 29. 4 BGH v. 16. 5. 1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185 (1186); so auch H.-F. Müller, Anm. zum BGH-Urteil vom 13. 4. 1995, WuB II H. § 723 BGB, S. 994; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 53; Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rn. 3; Koller in Koller/Roth/Morck, § 235 HGB Rn. 12; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 43. 5 BGH v. 27. 3. 1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583; BGH v. 2. 7. 1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (305) = DB 1962, 1108; BGH v. 8. 7. 1976 – II ZR 34/75, DB 1977, 89 = WM 1976, 1030; BGH v. 12. 5. 1977 – III ZR 91/75, DB 1977, 2040; vgl. oben Rn. 16.7. 6 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 53.
362
Auseinandersetzung
§ 16
Zulässig ist es auch, das Auseinandersetzungsguthaben des Stillen im Wege einer lebenslänglichen oder zeitlich begrenzten Rente an den Ausscheidenden oder einen von ihm benannten Dritten zu vereinbaren. Im Anwendungsbereich des KWG handelt es sich nach Ansicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht dabei um ein Einlagengeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG), das nach § 32 KWG der aufsichtsrechtlichen Erlaubnis durch die BaFin bedarf1.
16.39
2. Durchsetzung des Auseinandersetzungsanspruchs Erkennt der stille Gesellschafter das vom Inhaber errechnete Guthaben nicht an, weil es seiner Meinung nach zu niedrig festgestellt worden ist, kann er mindestens den von ihm selbst errechneten Betrag unter Berufung auf die Handelsbücher des Inhabers einklagen. Es ist dann dessen Sache, nachzuweisen, dass die von ihm geführten Handelsbücher fehlerhaft waren, wenn er den Anspruch bestreitet2.
16.40
Besteht über die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens eines stillen Gesellschafters Streit, so darf das Gericht nicht ohne weiteres von der Verlust- und Gewinnrechnung ausgehen, die der Inhaber des Handelsgewerbes aufgestellt hat und deren Richtigkeit der stille Gesellschafter bestreitet. Die Gewinnund Verlustrechnung ist nur eine, aber nicht die einzige Grundlage für die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens. Daneben sind die Bücher und Schriften des Geschäftsinhabers heranzuziehen und, soweit sie die Geschäftsvorgänge nicht oder nicht vollständig erfassen, ist auch auf diese zurückzugehen. Für eine Auseinandersetzung sind stets die wirklichen, nicht nur die buchmäßig erfassten Verhältnisse maßgebend. Der stille Gesellschafter kann deshalb gegen den Inhaber Klage mit dem Ziel erheben, dass das Gericht für einzelne Posten der Abschichtungsbilanz andere Werte verbindlich feststellt, als der Inhaber ausgewiesen hat3. Er kann nicht auf die Aufstellung einer Gegenrechnung verwiesen werden, weil er hierzu in der Regel nicht in der Lage sein wird. Der Beweis dafür, dass die Einlage des stillen Gesellschafters durch Verluste aufgezehrt sei, obliegt dem Inhaber des Handelsgewerbes, der insoweit zur Rechenschaft verpflichtet ist4. Im Übrigen ist nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen jeder Gesellschafter für die Höhe seiner eigenen Einlage beweispflichtig. Eine Klage mit dem Ziel, dass das Gericht die gesamte Abschichtungsbilanz feststelle, ist unzulässig5.
16.41
1 Mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen in BGH v. 21. 3. 2005 – II ZR 149/03, ZIP 2005, 763 (765) mit Verweis auf die Erweiterung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG durch die Sechste KWG-Novelle vom 22. 10. 1997, BGBl. I 1997, 2518. 2 Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 54; Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rn. 3; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 294. 3 BGH v. 16. 5. 1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185. 4 BGH v. 30. 11. 1959 – II ZR 204/57, BB 1960, 14; Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 22; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 54; Hopt in Baumbach/ Hopt, § 235 HGB Rn. 3; a.A. Koller in Koller/Roth/Morck, § 236 HGB Rn. 12; vgl. auch BGH v. 16. 5. 1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185. 5 BGH v. 16. 5. 1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185.
363
§ 16
Auseinandersetzung
16.42
Zur Durchsetzung und Sicherung seiner Ansprüche kann der stille Gesellschafter erforderlichenfalls eine einstweilige Verfügung oder einen Arrest beantragen, §§ 916 f., 935 f. ZPO.
16.43
Ist er mit der Leistung seiner Geldeinlage im Rückstand, braucht er sie nach der Auflösung der Gesellschaft nicht mehr zu erbringen, wenn sein Einlagekonto einen Aktivsaldo aufweist. 3. Kontrollrechte des stillen Gesellschafters
16.44
Welche Rechte der stille Gesellschafter zur Nachprüfung der Schlussrechnung hat, ist streitig. Nach der hier vertretenen Auffassung ist § 233 HGB anzuwenden1. Die h.M., wonach § 233 HGB nur während bestehender Gesellschaft anwendbar sei2, verträgt sich nicht mit dem Fortbestand der stillen Gesellschaft als Abwicklungsgesellschaft und der insoweit noch nachwirkenden Gesellschaftertreue (siehe Rn. 16.64).
16.45
Der BGH hat sich jedoch der h.M. angeschlossen3. Nach seiner Ansicht kann sich der Stille zur Prüfung der Richtigkeit der Auseinandersetzungsbilanz nicht mehr auf die Rechte aus § 233 Abs. 1 und 3 HGB berufen; vielmehr müsse er sein Verlangen auf Bucheinsicht auf § 810 BGB stützen.
16.46
Aus Gründen der Sicherheit empfiehlt es sich in jedem Falle, im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich das Weiterbestehen der Kontrollrechte des Stillen auch nach der Auflösung der stillen Gesellschaft festzulegen4. Zu weit geht jedoch das OLG Hamburg5, wenn es meint, dass in diesen Fällen das Gericht bei Vorliegen von wichtigen Gründen auch die teilweise Vorlegung eines über das Unternehmen erstatteten finanzamtlichen Betriebsprüfungsberichts an den stillen Gesellschafter anordnen könne. Der Betriebsprüfungsbericht ist kein Geschäftspapier.
IV. Das passive Einlagekonto 1. Grundsätzliche Bedeutung als Auszahlungssperre
16.47
Ist das Einlagekonto des stillen Gesellschafters passiv, so braucht er, wenn er seine Einlage voll erbracht hat, den Passivsaldo nicht auszugleichen, da er am 1 So auch Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rn. 5; Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 20; Saenger, Die stille Gesellschaft, S. 143; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 88; Lang, Die Typen der stillen Gesellschaft, S. 64. 2 Vgl. nur Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 32; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 171; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 49; Flechtheim in Düringer/ Hachenburg, § 338 HGB Rn. 5. 3 BGH v. 11. 7. 1968 – II ZR 92/67, WM 1968, 1245; zur GmbH BGH v. 28. 4. 1977 – II ZR 208/75, DB 1977, 1248; a.A. OLG Frankfurt v. 28. 2. 1967 – 5 U 27/66, BB 1967, 1182. 4 Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 88. 5 OLG Hamburg v. 11. 5. 1965 – 2 U 19/65, MDR 1965, 666.
364
Auseinandersetzung
§ 16
Verlust nur bis zum Betrag seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage teilnimmt (§ 232 Abs. 2 Satz 1 HGB)1. Soweit die Einlage rückständig und fällig ist, muss mit ihr der Passivsaldo ausgeglichen werden. Reicht sie zum vollen Ausgleich nicht aus, dann ist lediglich die rückständige Einlage zu leisten. Ist der Passivsaldo geringer als der Rückstand, braucht dieser im Zeitpunkt der Fälligkeit nur in Höhe des Passivsaldos erbracht zu werden. Der stille Gesellschafter kann also niemals mehr als eine Einlage und den zur Deckung früherer Verluste verwendeten Gewinn verlieren.
16.48
Bestand die Einlage vereinbarungsgemäß in Dienstleistungen oder Gebrauchsüberlassungen, so verliert der stille Gesellschafter schlimmstenfalls den Gewinnanteil, den er zum Ausgleich des Passivsaldos zur Verfügung stellen muss, da zur Verlustdeckung nur eine Einlage in Betracht kommt, die ihm auf dem Einlagekonto gutgebracht worden ist. Das ist bei Gebrauchsüberlassung und Dienstleistung regelmäßig nicht der Fall (vgl. Rn. 6.31 ff., 6.38 ff., 13.107).
16.49
Zweifelhaft ist, ob der stille Gesellschafter verpflichtet ist, den Passivsaldo in Geld abzudecken, wenn er nach dem Gesellschaftsvertrag eine Sacheinlage zu erbringen hatte und diese noch rückständig ist. K. Schmidt2 bejaht das mit dem Hinweis, dass bei der Auseinandersetzung die Einlage nur noch als Deckungsobjekt für den Verlust Bedeutung habe und es deshalb auf die nach dem Gesellschaftsvertrag vereinbarte Einlage, die zur Förderung des Gesellschaftszwecks dienen sollte, nicht mehr ankomme. Aus dem Gesetz lässt sich dies nicht herleiten. Der Inhaber kann auch nach der Auflösung der stillen Gesellschaft zum Ausgleich des Passivsaldos nur das verlangen, was im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist. Freilich können die Parteien für diesen Fall (unter Umständen auch konkludent) Abweichendes vereinbaren. Zum Ausgleich in Geld ist der stille Gesellschafter, wenn allein Sacheinlagen vereinbart worden sind, nicht verpflichtet; seine Leistungspflicht wird durch die Auflösung der stillen Gesellschaft inhaltlich nicht verändert3.
16.50
Doch kann sich der inhaltlich auf eine Sacheinlage gerichtete Anspruch in einen Geldanspruch umwandeln. Dies richtet sich zunächst nach dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht. Erbringt der stille Gesellschafter die Sacheinlage
16.51
1 OLG Karlsruhe v. 19. 2. 1986 – 6 U 111/85, ZIP 1986, 916 (917); Hopt in Baumbach/ Hopt, § 235 HGB Rn. 2; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 35 und 61 (zur atypischen stillen Gesellschaft); Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 22; Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 3; von Gerkan/Mock in Röhricht/Graf von Westphalen, § 235 HGB Rn. 17 und 23; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, § 235 HGB Rn. 9. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 34; ebenso von Gerkan/Mock in Röhricht/Graf von Westphalen, § 235 HGB Rn. 17. 3 So die überwiegende Auffassung, vgl. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 296 f.; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 124; B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, S. 126; Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 20; Klauss/ Mittelbach, Die stille Gesellschaft, S. 107 Rn. 212; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 340 HGB Anm. 11; Möhle, Die Personengesellschaft OHG, KG, StG, S. 375.
365
§ 16
Auseinandersetzung
nicht oder nicht vertragsgemäß und hat er dies zu vertreten (§ 276 BGB), kann der Inhaber nach Ablauf einer angemessenen Nachfrist Schadensersatz statt der Leistung fordern (§§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB, bei mangelhafter Leistung unter Umständen über § 437 Nr. 3 BGB analog). Ohne Ablauf einer angemessenen Frist ist der Schadensersatzanspruch begründet, wenn die Fristsetzung entweder entbehrlich ist (§ 281 Abs. 2 BGB) oder die Leistung unmöglich ist (§§ 280 Abs. 1 und 3, 283 BGB). Der Inhaber kann bei Unmöglichkeit außerdem die Herausgabe des Surrogats (z.B. eine Versicherungsleistung für die Zerstörung) nach § 285 BGB verlangen, selbst wenn der Stille die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat.
16.52
Auch außerhalb des Leistungsstörungsrechts berücksichtigt das allgemeine Schuldrecht den Fall, dass eine Leistung durch veränderte Umstände für die Parteien nicht mehr ihre ursprüngliche Bedeutung hat. Zum einen besteht die Möglichkeit, die Sacheinlagepflicht vertraglich in eine Geldleistung zu ändern (§ 311 Abs. 1 BGB). Erbringt der stille Gesellschafter mit Zustimmung des Inhabers seine Sacheinlageschuld durch Geldzahlung, ist zudem an eine Annahme an Erfüllungs statt (§ 264 Abs. 1 BGB) zu denken. Zum anderen eröffnen die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) flexible Lösungsmöglichkeiten. Dabei wird in der Regel davon auszugehen sein, dass das Fortbestehen der Gesellschaft für die Sacheinlage beiderseitige Geschäftsgrundlage ist und zumindest der Inhaber, hätte er von der Auflösung der Gesellschaft vor Leistungserbringung gewusst, eine Geldleistung vereinbart hätte. Ob der Vertrag nach § 313 Abs. 1 BGB entsprechend angepasst werden kann, hängt also regelmäßig von Zumutbarkeitserwägungen, insbesondere der vertraglichen Risikoverteilung, ab. Dies ist normativ zu bestimmen und hängt von einer umfassenden Interessenabwägung ab, bei der einerseits berechtigte Interessen des stillen Gesellschafters, die Sachleistung noch zu erbringen, und andererseits der (unter Umständen vom Stillen vorhersehbare) Wegfall des Interesses des Inhabers an der Leistung in natura gegeneinander abzuwägen sind.
16.53
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der Gefahr, dass die Sacheinlage billigerweise nicht mehr ihrer vertraglichen Funktion entsprechen kann, mit allgemeinen Grundsätzen des BGB begegnet werden kann. Eine Abkehr vom Grundsatz, dass Verträge in natura zu erfüllen sind, ist daher nicht angebracht, zumal damit berechtigte Interessen des Stillen pauschal unberücksichtigt blieben.
16.54
Ob der stille Gesellschafter für die durch vorzeitige Auflösung der Gesellschaft fortgefallenen Dienstleistungen Ersatz zu leisten hat, richtet sich nach den Gründen der Auflösung. Eine solche Verpflichtung besteht, wenn er durch sein vertragswidriges Verhalten den Inhaber zur fristlosen Kündigung veranlasst hat. Bei der Höhe der Schadensersatzleistung ist jedoch auch der Fortfall der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters zu berücksichtigen.
366
Auseinandersetzung
§ 16
Aufgrund der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit können die Beteiligten durch entsprechende ausdrückliche und unmissverständliche Regelung im Gesellschaftsvertrag vereinbaren, dass der stille Gesellschafter über seine Vermögenseinlage hinaus am Verlust beteiligt sein soll. Eine einfache Verlustbeteiligungsklausel genügt hierfür nicht1. Eine solche Vereinbarung wirkt nur im Innenverhältnis. Sie hat zur Folge, dass der stille Gesellschafter bei Auflösung der Gesellschaft in Höhe der von ihm übernommenen Verpflichtung den gesamten Passivsaldo auszugleichen und dem Inhaber entsprechende Zahlungen zu leisten hat. Die Übernahme der Verlustdeckungspflicht kann so weit gehen, dass der stille Gesellschafter im Innenverhältnis unbeschränkt für die Verluste mit seinem eigenen Vermögen einzustehen hat2.
16.55
2. Vertragliche Sonderregelungen
V. Abwicklung schwebender Geschäfte 1. Begriff der schwebenden Geschäfte Da die Auflösung der stillen Gesellschaft diese von einer werbenden in eine Abwicklungsgesellschaft umwandelt, bleibt der stille Gesellschafter an dem Gewinn und Verlust, der sich aus den schwebenden Geschäften ergibt, weiterhin beteiligt (§ 235 Abs. 2 HGB), wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist. Für die im Zeitpunkt der Errichtung der stillen Gesellschaft schwebenden Geschäfte trifft das Gesetz keine Regelung. Ob der stille Gesellschafter an ihren Ergebnissen beteiligt ist, richtet sich nach dem Gesellschaftsvertrag. Im Zweifel wird die Beteiligung zu bejahen sein, weil die Gewinne (und Verluste) aus diesen Geschäften Bestandteil des laufenden Jahresgewinnes(-verlustes) sind, an dem der stille Gesellschafter anteilmäßig teilnimmt3.
16.56
Unter den Begriff der schwebenden Geschäfte fallen alle Geschäfte, zu deren Ausführung der Inhaber im Zeitpunkt der Auflösung bereits verpflichtet war, die aber in diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig abgewickelt sind (z.B. Vergleiche über eine Streitigkeit, schwebende Prozesse, abgeschlossene, aber noch nicht oder noch nicht vollständig erfüllte Verträge usw.)4. Geschäfte, die lediglich geplant oder nur unverbindlich vorbesprochen sind, sind keine schwebenden Geschäfte in diesem Sinne, auch nicht Geschäfte, an deren Ergebnissen der stille Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag nicht teil-
16.57
1 OLG Karlsruhe v. 19. 2. 1986 – 6 U 111/85, ZIP 1986, 916 (918). 2 BGH v. 17. 3. 1966 – II ZR 282/63, BGHZ 45, 204 (für den Fall der unbeschränkten Haftung eines Kommanditisten); OLG Karlsruhe v. 19. 2. 1986 – 6 U 111/85, ZIP 1986, 916 (917); Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rn. 2; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 35 und 61. 3 Ebenso Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 298. 4 BGH v. 16. 12. 1985 – II ZR 38/85, WM 1986, 709; BGH v. 29. 4. 1985 – II ZR 167/84, WM 1985, 1166; Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 16; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, § 235 HGB Rn. 27; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 50; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 38.
367
§ 16
Auseinandersetzung
nimmt. Dagegen wird man zu den schwebenden Geschäften auch diejenigen Verträge rechnen müssen, die der Geschäftsinhaber erst nach Beginn des Abwicklungsstadiums abschließt, wenn und soweit ihr Abschluss erforderlich und daher berechtigt war, um die stille Gesellschaft möglichst rasch und reibungslos vollständig abzuwickeln1. Deliktshandlungen und Dauerschuldverhältnisse fallen regelmäßig nicht unter die schwebenden Geschäfte; anderes kann gelten, wenn ein besonders enger Zusammenhang zum Gesellschaftszweck besteht2.
16.58
Die Abwicklung der schwebenden Geschäfte ist Aufgabe des Inhabers (§ 235 Abs. 2 Satz 1 HGB), die außerhalb der Auseinandersetzung zu erfüllen ist3. Der stille Gesellschafter wirkt dabei nicht mit, auch wenn er während der Dauer der Gesellschaft zur Geschäftsführung berechtigt war4. Das ergibt sich entweder aus einer analogen Anwendung des § 740 Abs. 1 Satz 2 BGB oder – dogmatisch konsequenter – unmittelbar aus § 235 Abs. 2 Satz 1 HGB (vgl. Rn. 16.1). Der Inhaber hat die Geschäfte nach seinem Ermessen abzuwickeln. Er darf dabei nicht willkürlich verfahren; er hat weiterhin auch auf die Interessen des Ausgeschiedenen Rücksicht zu nehmen5, was nach der hier vertretenen Auffassung bereits aus den auch im Abwicklungsstadium bestehenden gesellschaftsrechtlichen Rücksichtnahmepflichten folgt. Er kann, wenn es zur Beendigung dieser Geschäfte erforderlich ist, neue Geschäfte eingehen6, an deren Ergebnissen der stille Gesellschafter ebenfalls beteiligt bleibt.
16.59
Da die stille Gesellschaft während der Abwicklung als Abwicklungsgesellschaft fortbesteht (Rn. 15.3), hat der Geschäftsinhaber bei der Abwicklung nur für die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten einzustehen. § 708 BGB ist weiterhin anzuwenden7. 2. Beteiligung des stillen Gesellschafters am Ergebnis schwebender Geschäfte
16.60
In welchem Umfang der stille Gesellschafter an den Ergebnissen der schwebenden Geschäfte beteiligt bleibt, bestimmt sich nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen. Seine Beteiligung an den Ergebnissen der schwebenden
1 Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 116. 2 Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 16; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 40 m.w.N. 3 Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 29 f.; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 42, 47. 4 B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, S. 115; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 42; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 52. 5 Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rn. 4; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 42. 6 Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rn. 5. 7 So auch Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 298; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 42.
368
Auseinandersetzung
§ 16
Geschäfte kann auch völlig ausgeschlossen werden1. Dies wird zum Teil wegen der Streitanfälligkeit der Beteiligung an schwebenden Geschäften empfohlen2. Ein solcher Ausschluss ist jedoch nicht schon dann anzunehmen, wenn der stille Gesellschafter an den zur Zeit der Errichtung der stillen Gesellschaft schwebenden Geschäften beteiligt worden ist, weil die Gewinne und Verluste aus diesen Geschäften während des Bestehens der stillen Gesellschaft anfallen und deshalb einen Teil des laufenden Jahresergebnisses, an dem der Stille beteiligt ist, bilden3. Der Ausschluss muss vielmehr ausdrücklich und unmissverständlich vereinbart werden, da die Beteiligung des Stillen an den schwebenden Geschäften in § 235 Abs. 2 HGB ausdrücklich geregelt ist.
16.61
Aus Gründen der vereinfachten Berechnung wird häufig vereinbart, dass der stille Gesellschafter zur Abgeltung seiner Beteiligung ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Ergebnisse der schwebenden Geschäfte einen Zuschlag zu seinem Guthaben oder eine feste Abfindungssumme erhalten soll.
16.62
Wenn keine andere Regelung getroffen worden ist, kann der stille Gesellschafter am Schluss jedes Geschäftsjahres Rechenschaft über die inzwischen abgewickelten Geschäfte, Auszahlung des ihm gebührenden Betrags und Auskunft über den Stand der noch nicht abgewickelten Geschäfte verlangen (§ 235 Abs. 3 HGB). Das Geschäftsjahr ist der Zeitraum, für den der Inhaber nach Auflösung der Gesellschaft seinen Jahresabschluss erstellt4. Er braucht mit dem Geschäftsjahr der aufgelösten Gesellschaft nicht übereinzustimmen. Selbstverständlich kann vereinbart werden, dass der Abrechnung weiterhin das für die stille Gesellschaft maßgebend gewesene Geschäftsjahr zugrunde zu legen ist, obwohl der Geschäftsinhaber seinen Gewinn für einen anderen Zeitraum ermittelt.
16.63
Streitig ist, ob dem stillen Gesellschafter zur Nachprüfung der Abrechnung die Rechte aus § 233 HGB zustehen. Rechtsprechung und h.L. verneinen das mit der Maßgabe, dass er nur noch die Vorlage der Bücher und Papiere im Rahmen des § 810 BGB verlangen kann5 (vgl. bereits Rn. 16.44). In der Tat ist dies konsequent, wenn man davon ausgeht, dass Auflösung und Vollbeendigung bei der Innengesellschaft zusammenfallen (dann bliebe es aber dennoch bei
16.64
1 BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 32/94, BGHZ 127, 176 (181); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 48; Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rn. 4; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 59. 2 Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 33. 3 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 297 f.; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 48; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 59. 4 Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 31. 5 BGH v. 11. 7. 1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (324); BGH v. 11. 7. 1968 – II ZR 108/67, DB 1969, 39; BGH v. 3. 11. 1975 – II ZR 98/74, BB 1976, 11; BGH v. 8. 4. 1976 – II ZR 203/74, DB 1976, 2106 (2107); Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 171; Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 32; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 53.
369
§ 16
Auseinandersetzung
§ 235 Abs. 3 HGB). Dass dieser Ansicht nicht zu folgen ist, wurde jedoch bereits oben (Rn. 15.3) dargelegt1.
16.65
Dies bestätigt auch ein Blick auf die Kontrollrechte: § 235 Abs. 3 HGB zeigt, dass sich Inhaber und Stiller auch nach Auflösung der Gesellschaft nicht wie gewöhnliche Schuldner und Gläubiger gegenüberstehen, sondern dass aus der aufgelösten gesellschaftsrechtlichen Beziehung noch (spezifisch gesellschaftsrechtliche) Rechte und Pflichten folgen2. Richtigerweise bleibt § 233 HGB daher dem Grunde nach anwendbar. Fraglich ist jedoch, wie sich die Anwendung des § 233 HGB zu § 235 Abs. 3 HGB verhält. In konkurrenzrechtlicher Hinsicht würde § 235 Abs. 3 HGB die allgemeinen Auskunftsrechte verdrängen, wenn es sich dabei um eine speziellere (die allgemeine Vorschrift gänzlich ausschließende) Regelung handeln würde. Jedoch sagt § 235 Abs. 3 zunächst nur etwas über den Umfang des Informationsrechts nach der Auflösung der stillen Gesellschaft aus. Zur Beantwortung der Frage, wie der Inhaber dieser Pflicht genügen kann, ist auf § 233 Abs. 1 HGB zu rekurrieren. Auch ist § 235 Abs. 3 HGB nicht so zu verstehen, dass er das außerordentliche Informationsrecht aus § 233 Abs. 3 HGB beschränken will. Eine andere Auffassung würde den – auch nach Auflösung fortwirkenden – gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten nicht gerecht3. Jedoch werden die allgemeinen Informationsrechte im Abwicklungsverhältnis in ihrem Umfang von § 235 Abs. 3 HGB überlagert. Inhaltlich beschränken sie sich daher auf die die Kontrolle der Abwicklung der schwebenden Geschäfte4.
16.66
Dem stillen Gesellschafter ist alljährlich sein Anteil am Ergebnis der inzwischen abgewickelten Geschäfte auszuzahlen. Der Inhaber kann – vorbehaltlich einer abweichenden Regelung im Gesellschaftsvertrag – die Auszahlung nicht mit der Begründung verweigern, dass aus den noch nicht beendeten Geschäften Verluste zu erwarten seien5.
16.67
Entstehen Verluste, muss der stille Gesellschafter den auf ihn entfallenden Anteil bis zur Höhe seiner übernommenen Einlage tragen, es sei denn, dass diese bereits verloren ist. Auch er kann die Bezahlung seines Verlustanteils nicht mit der Begründung verweigern, dass aus den noch nicht abgewickelten Geschäften voraussichtlich Gewinne zu erwarten sind, die zum Verlustausgleich verwendet werden können6.
1 Wie hier Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rn. 5; Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 20. 2 Ebenso K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 49; Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 20. 3 A.A. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 49. 4 Wie hier Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rn. 5; Horn in Heymann, § 235 HGB Rn. 20. 5 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 45. 6 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rn. 54; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 46.
370
Auseinandersetzung
§ 16
Nach Auflösung der Gesellschaft hat der Inhaber das Auseinandersetzungsguthaben des stillen Gesellschafters zu ermitteln und auszuzahlen. Es besteht aus dem Buchwert der Einlage, wie sie sich aufgrund der Buchführung am Auflösungstage auf dem Einlagekonto ergibt, vermehrt um den bis zu diesem Tage auf ihn entfallenden anteiligen Gewinn oder – bei Verlustbeteiligung – vermindert um den auf ihn entfallenden anteiligen Verlust. Der anteilige Gewinn oder Verlust wird wie bei bestehender Gesellschaft aufgrund einer Erfolgsermittlungsbilanz festgestellt. Er bedarf jedoch gewisser Korrekturen, die zum Ausgleich dafür vorgenommen werden müssen, dass der stille Gesellschafter in früheren Jahren zu geringe oder überhöhte Gewinnanteile erhalten hat. Mit einer Substanzbeteiligung hat das nichts zu tun. Die Korrekturen haben ihre Ursache nicht in einer schuldrechtlichen Vermögensbeteiligung, sondern in der bisherigen Gewinnermittlung.
16.68
VI. Zusammenfassung
Bei der atypischen Gesellschaft bedarf es der Aufstellung einer Abschichtungsoder Vermögens-(Liquidations-)Bilanz zum Auflösungstage, die die Grundlage für die Feststellung des Anteils des stillen Gesellschafters an dem tatsächlichen Geschäftswert des Unternehmens abgibt. Diese Regelung ist jedoch nicht zwingend. Die Durchführung der Auseinandersetzung und die Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens bestimmen sich in erster Linie nach dem Gesellschaftsvertrag. Das Auseinandersetzungsguthaben ist eine reine Gläubigerforderung des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber und ist stets in Geld zu berichtigen. Der stille Gesellschafter ist weder berechtigt noch verpflichtet, die Rückgabe etwaiger, dem Geschäftsinhaber zu Eigentum übertragener Sacheinlagen zu verlangen. Führt die Auseinandersetzung zu einem passiven Einlagekonto des stillen Gesellschafters, so braucht er den Passivsaldo nicht auszugleichen, wenn er seine vereinbarte Einlage erbracht hatte. Soweit er mit ihr rückständig und diese fällig ist, muss er sie zum Ausgleich des Passivsaldos nunmehr leisten. Rückständige Sacheinlagen, Gebrauchsüberlassungen und Dienstleistungen verwandeln sich mit der Auflösung nicht ohne weiteres in Geldansprüche des Inhabers. Letzteres kann allerdings – neben der einvernehmlichen Änderung der Schuld – durch die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts oder der Störung der Geschäftsgrundlage eintreten. Der stille Gesellschafter nimmt nach der Auflösung der Gesellschaft noch an dem Gewinn (und dem Verlust) teil, der sich aus den zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäften ergibt, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht. Er kann am Schluss jedes Geschäftsjahres Rechenschaft über die inzwischen beendeten Geschäfte, Auszahlung des ihm gebührenden Betrags und Auskunft über den Stand der noch schwebenden Geschäfte verlangen.
371
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz Schrifttum: Altmeppen, Holger, Kapitalersatz und Rangrücktritt unter Geltung der InsO, ZHR 164 (2000), 349; Altmeppen, Holger, Verschlimmbesserungen im Kapitalersatzrecht, ZIP 1996, 1455; Baumbach, Adolf/Hueck, Alfred, GmbHG, 18. Aufl. 2006; Bayer, Walter/Graff, Simone, Das neue Eigenkapitalersatzrecht nach dem MoMiG, DStR 2006, 1654; Blaurock, Uwe, Anmerkung zum Urteil des LG Essen v. 24. 7. 1992, WuB II H. § 236 HGB 1.93, S. 359; Bork, Reinhard, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, 2006; Bork, Reinhard, Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts zugunsten des Insolvenzrechts?, ZGR 2007, 250; Dauner-Lieb, Barbara, Die Freistellung geringfügig beteiligter Gesellschafter von der Kapitalersatzhaftung, DStR 1998, 609; Florstedt, Tim, Der stille Verband, 2007; Florstedt, Tim, Zum Ordnungswert des § 136 InsO, ZInsO 2007, 914; Gehrlein, Markus, Die Behandlung von Gesellschafterdarlehen durch das MoMiG, BB 2008, 846; Gehrlein, Markus, Das neue GmbH-Recht, 2009; von Gerkan, Hartwin/ Hommelhoff, Peter, Handbuch des Kapitalersatzrecht, 2. Aufl. 2002; Gottwald, Peter, Insolvenzrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2006; Groh, Manfred, Eigenkapital in der Bilanz, BB 1993, 1882; Gundlach, Ulf/Frenzel, Volkhard/Schmidt, Nikolaus, Der Auseinandersetzungsanspruch des stillen Gesellschafters in der Insolvenz des Unternehmensträgers – zugleich ein Beitrag zu § 84 InsO, ZIP 2006, 501; Haas, Ulrich, Aktuelle Rechtsprechung zur Insolvenzantragspflicht des GmbH-Geschäftsführers nach § 64 Abs. 1 GmbHG, DStR 2003, 429; Haas, Ulrich, Das neue Kapitalersatzrecht nach dem RegEMoMiG, ZInsO 2007, 617; Habersack, Mathias, Der Finanzplankredit und das Recht der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterhilfen, ZHR 161 (1997), 457; Habersack, Mathias, Eigenkapitalersatz im Gesellschaftsrecht, ZHR 162 (1998), 201; Habersack, Mathias, Gesellschafterdarlehen nach MoMiG: Anwendungsbereich, Tatbestand und Rechtsfolgen der Neuregelung, ZIP 2007, 2145; Heckel, Sven-Olaf, Innengesellschaften im Konkurs, 1990; Heidelberger Kommentar zur InsO, 5. Aufl. 2008; Hess, Harald, Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 1, 2. Aufl. 2001; Huber, Ulrich, Finanzierungsfolgenverantwortung de lege lata und de lege ferenda, in Festschrift für Hans-Joachim Priester, 2007, S. 259 ff.; Karollus, Martin, Zur geplanten Reform des Kapitalersatzrechts, ZIP 1996, 1893; Kilger, Joachim/Schmidt, Karsten, Insolvenzgesetze, 17. Aufl. 1997; Knobbe-Keuk, Brigitte, Stille Beteiligung und Verbindlichkeiten mit Rangrücktrittsvereinbarungen im Überschuldungsstatus und in der Handelsbilanz des Geschäftsinhabers, ZIP 1983, 127; Kollhosser, Helmut, Kredite als Eigenkapitalersatz bei stillen Kapitalbeteiligungen?, WM 1985, 929; Krolop, Kaspar, Mit dem MoMiG vom Eigenkapitalersatz zu einem insolvenzrechtlichen Haftkapitalerhaltungsrecht?, ZIP 2007, 1738; Kübler, Bruno M./Prütting, Hanns, Das neue Insolvenzrecht, 2. Aufl. 2000; Kübler, Bruno M./Prütting, Hanns/Bork, Reinhard, Kommentar zur Insolvenzordnung (Loseblatt); Küting, Karlheinz/ Kessler, Harald, Eigenkapitalähnliche Mittel in der Handelsbilanz und im Überschuldungsstatus, BB 1994, 2103; Landsmann, Lena Katharina, Die stille Gesellschaft in der Insolvenz, 2007; Michalski, Lutz/Schulenberg, Volker, Zur Anwendung des AGBG auf den der Vermögensanlage dienenden Erwerb von Beteiligungen an einer stillen Gesellschaft und zum AGB-Charakter von Emissionspaketen, NZG 1999, 898; Mincke, Wolfgang, Kreditsicherung und kapitalersetzende Darlehen – Zugleich ein Vorschlag zur Einordnung kapitalersetzender Darlehen, ZGR 1987, 521; Münchener Kommentar zur InsO, Bd. 2 §§ 103–269, 2. Aufl. 2008; Mock, Sebastian, Stille im MoMiG zur stillen Gesellschaft?, DStR 2008, 1645; Mohrbutter, Harro/Ringstmeier, Andreas, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl. 2007; Mylich, Falk, Probleme und Wertungswidersprüche beim Verständnis von § 135 Abs. 1 Alt. 2 Nr. 2 InsO n.F., ZGR 2009, 474; Nerlich, Jörg/Römermann, Volker, Kommentar zur InsO (Loseblatt); Noack, Ulrich, Gesellschaftsrecht (Kommentar zur InsO, Sonderband 1), 1999; Obermüller,
372
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
§ 17
Manfred/Hess, Harald, InsO, 4. Aufl. 2003; Pentz, Andreas, Die Änderungen und Ergänzungen der Kapitalersatzregeln im GmbH-Gesetz, GmbHR 1999, 437; Priester, HansJoachim, Gläubigerrücktritt zur Vermeidung der Überschuldung, DB 1977, 2429; Renner, Cornelius, Die Stellung des atypisch stillen Gesellschafters in der Insolvenz des Geschäftsinhabers, ZIP 2002, 1430; Reusch, Peter, Eigenkapital und Eigenkapitalersatz im Rahmen der stillen Gesellschaft, BB 1989, 2358; Rohlfing, Bernd/Wegener, Burghard/Oettler, Frank, Der Fall der „Göttinger Gruppe“ – Insolvenzbedingte Risiken bei stillen Beteiligungen, ZIP 2008, 865; Schmid, Jürgen/Hamann, Hartmut, Die Einlage des atypischen stillen Gesellschafters als haftendes Eigenkapital, DStR 1992, 950; Schmidt, Karsten, Das Vollstreckungs- und Insolvenzrecht der stillen Gesellschaft, KTS 1977, 1, 65, 72; Schmidt, Karsten, Die Kreditfunktion der stillen Einlage, ZHR (140) 1976, 475; Schmidt, Karsten, Quasi-Eigenkapital als haftungsrechtliches und bilanzrechtliches Problem, in Festschrift für Reinhard Goerdeler zum 65. Geburtstag, 1987, S. 487 ff.; Schmidt, Karsten, Zurechnungsprobleme um das Zwerganteilsprivileg des § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG, GmbHR 1999, 1269; Schmidt, Karsten, Eigenkapitalersatz und Überschuldungsfeststellung, GmbHR 1999, 9; Schmidt, Karsten, Zwerganteile im GmbH-Kapitalersatzrecht, ZIP 1996, 1586; Schmidt, Karsten/Uhlenbruck, Wilhelm, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 4. Aufl. 2009; Schmidt-Räntsch, Ruth, Insolvenzordnung mit Einführungsgesetz, 1995; Servatius, Wolfgang, Gläubigerschutz durch Covenants, 2008; Smid, Stefan, Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2001; Sosnitza, Olaf, Zur Anfechtung der Einlagenrückgewähr bei Beteiligung von stillen Gesellschaftern an einer Aktiengesellschaft, NZG 2000, 87; Uhlenbruck, Wilhelm, Insolvenzordnung – Kommentar, 12. Aufl. 2003; Uhlenbruck, Wilhelm, Das neue Insolvenzrecht, 1994; Vollmer, Lothar/Maurer, Torsten, Die Eignung von sanierenden stillen Beteiligungen und Sanierungsgenussscheinen zur Abwehr der Überschuldung, DB 1994, 1173; Wagner, Klaus-R., Der atypisch stille Gesellschafter im Konkurs der Massengesellschaft, KTS 1979, 53; Wagner, Klaus-R., Der stille Gesellschafter im Vergleichsverfahren des Geschäftsinhabers, KTS 1980, 203; Wahl, Adalbert, Die Vermögenseinlage des atypischen stillen Gesellschafters in der Handelsbilanz und im Überschuldungsstatus der GmbH, GmbHR 1975, 169; Weisser, Johannes, Nachschusspflicht von GmbHGesellschaftern für sog. Milestone Payments im Insolvenzfall?, GmbHR 2004, 1370; Zeidler, Finn, Schenkweise Zuwendung einer stillen Beteiligung an einer GmbH, NZG 1999, 654.
I. Insolvenzrecht Die Rechtsfolgen einer Insolvenz des Inhabers oder des stillen Gesellschafters auf die stille Gesellschaft sind in § 236 HGB, § 728 BGB sowie in der Insolvenzordnung geregelt.
17.1
1. Ziele der Insolvenzordnung Hauptzweck des Insolvenzverfahrens ist die Verwirklichung der schuldnerischen Vermögenshaftung, indem das Vermögen verwertet und der Erlös verteilt wird (§ 1 Satz 1 InsO). Zugleich soll die Sanierung des Unternehmens erleichtert werden.
17.2
Die Verfahrenseröffnung soll nicht schon mangels Masse unterbleiben. Dazu beitragen soll die frühzeitige Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den Eröffnungsgrund der drohenden Überschuldung (§ 18 InsO). Als weiterer Anreiz
17.3
373
§ 17
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
für den Schuldner, möglichst zeitig einen Eröffnungsantrag zu stellen, ist das Institut der Restschuldbefreiung für natürliche Personen (§§ 1 Satz 2, 286 ff. InsO) eingeführt worden. Ein Schuldner, der trotz redlichen Bemühens wirtschaftlich gescheitert ist, erhält nach Durchführung des Insolvenzverfahrens und weiteren strengen Voraussetzungen die Chance, sich von seinen restlichen Schulden zu befreien. Da die stille Gesellschaft mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst wird und der Stille eine etwaige Forderung – insbesondere auf Rückzahlung seiner Einlage – grundsätzlich als Insolvenzgläubiger geltend machen kann (§ 236 Abs. 1 HGB), ist diese Regelung für ihn in gleicher Weise von Bedeutung wie für gewöhnliche Gläubiger, allerdings nur bei einer stillen Beteiligung an einem einzelkaufmännischen Unternehmen1. Auf Vermögensverschiebungen im Vorfeld des Insolvenzverfahrens reagiert ein sehr weit reichendes Insolvenzanfechtungsrecht, vgl. §§ 129 ff. InsO. Gegen die Massearmut bei Insolvenzverfahren werden weiter verschiedene Maßnahmen ergriffen, u.a. die Einbeziehung der gesicherten Gläubiger in die Verwertung des Schuldnervermögens2.
17.4
Der Autonomie der Gläubiger wird durch erhöhte Mitspracherechte, so im Gläubigerausschuss (§ 67 Abs. 2 InsO) und der Gläubigerversammlung (§ 74 Abs. 1 Satz 2 InsO) größeres Gewicht beigemessen. 2. Gesetzestechnische Änderungen bezüglich der stillen Gesellschaft
17.5
Die Neuordnung des Insolvenzrechts ab 1999 hatte für die stille Gesellschaft keine materiellen Umwälzungen zur Folge, die über die allgemein mit der neuen Gesetzeslage verbundenen Änderungen hinausgehen. Eine redaktionell bedeutsame Änderung bestand darin, dass der frühere § 237 HGB aufgehoben und sein Inhalt in § 136 der Insolvenzordnung übernommen wurde3. Durch diesen „Ortswechsel“ wurde der handelsrechtliche Anfechtungstatbestand an den systematisch richtigen Ort gestellt und an die übrigen Vorschriften angepasst4.
II. Insolvenz des Geschäftsinhabers 1. Auflösung der stillen Gesellschaft durch Insolvenz des Inhabers
17.6
Die stille Gesellschaft als solche ist in Ermangelung eigener Rechtsfähigkeit und in Ermangelung eines Gesellschaftsvermögens nicht insolvenzfähig, sie wird aber von der Insolvenz des Inhabers, der dann Gemeinschuldner ist, erfasst. Auf ihn sind die Vorschriften der InsO über die rechtliche Stellung des
1 Landfermann in Heidelberger Komm.InsO, § 286 InsO Rn. 3. 2 Einen Überblick über die Schwerpunkte der Insolvenzrechtsreform gibt Uhlenbruck, Das neue Insolvenzrecht, S. 17 ff. 3 Art. 40 Nr. 16 EGInsO v. 5. 10. 1994, BGBl. I 1994, 2911. 4 Die Anpassung besteht vornehmlich darin, den Anfechtungszeitraum an den Eröffnungsantrag anzuknüpfen.
374
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
§ 17
Gemeinschuldners anzuwenden. Das Insolvenzverfahren umfasst das gesamte der Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen, das ihm zur Zeit der Insolvenzeröffnung gehört und das er während des Verfahrens erlangt (§§ 35, 36 InsO). Deshalb bildet auch die dem Inhaber zu Eigentum übertragene Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters einen Teil seiner Insolvenzmasse, die zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger dient. Beiträge des stillen Gesellschafters, die dieser außerhalb der stillen Einlage leistet, unterliegen den allgemeinen Regeln. So kann der stille Gesellschafter lediglich zur Nutzung überlassene Gegenstände aussondern, sofern es sich nicht um eine Nutzungsüberlassung gemäß § 135 Abs. 3 InsO handelt (hierzu sogleich unter Rn. 17.17 ff.). Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt zur Auflösung der Gesellschaft im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung, § 728 BGB1. Eine fortbestehende stille Gesellschaft wie beim früheren Vergleichsverfahren gibt es aufgrund des vereinheitlichten Insolvenzverfahrens nicht mehr.
17.7
2. Die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters Die Behandlung der stillen Gesellschaft in der Insolvenz des Inhabers hängt im Wesentlichen von dem kapitalmäßigen Charakter der stillen Beteiligung ab2. Grundsätzlich ist die stille Einlage als Fremdkapital zu qualifizieren. Ausnahmsweise ist sie jedoch wie ein Gesellschafterdarlehen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu behandeln oder sogar als eigenkapitalähnlich einzustufen, wobei in Rechtsprechung und Lehre die Terminologie für das frühere Eigenkapitalersatzrecht oft missverständlich verwendet worden war3. Die Frage ist nicht ohne praktische Bedeutung, da stille Beteiligungen häufig gerade zur Sanierung von Unternehmen eingegangen werden, was eine differenzierte Betrachtung im Insolvenzfall erfordert.
17.8
a) Die stille Beteiligung mit Fremdkapitalcharakter Im gesetzlichen Regelfall stellt eine stille Einlage eine passivierungsfähige Verbindlichkeit des Geschäftsinhabers dar und hat damit überwiegend Fremdkapitalcharakter (siehe Rn. 13.104). Das Insolvenzrisiko des stillen Gesellschafters – und zwar jedes stillen Gesellschafters – ist einheitlich geregelt. Der stille Gesellschafter ist gemäß § 236 Abs. 1 HGB Insolvenzgläubiger i.S. des § 38 InsO. Er kann somit mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Einlage, soweit sie den Betrag des auf ihn entfallenden vertragsmäßigen Verlust1 BGH v. 24. 2. 1969 – II ZR 123/67, BGHZ 51, 350 (352); OLG Brandenburg v. 9. 6. 2004 – 7 U 212/03, GmbHR 2004, 1390 (1391); Weisser, GmbHR 2004, 1370 (1373); Noack, Gesellschaftsrecht, Rn. 652. 2 Einführung in die Problematik bei Reusch, BB 1989, 2358; Habersack, ZHR 161 (1997), 457. 3 Nicht hinreichend nach dem Kapitalcharakter der stillen Einlage differenziert auch Renner, ZIP 2002, 1430. bei der Untersuchung der Folgen der Insolvenz des Geschäftsinhabers für die Stellung des atypisch stillen Gesellschafters.
375
17.9
§ 17
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
anteils übersteigt1, als Insolvenzforderung geltend machen und muss diese gemäß §§ 174 ff. InsO beim Insolvenzverwalter anmelden. Er kann mit diesem Anspruch auch grundsätzlich gemäß § 94 InsO aufrechnen2, wenn die Gegenforderung bei Verfahrenseröffnung im Kern angelegt war3. Dadurch unterscheidet sich der stille Gesellschafter grundlegend von den Gesellschaftern der Handelsgesellschaften, deren Einlagen oder die an ihre Stelle tretenden Vermögenswerte die Insolvenzmasse bilden und deren Mitgliedschaftsrechte daher keine Insolvenzgläubigerrechte begründen.
17.10
Das gilt grundsätzlich auch für den schuldrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligten atypischen stillen Gesellschafter. Auch dessen Rückforderungsanspruch bildet, soweit er die seine Garantiehaftung begrenzende Verlustbeteiligung übersteigt, grundsätzlich ein Gläubigerrecht, das als Insolvenzforderung geltend gemacht werden kann. Auch Schadenersatzansprüche des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber sind insoweit Insolvenzforderungen (vgl. auch Rn. 17.53)4.
17.11
Hat der stille Gesellschafter seine Einlage noch nicht geleistet, braucht er gemäß § 236 Abs. 2 HGB lediglich den Anteil einzuzahlen, der für die Deckung seines Verlustanteils erforderlich ist. b) Die stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter
17.12
Unter bestimmten Voraussetzungen ergibt eine wirtschaftliche Betrachtung ausnahmsweise einen dem Eigenkapital gleichgestellten Charakter der Einlage5. Auch ohne die Vereinbarung eines Rangrücktritts kann die stille Einlage Eigenkapital- und damit Haftkapitalqualität besitzen. Insbesondere handelt es sich dabei um Fälle, in denen das Haftkapital einer Kommanditgesellschaft in Form sog. „gesplitteten Einlagen“ aufgebracht wird, d.h. teils durch Kommanditisteneinlagen, teils durch stille Einlagen6.
17.13
Auch bildet die Einlage des stillen Gesellschafters einen Teil der Eigenkapitalgrundlage einer KG, solange dem Stillen intern die Rechtsstellung eines Kommanditisten, insbesondere hinsichtlich der Informations- und Kontrollrechte, eingeräumt ist7.
1 Zur Berechnung vgl. Rn. 17.49 ff. 2 BGH v. 21. 3. 1983 – II ZR 139/82, NJW 1983, 1855 (1856); Gottwald in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 45 Rn. 18. 3 BGH v. 14. 12. 1983 – VIII ZR 352/82, BGHZ 89, 189 (192); zur Aufrechnung des Stillen mit Schadensersatzansprüchen Rohlfing/Wegener/Oettler, ZIP 2008, 865 (867). 4 OLG Stuttgart v. 7. 1. 1981 – 12 U 126/80, ZIP 1981, 135 (137). 5 Sog. eigenkapitalähnliche stille Beteiligung. 6 BGH v. 12. 5. 1977 – II ZR 89/75, BGHZ 69, 160; BGH v. 9. 2. 1981 – II ZR 38/80, NJW 1981, 2251. 7 OLG Frankfurt a.M. v. 30. 4. 1997 – 23 U 204/95 m. Anm. von Gerkan, EWiR 1997, 555; OLG Hamm v. 6. 3. 1996 – 8 U 155/95 m. Anm. von Gerkan, EWiR 1997, 707; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 6.
376
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
§ 17
Weiterhin kommt der stillen Einlage ein eigenkapitalähnlicher Charakter zu, wenn die Einlage für den Geschäftszweck unerlässlich ist und die wirtschaftliche Betätigung ohne die Einlage nicht aufgenommen werden könnte, was insbesondere bei Publikumsgesellschaften der Fall sein kann (siehe Rn. 19.1)1. aa) Verlustbeteiligung in voller Höhe Wird die stille Beteiligung als eigenkapitalähnlich qualifiziert, ist ein Rückgriff auf § 236 HGB nicht möglich. Dies ergibt sich daraus, dass eine eigenkapitalähnliche stille Einlage entgegen dem in § 236 HGB geregelten Normalfall haftendes Kapital darstellt, das in der Insolvenz nicht geschmälert werden soll2.
17.14
Aus diesem Grunde kann sich der stille Gesellschafter, der mit seiner Einlage säumig ist, nicht auf die Privilegierung des § 236 Abs. 2 HGB berufen. Die stille Einlage bleibt unbeschränkt wie eine Kommanditisteneinlage in der Insolvenzmasse. Unter Umständen muss er vielmehr die Einlage nach Insolvenzeröffnung in voller Höhe und unabhängig von seiner vertraglichen Verlustbeteiligung in die Insolvenzmasse einzahlen, sofern dies für die Befriedigung der Insolvenzgläubiger nötig ist3. Trägt der Liquidator des Inhabers, soweit er dazu in der Lage ist, die Vermögensverhältnisse des Inhabers vor, liegt beim stillen Gesellschafter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Einzahlung der ausstehenden Einlage nicht erforderlich ist, um eine ordnungsgemäße Abwicklung zu gewährleisten4.
17.15
Dem stillen Gesellschafter bleibt somit nur eine Auseinandersetzungsforderung nach Vollzug der Schlussverteilung gemäß § 199 InsO, wenn ein Überschuss an Barmitteln besteht5. Da die Erfüllung des Herausgabeanspruchs nunmehr Bestandteil der insolvenzrechtlichen Handlungspflichten des Verwalters ist, steht zu seiner Durchsetzung nicht mehr – wie früher – der ordentliche Rechtsweg offen. Der stille Gesellschafter kann sich hierzu nur der durch die InsO eröffneten Möglichkeiten bedienen6.
17.16
Besteht die stille Beteiligung an einer GmbH, ohne dass der stille Gesellschafter zugleich deren Gesellschafter ist, so finden Vorschriften über Gesellschaf-
17.17
1 BGH v. 28. 11. 1977 – II ZR 235/75, BGHZ 70, 61 (62); Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 218, 270. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 6 f. 3 BGH v. 17. 12. 1984 – II ZR 36/84, WM 1985, 284; BGH v. 5. 11. 1979 – II ZR 145/78, WM 1980, 332; BGH v. 28. 6. 1999 – II ZR 272/98, DB 1999, 1647 (1648). 4 BGH v. 5. 11. 1979 – II ZR 145/78, WM 1980, 332 (332 f.); BGH v. 3. 7. 1978 – II ZR 54/77, WM 1978, 898 (899) zur Kommanditeinlage. 5 Vgl. BGH v. 9. 2. 1981 – II ZR 38/80, NJW 1981, 2251 (2252). Gerade bei Publikumsgesellschaften kann die Liquidation unter Umständen auch einen Überschuss erwirtschaften, vgl. OLG Frankfurt v. 22. 1. 1980 – 22 U 190/78, WM 1981, 1371. 6 In Betracht kommt eine Verhängung von Zwangsgeld nach § 58 Abs. 2 InsO. Auch haftet der Verwalter bei schuldhafter Nichterfüllung der ihm gegenüber dem stillen Gesellschafter obliegenden Pflichten gemäß § 60 Abs. 1 InsO auf Schadensersatz, vgl. Nerlich/Römermann, § 199 InsO Rn. 10.
377
§ 17
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
terdarlehen auf die sonstigen Leistungen des stillen Gesellschafters Anwendung, wenn die Position des stillen Gesellschafters vertraglich an die eines GmbH-Gesellschafters angenähert ist1. Welche Anforderungen an eine solche atypische Ausgestaltung der stillen Gesellschaft zu stellen sind, wird nicht einheitlich beantwortet. Zum Teil wird es für ausreichend erachtet, dass der stille Gesellschafter schuldrechtlich am Vermögen der GmbH beteiligt ist2, zum überwiegenden Teil werden aber zusätzliche unternehmerische Einflussmöglichkeiten des stillen Gesellschafters für erforderlich gehalten3. Der BGH hat betont, dass eine typische stille Beteiligung nicht ausreicht4. Mit der h.M. ist davon auszugehen, dass nur ein gegenüber der gesetzlichen Regelung erweiterter unternehmerischer Einfluss des stillen Gesellschafters die Gleichstellung seiner Beteiligung mit haftendem Kapital rechtfertigen kann. Ob sich dieser Einfluss auf eine konkrete Einflussnahme oder auf eine Einbeziehung gerade in den mitgliedschaftlichen Verbund zu beziehen hat, erscheint zweifelhaft5. Ist der stille Gesellschafter als Quasi-Gesellschafter anzusehen, finden §§ 30 f. GmbHG entsprechende Anwendung6. Das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)7 hat mit der Abschaffung des Eigenkapitalsersatzrechts (dazu sogleich unten unter Rn. 17.19) zwar die strengere Behandlung von Gesellschafterdarlehen an unternehmensspezifische Chancen und Risiken geknüpft. Daraus wird man jedoch nicht folgern können, dass immer dann eine eigenkapitalähnliche stille Beteiligung vorliegt und § 135 InsO bereits einschlägig ist, wenn der Stille bereits uneingeschränkt an Gewinn und Verlust beteiligt ist und lediglich über Kontrollrechte verfügt8. Im Gegenteil legt die Neukonzeption der Gesellschafter-
1 BGH v. 7. 11. 1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 (9 ff.); OLG Hamburg v. 13. 10. 1989 – 11 U 108/89, GmbHR 1990, 393 (394); Hopt in Baumbach/Hopt, § 236 HGB Rn. 5; siehe auch Florstedt, Der stille Verband, S. 140 ff. 2 So wohl OLG Hamburg v. 13. 10. 1989 – 11 U 108/89, GmbHR 1990, 393; Schmid/Hamann, DStR 1992, 952; anders als Kühn in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 17 Rn. 10 meint, kann für diese Ansicht hingegen nicht OLG Frankfurt v. 22. 9. 1980 – 22 U 190/78, WM 1981, 1371 angeführt werden. Die Entscheidung hat nicht die §§ 30 ff. GmbHG zum Gegenstand. 3 OLG Saarbrücken v. 1. 9. 1998 – 4 U 635/97 – 253, ZIP 1999, 2150 (2151); BGH v. 7. 11. 1988 – II ZR 46/88, ZIP 1989, 95 (96); Brandes, EWiR, § 32a GmbHG, 4/90, 787; Reusch, BB 1989, 2358 (2363); Kühn in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 17 Rn. 10; Koller in Koller/Roth/Morck, § 236 HGB Rn. 4, lässt unternehmerische Einflussmöglichkeiten ausreichen; Florstedt, Der stille Verband, S. 216 ff. (Einlage als Eigenkapital bei „stillen Verbänden“, also solchen Beteiligungsformen, bei denen der Inhaber den Nutzen den stillen Gesellschaftern gutbringt, S. 57). 4 BGH v. 7. 11. 1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 (9); BGH v. 13. 2. 2006 – II ZR 62/04, GmbHR 2006, 531 (532); so auch OLG Hamburg v. 13. 10. 1989 – 11 U 108/89, GmbHR 1990, 393; K. Schmidt in Scholz, §§ 32a, 32b GmbHG Rn. 32. 5 Hierzu Servatius, Gläubigerschutz durch Covenants, § 17 III 2c, V, der maßgeblich auf die konkrete Einflussnahme abhebt. 6 BGH v. 7. 11. 1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 (9); BGH v. 13. 2. 2006 – II ZR 62/04, GmbHR 2006, 531 (532). 7 BGBl. I 2008, 2026. 8 So aber Krolop, ZIP 2007, 1738 (1743 in Fn. 71).
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§ 17
darlehen als Korrelat der Haftungsbeschränkung eine eher restriktive Handhabe nahe1. Das Recht der Gesellschafterdarlehen wurde durch das MoMiG rechtsformneutral in die InsO überführt, so dass die Regeln für alle Gesellschaftsformen gemäß § 39 Abs. 4 InsO gelten.
17.18
bb) Anwendbarkeit der Vorschriften über Gesellschafterdarlehen Hat der eigenkapitalähnlich still beteiligte Gesellschafter dem insolventen Geschäftsinhaber ein Darlehen gewährt, so unterfällt dieses Darlehen den Vorschriften über Gesellschafterdarlehen2. Nach dem bis 2008 geltenden § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG a.F. fanden die Vorschriften über Gesellschafterdarlehen auch Anwendung auf die Rechtshandlungen eines Gesellschafters oder eines Dritten, die der Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechen. Beteiligte sich ein Gesellschafter eigenkapitalähnlich, so musste auch ein in der Krise gewährtes Darlehen so wie das eines Gesellschafters behandelt werden. Dies hatte zum einen zur Folge, dass die Regeln über die Kapitalerhaltung auf die Rückgewährung des Darlehens (§§ 30, 31 GmbHG analog) Anwendung fanden (sog. Rechtsprechungsregeln)3. Maßgeblich waren dabei die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 32a GmbHG a.F. Aus den neben den Rechtsprechungsregeln anzuwendenden sog. Novellenregeln war zum einen zu entnehmen, dass das in der Krise bewilligte Darlehen lediglich als nachrangige Forderung in der Insolvenz zu behandeln und eine Handlung, die dem Gesellschafter für das Darlehen eine Sicherheit oder Befriedigung gewährte, anfechtbar ist, wenn sie in den letzten zehn Jahren bzw. dem letzten Jahr vor Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder vor Anfechtung vorgenommen worden ist.
17.19
Das MoMiG hat die Konzeption der Gesellschafterdarlehen als eigenkapitalersetzende Leistungen aufgegeben4 und die Gesellschafterdarlehen durch insolvenzrechtliche Schutzgesetze geregelt. Die Gesellschafterdarlehen werden nunmehr nicht von den Regeln über die Kapitalerhaltung erfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n.F.); §§ 32a und b GmbHG a.F. wurden aufgehoben. Stattdessen bleibt es bei der Anordnung der insolvenzrechtlichen Nachrangwirkung (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, ergänzt um § 39 Abs. 4 und 5 und § 44a InsO n.F.) und den Vorschriften über die Anfechtbarkeit (§ 135 InsO, ergänzt um §§ 135
17.20
1 Habersack, ZIP 2007, 2145 (2148); gegen Einbeziehung sogar des atypischen Stillen Huber in FS Priester, S. 259 (281); a.A. Servatius, Gläubigerschutz durch Covenants, § 17 V, VII 4b (Weitgehende Einbeziehung von Nichtgesellschaftern infolge Einflussnahme). 2 BGH v. 7. 11. 1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 (9); OLG Hamm v. 13. 9. 2000 – 8 U 79/99, NJW-RR 2001, 247 (248); Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 32a GmbHG Rn. 75. 3 BGH v. 26. 3. 1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370 (378); BGH v. 7. 11. 1988 – II ZR 46/88, WM 1989, 14 (16). 4 Vgl. Begründung des RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 138; Habersack, ZIP 2007, 2145; Gehrlein, BB 2008, 846.
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Abs. 2, 143 Abs. 3 InsO n.F.). In § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist anders als in § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG a.F. nicht mehr von Rechtshandlungen eines Dritten die Rede, die der Darlehensgewährung entsprechen. Durch diese Formulierung soll sich aber nichts daran ändern, dass Dritte aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtung als Gesellschafter behandelt werden können1. Es kommt daher auch in diesem Fall eine Anfechtung nach § 135 InsO in Betracht2. Entspricht die Stellung des Stillen im Innenverhältnis derjenigen eines Gesellschafters, so finden auf ihn die Regeln über die Gesellschafterdarlehen nach der InsO Anwendung.
17.21
Gemäß § 39 Abs. 5 InsO, der dem früheren § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG a.F. entspricht, fällt ein Darlehen aber dann aus dem Anwendungsbereich der Vorschriften über Gesellschafterdarlehen heraus, wenn der Gesellschafter nicht geschäftsführend ist und mit 10 % oder weniger am Haftkapital beteiligt ist. Da der stille Gesellschafter aber nie als Gesellschafter am Stammkapital beteiligt ist, fragt sich, wie das Kleinbeteiligungsprivileg mit der Figur eigenkapitalähnlichen stillen Gesellschafters in Einklang zu bringen ist. Die überwiegende Auffassung stellt darauf, ob der wirtschaftliche Gesellschafter eine Beteiligung in Höhe von mehr als 10 % des Stammkapitals3 innehat und kumulativ mit Mitwirkungsrechten ausgestattet ist, die denjenigen eines mit mehr als 10 % beteiligtem Gesellschafter entsprechen4. Auf eine bloße vermögensmäßigen Beteiligung in mehr als zehnprozentiger Höhe bei entsprechend geringerem Einfluss des Stillen im Innenverhältnis lässt sich der Ausschluss des Kleinbeteiligungsprivilegs nicht stützen5, da mit der rein vermögensmäßigen Beteiligung entsprechende Mitwirkungsrechte nicht zwingend korrespondieren. Diese sind aber Voraussetzung, um eine stille Beteiligung als Eigenkapital qualifizieren zu können (siehe Rn. 17.16). Teilweise wird in § 39 Abs. 5 InsO aber auch eine widerlegliche Vermutung gesehen, so dass das Kleinbeteiligungsprivileg auch dann entfallen kann, wenn die Beteiligungsschwelle von mehr als 10 % nicht überschritten ist, die Beteiligungsrechte aber denjenigen eines mit mehr als 10 % beteiligtem Gesellschafter entsprechen.6 Allerdings führt dieser Ansatz dazu, dass die mit der Typisierung bezweckte Rechtssicherheit konterkariert würde, wenn vom Mindesterfordernis einer zehnprozentigen Beteiligung vom Stammkapital abgesehen würde. Eine Einschränkung der Vorschrift auf solche Gesellschafter mit einer Beteiligung, wie sie typischerweise
1 Bork, ZGR 2007, 250 (254); Haas, ZInsO 2007, 617 (620); Bayer/Graff, DStR 2006, 1654 (1659); Krolop, ZIP 2007, 1738 (1743); Servatius, Gläubigerschutz durch Covenants, § 17 III; RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 137. 2 A.A. Huber in FS Priester, S. 259 (281), der allenfalls eine analoge Anwendung des § 135 InsO in Betracht zieht und sich für ausschließliche Anwendung des § 136 InsO ausspricht. 3 Florstedt, Der stille Verband, S. 225. 4 Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 32a GmbHG Rn. 99; Pentz, GmbHR 1999, 437 (447); Landsmann, Die stille Gesellschaft in der Insolvenz, S. 112 f. 5 So aber von Gerkan/Hommelhoff, Handbuch des Kapitalersatzrechts, Rn. 3.22. 6 Haas, ZInsO 2007, 617 (620); Haas in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 92 Rn. 376.
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ein mit 10 % beteiligter Gesellschafter innehat, muss daher ausscheiden1. Gilt diese Typisierung bei der GmbH, muss sie auch dem mit weniger als 10 % vermögensmäßig beteiligten stillen Gesellschafter zugute kommen. Der stille Gesellschafter darf darüber hinaus nicht als geschäftsführend angesehen werden. Ist der stille Gesellschafter nicht formaler Geschäftsführer, wird man von einer Geschäftsführung nur dann ausgehen können, wenn er über solche Einflussmöglichkeiten wie ein Geschäftsführer verfügt2. Auch das Sanierungsprivileg des § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO findet auf einen eigenkapitalähnlich beteiligten stillen Gesellschafter Anwendung. Die Vorschrift spricht zwar einerseits von dem Erwerb von Anteilen durch einen Darlehensgeber, andererseits aber vom Gläubiger eines Anspruchs i.S. von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Auch dem Darlehensgeber, der eine atypische stille Beteiligung erwirbt, muss daher das Sanierungsprivileg zugute kommen. Eine Schlechterstellung gegenüber dem Erwerb von Anteilen erscheint nicht gerechtfertigt3.
17.22
Die Neuregelungen gelten für solche Insolvenzverfahren, die nach Inkrafttreten des MoMiG (1. 11. 2008) eröffnet worden sind. Die bis zum Inkrafttreten geltenden Anfechtungsbestimmungen gelten für vor dem Inkrafttreten vorgenommene Handlungen, soweit sie nach dem bisherigen Recht der Anfechtung entzogen oder in geringerem Umfang unterworfen sind (vgl. Art. 103d EGInsO n.F.)4.
17.23
cc) Insolvenzantragspflicht Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben nach § 15a Abs. 1 InsO die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Insolvenzantrag zu stellen. Wird eine GmbH führungslos5, trifft den Gesellschafter eine Pflicht einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, es sei denn, dass er von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis hat (§ 15a Abs. 3 InsO n.F.). Zweifelhaft ist, ob den eigenkapitalähnlich beteiligten stillen Gesellschafter eine solche Antragspflicht trifft. Hiergegen spricht zwar, dass der eigenkapitalähnlich stille Beteiligte formal keine Gesellschafterstellung innehat; auch ist die Abgrenzung zwischen dem stillen Gesellschafter als Fremdkapitalgeber und Eigenkapitalgeber im Einzelfall oftmals schwierig, so dass dem Insolvenzgericht die Prüfung des Antragsrechts schwer fallen könnte. Dass es auf die formale Stellung als Gesellschafter aber nicht entscheidend ankommen kann, wird allerdings dadurch bestätigt, dass man ganz überwie1 Zutreffend K. Schmidt in Scholz, §§ 32a, b GmbHG Rn. 198, 200; keine Bedenken hingegen unter dem Aspekt der Rechtssicherheit Haas, ZinsO 2007, 617 (620). 2 Landsmann, Die stille Gesellschaft in der Insolvenz, S. 112. 3 Von Gerkan/Hommelhoff, Handbuch des Kapitalersatzrechts, Rn. 4.26; Landsmann, Die stille Gesellschaft in der Insolvenz, S. 113 f.; Habersack, ZIP 2007, 2145 (2148). 4 Vgl. dazu BGH v. 26. 1. 2009 – II ZR 260/07, BJMZ 179/249. 5 Zum Begriff der Führungslosigkeit siehe Gehrlein, BB 2008, 645 (648), der Führungslosigkeit nicht bei Unerreichbarkeit, sondern nur bei konkludenter Amtsniederlegung annehmen will.
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17.24
§ 17
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gend1 davon ausgeht, dass auch ein faktischer Geschäftsführer zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet ist (§ 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG a.F.; § 15a Abs. 1 InsO n.F.). Zweck der erweiterten Antragspflicht des § 15a Abs. 3 InsO n.F. ist es, einen Anreiz für die Gesellschafter zu setzen, wieder aktionsfähige Organe zu bestellen2. Ist der eigenkapitalähnlich beteiligte Stille aber im Innenverhältnis berechtigt, den Geschäftsführer mit zu bestellen, so muss auch auf ihn Druck entfaltet werden, einen Geschäftsführer zu bestellen. Der eigenkapitalähnlich beteiligte Stille ist daher zur Stellung eines Insolvenzantrags gemäß § 15a Abs. 3 InsO in einer führungslosen GmbH verpflichtet. c) Die eigenkapitalersetzende stille Beteiligung kraft Vereinbarung
17.25
Schließlich kann die stille Einlage zwar nominell Fremdkapitalcharakter aufweisen, jedoch materiell aufgrund besonderer Umstände wie Eigenkapital zu behandeln sein. Eine eigenkapitalersetzende stille Beteiligung bleibt Fremdkapital und unterliegt nur einer gesetzlichen Bindung3. Der eigenkapitalersetzende Charakter der stillen Beteiligung führt lediglich zur Überlagerung des § 236 HGB.
17.26
Die haftungsmäßige Gleichstellung der stillen Beteiligung mit Eigenkapital kann jedoch gewollt sein. Dies wird insbesondere dann vorkommen, wenn die stille Einlage geleistet wird, um eine Insolvenz des Inhabers abzuwenden4. § 236 Abs. 1 HGB enthält nachgiebiges Recht; es können also die Gläubiger besser und der Stille schlechter gestellt werden als die gesetzliche Regelung5. Die haftungsmäßige Gleichstellung erfolgt dadurch, dass Inhaber und stiller Gesellschafter eine Nachrangabrede vereinbaren, die aus der Rückzahlungsforderung eine nachrangige Insolvenzforderung macht6.
17.27
Eine bloße Beteiligung des stillen Gesellschafters am Verlust des Inhabers reicht für die haftungsmäßige Gleichstellung hingegen nicht aus, schadet aber selbstverständlich auch nicht. Für die Annahme einer (konkludenten) Vereinbarung kann die rein bilanzielle Behandlung der stillen Einlage als Eigenkapital durch den Inhaber nicht herangezogen werden7.
17.28
Der Umfang der Nachrangabrede kann vertraglich frei vereinbart werden. Sie kann sich nur auf die Auseinandersetzungsforderung beziehen oder auch Darlehen und stehen gelassene Gewinne des stillen Gesellschafters umfassen. Sie 1 BGH v. 9. 7. 1979 – II ZR 118/77, BGHZ 75, 96 (106 f.); BGH v. 21. 3. 1988 – II ZR 194/87, BGHZ 104, 44 (46); BGH v. 25. 2. 2002 – II ZR 196/00, BGHZ 150, 61 (68 ff.); K. Schmidt in Scholz, § 64 GmbHG Rn. 7; Schmidt-Leithoff in Rowedder/SchmidtLeithoff, § 64 GmbHG Rn. 17; kritisch hingegen Haas, DStR 2003, 423 f. 2 Begründung des RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 136. 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 173. 4 Zu den Voraussetzungen, unter denen die Beteiligung nicht in einen Überschuldungsstatus aufzunehmen ist, vgl. Rn. 17.44. 5 OLG Hamm v. 6. 3. 1996 – 8 U 155/95, WM 1997, 2323 (2324). 6 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 7. 7 OLG Hamm v. 6. 3. 1996 – 8 U 155/95, WM 1997, 2323 (2324); OLG Köln v. 26. 8. 1999 – 1 U 43/99, AG 2000, 281 (283).
382
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
§ 17
kann bloß die Geltendmachung in der Insolvenz oder auch weitergehend jede Geltendmachung ausschließen, soweit dies zur Vermeidung einer rechnerischen Überschuldung des Inhabers erforderlich ist. Zulässig ist auch eine Vereinbarung, dass der Inhaber die Zahlung verweigern kann, solange er eine Unterbilanz aufweist1. Der Rangrücktritt kann jederzeit einvernehmlich wieder aufgehoben werden, eine entsprechende Vereinbarung ist aber unter Umständen anfechtbar2. Regelmäßig ist dem vertraglichen Rangrücktritt der Sinn beizulegen, dass der stille Gesellschafter bei einer Auseinandersetzung außerhalb der Insolvenz seine Ansprüche erst geltend machen kann, wenn die Befriedigung der Drittgläubiger gesichert ist. Hingegen kann ihm nicht ohne weiteres entnommen werden, dass der stille Gesellschafter verpflichtet wird, ausstehende Zahlungen auch nach Insolvenzeröffnung noch leisten zu müssen3. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn die Parteien gewollt haben, dass die stille Beteiligung auch insoweit eine eigenkapitalähnliche Funktion erhält.
17.29
Jedoch kann bei der einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechenden stillen Einlage der stille Gesellschafter gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO einen Rückforderungsanspruch nur als nachrangiger Insolvenzgläubiger geltend machen. Gleiches gilt für Schadensersatzansprüche gegen den Inhaber4.
17.30
Ist der stille Gesellschafter mit seiner Einlage säumig, ist § 236 Abs. 2 HGB aufgrund des einem Gesellschafterdarlehen vergleichbaren Charakters nicht anwendbar. Mit dem Erlöschen der stillen Gesellschaft durch die Insolvenzeröffnung entfällt auch die Verpflichtung zur Einzahlung der säumigen Einlage. Die Qualifizierung als eigenkapitalersetzend führt dazu, dass die stille Beteiligung wie eine existenzerhaltende Eigenfinanzierung zu behandeln ist. Da aber die säumige Einlage nicht zugeführt wurde, wäre ein Einzahlungsanspruch nur begründet, wenn es eine Pflicht zur angemessenen Kapitalausstattung gäbe, die aber gerade nicht allein durch den eigenkapitalersetzenden Charakter bzw. die Gleichsetzung mit einem Gesellschafterdarlehen begründet wird. Demnach kann der Insolvenzverwalter die ausstehende Einlage nicht einfordern5. Gerade hierin besteht ein bedeutsamer Unterschied zu stillen Beteiligungen mit Eigenkapitalcharakter. Dort können ausstehende Einlagen eingefordert werden, wenn es zur Gläubigerbefriedigung notwendig ist (siehe oben Rn. 17.12).
17.31
1 Zu den verschiedenen Arten der Nachrangabrede vgl. Priester, DB 1977, 2431. 2 Zutt in GroßKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 15. 3 OLG Brandenburg v. 9. 6. 2004 – 7 U 212/03, GmbHR 2004, 1390 (1392); OLG Hamm v. 3. 5. 1993 – 8 U 184/92, ZIP 1993, 1321 (1322); LG Essen v. 24. 7. 1992 – 42 O 74/92, WM 1992, 1982; Weisser, GmbHR 2004, 1370 (1374). 4 BGH v. 1. 3. 1982 – II ZR 23/81, BGHZ 83, 341 (344). 5 OLG Hamm v. 3. 5. 1993 – 8 U 184/92, ZIP 1993, 1321 (1322); Blaurock, Anm. zu LG Essen v. 24. 7. 1992 – 42 O 74/92, WuB II H. § 236 HGB 1.93.
383
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Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
17.32
Ist die Nachrangigkeit des Auseinandersetzungsanspruchs vereinbart worden, so hängt von der Auslegung des Rangrücktritts ab1, ob die Rückzahlungsforderung den Rang nach § 39 Abs. 2 InsO oder einen dem Gesellschafterdarlehen gleichen Rang nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO hat. Soweit der Rangrücktritt nur dokumentieren soll, dass die Forderung als Eigenkapitalersatz zu behandeln ist, ist von einer Gleichrangigkeit mit Forderungen vom Rang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO auszugehen. Gelangt man durch Auslegung zu keinem Ergebnis, so gilt die Auslegungsregel des § 39 Abs. 2 InsO. Danach ist im Zweifel der Rückforderungsanspruch nach den nachrangigen Insolvenzforderungen des § 39 Abs. 1 InsO geltend zu machen. Eine Anfechtung ist dann sowohl nach § 135 als auch nach § 136 InsO möglich2. Wird allerdings der Nachrang der stillen Beteiligung aufgehoben, kommt nur eine Anfechtung nach § 136 InsO in Betracht3. Hat der typische stille Beteiligte zusätzlich ein Nachrangdarlehen gewährt und stehen ihm umfassende Befugnisse zu, die über § 233 HGB hinausgehen, kommt eine analoge Anwendung von § 136 InsO auch auf die Rückzahlung des Nachrangdarlehens in Betracht4. d) Stille Beteiligung als Surrogat für ein Gesellschafterdarlehen
17.33
Der Ausschluss der stillen Beteiligung von der Teilnahme am Insolvenzverfahren gemäß § 236 Abs. 1 HGB kann auch unabhängig vom Willen der Beteiligten kraft Gesetzes erfolgen.
17.34
Besteht die stille Beteiligung an einer GmbH und ist der stille Gesellschafter zugleich deren Gesellschafter, so konnte nach der früheren Rechtslage § 236 HGB durch § 32a Abs. 1, 3 GmbHG überlagert werden. Voraussetzung war, dass die Einlage des stillen Gesellschafters oder sonstige Leistungen in einem Zeitpunkt gewährt wurden, in dem ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten. Zwar erfasste § 32a Abs. 1 GmbHG nur Darlehen von Gesellschaftern; stille Beteiligungen entsprechen diesen aber wirtschaftlich, so dass gemäß § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG auf sie Abs. 1 in gleicher Weise angewendet werden konnte wie auf Gesellschafterdarlehen5. Stille Einlagen hatten demnach Eigenkapitalersatzfunktion, wenn sie einer GmbH gewährt wurden, die kreditunwürdig war, oder wenn sie zu deren Sanierung aufgebracht wurden6. Dem Gewähren stand das Stehenlassen einer solchen Beteiligung unter
1 2 3 4 5
K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 7. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 32. Krolop, ZIP 2007, 1738 (1741 f.). K. Schmidt, ZHR 140 (1976), 475 (490 f.); Krolop, ZIP 2007, 1738 (1743). So ausdrücklich § 32a Abs. 7 RegE 1977; BReg-Drucks. 404/77 = BT-Drucks. 8/3908, S. 10, 40; Ausschussbericht v. 16. 4. 1980, BT-Drucks. 8/3908, S. 73 f.; K. Schmidt in Scholz, §§ 32a, 32b GmbHG Rn. 127. Hingegen können kapitalersetzende Darlehen nicht ohne weiteres dogmatisch als stille Beteiligungen eingeordnet werden, so aber Mincke, ZGR 1987, 521; zutreffend Landsmann, Die stille Gesellschaft in der Insolvenz, S. 125 ff. 6 Zu den Merkmalen der Kreditunwürdigkeit und der Sanierungsfunktion vgl. K. Schmidt in Scholz, §§ 32a, 32b GmbHG Rn. 38 ff.
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gewissen Umständen gleich1. Ob es sich um eine typische oder um eine atypische stille Beteiligung handelt, war unerheblich. Nach dem MoMiG sind Forderungen auf die Rückgewähr eines Darlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, nachrangig in der Insolvenz zu befriedigen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Nach § 135 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, wenn für die Forderung aus einem Darlehen i.S. von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder für eine gleichgestellte Forderung eine Sicherung in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag eine Sicherung gewährt (§ 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO) oder dem Gesellschafter in dem letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Befriedigung verschafft worden ist (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Auch unter der Geltung der Neuregelung ist davon auszugehen, dass eine stille Beteiligung bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Darlehen gleichzustellen ist2. An der bisherigen Rechtslage soll sich insoweit nichts ändern. Wird dem Gesellschafter daher seine Einlage an ihn als still Beteiligten zurückgewährt, muss er die Einlage der Gesellschaft zurückgewähren (§ 143 Abs. 1 Satz 1 InsO), wenn die Rechtshandlung gemäß § 135 Abs. 1 InsO angefochten worden ist.
17.35
Gemäß § 39 Abs. 4 InsO gilt die Nachrangwirkung auch für solche Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Erfasst werden daher auch stille Beteiligungen an einer KG oder OHG ohne natürliche Person als persönlich haftendem Gesellschafter, wenn der stille Gesellschafter zugleich Gesellschafter der KG oder der OHG ist.
17.36
Die Regelungen über Gesellschafterdarlehen gelten dann nicht, wenn der Gesellschafter weder geschäftsführend tätig ist noch mit mehr als 10 % am Haftkapital beteiligt ist (§ 39 Abs. 5 InsO).
17.37
Effektiver Schutz vor Umgehung durch Splitten der Kapitalbeteiligungen lässt sich an dieser Stelle nicht mit Hilfe einer teleologischen Reduktion des § 39 Abs. 5 InsO auf die Fälle, in denen der Kleinanleger keinerlei unternehmerische Einflussmöglichkeit hat, erreichen, da insoweit das eindeutige positive Recht entgegensteht. Gesetzesnah und daher vorzuziehen ist eine Einschränkung des Anwendungsbereichs über eine Zurechnungskasuistik3. § 39 Abs. 5 InsO ist nicht anwendbar, wenn die Summe der einem Gesellschafter zugerechneten Gesellschaftsanteile die Mindestbeteiligung von 10 % übersteigt, sowie wenn ein Nicht-Geschäftsführer maßgeblichen Einfluss auf die Ge-
17.38
1 Vgl. hierzu K. Schmidt in Scholz, §§ 32a, 32b GmbHG Rn. 47 ff. 2 Begründung des RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 138; ausführlich Mylich, ZGR 2009, 474 (499 f.); teilweise abweichend Mock, DStR 2008, 1645. 3 K. Schmidt, GmbHR 1999, 1269 (1270).
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schäftsführung hat. Dagegen muss das Kleinbeteiligungsprivileg Anwendung finden, wenn z.B. die Anteilsverkleinerung durch Rechtsnachfolge erfolgt1. Nach der früheren Rechtslage waren nach den sog. Rechtsprechungsregeln auf eigenkapitalersetzende stille Beteiligungen die Vorschriften der §§ 30, 31 GmbHG anwendbar2. Die Vorschriften über die Kapitalerhaltung finden jedoch nach der neuen Rechtslage keine Anwendung mehr auf die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder die Befriedigung von Forderungen, die diesen wirtschaftlich entsprechen (§ 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n.F.)3. 3. Insolvenzgründe
17.39
Insolvenzgründe (§§ 16 ff. InsO) sind für den Inhaber Zahlungsunfähigkeit und, soweit es sich bei ihm um eine juristischen Person handelt4, auch die Überschuldung (§§ 17, 19 InsO). Mit der Insolvenzrechtsreform hat der Gesetzgeber in § 19 Abs. 2 InsO den Begriff der Überschuldung innerhalb der Insolvenzordnung legaldefiniert. Die Prüfung hat für Insolvenzanträge vor dem 18. 10. 2008 und ab dem 1. 1. 20145 zweistufig zu erfolgen. Danach ist eine rechtliche Überschuldung als Insolvenzgrund gegeben, wenn das Vermögen des Inhabers bei Einzelverwertung der Aktiva nicht mehr dessen bestehende Verbindlichkeiten decken würde (rechnerische Überschuldung), und zudem eine Prognose über das Fortbestehen des Handelsgewerbes negativ ausfällt (Lebensfähigkeitsprognose)6. Jedoch geht weder aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 InsO noch aus der Begründung zu § 23 RegE (§ 19 InsO)7 eine zwingende Prüfungsreihenfolge hervor. Aus diesem Grunde kann nach wohl überwiegender Auffassung der Literatur sowohl von den Liquidationswerten als auch von den Fortführungswerten ausgegangen werden, die dann in einer zweiten Stufe jeweils durch die Prognosewerte bzw. Liquidationswerte zu korrigieren oder zu bestätigen sind8. Zu beachten ist aber, dass § 19 Abs. 2 InsO für Insolvenzanträge zwischen dem 18. 10. 2008 und dem 31. 12. 2013 einen anderen Wortlaut und damit andere Voraussetzungen aufweist, als die bislang geltende Vorschrift, die allerdings ab 1. 1. 2014 wieder gelten soll9. Für Insolvenzanträge zwischen dem 18. 10. 2008 und 31. 12. 2013 kommt als Voraussetzung hinzu, dass die über1 Ein klarer Meinungsstand und entsprechende Rechtsprechungsleitlinien fehlen bislang. Einen Überblick über eine mögliche Kasuistik gibt K. Schmidt, GmbHR 1999, 1269 (1270). 2 Vgl. hierzu die 6. Aufl., Rn. 17.21 ff. 3 So auch Mock, DStR 2008, 1645 (1648). 4 Der Rechtsform der juristischen Person steht eine Personengesellschaft ohne natürliche Person als persönlich haftendem Gesellschafter gleich, § 19 Abs. 3 InsO. 5 Vgl. Art. 5 FMStG v. 17. 10. 2008, BGBl. I 2008, 1982 i.V.m. Art. 1 FMStÄndG v. 24. 9. 2009, BGBl. I 2009, 3151. 6 Vgl. dazu BGH v. 13. 7. 1992 – II ZR 269/91, BGHZ 119, 201; Uhlenbruck in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rn. 15. 7 Abgedruckt in Hess, § 19 InsO Rn. 2 ff. 8 Ausführlich dazu Uhlenbruck in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rn. 15, 23. 9 Vgl. Art. 5 FMStG v. 17. 10. 2008, BGBl. I 2008, 1982 i.V.m. Art. 1 FMStÄndG v. 24. 9. 2009, BGBl. I 2009, 3151.
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§ 17
wiegende Wahrscheinlichkeit der Unternehmensfortführung die Überschuldung als Antragsgrund ausschließt. Ob der Inhaber rechnerisch überschuldet ist, wird an Hand einer gesonderten Überschuldungsbilanz (Überschuldungsstatus) festgestellt, die nicht der Handelsbilanz entspricht1. Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit die stille Beteiligung in den Überschuldungsstatus Eingang findet.
17.40
a) Die stille Beteiligung als Fremdkapital In den Überschuldungsstatus sind alle gegenwärtigen bestehenden Verbindlichkeiten einzustellen, die für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus der Insolvenzmasse zu befriedigen wären. Ist die stille Beteiligung als Fremdkapital zu bilanzieren, kann der stille Gesellschafter deren Rückforderung gemäß § 236 Abs. 1 HGB als Insolvenzforderung geltend machen, soweit sie den Betrag des auf ihn entfallenden Verlustanteils übersteigt, so dass sie im Überschuldungsstatus insoweit zu passivieren ist2.
17.41
b) Die eigenkapitalähnliche stille Beteiligung Im Rahmen der Überschuldungsbilanz hat das Eigenkapital außer Ansatz zu bleiben3. Sind die Voraussetzungen für eine eigenkapitalähnliche Behandlung erfüllt, kommt der stillen Einlage ein dem Eigenkapital gleichgestellter Charakter zu. Die eigenkapitalähnliche stille Beteiligung ist deshalb im Überschuldungsstatus stets außer Acht zu lassen4.
17.42
c) Die stille Beteiligung als Surrogat für ein Gesellschafterdarlehen Rückforderungen von gemäß § 14 InsO antragsberechtigten Gläubigern schmälern die Insolvenzmasse und sind daher zu passivieren. Antragsberechtigt sind gemäß § 236 HGB grundsätzlich auch stille Gesellschafter. Umstritten war aber, ob einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechende stille Beteiligungen im Überschuldungsstatus außer Acht gelassen werden können, wenn der stille Beteiligte zugleich Gesellschafter des Unternehmens ist. Die Handhabung in der Überschuldungsbilanz kann auch von der bilanziellen Handhabung im Jahresabschluss abweichen, da der Überschuldungsstatus eine Sonderbilanz zum Zweck der Feststellung der Insolvenzreife darstellt5.
17.43
Die bislang h.M.6 ging davon aus, dass der Anspruch auf Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens in der Überschuldungsbilanz zu passivieren war. Ande-
17.44
1 2 3 4 5 6
BGH v. 18. 12. 2000 – II ZR 191/99, GmbHR 2001, 197 (198). Uhlenbruck in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rn. 42, 45. Uhlenbruck in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rn. 43 u. Fn. 103 m.w.N. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 8. K. Schmidt, GmbHR 1999, 9 (10). BGH v. 8. 1. 2001 – II ZR 88/89, ZIP 2001, 235 (237) m. Anm. Altmeppen; Altmeppen, ZHR 164 (2000), 349 (362); 6. Aufl., Rn. 17.53; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 8; K. Schmidt, GmbHR 1999, 9.
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res sollte nur im Falle einer vertraglichen Rangrücktrittsvereinbarung gelten. Ursprünglich wollte der Gesetzgeber bei der Änderung der InsO im Rahmen des MoMiG von dieser Auffassung Abstand nehmen. Er hat sich aber kurz vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens anders entschieden und nimmt gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO n.F. nur Gesellschafterdarlehen und gleichgestellte Forderungen aus der Überschuldungsbilanz heraus, für die ein vertraglicher Nachrang besteht1. Damit kann die Frage der Passivierung von Gesellschafterdarlehen und gleichgestellten Verbindlichkeiten als geklärt gelten. Die stille Beteiligung ist – abgesehen von einem vereinbarten Nachrang – in jedem Fall in der Überschuldungsbilanz aufzunehmen d) Altfälle
17.45
Die Diskussion zur Passivierung von stillen Beteiligungen, die Gesellschafterdarlehen gleichzusetzen sind, ist daher allenfalls für Altfälle relevant, d.h. für stille Beteiligungen bei einem Insolvenzantrag vor dem 1. 11. 2008. Insoweit wird auf die 6. Aufl. (Rn. 17.45 ff.) verwiesen. 4. Die Auseinandersetzung a) Durchführung der Auseinandersetzung
17.46
Die Durchführung der Auseinandersetzung obliegt dem Insolvenzverwalter (§ 80 InsO, § 235 HGB), der dem stillen Gesellschafter gegenüber die Rechte und Pflichten wahrzunehmen hat, die bisher dem Inhaber des Handelsgewerbes zustanden. War im Gesellschaftsvertrag vorgesehen, dass der Inhaber zu bestimmten Rechtsgeschäften der Zustimmung des stillen Gesellschafters bedarf, so gilt diese Vereinbarung nicht gegenüber dem Insolvenzverwalter. Dagegen sind gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen über die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens auch für ihn verbindlich2.
17.47
Die Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft erfolgt nach h.A. nach § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO außerhalb des Insolvenzverfahrens3. Aber auch bei Anwendung des § 84 InsO auf stille Gesellschaften kann der Stille wegen seiner auf das Gemeinschaftsverhältnis gegründeten Forderungen kein Absonderungsrecht gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 InsO am Anteil des Geschäftsinhabers geltend machen4. 1 Gehrlein, Das neue GmbH-Recht, Rn. 64. 2 Im Übrigen gelten für die Ermittlung des Guthabens die Ausführungen unter Rn. 16.14 ff. 3 Zutt in GroßKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 3; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 341 HGB Anm. 2, 7; Hirte in Uhlenbruck, § 84 InsO Rn. 6; Wagner, KTS 1979, 56; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 270; a.A. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 12; K. Schmidt, KTS 1977, 18; Kilger/K. Schmidt, § 16 KO Rn. 1; Gundlach/Frenzel/N. Schmidt, ZIP 2006, 501 (502 f.); Heckel, Innengesellschaften im Konkurs, S. 59–86, 155. 4 Vgl. BR-Drucks. 1/1992, S. 136; Koenigs, Die stille Gesellschaft, Die stille Gesellschaft, S. 308; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 270 ff.
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§ 17
Der von Wagner für den atypisch stillen Gesellschafter in der Insolvenz des Geschäftsinhabers (bei Massengesellschaften) vertretenen Gegenansicht kann nicht gefolgt werden. Wagner nimmt im Anschluss an das BGH-Urteil vom 24. 9. 19521 an, es müsse ein Gemeinschaftsvermögen fingiert werden, was zur Folge habe, dass der atypisch stille Gesellschafter seinen Anteil aussondern und wegen seiner auf das Gemeinschaftsverhältnis gegründeten Forderungen ein Absonderungsrecht am Anteil des Geschäftsinhabers geltend machen könne2. Wagner missversteht indessen den BGH, wenn er dessen Ausführungen zu einer Auseinandersetzung ohne Insolvenz auf die Auseinandersetzung gerade wegen der Insolvenz überträgt. Der BGH hat zwar festgestellt, dass die vereinbarte Beteiligung des Stillen bedeute, dieser müsse bei der Auseinandersetzung so gestellt werden, als ob er gesamthänderisch beteiligt wäre; es wurde aber betont, dass die Vereinbarung keine Außenwirkung habe3. In der Insolvenz des Geschäftsinhabers kommt es jedoch nicht auf die gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen sondern auf das tatsächliche Vorhandensein eines Gemeinschaftsvermögens an, damit § 84 Abs. 1 Satz 2 InsO Anwendung finden kann. § 84 InsO ist auch keineswegs mit § 236 HGB austauschbar, da letzterer die Geltendmachung des Auseinandersetzungsguthabens betrifft, während es bei § 84 Abs. 1 Satz 2 InsO um die abgesonderte Befriedigung wegen der auf das Gemeinschaftsverhältnis gegründeten Forderungen geht. § 236 HGB ist auch nicht lex specialis gegenüber § 84 Abs. 1 Satz 2 InsO4. Findet § 236 HGB keine Anwendung, also in den Fällen, in denen die stille Einlage Eigenkapitalcharakter hat, so kommt auch nicht § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO zum Zuge5, vielmehr nimmt der Stille hinsichtlich seiner Einlage nur nach § 199 Satz 2 InsO an der Insolvenz teil6, die Einlage ist für ihn vollständig verloren.
17.48
b) Höhe des Auseinandersetzungsanspruchs Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung des Guthabens ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, § 80 InsO. Bis dahin nimmt der stille Gesellschafter an Gewinn und Verlust des Handelsgewerbes teil, bis zu diesem Zeitpunkt fließen auch etwaige Schadensersatzansprüche des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber in das Guthaben mit ein. Die durch die Insolvenzeröffnung möglicherweise verursachte weitere Entwertung des Betriebsvermögens bleibt für die Berechnung seines Auseinandersetzungsguthabens außer Betracht. Wertveränderungen und Verluste, die bei der insolvenzmäßigen Verwertung des Geschäftsvermögens eintreten, belasten ihn nicht; sie gehen aber auch nicht zu seinem Vorteil7. Deshalb beeinflussen die Ergebnisse des vom Insolvenzverwalter fortgesetzten Geschäftsbetriebs, soweit es sich nicht um die Abwicklung schwebender Geschäfte handelt, das Guthaben des stillen Gesell1 2 3 4 5 6 7
BGH v. 24. 9. 1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 175 (178). Wagner, KTS 1979, 53 (58). BGH v. 24. 9. 1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 175 (178). Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 270, 275 f. So auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 38. Vgl. nur BGH v. 9. 2. 1981 – II ZR 38/80, ZIP 1981, 734 (735). Kühn in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 29 Rn. 5.
389
17.49
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schafters weder im günstigen noch im ungünstigen Sinne. Dasselbe gilt für einen dem Inhaber bewilligten Zwangsvergleich, der die Auseinandersetzung mit dem stillen Gesellschafter nicht berührt. Dagegen sind die im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung schwebenden Geschäfte i.S. der §§ 103 f. InsO bei der Auseinandersetzung mit dem Ergebnis zu berücksichtigen, das ihre Abwicklung durch den Insolvenzverwalter mit sich gebracht hat.
17.50
Die Abwicklung dieser Geschäfte vollzieht sich nach den §§ 103 ff. InsO. Danach kann der Insolvenzverwalter nach seiner pflichtgemäßen Entscheidung den noch schwebenden Vertrag an Stelle des Gemeinschuldners erfüllen und Erfüllung von dem anderen Teil verlangen oder die Erfüllung ablehnen. Im ersten Falle sind die Ansprüche aus zweiseitigen Verträgen, deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Verfahrens erfolgen muss, voll zu befriedigende Masseschulden (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO), wohingegen im Falle der Ablehnung der Vertragserfüllung Schadenersatzansprüche entstehen können, die als Insolvenzforderungen geltend zu machen sind und nur mit der Insolvenzquote befriedigt werden. Das kann für die Insolvenzmasse im einzelnen Falle günstiger sein als das Festhalten an der Vertragserfüllung. Es können sich daraus aber Nachteile für den stillen Gesellschafter, der an den Ergebnissen dieser Geschäfte beteiligt bleibt, ergeben, wenn sie zu den Verlusten führen, die er anteilig mitzutragen hat. Unter Berücksichtigung der Interessen des Insolvenzverwalters und des stillen Gesellschafters dürfte es der Billigkeit entsprechen, dass dem stillen Gesellschafter nur die Verluste angerechnet werden, die auch bei ordnungsgemäßer Abwicklung der schwebenden Geschäfte außerhalb des Insolvenzverfahrens entstanden wären1.
17.51
Ergibt die gemäß § 235 Abs. 3 HGB durchzuführende Abrechnung für den stillen Gesellschafter einen Gewinn, so muss er diesen als Insolvenzforderung anmelden (§§ 174 ff. InsO)2, sofern die Einlage Fremdkapitalcharakter hatte; einen Verlust aus den schwebenden Geschäften muss er, sofern er kein Guthaben hat, bis zur Höhe seiner rückständigen Einlage einzahlen.
17.52
Nimmt der Insolvenzverwalter die Berechnung des Guthabens nicht oder nicht rechtzeitig vor, kann der stille Gesellschafter gegen ihn auf Rechnungslegung und Vornahme der Auseinandersetzung klagen. Die Verpflichtung hierzu galt nach bisher h.M. als Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 InsO)3. Er kann aber auch, wenn er dazu in der Lage ist, sein Guthaben selbst berechnen und den errechneten Betrag als Insolvenzforderung anmelden (§ 178 InsO). Damit setzt er sich jedoch der Gefahr aus, dass der Insolvenzverwalter oder die Insolvenzgläubiger Widerspruch erheben (§ 178 InsO) und dass er dadurch zur Feststellungsklage gemäß § 180 InsO gezwungen wird, mit der er keinen höheren als den angemeldeten Betrag geltend machen kann (§ 181 InsO). Es ist deshalb 1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 19; Zutt in GroßKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 17; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 305. 2 Haas in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 94 Rn. 160. 3 Haas in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 94 Rn. 160 m.w.N. in Fn. 395; a.A. Gundlach/Frenzel/K. Schmidt, ZIP 2006, 501 (502 f.).
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zweckmäßiger, gegen den Insolvenzverwalter auf Feststellung zu klagen, dass das Guthaben den errechneten Betrag erreicht bzw. mindestens in der errechneten Höhe besteht. Dann braucht die Anmeldung zur Insolvenztabelle erst vorgenommen zu werden, wenn das Feststellungsurteil rechtskräftig geworden ist1. Die Zulässigkeit der Feststellungsklage des Stillen hängt dabei von seinem Rechtsschutzbedürfnis i.S. des § 256 Abs. 1 ZPO ab. c) Das Auseinandersetzungsguthaben Hat der Insolvenzverwalter das Guthaben anerkannt oder ist es rechtskräftig festgestellt, dann können die anderen Insolvenzgläubiger die angemeldete Forderung nicht mehr bestreiten. Ergibt die vom Insolvenzverwalter durchgeführte Berechnung für den stillen Gesellschafter ein Guthaben, so ist dieses eine echte Insolvenzforderung i.S. des § 38 InsO, die den gleichen Rang wie die anderen nicht bevorrechtigten Insolvenzforderungen hat und mit der sich nach Befriedigung aller bevorrechtigten Gläubiger ergebenden Insolvenzquote bedacht wird. Der stille Gesellschafter wird in der Regel nicht wie der Kommanditist erst nach allen anderen Insolvenzgläubigern befriedigt. Dies ist vielmehr nur dann der Fall, wenn im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vereinbart wurde, dass er seine Einlage erst nach Befriedigung der Gläubiger zurückfordern darf2 oder wenn die stille Einlage Eigenkapital darstellt3. Seine Vermögenseinlage ist nicht als Haftungsobjekt und Realsicherung für die Gläubiger des Inhabers gedacht.
17.53
Ein Recht auf abgesonderte Befriedigung (§ 84 Abs. 1 Satz 2 InsO) steht ihm in Ansehung seines Guthabens nicht zu, da er an dem Geschäftsvermögen nicht dinglich beteiligt ist4. Aus anderen Gründen kann der stille Gesellschafter aber ein Recht auf abgesonderte Befriedigung haben; so wenn ihm z.B. zur Sicherung seiner Vermögenseinlage oder seines Guthabens ein Pfandrecht bestellt oder Gegenstände sicherungsweise übereignet worden sind (§§ 49 ff. InsO)5.
17.54
Hatte er dem Inhaber in Erfüllung seiner Einlagepflicht Sachen zum Gebrauch überlassen, so steht ihm in Ansehung dieser Sachen, die sein Eigentum geblieben sind, ein Aussonderungsrecht zu (§ 47 InsO)6.
17.55
1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 16; a.A. Flechtheim in Düringer/ Hachenburg, § 341 HGB Anm. 2. 2 BGH v. 1. 3. 1982 – II ZR 23/81, BGHZ 83, 341 (345) = WM 1982, 896 = ZIP 1982, 1077. 3 BGH v. 17. 12. 1984 – II ZR 36/84, NJW 1985, 1079 (1080) = BB 1985, 372. 4 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 270 (276). 5 Z.B. RG v. 1. 5. 1914 – II 21/14, RGZ 84, 434 (436). 6 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 2.
391
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d) Das passive Einlagekonto aa) Die stille Beteiligung als Fremdkapital
17.56
Weist das Einlagekonto des stillen Gesellschafters im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung einen Passivsaldo aus, so kommt es darauf an, ob er seine Vermögenseinlage voll erbracht hat oder ob er mit ihr im Rückstand ist. Hat er seine Einlage voll geleistet, braucht er den Passivsaldo nicht auszugleichen. Jedoch ist die Einlage in Höhe des Verlustanteils endgültig für ihn verloren.
17.57
Ist die Einlage rückständig, so hat er sie bis zu dem Betrag, welcher zur Deckung seines Anteils am Verlust erforderlich ist, zur Insolvenzmasse einzuzahlen (§ 236 Abs. 2 HGB), sobald sie nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung fällig ist1. Die Leistung kann nicht deshalb verweigert werden, weil aus noch schwebenden Geschäften ein Gewinnanteil zu erwarten ist. Der stille Gesellschafter kann allenfalls gemäß § 95 InsO aufrechnen, wobei gemäß § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO sein Gewinnanspruch nicht später als der Einlageanspruch fällig sein darf.
17.58
Eine Vereinbarung, wonach der stille Gesellschafter am Verlust überhaupt nicht oder nur in geringerem Maße als am Gewinn beteiligt ist, behält auch im Insolvenzverfahren ihre Wirksamkeit. Nur ein speziell auf den Insolvenzfall beschränkter Verlustbeteiligungsausschluss ist unwirksam. Das ist im Interesse der Insolvenzgläubiger zwingendes Recht. Es kann durch den Gesellschaftsvertrag dem stillen Gesellschafter gegenüber den Insolvenzgläubigern keine Sonderstellung eingeräumt werden. Deshalb ist die Vereinbarung, dass ihm für den Fall der Insolvenzeröffnung die Verpflichtung zur Leistung der rückständigen Einlage erlassen sein soll, dem Insolvenzverwalter gegenüber unwirksam. Dagegen sind, weil dadurch die Interessen der Insolvenzgläubiger nicht beeinträchtigt werden, gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen zulässig und rechtswirksam, durch die die Pflichten des stillen Gesellschafters im Insolvenzverfahren erweitert werden, z.B. die Vereinbarung, dass er abweichend von der Regelung des § 236 Abs. 1 HGB erst nach allen anderen Insolvenzgläubigern befriedigt werden soll (vgl. § 10 Abs. 4 Satz 1 KWG betr. das haftende Eigenkapital) oder dass er über seine Vermögenseinlage hinaus zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger beschränkt oder unbeschränkt Zuschüsse zu leisten habe. Unberührt bleiben auch Vereinbarungen, die sich nicht auf das Auseinandersetzungsverfahren, sondern auf die Berechnung des Guthabens beziehen.
17.59
Der BGH2 hat jedoch klargestellt, dass eine Verlustzuweisung sowie deren buchhalterische Ausweisung als Forderung gegen den stillen Gesellschafter allein noch kein Anerkenntnis einer Nachschusspflicht entgegen § 232 Abs. 2
1 Str., wie hier: Hopt in Baumbach/Hopt, § 236 HGB Rn. 4; Zutt in GroßKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 9; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 310; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 22 (25); a.A. Geßler in Schlegelberger, 4. Aufl. 1988, § 341 HGB Rn. 4; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 341 HGB Anm. 5. 2 KG v. 3. 7. 1998 – 14 U 8243/96, NZG 1999, 23.
392
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
§ 17
HGB und somit keine klagbare Forderung gegen den stillen Gesellschafter darstellt. Soweit die rückständige Einlage nicht zur Verlustdeckung benötigt wird, braucht sie nicht erbracht zu werden – auch nicht, wenn sie bereits vor Insolvenzeröffnung fällig und der stille Gesellschafter im Verzuge war. Gegenüber dem Anspruch des Insolvenzverwalters auf Leistung der rückständigen Einlage könnte der stille Gesellschafter mit seinem Rückzahlungsanspruch aufrechnen.
17.60
Hieraus ergibt sich, dass die Einbuße des stillen Gesellschafters im Insolvenzfall umso größer ist, je mehr er auf seine Einlage eingezahlt hat1.
17.61
Vgl. dazu die folgenden von Hueck gebildeten Beispiele: a) Einlage 100 000 Euro; Verlustanteil laut Gesellschaftsvertrag 1/5 Verlust 200 000 Euro. Guthaben des stillen Gesellschafters 60 000 Euro. Insolvenzdividende 20 % Insolvenzquote 12 000 Euro. Einbuße des stillen Gesellschafters 88 000 Euro. b) Ist die Einlage noch nicht eingezahlt, dann braucht der stille Gesellschafter nur seinen Verlustanteil in Höhe von 40 000 Euro einzuzahlen. Seine Einbuße ist gegenüber a) um 48 000 Euro geringer. c) Hatte der stille Gesellschafter 60 000 Euro eingezahlt, so verbleibt ihm nach Abzug seines Verlustanteils von 40 000 Euro ein Guthaben von 20 000 Euro, auf das er 4000 Euro Insolvenzdividende erhält. Einbuße 56 000 Euro. bb) Die eigenkapitalähnliche stille Beteiligung Hat die rückständige stille Einlage jedoch eigenkapitalähnlichen Charakter, dann muss sie, soweit sie zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist, in die Insolvenzmasse geleistet werden, und zwar unabhängig von der Höhe der Verlustanteile des Stillen, zumal dieser sich nicht auf die Privilegierung des § 236 Abs. 2 HGB berufen kann2. Die Einlage ist so zu leisten, wie es im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. Ist der stille Gesellschafter zur Leistung seiner Sacheinlage verpflichtet, so verwandelt sich diese wegen der Insolvenzeröffnung nicht in eine Geldeinlage (siehe Rn.16.50 ff.)3.
17.62
5. Der stille Gesellschafter im Insolvenzplanverfahren Der typische stille Gesellschafter in Gestalt eines Fremdkapitalgebers nimmt als Gläubiger am Insolvenzplanverfahren teil. Der typische stille Gesellschafter gehört zur Gruppe der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger. Besteht eine Verlustbeteiligung, so kann gemäß § 226 Abs. 2 InsO eine Unterscheidung von 1 Hueck/Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 18 Rn. 17. 2 BGH v. 9. 2. 1981 – II ZR 38/80, NJW 1981, 2251 (2252) = WM 1981, 761 = ZIP 1981, 734; BGH v. 17. 12. 1984 – II ZR 36/84, NJW 1985, 1079 = BB 1985, 372 = ZIP 1985, 347. 3 A.A. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 18, § 235 HGB Rn. 34.
393
17.63
§ 17
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
sonstigen Fremdkapitalgebern gerechtfertigt sein. Im Übrigen sind die §§ 224, 226, 245 InsO zu beachten.
17.64
Ist die stille Beteiligung einem Gesellschafterdarlehen vergleichbar, so wird der stille Gesellschafter als nachrangiger Gläubiger nur dann am Insolvenzplanverfahren beteiligt, soweit seine Forderung nicht als durch den Insolvenzplan erlassen gilt (§ 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 InsO), wie dies die Regel ist (§ 225 Abs. 1 InsO). Als Haftungsverantwortlicher nimmt der stille Gesellschafter einer Beteiligung mit eigenkapitalähnlichem Charakter mangels Gläubigerforderung von vornherein nicht am Insolvenzplanverfahren teil. 6. Die Insolvenzanfechtung
17.65
Nur selten findet der Insolvenzverwalter die Insolvenzmasse unverkürzt vor. Schuldner, denen der Zusammenbruch droht, verschieben oder verschleudern häufig Vermögensstücke, um mit dem Erlös zu flüchten, um sie für ihre Familie zu retten oder um ihnen nahe stehende Gläubiger zu begünstigen.
17.66
Dem begegnet der Gesetzgeber mit der in der InsO geregelten Insolvenzanfechtung, die eine die Gläubiger benachteiligende Rechtshandlung voraussetzt (§ 129 InsO), die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt ist und den Insolvenzgläubigern zum Nachteil gereicht, d.h. im Erfolgsfalle ihren Zugriff vereitelt oder schmälert. Diese allgemeine Voraussetzung der Anfechtbarkeit ergibt sich aus dem Anfechtungszweck und steht zur Beweislast des Insolvenzverwalters, der den Rückgewähranspruch nach § 143 InsO erhebt. Der Benachteiligungsvorgang löst die Anfechtbarkeit aber nur aus, wenn er sich unter bestimmten erschwerenden Umständen vollzieht (§§ 130 bis 136 InsO).
17.67
Die „besondere Insolvenzanfechtung“ oder Krisenanfechtung (§§ 130 bis 132 InsO) beruht auf dem Gedanken, dass das Vermögen des Schuldners, sobald er erkennbar insolvenzreif geworden ist, der Gesamtheit seiner persönlichen Gläubiger unter Verlustgemeinschaft verfangen sein soll. Danach sind aufgrund der zeitlichen Nähe zum Insolvenzverfahren solche Rechtshandlungen anfechtbar, die bei Zahlungsunfähigkeit oder nach Stellung des Eröffnungsantrags (§ 13 InsO) von dem Gemeinschuldner gegenüber einem Insolvenzgläubiger getätigt wurden, wenn es hierdurch zu einer Benachteiligung der übrigen Gläubiger kommt (§ 129 Abs. 1 InsO). Es wird bei den Voraussetzungen danach unterschieden, ob der Insolvenzgläubiger die Rechtshandlung bereits in dieser Art und zu dieser Zeit beanspruchen konnte (kongruente Deckung, § 130 InsO) oder nicht (inkongruente Deckung, § 131 InsO) oder ob das Rechtsgeschäft unmittelbar benachteiligend war (§ 132 InsO).
17.68
Daneben sieht § 133 InsO die sog. Absichtsanfechtung vor. Danach sind Rechtshandlungen anfechtbar, die der Gemeinschuldner während der letzten zehn Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach dem Eröffnungsantrag in der dem anderen Teil bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat. Anfechtbar sind auch absichtlich benachteiligende entgeltliche Verträge mit nahe stehenden Personen (§ 138 394
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
§ 17
InsO), wenn der Vertragsabschluss nicht früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag liegt. Weiterhin ist die sog. Schenkungsanfechtung geregelt (§ 134 InsO). Anfechtbar sind allgemein die in den letzten vier Jahren vor der Eröffnung des Verfahrens vorgenommenen unentgeltlichen Leistungen.
17.69
Schließlich sieht § 135 InsO eine kapitalerhaltende Anfechtung vor, mit der die Sicherung oder Befriedigung eines Gläubigers eines Gesellschafterdarlehens (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) angegriffen wird.
17.70
a) Die Sonderregelung des § 136 InsO Die oben genannten Anfechtungstatbestände der §§ 130–135 InsO werden ergänzt durch die Anfechtbarkeit der Teilhaberbegünstigung gemäß § 136 InsO1. Die Vorschrift übernimmt im Wesentlichen den früheren § 237 HGB in die InsO. Sie hat ihren Grund in der Erwägung, dass der stille Gesellschafter vielfach zu dem Inhaber in einem Verhältnis steht, das es ihm ermöglicht, in dessen Vermögenslage Einblick zu nehmen2. Das bringt die Gefahr mit sich, dass er, wenn sich die Vermögensverhältnisse des Inhabers verschlechtern, seine Vermögenseinlage im Zusammenwirken mit diesem dem Zugriff der Gläubiger entzieht, um sich vor Verlusten zu schützen3. Die Insolvenzgläubiger haben dann unter den im Gesetz festgelegten Voraussetzungen die Möglichkeit, die Rückgewähr anzufechten.
17.71
aa) Unabdingbarkeit Da § 136 InsO eine im Interesse der Insolvenzgläubiger geschaffene Vorschrift ist, enthält sie zwingendes Recht, das nicht durch anderweitige Vereinbarungen der Beteiligten zum Nachteil der Insolvenzgläubiger ausgeschlossen oder eingeschränkt werden kann4. Wohl aber ist es zulässig, Vereinbarungen zu treffen, die den Insolvenzgläubigern über den § 136 InsO hinaus weitere Zugriffsmöglichkeiten eröffnen.
17.72
bb) Verhältnis zu anderen Anfechtungsregeln Das Anfechtungsrecht aus § 136 InsO steht selbständig neben den in §§ 130 ff. InsO geregelten übrigen Anfechtungstatbeständen5. Mit Hilfe dieses Anfech1 Die Regelung des § 136 InsO entspricht inhaltlich im Wesentlichen § 237 HGB a.F. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 3; Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rn. 2; für zusätzliche Berücksichtigung unternehmerischer Chancen und Risiken Krolop, ZIP 2007, 1738 (1742); kritisch und für Aufhebung des § 136 InsO Florstedt, ZInsO 2007, 914 (917 f.). 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 3; K. Schmidt, KTS 1977, 68; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 342 HGB Anm. 1. 4 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 5; Kühn in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 29 Rn. 23. 5 Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rn. 16.
395
17.73
§ 17
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
tungsrechts sollen dem Insolvenzverwalter zugunsten der Insolvenzgläubiger weitere Zugriffsmöglichkeiten verschafft oder erhalten werden. Die übrigen Anfechtungstatbestände (§§ 130 ff. InsO) können aber Bedeutung erlangen, wenn die Voraussetzungen des § 136 InsO nicht gegeben sind. Stützt der Insolvenzverwalter den anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch auf die §§ 130 ff. InsO, dann schlägt der Einwand aus § 136 Abs. 2 InsO nicht durch. Unberührt bleibt die Regelung des § 236 HGB1. Muss ein stiller Gesellschafter nach den §§ 130 ff. InsO seine Einlage wieder zurückzahlen, so hindert ihn das nicht, seine Forderung nach § 236 Abs. 1 HGB anzumelden.
17.74
Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Einlage des stillen Gesellschafters einem Gesellschafterdarlehen gleichzustellenden Charakter hat. Ist eine gleichgestellte Einlage dem stillen Gesellschafter vorher zurückgewährt worden, so ist dies gemäß § 135 InsO, § 6 AnfG anfechtbar. Die Anfechtung hat zur Folge, dass der stille Gesellschafter die Einlage seinerseits zurückgewähren muss, § 143 InsO, § 11 AnfG. Der stille Gesellschafter kann jedoch keine Forderung nach § 236 Abs. 1 HGB anmelden, da diese Regelung von den Vorschriften der InsO überlagert wird (siehe Rn. 17.17 ff.). Eine entsprechende Anwendbarkeit des § 31 GmbHG führte bislang dazu, dass der stille Gesellschafter eine an ihn zurückgezahlte Einlage zurückzahlen muss, ohne sie gleichwertig neben den Gläubigern geltend machen zu können (vgl. §§ 39, 199 Satz 2 InsO)2. Durch das MoMiG besteht nunmehr allein die Möglichkeit der Insolvenz- oder Gläubigeranfechtung nach InsO oder AnfG. cc) Die Voraussetzungen der besonderen Insolvenzanfechtung gemäß § 136 InsO
17.75
Wie schon bei den übrigen Anfechtungsvorschriften, wird der Anfechtungszeitraum an den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens geknüpft. Abs. 2 konkretisiert den Tatbestand dahingehend, dass nicht mehr allgemein auf Umstände abgestellt wird, die zur Insolvenz führen, sondern dass die Anfechtung ausgeschlossen ist, wenn erst nach der Vereinbarung ein Eröffnungsgrund (§§ 16 bis 19 InsO) eingetreten ist. dd) Vorliegen einer stillen Beteiligung
17.76
Der Anfechtungsanspruch setzt zunächst eine stille Beteiligung voraus. Die stille Gesellschaft muss nur innerhalb des letzten Jahres vor Insolvenzeröffnung rechtswirksam bestanden haben. Im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder der Ausübung des Anfechtungsrechts braucht sie jedoch nicht mehr zu bestehen. Sie kann zu diesem Zeitpunkt bereits aufgelöst sein. Deshalb entfällt die Anfechtungsmöglichkeit gemäß § 136 InsO, wenn der Gesellschaftsvertrag nichtig war oder im Falle seiner Anfechtbarkeit vernichtet
1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 7; Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rn. 17. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 6.
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§ 17
worden ist, es sei denn, dass die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft (siehe Rn. 11.1 ff.) entsprechende Anwendung finden1. ee) Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Die Ausübung des Anfechtungsrechts aus § 136 Abs. 1 InsO setzt das Stellen des Antrages2 zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Inhabers voraus. Das Insolvenzverfahren darf noch nicht seinen Abschluss gefunden haben. Ist eine handelsrechtliche Personengesellschaft Inhaberin des Handelsgewerbes, so ist der Antrag auf das Insolvenzverfahren über deren Vermögen maßgeblich; ein Antrag auf Insolvenzeröffnung über das Vermögen eines Gesellschafters gewährt kein Anfechtungsrecht.
17.77
ff) Besondere Vereinbarung zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter Zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und dem stillen Gesellschafter müssen im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Vereinbarungen getroffen worden sein, durch die dem stillen Gesellschafter seine Einlage ganz oder teilweise zurückgewährt oder sein Anteil an dem entstandenen Verlust ganz oder teilweise erlassen worden ist. War die Übereinkunft schon früher erfolgt, ist sie aber erst im Insolvenzvorjahr ausgeführt worden, dann fehlt es an der Voraussetzung für die Anfechtung aus § 136 InsO.
17.78
Anfechtbar sind gemäß § 136 Abs. 1 InsO nur solche Rechtshandlungen, die auf einer „freiwilligen“ Vereinbarung beruhen, in Abgrenzung zu zwingenden Rückgewährtatbeständen (siehe Rn. 17.94 ff.). Anfechtbar ist daher auch diejenige Rückgewähr, die aufgrund der Vereinbarung im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt wurde (§ 141 InsO).
17.79
Anzufechten ist nicht die Vereinbarung der Rückgewähr der Einlage, sondern die darauf beruhende Rückgewähr selbst. Wenn nur eine Vereinbarung zur Rückgewähr oder zum Erlass des Verlustanteils getroffen, aber noch nicht ausgeführt worden ist, besteht keine Anfechtungsmöglichkeit. Andererseits ist der Insolvenzverwalter weder berechtigt noch verpflichtet, die Vereinbarung auszuführen. Einem diesbezüglichen Verlangen des stillen Gesellschafters könnte er die Einrede der Arglist entgegenhalten.
17.80
Rückgewähr der Einlage liegt vor, wenn sie dem stillen Gesellschafter ganz oder teilweise aus dem Vermögen des Inhabers zurückgezahlt oder wenn die Rückzahlung durch einen Dritten für Rechnung des Inhabers erfolgt ist. Eine Rückgewähr der Einlage ist auch gegeben, wenn sie dem stillen Gesellschafter zwar nicht in Geld zugeflossen ist, wenn er aber andere Werte dafür erhalten hat. Deshalb ist auch in den Fällen der Aufrechnung oder der Leistung an Er-
17.81
1 BGH v. 29. 6. 1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8 f.). 2 Hierin besteht ein Unterschied zu § 237 HGB a.F., der auf die Eröffnung des Konkursverfahrens abstellte.
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§ 17
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
füllungs statt eine Rückgewähr der Einlage anzunehmen, denn auch hier wird die Insolvenzmasse geschmälert1. Der Rückgewähr gleichzustellen ist es, wenn die im Handelsgeschäft des Inhabers verbleibende Vermögenseinlage innerhalb der maßgeblichen Jahresfrist durch Bestellung von Pfandrechten oder Hypotheken oder im Wege der Sicherungsübereignung aus dem Vermögen des Inhabers gesichert worden ist, da durch diese zur abgesonderten Befriedigung berechtigenden Sicherungen die Insolvenzmasse benachteiligt wird2. Bestand dagegen die Einlage des stillen Gesellschafters in einer Gebrauchsüberlassung, so fällt die Rückgewähr der zum Gebrauch überlassenen Gegenstände nicht unter § 136 InsO, weil diese nicht zum beschlagnahmefähigen Vermögen des Inhabers gehörten. Der stille Gesellschafter hat insoweit ein Aussonderungsrecht gemäß § 47 InsO.
17.82
Wird die Vermögenseinlage im Wege der Novation in ein Darlehen umgewandelt, so liegt darin noch keine Rückgewähr3. Solange das Darlehen nicht zurückgezahlt und der Verlustanteil nicht erlassen ist, ist die Insolvenzmasse nicht benachteiligt, so dass ein Anfechtungsrecht nicht gegeben ist. Wird dagegen das Darlehen innerhalb des Insolvenzvorjahres zurückgezahlt, dann ist, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 136 InsO gegeben sind, die Rückgewähr anfechtbar.
17.83
Erfolgt die Rückgewähr der Einlage aufgrund eines rechtskräftigen Urteils oder im Wege der Zwangsvollstreckung, so ist sie anfechtbar, wenn der Rückgewähranspruch selbst auf einer besonderen Vereinbarung beruhte.
17.84
Der Rückgewähr der Vermögenseinlage stellt das Gesetz den ganzen oder teilweisen Erlass des Anteils am entstandenen Verlust gleich, wenn der stille Gesellschafter vertraglich am Verlust beteiligt ist. Aber auch bei Ausschluss der Verlustbeteiligung kann die vorzeitige Rückgewähr der Einlage angefochten werden, weil der Ausschluss der Verlustbeteiligung im Insolvenzverfahren keinen Anspruch auf die volle Rückzahlung der Einlage gewährt. Der Erlass künftiger Verluste fällt nicht unter § 136 InsO. Die Aufhebung der Verlustbeteiligung für die Zukunft begründet kein Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters4; unter Umständen kann aber eine Anfechtung gemäß §§ 130 ff. InsO in Betracht kommen.
17.85
Der Erlass der Einlage selbst ist beim typischen stillen Gesellschafter keine gemäß § 136 Abs. 1 InsO anfechtbare Rechtshandlung. Bei gesetzestypischer Ausgestaltung der stillen Beteiligung riskiert der stille Gesellschafter außer 1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 12; Zutt in GroßKomm.HGB, § 237 HGB Rn. 15; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 316. 2 RG v. 1. 5. 1914 – II 21/14, RGZ 84, 434 (435); Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 128; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 315; Hopt in Baumbach/Hopt, § 236 HGB Rn. 6. 3 So auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 12; Kühn in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 29 Rn. 28; offen gelassen von Zutt in GroßKomm.HGB, § 237 HGB Rn. 16. 4 Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rn. 10; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 15.
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§ 17
den auf ihn entfallenden Verlustanteil immer nur die bereits erbrachte Einlage. Der Erlass kann sich jedoch wirtschaftlich als Erlass des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Verlustanteils darstellen, z.B. dann, wenn der stille Gesellschafter mit seiner Einlage im Rückstand ist und sein Einlagekonto einen Passivsaldo aufweist1. Die Anfechtung kann auch dadurch begründet sein, dass dem stillen Gesellschafter Gewinne ausgezahlt werden, die zur Deckung früherer Verluste hätten verwendet werden müssen (§ 232 Abs. 2 HGB). Die Gewinnauszahlung steht in diesem Falle wirtschaftlich der teilweisen Rückgewähr der Einlage gleich.
17.86
gg) Gläubigerbenachteiligung Die Rechthandlung ist nur anfechtbar, wenn gemäß § 129 InsO die Gläubiger benachteiligt werden, indem die Insolvenzmasse verkürzt wird. Maßgeblich ist dafür die Differenzhypothese, d.h. die wirtschaftliche Betrachtung der Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger mit und ohne die Rechtshandlung2. Danach kann sogar eine bloße Erschwerung des Gläubigerzugriffs eine Gläubigerbenachteiligung darstellen3. Die Beweislast für die Gläubigerbenachteiligung trägt der Insolvenzverwalter4.
17.87
hh) Ausschluss der Anfechtbarkeit Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn die Insolvenz auf Umständen beruht, die erst nach Vereinbarung der Rückgewähr oder des Erlasses des Verlustanteils und unabhängig davon eingetreten sind (§ 136 Abs. 2 InsO), wenn z.B. die Insolvenz die Folge einer später unternommenen oder fehlgeschlagenen Spekulation oder die Folge des späteren plötzlichen Zusammenbruchs eines Geschäftspartners des Inhabers war. Die Neuregelung des § 136 Abs. 2 InsO ist gegenüber § 237 Abs. 2 HGB a.F. zwar eine Konkretisierung und soll somit handhabbarer für die Praxis sein, jedoch schränkt dies die Anfechtungsmöglichkeit mehr ein als zuvor5. Letztlich beruht dies auf dem Normzweck: § 136 InsO ist eine Variante der besonderen Insolvenzanfechtung, nicht der Absichtsanfechtung (§ 133 InsO). Es kommt daher auf die Insolvenz des Geschäftsinhabers im Zeitpunkt der Rechtshandlungen an, nicht auf die Absichten der Beteiligten6.
1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 15; Zutt in GroßKomm.HGB, § 237 HGB Rn. 19. 2 Huber in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 51. 3 BGH v. 5. 11. 1980 – VIII ZR 230/79, BGHZ 78, 318 (328). 4 Huber in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 51. 5 Vgl. Kreft in Heidelberger Komm.InsO, § 136 InsO Rn. 3. 6 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 22.
399
17.88
§ 17
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
17.89
Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 136 Abs. 2 InsO liegt beim stillen Gesellschafter1. Er muss den Nachweis führen, dass der Eröffnungsgrund ausschließlich durch Umstände verursacht worden ist, die nach dem Zeitpunkt der Vereinbarung eingetreten sind. Hat die Rückgewähr der Einlage, die ordnungsgemäß zur Verlustdeckung hätte verwendet werden müssen, zur Insolvenzeröffnung beigetragen, so ist die Anfechtung begründet. Sie kann nicht mit dem Einwand bekämpft werden, im Zeitpunkt der Vereinbarung habe ein Eröffnungsgrund noch nicht vorgelegen2. Eröffnungsgrund i.S. von Abs. 2 ist nicht bloß die Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder die Überschuldung (§ 19 InsO), sondern es genügt bereits die drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO)3.
17.90
Die Anfechtung aus § 136 InsO ist zudem tatbestandlich ausgeschlossen, wenn die Rückzahlung nicht vom freien Willen des Geschäftsinhabers abhängt, sondern aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Rückgewährpflicht erfolgt4. Es besteht daher kein Anfechtungsrecht, wenn sich die Gewinnentnahme, Einlagenrückgewähr oder dingliche Sicherung bereits aus dem ursprünglichen Gesellschaftsvertrag oder einer länger als ein Jahr zurückliegenden Änderung desselben ergab. Kein Anfechtungsrecht besteht auch dann, wenn der Gesellschaftsvertrag erst im Insolvenzvorjahr abgeschlossen wurde5 und die stille Gesellschaft aus vertraglichen oder gesetzlichen Gründen – Tod des stillen Gesellschafters, Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen – aufgelöst wird.
17.91
Ebenso ist die Anfechtung ausgeschlossen, wenn der Gesellschaftsvertrag von Anfang an nichtig war oder rückwirkend vernichtet worden ist, der „stille Gesellschafter“ also seine Vermögenseinlage nicht als „Gesellschafter“, sondern z.B. gemäß §§ 812 ff. BGB zurückerhalten hat6. Dies gilt aber nicht, soweit die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft (siehe Rn. 11.1 ff.) entsprechend eingreifen7; jedoch schließt eine Kündigung aus wichtigem Grund wegen der
1 BGH v. 1. 3. 1982 – II ZR 23/81, BGHZ 83, 341 (346); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 25; Huber in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 50 Rn. 20. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 22. 3 Stodolkowitz/Bergmann in MünchKomm.InsO, 2. Aufl. 2008, § 136 InsO Rn. 24; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 23; Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rn. 14. 4 BGH v. 27. 11. 2000 – II ZR 218/00, NJW 2001, 1270; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 18; Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rn. 5. 5 RG v. 1. 5. 1914 – II 21/14, RGZ 84, 434 (438); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 5. 6 RG v. 24. 11. 1914 – II 358/14, LZ 1915 Sp. 507; OLG Stuttgart v. 16. 6. 1999 – 20 U 5/99, OLGR Stuttgart 1999, 285. 7 Stodolkowitz/Bergmann in MünchKomm.InsO, 2. Aufl. 2008, § 136 InsO Rn. 5; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 19; Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rn. 4.
400
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
§ 17
Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft wiederum die Freiwilligkeit der Rückzahlung und somit § 136 InsO aus1. Eine freiwillige Rückgewähr liegt weiterhin nicht vor, wenn ein gesetzliches oder vertragliches Kündigungsrecht, vor allem das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde, berechtigterweise ausgeübt wurde2, so dass § 136 InsO tatbestandlich nicht erfüllt ist. In diesem Fall würde auch die zugunsten des stillen Gesellschafters erfolgte Sicherungsübereignung keine anfechtbare Rückgewähr darstellen3. Wird in Anbetracht der Kündigungsmöglichkeit ein Vergleich geschlossen, so ist auch der Vergleichsanspruch nicht als freiwillige Rückgewähr anzusehen4. Das OLG Celle5 zog es zumindest in Betracht, das bloße Bestehen eines Kündigungsrechts ausreichen zu lassen, um § 136 InsO auszuschließen. Anders entschied dagegen mit Recht das OLG Hamm6. Ein § 136 InsO ausschließender Auszahlungsanspruch aufgrund eines Kündigungsrechts entsteht erst durch die Ausübung des Kündigungsrechts. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 136 InsO, der an eine Vereinbarung über die Einlagenrückgewähr anknüpft, die als solche wesensmäßig subjektive Gesichtspunkte in sich trägt, und nicht gänzlich durch das Vorliegen einer bestimmten materiellen Rechtslage ersetzt werden kann. Ob eine Ausübung vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln, § 133 BGB. Entscheidend hierbei ist, dass der anspruchsbegründende Willensakt des stillen Beteiligten in einem Zusammenhang mit dem Kündigungsrecht steht7. Hierbei müssen auch Erklärungen im Vorfeld einer späteren einvernehmlichen Vertragsauflösung berücksichtigt werden.
17.92
In den genannten Fällen ist die Rückgewähr der Vermögenseinlage nur eine Folge der Ausübung des Kündigungsrechts oder der Auflösung der Gesell-
17.93
1 BGH v. 27. 11. 2000 – II ZR 218/00, NJW 2001, 1270; OLG Oldenburg v. 20. 5. 1999 – 1 U 24/99, NZG 1999, 896 (896 f.) m. Anm. Michalski/Schulenburg; OLG Stuttgart v. 16. 6. 1999 – 20 U 5/99, OLGR Stuttgart 1999, 285; OLG Düsseldorf v. 17. 12. 1998 – 6 U 193/97, NZG 1999, 652 m. Anm. Zeidler; OLG Celle v. 22. 9. 1999 – 9 U 1/99, NZG 2000, 85 (86) m. Anm. Sosnitza. 2 BGH v. 27. 11. 2000 – II ZR 218/00, DStR 2001, 266 (268); OLG Celle v. 22. 9. 1999 – 9 U 1/99, NZG 2000, 85 (86); OLG Oldenburg v. 20. 5. 1999 – 1 U 24/99, NZG 1999, 896 (897). 3 BGH v. 29. 6. 1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 = GmbHR 1971, 47 = WM 1971, 183; Preuß in Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kapitel 11 Rn. 12. 4 OLG München v. 23. 7. 1999 – 15 U 2827/99, NZI 2000, 180; OLG Oldenburg v. 20. 5. 1999 – 1 U 24/99, NZG 1999, 896 (897) (für Aufhebungsvertrag); Rohlfing/Wegener/Oettler, ZIP 2008, 865 (868); Preuß in Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kapitel 11 Rn. 16. 5 OLG Celle v. 22. 9. 1999 – 9 U 1/99, NZG 2000, 85 (86). 6 OLG Hamm v. 2. 3. 1999 – 27 U 257/98, NJW-RR 1999, 1415 (1417); zustimmend Preuß in Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kapitel 11 Rn. 17. 7 Dem Fall lag ein Aufhebungsvertrag zugrunde, der ausdrücklich durch „unvorhergesehenen Geldbedarf“ des stillen Gesellschafters motiviert war. Gleichzeitig war der durch eine erfolgte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung fehlerhafte Gesellschaftsvertrag kündbar. Der Aufhebungsvertrag und der Parteivortrag ließen jedoch keinen Zusammenhang zu dieser Kündigung wegen arglistiger Täuschung erkennen.
401
§ 17
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
schaft. Ob die Kündigung eine ordentliche oder eine solche aus wichtigem Grund war und ob der Inhaber des Handelsgeschäfts das Kündigungsrecht anerkannt oder bestritten hat, ist unerheblich, sofern nur die Kündigung nach dem Gesellschaftsvertrag oder nach dem Gesetz berechtigt war. War sie das nicht, hat sich aber der Inhaber mit ihr einverstanden erklärt, dann liegt allerdings eine Vereinbarung vor, die – wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind – zur Anfechtung berechtigt, denn hier wird dem stillen Gesellschafter auf Kosten der Insolvenzgläubiger ein Vorteil verschafft, auch wenn die Absicht der Gläubigerbenachteiligung nicht vorliegt.
17.94
Ebenso schließt allein das Bestehen eines Anfechtungsrechts des stillen Gesellschafters die Insolvenzanfechtung nach § 136 InsO nicht aus, wenn die Rückgewähr nicht auf der Anfechtung des stillen Gesellschaftsvertrags beruht. Zwar würde man in diesen Fällen entgegen den Grundsätzen zur fehlerhaften Gesellschaft statt eines außerordentlichen Kündigungsgrundes eine Rückwirkung der Anfechtung auf den Zeitpunkt der einvernehmlichen Vertragsauflösung annehmen müssen, da sich das Gesellschaftsverhältnis nach Vertragsauflösung und vor Ausübung des Anfechtungsrechts nicht mehr in Vollzug befindet. Jedoch sind hinsichtlich der Anfechtbarkeit die Grundsätze der hypothetischen Kausalität nur in engen Grenzen zu beachten1, da eine zu weitgehende Berücksichtigung hypothetischer Reserveursachen letzten Endes zur Aushebelung jeglicher Anfechtbarkeit führen würde2. Infolgedessen kann eine Reserveursache immer nur dann beachtlich sein, wenn sie erstens real (also nicht nur gedacht) ist, und wenn sie zweitens bei Fortfall gerade und nur der anfechtbaren Rechtshandlung den gleichen Nachteil wie diese herbeigeführt hätte3. Die Anfechtung des Gesellschaftsvertrags durch den stillen Gesellschafter führt aber bei Fortfall der vorherigen Vertragsauflösung aufgrund der dann wieder gegebenen Anwendbarkeit der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft lediglich zu einem außerordentlichen Kündigungsgrund und kann somit mangels Rückwirkung nicht den gleichen Nachteil herbeiführen wie die vorherige Vertragsauflösung. Eine Reserveursache in Gestalt einer späteren Anfechtung ist daher auch bei Berücksichtigung hypothetischer Kausalverläufe unbeachtlich.
17.95
Der Anfechtungsanspruch verjährt gemäß der Neufassung von § 146 Abs. 1 InsO nach den Verjährungsvorschriften des BGB (vgl. § 199 BGB). Die Geltendmachung der Anfechtung wird durch den Ablauf der Frist nicht gehindert (§ 146 Abs. 2 InsO). b) Die Durchführung der Insolvenzanfechtung
17.96
§ 136 InsO kann nur im Insolvenzverfahren zur Anwendung kommen, nicht auch außerhalb des Insolvenzverfahrens zugunsten von Einzelgläubigern, weil 1 Dazu auch BGH v. 7. 6. 1988 – IX ZR 144/87, ZIP 1988, 1060 (1061); BGH v. 15. 12. 1994 – IX ZR 153/93, ZIP 1995, 134 (137). 2 Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, § 129 InsO Rn. 26. 3 Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, § 129 InsO Rn. 26.
402
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
§ 17
es an einer mit § 6 AnfG vergleichbaren Regelung für stille Beteiligungen fehlt1. Das Anfechtungsrecht steht allein dem Insolvenzverwalter zu. Der Inhaber kann es nicht geltend machen und auf seiner Grundlage von ihm vorgenommene Rechtshandlungen anfechten, auch wenn er beabsichtigt, die dadurch in sein Vermögen zurückfließenden Werte seinen Gläubigern zur Verfügung zu stellen2. Anfechtungsgegner ist der stille Gesellschafter oder dessen Erbe (§ 145 InsO). Der Insolvenzverwalter kann das Anfechtungsrecht im Wege der Klage oder in Form einer unbefristeten Einrede oder Replik gegenüber dem Anspruch des stillen Gesellschafters geltend machen3. Die Klage geht auf Rückgewähr dessen, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Gemeinschuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, zur Insolvenzmasse (§ 143 InsO). Der Rückgewähranspruch ist ein Bestandteil der Insolvenzmasse. Der stille Gesellschafter ist verpflichtet, die Zugriffslage herzustellen, die bestehen würde, wenn die anfechtbare Handlung unterblieben wäre. Er muss also die in bar zurückgewährte Einlage zurückzahlen, bei Aufrechnung mit der Einlage diese erbringen, bei Erhalt einer Sicherheit diese aufgeben und den Gegenstand der Sicherung herausgeben. Im Falle des Erlasses des Verlustanteils muss er sich diesen von seinem Guthaben abschreiben lassen oder die rückständige Einlage zur Deckung des zu Unrecht erlassenen Verlustanteils leisten. Die Erstattung einer etwaigen Gegenleistung bestimmt sich nach § 144 Abs. 2 InsO (z.B. Herabsetzung der Gewinnbeteiligung gegen Verlusterlass). Andererseits leben nach erfolgter Rückgewähr die Forderungen des stillen Gesellschafters wieder auf (§ 144 Abs. 1 InsO).
17.97
Ist die stille Gesellschaft zugleich mit der Vereinbarung, auf der die angefochtene Rückgewähr beruht, aufgelöst worden, kann der stille Gesellschafter gemäß § 236 Abs. 1 HGB sein Guthaben in der im Auflösungszeitpunkt vorhandenen Höhe als Insolvenzforderung anmelden. Die spätere Entwicklung berührt die Höhe des Guthabens nicht, da die Auflösung durch die Anfechtung, die sich allein gegen die Rückgewähr der Vermögenseinlage oder den Erlass des Verlustanteils richtet, nicht beseitigt wird. Ist die stille Gesellschaft mit der Rückgewähr der Einlage nicht aufgelöst worden, so muss das Guthaben des stillen Gesellschafters auf den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung festgestellt werden.
17.98
c) Rückforderungsansprüche bei stillen Beteiligungen als Surrogat für Gesellschafterdarlehen aa) Innerhalb des Insolvenzverfahrens Unterliegt die stille Einlage den Vorschriften über Gesellschafterdarlehen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO), kommt neben § 136 InsO auch eine Anfechtung gemäß 1 Zur Anfechtungsmöglichkeit gemäß § 6 AnfG bei einer einem Gesellschafterdarlehen vergleichbaren stillen Beteiligung, siehe Rn. 17.101. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 26. 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 27.
403
17.99
§ 17
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
§ 135 InsO in Betracht1. Das ist insbesondere wegen der nachrangigen Einordnung der sich daraus ergebenden Insolvenzforderung des stillen Gesellschafters gemäß § 39 InsO beachtlich2. Die weiterhin in § 135 InsO enthaltene Formulierung „gleichgestellte Forderung“ zielt auf § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO ab, so dass auch solche Forderungen in den Anwendungsbereich von § 135 InsO einbezogen werden, die wirtschaftlich einer Darlehensgewährung entsprechen. Dies trifft daher auch für eine einem Gesellschafterdarlehen gleichzusetzende stille Beteiligung des Gesellschafters an seiner Gesellschaft oder einem Dritten mit wesentlichem Einfluss auf die Gesellschaft zu3.
17.100 Hat ein Gesellschafter nach bisheriger Rechtslage einem Dritten für dessen Darlehensgewährung in der Krise der Gesellschaft (sog. gesellschafterbesicherte Drittdarlehen) eine Sicherheit bestellt oder sich dafür verbürgt i.S. des § 32a Abs. 2, 3 GmbHG a.F. und kam es zu einer Auszahlung an den Dritten, so konnte dieser Betrag gemäß § 32b GmbHG a.F. zurückverlangt werden4. Die Neuregelung lässt eine Anfechtung der Rückzahlung eines gesellschafterbesicherten Darlehens an den Dritten gegenüber dem Gesellschafter5 zu (§§ 135 Abs. 2, 143 Abs. 3 InsO n.F.). Hiernach muss der Gesellschafter die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse in Höhe der bestellten Sicherheit der Insolvenzmasse erstatten. Der Darlehensgläubiger kann nur anteilsmäßige Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen, soweit er sich nicht durch die Sicherheit befriedigen konnte (§ 44a InsO n.F.). bb) Außerhalb des Insolvenzverfahrens
17.101 Ist die Einlage haftungsmäßig einem Gesellschafterdarlehen gleichgestellt, kommt eine Anfechtung der Rückzahlung außerhalb des Insolvenzverfahrens gemäß § 6 AnfG in Betracht, der insoweit dem § 135 InsO entspricht. Dadurch wird der Schutz der Gesellschaftsgläubiger über den bloßen Insolvenzschutz hinaus auf jede Vermögensinsuffizienz erweitert6.
17.102 Seit Inkrafttreten des MoMiG kommt eine Rückforderung nur noch bei erfolgter Anfechtung auf der Grundlage von § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO nach gemäß § 135 InsO erfolgter Anfechtung in Betracht. Vor erfolgter Anfechtung darf das Darlehen daher zurückgezahlt werden. Allerdings greift jedoch bereits regelmäßig § 64 Satz 3 GmbHG ein, wenn die Zahlung zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führt. Diese Vorschrift begründet in diesem Fall auch ein Verbot der Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen7.
1 Zeuner in Smid, § 135 InsO Rn. 57. 2 Eingehend zu den unterschiedlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen von § 135 InsO und zu den §§ 130 ff. InsO Mylich, ZGR 2009, 474 (477 ff.). Diese Kriterien gelten teilweise auch für den Vergleich von § 135 und § 136 InsO. 3 Zeuner in Smid, § 135 InsO Rn. 29, 57; Hess, § 135 InsO Rn. 91 ff. 4 Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, § 32a GmbHG Rn. 7, § 32b GmbHG Rn. 2. 5 Gehrlein, BB 2008, 846 (853). 6 Paulus in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 6 AnfG Rn. 1. 7 Haas, ZInsO 2007, 617 (619); Gehrlein, BB 2008, 846 (854).
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§ 17
Nach früherer Rechtslage waren in analoger Anwendung der §§ 30 ff. GmbHG Rückzahlungen an stille Gesellschafter generell unzulässig, soweit dadurch eine Unterbilanz bei der GmbH entstand, sofern die Voraussetzungen der Rechtsprechungs-Regeln für einen eigenkapitalersetzenden Charakter der stillen Einlage vorlagen. Bei trotzdem erfolgter Zahlung entstand der Gesellschaft ein Rückzahlungsanspruch gemäß § 31 GmbHG analog, der allerdings umfangmäßig begrenzt war auf den Betrag, um den durch die Zahlung der GmbH an den Gesellschafter eine Unterbilanz entstanden oder vertieft worden ist. Diese Verstrickung der Einlage erfolgte im Gegensatz zu den früheren §§ 32a f. GmbHG, §§ 129a, 172a HGB unabhängig von dem Insolvenzverfahren, wenn dieses z.B. mangels Masse nicht zur Eröffnung kam1.
17.103
d) Rückforderungsansprüche innerhalb des Insolvenzverfahrens bei eigenkapitalähnlichen stillen Beteiligungen Wird die stille Beteiligung als eigenkapitalähnlich qualifiziert, ist ein Rückgriff auf § 236 HGB nicht möglich (siehe Rn. 17.12 ff.), auf § 136 InsO nicht nötig. Die stille Einlage mit Eigenkapitalcharakter bleibt entsprechend §§ 30 GmbHG, 172 HGB unbeschränkt der Insolvenzmasse verhaftet. Bei einer GmbH & Still ergeben sich bei kapitalsicherungswidrigen Rückzahlungen Ansprüche entsprechend § 31 GmbHG. Unter Umständen muss die Einlage nach Insolvenzeröffnung in voller Höhe und unabhängig von einer vertraglichen Verlustbeteiligung in die Insolvenzmasse einbezahlt werden, sofern dies für die Befriedigung der Insolvenzgläubiger nötig ist2. Bei Geschäftsinhabern mit anderer Rechtsform finden diese Grundsätze entsprechende Anwendung, so dass in der Regel kein Bedürfnis für eine entsprechende Anwendung des § 136 InsO besteht3.
17.104
III. Die Insolvenz des stillen Gesellschafters Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des stillen Gesellschafters führt notwendigerweise zur Auflösung der Gesellschaft (§ 728 BGB) solange nicht – bei einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft – eine Fortsetzung vereinbart wurde, § 736 Abs. 1 BGB4. Die Auseinandersetzung findet auch hier außerhalb des Insolvenzverfahrens statt (§ 84 Abs. 1 Satz 1 InsO i.V.m. § 235 HGB)5. Das Auseinandersetzungsguthaben des stillen Gesell-
1 Kreft in Heidelberger Kommentar zur InsO, § 135 InsO Rn. 6. 2 BGH v. 17. 12. 1984 – II ZR 36/84, WM 1985, 284; BGH v. 5. 11. 1979 – II ZR 145/78, WM 1980, 332; BGH v. 28. 6. 1999 – II ZR 272/98, DB 1999, 1647 (1648). 3 Ähnlich K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Anh. Rn. 34, der allerdings mit der bloßen Gleichstellung der atypischen stillen Eigenkapitalersatzeinlage das rechtspolitische Bedürfnis nach Insolvenzhaftung für nicht befriedigt hält und daher einen Anwendungsbereich des § 136 InsO sieht. 4 Marotzke in Heidelberger Komm.InsO, § 118 InsO Rn. 6. 5 Hirte in Uhlenbruck, § 84 InsO Rn. 6; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 322; Zutt in GroßKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 20; K. Schmidt, KTS 1977, 8; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 272.
405
17.105
§ 17
Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
schafters fällt in seine Insolvenzmasse und steht zur Verteilung an die Insolvenzgläubiger zur Verfügung.
17.106 Ist sein Einlagekonto passiv und ist er mit seiner Einlage im Rückstand, so steht dem Inhaber, soweit der stille Gesellschafter zum Verlustausgleich verpflichtet ist, eine einfache Insolvenzforderung zu.
IV. Zusammenfassung
17.107 Wird über das Vermögen des Inhabers das Insolvenzverfahren eröffnet, so kann der stille Gesellschafter seine Einlage, soweit sie den Betrag des auf ihn entfallenden Anteils am Verlust übersteigt, als Insolvenzgläubiger geltend machen. Praxisrelevante Ausnahmen bestehen im Falle von Gesellschafterdarlehen vergleichbarer und eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen. Diese liegen insbesondere bei §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO, bei Beteiligungen an Publikumsgesellschaften sowie dann vor, wenn zur Erreichung des Gesellschaftszwecks der Inhabergesellschaft die stille Einlage unerlässlich ist. Die Auseinandersetzung ist vom Insolvenzverwalter außerhalb des Insolvenzverfahrens nach den Vorschriften des § 235 HGB durchzuführen (§ 84 InsO). Das für den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ermittelte Auseinandersetzungsguthaben ist vom stillen Gesellschafter als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anzumelden. Ergibt die Auseinandersetzung ein passives Einlagekonto und hat der stille Gesellschafter seine vereinbarte Einlage voll geleistet, braucht der Passivsaldo nicht ausgeglichen zu werden. Ist die Einlage rückständig, hat sie der stille Gesellschafter bis zu dem Betrag, welcher zur Deckung seines Verlustanteils erforderlich ist, zur Insolvenzmasse einzuzahlen. Lediglich bei eigenkapitalähnlichen stillen Beteiligungen können ausstehende Einlagen über den Verlustanteil hinaus durch den Insolvenzverwalter eingefordert werden. In der Insolvenz des stillen Gesellschafters, die ebenfalls zur Auflösung der Gesellschaft führt, fällt das Auseinandersetzungsguthaben in seine Insolvenzmasse und dient der Befriedigung seiner Gläubiger. Einen bei der Auseinandersetzung sich ergebenden Passivsaldo, zu dessen Abdeckung der stille Gesellschafter verpflichtet ist, kann der Inhaber als Insolvenzforderung anmelden. Zur Wahrung der berechtigten Interessen der Gläubigergemeinschaft eröffnet § 136 InsO neben den allgemeinen Anfechtungstatbeständen der §§ 130 ff. InsO einen weiteren selbständigen Anfechtungstatbestand speziell für die stille Gesellschaft. Anfechtbar sind die ganze oder teilweise Rückgewähr der Einlage des stillen Gesellschafters aufgrund einer im letzten Jahr vor Stellung des Antrags auf Insolvenzeröffnung zwischen ihm und dem Inhaber getroffenen Vereinbarung und der ganze oder teilweise Erlass seines Anteils an dem entstandenen Verlust. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn die Insolvenz in Umständen seinen Grund hat, die erst nach der Vereinbarung der Rückgewähr oder des Erlasses eingetreten sind.
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Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
Wird die stille Beteiligung als eigenkapitalähnlich qualifiziert, ist ein Rückgriff auf § 136 InsO nicht erforderlich, da stille Einlagen mit Eigenkapitalcharakter gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO zurückgefordert werden können. Die Durchführung des Anfechtungsverfahrens liegt beim Insolvenzverwalter und bestimmt sich nach den §§ 129 ff. InsO. Der stille Gesellschafter muss das, was er aufgrund der anfechtbaren Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen erlangt hat, an die Insolvenzmasse zurückgewähren. Dafür leben seine Insolvenzforderungen wieder auf.
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§ 17
§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung Schrifttum: Bachmann, Gregor/Veil, Rüdiger, Grenzen atypischer stiller Beteiligung an einer Aktiengesellschaft, ZIP 1999, 348; Balser, Heinrich/Bokelmann, Gunther/Piorreck, Friedrich/Dostmann, Dieter/Kauffmann, Walter, Umwandlung – Verschmelzung – Vermögensübertragung, 1990; Blaurock, Uwe/Brander, Gerd, Anmerkung zum Urteil des LG Bonn vom 15. 2. 2001 (14 O 54/00), EWiR 2001, 445 (446); Böttcher, Conrad/Zartmann, Hugo/Kandler, Götz, Wechsel der Unternehmensform, 4. Aufl. 1982; Brandmüller, Gerhard, Die Betriebsaufspaltung nach Handels- und Steuerrecht, 7. Aufl. 1997; Crezelius, Georg, Stille Beteiligungen und Unterbeteiligungen bei Umstrukturierungen, in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1992/93, 229; Eidenmüller, Horst (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 2004; Erkens, Michael, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen bei der Unternehmensübertragung und Unternehmensumwandlung, Diss. Frankfurt, 2000; Felix, Günther, Gesellschafterwechsel infolge der Umwandlung einer GmbH auf eine Personengesellschaft oder einen Gesellschafter als Einzelunternehmer, BB 1987, 1265; Flume, Werner, Die werdende juristische Person, in Festschrift für Ernst Geßler zum 65. Geburtstag, 1970, S. 3 ff.; Fritz, Michael, Die Spaltung von Kapitalgesellschaften – Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Reformvorschläge –, Diss. Freiburg, 1991; Geck, Reinhard, Die Spaltung von Unternehmen nach dem neuen Umwandlungsrecht, DStR 1995, 416; Goutier, Klaus/Knopf, Rüdiger/Tulloch, Anthony, Kommentar zum Umwandlungsrecht – Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuerrecht –, 1996; Grünwald, Alfons, Umwandlung, Verschmelzung, Spaltung, 1996; Heidenhain, Martin, Sonderrechtsnachfolge bei der Spaltung, ZIP 1995, 801; Heidenhain, Martin, Spaltungsvertrag und Spaltungsplan, NJW 1995, 2873; Heiss, Manuela, Die Spaltung von Unternehmen im Deutschen Gesellschaftsrecht, Diss. Köln, 1994; Hennrichs, Joachim, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, Diss. Mainz, 1994; Hennrichs, Joachim, Zum Formwechsel und zur Spaltung nach dem neuen Umwandlungsgesetz, ZIP 1995, 794; Hirte, Heribert/Bücker, Thomas (Hrsg.), Grenzüberschreitende Gesellschaften, 2. Aufl. 2006; Hüffer, Uwe, Der Schutz besonderer Rechte in der Verschmelzung, in Festschrift für Marcus Lutter zum 70. Geburtstag, 2000, S. 1227 ff.; Jung, Peter, Die stille Gesellschaft in der Spaltung, ZIP 1996, 1734; Kallmeyer, Harald, Umwandlungsgesetz, 4. Aufl. 2010; Krause, Nils/Kulpa, Norman, Grenzüberschreitende Verschmelzungen, ZHR 171 (2007), 38; Lehmann, Karl, Umwandlungen handelsrechtlicher Unternehmungsformen, ZHR 50 (1901), 1; Lutter, Marcus (Hrsg.), Kölner Umwandlungsrechtstage: Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, 1995; Lutter, Marcus/Winter, Martin (Hrsg.), Umwandlungsgesetz – Kommentar, 4. Aufl. 2009; Manz, Gerhard/Mayer, Barbara/Schröder, Albert, Europäische Aktiengesellschaft SE, 2005; Mertens, Kai, Umwandlung und Universalsukzession – Die Reform von Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung und Formwechsel, Diss. Kiel, 1992; Mertens, Kai, Zur Universalsukzession in einem neuen Umwandlungsrecht, AG 1994, 66; Mertens, Kai, Die stille Beteiligung an der GmbH und ihre Überleitung bei Umwandlungen in die AG, AG 2000, 32; Meyer, Dieter, Erste Zweifelsfragen bei der Unternehmensspaltung, DB 1995, 861; Müller, Hans-Friedrich, Internationalisierung des deutschen Umwandlungsrechts: Die Regelung der grenzüberschreitenden Verschmelzung, ZIP 2007, 1081; Neuner, Kurt, Verschmelzung beendet ipso iure die stille Gesellschaft?, ÖStZ 1996, 69; Neye, Hans-Werner/Timm. Birte, Mehr Mobilität für die GmbH in Europa, GmbHR 2007, 561; Rowedder, Heinz/Schmidt-Leithoff, Christian, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 4. Aufl. 2002; Orth, Manfred, Umwandlung durch Anwachsung (Teil 1), DStR 1999, 1011; Sagasser, Bernd/Bula, Thomas/Brünger, Thomas R., Umwandlungen – Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, Vermögensübertragung – Zivil-, Handels- und Steuerrecht, 3. Aufl. 2002; Schmitt, Jo-
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§ 18
achim/Hörtnagl, Robert/Stratz, Christian, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 5. Aufl. 2009; Schulze zur Wiesche, Dieter, Beendigung einer GmbH & Still, GmbHR 1984, 320; Schwarz, Hansjürgen, Umwandlung mittelständischer Unternehmen im Handels- und Steuerrecht, 1995; Schwedhelm, Rolf, Die Unternehmensumwandlung – Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, Einbringung, 6. Aufl. 2008; Sedlmayer, Eleonore, Stiller Gesellschafter in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, DNotZ 2003, 611; Semler, Johannes, Vorfinanzierung zukünftigen Aktienkapitals durch stille Gesellschaften, in Festschrift für W. Werner, 1984, S. 855 ff.; Stern, Elisabeth, Verschmelzung von Kapitalgesellschaften und Stille Beteiligung, ÖJZ 1997, 87; Sudhoff, Heinrich/Sudhoff, Martin, Die stille Beteiligung bei Umwandlung des „Hauptunternehmens“ in eine GmbH oder GmbH & Co, GmbHR 1981, 235; Teichmann, Arndt, Die Spaltung von Rechtsträgern als Akt der Vermögensübertragung, ZGR 1993, 396; Theil, Clemens, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung und Unterbeteiligung bei der Umwandlung des Unternehmens, Frankfurt a.M. 1982; Weng, Barbara, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, insbesondere der Verschmelzung, Diss. Tübingen, 2007; Westermann, Harm Peter, Die versteckte stille Gesellschaft, in Festschrift für Peter Ulmer zum 70. Geburtstag, 2003, S. 657 ff.; Widmann, Siegfried/ Mayer, Robert, Umwandlungsrecht II (Loseblatt); Windbichler, Christine, Schadensersatzansprüche des stillen Gesellschafters – Besprechung der Entscheidung BGH WM 1987, 1193, ZGR 1989, 434; Winter, Martin, Die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters in der Verschmelzung des Geschäftsinhabers, in Festschrift für Martin Peltzer zum 70. Geburtstag, 2001, S. 645 ff.
Der klassische Weg der Umstrukturierung ist der der Unternehmensübertragung mittels Einzelübertragung sämtlicher Aktiva und Passiva. Hierbei bleibt der rechtliche Bestand des übertragenden Rechtsträgers unverändert, nur das Unternehmen, d.h. die Summe der Aktiva und Passiva, wird übertragen (vgl. hierzu auch Rn. 12.18 ff.). Da dieser Weg aufwendig und kompliziert ist, da insbesondere die jeweiligen Besonderheiten der Einzelrechtsübertragung beachtet werden müssen, wurden allmählich durch eine Reihe von gesetzlichen Einzelmaßnahmen Sondervorschriften eingeführt. Eine ausdrückliche Regelung zur stillen Gesellschaft in der Umwandlung ist im UmwG nicht enthalten. Die Neuregelung mit dem Ziel einer Ausweitung und Erleichterung von Umwandlungen hat jedoch die Stellung des stillen Gesellschafters insgesamt geschwächt1.
18.1
I. Die stille Gesellschaft und die Umwandlung des Geschäftsinhabers Bei der Erörterung der möglichen Fallkonstellationen muss einerseits zwischen der klassischen Unternehmensübertragung und den wichtigsten Umwandlungsformen nach dem UmwG (Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel) unterschieden und andererseits nach der Rolle des Geschäftsinhabers im Umwandlungsprozess (übertragender Rechtsträger, übernehmender Rechtsträger) differenziert werden.
1 Vgl. Jung, ZIP 1996, 1734.
409
18.2
§ 18
Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
1. Stille Gesellschaft und klassische Unternehmensübertragung des Geschäftsinhabers
18.3
Das kaufmännische Unternehmen kann außerhalb des Umwandlungsgesetzes nicht als solches übertragen werden1. Vielmehr erfordert der Spezialitätsgrundsatz die Einzelübertragung jedes sonderrechtsfähigen Gegenstandes. Daher gehen bei der Unternehmensübertragung im klassischen Sinn nur die ausdrücklich bezeichneten Gegenstände auf den Erwerber über, wobei die individuellen Übertragungstatbestände und jeweiligen Formvorschriften zu beachten sind. Soll auch das stille Gesellschaftsverhältnis auf den neuen Unternehmensinhaber übergehen, so sind dessen Übertragungsvoraussetzungen einzuhalten2. a) Einfluss des stillen Gesellschafters auf die Unternehmensübertragung
18.4
Eine Mitwirkung des stillen Gesellschafters zu einer wirksamen Unternehmensübertragung im Außenverhältnis ist nicht notwendig. Die Unternehmensübertragung durch den Geschäftsinhaber stellt zwar ein Grundlagengeschäft dar. Trotzdem hat der Stille im Außenverhältnis keinen Einfluss darauf; denn der Stille ist von der Unternehmensführung ausgeschlossen, und es bedarf selbst bei Grundlagengeschäften nicht seiner Mitwirkung im Außenverhältnis3. Das gilt selbst dann, wenn die Einlage des Stillen als Sacheinlage erbracht wurde, da auch diese in das Alleinvermögen des Geschäftsinhabers übergeht und daher in dessen alleinige Verfügungsbefugnis fällt4.
18.5
Im Innenverhältnis ist die Zustimmung des Stillen stets zwingend erforderlich, und nur ausnahmsweise kann eine Zustimmungspflicht des Stillen aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht bei Vorliegen besonderer Umstände bestehen5. Eine ohne Zustimmung erfolgte Übertragung des Unternehmens ist dem Stillen gegenüber pflichtwidrig, da damit die Erfüllung des stillen Gesellschaftsvertrags vereitelt wird. Um sich korrekt zu verhalten, muss der Geschäftsinhaber das stille Gesellschaftsverhältnis vor der geplanten Unternehmensübertragung ordentlich kündigen.
18.6
Nimmt der Veräußerer von einer geplanten Unternehmensübertragung keinen Abstand, obwohl er die im Innenverhältnis notwendige Zustimmung des Stillen nicht erhalten kann, so kann der stille Gesellschafter die Unternehmensveräußerung bzw. -übertragung gegebenenfalls im Klagewege verhindern. Bei Grundlagengeschäften wie Aufgabe, Übertragung oder Umwandlung kann er eine Klage auf Fortführung des Unternehmens bzw. auf Unterlassen der jewei-
1 Nur das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft kann die Vermögensgesamtheit der Unternehmensgegenstände als Einheit erfassen. 2 Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 21. 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 137, § 234 HGB Rn. 39; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 154. 4 Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 12 ff. 5 Vgl. hierzu Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 31 f.
410
Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
§ 18
ligen Maßnahme erheben1. Die Pflicht zur vertragsgemäßen Führung des Unternehmens begründet Erfüllungsansprüche und kann durch Leistungsklage oder einstweilige Verfügung durchgesetzt werden. Die Zwangsvollstreckung erfolgt nach § 888 Abs. 1 ZPO. § 888 Abs. 3 ZPO ist als Ausnahmevorschrift zu § 888 Abs. 1 ZPO nur auf Dienstleistungen anwendbar, nicht auch entsprechend auf Leistungspflichten aus einem stillen Gesellschaftsverhältnis2. b) Einfluss des stillen Gesellschafters auf die Überleitung des stillen Gesellschaftsverhältnisses auf den neuen Unternehmensträger Schließt der veräußernde Unternehmensträger mit dem Erwerber einen Vertrag, der die Verpflichtung zur Übertragung aller Aktiva und Passiva enthält, so verpflichtet sich der Geschäftsinhaber damit, auch seinen Gesellschaftsanteil, d.h. seine Mitgliedschaft in der stillen Gesellschaft zu übertragen. Im Falle der Veräußerung des Handelsgeschäfts setzt sich das Gesellschaftsverhältnis nicht ohne weiteres mit dem Erwerber fort. Für den Eintritt des neuen Unternehmensinhabers in die gesellschaftsrechtliche Position des Veräußernden bedarf es einer gesonderten Übertragung dieser Gesellschafterstellung. Zur Wirksamkeit einer solchen Übertragung ist neben dem Einvernehmen von Alt- und Neuunternehmer das Einverständnis des stillen Gesellschafters erforderlich. Rechtstechnisch kann der erforderliche Konsens in einem dreiseitigen Vertrag zwischen allen Beteiligten oder in einer Vereinbarung zwischen dem veräußernden Geschäftsinhaber und dem Erwerber unter Zustimmung des stillen Gesellschafters hergestellt werden (vgl. oben Rn. 10.28 ff.). Hinsichtlich der schuldrechtlichen Bindung ist der Geschäftsinhaber im Verhältnis zum stillen Gesellschafter bei einer Veräußerung des Unternehmens als verpflichtet anzusehen, bei der Übertragung seiner Gesellschafterstellung auf Verlangen des Stillen mitzuwirken. Demgegenüber unterliegen grundsätzlich weder der Stille noch der Erwerber des Handelsgeschäfts einer rechtlichen Bindung, das Gesellschaftsverhältnis mit dem jeweils anderen fortzusetzen. Einschränkungen können sich aber namentlich für den stillen Gesellschafter aus seiner Treuebindung ergeben3.
18.7
Fehlt es am erforderlichen Einverständnis des stillen Gesellschafters oder des Erwerbers zur Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses, so tritt der neue Inhaber trotz erfolgter Geschäftsübernahme insoweit nicht in die Position des Veräußernden ein. Hinsichtlich des Gesellschaftsverhältnisses mit dem Altunternehmer wird teilweise angenommen, dieses werde wegen Unmöglichkeit der Erreichung des Gesellschaftszwecks aufgelöst4. Dem ist jedoch nicht zuzustimmen, weil hierdurch dem stillen Gesellschafter die Möglichkeit genommen würde, die Fortführung des Handelsgeschäfts durch den früheren Ge-
18.8
1 So auch Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 151; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 178; Kühn in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 80 Rn. 22, die allerdings eine Vollstreckbarkeit ablehnen; a.A. Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 38, der dem stillen Gesellschafter lediglich Schadensersatzansprüche gewährt. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 178. 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 39. 4 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 255.
411
§ 18
Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
schäftsinhaber zu verlangen. An einem solchen Verlangen, gegebenenfalls auch an einer Geltendmachung durch Klageerhebung, kann der stille Gesellschafter ein Interesse haben. Die Weiterführung des Handelsgeschäfts und damit die Rückübertragung des Unternehmens ist auch nicht als grundsätzlich unmöglich anzusehen. Daher ist nicht Auflösung der stillen Gesellschaft gemäß § 726 BGB anzunehmen1, vielmehr bleibt dem stillen Gesellschafter die Wahl, ob er das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grunde kündigen oder die Fortführung des Unternehmens durch seinen Mitgesellschafter verlangen will2. Im Falle der Kündigung ist ihm sein Partner in der Regel zum Schadensersatz wegen Verletzung einer Vertragspflicht aus § 280 BGB verpflichtet. Gleiches gilt bei Weigerung der Fortführung, obwohl ihm diese möglich ist.
18.9
Besteht keine Pflicht des Stillen, einem Gesellschafterwechsel zuzustimmen, so kann der Erwerber auch nicht auf Vertragserfüllung gegen den Veräußerer klagen, denn die Leistung – Übertragung des Anteils an der stillen Gesellschaft – ist mit der Verweigerung der Zustimmung des Stillen für den Veräußerer unmöglich geworden (§ 275 Abs. 1 BGB). Es kommt nur Schadensersatz in Betracht. c) Beteiligung des stillen Gesellschafters am Veräußerungsgewinn der Unternehmensübertragung
18.10
Wird die stille Gesellschaft nicht mit dem Unternehmenserwerber fortgesetzt, so ist hinsichtlich der Beteiligung des stillen Gesellschafters am Veräußerungsgewinn danach zu differenzieren, aus welchem Grund es zur Auflösung des stillen Gesellschaftsverhältnisses kam. Erfolgt die Übertragung ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters, so wird übereinstimmend vertreten, dass die Rechtsfolgen des im Innenverhältnis nicht gestatteten Geschäfts allein den Geschäftsinhaber treffen und der Stille nicht am entsprechenden Gewinn oder Verlust teilnimmt3. Liegt dessen Zustimmung zur Unternehmensübertragung vor, so ist umstritten, inwieweit der Stille nunmehr an dem Gewinn der Unternehmensübertragung teilnimmt4. Sieht man in dem Betrieb des Handelsgewerbes jegliche Nutzung des Unternehmens, so hat der Stille ein Recht darauf, an dem jeweiligen Gewinn zu partizipieren5. Diesem weiten „Nutzungsbegriff“ ist jedoch nicht zu folgen, da mit ihm die Grenzen zwischen typisch und atypisch stiller Gesellschaft verwischt werden. Der Veräußerungsgewinn ergibt sich gerade nicht aus dem Betrieb des Handelsgewerbes. Dem Stillen ist nur der Gewinn zu ersetzen, der ihm bei ertragsmäßiger Fortführung des Geschäfts voraussichtlich zugeflossen wäre (vgl. Rn. 12.20).
1 A.A. Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 63. 2 Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1981, 235 (236); ähnlich K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 39. 3 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 288; Hopt in Baumbach/Hopt, § 232 HGB Rn. 2. 4 Dagegen Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 288; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 26.; dafür Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 65. 5 So Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 65.
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Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
§ 18
2. Stille Gesellschaft und Verschmelzung des Geschäftsinhabers a) Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übertragenden Rechtsträger Die Besonderheit dieser Umwandlungsform besteht darin, dass sowohl bei der Verschmelzung durch Neugründung (§ 2 Nr. 2 UmwG) als auch bei der Verschmelzung durch Aufnahme (§ 2 Nr. 1 UmwG) das Handelsgewerbe, an dem der Stille sich beteiligt hatte, mit der übernehmenden Gesellschaft im Wege der Universalsukzession vereinigt wird1. Ein Verbleib der stillen Gesellschaft bei dem alten Rechtsträger ist wegen dessen zwangsläufigen Erlöschens gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG ausgeschlossen2.
18.11
Im Hinblick auf das Schicksal der stillen Beteiligung ist zwischen deren Übertragbarkeit überhaupt sowie der Zustimmungsbedürftigkeit im Außen- und Innenverhältnis zu unterscheiden. aa) Die prinzipielle Übertragbarkeit der stillen Beteiligung Die stille Beteiligung ist nach h.A. auch ohne gesellschaftsvertragliche Regelung als Gesamtheit im Rahmen der Verschmelzung übertragbar3. Dies folgt aus der in § 20 UmwG in Übereinstimmung mit dem alten Umwandlungsrecht angeordneten Gesamtrechtsnachfolge des übernehmenden Rechtsträgers4. Er tritt in die Rechte und Pflichten des Vorgängers umfassend ein. Teil des Vermögens des Geschäftsinhabers und damit Gegenstand der Gesamtrechtsnachfolge i.S. von § 20 UmwG ist der Gesellschaftsanteil des Geschäftsinhabers an der stillen Gesellschaft, d.h. die Mitgliedschaft des Geschäftsinhabers in der stillen Gesellschaft.
18.12
Bedenken gegen einen Übergang auch der Gesellschafterstellung auf den Nachfolger könnten sich allenfalls aus dem Umstand ergeben, dass das Gesetz für den wichtigsten Fall der Gesamtrechtsnachfolge, den Tod des Geschäftsinhabers, gerade nicht den Übergang der Mitgliedschaft auf den oder die Nachfolger, sondern die Auflösung der Gesellschaft anordnet (§ 727 Abs. 1 BGB). Ohne anders lautende gesellschaftsvertragliche Vereinbarung wäre dementsprechend der Übergang der Gesellschafterstellung des Geschäftsinhabers bei Umwandlung nicht möglich, wenn man diese dem gesetzlich geregelten Fall
18.13
1 Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 140. 2 Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 93; Blaurock/Brandner, EWIR 2001, 445 (446). 3 So auch OLG Köln, AG 2001, 426 (427); Stern, ÖJZ 1997, 87 (91); Grünwald, Umwandlung, Verschmelzung, Spaltung, S. 295, entgegen Stern, so wohl auch die h.L. in Österreich. A.A. öVwGH v. 19. 9. 1995, 95/14/0053, wonach die Verschmelzung zur automatischen Beendigung der stillen Gesellschaft führt; vgl. Neuner, ÖStZ 1996, 69. 4 Vgl. Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwG Rn. 55 u. 68 und Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, § 20 UmwG Rn. 16; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 33, 59; Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 53 ff., 87 ff. und 140; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 273 f.; Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1981, 235; Felix, BB 1987, 1265 (1268); Semler in FS Werner 1984, S. 862.
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§ 18
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des Todes des Geschäftsinhabers gleichstellen wollte. Für eine solche Gleichstellung spricht der Umstand, dass mit dem Untergang des übertragenden Rechtsträgers und der Ersetzung durch den übernehmenden/neuen Rechtsträger eine für die stille Gesellschaft als personenbezogenes Beteiligungsverhältnis ähnlich fundamentale Veränderung eintritt wie beim Tode des Geschäftsinhabers. Ein Unterschied zu dem in § 727 Abs. 1 BGB geregelten Sachverhalt ergibt sich jedoch insoweit, als bei der Verschmelzung der alte Unternehmensträger in dem neuen aufgeht und gewissermaßen „fortlebt“. Somit besteht bei der Verschmelzung neben der wirtschaftlichen Kontinuität zumindest auch eine personelle Teilkontinuität1. Es widerspräche schließlich dem Ziel des Umwandlungsrechts, die Umwandlung durch Universalsukzession zu erleichtern, würde man ausgerechnet Gesellschaftsverhältnisse von der Gesamtrechtsnachfolge ausnehmen. Daher ist eine Gleichstellung der Verschmelzung mit dem Fall des Todes des Geschäftsinhabers nicht gerechtfertigt2. Die Alternative der Auflösung der stillen Gesellschaft ist schon deswegen nicht sachgerecht, weil dem stillen Gesellschafter auch dann die Möglichkeit genommen würde, das stille Beteiligungsverhältnis mit dem übernehmenden Rechtsträger fortzusetzen, wenn dies in seinem Interesse wäre3. Wird dagegen die stille Gesellschaft nach der Verschmelzung zunächst weiter fortgesetzt, so bleibt dem Stillen bei einer erheblichen Rechtsverletzung immer das Recht zur außerordentlichen Kündigung erhalten. bb) Informationspflichten des Geschäftsinhabers
18.14
Das stille Beteiligungsverhältnis ist zur Information der Anteilsinhaber als Sonderrecht im Verschmelzungsbericht und Verschmelzungsvertrag zu erwähnen (§ 5 Abs. 1 Nr. 7 und § 8 UmwG). Soweit jedoch das Bekanntwerden bestimmter Tatsachen über die stille Beteiligung zu unverhältnismäßigen Nachteilen führen würde, besteht ein Geheimnisschutz gemäß § 8 Abs. 2 UmwG. Von einer Veröffentlichung im Bericht kann abgesehen werden, wenn stattdessen die Gründe für den Geheimnisschutz genannt werden4.
18.15
Ist eine Geheimhaltung vereinbart oder hat der stille Gesellschafter ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse, dann kann er bei dennoch erfolgter Offenlegung im Verschmelzungsbericht wegen Beeinträchtigung seiner Rechte außerordentlich kündigen und gegebenenfalls Schadensersatz verlangen. Dieses Dilemma des Geschäftsinhabers, einerseits der Berichtspflicht nachzukommen und andererseits seine Verschwiegenheitsverpflichtung nicht zu verletzen, kann zu einer Einschränkung der Berichtspflicht insoweit führen, als der Name des stillen Gesellschafters nicht genannt zu werden braucht.
1 Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 96. 2 Blaurock/Brandner, EWIR 2001, 445 (446); so auch Winter in FS Peltzer, S. 645 (649); Sedlmayer, DNotZ 2003, 611 (616). 3 Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 97. 4 Lutter/Drygala in Lutter, § 8 UmwG Rn. 47; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 8 UmwG Rn. 28 ff.
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§ 18
Wie ein Außengesellschafter hat auch der stille Gesellschafter ein Interesse daran, möglichst frühzeitig über die geplante Verschmelzung informiert zu werden. § 42 UmwG sieht bei der Verschmelzung von Personenhandelsgesellschaften vor, dass der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf und der Verschmelzungsbericht den Gesellschaftern, die von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind, spätestens zusammen mit der Einberufung der Gesellschafterversammlung zu übersenden sind. § 42 UmwG soll damit die Gesellschafter vorab informieren, damit sie ihr Stimmrecht bei der Beschlussfassung über den Verschmelzungsvertrag interessengerecht ausüben können. Eine entsprechende Anwendung von § 42 UmwG auf stille Beteiligungen ist interessengerecht, da auch der stille Gesellschafter von der Geschäftsführung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Ebenso wie für einen Außengesellschafter stellt die Verschmelzung für den stillen Gesellschafter ein zustimmungsbedürftiges Rechtsgeschäft dar, wenngleich die Erklärung des Stillen keine Rechtswirkungen im Außenverhältnis entfaltet1. Daher hat der Geschäftsinhaber den stillen Gesellschafter von dem Verschmelzungsvorhaben in jedem Fall in analoger Anwendung von § 42 UmwG spätestens mit der Einberufung der Gesellschafterversammlung zu unterrichten. Eine Informationspflicht zu einem früheren Zeitpunkt kann sich aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ergeben, so etwa im Fall einer Publikation des Vertrags über die Errichtung der stillen Gesellschaft im Verschmelzungsbericht.
18.16
cc) Zustimmungsbedürftigkeit Der Konflikt zwischen den Grundsätzen der Universalsukzession (automatische Fortsetzung des Beteiligungsverhältnisses mit dem neuen Geschäftsinhaber) und denjenigen des Rechts der stillen Gesellschaft (Zustimmungsbedürftigkeit bei Strukturänderungen im Handelsgewerbe) zeigt sich insbesondere bei der Frage der Notwendigkeit einer Zustimmung des Stillen zur Verschmelzung des Geschäftsinhabers. Hierbei ist zwischen dem Außenverhältnis und dem Innenverhältnis zu unterscheiden2.
18.17
Im Außenverhältnis, d.h. für die Rechtsverhältnisse zwischen dem übertragenden Träger des Handelsgewerbes bzw. dem Stillen und einem Dritten, ist die Übertragung der stillen Beteiligung im Rahmen einer Verschmelzung auch ohne Zustimmung des Stillen wirksam3. Dies gilt auch im Falle der Vereinbarung eines entsprechenden Zustimmungserfordernisses im Beteiligungsver-
18.18
1 Anders Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 112, der eine grundsätzliche Zustimmungsbedürftigkeit der Verschmelzung im Innenverhältnis ablehnt und damit aufgrund fehlender Beteiligung des Stillen an der Umwandlung eine Analogie zu § 42 UmwG. 2 So auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 30 ff.; Böttcher/Zartmann/ Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 299 f.; Jung, ZIP 1996, 1736; Crezelius in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1992/93, 229 (231). 3 H.M., vgl. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 33; Böttcher/Zartmann/ Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 299 f.; Crezelius in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1992/93, 229 (231); Winter in FS Peltzer, S. 645 (648); a.A. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 274 (schwebende Unwirksamkeit).
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trag1 und bei einer Benachteiligung des Stillen durch den Verschmelzungsvertrag. Die Gegenauffassung ist mit dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit im Verschmelzungsvorgang, der sich durchaus auch als Vorgang zulasten Dritter erweisen kann2, nicht zu vereinbaren.
18.19
Dies ergibt sich aus den für das Außenverhältnis als abschließend gedachten Regelungen der Verschmelzungsvoraussetzungen im UmwG, nach denen lediglich eine Zustimmung der Anteilsinhaber zum Verschmelzungsvertrag gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 UmwG verlangt wird.
18.20
Darüber hinaus würde es der Zielsetzung des neuen Umwandlungsrechts, die Umwandlung zu erleichtern, widersprechen, wenn man über den Wortlaut des UmwG hinaus ein Zustimmungserfordernis des Stillen mit Außenwirkung aus allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts herleiten würde. Denn Kern einer erleichterten Universalsukzession ist deren grundsätzlich autarke Umsetzung durch das Unternehmen ohne Mitwirkungsbefugnisse Dritter3.
18.21
Für ein Zustimmungserfordernis mit einer die Verschmelzung gegebenenfalls hindernden Außenwirkung besteht schließlich angesichts des möglichen anderweitigen Schutzes des Stillen (siehe dazu Rn. 18.25 ff.) kein Bedürfnis. Der stille Gesellschafter gehört nicht zu den Anteilsinhabern i.S. des § 13 Abs. 1 Satz 1 UmwG4. Die stille Beteiligung stellt vielmehr ein Sonderrecht i.S. von § 23 UmwG dar; hierfür spricht, dass die Rechtsposition des Stillen den in § 23 UmwG genannten Gewinnrechten nahe steht und insbesondere bei atypischen stillen Beteiligung ein vergleichbares Schutzbedürfnis besteht5.
18.22
Im Innenverhältnis muss der Geschäftsinhaber jedoch regelmäßig die Zustimmung des Stillen zur Verschmelzung einholen6. Die Zustimmungsbedürftig1 Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwG Rn. 68; Felix, BB 1987, 1265 (1267 f.); Zimmermann in Rowedder/Schmidt-Leithoff, Anh. nach § 77 GmbHG Rn. 393; a.A. Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, § 20 UmwG Rn. 16, der allerdings nicht zwischen Außen- und Innenverhältnis unterscheidet und bei dem die Zustimmungsverweigerung nur zu einer Auflösung der stillen Gesellschaft, aber nicht zu einer Hinderung der Verschmelzung führt. 2 Vgl. dazu Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, S. 99 ff. 3 Dies bringt auch die Begründung zum Referentenentwurf, BMJ v. 15. 4. 1992 – III A 1 – 3501/1, S. 6, zum Ausdruck; vgl. auch Mertens, AG 1994, 66 (69) und Jung, ZIP 1996, 1736. 4 Vgl. dazu näher Jung, ZIP 1996, 1736. 5 Grunewald in Lutter, § 23 UmwG Rn. 20; Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/ UmwStG, § 23 UmwG Rn. 10; Winter in FS Peltzer, S. 645 (650 f.); Jung, ZIP 1996, 1738; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 87 Rn. 17; a.A. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 35; Vossius in Widmann/Mayer, § 23 UmwG Rn. 11; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 23 UmwG Rn. 3 und Hüffer in FS Lutter, S. 1227 (1235 f.), die dem stillen Gesellschafter über die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) bzw. über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) abhelfen wollen. 6 Hüffer in FS Lutter, S. 1227 (1237); Sedlmayer, DNotZ 2003, 611 (618); Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 55 f.; so auch für die
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keit kann sich dabei bereits aus dem stillen Gesellschaftsvertrag ergeben1. Daneben besteht grundsätzlich eine Zustimmungsbedürftigkeit kraft Gesetzes2. Denn als ein die Organisation des Handelsgewerbes veränderndes und als außergewöhnliches Geschäft3, das die Belange des Stillen entscheidend berührt, gehört die Verschmelzung zu den zustimmungsbedürftigen Grundlagengeschäften. Diesem Ergebnis lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass sich das Gesetz für den Vorrang der Umwandlungsfreiheit des Rechtsträgers vor dem Schutz der Vertragsfreiheit Dritter entschlossen hat und somit die Gesamtrechtsnachfolge umfassend jegliche Mitwirkung bzw. Zustimmung Dritter zum Umwandlungsvorgang im Außen- wie auch im Innenverhältnis entbehrlich macht4. Denn Kern einer erleichterten Universalsukzession ist deren grundsätzlich autarke Umsetzung durch das Unternehmen ohne Mitwirkungsbefugnisse Dritter im Außenverhältnis. Der Freiheit zu einer autarken Entscheidung im Innenverhältnis hat sich der Geschäftsinhaber jedoch durch die Eingehung einer stillen Gesellschaft begeben. Der Grundsatz des Vorrangs der Umwandlungsfreiheit wird durch ein internes Zustimmungserfordernis, was immer auch vertraglich vereinbart werden könnte, nicht betroffen. Auch der Einwand, eine interne Zustimmungspflicht widerspreche dem gesetzlichen Leitbild des § 23 UmwG, wonach ein Anspruch gegen den neuen Rechtsträger auf „Nachbesserung“ zustehe5, vermag nicht zu überzeugen; denn § 23 UmwG regelt so wie § 20 UmwG nur Fragen des Außenverhältnisses. Entbehrlich ist die interne Zustimmung durch den Stillen nur dann, wenn deren Verweigerung unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht, die auch bei stillen Publikumsgesellschaften besteht, rechtsmissbräuchlich wäre6. In einem solchen Fall kann sich der Stille sogar schadensersatzpflichtig machen. Eine Treuwidrigkeit dürfte aber nur selten vorliegen. Abzuwägen sind das haftungsrechtliche, steuerliche und geschäftspolitische Interesse des Stillen an der Fortführung des Handelsgewerbes durch den bisherigen Geschäftsinhaber und das Interesse des Geschäftsinhabers an der Durchführung der geplanten Umstrukturierungsmaßnahme. Treuwidrig kann die Zustimmungsverweigerung insbesondere dann sein, wenn die dem Stillen entstehenden Nachteile durch eine Vertragsanpassung ausgeglichen werden können. Denkbar ist auch, dass der Stille rechnungsförmig weiterhin an dem in dem neuen Unternehmensträger in der Regel fortbestehenden Ge-
1
2 3 4 5 6
mitgliedschaftliche atypische stille Gesellschaft K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 34; Winter in FS Peltzer, S. 645 (652 ff.); a.A. bei typischer stiller Beteiligung aber K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 33 und Winter in FS Peltzer, S. 645 (651 f.). Vgl. zur Auslegung von derartigen Zustimmungsklauseln allgemein Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, S. 118 f.; Mertens, AG 1994, 66 (72). K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 137. Vgl. dazu BGH v. 25. 9. 1963 – V ZR 133/61, WM 1963, 1209 (1210); BGH v. 29. 6. 1987 – II ZR 173/86, WM 1987, 1193 (1194). So aber Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 114. So Winter in FS Peltzer, S. 645 (651). Vgl. dazu auch Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 89 und K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 137, § 234 HGB Rn. 39.
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18.23
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schäftsfeld des bisherigen Geschäftsinhabers beteiligt wird. Derartige Angebote des Unternehmensträgers zur Vertragsanpassung können daher die interne Zustimmungsbedürftigkeit entfallen lassen1. dd) Die Rechtslage bei Zustimmung des Stillen
18.24
Die Zustimmung des Stillen, die auch bereits vorab im Gesellschaftsvertrag erteilt werden kann, ist an keine besondere Form gebunden. Sie kann daher auch konkludent wie z.B. durch Fortführung der Geschäftbeziehung erteilt werden2. Die Zustimmung enthält zugleich das Einverständnis mit der durch den Gesellschafterwechsel erforderlichen Änderung des Gesellschaftsvertrags. Darüber hinaus steht es den Parteien frei, bereits vor Durchführung der Verschmelzung weitere Vertragsänderungen zur künftigen Absicherung des Stillen zu vereinbaren3. Daneben hat der Stille auch nach Eintragung der Verschmelzung einen Anspruch gegen den übernehmenden/neuen Rechtsträger4 auf Vertragsanpassung nach § 23 UmwG (sog. Verwässerungsschutz), denn der Stille zählt zu den durch § 23 UmwG geschützten Inhabern von Sonderrechten (siehe oben Rn. 18.21 ff.)5. Verweigert der Geschäftsinhaber eine angemessene Vertragsanpassung, steht dem Stillen das Recht zur außerordentlichen Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses zu6. Zweifelhaft ist, ob dem stillen Gesellschaftern ein Anspruch auf Sicherheitsleistung für Altansprüche nach § 22 UmwG zustehen kann. Dies ist zu verneinen; die Stellung des stillen Gesellschafters, der eine Unternehmensbeteiligung hält, unterscheidet sich wesentlich von der Lage sonstiger Drittgläubiger.7 ee) Die Rechtslage bei fehlender Zustimmung des Stillen
18.25
Wird die Zustimmung des Stillen nicht eingeholt, stellt sich zunächst die Frage, ob die stille Gesellschaft wegen Unmöglichkeit der Erreichung des Gesellschaftszwecks gemäß § 726 BGB aufzulösen ist8. Dies wird man aber nur dann 1 Vgl. dazu insgesamt Jung, ZIP 1996, 1737. 2 Vgl. zu den verschiedenen Formen der Zustimmung eingehend Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1981, 235. 3 Vgl. auch Jung, ZIP 1996, 1738 und Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 140 f. 4 Für eine gesamtschuldnerische Haftung des übernehmenden und des übertragenden Rechtsträgers jedoch Heiss, Spaltung von Unternehmen im Deutschen Gesellschaftsrecht, S. 144. 5 So auch Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 23 UmwG Rn. 5 u. 8; Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, § 23 UmwG Rn. 10 und Jung, ZIP 1996, 1738. 6 So auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 33. 7 Jung, ZIP 1996, 1734 (1738); a.A. Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 108; Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 80. 8 Gegen eine Auflösung Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 299 f.; grundsätzlich ablehnend auch Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 140 und Koenigs, Die stille Gesellschaft,
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§ 18
annehmen können, wenn der Gesellschaftszweck auf das Betreiben eines genau umschriebenen Handelsgewerbes für gemeinsame Rechnung gerichtet war und das Handelsgewerbe des übernehmenden/neuen Rechtsträgers einen grundsätzlich anderen Charakter aufweist1. Die Vertragsverletzung des Geschäftsinhabers bzw. die Nichtbeachtung des Mitwirkungsrechts des Stillen gibt diesem einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des stillen Gesellschaftsvertrags gegenüber dem übernehmenden Rechtsträger (§ 723 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB). Der stille Gesellschafter muss sich dabei nicht auf eine ansonsten vorrangige Anpassung des Gesellschaftsvertrags gemäß § 23 UmwG verweisen lassen2.
18.26
Darüber hinaus hat der Stille einen Anspruch auf Ersatz sämtlicher ihm durch die Verschmelzung entstehenden Schäden. Dieser Anspruch wegen der Verletzung einer Pflicht aus dem stillen Gesellschaftsvertrag richtet sich wie der Auseinandersetzungsanspruch gegen den übernehmenden Rechtsträger3. Die Mitglieder der Vertretungs- und Aufsichtsorgane haften dem Stillen, sofern sie ihre Pflichten zur Prüfung der Vermögenslage der Rechtsträger und beim Abschluss des Verschmelzungsvertrages verletzt haben (vgl. § 25 Abs. 1 UmwG). § 25 Abs. 1 UmwG erfasst jedoch nicht Pflichtverletzungen aus sonstigen vertragsrechtlichen Verhältnissen4 und damit auch nicht die Missachtung eines internen Zustimmungsvorbehalts zugunsten des Stillen. Auch wenn der Anspruch auf Naturalrestitution gerichtet ist5 und der Stille daher so zu stellen ist, als sei die Verschmelzung nicht vorgenommen worden6, ist damit keine Rückgängigmachung der Verschmelzung verbunden. Die Verschmelzung genießt vielmehr nach außen Bestandsschutz (vgl. auch § 20 Abs. 2 UmwG)7.
18.27
ff) Rechtsformabhängiges Zustimmungserfordernis des übernehmenden Rechtsträgers Handelt es sich beim übernehmenden Rechtsträger um eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien, stellt die typische wie atypische stille Gesellschaft einen Teilgewinnabführungsvertrag i.S. von § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG dar (vgl. hierzu auch Rn. 7.19 ff.). Diese bedürfen gemäß § 293 AktG der Zustimmung der Hauptversammlung mit Dreiviertelmehr-
1 2
3 4 5 6 7
S. 273 f.; für eine mögliche Auflösung im Falle einer Umwandlung nach § 56a UmwG a.F. Crezelius in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1992/93, 229 (231 f.). So auch Jung, ZIP 1996, 1738. So auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 40; Böttcher/Zartmann/ Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 299 f.; Jung, ZIP 1996, 1738 und Crezelius in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1992/93, 229 (231 f.). So zutreffend Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 125; anders Jung, ZIP 1996, 1738. Grunewald in Lutter, § 25 UmwG Rn. 11. Vgl. dazu auch Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 299. Vgl. BGH v. 29. 6. 1987 – II ZR 173/86, WM 1987, 1193 (1194). Dazu näher Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1981, 238; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 300 und Jung, ZIP 1996, 1738.
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18.28
§ 18
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heit. Der Verschmelzungsbeschluss enthält dann gleichzeitig die Zustimmung der Hauptversammlung zum stillen Gesellschaftsverhältnis, das gemäß § 293 AktG einen Teilgewinnabführungsvertrag darstellt. Aber auch in den Fällen des § 62 Abs. 1 AktG, in denen die übernehmende Aktiengesellschaft bereits 90 % oder mehr des Kapitals einer übertragenden Kapitalgesellschaft hält und damit ein Hauptversammlungsbeschluss nicht erforderlich ist, stellt die mangelnde Zustimmung der Hauptversammlung keinen Auflösungsgrund dar. Die Vorschriften des UmwG, hier insbesondere § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG, verdrängen die aktienrechtlichen Bestimmungen, da ansonsten entgegen der Konzeption des Gesetzes einzelne Rechtsverhältnisse nicht dem Grundprinzip der Universalsukzession unterliegen würden1. Eine Schutzbedürftigkeit besteht aufgrund des formalisierten Verfahrens und hinreichenden Schutzniveaus im UmwG nicht.
18.29
Handelt es sich beim übernehmenden Rechtsträger um eine GmbH, so besteht in der Regel kein entsprechendes Zustimmungserfordernis der Gesellschafter zum Abschluss eines typisch stillen Gesellschaftsvertrags, da es eine den §§ 293, 294 AktG entsprechende konzernrechtliche Norm im Recht der GmbH nicht gibt. Daher erfordert auch der Übergang auf eine übernehmende GmbH keine Zustimmung. Die organschaftliche Vertretungsmacht des Geschäftsführers gemäß § 35 GmbHG deckt bereits den Abschluss von typisch stillen Beteiligungsverträgen (hierzu eingehend Rn. 9.60). Zweifelhaft ist hingegen, ob auch dann kein Zustimmungserfordernis besteht, wenn eine atypische stille Beteiligung auf einen übernehmenden Rechtsträger in Rechtsform einer GmbH übergeht. Denn die Begründung einer atypisch stillen Beteiligung bedarf nach einhelliger Ansicht einer besonderen Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag oder, falls eine solche fehlt, der Zustimmung der GmbH-Gesellschafter, da Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses betroffen sind (vgl. Rn. 9.61)2. Dann ist allerdings streitig, ob diese einstimmig erfolgen muss3 oder zur Begründung einer solchen atypischen stillen Gesellschaft eine satzungsändernde Mehrheit gemäß § 53 Abs. 2 GmbHG4 genügt. Genügt eine satzungsändernde Mehrheit, so ist auch bei einer atypischen stillen Gesellschaft die Verschmelzung problemlos, da für den Verschmelzungsbeschluss einer übernehmenden GmbH gemäß §§ 13 Abs. 1, 50 Abs. 1 UmwG die gleiche Dreiviertelmehrheit der an der Beschlussfassung beteiligten Gesellschafter erforderlich ist. Fordert man Einstimmigkeit, so ist fraglich, ob trotzdem ein Verschmelzungsbeschluss mit Dreiviertelmehrheit der Stimmen für die Fortführung der stillen Gesellschaft genügt.
18.30
Ebenso wie bei der Aktiengesellschaft widerspricht auch bei der GmbH die Auflösung der stillen Gesellschaft dem Grundsatz der Universalsukzession und dem umfangreichen Gläubigerschutz. Geht man von einem Einstimmig1 So auch Winter in FS Peltzer, S. 645 (650). 2 Horn in Heymann, § 230 HGB Rn. 26; Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rn. 82; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 115. 3 So Horn in Heymann, § 230 HGB Rn. 24; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 115; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 59. 4 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rn. 82.
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keitserfordernis aus, könnten die beteiligten Rechtsträger die Umwandlung dazu nutzen, sich des stillen Gesellschafters zu entledigen, ohne dass dieser sich dagegen wehren könnte1. Auch würde das Erfordernis der Einstimmigkeit nicht praxisrelevant sein, da der Gesellschaftsvertrag nach § 53 Abs. 2 GmbHG mit qualifizierter Mehrheit dahingehend geändert werden kann, dass atypische stille Beteiligungen zugelassen werden und damit auch atypische stille Gesellschaften in jedem Fall fortzuführen wären. Man muss den Geschäftsführer der übernehmenden GmbH in diesem Fall als verpflichtet ansehen, einen entsprechenden satzungsändernden Beschluss der GmbH herbeizuführen, um so mögliche Schadensersatzansprüche des stillen Gesellschafters gegen den verschmelzenden Rechtsträger zu verhindern. Alles dies spricht bei der GmbH gegen das Einstimmigkeitserfordernis. Ist die stille Beteiligung auf eine Kapitalgesellschaft übergegangen, stellt sich die Frage, ob eine Eintragung nach § 294 Abs. 1 AktG zu erfolgen hat. Zum Teil wird vertreten, die Eintragung der stillen Beteiligung sei konstitutiv; erfolge sie nicht, sei die stille Gesellschaft unwirksam und über die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft abzuwickeln2. Es sind vor allem zukünftige Gläubiger und Vertragspartner zu schützen. Dieses Ziel kann indessen erreicht werden, indem die Geschäftsleitung einem Registerzwang zur Anmeldung der stillen Beteiligung unterworfen wird3. Wegen § 294 Abs. 2 AktG wäre die stille Gesellschaft mit der Eintragung der Verschmelzung als schwebend unwirksam anzusehen bis zu ihrer Eintragung in das Register des übernehmenden Rechtsträgers. Die Annahme einer solchen (schwebenden) Unwirksamkeit lässt sich nicht mit dem Gedanken der Universalsukzession bei der Verschmelzung vereinbaren4.
18.31
Bei einer Personenhandelsgesellschaft als übernehmendem Rechtsträger erfordert die Zustimmung zum Verschmelzungsbeschluss grundsätzlich Einstimmigkeit. Daher ergibt sich auch dann kein weiteres Zustimmungserfordernis, wenn dem Stillen bei Eingehung des Beteiligungsverhältnisses in vermögensrechtlicher oder organisatorischer Hinsicht einem Kommanditisten vergleichbare Rechte eingeräumt werden, was als Sozialakt grundsätzlich die einstimmige Beschlussfassung aller Gesellschafter erfordert5. Wurde von § 43 Abs. 2 UmwG Gebrauch gemacht und sieht eine gesellschaftsrechtliche Mehrheitsklausel eine Dreiviertelmehrheit für den Verschmelzungsbeschluss vor, so reicht diese Mehrheit auch für den Übergang des stillen Beteiligungsverhältnisses auf die übernehmende Personenhandelsgesellschaft aus. Eine entsprechende Satzungsbestimmung ist dahingehend auszulegen, dass mit ihr nicht
18.32
1 So richtig Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 130. 2 Mertens, AG 2000, 32 (38); so auch noch die 6. Aufl., Rn. 18.52. 3 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 87 Rn. 15; Westermann in FS Ulmer, S. 657 (671 f.); Winter in FS Peltzer, S. 645 (650); Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 108. 4 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 87 Rn. 15; Westermann in FS Ulmer, S. 657 (671 f.); Winter in FS Peltzer, S. 645 (650); Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 108. 5 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 112.
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nur für den Umwandlungsbeschluss, sondern bei der Umwandlung generell auf jede anderweitig notwendige Einstimmigkeit verzichtet wurde.
18.33
Erst recht bedarf die Übernahme von typisch stillen Beteiligungsverträgen keiner Zustimmung der Gesellschafter, da bereits deren Begründung für diese keinen Sozialakt darstellt, an dem alle Gesellschafter teilnehmen müssen. Daher kann auch die Fortführung der Beteiligungsverhältnisse nach Übergang im Wege der Universalsukzession durch die vertretungsberechtigten Gesellschafter erfolgen. Folglich bestehen sowohl typische als auch atypische stille Gesellschaften in jedem Fall an der übernehmenden Personenhandelsgesellschaft fort1. b) Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger
18.34
Grundsätzlich gilt in diesen Fällen das unter Rn. 18.17 ff. Ausgeführte entsprechend. Auch hier besteht eine Zustimmungsbedürftigkeit nur im Innenverhältnis, die gegebenenfalls unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht einzuschränken ist. Da der Verwässerungsschutz des § 23 UmwG nur bei stillen Beteiligungen an dem übertragenden Rechtsträger eingreift, ist das Zustimmungserfordernis für den Schutz des Stillen von besonderer Bedeutung2. Auch für die Rechtsfolgen bei fehlender Zustimmung des Stillen gilt das bereits Gesagte (Rn. 18.25 ff.). Andererseits steht dem übernehmenden Geschäftsinhaber bei einer Besserstellung des Stillen regelmäßig kein Anspruch auf Anpassung des stillen Gesellschaftsvertrags zu3. 3. Stille Gesellschaft und Spaltung des Geschäftsinhabers
18.35
Die in den §§ 123 ff. UmwG geregelte Spaltung vollzieht sich grundsätzlich nach den Verschmelzungsvorschriften (§ 125 UmwG). Allerdings hat der Gesetzgeber die für die Spaltung charakteristische partielle Universalsukzession zum Teil den Regeln über die Singularsukzession unterstellt (§§ 126 Abs. 1 Nr. 9, 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG. Hieraus entstehen zahlreiche Rechtsprobleme4. a) Stille Beteiligung am übertragenden Rechtsträger aa) Die prinzipielle Übertragbarkeit der stillen Beteiligung in der Spaltung
18.36
Das stille Beteiligungsverhältnis ist im Rahmen der bei der Spaltung eintretenden partiellen Universalsukzession (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) als Ganzes übertragbar5. Dem Übergang steht dabei der missglückte Wortlaut des § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG nicht entgegen. Das Vertragsverhältnis der stillen Gesell-
1 2 3 4 5
So zutreffend Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 132. Dazu Jung, ZIP 1996, 1739. Dazu näher Jung, ZIP 1996, 1739. Vgl. dazu eingehend Jung, ZIP 1996, 1734. So auch Jung, ZIP 1996, 1734 und implizit Heidenhain, NJW 1995, 2273 (2277 f.).
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schaft als einer Gesamtheit von Rechten und Pflichten sollte ebenfalls zu den Gegenständen i.S. des § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG gehören1, obwohl dort offenbar bewusst2 nur von „Gegenständen des Aktiv- und Passivvermögens“ ganz i.S. der zu § 90 BGB entwickelten Begriffsdefinition die Rede ist. Richtigerweise ist unter den Begriff der Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens alles das zu fassen, was nach dem Willen der Parteien aufzuteilen und grundsätzlich im Wege einer Universalsukzession übertragbar ist. Die Aktivierungs- bzw. Passivierungsfähigkeit der jeweiligen Gegenstände nach Rechnungslegungsgrundsätzen spielt dabei keine Rolle3. Gegenstände in diesem weiten Sinne sind daher u.a. neben den der stillen Gesellschaft ähnlichen (Teil)-Gewinnabführungsverträgen auch Gesellschaftsverhältnisse als solche4.
18.37
Ein Grund, die Gesellschaftsverhältnisse einschließlich der stillen Gesellschaft im Gegensatz zu den anderen Vertragsverhältnissen und im Gegensatz zur Verschmelzung nicht an der (partiellen) Universalsukzession teilhaben zu lassen, ist nicht ersichtlich5. Angesichts des gesetzgeberischen Ziels, die Spaltung durch Universalsukzession zu erleichtern, entspricht es nicht dem Willen des Gesetzgebers, ohne ausdrückliche Regelung gerade die wichtigen (gesellschaftsrechtlichen) Vertragsverhältnisse einschließlich des stillen Beteiligungsverhältnisses von der Rechtsnachfolge auszunehmen und die übertragende Rechtsträgerin auf die unvollständige wie umständliche Einzelübertragung der Vertragsrechte und -pflichten zu verweisen6. Ein Verbleib der stillen Gesellschaft wie anderer Vertragsverhältnisse beim übertragenden Rechtsträger ist zudem nur bei dessen Fortbestand und damit allein in den Fällen der Abspaltung und Ausgliederung denkbar.
18.38
bb) Information des Stillen und Zustimmungsbedürftigkeit Was die Information des Stillen von der Spaltung betrifft, kann auf die Ausführungen zur Verschmelzung (Rn. 18.14 ff.) verwiesen werden.
1 So auch Heidenhain, NJW 1995, 2873 (2877 f.); ebenso Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 140; Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 113 ff. 2 Vgl. dazu die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 12/6699, S. 118. 3 Vgl. dazu die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 12/6699, S. 118; Hörtnagl in Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 126 UmwG Rn. 68; Heidenhain, NJW 1995, 2873 (2876). 4 Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 126 UmwG Rn. 91; Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, S. 125 ff. 5 Für einen Gleichlauf zwischen Verschmelzung und Spaltung beim Übergang von Mitgliedschaften in Personengesellschaften auch Heidenhain, ZIP 1995, 801 (803 f.); vgl. auch Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, S. 146 ff. 6 Vgl. auch Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, S. 125 ff.
423
18.39
§ 18
Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
18.40
Früher war unklar, ob die stille Gesellschaft nach dem neuen Umwandlungsrecht wie andere Vertragsverhältnisse1 im Wege der partiellen Universalsukzession automatisch auch ohne Zustimmung des Stillen übergeht. Seit der Aufhebung von § 132 UmwG durch das 2. Änderungsgesetz vom 19. 4. 20072 ist jedoch die Rechtslage dahin geklärt, dass es auf die Zustimmung des Stillen nicht mehr ankommt. b) Stille Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger
18.41
Hinsichtlich der stillen Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger in der Spaltung kann auf die Ausführungen unter Rn. 18.34 verwiesen werden, da für den übernehmenden Rechtsträger keinerlei Unterschiede zwischen Verschmelzung und Spaltung bestehen. 4. Stille Beteiligung und Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Handelsgesellschaft
18.42
Die Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Handelsgesellschaft kann nur noch gemäß §§ 152 ff. UmwG durch (teilweise) Ausgliederung zur Aufnahme bzw. Neugründung durchgeführt werden. Hierdurch kann der Einzelkaufmann sein Unternehmen oder einen Teil desselben im Wege der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge entweder auf eine bestehende Personenhandelsgesellschaft, Kapitalgesellschaft bzw. eingetragene Genossenschaft (Ausgliederung zur Aufnahme) oder eine neu zu gründende Kapitalgesellschaft (Ausgliederung zur Neugründung) übertragen. Dies erleichtert ihm insbesondere die Einbringung seines Unternehmens als Sacheinlage, die bislang nur durch Einzelübertragung erfolgen konnte3. Für diese Variante des Formwechsels gelten die Ausführungen zur stillen Beteiligung in der Spaltung (Rn. 18.35 ff.)4 entsprechend. 5. Stille Gesellschaft und Formwechsel des Geschäftsinhabers
18.43
Der Formwechsel von Unternehmen ist in den §§ 190 bis 304 UmwG weitgehend eigenständig, umfassend und grundsätzlich abschließend geregelt. Verweise auf das Verschmelzungsrecht finden sich nur vereinzelt. Im Gegensatz zur Verschmelzung und Spaltung handelt es sich bei einem Formwechsel um einen rein gesellschaftsinternen Organisationsakt des Trägers des Handels1 Für den Übergang von Vertragsverhältnissen allgemein: Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 126 UmwG Rn. 97; für eine Zustimmungsbedürftigkeit jedoch Mertens, AG 1994, 66 (72), der (auf der Basis der § 126 Abs. 2 und 131 Abs. 1 Nr. 1 des Referentenentwurfs zum UmwG) bei der Übertragung von Vertragsverhältnissen allgemein die Zustimmung der jeweiligen Vertragspartner für erforderlich hält. 2 BGBl. I 2007, 542. 3 Vgl. die Gesetzesbegründung zu § 152 UmwG, BT-Drucks. 12/6699, S. 128. 4 Vgl. dazu auch Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 152 UmwG Rn. 31.
424
Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
§ 18
gewerbes, bei dem keine Vermögensübertragung auf einen anderen Rechtsträger stattfindet und grundsätzlich1 kein Gesellschafterwechsel erfolgt. Neben den im Umwandlungsgesetz geregelten Formwechseln (Rn. 18.46 bzw. Rn. 18.48) bestehen aber auch noch zwei weitere Möglichkeiten eines Formwechsels (Rn. 18.50 bzw. Rn. 18.51). a) Formwechsel im Anwendungsbereich des Umwandlungsgesetzes Das Umwandlungsrecht ist bestrebt, einer Handelsgesellschaft grundsätzlich alle denkbaren Formwechsel ohne Vermögensübertragung zu ermöglichen2. Zwar bedarf der durch Beschluss der Gesellschafter gemäß § 193 Abs. 1 UmwG herbeizuführende Formwechsel nach § 233 Abs. 2 UmwG i.V.m. § 50 Abs. 2 UmwG und § 241 Abs. 2 UmwG i.V.m. § 50 Abs. 2 UmwG der Zustimmung von Gesellschaftern, die besondere Rechte in der Gesellschaft innehaben und diese aufgrund des Formwechsels zu verlieren drohen. Wie bereits oben (Rn. 18.21) dargelegt, gehört der stille Gesellschafter jedoch nicht zu den Gesellschaftern i.S. der genannten Vorschriften. Der Stille ist auch hier im Außenverhältnis allein durch die von § 204 UmwG für anwendbar erklärte Regelung des § 23 UmwG (Rn. 18.24) und die Schadensersatzvorschrift des § 205 UmwG, der § 25 UmwG (Rn. 18.27) entspricht, geschützt. Darüber hinaus besteht auch hier grundsätzlich das interne Zustimmungserfordernis3.
18.44
Der Stille ist von dem geplanten Formwechsel gemäß § 233 Abs. 3 HGB und wohl auch in entsprechender Anwendung der für die Anteilsinhaber geltenden §§ 216, 230 Abs. 1, 238, 251 Abs. 1 UmwG zu informieren4. Ebenso wie einem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter fehlt auch dem stillen Gesellschafter der Einblick in den Umwandlungsvorgang, so dass er sein internes Zustimmungsrecht nicht sachgerecht ausüben kann. Es bedarf daher einer vorherigen Information. Der Stille hat ferner aufgrund der genannten Vorschriften einen Anspruch auf Übersendung des Umwandlungsberichts, der in seinem Interesse auch dann erstellt werden muss, wenn er eigentlich gemäß § 192 Abs. 2 Satz 1 UmwG entbehrlich ist. Die stille Beteiligung ist außerdem zur Information der Gesellschafter im Umwandlungsbericht zu erwähnen5. Die für den Stillen im Zuge des Formwechsels gemäß § 23 UmwG
18.45
1 Ausnahmen bestehen beim Formwechsel auf eine KGaA (§ 233 Abs. 3 Satz 3 UmwG) und einen VVaG (§§ 291 ff. UmwG). 2 Zu den erweiterten Möglichkeiten des Formwechsels vgl. Sagasser/Sickinger in Sagasser/Bula/Brünger, S. 684 ff. 3 So auch Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 127; a.A. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 31; vgl. zur Trennung zwischen Innen- und Außenverhältnis beim Formwechsel K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 137 und Sudhoff, GmbHR 1981, 236. 4 Ebenso wie bei der Verschmelzung im Hinblick auf § 42 UmwG lehnt auch hier Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 194, eine analoge Anwendbarkeit ab, obwohl auch er beim Formwechsel (S. 196) ein internes Zustimmungserfordernis für erforderlich hält. 5 A.A. Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 193.
425
§ 18
Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
vorgesehenen Maßnahmen sind schließlich gemäß § 194 Abs. 1 Nr. 5 UmwG in den Umwandlungsbeschluss aufzunehmen.
18.46
Der Formwechsel unter Kapitalgesellschaften (§§ 238 ff. UmwG) lässt die Identität des Unternehmensträgers und des Unternehmens unangetastet. Daher steht die Fortsetzung der stillen Gesellschaft nicht in Frage1, auch wenn § 202 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UmwG nur den Fortbestand der Beteiligungen der Anteilsinhaber betrifft. Der Stille hat dabei einen Anspruch auf Vertragsanpassung gemäß § 23 UmwG. Ein Recht zur außerordentlichen Kündigung (vgl. dazu auch Rn. 18.26) ist nur anzunehmen, wenn ein im Gesellschaftsvertrag vorgesehenes Zustimmungserfordernis missachtet wurde oder die Rechte und Interessen des Stillen durch den Formwechsel nicht unwesentlich beeinträchtigt werden2. Wann ein solcher Sachverhalt vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls3. In Betracht kommt schließlich auch die subsidiäre deliktsähnliche Haftung der handelnden Organe des formwechselnden Unternehmensträgers gemäß § 205 UmwG für sämtliche aus einem schuldhaft fehlerhaften Umwandlungsbericht bzw. Umwandlungsbeschluss dem Stillen entstehenden Nachteile4. Insoweit ist der Stille den nach dieser Vorschrift anspruchsberechtigten Gesellschaftsgläubigern gleichzustellen. Die schuldhafte Missachtung des nur zwischen dem Unternehmensträger und dem Stillen bestehenden vertraglichen Zustimmungserfordernisses führt jedoch nicht zu einer Haftung der Organe des Unternehmensträgers aufgrund der nur für umwandlungsrechtliche Pflichtverstöße geschaffenen Norm. In den seltenen Fällen anderweitiger schädigender Pflichtverletzung bleibt die Haftung andererseits aber auch bei einer Zustimmung des Stillen zum Formwechsel unberührt5.
18.47
Auch der Formwechsel unter Kapitalgesellschaften (§§ 238 ff. UmwG) hat trotz der Identität des Unternehmensträgers und des Unternehmens das Publizitätserfordernis des § 294 AktG zu berücksichtigen. Wandelt sich eine GmbH in eine Aktiengesellschaft um, so sind vor allem zukünftige Gläubiger und Vertragspartner zu schützen. Eine unterschiedliche Behandlung von Aktiengesellschaften, die durch reguläre Gründung entstanden sind, zu solchen, die aus einem Formwechsel hervorgehen, kann beim Publizitätserfordernis nicht gerechtfertigt sein. Es gilt daher der Grundsatz der Diskontinuität der Rechtsform, d.h. es müssen bei der Fortsetzung der Rechtsbeziehungen nach Formwechsel die für die neue Rechtsform maßgeblichen Vorschriften beachtet werden. Hierzu gehört auch § 294 Abs. 1 AktG. Die Eintragung wirkt dabei aber lediglich deklaratorisch (vgl. Rn. 18.31). 1 Horn in Heymann, § 234 HGB Rn. 28; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 31; Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 54. 2 So auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 31. 3 Dannecker in GroßKomm.HGB, 4. Aufl. 2004 § 335 HGB Rn. 47; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 31; Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 54. 4 Zu Einzelheiten dieses Schadensersatztatbestandes vgl. Laumann in Goutier/Knopf/ Tulloch, UmwG/UmwStG, § 205 UmwG Rn. 4 ff. 5 Laumann in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, § 205 UmwG Rn. 14.
426
Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
§ 18
Beim Formwechsel einer Personenhandelsgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft und umgekehrt (§§ 214 ff., 228 ff. UmwG) gilt hinsichtlich des stillen Beteiligungsverhältnisses die gleiche Regelung wie für den Formwechsel unter Kapitalgesellschaften. Bei Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine GbR kann die stille Gesellschaft in Ermangelung eines Handelsgewerbes lediglich als eine solche des bürgerlichen Rechts1 fortgeführt werden.
18.48
b) Im Umwandlungsgesetz nicht geregelte Formwechsel Das in § 1 Abs. 2 UmwG enthaltene Analogieverbot hat nicht zur Folge, dass die nach dem früheren Recht möglichen, im Umwandlungsgesetz jedoch nicht geregelten Formwechsel nicht mehr möglich wären, sondern führt in Verbindung mit § 190 Abs. 2 UmwG lediglich dazu, dass die den Formwechsel erleichternden Vorschriften des Umwandlungsgesetzes nicht zur Anwendung gelangen.
18.49
Auch der Formwechsel unter Personenhandelsgesellschaften wird vom Umwandlungsgesetz nicht erfasst (§ 214 Abs. 1 UmwG) und unterfällt damit den zu §§ 105 ff. HGB entwickelten allgemeinen Regelungen eines Formwechsels von Rechts wegen2. Auch hier bleibt die Identität des alten Rechtsträgers in neuem Rechtskleid als Partner des stillen Gesellschaftsverhältnisses gewahrt. Lediglich die Haftungsstruktur der Gesellschaft und der Status der Gesellschafter kann durch den Formwechsel einer Veränderung unterworfen sein. Zur internen Zustimmungsbedürftigkeit des Formwechsels ist daher auf die Ausführungen zur negativen Veränderung der Haftungsstruktur und den Gesellschafterwechsel im Unternehmensträger zu verweisen (Rn. 18.17 ff.).
18.50
Scheidet der vorletzte Gesellschafter aus, wandelt sich die Personenhandelsgesellschaft in ein einzelkaufmännisches Unternehmen um. In diesen Fällen geht nach allgemeinem Recht das Vermögen der Personenhandelsgesellschaft ohne Liquidation im Wege der Universalsukzession3 auf den verbleibenden Einzelkaufmann über. Die stille Gesellschaft findet daher im Unterschied zu der soeben behandelten Variante wie bei der Universalsukzession des Umwandlungsrechts ihre automatische Fortsetzung mit dem verbleibenden Einzelkaufmann. Das mit dieser Form der Umwandlung zwingend verbundene Ausscheiden zumindest eines Gesellschafters erfordert im Innenverhältnis jedoch dann die Zustimmung des Stillen, wenn dies im stillen Gesellschaftsvertrag so vorgesehen ist oder der Stille wie etwa beim Ausscheiden eines persönlich haftenden Gesellschafters hierdurch einen nicht unerheblichen Nachteil erleidet. Die Missachtung des Zustimmungserfordernisses im Innenverhältnis berechtigt den Stillen auch hier zur außerordentlichen Kündigung4 und zum Schadensersatz (zu Einzelheiten siehe Rn. 18.27). Der Schadensersatzanspruch richtet sich gegen den Einzelkaufmann als Rechtsnachfolger.
18.51
1 Vgl. dazu Schücking in MünchHdb.GesR Bd. 1, § 3 Rn. 48. 2 Horn in Heymann, § 161 HGB Rn. 93, Hopt in Baumbach/Hopt, Einl. vor § 105 HGB Rn. 21. 3 Hopt in Baumbach/Hopt, § 131 HGB Rn. 7, 35. 4 Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 169 f.
427
§ 18
Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
II. Die Umwandlung des stillen Gesellschafters
18.52
Ist ein Einzelkaufmann oder eine Gesellschaft mit einer stillen Einlage an einem Handelsunternehmen beteiligt, so stellt sich gleichfalls die Frage, welchen Einfluss eine Umgestaltung der Unternehmensform des stillen Gesellschafters auf den Bestand des Gesellschaftsverhältnisses hat. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen der Umwandlung mit Universalsukzession (Verschmelzung, Spaltung und Umwandlung des einzelkaufmännischen Unternehmens) und dem bloßen Formwechsel. 1. Umwandlung mit Universalsukzession
18.53
In diesen Fällen ist die stille Beteiligung einem automatischen Übergang auf den Rechtsnachfolger unterworfen. Die zu den §§ 717 und 719 BGB entwickelten außergesetzlichen Grundsätze der Anteilsübertragung, wonach die stille Beteiligung als solche ohne Zustimmung des Geschäftsinhabers nicht übertragen werden kann (vgl. dazu Rn. 6.90, 10.28 ff.)1, finden in den Fällen der Universalsukzession keine Anwendung2. Vielmehr ergibt sich die Rechtsnachfolge des übernehmenden Rechtsträgers in die Stellung als Stiller aus einer analogen Anwendung des § 234 Abs. 2 HGB3.
18.54
Im Hinblick auf das interne Erfordernis einer Zustimmung des Geschäftsinhabers zur Umwandlung darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Interesse des Geschäftsinhabers hauptsächlich der stillen Einlage gilt. Diese bleibt ihm auch bei Änderung der Unternehmensform auf Seiten des stillen Gesellschafters erhalten4. Seine Belange werden daher nicht wesentlich beeinträchtigt5. Deshalb wird man annehmen müssen, dass der stille Gesellschafter für den Regelfall auch im Innenverhältnis zum Geschäftsinhaber berechtigt ist, eine Veränderung der Unternehmensform ohne dessen Zustimmung vorzunehmen6. Darüber hinaus wird dem Geschäftsinhaber nur in besonders gelagerten Fällen einer Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses bis zum nächstmöglichen ordentlichen Kündigungstermin ein außerordentliches Kündigungsrecht zustehen. Andererseits kann aber auch der Stille aus der von ihm vorgenommenen Umwandlung seines Unternehmens keinen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses herleiten.
1 Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 97. 2 So auch Felix, BB 1987, 1265 (1267 f.); zum Übergang von Beteiligungen allgemein vgl. Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwG Rn. 63 ff. bzw. § 131 UmwG Rn. 34 sowie Heidenhain, ZIP 1995, 801 (804). 3 Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwG Rn. 53. 4 Vossius in Widmann/Mayer, § 20 UmwG Rn. 167. 5 Vossius in Widmann/Mayer, § 20 UmwG Rn. 167. 6 So auch Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, § 20 UmwG Rn. 16; im Ergebnis ebenso Felix, BB 1987, 1265 (1267).
428
Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
§ 18
2. Formwechsel des stillen Gesellschafters Der bloße Formwechsel des stillen Gesellschafters bleibt in aller Regel ohne Auswirkung auf das stille Beteiligungsverhältnis, da die Rechtsform des Stillen für den Geschäftsinhaber grundsätzlich ohne Bedeutung ist.
18.55
III. Die Umwandlung der stillen Beteiligung Die stille Gesellschaft ist als reine Innengesellschaft ohne Registerpublizität als solche nicht der Verschmelzung, der Spaltung oder des Formwechsels fähig1. Bei den folgenden Fallgestaltungen handelt es sich daher nicht um solche einer Umwandlung im eigentlichen Sinne.
18.56
1. Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Gesellschaftsanteil an der Inhabergesellschaft In den Gesellschaftsverträgen wird bisweilen vorgesehen, dass der stille Gesellschafter seine stille Beteiligung gegebenenfalls in einen Gesellschaftsanteil am Unternehmen des Geschäftsinhabers umwandeln kann. Hierbei handelt es sich nicht um die grundsätzlich im UmwG geregelte Umwandlung eines Rechtsträgers, sondern um die Begründung eines Mitgliedschaftsverhältnisses in der Unternehmensträgergesellschaft.
18.57
a) Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Personengesellschaftsanteil Tritt der Stille als persönlich haftender Gesellschafter oder Kommanditist in das Handelsgeschäft des Inhabers ein, so wird die stille Gesellschaft im Zweifel aufgelöst2. Der Eintritt vollzieht sich nach den Grundsätzen, die für den Eintritt eines Gesellschafters in das Handelsgewerbe eines Einzelkaufmanns oder in eine Personengesellschaft gelten. Eine Auseinandersetzung gemäß § 235 HGB findet nicht statt. Die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters wird zu seinem Anteil am Betriebsvermögen der offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft. Es wird lediglich eine interne Umbuchung seines Guthabens auf sein Kapitalkonto vorgenommen, d.h. das Einlagekonto, das bisher den Charakter eines Gläubigerkontos hatte, wird nunmehr als echtes Kapitalkonto weitergeführt (Sacheinlage). Erhält der Stille die Rechtsstellung eines persönlich haftenden Gesellschafters, so gilt § 130 HGB. In der Praxis wird die stille Beteiligung häufig in eine Kommanditeinlage umgewandelt. Dies liegt zum einen an der wirtschaftlichen Ähnlichkeit der Anlageform und zum anderen daran, dass die bis zur Eintragung bestehende unbeschränkte Kommanditistenhaftung durch Begründung einer vorübergehenden stillen Be1 Vgl. für die Verschmelzung auch Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, § 3 UmwG Rn. 9. 2 So auch Balser/Bokelmann/Piorreck, Umwandlung – Verschmelzung – Vermögensübertragung, Rn. H 727.
429
18.58
§ 18
Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
teiligung des beitretenden Kommanditisten umgangen werden kann. Der stille Gesellschafter haftet in diesen Fällen wie ein neu eintretender Kommanditist (§ 173 HGB). b) Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Kapitalgesellschaftsanteil
18.59
Hat der an einem einzelkaufmännischen Unternehmen beteiligte Stille das Recht, Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zu werden, so stellt die entsprechende Vertragsklausel einen auf Gründung einer Kapitalgesellschaft gerichteten Vorvertrag (Vorgründungsvertrag) dar1, der der für die Errichtung der Kapitalgesellschaft vorgeschriebenen Form bedarf2. Von dieser Möglichkeit wird häufig Gebrauch gemacht, wenn beim Tode des Inhabers zunächst nur ein Erbe das Handelsgeschäft fortführen soll, wohingegen die anderen Erben die Rechtsstellung von stillen Gesellschaftern erhalten3. Machen diese später von ihrem Recht Gebrauch, so muss unter Auflösung der stillen Gesellschaft eine Kapitalgesellschaft errichtet werden, an der sie entsprechend ihrem Einlagekonto mit Aktien oder GmbH-Anteilen beteiligt werden. Meist wird ihnen zu diesem Zweck ihr Einlagekonto ausgezahlt, um zum Erwerb der Aktien oder GmbH-Anteile verwendet zu werden; es kann aber auch der Weg der Sacheinlage gewählt werden.
18.60
Die Umwandlung stiller Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in Aktien oder GmbH-Anteile4 erfolgt in der Weise, dass die stille Gesellschaft aufgelöst wird und der ehemalige Stille in Höhe des zu vereinbarenden Wertes seiner stillen Beteiligung eine Einlage bei der Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten tätigt. Für die Gewährung der neuen Gesellschaftsrechte hat die Kapitalgesellschaft – soweit nicht zulässigerweise eigene Anteile ausgegeben werden können – die Bestimmungen und Formvorschriften der Kapitalerhöhung zu beachten (§ 55 GmbHG, §§ 182 ff. AktG). Bei einer großen Anzahl stiller Gesellschafter ist denkbar und gegenüber der Kapitalerhöhung durch Einlagen auch praktikabler, eine bedingte Kapitalerhöhung zur Gewährung von Bezugs- oder Umtauschrechten an die stillen Gesellschafter analog zu den Modalitäten bei Wandelschuldverschreibungen zu beschließen. Unter Umständen kommt auch die Schaffung eines genehmigten Kapitals i.S. der §§ 202 ff. AktG bzw. § 55a GmbHG in Betracht, um dem Vorstand eine größere Flexibilität bei Umtauschtransaktionen zu ermöglichen. Eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln scheidet dagegen auch im Falle des Bestehens atypischer stiller Gesellschaften in jedem Fall aus, da derartige Einlagen nicht zu den offenen Rücklagen der AG zählen.
1 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 277. 2 So auch Balser/Bokelmann/Piorreck, Umwandlung – Verschmelzung – Vermögensübertragung, Rn. H 728; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 62; a.A. Flume in FS Geßler 1971, S. 19. 3 RG v. 22. 10. 1937 – II 58/37, RGZ 156, 129. 4 Vgl. dazu auch Schulze zur Wiesche, GmbHR 1984, 320.
430
Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
§ 18
2. Der Wechsel zwischen typischer und atypischer stiller Beteiligung Die Umwandlung einer typischen in eine atypische stille Beteiligung und umgekehrt wird durch eine rein interne entsprechende Ausweitung bzw. Beschränkung der gesellschaftsvertraglichen Rechte des Stillen herbeigeführt1.
18.61
IV. Die Umwandlung eines Gesellschaftsanteils in eine stille Beteiligung Die Umwandlung eines Personengesellschaftsanteils in ein stilles Beteiligungsverhältnis wird durch Ausscheiden des Gesellschafters nach den allgemeinen Regeln und den Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags mit dem gegebenenfalls infolge des Ausscheidens umgewandelten Träger des Handelsgewerbes vollzogen. Die Umwandlung kann sich auch im Rahmen der Erbfolge in Form einer stillschweigenden Fortführung des Beteiligungsverhältnisses des Erblassers durch die Erben als stille Gesellschafter vollziehen2.
18.62
Zur Umwandlung eines Kapitalgesellschaftsanteils in eine stille Gesellschaft bedarf es neben der Beendigung des Gesellschafterverhältnisses und dem Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags einer Kapitalherabsetzung nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 222 ff. AktG und § 58 GmbHG).
18.63
V. Die stille Gesellschaft in der grenzüberschreitenden Umwandlung 1. Verschmelzung Im Zuge der Europäisierung des Gesellschaftsrechts haben grenzüberschreitende Umwandlungen an Bedeutung gewonnen: Der EuGH hat die grenzüberschreitende Verschmelzung als von Art. 43 EG geschützt angesehen3; daneben ist die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften gesetzlich kodifiziert4. Eine grenzüberschreitende Verschmelzung ist ferner im Zusammenhang mit der Europäischen Gesellschaft (SE) bedeutsam: Gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 SE-VO kann eine SE durch Verschmelzung gegründet werden. Ist eine (deutsche) Gesellschaft an der Verschmelzung als übertragender Rechtsträger beteiligt, erlischt sie (§§ 122a Abs. 2, 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UmwG; Art. 29 Abs. 1 Buchst. c) SE-VO), die übernehmende Gesellschaft wird Gesamtrechtsnachfolgerin der übertragenden Gesellschaft (§§ 122a Abs. 2, 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG; Art. 29 Abs. 1 Buchst. a) SE-VO). Grundsätzlich gehen damit auch mittelbare Unternehmensbeteiligungen auf das ausländische Unternehmen über. Dass das ausländische Recht eventuell keine stil1 2 3 4
Vgl. Schwedhelm, Die Unternehmensumwandlung, Rn. 2174. Vgl. dazu RG v. 29. 10. 1942 – II 47/42, RGZ 170, 98 (102 f. u. 112). EuGH v. 13. 12. 2005 – Rs C-411/03, GmbHR 2006, 140 (SEVIC Systems AG). Zweites Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 19. 4. 2007, BGBl. I 2007, 542. Das Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 26. 10. 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, ABl. EU Nr. L 310, S. 1.
431
18.64
§ 18
Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
len Beteiligungen kennt, ist unmaßgeblich: Denn international-privatrechtlich ist bereits die Vereinbarung einer stillen Beteiligung an einer Auslandsgesellschaft möglich (vgl. Rn. 5.24); ebenso kann eine Gesamtrechtsnachfolge einer Auslandsgesellschaft in ein vorhandenes stilles Gesellschaftsverhältnis stattfinden. Außerdem wäre es mit der sekundärrechtlich verankerten Gesamtrechtsnachfolge unvereinbar, wenn das Recht der übernehmenden Gesellschaft eine mittelbare Beteiligung hiervon ausnehmen wollte. Im Verhältnis zum innerstaatlichen Verschmelzungen ergeben sich keine wesentlichen Abweichungen: Soweit die Vorschriften nichts Abweichendes bestimmen, kommt grundsätzlich das nationale Umwandlungsrecht zur Anwendung (§ 122 Abs. 2 UmwG, Art. 18 SE-VO). Eine Zustimmungspflicht besteht auch hier nur im Innenverhältnis. Die stillen Beteiligungen und die für sie vom übernehmenden Rechtsträger gewährten Beteiligungen müssen im Verschmelzungsplan enthalten sein (vgl. § 122c Abs. 2 Nr. 7 UmwG; Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Buchst. f) SE-VO). Dabei gilt auch der Geheimnisschutz (§§ 122a Abs. 2, 122e, 8 Abs. 2 UmwG bzw. Art. 18 SE-VO i.V.m. § 8 Abs. 2 UmwG (vgl. Rn. 18.14). Dem stillen Gesellschafter sind grundsätzlich gleichwertige Rechte zu gewähren (vgl. §§ 122a Abs. 2, 23 UmwG bzw. Art. 24 Abs. 1 Buchst. c) SE-VO i.V.m. § 23 UmwG)1. Grundsätzlich kommt das Personalstatut der ausländischen Gesellschaft im Hinblick auf gesellschaftsrechtliche Schutzvorschriften zur Anwendung, wenn eine stille Beteiligung deutschen Rechts eingeräumt wird (siehe Rn. 5.24). Die europäischen Rechtsvorschriften regeln den Übergang der Rechte und Pflichten aber grundsätzlich abschließend; aktienrechtliche Schutzvorschriften des ausländischen Gesellschaftsrechts kommen daher grundsätzlich nicht zur Anwendung.
18.65
Das UmwG regelt in den §§ 122a ff. nicht die grenzüberschreitende Verschmelzung von Personengesellschaften; gleichwohl ist auch diese Form vom Schutzbereich des Art. 43 EG umfasst2. Mangels planwidriger Regelungslücke3 können die §§ 122a ff. UmwG nicht analog auf die grenzüberschreitende Verschmelzung von Personengesellschaften angewendet werden.4 Die grenzüberschreitende Verschmelzung von Personengesellschaften richtet sich daher nach allgemeinen kollisionsrechtlichen Grundsätzen des Umwand-
1 Allerdings bezieht sich § 23 UmwG in seinem Anwendungsbereich nur auf deutsche übernehmende Gesellschaften; dem deutschen Gesetzgeber fehlt auch die Regelungsbefugnis, Ansprüche gegen ausländische Gesellschaften zu regeln – vgl. Müller, ZIP 2007, 1081 (1087 bei Fn. 75). Deshalb ist fraglich, woraus sich die Verpflichtung zur Gewährung gleichwertiger Rechte für ausländische Gesellschaften ergibt. Der deutsche Gesetzgeber hat auch keine dem § 8 SEAG vergleichbare Regelung für Sonderrechte erlassen. Die Pflicht zur Gewährung gleichwertiger Rechte ist jedoch Ausfluss gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten; die übernehmende Gesellschaft tritt in das Gesellschaftsverhältnis und diese Pflichten ein. Deswegen wird man § 23 UmwG analog anwenden können. 2 Vgl. etwa Kulpa/Krause, ZHR 171 (2007), 38 (48). 3 Vgl. Gesetzesbegründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, BT-Drucks. 16/2919, S. 11: Der Gesetzgeber verweist darauf, dass nicht alle von Art. 43 EG erfassten Umwandlungsarten geregelt werden sollen. 4 So wohl auch Neye/Timm, GmbHR 2007, 561 (565).
432
Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
§ 18
lungsrechts. Nach h.M. sind sowohl das nationale Umwandlungsrecht der übertragenden als auch der aufnehmenden Gesellschaft auf die jeweiligen Schritte der Verschmelzung anzuwenden; damit setzt sich jeweils die strengste Rechtsordnung durch (Vereinigungstheorie)1. Die stille Beteiligung unterliegt der Gesamtrechtsnachfolge2: Das Umwandlungsrecht der EG-Mitgliedstaaten beruht auf der Dritten Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie3, die eine umfassende Universalsukzession anordnet und Unternehmensbeteiligungen nicht von ihrem Anwendungsbereich ausnimmt. Die Regelungen der Richtlinie lassen auch keinen weiteren Raum mehr für Schutzvorschriften des Personalstatuts der aufnehmenden Gesellschaft (vgl. auch Rn. 18.64, 18.21). Eine Schutzbedürftigkeit besteht aufgrund des formalisierten Verfahrens und hinreichenden Schutzniveaus der europäischen Regelungen nicht. 2. Spaltung Auch die grenzüberschreitende Spaltung wird als von Art. 43 EG gewährleistet angesehen4. Kollisionsrechtlich vollzieht sich die grenzüberschreitende Spaltung nach den Grundsätzen der Vereinigungstheorie5 (siehe Rn. 18.65). Die Vorschriften des UmwG über die Spaltung finden daher Anwendung.
18.66
3. Formwechsel Ob die Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EG auch einen grenzüberschreitenden Formwechsel ermöglicht, ist noch nicht abschließend geklärt6. Ein Formwechsel ist im Recht der Europäischen Aktiengesellschaft möglich: Eine SE kann durch Formwechsel gegründet werden (Art. 37 Abs. 1, 2 Abs. 4 SE-VO). Bei der Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine SE (deutschen Rechts)7 kommen über Art. 37 Abs. 5 bis 7 SE-VO und über Art. 15 SE-VO die §§ 190 ff. UmwG8 zur Anwendung. Im Verhältnis zum rein innerstaatlichen Formwechsel (hierzu Rn. 18.43 ff.) ergeben sich keine Unterschiede; es sind lediglich die vorrangigen Regelungen des Art. 37 SE-VO zur berücksichtigen, die für eine
1 Vgl. Kindler in MünchKomm.BGB, IntGesR Rn. 856; Engert in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4 Rn. 71, 104. 2 Str. ist, wie die Gesamtrechtsnachfolge im Einzelnen anzuknüpfen ist, vgl. Engert in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4 Rn. 107 f. m.w.N. 3 Dritte Richtlinie 78/855/EWG des Rates v. 9. 10. 1978 betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften, ABl. EG Nr. L 295, S. 36 ff. 4 Engert in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4 Rn. 97; Kulpa/Krause, ZHR 171 (2007), 38 (46 f.). 5 Engert in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4 Rn. 104. 6 Vgl. näher hierzu Engert in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4 Rn. 124 ff.; Hirte in Hirte/Bücker, § 1 Rn. 78 m.w.N. 7 Der Sitz der Gesellschaft muss beibehalten werden (vgl. Art. 37 Abs. 3 SE-VO). 8 Vgl. Schäfer in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2006, Art. 37 SE-VO Rn. 4 m.w.N.; Seibt in Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar, 2008, Art. 37 SE-VO Rn. 3; Schröder in Manz/ Mayer/Schröder, Art. 37 SE-VO Rn. 67.
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18.67
§ 18
Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
stille Beteiligung keine weiteren Besonderheiten bedeuten. Über § 204 UmwG findet auch § 23 entsprechende Anwendung1.
18.68
Auch eine Satzungssitzverlegung einer SE ist möglich (Art. 8 SE-VO)2. Diese hat zur Folge, dass die SE weitestgehend dem Aktienrecht des Zuzugsstaats unterliegt3, die Satzungssitzverlegung kommt deshalb einem Formwechsel nahe4. Art. 8 SE-VO ist grundsätzlich als abschließende Regelung zu verstehen5, die den Rückgriff auf nationales Recht sperrt. Die stille Beteiligung ist nicht im Verlegungsplan nach Art. 8 Abs. 2 SE-VO aufzuführen. Im Verlegungsbericht sind allerdings Auswirkungen auf stille Beteiligungen darzulegen (vgl. Art. 8 Abs. 3 SE-VO). Der stille Gesellschafter hat das Recht, den Verlegungsplan und -bericht einzusehen (vgl. Art. 8 Abs. 4 SE-VO). Im Innenverhältnis ist der Stille gemäß § 233 Abs. 3 HGB gesondert zu informieren (vgl. Rn. 18.45). Mangels Einschlägigkeit des UmwG scheidet eine Anwendung des § 23 UmwG aus. Allerdings gilt sein Rechtsgedanke für die Satzungssitzverlegung entsprechend; die Beteiligung des Stillen muss in ihrem Bestand gesichert sein.
VI. Zusammenfassung
18.69
Eine ausdrückliche Regelung zur stillen Gesellschaft in der Umwandlung ist im Umwandlungsgesetz und Umwandlungssteuergesetz nicht enthalten. Bei der Erörterung der möglichen Fallkonstellationen muss einerseits zwischen den wichtigsten Umwandlungsformen (Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel) unterschieden und andererseits nach der Rolle des Geschäftsinhabers im Umwandlungsprozess (übertragender Rechtsträger, übernehmender Rechtsträger) differenziert werden. Bei der Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übertragenden Rechtsträger wird das Gesellschaftsverhältnis als Ganzes mit dem übernehmenden Rechtsträger als Gesamtrechtsnachfolger automatisch fortgesetzt (§ 20 UmwG). Nur im Innenverhältnis ist die Zustimmung des rechtzeitig von dem Verschmelzungsvorhaben zu informierenden Stillen einzuholen. Die gegebenenfalls auch konkludent zu erteilende Zustimmung des Stillen enthält zugleich sein Einverständnis mit der wegen des Gesellschafterwechsels erforderlichen Änderung des Gesellschaftsvertrags. Die bisherige Rechtsstellung des Stillen bleibt gegenüber dem neuen Geschäftsinhaber gewahrt (§ 23 UmwG). Wird die Zustimmung des Stillen nicht eingeholt, gibt diese Vertragsverletzung des alten Geschäftsinhabers dem Stillen einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des stillen Gesellschaftsvertrags gegenüber dem übernehmenden 1 Vgl. zu den Verweisen auf das nationale Aktienrecht im Einzelnen Schröder in Manz/ Mayer/Schröder, Art. 37 SE-VO Rn. 89. 2 Die grenzüberschreitende Satzungssitzverlegung von anderen Gesellschaften ist nicht von Art. 43 EG geschützt, vgl. OLG München v. 4. 10. 2007 – 31 Wx 36/07, BB 2007, 2247 (2248). 3 Art. 9 Abs. 1c) ii) SE-VO; siehe zum Ganzen Schäfer in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2006, Art. 1 SE-VO Rn. 3. 4 Schäfer in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2006, Art. 8 SE-VO Rn. 3. 5 Schröder in Manz/Mayer/Schröder, Art. 8 SE-VO Rn. 8.
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Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
Rechtsträger (§ 723 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB). Darüber hinaus hat der Stille gegen den übertragenden Rechtsträger aus positiver Vertragsverletzung einen Anspruch auf Ersatz sämtlicher ihm durch die Verschmelzung entstehenden Schäden. Die Verschmelzung kann er jedoch nicht mehr rückgängig machen. Für die Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger gilt grundsätzlich das Gleiche. Der auch hier nur im Innenverhältnis erforderlichen Zustimmung des Stillen kommt allerdings besondere Bedeutung zu, da der Verwässerungsschutz des § 23 UmwG nicht eingreift und der Stille daher seine Rechtsposition zumeist nur durch vertragliche Vereinbarungen erhalten kann. Das stille Beteiligungsverhältnis ist auch im Rahmen der bei der Spaltung eintretenden partiellen Universalsukzession (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) als Ganzes übertragbar. § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG steht dem nicht entgegen. Da sich die Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Handelsgesellschaft gemäß §§ 152 ff. UmwG nur im Wege der (teilweisen) Ausgliederung zur Aufnahme bzw. Neugründung durchführen lässt, gelten für diese Form der Umwandlung die Ausführungen zur stillen Beteiligung in der Spaltung entsprechend. Bei einem Formwechsel des Inhabers des Handelsgewerbes, der sich nicht nur unter Kapitalgesellschaften, sondern auch zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften ohne Vermögensübertragung als reiner Organisationsakt vollzieht, ist der Stille von dem geplanten Formwechsel gemäß § 233 Abs. 3 HGB bzw. analog §§ 216, 230 Abs. 1, 238, 251 Abs. 1 UmwG zu informieren. Der Stille genießt auch hier den Verwässerungsschutz nach § 204 UmwG i.V.m. § 23 UmwG und hat gegebenenfalls einen Schadensersatzanspruch gemäß § 205 UmwG. Hinsichtlich des internen Zustimmungserfordernisses ist auf das Verschmelzungsrecht zu verweisen. Besonderheiten gelten für die von der Regelung des UmwG nicht erfassten Formwechsel unter Personenhandelsgesellschaften. Bei einer Umwandlung des stillen Gesellschafters ist zwischen der Umwandlung mit Universalsukzession (Verschmelzung, Spaltung, Umwandlung des einzelkaufmännischen Unternehmens) und dem bloßen Formwechsel zu unterscheiden. Die stille Gesellschaft ist als reine Innengesellschaft ohne Registerpublizität als solche nicht der Verschmelzung, der Spaltung oder des Formwechsels fähig. Bei der Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Gesellschaftsanteil handelt es sich nicht um eine Umwandlung im eigentlichen Sinne, sondern um die Begründung eines Mitgliedschaftsverhältnisses in der Unternehmensträgergesellschaft. Die Umwandlung einer typischen in eine atypische stille Beteiligung und umgekehrt wird durch eine rein interne Ausweitung bzw. Beschränkung der gesellschaftsvertraglichen Rechte des Stillen herbeigeführt1. Die Umwandlung eines Personengesellschaftsanteils in ein stilles Beteiligungsverhältnis wird durch Ausscheiden des Gesellschafters nach den all-
1 Vgl. Schwedhelm, Die Unternehmensumwandlung, Rn. 2174.
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gemeinen Regeln und den Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags mit dem gegebenenfalls infolge des Ausscheidens umgewandelten Träger des Handelsgewerbes vollzogen. Die Umwandlung kann sich auch im Rahmen der Erbfolge in Form einer stillschweigenden Fortführung des Beteiligungsverhältnisses des Erblassers durch die Erben als stille Gesellschafter vollziehen. Zur Umwandlung eines Kapitalgesellschaftsanteils in eine stille Gesellschaft bedarf es zusätzlich einer Kapitalherabsetzung nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 222 ff. AktG und § 58 GmbHG). Sofern grenzüberschreitende Umwandlungen möglich sind (die Verschmelzung nach den §§ 122a ff. UmwG [Kapitalgesellschaften], Art. 43 EG [Personengesellschaften] bzw. zur Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft [Art. 17 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 SE-VO]; die Spaltung nach Art. 43 EG; der grenzüberschreitende Formwechsel einer Europäischen Aktiengesellschaft [Art. 37 Abs. 1, 2 Abs. 4 SE-VO] und die Sitzverlegung einer Europäischen Aktiengesellschaft [Art. 8 SE-VO]), setzt sich aufgrund der eintretenden Rechtsnachfolge das stille Gesellschaftsverhältnis mit der ausländischen Gesellschaft fort. Im Rahmen des Umwandlungsprozesses kommt dabei größtenteils deutsches Recht zur Anwendung.
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§ 19 Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft Schrifttum: Albracht, Peter, Die stille Gesellschaft im Recht der Publikumspersonengesellschaften, 1990; Armbrüster, Christian, Gesellschaftsrecht und Verbraucherschutz, 2005; Armbrüster, Christian/Joos, Michael, Zur Abwicklung fehlerhafter stiller Beteiligungen, ZIP 2004, 189; Assmann, Heinz-Dieter/Schütze, Rolf A., Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007; Bayer, Walter/Riedel, Jens, Kapitalbeteiligung an Personengesellschaften und Anlegerschutz, NJW 2003, 2567; Blaurock, Uwe, Stille Publikumsgesellschaften im Rechte der Bankenaufsicht, in Festschrift für Theodor Heinsius, 1991, S. 33 ff.; Blaurock, Uwe, Zur stillen Beteiligung mehrerer Personen an einer Apotheke, NJW 1972, 1119; Blaurock, Uwe, Urteilsanmerkung zu BGH v. 29. 6. 1987 (II ZR 173/86), EWIR § 230 HGB 1/87, 1219; Blaurock, Uwe, Zur Anwendung der für die fehlerhafte Gesellschaft geltenden Grundsätze auf die stille Gesellschaft, WuB II H. § 230 HGB 1.05; Blaurock, Uwe, Informations- und Beratungspflichten bei der Kreditvergabe, in Zivil- und Wirtschaftsrecht im Europäischen und Globalen Kontext, in Festschrift für Norbert Horn zum 70. Geburtstag, 2006, S. 697 ff.; Bohlken, Lars/Lange, Meik, Die Prospekthaftung im Bereich geschlossener Fonds nach §§ 13 Abs. 1 Nr. 3, 13a Verkaufsprospektgesetz n.F., DB 2005, 1259; Boos, Karl-Heinz/Fischer, Reinfrid/ Schulte-Mattler, Hermann, Kreditwesengesetz, 3. Aufl. 2008; Bornemann, Alexander, Stille Publikumsgesellschaften im Spannungsfeld von Gesellschafts- und Bankaufsichtsrecht, ZHR 166 (2002), 211; Dannecker, Marcus, Die richterliche Inhaltskontrolle der Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften, 1992; Dietrich, Jürgen, Die Publikums-Kommanditgesellschaft und die gesellschaftsrechtlich geschützten Interessen, 1988; Domrich, Dirk, Die Rückgängigmachung von Beitrittserklärungen, Grundeigentum, 2001, 1103; Fleischer, Holger, Prospektpflicht und Prospekthaftung für Vermögensanlagen des Grauen Kapitalmarkts nach dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz, BKR 2004, 339; Flume, Werner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 1, Teil 1, Die Personengesellschaft, 1977; Franzen, Martin, Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft, 1999; Gehrlein, Markus, Anlegerschutz bei stillen Beteiligungen – Abschied von der fehlerhaften Gesellschaft?, WM 2005, 1489; Geibel, Stefan, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft als Beschränkung von Schadensersatzansprüchen?, BB 2005, 1009; Goette, Wulf, Kein Abfindungsanspruch bei Rückzahlung der Einlage bei einer zweigliedrigen Gesellschaft, DStR 2006, 245; Goette, Wulf, Vereinheitlichung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Schrottimobilien, DStR 2006, 1099; Großkommentar zum AktG, hrsg. von Hopt, Klaus J. und Wiedemann, Herbert, 1. Lieferung: Einleitung A–D, 4. Aufl. 1992; Habersack, Mathias, Finanzierter Grundstücks- und Anteilserwerb im Wandel, BKR 2006, 305; Habersack, Mathias/Verse, Dirk A., Rechtsfragen der Mitarbeiterbeteiligung im Spiegel der neueren Rechtsprechung, ZGR 2005, 451; Hebig, Michael/Zacharias, Erwin, Handbuch der betrieblichen Vermögensbildung, 1991; Heckelmann, Dieter, Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen: eine Studie über die Grenzen der Gestaltungsfreiheit beim Ausscheiden aus der Offenen Handelsgesellschaft, 1973; Heid, Peter, Die Inhaltskontrolle des Vertrages der Publikumspersonengesellschaft nach AGB-Grundsätzen, DB 1985, Beilage 4; Hey, Felix Christopher, Keine Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf die stille Gesellschaft?, NZG 2004, 1057; Hille, Hans-Eduard, Die Inhaltskontrolle der Gesellschaftsverträge von Publikumspersonengesellschaften, 1986; Hoffmann, Jochen, Realkredite im Europäischen Verbraucherrecht, ZIP 2002, 145; Huber, Ulrich, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, 1970; Hüffer, Uwe, Die Publikumspersonengesellschaft und das Problem des Anlegerschutzes, JuS 1979, 460; Kaligin, Thomas, Die spezifischen Risiken und Rechtsschutzmöglichkeiten des Kom-
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§ 19
Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft manditisten bei Beteiligung an Abschreibungsgesellschaften in der Rechtsform der GmbH & Co KG, Diss. Berlin, 1983; v. Keussler, Julia, Vom Grauen zum Weißen Kapitalmarkt, 2001; Knobbe-Keuk, Brigitte, Der neue § 15a EStG – ein Beispiel für den Gesetzgebungsstil unserer Zeit, StuW 1981, 97; Konzen, Horst, Fehlerhafte stille Beteiligungen an Kapitalanlagegesellschaften, in Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S. 1133 ff.; Lange, Oliver, Neues zu Abfindungsklauseln – Anm. zu den Urteilen des OLG Dresden, NZG 2000, 1042 und des BGH, NZG 2000, 1027, NZG 2001, 635; Lenenbach, Markus, Zum Anlegerschutz für stille Gesellschafter einer stillen Publikumsgesellschaft, WuB II H. § 230 HGB 2.05; v. Livonius, Hilger, Zu den Aufklärungspflichten beim Vertrieb von Kapitalanlagemodellen, EWiR 2006, 133; Loritz, Karl-Georg, Ein neuer Sonderweg bei Rückabwicklung stiller Gesellschaften, DB 2004, 2459; Madaus, Stephan, Die Prospekthaftung, Jura 2006, 881; Mankowski, Peter, Zum Widerrufsrecht bei einem Beitritt zu einer Publikumsgesellschaft, WuB IV D. § 1 HWiG 1.01; Meßmer, Kurt, Steuergerechtigkeit durch Normenflut, offene und verdeckte Subventionen und Entlastung der Finanzgerichtsbarkeit, BB 1981, Beilage 1; Moll, Wilhelm, Anlegerschutz und Gläubigerschutz – Zur Stellung des betrogenen Anlagekommanditisten, BB 1982, Beilage 3; Mülbert, Peter O./Steup, Steffen, Emittentenhaftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation am Beispiel der fehlerhaften Regelpublizität, WM 2005, 1633; Müller, Hans-Friedrich, Zur Kündigung eines atypischen stillen Gesellschafters vor Invollzugsetzung einer Publikumsgesellschaft und zu dessen Auseinandersetzungsguthaben, WuB II H. § 723 BGB 1.95; Oechsler, Jürgen, Die Geschichte der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft und ihre Stellung im europäischen Gesellschaftsrecht, NJW 2008, 2471; Peters, Bernd/Gröpper, Matthias, Wirksamkeitserfordernisse für Kreditvollmachten von Verbrauchern, WM 2001, 2199; Reinhardt, Rudolf/Schulz, Dietrich, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 1981; Reusch, Peter, Auseinandersetzung nach Buchwerten bei der stillen Gesellschaft, WuB II H. § 235 HGB 1.94; Rohlfing, Bernd, Widerruf einer atypisch stillen Beteiligung und die so genannte fehlerhafte Gesellschaft, NZG 2003, 854; Schäfer, Carsten, Kompromisslösung in Sachen Schrottimmobilien – das neue Konzept des Bankrechtssenats zum finanzierten Immobilien- und Anteilserwerb, DStR 2006, 1753; Schäfer, Carsten, Der täuschungsbedingte Beitritt zur (Personen-)Gesellschaft und die Lehre vom fehlerhaften Verband – Vorrang von Schadensersatzansprüchen?, ZHR 170 (2006), 373; Schäfer, Frank A., Stand und Entwicklungstendenzen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung, ZGR 2006, 40; Schlitt, Michael, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, 1996; Schmidt, Karsten, Sozialansprüche und actio pro socio bei der „GmbH & Still“, in Festschrift für Gerold Bezzenberger, 2000, S. 401 ff.; Schmidt, Karsten, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden, 1984; Schneider, Uwe H., Die Inhaltskontrolle von Gesellschaftsverträgen, ZGR 1978, 1; Schubert, Claudia, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft und das Haustürwiderrufsrecht, WM 2006, 1328; Spindler, Gerald, Kapitalmarktreform in Permanenz – Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz, NJW 2004, 3449; Schwark, Eberhard, Kapitalanlegerschutz im deutschen Gesellschaftsrecht, ZGR 1976, 271; Tettinger, Peter W., Die fehlerhafte stille Gesellschaft – Zivilrechtlicher Anlegerschutz durch bankrechtliche Erlaubnisvorbehalte? (I), DStR 2006, 849; Tettinger, Peter W., Die fehlerhafte stille Gesellschaft – Zivilrechtlicher Anlegerschutz durch bankrechtliche Erlaubnisvorbehalte? (II), DStR 2006, 903; Ulmer, Peter/ Dopfer, Jürgen, Anlegerschutz und Gesellschaftsrecht, BB 1978, 461; Wagner, Klaus, Zur aktuellen Rechtsprechung des II. Zivilsenats des BGH betreffend stille Beteiligungen im Kapitalanlagemodell, NZG 2005, 499; Wälzholz, Eckhard, Die fehlerhafte stille Gesellschaft und deren Rückabwicklung, DStR 2003, 1533; Wertenbruch, Johannes, Rückabwicklung einer Kapitalanlage in Form einer stillen Gesellschaft – Urteilskomplex Göttinger Gruppe, NJW 2005, 2823; Westermann, Harm Peter, Gesellschaftsbeitritt als Verbraucherkreditgeschäft? (I), ZIP 2002, 189; Westermann, Harm Peter, Gesellschaftsbeitritt als Verbraucherkreditgeschäft? (II), ZIP 2002, 240; Wiedemann, Herbert, Die Le-
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gitimationswirkung von Willenserklärungen im Recht der Personengesellschaften, in Festschrift für Harry Westermann, 1974, S. 585 ff.; Ziegler, Jens, Gesellschaftsvertragliche Abfindungsklauseln mit Ratenzahlung, DB 2000, 2107; Ziegler, Ole, Die Prospekthaftung am nicht-organisierten Kapitalmarkt im Spannungsverhältnis zu personengesellschaftsrechtlichen Grundsätzen, DStR 2005, 30; Zimmer, Daniel/Cloppenburg, Matthias, Haftung für falsche Information des Sekundärmarktes auch bei Kapitalanlagen des nicht geregelten Kapitalmarktes?, ZHR 171 (2007), 519.
I. Begriff und Zulässigkeit der stillen Publikumspersonengesellschaft Die Zulässigkeit von stillen Publikumspersonengesellschaften ergibt sich aus der allgemeinen Zulässigkeit atypischer Gestaltungen im Gesellschaftsrecht1, insbesondere kapitalistisch strukturierter Personengesellschaften2. Es kann ein Interesse daran bestehen, die Geschäftsleitung fest zu bestimmen, jedoch die Zahl der Anleger und den Investitionsbedarf beweglich zu halten. Dazu bedarf es einer Rechtsform, die das Kapital auf einfache Weise heraufsetzen oder herabsetzen und beliebig viele neue Mitgliedschaftsrechte begründen kann. Dies kann in Gestalt einer Publikumspersonengesellschaft geschehen.
19.1
Besondere rechtliche Probleme entstehen bei der stillen Publikumspersonengesellschaft durch die Verwendung der Rechtsform der Personengesellschaft für Zwecke, für die eigentlich die Kapitalgesellschaften, insbesondere die Aktiengesellschaft, geschaffen und geeignet sind. Während das Aktienrecht durch zwingende Vorschriften die Interessen der Anlagegesellschafter schützt, fehlt es im Recht der Personengesellschaften an solchen Normen, die dem Anleger die Gewähr einer angemessenen Rechtsstellung geben3. Solche zwingenden Normen sind im Recht der Personengesellschaften grundsätzlich nicht nötig, da dort in der Regel ein individuell abgeschlossener, interessenausgleichender Gesellschaftsvertrag Vertragsgerechtigkeit gewährleistet4. Bei der stillen Publikumspersonengesellschaft versagt dieser Schutzmechanismus, weil dort statt einer Beteiligung aller Gesellschafter ein kleiner Kreis von Initiatoren den Gesellschaftsvertrag vorformuliert. Der Anleger kann später lediglich der bereits bestehenden Gesellschaft unter den Bedingungen des vorgegebenen Gesellschaftsvertrags beitreten.
19.2
Darüber hinaus ergeben sich rechtliche Probleme aus der vom gesetzlichen Leitbild der Personengesellschaft abweichenden körperschaftlichen Verfassung der Publikumspersonengesellschaften, auf die die Regelungen für Personengesellschaften nicht ohne weiteres anzuwenden sind. Die Gesellschaft ist darauf angelegt, eine von vornherein nicht begrenzte Anzahl von rein kapitalistisch beteiligten Anlegern aufzunehmen, ein fester Mitgliederbestand ist nicht vorgesehen. Das Einstimmigkeitsprinzip ist vom Mehrheitsprinzip abgelöst. Aber auch aus dem öffentlichen Vertrieb der Anteile an Publikumspersonengesellschaften ergeben sich zahlreiche Probleme.
19.3
1 2 3 4
K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 III. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 5, 88 ff. Hüffer, JuS 1979, 460. Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 21 III 1.
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Im Hinblick auf diese Besonderheiten der Publikumspersonengesellschaften hat der BGH das Personengesellschaftsrecht in mehrfacher Hinsicht an den Zweck der Massenbeteiligung angepasst und ein an das Kapitalgesellschaftsrecht angelehntes Sonderrecht entwickelt, bei dem der Schutz der Anleger im Vordergrund steht. Legislatorische Beachtung haben Publikumspersonengesellschaften mittlerweile im Kapitalmarktrecht, genauer im Bereich der Prospekthaftung, gefunden. Mit dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz vom 28. 10. 20041 verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, durch die Erweiterung der für Wertpapiere bereits bestehenden Prospektpflicht auf nicht in Wertpapieren verbriefte Anlageformen (nunmehr § 8f VerkProspG), flankiert durch entsprechende Haftungsansprüche (nunmehr §§ 13, 13a VerkProspG), den Anlegerschutz durch größere Produkttransparenz und Stärkung der Haftungsansprüche der Anleger zu verbessern.2
19.4
Durch den Begriff der Publikumspersonengesellschaft werden zutreffend die wesentlichen Strukturmerkmale dieser Form der Kapitalaufnahme am Kapitalmarkt umschrieben: Eine Vielzahl von untereinander in der Regel nicht bekannten Anlegern3 beteiligt sich kapitalistisch an einer körperschaftlich verfassten Personengesellschaft, die Mitgliedschaftsrechte auf dem öffentlichen Kapitalmarkt anbietet, ohne dass die Anleger hierbei einen ihre Interessen wahrenden Einfluss auf die Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses gehabt haben4.
II. Bedeutung der stillen Publikumspersonengesellschaft 1. Emission am „grauen Kapitalmarkt“
19.5
Kapitalanleger können ihr Geld auf dem „grauen Kapitalmarkt“ in stillen Beteiligungen an Gesellschaften anlegen, die ihrerseits als Kapitalsammelstellen für Investitionen im Immobilienbereich oder in gewerblichen Unternehmen tätig werden. Für derartige Beteiligungen besteht kein organisierter Handel. Sie werden am sog. „grauen Kapitalmarkt“ oder „freien Kapitalmarkt“ angeboten. Der „freie Kapitalmarkt“ ist Teil des Kapitalmarkts, der den Handel mit langfristigen Krediten und Beteiligungskapital (in verbriefter und unverbriefter Form) umfasst und grundsätzlich keiner speziellen Gewerbeaufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegt5. Für den „freien Kapitalmarkt“ be1 BGBl. I 2004, 2630. 2 RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 1. Daneben besteht strafrechtlicher Schutz für den Bereich der Publikumspersonengesellschaften auch durch § 264a StGB. 3 Hierbei kommt es nicht auf die tatsächlich erreichte Gesellschafterzahl an; vielmehr ist die Ausgestaltung der Gesellschaftsverhältnisse als kapitalistische Beteiligung für eine Vielzahl von Anlegern entscheidend: BGH v. 9. 11. 1987 – II ZR 100/87, BGHZ 102, 172 (177). 4 BGH v. 14. 4. 1975 – II ZR 147/73, BGHZ 64, 238 (241); BGH v. 3. 5. 1982 – II ZR 78/81, BGHZ 84, 11 (13); Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, S. 121; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 21 III 1. 5 So definiert im Bericht der Bundesregierung zum „Grauen Kapitalmarkt“, BT-Drucks. 14/1633, S. 2. Vgl. zur Abgrenzung auch die Begriffsbildung bei v. Keussler, Vom Grauen zum Weißen Kapitalmarkt, S. 38 f.; mit der Erstreckung der Prospektpflicht auch
440
Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
§ 19
steht nur die für jeden Gewerbetreibenden geltende allgemeine gewerberechtliche Aufsicht, eine spezielle staatliche Kontrolle erfolgt nicht. Es steht damit praktisch jedermann frei, gewerblich Vermögensanlagen zu initiieren und zu platzieren, ohne einen Nachweis besonderer Qualifikation und über die Einhaltung von Kapitalsicherungsmaßnahmen erbringen zu müssen. Bei Erfüllung der Anforderungen des § 34c Abs. 1 Nr. 2 GewO an die im Vertrieb tätigen Personen können stille Beteiligungen an Publikumsgesellschaften in den unterschiedlichsten Ausgestaltungsformen angeboten werden, soweit es sich nicht um eine erlaubnispflichtige bankgeschäftliche Tätigkeit handelt (vgl. hierzu Rn. 19. 91). 2. Die geeignete Rechtsform für Publikumsgesellschaften Typische Publikumsgesellschaften waren zunächst die Aktiengesellschaft und die Kommanditgesellschaft auf Aktien, deren Angebot sich an den organisierten Kapitalmarkt richtete. Bis Mitte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts war die Publikumsaktiengesellschaft die fast ausschließliche Rechtsform, derer sich Kapitalnachfrager am Markt bedienten. Dies änderte sich mit einer fortschreitenden Perfektionierung des Aktienrechts, insbesondere des Aktionärsschutzes, und der Entdeckung der steuerbegünstigten Kapitalanlage1. Neben die Publikumsaktiengesellschaften traten als Instrument für das Massenanlagegeschäft am Kapitalmarkt die Publikumspersonengesellschaften. Hier konnten die Kompetenzen der Geschäftsleitung fest bestimmt, das Kapital auf einfache Weise herauf- oder herabgesetzt sowie beliebig viele neue Mitgliedschaftsrechte begründet werden.
19.6
Von den Personengesellschaften scheiden sowohl OHG als auch GbR als Rechtsformen einer Publikumspersonengesellschaft aus, weil die Anleger regelmäßig nicht bereit sein werden, sich über ihre Einlage hinaus an der Gesellschaft zu engagieren und eine persönliche Haftung zu übernehmen. Somit kommen nur solche Rechtsformen der Personengesellschaften in Betracht, bei denen die Haftung des Gesellschafters auf seine Einlage beschränkt ist2. Für den Anleger verbleibt somit aus Haftungsgründen die Möglichkeit, sich als Kommanditist oder als stiller Gesellschafter an einer Publikumspersonengesellschaft zu beteiligen. Dies geschah zunächst vorwiegend in der Rechtsform der GmbH & Co. KG. Da die Zahl der stillen Gesellschafter nicht begrenzt ist, eignet sich jedoch auch die stille Gesellschaft zur Kapitalaufnahme auf dem „grauen Kapitalmarkt“ in besonderem Maße.
19.7
Die stille Publikumspersonengesellschaft wird überwiegend als gewerbliche Mitunternehmerschaft i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausgestaltet. Während aber eine Mitunternehmerschaft bei einer Kommanditgesellschaft steuerlich immer schon dann anerkannt wird, wenn die Gesellschaft das ge-
19.8
auf Kapitalanlagen des grauen Kapitalmarktes durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (BGBl. I 2004, 2630, vgl. oben, Rn. 19.3) werden nunmehr immerhin die Prospekte der Billigung durch die BaFin unterworfen, Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 32 VI 4. 1 Moll, BB 1982, Beilage 3, 1 (3). 2 Kaligin, Risiken und Rechtsschutzmöglichkeiten des Kommanditisten, S. 4.
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§ 19
Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
setzliche Regelstatut der Kommanditgesellschaft mindestens annähernd erfüllt, wird der typische stille Gesellschafter steuerlich wie ein Darlehensgeber behandelt. Er bezieht Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Damit eine stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusehen ist, muss der stille Gesellschafter über ein gewisses, wenn auch geringes Maß an Unternehmerinitiative verfügen, so z.B. durch die Möglichkeit zur Ausübung von Stimm- und Kontrollrechten. Entscheidend aber ist, dass der stille Gesellschafter auch am Unternehmerrisiko teilnimmt. Dazu muss er am laufenden Gewinn und Verlust sowie in der Regel bei der Auseinandersetzung auch an den stillen Reserven und am Firmenwert beteiligt sein (siehe dazu eingehend Rn. 20.58 ff.).
19.9
Mittlerweile übertreffen derart ausgestaltete Publikumsgesellschaften in Form der AG- oder GmbH & atypisch Still die früher bevorzugte GmbH & Co. KG hinsichtlich ihrer Bedeutung als „Kapitalsammelbecken“1. Wesentlicher Grund für die Wahl der stillen Publikumspersonengesellschaft ist die im Vergleich zur Publikums-KG günstigere Haftungssituation: Der stille Gesellschafter kann von Gesellschaftsgläubigern nicht direkt in Anspruch genommen werden, die Haftungsbeschränkung auf die Einlage besteht von Beginn der Beteiligung an und nicht erst wie bei der KG ab Eintragung im Handelsregister. Rückzahlungen auf die stille Einlage lassen die Haftung, anders als bei der KG nach § 172 Abs. 4 HGB, nicht wieder aufleben. Die Gründung, Kapitalerhöhung und -herabsetzung ist einfach und billig. Darüber hinaus können mit der Rechtsform der stillen Gesellschaft unproblematisch Beteiligungsgesellschaften an einzelnen Betriebsstätten oder Geschäftsbereichen begründet werden (siehe Rn. 5.33). 3. Geschichtliche Entwicklung und Perspektive
19.10
Bereits vor Schaffung des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches (1861) kannte man stille Publikumspersonengesellschaften. Es bestand aufgrund der Entwicklung von Handel und Industrie das Bedürfnis, größere Mengen von Kapital in Gesellschaften zu binden. Die Rechtsform der Aktiengesellschaft war aber oftmals weniger geeignet, da in den meisten deutschen Ländern ihre Errichtung von einer staatlichen Genehmigung abhängig war (Konzessionssystem)2. Daher wurde schon damals die stille Gesellschaft als bevorzugte Gesellschaftsform für die Kapitalsammlung benutzt3.
19.11
Entscheidend für die Erfolgsgeschichte „Publikumspersonengesellschaft“ im 20. Jahrhundert war das Steuerrecht, nämlich die Entdeckung der steuerbegünstigten Kapitalanlage4. Aus volkswirtschaftlichen und sozialpolitischen 1 Blaurock in FS Heinsius, S. 33. 2 Dies galt bis zur Aktienrechtsnovelle 1870, die im ADHGB das Registrierungsverfahren einführte; vgl. Assmann in GroßKomm. AktG, 4. Aufl. 2004, Einl. Rn. 21 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 26 II 2b. 3 Dietrich, Die Publikums-Kommanditgesellschaft, S. 24. 4 Vgl. hierzu und zum Folgenden: Hebig/Zacharias, Handbuch der betrieblichen Vermögensbildung, Rn. 752 f.; Heid, DB 1985, Beilage 4, 2.
442
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§ 19
Gründen führte der Gesetzgeber zu Beginn der 60er Jahre verschiedene Steuervergünstigungen ein. Diese steuerliche Begünstigung geschah in erster Linie durch die Zulassung von erhöhten Abschreibungen, die an die Stelle der Absetzungen nach § 7 EStG a.F. traten, und von Sonderabschreibungen, die neben den Abschreibungen nach § 7 EStG a.F. in Anspruch genommen werden konnten1. Die erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen fingierten steuerlich Verluste, die nicht notwendigerweise den tatsächlichen betriebswirtschaftlichen Verlusten entsprechen mussten. Gefördert werden sollten strukturschwache Regionen sowie bestimmte benachteiligte Wirtschaftszweige und Personenkreise. An diesen Anlagen, bei denen die Anleger aufgrund einer mitunternehmerischen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG an Buchverlusten partizipieren konnten, waren gut verdienende Teile der Bevölkerung interessiert, die aufgrund der Steuerprogression mit einem Spitzensteuersatz von 56 % den größeren Teil ihrer Einkünfte an den Fiskus abführen mussten. Die Verluste wurden im Wege des Verlustausgleichs nach § 2 Abs. 3 a.F. EStG mit den eigenen positiven Einkünften verrechnet und so die Einkommenssteuerlast in einkommensstarken Jahren gesenkt. Erträge aus den gebildeten stillen Reserven sollten dann in späteren, einkommensschwächeren Jahren bei niedrigerer Steuerbelastung realisiert werden. Neben einen Steuerstundungseffekt konnte somit günstigstenfalls auch eine tatsächliche Steuerentlastung treten. Daher wurden anfangs der 60er Jahre Publikumspersonengesellschaften in der Regel als Abschreibungsgesellschaften gegründet. Dieses geschah in der Folgezeit verstärkt in der Rechtsform der „Kapitalgesellschaft & Still“, da auch die Verlustanteile des atypisch stillen Gesellschafters unter § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG fallen und somit negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb darstellen, die der Anleger persönlich gewinnmindernd nutzen kann. Die Beteiligung einer Vielzahl stiller Gesellschafter zu gleichen Bedingungen an einem Geschäftsinhaber führte zur Anerkennung2 der Mehrgliedrigkeit der stillen Gesellschaft. In der Folgezeit versuchte der Gesetzgeber immer wieder korrigierend auf die Ausnutzung der steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten einzuwirken. Im Jahre 1971 wurde zur Beseitigung der Nutzungsmöglichkeiten der Sonderabschreibungen die allgemeine Verlustklausel des § 7 Abs. 6 EStG a.F. eingeführt. Nach ihr durften Sonderabschreibungen und erhöhte Absetzungen nicht mehr zur Entstehung oder Erhöhung eines Verlustes führen. Sie galt nicht für die Berlinförderung und nur eingeschränkt für Schifffahrtsbeteiligungen. Als Ausweichreaktion traten an die Stelle der Abschreibungs- die Verlustzuweisungsgesellschaften. Bei ihnen versprachen die Gesellschaften unter Ausnutzung der Bilanzierungsvorschriften hohe Verlustzuweisungen von mehr als 100 % des eingesetzten Kapitals.
1 Kaligin, Risiken und Rechtsschutzmöglichkeiten des Kommanditisten, S. 1 f. 2 Die überkommene Auffassung betrachtete die stille Gesellschaft per definitionem als zweigliedrig: Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 228; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 27 m.w.N. in Fn. 2.
443
19.12
§ 19
Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
19.13
Mit dem Gesetz vom 20. 8. 19801 zur Änderung des KStG, EStG sowie weiterer Gesetze wurden durch die Einführung eines neuen § 15a EStG die Möglichkeiten der steuerlichen Geltendmachung von Verlusten weiter eingeschränkt (ausführlicher hierzu unter Rn. 22.64 ff.). Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG ist für einen Kommanditisten der Verlustausgleich ausgeschlossen, wenn ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Diese Regelung gilt gemäß § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG2 auch für einen atypisch stillen Gesellschafter und über den Verweis in § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG auch für den typischen stillen Gesellschafter.
19.14
Seit dem 1. 1. 1999 wurden die Regelungen der §§ 2 Abs. 3, 2b und 10d EStG a.F. den Verlustausgleich erheblich beschränkt. § 2 Abs. 3 EStG wurde jedoch teilweise und § 2b EStG vollständig zum 1. 1. 2004 wegen verfassungsrechtlicher Bedenken wieder aufgehoben. In der Folgezeit hat der Gesetzgeber allerdings durch Einführung des § 15b EStG zum 15. 11. 2005 (Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen) und des § 15 Abs. 4 Sätze 6 – 8 EStG zum 12. 4. 2003 (Verlusttransfer zwischen Kapitalgesellschaften mittels stiller Beteiligungen) die Verlustausgleichsmöglichkeiten weiter eingeschränkt3. Auch die durch die Unternehmensteuerreform 2008 eingeführte Zinsschranke (§ 4h EStG) für die mitunternehmerische atypische stille Gesellschaft und das Werbungskosten- und Verlustabzugsverbot (§ 20 Abs. 6 und 9 EStG) bei der typischen stillen Gesellschaft zielen auf die Vermeidung des Transfers von Verlusten oder des Abzugs von Fremdfinanzierungsaufwendungen. Daher kommt es den Anlegern bei ihrem Engagement in einer stillen Publikumspersonengesellschaft in erster Linie nicht mehr auf steuerliche Verlustzuweisungen an. Wird die Erzielung einer möglichst hohen Rendite angestrebt, kommen als Geschäftsgegenstand solcher Gesellschaften besonders kapitalintensive und risikoreiche Geschäfte wie Explorationen oder Projekte zur Gewinnung regenerativer Energien in Betracht. Aber auch Film-, Fernseh- und Musikproduktionen werden finanziert. Wesentliche Bedeutung erlangten mit der Rentenreform 2001 auch die komplexe Altersversorgung und Vermögensbildung4. Daher stehen auch Modelle der privaten Altersvorsorge durch Beteiligung an stillen Publikumspersonengesellschaften im Anlegerinteresse5. Diese Entwicklung hatte zur Folge, dass erstmals größeren Bevölkerungskreisen unabhängig von der Höhe ihres Einkommens Zutrittsmöglichkeiten zu solchen Beteiligungen eröffnet wurden. Dieser – auch gesellschaftsvertraglich – erheblich schutzbedürftigere Personenkreis verfügt regelmäßig über geringere Einkommen, so dass in zahlreichen Fällen eine Fremdfinanzierung der Beteiligung notwendig ist. Hieraus ergeben sich eine Fülle schwieriger Fragen des Verbraucherschutzes (hierzu Rn. 19.33 ff., 19.45 ff., 19.51 ff.; vgl. auch Rn. 19.80 ff.).
1 BGBl. I 1980, 1545. 2 Zur Kritik am Wortlaut dieses Absatzes vgl. Meßmer, BB 1981, Beilage 1, 1 (13 f.); Knobbe-Keuk, StuW 1981, 97 (102). 3 Vgl. Rn. 22.63. 4 Wagner in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 15 Rn. 85. 5 Vgl. OLG Celle v. 15. 5. 1996 – 9 U 41/95, AG 1996, 370.
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§ 19
4. Die Erscheinungsformen Die Vertragsfreiheit hat auch bei den stillen Publikumspersonengesellschaften eine große Gestaltungsvielfalt zur Folge. Häufig ist eine als atypische stille Gesellschaft errichtete Publikumsgesellschaft so ausgestaltet, dass die stillen Gesellschafter das Anlagekapital aufbringen und der Geschäftsinhaber weder am Gewinn noch am Verlust nennenswert beteiligt ist, sondern eine Vergütung und Aufwendungsersatz erhält. Es besteht regelmäßig eine schuldrechtliche Beteiligung am Gesellschaftsvermögen. In der Regel werden nicht nur die Kontrollrechte des § 233 HGB durch weitergehende Einsichts- und Auskunftsrechte erweitert, sondern darüber hinaus auch Widerspruchs- und Zustimmungsrechte bei außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen entsprechend § 164 HGB vereinbart. Hingegen spielt die Einräumung weit reichender Geschäftsführungsrechte bei Publikumspersonengesellschaften kaum eine Rolle1. Gelegentlich kommt es auch zur Kombination von stiller Beteiligung und Kommanditbeteiligung2. Hier verpflichtet sich der Stille, neben einer Kommanditeinlage eine stille Einlage zu zeichnen (zur sog. gesplitteten Einlage siehe auch Rn. 17.12). In der Praxis nicht ungewöhnlich ist auch die Beschränkung der Beteiligung auf einzelne Geschäftsbereiche des Unternehmens3.
19.15
Das Beteiligungsverhältnis an einer stillen Publikumspersonengesellschaft wird in der Praxis entweder entsprechend dem gesetzlichen Leitbild zweigliedrig oder aber – wenn auch nur mit Wirkung für die Beteiligten untereinander – mehrgliedrig ausgestaltet4. Bei Zweigliedrigkeit der stillen Gesellschaft liegen regelmäßig so viele voneinander unabhängige, selbständige Gesellschaften vor, als stille Gesellschafter beteiligt sind5. Die den stillen Gesellschaftern zustehenden Kontroll- und Mitwirkungsrechte werden oftmals gebündelt durch einen gemeinsamen Vertreter oder Treuhänder6 wahrgenommen. Auch die Verknüpfung der stillen Beteiligungsverhältnisse durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter den Beteiligten ist zahlreich7.
19.16
1 Blaurock in FS Heinsius, S. 33 (38). 2 BGH v. 12. 5. 1977 – II ZR 89/75, BGHZ 69, 160 = WM 1977, 1136; BGH v. 5. 11. 1979 – II ZR 145/78, NJW 1980, 1522; BGH v. 9. 2. 1981 – II ZR 38/80, NJW 1981, 2251 = WM 1981, 761. 3 Albracht, Die stille Gesellschaft im Recht der Publikumspersonengesellschaften, S. 20. 4 BGH v. 7. 2. 1994 – II ZR 191/92, BGHZ 125, 74 (76) = NJW 1994, 1156; nach BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 32/94, BGHZ 127, 176 (179) besteht Gestaltungsfreiheit. Gewerbesteuerlich ist dies ohne Bedeutung: Es handelt sich in beiden Fällen um einen Gewerbebetrieb, BFH v. 8. 2. 1995 – I R 127/93, BFHE 177, 332. 5 Vgl. RG v. 1. 2. 1890, RGZ 25, 41 (45); Reinhardt/Schultz, Gesellschaftsrecht, S. 135; Saenger, Die stille Gesellschaft, S. 59; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 45. 6 Vgl. hierzu Blaurock, EWIR § 230 HGB 1/87, 1219 (Anm. zu BGH v. 29. 6. 1987, II ZR 173/86). Im besprochenen Fall koordinierte eine GbR die Vielzahl der bilateralen Gesellschaftsverhältnisse. 7 BGH v. 7. 2. 1994 – II ZR 191/92, BGHZ 125, 74 (77) = NJW 1994, 1156; BGH v. 14. 11. 1994 – II ZR 160/33, NJW 1995, 1353 (1355).
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Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
19.17
Bei der mehrgliedrigen Ausgestaltung ist der Wille der Beteiligten darauf gerichtet, nur eine stille Gesellschaft mit einer Mehrheit von Teilhabern – ähnlich einer Kommanditgesellschaft mit mehreren Kommanditisten1 – zu errichten (sog. mehrgliedrige stille Gesellschaft)2. Mitunter wird eine mehrgliedrige Verbandsstruktur auch durch die Einschaltung eines Treuhänders ersetzt. Dann beteiligt sich allein der Treuhänder als stiller Gesellschafter am Unternehmen, während der Treuhänder seinerseits mit dem Treugeber einen Treuhandvertrag abschließt3. Treuhänderfunktion kann auch eine unter den Anlegern gebildete GbR haben. Aus dieser Form der mittelbaren stillen Beteiligung über einen Treuhänder oder eine GbR ergeben sich aber keine spezifischen Probleme für das Recht der stillen Publikumspersonengesellschaft4. 5. Grenzen der Dispositionsfreiheit
19.18
Aus der Eigenschaft einer stillen Publikumspersonengesellschaft, sowohl stille Gesellschaft als auch Massengesellschaft zu sein, ergeben sich Grenzen der Dispositionsfreiheit. Zunächst einmal müssen die Beschränkungen aus dem Recht der stillen Gesellschaft selbst beachtet werden. Es liegt nur dann eine stille Gesellschaft und nicht ein anderes Rechtsverhältnis vor, wenn die körperschaftliche Ausgestaltung die wesensprägenden Begriffsmerkmale einer stillen Gesellschaft berücksichtigt: Zwingender Natur sind die unentziehbare Handlungsbefugnis des Geschäftsinhabers (§ 230 HGB), das außerordentliche Kündigungsrecht des stillen Gesellschafters (§ 234 Abs. 1 Satz 2 HGB), das Kontrollrecht nach § 233 Abs. 3 HGB, das Kündigungsrecht des Gläubigers (§ 234 Abs. 1 Satz 1 HGB), die Beteiligung am Gewinn und die insolvenzrechtlichen Vorschriften (§ 236 HGB, § 136 InsO).
19.19
Im Übrigen hat die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags die allgemeinen gesetzlichen Schranken für die Errichtung einer stillen Gesellschaft zu berücksichtigen (siehe Rn. 9.69 ff.). Hierzu zählen nicht nur die §§ 134, 138 BGB, sondern auch diejenigen allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätze, die einen unentziehbaren Mindestbestand an Gesellschafterrechten sichern. Die 1 K. Schmidt spricht daher bei einer entsprechend organisierten GmbH & Still zutreffend von einer „virtuellen KG“ mit „virtuellem Gesamthandsvermögen“: K. Schmidt in FS Bezzenberger, S. 401 (405 f.); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 81. 2 Blaurock, NJW 1972, 1120. 3 Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 87 f.; diese Konstellation wird im Weiteren nicht behandelt, vgl. zu stillen Beteiligung als Gegenstand von Treuhandverhältnissen: K. Schmidt in MünchKomm.HGB, Vor § 230 HGB Rn. 33 ff., insbesondere Rn. 44, 51, 57. 4 Daher kann an dieser Stelle auf die Ausführungen von Rechtsprechung und Lehre zu den Treuhandverhältnissen an Publikumskommanditgesellschaften verwiesen werden. Anschaulich BGH v. 22. 1. 1979 – II ZR 178/77, BGHZ 73, 294; BGH v. 30. 3. 1987 – II ZR 163/86, ZIP 1987, 912; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, Vor § 230 HGB Rn. 33 ff.; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 66 ff.; 123 ff.
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§ 19
persönliche Rechtsposition des Gesellschafters in einer körperschaftlich strukturierten Gesellschaft ist durch den Grundsatz der Gleichbehandlung, die allgemeine Treuepflicht und durch den Kernbereich im Bestand geschützt1.
III. Das Sonderrecht der stillen Publikumspersonengesellschaft 1. Die Errichtung der stillen Publikumspersonengesellschaft a) Gestaltungsvarianten Die Beteiligten haben bei der Errichtung einer stillen Publikumspersonengesellschaft die Wahl zwischen zwei Gestaltungsvarianten: erstens Beteiligung mehrerer stiller Gesellschafter auf der Grundlage mehrerer selbständiger, aber gleich lautender Gesellschaftsverträge oder zweitens Beteiligung an einem einheitlichen mehrgliedrigen stillen Gesellschaftsverhältnis mit allen Anlegern. Erstere führt zu einer Vielheit von stillen Gesellschaftsverträgen, die regelmäßig durch eine Innengesellschaft unter den stillen Gesellschaftern koordiniert werden2. Letztere führt zu einem mehrgliedrigen Innenverband, der neben den stillen Gesellschaftern auch den Unternehmensträger umfasst. Was dem Willen der Beteiligten entspricht, ist im Wege der Vertragsauslegung zu ermitteln3. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass man sich lange Zeit nicht der Möglichkeit zur mehrgliedrigen Ausgestaltung stiller Beteiligungsverhältnisse bewusst war. Daher dürfte immer dann, wenn die Binnenorganisation nicht nur der gemeinsamen Willensbildung und Kontrolle der stillen Gesellschafter dient, sondern auch der Geschäftsinhaber Teil der Binnenorganisation sein soll, eine mehrgliedrige stille Publikumspersonengesellschaft vorliegen.
19.20
Die gewünschte Strukturierung der stillen Publikumspersonengesellschaft als kapitalistische Personengesellschaft wird durch das Bestehen mehrerer unabhängiger stiller Gesellschaften erschwert. Darum sind die Gesellschaften zweckmäßigerweise so zu bilden, dass nur eine stille Gesellschaft mit einer Mehrheit von Teilhabern errichtet wird. Es ist also im Folgenden davon auszugehen, dass die stille Publikumspersonengesellschaft nicht etwa ein Bündel von einzelnen stillen Gesellschaften ist, sondern dass eine einheitliche Gesellschaft vorliegt, die die Geschäftsinhaber und alle stillen Gesellschafter mit einem gesellschaftlichen Band umschließt.
19.21
b) Beitritt zu einer stillen Publikumspersonengesellschaft Die Aufnahme neuer Gesellschafter erfolgt bei mehrgliedriger Ausgestaltung nach personengesellschaftsrechtlichen Regeln durch Vertrag mit allen bereits am Verband beteiligten. Wie bei der Publikums-KG ist es auch bei der stillen Publikumspersonengesellschaft zulässig, die Geschäftsinhaberin oder eine 1 BGH v. 15. 11. 1982 – II ZR 62/82, BGHZ 85, 350 (361). 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 85. 3 So auch Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 75 Rn. 24.
447
19.22
§ 19
Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
sonstige Vertrauensperson für den Abschluss neuer Aufnahmeverträge zu bevollmächtigen1. Es handelt sich nicht bloß um den Abschluss eines zweiseitigen Rechtsverhältnisses, sondern um den Eintritt neuer Gesellschafter2.
19.23
Regelmäßig sehen die Gesellschaftsverträge stiller Publikumsgesellschaften Beitrittserklärungen vor, durch die dem Geschäftsinhaber eine Einzelermächtigung zur Aufnahme weiterer stiller Gesellschafter erteilt wird. Im Übrigen dürfte sich, soweit man wegen der Auswirkungen auf das Unternehmen das Einverständnis aller Gesellschafter zum Beitritt weiterer Gesellschafter zur Voraussetzung macht, im Zweifel eine derartige Ermächtigung an den Geschäftsinhaber durch Auslegung des Gesellschaftsvertrags ergeben. Stille Publikumsgesellschaften sind als Kapitalsammelstellen gerade darauf angelegt, Kapital durch die Aufnahme einer Vielzahl von Anlegern aufzubringen. c) Der Gesellschaftsvertrag aa) Form
19.24
Für stille Publikumspersonengesellschaften gilt der Grundsatz der Formfreiheit nicht. Zwar bedarf die Aufnahme eines stillen Gesellschafters in eine AG oder GmbH nicht der Form der §§ 179 Abs. 1, 181 AktG, 53 Abs. 2 GmbHG, da es sich weder um eine Satzungsänderung noch um eine Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz handelt. Jedoch erfordert bei einseitig vorformulierten Vertragswerken die vom BGH entwickelte Inhaltskontrolle die Eindeutigkeit und Erkennbarkeit gesellschaftsvertraglicher Pflichten. Hieraus resultiert ein Schriftformerfordernis3. bb) Auslegung und Inhaltskontrolle
19.25
Während bei einer gesetzestypischen stillen Gesellschaft unter den Gesellschaftern der Grundsatz der Vertragsfreiheit gilt und bei Auslegungsfragen nach der subjektiven Auslegungsmethode vorzugehen ist, gelten bei der stillen Publikumspersonengesellschaft andere Grundsätze: Der Gesellschaftsvertrag einer stillen Publikumspersonengesellschaft ist, weil er seinem Charakter nach keine Individualvereinbarung, sondern eine Satzung ist, nach dem objektiven Erklärungsbefund auszulegen, wobei Wille und Vorstellung der Gründer außer Acht bleiben, wenn sie nicht in dem Gesellschaftsvertrag ihren Niederschlag gefunden haben4. Der Gesellschaftsvertrag ist objektiv nach den Kriterien der Sachgerechtigkeit und Angemessenheit auszulegen.
1 Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 94 f. 2 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 73 Rn. 40; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 84. 3 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rn. 20; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 89 f.; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 97. 4 OLG Hamburg v. 24. 11. 1995 – 11 U 174/93, DB 1996, 1403.
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Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
§ 19
Unternehmungen dieser Art bringen es mit sich, dass die Anlagegesellschafter untereinander und zu den eigentlichen Unternehmensgesellschaftern in keinerlei persönlichen oder sonstigen Beziehungen stehen. In der Öffentlichkeit geworben, können sie, wenn sie beitreten wollen, nur einen Gesellschaftsvertrag unterzeichnen, der fertig vorformuliert ist und auf dessen inhaltliche Ausgestaltung sie keinen irgendwie gearteten Einfluss ausüben können. Die Rechtslage ist daher ähnlich wie bei allgemeinen Geschäftsbedingungen und Formularverträgen, die nicht zwischen den Parteien ausgehandelt werden, bei denen vielmehr für eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle die künftigen Rechtsbeziehungen einseitig vorweg festgelegt werden und infolgedessen der Vertragskompromiss als Gewähr dafür fehlt, dass die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt worden sind. Ebenso wie dort besteht auch bei Gesellschaftsverträgen der hier vorliegenden besonderen Art zum Schutze der Anlagegesellschafter ein Bedürfnis, dem unter solchen Umständen leicht möglichen Missbrauch der Vertragsfreiheit mit Hilfe einer an den Maßstäben von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgerichteten Inhaltskontrolle durch die Gerichte zu begegnen1. Insbesondere sind Vertragsbestimmungen unwirksam, die die Anlagegesellschafter unangemessen in ihren Rechten beschränken oder sonst belasten2.
19.26
Jedoch findet bei einer mehrgliedrigen stillen Publikumsgesellschaft aufgrund der Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 BGB keine Inhaltskontrolle von Gesellschaftsverträgen gemäß den §§ 305 ff. BGB statt, selbst wenn Bedingungen enthalten sind, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S. des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB gelten (vgl. Rn. 9.28)3.
19.27
cc) Die Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags Sofern sich die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft AG & Still an ein breites Anlagepublikum wenden will, also eine Vielzahl von Vertragsschlüssen angestrebt wird, erweist sich die Notwendigkeit der Zustimmung der Hauptversammlung zu jedem einzelnen Vertragsschluss nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG i.V.m. § 293 Abs. 1 AktG und die Eintragung in das Handelsregister nach § 294 AktG als eine praktische Hürde4. Allerdings sind die Zustimmung der Hauptversammlung und die Eintragung keine Voraussetzungen für den Vollzug der stillen Beteiligung i.S. der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft. Hierzu reicht vielmehr die Einlageleistung durch den stillen Gesellschafter in das Vermögen des Geschäftsinhabers aus. Der Anleger kann dann auch bei Fehlen der aktien-
1 St. Rspr.: BGH v. 14. 4. 1975 – II ZR 147/73, BGHZ 64, 238; BGH v. 27. 11. 2000 – II ZR 218/00, ZIP 2001, 243; Wiedemann in FS Westermann, S. 585 (591). 2 BGH v. 14. 4. 1975 – II ZR 147/73, BGHZ 64, 238 (239). 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 125. 4 Vgl. BGH v. 21. 7. 2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38 (43); ausführlich hierzu und zur Zustimmungsproblematik bei der GmbH & Still unter Rn. 7.19 ff.
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19.28
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Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
rechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen seine Beteiligung nur ex nunc kündigen1, er muss sich allerdings explizit gerade auf diesen Grund beziehen2. d) Binnenorganisation der stillen Publikumspersonengesellschaft
19.29
Bei der stillen Publikumsgesellschaft ist es ebenso wie bei der Publikums-KG nicht sinnvoll, wenn jeder stille Gesellschafter seine Rechte, insbesondere seine Kontroll- und Überwachungsrechte für sich allein ausübt. Deshalb wird auch die stille Publikumspersonengesellschaft derart körperschaftlich organisiert, dass die stillen Gesellschafter ihre Rechte dem Inhaber gegenüber nur gemeinsam über die Gesellschafterversammlung wahrnehmen können und dass ein Aufsichtsorgan die Geschäfte des Inhabers überwacht3. Wird eine Gesellschafterversammlung eingerichtet, so gehören dieser nicht nur die Anleger, sondern auch der Geschäftsinhaber an4. Es kommen aktienrechtliche Grundsätze zur Anwendung, so z.B. § 121 Abs. 4 AktG hinsichtlich der Einberufung der Gesellschafterversammlung5. Die Beschlussgegenstände müssen nicht entsprechend § 51 GmbHG zusammen mit der Einladung zur Gesellschafterversammlung mitgeteilt werden. Gesellschafter, die Aufgaben im Interesse aller stillen Gesellschafter wahrnehmen, können aufgrund Beschlusses der Gesellschafterversammlung für ihre Aufwendungen entlohnt werden, auch wenn sie Mitglieder eines fakultativen Beirats sind und für ihre anders gearteten organschaftlichen Aufgaben bereits eine Vergütung erhalten. Für eine gerichtliche Kontrolle der Angemessenheit des Aufwendungsersatzes in entsprechender Anwendung von § 113 AktG ist kein Raum6.
19.30
Die Zustimmung der Gesellschafterversammlung oder auch des Kontrollorgans wird in den Gesellschaftsverträgen lediglich bei einigen wichtigen Entscheidungen vorgesehen. Bei derartigen zustimmungsbedürftigen Maßnahmen handelt es sich um solche, mit denen der Geschäftsinhaber bei nicht abgestimmter Vornahme gegen seine gesellschaftsvertraglichen Verpflichtungen zur Förderung des Gesellschaftszwecks und Erhaltung der Grundlagen des Handelsgeschäfts verstoßen würde (vgl. hierzu Rn. 12.9 ff.).
19.31
Nehmen die Anleger ihre Rechte unmittelbar oder durch einen Treuhänder in der Gesellschafterversammlung wahr, so ist bei einer Publikumspersonengesellschaft das Einstimmigkeitsprinzip zugunsten des Mehrheitsprinzips aufgegeben. Regelmäßig ist das Mehrheitsprinzip gesellschaftsvertraglich festgelegt. Da selbst die Zulässigkeit von Mehrheitsentscheidungen unter Berück1 BGH v. 29. 11. 2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262) = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock, WuB II H. § 230 HGB 1.05; zu den Rechtsfolgen der fehlerhaften Gesellschaft siehe unten Rn. 19.43. 2 BGH v. 8. 5. 2006 – II ZR 123/05, NZG 2006, 540 (541). 3 BGH v. 21. 4. 1980 – II ZR 144/79, WM 1980, 868; OLG Düsseldorf v. 13. 3. 1985 – 15 U 173/84, WM 1985, 872. 4 Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 73 Rn. 40; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 84. 5 BGH v. 30. 3. 1998 – II ZR 20/97, NJW 1998, 1946. 6 BGH v. 30. 3. 1998 – II ZR 20/97, NJW 1998, 1946.
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sichtigung des Bestimmtheitsgrundsatzes den Besonderheiten der Publikumspersonengesellschaft nicht Rechnung trägt, um angesichts der Vielzahl der Gesellschafter auf unvorhergesehene Ereignisse und Notwendigkeiten schnell zu reagieren, hat der BGH für Publikumspersonengesellschaften den Bestimmtheitsgrundsatz aufgegeben1. Wie bei der Publikums-KG kann auch bei der stillen Publikumspersonengesellschaft am Bestimmtheitsgrundsatz nicht festgehalten werden, weil damit eine vernünftige Fortentwicklung der Gesellschaft verhindert und ein krisenhafter Zustand konserviert werden würde. Es ist daher nicht erforderlich, dass der Gesellschaftsvertrag die Beschlussgegenstände näher bezeichnen muss, über die durch Mehrheitsbeschluss zu entscheiden ist2. Einschränkungen ergeben sich jedoch aus § 138 BGB und dem Gleichbehandlungsgebot. Ist darüber hinaus ein Anleger aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gehalten, einer Maßnahme zuzustimmen, werden widersprechende Anleger zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft so behandelt, als hätten sie der Maßnahme zugestimmt. Eines Klageverfahrens zur Abgabe der Zustimmung nach § 894 ZPO bedarf es nicht3. e) Die stille Publikumspersonengesellschaft auf fehlerhafter Vertragsgrundlage Die Rechtsprechung unterwirft jede Form der stillen Beteiligung den Grundsätzen über fehlerhafte Gesellschaften4. Auch die Mehrheit in der Literatur5 erkennt bei einer Publikumsgesellschaft den Bestandsschutz gegen Nichtigkeitsfolgen an, da das stille Gesellschaftsverhältnis hinreichende organisatorische Elemente aufweise6. Dies hat für stille Publikumsgesellschaften insbesondere Bedeutung bei Widerruf des Beitritts nach § 355 BGB, nach Anfechtung der stillen Beteiligung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) und bei Ansprüchen aus c.i.c. (§§ 280, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB).
1 BGH v. 5. 11. 1984 – II ZR 111/84, DB 1985, 479. 2 BGH v. 13. 3. 1978 – II ZR 63/77, BGHZ 71, 53 = ZIP 1985, 347 = DB 1985, 480. 3 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 II b; BGH v. 5. 11. 1984 – II ZR 111/84, DB 1985, 479. 4 Siehe nur die jüngere Rspr. des BGH, BGH v. 29. 11. 2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock, WuB II H. § 230 HGB 1.05; BGH v. 21. 3. 2005 – II ZR 310/03, NZG 2005, 467; BGH v. 21. 3. 2005 – II ZR 140/03, NZG 2005, 472; BGH v. 21. 3. 2005 – II ZR 149/03, NZG 2005, 476; BGH v. 26. 9. 2005 – II ZR 314/03, NZG 2006, 57; vgl. hierzu auch Rn. 11.1 ff. 5 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 133 f.; weitere Nachweise oben in Rn. 11.11. 6 Dieses verkennt das OLG Schleswig v. 13. 6. 2002 – 5 U 78/01, ZIP 2002, 1244 bei seiner ergebnisorientierten Argumentation.
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19.32
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Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
f) Der Abschluss stiller Beteiligungen als Haustürgeschäft1 aa) Haustürgeschäft nach § 312 BGB
19.33
Die Vorschrift des § 312 BGB über den Widerruf von Haustürgeschäften wird bisher von der h.M. auf den Abschluss eines entgeltlichen Vertrages über die Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses angewendet, wenn der Zweck des Vertragsschlusses vorrangig in der Anlage von Kapital besteht und nicht darin, Mitglied einer Gesellschaft zu werden2. Dies soll auch dann gelten, wenn sich der Anleger in einer Haustürsituation über einen Treuhänder mittelbar an der Publikumspersonengesellschaft beteiligt3. Allerdings hat der BGH in einem jüngeren Beschluss dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Haustürgeschäfterichtlinie ein solches Widerrufsrecht für die Fälle der Beteiligung eines Verbrauchers an einer (Publikums)Gesellschaft überhaupt vorschreibt4. Voraussetzung der Anwendbarkeit des § 312 BGB ist allerdings, dass der stille Gesellschafter Verbraucher ist. Ein Verbraucher ist gemäß § 13 BGB eine natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Zur privaten Sphäre gehört die Verwaltung und Anlage eigenen Vermögens5. In der Regel wenden sich Publikumsbeteiligungsgesellschaften an Verbraucher.
19.34
Einem Verbraucher steht im Grundsatz ein Widerrufsrecht des Gesellschaftsvertrags zu, wenn er durch mündliche Verhandlungen an seinem Arbeitsplatz oder im Bereich einer Privatwohnung6 oder anlässlich einer von der anderen Vertragspartei oder von einem Dritten zumindest auch in ihrem Interesse durchgeführten Freizeitveranstaltung zum Abschluss des Gesellschaftsvertrags bestimmt worden ist. Das gleiche gilt für den Fall, dass es zum Vertragsschluss im Anschluss an ein überraschendes Ansprechen in Verkehrsmitteln oder im Bereich öffentlich zugänglicher Verkehrsflächen kam (§ 312 Abs. 1 BGB). 1 Die Angaben zum HWiG gelten für Verträge, die bis zum 31. 12. 2001 geschlossen wurden und damit noch dem HWiG unterliegen, Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB. 2 Noch zum HWiG: BGH v. 17. 9. 1996 – XI ZR 165/95, BGHZ 133, 254 (261); BGH v. 2. 7. 2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201 (203); BGH v. 18. 10. 2004 – II ZR 352/02, NZG 2005, 35 (Kommanditgesellschaft); BGH v. 29. 11. 2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (Stille Gesellschaft); Grüneberg in Palandt, § 312 BGB Rn. 7; Westermann, ZIP 2002, 189 (197). 3 Bei dem abgeschlossenen Treuhandvertrag handelt es sich im einen „Vertrag über eine entgeltliche Leistung“ i.S. von § 1 Abs. 1 HWiG, weil sich der Anleger in der Hoffnung der Gewinnerzielung zur Entgeltzahlung für den Erwerb eines für ihn von dem Treuhänder zu haltenden Gesellschaftsanteils verpflichtet hat: BGH v. 2. 7. 2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201 = ZIP 2001, 1364. 4 BGH v. 5. 5. 2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 = NZG 2008, 460. 5 BGH v. 23. 10. 2001 – XI ZR 63/01, ZIP 2001, 2224; BGH v. 10. 6. 1974 – VII ZR 44/73, BGHZ 63, 32 (33); BGH v. 10. 5. 1979 – VII ZR 97/78, BGHZ 74, 273 (276 f.); Heinrichs in Palandt, § 13 BGB Rn 3. 6 § 312 BGB ist selbst dann anwendbar, wenn jemand einen eigenen Angehörigen in dessen Privatwohnung mit dem Vorschlag überrascht, stiller Beteiligter einer Publikumspersonengesellschaft zu werden: BGH v. 17. 9. 1996 – XI ZR 164/95, ZIP 1996, 1940.
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§ 19
Keine Widerrufsmöglichkeit besteht, wenn die Verhandlungen am Arbeitsplatz oder in einer Privatwohnung auf Bestellung des Stillen geführt worden sind (§ 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB); genauso wenig kann der Stille widerrufen, wenn seine Willenserklärung notariell beurkundet worden ist (§ 312 Abs. 3 Nr. 3 BGB).
19.35
Die Bagatellausnahme des § 312 Abs. 3 Nr. 2 BGB findet im Bereich der stillen Gesellschaft keine Anwendung. In § 312 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist bestimmt, dass ein Widerrufsrecht dann nicht besteht, wenn die Leistung bei Abschluss der Verhandlungen sofort erbracht und bezahlt wird und das Entgelt 40 Euro nicht übersteigt. Der Abschluss des Gesellschaftsvertrags begründet jedoch erst in der Zukunft liegende Verpflichtungen des Inhabers (Pflicht zur Geschäftsführung, Gewinnbeteiligung); eine sofortige Erbringung der Leistung durch den Inhaber des Handelsgeschäfts ist daher kaum denkbar. Im Übrigen überschreiten die Beitragsleistungen in der Regel 40 Euro.
19.36
Der Widerruf muss innerhalb von zwei Wochen erfolgen (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB) bzw. innerhalb eines Monats, sofern die Widerrufsbelehrung nach Vertragsschluss mitgeteilt wird (§ 355 Abs. 2 Satz 2 BGB). Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht zur Verfügung gestellt worden ist (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB). Die gesonderte Unterschrift der Widerrufbelehrung durch den Verbraucher ist nicht mehr erforderlich1.
19.37
bb) Widerruf nach § 355 BGB Falls die notwendige Belehrung nicht oder nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, so beginnt der Lauf der Zweiwochenfrist nicht (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB). Ansinnen des deutschen Gesetzgebers, das Widerrufsrecht des Verbrauchers in diesen Fällen dennoch zu begrenzen, haben den EuGH in zweierlei Hinsicht beschäftigt.
19.38
Zum einen sah seit dem 1. 1. 2002 die Vorschrift des § 355 Abs. 3 BGB a.F.2 für alle Verträge eine einheitliche Befristung des Widerrufsrechts auf sechs Monate nach Vertragsschluss vor. Dieser Frist würden auch die Anleger an stillen Publikumspersonengesellschaften unterliegen, wenn sie in einer Haustürsituation zu einem Beitritt bestimmt worden sind3. Der stille Gesellschafter müsste nach Vertragsschluss auch ohne rechtmäßige Belehrung von seinem Widerrufsrecht innerhalb von sechs Monaten Gebrauch machen. Begründet wurde die Einführung der Befristung des Widerrufsrechts im deutschen Verbraucherschutzrecht mit der Erwägung, dass Art. 4 Abs. 3 der Haustürgeschäf-
19.39
1 Grüneberg in Palandt, § 355 BGB Rn. 15. 2 Inzwischen korrigiert durch § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB (vgl. Rn. 19.41). 3 Insoweit wurde die Haustürgeschäfterichtlinie 85/577/EWG im deutschen Recht überschießend umgesetzt, da § 312 BGB nicht nur für Verträge gilt, die in einer Haustürsituation geschlossen worden sind, sondern alle Willenserklärungen erfasst, zu deren Abgabe der Verbraucher in einer Haustürsituation bestimmt worden ist, auch wenn die Erklärung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt ist.
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terichtlinie, der „geeignete Maßnahmen“ für den Fall des Unterbleibens der Belehrung fordert, den Mitgliedstaaten einen weiten Spielraum bezüglich der zu wählenden Sanktionen einräume und nicht zwingend verlange, dass ein unbefristetes Widerrufsrecht eingeräumt wird. Auch bei einem befristeten Widerrufsrecht bestünde ausreichend Gelegenheit, auf die „Haustürsituation“ zu reagieren1.
19.40
Diese Ansicht des deutschen Gesetzgebers, die ihren Ausdruck in § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB gefunden hat, lehnte der EuGH in seiner Entscheidung „Heininger/ HypoVereinsbank“ (Rs C-481/99) vom 13. 12. 2001 ab.2 Der EuGH stellt losgelöst von der konkreten Vorlagefrage in allgemeiner Form zutreffend fest, dass die Befristung des Widerrufsrechts bei Unterbleiben der Widerrufsbelehrung in allen Anwendungsfällen der Haustürgeschäfterichtlinie ausgeschlossen ist. Art. 5 der Richtlinie enthält eine ausdrückliche Regelung des unbefristeten Widerrufsrechts und gibt damit einen Mindestschutz des Verbrauchers bei unterbliebener Belehrung vor3. In der Sache geht es damit auch um eine Sanktion gegen die Missachtung der Verbraucherrechte beim Vertrieb insbesondere von Anlageprodukten in für den Verbraucher zum Teil existenzgefährdenden Größenordnungen.
19.41
Durch die Einführung des § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB zum 1. 8. 2002 hat der deutsche Gesetzgeber seine europarechtswidrige Ausgestaltung des Widerrufsrechts korrigiert und erklärt nunmehr die 6-Monats-Frist in § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB für unanwendbar, wenn keine ordnungsgemäße Belehrung erfolgte. Nach mittlerweile wohl h.M. wird die Belehrung zudem als eine Rechtspflicht des Unternehmers verstanden4, deren Verletzung unter Umständen Haftungsfolgen nach sich ziehen kann (vgl. hierzu unten Rn. 19.49).
19.42
Des Weiteren bestand im deutschen Recht für den Fall der unterbliebenen Belehrung nach § 2 HWiG a.F. eine Ein-Monatsfrist für die Geltendmachung des Widerrufsrechts, die „nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung“ (§ 362 BGB) zu laufen begann. Bedeutung erlangte diese Frist für stille Gesellschafter von Publikumspersonengesellschaften zunächst nicht, da die Leistungen bei einer stillen Gesellschaft erst mit Auflösung der Gesellschaft vollständig erbracht sind5 und damit das Widerrufsrecht bei fehlender Belehrung grundsätzlich bis zur Auflösung der Gesellschaft fortbesteht. Die Monatsfrist war jedoch insbesondere im Fall des finanzierten Erwerbs6 eines (stillen) Gesellschaftsanteils relevant, wenn bezüglich des Darlehensvertrags ursprünglich wegen fehlender oder fehlerhafter Belehrung ein Widerrufsrecht bestand 1 BGH v. 29. 11. 1999 – XI ZR 91/99, ZIP 2000, 177 (180). 2 EuGH v. 13. 12. 2001 – Rs C-481/99, ZIP 2002, 31 (Heininger/HypoVereinsbank). 3 EuGH v. 13. 12. 2001 – Rs C-481/99, ZIP 2002, 31 (34 f.) (Heininger/HypoVereinsbank). 4 Masuch in MünchKomm.BGB, 5. Aufl. 2007, § 355 BGB Rn. 44 m.w.N.; a.A. C. Schäfer, DStR 2006, 1753 (1760); offen BGH v. 16. 5. 2006 – XI ZR 6/04, DStR 2006, 1190 (1194). 5 Vgl. BGH v. 20. 1. 1997 – II ZR 105/96, NJW 1997, 1069 (1070) zum insofern gleich gelagerten Problem beim Time-Sharing-Vertrag im Genossenschaftsmodell. 6 Zum finanzierten Erwerb siehe unten Rn. 19.45 ff.
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§ 19
und die ausgezahlte Darlehenssumme im Zuge einer vom Verbraucher durchgeführten Umschuldung an die Bank zurück erstattet wurde. Der EuGH hält in seiner Entscheidung „Hamilton“ v. 10. 4. 2008, der der zuletzt geschilderte Fall zugrunde lag, die Beschränkung des Widerrufsrechts wie in § 2 HWiG a.F. vorgesehen bei fehlender oder fehlerhafter Widerrufsbelehrung für mit der Richtlinie vereinbar1. Der Schutzzweck der Haustürwiderrufsrichtlinie erfordere den Schutz des Verbrauchers vor Verpflichtungen, die ihm aus dem Abschluss von Verträgen in Haustürsituationen erwüchsen. Wenn jedoch die betreffenden Verpflichtungen durch Erbringung der Leistungen bereits erloschen seien, zeitige die mit der Haustürgeschäfterichtlinie intendierte Schutzrichtung keine Wirkung mehr. Der mit der Leistungserbringung eingetretene Wegfall der Verpflichtungen stelle insoweit den maßgeblichen Unterschied zu der der Heininger-Entscheidung (siehe bereits Rn. 19.37.) zugrunde liegenden Konstellation dar, in der dem Verbraucher nach wie vor ein unbeschränktes Widerrufsrecht zustehe2. cc) Höhe des Rückgewähranspruchs Allerdings wird der Rückgewähranspruch infolge wirksamen Widerrufs nur in Ausnahmefällen sämtliche Beiträge in voller Höhe umfassen. Denn nach ständiger Rechtsprechung3 führt grundsätzlich nicht einmal ein durch arglistige Täuschung (§ 123 BGB) veranlasster Beitritt eines Anlegers zu einer Publikumspersonengesellschaft zur Anwendung der bürgerlichrechtlichen Anfechtungsvorschriften mit der Folge, dass die gesellschaftsrechtliche Stellung ex tunc beendet wird und die gezahlten Einlagen zurückzugewähren sind; vielmehr kann bei einer in Vollzug gesetzten Gesellschaft der getäuschte Anleger seine Mitgliedschaft allein durch ein ex nunc wirkendes Austrittsrecht beenden und erhält in diesem Fall – Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung – sein Auseinandersetzungsguthaben ausgezahlt4. Dieses wird in der Regel durch Verlustzuweisungen gemindert sein. Es ist sogar möglich, dass sich in der Auseinandersetzung ein Negativsaldo zulasten des Gesellschafters ergibt, so dass sich die Frage nach Nachschussforderungen gegen den austrittswilligen Gesellschafter stellt5. Diesem Regime unterliegen nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auch die Mängel der Beitrittserklärung eines Anlegers6. Bisher wird ganz überwiegend davon ausgegangen, dass die Lehre von 1 2 3 4
EuGH v. 10. 4. 2008 – Rs C-412/06, ZIP 2008, 772 (Hamilton). EuGH v. 10. 4. 2008 – Rs C-412/06, Rn. 46 ff., ZIP 2008, 772 (774) (Hamilton). BGH v. 19. 12. 1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 (345 f.). Grundlegend BGH v. 28. 11. 1953 – II ZR 188/52, BGHZ 11, 190; Westermann, ZIP 2002, 240 (241). Die Unwirksamkeit des Gesellschaftsbeitritts und damit als Rechtsfolge die Rechtsgrundlosigkeit und Rückforderbarkeit der erbrachten Leistungen i.S. des § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB besteht erst, wenn gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder bestimmter, besonders schutzwürdiger Personen einer derartigen Rückabwicklung entgegenstehen. 5 So der Sachverhalt in BGH v. 5. 5. 2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 = NZG 2008, 460. 6 Vgl. hierzu u.a. Westermann, ZIP 2002, 240 (243 ff.); Moll, BB 1982 Beilage 3, 1 (3); Domrich, Grundeigentum, 1103; a.A. OLG Rostock v. 1. 3. 2001 – 1 U 122/99, BB
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der fehlerhaften Gesellschaft auch im Fall der Beendigung der Mitgliedschaft in einer Publikumsgesellschaft nach dem Verbraucherschutzrecht Anwendung findet1. Auch nach einem wirksamen Widerruf ist deshalb dem stillen Gesellschafter statt der geleisteten Vermögenseinlage lediglich sein Auseinandersetzungsguthaben auszuzahlen. Es stellt sich indes die Frage, ob eine solche Rechtsfolge mit der Vorgabe des Art. 5 Abs. 2 der Haustürgeschäfterichtlinie vereinbar ist, nach der der Verbraucher „aus allen aus dem widerrufenen Vertrag erwachsenden Verpflichtungen [zu] entlassen ist“. Daran anknüpfend hat der BGH dem EuGH die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die Zahlung nur des aktuellen Abfindungsguthabens nach ausgeübtem Haustürwiderruf aus nationalen gesellschaftsrechtlichen Gründen der Richtlinie widersprechen würde2. Zu Recht führt der BGH jedoch Gründe an, die für die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft sprechen.3 Im Ausgangspunkt liegt auch bei einem verbraucherschützenden Widerruf ein Mangel im Gesellschaftsverhältnis vor, bei dem zu berücksichtigen ist, dass eine Abwicklung organisationsrechtlicher Gebilde wegen der dort vorhandenen vielfältigen Rechtsbeziehungen nicht denselben Regeln folgen kann, wie die Abwicklung in zweiseitigen Austauschbeziehungen (siehe allgemein bereits Rn. 11.2 ff.), auf die die Haustürgeschäfterichtlinie lediglich zugeschnitten ist. Mit dem Verbraucherschutz ist auch kein der Anwendung der fehlerhaften Gesellschaft entgegenstehendes höherrangiges Interesse gegeben. Vielmehr verlangen die bei einem Austritt des Gesellschafters betroffenen Interessen gerade die ausgleichende Wirkung der fehlerhaften Gesellschaft. So ist zum einen das Interesse der Drittgläubiger am ungeschmälerten Bestand der Gesellschaft zu berücksichtigen4. Dieses Interesse wiederum muss gerade durch gesellschaftsrechtliche Institute wie die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft gesichert werden, da die Haustürgeschäfterichtlinie wegen ihres Zuschnitts auf zweiseitige Austauschverhältnisse hierzu keine Regelung bereithält. Ebenso sind die Bestandsschutzinteressen der Mitgesellschafter zu berücksichtigen. Es wäre problematisch, wenn sich aufgrund des Austritts einzelner Gesellschafter mit der Folge der Zahlung der ursprünglichen Einlageleistung sowohl die Beteiligungsbasis als auch die Vermögensbasis der Gesellschaft zulasten der Mehrheit rückwirkend verändern könnte.
19.44
Keine uneingeschränkte Anwendung der Regeln der fehlerhaften Gesellschaft soll nach der neueren Rechtsprechung des BGH jedoch in dem Fall stattfinden, in dem der Vertragspartner des stillen Gesellschafters verpflichtet ist, diesen
1
2 3 4
2001, 906 = WM 2001, 1413 m. Anm. Mankowski, WuB IV D. § 1 HWiG 1.01; Rohlfing, NZG 2003, 854. Zum HWiG: BGH v. 2. 7. 2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201 = ZIP 2001, 1364; BGH v. 18. 10. 2004 – II ZR 352/02, NZG 2005, 35; BGH v. 27. 6. 2006 – II ZR 218/04, ZIP 2006, 1388; BGH v. 5. 5. 2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 = NZG 2008, 460; Schubert, WM 2006, 1328. BGH v. 5. 5. 2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 = NZG 2008, 460. BGH v. 5. 5. 2008 – II ZR 292/06, Tz. 19 ff., ZIP 2008, 1018 = NZG 2008, 460. Das Verkehrsschutzinteresse greift freilich im Fall der stillen Gesellschaft als reiner Innengesellschaft nicht. Siehe bereits oben Rn. 11.5.
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im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet. Einem solchen Anspruch stehen nach Ansicht des BGH die Regeln von der fehlerhaften Gesellschaft nicht entgegen1, zumindest wenn es sich um zweigliedrige stille Gesellschaften handelt2. In der Literatur finden sich für diese Lösung ebenso zustimmende3 wie ablehnende4 Meinungen. Bedenklich ist, dass mit der Entscheidung, dem Anleger Schadensersatzansprüche in Höhe seiner ursprünglichen Einlage unabhängig vom aktuellen Wert seiner Beteiligung (Abfindungsguthaben) zu gewähren, der mit der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft verfolgte Bestandsschutz faktisch leer läuft5. Sämtliche Entscheidungen betrafen Anlagemodelle, an denen eine Vielzahl von Anlegern als stille Gesellschafter beteiligt war. Diesen Gesellschaftern ist in der Regel bekannt, dass sie sich an einer in Form von gebündelten stillen Beteiligungen organisierten Publikumsgesellschaft beteiligen6. Ihnen ist ebenso bekannt, dass das Investitionskapital, an dem die Stillen häufig durch entsprechende Vertragsgestaltungen wirtschaftlich partizipieren, nur gemeinsam aufgebracht werden kann. Diese Zusammenhänge verbinden die zahlreichen einzelnen Stillen zu einer echten Leistungs- und Risikogemeinschaft, aus der sich die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft rechtfertigt und damit auch der Schutz der Kapitalgrundlage. Wenn den Mitgesellschaftern vom BGH mit der Begründung, es handele sich um zweigliedrige, voneinander unabhängige Beteiligungen7, der Schutz versagt wird, so erscheint diese Sichtweise als zu formal. Auch der Einwand, demjenigen, der sich aufgrund eines Prospektmangels, einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder aus sonstigen Gründen schadensersatzpflichtig gemacht habe, dürfe es nicht zugute kommen, dass er gleichzeitig auch an dem mit dem geschädigten Anleger geschlossenen Gesellschaftsvertrag beteiligt sei8, kann nicht überzeugen. Dies leuchtet zwar ein, soweit der Hauptgesellschafter eine natürliche Person ist. In den Fällen der in Form von stillen Publikumsgesellschaften organisierten Anlagemo1 BGH v. 19. 7. 2004 – II ZR 354/02, NZG 2004, 961; BGH v. 29. 11. 2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261; BGH v. 21. 3. 2005 – II ZR 310/03, NZG 2005, 467; BGH v. 21. 3. 2005 – II ZR 149/03, NZG 2005, 476; BGH v. 26. 9. 2005 – II ZR 314/03, NZG 2006, 57. 2 BGH v. 29. 11. 2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262); vgl. auch Goette, DStR 2006, 245. 3 Konzen in FS Westermann, S. 1133 (1151 ff.); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 135; Tettinger, DStR 2006, 903 (906 ff.); v. Livonius, EWiR 2006, 133; Gehrlein, WM 2005, 1489 (1494 ff.); Wertenbruch, NJW 2005, 2823 (2825); Geibel, BB 2005, 1009 (1015); Bayer/Riedel, NJW 2003, 2567 (2571 f.); nur im Ergebnis Hey, NZG 2004, 1057; C. Schäfer, ZHR 170 (2006); 373 (394). 4 Armbrüster/Joos, ZIP 2004, 189 (197 ff.); Armbrüster, Gesellschaftsrecht und Verbraucherschutz, S. 35 ff.; Loritz, DB 2004, 2459; Lenenbach, WuB II H. § 230 HGB 2.05; Wagner, NZG 2005, 499; Wälzholz, DStR 2003, 1533 (1535). 5 Siehe bereits Blaurock, WuB II H. § 230 HGB 1.05; ähnlich Oechsler, NJW 2008, 2471 (2475). 6 Vgl. Armbrüster/Joos, ZIP 2004, 189 (192, 197 ff.) („koordinierte stille Beteiligungen“). 7 BGH v. 29. 11. 2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262); vgl. auch Goette, DStR 2006, 245. 8 BGH v. 29. 11. 2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262); BGH v. 21. 3. 2005 – II ZR 310/03, NZG 2005, 467 (469); BGH v. 26. 9. 2005 – II ZR 314/03, NZG 2006, 57 (58).
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delle ist der Hauptgesellschafter jedoch in der Regel eine Kapitalgesellschaft, deren Vermögen wiederum hauptsächlich aus den Einlagen der zahlreichen Anleger besteht1. Eine Inanspruchnahme trifft deshalb in erster Linie diese Anleger. Um eine Entlastung des Täuschenden zu vermeiden, erscheint demgegenüber die Haftung der übrigen verantwortlichen Personen angezeigt. Hierfür steht insbesondere die Eigenhaftung des Vertreters (§ 311 Abs. 3 BGB) zur Verfügung. Berücksichtigt man, dass sich insbesondere atypische stille Anlegerbeteiligungen und Kommanditbeteiligungen häufig sehr ähnlich sind und die Wahl der Gesellschaftsform für das Anlageprojekt oftmals beinahe zufällig geschieht, so erscheint ein Gleichlauf in der Abwicklung fehlerhafter Beteiligungen geboten. Bei den (nicht stillen) Publikumsgesellschaften ist jedoch anerkannt, dass dem Anleger wegen der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft keine Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaft zustehen können, die über das Abfindungsguthaben hinausgehen2. Nach Ansicht des BGH hat der Anleger, sofern er mittels eines Anspruchs aus c.i.c. verlangt, so gestellt zu werden, als habe er den Vertrag nie abgeschlossen, jedoch im weiteren keinen Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens3. Der Anleger kann also nicht die Zahlung des die ursprüngliche Einlageleistung möglicherweise übersteigenden Guthabens verlangen. Die Begründung, der Anspruchsteller könne nicht den Vertrag gleichzeitig einmal als wirksam, ein anderes Mal als unwirksam behandelt, ist insoweit konsequent. g) Der finanzierte Beteiligungserwerb aa) Das verbundene Geschäft
19.45
Die Regelung des § 358 BGB über verbundene Geschäfte erfasst auch den Beitritt zu einer Publikumspersonengesellschaft als Haustürgeschäft, wenn er mit einem Finanzierungsvertrag i.S. des § 491 BGB verbunden ist. Hierbei erstreckt § 358 Abs. 1 BGB das für den Gesellschaftsbeitritt zur Publikumspersonengesellschaft geltende Widerrufsrecht nach § 312 BGB4 auch auf den Verbraucherdarlehensvertrag (§ 491 BGB). Was verbundene Verträge sind, regelt § 358 Abs. 3 BGB. Erforderlich ist hiernach zum einen eine Verknüpfung beider Verträge, d.h. der Kredit muss zu dem Zweck gewährt werden, dass die Einlageschuld des stillen Gesellschafters beglichen wird. Zum anderen müssen beide Verträge aus der Sicht des Verbrauchers eine wirtschaftliche Einheit bilden, somit Geschäftsinhaber und Darlehensgeber dem Verbraucher wie eine Vertragspartei gegenüberstehen5. Nach § 358 Abs. 3 Satz 2 BGB ist eine wirtschaftliche Einheit insbesondere dann anzunehmen, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung des Verbrauchers finanziert oder im Falle der Finan1 Vgl. Armbrüster, Gesellschaftsrecht und Verbraucherschutz, S. 38. 2 BGH v. 21. 7. 2003 – II ZR 387/03, BGHZ 156, 46 (51 f.); zuletzt BGH v. 5. 5. 2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 = NZG 2008, 460. 3 BGH v. 21. 3. 2005 – II ZR 149/03, NZG 2005, 476 (479); BGH v. 24. 10. 2005 – II ZR 234/04, NZG 2006, 185. 4 Zu europarechtlichen Bedenken und der entsprechenden Vorlage durch den BGH an den EuGH siehe oben Rn. 19.33. 5 OLG Köln v. 5. 12. 1994 – 12 U 75/94, ZIP 1995, 21.
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zierung durch einen Dritten, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages der Mitwirkung des Unternehmers bedient. Nach Ansicht des BGH enthält diese Norm eine unwiderlegliche Vermutung. Die erforderliche Mitwirkung sei gegeben, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande komme, der von sich aus die Bank um Finanzierung seines Anlagegeschäfts ersuche, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Anlagevertreibers dem Interessenten zugleich mit den Anlageunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt habe, das sich zuvor dem Anlagevertreiber gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte1. Durch den Widerruf entfällt nicht nur die Bindung an den Gesellschaftsbeitritt, sondern auch diejenige an den Verbraucherdarlehensvertrag. Beide Verträge sind gemäß § 357 BGB abzuwickeln. Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Verbraucherdarlehensvertrages dürfen dem Anleger nach § 358 Abs. 4 Satz 2 BGB nicht auferlegt werden. Der Ausgleich zwischen Geschäftsinhaber und Darlehensgeber richtet sich nach deren vertraglichen Abreden oder nach §§ 812 ff. BGB. Der Geschäftsinhaber muss nach § 358 Abs. 5 BGB zusätzlich in der vorgeschriebenen Weise (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB) darüber belehren, dass der Widerruf des Beteiligungsvertrages auch zur Rückabwicklung des Kreditvertrages führt. Widerruft der Gesellschafter allein den Verbraucherkreditvertrag (§ 495 BGB), so erstreckt § 358 Abs. 2 BGB das Widerrufsrecht auf den verbundenen Vertrag, den Gesellschaftsbeitritt. Beide Verträge sind grundsätzlich gemäß § 357 BGB abzuwickeln, § 358 Abs. 4 BGB. Allerdings ist der Zweck des Haustürwiderrufsrechts zu beachten, der es dem Kunden (Anleger) ermöglichen will, innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist frei und ohne Furcht vor finanziellen Nachteilen die Entscheidung zu treffen, ob er an seinen Verpflichtungserklärungen festhalten will oder nicht. Dieser Zweck macht es nach gefestigter Ansicht des BGH erforderlich, dass dem Darlehensgeber nach dem Widerruf kein Zahlungsanspruch gegen den Darlehensnehmer in Höhe des Darlehenskapitals zusteht, sondern eine Rückabwicklung unmittelbar zwischen dem Kreditgeber und dem Partner des finanzierten Geschäfts zu erfolgen hat2. Dies findet nunmehr auch seine Stütze in § 358 Abs. 2, Abs. 4 Satz 3 BGB. Hiernach tritt der Kreditgeber im Verhältnis zum Verbraucher in das Abwicklungsverhältnis anstelle des Unternehmers ein, sofern dem Unternehmer der Kredit bei Zugang der Widerrufserklärung bereits zugeflossen war. Im Ergebnis trägt die finanzierende Bank das Anlagerisiko, da sie vom Kreditnehmer nur die Übertragung des Gesellschaftsanteiles verlangen kann. Die sich daraus ergebenden Rechte unterliegen freilich den Regeln der fehlerhaften Gesellschaft3, die zwar
1 BGH v. 21. 7. 2003 – II ZR 387/02, BGHZ 156, 46 (51); BGH v. 25. 4. 2006 – XI ZR 193/04, BGHZ 167, 252 (257); jeweils noch zur Vorgängernorm § 9 Abs. 1 VerbrKrG. 2 BGH v. 25. 4. 2006 – XI ZR 193/04, BGHZ 167, 252; ebenso bereits BGH v. 17. 9. 1996 – XI ZR 164/95, BGHZ 133, 254 (259 ff.); jeweils zu § 3 HWiG a.F. 3 Zu den europarechtlichen Bedenken an der Geltung der fehlerhaften Gesellschaft im vorliegenden Kontext und der entsprechenden Vorlagefrage durch den BGH an den EuGH siehe oben Rn. 19.43.
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nicht im Verhältnis Kreditnehmer/Bank gelten1, wohl aber im Verhältnis Bank/Unternehmergesellschafter – zwischenzeitliche Verluste aus der Beteiligung muss also die Bank tragen2. Ist auch der Gesellschaftsbeitritt nach § 312 BGB widerruflich, ist das Widerrufsrecht aus § 495 BGB ausgeschlossen. Der Anleger kann nur seinen Gesellschaftsbeitritt widerrufen, § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB. Allerdings gilt nach § 358 Abs. 2 Satz 3 BGB ein Widerruf des Darlehensvertrages als Widerruf des Gesellschaftsbeitritts. Auch wenn er gegenüber dem Darlehensgeber erklärt worden ist, ist er gegenüber dem Geschäftsinhaber wirksam. § 358 Abs. 2 Satz 3 BGB ist jedoch dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass der Verbraucher am Gesellschaftsbeitritt festhalten und sich nur vom Kreditvertrag lösen kann, wenn er den Widerruf auf den Kreditvertrag beschränkt. Auch beim Widerruf des Verbraucherkreditvertrages bestehen die erweiterten Belehrungspflichten gemäß § 358 Abs. 5 BGB.
19.47
Bedeutung hat die Verbindung der Geschäfte auch dann, wenn der Anleger bei dem Erwerb der stillen Beteiligung arglistig getäuscht worden ist. In diesem Fall ist der Anleger zur jederzeitigen fristlosen Kündigung der Beteiligung berechtigt und kann dem Darlehensrückzahlungsanspruch der finanzierenden Bank den gegen den Geschäftsinhaber zustehenden Abfindungsanspruch entgegenhalten, § 359 Satz 1 BGB3. Ansprüche gegen andere Personen wie Gründungsgesellschafter, Fondsinitiatoren, maßgebliche Betreiber, Manager und Prospektherausgeber kann der Anleger hingegen nicht in diesem Rahmen der Bank entgegenhalten4. Der Anleger kann aber neben der Gesellschaftsbeteiligung oftmals auch den damit verbundenen Darlehensvertrag anfechten, sofern bei der Vermittlung sowohl der Gesellschaftsbeteiligung als auch des Darlehens nur ein Vermittler aufgetreten ist und die Täuschung auch für den Darlehensvertrag kausal war, wovon bei einem verbundenen Geschäft nach Ansicht des BGH regelmäßig auszugehen ist5. Nach der neueren Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH6 steht dem Anleger im Falle des verbundenen Vertrages aber zusätzlich ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss gegen die kreditgebende Bank zu, sofern ihm aus der Beteiligung ein Vermögensschaden erwachsen ist. Dies ist vor allem relevant, wenn die Anfechtungsfrist gemäß § 124 Abs. 1 BGB verstrichen ist oder es an der Arglist fehlt. Nach Ansicht des BGH muss sich die Bank insoweit das täuschende Verhalten des Vermittlers zurechnen lassen, weil dieser nicht Dritter i.S. des § 123 Abs. 2 BGB sei. Eine derartige Zurechnung vorsätzlichen Verschuldens im Rahmen eines Schadensersatzanspruches habe bei einem verbundenen Ge1 2 3 4
BGH v. 25. 4. 2006 – XI ZR 193/04, BGHZ 167, 252 (260). C. Schäfer, DStR 2006, 1753 (1755); a.A. Westermann, ZIP 2002, 240 (244 f.). BGH v. 25. 4. 2006 – XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 (249). BGH v. 25. 4. 2006 – XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 (250) im Einvernehmen mit dem II. Zivilsenat, der zuvor anders entschieden hatte, BGH v. 14. 6. 2004 – II ZR 393/02, BGHZ 159, 294 (311 ff.); zur neueren Verständigung der beiden Senate Goette, DStR 2006, 1099. 5 BGH v. 25. 4. 2006 – XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 (250 f.). 6 BGH v. 25. 4. 2006 – XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 (251 f.); vgl. hierzu Goette, DStR 2006, 1099; Habersack, BKR 2006, 305; C. Schäfer, DStR 2006, 1753.
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schäft zu erfolgen, um nicht im Verhältnis zur Zurechnung der arglistigen Täuschung in einen unvertretbaren Wertungswiderspruch zu geraten1. Nach dem Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) muss die Bank den Anleger so stellen, wie er ohne Täuschung gestanden hätte. Dann soll nach der Lebenserfahrung davon auszugehen sein, dass der Anleger dem Fonds nicht beigetreten wäre und den Kredit nicht aufgenommen hätte. Die Bank müsste dies im konkreten Fall gegebenenfalls widerlegen. Dadurch wird das gleiche Ergebnis wie im Falle des ausgeübten Haustürwiderrufs erreicht, nämlich die Zuweisung des Anlagerisikos an die Bank. Der stille Gesellschafter und Kreditnehmer muss nicht den Kredit zurückzahlen, sondern nur seinen Fondsanteil bzw. nach Kündigung den Abfindungsanspruch an die Bank abtreten, die ihrerseits dem Anleger die Rückerstattung von Zins- und Tilgungsleistungen schuldet, abzüglich dem Anleger zugeflossene Fondsausschüttungen und Steuervorteile, die diesem im Wege der Vorteilausgleichung angerechnet werden. Der Rückgriff des Darlehensgebers gegen den Geschäftsinhaber richtet sich nach den bestehenden vertraglichen Abreden, hilfsweise nach Bereicherungsrecht2. bb) Nicht verbundene Geschäfte Die genannten Grundsätze gelten nicht, sofern es sich nicht um ein verbundenes Geschäft handelt. Bei Sachverhalten mit finanzierten Fondsbeteiligungen, die zeitlich vor dem 1. 1. 2002 entstanden sind, kann es trotz Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen des verbundenen Geschäfts an einem solchen fehlen, weil es sich bei dem Darlehen um einen sog. Realkredit handelt, der unter die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG a.F. fällt3. Hiernach ist entscheidend, ob der Kredit von der Sicherung eines Grundpfandrechts abhängig gemacht wird. Es ist unerheblich, ob der Kreditnehmer das Grundpfandrecht selbst bestellt oder, wie regelmäßig im Falle von Fondsbeteiligungen, etwa ein globales Grundpfandrecht bereits vor Abschluss des Verbraucherkreditvertrages bestellt worden ist. Damit fällt bei entsprechender Ausgestaltung grundsätzlich auch der finanzierte Fondsbeitritt und nicht nur der finanzierte Immobilien- bzw. Wohnungseigentumserwerb unter die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG a.F.4. Allerdings findet sich eine solche Regelung im geltenden Recht nicht, auch die Ausnahmeregelung des § 358 Abs. 3 Satz 3 gilt nur für den finanzierten Erwerb von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten.
1 Kritisch Habersack, BKR 2006, 305 (309). 2 BGH v. 17. 9. 1996 – XI ZR 164/95, BGHZ 133, 254 = ZIP 1996, 1940; Grüneberg in Palandt, § 359 BGB Rn. 21. 3 Vgl. die Überleitungsvorschrift des Art. 229, § 5 EGBGB, nach der u.a. das VerbrKrG für Schuldverhältnisse, die vor dem 1. 1. 2002 entstanden sind, gilt. 4 BGH v. 25. 4. 2006 – XI ZR 29/05, BGHZ 167, 223 (229 ff.); BGH v. 24. 4. 2007 – XI ZR 340/05, NJW 2007, 2404 (2405); anders vorher BGH v. 14. 6. 2004 – II ZR 393/02, BGHZ 159, 294 (308).
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Hat der Kreditnehmer in einem solchen Fall den Darlehensvertrag widerrufen, so kann er dem Anspruch der Bank auf Erstattung des Kreditbetrages nicht die fehlerhafte Gesellschaftsbeteiligung entgegenhalten, denn § 359 BGB gilt gerade nicht1. Der in dieser Vorschrift geregelte Einwendungsdurchgriff ist abschließend, er kann nicht für weitere Fälle auf § 242 BGB gestützt werden2. Der EuGH hat zwar Art. 4 der Haustürwiderrufsrichtlinie3 in der Weise ausgelegt, dass der Verbraucher vor den Risiken einer kreditfinanzierten Kapitalanlage zu schützen sei, die er im Falle einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung der Bank hätte vermeiden können4. Unter Bezugnahme auf diese Vorgaben hat der BGH offen gelassen, welche Konsequenzen sich für den Fall ergeben könnten, in dem dem Anleger ein Haustürwiderrufsrecht bezüglich des Darlehensvertrags zusteht und er bei Abgabe seiner auf den Kreditvertrag gerichteten Erklärung noch nicht an das finanzierte Geschäft gebunden war. Zumindest jedoch für den Fall, dass der Anleger bereits an das finanzierte Geschäft gebunden war (Vertrag zur stillen Beteiligung zeitlich vor Darlehensvertrag), könne sich kein Abwicklungsmodus nach den Regeln des verbundenen Geschäfts ergeben. Denn in diesem Fall hätte auch eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung durch die Bank den Verbraucher nicht vor den Anlagerisiken schützen können.5 Diese mangelnde Kausalität steht nach Ansicht des BGH auch einem Schadensersatzanspruch, der sich auf der unterbliebenen Widerrufbelehrung gründet, entgegen6. cc) Verstöße gegen Aufklärungspflichten
19.50
Bei der Frage, inwieweit die Bank dem Kreditnehmer für Verstöße gegen Aufklärungspflichten haftet, gelten nur im Ansatz die anerkannten Grundsätze, nach denen der Bank eine Aufklärungspflicht etwa bei einem konkreten Wissensvorsprung in Bezug auf die arglistige Täuschung des Anlegers durch Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren auferlegt ist und nach denen der Kreditnehmer diesen Wissensvorsprung zu beweisen hat7. Der XI. Zivilsenat des BGH ergänzt sie vielmehr im Interesse der Effektivierung des Verbraucherschutzes bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen, die nicht als verbundene Geschäfte behandelt werden können, und um dem in den Entscheidungen des EuGH vom 25. 10. 20058 zum Ausdruck kommenden Gedanken des Verbraucherschutzes vor Risiken von Kapitalanlagemodellen im nationalen Recht Rechnung zu tragen“9. Im Wesentlichen kommt er dem Anleger mit Beweislasterleichterungen entgegen. Die 1 2 3 4 5 6 7 8 9
BGH v. 16. 5. 2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 (9). Grüneberg in Palandt, § 358 BGB Rn. 1. RL 85/577/EWG v. 20. 12. 1985, ABl. EG Nr. L 372, S. 31. EuGH v. 25. 10. 2005 – Rs C-350/03, Slg. I 2005, S. 9215 Rn. 94 ff. (Schulte); EuGH v. 25. 10. 2005 – Rs C-229/04, Slg. I 2005, 9273, Rn. 49 (Crailsheimer Volksbank). BGH v. 16. 5. 2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 (12 f.). BGH v. 16. 5. 2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 (16 ff.), m.w.N. zur Literatur. Allgemein Blaurock in FS Horn, S. 697 ff. EuGH v. 25. 10. 2005 – Rs C-350/03, Slg. I 2005, 9215 (Schulte) und EuGH v. 25. 10. 2005 – Rs C-229/04, Slg. I 2005, 9273 (Crailsheimer Volksbank). BGH v. 16. 5. 2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 (22 ff.).
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Kenntnis der finanzierenden Bank von der arglistigen Täuschung durch den Vertreiber oder von ihm eingeschalteten Personen und somit ein Aufklärungspflichten begründender Wissensvorsprung werden widerleglich vermutet, wenn Fondsinitiatoren bzw. die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Anlage vom Fondsinitiator oder Vermittler angeboten wurde und deren Angaben evident unrichtig sind1. Für das institutionalisierte Zusammenwirken ist erforderlich, dass zwischen dem Fondsinitiator, den von ihm beauftragten Vermittlern und der finanzierenden Bank ständige Geschäftsbeziehungen bestanden. Derartige Geschäftsbeziehungen können etwa in Form einer Vertriebsvereinbarung, eines Rahmenvertrages oder konkreter Vertriebsabsprachen bestehen. Sie können sich aus der Überlassung von Büroräumen durch die Bank an vom Fondsinitiator eingeschaltete Vermittler ergeben, aber auch aus der von der Bank unbeanstandeten Benutzung von Kreditformularen durch die Vermittler. Ständige Geschäftsbeziehungen sind auch darin zu sehen, dass die Vermittler dem Kreditinstitut wiederholt Finanzierungen von Beteiligungen desselben Objekts vermittelt haben. Das zur Beweislasterleichterung weiter erforderliche Angebot der Finanzierung durch den Vermittler liegt vor, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zu Stande kommt, der von sich aus eine Bank zur Finanzierung seiner Beteiligung sucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Fondsinitiators dem Interessenten im Zusammenhang mit den Anlageunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt hat, das sich zuvor dem Fondsinitiator gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte. Die Voraussetzung der evidenten Unrichtigkeit liegt vor, wenn die Angaben des Vermittlers sich objektiv als grob falsch dargestellt haben, so dass sich aufdrängte, dass die kreditgebende Bank sich der Kenntnis der Unrichtigkeit der Tatsachen geradezu verschloss. h) Stellvertretung und Verbraucherschutz Die Praxis beim Vertrieb von Beteiligungen an stillen Publikumspersonengesellschaften wirft die Frage auf, wie das Verbraucherschutzrecht in Zusammenhang mit dem Stellvertretungsrecht des BGB anzuwenden ist. Anlass hierzu gibt die Vermittlung von Anteilen an stillen Publikumspersonengesellschaften durch unangekündigte Vertreterbesuche.
19.51
Ob die Verhandlungssituation i.S. des Verbraucherschutzes bei Abschluss eines Vertrages durch einen Vertreter für diesen oder aber für den Vertretenen vorliegen muss, regelte das Verbraucherschutzrecht nicht. Zu unterscheiden ist, ob beim Vertragsschluss ein Vertreter für den Verbraucher handelt oder ob der Vertreter für den Unternehmer auftritt. Für ersteren Fall räumt der XI. Zivilsenat des BGH in mittlerweile gefestigter Rechtsprechung2 dem Schutz des
19.52
1 BGH v. 16. 5. 2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 (23 f.); BGH v. 24. 4. 2007 – XI ZR 340/05, NJW 2007, 2404 (2407). 2 BGH v. 28. 3. 2006 – XI ZR 239/04, NJW 2006, 2118; BGH v. 24. 4. 2001 – XI ZR 40/00, ZIP 2001, 911 = NJW 2001, 1931; BGH v. 2. 5. 2000 – XI ZR 150/99, BGHZ 144, 223 =
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Rechtsverkehrs durch die Regeln des Stellvertretungsrechts den Vorrang vor dem Verbraucherschutz im Fall einer Haustürsituation ein. Insbesondere ist der Darlehensvertrag, den der Treuhänder namens und in Vollmacht des Klägers geschlossen hat, für diesen nicht deshalb unwirksam, weil er die Treuhandvertrags- und die damit verbundene Vollmachtserklärung aufgrund einer Verhandlungssituation i.S. des § 312 BGB abgegeben hat. Anders ist es jedoch, wenn der Unternehmer einen Vertreter oder Vermittler für sich handeln lässt. War der BGH im Einklang mit der früheren ganz h.M.1 zunächst davon ausgegangen, dass es darauf ankomme, ob dem Unternehmer das Handeln seines Vertreters oder Vermittlers in der Haustürsituation nach den Kriterien des § 123 Abs. 2 BGB zugerechnet werden konnte2, so entscheidet er nunmehr unter Einfluss der Rechtsprechung des EuGH zur Haustürwiderrufsrichtlinie3 anders. Demnach kommt es bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 312 BGB für das Bestehen eines Widerrufsrechtes allein darauf an, dass beim Vertragsschluss objektiv eine Haustürsituation vorgelegen habe4.
19.53
Nach der früheren Ansicht des BGH war ein dem Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG) unterfallender Darlehensvertrag auch dann wirksam, wenn die dem Treuhänder erteilte Vollmacht die Angaben gemäß § 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 VerbrKrG a.F. nicht enthielt5. Mit Einführung des § 492 Abs. 4 BGB ist jedoch der Schutz des Darlehensnehmers entscheidend verstärkt worden. Demnach müssen die in der schriftlichen Erklärung zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages gemäß § 492 Abs. 1 und Abs. 2 zwingend enthaltenen Angaben auch in einer auf einen solchen Vertragsabschluss gerichteten, vom Darlehensnehmer erteilten Vollmacht enthalten sein. 2. Ausgestaltung der Gesellschaftsverträge a) Rechte und Pflichten der Gesellschafter
19.54
Die Mitglieder eines mehrgliedrigen stillen Gesellschaftsverbandes sind aufgrund des Gesellschaftsvertrags verpflichtet, für die Erreichung des gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise tätig zu werden, die vereinbarten Beiträge zu leisten, unter Umständen auch am Verlust teilzunehmen und die Geschäfte zu führen. So müssen es die stillen Gesellschafter beispielsweise aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht nicht hinnehmen, dass der Inhaber die Einlage nicht bestimmungsgemäß verwendet
1 2 3 4
5
ZIP 2000, 1155 = NJW 2000, 2268; BGH v. 2. 5. 2000 – XI ZR 243/99, ZIP 2000, 1158; BGH v. 2. 5. 2000 – XI ZR 108/99, ZIP 2000, 1152 = NJW 2000, 2270. Zustimmend Peters/Gröpper, WM 2001, 2199. Siehe nur Ulmer in MünchKomm.BGB, 5. Aufl. 2007, § 312 BGB Rn. 30 m.w.N. BGH v. 14. 6. 2004 – II ZR 395/01, BGHZ 159, 280 (285 f.) m.w.N. EuGH v. 25. 10. 2005 – Rs C-229/04, Slg. I 2005, 9273, Rn. 41 ff. (Crailsheimer Volksbank). BGH v. 20. 6. 2006 – XI ZR 224/05, BKR 2006, 448 (449 f.); BGH v. 14. 2. 2006 – XI ZR 255/04, BB 2006, 853 = ZIP 2006, 652 = WM 2006, 674; Masuch in MünchKomm.BGB, 5. Aufl. 2007, § 312 BGB Rn. 34; Grüneberg in Palandt, § 312 BGB Rn. 6. BGH v. 24. 4. 2001 – XI ZR 40/00, ZIP 2001, 911 = NJW 2001, 1931.
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oder dem Unternehmen bestimmungswidrig Vermögen entzieht1. Aus der Gesellschafterstellung ergeben sich aber auch konkrete Vermögensrechte wie der Anspruch auf anteiligen Gewinn, auf das Auseinandersetzungsguthaben oder auf Ersatz von Aufwendungen für die Geschäftsführung sowie bestimmte Verwaltungsrechte wie das Recht zur Geschäftsführung oder die Informationsund Kündigungsrechte. aa) Einlagepflicht des Anlegers Im Allgemeinen hat der stille Gesellschafter nach Beendigung der stillen Beteiligung eine rückständige Einlage nur bis zur Höhe seines Verlustanteils zu erbringen2. Dennoch ist der stille Gesellschafter nach Kündigung oder Eintritt der Geschäftsinhaberin in das Liquidationsstadium in vollem Umfang verpflichtet, seine übernommene Einlage zu entrichten, wenn sie nach den getroffenen Vereinbarungen Eigenkapitalfunktion hat und damit den Gläubigern der Publikumspersonengesellschaft als Haftungsmasse zur Verfügung stehen muss3. Dies ist so, wenn den stillen Gesellschaftern in atypischer Weise kommanditistenähnliche Mitwirkungsbefugnisse eingeräumt werden – beispielsweise über eine Gesellschafterversammlung Einfluss auf die Geschäftsführung besteht – und die Kapitalzufuhr zur Erreichung des Gesellschaftszwecks objektiv notwendig ist4. Eine solche Eigenkapitalfunktion der Einlage des stillen Gesellschafters einer stillen Publikumspersonengesellschaft lässt seine Einlagepflicht trotz Kündigung fortbestehen. Die stille Einlage darf nach Kündigung nur insoweit in Anspruch genommen werden, wie das Kapital des Geschäftsinhabers zur Befriedigung der Gläubiger nicht ausreicht.
19.55
bb) Informations- und Kontrollrechte der stillen Gesellschafter In einer stillen Publikumspersonengesellschaft ist zwischen dem individuellen Informations- und Kontrollrecht des einzelnen Gesellschafters gegen die Gesellschaft und dem kollektiven Informations- und Kontrollrecht der Gesellschaft gegen ihre Organe zu unterscheiden5. Die individuellen Informationsund Kontrollrechte der einzelnen stillen Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft werden zumeist durch einen Vertreter oder Beirat wahrgenommen6. Der Vertreter bzw. Beirat erhält seinerseits das Recht und die Pflicht, die Prüfung des Jahresabschlusses durch Einsicht in die notwendigen Unterlagen vorzunehmen und sich von der Geschäftsführung regelmäßig Bericht erstatten zu lassen7. Nach Ansicht des BGH wird durch eine derartige Vereinbarung im 1 BGH v. 29. 6. 1987 – II ZR 173/86, ZIP 1987, 1316; besprochen von Blaurock, EWIR § 230 HGB 1/87, 1219 f. 2 BGH v. 17. 12. 1984 – II ZR 36/84, NJW 1985, 1079. 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 60. 4 LG Potsdam v. 14. 8. 2002 – 52 O 18/01, ZIP 2002, 1819. 5 Terminologie nach K. Schmidt, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden, S. 15 ff. 6 Dazu näher Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 182 ff.; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 65 ff. 7 OLG Düsseldorf v. 13. 3. 1985 – 15 U 173/84, WM 1985, 872 = GmbHR 1985, 334.
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Zweifel die Befugnis des stillen Gesellschafters zur persönlichen Ausübung dieser Kontrollrechte ausgeschlossen1. Die Ausübung der kollektiven Rechte obliegt in der Regel der Gesamtheit der stillen Gesellschafter. Grundsätzlich bedarf es hierzu eines Beschlusses der Gesellschafter2. Erkennt man entgegen der Auffassung des BGH3 bei der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft eine actio pro socio an4, so können die Informations- und Kontrollrechte zumindest auch im eigenen Namen durch Klage gegen den Inhaber geltend gemacht werden.
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Maßstab für den Umfang des Informationsrechts muss das Informationsbedürfnis des Gesellschafters sein. Hinsichtlich der die Gewinninteressen des stillen Gesellschafters betreffenden Tatsachen besteht ein umfassendes Auskunfts- und Einsichtsrecht. b) Haftungsverfassung der stillen Publikumspersonengesellschaft
19.58
Grundsätzlich haften die Beteiligten einander aus dem Gesellschaftsvertrag für die Sorgfalt, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen (§ 708 BGB). Dieser gemilderte Haftungsmaßstab erklärt sich aus dem zwischen den Gesellschaftern bestehenden Vertrauensverhältnis. Daher findet § 708 BGB in den Fällen stiller Publikumspersonengesellschaften keine Anwendung5. Hier haften der Geschäftsinhaber sowie die Initiatoren des Kapitalanlagemodells gemäß § 276 BGB für jedes Verschulden, weil es an dem in § 708 BGB vorausgesetzten Vertrauensverhältnis fehlt6. Der Pflichtenmaßstab, an dem die Tätigkeit des Geschäftsinhabers zu messen ist, welcher die Geschäfte einer auf die Beteiligung einer unbestimmten Vielzahl stiller Gesellschafter ausgerichteten Publikumspersonengesellschaft führt, ist der eines ordentlichen Kaufmanns, §§ 93, 116 AktG7. Der Schutzbereich des zwischen dem Geschäftsinhaber und seinem Geschäftsführer bestehenden Dienstverhältnisses kann sich auch auf die stillen Gesellschafter erstrecken8. Verstößt der Inhaber bei Ausübung des ihm zur Förderung der Interessen der stillen Gesellschafter verliehenen Geschäftsführungsrechte gegen seine Pflichten, indem er Gelder der Anleger, die zur Erfüllung des Gesellschaftszwecks nicht benötigt werden, anderweitig verwendet, macht er sich schadensersatzpflichtig. Die stillen Gesellschafter haben einen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als seien die schädigenden Handlungen nicht vorgenommen worden. 1 2 3 4 5 6 7
8
BGH v. 16. 1. 1984 – II ZR 36/83, ZIP 1984, 702 (704). Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 128. BGH v. 14. 11. 1994 – II ZR 160/93, NJW 1995, 1353. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 185, § 233 HGB Rn. 21; K. Schmidt in FS Bezzenberger, S. 401 (411 f.). K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 164. Zur Publikums-KG: BGH v. 4. 7. 1977 – II ZR 150/75, BGHZ 69, 207 (209 ff.); BGH v. 12. 11. 1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321 (328). Es gelten die Grundsätze zur Publikums-KG (BGH v. 12. 11. 1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321 ff.) entsprechend: BGH v. 14. 11. 1994 – II ZR 160/93, ZIP 1995, 738 = DB 1995, 1116; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 118 f. BGH v. 14. 11. 1994 – II ZR 160/93, ZIP 1995, 738 = DB 1995, 1116.
466
Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
§ 19
Ebenso wie die Geschäftsführer haften auch die Mitglieder des Überwachungsorgans bei der Erfüllung ihrer gleichwohl gesellschaftsvertraglichen Pflichten nicht nach § 708 BGB. Auch die Überwachungspflichten, die den Mitgliedern des Überwachungsorgans einer solchen Gesellschaft obliegen, sind mangels eines persönlichen Vertrauensverhältnisses in Anwendung des Sonderrechts der Publikums-KG entsprechend §§ 116, 93 AktG mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu erfüllen. Ebenso wie Kommanditisten einer Publikums-KG vertrauen auch stille Gesellschafter darauf, dass solche Überwachungspflichten unter Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erfüllt werden. Bilden die stillen Gesellschafter ihrerseits eine BGBGesellschaft und wählen aus ihrer Mitte einen Beirat, der über den sorgfältigen Umgang der Inhabergesellschaft mit den Einlagegeldern wachen soll, so ist auch dieser Beirat der BGB-Gesellschaft auskunftspflichtig1. Verletzt ein Mitglied des Beirats seine Überwachungspflicht, kann es auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden2.
19.59
Im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Regelungen über Verschuldensanforderungen, Haftungssummen und Verjährungsfristen müssen nach der Rechtsprechung den Anforderungen der §§ 93 AktG, 43 GmbHG genügen3. Insoweit sind abweichende gesellschaftsvertragliche Bestimmungen mit § 242 BGB unvereinbar4. Die Verjährungsfrist bei Pflichtverletzungen bei Geschäftsführungs-, Aufsichtsrats- und Beiratsmitgliedern muss daher stets fünf Jahre betragen5. Darüber hinaus ist jede Haftungsfreizeichnung auch im Bereich der leichten Fahrlässigkeit nach § 242 BGB unzulässig.
19.60
3. Ausscheiden des Anlegers und Abwicklung des stillen Gesellschaftsverhältnisses Bei einer mehrgliedrigen Publikumspersonengesellschaft muss zwischen dem Ausscheiden des stillen Gesellschafters und der Abwicklung des Gesellschaftsverhältnisses unterschieden werden6. Abwicklung der Gesellschaft und Auseinandersetzung mit einem ausscheidenden Gesellschafter sind zu trennen. Die Auflösung der stillen Publikumspersonengesellschaft bringt alle stillen Gesellschaftsverhältnisse zu einer liquidationsgleichen Abwicklung (vgl. Rn. 15.6).
1 So z.B. in OLG Düsseldorf v. 13. 3. 1985 – 15 U 173/84, WM 1985, 872 = GmbHR 1985, 334; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 21. 2 BGH v. 22. 10. 1979 – II ZR 151/77, WM 1979, 1425. 3 BGH v. 12. 11. 1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321 (327); BGH v. 7. 3. 1983 – II ZR 11/82, BGHZ 87, 84 (87 f.). 4 BGH v. 14. 4. 1975 – II ZR 147/73, BGHZ 64, 238 = BB 1975, 804 (806). 5 Vgl. § 93 Abs. 6 AktG. 6 So auch anerkannt von K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 2; vgl. hierzu Rn. 15.1 ff.
467
19.61
§ 19
Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
a) Insolvenz eines Gesellschafters1
19.62
Gemäß § 728 Abs. 2 BGB führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters, gleichgültig, ob der Geschäftsinhaber oder ein Anleger insolvent wird, zur Auflösung der stillen Gesellschaft. Bei einer Publikumspersonengesellschaft wäre es nicht interessengerecht, wenn der Verband wegen der Insolvenz eines Anlegers aufgelöst werden würde. Daher scheidet der Anleger einer kapitalistischen Publikumspersonengesellschaft nach dem Grundgedanken des § 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB aus dem Verband aus, wenn über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Für den Geschäftsinhaber gilt dies nur, wenn es sich bei ihm als Treuhänder des „Anlegervermögens“ um eine „Privatinsolvenz“ handelt. Nur dann ist es interessengerecht, die verbandsmäßigen Strukturen aufrechtzuerhalten. Ansonsten führt die Insolvenz des Geschäftsinhabers zu einer Auflösung der Gesellschaft mit anschließender „Innenliquidation“. b) Kündigung des Geschäftsinhabers
19.63
Vertraglich ist bei stillen Publikumspersonengesellschaften für die Kündigungserklärung regelmäßig die Schriftform vorgesehen. Die Kündigung ist von der Vertretungsmacht des vertretungsberechtigten Organs der Geschäftsinhaberin gedeckt, da die inneren Rechtsverhältnisse der Gesellschaft nicht betroffen werden2. Die Kündigung kann sich als das Ausscheiden oder als die Ausschließung eines von mehreren stillen Gesellschaftern darstellen. In Betracht kommt aber auch eine auflösende Kündigung, die zu einer „Innenliquidation“ führt.
19.64
Unwirksam sind Hinauskündigungsklauseln, die dem Geschäftsinhaber das Recht einräumen, auch ohne wichtigen Grund aus freiem Ermessen die Mitgliedschaft zu kündigen, da andernfalls der Geschäftsinhaber ohne eigenes Risiko mit den von den Anlegern aufgebrachten Mitteln spekulieren könnte3. Darüber hinaus hat der BGH für eine Publikumsgesellschaft im Wege der Inhaltskontrolle eine Klausel für unangemessen gehalten, die dem Komplementär einseitig das Recht einräumte, die treuhänderisch gehaltenen Kommanditbeteiligungen nach freiem Ermessen zu einem bestimmten Zeitpunkt zu übernehmen oder durch Dritte erwerben zu lassen4. Dies gilt auch für Übernahmeklauseln in Gesellschaftsverträgen von mehrgliedrigen stillen Publikumspersonengesellschaften. Nicht zu messen sind Hinauskündigungsklauseln daran, welche Abfindung dem Gekündigten zu zahlen ist, da die Angemessenheit der Hinauskündigung als solche Voraussetzung des Ausscheidens, die Abfindung hingegen die Rechtsfolge des Ausscheidens darstellt5.
1 Zu den im Folgenden nicht genannten allgemeinen Auflösungsgründen vgl. Rn. 15.8 ff. 2 BGH v. 26. 10. 1978 – II ZR 119/77, WM 1979, 71 (72); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 20. 3 BGH v. 7. 2. 1994 – II ZR 191/92, BGHZ 125, 74 (78) = WM 1994, 593 (595). 4 BGH v. 21. 3. 1988 – II ZR 135/87, BGHZ 104, 50 = WM 1988, 939. 5 BGH v. 21. 3. 1988 – II ZR 135/87, BGHZ 104, 50 = WM 1988, 939 (942).
468
Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
§ 19
Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH sind derartige Hinauskündigungsklauseln zwar weiterhin als grundsätzlich gemäß § 138 BGB nichtig anzusehen. Es gelten jedoch weit reichende Ausnahmen im Falle eines sog. Manager-1 oder Mitarbeitermodells.2 Es geht bei derartigen Gestaltungen darum, einer Person aus der Geschäftsleitung oder einem verdienten Mitarbeiter unentgeltlich oder gegen Zahlung eines Nennwertes eine Minderheitsbeteiligung einzuräumen, die die betreffende Person bei Ausscheiden aus dem Unternehmen allerdings zurückzuübertragen hat. Diese Modelle sind in der Regel sachlich gerechtfertigt. Auch damit verbundene Abfindungsbeschränkungen auf den Betrag, den der Ausscheidende einst für den Erwerb des Anteils gezahlt hatte, sind dann grundsätzlich zulässig.3 Dabei kann es sich auch um die Einräumung einer stillen Beteiligung handeln, auf die die vom BGH entwickelten Grundsätze ebenfalls anzuwenden sind.4
19.65
c) Kündigung durch den Anleger Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ist notwendiges Strukturelement bei Personengesellschaften, die auf unbestimmte Zeit eingegangen sind. Jeder Gesellschafter hat das unentziehbare Recht zur Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses, wenn die Voraussetzungen der §§ 132 und 134 HGB gegeben sind. Diese Vorschriften sind unabdingbar. Die Kündigung kann, wenn die Gesellschaft für unbestimmte Zeit eingegangen ist, nur für den Schluss eines Geschäftsjahres erklärt werden; sie muss mindestens 6 Monate vor diesem Zeitpunkt stattfinden (§ 132 HGB). Es genügt der Zugang beim Inhaber; eine Vollmacht zur Entgegennahme von Beitrittserklärungen erstreckt sich grundsätzlich auch auf die von Kündigungen5. Auch eine Kündigung vor Vollzug der Gesellschaft ist wirksam6.
19.66
Das ordentliche Kündigungsrecht kann durch den Gesellschaftsvertrag zwar modifiziert, aber nicht ausgeschlossen werden7; dies ist auch nicht auf Schleich- oder Umwegen, etwa durch praktisch unzumutbare Nachteile für den Kündigenden nach Ausübung seines Rechtes (z.B. Gewinnsperren u.ä.), möglich, da solche Umgehungsbestimmungen entsprechend § 723 Abs. 3 BGB nichtig sind8. Wird daher die Ausübung des Kündigungsrechts im Gesellschaftsvertrag mit wirtschaftlichen Nachteilen verknüpft, die die Kündigung praktisch unmöglich machen, so ist darin ein unzulässiger Ausschluss oder eine unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechts zu sehen; so etwa, wenn
19.67
1 BGH v. 19. 9. 2005 – II ZR 173/04, BGHZ 164, 98. 2 BGH v. 19. 9. 2005 – II ZR 342/03, BGHZ 164, 107; dazu Habersack/Verse, ZGR 2005, 451. 3 BGH v. 19. 9. 2005 – II ZR 342/03, BGHZ 164, 107 (115 f.). 4 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 54. 5 BGH v. 19. 12. 1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 (347). 6 BGH v. 13. 4. 1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277 m. Anm. H.-F. Müller, WuB II H. § 723 BGB. 7 BGH v. 20. 12. 1956 – II ZR 166/55, BGHZ 23, 10; BGH v. 19. 1. 1967 – II ZR 27/65, BB 1967, 309. 8 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 50.
469
§ 19
Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
bei der atypischen stillen Publikumspersonengesellschaft mit Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters dieser für den Fall der ordentlichen Kündigung nicht an den Rücklagen beteiligt sein oder das Auseinandersetzungsguthaben erst nach einer langen Zeit ausbezahlt erhalten soll. Nichtig ist deshalb auch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall der ordentlichen Kündigung. Regelmäßig dürfte bei stillen Publikumsgesellschaften auch die Vereinbarung einer Abfindung nur nach dem Buchwert des Handelsgeschäfts nichtig sein1, wenn dieser erheblich unter dem Wert liegt, der dem Gesellschafter nach der gesetzlichen Regelung gebührte2.
19.68
Ist die Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen, so ist die Kündigung vor dem Ablauf der Zeit nur zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ist eine Kündigungsfrist bestimmt, so ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes die Kündigung ohne Einhaltung dieser Frist zulässig (§ 234 HGB, § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB). Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ist sie bereits vor Invollzugsetzung des Gesellschaftsvertrags zulässig, da das Vertragsverhältnis als solches schon mit Vertragsschluss in Kraft tritt und gewisse Rechtswirkungen erzeugt3.
19.69
Was als wichtiger Grund anzusehen ist, kann im Gesellschaftsvertrag näher geregelt werden (vgl. hierzu Rn. 15.33). Ein Verzicht auf die außerordentliche Kündigung ist allerdings nach § 723 Abs. 3 BGB nichtig. Es kann deshalb auch nicht eine Vertragsstrafe oder ein Austrittsgeld für den Fall der Kündigung rechtswirksam vereinbart werden. Zulässig ist dagegen die Vereinbarung, ein Schiedsgericht solle das Vorliegen eines wichtigen Grundes bindend feststellen, weil in der Übertragung der Entscheidung auf das Schiedsgericht keine Beschränkung des Kündigungsrechts liegt. Ebenso erscheint es unbedenklich zu vereinbaren, dass der stille Gesellschafter, der dem Inhaber einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung gegeben hat oder der aus einem in seiner Person liegenden und von ihm zu vertretenden wichtigen Grund fristlos kündigt, nur den Buchwert seiner Vermögenseinlage zurückerhalten, an den stillen Reserven aber nicht beteiligt sein soll. Als wichtiger Grund kommt im Bereich der Publikumsgesellschaften insbesondere die arglistige Bestimmung zum Gesellschaftsbeitritt in Betracht4.
1 Ausführlich zur Zulässigkeit von Buchwertklauseln bei stillen Publikumsgesellschaften Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 262 ff.; zur Zulässigkeit von Abfindungsbeschränkungen bei sog. Manager- oder Mitarbeitermodellen siehe oben Rn. 19.64. 2 OLG München v. 8. 7. 1992 – 7 U 1562/91, WM III 2126 mit zust. Anm. von Reusch, WuB II H. § 235 HGB 1.94, S. 439 (441 f.); Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 91 Rn. 7; wegen der Rechtsfolgen solcher unwirksamen Abfindungsklauseln vgl. Ulmer in MünchKomm.BGB, § 738 BGB Rn. 72 ff. 3 BGH v. 13. 4. 1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277. 4 BGH v. 19. 12. 1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338, 347; BGH v. 12. 5. 1977 – II ZR 89/75, BGHZ 69, 160 (163); BGH v. 21. 3. 2005 – II ZR 310/03, NZG 2005, 467.
470
Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
§ 19
4. Auseinandersetzung und Abfindung Bei einer mehrgliedrigen stillen Publikumspersonengesellschaft ist zu unterscheiden zwischen dem Ausscheiden des einzelnen stillen Gesellschafters und der „Innen-Liquidation“ der Gesellschaft infolge Auflösung des mehrgliedrigen Beteiligungsverhältnisses.
19.70
Die Abwicklung des mehrgliedrigen Beteiligungsverhältnisses geschieht durch den Geschäftsinhaber, bei Insolvenz durch dessen Liquidator. Zu empfehlen ist die Vereinbarung von Abwicklungsrichtlinien im Gesellschaftsvertrag, ansonsten richtet sich die Abwicklung nach den für eine aufgelöste Gesamthandsgesellschaft geltenden Regeln, soweit sie entsprechend anwendbar sind1. War der Geschäftsinhaber für die stillen Gesellschafter wie ein Treuhänder tätig, besteht grundsätzlich kein Recht des Geschäftsinhabers, das Unternehmen unter Abfindung der stillen Gesellschafter fortzuführen. Er muss das Unternehmen nach ihrer Weisung herausgeben oder für sie verwerten2.
19.71
Üblicherweise ist Rechtsgrundlage für die Auseinandersetzung nach Ausscheiden § 235 HGB. Danach hat sich der Geschäftsinhaber nach Beendigung des Beteiligungsverhältnisses mit dem ausscheidenden Gesellschafter auseinander zu setzen und sein Guthaben in Geld zu berichtigen.
19.72
Für die Auseinandersetzung nach Ausscheiden aus einem mehrgliedrigen Verband enthält § 235 HGB keine Regelung. Der Anleger einer stillen Publikumspersonengesellschaft ist wie ein Kommanditist nach dem Verkehrswert seines Anteils abzufinden. Es empfiehlt sich, eine Beteiligung an den laufenden Geschäften abzubedingen. Im Übrigen kann der Gesellschaftsvertrag eine abweichende Auseinandersetzung vorsehen3, die allerdings nur in den von der Rechtsprechung für Abfindungsklauseln bei Kommanditgesellschaften gezogenen Grenzen zulässig ist.
19.73
a) Vereinbarung von Abfindungsklauseln Überwiegend wird in der Praxis von der Möglichkeit abweichender Vereinbarungen im Gesellschaftsstatut Gebrauch gemacht. Die bloße Abfindung nach dem Verkehrswert wird als unzureichend empfunden, da das Kapitalerhaltungsinteresse der Geschäftsinhaberin außer Acht gelassen und einseitig das Auszahlungsinteresse des ausgeschiedenen Gesellschafters berücksichtigt wird. Daher sind im Hinblick auf einen Interessenausgleich in der Mehrzahl der Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften detaillierte Regelungen bezüglich der Abfindungsmodalitäten für den ausscheidenden Gesellschafter enthalten.
19.74
Die Rechtsposition des ausscheidenden Gesellschafters wird nicht nur durch eine betragsmäßige Beschränkung des Abfindungsanspruches eingeschränkt,
19.75
1 Vgl. hierzu K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 63 ff. 2 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 65. 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 10.
471
§ 19
Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
sondern auch durch die Vereinbarung von Stundungs- bzw. Ratenzahlungsvereinbarungen. Ein Ausschluss von der Beteiligung an den stillen Reserven durch Buchwertklausel ist nach den für Publikumspersonengesellschaften geltenden Regelungen unwirksam1. b) Inhaltskontrolle der Abfindungsvereinbarung
19.76
Als Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass gesellschaftsvertragliche Beschränkungen des Abfindungsrechtes eines Gesellschafters generell als zulässig angesehen worden sind und weiterhin als zulässig angesehen werden2. Die Freiheit der Parteien zu derartigen Vereinbarungen ist im Grundsatz unbestritten. Jedoch unterliegen Liquiditätsvorbehalte als Bestandteil eines Vertrages über den Beitritt zu einer Publikumspersonengesellschaft nach ständiger Rechtsprechung des BGH gemäß § 242 BGB der allgemeinen Inhaltskontrolle3.
19.77
So sind solche Klauseln, die Teile der Einlage von der sofortigen Rückzahlung des aus wichtigem Grund kündigenden Gesellschafters ausnehmen, wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben unwirksam. Die Auszahlung des Abfindungsguthabens kann nur bei ordentlicher Kündigung des stillen Gesellschafters oder außerordentlicher Kündigung des Geschäftsinhabers unter einen Liquiditätsvorbehalt gestellt werden. Diesen Kündigungssituationen ist gemein, dass der Grund des Ausscheidens aus der Sphäre des Gesellschafters stammt. Anders liegt es aber in den Fällen der außerordentlichen Kündigung durch den stillen Gesellschafter. Dort ist der wichtige Grund nicht in der Person oder in einem Handeln des kündigenden Gesellschafters begründet. Für Gesellschafter, die den Grund zur außerordentlichen Kündigung nicht gesetzt haben, dürfen Nachteile nicht entstehen. Zu Recht formuliert Flume, „…, dass die Nichtbeschränkbarkeit des Abfindungsanspruchs ein integrierender Bestandteil des Rechts zur Kündigung aus wichtigem Grund ist …“4.
19.78
Auch muss, damit eine solche Vereinbarung einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle Stand hält, neben dem Liquiditäts- und Bestandserhaltungsinteresse der Gesellschaft dem Abfindungsinteresse des ausscheidenden Gesellschafters Rechnung getragen werden. Die Stundung des Abfindungsanspruchs darf den
1 Zur Zulässigkeit von Buchwertklauseln bei stillen Publikumsgesellschaften Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 262 ff.; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 64 m.w.N. 2 Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 131 HGB Rn. 120. 3 BGH v. 14. 4. 1975 – II ZR 147/73, BGHZ 64, 238; BGH v. 3. 5. 1982 – II ZR 78/81, BGHZ 84, 11; BGH v. 9. 11. 1987 – II ZR 100/87, BGHZ 102, 172; dem ist auch die Literatur überwiegend beigetreten, vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 III 4.; Uwe H. Schneider, ZGR 1978, 6; Schwark, ZGR 1976, 271 (292 f.); Huber, ZGR 1980, 179; Dannecker, Inhaltskontrolle der Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften, S. 73 f.; grundsätzlich ablehnend Hille, Inhaltskontrolle der Gesellschaftsverträge von Publikumspersonengesellschaften, S. 183 f. 4 Flume, BGB AT I/1, S. 186; vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 2c ee.
472
Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
§ 19
ausscheidenden Gesellschafter nicht unangemessen benachteiligen1, sondern muss sich im Rahmen des „Üblichen“ halten2. Sie darf aus der Einlage des Ausscheidenden nicht gegen seinen Willen einen dauerhaften Kredit machen3. Unter dem Gesichtspunkt der Voraussehbarkeit sollte in der Klausel die Angabe einer Obergrenze für den Zeitraum der Auszahlungsstreckung erfolgen. Gegen Treu und Glauben würde auch eine Abfindungsklausel verstoßen, bei der die Auszahlung alleine in das Ermessen des Geschäftsinhabers gestellt werden würde. Als unbedenklich wird eine vom Einzelfall losgelöste Stundungsvereinbarung von bis zu fünf Jahresraten bei marktgerechter Verzinsung erachtet4, eine Stundungsfrist über zehn Jahre ist in aller Regel unzulässig5. Die Vereinbarung einer Rücksichtnahmepflicht bedeutet aber nicht, dass der ausscheidende Gesellschafter seine eigenen Interessen gänzlich den Interessen der Gesellschaft unterordnen muss. Vielmehr ist ein Ausgleich zwischen den beiden Interessenpositionen zu finden6. Hieraus folgt, dass die Inhaberin zur Befriedigung des Abfindungsanspruches eines ausgeschiedenen Gesellschafters auch Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu veräußern hat, soweit dies ohne größere Verluste möglich ist. Im Übrigen kann sie den ausscheidenden Gesellschafter auf eine Ratenzahlung verweisen, wobei das Abfindungsguthaben marktgerecht zu verzinsen ist. Die Gesellschaft ist hierbei gehalten – unter Berücksichtigung der Struktur des Anlagevermögens – möglichst schnell eine erste Rate auszuzahlen7. Bei Ratenzahlung muss die Gesellschaft einen umfassenden Geschäftsplan vorlegen, der die Einzelheiten der Ratenzahlung ebenso darlegt wie die vorgesehenen Maßnahmen zur Beschaffung der erforderlichen Mittel. An den Geschäftsplan sind hohe Anforderungen zu stellen, da der ausscheidende Gesellschafter im Vergleich zur sofortigen Abfindung ein höheres Insolvenzrisiko tragen muss8. Der vorzulegende Geschäftsplan muss ferner dem gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung tragen. Soweit der Gesellschaft unvorhergesehene neue Mittel in erheblichem Umfang zufließen, muss darüber hinaus eine Anpassung des Ratenzahlungsplanes erfolgen und eine schnellere Auszahlung der Abfindungen erfolgen.
1 2 3 4
5
6 7 8
Ulmer in MünchKomm.BGB, § 738 BGB Rn. 65. Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil, S. 330. OLG Dresden v. 18. 5. 2000 – 21 U 3559/99, DB 2000, 1221. Vgl. BGH v. 20. 9. 1993 – II ZR 104/92, BGHZ 123, 281; Westermann in Handbuch der Personengesellschaften, Teil I Rn. 1168; Habermeier in Staudinger, 12. Bearb. 2003, § 738 BGB Rn. 38. BGH v. 9. 1. 1989 – II ZR 83/88, NJW 1989, 2685 (2686) für eine fünfzehnjährige Auszahlungsfrist; Heckelmann, Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, S. 147; Ulmer in MünchKomm.BGB, § 738 BGB Rn. 53; Habermeier in Staudinger, 12. Bearb. 2003 § 738 BGB Rn. 38; Hopt in Baumbach/Hopt, § 131 HGB Rn. 68. Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 2c cc; Westermann in Handbuch der Personengesellschaften, Teil I Rn. 1168. Vgl. auch Lange, NZG 2001, 635 (637). Kritisch zum Gedanken des Insolvenzrisikos: Jens Ziegler, DB 2000, 2107 (2108).
473
19.79
§ 19
Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
IV. Anlegerschutz im Recht der Publikumspersonengesellschaft
19.80
Neben dem bereits dargestellten verbraucherschützenden Sonderrecht für stille Publikumspersonengesellschaften (Rn. 19.33 ff., 19.45 ff., 19.51 ff.) bestehen noch weitere allgemeine Rechtsinstitute, die einem Missbrauch der kapitalistisch organisierten Publikumspersonengesellschaft entgegenwirken. 1. Prospekthaftung Bei der Prospekthaftung sind zwei Formen zu unterscheiden: die allgemeine zivilrechtliche (oder auch bürgerlich-rechtliche) und die spezialgesetzlich geregelte1. Der Vertrieb von Anlagen am sog. grauen Kapitalmarkt, zu denen auch stille Publikumsbeteiligungen gehören, war bisher der wichtigste Anwendungsbereich der richterrechtlich entwickelten allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung. Durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG) vom 28. 10. 20042 ist jedoch der Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung erheblich ausgeweitet worden, namentlich wird nun auch der Vertrieb von Anlagen auf dem grauen Kapitalmarkt erfasst. a) Allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung
19.81
Die Prospekte, die als Entscheidungsgrundlage für den Beitritt zur Publikumspersonengesellschaft dienen, müssen ein sachlich richtiges und vollständiges Bild zeichnen3. Bei Verstößen greift die aus dem Rechtsinstitut der culpa in contrahendo entwickelte Prospekthaftung ein, der nicht nur die Initiatoren und das Management unterliegen, sondern alle Personen, die in der Gestaltung des Prospekts oder in das Vertriebssystem einbezogen sind und die durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken oder Erklärungen einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen haben (z.B. Anlagevermittler oder Rechtsanwälte bzw. Wirtschaftsprüfer, die an den Prospekten offen mitgewirkt haben)4. Aufzuklären ist hiernach insbesondere über die wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen einerseits den Organen der Publikumsgesellschaft und andererseits den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Publikumsgesellschaft die nach dem Emissionsprospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat5. Einzelne irreführende Angaben, die ebenfalls zur Prospekthaftung führen können, sind beispielsweise falsche 1 Emmerich in MünchKomm.BGB, 5. Aufl. 2007, § 311 BGB Rn. 182; Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 6 Rn. 1. 2 BGBl. I 2004, 2630. 3 BGH v. 21. 10. 1991 – II ZR 204/90, BGHZ 116, 7 (12); BGH v. 6. 2. 2006 – II ZR 329/04, NJW 2002, 2042 (2043). 4 BGH v. 6. 10. 1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337. Der Anwendungsbereich der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung ist jedoch durch die nunmehr auch im Bereich des grauen Kapitalmarkts eingeführte spezialgesetzliche Prospekthaftung eingeschränkt worden, wobei das genaue Verhältnis umstritten ist, siehe dazu unten Rn. 19.88. 5 BGH v. 6. 10. 1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337 (340).
474
Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
§ 19
Angaben über persönliche Eigenschaften1, im Prospekt zugesicherte, aber tatsächlich nicht eingetretene Steuervorteile und Renditeangaben2 oder fehlende Hinweise auf etwaige Risiken3. Ebenso handelt sich um einen rechtlich relevanten Prospektmangel, wenn der Anleger aus dem Prospekt über die Beteiligung an einer Publikumspersonengesellschaft nicht ersehen kann, dass das von ihm aufgebrachte Kapital zu wesentlichen Teilen an den Initiator zurückfließt und für die beworbene Investition nicht zur Verfügung steht. Das gilt erst recht, wenn sich vor Prospektherausgabe die Marktverhältnisse derart geändert haben, dass mit der zeitgerechten Umsetzung des Prospekts nicht gerechnet werden kann und deswegen Investitionsmittel für die Honorierung von Funktionsträgern verwendet werden müssen4. Diese Kriterien sind nicht nur für die Prospekthaftung im engeren Sinn, sondern gleichermaßen für die deliktische Haftung wegen Kapitalanlagebetruges (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB) maßgeblich, welche sich außer durch die Länge der Verjährungsfrist nur dadurch von der Prospekthaftung unterscheidet, dass sie vorsätzliches statt fahrlässiges Verhalten erfordert5.
19.82
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH6 entspricht es der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist. Dass gerade dieser Prospektfehler zum Scheitern des Projekts geführt hat, ist dabei nicht erforderlich7.
19.83
b) Spezialgesetzliche Prospekthaftung Mit den durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG) am 1. 5. 2005 in Kraft getretenen Änderungen des Verkaufsprospektgesetzes (VerkProspG) besteht mittlerweile auch eine spezialgesetzliche Prospekthaftung für den Vertrieb von Anteilen auf dem grauen Kapitalmarkt. § 8f Abs. 1 Satz 1 VerkProspG statuiert nunmehr eine Prospektpflicht für im Inland angebotene nicht in Wertpapieren i.S. des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) verbriefte Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, für Anteile an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet (Treuhandvermögen), oder für Anteile an sonstigen geschlossenen Fonds. Unter den Begriff der Unternehmensbeteiligung fallen auch stille Gesellschaftsbeteiligungen8. Nicht darunter fallen ausweislich der Gesetzesbegründung9 partiarische Darlehen, weshalb die 1 2 3 4 5 6
BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 95/93, DB 1995, 921. OLG Köln v. 23. 1. 1991 – 2 U 56/90, NJW-RR 1992, 278. BGH v. 24. 4. 1978 – II ZR 172/76, DB 1978, 1490. BGH v. 29. 5. 2000 – II ZR 280/98, ZIP 2000, 1296 = DStR 2000, 1357. BGH v. 21. 10. 1991 – II ZR 204/90, BGHZ 116, 7 (12). BGH v. 6. 10. 1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337 (346); BGH v. 24. 5. 1982 – II ZR 124/81, BGHZ 84, 141 (148); BGH v. 28. 9. 1992 – II ZR 224/91, ZIP 1992, 1561; BGH v. 6. 2. 2006 – II ZR 329/04, NJW 2002, 2042 (2043). 7 BGH v. 5. 7. 1993 – II ZR 194/92, BGHZ 123, 106 (111 f.). 8 Begründung RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 42. 9 BT-Drucks. 15/3174, S. 42.
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Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen partiarischem Darlehen und der stillen Gesellschaftsbeteiligung (vgl. dazu Rn. 8.30 ff.) hier praktisch relevant werden1. Der Verkaufsprospekt muss alle tatsächlichen und rechtlichen Angaben enthalten, die notwendig sind, um dem Publikum eine zutreffende Beurteilung des Emittenten und der betreffenden Vermögensanlage zu ermöglichen, § 8g Abs. 1 Satz 1 VerkProspG. Leidet der erstellte Prospekt unter einem Mangel, so schließt sich eine entsprechende Haftung gemäß § 13 VerkProspG an. Bei der Beurteilung der Frage, ob unrichtig oder unvollständig aufgeklärt wurde, ob also ein Mangel vorliegt, kann weiterhin auf die Grundsätze der richterrechtlich entwickelten Prospekthaftung (vgl. Rn. 19.81 ff.) zurückgegriffen werden2. Neu hinzugekommen ist eine Haftung bei fehlendem Prospekt, § 13a VerkProspG3. § 13 VerkProspG sieht eine entsprechende Anwendung des § 44 BörsG vor, wobei die Vorgaben im Hinblick auf die Anlagen des grauen Kapitalmarktes modifiziert werden. So muss der Erwerb der Anteile innerhalb des sechsmonatigen Zeitraums gelegen haben, maßgeblich ist jedoch nicht wie bei Wertpapieren die Einführung, sondern der Zeitpunkt des ersten öffentlichen Angebots im Inland, § 13 Nr. 1 VerkProspG.
19.85
Die Haftungsadressaten sind bei fehlendem Prospekt der Emittent und der Anbieter, § 13a VerkProspG, bei fehlerhaftem Prospekt Anbieter und Erlasser des Prospekts, § 13 VerkProspG i.V.m. § 44 BörsG, wozu ebenfalls der Emittent gehören kann4. Emittent der Vermögensanlage ist wiederum, wer sie erstmalig auf den Markt bringt und für seine Rechnung unmittelbar oder durch Dritte öffentlich zum Erwerb anbietet5. Häufig wird dies die Anlagegesellschaft selbst, bzw. bei der stillen Gesellschaft der Unternehmergesellschafter sein. Streitig ist daher, wie die Rechtsfolge von § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) VerkProspG i.V.m. § 44 BörsG bzw. § 13a Abs. 1 VerkProspG zu verstehen ist, nach der der Haftungsschuldner die Wertpapiere zu übernehmen hat. Indes ist es rechtlich nicht möglich, dass eine Personengesellschaft eigene Anteile hält. Ebenso unmöglich ist es dem Unternehmergesellschafter, einen stillen Gesellschaftsanteil am eigenen Unternehmen zu halten. Es scheint kaum mit der gesetzgeberischen Intention vereinbar, die Haftung der Anlagegesellschaft unter Verweis auf die Unmöglichkeit der angeordneten Rechtsfolge gar nicht haften zu lassen6. Am ehesten bietet sich eine Lösung an, dem Geschädigten ein Austrittsrecht zu gewähren. Nach den allgemeinen Regeln (§ 738 BGB) würde sich hieran jedoch eine lediglich eine Abfindung knüpfen, die sich nach dem aktuellen Wert der Beteiligung bemisst. Auch diese Folge lässt sich jedoch nicht mit den in §§ 13, 13a VerkProspG angeordneten Rechtfolgen der Erstattung des ursprünglichen Erwerbspreises in Einklang bringen. I.S. eines modifizierten Austrittsrechts wäre dem Anleger also eine Kündigung mit der Folge der ungeschmälerten Rückerstattung seiner ursprünglichen Einlage zuzugeste-
1 2 3 4 5 6
Kritisch F.A. Schäfer, ZGR 2006, 40 (72). Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 6 Rn. 81 ff. Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 6 Rn. 269. Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 6 Rn. 274. RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 42. So jedoch O. Ziegler, DStR 2005, 30 (33); Madaus, Jura 2006, 881 (887).
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§ 19
hen1. Die Lösung verliefe somit parallel zu der jüngeren BGH-Rechtsprechung, nach der bei zweigliedrigen stillen Beteiligungen den getäuschten Gesellschaftern ein durch die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft unberührter Anspruch aus c.i.c. in voller Höhe des negativen Interesses zusteht (siehe bereits oben Rn. 19.44). Die hierzu vorgetragenen Bedenken wegen des damit vernachlässigten Bestandsschutzes und der zu befürchtenden Ausdünnung der Kapitalgrundlage der Anlagegesellschaft zulasten möglicherweise ebenso getäuschter Anleger bleiben freilich bestehen (vgl. oben Rn. 19.44). Die Kausalität des Prospektmangels für die Anlageentscheidung wird zugunsten des Anlegers vermutet2. Bei der Haftung für fehlerhafte Prospekte ergibt sich dies aus § 13 VerkProspG i.V.m. § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG, wodurch dem Anspruchsgegner lediglich der Beweis ermöglicht wird, dass der Prospekt nicht für die Anlageentscheidung ursächlich war. Die Vermutung der Kausalität der Pflichtwidrigkeit bei fehlendem Prospekt ergibt sich ebenfalls aus dem Gesetz, indem § 13a VerkProspG die Haftung an die nicht befolgte Pflicht, einen Verkaufsprospekt zu erstellen, knüpft3.
19.86
§ 13 VerkProspG i.V.m. § 45 Abs. 1 BörsG erfordert für den Schadensersatzanspruch wegen Fehlerhaftigkeit des Prospekts Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Prospekts. Gleichzeitig ist jedoch eine Beweislastumkehr vorgegeben, so dass der Anleger das Verschulden des Prospektpflichtigen nicht nachzuweisen braucht. Entsprechende Vorgaben fehlen beim Anspruch wegen fehlenden Prospekts gemäß § 13a VerkProspG. Zum Teil wird deshalb von einer verschuldensunabhängigen Haftung ausgegangen4. Dafür lässt sich anführen, dass im Referentenentwurf5 zunächst eine Haftung nur bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der Prospektpflichtigkeit vorgesehen war, die sich jedoch im späteren Regierungsentwurf zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz6 nicht wieder findet7. Dagegen spricht jedoch die ausdrückliche Aussage im Regierungsentwurf, Anspruchsvoraussetzungen und -ausschlüsse des § 13a VerkProspG seien denen des § 13 VerkProspG nachgebildet8. Vor allem würde es verwundern, dass der Gesetzgeber ohne weitere Begründung eine verschuldensunabhängige Haftung für pflichtwidriges Handeln eingeführt haben sollte, die ansonsten im deutschen Rechtssystem regelmäßig nur als Verschuldenshaftung ausgestaltet ist9. Es ist deshalb von einer Lücke auszugehen, die durch analoge Anwendung der auch bei § 13 VerkProspG geltenden Vorgaben des § 45 Abs. 1 BörsG zu schließen ist
19.87
1 F.A. Schäfer, ZGR 2006, 40 (75), str.; siehe auch Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171 (2007), 519 (528); in der älteren Literatur zur ähnlichen Diskussion bereits Ulmer/ Dopfer, BB 1978, 461 (464). 2 F.A. Schäfer, ZGR 2006, 40 (52 f.); Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 6 Rn. 278 f. 3 F.A. Schäfer, ZGR 2006, 40 (53). 4 Fleischer, BKR 2004, 339 (346). 5 § 13a Abs. 4 Satz 1 VerkProspG-RefE v. 10. 3. 2004 (abgedruckt in ZBB 2004, 168). 6 BT-Drucks. 15/3174. 7 Fleischer, BKR 2004, 339 (346). 8 Begründung RegE AnSVG, BT-Drucks.15/3174, S. 44. 9 Allgemein etwa Wagner in MünchKomm.BGB, 5. Aufl. 2009, Vor § 823 BGB Rn. 21.
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und mithin eine Haftung nur bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis von der Prospektpflichtigkeit anordnet, dem Anleger jedoch die Beweislast hierfür nimmt1.
19.88
Probleme bereitet die Frage nach dem Verhältnis der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung zur spezialgesetzlichen Prospekthaftung gemäß §§ 13, 13a VerkProspG. Unterschiede ergeben sich etwa bei dem Kreis der haftenden Personen. So werden Sachkenner (Anlagevermittler, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer etc.) nur von der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung erfasst (siehe oben, Rn. 19.81), von §§ 13, 13a VerkProspG hingegen nicht. Ausweislich der Regierungsbegründung soll aber die zivilrechtliche Haftung dieser Personen aufgrund Aufklärungsverschuldens auch weiterhin bestehen, sofern sie sich fehlerhafter Prospekte bedienen2. Freilich gilt in der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung der allgemeine Verschuldensmaßstab des § 276 BGB, so dass bereits einfache Fahrlässigkeit für die Haftung ausreicht. §§ 13, 13a VerkProspG erfordern hingegen mindestens grobe Fahrlässigkeit. Daraus wird zum Teil gefolgert, die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung bleibe in Konkurrenz neben der spezialgesetzlichen Prospekthaftung bestehen. Nur so ließen sich Wertungswidersprüche vermeiden, dass etwa Sachkenner nach allgemeinen zivilrechtlichen Vorgaben strenger haften würden als die eigentlich verantwortlichen Emittenten3. Die wohl überwiegende Ansicht geht hingegen zu Recht davon aus, dass im Anwendungsbereich der §§ 13, 13a VerkProspG die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung gesperrt ist4. Für die Frage des Verschuldens ist zu bedenken, dass dem Nachteil des Haftungsausschlusses für leichte Fahrlässigkeit bei §§ 13, 13a VerkProspG aus Anlegersicht der Vorteil der Beweislastumkehr gegeben ist5. Insgesamt sollten die in der spezialgesetzlichen Prospekthaftung getroffenen gesetzgeberischen Vorgaben nicht durch eine weitere Anwendung der allgemeinen zivilrechtlichen Haftung relativiert werden6. 2. Aufsichtsrechtliche Schranken
19.89
Durch die Sechste KWG-Novelle vom 5. 6. 1997 wurde eine weitere kapitalmarktrechtliche Schranke für stille Beteiligungen an Publikumsgesellschaften aufgestellt: Der Kreis der nach dem Gesetz über das Kreditwesen erlaubnispflichtigen Bankgeschäfte (§ 1 Abs. 1 KWG) wurde in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 1 Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 6 Rn. 280 f.; F.A. Schäfer, ZGR 2006, 40 (51 f.); Bohlken/Lange, DB 2005, 1259 (1261); Spindler, NJW 2004, 3449 (3455). 2 Begründung RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 44. 3 Emmerich in MünchKomm.BGB, 5. Aufl. 2007, § 311 BGB Rn. 188. 4 Fleischer, BKR 2004, 339 (343); Mülbert/Steup, WM 2005, 1633 (1648); Bohlken/Lange, BB 2005, 1259; Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 6 Rn. 134; Heinrichs in Palandt, § 280 BGB Rn. 54a; bereits für das Verhältnis von §§ 44 ff. BörsG zur allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung OLG Frankfurt v. 17. 12. 1996 – 5 U 178/95, ZIP 1997, 107 (109). 5 Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 6 Rn. 281. 6 Str., ausführlich Emmerich in MünchKomm.BGB, 5. Aufl. 2007, § 311 BGB Rn. 187 ff.
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§ 19
KWG (Einlagengeschäft) durch einen Auffangtatbestand erweitert. Als Bankgeschäft erfasst wird seit 1997 „jede Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer rückzahlbarer Gelder des Publikums, sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird, ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden (Einlagengeschäft)“. Demgemäß muss beachtet werden, dass der Begriff der Einlage i.S. des KWG von dem gesellschaftsrechtlichen Einlagenbegriff wie auch dem zivilrechtlichen Darlehensbegriff zu unterscheiden ist. Gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreibt. Ohne diese Erlaubnis kann die BaFin, gestützt auf § 37 KWG, die Rückabwicklung des Einlagengeschäfts bis zur vollständigen Rückzahlung sämtlicher Einlagen verlangen. Betroffen sind damit auch solche unerlaubten Einlagengeschäfte, die vor dem Inkrafttreten der Novelle abgeschlossen wurden, weil Bankgeschäfte so lange als solche behandelt und beaufsichtigt werden müssen, bis sie vollständig abgewickelt worden sind1. Aber auch schon bei dem bloßen Verdacht, dass ein erlaubnispflichtiges Kreditinstitut betrieben wird, kann die BaFin nach § 44c Abs. 1 KWG Erforschungsmaßnahmen in Form von Auskunftserteilung und Geschäftsunterlageneinsicht ergreifen. Im Übrigen ist das Betreiben von Bankgeschäften ohne Erlaubnis gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG strafbar. Auch Eintragungen in öffentliche Register (z.B. Handelsregister) dürfen nur vorgenommen werden, wenn dem Registergericht die Erlaubnis nachgewiesen worden ist (§ 43 Abs. 1 KWG).
19.90
Problematisch ist, welche stillen Beteiligungen als Einlagengeschäft i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG zu qualifizieren sind und daher der Erlaubnis durch die BaFin für das Kreditwesen bedürfen2. Es verbietet sich dabei eine rein schematische Lösung; vielmehr ist aufgrund der Wertung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung zu entscheiden. Kennzeichnend für das Einlagengeschäft i.S. des KWG ist, dass von einer Vielzahl von Geldgebern auf der Grundlage typisierter Verträge darlehensweise oder in ähnlicher Weise Gelder entgegengenommen werden, wobei bankübliche Sicherheiten nicht bestellt werden3. Daher können nach der Verkehrsauffassung folgende Gesichtspunkte wichtige Indizien für das Vorliegen einer Einlage i.S. des KWG sein4:
19.91
– Es liegen vorgefertigte Angebote zum Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags in großer Zahl vor; Interessenten haben auf die inhaltliche Gestaltung (bis auf die Höhe der Anlagebeträge und die Laufzeit) keinen Einfluss; – bankübliche Sicherheiten sind nicht vorgesehen; 1 2 3 4
BVerwG v. 24. 2. 1976 – I C 3.72, BVerwGE 50, 223 (226). Ausführlich hierzu Bornemann, ZHR 166 (2002), 211. Vgl. z.B. VG Berlin v. 22. 2. 1999 – VG 25 A 276.95, DB 1999, 1377 (1380). Vgl. VG Berlin v. 22. 2. 1999 – VG 25 A 276.95, DB 1999, 1377 (1380); Schäfer in Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, § 1 KWG Rn. 36.
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§ 19
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– anders als bei einer echten Unternehmensbeteiligung ist nicht die Sicht des Unternehmers maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ab welchen Mindestbeträgen und Mindestanlagezeiten eine unternehmerische Beteiligung sinnvoll erscheint; es besteht vielmehr eine Wahlmöglichkeit bzgl. der Anlagebeträge und Laufzeiten in einer banküblichen Angebotsvielfalt, um hierdurch dem Interesse der Anleger auf eine nach individuellen Bedürfnissen abgestimmte Anlageform nachzukommen; – unabhängig vom geschäftlichen Erfolg ist ein Mindestgewinn über die gesamte Laufzeit unter Ausschluss einer Verlustbeteiligung garantiert (Nichtbeteiligung der Anleger am unternehmerischen Risiko), was bei wirtschaftlicher Betrachtung einer banküblichen Festzinsvereinbarung entspricht. Ist die Verlustteilnahme nicht ausgeschlossen, so handelt es sich keinesfalls um eine Einlage i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG, denn dann ist die Rückzahlung bedingt1. – es werden laufend Gelder angenommen2.
19.92
Ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG kann auch dann vorliegen, wenn in dem Vertrag über die stille Beteiligung die Vereinbarung einer ratierlichen Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens als Altersrente vereinbart wird. Eine derartige Konstellation lag den vom BGH entschiedenen Fällen um die sog. Göttinger Gruppe zugrunde3. Das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen (heute BaFin) hatte der Unternehmergesellschafterin in der Rechtsform einer AG unter dem Aspekt der nicht erteilten Erlaubnis für Bankgeschäfte die ratierliche Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben an die Anleger untersagt. Im Verwaltungsprozess hatte daraufhin die AG in einem Vergleich mit der Bundesaufsicht die Auszahlung in einer Summe zugesagt. Der BGH hat die Frage, ob tatsächlich ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft vorlag, später explizit offen gelassen, jedoch wegen der erkennbaren Rechtsunsicherheit in dieser Frage eine Aufklärungspflicht der Unternehmergesellschafterin angenommen, ihre Anleger über das möglicherweise drohende Verbot der ratierlichen Auszahlung zu informieren und die Unternehmergesellschafterin wegen Verletzung dieser Pflicht gemäß c.i.c. haften lassen4. Auch hat der Anleger wegen der Weigerung, das Auseinandersetzungsguthaben wie ursprünglich vereinbart ratierlich auszuzahlen, ein außerordentliches Kündigungsrecht5.
1 Vgl. Schäfer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 1 KWG Rn. 42. 2 Vgl. Schäfer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 1 KWG Rn. 36. 3 BGH v. 21. 3. 2005 – II ZR 149/03, NZG 2005, 472; BGH v. 21. 3. 2005 – II ZR 140/03, NZG 2005, 476; siehe dazu auch Tettinger, DStR 2006, 849 (850 ff.). 4 BGH v. 21. 3. 2005 – II ZR 140/03, NZG 2005, 476 (478); zu den Rechtsfolgen einer solchen Haftung siehe bereits oben Rn. 19.44. Nach Ansicht des BGH liegt jedoch dann kein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft vor, wenn in den Vertragsbedingungen lediglich vorgesehen ist, dass bei einem Liquiditätsengpass das Auseinandersetzungsguthaben ratierlich ausgezahlt werden darf, BGH v. 8. 5. 2006 – II ZR 123/05, NZG 2006, 540. 5 BGH v. 21. 3. 2005 – II ZR 124/03, NZG 2005, 471 f.
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Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
§ 19
Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Vermögenseinlagen eines stillen Gesellschafters regelmäßig nicht unter den Einlagenbegriff i.S. des KWG fallen1. Das gilt auch für die Anleger einer Publikumspersonengesellschaft, solange sie unternehmerisch beteiligt sind. Das ist bei einer kapitalistisch ausgestalteten mehrgliedrigen Publikumspersonengesellschaft in der Regel der Fall.
19.93
Die aufsichtsrechtliche Praxis zeigt, dass die BaFin in der Vergangenheit von ihren Befugnissen in den §§ 37 und 44 KWG unter Androhung eines hohen Zwangsgeldes gegenüber solchen Publikumsbeteiligungsgesellschaften durchaus Gebrauch gemacht hat, die gegenüber einer unbestimmten Vielzahl von Personen typische stille Gesellschaftsbeteiligungen ohne Verlustbeteiligung vertrieben haben2.
19.94
V. Zusammenfassung Früher wurden Publikumspersonengesellschaften in der Regel als Abschreibungsgesellschaften gegründet. Hintergrund der massiven Gründung von Abschreibungsgesellschaften war die steuerliche Begünstigung bestimmter Projekte durch den Gesetzgeber. Nach der gesetzlichen Beschränkung der Verlustzuweisungen erlangten nunmehr aufgrund der anhaltenden Reformierung des Rentensystems hin zur privaten Vorsorge die Komplexe Altersversorgung und Vermögensbildung wesentliche Bedeutung. Sonderprobleme der stillen Publikumspersonengesellschaft ergeben sich zum einen beim Organisationsrecht, daneben aber auch bei der Kapitalsicherung und dem Anlegerschutz. Einerseits musste die Rechtsprechung daher das Personengesellschaftsrecht in mehrfacher Hinsicht dem Zweck der Massenbeteiligung anpassen, andererseits ein Schutzinstrumentarium für die Anleger entwickeln, da gesetzliche Mechanismen fehlten. Der BGH hat im Hinblick auf die Besonderheiten der Publikumspersonengesellschaften ein an das Kapitalgesellschaftsrecht angelehntes Sonderrecht entwickelt, bei dem der Schutz der Anleger im Vordergrund steht. Das Beteiligungsverhältnis an einer stillen Publikumspersonengesellschaft wird in der Praxis entweder entsprechend dem gesetzlichen Leitbild zweigliedrig oder aber – wenn auch nur mit Wirkung für die Beteiligten untereinander – mehrgliedrig ausgestaltet. Der Gesellschaftsvertrag ist nach dem objektiven Erklärungsbefund auszulegen, einem möglichen Missbrauch der Vertragsfreiheit wird mit Hilfe einer an den Maßstäben von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgerichteten Inhaltskontrolle durch die Gerichte begegnet. Eine Inhaltskontrolle von Gesellschaftsverträgen durch die §§ 305 ff. BGB3 (früher AGBG) findet nicht statt. 1 VG Berlin v. 22. 2. 1999 – VG 25 A 276.95, DB 1999, 1377 (1380); BGH v. 15. 3. 1984 – III ZR 15/83, BGHZ 90, 310 (313). 2 So beispielsweise in dem der Entscheidung des VG Berlin v. 22. 2. 1999 – VG 25 A 276.95, DB 1999, 1377 (1377) zugrunde liegenden Fall. 3 Gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB ist das AGBG auf Dauerschuldverhältnisse bis zum 31. 12. 2002 anzuwenden, vom 1. 1. 2003 an nur die §§ 305 ff. BGB.
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Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
Die Vorschrift des § 312 BGB über den Widerruf von Haustürgeschäften ist auf den Abschluss eines entgeltlichen Vertrages über eine stille Gesellschaft grundsätzlich anwendbar. Gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB erlischt das Widerrufsrechts nicht, wenn keine ordnungsgemäße Belehrung erfolgte. Wird der Anleger bei Abschluss des stillen Beteiligungsvertrages vertreten, so ist entscheidend, ob der Bevollmächtigte bei Abgabe der Willenserklärung in einer Haustürsituation gehandelt hat, während es grundsätzlich unerheblich ist, ob die Vollmacht in einer solchen Situation erteilt worden ist. Lässt indes der Unternehmer einen Vertreter für sich handeln, so besteht ein Widerrufsrecht, sobald der Vertrag mit dem Verbraucher in einer Haustürsituation abgeschlossen wurde. Für das Verbraucherkreditrecht hat der Gesetzgeber im Zuge der Reform des Schuldrechts auf die Rechtsprechung des BGH reagiert und mit der Einführung des § 492 Abs. 4 BGB dafür Sorge getragen, dass der durch § 492 Abs. 1 BGB intendierte Verbraucherschutz in Vertretungsfällen seit dem 1. 1. 2002 nicht leer läuft. Die Regelung des § 358 Abs. 1 BGB über verbundene Geschäfte erfasst auch den Beitritt zu einer Publikumspersonengesellschaft als Haustürgeschäft, wenn er mit einem Finanzierungsvertrag i.S. des § 491 BGB verbunden ist. Durch den Widerruf entfällt nicht nur die Bindung an den Gesellschaftsbeitritt, sondern auch diejenige an den Verbraucherdarlehensvertrag. Beide Verträge sind gemäß § 357 BGB abzuwickeln. Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Verbraucherdarlehensvertrages dürfen dem Anleger nach § 358 Abs. 4 Satz 2 BGB nicht auferlegt werden. Der Ausgleich zwischen Geschäftsinhaber und Darlehensgeber richtet sich nach deren vertraglichen Abreden oder nach §§ 812 ff. BGB. Umgekehrt erstreckt sich der Widerruf des Verbraucherkreditvertrages auch auf die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrages, § 358 Abs. 2 BGB. Bei der Rückabwicklung tritt der Kreditgeber im Verhältnis zum Verbraucher in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem Abwicklungsverhältnis ein, § 358 Abs. 4 Satz 2 BGB. Das Vorliegen eines verbundenen Geschäfts wirkt sich auch für den Fall aus, in dem der Anleger arglistig getäuscht worden ist. In diesem Fall ist der Anleger zur jederzeitigen fristlosen Kündigung der stillen Beteiligung berechtigt und kann dem Darlehensrückzahlungsanspruch der finanzierenden Bank den gegen den Geschäftsinhaber zustehenden Abfindungsanspruch entgegenhalten, § 359 Satz 1 BGB. In der Regel kann bei einem verbundenen Geschäft der Anleger jedoch auch den Darlehensvertrag selbst wegen arglistiger Täuschung anfechten oder einen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss gegen die Bank geltend machen, wenn bei der Vermittlung des Gesellschafts- und Darlehensvertrag dieselbe Person aufgetreten ist. Sofern sich die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft AG & Still an ein breites Anlagepublikum wenden will, also eine Vielzahl von Vertragsschlüssen angestrebt wird, erweist sich die Notwendigkeit der Zustimmung der Hauptversammlung zu jedem einzelnen Vertragsschluss nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG i.V.m. § 293 Abs. 1 AktG und die Eintragung in das Handelsregister nach § 294 AktG als eine praktische Hürde. 482
Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft
Zum Zweck der Mediatisierung der Zustimmungs-, Informations- und Kontrollrechte werden Verbandsorgane geschaffen, z.B. Gesellschafterversammlung und Beirat. Bei einer mehrgliedrigen stillen Publikumspersonengesellschaft können die Informations- und Kontrollrechte entgegen der Auffassung des BGH im Wege der actio pro socio gegen den Inhaber geltend gemacht werden. Der Geschäftsinhaber sowie die Initiatoren des Kapitalanlagemodells haften gemäß § 276 BGB für jedes Verschulden, weil es an dem in § 708 BGB vorausgesetzten Vertrauensverhältnis fehlt. Gleiches gilt für die Mitglieder des Überwachungsorgans bei der Erfüllung ihrer Pflichten. Eine stille Publikumspersonengesellschaft auf fehlerhafter Vertragsgrundlage verdient aufgrund der hinreichenden organisatorischen Elemente der Verbandsstruktur Bestandsschutz gegen Nichtigkeitsfolgen. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft sind auf sie anzuwenden. Bei einer mehrgliedrigen Publikumspersonengesellschaft muss zwischen dem Ausscheiden des stillen Gesellschafters und der Abwicklung des Gesellschaftsverhältnisses unterschieden werden. Der Anleger einer kapitalistischen Publikumspersonengesellschaft scheidet nach dem Grundgedanken des § 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB aus dem Verband aus, wenn über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Auch eine Insolvenz des Geschäftsinhabers führt grundsätzlich zu einer Auflösung der Gesellschaft mit anschließender „Innenliquidation“. Der stille Gesellschafter kann auch nach Kündigung oder Eintritt der Geschäftsinhaberin in das Liquidationsstadium in vollem Umfang verpflichtet sein, seine übernommene Einlage zu entrichten, wenn sie nach den getroffenen Vereinbarungen Eigenkapitalfunktion hat. Anlegerschutz gewähren auch Prospekthaftung (insbesondere §§ 13, 13a VerkProspG) sowie aufsichtsrechtliche Schranken.
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§ 19
II. Teil: Die Besteuerung der stillen Gesellschaft § 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft Schrifttum: Becker, Enno, Grundfragen aus den neuen Steuergesetzen, StuW 1925, Sp. 1579; Biber, Renate, Kapitalersetzende „typische“ stille Beteiligung eines Gesellschafters an seiner unterkapitalisierten GmbH – Qualifizierung als Mitunternehmerschaft, DStR 1984, 424; Blaurock, Uwe, Die GmbH & Still im Steuerrecht, BB 1992, 1969; Braun, Rainer, Kein Mitunternehmerrisiko bei fehlender Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters, EFG 2004, 405; Brockmann, Kai/Hörster, Ralf, Jahressteuergesetz 2008, NWB Fach 2, S. 9657; Brockmeyer, Bernhard, Bedenkliche Neufassung des § 42 Abs. 1 AO im Referentenentwurf des JStG 2008, DStR 2007, 1325; Costede, Jürgen, Steuerrechtsfragen der GmbH & Still, StuW 1983, 308; Costede, Jürgen, Die stille Gesellschaft – Überlegungen aus handelsrechtlicher, steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht, Steuerberater-Kongress-Report 1987, 239; Crezelius, Georg, Vom Missbrauch zum Misstrauen: Zur geplanten Änderung des § 42 AO, DB 2007, 1428; Ehlers, Ernst-August, Verdeckte Mitunternehmerschaft, AktStR 1998, 67; Fischer, Peter, „Faktisches“, „Verdecktes“ und die subjektive Zurechnung von Einkünften – Zum Urteil des BFH vom 16. 12. 1997 – VIII R 32/90, FR 1998, 659, FR 1998, 813; Groh, Manfred, Die atypische stille Gesellschaft als fiktive Gesamthandsgesellschaft, in Festschrift für Heinrich Kruse zum 70. Geburtstag, 2001, S. 417 ff.; Gschwendtner, Hubertus, Die atypisch stille Gesellschaft als beschränkt rechtsfähiges Steuerrechtssubjekt im Einkommensteuerrecht – Zugleich eine Besprechung des BFH-Urteils vom 26. November 1996, VIII R 42/91, DStZ 1998, 335; Häger, Michael, Forderungsverzicht gegenüber Beteiligungen im Lichte des Steuersenkungsgesetzes – Stille Beteiligung als alternatives Finanzierungselement, GStB 2001, 239; Häuselmann, Holger, Steuerliche Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 8. 11. 2007, BB 2008, 20; Heintzen, Markus, Die Neufassung des § 42 AO und ihre Bedeutung für grenzüberschreitende Gestaltungen, FR 2009, 599; Hensell, Christian, § 42 AO n.F. – Der Steuerpflichtige unter Generalverdacht, Stbg 2007, Heft 7, M1; Hey, Johanna, Gestaltungsmissbrauch im Steuerrecht nach der Neufassung des § 32 AO und dem dazu ergangenen BMF-Erlass, BB 2009, 1044; Hinder, Jens-Uwe/Bleschke, Christian, Steuerliche Behandlung der typisch und atypisch stillen Gesellschaft, StuB 2004, 621; Horn, Wilhelm, Abgrenzung des stillen Gesellschafters von der Stellung des atypisch stillen Gesellschafters, insbesondere aufgrund der Ausweitung der Informations- sowie Kontrollrechte gemäß § 716 BGB, GmbHR 2000, 711; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Die steuerliche atypische stille Beteiligung an der GmbH, GmbHR 1994, 147; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Mitunternehmerische Betätigung und Beteiligung bei der GmbH & atypisch Still, GmbHR 1995, 816; Hübschmann, Walter/Hepp, Ernst/Spitaler, Armin, Kommentar zur Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung (Loseblatt); Jakob, Wolfgang, Die Mitunternehmerschaft in der Form der so genannten atypisch stillen Gesellschaft, BB 1986, 1615; Kessler, Wolfgang/Teufel, Tobias, Gesellschafterfremdfinanzierung nach der Unternehmenssteuerreform, DB 2001, 1955; Kirchhof, Paul, Kompaktkommentar Einkommensteuergesetz, 8. Aufl. 2008; Kleine, Klaus, Typische oder atypische Gesellschaft zwischen herrschender und beherrschter Kapitalgesellschaft?, JbFfSt 1994/1995, 148; Lienau, Alexander/Lotz, Thomas, Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen und die steuerlichen Konsequenzen, DStR 1991, 618; Luttermann, Claus, Anmerkung zum Urteil des BFH vom 1. 8. 1996, JZ 1998, 107; Mack, Alexandra/Wollweber, Markus, § 42 AO – Viel Lärm um nichts?, DStR 2008, 182; Milatz, Jürgen, Die typische stille Beteiligung an einem Nicht-Handelsgewerbe,
485
§ 20
Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft DStZ 2006, 141; Moritz, Joachim, BFH konkretisiert Abgrenzungskriterien zwischen typisch und atypisch stiller Gesellschaft, GStB 2004, 261; Moritz, Joachim, Typisch stille und atypisch stille Gesellschaft, Aktuelles Steuerrecht 2004, 201; Paulick, Heinz, Die Einmann-GmbH Stille Gesellschaft (StG) im Steuerrecht, GmbHR 1982, 237; Pinkernell, Reimar, Einkünftezurechnung bei Personengesellschaften, 2001; Rauch, Isabel/Schimpfky, Peter/Schneider, Annette, Mezzanine Finanzierung, 2006, 119; Ritzrow, Manfred, Die Kriterien der Mitunternehmerschaft – Überblick über die Rechtsprechung des BFH, StBp 1993, 81, 105, 128, 150, 181; Ritzrow, Manfred, Innengesellschaft als Mitunternehmerschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, StBp 1999, 177, 197; Rodewald, Jörg, Vom Einzelunternehmen in die GmbH & Co. KG – Überlegungen im Zusammenhang mit der verdeckten Mitunternehmerschaft, GmbHR 1997, 582; Ruban, Reinhild, Die atypische stille Gesellschaft im Ertragssteuerrecht – Tendenzen in der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, DStZ 1995, 637; Schulze zur Wiesche, Dieter, Ist die typische GmbH & Still tot?, GmbHR 1991, 533; Schulze zur Wiesche, Dieter, Mitunternehmerschaft und Mitunternehmerstellung, DB 1997, 244; Schulze zur Wiesche, Dieter, Völlige Gleichstellung der atypisch stillen Gesellschaft mit der Personenhandelsgesellschaft?, DStZ 1998, 285; Schwedhelm, Rolf, Die GmbH & Still als Mitunternehmerschaft, 1987; Söffing, Günter, Besteuerung der Mitunternehmer, 5. Aufl. 2005; Sudhoff, Heinrich/Sudhoff, Martin, Stille Beteiligung an einer GmbH und die Umwandlung dieser Beteiligung, GmbHR 1984, 77; Steinacker, Jörg, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, Diss. Erlangen/Nürnberg, 1992, 1993; Tipke, Klaus/Kruse, Heinrich-Wilhelm, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung (Loseblatt); Troost, Jürgen, Die steuerliche Abgrenzung zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften, 1997; Walter, Wolfgang, Die atypisch stille Gesellschaft als Instrument der Verlustnutzung, GStB 2000, 50; Weber, Klaus, Ende der typisch stillen Gesellschaft bei beherrschendem Einfluss?, DB 1992, 546; Weber, Klaus, Die Bedeutung der Geschäftsführer-Tätigkeit für die Annahme einer atypischen GmbH & Still, GmbHR 1994, 144; Weigl, Gerald, Anwendungs- und Problemfelder, DStR 1999, 1568; Weilbach, Erich A./Weilbach, Helmut, Die Mitunternehmerschaft im Lichte der neuen Rechtsprechung des BFH, StB 2000, 176; Winter, Willi, Die atypisch stille Beteiligung an der eigenen GmbH nach der Steuerreform, GStB 2001, 104.
I. Die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften
20.1
Für die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften gelten grundsätzlich die zivilrechtlichen Regeln, also insbesondere die §§ 230 ff. HGB. Nur in verhältnismäßig wenigen Fällen weicht die steuerrechtliche Wertung von der zivilrechtlichen prinzipiell ab. Große Probleme bereitet es aber unter Umständen, das Bestehen einer stillen Gesellschaft im Steuerverfahren nachzuweisen. Hier ist danach zu unterscheiden, ob von den Steuerpflichtigen oder von der Finanzverwaltung das Bestehen einer stillen Gesellschaft vorgetragen bzw. bestritten wird. In beiden Fällen gelten unterschiedliche Beweisregeln.
20.2
Zur steuerlichen Anerkennung von stillen Gesellschaften liegt eine überaus umfangreiche Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte vor. Zwar bestehen nur verhältnismäßig wenige gesetzliche Regelungen, in denen das Steuerrecht bezüglich des Vorliegens einer stillen Gesellschaft von den zivilrechtlichen Regeln abweicht. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um die §§ 38–42 AO, deren Anwendung auf die stille Gesellschaft kaum spezifische Probleme bereitet. Ursache für die Rechtsprechungsflut sind vielmehr die zahlreichen zivilrechtlichen Vorfragen, die für die Anerkennung von stillen 486
Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
§ 20
Gesellschaften zu beantworten sind, sowie die Probleme, die der Nachweis der stillen Gesellschaft im Besteuerungsverfahren bereitet. Die zivilrechtlichen Vorfragen, wann eine stille Gesellschaft vorliegt, sind bereits im ersten Teil des Handbuchs behandelt worden (vgl. Rn. 4.1 ff.). Dort ist auch auf die einschlägige Rechtsprechung der Finanzgerichtsbarkeit eingegangen worden. Diese Aspekte sind im Folgenden nicht zu wiederholen. Einzugehen ist lediglich auf die grundsätzliche Maßgeblichkeit des Zivilrechts für das Steuerrecht samt der davon abweichenden Regeln sowie auf das Problem des Nachweises der stillen Gesellschaft im Rahmen des Steuerverfahrens.
20.3
Besondere Probleme bereitet die steuerliche Anerkennung einer stillen Gesellschaft naturgemäß dann, wenn Inhaber und stiller Gesellschafter bei der Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses, und zwar insbesondere hinsichtlich der Gewinn- und Verlustverteilung, keine entgegengesetzten Interessen verfolgen1. In diesen Fällen liegt es nahe, dass Gewinn und Verlust nicht durch den Beitrag zur Gesellschaft veranlasst, sondern auf einen anderen Grund zurückzuführen sind, der steuerlich nicht anzuerkennen ist. Die zivilrechtliche Lage kann daher für die steuerliche Behandlung nicht mehr allein maßgeblich sein. Die Einkünfte aus dem Gesellschaftsverhältnis können vielmehr nur insoweit steuerlich anerkannt werden, wie sie auch unter fremden Dritten vereinbart worden wären. Zur Vorbeugung gegen Manipulationen der Besteuerung sind in diesem Fall zudem besondere Anforderungen an den Nachweis der stillen Gesellschaft gegenüber der Finanzverwaltung zu stellen. Auf die hiermit verbundenen Probleme, die vor allem stille Gesellschaften unter Familienangehörigen sowie die GmbH & Still betreffen, wird gesondert in § 21 eingegangen. Im Folgenden wird zunächst lediglich der Regelfall behandelt, dass Inhaber und stiller Gesellschafter beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags gegensätzliche Interessen verfolgen.
20.4
1. Prinzipielle Maßgeblichkeit des Zivilrechts Das Steuerrecht knüpft vielfach an das Vorliegen einer stillen Gesellschaft an, ausdrücklich etwa in den §§ 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, 15a Abs. 5 Nr. 1 und 3, 20 Abs. 1 Nr. 4, 44 Abs. 3 Satz 1 EStG und in § 8 Nr. 1 c) GewStG. Ein eigenständiger steuerrechtlicher Begriff der stillen Gesellschaft existiert aber nicht. Ob i.S. der genannten Vorschriften eine stille Gesellschaft besteht, bestimmt sich vielmehr grundsätzlich nach zivil- und handelsrechtlichen Maßstäben2.
1 Zu der Frage, wann dies der Fall ist, vgl. Rn. 21.3. 2 BFH v. 29. 10. 1969 – I R 80/67, BStBl. II 1970, 180 (für § 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG); bestätigt durch BFH v. 9. 10. 2000 – I B 60/00, BFH/NV 2001, 482 (482 m.w.N.) mit der Maßgabe, dass die Maßgeblichkeit des Zivilrechts für das Bestehen einer stillen Gesellschaft einer abweichenden Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht entgegensteht. Ebenso BFH v. 27. 2. 1963 – I 236/59 U, BStBl. III 1963, 370 (370); BFH v. 11. 11. 1965 – IV 82/62 U, BStBl. III 1966, 95 (95), jeweils für § 8 Nr. 3 GewStG, unter Aufgabe der entgegenstehenden früheren Rechtsprechung, die auch gesellschaftsähnliche Verhältnisse gewerbesteuerlich als stille Gesellschaften behandelt hatte. Al-
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20.5
§ 20
Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
20.6
Wegen der Maßgeblichkeit des Zivilrechts setzt auch steuerlich jedes stille Gesellschaftsverhältnis einen Gesellschaftsvertrag voraus, also die gegenseitige Verpflichtung zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks1. Nicht ausreichend ist demnach, dass jemand, ohne zivilrechtlich Gesellschafter zu sein, lediglich aufgrund eines schuldrechtlichen Austauschvertrages am Unternehmenserfolg beteiligt ist und Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen nehmen kann. Eine „faktische“ stille Gesellschaft ist ebenso wie jede andere Form einer „faktischen Mitunternehmerschaft“ auch im Steuerrecht nicht anzuerkennen2. Abweichende Konzepte, die im Einkommensteuerrecht eine eigenständige steuerrechtliche Zurechnung verfolgen, haben sich bislang nicht durchzusetzen vermocht3.
20.7
Erforderlich ist demnach grundsätzlich, dass die Beteiligten den konkreten Rechtsbindungswillen hatten, zivilrechtlich zwischen sich eine stille Gesellschaft zu begründen. Die Anforderungen hieran bestimmen sich nach dem Zivilrecht. Zu Recht ist demnach das FG Saarbrücken davon ausgegangen, dass der bloße Wille, eine steuerliche Mitunternehmerschaft zu begründen, nicht zur Begründung einer stillen Gesellschaft ausreicht, solange kein Einvernehmen darüber besteht, in welcher Form dies geschehen soll4. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Beteiligten ihre zivilrechtlich unwirksame Vereinbarung bereits teilweise in Vollzug gesetzt haben, also insbesondere bestimmte Leistungen erbracht haben.
20.8
Auch hinsichtlich der anderen Voraussetzungen einer stillen Gesellschaft gilt die Maßgeblichkeit des Zivilrechts, etwa für die Notwendigkeit, nicht nur an einzelnen Geschäften5, sondern an dem Handelsgewerbe als solchem oder zumindest einem abtrennbaren Teil6 von diesem beteiligt zu sein, für die Möglichkeit der schenkweisen Einbuchung der Einlage durch den Inhaber7 oder der Einlage von Know-how8 oder für das Erfordernis einer Gewinn-9, und nicht
1 2
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lerdings ist gewerbesteuerlich für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft ein Handelsgewerbe nicht erforderlich. Es genügt jedes Gewerbe. BFH v. 27. 2. 1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611 (614) unter 1.d); BFH v. 8. 4. 2008 – VIII R 3/05, DStR 2008, 1629 (1630). BFH v. 25. 6. 1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 (768 ff.); BFH v. 1. 8. 1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 (274) unter II.1.a.); BFH v. 16. 12. 1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 (482 f.) unter I.2.a). Vgl. etwa Pinkernell, Einkünftezurechnung bei Personengesellschaften, S. 141 ff.; Fischer, FR 1998, 813. FG Saarbrücken v. 14. 12. 1990 – 1 K 203/88, EFG 1991, 198. Vgl. BFH v. 27. 5. 1982 – V R 110 u. 111/81, BStBl. II 1982, 678. Ist ein Gesellschafter nur an einem Teil des Handelsgewerbes des Inhabers beteiligt, ist gewerbesteuerrechtlich von zwei verschiedenen Betrieben des Inhabers auszugehen, BFH v. 6. 12. 1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 (686 f.); BFH v. 27. 2. 1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611 (614). BFH v. 9. 9. 1954 – IV 574/53, BFHE 59, 275; BFH v. 9. 10. 2001 – VIII R 77/98, DStR 2001, 2108 (2109). BFH v. 27. 2. 1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611 (612 f.) unter 1.a). Die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters muss zivilrechtlich nicht periodisch, sondern kann auch erst bei Auflösung der Gesellschaft erfolgen. Dies gilt
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Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
§ 20
nur einer erfolgsunabhängigen oder in die Willkür des Inhabers gestellten Beteiligung1. Auch wegen der Abgrenzung zu ähnlichen Rechtsverhältnissen wie etwa Treuhandverträgen (vgl. Rn. 8.52 ff.) oder partiarischen Darlehen (vgl. Rn. 8.20 ff.) ist auf den zivilrechtlichen Teil zu verweisen. Wie im Zivilrecht gilt zudem, dass Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen für die Besteuerung ohne Bedeutung sind. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Besteuerung maßgebend, § 41 Abs. 2 AO. Wird eine typische oder atypische stille Gesellschaft nur zum Schein errichtet, d.h. fehlt es den Beteiligten an dem Willen, ein ernsthaftes Gesellschaftsverhältnis zu begründen, so führt dies demnach dazu, dass der im Handelsgewerbe des Inhabers erwirtschaftete Gewinn grundsätzlich nach wie vor diesem im vollen Umfange zugerechnet wird.
20.9
Nicht zu den Scheingeschäften sind die Fälle zu zählen, in denen die Beteiligten die Gesellschaft aus steuerlichen2 oder familienpolitischen3 Motiven heraus schließen. Der Tatbestand des Bestehens einer Gesellschaft ist unabhängig von der Motivation, aus der heraus das Gesellschaftsverhältnis von den Beteiligten eingegangen wird4. Auch steht es jedem Steuerpflichtigen frei, sich wirtschaftlich so zu verhalten, dass keine oder nur eine möglichst geringe Steuer anfällt5. Dieser anerkannte Grundsatz gilt für die stille Gesellschaft ebenso wie für alle anderen Formen wirtschaftlicher Betätigung. Grenzen für die steuerliche Anerkennung stellen aber die in § 21 dargestellten Besonderheiten sowie die Unbeachtlichkeit eines Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO (vgl. Rn. 20.44 ff.) dar. Ertragsteuerlich setzt die Anerkennung einer stillen Gesellschaft zudem voraus, dass die Steuerpflichtigen beabsichtigen, einen Totalgewinn für sich zu erzielen, und die Gesellschaft nicht nur als Vehikel für ihre Liebhaberei verwenden (vgl. Rn. 20.16).
20.10
1
2
3 4 5
grundsätzlich auch steuerrechtlich (offen gelassen durch BFH v. 27. 5. 1993 – IV R 1/92, BStBl. II 1994, 700 (701) unter 3.c). A.A wohl FG Köln v. 14. 11. 2006 – 9 K 2612/04, DStRE 2007, 762 (766), welches eine laufende Gewinnbeteiligung für erforderlich hält. BFH v. 27. 2. 1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611 (613) unter 1.c); BFH v. 27. 5. 1993 – IV R 1/92, BStBl. II 1994, 700 (701) unter 3.c.); RFH v. 31. 1. 1931 – VI A 1457/30, StuW 1931, Nr. 302. BFH v. 22. 8. 1951 – IV 246/50 S, BStBl. III 1951, 181 (183); BFH v. 14. 10. 1964 – II 175/61 U, BStBl. III 1964, 667 (669); BFH v. 15. 11. 1967 – IV R 139/67, BStBl. II 1968, 152 (155); BFH v. 1. 3. 1974 – VI R 31/71, BStBl. II 1974, 382. RFH v. 20. 1. 1944 – III 38/43, RStBl. 1944, 435. Grundlegend BFH v. 22. 8. 1951 – IV 246/50 S, BStBl. III 1951, 181 (183); bestätigend BFH v. 14. 5. 2003 – X R 14/99, HFR 2003, 1148. BFH v. 22. 8. 1951 – IV 246/50 S, BStBl. III 1951, 181 (183) mit dem zutreffenden Argument, dass andernfalls die vielen Steuergesetzen inhärente wirtschaftslenkende Funktion leer liefe.
489
§ 20
Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
2. Vom Zivilrecht abweichende Regeln für das Vorliegen stiller Gesellschaften Folgende Sonderregeln gelten für die Anerkennung von stillen Gesellschaften im Steuerrecht:
20.11
Der Gesellschaftsvertrag muss tatsächlich vollzogen sein. Lediglich der Abschluss des Gesellschaftsvertrags ohne vertragsgemäße Durchführung ist steuerrechtlich unbeachtlich. Das Steuerrecht knüpft nicht an das an, was hätte sein sollen, sondern an das, was tatsächlich geschehen ist. Vollzug des stillen Gesellschaftsverhältnisses bedeutet grundsätzlich, dass der stille Gesellschafter seine Einlage in das Vermögen des Inhabers leistet1.
20.12
Abweichend von der zivilrechtlichen Beurteilung kommt es für das Steuerrecht demnach nicht auf die zivilrechtliche Wirksamkeit des vereinbarten Gesellschaftsvertrags an. Maßgeblich ist auch insoweit lediglich dessen tatsächlicher Vollzug. Ist ein Gesellschaftsvertrag nichtig, ist dies für die Besteuerung insoweit und so lange ohne Bedeutung, wie die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis des Gesellschaftsvertrags eintreten und bestehen lassen (§ 41 Abs. 1 AO)2. Dies gilt auch dann, wenn ein Gesellschaftsvertrag gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (§ 40 AO). Auf die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft, die auch auf die stille Gesellschaft anwendbar sind (vgl. Rn. 11.1 ff.), muss steuerlich daher grundsätzlich nicht zurückgegriffen werden, ein solcher Rückgriff schadet allerdings auch nicht.
20.13
Wird die stille Beteiligung treuhänderisch für einen anderen gehalten, ändert dies zivilrechtlich nichts daran, dass ein stilles Gesellschaftsverhältnis lediglich zu dem Treuhänder, nicht aber zu dem Treugeber besteht (vgl. Rn. 8.52 ff.). Steuerrechtlich wird das Gesellschaftsverhältnis hingegen nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO dem Treugeber als Wirtschaftsgut zugerechnet. Folglich wird der Treugeber auch ertrag- und gewerbesteuerlich als Gesellschafter behandelt. Geht ein Kaufmann im Wege mittelbarer Stellvertretung für einen anderen Gewerbetreibenden stille Gesellschaftsverhältnisse mit Kapitalgebern ein und wissen diese von der mittelbaren Stellvertretung, ist auch dies nach Ansicht des BFH ein Fall des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO3. Sind die Gesellschaftsrechte eines Beteiligten, z.B. durch Kündigungs- oder Rückfallklauseln, so stark eingeschränkt, dass von einer tatsächlichen Herrschaft des Beteiligten über seine Gesellschaftsbeteiligung nicht mehr ernsthaft gesprochen wer-
1 BFH v. 10. 7. 1997 – IV B 90/96, DStRE 1997, 777. 2 BFH v. 16. 12. 1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 (483) (unter I.2.b); BFH v. 13. 5. 1998 – VIII R 81/96, DStRE 1999, 388 (390) unter II.2.a)cc). Wegen der Besonderheiten bei stillen Familiengesellschaften vgl. Rn. 21.4 ff. 3 BFH v. 9. 10. 2000 – I B 60/00, BFH/NV 2001, 482 (482); vorgehend FG Nürnberg v. 25. 1. 2000 – I 133/97, EFG 2000, 641 (641). In diesen Fällen ist auch § 42 AO in Betracht zu ziehen.
490
Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
§ 20
den kann, erfolgt ebenfalls eine abweichende Zurechnung (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO)1. Steuertatbestände oder Teile von ihnen sind unveränderlich, sobald sie einmal verwirklicht bzw. nicht verwirklicht worden sind. Eine rückwirkende Einflussnahme auf Sachverhalte durch den Steuerpflichtigen ist grundsätzlich nicht zulässig. Rückwirkend abgeschlossene oder abgeänderte Gesellschaftsverträge werden steuerlich folglich erst ab dem Zeitpunkt der Abschlusses bzw. der Änderung des Vertrages anerkannt2. Dies gilt auch dann, wenn der Inhaber sein Handelsgeschäft veräußert, sich aber fortan an diesem als stiller Gesellschafter beteiligt. Maßgeblich bleibt allein der Zeitpunkt der Einigung der Vertragspartner über die Verschaffung des Eigentums und der Übergabe des Handelsgeschäfts3. Ebenso werden andere Vereinbarungen, insbesondere über die Gewinn- und Verlustbeteiligung4, von der steuerlichen Unbeachtlichkeit der Rückbewirkung erfasst, nicht aber ein Vergleich, mit dem nachträglich die tatsächliche Ungewissheit über die Rechtslage beseitigt wird5. Genehmigungen von Gesellschaftsverträgen, die insbesondere bei Familiengesellschaften erforderlich sein können, wirken nach der Rechtsprechung allerdings unter gewissen Bedingungen steuerlich zurück (vgl. Rn. 21.23).
20.14
Wird das bereits eingetretene wirtschaftliche Ergebnis des nichtigen Gesellschaftsvertrags nachträglich beseitigt oder das anfechtbare Gesellschaftsverhältnis mit Erfolg angefochten, sind Steuerfestsetzungen und Steuerfeststellungen, die aufgrund des nichtigen oder anfechtbaren Vertrags erfolgt sind, zurückzunehmen oder zu ändern und entrichtete Steuern zu erstatten.
20.15
Die Motive, aus denen die stille Beteiligung eingegangen wird, sind zivilrechtlich unbeachtlich. Auch derjenige, der eine stille Gesellschaft lediglich aus privaten Gründen eingeht und nicht ernsthaft für sich selbst mit einem Gewinn durch Teilnahme an der Gesellschaft rechnet, wird Gesellschafter. Ertragsteuerlich muss hingegen eine Totalgewinnabsicht verfolgt werden, damit die stille Gesellschaft anerkannt wird6. Unbeachtlich sind demnach stille Beteiligungen, die ohne Gewinnabsicht lediglich deswegen eingegangen werden, um den Inhaber bei einer Tätigkeit zu unterstützen, die mit einer privaten Liebhaberei des stillen Gesellschafters, etwa der Pferdezucht, zusammenfällt.
20.16
1 Vgl. RFH v. 22. 10. 1931 – VI A 1949/29, StuW 1932, Nr. 15; BFH v. 6. 11. 1929 – VI A 756/29, RStBl. 1930, 194; BFH v. 23. 6. 1976 – I R 178/74, BStBl. II 1976, 678. 2 Berufen sich die Gesellschafter auf frühere mündliche Abreden, so müssen sie nachweisen, dass diese Abreden tatsächlich getroffen und vollzogen worden sind. 3 FG Schleswig-Holstein v. 29. 1. 1954, EFG 1954, 151 Nr. 173. 4 Vgl. BFH. v. 7. 7. 1983 – IV R 209/80, BStBl. II 1984, 53 unter 2. 5 BFH v. 24. 3. 1975 – IV S 22/74, BStBl. II 1975, 723. 6 BFH v. 14. 7. 1998 – VIII B 112/97, BFH/NV 1999, 169.
491
§ 20
Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
3. Mehrere Rechtsverhältnisse zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter
20.17
Sonderregeln können eingreifen, wenn zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter mehrere Rechtsverhältnisse existieren oder Inhaber und stiller Gesellschafter miteinander personell verflochten sind. Zu unterscheiden sind auch in diesen Fällen die Regeln für die Anerkennung und steuerliche Behandlung der stillen Gesellschaften von den damit zusammenhängenden Beweisfragen (zu diesen vgl. Rn. 20.23 ff.).
20.18
Bestehen zwischen den Beteiligten verschiedene Rechtsverhältnisse, sind diese steuerlich grundsätzlich gesondert zu berücksichtigen. Die bloße Kumulation von Risiken und Einflussmöglichkeiten aus verschiedenen Rechtsverhältnissen führt im Steuerrecht ebenso wenig wie im Zivilrecht zur Annahme einer stillen Gesellschaft1.
20.19
Wegen der prinzipiellen steuerlichen Selbständigkeit verschiedener Rechtsverhältnisse kann ein stiller Gesellschafter mit dem Inhaber auch steuerlich noch in weiteren Rechtsverhältnissen stehen, etwa in Arbeits- oder Mietverhältnissen. Erforderlich sind insofern lediglich entsprechende zivilrechtliche Vereinbarungen. Handelt es sich um eine typische stille Gesellschaft, werden die Einkünfte auch je nach Rechtsverhältnis unterschiedlich besteuert, also die Einkünfte aus der typischen stillen Gesellschaft gemäß § 20 EStG, die Einkünfte aus Mietverhältnissen gemäß § 21 EStG und die Einkünfte aus Arbeitsverhältnissen gemäß § 19 EStG. Handelt es sich hingegen um eine atypische stille Gesellschaft, ist der stille Gesellschafter also Mitunternehmer, stellen die Einkünfte aus den weiteren Rechtsverhältnissen Sondervergütungen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar2 und sind demnach grundsätzlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu veranlagen.
20.20
Die prinzipielle Maßgeblichkeit des Zivilrechts für die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften gilt grundsätzlich auch bei personellen Verflechtungen zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter. So können Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zugleich an dieser still beteiligt sein3, und zwar auch dann, wenn sie die Kapitalgesellschaft beherrschen4. Die doppelte Beteiligung an der Kapitalgesellschaft wirkt sich aber unter Umständen darauf aus, wie die stille Beteiligung besteuert wird. Dies betrifft insbesondere die GmbH & Still (ausführlich hierzu Rn. 21.78 ff.).
20.21
Auch Gesellschafter einer Gesamthandsgesellschaft können sich an dieser zusätzlich still beteiligen. Ertragsteuerlich führt die stille Gesellschaft in diesem 1 BFH v. 1. 8. 1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 (274) unter II.1.a). 2 BFH v. 31. 8. 1999 – VIII R 21/98, BFH/NV 2000, 555 (557). 3 BFH v. 21. 6. 1983 – VIII R 237/80, BFHE 138, 458 = BStBl. II 1983, 563; BFH v. 6. 2. 1980 – I R 50/76, BFHE 130, 268 = BStBl. 1980, 477; BFH v. 9. 9. 1952 – I 55/52 U, BStBl. III 1952, 276 = StRK DMBilG § 30 R. 3; BFH v. 20. 8. 1954 – I 103/53 U, BStBl. III 1954, 336 = StRK EStG § 15 R. 22. Zur GmbH & Still siehe im Einzelnen unten Rn. 21.61 ff. 4 Vgl. auch Knobbe-Keuk, StuW 1982, 201 (221).
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Fall allerdings wiederum zu Sondervergütungen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG1; die Einkünfte aus der stillen Beteiligung werden also als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfasst, unabhängig davon, ob die stille Gesellschaft steuerlich typisch oder atypisch ausgestaltet ist. Tritt der stille Gesellschafter nachträglich in die Gesellschaft des Inhabers ein, gewinnt die stille Beteiligung den Charakter der Sondervergütung mit dem Beitritt. Einzelkaufleute können sich an ihrem eigenen Gewerbetrieb nicht still beteiligen. Auch insoweit folgt das Steuerrecht dem Zivilrecht.
20.22
4. Der Nachweis der stillen Gesellschaft In der Praxis ist die steuerliche Anerkennung einer stillen Gesellschaft häufig weniger eine Rechts- als eine Beweisfrage. Dies gilt insbesondere dafür, ob eine bestimmte zivilrechtliche Vereinbarung als stille Gesellschaft einzuordnen ist oder ob von bestimmten Tatsachen auf eine solche Vereinbarung zurückgeschlossen werden kann.
20.23
Die steuerliche Anerkennung stiller Gesellschaften bereitet Schwierigkeiten, weil es nicht darauf ankommt, ob ein bestimmtes Rechtsverhältnis von den Beteiligten als stilles Gesellschaftsverhältnis bezeichnet oder auch nur als solches angesehen worden ist, sondern ausschließlich darauf, ob objektiv nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Tatbestandsmerkmale einer stillen Gesellschaft, insbesondere ein entsprechender Rechtsbindungswille, vorliegen2. Dies kann wegen der fließenden Übergänge etwa zu partiarischen Darlehen oder zu Arbeitsverhältnissen mit Gewinnbeteiligung des Arbeitnehmers schwierig zu beurteilen sein. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Rechtsinstituten spielen dabei im Steuerrecht häufig eine größere Rolle als im Zivilrecht. Der Streit um die Einordnung eines Rechtsverhältnisses wird daher oft nicht zwischen den Gesellschaftern, sondern zwischen ihnen und den Finanzbehörden ausgetragen. Dabei geht es gleichermaßen um Fälle, in denen das Vorliegen einer stillen Gesellschaft von den Steuerpflichtigen behauptet, von der Finanzverwaltung aber bestritten wird, wie um Konstellationen verdeckter Gesellschaftsverhältnisse, also Sachverhalte, bei denen das Vorliegen einer stillen Gesellschaft von der Finanzverwaltung vorgetragen, von den Beteiligten aber bestritten wird.
20.24
Grundsätzlich müssen die Finanzverwaltung steuerbegründende und steuererhöhende, der Steuerpflichtige steuerentlastende und steuermindernde Tatsachen benennen und beweisen. Für das Bestehen eines verdeckten stillen Ge-
20.25
1 BFH v. 10. 11. 1983 – IV R 62/82, BStBl. II 1984, 605 (606 passim); BFH v. 21. 9. 2000 – IV R 50/99, BStBl. II 2001, 299. 2 BFH v. 16. 12. 1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 401 (480) unter I.2.b)aa); BFH v. 22. 7. 1997 – VII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (769); BFH v. 1. 8. 1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 (274 f.) unter II.1.a); allgemein auch BFH v. 14. 5. 1986 – II R 22/84, BStBl. II 1986, 620 (621).
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sellschaftsverhältnisses ist demnach grundsätzlich die Finanzverwaltung objektiv beweisbelastet1.
20.26
Beweismaß ist theoretisch die volle Überzeugung der Finanzverwaltung bzw. des Gerichts; in der Praxis wird aber von den Angaben des Steuerpflichtigen ausgegangen, die nur stichprobenartig bzw. bei besonderem Anlass überprüft werden. Anderes ist nicht zu bewerkstelligen. Verletzt der Steuerpflichtige Mitwirkungs- und Dokumentationspflichten, wird das Beweismaß zu seinen Lasten auf die größtmögliche Wahrscheinlichkeit herabgesetzt. Dies betrifft bei der stillen Gesellschaft vor allem den Inhaber, da er gemäß §§ 238 ff. HGB über Abschluss und Durchführung der Gesellschaft Buch zu führen hat. Wegen der leichteren Manipulierbarkeit pflegen Finanzverwaltung und Gerichte bei reinen Innengesellschaften zudem höhere Sorgfaltsmaßstäbe an die Dokumentation des Gesellschaftsabschlusses zu stellen als bei Außengesellschaften2, zumal dann, wenn Inhaber und stiller Gesellschafter keine gegensätzlichen Interessen aufweisen3. Umgekehrt hat eine ordnungsgemäße Buchführung aber gemäß § 158 AO die Rechtsvermutung der Richtigkeit für sich, solange nicht ihre sachliche Unrichtigkeit im Einzelnen erwiesen ist. Schriftliche Verträge haben zudem die Vermutung für sich, dass Text, Vertragswille und tatsächliche Handhabung des Gesellschaftsvertrags übereinstimmen4.
20.27
Eigene Beweismaßstäbe gelten, wenn der Gesellschaftsvertrag im Wege des Selbstkontrahierens geschlossen wird. In diesem Fall muss der Inhaber den Vertragsschluss so dokumentieren, dass nachträgliche Manipulationen ausgeschlossen sind5. Die einfache Schriftform reicht hierfür nicht, da der Inhaber die Urkunde jederzeit sanktionslos unterdrücken oder deren Unbeachtlichkeit behaupten könnte. Erforderlich ist vielmehr regelmäßig die ordnungsgemäße Einbuchung der Einlage in die Buchführung des Inhabers. Die bloße Zahlung der Einlage genügt nicht, sofern sie sich nicht zweifelsfrei der stillen Beteiligung zuordnen lässt6. Als Nachweis sollte auch die Benachrichtigung des Finanzamtes vom Abschluss des Gesellschaftsvertrags genügen7. a) Nachweis des Rechtsbindungswillens
20.28
Wegen der Maßgeblichkeit des Zivilrechts führen lediglich faktische Verhältnisse im Steuerrecht ebenso wenig zur Annahme einer Gesellschaft wie im Zivilrecht. Für die Anerkennung einer stillen Gesellschaft ist daher zunächst 1 2 3 4
FG Rheinland-Pfalz v. 9. 6. 1998 – 2 K 1433/96. FG Hamburg v. 15. 7. 1993 – I 222/90, EFG 1994, 150 (151) (für Unterbeteiligung). FG Hamburg v. 15. 7. 1993 – I 222/90, EFG 1994, 150 (151). BFH v. 9. 9. 1954 – IV 574/53 U, BStBl. III 1954, 317 = StRK EStG § 10 Abs. 1 Nr. 3 R. 23; BFH v. 15. 5. 1953 – III 103/52 S, BStBl. III 1953, 208 = StRK StAnpG § 5 R. 6. 5 Vgl. den anschaulichen Fall FG Nürnberg v. 4. 6. 1996 – VI 200/95, EFG 1996, 1137 (140). 6 BFH v. 10. 4. 1997 – IV B 90/96, DStRE 1997, 777. 7 FG Nürnberg v. 4. 7. 1996 – VI 200/95, EFG 1996, 1137; offen lassend BFH v. 10. 4. 1997 – IV B 90/96, DStRE 1997, 777.
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nachzuweisen, dass sich die Beteiligten zu einem bestimmten Zeitpunkt überhaupt rechtlich gerade im Rahmen einer Gesellschaft binden wollten1 (vgl. Rn. 8.16 ff.). Für den Steuerpflichtigen gilt insofern, dass der Gesellschaftsvertrag wegen der Maßgeblichkeit des Zivilrechts zwar grundsätzlich auch mündlich steuerwirksam abgeschlossen werden kann (vgl. Rn. 9.22 ff.), dass ohne schriftlichen Vertrag die steuerliche Anerkennung der stillen Gesellschaft wegen der zumindest den Inhaber treffenden Dokumentationspflichten aber nachhaltig bedroht ist. Dringend anzuraten und auch üblich ist es daher, den Gesellschaftsvertrag schriftlich abzuschließen2. Nur so lässt sich im Streitfall das Bestehen einer stillen Gesellschaft gegenüber der Finanzverwaltung sicher beweisen.
20.29
Trägt die Finanzverwaltung das Bestehen eines (verdeckten) stillen Gesellschaftsverhältnisses vor, muss auch sie einen Vertragsschluss der Beteiligten nachweisen. Selbstverständlich kann von ihr hierfür nicht verlangt werden, eine entsprechende Vertragsurkunde vorzulegen. Auf einen entsprechenden Rechtsbindungswillen ist vielmehr an Hand der gesamten äußeren Umstände des Sachverhalts zu schließen. Anerkannt ist, dass bloß faktische Einflussmöglichkeiten oder Expektanzen, wie etwa eine erwartete Erbschaft, die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses nicht rechtfertigen können3. Im Übrigen ist nicht abschließend geklärt, unter welchen Bedingungen der Schluss auf ein verdecktes Gesellschaftsverhältnis zulässig ist.
20.30
Liegen bei einem Beteiligten Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative als die maßgeblichen Kriterien für Mitunternehmerschaft vor, wurde nach früherer Auffassung des BFH auch eine entsprechende Gesellschafterstellung der betreffenden Person vermutet4. Diese Vermutung erleichtert den Nachweis eines verdeckten Gesellschaftsverhältnisses. Gegen sie ist aber einzuwenden, dass so die auch vom BFH materiellrechtlich abgelehnte „faktische Mitunternehmerschaft“ beweisrechtlich fortlebt5. In seiner jüngeren Rechtsprechung hat der BFH deswegen die Vermutung zugunsten eines Gesellschaftsverhältnisses bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Mitunternehmerschaft aufgegeben und stattdessen verlangt, dass für die Annahme eines verdeckten Gesellschaftsverhältnisses der Rechtsbindungswille der Parteien
20.31
1 BFH v. 25. 6. 1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 (768); BFH v. 16. 12. 1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 (482) unter I.2.a). 2 BFH v. 18. 12. 1970 – VI R 248/69, BStBl. II 1971, 426 (427); die meisten Entscheidungen, in denen der BFH die Möglichkeit eines mündlichen Vertragsschlusses betont, betreffen verdeckte Gesellschaftsverhältnisse, vgl. BFH v. 16. 12. 1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480. 3 BFH v. 1. 8. 1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 (274 f.) unter II.1.a). 4 Vgl. etwa BFH v. 2. 9. 1985 – IV B 51/85, BStBl. II 1986, 10 (11); BFH v. 13. 7. 1993 – VIII R 50/92, BStBl. II 1994, 282 (284); so auch BFH v. 18. 4. 2000 – VIII 68/98, BStBl. II 2001, 359 (362 f.). 5 Vgl. hierzu bereits Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 3b, S. 384 ff.
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eigenständig nachzuweisen sei1. Diese Klarstellung ist aus den genannten Gründen zu begrüßen2.
20.32
Die praktischen Auswirkungen dieser Rechtsprechungsänderung dürfen indes nicht überschätzt werden3. Weiterhin geht es bei einem verdeckten Gesellschaftsverhältnis darum, dem Beteiligten die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft nachzuweisen; die Voraussetzungen für das Bestehen eines bestimmten Gesellschaftsverhältnisses kommen lediglich hinzu, wobei auch in Zukunft die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses umso näher liegen dürfte, je ausgeprägter die Merkmale der Mitunternehmerschaft bei dem betreffenden Beteiligten erfüllt sind. Insgesamt nimmt die Rechtsprechung verdeckte Gesellschaftsverhältnisse bislang eher selten an4. In Betracht kommen solche insbesondere bei der GmbH & Co. KG sowie bei der GmbH & Still5. b) Nachweis der Merkmale einer stillen Gesellschaft
20.33
Ob ein bestimmtes Rechtsverhältnis eine stille Gesellschaft darstellt, bestimmt sich nicht allein nach dem Wortlaut der Vereinbarungen der Beteiligten6. Diese haben zwar – besonders in Grenzfällen – indizielle Bedeutung, schließen eine abweichende Beurteilung aber nicht aus. Maßgeblich ist vielmehr der Vertragswille der Beteiligten, wie er sich objektiv unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls – insbesondere auch der tatsächlichen Handhabung des Rechtsverhältnisses – ergibt7. Dies gilt unabhängig davon, ob von den Beteiligten oder von der Finanzverwaltung das Vorliegen einer stillen Gesellschaft vorgetragen wird.
20.34
Entscheidend für die Abgrenzung ist demnach regelmäßig die Frage, ob die Beteiligten sich zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen oder ob sie lediglich ihre eigenen Interessen verfolgt haben8. Das Verhältnis der Beteiligten muss auf Leistungsvereinigung statt auf bloßen
1 BFH v. 1. 7. 2003 – VIII R 2/03, DStRE 2003, 1441 (1442); BFH v. 1. 8. 1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 (274 f.) unter II.1.a). 2 Zustimmend etwa Luttermann, JZ 1998, 107 (108); Ehlers, AktStR 1998, 67 (70). 3 Ehlers, AktStR 1998, 67 (70); Rodewald, GmbHR 1997, 582 (583). 4 Zu Recht spricht das FG Saarbrücken von „Ausnahmefällen“, FG Saarbrücken v. 14. 12. 1990 – 1 K 203(88), EFG 1991, 198. 5 Vgl. BFH v. 16. 7. 1986 – I R 78/79, BFH/NV 1987, 326; FG Münster v. 19. 4. 2007 – 3 K 3249/04 Erb, EFG 2007, 1705. 6 St. Rspr. BFH v. 13. 5. 1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355 (357) unter II.2.a); BFH v. 16. 12. 1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 (482) unter 2.b) m.w.N. 7 BFH 16. 12. 1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 (483) unter I.2.b) bb); BFH v. 1. 8. 1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 (276). 8 St. Rspr. BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (769 ff.) unter II.1.a) aa); BGH v. 10. 6. 1965 – III ZR 239/61, DB 1965, 1589; BGH v. 9. 2. 1967 – III ZR 226/64, BB 1967, 349; BFH v. 21. 6. 1983 – VIII R 237/80, BFHE 138, 458 (462) = BStBl. II 1983, 563.
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Leistungsaustausch gerichtet sein1. Die übrigen Tatbestandsmerkmale der stillen Gesellschaft sind weit weniger bedeutsam, zumal bei ihrem Fehlen häufig zumindest eine BGB-Innengesellschaft vorliegen wird, die weitgehend dieselben steuerlichen Folgen hat2. Entscheidendes Indiz für das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses ist, dass die Beteiligten das Risiko des Betriebs einer Vielzahl von Handelsgeschäften gemeinsam tragen wollten. Hierfür spricht vor allem eine an den jeweiligen Beiträgen orientierte Gewinn- und Verlustbeteiligung. Auch das Bestehen außergewöhnlich hoher Risiken kann auf eine stille Gesellschaft hindeuten3. Dies gilt umso mehr, als alle Formen von partiarischen Rechtsverhältnissen, also insbesondere partiarischen Darlehen, definitionsgemäß ausgeschlossen sind, sobald alle Beteiligten auch am Verlust beteiligt sind4.
20.35
Umgekehrt kann allerdings nicht bereits von dem Fehlen einer Verlustbeteiligung auf das Fehlen eines Gesellschaftsverhältnisses geschlossen werden. § 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB setzt ausdrücklich auch die Möglichkeit von stillen Gesellschaftsverhältnissen mit Verlustausschluss voraus. In Abgrenzung zu partiarischen Rechtsverhältnissen kann aber auch hier der Gedanke der Risikotragung verwandt werden. Ist faktisch die Möglichkeit des Verlustes für einen der Beteiligten wegen hinreichender Sicherheiten nicht mehr gegeben, spricht dies gegen das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses5.
20.36
Auf das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses deutet das Bestehen von Kontrollrechten hin. Je mehr Überwachungsrechte dem Kapitalgeber zustehen, desto näher liegt die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses zwischen ihm und dem Inhaber6. Dies gilt auch dann, wenn die Kontrollrechte nicht durch das fragliche Rechtsverhältnis vermittelt werden, sondern lediglich faktischer Natur sind, wie es etwa der Fall ist, wenn der beherrschende Gesellschafter einer GmbH der Gesellschaft Kapital zur Verfügung stellt und zweifelhaft ist, ob es sich hierbei um ein partiarisches Darlehen oder um eine stille Gesellschaft handelt7. Hingegen kann von dem Fehlen ausdrücklich vereinbar-
20.37
1 Siehe etwa FG Niedersachsen v. 13. 6. 2005 – 16 K 20366/01, EFG 2006, 272: Das FG äußerte sich in diesem Fall nicht zur entscheidenden Frage, ob ein Fall der Leistungsvereinigung oder des Leistungsaustausches vorliegt. Es lehnte das Vorliegen einer Gesellschaft ab, weil Amtshaftungsansprüche der fraglichen Gesellschaft im Prozess nicht als Ansprüche einer Gesamthandsgemeinschaft, sondern als eigenes Recht geltend gemacht wurden. Für die Beantwortung der Frage, ob eine stille Gesellschaft vorliegt, geht diese Argumentation jedoch fehl, da bei einer stillen Gesellschaft kein Gesamthandsvermögen entsteht. Siehe auch die Revisionsentscheidung BFH v. 16. 1. 2007 – IX R 48/05, BFH/NV 2007, 886. 2 Vgl. etwa BFH v. 16. 12. 1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 (484) unter 3.; BFH v. 13. 5. 1998 – VIII R/86, BFH/NV 1999, 355 (357). 3 BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (769) unter II.1.a) bb). 4 BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (770) unter II.1.a) bb). 5 Vgl. BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (769) unter II.1.a) bb). 6 BFH v. 18. 4. 2000 – VIII 68/98, BStBl. II 2001, 359 (364). 7 BFH v. 16. 7. 1986 – I R 78/79, BFH/NV 1987, 326 (328); BFH v. 19. 10. 2005 – I R 48/04, DStRE 2006, 239 (240).
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ter Überwachungsrechte nicht zwingend auf das Nichtvorliegen einer Gesellschaft geschlossen werden, denn nach dem HGB sind die Überwachungsrechte des stillen Gesellschafters nicht Voraussetzung, sondern Folge des Bestehens einer stillen Gesellschaft1.
20.38
Gemäß §§ 132, 234 Abs. 1 Satz 1 HGB können stille Gesellschaftsverhältnisse grundsätzlich mit einer Frist von 6 Monaten zum Jahresende gekündigt werden. Eine verhältnismäßig kurze Kündigungsfrist kann demnach nicht generell als Indiz gegen das Vorliegen einer stillen Gesellschaft gewertet werden2. Maßgeblich muss vielmehr sein, ob die Länge der Kündigungsfrist die Erreichung des Gesellschaftszwecks – also die Erzielung eines Totalgewinns – prinzipiell in Frage stellt. Nur in diesem Fall kann von der Kündigungsfrist auf einen fehlenden Willen zum Abschluss eines Gesellschaftsverhältnisses geschlossen werden. Bei langfristigen Investitionen sind allerdings auch legitime Interessen daran zu berücksichtigen, das Gesellschaftsverhältnis bereits vor Erreichen der Gewinnschwelle lösen zu können. Welche Kündigungsfrist angemessen ist, kann demnach lediglich für den Einzelfall bestimmt werden. Bei einer Gesellschaft, deren Gewerbe in dem Eingehen verhältnismäßig kurz laufender Börsenspekulationen bestand, hat der BFH selbst eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende allein nicht als hinreichendes Indiz gegen das Vorliegen einer stillen Gesellschaft gewertet3.
20.39
In der älteren Rechtsprechung ist es zudem als Indiz für ein Gesellschaftsverhältnis herangezogen worden, dass beide Beteiligten konkret bestimmte und dauerhafte Beiträge zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks geleistet haben. In der Tat widerspricht es dem Telos des Gesellschaftsverhältnisses, wenn die Beiträge unbestimmt sind oder der Inhaber nach Belieben seinen Beitrag erhöhen oder vermindern bzw. den Geschäftsbetrieb sogar ganz einstellen darf oder dies zumindest ohne Widerspruch tut4. c) Nachweis der Gewinn- und Verlustbeteiligung
20.40
Bei stillen Familiengesellschaften und bei der GmbH & Still, also in Fällen, bei denen zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter typischerweise kein Interessengegensatz besteht, ist zwischen der Anerkennung der stillen Gesellschaft als solcher und der Anerkennung der vereinbarten Gewinn- und Verlustbeteiligung zu unterscheiden (vgl. Rn. 21.11 ff.). Ist die stille Beteiligung als solche anzuerkennen, hält die vereinbarte Gewinn- und Verlustbeteiligung einem Fremdvergleich aber nicht stand, werden Gewinn und Verlust auf einen zwischen Dritten üblichen Betrag korrigiert (vgl. Rn. 21.47 ff.). Eine solche Korrektur kann auch in anderen Fällen in Betracht kommen. Jedoch ist bei diesen dann im Allgemeinen nicht zwischen der Anerkennung der stillen Gesellschaft und der ihrer Gewinn- und Verlustbeteiligung zu unterschei1 2 3 4
BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (770) unter II.1.a) bb). BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (770) unter II.1.a) aa). BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (770) unter II.1.a) aa). RFH v. 20. 4. 1932 – VI A 181/32, RStBl. 1932, 106; RFH v. 28. 8. 1930 – VI A 1213/30, RStBl. 1931, 21; RFH v. 6. 10. 1926 – VI A 464/26, Kartei EStG 1925, § 29 Nr. 3 R. 4.
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den1. Der Umstand, dass zwischen Personen, die gegenläufige Interessen verfolgen, eine bestimmte Gewinn- und Verlustbeteiligung vereinbart worden ist, indiziert vielmehr die Angemessenheit der Gewinn- und Verlustbeteiligung auch dann, wenn die Verteilung einem Drittvergleich nicht standhält2. Die Nichtanerkennung einer Gewinn- und Verlustverteilung kann demnach nicht lediglich mit ihrer Unangemessenheit begründet werden. Hinzukommen muss vielmehr zumindest die Möglichkeit, dass die Beteiligten bei der Vereinbarung der Verteilung keine widerstreitenden Interessen verfolgt haben. Ist dies ausnahmsweise der Fall, gelten die in § 21 dargestellten Grundsätze. Für die Frage, ob der stille Gesellschafter an dem Geschäftswert des Inhabers beteiligt ist, hat der BFH es als Indiz angesehen, dass die Bewertung des Handelsgeschäfts nach einer bei der Unternehmensbewertung üblichen Methode ermittelt werden soll3.
20.41
d) Nachweis von verdeckten stillen Gesellschaften bei der GmbH & Co. KG Zu der Möglichkeit eines verdeckten Gesellschaftsverhältnisses bei der GmbH & Co. KG hat der BFH insbesondere im Urteil vom 1. 8. 1996 Stellung genommen. Zugrunde lag vereinfacht ein Sachverhalt, in dem ein Einzelkaufmann sein Gewerbe in eine neu gegründete GmbH & Co. KG eingebracht hatte, deren Kommanditistin seine Ehefrau war. Er selbst übernahm die Geschäftsführung der GmbH.
20.42
In Erwägung zu ziehen war ein verdecktes Gesellschaftsverhältnis des Geschäftsführers in folgenden Formen: verdeckte Kommanditistenstellung in der KG, verdecktes Gesellschaftsverhältnis mit seiner Ehefrau oder insbesondere ein verdecktes stilles Beteiligungsverhältnis mit der KG4. Als maßgebliche Indizien zugunsten eines verdeckten stillen Gesellschaftsverhältnisses wertete der BFH die Entstehungsgeschichte des Unternehmens, den Umstand, dass die Gesellschaftsverträge die unternehmerische Führung umfassend dem Geschäftsführer zuwiesen und neben dem Ausmaß, in dem er über sein Geschäftsführergehalt an dem Gewinn der KG partizipierte, besonders die Frage, wie die Gesellschaftsverhältnisse tatsächlich gehandhabt worden waren5.
20.43
1 2 3 4
Fichtelmann, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 191. Söffing, Besteuerung der Mitunternehmer, S. 225. BFH v. 27. 5. 1993 – IV R 1/92, BStBl. II 1994, 700 (701). BFH v. 1. 8. 1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 (276). Das FG hatte eine Mitunternehmerschaft zur Kommanditistin angenommen. Der BFH sah Hinweise für Mitunternehmerschaft zur KG. Wegen § 173 HGB kommt für eine solche Mitunternehmerschaft wohl nur ein Rechtsbindungswillen zum Abschluss einer stillen Beteiligung in Betracht. Eine ähnliche Konstellation behandelt BFH v. 18. 6. 1998 – IV R 94/98, BFH/NV 1999, 295. 5 BFH v. 1. 8. 1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 (277) unter II., ebenso grundsätzlich BFH v. 16. 12. 1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 (483) unter I.2.b) bb); BFH v. 18. 6. 1998 – IV R 94/96, BFH/NV 1999, 295 (296 f.). Zu gestalterischen Konsequenzen aus dem Urteil vgl. Rodewald, GmbHR 1997, 582.
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5. Gestaltungsmissbrauch, § 42 AO
20.44
Werden Gestaltungsmöglichkeiten vom Steuerpflichtigen missbraucht, entsteht gemäß § 42 AO der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht. Diese Vorschrift findet auch auf stille Gesellschaftsverhältnisse Anwendung. Ihre praktische Bedeutung war aber begrenzt. § 42 AO a.F. griff nämlich erst dann ein, wenn die vertragliche Eigenqualifikation des Rechtsgeschäfts zivilrechtlich zwar zutraf, dennoch aber die im Steuertatbestand mit einem anderen Rechtsgeschäftstyp beschriebenen wirtschaftlichen Zwecke erfüllt wurden1. Die Fälle verdeckter Gesellschaftsverhältnisse, die bei der stillen Gesellschaft eine erhebliche Rolle spielten, wurden von § 42 AO also nicht erfasst. Bei ihnen führte nämlich bereits die zutreffende zivilrechtliche Bestimmung des Rechtsverhältnisses zum Vorliegen einer stillen Gesellschaft; lediglich die Eigenqualifikation der Beteiligten war – gewollt oder ungewollt – unzutreffend.
20.45
Ebenso wenig war § 42 AO grundsätzlich heranzuziehen, soweit es um die Anerkennung von stillen Gesellschaften ging, bei denen Inhaber und stiller Gesellschafter gleichgerichtete Interessen verfolgten, wie es insbesondere bei Gesellschaften zwischen Familienangehörigen und bei der GmbH & Still der Fall war. Hier genügte für eine zutreffende steuerliche Behandlung der vereinbarten Rechtsverhältnisse regelmäßig bereits eine hinreichende Subsumtion unter den Einkünfteerzielungstatbestand. Die von der überwiegend älteren Rechtsprechung praktizierte Zitierung von § 42 AO war unnötig, führte aber auch nicht zu abweichenden Ergebnissen2. Dies galt grundsätzlich auch dann, wenn bei gleichgerichteter Interessenverfolgung die vereinbarte Gewinn- und Verlustverteilung auf ein angemessenes, einem Fremdvergleich standhaltendes Maß korrigiert werden musste. In diesen Fällen zog die Rechtsprechung allerdings weiterhin zum Teil § 42 AO als Begründung für die partielle NichtAnerkennung der stillen Gesellschaft heran. Sachliche Differenzen waren hiermit nicht verbunden.
20.46
Durch das JStG 20083 wurde § 42 AO neu gefasst. Ziel der Neufassung war es, den Missbrauchstatbestand sowie deren Beweislastregelung präziser und effektiver zu definieren, um Rechtssicherheit der Besteuerung und Vermeidung des Missbrauchs zu erreichen4. Der Referentenentwurf vom 14. 6. 2007 erweiterte den Anwendungsbereich radikal, indem er den Steuerpflichtigen unter Generalverdacht der Steuerumgehung stellte, ihm zudem große Beweisschwierigkeiten auferlegte und ein tatsächliches Verständigungsverfahren mit der Finanzbehörde vorsah. Aufgrund heftiger Kritik5 an diesem ersten Entwurf folgte der Regie1 BFH v. 14. 5. 1986 – II R 22/84, BStBl. II 1986, 620; BFH v. 8. 5. 2001 – IX R 10/96, BStBl. II 2001, 720. 2 Vgl. die hilfsweise auf § 42 AO gestützte Argumentation des FG Saarbrücken v. 10. 4. 1992 – 1 K 64/90, EFG 1992, 500 (500). 3 BGBl. I 2007, 3150. 4 Vgl. Begr. RefE (S. 118) und RegE (BT-Drucks. 16/6290) zu § 42 AO in JStG 2008. 5 Brockmeyer, DStR 2007, 1325 (1330); Crezelius, DB 2007, 1428 (1429 f.); Hensell, Stbg 2007, Heft 7, M1.
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rungsentwurf vom 8. 8. 2007 in einer deutlich milderen Ausgestaltung. Kernelement des Missbrauchs sollte nunmehr die Wahl einer „ungewöhnlichen“ rechtlichen Gestaltung sein. Auch diese Version wurde jedoch abgelehnt. Der neue § 42 AO i.d.F. des JStG 2008 enthält erstmals eine gesetzliche Definition des Missbrauchsbegriffs. Missbrauch liegt demnach vor, wenn eine „unangemessene“ rechtliche Gestaltung gewählt wird, für die keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe durch den Steuerpflichtigen nachgewiesen werden. Aus § 42 AO n.F. lässt sich nunmehr eine feste Prüfungsreihenfolge entwickeln1. Existiert eine spezielle Missbrauchsnorm und sind deren Tatbestandsmerkmale erfüllt, ergeben sich die Rechtsfolgen allein aus dem einschlägigen Einzelsteuergesetz, § 42 Abs. 1 AO. Ist hingegen kein Einzelsteuergesetz einschlägig bzw. dessen Tatbestand nicht erfüllt, richtet sich die weitere Prüfung nach Abs. 2. Hier ist zunächst die Frage aufzuwerfen, ob eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wurde. Dazu ist ein Vergleich der steuerlichen Auswirkungen einer angemessenen und der im konkreten Fall gewählten rechtlichen Gestaltung anzustellen. Ergibt sich hierbei für den Steuerpflichtigen oder einen Dritten ein Steuervorteil, ist zu prüfen, ob dieser Steuervorteil gesetzlich vorgesehen ist. Wird dies verneint, kann sich der Steuerpflichtige vom Vorwurf des Missbrauchs nur dadurch entlasten, dass er für die von ihm gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind (§ 42 Abs. 2 Satz 2 AO). Die Rechtsfolge in § 42 Abs. 1 AO – nunmehr in Satz 3 – bleibt unverändert.
20.47
Hinsichtlich des Kriteriums der „Unangemessenheit“ ist mangels Legaldefinition nach Auffassung einiger Stimmen im Schrifttum zu erwarten, dass auf den zu § 42 AO a.F. vom BFH in ständiger Rechtsprechung entwickelten Begriff der Unangemessenheit zurückgegriffen werden wird2. Demnach ist eine rechtliche Gestaltung dann unangemessen, wenn „der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zur Erreichung eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll3.
20.48
Der Nachweis für das Vorliegen einer „unangemessenen rechtlichen Gestaltung“ obliegt der Finanzbehörde, während der Steuerpflichtige nachzuweisen hat, dass für die von ihm gewählte Gestaltung beachtliche außersteuerliche Gründe vorliegen4.
20.49
1 Häuselmann, BB 2008, 20 (24); Brockmann/Hörster, NWB Nr. 3, Fach 2, S. 9657 (9659). 2 Siehe etwa Mack/Wollweber, DStR 2008, 182 (186); Heinzen, FR 2009, 599 (605); Hey, BB 2009, 1044 (1048). 3 Vgl. nur BFH v. 20. 5. 1998 – III B 9/98, BStBl. II 2001, 43; BFH v. 18. 3. 2004 – III R 25/02, BStBl. II 2004, 787. 4 Mack/Wollweber, DStR 2008, 182 (185); Heintzen, FR 2009, 599 (604).
501
§ 20
Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
20.50
Insgesamt entfernt sich die Neufassung des § 42 AO damit nicht weit von der bisherigen Regelung1. Für die Praxis dürften sich daher keine wesentlichen Änderungen ergeben.
20.51
Vor diesem Hintergrund bleibt für § 42 AO auch in der Fassung des JStG 2008 aufgrund der zuvor genannten, vorrangigen Regeln für § 42 AO nur ein geringer Anwendungsbereich, der spezifisch mit dem Vorliegen einer stillen Gesellschaft zu tun hat2. Die allgemein zu § 42 AO anerkannten Fallgruppen, etwa die schenkungsteuerlich unbeachtliche Kettenschenkung, bleiben auch auf die stille Gesellschaft anwendbar.
II. Die Unterscheidung von typischer und atypischer stiller Gesellschaft im Steuerrecht
20.52
Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG gehören Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, es sei denn, dass der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist. Für die Ermittlung der steuerlichen Einkunftsart kommt es also darauf an, ob der stille Gesellschafter Mitunternehmer ist oder nicht. Ist der stille Gesellschafter nicht Mitunternehmer, erzielt er Einkünfte aus Kapitalvermögen. Eine solche Gesellschaft wird auch als typische stille Gesellschaft im steuerrechtlichen Sinne bezeichnet. Dieser Begriff hat sich insoweit vom Handelsrecht gelöst, als er allein darauf abstellt, ob der stille Gesellschafter Mitunternehmer ist oder nicht. Sonstige Abweichungen vom gesetzlichen Leitbild der §§ 230 ff. HGB sind im Steuerrecht irrelevant. Der Begriff wird allein zur schlagwortartigen Bezeichnung all derjenigen stillen Gesellschaften verwendet, die zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Ist der stille Gesellschafter Mitunternehmer, erzielt er Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Eine solche Gesellschaft wird auch als atypische stille Gesellschaft bezeichnet.
20.53
§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG gibt vor, dass stille Gesellschaften Mitunternehmerschaften i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG darstellen können. Es ist also gesetzlich geregelt, dass es für die Annahme einer Mitunternehmerschaft nicht schadet, dass die stille Gesellschaft handelsrechtlich als bloße Innengesellschaft kein Gesellschaftsvermögen hat. Historisch geht diese Regelung auf Enno Becker zurück, nach dessen Ansicht es für die Besteuerung keinen Unterschied machen sollte, ob gemeinschaftliches Gesellschaftsvermögen vorhanden ist oder Gesellschaftsvermögen eines Beteiligten, das im Innenverhältnis wie ein Vermögen zur gesamten Hand zu behandeln ist3. Es geht hier also um die Gleichbehandlung von atypischer stiller Gesellschaft und Kommanditgesellschaft. Die Frage, inwieweit eine solche Gleichbehandlung mit der Kommanditgesellschaft im Steuerrecht angezeigt ist, ist für die steuerliche Beurtei1 Häuselmann, BB 2008, 20 (23 f.); Mack/Wollweber, DStR 2008, 182 (186); von Wedelstädt, DB 2007, 2558 (2559). 2 Siehe etwa FG Saarland v. 15. 7. 2003 – I K 347/00, GmbHR 2003, 1446 (1447) bzgl. Einbuchung einer „nutzlosen“ Forderung als stille Einlage. 3 Becker, StuW 1925, 1579 (1606).
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lung von zentraler Bedeutung. Entscheidend kommt es dabei darauf an, inwieweit sich die steuerrechtliche Betrachtungsweise von der zivilrechtlichen Lage abkoppeln darf. Festzuhalten ist allerdings an dieser Stelle bereits die sich aus § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG ergebende Tatsache, dass es stille Gesellschaften gibt, deren Gewinnanteile unter § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG fallen. Eine solche steuerliche Sichtweise unterscheidet sich grundlegend von der zivilrechtlichen, weil es zivilrechtlich nur einen Gewinn des Inhabers des Handelsgewerbes gibt, nicht dagegen einen Gewinn der stillen Gesellschaft. 1. Die typische stille Gesellschaft Die typische stille Gesellschaft ist kein selbständiges Steuerrechtssubjekt. Steuerrechtssubjekte sind allein der Inhaber des Handelsgeschäfts einerseits und der stille Gesellschafter andererseits. Der Inhaber des Handelsgeschäfts unterliegt unabhängig von der stillen Beteiligung der Einkommensteuer oder, wenn er eine juristische Person ist, der Körperschaftsteuer. Für den stillen Gesellschafter sind die auf ihn entfallenden Gewinnanteile Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Einen Gewinn der typischen stillen Gesellschaft gibt es auch steuerrechtlich nicht. Eine einheitliche Gewinnfeststellung scheidet daher bei der typischen stillen Gesellschaft aus. Der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters mindert als Betriebsausgabe den Gewinn des Geschäftsinhabers.
20.54
2. Die atypische stille Gesellschaft Auch die atypische stille Gesellschaft ist kein selbständiges Steuerrechtssubjekt. Steuerpflichtig sind allein die einzelnen Mitunternehmer. Die Gewinnanteile der atypischen stillen Gesellschafter stellen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gewerbliche Einkünfte dar. Hinsichtlich der Frage, ob es steuerrechtlich einen Gewinn der atypischen stillen Gesellschaft gibt, hat sich in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein Wandel vollzogen. Während der BFH früher der atypischen stillen Gesellschaft noch ausdrücklich die Eigenschaft absprach, Subjekt der Gewinnermittlung zu sein1, qualifiziert er die atypische stille Gesellschaft nun als ein selbständiges Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation2. Nach der älteren Auffassung gab es auch steuerrechtlich nur einen Gewinn oder Verlust des Inhabers des Handelsgeschäfts. Während die ältere Auffassung der Tatsache Rechnung trug, dass die stille Gesellschaft – auch die atypische – zivilrechtlich als bloße Innengesellschaft nach außen nicht in Erscheinung tritt, also nur der Geschäftsinhaber berechtigt und verpflichtet wird, stellt die neuere Auffassung einkommensteuerrechtlich auf das Innenverhältnis ab. Im Innenverhältnis zu den atypischen stillen Gesellschaftern führe der tätige Ge1 BFH v. 12. 11. 1985 – VIII R 364/83, BFHE 145, 408. 2 BFH v. 26. 11. 1996 – VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 328 = GmbHR 1997, 563 = NJW 1997, 2003. Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (335), spricht deshalb auch von der atypisch stillen Gesellschaft als beschränkt rechtsfähigem Steuerrechtssubjekt im Einkommensteuerrecht.
503
20.55
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sellschafter die Geschäfte für alle Gesellschafter entsprechend der für sie geltenden Gemeinschaftsordnung, sie seien deshalb entsprechend dieser Gemeinschaftsordnung auch allen Gesellschaftern einheitlich zuzurechnen. Nach der neueren Auffassung erzielt somit einkommensteuerrechtlich die atypische Gesellschaft den Gewinn.
20.56
Der neuen Sichtweise in Bezug auf die steuerliche Beurteilung der atypischen stillen Gesellschaft, die auch in folgenden Urteilen bestätigt wurde1, ist zu folgen. Dass sich die steuerliche Betrachtungsweise vom Zivilrecht abzukoppeln hat, ist schon vom Gesetz vorgegeben. Aus den §§ 20 Abs. 1 Nr. 4, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG geht hervor, dass es für die Annahme einer Mitunternehmerschaft nicht schadet, dass die stille Gesellschaft zivilrechtlich eine bloße Innengesellschaft ist. Abzustellen ist vielmehr auf das Innenverhältnis. Liegt im Innenverhältnis eine Rechtsstellung vor, die dem gesetzlichen Leitbild eines Kommanditisten gleich steht, so liegt eine Mitunternehmerschaft vor. Die atypische stille Gesellschaft wird dann der KG gleich behandelt2. Einkommensteuerrechtlich erzielt somit die atypische stille Gesellschaft den Gewinn. Die frühere Konstruktion des BFH, der zwar gewerbliche Gewinnanteile des atypischen stillen Gesellschafters annahm, aber keinen Gewinn der atypischen stillen Gesellschaft, mutet merkwürdig an. Letztlich blieb der BFH auch die Erklärung schuldig, warum es hier wieder auf die zivilrechtliche Lage ankommen soll. Mit der neueren Auffassung lässt sich auch die einheitliche Gewinnfeststellung, die auch nach älterer Auffassung unstreitig war, zwanglos erklären. Ebenso selbstverständlich ist nach neuerer Auffassung, dass der Gewinnanteil des atypischen stillen Gesellschafters den Gewinn der atypischen stillen Gesellschaft nicht mindert.
20.57
Eine völlige Gleichstellung der atypischen stillen Gesellschaft mit einer Personenhandelsgesellschaft gibt es aber auch nach der neuen Auffassung nicht3. Die zivilrechtliche Unterscheidung zwischen Innen- und Außengesellschaft wird auch in steuerrechtlicher Hinsicht bei der Frage relevant, ob die atypische stille Gesellschaft Steuerschuldnerin der Gewerbesteuer und Verfahrensbeteiligte in einem Finanzrechtsstreit sein kann. So hat es der BFH auch nach der Rechtsprechungsänderung abgelehnt, die atypische stille Gesellschaft als Subjekt der Gewerbesteuer anzusehen4. Der BFH begründete dies damit, dass die atypische stille Gesellschaft als Innengesellschaft kein Gesellschaftsvermögen habe, in das vollstreckt werden könne. Auch kommt der atypischen 1 BFH v. 15. 10. 1998 – IV R 18/98, GmbHR 1999, 193; BFH v. 15. 12. 1998 – VIII R 62/97, BFH/NV 1999, 773; BFH v. 31. 8. 1999 – VIII R 22/98, GmbHR 2000, 292; BFH v. 19. 4. 2005 – V II R 6/04, DStR 2005, 1603. 2 Groh spricht von der atypischen stillen Gesellschaft als fiktive Gesamthandsgesellschaft, so der Titel seines Aufsatzes: Groh in FS Kruse, S. 417. 3 So zutreffend Groh in FS Kruse, S. 417 (432). 4 BFH v. 28. 3. 2003 – VIII B 194/01, DStRE 2003, 969 (970); BFH v. 31. 8. 1999 – VIII R 22/98, GmbHR 2000, 292; so schon in BFH v. 3. 3. 1998 – VIII 62/97, BStBl. II 1998, 401 (402); BFH v. 16. 12. 1997 – VIII R 32/90, DStR 1998, 967 (970) zur verdeckten Mitunternehmerschaft, bei der offen gelassen wurde, ob es sich um eine atypische stille Gesellschaft handelte oder um eine BGB-Gesellschaft.
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stillen Gesellschaft weiterhin nicht die Fähigkeit zu, Beteiligte eines Finanzrechtsstreits zu sein1. Der BFH stellte hier darauf ab, dass bei einer Innengesellschaft eine Vertretung, d.h. ein rechtsgeschäftliches Handeln für die Gesellschaft im Außenverhältnis, nicht in Betracht komme. Diese Ungleichbehandlung der atypischen Gesellschaft mit sonstigen Personengesellschaften ist hier im Unterschied zu den im vorigen Abschnitt behandelten Fragen zwingend vom Zivilrecht vorgegeben, eine Abkopplung der steuerrechtlichen Betrachtungsweise von der zivilrechtlichen Lage daher ausgeschlossen. So zwingt das Fehlen des Vollstreckungsobjekts bei der atypischen stillen Gesellschaft, die als Innengesellschaft kein Gesellschaftsvermögen hat, zu einer Ungleichbehandlung der atypischen stillen Gesellschaft mit Außengesellschaften. Gleiches gilt für die Frage, ob die atypische stille Gesellschaft Verfahrensbeteiligte sein kann, da es im Prozessrechtsverhältnis auf das Außenverhältnis ankommen muss.
III. Die atypische stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft 1. Grundsätze Eine atypische stille Gesellschaft i.S. des Steuerrechts liegt vor, wenn der stille Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist. Seine Einkünfte führen dann nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, sondern stellen gewerbliche i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar. Der Mitunternehmer ist weder gesetzlich noch durch die Rechtsprechung definiert. Es handelt sich vielmehr um einen Typus, unter den nicht subsumiert werden, sondern dem nur zugeordnet werden kann. Im Unterschied zum Begriff, der durch die Angabe seiner notwendigen Merkmale abschließend definiert werden kann, können beim Mitunternehmer die beiden ihn näher bestimmenden Merkmale Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko in unterschiedlichen Ausprägungen vorhanden sein2. Ein Weniger an Mitunternehmerinitiative kann durch ein Mehr an Mitunternehmerrisiko ausgeglichen werden und umgekehrt.
20.58
Orientierungspunkt bei der stillen Gesellschaft für den Typus des Mitunternehmers ist die Stellung, die ein Kommanditist nach dem gesetzlichen Leitbild innehat3. Zwar ist nach der zutreffenden Auffassung des Großen Senats nicht jeder Gesellschafter einer OHG oder KG notwendigerweise Mitunternehmer4. Der Große Senat begrenzt insoweit den Wortlaut von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, da sich der Relativsatz nur auf die andere Gesellschaft bezieht – ansonsten müsste es „bei denen“ heißen. Diese teleologische Redukti-
20.59
1 BFH v. 30. 9. 2005 – VIII B 150/04, BFH/NV 2006, 299; BFH v. 11. 1. 2001 – VIII B 83/00, DStR 2001, 494. 2 BFH v. 25. 6. 1984 – GrS 4/82, BFHE 141, 405 = BStBl. II 1984, 751 = GmbHR 1984, 355 unter C.V.3.c) bb); BFH v. 8. 4. 2008 – VIII R 73/05, BStBl. II 2008, 681. 3 Reiß in Kirchhof, § 15 EStG Rn. 224. 4 BFH v. 25. 6. 1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = GmbHR 1984, 355 unter C.V.3.c) aa); BFH v. 12. 11. 1985 – VIII R 364/83, BFHE 145, 408 = BStBl. II 1986, 311 unter III.2.
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on ist auch gerechtfertigt, da es keinen Sinn machen kann, auch denjenigen als Unternehmer zu behandeln, dessen Stellung vertraglich der eines stillen Gesellschafters angeglichen worden ist, der nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 Einkünfte aus Kapitalvermögen hat. Dies zeigt aber zum einen, dass die Stellung, die ein Kommanditist nach dem gesetzlichen Leitbild innehat, Mitunternehmerschaft begründet1. Zum anderen wird deutlich, dass die Stellung, die ein stiller Gesellschafter nach dem gesetzlichen Leitbild innehat, nicht ausreicht. Vielmehr muss er eine dem gesetzlichen Leitbild des Kommanditisten entsprechende Stellung haben.
20.60
Wenn die Rechtsprechung den gewöhnlichen Kommanditisten als Mitunternehmer einordnet, verlangt sie nur ein geringes Maß an Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko. Mitunternehmerinitiative bedeutet nach der Auffassung des Großen Senats des BFH die Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen, wie sie Gesellschaftern oder diesen vergleichbaren Personen als Geschäftsführern, Prokuristen oder leitenden Angestellten obliegen2. Die Rechtsprechung lässt hier aber schon die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschafterrechten ausreichen, die wenigstens den Stimm-, Kontrollund Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem Kommanditisten nach dem HGB zustehen oder die den gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten nach § 716 Abs. 1 BGB entsprechen3. Das Recht zur Prüfung des Jahresabschlusses nach § 166 HGB und das Vetorecht bei ungewöhnlichen Geschäften nach § 164 HGB lassen sich allerdings schlecht als Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen charakterisieren. Der Sache nach hat es die Rechtsprechung daher aufgegeben, wirkliche Mitunternehmerinitiative zur Voraussetzung der Mitunternehmerschaft zu machen. Auch an das Mitunternehmerrisiko stellt die Rechtsprechung keine allzu hohen Voraussetzungen. Nach Ansicht des Großen Senats des BFH bedeutet Mitunternehmerrisiko die gesellschaftsrechtliche Teilnahme am Erfolg oder Misserfolg eines gewerblichen Unternehmens. Dieses Risiko wird regelmäßig durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich des Geschäftswerts vermittelt. Ein Kommanditist nach dem gesetzlichen Leitbild des HGB trägt nach Ansicht der Rechtsprechung genügend Mitunternehmerrisiko. Es ist also für die Annahme eines Mitunternehmerrisikos nicht erforderlich, dass eine unbeschränkte Haftung für die Geschäftsverbindlichkeiten besteht. Vielmehr ist es ausreichend, dass man am laufenden Gewinn und im Falle des Ausscheidens und der Liquidation auch an den stillen Reserven (§§ 168, 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, 738 Abs. 1 Satz 2 BGB) und nach Maßgabe des § 167 Abs. 3 HGB am Verlust beteiligt ist, also bis zur Höhe der Einlage haftet. Es ist hier nicht der Ort, die geringen Anforderungen an die Mitunternehmerschaft zu kritisieren. Wichtig ist nur festzuhalten, dass eine laienhafte Vorstellung eines Mitunternehmers viel zu hohe Anforderungen 1 BFH v. 25. 6. 1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = GmbHR 1984, 355 unter C.V.3.c) cc). 2 BFH v. 25. 6. 1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = GmbHR 1984, 355 unter C.V.3.c) cc) (1); BFH v. 8. 4. 2008 – VIII R 73/05, BStBl. II 2008, 681. 3 BFH v. 25. 6. 1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = GmbHR 1984, 355 unter C.V.3.c) cc).
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vermittelt. Demgegenüber stellt nach der Rechtsprechung der Kommanditist, dessen Stellung nach dem gesetzlichen Leitbild ausgestaltet ist, einen typischen Mitunternehmer dar, was einer laienhaften Vorstellung gerade nicht entspricht. Vergleicht man das gesetzliche Leitbild des stillen Gesellschafters mit dem des Kommanditisten, wird klar, welche Gestaltungsmöglichkeiten es gibt, um das stille Beteiligungsverhältnis als ein atypisches i.S. des Steuerrechts auszugestalten1. In Bezug auf die Mitunternehmerinitiative unterscheidet sich die Stellung des stillen Gesellschafters nicht stark von der Stellung des Kommanditisten. Sowohl der Kommanditist (§ 164 HGB) als auch der stille Gesellschafter sind von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Beide haben nur ein Recht zur Prüfung des Jahresabschlusses (§ 166 HGB für den Kommanditisten; § 233 HGB für den stillen Gesellschafter). Eine etwas stärkere Stellung hat der Kommanditist nur dadurch, dass ihm gemäß § 164 HGB ein Vetorecht bei außergewöhnlichen Geschäften zusteht, das der stille Gesellschafter gerade nicht hat. Hinsichtlich des Mitunternehmerrisikos bestehen größere Unterschiede. Zwar sind Kommanditist und stiller Gesellschafter in gleicher Weise am Gewinn und Verlust beteiligt; so nehmen beide am Verlust nur bis zum Betrag ihrer Einlage teil. Unterschiede bestehen aber hinsichtlich ihrer vermögensmäßigen Beteiligung. Während der Kommanditist als Gesamthänder am Gesellschaftsvermögen der Kommanditgesellschaft beteiligt ist, hat die stille Gesellschaft zivilrechtlich kein Gesamthandsvermögen. Dieser Unterschied hat aber – wie oben gezeigt wurde – steuerrechtlich außer Betracht zu bleiben. Der entscheidende Unterschied besteht vielmehr darin, dass der Kommanditist gemäß §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, 738 Abs. 1 Satz 2 BGB an den stillen Reserven und am Geschäftswert beteiligt ist, während der stille Gesellschafter, wenn keine abweichende Vereinbarung besteht, weder an der Wertsteigerung des Anlagevermögens noch am Geschäftswert teilhat.
20.61
Hieraus wird deutlich, dass eine stille Gesellschaft jedenfalls dann zur Mitunternehmerschaft wird, wenn die Stellung des stillen Gesellschafters im Gesellschaftsvertrag so ausgestaltet wird, wie es der Stellung eines Kommanditisten nach dem gesetzlichen Leitbild entspricht. Wird also dem stillen Gesellschafter ein Vetorecht bei außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen zugebilligt und nimmt er auch an den Wertsteigerungen des Anlagevermögens und am Geschäftswert teil, ist er unzweifelhaft Mitunternehmer. Schwieriger wird es, wenn er nur hinsichtlich eines Kriteriums, also beispielsweise nur hinsichtlich der Mitunternehmerinitiative, einem Kommanditisten gleichgestellt wird. Da es um eine Gesamtbetrachtung geht und der Mitunternehmer ein Typus ist, sind Grenzfälle, in denen die Zuordnung zweifelhaft bleibt, unvermeidbar. Analysiert man die Rechtsprechung, zeigt sich aber immerhin eine verhältnismäßig klare Linie in der Rechtsprechung.
20.62
Ist das Mitunternehmerrisiko gegenüber dem Risiko eines Kommanditisten eingeschränkt, weil etwa die Verlustbeteiligung oder eine Beteiligung an den
20.63
1 Zu diesem Vergleich siehe auch Groh in FS Kruse, S. 417 (418).
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stillen Reserven ausgeschlossen ist, so lässt es die Rechtsprechung nicht genügen, dass dem stillen Gesellschafter nur die gesetzlichen Kontrollrechte des Kommanditisten bzw. des stillen Gesellschafters eingeräumt werden1. Das ist verständlich, weil diese ohnehin keine echte Mitunternehmerinitiative gewähren. Das mangelnde Mitunternehmerrisiko kann jedoch durch eine besonders stark ausgeprägte Mitunternehmerinitiative kompensiert werden. Regelmäßig müssen dem stillen Gesellschafter in diesen Fällen – sei es als Geschäftsführer, sei es als Prokurist oder leitender Angestellter – Aufgaben der Geschäftsführung, mit denen ein nicht unerheblicher Entscheidungsspielraum und damit auch ein Einfluss auf grundsätzliche Fragen der Geschäftsleitung verbunden ist, zur selbstständigen Ausübung übertragen werden2. Der BFH sah sogar bisweilen den Ausschluss sowohl der Verlustbeteiligung als auch der Beteiligung an den stillen Reserven und am Geschäftswert durch eine besonders hohe Mitunternehmerinitiative als kompensiert an3. Ob bei alleinigem Bestehen einer Gewinnbeteiligung noch von „Unternehmerrisiko“ gesprochen werden kann, erscheint jedoch zweifelhaft. Dies gilt umso mehr, als die praktisch nur noch übrig bleibende Gefahr, bei Insolvenz des Inhabers die Einlage zu verlieren, nicht ein Unternehmerrisiko darstellt4.
20.64
Trägt der stille Gesellschafter jedoch das volle Mitunternehmerrisiko, weil eine Verlustbeteiligung vorgesehen ist und er auch an den stillen Reserven des Anlagevermögens und am Geschäftswert schuldrechtlich beteiligt wird, nimmt die Rechtsprechung Mitunternehmerschaft schon dann an, wenn die Kontrollrechte dem gesetzlichen Leitbild des stillen Gesellschafters entsprechen5. Ob diese auch ganz fehlen können, ist unsicher, aber eher unwahrscheinlich. In den Urteilen wurde jedenfalls immer wieder betont, dass beide Merkmale der Mitunternehmerschaft, Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative, kumulativ vorliegen müssten6. Berücksichtigt man allerdings, dass die Kontrollrechte, die dem Kommanditisten und dem stillen Gesellschafter nach dem Gesetz zugestanden werden, in Wirklichkeit gar keine echte Teilnahme an den unternehmerischen Entscheidungen gewähren, könnte erwogen werden, darauf in Zukunft ganz zu verzichten.
1 BFH v. 7. 11. 2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 unter II.3.a). 2 BFH v. 7. 11. 2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 unter II.3.a). 3 BFH v. 11. 12. 1990 – VIII R 122/86, DStR 1991, 457; kritisch zu dieser BFH Rechtsprechung Weber, DB 1992, 546. 4 FG Münster v. 5. 12. 2003 – VIII R 5/04, EFG 2004, 239 (239). 5 So ausdrücklich BFH v. 11. 12. 1990 – VIII R 122/86, BFHE 163, 346 = BB 1991, 684 unter 1.c); BFH v. 13. 7. 1993 – VIII R 85/91, BStBl. II 1994, 243 = BB 1994, 474; BFH v. 15. 12. 1998 – VIII R 62/97, BFHE 187, 250 = GmbHR 1999, 422 unter II.2.a); die vermögensrechtliche Seite besonders betonend BFH 12. 11. 1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 = BB 1986, 580 unter III.2; BFH v. 7. 11. 2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 unter II.3.a). 6 BFH v. 25. 6. 1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = GmbHR 1984, 355 unter C.V.3.c) cc); BFH 12. 11. 1985 – VIII R 364/83, BFHE 145, 408 = BStBl. II 1986, 311 = BB 1986, 580 unter III.2; BFH v. 31. 8. 1999 – VIII R 21/98, GmbHR 2000, 293 unter II. 3.; BFH v. 7. 11. 2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 unter II.3.a).
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Die Rechtsprechung, die eine schuldrechtliche Beteiligung an den stillen Reserven des Anlagevermögens und am Geschäftswert für die Mitunternehmerschaft ausreichen lässt1, überzeugt vor dem Hintergrund, dass in der unterschiedlichen Beteiligung am Anlagevermögen und am Geschäftswert der entscheidende Unterschied zwischen dem Kommanditisten und dem typischen Stillen liegt. Wird das stille Beteiligungsverhältnis in dieser Hinsicht so ausgestaltet, dass es dem gesetzlichen Leitbild des Kommanditisten entspricht, ist eine Gleichbehandlung in steuerrechtlicher Hinsicht angezeigt. Dies leuchtet auch deswegen ein, weil dieser Fall der Ausgangspunkt der atypischen stillen Gesellschaft war. Enno Becker hatte für den Fall, dass der stille Gesellschafter „auf Gedeih und Verderb“ im Innenverhältnis am Gesellschaftsvermögen beteiligt ist, für eine Gleichbehandlung mit dem Kommanditisten plädiert2. Dem war der Reichsfinanzhof in seiner Entscheidung vom 3. 2. 1926 gefolgt3.
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2. Sonderprobleme Besondere Probleme ergeben sich, wenn der GmbH-Gesellschafter mit dem stillen Gesellschafter identisch ist. Dass sich ein Gesellschafter einer GmbH an dieser still beteiligen kann und dies auch steuerrechtlich anerkannt wird, steht heute außer Frage (siehe unter Rn. 5.35)4. Problematisch ist hier jedoch, inwieweit die vermögensrechtliche Beteiligung an der GmbH und die Teilhaberechte an der GmbH auf das stille Beteiligungsverhältnis durchschlagen. Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass zumindest bei der stillen Beteiligung des Alleingesellschafters der GmbH oder dann, wenn alle GmbH-Gesellschafter gleichzeitig als stille Gesellschafter beteiligt sind, stets Mitunternehmerschaft vorliege5. Der stille Gesellschafter verfüge über alle Eigenschaften eines Mitunternehmers bereits aufgrund seiner GmbH-Gesellschafterstellung6. Er sei an den stillen Reserven, am Geschäftswert des Unternehmens beteiligt. Außerdem übe er Unternehmensinitiative aus.
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Richtigerweise ist hinsichtlich der Zurechnung der Gesellschafterstellung in der GmbH auf das stille Beteiligungsverhältnis zwischen der vermögensrechtlichen Beteiligung und den Teilhaberechten an der GmbH zu unterscheiden. Die vermögensrechtliche Beteiligung an der GmbH kann nicht auf das stille Beteiligungsverhältnis durchschlagen; dies käme einer Vermischung der ver-
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1 Siehe etwa BFH v. 8. 7. 1982 – IV R 20/78, BFHE 136, 252 = BStBl. II 1982, 700 unter II.1. 2 Becker, StuW 1925, 1579 (1606). 3 RFH v. 3. 2. 1926 – VI A 163/25, RFHE 18, 162. Schon hier wird entscheidend für die Annahme einer Mitunternehmerschaft darauf abgestellt, dass der stille Gesellschafter am Anlagevermögen beteiligt war. 4 Siehe nur BFH v. 31. 8. 1999 – VIII R 21/98, GmbHR 2000, 293 unter II.3. 5 Knobbe-Keuk, StuW 1982, 201 (221); Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1984, 78; vgl. auch Paulick, GmbHR 1982, 237 (240). 6 Knobbe-Keuk, StuW 1982, 201 (221).
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mögensrechtlichen Sphären gleich1. Eine solche Beurteilung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Betrachtungsweise angezeigt, da auch in steuerrechtlicher Hinsicht das stille Beteiligungsverhältnis gewollt ist. Anders stellt sich die Sachlage jedoch hinsichtlich der Zurechnung der Teilhaberechte an der GmbH auf das stille Beteiligungsverhältnis dar. Hier stellt der BFH nicht ausschließlich auf die dem Gesellschafter unmittelbar aufgrund des Gesellschaftsvertrags zustehende Rechte ab, sondern er bezieht auch andere Umstände mit ein. Insbesondere soll auch der Umstand zu berücksichtigen sein, dass der stille Gesellschafter aufgrund seiner Stellung als alleiniger Geschäftsführer der Komplementär-GmbH in besonders großem Umfang Mitunternehmerinitiative entfalten kann2. Dieses Durchwirkenlassen der Teilhaberechte in der GmbH auf das Beteiligungsverhältnis der stillen Gesellschaft durch den BFH ist überzeugend3. Eine Aufspaltung der Teilhaberechte, die ein und dieselbe Person ausübt, widerspricht – im Gegensatz zur vermögensmäßigen Trennung, die auch wirtschaftlich gewollt ist – einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise. In Bezug auf Teilhaberechte wäre die Aufspaltung in Rechte, die er als Gesellschafter der GmbH hat, und solche, die ihm aufgrund der stillen Beteiligung zustehen, hinsichtlich der Frage, ob er Mitunternehmer ist, sinnwidrig. Auch bei der Kommanditgesellschaft wird einem Kommanditisten seine Geschäftsführungstätigkeit für die KomplementärGmbH zugerechnet4. Der Umstand allein, dass es sich bei der stillen Gesellschaft im Gegensatz zur Kommanditgesellschaft um eine Innengesellschaft handelt, rechtfertigt im vorliegenden Zusammenhang keine Ungleichbehandlung5. Nach der neuen Sichtweise kommt es entscheidend auf das Innenverhältnis an, bei dem der tätige Gesellschafter die Geschäfte für alle Gesellschafter entsprechend der für sie geltenden Gemeinschaftsordnung führt6.
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Bezieht man den Umstand mit ein, dass der stille Gesellschafter als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH Mitunternehmerinitiative entfalten kann, stellt sich die Frage, ob diese starke Mitunternehmerinitiative ein schwaches Mitunternehmerrisiko kompensiert. Der BFH bejaht diese Frage. Selbst wenn der stille Gesellschafter weder an den stillen Reserven noch am Geschäftswert beteiligt ist, ist er Mitunternehmer, wenn er aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH eine besonders 1 So auch der BFH v. 21. 6. 1983 – VIII R 237/80, BStBl. II 1983, 1515 = GmbHR 1983, 289. 2 BFH v. 7. 11. 2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 unter II.3.a); BFH v. 14 10. 2003 – VIII B 281/02, BFH/NV 2004, 188; BFH v. 31. 8. 1999 – VIII R 21/98, GmbHR 2000, 293 unter II.3.a). So schon zur Kommanditgesellschaft BFH v. 11. 12. 1990 – VIII R 122/86, BFHE 163, 346 = BB 1991, 684. Zur Gesamtbildbetrachtung bei der stillen Gesellschaft BFH v. 20. 11. 1990 – VIII R 10/87, BFHE 163, 336 = GmbHR 1991, 217; BFH v. 15. 12. 1992 – VIII R 42/90, BStBl. II 1994, 702 = BB 1993, 1194 unter I.2.b). Zur verdeckten Mitunternehmerschaft BFH v. 16. 12. 1997 – VIII R 32/90, DStR 1998, 967. 3 Anders noch die 5. Aufl., Rn. 1576. A.A. auch Costede, StuW 1983, 308 (310) und Weber, DB 1992, 546 (547). Die in der 5. Aufl. und in BB 1992, 1969 (1976) vertretene Auffassung wurde bereits in der 6. Aufl. aufgegeben, vgl. dort Rn. 20.60. 4 BFH v. 11. 12. 1990 – VIII R 122/86, BFHE 163, 346 = BB 1991, 684. 5 Anders noch die 5. Aufl., Rn. 1571. 6 BFH v. 26. 11. 1996 – VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 328 = GmbHR 1997, 563.
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starke Mitunternehmerinitiative entfalten kann1. Dem BFH ist auch hier zuzustimmen, da es sich in diesem Fall um echte Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen handelt, die das Minus an Mitunternehmerrisiko kompensiert. Vergleicht man diese Fallgestaltung mit derjenigen, bei der der stille Gesellschafter an den stillen Reserven und am Geschäftswert teilhat, hinsichtlich der Initiative aber nur berechtigt ist, den Jahresabschluss einzusehen, dann ist man sogar eher geneigt im Fall des stillen Gesellschafters, dem als Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH die Geschäftsführung zusteht, von einer echten Mitunternehmerschaft zu sprechen. Soweit es um den Alleingesellschafter der GmbH geht, der als stiller Gesellschafter weder an den stillen Reserven noch am Geschäftsvermögen beteiligt ist, aber als Geschäftsführer die Geschäfte der Komplementär-GmbH führt, dürfte nunmehr höchstrichterlich entschieden sein, dass hier eine atypische stille Gesellschaft vorliegt. Noch nicht höchstrichterlich geklärt ist dagegen die Frage, ob auch die Stellung als Mehrheitsgesellschafter in der Komplementär-GmbH zur Kompensation eines schwachen Mitunternehmerrisikos ausreicht, wenn dieser nicht auch gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist. Der BFH stellt zumeist standardmäßig auf Initiativrechte des Geschäftsführers oder anderer operativ tätigen Personen ab2. Bejaht wurde aber auch schon eine Kompensation durch ein im Vertrag über die stille Gesellschaft eingeräumtes umfassendes Weisungsrecht3. Da der Mehrheitsgesellschafter gegenüber dem Geschäftsführer ein umfassendes Weisungsrecht innehat und daher jederzeit in den operativen Ablauf eingreifen kann, sollte eine kompensierende Mitunternehmerinitiative jedenfalls für den Fall bejaht werden, dass er sein Weisungsrecht aufgrund seiner beherrschenden Stellung uneingeschränkt durchsetzen kann. Noch ungeklärt ist ferner, welche Anforderungen in solchen Fällen an das Mitunternehmerrisiko zu stellen sind4. Zwar wurde gesagt, dass eine starke Mitunternehmerinitiative die fehlende Beteiligung an den stillen Reserven und am Geschäftswert kompensieren kann; in den entschiedenen Fällen war es aber so, dass jeweils erhebliche Vermögenseinlagen und hohe Gewinnbeteiligungen des Stillen vorlagen5. Soweit gelegentlich in Urteilen auf erhebliche Vermögenseinlagen und hohe Gewinnbeteiligung besonders abgestellt wird6, bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung hier ein zwingend vorliegendes Kriterium statuieren will. Da die Höhe 1 BFH v. 7. 11. 2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 unter II.3.a; BFH v. 20. 11. 1990 – VIII R 10/87, BFHE 163, 336 = GmbHR 1991, 217; BFH v. 15. 12. 1992 – VIII R 42/90, BFHE 170, 345 = BStBl. II 1994, 702 = BB 1993, 1194 unter I.2.b); BFH v. 31. 8. 1999 – VIII R 21/98, GmbHR 2000, 293 unter II.3.b)bb); BFH v. 18. 6. 2001 – IV B 88/00, BFH/ NV 2001, 1550 unter II.3.a). Gleich bei der verdeckten Mitunternehmerschaft, siehe BFH v. 16. 12. 1997 – VIII R 32/90, DStR 1998, 967. 2 BFH v. 7. 11. 2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 unter II.3.a); BFH v. 14 10. 2003 – VIII B 281/02, BFH/NV 2004, 188. 3 In BFH v. 15. 10. 1998 – IV R 18/98, DStRE 1999, 81 (82) stellt das Gericht auf die Weisungsbefugnis ab, obwohl auch eine Geschäftsführerstellung des stillen Gesellschafters vorlag. 4 So auch Weber, GmbHR 1994, 144 (146). 5 BFH v. 31. 8. 1999 – VIII R 21/98, GmbHR 2000, 293. 6 BFH v. 26. 11. 2003 – VIII R 64/03, GmbHR 2004, 436.
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des Beteiligungsanteils auch sonst kein Kriterium für die Beurteilung des Mitunternehmerrisikos darstellt, sollte höchstens eine vollkommen unbedeutende Einlage zum Ausschluss der Mitunternehmerschaft führen. Ob nach alledem noch die Aussage aufrechterhalten bleiben kann, dass es für den beherrschenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft noch möglich ist, mit dieser eine stille Gesellschaft zu begründen, die zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt, muss bezweifelt werden. Auch wenn die Rechtsprechung und ihr folgend die Finanzverwaltung prinzipiell die Möglichkeit sehen, eine typische stille Beteiligung des beherrschenden Gesellschafters zu begründen1, so ist dies in Hinblick auf die Gefahr des Vorliegens einer Mitunternehmerschaft steuerlich zumindest äußerst riskant2.
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Noch schwieriger ist die Situation zu beurteilen, wenn der Gesellschafter kein Mehrheitsgesellschafter ist oder nur weisungsabhängiger Geschäftsführer. Hier kommt man in einen Grenzbereich, in dem sich Argumente für beide Seiten finden lassen. Ist ein stiller Gesellschafter gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ohne Gesellschafter der GmbH zu sein, ist seine Mitunternehmerinitiative durch das Weisungsrecht der Gesellschafter erheblich eingeschränkt, wenn auch nicht ganz bedeutungslos, da die Gesellschafter nicht stets von ihrem Weisungsrecht Gebrauch machen werden. Eine Mitunternehmerschaft wäre hier aber wohl dann anzunehmen, wenn der Geschäftsführer eine hohe gewinnabhängige Vergütung bekommt; freilich kommt es sehr auf die Fallgestaltung im Einzelnen an.
IV. Steuerliche Motive für die Begründung von stillen Beteiligungen
20.71
Die steuerlichen Beweggründe für die Begründung von stillen Beteiligungen sind vielfältig. Um unter steuerlichen Gesichtspunkten optimal zu gestalten, bedarf es einer genauen Abwägung der Vor- und Nachteile, die die Begründung von stillen Beteiligungen im Einzelfall mit sich bringt. Auch hier ist streng zwischen atypischen und typischen stillen Gesellschaften zu unterscheiden, die, wie schon gezeigt wurde, unterschiedliche steuerliche Rechtsfolgen auslösen. Ist eine atypische stille Gesellschaft gewollt, muss darauf geachtet
1 Diese Möglichkeit bejahend OFD Erfurt v. 23. 10. 2003 – S2241 A-08-L221, FR 2003, 1299 (1300) und OFD Frankfurt a.M.v. 14. 9. 2000 – S2241A-37-St II 21, GmbHR 2000, 1276 (1277) unter Hinweis auf BFH v. 21. 6. 1983 – VIII R 237/80, BFHE 138, 458. Als bloße Beteuerung wird das abgetan von Kessler/Teufel, DB 2001, 1955 (1956). Sollte man trotz Personenidentität zwischen GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer und stillem Gesellschafter eine atypische stille Beteiligung verneinen – was nach der hier vertretenen Auffassung unzutreffend ist – folgt auch aus dem Umstand, dass man die stille Gesellschaft als eigenkapitalersetzend qualifiziert, nicht, dass diese dann zu einer Mitunternehmerschaft umqualifiziert wird; so aber Biber, DStR 1984, 424 (427); siehe dazu näher die 5. Aufl., Rn. 1573 ff. 2 So auch Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 111. Reiß in Kirchof, § 15 EStG Rn. 228 hält es für möglich, eine typische stille Gesellschaft mit dem beherrschenden Gesellschafter zu gründen, wenn die Vereinbarung auch mit einem Nicht-Gesellschafter getroffen worden wäre.
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werden, dass die Voraussetzungen, die die Rechtsprechung an die Mitunternehmerschaft stellt, zweifelsfrei eingehalten sind. Bei Publikumspersonengesellschaften sollte also insbesondere darauf geachtet werden, dass die stillen Gesellschafter an den stillen Reserven und am Geschäftswert partizipieren. Allgemein sollten atypischen stillen Gesellschaftern zumindest diejenigen Teilhaberechte eingeräumt werden, die einem Kommanditisten nach dem gesetzlichen Leitbild zustehen. Typische stille Beteiligungen eines beherrschenden Gesellschafters einer GmbH sind nach der neueren Rechtsprechung äußerst fragwürdig (siehe oben Rn. 20.69)1. Stille Beteiligungen sind zum einen ein beliebtes Mittel, um positive Einkünfte auf andere Personen zu verlagern. Diese Verlagerung der positiven Einkünfte ist vor allem dann interessant, wenn man nahen Angehörigen etwas zuwenden möchte. Die Begründung einer solchen Familiengesellschaft durch stille Beteiligungen und die dadurch erreichte Verlagerung von Einkünften ist aus steuerrechtlicher Hinsicht wegen des in § 32a Abs. 1 EStG gewährten Grundfreibetrages und der dort vorgesehenen Progression des Steuertarifs interessant.
20.72
Eine neue Vergünstigung für typische stille Gesellschaften wurde durch das UntStRG 2008 eingeführt: Ab dem 1. 1. 2009 kann der typische stille Gesellschafter in den Genuss der pauschalen Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % für Kapitaleinkünfte kommen, §§ 32d Abs. 1 Satz 1, 42 Abs. 5 Satz 1 EStG. Wegen der Beschränkung in § 32d Abs. 2 EStG, wonach insbesondere Einkünfte aus stillen Gesellschaften, die nahe stehenden Personen oder Anteilseignern eingeräumt werden, nicht der Abgeltungsteuer unterliegen, dürfte diese Vergünstigung im Rahmen der Familiengesellschaften und der GmbH & Still jedoch kaum eine Rolle spielen.
20.73
Auch kann durch die Begründung einer stillen Gesellschaft die Erbfolge vorweggenommen werden, ohne dass der Geschäftsinhaber die Leitung seines Unternehmens abgeben müsste. Hält sich der Wert im Rahmen der Freibeträge von § 16 ErbStG, so geht ein Teil des Vermögens erbschaftsteuerfrei auf die Kinder über. Hat man den Kindern atypische stille Beteiligungen eingeräumt, d.h. hat man sie auch an den stillen Reserven und am Geschäftswert beteiligt, so vollzieht sich zumindest der Wertzuwachs des Unternehmens, der auf die stille Beteiligungen entfällt, unmittelbar bei den Kindern und damit erbschaftsteuerfrei.
20.74
Zum anderen dient die atypische stille Gesellschaft als Verlusttransfervehikel2. Bei einer reinen Kapitalgesellschaft können Verluste auf der Ebene der Kapitalgesellschaft nicht auf die Ebene der Gesellschafter verlagert werden. Verluste einer Kapitalgesellschaft können grundsätzlich nur bei dieser selbst durch Verlustvor- oder Verlustrücktrag genutzt werden. Hier kann die Begründung von stillen Beteiligungen an der Kapitalgesellschaft helfen, die Verluste
20.75
1 So auch Kessler/Teufel, DB 2001, 1955 (1956). Unzutreffend Winter, GStB 2001, 104 (104), der sich nur auf ältere Urteile bezieht. 2 Zu den Möglichkeiten und Beschränkungen des Verlusttransfers vgl. Rn. 22.54 ff.
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von der Ebene der Kapitalgesellschaft auf die Ebene der Gesellschafter zu transferieren1. Wenn sich jemand als atypischer stiller Gesellschafter an der GmbH beteiligt, werden ihm die Verluste der Gesellschaft anteilig zugewiesen. Diese Verluste kann der atypische stille Gesellschafter grundsätzlich mit seinen anderen Einkünften verrechnen und damit sofort steuerlich nutzbar machen. Die Verlusttransfermöglichkeiten wurden in den letzten Jahren durch den Gesetzgeber jedoch deutlich eingeschränkt. Wie bisher ist der Verlustausgleich bei negativem Kapitalkonto gemäß § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG beschränkt.
20.76
Seit dem 1. 1. 20042 können gemäß § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG Verluste aus typischen stillen Gesellschaften weder mit den sonstigen Einkünften aus Gewerbebetrieb, noch mit anderen Einkünften ausgeglichen werden. Sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Dies gilt jedoch nur, soweit stiller Gesellschafter und Inhaber Kapitalgesellschaften sind. Für die typische stille Gesellschaft gelten die §§ 15 Abs. 4 Satz 6–8 und 15a Abs. 5 EStG entsprechend, § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Eine weitere Verlustnutzungsbeschränkung ergibt sich aus § 20 Abs. 6 EStG für Kapitalerträge aus typischen stillen Beteiligungen, die der neuen Abgeltungsteuer unterliegen. Auch ist zu beachten, dass das, was in Verlustphasen wünschenswert ist, in Gewinnphasen nachteilige Auswirkungen haben kann. Insbesondere wirkt sich das Geschäftsführergehalt des stillen Gesellschafters in Gewinnphasen negativ aus, da es bei der Gewerbesteuer hinzuzurechnen ist.
20.77
Einen Anreiz für die Begründung von atypischen stillen Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft stellt ferner der gegenüber Kapitalgesellschaften höhere Gewerbesteuerfreibetrag für Personengesellschaften in § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG dar. Nach Ansicht des BFH ist die atypische stille Gesellschaft zwar nicht Subjekt der Gewerbesteuer3, aber doch Gegenstand der Gewerbesteuer4 mit der Folge, dass hinsichtlich des Freibetrages auf die atypische stille Gesellschaft abgestellt wird, die als Personengesellschaft den höheren Gewerbesteuerfreibetrag in Anspruch nehmen konnte. Bis zum Erhebungszeitraum 2007 bestand ein weiterer Vorteil für Personengesellschaften in dem besonderen Staffeltarif nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 GewStG a.F. Dieser wurde jedoch durch das UntStRG 2008 mit Wirkung für den Erhebungszeitraum 2008 aufgehoben.
1 Zur Rechtslage bis 2003 siehe Winter, GStB 2001, 104 (110). Zu den Vorteilen der atypischen stillen Gesellschaft als Verlustransfervehikel gegenüber der Gewährung von Darlehen, die ggf. später erlassen werden, vgl. Häger, GStB 2001, 239. 2 Änderungen durch das Korb II-Gesetz vom 22. 12. 2003 und dem Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 11. 4. 2003. Die Regelung der Mindestbesteuerung in § 2 Abs. 3 EStG a.F. hingegen wurde aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken durch das Korb II-Gesetz mit Wirkung zum 1. 1. 2004 aufgehoben. Für die Rechtslage zwischen den Veranlagungsjahren 1999 bis 2003 siehe die 6. Aufl., Rn 22.42 ff. Zum System der Verlustverrechnung siehe auch Intemann/Nacke, DStR 2004, 1149 und unten Rn. 22.219 ff. und Rn. 22.254 ff. 3 BFH v. 31. 8. 1999 – VIII R 22/98, GmbHR 2000, 292. 4 BFH v. 25. 7. 1995 – VIII R 54/93, BStBl. II 1995, 794 = DStR 1995, 1506.
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Ein weiterer Vorteil der stillen Beteiligung an einer GmbH mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter ergibt sich aus den Rechnungslegungsvorschriften des HGB, die kleinen und zum Teil auch mittelgroßen Kapitalgesellschaften zahlreiche Erleichterungen hinsichtlich Erstellungs- als auch Publizitätspflichten einräumen. Eine GmbH, die unter die zuletzt genannten Kategorien fällt, kann so z.B. den ausgewiesen handelsrechtlichen Bilanzgewinn durch stille Beteiligungen schmälern, um damit gegenüber Kunden und Lieferanten nicht durch ein zu gutes Jahresergebnis unter Preisdruck zu geraten, ohne dass dies im Jahresabschluss für den Außenstehenden ersichtlich wäre1 (vgl. dazu auch Rn. 13.117).
20.78
Ein weiteres Motiv der Begründung von stillen Beteiligungen, das Schütt-ausHol-zurück-Verfahren, hat schon mit Einführung des Halbeinkünfteverfahrens durch das Steuersenkungsgesetz2 an Bedeutung verloren. Durch die weitere Absenkung des Körperschaftsteuersatzes auf 15 % und die Einführung der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge durch die Unternehmensteuerreform 2008 ist das Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren und die dadurch bezweckte Steuerersparnis auf zu thesaurierende Gewinne obsolet geworden.
20.79
V. Zusammenfassung Wann steuerlich eine stille Gesellschaft vorliegt, bestimmt sich grundsätzlich nach zivil- und handelsrechtlichen Maßstäben. Allerdings kommt es für die steuerliche Anerkennung grundsätzlich nicht auf die zivilrechtliche Wirksamkeit der Gesellschaft, sondern allein auf deren tatsächlichen Vollzug an. Rückwirkende Vereinbarungen sind steuerlich grundsätzlich unbeachtlich. Das Problem der Anerkennung der stillen Gesellschaft ist im Wesentlichen eines ihres Nachweises im Rahmen des Steuerverfahrens. Der Steuerpflichtige erbringt den Nachweis grundsätzlich durch die Vorlage des schriftlich abgeschlossenen Gesellschaftsvertrags. Will die Finanzverwaltung das Vorliegen einer stillen Gesellschaft nachweisen, kommt es darauf an, ob die Gesamtheit der objektiven Umständen den Schluss auf eine stille Gesellschaft zulässt. Für beide Fälle hat die Rechtsprechung eine Anzahl von Indizien entwickelt, die auf das Vorliegen einer stillen Gesellschaft hindeuten und diese von anderen nah verwandten Rechtsverhältnissen, wie etwa dem partiarischen Darlehen, abgrenzen. Verfolgen Inhaber und stiller Gesellschafter bei der Ausformung des Gesellschaftsverhältnisses keine entgegengesetzten Interessen, gelten für die Aner1 So auch Curtius-Hartung/Costede/Ballof, StbKRep 1987, 223 (230); dies ergibt sich für kleine Kapitalgesellschaften daraus, dass sie die in § 285 Nr. 2 HGB geforderten genaueren Daten zum Verbindlichkeitenspiegel im Anhang gemäß § 288 HGB nicht angeben müssen. Mittelgroße Kapitalgesellschaften haben diese Informationen zwar in den Anhang aufzunehmen, müssen sie jedoch nach § 327 Nr. 2 HGB nicht veröffentlichen, vgl. dazu auch Herrmann in Heymann, 2. Aufl. 1999, § 285 HGB Rn. 16. 2 StSenkG v. 23. 10. 2000, BGBl. I 2000, 1433. Siehe dazu auch ausführlicher in der 6. Aufl., Rn. 22.69.
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kennung Sonderregeln, die in § 21 behandelt werden. Dies betrifft insbesondere Gesellschaften zwischen nahen Familienangehörigen und solchen zwischen einer GmbH und deren Gesellschaftern. Einkommensteuerlich sind typische stille Gesellschaften von atypischen stillen Gesellschaften zu unterscheiden. Bei der typischen stillen Gesellschaft sind die dem stillen Gesellschafter zufließenden anteiligen Gewinne dem Steuerabzug aus Kapitalvermögen unterliegende Einkünfte; beim Inhaber mindern sie als Betriebsausgaben den einkommensteuerpflichtigen Gewinn aus Gewerbebetrieb. Dagegen wird der atypische stille Gesellschafter als Mitunternehmer angesehen und steuerlich den Gesellschaftern einer OHG oder KG gleichgestellt, obwohl er an dem Geschäftsvermögen dinglich nicht mitberechtigt ist. Von einer atypischen stillen Gesellschaft ist auszugehen, wenn der stille Gesellschafter ähnlich wie ein Kommanditist über Mitunternehmerinitiative verfügt und ein Mitunternehmerrisiko trägt.
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§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen (stille Familiengesellschaft, GmbH & Still) Schrifttum zur stillen Familiengesellschaft: Authenrieth, Karlheinz, Schenkung einer Darlehensforderung vom Vater an Kinder, Anmerkung zu BFH v. 10. 4. 1984, BB 1985, 168; Ballof, Ferdinand, Unternehmensnachfolge bei Familienunternehmen – Die stille Gesellschaft als Steuersparinstrument, EStB 2000, 245; Bordewin, Arno, Besonderheiten der Ertragsbesteuerung bei Familienpersonengesellschaften, DB 1996, 1359; Broudré, Anna M., Darlehensverträge zwischen Angehörigen, DB 1993, 8; Carlé, Dieter/Halm, Dirk, Entwicklungen des Sondersteuerrechts der Familiengesellschaften, KÖSDI 2000, 12383; Costede, Jürgen, Die stille Gesellschaft – Überlegungen aus handelsrechtlicher, steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht, StbKRep 1987, 239; Curtius-Hartung, Rudolf, Die stille Gesellschaft – Überlegungen aus handelsrechtlicher, steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht, StbKRep 1987, 223; Daragan, Hanspeter, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 9. 10. 2001, ZEV 2002, 39; Degethof, Michael, Praxishinweise bei der Betriebsprüfung der atypisch stillen Gesellschaft (insbesondere der GmbH & Still), StBp 2002, 349; Flume, Werner, Die Steuerrechtsprechung zur Gewinnverteilung in Familien-Personengesellschaften und die Legitimität der Rechtsprechung, StbJb. 1976/77, 43; Gosch, Dietmar, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 9. 10. 2001, StBp 2002, 28; Groh, Manfred, Sind schenkweise begründete Innengesellschaften und Darlehen steuerlich unbeachtlich?, BB 1987, 1505; Heuermann, Bernd, Irritationen über einen alten Rechtsgrundsatz – Verträge zwischen nahe stehenden Personen ohne zivilrechtliche Wirksamkeit? – Anmerkungen zum Nichtanwendungserlass vom 2. 4. 2007 und zu den BFH-Urteilen vom 7. 6. 2006 und vom 22. 2. 2007, DB 2007, 1267; Hey, Johanna, Gestaltungsmissbrauch im Steuerrecht nach der Neufassung des § 42 AO und dem dazu ergangenen BMF-Erlass, BB 2009, 1044; Hübner-Weingarten, Rudolf, Die Beteiligung von Kindern als Kommanditisten, stille Gesellschafter und Unterbeteiligte – grundsätzliche Erwägungen, ZEV 1999, 81; Jestädt, Gottfried, Partiarisches Darlehen oder Stille Gesellschaft?, DStR 1993, 387; Jülicher, Marc, Vertragliche Rückforderungsrechte und Weiterleitungsklauseln in Schenkungsverträgen, DStR 1998, 1977; Kempermann, Michael, Kommentar zum Urteil des BFH v. 9. 10. 2001, FR 2002, 154; Knobbe-Keuk, Brigitte, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993; Köhler, Roland, Beispielhafte Ermittlung des steuerlich angemessenen Gewinnanteils für eine geschenkte Beteiligung nicht mitarbeitender Kinder bei Familienpersonengesellschaften, StPB 2004, 50; Korn, Klaus, Angemessene Ergebnisverteilung bei einer typisch stillen Familiengesellschaft, BeSt 2009, 19; Kulemann, Grit/Harle, Georg, GmbH & Still – Familienpersonengesellschaften im Steuerrecht, StBP 2000, 12; Kulosa, Egmont, Auszahlungsbeschränkungen bei einer typisch stillen Gesellschaft mit Minderjährigen – Anmerkung zum Urteil des BFH v. 14. 5. 2003, HFR 2003, 1151; Mack, Alexandra/Wollweber, Markus, § 42 AO – Viel Lärm um nichts?, DStR 2008, 182; Märkle, Rudi, Angehörige als Darlehensgeber, stille Gesellschafter, Kommanditisten, BB 1993, Beilage 2; Natschke, Thomas, Die stille Gesellschaft als Gestaltungselement, StB 1998, 181; Neufang, Bernd, Die so genannten Innengesellschaften – ein Rechtsinstrument zur Optimierung der Unternehmensform, INF 1987, 8; Neufang, Bernd, Die stille Gesellschaft mit Angehörigen, INF 1987, 563; Ritzrow, Manfred, Die Familienpersonengesellschaft im Einkommensteuerrecht, StBp 2003, 140 und StBp 2003, 173; Schmidt, Karsten, Die Schenkung von Personengesellschaftsanteilen durch Einbuchung, BB 1990, 1992; Schmidt, Ludwig, Anmerkung zu BFH v. 13. 6. 1989, FR 1989, 500; Schmidt, Ludwig, Anmerkung zu BFH v. 21. 10. 1992, FR 1993, 228; Schultes-Schnitzlein/Keese, Christian, Übertragung von Personengesellschaftsanteilen unter Angehörigen, NWB 2009, 394; Schulz, Peter/Werz, Ralf Stefan, Die disproportionale Gewinn- und Stimmrechtsverteilung – ein Instrument für
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§ 21
Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen die Nachfolgeplanung, BB 2005, 2; Schulze zur Wiesche, Dieter, Gewinnverteilungsvereinbarungen bei Personengesellschaften, StBp 1994, 177; Stümper, Franz-Peter, Die Selbstständigkeit der Kinder über die GmbH & atypisch Still finanzieren, GStB 2001, 329; Tiedtke, Klaus, Zur steuerlichen Anerkennung stiller Beteiligungen von Kindern, FR 1980, 421; Tiedtke, Klaus, Die schenkweise Zuwendung einer stillen Beteiligung an ein minderjähriges Kind, BB 1988, 946; Tiedtke, Klaus, Widersprüchliche Entscheidungen des Bundesfinanzhofs zur Absetzbarkeit von Darlehenszinsen, DB 1988, 69; Tipke, Klaus/Kruse, Heinrich Wilhelm, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, (Loseblatt); von Wedelstädt, Alexander, Die Änderungen der Abgabenordnung durch das Jahressteuergesetz 2008, DB 2007, 2558; Wacker, Roland, Neue Entwicklungen in der Rechtsprechung zu Ertragsteuerrecht der Personengesellschaften, StbJb. 2002/2003, 85; WeberGrellet, Heinrich, Betriebsausgaben im Zusammenhang mit schenkweise begründeten Rechtspositionen zugunsten naher Angehöriger – Zur Bedeutung des § 12 Nr. 2 EStG, DStR 1993, 1010; Wendt, Michael, Zur Angemessenheitsprüfung der Gewinnverteilung bei geschenkter Unterbeteiligung, GStB 2002, 50. Schrifttum zur GmbH & Still: Beranek, Axel, Die Besteuerung der GmbH & Still, SteuerStud 1991, 132; Binnewies, Burkhard, Verdeckte Gewinnauschüttungen im (Steuer)Recht der Aktiengesellschaft – Zugleich Anmerkung zu BFH I R 93/01 v. 18. 12. 2002, DStR 2003, 2105; Bitsch, Herbert, Gewinnverteilung der GmbH & Stille Gesellschaft, GmbHR 1983, 56; Blaurock, Uwe, Die GmbH & Still im Steuerrecht, BB 1992, 1969; Blaurock, Uwe, Die Limited & Still – Bemerkungen zur stillen Gesellschaft im deutschen Kollisionsrecht, in Festschrift für Harm Peter Westermann zum 70. Geburtstag, 2008, S. 821 ff.; Bolk, Wolfgang, Einkünfte des an einer GmbH still beteiligten Gesellschafters – Ein Beitrag auch zur Neubesinnung bei sozialversicherungspflichtigen Gesellschaftern, in Festschrift für Wolfram Reiss, 2008, S. 25 ff.; Braun, Rainer, Steuerliche Anerkennung einer GmbH & Still, EFG 2005, 952; Carlé, Dieter, GmbH & Still, KÖSDI 1987, 7035; Costede, Jürgen, Steuerrechtsfragen der GmbH & Still, StuW 1983, 308; Costede, Jürgen, Die stille Gesellschaft – Überlegungen aus handelsrechtlicher, steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht, StbKRep 1987, 239; Degethof, Michael, Praxishinweise bei der Betriebsprüfung der atypisch stillen Gesellschaft (insbesondere der GmbH & Still), StBp 2002, 349 und StBp 2003, 1; Erhart, Gabriele, Vorstandsbezüge als verdeckte Gewinnausschüttung? Der Aufsichtsrat als Filter der Angemessenheitsprüfung, BB 2007, 183; Felix, Günther, Die GmbH mit stiller Beteiligung als attraktive Unternehmensform, StbKRep 1971, 207; Frotscher, Gerrit, Tendenzen im Recht der Verdeckten Gewinnausschüttung, GmbHR 1998, 23; Geißler, Markus, Aktuelle und fortdauernde Rechtsprobleme bei der GmbH & Still, GmbHR 2008, 515; Götz, Helmut, Kapital- oder Personengesellschaft? Steuerliche Gesichtspunkte der Rechtsformwahl – national und international, BB 2008, 1032; Gosch, Dietmar, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 14. 7. 1998, DStR 1998, 1550; Häger, Michael/Forst, Paul, Die GmbH & Still im Lichte des Steuersenkungsgesetzes, EStB 2001, 67; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Die steuerliche atypische stille Beteiligung an der GmbH, GmbHR 1994, 147; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Mitunternehmerische Betätigung und Beteiligung bei der GmbH & atypisch Still, GmbHR 1995, 816; Kulemann, Grit/Harle, Georg, Die Gewinnverteilung in der GmbH & Still, GStB 2000, 14; Kulemann, Grit/Harle, Georg, GmbH & Still – Familienpersonengesellschaften im Steuerrecht, StBP 2000, 12; Lemaire, Norbert, Steuerliche Anerkennung einer GmbH & atypisch Still, EFG 2008, 551; Lienau, Alexander/Lotz, Thomas, Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen und die steuerlichen Konsequenzen, DStR 1991, 618; Paulick, Heinz, Die Einmann-GmbH Stille Gesellschaft (StG) im Steuerrecht, GmbHR 1982, 237; Ruban, Reinhild, Die atypische stille Gesellschaft im Ertragsteuerrecht – Tendenzen in der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, DStZ 1995, 637; Schiffers, Joachim/Frings, Thomas, Steu-
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§ 21
ergünstiger Gewinn-Transfer auf die Gesellschafterebene bei der GmbH, GmbH-StB 2002, 12; Schoor, Hans Walter, Die GmbH & Still, INF 1993, 276; Schoor, Hans Walter, Die GmbH & Still im Steuerrecht, LSW 2001, S. 433; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die Einmann-GmbH & Still und Mitunternehmerschaft, GmbHR 1983, 202; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & Co. KG und verdeckte Gewinnausschüttung, BB 2005, 1137; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & Still nach dem Korb II-Gesetz, BB 2004, 1363; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & Still unter Berücksichtigung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 ab 2009, GmbHR 2008, 1140; Schwedhelm, Rolf, Ist der stille Gesellschafter als Geschäftsführer der GmbH & Still Mitunternehmer?, GmbHR 1994, 445; Schwer, Hans-Walther, Stille GmbH-Teilhabe, GmbH-Stpr. 2004, 119; Steinacker, Jörg, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, Diss. Erlangen/Nürnberg, 1992, 1993; Suchanek, Markus/Hagedorn, Sonja, Steuerpraxisfragen der GmbH & atypisch Still, FR 2004, 1149; Sudhoff, Heinrich/Sudhoff, Martin, Stille Beteiligung an einer GmbH und die Umwandlung dieser Beteiligung, GmbHR 1984, 77; Volb, Helmut, Die GmbH & Still – Zivil- und steuerrechtliche Behandlung, SteuerStud 2008, 338; Wälzholz, Eckhard, Die GmbH & Still nach der Unternehmensteuerreform 2008, GmbH-StB 2008, 11; Wendt, Michael, GmbH & atypisch still – Kapitalgesellschaft als atypisch still Beteiligter – Freibetrag für Personengesellschaften nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG, FR 2008, 384; Winter, Willi, Die atypische stille Beteiligung an der eigenen GmbH nach der Steuerreform, GStB 2001, 104.
I. Allgemeines Die allgemeinen Grundsätze für die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften, die in § 20 dargestellt worden sind, bedürfen der Ergänzung, wenn Inhaber und stiller Gesellschafter bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags ausnahmsweise keine entgegengesetzten, sondern gleichgerichtete Interessen verfolgen. In diesem Fall ist die steuerliche Anerkennung der stillen Gesellschaft aus doppeltem Grunde erschwert:
21.1
Zum einen besteht wegen der mangelnden gegenseitigen Kontrolle der Gesellschafter die nahe liegende Gefahr, dass das stille Gesellschaftsverhältnis nur aus steuerlichen Gründen vorgeschoben wird, in Wirklichkeit aber ein anderes, steuerlich regelmäßig ungünstigeres Rechtsverhältnis vereinbart ist. Dieses Problem betrifft in erster Linie den Nachweis der stillen Gesellschaft gegenüber der Finanzverwaltung. Verfolgen die Gesellschafter gleichgerichtete Interessen, sind an diesen Nachweis grundsätzlich erhöhte Anforderungen zu stellen. Zum anderen ist aber auch der Umfang problematisch, in dem Einkünfte aus der stillen Gesellschaft steuerlich anzuerkennen sind. Dass im Normalfall keine Angemessenheitskontrolle der Gewinn- und Verlustverteilung in der Gesellschaft stattfindet, beruht auf der Annahme, dass zwischen fremden Personen grundsätzlich Interessengegensätze bestehen und dass deswegen regelmäßig ausgeschlossen werden kann, dass Leistungen, die im Rahmen der Gesellschaft erbracht werden, auf anderen Motiven beruhen als dem jeweiligen Gesellschaftsverhältnis und den Beiträgen, die die einzelnen Gesellschafter in die Gesellschaft eingebracht haben1. Verfolgen die Gesellschafter im Rahmen 1 BFH v. 29. 5. 1972 – GrS 4/71, BStBl. II 1973, 5 (7).
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21.2
§ 21
Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
der Gesellschaft keine entgegengesetzten Interessen, trägt diese Vermutung nicht mehr. Zu besorgen ist vielmehr, dass die Gesellschafter übereinstimmend eine überhöhte oder zu niedrige Gewinn- und Verlustverteilung vereinbaren, um auf diese Weise bestimmte steuerliche Ziele zu erreichen. Zivilrechtlich ist die Vereinbarung einer solchen, nicht durch die Beiträge der Gesellschafter motivierte Gewinn- und Verlustverteilung grundsätzlich zulässig. Anders als bei anderen Rechtsverhältnissen ist es daher steuerlich nicht möglich, etwa im Wege der Annahme einer gemischten Schenkung, die laufende Gewinn- und Verlustverteilung auf einen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten und einen auf anderen Motiven beruhenden Anteil aufzuteilen. Einer entsprechenden Gestaltung kann daher nur dadurch begegnet werden, dass in Abweichung von der zivilrechtlichen Lage die Anerkennung der Einkünfte aus dem stillen Gesellschaftsverhältnis steuerlich lediglich auf den angemessenen Betrag begrenzt wird.
21.3
Dass die Gesellschafter bei Gründung der Gesellschaft keine entgegengesetzten Interessen verfolgen, kommt in der Praxis vor allem in zwei Konstellationen vor: zum einen bei Gesellschaften zwischen nahen Angehörigen (sog. stille Familiengesellschaften) und zum anderen bei stillen Gesellschaften zwischen einer GmbH und ihren eigenen Gesellschaftern (sog. GmbH & Still). Für diese beiden Fallgruppen haben sich in der Rechtspraxis feste Regeln für die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften herausgebildet. Auf sie wird im Folgenden detailliert eingegangen. Darüber hinaus sind stille Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter gleichgerichtete Interessen verfolgen, selten1. Für die Annahme eines solchen Falles sind konkrete Anhaltspunkte vorzutragen2. Die Finanzverwaltung trägt die Beweislast.
II. Die stille Familiengesellschaft 1. Grundlagen und Anwendungsbereich
21.4
Der klassische Fall von Personen, die häufig keine entgegengesetzten Interessen verfolgen, sind nahe Angehörige; Vermögensverschiebungen zwischen ihnen sind vielmehr nicht selten privat veranlasst. Dies rechtfertigt es allerdings nicht, Rechtsverhältnisse innerhalb der Familie generell steuerlich nicht anzuerkennen. Auch nahen Angehörigen steht es frei, Rechtsverhältnisse mit steuerlicher Wirkung untereinander einzugehen und dabei optimal steuerlastmindernd zu gestalten3. Insbesondere dürfen wegen Art. 3 und 6 GG Verheiratete im Vergleich zu Ledigen nicht allein deshalb schlechter gestellt werden, weil sie verheiratet sind4. Wegen der Gleichbehandlung mit Dritten galt bisher auch unter nahen Anverwandten, dass das primäre Ziel, durch den Abschluss 1 Vgl. z.B. BFH v. 21. 9. 2000 – IV R 50/99, BStBl. II 2001, 299. 2 BFH v. 29. 5. 1972 – GrS 4/71, BStBl. II 1973, 5 (7); BFH v. 24. 7. 1990 – VIII R 162/84, BFH/NV 1991, 35 (37) (stille Gesellschaft zum Zwecke der Förderung eines gemeinnützigen Vereins). 3 St. Rspr. seit BFH v. 22. 8. 1951 – IV 246/50, BStBl. III 1951, 181 (183); BFH v. 18. 12. 1990 – VIII R 290/82, BStBl. II 1991, 391 (394). 4 BVerfG v. 12. 3. 1985 – 1 BvR 571/81, BVerfGE 69, 188 (205 ff.).
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§ 21
eines Rechtsverhältnisses Steuern zu sparen, allein der steuerlichen Anerkennung dieses Rechtsverhältnisses nicht entgegenstand1. Eine unangemessene rechtliche Gestaltung soll jedoch nach § 42 AO i.d.F. des JStG 2008 (vgl. hierzu ausführlich Rn. 20.44 ff.) vorliegen, wenn es an einer Rechtfertigung der Gestaltung durch beachtliche außersteuerliche Gründe fehlt. Dabei ist nicht jede gewählte rechtliche Gestaltung als unangemessen anzusehen; hinzukommen muss bei einem Vergleich mit einer angemessenen Gestaltung ein vom Gesetzgeber nicht vorgesehener Steuervorteil. Erst zur Rechtfertigung dieses Steuervorteils, der die Gestaltung unangemessen macht, bedarf es beachtlicher außersteuerlicher Gründe. Solche sind nicht in dem Ziel der reinen Steuerersparnis zu erblicken; in erster Linie müssen andere Ziele verfolgt werden, die nach den Wertungen des Gesetzgebers zu berücksichtigen sind. Insgesamt erwartet das Schrifttum2 aufgrund der weitgehenden Anlehnung an der bisherigen Rechtsprechung bei Schaffung der Tatbestandsmerkmale des § 42 AO n.F. keine wesentlichen Neuerungen durch die neue Rechtslage. Die Anerkennung von Rechtsverhältnissen zwischen Angehörigen eröffnet daher nach wie vor zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten. Einkommensteuerlich ist etwa eine Vervielfältigung der Freibeträge sowie eine Progressionsabschwächung erreichbar, indem Einkommensteile innerhalb der Familie verlagert werden (sog. Familiensplitting). Entsprechende Vorteile sind im Rahmen einer vorweggenommenen Betriebsübergabe bzw. Erbfolge auch bei der Erbschaftund Schenkungsteuer möglich. Nicht selten wird ferner versucht, gemäß § 12 Nr. 2 EStG nicht abzugsfähige Unterhaltsleistungen als abzugsfähige Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) bzw. Werbungskosten (§ 9 EStG) zu deklarieren. Zu alledem eignet sich eine stille Gesellschaft wegen der ihr eigenen Flexibilität in besonderem Maße. Dementsprechend häufig wird sie in der Praxis zur Steuergestaltung eingesetzt3.
21.5
Angesichts dieser Möglichkeiten prüft die Finanzverwaltung Vermögensverschiebungen innerhalb der Familie stets darauf, ob sie ihre Ursache nicht im privaten Bereich haben und deswegen steuerlich unbeachtlich sind. Insbesondere sind Aufwendungen gemäß § 4 Abs. 4 EStG bzw. § 9 EStG von solchen gemäß § 12 Nr. 1 bzw. 2 EStG zu unterscheiden. Hierzu ist nicht zuletzt auf subjektive Tatbestandsmerkmale zurückzugreifen, auf die nur anhand äußerlich erkennbarer Indizien zurückgeschlossen werden kann. Insoweit besteht kein prinzipieller Unterschied zur Rechtslage zwischen Fremden. Allerdings ist bei Rechtsverhältnissen von Personen, zwischen denen ein Interessengegensatz besteht, dieser Rückschluss regelmäßig einfacher und unbedenklicher als bei Rechtsverhältnissen zwischen nahen Angehörigen, bei denen das Fehlen eines Interessengegensatzes die Gefahr birgt, dass Aufwendungen des privaten Bereichs zur Verminderungen der Steuerlast in den betrieblichen Bereich ver-
21.6
1 BFH v. 29. 11. 1982 – GrS 1/81, BStBl. II 1983, 272 (277); BFH v. 10. 10. 1991 – XI R 1/86, BStBl. II 1992, 239 (240). 2 Hey, BB 2009, 1044 (1048); Mack/Wollweber, DStR 2008, 182 (186); von Wedelstädt, DB 2007, 2558 (2559). 3 Vgl. unter steuergestalterischen Gesichtspunkten Ballof, EStB 2000, 245 (245); Hübner-Weingarten, ZEV 1999, 81; Natschke, StB 1998, 181; vgl. auch Rn. 20.72 ff.
521
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schoben werden. Aus diesem Grund werden an die steuerliche Anerkennung solcher Rechtsverhältnisse seit jeher besondere Anforderungen gestellt. Dies gilt auch für Gesellschaftsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen, für die sich der steuerrechtliche Terminus „Familiengesellschaft“ eingebürgert hat. Stille Gesellschaften können in diesem Sinne Familiengesellschaften sein.
21.7
Wird das Bestehen eines Gesellschaftsverhältnisses nicht von den Beteiligten, sondern von der Finanzverwaltung vorgetragen, steht also ein sog. verdecktes Gesellschaftsverhältnis in Frage, finden die besonderen Anforderungen hingegen naturgemäß keine Anwendung1.
21.8
Wann Angehörige so nah miteinander verwandt sind, dass Rechtsverhältnisse zwischen ihnen nur unter besonderen Kautelen anerkannt werden können, ist gesetzlich nicht geregelt. Ebenso wenig gibt es eine gesetzliche Begriffsbestimmung der „Familiengesellschaft“. Ausgangspunkt der Rechtsprechung waren Verträge zwischen Ehegatten; die so entwickelten Grundsätze werden aber seit Langem auch auf Personen, die in gerader Linie miteinander verwandt sind (Kinder, Eltern, Großeltern) sowie im Verhältnis von Schwiegereltern zu Schwiegerkindern angewandt2. Gleichgestellt werden ferner Fälle, in denen an der stillen Gesellschaft – sei es als Inhaberin, sei es als stille Gesellschafterin – eine Gesellschaft beteiligt ist, die von einem nahen Angehörigen beherrscht wird3. Beherrscht nicht ein Angehöriger die Gesellschaft allein, genügt auch eine gemeinsame Beherrschung durch mehrere Familienangehörige, sofern diese gleichgerichtete Interessen verfolgen4. Eine Ausdehnung auf Verlobte5 und Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft6 hat der BFH hingegen vor längerer Zeit abgelehnt.
21.9
Die Literatur zieht zur Bestimmung des Anwendungskreises teilweise § 15 AO heran7. Dieser positivistische Ansatz überzeugt trotz der mit ihm verbundenen Rechtssicherheit nicht8. Maßgeblich für die Anwendbarkeit der Regeln kann allein die Frage sein, in welchen Verhältnissen typischerweise kein Interessengegensatz zwischen den beteiligten Personen vorliegt, so dass die besondere Gefahr eines Missbrauchs besteht. Einer solcher Interessengegensatz fehlt nicht bei allen Angehörigenverhältnissen i.S. des § 15 AO. So besteht kein Erfahrungssatz derart, dass zwischen Onkel und Neffe (Angehörige i.S. von § 15
1 BFH v. 8. 11. 1995 – XI R 14/95, BStBl. II 1996, 133 (134); BFH v. 18. 6. 1998 – IV R 94/96, BFH/NV 1999, 295 (297) (unter 3., für stille Gesellschaft). 2 BFH v. 18. 12. 1990 – VIII R 290/82, BStBl. II 1991, 391 (394) (Großeltern); BFH v. 5. 2. 1988 – III R 234/84, BFH/NV 1988, 628 (Schwiegereltern). 3 BFH v. 13. 6. 1989 – VIII R 47/85, BStBl. II, 720; BFH v. 13. 7. 1999 – VIII R 29/97, DStRE 1999, 937 (938) m.w.N. 4 BFH v. 15. 12. 1988 – IV R 29/86, BStBl. II 1989, 500 (501); BFH v. 13. 7. 1999 – VIII R 29/97, DStRE 1999, 937 (938). 5 BFH v. 17. 1. 1985 – IV R 149/84, BFH/NV 1986, 148 (149) (Ablehnung selbst bei späterer Eheschließung). 6 BFH v. 27. 11. 1989 – GrS 1/89, BStBl. II 1990, 160 (166). 7 Carlé/Halm, KÖSDI 2000, 12383 (12384). 8 Bordewin, DB 1996, 1359 (1360 f.).
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Abs. 1 Nr. 7 AO) typischerweise ein Interessengegensatz fehlt1. Gleiches gilt im Verhältnis von Geschwistern untereinander2. Der restriktiven Anwendung der Rechtsprechung ist deswegen grundsätzlich zu folgen. Der Nichtanwendung der Rechtsprechung des BFH auf nichteheliche Lebensgemeinschaften wird allerdings zu Recht entgegengehalten, dass sie Ehegatten und Abkömmlinge unangemessen benachteiligt. Die Missbrauchsgefahr ist zwischen Partnern einer langjährigen Lebensgemeinschaft nicht geringer als zwischen Ehegatten. Eine Ungleichbehandlung ist daher nicht angezeigt3. Die Anwendung auf Partner einer Lebenspartnerschaft4 ist – unabhängig von ihrer sonstigen steuerlichen Behandlung – ebenfalls geboten5; auch zwischen ihnen besteht typischerweise kein Interessengegensatz6.
21.10
2. Die Anerkennung der stillen Familiengesellschaft als solcher Nach Ansicht der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung ist bei der Anerkennung stiller Familiengesellschaften zwischen der Anerkennung der Gesellschaft als solcher und der Angemessenheit der Gewinnverteilung zu unterscheiden7.
21.11
Was die Anerkennung betrifft, wendet der BFH auf die stille Gesellschaft die Kriterien an, die er allgemein für die Anerkennung von Vertragsverhältnissen zwischen nahen Angehörigen aufgestellt hat8. Das stille Gesellschaftsverhältnis muss demnach im Vorhinein klar und eindeutig vereinbart sowie zivilrechtlich wirksam zustande gekommen sein, dem unter Dritten Üblichen entsprechen und später vereinbarungsgemäß auch tatsächlich vollzogen worden sein9. Während die Rechtswirksamkeit der Vereinbarungen die Ernstlichkeit
21.12
1 Vgl. aber auch für einen Sonderfall BFH v. 20. 9. 1990 – IV R 17/89, BStBl. II 1991, 18 (19). 2 Ebenso Bordewin, DB 1996, 1359 (1361). 3 So auch FG Rheinland-Pfalz v. 24. 1. 1996, EFG 1996, 743 (743); a.A. Bordewin, DB 1996, 1359 (1362). Wird ein Rechtsverhältnis mit einem nahen Angehörigen und dessen Lebensgefährten abgeschlossen, unterwirft auch der BFH das gesamte Vertragsverhältnis einem Fremdvergleich, BFH v. 25. 7. 2000 – IX R 9/97, HFR 2001, 337 (338). 4 Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft v. 16. 2. 2001, BGBl. I 2001, 266. 5 Gleicher Ansicht Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 382. 6 Vgl. § 6 LPartG wegen der Möglichkeit einer Zugewinngemeinschaft zwischen Lebenspartnern. 7 Grundlegend BFH v. 22. 8. 1951 – IV 246/50 S, BStBl. III 1951, 181; BFH v. 29. 5. 1972 – GrS 4/71, BStBl. II 1973, 5 (6). Gegen diese Unterscheidung Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 12 II, S. 513 ff. 8 BFH v. 25. 9. 1969 – IV R 179/68, BStBl. II 1970, 114; BFH v. 8. 8. 1974 – IV R 101/73, BStBl. II 1975, 34; BFH v. 9. 7. 1987 – IV R 95/85, BStBl. II 1988, 245; BFH v. 31. 5. 1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 10; BFH v. 21. 2. 1991 – IV R 35/89, BStBl. II 1995, 449; BFH v. 14. 3. 2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475. 9 BFH v. 5. 6. 1986 – IV R 53/82, DB 1996, 1359 (1359); BFH v. 9. 7. 1987 – IV R 95/85, BStBl. II 1988, 247; BFH v. 13. 6. 1989 – VIII R 47/85, FR 1989, 499; BFH v. 21. 9. 1989 – IV R 126/88, BFH/NV 1990, 692 (693); BFH v. 21. 10. 1992 – X R 99/88, FR 1993, 226; BFH v. 22. 2. 2007 – IX R 45/06, DStR 2007, 983; H 15.9 Abs. 1 EStR 2008.
523
§ 21
Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
der Gesamtvereinbarungen indiziert, soll der Vergleich mit dem unter fremden Dritten Üblichen insbesondere die notwendige Abgrenzung zwischen betrieblicher und privater Veranlassung sicherstellen1. Die Anwendung dieser Kriterien ist vom BVerfG mehrfach für grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich gehalten worden2.
21.13
Ursprünglich hatte der BFH diese Anforderungen dabei so verstanden, dass das Nichterfüllen eines einzigen Merkmals dieser Kriterien unwiderleglich die steuerliche Anerkennung der stillen Gesellschaft ausschloss. Gleiches galt für die durch die Rechtsprechung vorgenommenen Konkretisierungen dieser Merkmale. Nach Ansicht des Großen Senats des BFH sollte etwa die Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Ehegatten bereits dann unwiderleglich scheitern, wenn es nicht wie unter Dritten vollzogen worden war, weil der Arbeitslohn des Ehepartners statt auf dessen eigenes Girokonto auf ein gemeinsames Oder-Konto beider Ehegatten überwiesen worden war3.
21.14
Mit dieser rigorosen Anwendung der genannten Grundsätze hat der BFH allerdings die Grenzen des verfassungsrechtlich Zulässigen überschritten. Die Aufstellung unwiderlegbarer Tatbestandsvoraussetzungen ist dem Gesetzgeber vorbehalten. Wie das BVerfG in seiner Oder-Konten-Entscheidung festgestellt hat, dürfen die genannten Kriterien für die steuerliche Anerkennung von Rechtsverhältnissen zwischen Angehörigen nur angewandt werden, soweit der maßgebliche Sachverhalt nicht bereits auf andere Weise mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann. Die Kriterien haben also lediglich widerlegbaren Indizcharakter und nicht Tatbestandsfunktion.
21.15
Der BFH folgt dem in seiner jüngeren Rechtsprechung4. Insbesondere ist die steuerliche Anerkennung eines Vertragsverhältnisses unter nahen Angehörigen nunmehr nicht mehr bereits deswegen ohne weiteres ausgeschlossen, weil einzelne Sachverhaltsmerkmale geringfügig von der üblichen Gestaltung des Rechtsverhältnisses abweichen5. Im Rahmen des Fremdvergleichs sind die einzelnen Kriterien vielmehr im Rahmen einer Gesamtwürdigung darauf zu prüfen, ob sie den Rückschluss auf eine privat veranlasste Vereinbarung zulassen6.
1 BFH v. 9. 7. 1987 – IV R 95/85, BStBl. II 1988, 247; BFH v. 13. 6. 1989 – VIII R 47/85, FR 1989, 499; BFH v. 21. 9. 1989 – IV R 126/88, BFH/NV 1990, 692 (693); BFH v. 22. 1. 1991 – VIII R 321/83, BFH NV 1991, 667 (668); BFH v. 21. 10. 1992 – X R 99/88, FR 1993, 226; ebenso für die Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen Angehörigen BMF v. 1. 12. 1992 – IV B 2-S 2144-76/92, BB 1993, 279. 2 BVerfG v. 7. 11. 1995 – 2 BvR 802/90, BStBl. II 1996, 34 (36 m.w.N.). 3 BFH v. 27. 11. 1989 – GrS 1/88, BStBl. II 1990, 160 (164 ff.). 4 Vgl. BFH v. 23. 9. 1999 – GrS 1/97, BStBl. II 1999, 778 (781 ff.) (unter C.II.1.); ferner BFH v. 28. 6. 2002 – IX R 68/99, BFHE 199, 380; BFH v. 14. 5. 2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475; BFH v. 7. 6. 2006 – IX R 4/04, DStRE 2006, 1372; BFH v. 22. 2. 2007 – IX R 4506, DStR 2007, 986. 5 BFH v. 13. 7. 1999 – VIII R 29/97, DStRE 1999, 938 (938); BFH v. 14. 5. 2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475 (unter 2.). 6 BFH v. 13. 7. 1999 – VIII R 29/97, DStRE 1999, 938 (938); BFH v. 14. 5. 2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475; BFH v. 22. 2. 2007 – IX R 4506, DStR 2007, 986.
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§ 21
Die praktischen Auswirkungen dieser Rechtsprechungsänderung dürfen allerdings nicht überschätzt werden. Denn wegen des typischerweise fehlenden Interessengegensatzes beim Abschluss von Rechtsgeschäften zwischen nahen Angehörigen ist zur Aufklärung des Sachverhalts eben in aller Regel auf die genannten Kriterien zurückzugreifen. Die Änderung betrifft daher, wie auch die neuere Rechtsprechung des BFH zeigt, im wesentlichen Fälle in atypischen Konstellationen mit Ausnahmecharakter. In aller Regel bleibt es damit dabei, dass die genannten Kriterien Voraussetzung für die Anerkennung einer stillen Familiengesellschaft sind1. Für nachlassende Sorgfalt beim Abschluss solcher Gesellschaftsverträge besteht kein Anlass.
21.16
a) Klare und eindeutige Vereinbarung Vertragsverhältnisse unter nahen Angehörigen müssen für ihre steuerliche Anerkennung klar und eindeutig gefasst sein. Für die nach außen nicht auftretende stille Gesellschaft hat die Rechtsprechung dies sogar in besonderem Maße gefordert2. Allerdings ist eine Vereinbarung nicht bereits deswegen unklar, weil sie auslegungsbedürftig ist. Ausreichend ist vielmehr, dass ein außen stehender Dritter an Hand der Vereinbarung zweifelsfrei erkennen kann, welche Leistungen im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses von Inhaber und stillem Gesellschafter jeweils zu erbringen sind3. Für eine steuerliche Anerkennung zu unklar ist der Gesellschaftsvertrag, wenn sich ihm wesentliche Teile der Vereinbarung nicht eindeutig entnehmen lassen, etwa die Frage, ob der stille Gesellschafter am Verlust beteiligt ist oder nicht4. Ist die Vereinbarung objektiv mehrdeutig, ist im Zweifel die für die steuerliche Anerkennung ungünstigere zugrunde zu legen5.
21.17
Dagegen erfordert das Merkmal der Klarheit der Vereinbarung nicht eine bestimmte Form des Gesellschaftsvertrags, etwa Schriftform. Ist die zivilrechtliche Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrags nicht von der Beachtung eines bestimmten Formerfordernisses abhängig, steht seiner steuerlichen Anerkennung grundsätzlich nichts im Wege, wenn er nur mündlich oder stillschweigend abgeschlossen worden ist6. Der schriftliche Abschluss des Vertrages ist aber allein zum Zwecke des Nachweises gegenüber der Finanzverwaltung dringend geboten und in der Praxis auch üblich7.
21.18
1 In den Fällen, in denen der BFH finanzgerichtliche Entscheidungen bisher aufhob, tat er dies meist, weil das FG die Anerkennung der Familiengesellschaft allein wegen des Nichtvorliegens einer der genannten Merkmale abgelehnt hatte, ohne die notwendige Gesamtwürdigung anzustellen, siehe etwa BFH v. 7. 6. 2006 – IX R 4/04, DStRE 2006, 1372 und den Nichtanwendungserlass BMF v. 2. 4. 2007 – IV B 2-S 2144/0, 2007/0139659, BStBl. I 2007, 441. 2 BFH v. 17. 10. 1951 – IV 83/50 U, BStBl. III 1951, 223. 3 FG Nürnberg v. 15. 6. 1999 – I 118/97, EFG 1999, 917 (918). 4 BFH v. 17. 10. 1951 – IV 83/50 U, BStBl. III 1951, 223. 5 BFH v. 29. 1. 1976 – IV R 102/73, BStBl. II 1976, 328. 6 BFH v. 7. 3. 1961 – I 289/60 U, BFHE 73, 228 = BStBl. III 1961, 351. 7 Bordewin, DB 1996, 1359 (1363).
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Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
21.19
Bei Gründung einer stillen Familiengesellschaft ist auf die Formulierung der verschiedenen Vertragsbeziehungen größte Sorgfalt zu verwenden. Einmal vereinbarte Regelungen können steuerlich nicht rückwirkend, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft verändert oder auch nur klargestellt werden1. Auch durch Nichtanwendung lässt sich eine steuerschädliche Klausel nicht aus der Welt schaffen2. b) Zivilrechtliche Wirksamkeit, Anwendbarkeit von § 41 Abs. 1 AO
21.20
Nach der älteren Rechtsprechung des BFH konnte ein Vertragsverhältnis zwischen nahen Angehörigen nur dann steuerlich anerkannt werden, wenn es zivilrechtlich ordnungsgemäß, d.h. insbesondere wirksam zustande gekommen war3. Andernfalls wurde dem Vertragsverhältnis entweder mangels hinreichend belegten Rechtsbindungswillens die Ernsthaftigkeit abgesprochen oder es wurde argumentiert, dass Leistungen aufgrund unwirksamer Rechtsbeziehungen mangels hinreichender Beständigkeit prinzipiell nicht vom privaten Bereich abgegrenzt werden könnten4. Für die steuerliche Anerkennung war es dabei unerheblich, ob das Zivilrecht ausnahmsweise auch fehlerhaften Vertragsschlüssen rechtliche Wirksamkeit zumaß, wie es insbesondere bei fehlerhaften Gesellschaften der Fall ist. Eine steuerliche Anerkennung fehlerhaft abgeschlossener Familiengesellschaften war demnach generell ausgeschlossen5. § 41 Abs. 1 Satz 1 AO, wonach die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts insoweit und solange für die Besteuerung ohne Bedeutung ist, als die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis des Rechtsgeschäfts eintreten lassen, wurde als auf Familiengesellschaften nicht anwendbar angesehen6.
21.21
Von der Literatur wurde diese Rechtsprechung überwiegend kritisiert. Zwar konzediert man, dass zivilrechtlich unwirksame Verträge zwischen nahen Angehörigen nicht ohne weiteres steuerlich anzuerkennen sind, für eine generel-
1 BFH v. 18. 12. 1990 – VIII R 137/85, BFH/NV 1991, 518 (520); BFH v. 6. 7. 1995 – IV R 79/94, DB 1995, 2454. 2 BFH v. 18. 12. 1990 – VIII R 137/85, BFH/NV 1991, 518 (520). 3 BFH v. 4. 7. 1968 – IV 136/63, BFHE 92, 474 = BStBl. II 1968, 761; BFH v. 29. 1. 1976 – IV R 102/73, BFHE 118, 181 = BStBl. II 1976, 328; BFH v. 23. 6. 1976 – I R 178/74, BFHE 119, 421 = BStBl. II 1976, 678. 4 BFH v. 18. 12. 1990 – VIII R 290/82, BStBl. II 1991, 391 (394); BFH v. 13. 7. 1999 – VIII R 29/97, DStRE 1999, 937 (938). 5 Nach den Schreiben des BMF v. 8. 12. 1975 – IV B 2 - S 2241-115/75, BStBl. I 1975, 1130, und BMF v. 24. 2. 1976 – IV B 2 - S 2241-18/76, BB 1976, 347, sind für die steuerliche Anerkennung von Verträgen über die Errichtung einer stillen Gesellschaft zwischen Eltern und Kindern aus dem Fehlen der notariellen Beurkundung allerdings ausnahmsweise keine für die Steuerpflichtigen nachteiligen Folgerungen zu ziehen, wenn der Schenkungsvertrag und der Vertrag über die Gründung der stillen Gesellschaft vor dem 1. 1. 1976 abgeschlossen worden ist. 6 BFH v. 8. 11. 1972 – I R 227/70, BStBl. 1973, 287; BFH v. 18. 10. 1989 – I R 203/84, BStBl. II 1990, 68 (69); zustimmend Bordewin, DB 1996, 1359 (1364).
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le Nichtanwendung von § 41 Abs. 1 AO sieht man aber keine hinreichende gesetzliche Basis1. Die Meinungsverschiedenheit hat insoweit an Bedeutung verloren als der BFH im Zuge seiner allgemeinen Rechtsprechungsänderung nunmehr auch unwirksamen Vertragsverhältnissen nicht mehr generell die Anerkennung versagt. Die Nichtbeachtung der zivilrechtlich notwendigen Form stellt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung ein Indiz gegen die Ernstlichkeit des Abschlusses des Vertrages dar. Im Interesse einer effektiven Missbrauchsbekämpfung hält der BFH es jedoch für geboten und zulässig, an den Beweis des Abschlusses und an den Nachweis der Ernstlichkeit von Vertragsgestaltungen zwischen nahen Angehörigen strenge Anforderungen zu stellen. Für den Fall, dass gegen eine Formvorschrift des Zivilrechts verstoßen wurde, hat er hierfür weiter vorausgesetzt, dass den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschrift nicht angelastet werden kann und dass diese nach dem Auftauchen von Zweifeln an der Wirksamkeit des Vertrages unverzüglich alle erforderlichen Maßnahmen getroffen haben, um den Formmangel zu heilen2. In der Regel kann den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften angelastet werden, wenn sich diese schon aus dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften des BGB ergeben. Auf eine bloß fernmündliche Auskunft eines Notars dürfen sich die Vertragsparteien nicht verlassen3.
21.22
Im Einzelnen erfordert die steuerliche Anerkennung einer stillen Familiengesellschaft demnach insbesondere, dass alle Beteiligten, also insbesondere minderjährige Kinder, bei Vertragsschluss zivilrechtlich wirksam vertreten werden (vgl. Rn. 9.32 ff.), dass etwa erforderliche Genehmigungen des Vormundschaftsgerichts eingeholt werden (vgl. Rn. 9.40 ff.) und dass eine möglicherweise erforderliche notarielle Form des Gesellschaftsvertrags eingehalten wird (vgl. Rn. 9.22 ff.). Hängt die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages von einer Genehmigung ab, etwa des Vormundschaftsgerichts oder des zwischenzeitlich volljährig gewordenen Kindes, so wirkt die erteilte Genehmigung auch steuerlich zurück, soweit sich die Beteiligten unverzüglich um die Einholung der Genehmigung bemühen und die Genehmigung in angemessener Frist erteilt wird4. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Nichtvorliegen der Genehmigung den Vertragsparteien anzulasten ist5. Steuerlich dürfte die nachgeholte Genehmigung jedoch in diesen Fällen zumindest ex nunc wirken.
21.23
1 Costede, StbKRep 1987, 239 (251), der bei zivilrechtlicher Unwirksamkeit eine im Steuerprozess widerlegbare Vermutung gegen die Ernsthaftigkeit der Vereinbarungen annimmt; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 12 I 1, S. 507 f. 2 BFH v. 13. 7. 1999 – VIII R 29/97, DStR 1999, 938 (939); BFH v. 14. 5. 2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475; BFH v. 7. 6. 2006 – IX R 4/04, DStRE 2006, 1372; BFH v. 22. 2. 2007 – IX R 4506, DStR 2007, 986. Ablehnend Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 747, der generell die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages verlangt. 3 BFH v. 22. 2. 2007 – IX R 4506, DStR 2007, 986 (987). 4 BFH v. 1. 2. 1973 – I R 101/72, BStBl. II 1974, 289; BFH v. 5. 3. 1981 – IV R 150/76, BStBl. II 1981, 435 (438). 5 BFH v. 22. 2. 2007 – IX R 4506, DStR 2007, 986.
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c) Fremdvergleich
21.24
Um bei nahen Angehörigen privat veranlasste Vermögensverschiebungen von betrieblich veranlassten zu unterscheiden, sind die zugrunde liegenden Vertragsbeziehungen einem Fremdvergleich zu unterziehen1. Maßstab ist grundsätzlich, ob ein Gesellschaftsvertrag gleichen Inhalts auch zwischen Fremden geschlossen worden wäre2. Im Zuge der Rechtsprechungsänderung des BFH hindern allerdings geringfügige Abweichungen von der üblichen Gestaltung des Rechtsverhältnisses die steuerliche Anerkennung nicht mehr3, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung keine sonstigen Hinweise auf eine private Veranlassung der Vereinbarung bestehen4. Abweichungen vom Üblichen sind von der Rechtsprechung auch bereits zuvor teilweise für unschädlich gehalten worden, soweit sie dem Übergang des Betriebes von der einen Generation zur nächsten dienen sollten, etwa indem sich der frühere Geschäftsinhaber in seiner weiteren Funktion als stiller Gesellschafter gegenüber seinem Abkömmling als Nachfolger besondere Kontrollrechte vorbehält5.
21.25
Orientierungsmaßstab für den Fremdvergleich ist wiederum das Regelstatut der stillen Gesellschaft nach dem HGB. Dem stillen Gesellschafter müssen „mindestens im Wesentlichen“ die Rechte nach § 233 HGB eingeräumt sein, damit die Gesellschaft steuerlich anerkannt wird. Andernfalls hält die Gesellschaft einem Fremdvergleich nicht stand6. Ein Gesellschaftsverhältnis wird deswegen nicht anerkannt, wenn die dem stillen Gesellschafter gemäß § 233 HGB zustehenden Überwachungsrechte gänzlich ausgeschlossen oder wesentlich beschränkt sind7. Hingegen können über die gesetzliche Regelung hinausgehende Rechte steuerlich grundsätzlich nicht verlangt werden. Insbesondere ist keine dingliche Absicherung der Vermögensrechte des stillen Gesellschafters erforderlich. Dies ist bei Bestehen einer Verlustbeteiligung anerkannt8, sollte aber auch bei Fehlen einer solchen nicht in Frage gestellt werden9.
21.26
Eine Besonderheit besteht für die Gewinn- und Verlustverteilung. Weicht sie gänzlich vom Üblichen ab, kann dies der Anerkennung der stillen Gesellschaft 1 BFH v. 27. 10. 1989 – GrS 1/88, BStBl. II 1990, 160 (164) zu Arbeits- und Mietverträgen zwischen Ehegatten; BFH v. 21. 10. 1992 – X R 99/88, BStBl. II 1993, 286 zur stillen Gesellschaft: BFH v. 12. 2. 1992 – X R 121/88, BStBl. II 1992, 468 (470 ff.); BFH v. 28. 1. 2008 – VIII B 120/05. 2 BFH v. 19. 2. 2009 – IV R 83/06, DStR 2009, 959; BFH v. 31. 5. 1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 11; BFH v. 14. 5. 2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475. 3 BFH v. 13. 7. 1999 – VIII R 29/97, DStRE 1999, 938 (938). 4 BFH v. 13. 7. 1999 – VIII R 29/97, DStRE 1999, 938 (938); bereits früher auf das Gesamtbild abstellend: BFH v. 17. 11. 1964 – VI 319/63 U, BFHE 82, 35 = BStBl. III 1965, 260; BFH v. 31. 5. 1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 10 f. 5 Vgl. etwa FG Hamburg v. 21. 9. 2000 – II 697/99, DStRE 2001, 74 (für GbR). 6 BFH v. 14. 5. 2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475 (unter 1.). 7 BFH v. 31. 5. 1993 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 10 (11); BFH v. 6. 7. 1995 – IV R 79/84, BStBl. II 1996, 269 (272 f.). 8 BFH v. 31. 5. 1989, BStBl. II 1990, 10; BFH v. 25. 1. 2000 – VIII R 50/97, BStBl. II 2000, 393 (395). 9 Märkle, BB 1993, Beilage 2, 7; a.A. BFH v. 18. 12. 1990 – VIII R 290/82, BStBl. II 1991, 391 (unter II.2.) für typische stille Gesellschaft mit Verlustausschluss.
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als solcher entgegenstehen1. Im Übrigen kommt aber nach Ansicht der Rechtsprechung die Unterscheidung zwischen der Anerkennung der stillen Gesellschaft und der ihrer Gewinn- und Verlustbeteiligung zum Tragen. Eine unübliche Gewinn- und Verlustbeteiligung wird demnach steuerlich nur auf das Angemessene korrigiert, hindert aber nicht die steuerliche Anerkennung der stillen Gesellschaft als solcher. Ebenfalls für die Anerkennung der stillen Gesellschaft als solche nicht zu berücksichtigen ist, dass die Beteiligung dem stillen Gesellschafter, etwa durch Einbuchung durch den Inhaber, geschenkt wird2. Vielmehr ist im Rahmen des Fremdvergleichs zwischen der einmaligen privat veranlassten Zuwendung der stillen Beteiligung und der laufenden Gesellschaft zu trennen3. Zu vergleichen ist also lediglich, ob ein Dritter bei eigener Leistung einer Einlage gleiche Vertragskonditionen vereinbart hätte, wie sie dem stillen Gesellschafter im Rahmen der Schenkung zugestanden werden. Inwieweit von diesem Grundsatz bei der typischen stillen Gesellschaft eine Ausnahme zu machen ist, wird unten gesondert erörtert (vgl. Rn. 21.42 ff.).
21.27
Spielt eine vorangegangene Schenkung theoretisch bei der steuerlichen Anerkennung der stillen Gesellschaft grundsätzlich keine Rolle, so ist doch nicht zu übersehen, dass in der großen Mehrzahl der Fälle, in denen die Finanzverwaltung einer stillen Gesellschaft die steuerliche Anerkennung versagt hat, die Beteiligung dem stillen Gesellschafter zuvor geschenkt worden war.
21.28
Bei welchen Klauseln eine stille Familiengesellschaft steuerlich nicht mehr anerkannt werden kann, ist Gegenstand einer ausgedehnten Kasuistik. Die Einordnung der zahlreichen entschiedenen Fälle in einzelne Fallgruppen ist dabei nicht immer zweifelsfrei. Dies gilt umso mehr, als die steuerliche Anerkennung einer atypischen stillen Gesellschaft sowohl unter dem Gesichtspunkt der Mitunternehmerstellung des stillen Gesellschafters als auch unter dem Gesichtspunkt des Bestehens eines Vertragsverhältnisses unter nahen Angehörigen zu prüfen ist.
21.29
aa) Verfügungsrecht über die stille Beteiligung Kann der stille Gesellschafter über seine Gewinnanteile und seine Beteiligung frei verfügen, wertet die Rechtsprechung dies als Indiz für die Ernsthaftigkeit des Gesellschaftsverhältnisses4. Kritisch steht sie hingegen allen Klauseln gegenüber, die das Verfügungsrecht des stillen Gesellschafters über seine stille Beteiligung einschränken. Hier tendieren in der Tat solche Einschränkungen dazu, dem stillen Gesellschafter nur noch eine treuhänderische Position zuzu1 BFH v. 19. 2. 2009 – IV R 83/06, DStR 2009, 959; BFH v. 21. 9. 1989 – IV R 126/88, BFH/NV 1990, 692 (693). 2 Hingegen gewinnt der Umstand, dass die Beteiligung dem stillen Gesellschaft geschenkt worden ist, für die Angemessenheit der Gewinn- und Verlustbeteiligung Bedeutung, vgl. Rn. 21.47 ff. 3 Bordewin, DB 1996, 1359 (1369). 4 BFH v. 31. 5. 1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 10 (12).
529
21.30
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weisen, die gemäß § 39 Abs. 2 AO für die Zurechnung der stillen Beteiligung als Wirtschaftsgut unbeachtlich ist mit der Folge, dass auch die Einkünfte aus der stillen Beteiligung nicht mehr dem stillen Gesellschafter, sondern dem Inhaber zuzurechnen sind.
21.31
Steuerlich unbeachtlich ist deswegen die schenkweise Einräumung einer stillen Beteiligung, wenn der stille Gesellschafter jederzeit zu deren unentgeltlicher Rückübertragung1 oder Weiterleitung verpflichtet bleibt oder der Widerruf der Schenkung vorbehalten ist2. Ist eine geschenkte mitunternehmerische Beteiligung befristet3 oder ist sie jederzeit vom Inhaber voraussetzungslos kündbar4, gilt gleiches zumindest dann, wenn die Abfindung des stillen Gesellschafters zum Buchwert stattfindet5. Verbreitet wird in diesen Fällen unabhängig von der Bemessung der Abfindung eine Anerkennung abgelehnt6. Nicht anders behandelt werden sollte der Fall, dass ein Gesellschafter durch Veränderungen des Gesellschaftsvertrags einseitig die Beteiligung des anderen rechtlich nachteilig verändern kann. Rückfall- und Kündigungs- und Weiterleitungsklauseln sind hingegen dann unschädlich, wenn sie lediglich für verhältnismäßig unwahrscheinliche Konstellationen, wie etwa dem Vorversterben des Beschenkten, gelten7 oder nur im Wesentlichen die Regelungen der §§ 527, 530 BGB wiederholen8. Ob hierzu auch Scheidungsklauseln zählen, ist offen (vgl. Rn. 31.43).
21.32
Auch im Übrigen ist die Ausgestaltung des Kündigungsrechts problematisch. Ist das Kündigungsrecht einseitig zu Lasten des stillen Gesellschafters aufgehoben worden, wird ein Gesellschaftsverhältnis steuerlich nicht anerkannt9. Ist eine Kündigung durch den stillen Gesellschafter möglich, bedarf er aber dazu der Zustimmung eines Dritten, erkennt der BFH ein stilles Gesellschaftsverhältnis ebenfalls nicht an10. Einschränkungen der Verfügungsmöglichkeiten über die Beteiligung können aber bis zum Erreichen der Volljährigkeit des stillen Gesellschafters vereinbart werden. Beschränkungen hierüber hinaus sind steuerunschädlich, soweit sie überschaubar und zeitlich begrenzt sind. So hat der BFH eine Anteilsschenkung steuerlich anerkannt, weil die vereinbarten Verfügungsbeschränkungen im Wesentlichen mit der Vollendung des 1 BFH v. 16. 5. 1989 – VIII R 196/84, BStBl. II 1989, 877 (878). 2 BFH v. 16. 5. 1989 – VIII R 196/84, BStBl. II 1989, 877 (878); vgl. zur steuerlichen Behandlung von Rückforderungs- und Weiterleitungsklauseln in Schenkungsverträgen allgemein Jülicher, DStR 1998, 1977. 3 BFH v. 29. 1. 1976 – IV R 73/73, BFHE 118, 189 = BStBl. II 1976, 324. 4 Zur zivilrechtlichen Problematik von Hinauskündigungsklauseln vgl. Rn. 15.23 ff. 5 Seer, DStR 1988, 600 (603). Die Entscheidungen BFH v. 27. 9. 1973 – IV R 33/71, BFHE 110, 357 = BStBl. II 1974, 51, sowie BFH v. 29. 1. 1976 – IV R 89/75, BFHE 118, 311 = BStBl. II 1973, 374, hatten diese Frage noch unentschieden gelassen. 6 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 766; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 12 I 2, S. 511. 7 BFH v. 27. 1. 1994 – IV R 114/91, BStBl. II 1994, 635 (637) unter I.3.c.). 8 BFH 27. 1. 1994 – IV R 114/91, BStBl. II 1994, 635 (637 f.). 9 Vgl. BFH v. 3. 5. 1979 – IV R 153/78, BFHE 127, 538 = BStBl. II 1979, 515. 10 BFH v. 20. 2. 1975 – IV R 62/74, BFHE 115, 232 = BStBl. II 1975, 569; BFH v. 6. 7. 1995 – IV R 79/74, BStBl. II 1996, 269 (272).
530
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26. Lebensjahres beseitigt waren1. Der Anerkennung als Mitunternehmer steht es aber in der Regel entgegen, wenn der Gesellschafter bis zum 28. Lebensjahr seinen Anteil nicht selbst verwalten kann2. bb) Gewinn- und Verlustbeteiligung Die Höhe der Gewinn- und Verlustbeteiligung wird steuerlich grundsätzlich nicht bei der Anerkennung der stillen Gesellschaft als solcher, sondern im Rahmen einer gesonderten Angemessenheitsprüfung berücksichtigt. Die getroffenen Vereinbarungen dürfen aber nicht zu dem Schluss zwingen, die Gewinnanteile, die der Steuerpflichtige als Betriebsausgaben absetzt, seien lediglich privat veranlasst. Dieser Schluss kann vor allem dann gezogen werden, wenn der vereinbarte Gewinnanteil außer jedem Verhältnis zum eigenen Beitrag des stillen Gesellschafters steht3. Außerdem liegt der Schluss auf private Beweggründe nahe, wenn auf der einen Seite die Kinder eine im Verhältnis zur (geschenkten) Kapitaleinlage ungewöhnlich hohe Gewinnbeteiligung haben, auf der anderen Seite über diese Gelder aber nicht verfügen dürfen4. Eine solche Beschränkung kann auch nicht damit begründet werden, dass das Vermögen der minderjährigen Kinder der elterlichen Verwaltung unterliege und die Eltern die Art der Vermögensanlage bestimmen könnten (§ 1626 Abs. 2 BGB), wenn der Vertrag auch noch in die Zeit der Volljährigkeit der Kinder hineinwirkt.
21.33
Zu den wesentlichen Rechten eines stillen Gesellschafters gehört gemäß § 231 HGB sein Gewinnanspruch. Wird das Verfügungsrecht des stillen Gesellschafters über seinen Gewinnanteil in einer gegenüber fremden Dritten unüblichen Weise eingeschränkt, wird die stille Gesellschaft steuerlich nicht anerkannt. Der BFH hat in älteren Urteilen z.B. Verträge über die Gründung einer stillen Gesellschaft zwischen einem Vater und seinen minderjährigen Kindern nicht anerkannt, weil die Kinder zehn Jahre lang nicht über ihren Gewinnanteil verfügen durften5 oder weil eine Verfügung nur mit Zustimmung des Vaters6 bzw. eines von ihm benannten Dritten7 möglich war. In einem anderen Fall wurde eine stille Gesellschaft steuerlich nicht anerkannt, weil dem minderjährigen stillen Gesellschafter nur eine jederzeit widerrufliche Gewinnbeteiligung zustand und ihm das Recht entzogen war, die ihm gutgeschriebenen Gewinnanteile während des Bestehens der Gesellschaft ganz oder doch wenigstens teilweise zu entnehmen8. Nach Ansicht des FG Baden-Württemberg soll die stille Gesellschaft bereits dann nicht steuerlich anzuerkennen sein, wenn die
21.34
1 Vgl. BFH v. 6. 4. 1979 – I R 116/77, BFHE 128, 202 = BStBl. II 1979, 620. 2 BFH v. 25. 6. 1981 – IV R 135/78, BFHE 134, 12 = BStBl. II 1981, 779. 3 BFH v. 21. 9. 1989 – IV R 126/88, BFH/NV 1990, 692 (693); zur disproportionalen Gewinn- und Stimmrechtsverteilung siehe Schulz/Werz, BB 2005, 2 (6). 4 BFH v. 2. 2. 1960 – I 132/59 U, BFHE 70, 285 = BStBl. III 1960, 106; BFH v. 13. 12. 1963 – VI 339/61 U, BFHE 78, 402 = BStBl. III 1964, 156. 5 BFH v. 25. 9. 1969 – IV R 179/68, BFHE 97, 298 = BStBl. II 1970, 114. 6 BFH v. 22. 1. 1970 – IV R 178/68, BStBl. II 1970, 416 (418). 7 BFH v. 20. 2. 1975 – IV R 62/74, BFHE 115, 232 = BStBl. II 1975, 569. 8 BFH v. 8. 8. 1974 – IV R 101/73, BFHE 113, 361 = BStBl. II 1975, 34.
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§ 21
Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
Gewinnanteile unverzinst erst bei Auflösung der Gesellschaft dem stillen Gesellschafter auszuzahlen sind1. In seiner jüngeren Rechtsprechung lässt der BFH jedoch Auszahlungsbeschränkungen in wesentlich weiterem Umfang zu. Auszahlungsbeschränkungen sind demnach als bedeutsamer Gesichtspunkt in Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen. Bei Zusammentreffen mit anderen ungewöhnlichen Vertragsbestimmungen können Auszahlungsbeschränkungen zur Versagung der steuerlichen Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses führen. Insbesondere stehen Auszahlungsbeschränkungen, die in ihrer Wirkung begrenzt sind, der Annerkennung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn nicht weitere Beschränkungen hinzutreten2. Dies gilt zum einen für Beschränkungen, deren zeitliche Dauer absehbar ist3, zum anderen für Beschränkungen, die so ausgestaltet sind, dass sie die sofortige Auszahlung eines nicht unerheblichen Teilbetrags zulassen und den im Unternehmen belassenen Teil angemessen verzinsen4. d) Vertragsgemäße Durchführung des Gesellschaftsverhältnisses
21.35
Der Gesellschaftsvertrag muss schließlich vertragsgemäß durchgeführt worden sein. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH ist die Nichtdurchführung des Gesellschaftsvertrages ebenfalls nur als wichtiges Indiz im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen5. Zur tatsächlichen Durchführung des Gesellschaftsvertrags gehört, dass der still Beteiligte die vertraglich übernommene Vermögenseinlage leistet, dass für ihn ein Beteiligungskonto eingerichtet wird, auf dem ihm die Gewinnanteile gutgebracht werden, und dass Gewinnanteile, soweit dies die Vereinbarungen der Beteiligten vorsehen, tatsächlich ausgezahlt werden6. Nicht genügend ist eine stillschweigende Vereinbarung, aus der keine vermögensrechtlichen Folgerungen gezogen werden oder die Art und Umfang der Beteiligung nicht erkennen lässt.
21.36
Eine Bareinlage ist nicht erforderlich. Die Vermögenseinlage kann in der Weise erbracht werden, dass der Geschäftsinhaber einen Teil seines Kapitals den Familienangehörigen schenkungsweise überlässt. Dann ist die Umbuchung des überlassenen Betrags als Einlage des stillen Gesellschafters eine Privatentnahme des Betriebsinhabers7. Es liegt ein Schenkungsversprechen vor, das nach der Rechtsprechung der notariellen Beurkundung bedarf (§ 518 BGB; oben Rn. 6.21 ff., Rn. 9.25). Unter Umständen wird dadurch bei Überschreiten der Freibeträge Schenkungsteuer ausgelöst. Wird eine Beteiligung mit einer Gewinnbeteiligung ausgestattet, die insbesondere der Kapitaleinlage, der Ar1 FG Baden-Württemberg v. 24. 11. 1997 – 2 V 28/97, EFG 1998, 290 (291); FG BadenWürttemberg v. 7. 1. 1999 – 2 K 253/97, DStRE 2000, 2 (3 f.). 2 BFH v. 14. 5. 2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475 unter 2. 3 Siehe schon BFH v. 5. 11. 1985 – VIII R 275/81, unter 2.b). 4 BFH v. 7. 11. 2001 – VIII R 16/97, DStR 2001, 74 (76 f.). 5 BFH v. 14. 5. 2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475 unter 4.c). 6 BFH v. 13. 12. 1963 – VI 339/61 U, BStBl. III 1964, 156; BFH v. 8. 8. 1974 – IV R 101/73, BStBl. II 1975, 34; BFH v. 18. 10. 1989 – I R 203/84, BStBl. II 1990, 68. 7 BFH v. 9. 9. 1954 – IV 574/53 U, BFHE 59, 275 = BStBl. III 1954, 317; Neufang, INF 1987, 663.
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Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
§ 21
beits- oder der sonstigen Leistung des stillen Gesellschafters nicht entspricht oder die einem fremden Dritten üblicherweise nicht eingeräumt würde, so gilt das Übermaß an Gewinnbeteiligung als selbständige Schenkung, die mit dem Kapitalwert anzusetzen ist (§ 7 Abs. 6 ErbStG). Als Beitrag kann der Familienangehörige – wie auch sonst – seine Arbeitskraft einbringen. Das setzt jedoch voraus, dass er tatsächlich im Betrieb mitarbeitet. Die Mitarbeit darf nicht nur geringfügig sein. Liegt eine Mitarbeit in beachtlichem Umfange nicht vor, so muss die Einlage in anderer Weise – also durch Vermögenszuführung – geleistet werden, weil sonst ein rechtswirksames Gesellschaftsverhältnis nicht anerkannt wird.
21.37
Es muss die Einlage der Arbeitskraft stets zur Erfüllung der gesellschaftlichen Beitragspflicht bewirkt werden, nicht nur zur Erfüllung einer hiervon unabhängigen Verpflichtung aus einem besonderen Arbeitsvertrag1. Kein Einbringen der Arbeitskraft ist gegeben, wenn eine Verpflichtung zu nur gelegentlichen Dienstleistungen oder zu nur aushilfsweiser Tätigkeit im Notfalle besteht. Es wird deshalb von den Finanzbehörden besonders in den Fällen, in denen im Betrieb mittätige minderjährige Kinder ohne Vermögenseinlage als stille Gesellschafter aufgenommen worden sind, geprüft, ob deren Tätigkeit wirklich als geldwerte Leistung angesehen werden kann. Eine stille Gesellschaft liegt nicht vor, wenn die Bezüge der im elterlichen Geschäft als Angestellte tätigen Kinder einschließlich der Gewinnbeteiligung die Beträge nicht übersteigen, die der Geschäftsinhaber auch an fremde Angestellte für gleiche Leistungen gezahlt hätte2.
21.38
Tatsächlich durchgeführt werden müssen auch die vertraglichen Regelungen über die Auszahlung der Gewinnanteile. Eine Auszahlung in diesem Sinne liegt allerdings auch dann vor, wenn im Zeitpunkt der Fälligkeit des Gewinnauszahlungsanspruchs ein zivilrechtlich wirksamer Darlehensvertrag abgeschlossen wird oder besteht, durch den der Gewinnauszahlungsanspruch in eine Darlehensforderung umgeschaffen wird3. Eine Gutschrift ist nur dann anzuerkennen, wenn die Gewinnanteile auch eindeutig bis zur Auszahlung jederzeit abrufbar gutgeschrieben bleiben4. Auch eine verfrühte Auszahlung ist vom BFH als steuerschädlich angesehen worden5.
21.39
Die ausgezahlten Beträge müssen endgültig in das Vermögen des stillen Gesellschafters übergehen. Hierzu genügt nicht die formale zivilrechtliche Zuordnung des Vermögens, etwa in Form der Berechtigung für ein bestimmtes Konto bei einem Kreditinstitut. Die ausgezahlten Beträge müssen vom Inhaber tatsächlich wie fremdes Vermögen behandelt werden. Hieran fehlt es,
21.40
1 RFH v. 16. 3. 1938 – VI 154/38, RStBl. 1938, 556; BFH v. 12. 1. 1953 – IV 365/52 U, BFHE 57, 148 = BStBl. III 1953, 58; BFH v. 3. 7. 1964 – VI 355/62 U, BFHE 80, 103 = BStBl. III 1964, 511. 2 FG Hamburg v. 14. 10. 1954 – II 240-242/54, DStR 1955, 17. 3 BFH v. 13. 6. 1989 – VIII R 47/85, BStBl. II 1989, 720 = FR 1989, 499; kritisch dazu L. Schmidt, FR 1989, 500. 4 BFH v. 18. 10. 1989 – I R 203/84, BStBl. II 1990, 68. 5 BFH v. 21. 9. 1989 – IV R 126/88, BFH/NV 1990, 692.
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§ 21
Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
wenn Eltern ausgezahlte Beträge auch nur zu einem kleinen Teil für sich oder eines ihrer anderen Kinder verwenden1. Die Anerkennung einer stillen Beteiligung setzt demnach die dauerhafte Trennung der Vermögensbereiche innerhalb einer Familie voraus.
21.41
Ob die Erträge aus der Beteiligung eines minderjährigen Gesellschafters von den Eltern für dessen Unterhalt verwandt werden dürfen, wird teils mangels hinreichender Trennung der Vermögensmassen verneint2, teils unter Berufung auf § 1649 Abs. 1 BGB bejaht3. Der BFH hat mehrfach i.S. der strengeren Ansicht geurteilt4, in einem Urteil aus dem Jahr 1999 die Beantwortung der Frage aber offen gelassen5. e) Sonderproblem: Schenkung einer typischen Beteiligung mit Verlustausschluss durch den Inhaber
21.42
Die Herkunft der Mittel für die Einlage des stillen Gesellschafters ist im Rahmen des Fremdvergleichs grundsätzlich unerheblich. Der Vergleich ist bei einer Einbuchung der Einlage durch den Inhaber im Rahmen einer Schenkung also prinzipiell in gleicher Weise vorzunehmen wie wenn die Mittel für die Einlage aus dem Vermögen des stillen Gesellschafters stammen. Von diesem Grundsatz hat der BFH – ausgehend von seiner Rechtsprechung zur Schenkung einer Darlehensforderung – indes eine bedeutsame, wenn auch kritisch zu beurteilende Ausnahme für den Fall gemacht, dass dem stillen Gesellschafter eine typische stille Gesellschaft mit Verlustausschluss vom Inhaber geschenkt worden ist.
21.43
Nach gefestigter Auffassung des BFH findet § 12 Nr. 2 EStG Anwendung auf Zinsen aus einem Vertrag, in dem sich ein Steuerpflichtiger verpflichtet, nahen Angehörigen Geld zuzuwenden, das sie ihm oder einer von ihm beherrschten Personengesellschaft6 sogleich wieder als Darlehen zur Verfügung zu stellen haben7. Der Fremdvergleich erfordere, dass nur tatsächlich durchgeführte Rechtsgeschäfte der Besteuerung zugrunde gelegt werden. Bei der schenkweisen Begründung einer Darlehensforderung erfolgt nach Ansicht des BFH demnach der eigentliche Kapitaltransfer erst in der Zukunft, so dass zu-
1 BFH v. 30. 3. 1999 – VIII R 19/98, DStRE 1999, 905 (906). 2 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 749; tendenziell Bordewin, DB 1996, 1359 (1370 f.). 3 Carlé/Halm, KÖSDI 2000, 12383 (12384). 4 BFH v. 30. 1. 1980 – I R 194/77, BStBl. II 1980, 449 (zu Darlehenszinsen); BFH v. 10. 8. 1988 – IX R 220/84, BStBl. II 1989, 137. 5 BFH v. 30. 3. 1999 – VIII R 19/98, BFH/NV 1999, 1325 (1326). 6 BFH v. 18. 1. 2001 – IV R 58/99, FR 2001, 402 (403) m.w.N. 7 BFH v. 10. 4. 1984 – VIII R 134/81, BStBl. II 1984, 705 = BFHE 141, 308; BFH v. 12. 2. 1992 – X R 121/88, BStBl. II 1992, 468; BFH v. 15. 4. 1999 – IV R 60/98, ZEV 1999, 363 (363 f.); kritisch Autenrieth, BB 1985, 168; Groh, BB 1987, 1505 (1507) m.w.N.; vgl. dazu auch BMF v. 1. 12. 1992 – IV B 2-S 2144-76/92, BStBl. I 1992, 729 = BB 1993, 279.
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nächst lediglich ein Schenkungsversprechen angenommen werden könne1. Die für das „Darlehen“ gezahlten Zinsen sind demzufolge ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach als Zuwendung i.S. des § 12 Nr. 2 EStG, nicht als das Entgelt für die Nutzung überlassenen Kapitals, anzusehen. Diese Grundsätze haben BFH und Finanzverwaltung auch auf die Begründung typischer stiller Beteiligungen mit Verlustausschluss ausgedehnt. Zwar betont der BFH, dass eine Schenkung stiller Beteiligungen grundsätzlich auch steuerrechtlich anzuerkennen sei. Eine Gleichbehandlung mit der Schenkung von Darlehensforderungen sei aber dann gerechtfertigt, wenn der stille Gesellschafter die Mittel für die stille Beteiligung erst vom Inhaber im Wege der Schenkung und lediglich mit der Maßgabe erhalte, sie diesem im Rahmen der stillen Gesellschaft unmittelbar zurückzugewähren2. Ausreichend hierfür ist nach Ansicht des BFH ein entsprechender Gesamtplan. Einer ausdrücklichen Vereinbarung oder zumindest einer einheitlichen Beurkundung beider Vorgänge bedarf es nicht. Erhält der nahe Angehörige hingegen die Mittel dauerhaft zur freien Verfügung und bringt er sie aufgrund eines späteren Entschlusses in eine stille Gesellschaft ein, bestehen auch nach dieser Ansicht keine Hindernisse für die Anerkennung der stillen Gesellschaft. Gleiches gilt, wenn die Mittel dem stillen Gesellschafter von einem anderen nahen Angehörigen als dem Inhaber, etwa von dessen Ehefrau, geschenkt werden3.
21.44
Der BFH hat mit dieser Rechtsprechung die ohnehin schwierig zu treffende Abgrenzung zwischen partiarischen Darlehen und typischer stiller Gesellschaft noch erheblich erschwert. Aber auch in anderer Hinsicht ist die Sinnhaftigkeit dieser Rechtsprechungsauffassung zweifelhaft. Ausgangspunkt der Argumentation des BFH ist, dass wegen des erst in der Zukunft liegenden Kapitaltransfers noch keine vollzogene Schenkung vorliege. Es ist dann aber zu fragen, warum dies bei stillen Beteiligungen mit Verlustteilnahme anders zu beurteilen sein sollte, obwohl doch die Chance des Stillen, sein Geld tatsächlich irgendwann zu erhalten, bei Verlustbeteiligung noch ungewisser ist4. Schlüssiger ist m.E., für die steuerrechtliche Anerkennung schenkweise begründeter stiller Gesellschaften allein auf deren zivilrechtlich wirksames Zustandekommen abzustellen. Liegt die Vertragsgestaltung einer typischen stillen Gesellschaft tatsächlich vor, so manifestiert sich der Vollzug der Schenkung in der Einräumung der Rechtsposition, die die Ausübung der gesellschaftsvertraglichen Rechte und Pflichten ermöglicht. Die Gewinnanteile flie-
21.45
1 Ebenso Broudré, DB 1993, 8 (9); Tiedtke, BB 1988, 946 (947); kritisch zu dieser Argumentation wegen § 518 Abs. 2 BGB Autenrieth, BB 1985, 168. 2 BFH v. 21. 10. 1992 – X R 99/88, FR 1993, 226 (227) = DB 1993, 614 unter Bezugnahme auf BFH v. 12. 2. 1992 – X R 121/88, BStBl. II 1992, 468 = FR 1992, 402; BGH v. 15. 4. 1999 – IV R 60/98, ZEV 363 (363 f.); ebenso BMF v. 1. 12. 1992 – IV B 2-S 2144-76/92, BStBl. I 1992, 729 = BB 1993, 279; Märkle, BB 1993, Beilage 2, 8; im Ergebnis zustimmend Weber-Grellet, DStR 1993, 1010 (1013), der allerdings § 12 Nr. 2 EStG als nicht einschlägig ansieht; Broudré, DB 1993, 8 (10); Jestädt, DStR 1993, 387 (390). 3 BFH v. 15. 4. 1999 – IV R 60/98, ZEV 1999, 363 (363 f.). 4 L. Schmidt, Anm. zu BFH v. 21. 10. 1992, FR 1993, 228 (229).
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Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
ßen dem Beschenkten damit im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses zu, so dass für die Anwendung des § 12 Nr. 2 EStG kein Raum bleibt1. f) Folgen der Nichtanerkennung des Gesellschaftsverhältnisses
21.46
Wird ein stilles Gesellschaftsverhältnis steuerlich nicht anerkannt, sind die Gewinnanteile der stillen Gesellschafter steuerlich dem Geschäftsinhaber zuzurechnen. Sie bilden bei ihm nicht abzugsfähige Ausgaben i.S. des § 12 Nr. 2 EStG. Die Einnahmen der stillen Gesellschafter sind nicht steuerbar. 3. Die Anerkennung der Gewinn- und Verlustbeteiligung
21.47
Die steuerliche Anerkennung der stillen Gesellschaft als solcher führt nicht notwendigerweise auch zu einer Anerkennung der vereinbarten Gewinnverteilung. Diese ist vielmehr gesondert auf ihre Angemessenheit zu überprüfen. Die Angemessenheitsprüfung der Gewinnverteilungsabrede beruht nach Ansicht des BFH auf der dem EStG zugrunde liegenden Unterscheidung zwischen Einkommenserzielung und Einkommensverwendung, die in den Vorschriften über die Zurechnung bestimmter Einkünfte, wie z.B. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, und dem grundsätzlichen Abzugsverbot für private Zuwendungen nach § 12 Nr. 2 EStG ihren Ausdruck gefunden hat2. a) Maßstäbe und Zeitpunkt der Angemessenheitsprüfung
21.48
Die Gewinnverteilung muss so geregelt sein, dass sie dem wirtschaftlichen Einsatz des stillen Gesellschafters an Kapital, Risiko und Arbeitskraft entspricht3. Dabei ist nach der Rechtsprechung auch hier grundsätzlich zu fragen, ob die vereinbarte Regelung auch unter Fremden getroffen worden wäre. Es ist jedoch zulässig, einem Familienmitglied unter sonst gleichen Umständen, eine höhere Gewinnbeteiligung als einem Fremden zu gewähren, da Familienmitglieder in der Regel stärker mit dem Unternehmen verbunden sind4. Häu-
1 K. Schmidt, BB 1990, 1992 (1995), und Tiedtke, BB 1988, 946 (948), gelangen zur steuerlichen Anerkennung der schenkweise begründeten stillen Beteiligung mit der Argumentation, in der Sache liege bei der Schenkung der Mittel für die Einlage die Zuwendung der Beteiligung als solcher vor. Groh, BB 1987, 1505 (1506), rät zur Aufnahme einer entsprechenden Klarstellungsklausel im Vertrag. Nach Auffassung von Jestädt, DStR 1993, 387 (390), liegt im Fall einer Vertragsgestaltung, in der die Rechte des typischen stillen Gesellschafters ohne Verlustbeteiligung derart beschnitten sind, dass sich die Beteiligung letztlich nur noch in einem Forderungsrecht erschöpft, bereits ein partiarisches Darlehen vor, welches ohnehin nach oben genannten Grundsätzen des BFH zu behandeln sei. 2 BFH v. 29. 5. 1972 – GrS 4/71, BFHE 106, 504 = BStBl. II 1973, 5; BFH v. 24. 7. 1986 – IV R 103/83, BFHE 147, 495 = BStBl. II 1987, 54 m.w.N.; dagegen Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 12 II, S. 513 ff.; Weber-Grellet, DStR 1993, 1010 (1012). 3 BFH v. 29. 5. 1972 – GrS 4/71, BFHE 106, 504 = BStBl. II 1973, 5. 4 BFH v. 25. 7. 1963 – IV 421/62 U, BFHE 78, 3 = BStBl. III 1964, 3.
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Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
§ 21
fig erfolgt die Einräumung einer stillen Beteiligung zur Vorbereitung eines späteren Unternehmensübergangs. Sind Dritte zu den gleichen Bedingungen wie die Angehörigen als stille Gesellschafter aufgenommen worden, kann der Fremdvergleich unmittelbar erfolgen. Auf die von der Rechtsprechung sonst herangezogenen typisierten Grenzen ist nicht mehr zurückzugreifen. Dies hat der BFH in einem Urteil für eine atypische Unterbeteiligung anerkannt1, nichts anderes sollte aber auch für stille Gesellschaften gelten.
21.49
Bei der Angemessenheitsprüfung dürfen die einzelnen für die Höhe der Gewinnbeteiligung maßgebenden Faktoren nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, ob die gesamten betrieblichen Umstände die vereinbarte Gewinnbeteiligung im Gesamtergebnis rechtfertigen. Insbesondere darf die Angemessenheit der Gewinnverteilung nicht nach Maßgabe einzelner Veranlagungszeiträume isoliert geprüft werden. Besonders in Fällen, in denen die Gewinne des Unternehmens in den einzelnen Jahren stark schwanken, wird deutlich, dass es auf die Beurteilung eines längeren Zeitraums ankommt. Der BFH hat einen Prognosezeitraum von fünf Jahren als angemessen angesehen2.
21.50
Ist die Gewinnverteilungsabrede im Zeitpunkt ihrer Vereinbarung angemessen, so ist der vereinbarte Gewinnverteilungsschlüssel regelmäßig auch dann der Besteuerung zugrunde zu legen, wenn sich später die Ertragslage günstiger oder ungünstiger als erwartet gestaltet3. Anderes gilt nur bei einer Entwicklung, die auch unter Fremden zu einer Korrektur der Gewinn- und Verlustverteilung im Wege der Vertragsanpassung geführt hätte4.
21.51
b) Die angemessene Gewinnverteilung im Einzelnen Für die angemessene Gewinnverteilung differenziert die Rechtsprechung zwischen geschenkter Einlage und Einlage aus eigenen Mitteln5.
1 BFH v. 9. 10. 2001 – VIII R 77/98, BB 2001, 2561 (unter II. 2.) mit grundsätzlich zustimmenden Anmerkungen von Gosch, StBP 2002, 28 (30); Wendt, GStB 2002, 50 (51 ff.); zurückhaltender Kempermann, FR 2002, 154 (154). Ob mit diesem Urteil das Ende absoluter Gewinngrenzen für Familiengesellschaften eingeleitet worden ist, wird überwiegend bezweifelt, so das Urteil aber verstehend Daragan, ZEV 2002, 39 (40). 2 BFH v. 29. 5. 1972 – GrS 4/71, BStBl. II 1973, 5 (8); BFH v. 27. 3. 2001 – I R 52/00, HFR 2002, 432. 3 BFH v. 14. 2. 1973 – I R 131/70, BFHE 108, 527 = BStBl. II 1973, 395; BFH v. 29. 3. 1973 – IV R 56/70, BFHE 109, 328 = BStBl. II 1973, 650; BFH v. 27. 3. 2001 – I R 52/00, HFR 2002, 432. 4 BFH v. 5. 2. 1986 – I S 15/85, BFH/NV 1986, 563 (564). 5 Kritisch dazu Curtius-Hartung, StbKRep 1987, 223 (234).
537
21.52
§ 21
Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
aa) Die geschenkte Beteiligung
21.53
Nach der Rechtsprechung des BFH finden auf stille Gesellschaften, und zwar auf typische und atypische, die vom Großen Senat1 zur Angemessenheit der Gewinnverteilung bei Familienpersonengesellschaften entwickelten Rechtsgrundsätze Anwendung2. Nach dieser Rechtsprechung ist bei schenkweise erworbenen stillen Beteiligungen in der Regel eine Gewinnverteilungsabrede angemessen, die im Zeitpunkt der Vereinbarung bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung eine durchschnittliche Rendite von bis zu 15 % des tatsächlichen Werts der stillen Beteiligung erwarten lässt, wenn der stille Gesellschafter am Verlust beteiligt ist, und von bis zu 12 % des tatsächlichen Werts der stillen Beteiligung, wenn der stille Gesellschafter nicht am Verlust beteiligt ist3. Der tatsächliche Wert einer typischen stillen Beteiligung ist regelmäßig ihr Nominalwert, der tatsächliche Wert einer atypischen stillen Beteiligung der gemeine Wert des Anteils4.
21.54
Das FG Baden-Württemberg berechnet den jährlichen angemessenen Gewinn, indem es die durchschnittlich zulässige Rendite von 12 % der Einlage zum durchschnittlichen Gewinn der Gesellschaft vor Vertragsschluss ins Verhältnis setzt. Der sich daraus ergebende feste Gewinnanteilssatz ist der jährliche angemessene Anteil am Jahresgewinn5. Nach einem anderen Urteil des gleichen Gerichts6 kann bei einer stillen Beteiligung an einem neu gegründeten Unternehmen mangels einer Prognose über die Gewinnentwicklung eine Gewinnverteilungsabrede als angemessen angesehen werden, die die Gewinnanteile der stillen Gesellschafter nach dem Verhältnis der Einlage zum Gesamtkapital des Unternehmens bestimmt. Dieser Rechtsprechung ist im Ergebnis zuzustimmen. Sie steht aber im Widerspruch zur Rechtsprechung des BFH, der einen bestimmten Vom-Hundert-Satz der Einlage und nicht des Unternehmensgewinns als angemessen ansieht. bb) Die entgeltlich erworbene Beteiligung
21.55
Stammt die Kapitaleinlage des stillen Gesellschafters nicht aus einer Schenkung des Unternehmers und ist eine Teilnahme am Verlust ausgeschlossen, so ist in der Regel eine Gewinnverteilungsabrede angemessen, die im Zeitpunkt der Vereinbarung bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung eine
1 BFH v. 29. 5. 1972 – GrS 4/71, BFHE 106, 504 = BStBl. II 1973, 5. 2 BFH v. 29. 3. 1973 – IV R 56/70, BFHE 109, 328 = BStBl. II 1973, 650. 3 BFH v. 29. 3. 1973 – IV R 56/70, BFHE 109, 328 = BStBl. II 1973, 650; BFH v. 29. 5. 1972 – GrS 4/71, BFHE 106, 504 = BStBl. II 1973, 5; FG Nürnberg v. 3. 7. 1985 – VI 10281, EFG 1986, 20; BFH v. 14. 5. 2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475; vgl. auch Neufang, INF 1987, 563 (564); mit Berechnungsbeispielen Märkle, BB 1993, Beilage 2, 14. 4 Schulze zur Wiesche in Bordewin/Brandt, § 15 EStG Anm. 491. 5 FG Baden-Württemberg v. 24. 8. 1988 – XII K 257/85, EFG 1989, 338. 6 FG Baden-Württemberg v. 25. 2. 1982 – I 224/78, EFG 1982, 458.
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Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
§ 21
durchschnittliche Rendite von bis zu 25 % der Einlage erwarten lässt1. Im Entscheidungsfalle handelte es sich nicht um eine Schenkung, sondern die Gesellschafterstellung wurde zur Abgeltung eines Pflichtteilsanspruchs eingeräumt. Es ging also um die Umwandlung einer Gläubigerstellung in die Rechtsposition eines am Gewinn beteiligten stillen Gesellschafters. Fälle dieser Art sind wirtschaftlich vergleichbar solchen, bei denen dem Betrieb von außen her neues Kapital zugeführt wird. Dasselbe muss gelten, wenn der mit einem Gläubiger geschlossene Gesellschaftsvertrag den Zweck hat, zu verhindern, dass dem Betrieb Kapital entzogen wird, wobei es keinen Unterschied machen kann, ob der Gläubiger, dessen Guthaben in eine Gesellschaftereinlage umgewandelt wird, ein Geschäftsgläubiger oder ein Privatgläubiger des Unternehmers ist. Stammt die Kapitaleinlage des stillen Gesellschafters nicht aus einer Schenkung und ist er am Verlust beteiligt, sieht der BFH eine Rendite von bis zu 35 % der Einlage als angemessen an2, das FG Köln sogar bis zu 40 %3. Ist die Kapitaleinlage nur teilweise erbracht, kann nur der ihr entsprechende Teil des vereinbarten Gewinnanteils als angemessen angesehen werden4.
21.56
cc) Die teilweise geschenkte Beteiligung Soweit die stille Beteiligung nur teilweise geschenkt ist und dem Unternehmen mit der Begründung des stillen Gesellschaftsverhältnisses teilweise neue Mittel zugeführt werden, muss die Höhe der angemessenen Rendite sowohl nach den für geschenkte als auch nach den für entgeltlich erworbene Beteiligungen gültigen Grundsätzen beurteilt werden, d.h. für die Höhe der angemessenen Rendite ist nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles ein Mischsatz aus dem Renditesatz für geschenkte Beteiligungen und aus dem Renditesatz für entgeltlich erworbene Beteiligungen zu bilden5.
21.57
c) Kritik Typisierung in Form von de-facto-Tatbestandsmerkmalen ist abzulehnen6. Bedenken gegen die hier wiedergegebene Rechtsprechung7 ergeben sich daraus, dass nach der zwingenden Vorschrift des § 231 Abs. 2 HGB die Gewinnbetei1 BFH v. 14. 2. 1973 – I R 131/70, BFHE 108, 527 = BStBl. II 1973, 395; vgl. auch BFH v. 9. 7. 1969 – I R 78/67, BFHE 96, 351 = BStBl. II 1969, 649; BFH v. 27. 3. 2001 – I R 52/00, HFR 2002, 432; vgl. auch Neufang, INF 1987, 563 (564). 2 BFH v. 19. 2. 2009 – IV R 83/06, DStR 2009, 959; BFH v. 16. 12. 1981 – I R 167/78, BFHE 135, 275 = BStBl. II 1982, 387; BFH v. 21. 9. 2000 – IV R 50/99, BStBl. II 2001, 299. 3 FG Köln v. 14. 1. 1981 – X – XIV-533/77 F, EFG 1981, 278. 4 FG München v. 10. 1. 1979 – VIII – IX-19/77 Aus F, EFG 1979, 538. 5 Vgl. Märkle, BB 1993, Beilage 2, 13. 6 Carlé/Halm, KÖSDI 2000, 12383 (12390); Harenberg in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Rn. 521; Reiß in Kirchhof, § 15 EStG Rn. 263. 7 Vgl. auch die Kritik bei Flume, StbJb. 1976/77, 43; Carlé/Halm, KÖSDI 2000, 12383 (12390).
539
21.58
§ 21
Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
ligung des stillen Gesellschafters nicht ausgeschlossen werden darf, weil sie zum Wesen der stillen Gesellschaft gehört. Erhält ein stiller Gesellschafter an Stelle einer variablen Gewinnquote nur eine feste Verzinsung seiner Einlage, wie der BFH es beim nicht mitarbeitenden stillen Gesellschafter will, so ist nach Handelsrecht eine stille Gesellschaft nicht gegeben1. Über diese zwingende handelsrechtliche Vorschrift setzt sich der BFH hinweg, wenn er dem stillen Gesellschafter nur eine feste Verzinsung seiner Einlage und keinen beweglichen Gewinnanteil zugesteht2. Eine stille Gesellschaft liegt nicht vor, wenn der stille Gesellschafter für die Hingabe des Kapitals eine vom Geschäftsergebnis unabhängige Vergütung erhält3. Deshalb kann die angemessene Leistung des Geschäftsinhabers an den stillen Gesellschafter nicht an Hand einer als Obergrenze gedachten festen Verzinsung des Kapitals ermittelt werden4; vielmehr muss ein Weg gefunden werden, der die für die stille Gesellschaft wesensnotwendige Gewinnabhängigkeit der Bezüge des stillen Gesellschafters berücksichtigt. 4. Die Rechtsfolgen einer Nichtanerkennung
21.59
Wenn nach den Gesamtumständen eine Familiengesellschaft steuerlich anzuerkennen ist, kann eine unangemessen hohe Gewinnverteilung allein nicht zur Ablehnung der Gesellschaft führen. Erweist sich die im Einzelfall vereinbarte Gewinnverteilung als unangemessen, so ist die Besteuerung so vorzunehmen, als ob eine angemessene Gewinnverteilungsabrede getroffen worden wäre5.
21.60
Steuerlich wird der unverhältnismäßig hohe Gewinnanteil nicht den Kindern zugerechnet, sondern nur ein für angemessen erachteter Gewinnanteil. Der darüber hinausgehende Gewinn wird als Einkommen des Vaters angesehen und bei diesem der Einkommensteuer unterworfen6. Der den Kindern tatsächlich zugeflossene Übergewinn wird als Entnahme des Vaters und Schenkung an die Kinder behandelt. Der Übergewinn unterliegt bei den Kindern nicht der Einkommensteuer, er wird jedoch bei ihnen unter Umständen schenkungsteuerpflichtig7, wobei der Freibetrag des § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG zu berücksichtigen ist. Die schenkungsteuerliche Behandlung des Übermaßes an Gewinnbeteiligung regelt § 7 Abs. 6 ErbStG (siehe Rn. 27.17). Schenkungsteuerrechtlich liegt nicht etwa jedes Jahr eine neue Schenkung in Höhe des 1 RG v. 6. 12. 1928, RGZ 122, 387 (390); BGH v. 22. 12. 1953 – IV ZR 87/53, DB 1954, 172; BFH v. 9. 7. 1969 – I R 188/67, BStBl. II 1969, 690; BFH v. 6. 2. 1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 ff. 2 Ebenso Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 272 f. 3 RG v. 6. 12. 1928, RGZ 122, 387; BGH v. 22. 12. 1953, DB 1954, 172. 4 A.A. mit dem Argument, die Höchstsätze böten ausreichenden Festlegungsspielraum und dienten der Rechtssicherheit Märkle, BB 1993, Beilage 2, 12. 5 Märkle, BB 1993, Beilage 2, 13. Neufang, INF 1987, 8 (11) schlägt vor, in den Vertrag eine Anpassungsklausel des Inhalts aufnehmen, dass nur der Betrag zustehe, der auch von der Finanzverwaltung anerkannt wird. 6 BFH v. 21. 9. 1989 – IV R 126/88, BFH/NV 1990, 692 (693). 7 Vgl. Neufang, INF 1987, 563 (565).
540
Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
§ 21
tatsächlich zugeflossenen Übergewinns vor1, sondern die Höhe der Gewinnschenkung wird durch Kapitalisierung des jährlichen Gewinnübermaßes ermittelt2.
III. Die GmbH & Still 1. Grundlagen a) Begriff Besondere Anforderungen an die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften werden außer bei stillen Familiengesellschaften auch dann gestellt, wenn Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft sich an dieser still beteiligen3. Entsprechende Gestaltungen sind zivilrechtlich zulässig (vgl. Rn. 5.37) und werden in der Praxis vor allem bei der GmbH eingesetzt. Bei Aktiengesellschaften finden sie sich seltener. Sie bereiten bei ihnen auch keine wesentlich anderen Probleme als bei der GmbH. Deswegen wird gemeinhin lediglich von der „GmbH & Still“ gesprochen wird, wenn es um die rechtlichen Konsequenzen einer solchen Doppelbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft geht. Der – an sich treffendere – Begriff der „Kapitalgesellschaft & Still“ hat sich nicht durchgesetzt. Ist der Alleingesellschafter einer GmbH zugleich deren stiller Gesellschafter, spricht man von einer „Einmann-GmbH & Still“4.
21.61
Auf die verschiedenen Sonderprobleme der GmbH & Still wird in diesem Handbuch im jeweiligen Sachzusammenhang eingegangen5. An dieser Stelle sind nur die Probleme zu erörtern, die die GmbH & Still im Hinblick auf ihre steuerliche Anerkennungsfähigkeit mit sich bringt.
21.62
1 So noch in der 6. Aufl., Rn 21.60. 2 Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, § 7 ErbStG Rn. 390. 3 Beteiligen sich Gesellschafter einer Personengesellschaft an dieser zusätzlich im Wege einer stillen Beteiligung, sind für die steuerliche Anerkennungsfähigkeit lediglich die allgemeinen Grundsätze zu beachten. Vgl. hierzu auch Rn. 20.1 ff. 4 BFH v. 20. 8. 1954 – I 130/53 U, BStBl. III 1954, 336; BFH v. 6. 2. 1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = BB 1980, 1087; BFH v. 21. 6. 1983 – VIII R 237/80, BStBl. II 1983, 563 = BB 1983, 1515 = DB 1983, 1743; wiederholend: BFH v. 25. 5. 1988 – I R 92/84, BFH/NV 1989, 258; BFH v. 15. 12. 1992 – VIII R 42/90, BStBl. II 1994, 702 = BFHE 170, 345 = FR 1993, 436; BFH v. 26. 4. 1989 – I R 96/85, BFH/NV 1990, 63; BFH v. 5. 12. 1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841; BFH v. 12. 12. 1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59; vgl. auch Post/Hoffmann, Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, S. 79; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 117, 161 f.; Schulze zur Wiesche, GmbHR 1983, 202; Blaurock, BB 1992, 1969; Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 72; Paulick, GmbHR 1982, 237. 5 Zu beachten ist, dass sich die zusätzliche Beteiligung von GmbH-Gesellschaftern an ihrer GmbH nicht selten auf die Einordnung der stillen Gesellschaft als steuerlich typische oder atypische auswirkt, also darauf, ob der stille Gesellschafter steuerlich als Kapitalgeber oder als Mitunternehmer behandelt wird. Vgl. hierzu oben Rn. 20.58 ff.
541
§ 21
Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
b) Steuerliche Motivation
21.63
Die Möglichkeit, sich als GmbH-Gesellschafter an der eigenen GmbH zusätzlich still zu beteiligen, beruht zivilrechtlich auf der Selbständigkeit der GmbH als eigenem Rechtssubjekt. Diese Selbständigkeit wird auch steuerlich grundsätzlich anerkannt mit der Folge, dass auch der GmbH & Still keine grundsätzlichen Hindernisse entgegenstehen. Für den Steuerpflichtigen eröffnet dies zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten; denn je nachdem, ob die Gesellschafter nur eine GmbH-Beteiligung oder zusätzlich eine typische bzw. eine atypische stille Beteiligung an der GmbH halten, wird der wirtschaftliche Erfolg der GmbH unterschiedlich besteuert. Auf die Einzelheiten ist im Zusammenhang mit der jeweiligen Steuer einzugehen. Es lassen sich aber folgende typische Steuervorteile1 einer GmbH & Still ausmachen:
21.64
Besteht bereits eine GmbH, ermöglicht die zusätzliche stille Beteiligung, Verluste, die andernfalls auf der Ebene der GmbH lediglich zu einem Verlustvortrag bzw. -rücktrag führten, unmittelbar auf der Ebene der Gesellschafter steuermindernd geltend zu machen. Diese Funktion ist insofern die gleiche wie die der KG im Rahmen der GmbH & Co. KG. Die Verlusttransferfunktion dürfte eines der wichtigsten Motive für die Gründung einer GmbH & Still sein2.
21.65
Daneben bietet die zusätzliche stille Beteiligung an einer GmbH gewisse Gestaltungsmöglichkeiten, um die Besteuerung von ausgeschütteten Gewinnen zu beeinflussen. Da Kapitaleinkünfte aus einem GmbH-Anteil und aus einer stillen typischen Beteiligung nach der Unternehmensteuerreform 2008 bei der Besteuerung grundsätzlich gleich behandelt werden, bestehen hier kaum Gestaltungsmöglichkeiten. Mit der Begründung einer atypischen stillen Gesellschaft kann jedoch die doppelte Besteuerung mit der Kapitalertragsteuer in Höhe von 15% und der Abgeltungsteuer in Höhe von 25% vermieden werden. Stattdessen wird bei der atypisch stillen Gesellschaft der persönliche Steuersatz des Gesellschafters angewendet. Je nachdem wie hoch der persönliche Steuersatz des Gesellschafters ist, kann dies günstiger sein.
21.66
Gegenüber reinen Personengesellschaften ermöglicht die GmbH & Still es zudem, Gewinne mit dem relativ geringen Körperschaftsteuersatz von 15 % (bzw. von 25 % bis zum Veranlagungsjahr 2007) zu thesaurieren und dennoch – zumindest teilweise – die steuerlichen Vorteile der Personengesellschaften zu erhalten.
21.67
Vorteile können auch bei der Veräußerung der Beteiligung entstehen. Der aus dem GmbH-Anteil erzielte Gewinn unterliegt, eine wesentliche Beteiligung vorausgesetzt, gemäß § 17 EStG der Einkommensteuer. Bei der GmbH & Still entfällt aber auch ein Teil des Veräußerungsgewinns auf die stille Beteiligung. Der hieraus resultierende Gewinn ist steuerfrei, sofern die stille Beteiligung nicht im Betriebsvermögen gehalten wird oder als atypische stille Gesell1 Zu gesellschafts- und bilanzrechtlichen Vorteilen vgl. Rn. 2.1 ff. 2 Vgl. in gestalterischer Perspektive Intemann, NWB Fach 3, S. 13077 (45/2004); Kessler/Reitsam, StuB 2004, 97. Zu den Beschränkungen der Verlustnutzung siehe Rn. 22.54 ff.
542
Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
§ 21
schaft selbst Betriebsvermögen darstellt (vgl. Rn. 22.218)1. Wegen der Einführung der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen bei typischen stillen Gesellschaften durch die Unternehmensteuerreform 2008 betrifft dieser Vorteil nur typische stille Gesellschaften, die vor dem 1. 1. 2009 gegründet wurden (vgl. Rn. 22.203 ff.). Besteht an der GmbH eine atypische stille Gesellschaft, ist es gewerbesteuerlich vorteilhaft, dass sowohl die GmbH als auch die atypisch stille Gesellschaft jeweils den Steuerfreibetrag gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG in Höhe von 24 500 Euro in Anspruch nehmen können2,3. Durch die Unternehmensteuerreform 2008 ging aber ein weiterer Vorteil dieser Gestaltung verloren, da ab dem Erhebungszeitraum 2008 der Staffeltarif für Personengesellschaften abgeschafft und eine einheitliche Gewerbesteuermesszahl von 3,5 % für Personen- und Kapitalgesellschaften eingeführt wurde.
21.68
Diesen Vorteilen einer GmbH & Still stehen verschiedene Nachteile gegenüber. Hierzu zählt vor allem der Umstand, dass bei einer GmbH & atypisch Still Geschäftsführergehälter als Sondervergütungen zu behandeln sind4. Ist der GmbH-Gesellschafter selbst Geschäftsführer, ist deswegen regelmäßig die Vereinbarung eines hohen, ggf. auch erfolgsabhängigen Geschäftsführergehaltes sinnvoller als das Eingehen einer stillen Gesellschaft. Ob die Begründung einer GmbH & Still die sinnvollste steuerliche Gestaltung ist, lässt sich daher nur anhand aller Umstände des Einzelfalls bestimmen5.
21.69
2. Die Anerkennung der GmbH & Still als solcher Die steuerliche Anerkennung der GmbH & Still folgt zunächst den allgemeinen Grundsätzen für die Anerkennung von stillen Gesellschaften. Diese Grundsätze gelten uneingeschränkt auch für die GmbH & Still.
21.70
Zusätzlich zu diesen Regeln treten bei der GmbH & Still aber weitere Voraussetzungen für ihre steuerliche Anerkennung. Grund hierfür ist, dass bei der GmbH & Still die zur GmbH bestehende stille Gesellschaft und die in ihrem Rahmen vorgenommenen Leistungen von verdeckten Einlagen und verdeck-
21.71
1 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 112; Blaurock, BB 1992, 1969 (1971); Lienau/Lotz, DStR 1991, 618 (621); Fichtelmann, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 306 ff.; Schoor, INF 1993, 276 (278). 2 BFH v. 30. 8. 2007 – IV R 47/05, FR 2008, 383; BFH v. 10. 11. 1993 – I R 20/93, BStBl. II 1994, 327 = FR 1994, 228 = BB 1994, 564; BFH v. 2. 8. 1995 – I R 127/93, BStBl. II 1995, 764 = FR 1995, 789 = DB 1995, 1644. 3 Vgl. Horn/Maertins, GmbHR 1994, 147 (148); Horn/Maertins, GmbHR 1995, 816 (817); Ruban, DStZ 1995, 637 (644); Heinz, GmbH & atypisch stille Gesellschaft, S. 64; Fichtelmann, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 337; ablehnend: Zacharias/ Suttmeyer/Rinnewitz, DStR 1988, 128; Winkeljohann/Halfar, DB 1994, 2471; Steinacker, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, S. 115 f. m.w.N. Für detailliertere Ausführungen vgl. unten Rn. 24.23. 4 BFH v. 31. 8. 1999 – VIII R 21/98, BFH/NV 2000, 555 (557). 5 Belastungsvergleiche u.a. bei Schiffers/Frings, GmbH-StB 2002, 12 (besonders informativ); Winter, GStB 2001, 104; Häger/Forst, EStB 2001, 67.
543
§ 21
Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
ten Gewinnausschüttungen in die bzw. aus der GmbH (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) abzugrenzen sind. Die Problemstellung ist insofern eine ähnliche wie bei der stillen Familiengesellschaft: Hier wie dort ist der Gefahr entgegenzuwirken, dass Leistungen, die in Wirklichkeit nicht durch ein stilles Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, zur Erzielung von Steuervorteilen von den Gesellschaftern als solche ausgegeben werden. Wegen des unterschiedlichen rechtlichen Ansatzpunktes (Abgrenzung Privat- von der Betriebssphäre bei der Familiengesellschaft, Abgrenzung der Gesellschafts- von der Gesellschafterebene bei der GmbH & Still) können die Kriterien für die Anerkennung von stillen Familiengesellschaften trotz der ähnlichen Problemstellung allerdings nicht unmittelbar auf die GmbH & Still übertragen werden1.
21.72
Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG mindern verdeckte Gewinnausschüttungen den körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn nicht; sie sind vielmehr wie offene Ausschüttungen steuerlich zu behandeln. Entsprechendes gilt grundsätzlich für verdeckte Einlagen. Das Steuerrecht weicht insofern von der zivilrechtlichen Bewertung ab, nach der verdeckte Einlagen in Kapitalgesellschaften grundsätzlich zulässig und verdeckte Gewinnausschüttungen nur bei der AG prinzipiell verboten sind. Die zivilrechtlichen und die steuerrechtlichen Begriffe der verdeckten Einlage bzw. der verdeckten Gewinnausschüttung sind also nicht deckungsgleich.
21.73
Steuerlich versteht der BFH unter einer verdeckten Gewinnausschüttung jede Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht2. Ob die Ausschüttung im Zusammenhang mit Gewinnen der Gesellschaft erfolgt oder sonst Kapital der Gesellschaft an die Gesellschafter zurückgewährt wird, ist unerheblich. Umgekehrt liegt dementsprechend eine verdeckte Einlage vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahe stehende Person der Gesellschaft einen einlagefähigen Vermögensgegenstand zuwendet und die Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist3. Entscheidendes Merkmal für die verdeckte Gewinnausschüttung wie für die verdeckte Einlage ist demnach, dass sie zwar durch das Gesellschaftsverhältnis zur GmbH veranlasst sind, dies aber nicht nach außen zum Vorschein kommt.
21.74
Ob eine Leistung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, wird objektiv durch Fremdvergleich festgestellt4. Maßstab ist, ob die Gesellschaft die Leistung bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften 1 BFH v. 6. 2. 1980 – I R 50/76, DStR 1980, 574; Degethof, StBp 2003, 1; Schwedhelm in Streck, Anh. zu § 8 KStG Rn. 1131. 2 BFH v. 22. 2. 1989 – I R 9/85, BStBl. II 1989, 631 (632 f.); für die stille Gesellschaft: FG München 24. 3. 1997 – 7 K 846/95; R 36 Abs. 1 Satz 1 KStR 2004; Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 11 Rn. 70 ff. (dort auch Ausführungen zur Modifizierung des Begriffs der verdeckten Gewinnausschüttung durch den BFH). 3 Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 11 Rn. 93 ff. 4 BFH 17. 12. 1997 – I R 70/97, DStR 1998, 609 (610); Frotscher, GmbHR 1998, 23 (25); Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rn. 297.
544
Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
§ 21
Geschäftsleiters einem fremden Dritten, der nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht zuwenden1 bzw. ob ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns den Vermögensvorteil nicht einräumen würde2. Auf die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten kommt es nicht an. Auch Leistungen an Minderheitsgesellschafter kommen in Betracht. Ebenso wie bei den Maßstäben für das Vorliegen einer Familiengesellschaft handelt es sich bei den genannten Kriterien allerdings nur um einen Indizmaßstab, also um eine widerlegbare Vermutung im Rahmen der Feststellung der für die Besteuerung entscheidenden Tatsachen3. Bei atypischen Fallgestaltungen kann also von dem Maßstab abgewichen werden. Die ältere Rechtsprechung, die dies noch nicht für zulässig erachtet hatte, ist auch bei der GmbH & Still überwunden. Insofern hat sich eine parallele Rechtsentwicklung wie bei der stillen Familiengesellschaft ergeben. a) Prinzipielle Anerkennung der GmbH & Still als solcher Bei der GmbH & Still kommen verdeckte Einlagen und verdeckte Gewinnausschüttungen zunächst in der Form vor, dass bei Eingehen des stillen Gesellschaftsverhältnisses die Einlage des stillen Gesellschafters unter- bzw. überbewertet wird. Gesellschaftsrechtlich ist eine solche Vorgehensweise allenfalls bei Überbewertung verboten, im Übrigen aber zulässig. Steuerlich stellt ein überzogener Wertansatz hingegen stets eine verdeckte Gewinnausschüttung, ein zu geringer stets eine verdeckte Einlage dar. Rechtsfolge ist in beiden Fällen allerdings nicht, dass der stillen Gesellschaft gänzlich die steuerliche Anerkennung versagt würde, sondern lediglich, dass der Einlage des stillen Gesellschafters steuerlich der fremdübliche Wert zugemessen wird und im Übrigen von einer verdeckten Einlage bzw. einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgegangen wird. Dabei ist der fremdübliche Wert der Einlage auch bei der Bestimmung der Angemessenheit der Gewinn- und Verlustverteilung der stillen Gesellschaft zugrunde zu legen.
21.75
Ist der Wert der Einlage verkehrsüblich angesetzt, ist die Vereinbarung einer stillen Gesellschaft an einer Kapitalgesellschaft prinzipiell steuerlich anzuerkennen4. Der Annahme einer verdeckten Einlage bzw. Gewinnausschüttung steht in diesem Fall der Umstand entgegen, dass der stille Gesellschafter für die Leistung seiner Einlage eine entsprechend hohe stille Beteiligung erhält, also gar keine Vermögensverschiebung, sondern lediglich ein Vermögensaustausch stattfindet5. In der Bilanz des Inhabers kommt dies dadurch zum Ausdruck, dass für die Einlage des stillen Gesellschafters auch eine entsprechend hohe Beteiligung auf der Passivseite der Bilanz anzusetzen ist.
21.76
1 Der Begriff der verdeckten „Gewinn-“ Ausschüttung ist insofern missverständlich. 2 BFH v. 28. 6. 2006 – I R 108/05, GmbHR 2006, 1339; H 36 Abs. 3 KStR 2004. 3 FG Hamburg v. 21. 6. 2004 – III 319/03, unter 1.a); BFH 17. 12. 1997 – I R 70/97, DStR 1998, 609 (610); Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rn. 297. 4 BFH v. 26. 11. 2003 – VIII R 64/03, GmbHR 2004, 436; BFH v. 15. 12. 1992 – VIII R 42/90, GmbHR 1993, 520. 5 BFH v. 4. 7. 2001 – VIII B 79/00, BFH/NV 2001, 1553 (1553) (für die Gewährung von Darlehen); Fichtelmann, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 177.
545
§ 21
Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
21.77
Von dieser Anerkennungsfähigkeit der GmbH & Still weicht die Rechtsprechung grundsätzlich auch dann nicht ab, wenn die stille Beteiligung zu einem Zeitpunkt vereinbart wird, in der sich die GmbH in einer finanziell kritischen Situation befindet und die Rückzahlung der Einlage daher zweifelhaft ist. Vielmehr sind die Gesellschafter in der Finanzierung ihrer Gesellschaft grundsätzlich auch steuerlich frei, können also zwischen einer Mittelzuführung durch förmliche Kapitalerhöhung und anderen Finanzierungsmöglichkeiten wie etwa einer stillen Beteiligung wählen1. Eine Grenze hatte der BFH lediglich dort gezogen, wo eine förmliche Erhöhung des GmbH-Kapitals rechtlich zwingend2 war oder die Umgehung einer solchen durch Zuführung anderer Mittel die Grenze von § 42 AO a.F. überschritten wurde. Hinsichtlich der Auswirkungen der Neufassung des § 42 AO durch das JStG 2008 wird auf Rn. 20.44 ff. verwiesen. In der Rechtsprechungspraxis haben diese Ausnahmen aber bislang kaum Bedeutung erlangt3, so dass in aller Regel auch von der Anerkennungsfähigkeit einer in der Krise der GmbH vereinbarten stillen Beteiligung auszugehen ist. b) Erhöhte Nachweisanforderungen bei beherrschenden Gesellschaftern
21.78
Eine bedeutsame Einschränkung erfährt die regelmäßige steuerliche Anerkennung der GmbH & Still allerdings, wenn die stille Gesellschaft mit einem Gesellschafter zustande kommt, der bei Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags beherrschenden Einfluss auf die GmbH hatte. In diesem Fall fehlt ein Interessengegensatz zwischen der GmbH und dem Gesellschafter; nachträgliche Gewinnmanipulationen sind daher ebenso wenig auszuschließen, wie sonstige Manipulationen im Zusammenhang mit der Begründung einer stillen Gesellschaft. Ähnlich wie bei der stillen Familiengesellschaft erkennen Rechtsprechung und Finanzverwaltung stille Gesellschaften mit beherrschenden Gesellschaftern daher nur dann an, wenn sie der Finanzverwaltung eindeutig nachgewiesen werden. Die GmbH und ihr beherrschender Gesellschafter müssen hierzu ihre Leistungsbeziehung grundsätzlich von vornherein durch einen inhaltlich klar und eindeutig abgefassten und zivilrechtlich wirksamen Gesellschaftsvertrag geregelt haben und die so vereinbarte Gesellschaft später auch vertragsgemäß tatsächlich vollzogen haben4.
21.79
In der Praxis ist diese Einschränkung für die steuerliche Anerkennung überaus bedeutsam, weil die Voraussetzungen für die Beherrschung der GmbH durch einen ihrer Gesellschafter relativ leicht erfüllt sind. Teilweise findet sich in der Literatur deswegen auch die Darstellung, dass der Nachweis der GmbH & 1 BFH 10. 12. 1975 – I R 135/74, BStBl. II 1976, 226 (227); Fichtelmann, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 177. 2 Vgl. in diesem Zusammenhang zu §§ 30 ff. GmbHG FG München v. 7. 4. 1992 – 7 K 3627/89. 3 Vgl. aber auch die – nicht tragende Begründung – des FG Saarland v. 1. 3. 1991 – 1 K 251/90, EFG 1991, 536 (536). 4 BFH v. 9. 12. 1976 – IV R 47/72, BStBl. II 1977, 155 (157); BFH v. 12. 12. 1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59 (59); BFH v. 16. 7. 2003 – I B 215/02, BFH/NV 2003, 1613 unter II.1; BFH v. 14. 3. 2007 – I R 38/05, DStR 2006, 1172 (1173).
546
Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
§ 21
Still generell, also unabhängig von einer beherrschenden Stellung des betreffenden Gesellschafters, erschwert wäre1. Dies trifft aber nicht zu. Zwar werden in manchen Gerichtsentscheidungen die entsprechenden Anforderungen angewandt, ohne auf die beherrschende Stellung des betreffenden Gesellschafters einzugehen – aber nur deswegen, weil in den entschiedenen Sachverhalten diese Stellung jeweils unproblematisch vorlag und aus diesem Grund nicht zu erörtern war2. Auf einen generellen Verzicht auf das Erfordernis der beherrschenden Stellung kann daher nicht geschlossen werden, zumal ein solcher Verzicht auch den allgemeinen Regeln über verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen widerspräche3. Wie in zahlreichen anderen Urteilen ausdrücklich entschieden, bleibt es daher dabei, dass nur bei beherrschenden Gesellschaftern erhöhte Anforderungen an den Nachweis der stillen Gesellschaft zu stellen sind4. c) Der von den erhöhten Anforderungen betroffene Personenkreis Beherrschenden Einfluss hat ein Gesellschafter zunächst dann, wenn er nach allen Umständen des Einzelfalls, also nicht nur nach dem Umfang der ihm in der Kapitalgesellschaft eingeräumten Gesellschafterrechte5, die maßgebliche Entscheidung – also den Abschluss des stillen Gesellschaftsverhältnisses mit ihm selbst – erzwingen kann6.
21.80
Bei einer GmbH wird dies zunächst dann angenommen, wenn der Gesellschafter die Gesellschaft dauerhaft beherrscht. Hierfür ist regelmäßig notwendig, aber auch ausreichend, dass der Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung bei Beschlüssen, die keine qualifizierte Stimmenmehrheit erfordern, seinen Willen kraft Stimmenmehrheit gegen den Willen der übrigen Gesellschafter durchsetzen kann7. Stimmen, über die der Gesellschafter kraft Stimmbindung, kraft Vollmacht oder durch zwischengeschaltete, jeweils von ihm beherrschte Gesellschaften vermittelt verfügt, sind ihm zuzurechnen. Ebenso sind gesellschaftsvertragliche Sonderregelungen zu berücksichtigen, die den betreffenden Gesellschafter begünstigen8. Ausreichend ist nach Ansicht des FG Saarbrücken auch, dass der stille Gesellschafter zwar nicht an der GmbH selbst, wohl aber an einer anderen Gesellschaft desselben Unternehmensverbands beteiligt ist oder aber ein Anwartschaftsrecht auf Beteiligung
21.81
1 So etwa Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 148. 2 So etwa FG Saarbrücken v. 14. 12. 1990 – 1 K 203/88, GmbHR 1991, 293. 3 Ebenso Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 73; Schoor, LSW 2001, S. 433 (451). 4 BFH v. 21. 7. 1982 – I R 56/78, BStBl. II 1982, 761 unter I.1.b); BFH v. 12. 12. 1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59; ebenso FG München 24. 3. 1997 – 7 K 846/95; ebenso BFH 26. 10. 1987 – GrS 2/86, BFHE 151, 523. 5 BFH v. 26. 7. 1978 – I R 138/76, BStBl. II 78, 659 (660). 6 BFH v. 13. 12. 1989 – I R 45/84, BFH/NV 1990, 455 (456). 7 BFH v. 9. 4. 1997 – I R 52/96, BFH/NV 1997, 805 (808 m.w.N.); deswegen vorbehaltlich der Zurechnung der Stimmen der anderen Gesellschafter grundsätzlich keine Beherrschung bei Geltung des Einstimmigkeitsprinzips. 8 Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rn. 115 f. m.w.N.
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Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
an der GmbH besitzt1. Hingegen genügen fachliche oder persönliche Autorität oder wirtschaftliche Macht, sei sie auch durch schuldrechtliche Vereinbarungen vermittelt, für die Begründung einer beherrschenden Stellung grundsätzlich nicht2. Unerheblich ist bei dauerhafter Beherrschung, ob das Eingehen des stillen Gesellschaftsverhältnisses überhaupt einen Beschluss der Gesellschafterversammlung erfordert oder ob der Gesellschafter bei diesem Beschluss konkret über eine Stimmenmehrheit verfügt3. Die Beherrschung der Gesellschaft besteht vielmehr bereits darin, dass zumindest auf Dauer kein Weg an dem Willen des Gesellschafters vorbeiführt. Ob der beherrschende Gesellschafter bei der konkreten Entscheidung über das stille Gesellschaftsverhältnis mit ihm gemäß § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG von der Stimmabgabe ausgeschlossen ist, ist deswegen ohne Bedeutung4.
21.82
Herrscht ein Gesellschafter nicht dauerhaft über die GmbH, so liegt eine beherrschende Stellung dennoch vor, wenn er zumindest bezüglich der konkreten Entscheidung mit anderen Gesellschaftern gleichgerichtete Interessen verfolgt und mit diesen zusammen über die Mehrheit verfügt5. Eine solche gleichgerichtete Interessenverfolgung nimmt die Rechtsprechung grundsätzlich an, wenn die Entscheidung allen Gesellschaftern entsprechend ihren GmbH-Geschäftsanteilen gleichermaßen Vorteile verschafft, z.B. also allen Gesellschaftern anteilig zu ihren GmbH-Beteiligungen stille Beteiligungen eingeräumt oder die stille Beteiligung mit einem gemeinsamen nahen Angehörigen der Gesellschafter abgeschlossen wird6. Hingegen kann bei volljährigen Kindern und bei Ehegatten wegen Art. 6 GG das Vorliegen gleichgerichteter Interessen nicht ohne weiteres vermutet werden7.
21.83
Die erhöhten Anforderungen an den Nachweis der stillen Gesellschaft gelten schließlich auch dann, wenn die stille Gesellschaft zwar nicht mit einem beherrschenden Gesellschafter, wohl aber mit einer Person zustande kommt, die dem beherrschenden Gesellschafter nahe steht8. Der Begriff der „nahe stehenden Person9“ ist dabei weiter zu fassen als derjenige des „nahen An-
1 FG Saarbrücken v. 14. 12. 1990 – 1 K 203/88, GmbHR 1991, 293. 2 BFH v. 15. 3. 2000 – I VIII R 82/98, BFH/NV 2000, 1304; BFH v. 5. 10. 2004 – VIII R 9/03, GmbHR 2005, 176. 3 Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rn. 114. 4 BFH v. 26. 1. 1989 – IV R 151/86, BStBl. II 1989, 455 (456). Maßgeblich ist insofern allein, dass der Gesellschafter auf Dauer seinen Willen in der Gesellschaft durchsetzen kann. 5 BFH v. 12. 12. 1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59 (59); BFH v. 10. 11. 1965 – 178/63, BStBl. III 1966, 73 (74); BFH v. 29. 4. 1987 – I R 192/82, BStBl. II 1987, 797 (799) (beide für das Geschäftsführergehalt). 6 FG München v. 24. 3. 1997 – 7 K 846/95; BFH v. 10. 11. 1995 – 178/63 U, BStBl. III 1966, 73 (für gegenseitige Erhöhung der Bezüge der Gesellschafter als Geschäftsführer der GmbH). 7 Schulte in Heidelberger Komm.KStG, § 8 KStG Rn. 181. 8 BFH v. 18. 12. 1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 (302). 9 Siehe ausführliche Darstellung nach Fallgruppen mit Rechtsprechungsnachweisen bei Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rn. 144 f.
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§ 21
gehörigen“1. Ausreichend ist jede Beziehung, die von Einfluss auf die Vermögenszuwendung gewesen sein kann, unabhängig davon, ob sie familiärer, persönlicher, obligatorischer, gesellschaftsrechtlicher oder rein tatsächlicher Art ist. Enge Freundschaft2 genügt also ebenso wie ein Geschwisterverhältnis. Ist eine Gesellschaft stille Gesellschafterin, ist auf die Beziehung zu deren beherrschendem Gesellschafter abzustellen3. Nicht erforderlich ist, dass der Abschluss der stillen Gesellschaft für den Gesellschafter von Vorteil ist; besteht ein solcher Vorteil, verstärkt dies allerdings das Indiz, dass die stille Gesellschaft durch das Gesellschaftsverhältnis zur GmbH veranlasst ist4. Besteht die stille Gesellschaft mit einem nahen Angehörigen, sind zusätzlich die oben unter Rn. 21.4 ff. und 21.11 ff. genannten Regeln zu beachten. Nach Ansicht des BFH sind die für die GmbH genannten Regeln nicht uneingeschränkt auf den Bereich der AG übertragbar5. Wegen der ausdifferenzierten Kompetenzzuweisung zwischen Mehrheitsaktionär, Vorstand und Aufsichtrat vermittelt die Mehrheit der Stimmrechte in einer AG keine vergleichbar beherrschende Stellung, wie dies bei einer GmbH der Fall ist6. Im Einzelfall könne eine vertragliche Gestaltung im Verhältnis zwischen Gesellschaft und ihrem Vorstandsmitglied, das zugleich Mehrheitsaktionär ist, dennoch einseitig an den Interessen des Vorstandsmitgliedes und nicht auf einen gerechten Ausgleich der beiderseitigen Interessen ausgerichtet sein. Dies muss unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen konkreten Einzelfalls beurteilt werden7. Ein gewichtiges Indiz für einen fehlenden Interessenausgleich zwischen der AG und ihrem Mehrheitsaktionär ist dann gegeben, wenn dieser auch den Aufsichtsrat beherrscht8.
21.84
d) Die erhöhten Nachweisanforderungen im Einzelnen Ist die stille Gesellschaft mit einem beherrschenden Gesellschafter zustande gekommen, wird sie steuerlich grundsätzlich nur dann anerkannt, wenn sie im Voraus klar und eindeutig, zivilrechtlich wirksam vereinbart worden ist 1 Zu diesem Begriff vgl. Rn. 21.8 ff. 2 BFH v. 18. 12. 1996 – I R 139/94, DStR 1997, 535 (536); str., a.A. Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rn. 145. 3 BFH v. 5. 12. 1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841 für eine GbR als stille Gesellschafterin und offen lassend, ob in diesem Fall nicht jeder – auch nicht beherrschender – Gesellschafter der GbR als nahe stehende Person in Betracht kommt. 4 BFH v. 18. 12. 1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 (302) unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung. 5 BFH v. 18. 12. 2002 – I R 93/01, GmbHR 2003, 846 (847); BFH v. 15. 12. 1971 – I R 5/69, BB 1972, 605; BFH v. 15. 12. 1971 – I R 76/68, BB 1972, 866; BFH v. 30. 7. 1975 – I R 110/72, BB 1975, 1519; Erhart, BB 2007, 183 (185); Binnewies, DStR 2003, 2105 (2106). 6 Vgl. Schulte in Heidelberger Komm.KStG, § 8 KStG Rn. 183. Die ältere Rechtsprechung nach BFH v. 30. 7. 1975 – I R 110/72, BB 1975, 1519, wonach bei einem Alleinaktionär stets die zur GmbH entwickelten Grundsätze anwendbar seien, ist abzulehnen und dürfte mittlerweile überwunden sein. Siehe dazu auch Erhart, BB 2007, 183 (185). 7 BFH v. 18. 12. 2002 – I R 93/01, GmbHR 2003, 846 (847). 8 Schulte in Heidelberger Komm.KStG, § 8 KStG Rn. 184.
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21.85
§ 21
Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
und später auch entsprechend der Vereinbarung tatsächlich durchgeführt worden ist1. Der Gesellschafter einer GmbH hat steuerlich also zwar die Wahl zwischen verschiedenen Formen der Finanzierung seiner Gesellschaft, er muss sich aber im Vorhinein zugunsten einer dieser Möglichkeiten entscheiden, und zwar, wenn er beherrschender Gesellschafter ist, in einer Form, die später gegenüber den Finanzbehörden eindeutig nachweisbar ist2. Hierzu ist regelmäßig die Einhaltung der genannten Indizmaßstäbe erforderlich. Abweichungen sind aber dann nicht schädlich, wenn durch sie keine Zweifel an dem vorangegangenen Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags hervorgerufen werden. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Vertragsabschlusses von den Beteiligten nicht zu vertreten ist und diese sich alsbald nach Erkennen der Unwirksamkeit um eine Heilung bemühen3. aa) Klare und eindeutige Vereinbarung, Üblichkeit
21.86
Erforderlich ist zunächst eine Vereinbarung, aus der sich ergibt, dass im Wege der stillen Gesellschaft über das GmbH-Mitgliedschaftsverhältnis hinaus ein weiteres Rechtsverhältnis zur GmbH begründet werden soll. Die bloße Erbringung von Leistungen an die GmbH reicht also keinesfalls für die Begründung geschweige denn den Nachweis einer stillen Gesellschaft aus. Dies gilt auch dann, wenn diese Leistungen weit über das hinausgehen, was der betreffende GmbH-Gesellschafter gemäß dem GmbH-Vertrag der GmbH schuldet; denn dem GmbH-Gesellschafter steht es frei, wie er seine Gesellschaft finanziert. Ein Schluss von überobligatorischen Leistungen an die GmbH auf eine zusätzlich mit ihr vereinbarte stille Gesellschaft ist demnach nicht möglich. Faktisch bedingt dies einen ausdrücklichen Abschluss des stillen Gesellschaftsverhältnisses, der zudem zum Nachweis der stillen Gesellschaft gegenüber den Finanzbehörden schriftlich erfolgen sollte4.
21.87
Inhaltlich muss der Vertrag so klar und eindeutig sein, dass sich zumindest die wesentlichen Aspekte der stillen Gesellschaft, wie insbesondere Art und Umfang der Einlage sowie Gewinn- und Verlustbeteiligung, bereits aus dem 1 BFH v. 9. 12. 1976 – IV R 47/72, BStBl. II 1977, 155 (unter 2.); BFH v. 25. 5. 1988 – I R 92/84, BFH/NV 1989, 258; BFH v. 26. 4. 1989 – I R 96/85, BFH/NV 1990, 63; BFH v. 12. 12. 1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 119; Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 93; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 148. 2 Vgl. etwa BFH v. 22. 3. 1972 – I R 117/70, BStBl. II 1972, 501 (allgemein zur verdeckten Gewinnausschüttung). 3 BFH v. 31. 5. 1995 – I R 64/94, NJW 1996, 2479 (Einholung von Rechtsrat bei ungeklärter Zivilrechtslage). Weitere Fälle etwa BFH v. 21. 7. 1982 – I R 56/78, BStBl. II 1982, 761 unter I.2.a) (fehlende vorherige Vereinbarung wegen Krankheit eines Verhandlungspartners); BFH v. 22. 3. 1972 – I R 117/70, BStBl. II 1972, 501 (nachträgliche Vereinbarung wird in gleicher Form auch mit nicht nahe stehender Personen getroffen). 4 BFH v. 27. 7. 1990 – VIII R 304/84, BFH/NV 1991, 90 (91) (allgemein zur verdeckten Gewinnausschüttung). Zur Beweislast siehe auch H 37 KStR 2004 (unter „Beweislast bei beherrschendem Gesellschafter“).
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Vertragsschluss selbst ergeben. Dass dieser hierzu ausgelegt werden muss, ist unschädlich, solange sich der gewollte Inhalt für einen objektiven Dritten mit hinreichender Sicherheit erschließt1. Etwaige anfängliche Unklarheiten des Vertrages können auch durch eine spätere ständige Übung bei der Vertragsdurchführung beseitigt werden. Allerdings sind an einen solchen Rückschluss erhebliche Anforderungen zu stellen, da die Klarheit und Eindeutigkeit der Vereinbarungen gerade deswegen gefordert wird, um feststellen zu können, ob Vereinbarung und tatsächliche spätere Durchführung sich decken. Insoweit kann eine Heilung der ursprünglichen Unklarheit des Vertrages grundsätzlich nicht bereits mit Beginn der Durchführung angenommen werden, sondern erst dann, wenn diese geraume Zeit angehalten hat2. Ist der Vertrag im Wege des In-Sich-Geschäftes des GmbH-Geschäftsführers abgeschlossen worden, sind zusätzlich die allgemeinen Nachweiserfordernisse einzuhalten, die die Rechtsprechung für selbstkontrahierte Verträge aufgestellt hat (vgl. Rn. 20.27). Ist der Vertrag klar und eindeutig gefasst, kommt es auf die Frage der Üblichkeit des vereinbarten Inhalts grundsätzlich nicht mehr an3. Insoweit unterscheiden sich die Anerkennungsvoraussetzungen für eine GmbH & Still von denen einer stillen Familiengesellschaft (vgl. Rn. 21.4 ff.). Auch eine unübliche Gewinn- und Verlustverteilung steht der Anerkennung der GmbH & Still als solcher nicht entgegen, sondern führt allenfalls dazu, dass die Gewinnund Verlustanteile des stillen Gesellschafters auf das fremdübliche Maß angepasst werden (vgl. Rn. 21.47 ff.).
21.88
bb) Zivilrechtliche Wirksamkeit Der so geschlossene Vertrag muss zivilrechtlich wirksam zustande gekommen sein. Es gelten insofern grundsätzlich dieselben Überlegungen wie bei der stillen Familiengesellschaft. Die mangelnde zivilrechtliche Wirksamkeit deutet auf den mangelnden ernsthaften Willen zum Eingehen eines stillen Gesellschaftsverhältnisses hin4.
21.89
Als Wirksamkeitshürden bei der GmbH & Still sind insbesondere § 181 BGB i.V.m. § 35 Abs. 3 GmbHG und die Formvorschriften des GmbHG (§ 48 Abs. 3 GmbHG) zu beachten. Schließt der GmbH-Geschäftsführer im Wege des In-Sich-Geschäftes das stille Gesellschaftsverhältnis ab, muss er hierfür von der Beschränkung des § 181 BGB im Gesellschaftsvertrag der GmbH wirk-
21.90
1 BFH v. 8. 12. 2004 – I B 125/04, GmbHR 2005, 942 (943); BFH v. 27. 7. 1990 – VIII R 304/84, BFH/NV 1991, 90 (91); Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rn. 311 m.N. 2 Ähnlich Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rn. 312. 3 BFH v. 28. 10. 1987 – I R 22/84, BFH/NV 1987, 131 (für eine Pensionszusage der GmbH zugunsten der Ehefrau des Alleingesellschafters, die zugleich Angestellte der GmbH ist.); Fichtelmann, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 180. Unübliche Vertragsgestaltungen können aber eine unangemessene Gewinn- und Verlustbeteiligung indizieren. 4 BFH v. 16. 12. 1998 – I R 96/95, BFH/NV 1999, 1125 (1127).
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sam befreit worden sein. Dies setzt ggf. wiederum eine entsprechende wirksame Änderung des GmbH-Vertrags voraus1. cc) Vertragsgemäße Durchführung
21.91
Anerkannt wird die stille Gesellschaft schließlich nur dann, wenn sie wie vereinbart tatsächlich durchgeführt worden ist2. Geringfügige Abweichungen schaden nicht. Eine nicht unerhebliche Abweichung kann aber bereits dann vorliegen, wenn die GmbH die vertragsmäßig geschuldete Einlage nur zum Teil oder erheblich später vom stillen Gesellschafter einfordert, obwohl eine fristgerechte Einforderung von Vorteil gewesen wäre3, oder wenn der Gewinnanteil dem stillen Gesellschafter nicht bei Fälligkeit ausgezahlt wird, ohne dass hierfür eine besondere Vereinbarung, etwa ein Darlehensvertrag, vorliegt4. e) Folgen einer Nichtanerkennung
21.92
Kann eine stille Gesellschaft zwischen einer GmbH und einem ihrer Gesellschafter als solche nicht anerkannt werden, sind die hierauf erbrachten Leistungen im Zweifel dem zwischen der GmbH und dem Gesellschafter bestehenden GmbH-Gesellschaftsverhältnis zuzurechnen, soweit nicht von Seiten des Steuerpflichtigen ein anderer Rechtsgrund nachgewiesen wird5. 3. Die Anerkennung der Gewinn- und Verlustbeteiligung
21.93
Gesellschaftsvertraglich sind Inhaber und stiller Gesellschafter grundsätzlich frei, über die Verteilung des Erfolgs der Gesellschaft zu entscheiden (vgl. Rn. 14.3 ff.). Diese Freiheit ist auch steuerlich anzuerkennen. Für die Mehrzahl der Fälle bedeutet dies, dass die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Gewinn- und Verlustbeteiligung auch der Besteuerung zugrunde zu legen ist6.
21.94
Ist an der GmbH eine Person still beteiligt, die nicht selbst der GmbH angehört und auch keinem der GmbH-Gesellschafter nahe steht7, erfolgt die Übernahme der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Gewinn- und Verlustverteilung durch die Finanzverwaltung grundsätzlich ohne besondere Überprüfung. 1 Vgl. hierzu Fichtelmann, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 63 ff.; Blaurock, BB 1992, 1969 (1970) sowie grundlegend Heinemann, GmbHR 1985, 176 (179). 2 Schulte in Heidelberger Komm.KStG, § 8 KStG Rn. 198. 3 FG Saarbrücken v. 1. 3. 1991 – 1 K 251/90, EFG 1991, 536 (536); FG München 24. 3. 1997 – 7 K 846/95. 4 BFH v. 13. 6. 1989 – VIII R 47/85, BStBl. II 1989, 720 (721 f.). 5 BFH v. 25. 5. 1988 – I R 92/84, BFH/NV 1989, 258 (259); Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 144. 6 So ausdrücklich und auch auf die Fälle der Beteiligung von – sogar beherrschenden – Gesellschaftern bezogen BFH v. 6. 2. 1980 – I R 50/76, BStBl. II 1989, 477 unter II.3. Ebenso Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 218; Steinacker, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, S. 43. 7 Zum Begriff der nahe stehenden Person vgl. Rn. 21.83 ff.
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Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
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In diesen Fällen bürgt bereits der natürliche Interessengegensatz zwischen der GmbH und dem stillen Gesellschafter für die Angemessenheit der Gewinnverteilung. Anders verhält es sich hingegen bei Beteiligung eines GmbH-Gesellschafters oder einer ihm nahe stehenden Person. Wegen des fehlenden Interessengegensatzes ist hier stets zu überprüfen, ob die vereinbarte Gewinn- und Verlustverteilung tatsächlich durch das stille Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist oder ob sich hinter ihr nicht Leistungen verbergen, die ihren Grund in Wirklichkeit in dem GmbH-Gesellschaftsverhältnis haben und deswegen als verdeckte Gewinnausschüttungen bzw. verdeckte Einlagen zu bewerten sind. Anders als bei der steuerlichen Anerkennung der GmbH & Still als solcher kommt es dabei nicht darauf an, ob der betreffende Gesellschafter in der GmbH eine beherrschende Position innehat. Die Überprüfung der Gewinn- und Verlustverteilung betrifft vielmehr jeden GmbH-Gesellschafter1.
21.95
In der Praxis konzentriert sich die Überprüfung der Gewinnbeteiligung bei der GmbH & Still bislang vor allem auf die Frage, ob in Form einer überhöhten Gewinnbeteiligung eine verdeckte Gewinnausschüttung an den stillen Gesellschafter erfolgt2. Dies ist nach allgemeinen Kriterien dann der Fall, wenn die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters objektiv einem Fremdvergleich nicht standhält, wenn also der auf die stille Beteiligung entfallende Gewinn den Anteil übersteigt, den die GmbH bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters auch einem Nichtgesellschafter „unter sonst gleichen Umständen“ gewährt hätte3. Auf die stille Gesellschaft finden diese allgemeinen Kriterien allerdings mit der Maßgabe Anwendung, dass es für die Frage der Angemessenheit im Ergebnis weniger auf den objektiven Fremdvergleich einer Kapitalaufnahme bei Dritten ankommt als auf die Frage, ob die Gewinn- und Verlustbeteiligung im Verhältnis zu den jeweiligen Beiträgen des Inhabers und des stillen Gesellschafters zu der stillen Gesellschaft angemessen sind.
21.96
Hinsichtlich der Angemessenheit der Gewinn- und Verlustbeteiligung gleicht die Rechtslage insoweit grundsätzlich derjenigen bei der GmbH & Co. KG. Die bei dieser entwickelten Kriterien für die Angemessenheitsprüfung können daher für die GmbH & Still übernommen werden, sofern man die Eigenheiten beider Gesellschaftsformen hinreichend berücksichtigt4. Hierzu gehört ins-
21.97
1 Anders aber anscheinend Schoor, LSW 2001, S. 433 (451). 2 Das Problem der Verlustverteilung wird wenig diskutiert, vgl. hierzu etwa für die GmbH & Co. KG: BFH v. 26. 3. 1987 – IV R 249/84, BFH/NV 1988, 699; BFH v. 8. 9. 1982 – IX R 335/87, BStBl. II 1993, 281. Vgl. auch BFH v. 26. 10. 1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348; sowie BFH v. 23. 8. 1990 – IV R 71/89, BStBl. II 1991, 172; ferner FG Hamburg v. 20. 6. 2000 – V 97/99. 3 BFH v. 12. 12. 1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59 (60); Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 143. 4 Vgl. FG Münster v. 23. 6. 1980 – VII 108/77 F, EFG 1980, 597 = GmbHR 1981, 248; vgl. auch BFH v. 6. 2. 1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = GmbHR 1980, 215; BFH v. 9. 7. 1969 – I R 188/67, BStBl. II 1969, 690; BFH v. 3. 2. 1977 – IV R 122/73, BStBl. II 1977, 346.
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Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
besondere, dass bei der GmbH & Co. KG die Komplementär-GmbH häufig, ohne einen eigenen Vermögensanteil an der KG zu besitzen, lediglich das Haftungsrisiko trägt, während bei der GmbH & Still die GmbH nicht nur Inhaberin des gesamten Vermögens ist, sondern regelmäßig auch an den Zuwächsen des Gesellschaftsvermögens partizipiert. Außerdem tritt bei der GmbH & Co. KG nach außen hin die Personengesellschaft in Erscheinung und wird aus den abgeschlossenen Geschäften berechtigt und verpflichtet. Bei der GmbH & Still tritt dagegen nur die GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts im Geschäftsverkehr auf. Die stille Gesellschaft als solche wird aus den von der GmbH abgeschlossenen Geschäften nicht berechtigt und verpflichtet. Diese Unterschiede führen bei der GmbH & Still vor allem dazu, dass das Haftungsrisiko der GmbH höher zu bemessen ist, weil der Stille nicht in gleicher Weise haftet wie der Kommanditist1.
21.98
Hingegen sind die Maßstäbe für die Anerkennung der Gewinn- und Verlustbeteiligung bei Familienpersonengesellschaften nicht auf die GmbH & Still übertragbar. Dem stehen vielmehr trotz unverkennbarer inhaltlicher Parallelen die jeweils unterschiedlichen rechtlichen Ansatzpunkte für den Fremdvergleich (Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis hier, Abgrenzung der privaten von der betrieblichen Sphäre dort, vgl. bereits Rn. 21.47 ff.) entgegen. Dies gilt selbst für den Fall der Einmann-GmbH & Still. Das Grundsatzurteil des BFH vom 6. 2. 1980 hat insofern eine Klärung gebracht2. a) Maßstäbe der Angemessenheit
21.99
Im Urteil vom 6. 2. 1980 hat der BFH zugleich positiv die Kriterien geklärt, nach denen die Angemessenheitsprüfung vorzunehmen ist. Demnach bestimmt sich die Angemessenheit primär danach, ob die Gewinn- bzw. Verlustverteilung den finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Gesell1 Ebenso Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 149; Fichtelmann, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 204. 2 BFH v. 6. 2. 1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = GmbHR 1980, 215; wiederholend BFH v. 5. 12. 1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841. Zustimmend Costede, StuW 1983, 308 (313); Costede, StbKRep 1987, 239 (260 f.); Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 149 f.; Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1984, 77 (78); Blaurock, BB 1992, 1969 (1976); Steinacker, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, S. 42 f.; Schoor/ Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 148 sowie in der Vielzahl der Fälle Horn/ Maertins, GmbHR 1994, 147 (152). Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 214 ff. und 285 ff., stimmt dem ebenso grundsätzlich zu. In bestimmten Fällen – so z.B. beim Gewinnverzicht eines atypischen Stillen, der zugleich Hauptgesellschafter der GmbH ist, zugunsten anderer atypischer stiller Gesellschafter – hält er jedoch bei einem atypischen stillen Beteiligungsverhältnis die Anwendung der Grundsätze zur Gewinnverteilung bei Familienpersonengesellschaften für möglich (vgl. Rn. 285 f.). Fichtelmann, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 194, will demgegenüber diese Grundsätze dem Inhalt nach bei typischen stillen Beteiligungen anwenden. Im Falle einer atypischen stillen Gesellschaft stimmt er wiederum der hier vertretenen Auffassung zu (vgl. Rn. 203). Zum früheren Streitstand vgl. Schulze zur Wiesche, FR 1976, 164; Paulick, GmbHR 1982, 237 (241); Döllerer, ZGR 1977, 495 (504) und ZGR 1981, 551 (560).
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Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
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schafter zu der Gesellschaft sowie den Beiträgen der einzelnen Gesellschafter für die Erreichung des Gesellschaftszwecks angemessen Rechnung trägt oder ob bezüglich der Gewinnanteile der einzelnen Gesellschafter offenbare Missverhältnisse bestehen1. Eine hohe Rendite des eingelegten Kapitals ist nicht von vornherein als unangemessene Gewinnverteilung anzusehen, sondern löst lediglich die Angemessenheitsprüfung aus. Diese wird nach den zum Zeitpunkt der Eingehung der stillen Gesellschaft geltenden Verhältnisse vorgenommen2. Spätere Veränderungen der Ertragslage sind also grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Abweichendes gilt nur dann, wenn die GmbH die Möglichkeit hat, die stille Gesellschaft zu kündigen, und ein gewissenhafter Geschäftsleiter bei einem Nichtgesellschafter von dieser Möglichkeit wegen der gravierenden Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse Gebrauch machen würde3. Für den Prognosezeitraum, innerhalb dessen sich insgesamt eine angemessene Gewinnund Verlustbeteiligung ergeben muss, ist eine Spanne von ca. 3–5 Jahre anzusetzen4. Existiert bereits das Handelsgewerbe, ist von den Erträgen der vergangenen Jahre auf die der Zukunft zurückzuschließen.
21.100
Bedeutsame Bewertungskriterien für die Prüfung der angemessenen Gewinnverteilung sind in erster Linie die von den Gesellschaftern erbrachten Kapitalleistungen, die eingegangenen Risiken, der Arbeitseinsatz der Gesellschafter und die Ertragsaussichten des betriebenen Unternehmens. Daneben können einige der für die Gewinnverteilung bei der GmbH & Co. KG aufgestellten Merkmale sowie die vorhandenen Geschäftsbeziehungen, die Dringlichkeit des Kapitalbedarfs und die wirtschaftliche Bedeutung der Finanzierung durch die Einlage zu berücksichtigen sein5. Um die Gefahr einer verdeckten Gewinnausschüttung auf jeden Fall abzuwenden, sind vorab Kapitalverzinsung und die Risiken der GmbH aus ihrer Haftung sowie ihrer Tätigkeit zu vergüten. Zur Abgeltung dieser Faktoren dürfte bei Neugründung einer GmbH & Still ein Betrag von 20–30 % des Stammkapitals ausreichend sein. Beteiligt sich der Stille dagegen an einem bereits bestehenden Unternehmen der GmbH, dürften 10–20 % des Gewinns als Vorabvergütung genügen6.
21.101
1 BFH v. 6. 2. 1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477; ebenso Steinacker, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, S. 43; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 218. In eine andere Richtung aber weisend: BFH v. 9. 6. 1994 – IV R 47/92, BFH/NV 1995, 103 (105); BFH v. 27. 3. 2001 – I R 52/00, BFH/NV 2002, 537: absolute Begrenzung der prospektiven Rendite bei einer typischen stillen Beteiligung an einer GmbH auf 25 % p.a. 2 FG Baden-Württemberg v. 29. 3. 2002 – 3 K 98/99. Bitsch, GmbHR 1983, 56; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 218; Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 146. 3 BFH v. 5. 2. 1986 – I S 15/85, BFH/NV 1986, 563 (564). 4 BFH v. 12. 12. 1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59 (60); BFH v. 5. 12. 1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841 (842). 5 Ebenso Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 218; BFH v. 11. 7. 1984 – I R 233/81– nicht veröffentlicht. 6 Degethof, StPb 2003, 1 (2); Felix, StbKRep 1971, 207 (230); Blaurock, BB 1992, 1969 (1976), sowie Schwedhelm in Streck, Anhang zu § 8 KStG Rn. 1131, der bei Neugründung eher einen Betrag von 30 % des Stammkapitals als geeignet ansieht.
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§ 21
Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
21.102 Bei der Gewinnverteilung ist weiter der Arbeitseinsatz der GmbH zu vergüten. Dieser dürfte in der Regel durch das dem Geschäftsführer gezahlte Geschäftsführergehalt abgegolten sein. Soweit diese Vergütung angemessen ist, darf die Arbeitsleistung bei Verteilung des Restgewinns nicht noch einmal berücksichtigt werden1. Persönliche Dienstleistungen des Stillen können nur bei vertraglicher Vereinbarung berücksichtigt werden, da sie gesetzlich nicht geschuldet sind2.
21.103 Das eingezahlte Kapital ist zu den allgemeinen Konditionen am Kapitalmarkt vorweg zu verzinsen. Wird eine solche Vorwegverzinsung nicht vorgenommen, so muss die Verzinsung der Kapitalleistung bei Verteilung des Restgewinns mit berücksichtigt werden3.
21.104 Soweit das Kapitalverlustrisiko und Ertragsausfallrisiko für die GmbH und den stillen Gesellschafter von unterschiedlicher Bedeutung sein sollte, kann dies ebenfalls vorweg berücksichtigt werden4.
21.105 Die Restgewinnverteilung wird wesentlich von dem Verhältnis zwischen dem Wert der stillen Beteiligung und dem Unternehmenswert der GmbH bestimmt. Für eine angemessene Restgewinnverteilung ist es somit erforderlich, den Wert der Einlagen der stillen Gesellschafter und den Gesamtwert des Unternehmens der GmbH zu ermitteln. Das sich nach diesen Werten ergebende Verhältnis ist bei Beurteilung der Angemessenheit zu berücksichtigen5. Die Einlagen der stillen Gesellschafter sind dabei mit dem Nennwert, der Anteil der GmbH mit dem tatsächlichen Wert des Unternehmens anzusetzen. Der Unternehmenswert der GmbH ist entsprechend den Grundsätzen, welche die Rechtsprechung zur Ermittlung eines Geschäftswertes in Anwendung der sog. indirekten Methode aufgestellt hat, zu ermitteln6:
1 Vgl. BFH v. 26. 10. 1983 – I R 18/78, nicht veröffentlicht; BFH v. 16. 7. 1986 – I R 78/79, BFH/NV 1987, 326 = GmbHR 1987, 449; BFH v. 12. 12. 1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59; ebenso: Bitsch, GmbHR 1983, 56; Costede, StuW 1983, 308 (315); Fleischer/ Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 150 f. 2 FG Baden-Württemberg v. 29. 3. 2001 – 3 K 98/99. 3 Bitsch, GmbHR 1983, 56; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 219; Schoor/ Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 150. 4 Vgl. auch Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 220; Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 150. 5 Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 221; Bitsch, GmbHR 1983, 56. 6 Vgl. BFH v. 11. 10. 1960 – I 229/59 U, BStBl. III 1960, 509; BFH v. 7. 10. 1970 – I R 1/68, BStBl. II 1971, 69; BFH v. 17. 1. 1973 – I R 46/71, BStBl. II 1973, 418; BFH v. 8. 12. 1976 – I R 215/73, BStBl. II 1977, 409; BFH v. 25. 1. 1979 – IV R 56/75, BStBl. II 1979, 302; BFH v. 27. 3. 1985 – I S 3/84, BFH/NV 1987, 263; BFH v. 5. 12. 1990 – I R 106/88, BFH/ NV 1991, 841; sowie zur Ermittlung des Substanzwertes ausführlich BFH v. 12. 12. 1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59. Zustimmend: Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 150 f.; Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 150, und Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 221, der dies jedoch wohl nur für die typische stille Beteiligung annimmt.
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Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
§ 21
21.106
Zu erwartende Jahreserträge × 10 = Ertragswert ./. Substanzwert „innerer Wert“ ./. 50 %-Abschlag + Substanzwert Unternehmenswert Beispiel1: Der durchschnittlich zu erwartende Jahresertrag einer GmbH beträgt 100 000 Euro, der Substanzwert (= Summe der Teilwerte) 200 000 Euro. Die stille Beteiligung hat einen Nennwert von 150 000 Euro. Ertragswert (100 000 Euro × 10 =) Substanzwert Innerer Wert Abschlag (50 %) Substanzwert Unternehmenswert der GmbH Stille Beteiligung
1000 000 Euro ./. 200 000 Euro 800 000 Euro ./. 400 000 Euro 400 000 Euro + 200 000 Euro (80 %) 600 000 Euro (20 %) 150 000 Euro (100 %) 750 000 Euro
Soweit die Tätigkeitsvergütung für die GmbH durch das Geschäftsführergehalt angemessen berücksichtigt ist, wird der Restgewinn im Verhältnis von 80 % (GmbH) zu 20 % (stille Beteiligung) verteilt. b) Rechtsfolgen einer Nichtanerkennung Soweit dem stillen Gesellschafter nach den genannten Kriterien übermäßige Gewinne aus der stillen Gesellschaft zufließen, handelt es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung. Diese ist nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dem Gewinn der GmbH hinzuzurechnen2. Ist der stille Gesellschafter nicht selbst GmbH-Gesellschafter, sondern nur eine diesem nahe stehende Person, so wird auf Gesellschafterebene nach überwiegender Meinung der Zufluss dem GmbH-Gesellschafter, und nicht der nahe stehenden Person zugerechnet3. Ist der stille Gesellschafter eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts erfolgt die Zurechnung zu deren Gesellschaftern4.
1 Vgl. Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 150 f. Zu weiteren Rechenbeispielen siehe BFH v. 27. 3. 1985 – I S 3/84, BFH/NV 1987, 263; Degethof, StPb 2003, 1 (2). 2 Zum Verfahren vgl. Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rn. 433 ff. 3 So BMF v. 18. 12. 1996 – I R 16/95, BStBl. II 1996, 301; Gosch, DStR 1998, 1550 (1552); Frotscher, GmbHR 1998, 23 (29 f.); ausdrücklich die Frage offen lassend BFH v. 18. 12. 1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 (302). 4 BFH v. 5. 12. 1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841 (842).
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21.107
§ 21
Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen
IV. Zusammenfassung
21.108 Die allgemeinen Grundsätze über die steuerliche Anerkennung stiller Gesellschaften bedürfen der Ergänzung in Fällen, in denen Inhaber und stiller Gesellschafter hinsichtlich der Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses keine entgegengesetzten Interessen verfolgen. Dies ist typischerweise bei stillen Gesellschaften unter Familienangehörigen sowie bei stillen Gesellschaften zwischen GmbH-Gesellschaftern und ihrer GmbH bzw. zwischen Personen, die den GmbH-Gesellschaftern nahe stehen, und der GmbH der Fall. In beiden Fällen ist der Nachweis der stillen Gesellschaft gegenüber den Finanzbehörden erschwert. Zudem erfolgt in gewissem Umfang ein Fremdvergleich. Eine stille Gesellschaft unter nahen Familienangehörigen wird steuerlich nur dann anerkannt, wenn sie ernstlich gewollt ist. Im Rahmen der durchzuführenden Gesamtbetrachtung sind wichtige Indizientatbestände für die Ernstlichkeit, ob die Beteiligung im Vorhinein klar und eindeutig sowie zivilrechtlich wirksam vereinbart worden ist, die Ausgestaltung derjenigen zwischen fremden Dritten entspricht und die Gesellschaft später auch den Vereinbarungen entsprechend tatsächlich durchgeführt worden ist. Das Motiv für die Gesellschaftsgründung ist hingegen für deren steuerliche Anerkennung grundsätzlich nicht entscheidend. Auch geschenkte stille Beteiligungen sind anerkennungsfähig. In jedem Fall wird aber die Gewinn- und Verlustverteilung der stillen Gesellschaft auf ihre Angemessenheit hin überprüft. Die Mischform der GmbH & Still wird in zivilrechtlicher wie in steuerrechtlicher Hinsicht grundsätzlich anerkannt. Kommt die stille Gesellschaft mit einem die GmbH beherrschenden Gesellschafter oder einer diesem nahe stehenden Person zustande, setzt die Anerkennung der GmbH & Still in der Regel allerdings voraus, dass die Errichtung im Voraus klar und eindeutig sowie zivilrechtlich wirksam vereinbart wurde und sodann auch entsprechend der Vereinbarung tatsächlich durchgeführt wurde. Die Gewinn- und Verlustverteilung der GmbH & Still ist auf ihre Angemessenheit hin stets zu überprüfen, wenn die stille Beteiligung zu einem GmbH-Gesellschafter oder einer ihm nahe stehenden Person besteht. Auf eine beherrschende Stellung des GmbH-Gesellschafters kommt es in diesem Fall nicht an. Die Angemessenheit der Gewinn- und Verlustverteilung bemisst sich in erster Linie nach dem Verhältnis der Beiträge, die die GmbH und die der stille Gesellschafter zu der stillen Gesellschaft beisteuern.
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§ 22 Einkommensteuer Schrifttum: Axer, Jochen, Abgeltungs- und Veräußerungsgewinnbesteuerung ab 2009, Stbg 2007, 201; Bäuml, Swen O./Gageur, Patrick, Die geplante Abgeltungsteuer auf Kapitaleinkünfte, FR 2006, 213; Beck, Hans-Joachim, Verlustausgleichsverbot bei Steuerstundungsmodellen: Der neue § 15b EStG, DStR 2006, 61; Behrens, Stefan, Neuregelung der Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ab 2009 nach dem Regierungsentwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes vom 14. 03. 2007, BB 2007, 1025; Behrens, Stefan/Karkowski, Jan H., DB 2001, 1059; Beiser, Reinhold, Veranlagung wider besseres Wissen?, BB 1998, 1290; Berninghaus, Jochen, Feststellung des Jahresabschlusses in der stillen Gesellschaft? – Zugleich ein Beitrag zur Bilanzfeststellung im Personengesellschaftsrecht, in Festschrift für Volker Röhricht zum 65. Geburtstag, 2005, S. 747 ff.; Birk, Dieter, Steuerrecht, 11. Aufl. 2008; Blaurock, Uwe, Die GmbH & Still im Steuerrecht, BB 1992, 1969; Blümich, Walter, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz (Loseblatt); Blumenberg, Jens/Schäfer, Karl, SEStEG, 2007; Bordewin, Arno, Sinngemäße Anwendung des § 15a EStG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, FR 1982, 268; Bordewin, Arno, Rückwirkender Wegfall eines Veräußerungsgewinns, FR 1994, 555; Bordewin, Arno/Söffing, Günter/Uelner, Adalbert, Verlustverrechnung bei negativem Kapitalkonto, Bedeutung des § 15a EStG, 1980; Brandenberg, Hermann Bernwart, Wiedereinführung des Mitunternehmererlasses?, FR 2000, 1182; Breidenbach, Berthold/van Lishaut, Ingo, Steuerneutrale Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter nach Abschaffung des Mitunternehmererlasses?, DB 1999, 1234; Brockmann, Kai/Hörster, Ralf, Jahressteuergesetz 2008 – Überblick über die Änderungen im Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, NWB 2008, 25; Fach 2, S. 9641; Brüsch, Arne, Erfolgsbesteuerung bei der GmbH & atypisch Still unter Berücksichtigung zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, 1998; Butz-Seidl, Annemarie, Die Beendigung einer typisch stillen Gesellschaft, GStB 1999, 324; Carlé, Dieter, GmbH & atypisch Still im Steuerrecht und Gesellschaftsrecht, KÖSDI 1999, 12189; Cattelaens, Heiner, Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002: Neuregelung der Übertragung von Wirtschaftsgütern, DB 1999, 1083; Costede, Jürgen, Die stille Gesellschaft – Überlegungen aus handelsrechtlicher, steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht, SteuerberaterKongress-Report 1987, 239; Crezelius, Georg, Atypische Beteiligung in der Umstrukturierung, JbFfSt 2003/2004, 385; Dendl, Markus/Popp, Reinhold/Wagner, Josef, Kapitalerträge aus Scheinrenditen im sog. Schneeballsystem – hat der BFH im Ambros-Fall am Ziel vorbeigeschossen?, DStR 1998, 1156; Dendl, Markus/Popp, Reinhold/Wagner, Josef, Der Ambros-Fall: Können gefälschte Buchführungsunterlagen der Besteuerung zugrunde gelegt werden?, Stbg 2000, 459; Dinkelbach, Andreas, Offene Fragen und Ungereimtheiten bei Kapitaleinkünften nach der Unternehmensteuerreform, DB 2009, 870; Dißars, Björn-Axel/Dißars, Ulf-Christian, Einspruchsbefugnis bei einheitlicher Feststellung, BB 1996, 773; Döllerer, Georg, Die atypische stille Gesellschaft – gelöste und ungelöste Probleme, DStR 1985, 295; Döllerer, Georg, Die atypische stille Gesellschaft in der neuesten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, StbJb. 1987/88, 289; Dörfler, Harald, Unternehmensteuerreform 2008: Auswirkung der geplanten Zinsschranke anhand ausgewählter Beispiele, BB 2007, 1084; Dörfler, Harald/Graf, Roland W./Reichl, Alexander, Die geplante Besteuerung von Personenunternehmen ab 2008 – Ausgewählte Problembereiche des § 34a EStG im Regierungsentwurf, DStR 2007, 645; Dötsch, Franz, Erfassung der von der Verwalterin eines Termin-Sammelkontos (hier: Ambros S.A.) den Anlegern ausgezahlten sowie von den Anlegern zwecks Erhöhung ihres Einlagekapitals stehen gelassenen „Renditen“ als Einkünfte aus Kapitalvermögen, DStZ 1997, 837; Dornfeld, Robert, Zum Umfang der dem Kommanditisten einer vermögensverwaltenden KG zuzurechnenden Verluste, DB 1981, 546; Düll, Alexander/Fuhrmann, Gerd/Eber-
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§ 22
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562
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22.1
Abweichend von der sonstigen Darstellung der stillen Gesellschaft im steuerrechtlichen Teil wird bei der Einkommenbesteuerung zunächst die atypisch stille Gesellschaft und erst danach die typisch stille Gesellschaft behandelt, da durch die Verweisung in § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG auf § 15a und § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG zusätzlich zu den sich aus dieser Norm ergebenden Schwierigkeiten noch weitere Probleme bestehen.
22.2
Die Unternehmensteuerreform 2008 brachte sowohl für die atypische als auch für die typische stille Gesellschaft grundlegende Änderungen mit sich. Während bei der atypischen stillen Gesellschaft die Änderungen überwiegend schon im Veranlagungszeitraum 2008 und unabhängig vom Zeitpunkt der Begründung der Gesellschaft relevant werden, gelten die Änderungen bei der typischen stillen Gesellschaft erst ab dem Veranlagungszeitraum 2009 (Abgeltungsteuer) oder generell nur für stille Beteiligungen, die nach dem 31. 12. 2008 begründet oder erworben wurden (Besteuerung von Veräußerungsgewinnen bei Neugesellschaften). Insbesondere bei der typischen stillen Gesellschaft ist es daher notwendig geworden, neues und altes Recht nebeneinander darzustellen.
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Die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft1 kann auf Seiten des Geschäftsinhabers als Einbringung eines Betriebes in eine Mitunternehmerschaft und damit als Betriebsveräußerung i.S. von § 16 EStG angesehen werden. Nach überwiegender Auffassung kann auf diesen Vorgang aber § 24 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 UmwStG angewendet werden. Hiernach durfte bei einer Einbringung bis zum 12. 12. 2006 eine Personengesellschaft das Betriebsvermögen eines eingebrachten Betriebes, Teilbetriebes oder Mitunternehmeranteils in ihrer Bilanz zum Buchwert, Teilwert oder zu jedem Zwischenwert ansetzen, wenn der Einbringende Mitunternehmer der Gesellschaft wird. Aufgrund der Änderungen des UmwStG durch das SEStEG2 ist bei Einbringungen nach dem 12. 12. 2006 das Betriebsvermögen eines eingebrachten Betriebes, Teilbetriebes oder Mitunternehmensanteils in der Bilanz der übernehmenden Personengesellschaft grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Ausnahmsweise kann auf Antrag der Buchwert oder ein Zwischenwert angesetzt werden, soweit das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des eingebrachten Betriebsvermögens nicht eingeschränkt wird, § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG3.
22.3
Bei der Gründung der atypisch stillen Gesellschaft fällt kein Veräußerungsgewinn an, wenn für das Betriebsvermögen der Buchwert angesetzt werden kann4. Soweit der gemeine Wert oder ein Zwischenwert angesetzt wird, entsteht ein steuerbarer Gewinn aus der Veräußerung5, der gemäß § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG als laufender Gewinn anzusehen ist und nicht unter die Steuerbegünstigungen von §§ 16 Abs. 4 und 34 Abs. 1 EStG fällt.
22.4
Die Anwendung von § 24 UmwStG wurde kritisiert, weil bei der Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft keine Änderung der Rechtszuständigkeit eintrete. Es fehle außerdem bereits an einer Einlage in ein bilanzrechtlich vom Inhaber des Handelsgeschäfts verschiedenes Gebilde. Die Anwendung von § 24 UmwStG sei auch nicht erforderlich, denn es sei selbstverständlich, dass die
22.5
I. Die atypische stille Gesellschaft 1. Die Eingehung der atypisch stillen Gesellschaft
1 Vgl. zur Auffassung der Finanzverwaltung OFD Frankfurt a.M., v. 14. 3. 2001 – S. 2241 A-37-St II 21, DStR 2001, 1159. 2 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften v. 7. 12. 2006, BStBl. I 2006, 2782. 3 Nach Benz/Rosenberg in Blumenberg/Schäfer, SEStEG, F III 2b, ist eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts i.S. des § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG nur bei Einbringung von im Betriebsvermögen gehaltenen 100%igen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften denkbar. 4 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 24 UmwStG Rn. 175. Ebenso die Finanzverwaltung, vgl. BMF v. 25. 3. 1998 – IV B 7-S 1978-21/98, BStBl. I 1998, 268 (338), Tz. 24.01 ff. A.A. Döllerer, DStR 1985, 295 (302). 5 Ausführlich zur Besteuerung des Einbringungsgewinns Schlößer in Haritz/Benkert, § 24 UmwStG Rn. 147 ff.
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Einbringung des Geschäftsbetriebes zu Buchwerten erfolgen könne. Hingegen sei die Ermöglichung einer Zuschreibung durch den nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG möglichen Ansatz des Teilwertes oder eines beliebigen Zwischenwertes nicht sachgemäß1. Nach der Rechtsprechung2 ist die atypisch stille Gesellschaft aber als Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation anzusehen und wird somit bei der steuerrechtlichen Betrachtung einer Außengesellschaft angenähert. Dies spricht dafür, die vom Gesetzgeber vorgesehenen Bewertungsmöglichkeiten auch auf die atypisch stille Gesellschaft anzuwenden3.
22.6
Besteht die Einlageleistung des atypisch stillen Gesellschafters in einem Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil, so ist auf ihn ebenfalls § 24 UmwStG anzuwenden. Hinsichtlich der vom atypisch Stillen eingebrachten Vermögenseinlage war unbestritten, dass dem Inhaber des Handelsgeschäfts das Bilanzierungswahlrecht des § 24 UmwStG a.F. zusteht. Zivilrechtlich wurde insoweit ein Mitspracherecht des atypisch Stillen vertreten4. Nach den Änderungen der Ansatzvorschriften durch das SEStEG wird man analog vom Recht des Inhabers des Handelsgeschäfts auf Beantragung eines vom gemeinen Wert abweichenden Ansatzes und auf ein zivilrechtliches Mitspracherecht des stillen Gesellschafters ausgehen können. 2. Besteuerung laufender Geschäftsvorgänge a) Subjektive Steuerpflicht der Mitunternehmer
22.7
Die atypisch stille Gesellschaft ist als solche nicht einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtig. Steuerpflichtig sind die einzelnen Mitunternehmer mit den Einkünften, die sie von der Gesellschaft beziehen. Es wird wie bei der OHG und KG der von der atypischen stillen Gesellschaft erwirtschaftete Gewinn einkommensteuerrechtlich nur einmal erfasst, und zwar anteilig bei den Gesellschaftern. Der Gewinn wird bei ihnen im Jahr seiner Entstehung, d.h. in dem Jahr, für das die Bilanz aufgestellt wird, ohne Rücksicht auf seine Ausschüttung oder Entnahme besteuert. b) Gewinnanteile aus der atypisch stillen Gesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb
22.8
Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind „die Gewinnanteile der Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen sind, und die Vergütungen, die der Gesell1 Döllerer, DStR 1985, 295 (302). 2 BFH v. 26. 11. 1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = DB 1997, 1060. A.A. Schoor, LSW Gruppe 14, S. 415 (436) unter Hinweis auf die aufgegebene Rechtsprechung von BFH v. 12. 11. 1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 (313). 3 So auch Kuck, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, § 5 C II c). 4 Döllerer, DStR 1985, 295 (302).
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schafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat“ Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist aber, dass die Mitunternehmerschaft ein gewerbliches Unternehmen i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 betreibt1. Problematisch ist diese Voraussetzung bei nur teilweiser gewerblicher Tätigkeit des Geschäftsinhabers sowie bei einer nicht gewerblich tätigen GmbH. Hier stellt sich die Frage der Abfärbung bzw. der Umqualifizierung der Einkünfte nach § 15 Abs. 3 EStG. Ausgangspunkt für beide Fragen ist ein Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. 6. 1984, in welchem er zunächst festgestellt hat, dass eine Personengesellschaft als solche nicht der Einkommensteuer unterliegt und insoweit auch nicht Steuerrechtssubjekt ist, dann aber betont hat, dass sie Steuerrechtssubjekt sei, soweit sie in der Einheit ihrer Gesellschafter Merkmale eines Besteuerungstatbestandes verwirkliche, welche den Gesellschaftern dann für die Besteuerung zuzurechnen seien. Solche Merkmale seien insbesondere die Verwirklichung oder Nichtverwirklichung des Tatbestandes einer bestimmten Einkunftsart und das Erzielen von Gewinn und Überschuss im Rahmen dieser Einkunftsart2. Der VIII. Senat des BFH vertrat allerdings in einer Entscheidung vom 12. 11. 1985 die Auffassung, dass diese Grundsätze auf die atypisch stille Gesellschaft nicht anwendbar seien. Die atypisch stille Gesellschaft betreibe kein gewerbliches Unternehmen. Es gebe keine Tätigkeit der atypisch stillen Gesellschaft, sondern nur die des Geschäftsinhabers. Die atypisch stille Gesellschaft könne somit als reine Innengesellschaft kein Subjekt der Gewinnerzielung sein3. Diese Auffassung des VIII. Senats traf in der Literatur teilweise auf Kritik4.
22.9
Mit der Entscheidung des I. Senats vom 10. 8. 1994 wurde eine weitreichende Rechtsprechungsänderung eingeleitet. Der Senat lehnt darin die rein zivilrechtliche Betrachtungsweise ab, insbesondere die formalrechtliche Sichtweise, dass die atypisch stille Gesellschaft als Innengesellschaft keine Tätigkeit ausüben könne. Vielmehr sei es irrelevant, dass die unternehmerische Tätigkeit nicht nach außen wirke. Die Mitunternehmer (also auch der Stille) übten Mitunternehmerinitiative aus und trügen Mitunternehmerrisiko. Entscheidend für die Argumentation des Gerichts ist die Überlegung, dass Mitunternehmerschaften grundsätzlich gleich zu behandeln sind, jedenfalls soweit es sich – wie auch bei der atypisch stillen Gesellschaft – um Personengesellschaf-
22.10
1 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 180. Zum Begriff des gewerblichen Unternehmens ausführlich Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 8 ff. 2 BFH v. 25. 6. 1984 – GrS 4/82, BFHE 141, 405 = BStBl. II, 751, 761. Der Beschluss betraf insbesondere die Aufgabe der sog. Geprägerechtsprechung. Zur Wiederherstellung der Rechtslage hat der Gesetzgeber durch Art. 7 Nr. 6 StBerG 1986 (BGBl. I 1985, 2436) den § 15 Abs. 3 EStG geschaffen. 3 BFH v. 12. 11. 1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 (313) im Anschluss an BFH v. 2. 5. 1984 – VIII R 276/81, BStBl. II 1984, 820. Ebenso Döllerer, DStR 1985, 295 (296). 4 Schön, BB 1985, 313 (314); Herzig/Kessler, DB 1985, 2528 (2530). Ausführlich zum Meinungsstand Ruban, DStZ 1995, 637 (639) Fn. 19 f.
567
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ten handelt1. Dieser Argumentation ist insoweit zuzustimmen, als der pauschale und undifferenzierte Hinweis, dass die atypisch stille Gesellschaft eine Innengesellschaft sei, keinen hinreichenden Grund für eine Ungleichbehandlung im Hinblick auf die anderen Personengesellschaften darstellt. Mit anderen Worten, wenn man die Personenhandelsgesellschaften als begrenzte Steuerrechtssubjekte ansieht2, so müssen die Gründe im Einzelnen dargelegt werden, warum dies für die atypisch stille Gesellschaft nicht gelten soll. Indes ist damit nichts darüber gesagt, ob die Annahme einer partiellen Steuerrechtssubjektivität der Personengesellschaften als solche zutreffend ist3.
22.11
Seit seiner Leitentscheidung vom 26. 11. 1996 betont auch der VIII. Senat des BFH im Anschluss an die vorgenannte Entscheidung des I. Senats wieder die Gleichbehandlung der atypisch stillen Gesellschaft mit den anderen Personengesellschaften. Im Innenverhältnis zu den atypisch stillen Gesellschaftern führe der Geschäftsinhaber die Geschäfte für alle Gesellschafter entsprechend der für sie geltenden Gemeinschaftsordnung. Die Tätigkeit sei daher allen Gesellschaftern einheitlich zuzurechnen4 und gelte als Gewerbebetrieb der Gesellschaft5. Die atypisch stille Gesellschaft sei „selbständiges Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation“6.
22.12
Für diese Rechtsprechungsauffassung spricht, dass der Gesetzgeber in § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG eindeutig entschieden hat, dass die atypisch stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft der Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu unterstellen ist. Die Annahme einer Mitunternehmerschaft setzt voraus, dass der atypisch stille Gesellschafter Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko ausüben kann7. Es wird also für die Bewertung der Mitunternehmereigenschaft auf den Gesellschaftsvertrag, d.h. auf das Innenverhältnis abgestellt. Dieses ist auch maßgeblich für die wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere die Gewinnverteilung, unter den Gesellschaftern. Wirtschaftlich übt der Geschäftsinhaber seine Tätigkeit auf gemeinsame Rechnung und auf gemeinsames Risiko aus. Er wird daher wie ein Organ für
1 BFH v. 10. 8. 1994 – I R 133/93, BB 1995, 27 (28). 2 Insbesondere BFH v. 25. 6. 1984 – GrS 4/82, BFHE 141, 405 = BStBl. II 1984, 751 unter C III 3; BFH v. 25. 2. 1991 – GrS 7/89, BFHE 163, 1 = BStBl. II 1991, 691 unter C III. Zurückhaltender BFH v. 3. 5. 1993 – GrS 3/92, BFHE 171, 246 = BStBl. II 1993, 616 unter C III 6. 3 Kritisch hierzu insbesondere Pinkernell, Einkünftezurechnung bei Personengesellschaften, S. 62 ff. 4 BFH v. 26. 11. 1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = DB 1997, 1060 unter ausdrücklicher Aufgabe der im Urteil v. 12. 11. 1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 vertretenen gegenteiligen Ansicht. 5 BFH v. 15. 10. 1998 – VIII R 18/98, DStRE 1999, 81 (83). A.A. Carlé, KÖSDI 1999, 12189 (12193). 6 BFH v. 26. 11. 1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = DB 1997, 1060. Ebenso Gschwendtner, DStZ 1998, 335; Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 347; Groh in FS Kruse, S. 423. A.A. Schoor, LSW Gruppe 14, S. 436 unter Hinweis auf die aufgegebene Rechtsprechung von BFH v. 12. 11. 1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 (313). 7 Zur Frage der Mitunternehmerschaft vgl. Rn. 20.58 ff.
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die atypisch stille Gesellschaft tätig1. Es wäre inkonsequent nun auf das Außenverhältnis abzustellen und eine Tätigkeit der Gesellschaft unter Hinweis auf das bei der atypisch stillen Gesellschaft nicht vorhandene Gesamthandsvermögen abzulehnen2. Die Tätigkeit des Geschäftsinhabers ist daher der atypisch stillen Gesellschaft zuzurechnen. Für die Frage der Abfärbung bzw. der Umqualifizierung der Einkünfte ergibt sich somit Folgendes: aa) Nur teilweise gewerbliche Tätigkeit: Die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG Die atypisch stille Gesellschaft kann eine „andere Personengesellschaft“ i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG sein. Übt der Geschäftsinhaber neben einer nicht gewerblichen (etwa freiberuflichen) auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, und ist an seinem Geschäftsbetrieb ein atypisch stiller Gesellschafter beteiligt, so sind nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG („auch“) sämtliche Einkünfte der Mitunternehmerschaft gewerblich3 (früher sog. Abfärbetheorie). Demnach qualifiziert grundsätzlich jede gewerbliche Tätigkeit der Mitunternehmerschaft Einkünfte aus anderen Einkunftsarten um.
22.13
Die Ausdehnung der Abfärbetheorie auf die atypisch stille Gesellschaft könnte aber im Hinblick auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) insofern bedenklich sein, als die Rechtsprechung des BFH dem Einzelunternehmer bei sog. gemischter Tätigkeit die Möglichkeit einer gesonderten Beurteilung trennbarer Einkunftsarten eröffnet4. Die Gesetzeslage ist jedoch, wie der BFH zutreffend feststellt, eindeutig. In mehreren neueren Entscheidungen hat das BVerfG5 zur Verfassungsmäßigkeit des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG Stellung genommen: Es bestehe zwar eine Ungleichbehandlung zwischen den Mitunternehmern einerseits und einem Einzelunternehmer andererseits. Dafür bestehe aber insofern ein sachlicher Grund, als § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG das Ziel verfolge, dem praktischen Bedürfnis Rechnung zu tragen, eine klare Zuordnung der über eine Personengesellschaft erzielten Einkünfte zu gewährleisten. Im Gegensatz zu der bei Einzelunternehmern in der Regel leichter möglichen klaren Zuordnung der von diesen erzielten Einkünften zu den jeweils maßgeblichen Einkunftsarten könne sich beim Zusammenwirken einer Mehrheit von Mitunternehmern im Rahmen einer Personengesellschaft eine
22.14
1 Schulze zur Wiesche, GmbHR 1999, 902 (904). 2 Ähnlich Herzig/Kessler, DStR 1986, 451 (453). 3 BFH v. 10. 8. 1994 – I R 133/93, FR 1995, 20 = BB 1995, 27. Zustimmend Kempermann, FR 1995, 22; dem BFH im Ergebnis folgend, jedoch mit anderer Begründung Ruban, DStZ 1995, 637 (640), die § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auf atypische Gesellschaften sinngemäß in der Weise anwendet, dass an die Stelle der Tätigkeit der Gesellschaft die des Inhabers des Handelsgeschäfts tritt. 4 BFH v. 17. 1. 2007 – XI R 19/05, BFH/NV 2007, 1315; BFH v. 9. 8. 1983 – VIII R 92/83, BStBl. II 1984, 129 = FR 1984, 70 und BFH v. 11. 7. 1991 – IV R 102/90, BStBl. II 1992, 413 = FR 1992, 202; siehe auch Stapperfend, StuW 2006, 303 (304). 5 BVerfG v. 26. 10. 2004 – 2 BvR 246/98, DStRE 2005, 877; BVerfG v. 15. 1. 2008 – 1 BvL 2/04, DB 2008, 1243 (1246).
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solche klare Trennung der verschiedenen Einkunftsarten schwieriger gestalten. Es sei auch zu berücksichtigen, dass den Steuerpflichtigen die Möglichkeit eröffnet ist, die Erfüllung des Tatbestandes des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu vermeiden, indem die gewerbliche Tätigkeit auf eine (gegebenenfalls personenidentische) zweite Gesellschaft ausgegliedert wird.1
22.15
Der BFH stellt explizit fest, dass es auf den Umfang der gewerblichen im Verhältnis zu einer freiberuflichen Tätigkeit nicht ankommt2. Diese Rechtsprechung wird allerdings durch eine Entscheidung des XI. Senates des BFH vom 11. 8. 19993 eingeschränkt. Zwar bestätigt der Senat im Grundsatz die bisherige ständige Rechtsprechung und folgt insbesondere auch der oben genannten Entscheidung vom 10. 8. 1994 (I R 133/93), nach der ein Anteil der gewerblichen Tätigkeit zwischen 6 und 30 % für eine Umqualifizierung ausreicht. Bei einer besonders geringfügigen gewerblichen Betätigung (in casu bei einem Umsatzanteil von 1,25 %) trete aber keine Abfärbungswirkung ein. Die insgesamt begrüßenswerte Entscheidung stellt jedoch keine Kriterien zur Beurteilung des Anteils gewerblicher Tätigkeiten auf und lässt so eine erhebliche Rechtsunsicherheit bestehen4.
22.16
Die Abfärbetheorie kommt aber dann nicht zum Tragen, wenn der atypisch stille Gesellschafter sich ausschließlich an den nicht gewerblichen Einkünften des Geschäftsinhabers beteiligt. Bei derartigen partiellen Beteiligungen wird die „andere Personengesellschaft“ i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht gewerblich nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG tätig, so dass eine Umqualifizierung etwaiger freiberuflicher Einkünfte des Geschäftsinhabers ausgeschlossen ist5.
22.17
Eine Abfärbung kommt ebenfalls nicht in Betracht, wenn ein Gesellschafter gewerbliche Einkünfte ausschließlich im Sonderbereich (Sondervergütungen und Sonderbetriebseinnahmen) hat6.
22.18
Beteiligt sich eine Freiberufler-Kapitalgesellschaft, etwa eine SteuerberatungsGmbH, mitunternehmerisch an einer Freiberufler-Personengesellschaft, etwa an einer Steuerberatungs-GbR, so bezieht die Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG insgesamt gewerbliche Einkünfte7. Dies gilt auch für die mitunternehmerische atypische stille Beteiligung, während eine lediglich typische stille Beteiligung nicht zur Infektion führt8.
1 Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken siehe auch Stapperfend, StuW 2006, 303 (304); Schulze-Osterloh in GS Knobbe-Keuk, S. 531 ff.; Seer, FR 1998, 1022. 2 BFH v. 10. 8. 1994 – I R 133/93, FR 1995, 20 = BB 1995, 27. 3 BFH v. 11. 8. 1999 – XI R 12/98, BStBl. II 2000, 229 = FR 1999, 1182 m. Anm. Wendt. 4 So auch Schild, DStR 2000, 576 (578), der die Streichung von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vorschlägt. 5 BFH v. 10. 8. 1994 – I R 133/93, FR 1995, 20 = BB 1995, 27 (28 f.). 6 BFH v. 28. 6. 2006 – XI R 31/05, BB 2006, 2339 (2043 f.). 7 BFH v. 8. 4. 2008 – VIII R 73/05, GmbHR 2008, 948 (949). 8 Pflüger, GStB 2008, 275 (276).
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Umstritten ist, ob § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auch anwendbar ist, wenn eine nicht gewerblich tätige Personengesellschaft (Obergesellschaft) an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft beteiligt ist. Dies wurde vom BFH in seiner früheren Rechtsprechung stets bejaht1. In seiner jüngeren Rechtsprechung differenziert der BFH danach, ob die Obergesellschaft eine lediglich vermögensverwaltende (Bezug von Überschusseinkünften, insbesondere von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung) oder aber eine mitunternehmerische Personengesellschaft (Bezug von Gewinneinkünften) ist. Während bei der vermögensverwaltenden Personengesellschaft die Beteiligung an der gewerblich tätigen Untergesellschaft zwar zu Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit führt, diese aber die übrigen Einkünfte der Obergesellschaft nicht infizieren, werden bei der mitunternehmerischen Personengesellschaft alle Gewinneinkünfte durch den Bezug der gewerblichen Einkünfte infiziert2. Die Finanzverwaltung hält demgegenüber an der alten Rechtsprechung des BFH fest3. Durch das JStG 20074 wurde § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG um die Worte „… oder gewerbliche Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bezieht“ ergänzt. Nach der Begründung des Regierungsentwurfes hat diese Ergänzung lediglich deklaratorischen Charakter, die Neuregelung sei daher auch für Veranlagungszeiträume vor 2006 anzuwenden5. An der Neuregelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG bestehen jedoch verfassungsrechtliche Bedenken. Insbesondere kann hier die Notwendigkeit der Abfärbung nicht damit begründet werden, dass sonst die Gewinnermittlung und die Zuordnung der Einkünfte zu den einzelnen Einkunftsarten erschwert wird6.
22.19
bb) Die gewerbliche Prägung der GmbH & atypisch Still Die GmbH & atypisch Still ist nach Auffassung der Rechtsprechung Subjekt der Einkünftequalifikation, das bedeutet, dass sie und nicht die GmbH die einkünfteprägende Tätigkeit ausübt. Das heißt weiter, dass bei der atypisch stillen Gesellschaft die Merkmale einer gewerblichen Tätigkeit vorliegen müssen, die beispielsweise bei einer vermögensverwaltenden Tätigkeit trotz § 8 Abs. 2 KStG nicht gegeben ist. Allerdings kann eine Umqualifizierung der Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfolgen, der nach der Rechtsprechung auf die GmbH & atypisch Still unmittelbar anwendbar ist7. Soweit die atypisch stille Gesellschaft allerdings teilweise gewerblich tätig ist, gilt bereits nach 1 BFH v. 8. 12. 1994 – IV R 7/92, BB 1995, 1171. 2 BFH v. 6. 11. 2003 – IV ER S 3/03, BB 2004, 2616; BFH v. 6. 10. 2004 – IX R 53/01, BB 2004, 2614. Siehe dazu auch Stapperfend, StuW 2006, 303 (307 f.). 3 Nichtanwendungserlass BMF v. 18. 5. 2005 – IV B 2-S 2241-34/05, BStBl. I 2005, 698: Siehe auch R 18.8 Abs. 5 Satz 4 EStR 2005. In der EStR 2008 wurde die entsprechende Stelle jedoch gestrichen, was wohl auf die Erweiterung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG durch das JStG 2007 zurückzuführen ist. 4 JStG 2007 v. 13 12. 2006, BGBl. I 2006, 2878. 5 Entwurf eines JStG 2007 v. 23. 8. 2006, BT-Drucks. 16/2712. Siehe auch die Übergangsregelung in § 52 Abs. 32a EStG. 6 So auch Niehues, FR 2002, 977 (979). 7 BFH v. 14. 7. 1998 – VIII B 112/97, BFH/NV 1999, 169; BFH v. 10. 8. 1994 – I R 133/93, FR 1995, 20 = BB 1995, 27. So auch Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (339 f.).
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22.20
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§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ihre gesamte Tätigkeit als gewerbliche, so dass für Nr. 2 kein Raum mehr bleibt.
22.21
Eine Umqualifizierung erfolgt außerdem nur, wenn alle Voraussetzungen von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfüllt sind, was einen gewissen Gestaltungsspielraum eröffnet. Die gewerbliche Prägung soll dadurch vermieden werden können, dass dem atypisch stillen Gesellschafter Geschäftsführungsbefugnisse übertragen werden. Wie bei einer verfremdeten GmbH & Co KG liege dann keine gewerblich geprägte Gesellschaft vor1. c) Betriebsvermögen und Steuerbilanz der atypisch stillen Gesellschaft
22.22
Der Umstand, dass die Bestimmung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auf Gesellschaften mit Gesamthandsvermögen zugeschnitten ist, die atypisch stille Gesellschaft als Innengesellschaft aber kein Gesamthandsvermögen hat, führte zu Diskussionen über die Gewinnermittlung und Bilanzierung bei der atypisch stillen Gesellschaft2.
22.23
Aus der zivilrechtlichen Voraussetzung, dass die Einlage des atypisch stillen Gesellschafters in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergehen muss, es also kein Gesellschaftsvermögen und damit auch keine Handelsbilanz3 der Gesellschaft, sondern nur eine solche des Geschäftsinhabers gibt, folgerte Döllerer4, dass es auch kein Betriebsvermögen, keinen Betriebsvermögensvergleich und keine Steuerbilanz der atypisch stillen Gesellschaft gebe. Diese Ansicht würde jedoch trotz der wirtschaftlichen Ähnlichkeit der atypisch stillen Gesellschaft mit der KG und der daraus resultierenden Einstufung als Mitunternehmerschaft in entscheidenden Punkten zu einer unterschiedlichen Behandlung führen5.
22.24
Aus den Regelungen und Erfordernissen des Steuerrechts lässt sich jedoch die Notwendigkeit einer eigenen Steuerbilanz der atypisch stillen Gesellschaft herleiten6: Unstreitig kann die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils (auch eines Anteils an einer atypisch stillen Gesellschaft) zum Entstehen eines Veräußerungsgewinnes führen. Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG ist als Veräußerungsgewinn der Betrag anzusehen, um den der Veräußerungspreis den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. § 16 EStG nimmt also Bezug auf den Stand des Kapitalkontos des Gesellschafters. Dieses kann sich aber 1 Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (340, 343). 2 Zum Meinungsstand vgl. Nachweise bei Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 347. 3 Insofern unklar Berninghaus in FS Röhricht, S. 747, der einerseits anmerkt, es sei kein Jahresabschluss i.S. der §§ 264 f. bzw. §§ 242 f. HGB zu erstellen (S. 751 f.), andererseits von der Feststellung des Jahresabschlusses spricht (S. 755). 4 Döllerer, DStR 1985, 295 (296); Döllerer, StbJb. 1987/88, 289 (299). 5 Vgl. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4c dd, S. 405; Schön, BB 1985, 313 (314). 6 Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (342); Ruban, DStZ 1995, 637 (641), Suchanek/Hagedorn, FR 2004, 1149 (1151); Kuck, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, § 5 B II. A.A. Brüsch, Erfolgsbesteuerung bei der GmbH & atypisch Still, S. 113 ff.
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nach überwiegender Meinung nur aus der Steuerbilanz der Gesellschaft ergeben1. Die Existenz eines Kapitalkontos des atypisch stillen Gesellschafters und damit der Steuerbilanz wird ferner von § 15a Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 Nr. 1 EStG bereits dem Wortlaut nach vorausgesetzt. Für eine Steuerbilanz der atypisch stillen Gesellschaft spricht auch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, wonach die Gewinnanteile der als Mitunternehmer an einer atypisch stillen Gesellschaft beteiligten Gesellschafter Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind. Diese Norm setzt ebenso einen gemeinschaftlichen Gewinn voraus, wie die einheitliche Gewinnfeststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) AO2. Für die Ermittlung der Anteile der Gesellschafter am Betriebsvermögen und am Gewinn ist eine formlose Nebenrechnung zur Bilanz des Geschäftsinhabers nicht ausreichend3. Mit der Begründung der Notwendigkeit einer Steuerbilanz der atypisch stillen Gesellschaft ist aber noch nicht gesagt, wie steuerrechtlich ein Betriebsvermögen der Innengesellschaft bestehen und damit ein bilanzieller Betriebsvermögensvergleich erfolgen kann. Nach einer Literaturauffassung setzt sich das Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft aus dem Betriebsvermögen des Einzelunternehmers und dem Betriebsvermögen des atypisch stillen Gesellschafters zusammen. Da die stille Gesellschaft aber kein Gesamthandsvermögen hat, seien beide Vermögensmassen Sonderbetriebsvermögen4. Da die atypisch stille Gesellschaft mangels Betriebsvermögens auch keinen Gewinn erzielen kann, führt diese Ansicht zu dem sonderbaren Ergebnis, dass die Gewinnanteile des atypisch stillen Gesellschafters am Handelsgeschäft sich steuerrechtlich als Anteile am Gewinn aus dem Sonderbetriebsvermögen des Geschäftsinhabers darstellen.
22.25
Nach Knobbe-Keuk5 muss man das Vermögen des Geschäftsinhabers steuerlich wie ein Gesellschaftsvermögen, die atypisch stille Gesellschaft steuerlich wie eine Außengesellschaft ansehen, wenn man die atypisch stille Gesellschaft als Innengesellschaft der auf Außengesellschaften zugeschnittenen Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG unterstellt. Die aus der Handelsbilanz des Geschäftsinhabers abgeleitete Steuerbilanz sei daher wie die Steuerbilanz einer Außengesellschaft die Grundlage für die steuerliche Gewinnermittlung der atypisch stillen Gesellschaft. Das Geschäftsvermögen des Geschäftsinhabers sei als Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft auszuweisen, die Einlage des atypisch stillen Gesellschafters als Eigenkapital und nicht als Verbindlichkeit. Komme es beim Ansatz bestimmter Bilanzposten auf persön-
22.26
1 Groh in FS L. Schmidt, S. 451 ff.; Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (341); Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 347. 2 Groh in FS L. Schmidt, S. 451 ff. 3 Ruban, DStZ 1995, 637 (641 f.). 4 So wieder Lindwurm, DStR 2000, 53 (58). Die Überlegung geht auf Schulze zur Wiesche, GmbHR 1982, 114 (115) zurück, der sie aber nicht mehr vertritt, vgl. FR 1997, 405 (407). 5 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4c dd 4, S. 404 f. Zustimmend Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 347.
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liche Eigenschaften des Steuerpflichtigen an, seien anteilig die Verhältnisse von Geschäftsinhaber und atypisch stillem Gesellschafter entscheidend1.
22.27
Die neuere Rechtsprechungsauffassung2 sieht die atypisch stille Gesellschaft als selbständiges Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation. Der BFH verkennt nicht, dass im Außenverhältnis allein der Geschäftsinhaber die Geschäfte führt. Er weist aber mit Recht darauf hin, dass er dies entsprechend der Gemeinschaftsordnung tut und dass die Geschäftstätigkeit auf dieser Grundlage allen Gesellschaftern als Tätigkeit der Gesellschaft zuzurechnen ist3. Die Betonung dieses Zurechnungsgedankens auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrags erlaubt es, nicht nur die Tätigkeit, sondern auch das Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers nicht mehr diesem allein zuzurechnen, sondern auch den atypisch stillen Gesellschaftern4. Der IV. Senat geht nunmehr ohne weiteres von einer Steuerbilanz der atypisch stillen Gesellschaft aus5.
22.28
Dieser Auffassung ist zuzustimmen, weil es nicht darauf ankommen kann, ob Gesellschaftsvermögen vorhanden ist oder das Geschäftsvermögen eines der Beteiligten im Innenverhältnis für die Beteiligung am Gewinn und Verlust und für die Auseinandersetzung wie ein Vermögen zur ganzen Hand zu behandeln ist6. Somit wird eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gemäß §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG auf der Ebene der atypisch stillen Gesellschaft ermöglicht. Durch die Maßgeblichkeit des Innenverhältnisses wird die atypisch stille Gesellschaft zum selbständigen Subjekt der Gewinnermittlung. Für das Steuerrecht ist eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise entscheidend, die zu einer Annäherung der steuerlichen Behandlung der atypisch stillen Gesellschaft mit anderen Personengesellschaften führt. Letztlich gehen die von Knobbe-Keuk und vom BFH gewählten Begründungsansätze auf den gleichen Grundgedanken zurück und führen im Ergebnis nicht zu wesentlichen Unterschieden.
22.29
Gschwendtner folgert aus der Rechtsprechungsauffassung, dass die atypisch stille Gesellschaft auch gewerbliche Unternehmerin i.S. von § 15 EStG und 1 So auch Schön, BB 1985, 313 (314). 2 Ausführlich zur Rechtsprechungsentwicklung oben Rn. 22.9 ff. 3 BFH v. 26. 11. 1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = DB 1997, 1060 unter ausdrücklicher Aufgabe der im Urteil v. 12. 11. 1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 vertretenen gegenteiligen Ansicht. 4 Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (340); a.A. Schoor, LSW Gruppe 14 S. 415 (436). Ehlers/ Busse, DB 1989, 448 (449 ff.), begründen die Annahme eines Betriebsvermögens der atypisch stillen Gesellschaft mit einer analogen Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO. 5 BFH v. 5. 7. 2002 – IV B 42/02, DStRE 2002, 1339 (1341). Nach OFD Erfurt v. 23. 10. 2003 – S 2241 A-08-L221, FR 2003, 1299, (1300), soll der steuerliche Gesamtgewinn und die steuerliche Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft aus der Addition der Ergebnisse der Steuerbilanz des Geschäftsinhabers und einer Sonderbilanz des stillen Gesellschafters ermittelt werden. 6 Vgl. Becker, StuW 1925, 1602 (1603). Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4c dd, S. 406.
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daher nach § 141 AO verpflichtet sei, für den ihr zugerechneten Betrieb Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen1. Voraussetzung für den Beginn der Buchführungspflicht ist nach § 141 AO jedoch, dass die zuständige Finanzbehörde gegenüber den Beteiligten feststellt, dass eine der Wertgrenzen des § 141 Abs. 1 AO überschritten ist und darüber hinaus durch eine Mitteilung auf den Beginn der Buchführungspflicht hinweist. Die Mitteilung ist für den Beginn der Buchführungspflicht also konstitutiv2. Darüber hinaus sind gemäß § 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AO alle Feststellungsbeteiligten erklärungspflichtig, denen aufgrund der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) AO ein Anteil an den Einkünften zuzurechnen ist3. Da aber allein der Geschäftsinhaber im Außenverhältnis handelt, kann man aus dem Gesellschaftsvertrag im Innenverhältnis die Pflicht des Geschäftsinhabers zur Erstellung der Steuerbilanz ableiten. Wenn sich das Finanzamt an den atypisch stillen Gesellschafter und nicht an den Geschäftsinhaber wendet, obwohl jener nur eingeschränkten Zugang zu den Geschäftsunterlagen des Geschäftsinhabers und keine Geschäftsführungsbefugnis hat, ist von einer fehlerhaften Ermessensausübung durch die Finanzverwaltung auszugehen4.
22.30
d) Einlagekonto und Ergänzungsbilanz des atypisch stillen Gesellschafters Die Einlage kann der stille Gesellschafter als Bareinlage oder als Sacheinlage erbringen (§ 4 Abs. 1 Satz 7 EStG. Sie kann auch dadurch geleistet werden, dass eine gegen die Gesellschaft bestehende Forderung (insbesondere Darlehensforderung) auf die Einlageforderung angerechnet wird oder mit dieser aufgerechnet wird (siehe Rn. 6.10 f.). Sieht man in diesem Vorgang eine Geldein1 Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (341). Diese Folge der BFH-Rechtsprechung sehen auch Carlé, KÖSDI 1999, 12189 (12194); Suchanek/Hagedorn, FR 2004, 1149 (1151); Pyszka, DStR 2003, 857 (858). Anders der IV. Senat des BFH v. 3. 5. 2000 – IV B 46/99, BFHE 191, 235 = BStBl. II 2000, 376 unter 2.b) der Gründe, der nur eine Buchführungspflicht des Geschäftsinhabers annimmt. Ebenfalls a.A. OFD Frankfurt v. 14. 9. 2000 – S – 241-A-37-St II 21, DStR 1991, 1159 (1160) unter 2. Obwohl die Auffassung von Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4c dd 4, S. 404 f., der neuen Rechtsprechungsauffassung sehr nahe kommt, geht auch sie unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BFH v. 12. 11. 1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 nur von einer Buchführungspflicht des Geschäftsinhabers aus: Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4c, S. 408. Nach Kuck, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, § 5 C 2, sind Geschäftsinhaber und der stille Gesellschafter unmittelbar und nicht nur als Organe der stillen Gesellschaft zur Erstellung der Steuerbilanz verpflichtet. 2 BFH v. 23. 6. 1983 – IV R 3/82, BFHE 138, 521 unter 1. 3 Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 153; Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (341). 4 Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (341). Nach Ansicht von Brandis in Tipke/Kruse, § 181 AO Rn. 13 m.w.N., ist § 181 Abs. 2 Nr. 1 AO im Hinblick auf einen atypisch stillen Gesellschafter aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen als „verfehlt und unwirksam“ anzusehen, da etwas Unmögliches verlangt werde.
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22.31
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lage, ist der Nennwert der Forderung zugrunde zu legen. Sofern man allerdings hierin eine Sacheinlage sieht, stellt sich die Frage, wie die Einlage der Forderung zu bewerten ist, wenn sich der Geschäftsinhaber im Zeitpunkt der Umwandlung in der Krise befindet und der gemeine Wert der Forderung hinter dem Nennwert zurückbleibt. Zivilrechtlich kann auch eine wertgeminderte Forderung bei der stillen Gesellschaft als Einlage mit ihrem Nennwert bewertet werden1. Nach Ansicht des BFH muss aber steuerlich die bis zur Umwandlung in eine atypisch stille Beteiligung eingetretene Wertminderung als nicht steuerbarer, die Vermögenssphäre betreffender Verlust außer Betracht bleiben. Das Gericht führt dies auf die Zweiteilung der Einkunftsarten in Gewinneinkünfte einerseits und Überschusseinkünfte andererseits zurück. Das bedeutet, dass dem atypisch stillen Gesellschafter – auch bei Totalverlust der Einlage infolge der Insolvenz des Geschäftsinhabers – Verluste nur in Höhe des werthaltigen Teils der ursprünglichen Darlehensforderung zugerechnet werden können2.
22.32
Die Vermögenseinlage und die auf dem Einlagekonto gutgeschriebenen, aber nicht abgehobenen Gewinnanteile und sonstigen Vergütungen des stillen Gesellschafters dürfen in der Steuerbilanz im Gegensatz zur Handelsbilanz nicht als Verbindlichkeiten ausgewiesen werden. Der Anteil des stillen Gesellschafters am Geschäftsvermögen ist ein Teil des gewerblichen Betriebsvermögens der Mitunternehmerschaft.
22.33
Die Bewertung der atypischen stillen Beteiligung erfolgt nach denselben Grundsätzen, die für die handelsrechtlichen Personengesellschaften gelten. Steuerlich gilt für die Höhe des Ansatzes die Bindung an die einheitliche Gewinnfeststellung (§§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) AO), die alljährlich durchgeführt wird. Das beruht darauf, dass der Anteil am Gewinn einer Mitunternehmerschaft den Beteiligten mit dem Schluss des Wirtschaftsjahres zufließt. Der Handelsbilanzposten für die stille Beteiligung muss deshalb mit dem Einlagekonto des atypischen stillen Gesellschafters in der für die Mitunternehmerschaft aufgestellten Steuerbilanz betragsmäßig übereinstimmen. Selbstverständlich muss ein als Gewinn ausgezahlter Betrag vom Bilanzwert der Beteiligung wie jede andere Entnahme des Gesellschafters abgesetzt werden. Diese Grundsätze gelten stets, wenn das Wirtschaftsjahr des atypisch stillen Gesellschafters mit dem Wirtschaftsjahr des Inhabers übereinstimmt. Weichen die Wirtschaftsjahre ab, so hat der stille Gesellschafter für den Fall, dass er am Bilanzstichtag seines eigenen Betriebs mit einem Verlust der Beteiligung rechnen muss, die Möglichkeit, einen Wertberichtigungsposten für einen etwaigen Minderwert seiner Beteiligung in die Bilanz einzusetzen.
22.34
Dieser Wertberichtigungsposten muss am nächsten Bilanzstichtag je nach dem Ergebnis der einheitlichen Gewinnfeststellung für das betreffende Jahr 1 BGH v. 24. 9. 1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (178 f.); Hopt in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rn. 22; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 148. 2 BFH v. 29. 5. 2001 – VIII R 10/00, BFHE 195, 486 = BStBl. II 2001, 747 unter III.2.b). Kritisch zu diesem Ansatz Hoffmann, GmbHR 2001, 938 (939).
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aufgelöst oder gemindert werden. Maßgebend hierfür ist wiederum die Höhe des Einlagekontos in der letzten für die Mitunternehmerschaft aufgestellten Steuerbilanz1. Neben der vorerwähnten Wertberichtigung darf nicht noch eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert vorgenommen werden, weil durch die Berücksichtigung des Verlustes bereits der Wertminderung der Beteiligung Rechnung getragen worden ist.
22.35
Daneben muss der Erwerber einer stillen Beteiligung, wenn der Erwerbspreis über dem Buchwert der Einlage liegt, den Mehrbetrag in einer Ergänzungsbilanz festhalten und fortschreiben, damit er bei Weiterveräußerung der stillen Beteiligung oder Auflösung der stillen Gesellschaft den Veräußerungs- bzw. Auflösungsgewinn richtig ermitteln kann2.
22.36
e) Sonderbetriebsvermögen des atypisch stillen Gesellschafters aa) Allgemeines Als Sonderbetriebsvermögen der Personengesellschaft werden Wirtschaftsgüter bezeichnet, die zivilrechtlich einem der Gesellschafter gehören und dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen geeignet und bestimmt sind (Sonderbetriebsvermögen I) oder der Beteiligung des Mitunternehmers zumindest förderlich sind (Sonderbetriebsvermögen II)3. Wirtschaftsgüter, die der atypisch stille Gesellschafter dem Inhaber des Handelsgeschäfts zur Nutzung überlässt, stellen demgemäß Sonderbetriebsvermögen I dar. Dieses ist in einer Sonderbilanz des atypischen stillen Gesellschafters auszuweisen. In dieser Sonderbilanz schlagen sich Sondervergütungen i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, insbesondere Miet- und Darlehenszinsen und Geschäftsführerbezüge (vgl. hierzu Rn. 22.42 ff.), und Sonderbetriebsausgaben wie Schuldzinsen zur Finanzierung der Beteiligung oder eines überlassenen Wirtschaftsguts nieder4.
22.37
Die h.M. geht davon aus, dass der Geschäftsinhaber kein Sonderbetriebsvermögen bilden kann, da bereits sein gesamtes Betriebsvermögen steuerlich als Betriebsvermögen der stillen Gesellschaft anzusehen sei und daher weder Raum noch ein Bedürfnis für eine Zuordnung zum Sonderbetriebsvermögen mehr bestehe5. Für die partielle stille Beteiligung, also die Beteiligung an ein-
22.38
1 RFH v. 25. 4. 1933 – 1163/32, RStBl. 1933, 955; RFH v. 31. 8. 1937 – I A 216/37, RStBl. 1937, 1272. 2 Döllerer, DStR 1985, 295 (300). Veräußert ein Mitunternehmer seinen Anteil zu einem höheren Wert als dem Betrag des Kapitalkontos, entsteht beim Veräußerer ein Veräußerungsgewinn i.S. von § 16 EStG durch die Aufdeckung stiller Reserven. Da die anderen Gesellschafter regelmäßig eine Aktivierung in der Bilanz ablehnen werden, wird eine Ergänzungsbilanz des Gesellschafters zur Bilanz der Gesellschaft erstellt. Vgl. hierzu BFH v. 13. 10. 1993 – IV R 40/92, BB 1993, 1914 = BStBl. II 1994, 224. 3 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 506. 4 Döllerer, DStR 1985, 295 (298 f.). 5 BFH v. 2. 5. 1984 – VIII R 276/81, BStBl. II 1984, 820 unter II. 3. der Gründe; Kuck, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, § 5 E III m.w.N.
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Einkommensteuer
zelnen Unternehmenssegmenten, wird in der Literatur jedoch die Möglichkeit von Sonderbetriebsvermögen des Geschäftsinhabers bejaht1. bb) GmbH-Beteiligung als Sonderbetriebsvermögen eines atypisch stillen Gesellschafters einer GmbH & Still
22.39
Von besonderer Bedeutung ist die Frage, ob der GmbH-Anteil des atypisch stillen Gesellschafters einer GmbH & Still Sonderbetriebsvermögen II darstellt. Unter Bezugnahme auf die strukturellen zivilrechtlichen Unterschiede zwischen der GmbH & Co. KG und der GmbH & Still wird eine Übertragung der Rechtsprechung zur GmbH & Co. KG von einer Auffassung im Schrifttum abgelehnt. Hierzu wird vor allem darauf abgestellt, dass die GmbH & Still als Innengesellschaft – anders als die GmbH & Co. KG – keinen eigenen Geschäftsbetrieb habe. Der GmbH-Anteil diene allein dem Unternehmen der GmbH2. Es ist jedoch sehr zweifelhaft, ob man daraus zwingend den Schluss ziehen muss, dass der GmbH-Anteil des stillen Gesellschafters unabhängig von der wirtschaftlichen Stellung des Stillen nur dem Unternehmen der GmbH dient. Stellt der atypische stille Gesellschafter seiner GmbH neben der Einlage Wirtschaftsgüter oder Kapital zur Verfügung, kann dafür das GmbH-Gesellschaftsverhältnis genauso ursächlich sein wie das Verhältnis zur GmbH als atypischer stiller Gesellschafter. Es liegt daher nahe, bei der Frage, welche Beziehung ursächlich war, vor allem auf das Verhältnis zwischen Eigenkapital der GmbH und der Einlage des Stillen abzustellen. Nur dann, wenn das wirtschaftliche Schwergewicht bei der stillen Gesellschaft liegt, bestehen keine Bedenken, die Anteile des stillen Gesellschafters an der GmbH als sein Sonderbetriebsvermögen im Rahmen der atypischen stillen Gesellschaft anzusehen3. Dieser Überlegung ist aber entgegengehalten worden, dass dieses Verhältnis schwanken kann und daher die Bewertung der GmbH-Anteile von Jahr zu Jahr differieren könne4.
22.40
Ein anderes Ergebnis muss sich ergeben, wenn man mit der Rechtsprechung die atypisch stille Gesellschaft als selbständiges Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation ansieht5. Der Inhaber des Handelsgeschäfts wird bei dieser Sichtweise für die stille Gesellschaft tätig, soweit seine Tätigkeit der Erreichung des im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Ge1 Siehe dazu Kuck, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, § 5 E III; Kauffeld, Die partielle Unternehmensbeteiligung, S. 347 ff.; Suchanek/ Hagedorn, FR 2003, 1149 (1151). 2 Schwedhelm, Die GmbH & Still als Mitunternehmerschaft, S. 104; Costede, StuW 1983, 308 (310); Steinacker, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, S. 36 f. 3 Döllerer, DStR 1985, 295 (299); Gassner, JbFStR 1985/86, 353 (368) ff. Diese Argumentation ablehnend Walter, DStZ 1994, 113 (115). Zum Streitstand m.w.N. siehe Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 250. 4 Steinacker, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, S. 38 f. 5 BFH v. 26. 11. 1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = DB 1997, 1060. Ebenso Gschwendtner, DStZ 1998, 335; Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 347; Groh in FS Kruse, S. 423. A.A. Schoor, LSW Gruppe 14, S. 436, unter Hinweis auf die aufgegebene Rechtsprechung von BFH v. 12. 11. 1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 (313).
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sellschaftszwecks dient. Sein Auftreten wird der Gesellschaft zugerechnet und ist steuerrechtlich wie ein Organhandeln zu behandeln. Steuerrechtlich gilt aufgrund dieser Zurechnung die Tätigkeit des Inhabers des Handelsgeschäfts als Gewerbebetrieb der Gesellschaft. Daher liegt insoweit bei der GmbH & atypisch Still eine mit der GmbH & Co. KG wirtschaftlich vergleichbare Situation vor. Als steuerrechtliche Konsequenz folgert die h.M. hieraus, dass der GmbH-Anteil des atypisch stillen Gesellschafters unabhängig von den Beteiligungsverhältnissen Sonderbetriebsvermögen II darstellt1, sofern die GmbH nicht noch einer anderen, nicht im Gesellschaftsinteresse liegenden Geschäftstätigkeit von nicht ganz untergeordneter Bedeutung nachgeht, sofern es sich also nicht um eine partielle stille Beteiligung handelt2. Daraus folgt insbesondere, dass die Gewinnausschüttungen der GmbH als Sonderbetriebseinnahmen des stillen Gesellschafters zu erfassen sind3. f) Gewinnanteil und Sondervergütungen des atypisch stillen Gesellschafters aa) Allgemeines Zu den gewerblichen Einkünften des atypisch stillen Gesellschafters gehört gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG neben seinem Gewinnanteil4 alles, was er als Vergütung für seine Tätigkeit im Dienste des Inhabers5 oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezieht. Gehälter, Zinsen, Mieten, die der Inhaber an den atypischen stillen Gesellschafter zahlt, sind den steuerlichen Gewinn der Mitunternehmerschaft mindernde Betriebsausgaben, die der atypische stille Gesellschafter aber in seiner Sonderbilanz berücksichtigen muss.
1 Schoor/Natschke, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 227; Horn/Maertins, GmbHR 1995, 816 (818); Kuck, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, § 5 E II 2; Kleine, JbFStR 1994/95, 148 (159); Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 358; Wehrheim, DStR 1998, 1533 (1534) Grundsätzlich auch Fichtelmann, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 278, einschränkend aber Fichtelmann, INF 1994, 705 (707) dahingehend, dass nur der GmbH-Anteil des Mehrheitsgesellschafters zwingend Sonderbetriebsvermögen II sei. A.A. Carlé, KÖSDI 1999, 12189 (12193). 2 BFH v. 15. 10. 1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286 = DStRE 1999, 81 (83 f.) unter I.2.b); Schulze zur Wiesche, GmbHR 1999, 902 (904). 3 Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 227. 4 Zur Behandlung steuerlicher Mehrgewinne, die den Handelsbilanzgewinn nicht berühren, wenn ein atypisch stiller Gesellschafter vertraglich ohne weitere Konkretisierung zu einem Prozentsatz am Gewinn und Verlust des Geschäftsinhabers beteiligt ist, vgl. Hess. FG v. 13. 11. 1994 – 4 K 4186/89, EFG 1996, 97. 5 H.M., siehe z.B. Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn 231. Differenzierend: Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 170, die Arbeitslohn aus „echten“ Arbeitsverhältnissen im Gegensatz zu Geschäftsführervergütungen nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ansehen, sondern als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Differenzierend für die GmbH & Still Schulze zur Wiesche, DStZ 1998, 285 (287 f.).
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bb) Behandlung des Geschäftsführergehalts bei der GmbH & Still
22.42
Eine für die Praxis bedeutende Frage besteht darin, welcher Einkunftsart die Bezüge zuzuordnen sind, die der atypische stille Gesellschafter für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH erhält.
22.43
Der BFH1 hatte sich mehrfach mit der Frage auseinander zu setzen, wie zu entscheiden ist, wenn der Kommanditist einer GmbH & Co. KG gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist und von dieser für seine Tätigkeit ein Gehalt bezieht. Der BFH sieht in der Geschäftsführertätigkeit des Kommanditisten eine mittelbare Leistung an die Kommanditgesellschaft und rechnet dementsprechend das Geschäftsführergehalt seinen Einkünften aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu.
22.44
Diese Wertung kann auf die GmbH & Still übertragen werden. Zwar ist die GmbH & Still eine Innengesellschaft, jedoch ist im Rahmen des Einkommensteuerrechts darauf abzustellen, dass im Innenverhältnis die Mitunternehmer einen gemeinsamen Zweck verfolgen. Die GmbH wird als Organ der atypisch stillen Gesellschaft tätig2. Dementsprechend führt der tätige Gesellschafter mittelbar auch die Geschäfte der atypisch stillen Gesellschaft. Seine Tätigkeit ist damit entsprechend der durch den Gesellschaftsvertrag etablierten Gemeinschaftsordnung allen Gesellschaftern zuzurechnen. Die strukturellen Unterschiede zwischen der GmbH & Co. KG und der GmbH & Still rechtfertigen daher eine unterschiedliche Behandlung bei der Frage der Geschäftsführervergütungen nicht. Diese sind gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG somit als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren3. Das bedeutet, dass der Rechtsformvorteil der GmbH durch die Beteiligung des GmbH-Gesellschafters am Geschäftsbetrieb als atypisch stiller Gesellschafter verloren geht. Unklar ist die Behandlung der Geschäftsführerbezüge, wenn die GmbH neben dem Geschäftsbereich, an dem sich der Stille beteiligt hat, einen anderen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordnetem Umfang hat4.
1 Vgl. BFH v. 2. 8. 1960 – I 221/59, BStBl. III 1960, 408; BFH v. 15. 11. 1967 – IV R 139/67, BStBl. II 1968, 152; BFH v. 21. 3. 1968 – IV R 166/67, BStBl. II 1968, 579; BFH v. 21. 4. 1971 – I R 76/70, BStBl. II 1971, 816; BFH v. 23. 2. 1972 – I R 159/68, BStBl. II 1972, 530. 2 BFH v. 15. 10. 1998 – IV R 18/98, BFHE 187, 250 = BStBl. II 1999, 286 unter I. 2.b). 3 BFH v. 12. 9. 2005 – VIII B 54/05, BFH/NV 2006, 277; BFH v. 15. 12. 1998 – VIII R 62/97, BFH/NV 1999, 458 = GmbHR 1999, 422 (424); bestätigt in BFH v. 31. 8. 1999 – VIII R 22/98, BFH/NV 2000, 420 = GmbHR 2000, 292 unter II. 2. Ebenso Walter, GStB 2000, 50 (51); Carlé, KÖSDI 1999, 12189 (12192); Schoor, LSW Gruppe 14 S. 415 (432); Häger/Forst, EStB 2001, 67 (68); A.A. Schulze zur Wiesche, DStZ 1998, 285 (287 f.). 4 Die Rechtsprechung des BFH zur Behandlung des GmbH-Anteils des Stillen als Sonderbetriebsvermögen II lässt insoweit zweifeln, vgl. BFH v. 15. 10. 1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286. Anders hingegen BFH v. 15. 10. 1975 – I R 16/73, BStBl. II 1976, 188 zur Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG, die noch einen bedeutenden eigenständigen Geschäftkreis als Holding unterhielt.
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g) Finanzierungsaufwendungen des stillen Gesellschafters und Zinsschranke nach § 4h EStG n.F. Im Rahmen der Unternehmensteuerreform 20081 wurde die Abzugsmöglichkeit von an Dritte gezahlten Schuldzinsen nach § 4h EStG n.F. stark eingeschränkt2. Diese Beschränkung gilt im Gegensatz zu § 8a KStG auch für Personengesellschaften3 und auch bei Zinszahlungen an unbeteiligte Dritte. Im Gegensatz zu § 4 Abs. 4a EStG ist es bei der Abzugsbeschränkung nach § 4h EStG n.F. irrelevant, ob Überentnahmen getätigt wurden oder ob ein Gewinn vorliegt.
22.45
Erstmals in Wirtschaftsjahren, die nach dem 25. 5. 2007 beginnen und nicht vor dem 1. 1. 2008 enden4, sind bei konzernierten Personengesellschaften5, also auch bei konzernierten atypischen stillen Gesellschaften, Schuldzinsen nur in Höhe des Zinsertrages desselben Wirtschaftsjahres abziehbar. Darüber hinaus sind Schuldzinsen nur beschränkt, nämlich in Höhe von 30 % des maßgeblichen Gewinns, abziehbar, § 4h Abs. 1 EStG. Es gilt allerdings eine Freigrenze in Höhe von 3 Mio. Euro6. Die Abzugsbeschränkung greift jedoch nur, wenn die Eigenkapitalquote, abzüglich einer Toleranz von 1 %, unter der Eigenkapitalquote im Konzern liegt. Nicht abziehbare Zinsen sind als Zinsvortrag gesondert festzustellen und bei positivem Zinssaldo in den Folgejahren abziehbar, § 4h Abs. 4 EStG.
22.46
Bei der atypischen stillen Gesellschaft wird diese neue Abzugsbeschränkung insbesondere bezüglich der Sonderbetriebsausgaben des stillen Gesellschafters zur Finanzierung seiner Beteiligung relevant. Noch ungeklärt ist die Frage, ob die Beschränkung des Schuldzinsenabzuges gesellschafter- oder gesellschaftsbezogen ist. Teilweise wird wegen der Ähnlichkeit zur Beschränkung von Überentnahmen in § 4 Abs. 4a EStG, der betriebs- und gesellschaftsbezogen sein soll, vertreten, dass dies auch bei § 4h EStG so sei7. Dies wird in der Literatur jedoch
22.47
1 Durch das UntStRG 2008 v. 14. 8. 2007, BGBl. I 2007, 1912. 2 Ausführlich zur Zinsschranke nach § 4h EStG Rödder/Stangl, DB 2007, 479; Kessler/ Köhler/Knörzer, IStR 2007, 418; Dörfler, BB 2007, 1084; Töben, BB 2007, 974; Köhler, DStR 2007, 597; Hallerbach, StuB 2007, 289. Zur Ansicht der Verwaltung siehe BMF v. 4. 7. 2008 – IV C 7-S 2742-a/07/10001, 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718, sowie dazu Fischer/Wagner BB 2008, 1872. 3 Zur körperschaftsteuerrechtlichen Zinsschranke siehe Rn 23.38. 4 § 52 Abs. 12d Satz 1 EStG. 5 Es gilt ein gegenüber dem Handelsrecht stark erweiterter Konzernbegriff, siehe dazu Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636. 6 Die Freigrenze wurde aufgrund der Finanzkrise durch das Bürgerentlastungsgesetz vom 16. 7. 2009 (BGBl. I 2009, 1959) von ursprünglich 1 Mio. Euro auf 3 Mio. Euro erhöht. Dies gilt nach § 52 Abs. 12d Satz 3 EStG erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 25. 5. 2007 beginnen und nicht vor dem 1. 1. 2008 enden, und letztmals für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1. 1. 2010 enden. Für darauf folgende Wirtschaftsjahre beträgt die Freigrenze dann wieder 1 Mio. Euro. 7 Middendorf/Stegemann, INF 2007, 305 (307). Van Lishaut/Schuhmacher/Heinemann, DStR 2008, 2341 (2343). Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn 265a. Von einer betriebsbezogenen Ermittlung und Verteilung nach den Beteiligungsquoten der Gesell-
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auch bestritten, insbesondere, weil die neuere Rechtsprechung zu § 4 Abs. 4a EStG, eher von einer gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise ausgeht1.
22.48
Die Freigrenze des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b) EStG selbst ist betriebsbezogen zu verstehen2, so dass sie bei mehreren Mitunternehmern nur einmal pro Betrieb anfallen kann. Die atypische stille Gesellschaft ist als Subjekt der Gewinnerzielung und Gewinnermittlung selbst als Betrieb i.S. des § 4h EStG anzusehen3. Um einen Betrieb handelt es sich dabei auch noch, wenn mehrere atypische stille Gesellschafter am Handelsgewerbe des Inhabers beteiligt sind. Durch partielle Unternehmensbeteiligungen, also Beteiligungen an verschiedenen Teilbereichen des Handelsgewerbes, lassen sich jedoch auch hier, wie im Gewerbesteuerrecht, mehrere Betriebe bilden, so dass der Freibetrag mehrmals in Anspruch genommen werden kann4.
22.49
Die Zinsschranke findet zudem nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b) EStG keine Anwendung, wenn der Betrieb nicht zu einem Konzern i.S. des § 4h Abs. 3 Satz 5 und 6 EStG gehört5. Bei der atypisch stillen Gesellschaft bereitet die Feststellung einer Konzernzugehörigkeit Schwierigkeiten6. Insbesondere bei Anwendung von internationalen Rechnungslegungsstandards (z.B. IFRS) wäre die atypische stille Gesellschaft nicht Teil eines Konsolidierungskreises und so nicht konzernfähig. M.E. kann man von folgenden Grundannahmen ausgehen:
22.50
So wie bei der GmbH & Co. KG führt der Normalfall einer atypischen stillen Beteiligung an einem Handelsgewerbe nicht schon zu einem Konzern7, da insofern nur ein Betrieb i.S. der Zinsschranke vorliegt.
22.51
Im Regelfall ist die atypische stille Gesellschaft dem Konzern des Inhabers zuzuordnen. Nur ausnahmsweise, bei Bestehen entsprechender Mitwirkungsund Teilhaberechte des stillen Beteiligten hinsichtlich des Handelsgewerbes des Inhabers, ist die stille Gesellschaft dem Konzern des stillen Gesellschafters zuzurechnen8. Folgerichtig wäre dann im Normalfall, beim Vergleich der
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2 3 4 5
6 7 8
schafter geht auch die Finanzverwaltung aus, BMF v. 4. 7. 2008 – IV C 7-S 2742-a/07/10001, 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718, Rn. 51 ff. BFH v. 29. 3. 2007 – IV R 72/02, DStR 2007, 1515 (1518). Entgegen BMF v. 17. 11. 2005 – IV B 2-S 2144-50/05, BStBl. I 2005, 1019, Rn. 30. Siehe zum Ganzen Wacker, NWB 2007, 3223 (3225), Fach 3, S. 14725 (14727). Kraft/Mayer-Theobald, DB 2008, 2325 (2326); BMF v. 4. 7. 2008 – IV C 7-S 2742-a/07/10001, 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718, Rn. 56. Kraft/Mayer-Theobald, DB 2008, 2325 (2326). So auch Kraft/Mayer-Theobald, DB 2008, 2325 (2326); Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 265a. Es gilt ein gegenüber dem Handelsrecht stark erweiterter Konzernbegriff, siehe dazu Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636. Noch weiter geht der Konzernbegriff nach BMF v. 4. 7. 2008 – IV C 7-S 2742-a/07/10001, 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718, Rn. 59. Siehe dazu ausführlich Kraft/Mayer-Theobald, DB 2008, 2325 (2326 ff.). So für die GmbH & Co. KG BMF v. 4. 7. 2008 – IV C 7-S 2742-a/07/10001, 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718, Rn. 66. Dies entspricht der Behandlung bei Außenpersonengesellschaften. Kritisch dazu Kraft/Mayer-Theobald, DB 2008, 2325 (2327 f.).
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Eigenkapitalquoten das Sonderbetriebsvermögen des stillen Gesellschafters nicht zu berücksichtigen, weil dieses nicht zum Konzernvermögen gehört1, vgl. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c) Satz 7 EStG. Dies führt jedoch zu nicht gewollten Verzerrungen. Es zeigt sich, dass die Regelungen des § 4h EStG auf den Sondertypus atypisch stille Gesellschaft nur mit Schwierigkeiten angewendet werden können und hier eine Klärung durch die Rechtsprechung oder Gesetzgebung wünschenswert ist.
22.52
Angesichts der relativ hohen Freigrenze dürfte die Zinsschranke für einen großen Teil der stillen Gesellschaften jedoch zu keiner Verschlechterung führen. Wird die Freigrenze aber auch nur um weniges überschritten, greift die Zinsschranke ungemindert ein. Eine Abstufung der Abziehbarkeit um den Betrag der Freigrenze herum ist nicht vorgesehen. Es ist daher zu empfehlen, rechtzeitig durch Gestaltungsmaßnahmen ein auch nur geringfügiges Überschreiten der Freigrenze zu vermeiden.
22.53
h) Verlustanteile des atypisch stillen Gesellschafters Auch die Verlustanteile des atypisch stillen Gesellschafters fallen unter § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und stellen somit negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar. Da die atypisch stille Gesellschaft eine Mitunternehmerschaft ist, sind die Verlustanteile, insbesondere auch aus der Beteiligung an einer GmbH & Still, einkommensteuerlich bei den Gesellschaftern zu berücksichtigen. Es besteht daher grundsätzlich die Möglichkeit, die sog. Verlustfalle der GmbH zu vermeiden. Insoweit bestehen aber Beschränkungen:
22.54
aa) Die Regelungen der §§ 10d, 15b, 2 Abs. 3 EStG Im Rahmen des periodenübergreifenden bzw. intertemporalen Verlustausgleichs nach § 10d Abs. 1 EStG ist ein Verlustrücktrag lediglich bis zu 511 500 Euro (1 Mio. DM)2 auf den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum möglich. Darüber hinaus kann nach § 10d EStG ein zeitlich unbegrenzter Verlustvortrag vorgenommen werden. Vorgetragene Verluste sind ab 2004 unabhängig von der Einkunftsart in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis zu 1 Mio. Euro unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 % des 1 Mio. Euro übersteigenden Betrages abziehbar. Bis 2003 mussten nicht ausgeglichene Verluste zunächst innerhalb derselben Einkunftsart abgezogen werden. Beim Abzug bei anderen Einkunftsarten war eine Verrechnung über
1 Siehe Kraft/Mayer-Theobald, DB 2008, 2325 (2328). An diesem Punkt stellt sich auch die Frage, welcher Jahresabschluss maßgeblich ist. Der Jahresabschuss des Inhabers berücksichtigt das Sonderbetriebsvermögen des stillen Gesellschafters nicht. Die stille Gesellschaft wiederum hat keinen eigenen Jahresabschluss, sie erstellt nach h.M. lediglich eine Steuerbilanz für rein steuerliche Zwecke. 2 In den Veranlagungszeiträumen 1999–2000: 2 Mio. DM; davor 10 Mio. DM.
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100 000 DM hinaus nur zur Hälfte möglich1. Der BFH hält § 10d EStG auch in der ab 2004 geltenden Fassung für verfassungswidrig2.
22.56
Hinzuweisen ist außerdem auf die Vorschrift des § 15b EStG3, wonach Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen nicht mit Einkünften aus Gewerbebetrieb oder mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen und auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden dürfen4. Vom 1. 1. 1999 bis zum 31. 12. 2003 war der externe bzw. vertikale Verlustausgleich nach § 2 Abs. 3 Satz 2 bis 8 EStG a.F. beschränkt. Die sog. Mindestbesteuerung hat der Gesetzgeber durch das Korb II-Gesetz5 zum 1. 1. 2004 wieder abgeschafft6. Der BFH hält in seiner neueren Rechtsprechung die Regelungen zur Mindestbesteuerung in den Jahren 1999 bis 2003 wegen deren Unklarheit für verfassungswidrig und hat die Sache dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt7. bb) Beschränkung des Verlustabzugs bei stillen Gesellschaften an Kapitalgesellschaften nach § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG
22.57
Durch das am 11. 4. 20038 verabschiedete Steuervergünstigungsabbaugesetz (StVergAbG) wurde die Berücksichtigung von Verlusten speziell bei der stillen Gesellschaft weiter eingeschränkt. § 15 Abs. 4 EStG wurde um folgenden Satz 6 ergänzt: „Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte eine Kapitalgesellschaft ist und als Mitunternehmer anzusehen ist, sind unter den Voraussetzungen des § 10d nur mit Gewinnen, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus derselben Unterbeteiligung oder Innengesellschaft bezieht, verrechenbar.“
22.58
Diese Änderung steht im Zusammenhang mit der durch das StVergAbG abgeschafften Mehrmütterorganschaft9. Die mit der Mehrmütterorganschaft ver1 Darstellung der Rechtsentwicklung etwa bei Heinicke in L. Schmidt, § 10d EStG Rn. 2 ff. 2 BFH v. 6. 9. 2006 – XI R 26/04, DStR 2006, 2019, mit zahlreichen Literaturnachweisen. Das Verfahren ist anhängig beim BVerfG unter 2 BvL 59/06. 3 § 15b EStG wurde durch das Verlustbeschränkungsgesetz v. 23. 12. 2005 rückwirkend zum 10. 11. 2005 unter Aufhebung des § 2b EStG a.F. eingefügt. Gemäß § 2b EStG a.F. konnten negative Einkünfte aus Verlustbeteiligungsgesellschaften nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen und auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Zu § 2b EStG siehe die 6. Aufl., Rn 22.44. 4 Zu § 15b EStG siehe etwa Beck, DStR 2006, 61. Zu beachten ist außerdem das BMFSchreiben v. 17. 7. 2007 – IV B 2-S 2241-b/07/0001, DStR 2007, 1347. 5 Gesetz v. 22. 12. 2003, BGBl. I 2003, 2840. 6 Zur Rechtslage von 1999 bis 2004 vgl. die 6. Aufl., Rn. 22.42. 7 BFH v. 6. 9. 2006 – XI R 26/04, DStR 2006, 2019, mit zahlreichen Literaturnachweisen. Das Verfahren ist anhängig beim BVerfG unter 2 BvL 59/06. 8 In Kraft getreten am 21. 5. 2003. 9 Durch Art. 4 StVergAbG ist die Regelung der Mehrmütterorganschaft in § 14 Abs. 2 KStG a.F. ersatzlos aufgehoben worden.
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folgten Ziele können in ähnlicher Weise durch die Begründung stiller Gesellschaften erreicht werden. Diese Umgehungsmöglichkeit soll durch § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG nach der Intention des Gesetzgebers verschlossen werden1. Der ursprünglich allgemein gefasste Wortlaut der Regelung wurde im Gesetzgebungsverfahren auf stille Gesellschaften beschränkt, bei denen der stille Gesellschafter bzw. der Unterbeteiligte eine Kapitalgesellschaft ist2 – auf Fälle also, bei denen zumindest theoretisch eine Umgehung der Abschaffung der Mehrmütterorganschaft möglich erscheint. Stille Gesellschaften, bei denen der stille Gesellschafter keine Kapitalgesellschaft ist, blieben zunächst von der Regelung unberührt. Durch das Korb II-Gesetz wurden § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG neu gefasst und um Satz 7 und 8 ergänzt. Sachlich wurde dadurch der Anwendungsbereich der neuen Regelung auf mittelbar beteiligte Kapitalgesellschaften erweitert. Während also im Veranlagungszeitraum 2003 der Verlusttransfer zwischen Kapitalgesellschaften mittels stiller Beteiligungen noch durch Zwischenschaltung einer Personengesellschaft ermöglicht werden konnte, war dies im Veranlagungszeitraum 2004 schon nicht mehr möglich3. Die meisten GmbH & Still erfahren aber keine geänderte Besteuerung, da an ihnen weder unmittelbar noch mittelbar Kapitalgesellschaften als stille Gesellschafter beteiligt sind. Mit dieser Einschränkung des Anwendungsbereiches von § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG hat der Gesetzgeber noch im Gesetzgebungsverfahren auf früh geäußerte Kritik aus der Wirtschaft und der steuerrechtlichen Literatur reagiert4.
22.59
Die Beschränkung des Verlustausgleiches durch § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG ist sowohl rechtspolitisch5 als auch verfassungsrechtlich6 bedenklich. Sie berührt das objektive Netto-Prinzip und ist damit grundsätzlich rechtfertigungsbedürftig. Ob die bloße Abschirmung der Abschaffung der Mehrmütterorganschaft gegen Umgehungsversuche eine Rechtfertigung für sie darstellen kann, erscheint fraglich. Zwar können mit stillen Beteiligungen in gewissem Umfang7 Ergebnisse wie bei einer Mehrmütterorganschaft erzielt werden. Anders als bei der Organschaft, deren innere, systematische Rechtfertigung nicht gänzlich zweifelsfrei ist8, ergibt sich die Verlusttransferfunktion der stillen Gesellschaft aber zwanglos aus deren Eigenschaft als Personengesellschaft. Insofern
22.60
1 Vgl. BT-Drucks. 15/119, S. 38. 2 Vgl. Nr. 1b) der Anlage zu BT-Drucks. 15/841. 3 Zu den gestalterischen Möglichkeiten Intemann, NWB 2004 Fach 3, S. 13077 (13080 f.) (45/2004). Zur Verwaltungsauffassung siehe BMF v. 19. 11. 2008 – IV C 6-S 2119/07/10001, BStBl. I 2008, 970 und dazu Götz/Bindl, GmbHR 2009, 584. 4 Schulze zur Wiesche, BB 2003, 713 (714); Kessler/Reitsam, DStR 2003, 315 (317 f.). 5 Kuck, DStR 2003, 235 (237 f.). 6 Intemann, DStR 2004, 1149 (1152). Zur Verfassungsmäßigkeit der Anwendungsregelungen, soweit von der Abzugsbeschränkung Verluste aus Altverbindlichkeiten betroffen sind, BFH v. 3. 2. 2005 – I B 208/04, DStR 2005, 465. 7 Zu Recht weist aber Groh, DB 2004, 668 (672) darauf hin, dass bei der atypischen stillen Gesellschaft wegen § 15a EStG der Verlustausgleich ohnehin durch die Höhe der Einlage beschränkt ist. Ein unbeschränkter Verlusttransfer sei bei der stillen Gesellschaft nicht möglich. 8 Montag in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 18 Rn. 422.
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lässt sich bei ihr die Verlusttransferfunktion daher nicht ohne weiteres als ungerechtfertigte Steuervergünstigung brandmarken. Bestärkt werden diese Bedenken zudem dadurch, dass wirtschaftlich ähnliche Ergebnisse wie durch die Gründung einer stillen Gesellschaft sich auch dadurch erzielen lassen, dass das gemeinsame Tochterunternehmen nicht in Form einer Kapitalgesellschaft, sondern in Form einer GmbH & Co. KG geführt wird bzw. in eine solche umgewandelt wird1, das StVergAbG letztere Möglichkeit aber unberührt lässt. Die Regelung ist insofern zumindest inkonsequent.
22.61
Unberührt bleibt durch diese Vorschrift die Gewinntransferfunktion der stillen Gesellschaft auch zwischen Kapitalgesellschaften. Insoweit kann die stille Gesellschaft also auch weiterhin als funktionaler Ersatz zur Organschaft verwendet werden2.
22.62
Unklar erscheint, welche Verluste von § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG erfasst werden sollen. Die Vorschrift selbst spricht allgemein von „Verlusten aus stillen Gesellschaften“; § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG hingegen von den Anteilen „des stillen Gesellschafters am Verlust des Betriebes“. Nach der ersten Formulierung scheint jeder Verlust von dem Verlustausgleich ausgeschlossen zu sein. Die letzte Formulierung hingegen gleicht der in § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG, die Verluste aus Sonderbetriebsausgaben und Sonderbetriebsvermögen nicht erfasst3. Gründe dafür, wieso § 15 Abs. 4 Satz 6 und § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG insoweit einen unterschiedlichen Anwendungsbereich haben sollen, sind indes nicht ersichtlich. Eine einheitliche Auslegung erscheint deswegen geboten, und zwar zugunsten einer restriktiven Auslegung. Die Absicherung der Abschaffung der Mehrmütterorganschaft steht nämlich allenfalls dem Ausgleich von Verlusten entgegen, die sich unmittelbar aus dem Betrieb des Geschäftsinhabers ergeben, nicht aber von Verlusten aus Sonderbetriebsausgaben und Sonderbetriebsvermögen4.
22.63
Die Einfügung des § 15 Abs. 4 Satz 6–8 in das EStG dürften das Interesse von Kapitalgesellschaften, selbst als stille Gesellschafterin zu fungieren, deutlich reduzieren5. Ggf. dürfte wohl auch an eine Kündigung von Beteiligungen gedacht werden6. Ein außerordentliches Kündigungsrecht wird der Kapitalgesellschaft als stille Gesellschafterin hieraus allerdings nur in Ausnahmefällen er1 Vgl. zur Möglichkeit einer Umwandlung Schroer/Starke, GmbHR 2003, 153 (155 f.). 2 Kessler/Reitsam, DStR 2003, 315 (317 f.) und StuB 2004, 97 (99); Intemann, NWB 2004 Fach 3, S. 13077 (13080) (45/2004). 3 Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rn. 70 f. Das Schreiben des BMF v. 19. 11. 2008 – IV C 6 - S 2119/07/10001, DB 2008, 2679, nimmt zu dieser Frage nicht ausdrücklich Stellung, sondern spricht auch nur vom laufenden Verlust aus der Beteiligung, womit insbesondere Veräußerungsverluste ausgeschlossen sind (Rn. 3). 4 So auch Kessler/Reitsam, StuB 2004, 97 (99); Intemann, NWB 2004 Fach 3, S. 13077 (13079) (45/2004). 5 Nach Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 124 lässt die Finanzverwaltung jedoch die Möglichkeit offen, Verluste ggf. doch noch auszugleichen, indem Teilwertabschreibungen auf die Beteiligung vorgenommen werden. 6 Ausführlich zu den Gestaltungsmöglichkeiten Ronge, FR 2004, 78; Schild, JbFfSt 2003/2004, 280 (283).
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wachsen. Dem steht vielmehr das Interesse des Geschäftsinhabers an dem Erhalt seiner Liquidität durch Nichtrückzahlung der Einlage entgegen. Zudem fällt das Risiko der Steueränderung grundsätzlich in die Sphäre der stillen Gesellschafterin. Anderes kann nur dann gelten, wenn der steuerliche Verlustausgleich bei der stillen Gesellschafterin von Anfang an Grundlage des Abschlusses der stillen Gesellschafterin war. Selbst in diesem Fall ist aber eine Anpassung des Gesellschaftsvertrages einer außerordentlichen Kündigung des Gesellschaftsvertrages als Reaktion auf die Änderungen des EStG grundsätzlich vorzuziehen. cc) Beschränkung des Verlustausgleichs nach § 15a EStG Gemäß § 15a Abs. 1 EStG ist für einen Kommanditisten der Verlustausgleich ausgeschlossen, wenn ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Die Verrechnungsbeschränkungen des § 15 Abs. 1 EStG und des § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG sind nebeneinander anwendbar, können sich jedoch gegenseitig in ihrem Anwendungsbereich beeinträchtigen. So ist ein Verlustausgleich aus der stillen Beteiligung mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsquellen trotz positiven Kapitalkontos nicht möglich, da insoweit der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG bereits früher als derjenige des § 15a EStG greift1. Andererseits kann § 15a EStG die Reichweite des § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG beschränken, wenn es um die Verrechung eines Verlustanteils geht, der die Einlage des stillen Gesellschafters übersteigt2. Denn insoweit, d.h. bis zu dem Betrag, ab dem das Kapitalkonto negativ wird, wird die nach § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG grundsätzlich zulässige Möglichkeit des Verlustrücktrags durch das Eingreifen des § 15a EStG, in dessen Rahmen ein Verlustrücktrag nicht möglich ist, abgeschnitten. Der Verlust kann dann nur anteilig als Rücktrag geltend gemacht werden, während der übrige Verlustanteil gemäß § 15a Abs. 2 EStG mit den Gewinnen späterer Wirtschaftsjahre aus der jeweiligen Beteiligung verrechnet werden kann.
22.64
Die Regelung des § 15a Abs. 1 EStG gilt gemäß § 15a Abs. 5 Nr. 13 auch für einen atypisch stillen Gesellschafter. In der Literatur wird bei der Frage der Anwendbarkeit von § 15a EStG zutreffend darauf abgestellt, ob die „Haftung“ des atypisch stillen Gesellschafters mit der eines Kommanditisten vergleichbar ist. Dies ist dann der Fall, wenn im Innenverhältnis die Verlustanteile auch dann noch von seinem Kapitalkonto abgeschrieben werden, wenn dieses dadurch negativ wird, so dass er spätere Gewinnanteile zur Deckung dieser Verluste zur Verfügung stellen muss4. Nach der Rechtsprechung des BFH gilt dies auch dann, wenn der Gesellschafter im Innenverhältnis unbeschränkt haftet,
22.65
1 Kessler, StuB 2004, 97 (98). 2 Förster, DB 2003, 899 (900). 3 Zur Kritik am Wortlaut dieses Absatzes vgl. Meßmer, BB 1981 Beilage 1, 1 (13 f.); Knobbe-Keuk, StuW 1981, 97 (102). 4 Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rn. 198; Heinz in FS für BA Villingen-Schwenningen, S. 60 f.
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sich also verpflichtet hat, entstehende Verluste durch weitere Einlagen abzudecken1.
22.66
An diesem Ergebnis ändert sich auch dann nichts, wenn der Stille im Außenverhältnis einzelne Verpflichtungen übernimmt, beispielsweise zusammen mit dem Geschäftsinhaber einen Darlehensvertrag eingeht2 oder für Geschäftsschulden des Inhabers bürgt3. Soweit in der Leistung an den Gläubiger eine Einlage gesehen werden kann, ist im Einlagejahr der Verlustausgleich bis zur Höhe der getätigten Einlage möglich4.
22.67
Bei der Auslegung von § 15a EStG sind zahlreiche Probleme zutage getreten, die auf der Grundfrage beruhen, ob bei dem Kapitalkonto des Kommanditisten und seinen Gewinnen und Verlusten auf die Gesellschaftsbilanz oder die Gesamtbilanz der Gesellschaft unter Einschluss der Ergebnisse der Sonderbilanz des Gesellschafters abzustellen ist. Nahezu einhellige Meinung ist nur, dass unter den „Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft“ lediglich die Verlustanteile fallen, die sich aus der Steuerbilanz der Gesellschaft und einer Ergänzungsbilanz des Gesellschafters, die für den einzelnen Gesellschafter Wertkorrekturen enthält, ergeben5.
22.68
Über die Frage, ob und inwieweit in das „negative Kapitalkonto des Kommanditisten“ i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG auch Sonderbetriebsvermögen einzubeziehen ist, wurde dagegen seit Einführung dieser Vorschrift gestritten. Der BFH6 hat in einem Grundsatzurteil die Streitfrage dahingehend entschieden, dass maßgeblich für das Kapitalkonto des Kommanditisten i.S. von § 15a EStG nur die Steuerbilanz der Gesellschaft und ggf. eine Ergänzungsbilanz sein kann, nicht aber die sog. Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft. Mithin ist bei der Ermittlung des Wertes des Kapitalkontos das aktive und passive Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten nicht zu berücksichtigen.
22.69
Der BFH hat sich in seinem Urteil zwar über den Willen des Gesetzgebers7 hinweggesetzt, der Zweck der Vorschrift stützt aber die Ansicht des BFH. 1 BFH v. 10. 7. 2001 – VIII R 45/98, BFHE 196, 103 = DStR 2001, 1598 (1600) m. Anm. Gschwendtner (HG); BFH v. 14. 12. 1995 – IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226 = GmbHR 1996, 469 (471); ebenso Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rn. 198. A.A. Heinz in FS für BA Villingen-Schwenningen, S. 60 f., der davon ausgeht, dass die Innenhaftung des atypisch stillen Gesellschafters in diesem Fall der Außenhaftung eines persönlich haftenden Gesellschafters entspricht. Nach Ansicht der Rechtsprechung (a.a.O.) kann aber nur bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 15a Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG ein erweiterter Verlustausgleich erfolgen. Diese Voraussetzungen können aber bei der stillen Gesellschaft nicht erfüllt werden, da ein Eintrag der Hafteinlage des stillen Gesellschafters i.S. von § 171 Abs. 1 HGB in das Handelsregister nicht möglich ist. 2 BFH v. 5. 2. 2002 – VIII R 31/01, DStR 2002, 1085 = FR 2002, 770 (772 ff.). 3 BFH v. 11. 3. 2003 – VIII R 33/01, FR 2003, 911 (912). 4 BFH v. 5. 2. 2002 – VIII R 31/01, DStR 2002, 1085 = FR 2002, 770 (774). Vgl. auch BFH v. 14. 12. 1995 – IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226 = GmbHR 1996, 469 (474). 5 Nachweise bei Lüdemann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15a EStG Anm. 75. 6 BFH v. 14. 5. 1991 – VIII R 31/88, BStBl. II 1992, 167 = JZ 1992, 630. Inzwischen ständige Rechtsprechung vgl. BFH v. 13. 10. 1998 – VIII R 78/97, DStR 1999, 16 (17) m.w.N. 7 Vgl. die amtliche Begründung, BT-Drucks. 8/3648, S. 16.
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Nach dem Zweck des § 15a EStG sollen Verlustanteile des Kommanditisten nur insoweit steuerlich begünstigt werden, wie sie von ihm wirtschaftlich und auch tatsächlich getragen werden. Wenn aber positives Sonderbetriebsvermögen in das Verlustausgleichvolumen des § 15a EStG einbezogen wird, führt dies zu einer Aufhebung der vom Gesetzgeber beabsichtigten Kongruenz zwischen gesellschaftsrechtlicher Haftung und steuerrechtlichem Verlustausgleich; denn der Kommanditist haftet mit seinem positiven Sonderbetriebsvermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht. Umgekehrt führt, wie der BFH zutreffend feststellt, die Berücksichtigung von negativen Sonderbetriebsvermögen dazu, dass eine tatsächlich vom Kommanditisten getragene wirtschaftliche Belastung entgegen der Zielsetzung des § 15a EStG unberücksichtigt bleibt. Die dem § 15a EStG zugrunde liegende Regelungsabsicht steht demnach der Einbeziehung des positiven und auch des negativen Sonderbetriebsvermögens eindeutig entgegen. Problematisch ist die Rechtsprechung des BFH aber insofern, als sie sich auf der einen Seite zum Nachteil für Kommanditisten von „normal“ strukturierten Kommanditgesellschaften auswirken kann und auf der anderen Seite Kommanditisten von Verlustzuweisungsgesellschaften begünstigen dürfte. Dies ist ein Ergebnis, das der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers widerspricht. De lege ferenda ist daher die Abschaffung des § 15a EStG zu fordern. Eine zweite Gründungswelle von Verlustzuweisungsgesellschaften wäre dadurch nicht zu befürchten, denn seit der Einführung des § 15a EStG hat sich die Rechtslage durch die Verwendung eines engeren Gewinnerzielungsbegriffs geändert. Nach der Rechtsprechung des BFH1 ist zu vermuten, dass Verlustzuweisungsgesellschaften zunächst keine Gewinnerzielungsabsicht haben. Das Erstreben von Verlusten, durch die eine Minderung der Steuerbelastung der Gesellschafter erreicht werden soll, reicht gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht mehr zur Anerkennung als Gewerbebetrieb aus.
22.70
Bezüglich des Kapitalkontos i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG ist – entgegen einer zum Teil vertretenen Ansicht2 – von der tatsächlich geleisteten und nicht von der vereinbarten Einlage auszugehen3. Dies ergibt sich aus Satz 2 der Vorschrift, wonach eine Erhöhung des Verlustausgleichvolumens über den Betrag der geleisteten Einlage hinaus nur in den Fällen möglich ist, in denen der Gesellschafter einer unbestimmten Zahl von Personen haftet. Insoweit liegt auch nicht etwa eine planwidrige Lücke vor. Der Gesetzgeber hat – verfassungsrechtlich zulässigerweise – bewusst von der Einführung eines erweiterten Verlustausgleiches für die im Innenverhältnis wirkende Einlageverpflichtung des atypisch stillen Gesellschafters abgesehen4. Die rückwirkende Umwandlung verrechenbarer in ausgleichsfähige Verluste durch Einlagen des beschränkt haftenden Gesellschafters in auf das Verlustjahr folgenden Wirtschaftsjahren
22.71
1 BFH v. 21. 8. 1990 – VIII R 25/86, BStBl. II 1991, 564. 2 Lempenau, StuW 1981, 240. 3 BFH v. 16. 12. 1997 – VIII R 76/93, GmbHR 1998, 551 (552); BFH v. 7. 10. 1997 – VIII R 22/94, BFH/NV 1998, 823 (824); Lüdemann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15a EStG Anm. 87 m.w.N. 4 BFH v. 7. 10. 1997 – VIII R 22/94, BFH/NV 1998, 823.
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ist ausgeschlossen1. Der durch das JStG 20092 eingefügte § 15 Abs. 1a EStG wirkt insofern nur deklaratorisch.
22.72
Allerdings hat die Rechtsprechung den Ausgleich eines im Einlagejahr entstehenden Verlustes bis zur Höhe der Einlage auch bei negativem Kapitalkonto zugelassen, weil insoweit kein negatives Kapitalkonto entsteht bzw. erhöht wird3. Auch insofern kommt es zu keiner Änderung durch § 15 Abs. 1a EStG, da die Einlage in diesen Fällen nicht nachträglich i.S. des § 15 Abs. 1a Satz 2 EStG geleistet wird.
22.73
Die Einfügung des § 15 Abs. 1a Satz 1 Halbs. 2 EStG durch das JStG 2009 hat jedoch für Einlagen, die nach dem 24. 12. 2008 geleistet wurden, zur Folge, dass nachträgliche Einlagen für zukünftige Wirtschaftsjahre nicht zu ausgleichsfähigen Verlusten führen, soweit durch diese Verluste (erneut) ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht4. Damit ordnet der Gesetzgeber die Nichtanwendung der bisherigen Rechtsprechung des BFH an. Der BFH hatte entschieden, dass Einlagen, die zum Ausgleich eines negativen Kapitalkontos erbracht wurden und in dem betreffenden Wirtschaftsjahr nicht (gänzlich) durch ausgleichsfähige Verluste verrechnet werden konnten, auch in nachfolgenden Wirtschaftsjahren als Korrekturposten angesetzt werden können, mit der weiteren Folge, dass Verluste späterer Wirtschaftsjahre bis zum Verbrauch dieses Postens auch dann als ausgleichsfähig zu qualifizieren sind, wenn hierdurch erneut ein negatives Kapitalkonto entsteht oder dieses sich erhöht5. Begründet hatte dies der BFH mit der gebotenen Gleichbehandlung der Konstellation der „vorgezogenen“ mit der „zeitkongruenten“ Einlage und argumentiert weiter, dass andernfalls eine Schlechterstellung gegenüber der bloßen Haftsummenerhöhung des Kommanditisten bewirkt würde. Auch unter verwaltungsökonomischen Gesichtspunkten wurde der Vergleich des Korrekturpostens zum Verlustausgleich aufgrund überschießender Außenhaftung herangezogen, da in beiden Fällen gleichermaßen eine Nebenrechnung außerhalb des Feststellungsverfahrens nach § 15a Abs. 4 EStG geführt wird. Zu bemerken ist allerdings, dass ein Korrekturposten nur dann angesetzt werden konnte, wenn dem Kommanditisten nicht in vor der Einlage liegenden Wirtschaftsjahren aufgrund einer erweiterten Außenhaftung i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG ausgleichsfähige Verluste angerechnet wurden6. Diese erweiterte Aus-
1 BFH v. 14. 12. 1995 – IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226 = GmbHR 1996, 469 (471 f.) sowie Leitsatz 1; BFH v. 11. 11. 1997 – VIII R 39/94, BFH/NV 1998, 1078 (1079). Der IV. Senat ist damit der klägerischen Argumentation nicht gefolgt, eine solche Umwandlung erfolge aufgrund entsprechender Anwendung des § 15a Abs. 3 EStG. Vielmehr lehnt der Senat eine Analogie ausdrücklich ab. 2 JStG 2009 v. 19. 12. 2008, BGBl. I 2008, 2794. 3 BFH v. 14. 12. 1995 – IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226 = GmbHR 1996, 469 (474). 4 Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rn. 184, hält § 15a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EStG für verfassungswidrig. 5 BFH v. 26. 6. 2007 – IV R 28/06, DStR 2007, 1620. Bisher ablehnend etwa FG Köln v. 27. 6. 2001 – 5 K 6631/00, DStRE 2002, 85. 6 Vgl. hierzu BFH v. 26. 6. 2007 – IV R 28/06, DStR 2007, 1620 (1621).
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legung zu § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG hinsichtlich des Verlustausgleichs ist dem Grundsatz nach auch auf den atypischen stillen Gesellschafter anzuwenden1. i) Einlageminderung i.S. von § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG Die Begrenzung des Verlustausgleichs bezieht sich auf den Stand des Kapitalkontos am Bilanzstichtag. Dadurch ist eine Umgehung der Begrenzung des Verlustausgleichs durch eine nur vorübergehend höhere Einlage in das Gesellschaftsvermögen denkbar. Das Gesetz lässt zunächst den Verlustausgleich zu, ordnet dann aber eine Nachversteuerung an, indem Entnahmen, die zu einem negativen Kapitalkonto führen oder es erhöhen, als fiktiver laufender Gewinn zu versteuern sind2.
22.74
§ 15a Abs. 3 Satz 1 EStG liest sich für den atypisch stillen Gesellschafter folgendermaßen: „Soweit ein negatives Kapitalkonto des stillen Gesellschafters durch Entnahmen entsteht oder sich erhöht (Einlageminderung), ist dem stillen Gesellschafter der Betrag der Einlageminderung als Gewinn zuzurechnen. Dieser Betrag darf den Betrag der Anteile am Verlust der stillen Gesellschaft nicht übersteigen, der im Wirtschaftsjahr der Einlageminderung und in den zehn vorangegangenen Wirtschaftsjahren ausgleichs- oder abzugsfähig gewesen ist.“ Dabei kommt es aber nur darauf an, dass die Verlustanteile ausgleichs- oder abzugsfähig waren, sie müssen nicht tatsächlich ausgeglichen oder abgezogen worden sein3. Der dem stillen Gesellschafter zuzurechnende Betrag mindert gemäß § 15a Abs. 3 Satz 4 EStG die Gewinne, die dem stillen Gesellschafter im Wirtschaftsjahr der Zurechnung oder in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der stillen Gesellschaft zuzurechnen sind. § 15a Abs. 3 Satz 4 EStG wandelt somit ausgleichs- bzw. abzugsfähige Verluste in verrechenbare Verluste um.
22.75
Wie oben dargelegt wurde, ist unter dem Kapitalkonto des stillen Gesellschafters nur sein Kapitalkonto in der Steuerbilanz der Gesellschaft zu verstehen. Dessen Einlage kann nur in wenigen Fällen durch Entnahmen gemindert werden. Zu denken ist an folgende Möglichkeiten: Die Vermögenseinlage wird herabgesetzt und der Herabsetzungsbetrag dem stillen Gesellschafter ausgezahlt; aufgrund des Gesellschaftsvertrags ist der stille Gesellschafter in bestimmten Grenzen zu Entnahmen aus seiner Vermögenseinlage berechtigt; der stille Gesellschafter lässt sich seinen Gewinnanteil auszahlen. Eine Einlageminderung liegt aber nicht bei der Auszahlung von Sondervergütungen oder der Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen vor. Sie stellen bei der Gesellschaft Betriebsausgaben dar und mindern erst das Kapitalkonto des Gesellschafters in der Steuerbilanz der Mitunternehmerschaft4.
22.76
1 BFH v. 20. 9. 2007 – IV R 10/07, BStBl. II 2008, 118; FG Hamburg v. 22. 1. 2007 – 7 K 84/06, DStRE 2007, 825. 2 Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rn. 150. 3 Stuhrmann in Blümich, § 15a EStG Rn. 71. 4 Koch, DStR 1984, 543 (545 f.).
591
§ 22
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22.77
Nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG ist weiter erforderlich, dass durch die Entnahme ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Bei Auszahlung des Herabsetzungsbetrages ist dies nur möglich, wenn der von der vereinbarten Vermögenseinlage abweichende, z.B. durch Verluste geminderte tatsächliche Betrag des Kapitalkontos geringer als der Herabsetzungsbetrag ist. Das Gleiche gilt bei einem vereinbarten Entnahmerecht des stillen Gesellschafters.
22.78
Verfahrensrechtlich ist zwischen dem Verfahren zur Feststellung des Gewinns gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) AO und dem Verfahren zur Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG zu unterscheiden. Beide Verfahren sind können zwar verbunden werden, führen aber stets zu zwei unabhängig voneinander anfechtbaren Verwaltungsakten1. Soweit nur die Feststellung des verrechenbaren Verlustes angefochten wird, erwächst der Bescheid nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) AO nicht nur hinsichtlich des Anteils des Gesellschafters am Steuerbilanzgewinn der Gesellschaft sowie des Ergebnisses der für ihn zu erstellenden Sonderbilanz in Bestandskraft. Vielmehr handelt es sich um einen Grundlagenbescheid, der gemäß § 351 Abs. 2 AO Bindungswirkung für das Verfahren zur Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG entfaltet2. j) Die Tarifbegünstigung des § 34a EStG n.F.
22.79
Durch das UntStRG 20083 wurde ab dem Veranlagungszeitraum 2008 die Möglichkeit der tarifprivilegierten Besteuerung nicht entnommener Gewinne für Einzelunternehmer und Mitunternehmerschaften geschaffen. Das gesetzgeberische Ziel dieser Thesaurierungsbegünstigung ist die Angleichung der Besteuerung von Personengesellschaften an die der Kapitalgesellschaften. Darüber hinaus soll die Eigenkapitalbasis von Personengesellschaften nachhaltig gestärkt werden4.
22.80
Die Tarifbegünstigung ist unternehmerbezogen5 und antragsabhängig. Der Antrag auf die Tarifbegünstigung kann nach § 34a Abs. 1 Satz 3 EStG nur gestellt werden, wenn der Gewinn nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG oder § 5 EStG ermittelt wird (Betriebsvermögensvergleich) und der Anteil des Mitunternehmers am Gewinn mehr als 10 % oder 10 000 Euro beträgt. Gewinne, die der Mitunternehmer nicht entnommen hat, werden auf Antrag mit einem Steuersatz von 28,25 % besteuert. Dies entspricht in etwa der Steuerbelastung der Kapitalgesellschaften mit (durch die Unternehmensteuerreform auf 15 % reduzierter) Körperschaftssteuer und der durchschnittlichen Gewerbesteuerbelastung.
1 BFH v. 14. 12. 1997 – IV R 106/94, BFHE 179, 368 = BStBl. II 1996, 226 = GmbHR 1996, 469, (470); BFH v. 16. 12. 1997 – VIII R 76/93, GmbHR 1998, 551 (552). 2 BFH v. 13. 10. 1998 – VIII R 78/97, DStR 1999, 16 (17); BFH v. 11. 11. 1997 – VIII R 33/94, BFH/NV 1998, 1078 (1079). 3 UntStRG 2008 v. 14. 8. 2007, BGBl. I 2007, 1912. 4 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, S. 61. 5 Zu gesellschaftsvertraglichen Regelungen im Hinblick auf Thesaurierungsbegünstigung und Nachversteuerung siehe Rodewald/Pohl, DStR 2008, 724 (724 ff.).
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Auszugehen ist zunächst von dem nicht entnommenem Gewinn des Wirtschaftsjahres, § 34a Abs. 2 EStG Dazu wird der durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte Gewinn um den positiven Saldo der Entnahmen und Einlagen des Wirtschaftsjahres vermindert. Ein Entnahmeüberhang führt daher zur Minderung des nicht entnommenen Gewinns, während ein Einlagenüberhang nicht zu dessen Erhöhung führt. Dieser nicht entnommene Gewinn bildet den maximalen Begünstigungsbetrag. Zu berücksichtigen ist, dass nicht abziehbare Betriebsausgaben, z.B. nach richtiger Ansicht auch die Gewerbesteuer (siehe dazu Rn. 24.69), den maßgeblichen Gewinn nach Bestandsvermögensvergleich vermindert haben. Erst die außerbilanzielle Hinzurechnung führt zur Erhöhung des Gewinns für steuerliche Zwecke. Dies bedeutet, dass nicht abziehbare Betriebsausgaben den maximalen Begünstigungsbetrag nicht erhöhen und daher nicht der tariflichen Privilegierung unterliegen können1.
22.81
Der Begünstigungsbetrag ist der Teil des nicht entnommenen Gewinns, für den der Steuerpflichtige einen Antrag nach § 34a Abs. 1 EStG gestellt hat. Der Antrag kann sich auch auf einen Teil des nicht entnommenen Gewinns beschränken. Der Begünstigungsbetrag ist die Bemessungsgrundlage für die privilegierte Steuer in Höhe von 28,25 % nach § 34a Abs. 1 Satz 1 EStG.
22.82
Der nachversteuerungspflichtige Betrag des laufenden Veranlagungszeitraums wird aus dem Begünstigungsbetrag durch Abzug der auf den Begünstigungsbetrag entfallenden Steuerbelastung (ESt und SolZ, nicht jedoch der KiSt) ermittelt. Er ist laufend fortzuschreiben und jährlich gesondert festzustellen, § 34a Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG. Kommt es in späteren Jahren zu einem Entnahmeüberhang, weil der positive Saldo der Entnahmen und Einlagen den positiven Gewinn übersteigt, entsteht in dieser Höhe ein Nachversteuerungsbetrag § 34a Abs. 4 EStG. Auf diesen Nachversteuerungsbetrag ist ein pauschaler Einkommensteuersatz in Höhe von 25 % anzuwenden. Dies entspricht dem neuen Abgeltungsteuersatz bei Kapitaleinkünften. Zu berücksichtigen ist, dass Entnahmen zur Zahlung von Erbschafts- und Schenkungsteuer unter besonderen Voraussetzungen nicht zur Nachversteuerung führen, § 34a Abs. 4 Satz 3 und 5 EStG n.F. Des Weiteren sind außerbilanzielle Hinzurechnungen nicht bei der Ermittlung des Entnahmeüberhangs zu berücksichtigen.
22.83
Als Entnahme gilt auch die Übertragung oder Überführung einzelner Wirtschaftgüter (§ 34a Abs. 5 EStG), sowie Betriebsveräußerung und -aufgabe (siehe dazu auch Rn. 22.131), bestimmte Umwandlungsfälle, der Wechsel der Gewinnermittlungsart und der Antrag auf Nachversteuerung (§ 34a Abs. 6 EStG). Bei der Betriebsveräußerung und -aufgabe und in Umwandlungsfällen besteht die Möglichkeit der Stundung von bis zu zehn Jahren, wenn die sofortige Begleichung der Steuer eine erhebliche Härte darstellen würde, § 34a Abs. 6 Satz 2 EStG.
22.84
1 Siehe dazu auch BMF v. 11. 8. 2008 – IV C 6-S 2290-a/07/10001, 2008/0431405, BStBl. I 2008, 838, Rn. 16.
593
§ 22
Einkommensteuer
22.85
Während der Versuch einer steuerlichen Angleichung von Kapital- und Personengesellschaften allgemein begrüßt wurde, wurde die konkrete Umsetzung in § 34a EStG in zahlreichen Punkten kritisiert. Auch im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens konnten nicht alle Unstimmigkeiten der Regelung beseitigt werden. So wird bemängelt, dass die Thesaurierungsbegünstigung eigentlich nur großen Personengesellschaften oder Einzelunternehmern zu einer niedrigeren Besteuerung und daher wirklichen Begünstigung verhelfen kann. Die Doppelbesteuerung durch begünstigten Tarif und Nachversteuerungstarif dürfte höchstens für diejenigen günstiger sein, die sich im Spitzensteuersatz bewegen1. Alle anderen Mitunternehmerschaften gehen durch den Antrag jedenfalls das Risiko einer höheren Besteuerung ein. Ein Vorteil lässt sich für diese eventuell aus dem Stundungseffekt und Zinsvorteil erzielen2.
22.86
Kritisiert wurde auch, dass eine wünschenswerte Totalthesaurierung für die wenigsten Mitunternehmerschaften realistisch sein dürfte. Sowohl die Kosten der privaten Lebenshaltung als auch die auf Gewinne zu zahlende Steuern müssten aus Mitteln außerhalb des Betriebsvermögens finanziert werden, da es sonst zu nicht erwünschten Entnahmen kommt3. Da zur Ermittlung des nicht entnommenen Gewinns nach § 34a Abs. 2 EStG der durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte Gewinn um den positiven Saldo der Entnahmen und Einlagen des Wirtschaftsjahres vermindert wird, führen Entnahmen, welche die Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen, stets zur Nachversteuerung zuvor thesaurierter Beträge4. Dabei ist es irrelevant, ob noch Gewinne aus Vorjahren vorhanden sind. Es gilt der Last In – First Out-Grundsatz5, weshalb von der Gefangenschaft oder Einsperrung von versteuerten Altgewinnen geredet wurde6.
22.87
Aufgrund struktureller Unterschiede zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften, aber auch aufgrund der Konzeption des § 34a EStG muss der Ansatz zur Herstellung von Rechtsformneutralität scheitern7. Vielversprechender wäre ein körperschaftsteuerlicher Ansatz gewesen. Steuerbelastungsvergleiche zeigen, dass Gewinner der Unternehmensteuerreform 2008 durch die Herabsetzung des Körperschaftsteuertarifs und der Einführung der Abgeltungsteuer mit Veranlagungsoption eher die Kapitalgesellschaften sind8. Verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber einer Ungleichbehandlung von Rechtsformen
1 2 3 4
5 6 7
8
Dörfler/Graf/Reichl, DStR 2007, 645 (652); Hey, DStR 2007, 925. Hey, BB 2007, 1309 (1314). Dörfler/Graf/Reichl, DStR 2007, 645 (649); Hey, DStR 2007, 925 (928). Zur Ermittlung des nachversteuerungspflichtigen Betrages mit Beispielen Gragert/ Wißborn, NWB Fach 3, S. 14621 (14635 f.) und Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 300d ff. Dörfler/Graf/Reichl, DStR 2007, 645 (649). Zur Verwendungsreihenfolge und zu den vorgesehenen Ausnahmen Gragert/Wißborn, NWB Fach 3, S. 14621 (14638). Hey DStR 2007, 925 (929). Siehe zu den strukturellen Unterschieden zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften sowie zu den Strukturunterschieden zwischen § 34a EStG n.F. und nicht-transparenter Besteuerung von Kapitalgesellschaften Hey, DStR 2007, 925 (927 ff.). Lühn/Lühn, StuB 2007, 253 (259); Dörfler/Graf/Reichl, DStR 2007, 645 (650).
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Einkommensteuer
§ 22
muss entgegengehalten werden, dass das BVerfG1 die Existenz eines verfassungsrechtlichen Gebots der Rechtsformneutralität verneint hat. Die durch den Gesetzgeber intendierte Rechtsformneutralität hat sich zumindest in einer Tarifneutralität niedergeschlagen. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass sich die Thesaurierungsbegünstigung für große profitable Personengesellschaften mit geringem Entnahmebedarf und Gesellschaftern, die im Wesentlichen dem Einkommensteuerspitzensatz unterliegen, lohnt. Für Mitunternehmer mit individuellem Steuersatz unter 28,25 %, d.h. einem zu versteuernden Einkommen von rund 25 000 Euro (Grundtabelle), lohnt sich der Antrag auf Besteuerung nach § 34a EStG nicht. Alle anderen Mitunternehmer stehen vor schwierigen Gestaltungs- und Rechtsformüberlegungen. Ob der Antrag auf Sondertarifierung in diesen Fällen lohnt, hängt vom persönlichem Steuersatz, prognostizierbarem Entnahmebedarf, Verweildauer der Gewinne und erzielbarem Zinsvorteil ab2.
22.88
3. Besteuerung außerordentlicher Geschäftsvorfälle a) Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter Bis zum 31. 12. 1998 ließen Rechtsprechung3 und Finanzverwaltung einen steuerneutralen Übergang von einzelnen Wirtschaftsgütern zwischen verschiedenen Steuersubjekten zu. Damit konnte ein Unternehmer bzw. Mitunternehmer gemäß den Regelungen des sog. Mitunternehmererlasses4 sehr flexibel Einzelwirtschaftsgüter seines Betriebes zum Buchwert zwischen verschiedenen Betriebsvermögen bewegen5.
22.89
Diese Möglichkeiten sind durch den Gesetzgeber für Übertragungen zwischen dem 1. 1. 1999 und dem 31. 12. 2000 durch die Ergänzung des § 6 EStG um die Absätze 3 bis 7 durch das StEntlG6 erheblich eingeschränkt worden7. Die Übertragung von Wirtschaftsgütern mit Rechtsträgerwechsel war nur zum Teilwert möglich und führte hierdurch zur Aufdeckung von stillen Reserven (§ 6 Abs. 5 Satz 1 und 3 EStG a.F. sowie § 6 Abs. 4 EStG a.F. für unentgeltliche Übertragungen)8. Überführungen zwischen Betriebsvermögen und Sonderbetriebsvermögen desselben Mitunternehmers waren mit dem Buchwert und damit steuerneutral vorzunehmen, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt war (§ 6 Abs. 5 Satz 2 EStG a.F.).
22.90
1 BVerfG v. 21. 6. 2006 – 2 BvL 2/99, DStR 2006, 1316 (1322). 2 Ausführliche Vergleichsberechnungen zur Rechtsformwahl und Thesaurierungsvorteilen finden sich etwa bei Harle, BB 2008, 2151 und Götz, BB 2008, 1032. 3 Z.B. BFH v. 18. 5. 1995 – IV R 20/94, BStBl. II 1996, 70. 4 Schreiben des BMF v. 20. 12. 1977 – IV B 2–9 2241-231/77, BStBl. I 1978, 8. 5 Vgl. hierzu in der 5. Aufl., Rn. 1342 ff. 6 Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 v. 24. 3. 1999, BGBl. I 1999, 402. 7 Zu den Auswirkungen des StEntlG vgl. etwa Breidenbach/van Lishaut, DB 1999, 1234; Cattelaens, DB 1999, 1083; Kusterer, DStR 1999, 1181; Schulze zur Wiesche, DStR 1999, 917; Orth, DStR 1999, 1011 und 1053; Strahl, FR 1999, 630. 8 Breidenbach/van Lishaut, DB 1999, 1234; Schulze zur Wiesche, DStR 1999, 917 (918).
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§ 22
Einkommensteuer
22.91
Durch das StSenkG1 sollte der sog. Mitunternehmererlass wieder eingeführt werden2. Für den Erwerb aufgrund eines ab dem 1. 1. 2001 abgeschlossenen rechtswirksamen obligatorischen Vertrages oder ihm gleichstehenden Rechtsaktes (§ 52 Abs. 16a EStG) haben die Änderungen des § 6 EStG aber nur zu einer teilweisen Wiederherstellung der Rechtslage vor 1999 geführt3; mit dem UntStFG4 hat der Gesetzgeber weitere Veränderungen an § 6 Abs. 5 EStG vorgenommen. Für die atypisch stille Gesellschaft ergibt sich damit folgende Situation:
22.92
Die Veräußerung von Wirtschaftsgütern zu fremdüblichen Konditionen durch den Inhaber des Handelsgewerbes an den atypisch stillen Gesellschafter führt zur Realisierung von Gewinn5 und zwar auch dann, wenn der Stille dem Geschäftsinhaber das Wirtschaftsgut weiter zur Nutzung überlässt, das Wirtschaftsgut also Sonderbetriebsvermögen des stillen Gesellschafters wird. Dasselbe gilt für Übertragungen von Wirtschaftsgütern aus dem Sonderbetriebsvermögen des Stillen an den Inhaber des Handelsgeschäfts6.
22.93
Überträgt der Inhaber des Handelsgeschäfts Wirtschaftsgüter seines Betriebsvermögens unentgeltlich auf den atypisch Stillen und stellt dieser dem Geschäftsinhaber die ihm übertragenen Wirtschaftsgüter wiederum zur Nutzung zur Verfügung, so wurde nach dem StEntlG gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG i.d.F. des StEntlG Gewinn realisiert. Nach § 6 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Satz 1 EStG n.F. sind Übertragungen von Wirtschaftsgütern vom Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft auf das Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers sowie Übertragungen zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft zwingend mit dem Buchwert vorzunehmen7. Obwohl diese Wirtschaftsgüter nicht Sonderbetriebsvermögen des Geschäftsinhabers waren und auch kein gesamthänderisch gebundenes Gesellschaftsvermögen besteht, ist diese Regelung wegen der strukturellen Vergleichbarkeit entsprechend anzuwenden8. Diesen Grundsätzen entsprechend ist auch die unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers, d.h. atypisch stillen Gesellschafters, in das Sonderbetriebsvermögen eines anderen Mitunternehmers zu Buchwerten möglich.
1 Steuersenkungsgesetz v. 23. 10. 2000, BGBl. I 2000, 1460. 2 Hierzu allgemein Brandenberg, FR 2000, 1183; Düll/Fuhrmann/Eberhard, DStR 2000, 1713; Herrmann/Neufang, BB 2000, 2599; Kloster/Kloster, GmbHR 2000, 1129; Kölpin, StuB 2000, 1131; Mitsch/Grüter, INF 2000, 620 und 651; Reiß, BB 2000, 1964; Schulze zur Wiesche, FR 2000, 976; van Lishaut, DB 2000, 1784. 3 Herrmann/Neufang, BB 2000, 2599; Schulze zur Wiesche, FR 2000, 976 (978). 4 Art. 1 Nr. 3 des Unternehmensteuerförderungsgesetz v. 20. 12. 2001, BGBl. I 2001, 3858 (3859). 5 Vgl. auch BFH v. 25. 7. 2000 – VIII R 46/99, DStR 2000, 1904 (1905). 6 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 684. 7 § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG wurde durch das UntStFG nur redaktionell geändert. 8 Ebenso Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 684 und Glanegger in L. Schmidt, § 6 EStG Rn. 542.
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Einkommensteuer
§ 22
Zu beachten ist die Behaltefrist nach § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG. Die Sperrfrist endet 3 Jahre nach Abgabe der Steuerklärung des Übertragenden für den Veranlagungszeitraum, in dem die Übertragung erfolgt ist. Werden die betreffenden Wirtschaftsgüter innerhalb dieser Sperrfrist entnommen oder veräußert, ist rückwirkend der Teilwert anzusetzen, was beim Übertragenden zu einer Realisierung stiller Reserven führt.
22.94
Zu beachten ist insbesondere bei der GmbH & Still auch der zwingende Teilwertansatz, soweit durch die Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG der Anteil eines Körperschaftssteuersubjektes an dem Wirtschaftsgut unmittelbar begründet wird oder sich erhöht, § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG, oder dies innerhalb einer Sperrfrist von 7 Jahren nach der Übertragung geschieht, § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG. Diese umstrittenen1 Vorschriften greifen ein, wenn der stille Gesellschafter bei Gründung einer GmbH & Still oder später Einzelwirtschaftsgüter in das Betriebsvermögen der GmbH einbringt. Zivilrechtlich wird die GmbH Volleigentümer, steuerrechtlich kommt es nur zu einer quotalen Aufdeckung der stillen Reserven in Höhe des Anteils der GmbH an der stillen Gesellschaft2.
22.95
Eine Übertragung nach § 6 Abs. 5 EStG hat nach § 34a Abs. 5 EStG i.d.F. des UntStRG 2008 zur Folge, dass thesaurierte begünstigte Gewinne nachzuversteuern sind, soweit die Voraussetzungen des § 34a Abs. 4 EStG gegeben sind3. Der Nachversteuerung kann der Mitunternehmer jedoch auf Antrag entgehen, wenn er den nachversteuerungspflichtigen Betrag mit überträgt.
22.96
b) Übernahme des Anteils durch einen neuen Gesellschafter aa) Entgeltliche Veräußerung bei positivem Kapitalkonto des atypisch Stillen (1) Behandlung beim ausscheidenden Gesellschafter Die entgeltliche Übertragung des Anteils an einer atypisch stillen Gesellschaft stellt ein Veräußerungsgeschäft nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG dar4. Die erzielten Veräußerungsgewinne zählen danach zu den gewerblichen Einkünften des atypisch Stillen5. Veräußerungsgewinn ist nach § 16 Abs. 2 EStG der Betrag, um
1 Wie hier Schulze zur Wiesche, BB 2003, 713 (714); Schoor/Natschke, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 128. Für eine teleologische Reduktion, da keine Missbrauchsgefahr besteht Lieber/Stifter, FR 2003, 831 (833 f.). Kritisch zum ganzen Konzept des § 6 Abs. 5 EStG Fischer in Kirchhof, § 6 EStG Rn. 188c. 2 Beispiel bei Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 128. 3 Siehe zur Thesaurierungsbegünstigung Rn. 22.77 ff. 4 Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rn. 420 ff. 5 Die Regelung des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist auch auf die atypisch stille Gesellschaft anwendbar. Der BFH hat zutreffend festgestellt, dass insoweit die Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG maßgeblich ist und es daher ohne Bedeutung ist, dass es kein Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft gibt, BFH v. 13. 7. 1993 – VIII R 85/91, BFHE 172, 416 = BStBl. II 1994, 243; BFH v. 3. 6. 1997 – VIII B 73/96, BFH/NV 1997, 838 (unter 2a). Siehe dazu auch Frystatzki, EStB 2003, 267.
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Einkommensteuer
den der Veräußerungspreis1 nach Abzug der Veräußerungskosten den Buchwert2 des Anteils übersteigt, der nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG für den Veräußerungszeitpunkt zu ermitteln ist3. Bei der Veräußerung einer atypisch stillen Beteiligung ist also der buchmäßige Wert am Veräußerungstag nach den für die Bildung eines Kapitalkontos geltenden Regeln zu ermitteln. Der Einlagebetrag erhöht sich somit um die vertragsmäßigen Anteile am laufenden Gewinn und ermäßigt sich um die ausgezahlten (entnommenen) Beträge4. Eine Veräußerung zum Buchwert des Anteils führt folglich nicht zum Entstehen eines steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns5.
22.98
Auf den Gewinn aus der Veräußerung des ganzen Mitunternehmeranteils sind grundsätzlich die Steuerbegünstigungen der §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG (vgl. zu den Einzelheiten Rn. 22.132 ff.) anwendbar. Vorsicht ist aber geboten, wenn neben dem eigentlichen Anteil an der atypisch stillen Gesellschaft auch Sonderbetriebsvermögen besteht, da je nach der gewählten Gestaltung die Erleichterungen entfallen können6. Maßgeblich für die Betrachtung der einzelnen Fallkonstellationen sind Sinn und Zweck der Begünstigungen: Die zusammengeballte Auflösung der über Jahre angesammelten stillen Reserven soll nicht ungemindert dem progressiven Steuertarif unterworfen werden7. Daher kann als Argument für die Gewährung der Steuerbegünstigung bei nur teilweiser Realisierung der stillen Reserven nicht angeführt werden, die Besteuerung der nicht realisierten stillen Reserven sei sichergestellt. Dementsprechend sind die oben genannten Begünstigungen aber anwendbar, wenn der ausscheidende Gesellschafter einer atypisch stillen Gesellschaft im Zuge der Veräußerung des Mitunternehmeranteils die Wirtschaftsgüter seines Sonderbetriebsvermögens in sein Privatvermögen überführt. Hierbei ist das Sonderbetriebsvermögen in den tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn einzubeziehen8. Anders zu beurteilen ist der Fall, wenn der Ausscheidende im zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Ausscheiden ein Wirtschaftsgut des Sonderbetriebsvermögens, das eine wesentliche Betriebsgrundlage9 darstellt, zu Buchwerten in ein anderes Betriebsvermögen überführt. Dieser Vorgang ist nicht steuerbegünstigt, da eben nicht alle stillen Reserven auf einmal auf-
1 Zum Umfang des Veräußerungspreises vgl. Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/ GewStG, § 16 EStG Rn. 386 ff.; Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rn. 265 ff. 2 Auch wenn der Mitunternehmeranteil des Ausscheidenden zu einem Betriebsvermögen gehört, ist für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns der Buchwert in der Gesamtbilanz der Personengesellschaft, deren Anteile veräußert werden, und nicht der Buchwert der Beteiligung in dem Betriebsvermögen des Gesellschafters maßgebend, BFH v. 19. 1. 1989 – I R 2/87, BStBl. II 1986, 393 unter II.3. 3 Zu den Einzelheiten vgl. Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rn. 310 ff. 4 BFH v. 29. 8. 1973 – I R 242/71, BFHE 110, 514 = BStBl. II 1974, 100. 5 Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 16 EStG Rn. 166. 6 Umfassend zur Problematik des Sonderbetriebsvermögens: Märkle, DStZ 1997, 233. 7 BFH v. 19. 3. 1991 – VIII R 76/87, BFHE 164, 260 = BStBl. II 1991, 635 unter 1. 8 BFH v. 31. 8. 1995 – VIII B 21/93, BFHE 178, 379 = BStBl. II 1998, 890 unter II. 2.; BFH v. 6. 12. 2000 – VIII R 21/00, BFHE 194, 97 = DB 2001, 456 LS 1 und unter II. 1.b). 9 Zum Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlagen siehe Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rn. 10 ff.
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gelöst werden1. Aus demselben Grund wird die Steuerbegünstigung versagt, wenn der Ausscheidende wesentliche Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens unentgeltlich zu Buchwerten auf den Erwerber überträgt2. Unschädlich ist die Überführung von Wirtschaftsgütern, die keine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen3, sofern nicht erhebliche stille Reserven in den betroffenen Wirtschaftsgütern enthalten sind. Das bedeutet, dass auch die Überführung von funktional nicht wesentlichen Wirtschaftsgütern zu Buchwerten in ein anderes Sonderbetriebsvermögen zum Wegfall der Steuererleichterungen führen kann4 (sog. funktional-quantitative Bestimmung der Wesentlichkeit). Gewinne aus der Veräußerung eines Teils eines Anteils an einer atypisch stillen Gesellschaft sind nach § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG als laufende Gewinne anzusehen, auf die folglich die Steuerbegünstigungen der §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG nicht anwendbar sind. Nachdem der BFH gegen die früher ebenfalls bestehende Begünstigung der Gewinne aus Teilanteilsveräußerungen erhebliche steuersystematische Bedenken geltend gemacht und die bisherige Praxis nur aus Gründen der Rechtssicherheit aufrechterhalten hatte5, wurde mit dem UntStFG6 eine Änderung durch den Gesetzgeber herbeigeführt.
22.99
Soweit der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten hinter dem Buchwert des Anteils zurückbleibt, entsteht ein Veräußerungsverlust. Das gilt allerdings nur dann, wenn die Veräußerung aus betrieblichen Gründen ganz oder teilweise unentgeltlich erfolgt oder die Leistungen unter kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogen sind. Nach der Rechtsprechung des BFH muss der Veräußernde nachweisen, dass eine dieser Voraussetzungen vorliegt7. Kein Veräußerungsverlust entsteht, wenn die Festsetzung des Entgelts unter dem Buchwert privat veranlasst ist8. Da die Steuerbegünstigung eines Verlustes durch § 16 EStG keinen Sinn macht, ist er als laufender Verlust i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu behandeln und damit nach den allgemeinen Regeln ausgleichs- und abzugsfähig9. Die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG10 ist nach h.A. auf Veräußerungsverluste nicht anzu-
22.100
1 BFH v. 19. 3. 1991 – VIII R 76/87, BFHE 164, 260 = BStBl. II 1991, 635 LS 1 und unter 1. Kritisch hierzu Weber, DB 1991, 2560 (2561). 2 BFH v. 6. 12. 2000 – VIII R 21/00, BFHE 194, 97 = DB 2001, 456 LS 1 und unter II. 1.b). 3 Märkle, DStZ 1997, 233 (234); Weber, DB 1991, 2560. 4 BFH v. 2. 10. 1997 – IV R 84/86, BFHE 184, 425 = BStBl. II 1998, 104. 5 BFH v. 18. 10. 1999 – GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123; BFH v. 24. 8. 2000 – IV R 51/98, BFH/NV 2000, 1554; BFH v. 6. 12. 2000 – VIII R 21/00, DStRE 2001, 309. 6 Art. 1 Nr. 5a UntStFG v. 20. 12. 2001, BGBl. I 2001, 3858 (3859). 7 BFH v. 12. 6. 1975 – IV R 10/72, BFHE 116, 341 = BStBl. II 1975, 853 unter 3b). 8 BFH v. 20. 8. 1970 – IV R 236/67, BStBl. II 1971, 83; BFH v. 27. 5. 1981 – I R 123/77, BStBl. II 1982, 211; Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 16 EStG Rn. 171. 9 Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rn. 1; Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 166. 10 Zu den Verlustnutzungsbeschränkungen im Allgemeinen siehe Rn. 22.55 ff., zu § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG, im Besonderen siehe Rn. 22.57 ff.
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wenden, da der Verlust nicht beim Inhaber, sondern originär beim stillen Gesellschafter eintritt und so kein Verlusttransfer zu befürchten ist1. (2) Exkurs: Nachträglicher Ausfall der Kaufpreisforderung
22.101 Nach den Beschlüssen des BFH vom 19. 7. 19932 ist im nachträglichen Ausfall der Kaufpreisforderung ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu sehen, mit der Folge, dass die Besteuerung des Veräußerungsgewinns rückgängig zu machen ist. Schon nach der bisherigen Rechtsprechung wurde ein rückwirkendes Ereignis, welches zur Änderung des Steuerbescheides unter entsprechender Korrektur des Veräußerungsgewinns führte, dann angenommen, wenn der Vertrag aus Rechtsgründen ganz oder teilweise rückgängig gemacht wird (z.B. Anfechtung, Wandlung, Rücktritt). Der Große Senat hat entschieden, dass die Besteuerung des Veräußerungsgewinns auch in dem Fall rückgängig zu machen ist, dass der Betriebsveräußerer mit seiner Kaufpreisforderung ausfällt, weil der Erwerber zahlungsunfähig wird. Dies ergebe sich u.a. aus der Auslegung des Begriffs „Veräußerungspreis“ in § 16 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 3 EStG, derzufolge unter diesem Ausdruck der tatsächlich erzielte Erlös zu verstehen sei. Diese Auslegung trägt, wie der Große Senat zutreffend feststellt, einerseits dem auch bei der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung eines Gewerbebetriebs maßgeblichen Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung und vermeidet andererseits ein verfassungsrechtlich bedenkliches Übermaß der Besteuerung, das dann eintreten würde, wenn der Steuerpflichtige einen Veräußerungsgewinn zu versteuern hätte, der real nicht existent ist.
22.102 Problematisch könnte die Konstellation sein, in der sich der Veräußerer am Unternehmen des Erwerbers als (typisch) stiller Gesellschafter beteiligt, als Vermögenseinlage seine Kaufpreisforderung einbringt und dann der Erwerber zahlungsunfähig wird. In diesem Falle dürfte das Vorliegen eines rückwirkenden Ereignisses i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO aber zu verneinen sein, da der Erwerber seine Verpflichtung aus dem Kaufvertrag dadurch erfüllt, dass er dem Veräußerer die Beteiligung als stiller Gesellschafter einräumt3.
22.103 Die Entscheidungen des Großen Senats sind zwar nur zur Veräußerung eines ganzen Betriebes ergangen, doch gelten die Grundsätze dieser Rechtsprechung auch für die Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Da die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils der Veräußerung eines ganzen Betriebs insofern gleichsteht, als für beide Fälle die besonderen Steuervergünstigungen nach §§ 16, 34 EStG gelten, muss die nach1 Kessler/Reitsam, StuB 2004, 97 (99); Intermann, NWB Fach 3, S. 13077; Schild, JbFfSt 2003/2004, 280 (281); a.A. Ronge, FR 2004, 78 (79). 2 BFH v. 19. 7. 1993 – GrS 1/92, BStBl. II 1993, 894 = FR 1993, 848; BFH v. 19. 7. 1993 – GrS 2/92, BStBl. II 1993, 897 = FR 1993, 845. Aus der nachfolgenden Rechtsprechung: BFH v. 7. 12. 1993 – VIII R 55/86, BFH/NV 1994, 542 (Entscheidung des vorlegenden Senats); BFH v. 10. 2. 1994 – IV R 37/92, BFHE 174, 140 = BStBl. II 1994, 564 (zur Betriebsaufgabe). 3 So Bordewin, FR 1994, 555 (560).
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trägliche Änderung des Veräußerungspreises bei beiden Rechtsvorgängen dieselbe steuerliche Rechtsfolge auslösen1. (3) Behandlung beim eintretenden Gesellschafter Zur Ermittlung des Gewinns oder Verlustes aus der Veräußerung eines Gesellschaftsanteils oder aus der Auflösung der Gesellschaft müssen die individuellen Anschaffungskosten des einzelnen Gesellschafters festgehalten und fortgeschrieben werden. Wenn der eintretende Gesellschafter dem Ausscheidenden einen vom Betrag des Kapitalkontos abweichenden Veräußerungspreis zahlt, muss der Mehrbetrag oder Minderbetrag in einer Ergänzungsbilanz erfasst werden2.
22.104
Bei einem gezahlten Mehrbetrag sind zunächst Aufstockungen auf die Buchwerte der Wirtschaftsgüter der Gesellschaft und auf einen nicht aktivierten Geschäftswert vorzunehmen, die in der Folge entsprechend dem Verbrauch dieser Wirtschaftsgüter erfolgsmindernd abgeschrieben werden. Sollte der Erwerbspreis die stillen Reserven der Gesellschaft übersteigen und kommt eine weitere Aufstockung der Buchwerte daher nicht in Betracht, so ist in der Ergänzungsbilanz des Erwerbers ein Ausgleichsposten zu aktivieren und gegen künftige Gewinnanteile des Erwerbers erfolgsmindernd abzuschreiben.
22.105
Bei einem gezahlten Minderbetrag sind entsprechend in der Ergänzungsbilanz auf die Wirtschaftsgüter Abstockungen vorzunehmen, die laufend erfolgserhöhend aufzulösen sind. Eine nach Abstockung verbleibende Differenz ist zu passivieren und laufend erfolgserhöhend aufzulösen3.
22.106
bb) Entgeltliche Veräußerung bei negativem Kapitalkonto des atypisch Stillen (1) Behandlung beim ausscheidenden Gesellschafter Übernimmt der eintretende Gesellschafter das negative Kapitalkonto des Ausscheidenden, so entsteht bei diesem ein Veräußerungsgewinn in Höhe des negativen Kapitalkontos im Zeitpunkt der Veräußerung. Der Gewinn erhöht sich um ein zusätzlich vom Erwerber geleistetes Barentgelt und ermäßigt sich um eventuelle Veräußerungskosten4. Eine Leistung des ausscheidenden Gesell-
1 Vgl. Bordewin, FR 1994, 555 (557 f.). Diese Argumentation ist auch durch das UntStFG nicht hinfällig geworden, da zwar die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen und Teilanteilen daran nicht mehr gleich behandelt wird, aber die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen wie die Betriebsveräußerung steuerbegünstigt bleibt. 2 Döllerer, DStR 1985, 295 (299 f.); Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rn. 481. 3 BFH v. 21. 4. 1994 – IV R 70/92, DStR 1194, 1305 (KG); BFH v. 28. 3. 2007 – IX R 53/04, BFH/NV 2007, 1845. 4 BFH v. 26. 5. 1981 – IV R 47/78, BFHE 134, 15 = BStBl. II 1981, 795 unter 2.a).
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schafters an die Gesellschaft verringert den Veräußerungsgewinn1, da sich insoweit der Betrag des negativen Kapitalkontos verringert.
22.108 Durch die entgeltliche Veräußerung des Mitunternehmeranteils wird das negative Kapitalkonto nicht mit seinem steuerrechtlichen Inhalt als einer Summe ausgleichsfähiger und abzugsfähiger Verluste übertragen. Das bedeutet, dass der verrechenbare Verlust nicht auf den neuen Gesellschafter übergeht. Vielmehr mindert der verrechenbare Verlust den Veräußerungsgewinn beim ausscheidenden Gesellschafter2. (2) Behandlung beim eintretenden Gesellschafter
22.109 Beim Erwerb eines Anteils an einer atypisch stillen Gesellschaft mit negativem Kapitalkonto entstehen Anschaffungskosten in Höhe des negativen Kapitalkontos zuzüglich eines gegebenenfalls gezahlten zusätzlichen Barentgelts. Diese Anschaffungskosten sind in einer Ergänzungsbilanz des Erwerbers durch Aufstockungen auf die Buchwerte der Wirtschaftsgüter der Gesellschaft und einen nicht aktivierten Geschäftswert zu aktivieren. Entsprechend dem Verbrauch dieser Wirtschaftsgüter sind gewinnmindernde Abschreibungen vorzunehmen. Im Übrigen wirkt sich die Ergänzungsbilanz gewinnmindernd bei der Realisierung stiller Reserven sowie bei der Aufgabe oder Veräußerung der Beteiligung aus3. Unklar ist die Vorgehensweise, wenn das negative Kapitalkonto den Wert der auf den stillen Gesellschafter entfallenden Anteile an den stillen Reserven sowie am Firmenwert übersteigt. Nach Ansicht des IV. Senats stellt der Differenzbetrag keinen Erwerbsverlust dar, sondern ist als Ausgleichsposten in der Ergänzungsbilanz des Erwerbers zu aktivieren, der später gewinnmindernd aufzulösen ist4. Der VIII. Senat hält hingegen die Aktivierung eines Ausgleichspostens für entbehrlich. Der Restbetrag kann danach zu Sonderbetriebsausgaben führen5. cc) Die unentgeltliche Übertragung
22.110 Eine unentgeltliche Übertragung liegt vor, wenn sich die Beteiligten darüber einig sind, dass der Anteil aufgrund einer Schenkung übergehen soll. Unentgeltlich sind insbesondere Übertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge sowie unter den Voraussetzungen der Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen. Eine unentgeltliche Übertragung kann auch bei negati1 Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 16 EStG Rn. 190. Vgl. auch BFH v. 26. 5. 1981 – IV R 47/78, BFHE 134, 15 = BStBl. II 1981, 795 (unter 2b) für den Fall einer Bürgschaft. 2 BFH v. 14. 6. 1994 – VIII R 37/93, BFHE 176, 10 = BStBl. II 1995, 246 unter 3.c). Ebenso Rödder/Schumacher, DB 1998, 99. 3 BFH v. 21. 4. 1994 – IV R 70/92, BFHE 174, 413 = BStBl. II 1994, 745 unter 5.a) und LS 3); Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rn. 225. 4 BFH v. 21. 4. 1994 – IV R 70/92, BFHE 174, 413 = BStBl. II 1994, 745 unter 5.a) und LS 3); Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 16 EStG Rn. 195. 5 BFH v. 14. 6. 1994 – VIII R 37/93, BFHE 176, 10 = BStBl. II 1995, 246 (unter 3). Hierzu ausführlich Gschwendtner, DStR 1995, 914.
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vem Kapitalkonto vorliegen, jedenfalls dann, wenn stille Reserven bestehen und bei Weiterführung des Unternehmens eine Gewinnchance besteht. Bei Vermögensübertragungen zwischen Fremden wird widerlegbar vermutet, dass die Leistungen kaufmännisch gegeneinander abgewogen sind, also ein entgeltliches Geschäft vorliegt1. Überträgt der atypisch stille Gesellschafter seinen Anteil an der Mitunternehmerschaft unentgeltlich, so ist für die Übertragung der Buchwert des Anteils anzusetzen2; es entsteht also kein Veräußerungsgewinn. Dies gilt nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG n.F. auch für die unentgeltliche Übertragung eines Teilanteils. Aufgrund der durch das UntStFG3 geschaffenen Rechtslage führt das Zurückbehalten von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens durch den Stillen nicht zum Entstehen eines Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns, sofern die Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen verbleiben und der Rechtsnachfolger den übernommenen Mitunternehmeranteil innerhalb von fünf Jahren nicht veräußert oder aufgibt.
22.111
Bei der unentgeltlichen Übertragung ist die Schenkungsteuerpflicht zu beachten.
22.112
c) Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft Die Auflösung einer zweigliedrigen atypisch stillen Gesellschaft kann einerseits dadurch erfolgen, dass der Stille aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet und der Geschäftsbetrieb durch den Inhaber als Einzelunternehmen weitergeführt wird. Für den ausscheidenden Stillen handelt es sich um ein Veräußerungsgeschäft, das nach den oben entwickelten Grundsätzen zu behandeln ist (vgl. Rn. 22.97). Verzichtet der ausscheidende stille Gesellschafter auf die Rückzahlung eines Teils seiner Einlage, um Auseinandersetzungen über die Höhe der Abfindung zu vermeiden, entsteht danach beim Ausscheidenden insoweit ein betrieblich veranlasster Veräußerungsverlust, dem ein entsprechender laufender Gewinn des Geschäftsinhabers gegenübersteht4. Erfolgt dieser Verzicht dagegen aus familiären Gründen, liegen weder ein Verlust des Ausscheidenden noch ein Gewinn des Geschäftsinhabers vor. Stattdessen ist der Unterschiedsbetrag als Einlage anzusehen, die das Eigenkapital des Geschäftsinhabers erhöht5.
22.113
Die Behandlung eines Veräußerungsgewinns des Ausscheidenden auf Seiten des Geschäftsinhabers ist umstritten. Ausgehend vom zivilrechtlichen Befund, dass der Inhaber des Geschäftsbetriebes sachenrechtlich bereits vor dem Ausscheiden Alleineigentümer des Betriebsvermögens war, wird in der Literatur vertreten, dass der die Buchkapitalkonten des ausscheidenden Gesellschaf-
22.114
1 BFH v. 10. 3. 1998 – VIII R 76/96, BFHE 186, 50 = BStBl. II 1999, 269 unter II. 2.c); Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rn. 431 f. 2 Zweifelnd Carlé/Fuhrmann, FR 2006, 749. 3 Art. 1 Nr. 3a UntStFG, BGBl. I 2001, 3858 (3859). 4 Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 16 EStG Rn. 205. 5 Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 16 EStG Rn. 208.
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ters übersteigende Betrag beim Geschäftsinhaber als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe zu behandeln und nicht zu aktivieren ist1. Hiergegen wenden sich die überwiegende Literaturauffassung und die Rechtsprechung. Als Bezugspunkt hierfür ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgeblich, wonach der Gesellschaftsanteil des atypisch stillen Gesellschafters aufgrund der schuldrechtlichen Beteiligung an den stillen Reserven in ideellen Anteilen am Betriebsvermögen zu sehen ist. Wenn der Mehrbetrag dementsprechend für die in dem Unternehmen vorhandenen stillen Reserven gezahlt worden ist, sind die Werte derjenigen Wirtschaftsgüter, bei denen stille Reserven offen gelegt wurden, entsprechend zu erhöhen mit der Maßgabe, dass sich die Absetzungen für Abnutzung künftig nach diesen höheren Werten bemessen. Übersteigt der Mehrbetrag die stillen Reserven, kann er für einen anteiligen Firmenwert gezahlt sein. Der auf den Firmenwert entfallende Abfindungsbetrag ist auf einem Konto „Geschäfts- oder Firmenwert“ zu aktivieren und gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG innerhalb von 15 Jahren abzuschreiben2.
22.115 Ein Veräußerungsverlust des Ausscheidenden führt demgegenüber beim Inhaber zu einem Gewinn. Die Buchwerte der bilanzierten Wirtschaftsgüter sind anteilig herabzusetzen, während der Ausweis eines negativen Geschäftswertes jedoch nicht möglich ist3.
22.116 Lässt sich bei einer stillen Gesellschaft nicht feststellen, dass der stille Gesellschafter aufgrund besonderer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag bei einer Auflösung der Gesellschaft durch Kündigung ein Auseinandersetzungsguthaben erhalten hätte, bei dessen Berechnung auch ein Geschäftswert zu berücksichtigen wäre, so kann allein aus der Tatsache, dass der stille Gesellschafter eine über seine Einlage und über seinen Anteil an den stillen Reserven der bilanzierten Wirtschaftsgüter hinausgehende Abfindung erhalten hat, jedenfalls dann nicht zwingend auf den Erwerb eines Anteils an einem Geschäftswert geschlossen werden, wenn die Möglichkeit besteht, dass das stille Gesellschaftsverhältnis einvernehmlich vorzeitig aufgelöst wurde und die Abfindung insgesamt nicht höher ist als die Summe der Gewinnanteile, die der stille Gesellschafter bei Fortdauer des Gesellschaftsverhältnisses bis zum Zeitpunkt der erstmöglichen ordentlichen Kündigung mutmaßlich erhalten hätte. Denn in diesem Falle erlangt der Inhaber des Handelsgeschäfts durch die Abfindungszahlung jedenfalls den Vorteil des vorzeitigen Wegfalls einer befristeten Beteiligung des stillen Gesellschafters an künftigen Gewinnen. Der Abfindungsbetrag ist zu aktivieren, da der Inhaber des Handelsgewerbes mit dieser Abfindungszahlung einen betrieblichen Vorteil (Befreiung von einer befristeten Verpflichtung zur Abführung von Teilen des laufenden Gewinns an einem Dritten) erlangt hatte, der als abnutzbarer Vermögensgegenstand im handelsrechtlichen Sinne und als abnutzbares Wirtschaftsgut im einkommensteuerrechtlichen Sinne zu beurteilen und demgemäß mit den Anschaffungskosten
1 Langholz/Vahle, DStR 2000, 763 (765); Wahl in FS Beisse, S. 524 ff. 2 BFH v. 3. 6. 1997 – VIII B 73/969, BFH/NV 1997, 838 = GmbHR 1998, 201 (nur LS) unter 2a) und LS 1; Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rn. 421 und 496. 3 Ausführlich Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rn. 511.
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zu aktivieren ist. Auf die Anschaffungskosten sind AfA nach Maßgabe der Nutzungsdauer vorzunehmen1. Die vorstehenden Erwägungen zeichnen auch die steuerrechtliche Bewertung vor, wenn der Geschäftsbetrieb an den atypisch stillen Gesellschafter veräußert und durch diesen als Einzelunternehmer fortgeführt wird. Sachenrechtlich erwirbt der Stille erstmals und vollumfänglich Eigentum an den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens. Einkommensteuerrechtlich erwirbt der Stille aber nur die wertmäßig auf den Inhaber des Handelsgeschäfts entfallenden Anteile des Betriebsvermögens. Daraus folgt, dass der (ehemalige) Stille die in der Abfindung des ursprünglichen Geschäftsinhabers berücksichtigten stillen Reserven aktivieren muss, dass aber eine Realisierung der auf ihn entfallenden Anteile an den stillen Reserven ausgeschlossen ist2.
22.117
Einen Sonderfall stellt die Abfindung des lästigen Gesellschafters dar. Als lästig ist ein Gesellschafter anzusehen, wenn durch sein Verhalten eine Schädigung des Betriebes droht, so dass im betrieblichen Interesse seine Ausschaltung geboten ist, aber auch dann, wenn die Vertrauensgrundlage unter den Gesellschaftern zerstört ist. Wird einem lästigen Gesellschafter ein höherer Betrag als der Wert seines Anteils (also des Buchwerts zuzüglich des Anteils an den stillen Reserven usw.) gezahlt, um ihn zum Ausscheiden zu bewegen, kann der ausbezahlte Mehrbetrag als Betriebsausgabe behandelt werden, während der auf den ausgeschiedenen lästigen Gesellschafter entfallende Anteil an den stillen Reserven und einem Geschäftswert zu aktivieren ist3. Nach der Rechtsprechung müssen die verbleibenden Gesellschafter dartun, dass ein über den Wert des Anteils hinausgehender Betrag gezahlt wurde und insoweit stille Reserven bzw. ein Geschäftswert nicht vorhanden waren4.
22.118
d) Besonderheiten bei der Auflösung einer GmbH & atypisch Still: Einbringung des Anteils an der atypisch stillen Gesellschaft in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten Die atypisch stille Gesellschaft ist ein häufig verwendetes Verlustvehikel, um Verluste, die etwa bei der Aufnahme des Geschäftsbetriebs einer GmbH auftreten, für den/die GmbH-Gesellschafter steuerlich nutzbar zu machen, um also den Verlustausgleich mit anderen positiven Einkünften der Gesellschafter zu ermöglichen5. Nach der Anlaufphase kann aber der Wunsch bestehen, die atypisch stille Gesellschaft aufzulösen. Besondere Probleme entstehen hierbei, weil der GmbH-Anteil als Sonderbetriebsvermögen II des Gesellschafters der atypisch stillen Gesellschaft anzusehen sind.
22.119
Ein Lösungsansatz kann in der Einbringung einer atypisch stillen Beteiligung in eine Kapitalgesellschaft, insbesondere GmbH, gegen Gewährung von Ge-
22.120
1 BFH v. 10. 8. 1978 – IV R 54/74, BFHE 126, 185 = BStBl. II 1979, 74 m. Anm. Paulick, StRK-Anm. EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 R. 331. 2 Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rn. 422. 3 Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 16 EStG Rn. 183 ff. m.w.N. 4 BFH v. 29. 10. 1991 – VIII R 148/85, BFHE 167, 309 = BStBl. II 1992, 647 unter 2. 5 Zu den Verlustnutzungsbeschränkungen siehe Rn. 22.55 ff.
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sellschaftsrechten gesehen werden1. Nach überwiegender Ansicht2 kann in derartigen Fällen eine Gewinnrealisierung durch die direkte oder analoge Anwendung von § 20 UmwStG vermieden werden. Dabei sind zwei Fallkonstellationen voneinander zu unterscheiden: (1) Die atypisch stille Beteiligung an einem anderen Unternehmen wird gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die übernehmende GmbH eingebracht, wodurch diese selbst anstelle des Einbringenden atypisch stille Gesellschafterin wird. Diese Variante dürfte jedoch seit Einführung des § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG unattraktiv geworden sein, soweit weiterhin Interesse an einem Verlusttransfer besteht, da eine Verlustverrechnung bei einer Kapitalgesellschaft als stiller Gesellschafterin nur noch mit Gewinnen derselben stillen Beteiligung möglich ist (siehe dazu Rn. 22.57 ff.). (2) Die atypisch stille Beteiligung an der aufnehmenden GmbH wird gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht und erlischt dadurch. Die Umwandlung vollzieht sich als Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage. Der stille Gesellschafter leistet seine Sacheinlage dadurch, dass er der Kapitalgesellschaft gegenüber auf die Auszahlung seines durch die Auflösung der stillen Gesellschaft bedingten Auseinandersetzungsanspruches verzichtet3. Von dieser Fallvariante strikt zu trennen ist die unentgeltliche Übertragung der atypisch stillen Beteiligung am Handelsgeschäft einer GmbH auf diese durch den alleinigen Anteilseigner. Mangels Ausgabe neuer Anteile ist § 20 UmwStG nicht anwendbar. Das FG Nürnberg hat hier eine verdeckte Einlage unter Realisierung des Aufgabegewinns gesehen4.
22.121 Auf die beiden Fälle ist § 20 UmwStG anzuwenden5. Diese Vorschrift räumte bis zum 12. 12. 2006 der übernehmenden Kapitalgesellschaft ein Wahlrecht zum Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens mit dem Buchwert, dem Teilwert oder jedem Zwischenwert ein (§ 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG a.F.). Sowohl der Veräußerungspreis als auch die Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile ergaben sich gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG a.F. aus dem Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft die Sacheinlage ansetzt. Ein etwaiger Veräußerungsgewinn berechnete sich aus der Differenz zwischen dem Wertansatz des eingebrachten Betriebsvermögens in der Steuerbilanz der Kapitalgesellschaft im Jahr der Einbringung einerseits und den bisherigen steuerlichen Buchwerten beim Einbringenden andererseits6. Da die übernehmende Kapitalgesellschaft gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG a.F. die bisherigen Buchwerte 1 Zu weiteren Ansätzen einer steuerneutralen Beendigung von stillen Beteiligungen siehe Ronge, FR 2004, 78. 2 Costede, StbKRep 1987, 239 (257); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/ UmwStG, § 20 UmwStG Rn. 133 ff. 3 Häger/Forst, EStB 2000, 72. 4 FG Nürnberg v. 13. 9. 2000 – V 479/98, EFG 2001, 566 m. Anm. Braun. Das Verfahren wurde nach Rücknahme der Revision (Az. des BFH: IV R 2/01) eingestellt. Da durch die Überführung der Beteiligung ins Privatvermögen alle stillen Reserven aufgedeckt werden, können aber die Vergünstigungen der §§ 16 und 34 EStG in Anspruch genommen werden. 5 BMF v. 25. 3. 1998 – IV B 7-S 1978-21/98, BStBl. I 1998, 268 (326), Tz. 20.01. 6 Herrmann in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 20 UmwStG Rn. 157.
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fortführen konnte, ließ sich auf diese Weise eine Gewinnrealisierung vermeiden. Ein Einbringungsgewinn entstand demnach nur dann, wenn die übertragenen Wirtschaftsgüter nicht zu ihren bisherigen Buchwerten, sondern freiwillig zu Zwischen- oder Teilwerten bilanziert wurden1. Aufgrund der Änderungen des UmwStG durch das SEStEG2 ist bei Einbringungen nach dem 12. 12. 2006 (§ 27 UmwStG) das eingebrachte Betriebsvermögen grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Ausnahmsweise kann auf Antrag der Buchwert oder ein Zwischenwert angesetzt werden, soweit das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des eingebrachten Betriebsvermögens nicht eingeschränkt wird, § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG3. Eine Realisierung von stillen Reserven lässt sich daher nur noch vermeiden, wenn das eingebrachte Betriebsvermögen auf Antrag zum Buchwert angesetzt wird.
22.122
Zur Vermeidung der Realisierung von stillen Reserven ist daher darauf zu achten, dass der Ausgabebetrag der neuen Anteile den Buchwert des Einlagekontos des stillen Gesellschafters nicht übersteigt. Sollte das Kapitalkonto des stillen Gesellschafters negativ sein, so ist mindestens ein Wert in Höhe von null (steuerliches Mindestkapital) anzusetzen4. Ein negatives Kapitalkonto führt daher zur Aufdeckung von stillen Reserven und zu Zuschreibungen bei den betreffenden Wirtschaftsgütern5.
22.123
Gemäß § 20 Abs. 5 UmwStG a.F. war auch auf einen bei der Sacheinlage entstehenden Gewinn der ermäßigte Steuersatz für außerordentliche Einkünfte (§ 34 EStG) anzuwenden, sofern es sich bei dem Einbringenden um eine natürliche Person handelte6. In den Genuss des Freibetrags des § 16 Abs. 4 EStG kam der Einbringende allerdings nur, wenn die aufnehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen zum Teilwert ansetzte (§ 20 Abs. 5 Satz 2 UmwStG a.F.), also die stillen Reserven vollständig aufgedeckt wurden Seit dem 12. 12. 2006 ist für die Inanspruchnahme bei der Begünstigungen erforderlich, dass das eingebrachte Betriebsvermögen zum gemeinen Wert angesetzt wird, § 20 Abs. 4 UmwStG. Wie bisher werden die Begünstigungsvorschriften auch nicht gewährt, wenn es sich lediglich um die Einbringung von Teilen eines Mitunternehmensanteils handelt.
22.124
Bis zum 12. 12. 2006 erforderte die steuerliche Buchwertfortführung aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes (§ 5 Abs. 1 EStG a.F.) nach h.A. die Fortfüh-
22.125
1 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwStG Rn. 378. 2 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften v. 7. 12. 2006, BGBl. I 2006, 2782. 3 Nach Benz/Rosenberg in Blumberg/Schäfer, SEStEG, F III 2b), ist eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts i.S. des § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG nur bei Einbringung von im Betriebsvermögen gehaltenen 100%igen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften denkbar. 4 Friederichs in Haritz/Benkert, § 20 UmwStG Rn. 133. 5 Häger/Forst, EStB 2000, 72 (73). 6 Die Änderung des § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG a.F. durch Art. 5 StSenkG bleibt hier ohne Auswirkungen, da der Veräußerungsgewinn aus der stillen Gesellschaft nicht unter das Halbeinkünfteverfahren fällt.
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rung der Buchwerte in der Handelsbilanz. Das bedeutete, dass der im Kapitalerhöhungsbeschluss festzusetzende Ausgabebetrag der neuen Anteile den Buchwert des Einlagekontos des atypisch stillen Gesellschafters nicht übersteigen durfte1. Ausnahmsweise war ein steuerrechtlicher Ansatz mit dem Buchwert zulässig, wenn handelsrechtlich eine höhere Bewertung geboten war (§ 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG a.F.). Beispielsweise war aufgrund des Verbots der Unterpari-Emission (§ 9 AktG) eine Aufdeckung stiller Reserven bis zum Erreichen des Nennbetrages geboten, wenn der Buchwert des Einlagekontos den Nennbetrag der neuen Anteile (etwa aufgrund von Verlustzuweisungen) nicht deckt. Ein handelsrechtlicher Zwang zur Höherbewertung konnte sich auch zur zutreffenden Darstellung der Beteiligungsverhältnisse ergeben. In der Steuerbilanz war daher ein entsprechender Ausgleichsposten auszuweisen, der aber keinen Bestandteil des Betriebsvermögens darstellte2. Im Rahmen der Änderungen des UmwStG durch das SEStEG wurde das Maßgeblichkeitsprinzip im Umwandlungsrecht aufgegeben3, so dass der steuerliche Ansatz nicht mehr dem handelsbilanziellen folgen muss. Die Abweichung der Steuerbilanz von der Handelsbilanz ist dann permanent4.
22.126 Nach der h.M. einschließlich der Rechtsprechungsauffassung umfasst der Mitunternehmeranteil auch wesentliche Betriebsgrundlagen, die ein Mitunternehmer in seinem Sonderbetriebsvermögen hält. Hieraus wird gefolgert, dass § 20 UmwStG nicht anwendbar ist, wenn der atypisch stille Gesellschafter wesentliche Betriebsgrundlagen aus seinem Sonderbetriebsvermögen zurückbehält5. Es ist dann von einer Aufgabe des Mitunternehmeranteils auszugehen, die steuerbegünstigt ist, sofern alle stillen Reserven aufgelöst werden6. 1 Friederichs in Haritz/Benkert, § 20 UmwStG Rn. 176; Thiel/Eversberg/van Lishaut/ Neumann, GmbHR 1998, 397 je m.w.N. A.A. Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwStG Rn. 239 ff.; kritisch auch Rödder, DStR 1997, 1353. 2 BMF v. 25. 3. 1998 – IV B 7-S 1978-21/98, BStBl. I 1998, 268 (329), Tz. 20.26 ff.; Häger/ Forst, EStB 2000, 72; Friederichs in Haritz/Benkert, § 20 UmwStG Rn. 187. 3 BT-Drucks. 16/2710, S. 43. 4 Benz/Rosenberg in Blumberg/Schäfer, SEStEG, E II 2b) cc). 5 BFH v. 16. 2. 1996 – I R 183/94, BStBl. 1996 II, 342 = GmbHR 1996, 549 (550 f.); Ott, GStB 2000, 375 (376); Herrmann in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 20 UmwStG Rn. 60 f. Unstreitig dürfte sein, dass die Zurückbehaltung nicht wesentlicher Betriebsgrundlagen die Anwendung von § 20 UmwStG nicht ausschließt. vgl. etwa Ott, GStB 2000, 375 (376); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwStG Rn. 148 ff. Teilweise wird vertreten, dass nicht allein die zivilrechtliche Eigentumsübertragung die Anwendbarkeit von § 20 UmwStG eröffnet, sondern auch die Verschaffung ausreichend gesicherter obligatorischer Nutzungsrechte. Es sei völlig vergleichbar, wenn die GmbH aufgrund eines Nutzungsrechts das Wirtschaftsgut nutzen könne wie vorher die Mitunternehmerschaft, Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 VII 3b, bb; anders dagegen: Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwStG Rn. 52 f. Vgl. auch die Nachweise zum Meinungsstand in BFH v. 16. 2. 1996 – I R 183/94, BStBl. II 1996, 342 = GmbHR 1996, 549 (551). Diese Auffassung konnte sich allerdings nicht durchsetzen und wird vom BFH v. 16. 2. 1996 – I R 183/94, BStBl. II 1996, 342 = GmbHR 1996, 549 (551) ausdrücklich abgelehnt. 6 Herrmann in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 20 UmwStG Rn. 60; Ott, GStB 2000, 375 (376). Die stillen Reserven werden aufgelöst, wenn das Sonderbetriebsvermögen
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Umstritten ist die Frage, ob Sonderbetriebsvermögen II, insbesondere eine GmbH-Beteiligung des atypisch Stillen einer GmbH & Still, als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen ist. Nach der Rechtsprechung und h.M. im Schrifttum ist der Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage normspezifisch auszulegen. Danach ist im Zusammenhang mit Umwandlungsfällen i.S. von § 20 UmwStG eine rein funktionale Betrachtung maßgeblich1. Da Sonderbetriebsvermögen II per definitionem nur dazu bestimmt ist, der Beteiligung zu dienen, kann es bei funktionaler Betrachtung keine wesentliche Betriebsgrundlage sein2. Das bedeutet, dass die GmbH-Anteile, die der atypisch stille Gesellschafter bereits aus rechtlichen Gründen nicht auf die GmbH übertragen kann, die Anwendung von § 20 UmwStG nicht verhindern.
22.127
Klarstellend sei darauf hingewiesen, dass auf die Einbringung einer typischen stillen Beteiligung § 20 UmwStG keine Anwendung findet. Diese wird nach den allgemeinen Vorschriften über die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter behandelt3.
22.128
e) Veräußerung des Geschäftsbetriebs Wird der Geschäftsbetrieb durch dessen Inhaber veräußert, besteht die Möglichkeit, dass mit Zustimmung des atypisch stillen Gesellschafters die Gesellschaft mit dem neuen Inhaber fortgeführt wird (siehe auch Rn. 12.15 ff.)4. Das gilt auch für Umwandlungen des Trägers des Handelsgeschäftes unter Fortführung der atypisch stillen Gesellschaft. Bei Fortführung ergeben sich keine einkommensteuerrechtlichen Folgen für den atypisch stillen Gesellschafter5. Sofern dies nicht beabsichtigt ist, kommt es zur Auflösung der stillen Gesellschaft, wobei ein steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn entstehen kann.
22.129
f) Auswirkungen von Übertragung der stillen Beteiligung und Ausscheiden des stillen Gesellschafters auf den Zinsvortrag nach § 4h Abs. 4 EStG n.F. und das Thesaurierungsguthaben nach § 34a Abs. 3 EStG n.F. Mit Einführung der Zinsschranke nach § 4h EStG durch die Unternehmensteuerreform 20086 sind Finanzierungsaufwendungen des atypischen stillen
1 2
3 4 5 6
in das Privatvermögen überführt wird, aber nicht, wenn die Wirtschaftsgüter zu Buchwerten in ein anderes Betriebsvermögen oder das zu einem anderen Mitunternehmeranteil gehörenden Sonderbetriebsvermögen überführt werden. Vgl. hierzu Rn. 22.87 ff. BFH v. 2. 10. 1997 – IV R 84/96, BFHE 184, 425 = BStBl. II 1998, 104; Märkle, DStR 2000, 797 (801); Ott, GStB 2000, 375 (377 f.). BFH v. 16. 2. 1996 – I R 183/94, BFHE 180, 97 = BStBl. II 1996, 342 = GmbHR 1996, 549 unter II.1.d); Friederichs in Haritz/Benkert, § 20 UmwStG Rn. 113. A.A. Herrmann in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 20 UmwStG Rn. 61. Crezelius, JbFStR 1994/95, 301. Hild/Schuch, DB 1993, 181 (185). Honert, EStB 2001, 237. UntStRG 2008 v. 14. 8. 2007, BGBl. I 2007, 1912.
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Gesellschafters nur noch beschränkt abziehbar. Soweit Zinszahlungen aufgrund der Beschränkungen nicht in dem Jahr berücksichtigt werden können, in welchem sie angefallen sind, sind sie nach § 4h Abs. 4 EStG gesondert als Zinsvortrag festzustellen (vgl. zur Zinsschranke Rn. 22.45 ff.). Bei Ausscheiden des stillen Gesellschafters oder Übertragung der stillen Beteiligung ist zu bedenken, dass der Zinsvortrag anteilig untergeht, § 4h Abs. 5 EStG1.
22.131 Die Betriebsveräußerung oder -aufgabe i.S. des § 16 Abs. 1 und 3 EStG führt ebenso wie die Einbringung eines Mitunternehmensanteils in eine Kapitalgesellschaft zwingend zur Nachversteuerung des nachversteuerungspflichtigen Betrages, es besteht lediglich die Möglichkeit der Stundung der geschuldeten Einkommensteuer, § 34a Abs. 6 EStG Bei der unentgeltlichen Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG hat der Rechtsnachfolger den nachversteuerungspflichtigen Betrag fortzuführen, § 34a Abs. 7 EStG, es sei denn, der Übertragende beantragt die Nachversteuerung selbst. Der nachversteuerungspflichtige Betrag ist nach § 34a Abs. 4 EStG mit 25 % zu versteuern, die Steuerbegünstigungen nach §§ 16 und 34 EStG sind hingegen nicht anzuwenden (vgl. zur Thesaurierung und Nachversteuerung Rn. 22.79 ff.). g) Steuerbegünstigung nach §§ 16 und 34 EStG aa) Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG
22.132 Für Veräußerungsgewinne kann nach § 16 Abs. 4 EStG durch natürliche Personen ein Freibetrag in Höhe von derzeit 45 000 Euro2 geltend gemacht werden. Der Freibetrag kann nur einmal im Leben und nur dann gewährt, wenn der Veräußerer das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. Der Freibetrag wird nur auf Antrag gewährt. Er wird um den Betrag ermäßigt, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro3 übersteigt (Abschmelzungsregelung). Bei einem Veräußerungsgewinn in Höhe von derzeit 181 000 Euro ist der Freibetrag daher vollständig abgeschmolzen. Für die Altersgrenze ist auf den Zeitpunkt der Veräußerung, d.h. den Übergang des (zumindest wirtschaftlichen) Eigentums, abzustellen4. Bei Betriebsveräußerung wegen dauernder Berufsunfähigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne kann auch auf das Rechtsgeschäft abgestellt werden, mit dem die Veranlassungskette rechtlich bindend in Gang gesetzt wurde5.
22.133 Der Freibetrag ist als personenbezogene, die individuelle Leistungsfähigkeit berücksichtigende Vergünstigung in vollem Umfang zu berücksichtigen, ob1 Zu Ausnahmen aufgrund der durch das Bürgerentlastungsgesetz v. 16. 7. 2009 (BGBl. I 2009, 1959) eingeführten Sanierungsklausel siehe Fey/Neyer, DB 2009, 1368. 2 Bis zum VZ 2003 noch 51 200 Euro. 3 Bis zum VZ 2003 noch 154 000 Euro. 4 BFH v. 21. 9. 1995 – IV R 1/95, BStBl. II 1995, 893; Stuhrmann in Blümich, EStG/ KStG/GewStG, § 16 EStG Rn. 460; Wendt, FR 2000, 1199 (1201); wohl a.A. Hötzel in Schaumburg/Rödder, Unternehmenssteuerreform 2001, S. 335. 5 BFH v. 21. 9. 1995 – IV R 1/95, BStBl. II 1995, 893.
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wohl der atypisch stille Gesellschafter nur einen Anteil am Betriebsvermögen veräußert1. bb) Sondertarife nach § 34 EStG Veräußerungsgewinne sind antragsunabhängig nach § 34 Abs. 1 EStG zu besteuern2. Bei dieser sog. Fünftelregelung beträgt die für den Veräußerungsgewinn anzusetzende Einkommensteuer das Fünffache des Unterschiedsbetrages zwischen der Einkommensteuer auf das zu versteuernde Einkommen ohne Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns und der Einkommensteuer auf das zu versteuernde Einkommen unter Berücksichtigung eines Fünftels des Veräußerungsgewinns. Durch wird das Zufließen des Veräußerungsgewinns über einen Zeitraum von fünf Jahren simuliert, wodurch es zu einer Progressionsglättung kommt.
22.134
Der Veräußerungsgewinn wird auf Antrag alternativ zur Fünftelregelung nach § 34 Abs. 3 EStG durch einen ermäßigten Steuersatz begünstigt3. Der Steuersatz beträgt seit dem Veranlagungszeitraum 2004 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes., der sich bei Anwendung der Einkommensteuertabelle auf den gesamten zu versteuernden Einkommensbetrag ergeben hätte.
22.135
Die Besteuerung mit 56 % des Durchschnittssteuersatzes kann nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden, § 34 Abs. 3 Satz 4 EStG. Die Höhe der begünstigten Gewinne ist außerdem auf 5 Millionen Euro beschränkt4, § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG. Nach § 34 Abs. 3 Satz 2 EStG beträgt der Steuersatz stets mindestens 16 %.
22.136
Die Inanspruchnahme der Vergünstigung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinn dauernd berufsunfähig ist. Es ist umstritten, auf welchen Zeitpunkt für das Erreichen der Altersgrenze abzustellen ist. Nach einer Ansicht, muss – wie bei § 16 Abs. 4 EStG – das 55. Lebensjahr im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung vollendet sein5. Dies wird mit der Argumentation bestritten, dass
22.137
1 Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 16 EStG Rn. 459; a.A. Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 157. Zur bis zum 31. 12. 1995 geltenden Rechtslage vgl. BFH v. 10. 7. 1986 – IV R 12/81, BStBl. II 1986, 811. 2 Eingeführt durch das StEntlG 1999/2000/2002, BGBl. I 1999, 402. Nach der ursprünglichen Gesetzesfassung war ein Antrag notwendig, welcher sogar unwiderruflich sein sollte. Durch Art. 1 Nr. 19 Buchst. a) i.V.m. Nr. 40 Buchst. v) StSenkG, BGBl. I 2000, 1433 wurde die Unwiderruflichkeit des Antrages rückwirkend gestrichen, um unvertretbare Härten für den Steuerpflichtigen zu vermeiden. Seit 2002 ist das Antragserfordernis für die Anwendung der Fünftelregelung ganz weggefallen. 3 Die Regelung wurde durch das StEntlG 1999/2000/2002 zwischenzeitlich aufgehoben, jedoch durch das StSenkErgG v. 19. 12. 2000, BGBl. I 2000, 1785 (1812) kurz darauf mit Einschränkungen wieder eingeführt. Zur Rechtsentwicklung vgl. 6. Aufl., Rn. 22.93 ff. und Lindberg in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 34 EStG Rn. 4 ff. 4 Der Grenzbetrag in dieser Höhe gilt seit dem Veranlagungszeitraum 2002. Zur Rechtsentwicklung und Veränderung der Grenzbeträge vgl. die 6. Aufl., Rn. 22.93 ff. 5 Wendt, FR 2000, 1199 (1201).
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nach § 34 Abs. 3 EStG die Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden kann, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat. Da die Steuer mit dem Abschluss eines Veranlagungszeitraumes entsteht (§ 36 Abs. 1 EStG), müsse auch dieser Zeitpunkt für die Altersgrenze maßgeblich sein1. Für den Fall berufsunfähigskeitsbedingter Betriebsveräußerung soll wie bei § 16 Abs. 4 EStG auch auf das Veräußerungsgeschäft abgestellt werden können2.
22.138 Für den Steuerpflichtigen besteht im Einzelfall die Auswahl zwischen der Inanspruchnahme der Fünftelregelung nach § 34 Abs. 1 EStG und der Inanspruchnahme des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 3 EStG, sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen3. Die Inanspruchnahme der Fünftelregelung führt nicht zu einem Verbrauch des halben Steuersatzes4. Für den Anteil des Veräußerungsgewinnes, der den Grenzbetrag von 5 Mio. Euro nach § 34 Abs. 3 EStG übersteigt, kann die Fünftelregelung in Anspruch genommen werden (§ 34 Abs. 3 Satz 3 EStG)5. 4. Die einheitliche Gewinnfeststellung a) Grundlagen
22.139 Gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) AO werden die einkommen- und körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte aus Gewerbebetrieb gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften wie bei der atypischen stillen Gesellschaft mehrere beteiligt sind. In dem Feststellungsbescheid ist auch eine Feststellung darüber zu treffen, wie sich der festgestellte Gewinn auf die Beteiligten verteilt.
22.140 Die einheitliche Gewinnfeststellung obliegt dem Betriebsfinanzamt (§ 18 AO), das für die Frage, ob überhaupt eine atypische stille Gesellschaft vorliegt, über die Höhe des Gewinns und des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Anteils zu entscheiden hat. Es handelt sich dabei um eine für die Durchführung der Einzelveranlagungen der Gesellschafter grundsätzlich unabdingbare Verfahrensvoraussetzung6.
22.141 Ist die Tatsache oder der Umfang der Beteiligung mehrerer an den Einkünften streitig, so muss den tatsächlich oder angeblich Beteiligten in jedem Falle Gelegenheit gegeben werden, ihre Auffassung der Steuerbehörde gegenüber zur Geltung zu bringen und diese erforderlichenfalls im Rechtsbehelfsverfahren durchzusetzen. Dies wäre nicht möglich, wenn der über das Beteiligungsverhältnis befindende Steuerbescheid nicht an alle als beteiligt in Betracht kom-
1 Hötzel in Schaumburg/Rödder, Unternehmenssteuerreform 2001, S. 335. 2 Wendt, FR 2000, 1199 (1201). 3 Berechnungshinweise finden sich bei Wendt, FR 2000, 1199 (1202 ff.); Fleischmann, StuB 2000, 1204; Siegle, SteuerStud 2001, 43. 4 Hötzel in Schaumburg/Rödder, Unternehmenssteuerreform 2001, S. 335. 5 Wendt, FR 2000, 1199 (1202). 6 BFH v. 26. 6. 1958 – IV 39/58 U, BFHE 67, 237 = BStBl. III 1958, 364.
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menden Personen gerichtet würde1. Wird daher nach Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Beteiligungsverhältnis nicht anerkannt, so ist ein Feststellungsbescheid gemäß § 181 AO zu erlassen, in dem die Anteile der Personen, deren Beteiligung steuerlich nicht anerkannt wird, auf null festzustellen ist. Tritt bei einem Mitunternehmer im Laufe des Veranlagungszeitraumes ein Wechsel der persönlichen Steuerpflicht ein, ohne dass er aus der Gesellschaft ausscheidet, so hat das Betriebsfinanzamt den Gewinnanteil in einen in den Zeitraum der beschränkten und in einen in den Zeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht fallenden Anteil aufzuteilen.
22.142
Betriebsfinanzamt ist das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung des Handelsgewerbes des Inhabers befindet. Seine Entscheidung bindet die für die Besteuerung der einzelnen Gesellschafter zuständigen Wohnsitzfinanzämter, auch wenn der Bescheid noch nicht rechtskräftig ist (§ 182 Abs. 1 AO).
22.143
In dem einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid werden nur Besteuerungsgrundlagen festgestellt. Diese bilden in der Regel einen unselbständigen Teil des Steuerbescheids. In den Fällen aber, in denen – wie hier – gesonderte Feststellungsbescheide zu erlassen sind, besitzen sie Selbständigkeit; sie sind selbständig anfechtbar (§ 157 Abs. 2 AO). Was in dem Bescheid festgestellt wird, muss, wenn es angegriffen werden soll, durch Anfechtung des Feststellungsbescheids geltend gemacht werden (§ 351 Abs. 2 AO). Wird das versäumt, so sind alle Einwendungen, die gegen diesen Bescheid hätten vorgebracht werden können, endgültig verwirkt. Wenn also ein Gesellschafter meint, dass er vom Betriebsfinanzamt zu Unrecht als atypischer Gesellschafter angesehen wurde oder dass sein Gewinn- oder Verlustanteil unrichtig festgestellt worden ist, muss er den Feststellungsbescheid anfechten. Eine Anfechtung lediglich des auf dem Feststellungsbescheid beruhenden Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheids genügt nicht2.
22.144
b) Beteiligtenfähigkeit der atypisch stillen Gesellschaft Die atypisch stille Gesellschaft kann nicht Beteiligte eines Finanzrechtsstreits sein, da es sich um eine reine Innengesellschaft handelt. Auch wenn die atypisch stille Gesellschaft als Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation angesehen wird, kann dies nichts daran ändern, dass ein rechtsgeschäftliches Handeln für die Gesellschaft im Außenverhältnis nicht möglich ist. Die stille Gesellschaft hat auch keine Organe und Bevollmächtigten3.
1 RFH v. 4. 6. 1930 – VI A 852/28, RFHE 27, 67 = RStBl. 1930, 676; RFH v. 9. 9. 1931 – VI A 833/31, RStBl. 1931, 965. 2 Brockmeyer in Klein, § 179 AO Rn. 5 f. 3 BFH v. 11. 1. 2001 – VIII R B 83/00, BFH/NV 2001, 578 = DStRE 2001, 494 unter 2.
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c) Einspruchsbefugnis
22.146 Die Einspruchsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung richtet sich nach § 352 AO1, wonach die Einspruchsbefugnis für Einsprüche gegen Bescheide über einheitliche Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen aller Art einheitlich geregelt ist. Jedoch sind nicht alle Feststellungsbeteiligten einspruchsbefugt, obwohl der Feststellungsbescheid sich gegen sie alle richtet und Rechtswirkungen ihnen gegenüber entfaltet. Die Klagebefugnis ist in § 48 FGO entsprechend der Einspruchsbefugnis geregelt.
22.147 Nach der Regelung des § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO können zur Vertretung berufene Geschäftsführer oder, wenn solche nicht vorhanden sind, der Einspruchsbevollmächtigte i.S. des Abs. 2 prozessstandschaftlich Einspruch einlegen. Bei der atypisch stillen Gesellschaft kommt eine Vertretung, d.h. ein rechtsgeschäftliches Handeln im Außenverhältnis nicht in Betracht, da es sich um eine reine Innengesellschaft handelt. Die stille Gesellschaft kann daher keine Organe und keine Bevollmächtigten, d.h. auch keinen Geschäftsführer i.S. von § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO haben2. Da das Gesetz hier ausdrücklich auf das Außenverhältnis bzw. auf die zivilrechtliche Bewertung abstellt, muss dies auch dann gelten, wenn man die atypisch stille Gesellschaft als Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation ansieht. Der Inhaber des Handelsgeschäfts wird auch nach dieser Auffassung nur wie ein Organ der atypisch stillen Gesellschaft tätig3.
22.148 Die geltende Gesetzesfassung regelt in § 352 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 AO ausdrücklich den somit vorliegenden Fall, dass ein zur Vertretung befugter Gesellschafter nicht vorhanden ist. Es ist daher nicht möglich, im Wege einer entsprechenden Anwendung eine Klagebefugnis des Inhabers des Handelsgeschäfts anzunehmen4. Der Inhaber des Handelsgeschäfts kann aber nach dieser Vorschrift als Empfangsbevollmächtigter Einspruchsbevollmächtigter sein. Das Gesetz sieht drei Alternativen der Empfangsbevollmächtigung vor:
22.149 (1) Ein Empfangsbevollmächtigter kann von den Feststellungsbeteiligten, d.h. den Gesellschaftern der atypisch stillen Gesellschaft, bestellt werden (§ 183 Abs. 1 Satz 1 AO).
1 Zur bis zum 31. 12. 1995 geltenden Fassung vgl. die 5. Aufl., Rn. 1390. 2 BFH v. 11. 1. 2001 – VIII B 83/00, BFH/NV 2001, 578 = DStRE 2001, 578 unter 2; BFH v. 3. 3. 1998 – VIII B 62/97, BFHE 185, 131 = BStBl. II 1998, 401 = DB 1998, 1167 unter I.1.b) aa; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 352 AO Rn. 80 f.; Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 48 FGO Rn. 63; Dißars/Dißars, BB 1996, 773 (775). 3 Vgl. BFH v. 15. 10. 1998 – IV R 18/98, BFHE 187, 250 = BStBl. II 1999, 286 unter I.2.b). 4 BFH v. 14. 12. 2000 – VIII B 66/00, BFH/NV 2001, 792 (II. 2c); BFH v. 3. 3. 1998 – VIII B 62/97, BFHE 185, 131 = BStBl. II 1998, 401 = DB 1998, 1167 unter I.1.b) aa) m.w.N. unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren Rechtsprechungsauffassung, vgl. etwa BFH v. 12. 11. 1985 – VIII R 364/83, BFHE 145, 408 = BStBl. 1986, 311. Ebenso Brandis in Tipke/Kruse, § 48 FGO Rn. 12; Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 48 FGO Rn. 63.
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(2) Soweit eine Bestellung nach § 183 Abs. 1 Satz 1 AO nicht erfolgt ist, kann die Empfangsbevollmächtigung auch nach § 183 Abs. 1 Satz 2 AO fingiert werden. Danach gilt als Empfangsberechtigter, wer zur Vertretung der Gesellschaft oder der Feststellungsberechtigten oder ein zur Verwaltung des Gegenstandes der Feststellung berechtigt ist. In der Regel wird der Inhaber des Handelsgeschäfts als Geschäftsführer der atypisch stillen Gesellschaft Empfangsbevollmächtigter sein1.
22.150
(3) Die Finanzverwaltung kann gemäß § 183 Abs. 1 Satz 3–5 AO bei Fehlen eines Empfangsbevollmächtigten nach (1) und (2) auch einen der Beteiligten bestimmen. Hierzu muss sie die Beteiligten auffordern, innerhalb einer angemessenen Frist einen Empfangsbevollmächtigten zu benennen. Zugleich muss sie einen Beteiligten vorschlagen und darauf hinweisen, dass Bekanntgaben an diesen erfolgen, wenn kein anderer Empfangsbevollmächtigter benannt wird.
22.151
In allen drei Fällen ist aber erforderlich, dass die Beteiligten in der Feststellungserklärung bzw. in der Aufforderung zur Benennung eines Empfangsbevollmächtigten über die Einspruchsbefugnis des Empfangsbevollmächtigten belehrt werden (§ 352 Abs. 2 Satz 3 AO). Soweit also die Belehrung im Feststellungsbescheid fehlt, ist der Inhaber des Handelsgeschäfts nicht nach § 352 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 AO einspruchsbefugt. Zu beachten ist außerdem, dass die Feststellungsbeteiligten die Möglichkeit haben, gegenüber der Finanzbehörde der Einspruchsbefugnis des fingierten (2) oder bestimmten (3) Empfangsbevollmächtigten zu widersprechen (§ 352 Abs. 2 Satz 2 AO). Soweit eine Einspruchsberechtigung nach § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht vorliegt, insbesondere wenn keine Belehrung über die Einspruchsberechtigung des Empfangsbevollmächtigten erfolgt ist, ist jeder Gesellschafter einspruchsberechtigt, gegen den der Feststellungsbescheid ergangen ist oder hätte ergehen müssen (§ 352 Abs. 1 Nr. 2 AO)2.
22.152
Darüber hinaus ist ungeachtet von § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO jeder einspruchsbefugt, der von der Frage persönlich betroffen ist, wer an dem festgestellten Betrag beteiligt ist und wie dieser sich auf die einzelnen Beteiligten verteilt (§ 352 Abs. 1 Nr. 4 AO). Dies betrifft insbesondere die Feststellung, ob eine atypisch stille Gesellschaft vorliegt bzw. wer Mitunternehmer ist3. Ergänzt wird die Vorschrift durch die Nr. 5, wonach die Einspruchsbefugnis eines Beteiligten besteht, wenn ihn eine Feststellung im Bescheid persönlich berührt. Dies betrifft vor allem das Vorliegen und die Höhe von Sondervergütungen und von Sonderbetriebsausgaben4. Es soll nochmals betont werden, dass der
22.153
1 Vgl. BFH v. 3. 3. 1998 – VIII B 62/97, BStBl. II 1998, 401 = DB 1998, 1167 unter I.1.b) aa). Im konkreten Fall fehlte aber die nach § 352 Abs. 2 Satz 3 AO erforderlichen Belehrung der Feststellungsbeteiligten. 2 Vgl. BFH v. 3. 3. 1998 – VIII B 32/97, BStBl. II 1998, 401 = DB 1998, 1167 unter I.1.b) aa). 3 BFH v. 30. 7. 1987 – IV R 44/85, BFH/NV 1989, 502 zum insoweit nur anders nummerierten § 352 AO a.F. 4 BFH v. 12. 7. 1990 – IV R 25/89, BFH/NV 1991, 648 zum insoweit nur anders nummerierten § 352 AO a.F.
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Einkommensteuer
Einspruchsführer nach § 352 Abs. 1 Nr. 4 und 5 AO nicht in Prozessstandschaft für die übrigen Gesellschafter tätig wird, sondern nur aus eigenem Recht. Er kann somit nur die ihn selbst betreffenden Feststellungen angreifen1. Die Einspruchsbefugnis nach § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO wird hierdurch nicht eingeschränkt2.
22.154 § 352 Abs. 1 Nr. 3 AO trägt der Rechtsprechung zu § 352 AO a.F.3 Rechnung, wonach die Rechtsbehelfsbeschränkung des § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht für Gesellschafter gilt, die vor Bekanntgabe des Feststellungsbescheids oder während des Einspruchsverfahrens aus der Gesellschaft ausgeschieden sind. Sie können Einsprüche gegen Feststellungsbescheide, die die Zeit bis zu ihrem Ausscheiden betreffen, auch dann einlegen, wenn Fragen streitig sind, die die Gesellschaft als solche angehen. Dies erklärt sich aus dem Umstand, dass die ausgeschiedenen Gesellschafter durch die Geschäftsführer nicht mehr vertreten werden. Eine Einschränkung ergibt sich jedoch aus § 350 AO. In Angelegenheiten, die andere Gesellschafter persönlich angehen, dürfte es an einer Beschwer des ausgeschiedenen Gesellschafters fehlen.
22.155 Zur Hinzuziehung zum Verfahren vgl. § 360 AO. Bei der Feststellung von Einheitswerten, an deren Gegenstand mehrere beteiligt sind, und bei der einheitlichen Gewinnfeststellung bei Mitunternehmern dürften regelmäßig die Voraussetzungen einer notwendigen Hinzuziehung vorliegen (§ 360 Abs. 3 AO). Die unterlassene notwendige Hinzuziehung stellt einen schweren Verfahrensmangel dar4.
22.156 Mehrere Rechtsbehelfe gleicher Art, die dieselben Einkünfte betreffen, sind zu verbinden. Die Entscheidung über den Rechtsbehelf richtet sich gegen alle Mitberechtigten.
22.157 Ist die in einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellung durch Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder durch Berichtigungsfeststellung geändert worden, so werden Bescheide, die auf dem bisherigen Feststellungsbescheid beruhen, von Amts wegen durch neue Bescheide ersetzt, die der Änderung Rechnung tragen. Das gilt auch, wenn ein zu ersetzender Bescheid bereits unanfechtbar geworden ist. Mit dem Erlass des neuen Bescheids kann aber auch gewartet werden, bis die Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Berichtigungsfeststellung, die die bisherige Feststellung ändert, unanfechtbar geworden ist (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO).
22.158 Der Feststellungsbescheid ergeht schriftlich (§ 157 AO). Der atypische stille Gesellschafter muss eine Erklärung zur gesonderten Feststellung abgeben (§ 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG). 1 BFH v. 3. 3. 1998 – VIII B 62/97, BStBl. II 1998, 401 = DB 1998, 1167 unter I.1.b) bb); Dißars/Dißars, BB 1996, 773 (777). 2 BFH v. 19. 5. 1987 – VIII B 104/85, BFHE 150, 514 = BStBl. II 1988, 5; BFH v. 26. 10. 1989 – IV R 23/89, BFHE 159, 15 = BStBl. II 1990, 333. 3 Vgl. BFH v. 1. 4. 1958 – I 171/57 U, BFHE 67, 35 = BStBl. III 1958, 285. 4 Zu den Rechtsfolgen unterlassener Hinzuziehung vgl. Brandis in Tipke/Kruse, § 360 AO Rn. 5.
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§ 22
Ist ein typischer stiller Gesellschafter irrtümlich als Mitunternehmer behandelt worden, so muss er den einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid anfechten. Die Frage des Vorliegens einer Mitunternehmerschaft bzw. der Qualifikation der Einkünfte des Stillen kann nur im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung und nicht bei der Veranlagung zur Einkommensteuer entschieden werden. Der einheitliche Gewinnfeststellungsbescheid ist ein Grundlagenbescheid, dessen Entscheidungen gemäß § 351 Abs. 2 AO nur durch Anfechtung dieses Bescheids nicht aber des Folgebescheids angegriffen werden können1. Das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft und die Höhe des Gewinns sind selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlagen2. Ist streitig, ob ein stiller Gesellschafter als Mitunternehmer an einer Gesellschaft beteiligt ist, so hat dieser eine eigene Einspruchsbefugnis3.
22.159
5. Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG – sog. Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer Durch das StSenkG4 wurde ab dem Veranlagungszeitraum 2001 die Regelung des § 35 EStG eingeführt. Diese Regelung führt in Abhängigkeit des festgesetzten Gewerbesteuermessbetrages zu einer Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer. Da die Einzelheiten einen engen Zusammenhang zu den gewerbesteuerlichen Problemen der atypisch stillen Gesellschaft aufweisen, wird die Regelung im Kapitel Gewerbesteuer behandelt (vgl. Rn. 24.78 ff.).
22.160
II. Die typische stille Gesellschaft Die stille Gesellschaft als solche besitzt keine eigene Steuerrechtsfähigkeit. Der Besteuerung unterliegen sowohl der Inhaber des Handelsgeschäfts als auch der stille Gesellschafter.
22.161
1. Steuerrechtliche Behandlung beim Inhaber des Handelsgeschäfts Für den Inhaber des Handelsgeschäfts gelten je nach der Rechtsform, in der das Handelsgewerbe betrieben wird, die Vorschriften des EStG oder des KStG über die Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
22.162
Die auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinnanteile sind beim Inhaber Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG), durch die der einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtige Gewinn gemindert wird. In der Bilanz des Inhabers erscheint die typische stille Beteiligung als echte Verbindlichkeit.
22.163
1 Brockmeyer in Klein, § 179 AO Rn. 5 f. 2 BFH v. 11. 11. 1998 – IV B 134/97, BFH/NV 1999, 590 unter 1c). 3 BFH v. 30. 7. 1987 – IV R 44/85, BFH/NV 1989, 502; Brockmeyer in Klein, § 352 AO Rn. 12. 4 Steuersenkungsgesetz v. 23. 10. 2000, BGBl. I 2000, 1433. Durch dieses Gesetz wurde auch § 32c EStG a.F. aufgehoben, der durch eine Tarifbegrenzung in der Einkommensteuer zu einer Entlastung der in § 32c Abs. 2 EStG a.F. definierten gewerblichen Einkünfte führte.
617
§ 22
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22.164 Beispiel: Bilanz zum 31. 12. 2008 (vor Gewinnverteilung) Aktiva Passiva Anlagen 50 000 Verbindlichkeiten Umlaufvermögen 60 000 Rechnungsabgrenzung stille Beteiligung Kapital Gewinn 110 000
36 000 2000 20 000 27 000 25 000 110 000
Gewinn- und Verlustrechnung zum 31. 12. 2008 (vor Gewinnverteilung) Aufwand Löhne und Gehälter Abschreibungen sonstige Aufwendungen Reingewinn
25 000 9000 34 000 25 000 93 000
Ertrag Umsatzerträge außerordentlicher Ertrag (Anlagenverkauf)
88 000 5000 93 000
Zur Verteilung im Rahmen der stillen Gesellschaft steht lediglich ein Gewinn von 20 000 Euro zur Verfügung, weil der stille Gesellschafter an dem außerordentlichen Ertrag aus Anlageverkauf von 5000 Euro nicht beteiligt ist. Ist sein Gewinnanteil mit 20 % vereinbart, so entfallen auf ihn 4000 Euro. Dieser Gewinnanteil erhöht, wenn nichts anderes vereinbart ist, nicht seine Einlage. Er ist deshalb nicht dem Einlagekonto, sondern einem besonderen Konto „Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters“ gutzubringen (§ 232 Abs. 3 HGB). Bilanz zum 31. 12. 2008 (nach Gewinnverteilung) Aktiva Anlagen Umlaufvermögen
50 000 60 000
110 000
Passiva Verbindlichkeiten stille Beteiligung Rechnungsabgrenzung Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters Kapital Gewinn
36 000 20 000 2000 4000 27 000 21 000 110 000
Der Inhaber hat für das Jahr 2008 als Gewinn aus Gewerbebetrieb 21 000 Euro zu versteuern. Dem stillen Gesellschafter fließen 4000 Euro anteiliger Gewinn als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu, die erst im Jahr 2009 der Besteuerung unterliegen. Von diesem Betrag hat der Inhaber 25 % Kapitalertragsteuer (= 1000 Euro) einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen.
22.165 Ermittelt der Geschäftsinhaber seinen Gewinn durch Einnahme-ÜberschussRechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, so sind die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters erst im Zeitpunkt ihrer Zahlung Betriebsausgabe. Im Gegensatz zur 618
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§ 22
Situation beim bilanzierenden Geschäftsinhaber erzielt der Einnahme-Überschuss-Rechner daher keinen Stundungseffekt durch die Begründung einer typischen stillen Gesellschaft. Fraglich ist, ob die im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 eingeführte einkommensteuerrechtliche Zinsschranke nach § 4h EStG auch die Möglichkeiten des Inhabers zum Abzug der an den typischen stillen Gesellschafter gezahlten Gewinnanteile einschränkt. Im Gesetzestext ist lediglich von der Beschränkung der Abziehbarkeit von Zinsaufwendungen die Rede, nicht von Gewinnanteilen aus typischen stillen Beteiligungen. Nach § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG sind Zinsaufwendungen Vergütung für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben. Nach der Gesetzesbegründung1 muss ferner die Rückzahlung des Fremdkapitals oder ein Entgelt für die Überlassung des Fremdkapitals zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden sein, auch wenn die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Die Abhängigkeit der Zahlungen von einem Gewinn des Inhabers steht der Anwendbarkeit von § 4h EStG also nicht entgegen.2.
22.166
Entsprechend zu dem unter Rn. 22.46 Ausgeführten ist daher durch den Inhaber ein voller Abzug der Gewinnanteile als Betriebsausgabe nur in Höhe des Zinsertrages im gleichen Wirtschaftsjahr, darüber hinaus nur in Höhe von 30 % des maßgeblichen Gewinns möglich, soweit der Inhaber den erweiterten Konzernbegriff des § 4h EStG erfüllt. Auch hier besteht eine Freigrenze in Höhe von 3 Mio. Euro3.
22.167
2. Die Einkunftsart beim stillen Gesellschafter Für den stillen Gesellschafter sind die ihm aus einer im Privatvermögen gehaltenen typisch stillen Beteiligung zufließenden Gewinnanteile Einkünfte aus Kapitalvermögen. Zu dieser Einkunftsart gehören gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG die „Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter und aus partiarischen Darlehen, es sei denn, dass der Gesellschafter oder Darlehensgeber als Mitunternehmer anzusehen ist“, sowie „besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den in den Absätzen 1 und 2 bezeich-
1 BT-Drucks. 16/4841, S. 49. 2 So auch BMF v. 4. 7. 2008 – IV C 7-S 2742-a/07/10001, 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718. Hingegen können bei der atypischen stillen Gesellschaft die Gewinnanteile den Gewinn der Mitunternehmerschaft nicht mindern. Daher müssen sie im Rahmen des gesellschaftsbezogenen § 4h EStG n.F. auch nicht wieder hinzugerechnet werden. Sie spielen daher für die Zinsschranke keine Rolle. Siehe dazu auch Fischer/Wagner, BB 2008, 1872 (1873 f.) und Häuselmann, FR 2009, 506 (511f). 3 Die Freigrenze wurde aufgrund der Finanzkrise durch das Bürgerentlastungsgesetz vom 16. 7. 2009 (BGBl. I 2009, 1959) von ursprünglich 1 Mio. Euro auf 3 Mio. Euro erhöht. Dies gilt nach § 52 Abs. 12d Satz 3 EStG erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 25. 5. 2007 beginnen und nicht vor dem 1. 1. 2008 enden, und letztmals für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1. 1. 2010 enden. Für darauf folgende Wirtschaftsjahre beträgt die Freigrenze dann wieder 1 Mio. Euro.
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neten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden, § 20 Abs. 3 EStG“ (entspricht § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG a.F.).
22.169 Wird die stille Beteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten, fällt der Gewinnanteil des Stillen gemäß § 20 Abs. 8 EStG (entspricht § 20 Abs. 3 EStG a.F.) unter die Einkunftsart, zu der der Betrieb des Stillen gehört. Es können also Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus Land- und Forstwirtschaft oder aus selbständiger Arbeit vorliegen. Die stille Beteiligung eines Kaufmanns kann auch dann zum gewillkürten Betriebsvermögen zählen, wenn sie an einem branchenfremden Handelsgeschäft besteht1: „Der Kaufmann ist bei seiner geschäftlichen Betätigung nicht auf die Geschäfte seines Handelszweigs beschränkt. Er kann sich vielmehr im Rahmen des Gewerbebetriebs auch einem anderen Geschäftszweig zuwenden und im Rahmen seines Gewinnstrebens sich auch anderweitig am gewerblichen Leben beteiligen, sei es in eigener kaufmännischer Betätigung, sei es durch Anlage von Geschäftsgeldern in Wertpapieren oder Beteiligungen“2. Die ebenfalls mögliche Zurechnung zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dürfte keine praktische Bedeutung haben.
22.170 Auch wenn die Gewinne aus der stillen Gesellschaft den genannten anderen Einkunftsarten zuzurechnen sind, erfolgt gemäß § 43 Abs. 4 EStG ein Steuerabzug vom Kapitalertrag. 3. Überblick über die Änderungen der Besteuerung von Kapitaleinkünften nach dem UntStRG 2008
22.171 Durch das UntStRG 20083 wurde die Besteuerung von Kapitaleinkünften ab dem Veranlagungszeitraum 2009 grundlegend reformiert. Die Änderungen sind in den Ausführungen dieses Handbuchs an den relevanten Stellen unter Angabe des Anwendungszeitraumes eingearbeitet. Die wesentlichen Änderungen für die Besteuerung des typischen stillen Gesellschafters lassen sich wie folgt zusammenfassen:
22.172 Die Änderungen betreffen zum einen die laufende Besteuerung bei Kapitaleinkünften. Bei Privatanlegern werden die Kapitaleinkünfte ab dem Veranlagungszeitraum 2009, unabhängig vom Zeitpunkt des Erwerbs der Beteiligung, an der Quelle der Kapitalertragssteuer in Höhe von 25 % unterworfen. Der Kapitalertragsteuer kommt dabei in der Regel abgeltende Wirkung zu. Der Werbungskostenabzug und die Verlustnutzung sind nur noch eingeschränkt möglich. Durch diese Maßnahmen soll das Veranlagungsverfahren entlastet werden. Insbesondere bei der stillen Gesellschaft gibt es jedoch wichtige Ausnahmen von der Anwendbarkeit der Abgeltungsteuer, wenn ein besonderes Näheverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger der Kapitalerträge besteht (siehe dazu Rn. 22.300 ff.).
1 Ebenso Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 102. 2 RFH v. 14. 9. 1938 – VI 565/38, RStBl. 1938, 1063. 3 UntStRG 2008 v. 14. 8. 2007, BGBl. I 2007, 1912.
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Die neuen Regeln zum Kapitalertragsteuerabzug gelten auch für betriebliche und institutionelle Anleger. Für diese gelten jedoch weder der gesonderte Tarif für Kapitaleinkünfte noch die abgeltende Wirkung des Kapitalertragsteuerabzugs noch die Beschränkungen des Werbungskostenabzugs oder der Verlustnutzung, die mit der Abgeltungsteuer einhergehen, §§ 20 Abs. 8, 32d Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 4 und Abs. 5 Satz 2 EStG.
22.173
Für typische stille Gesellschaften im Privatvermögen, die ab dem 1. 1. 2009 begründet werden, werden nicht wie bisher nur der laufende Gewinnanteil, sondern unabhängig von der Behaltensdauer ab 2009 auch Wertveränderungen der stillen Beteiligung bei Veräußerung und Auflösung der stillen Gesellschaft besteuert. Diese Veräußerungstatbestände fallen ebenfalls unter den Begriff der Einkünfte aus Kapitalvermögen. Auch für diese Veräußerungsgewinne gilt in der Regel der pauschale Steuersatz von 25 %.
22.174
4. Der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters a) Der Gewinnanteil Einnahmen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem stillen Gesellschafter im Rahmen des Gesellschaftsvertrags zufließen (vgl. § 8 Abs. 1 EStG), insbesondere sein Gewinnanteil. Der Gewinnanteil umfasst alle gewinnabhängigen Bezüge des stillen Gesellschafters, die nach den Vorstellungen der Beteiligten den Charakter einer Gegenleistung für die vom stillen Gesellschafter während des Bestehens und in Erfüllung des Gesellschaftsverhältnisses erbrachten Leistungen haben. Auf den Zufluss der Bezüge beim stillen Gesellschafter und den Zeitpunkt ihrer Vereinbarung kommt es nicht an1. Zum Gewinnanteil des stillen Gesellschafters am Handelsgeschäft vgl. oben Rn. 14.1 ff., zur Zurechnung der Gewinnanteile bei Übertragung der stillen Beteiligung vgl. unten Rn. 22.193.
22.175
Sind dem stillen Gesellschafter irrtümlich zu hohe Gewinnanteile errechnet worden, so hat der Inhaber bürgerlich-rechtlich einen Rückzahlungsanspruch (oben Rn. 14.63). Im Schrifttum wird vertreten, die zurückgezahlten Beträge seien Aufwendungen des stillen Gesellschafters zur Erhaltung seiner Einnahmen, also Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 9 EStG)2. Würde er sich weigern, die zuviel erhaltenen Beträge zurückzuzahlen, dann hätte der Inhaber einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung des Gesellschaftsvertrags mit der Folge, dass die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters für die Zukunft wegfiele. Hingegen nimmt die Rechtspre-
22.176
1 BFH v. 17. 2. 1972 – IV R 40/68, BFHE 105, 391 = BStBl. II 1972, 586; BFH v. 1. 6.1978 – IV R 139/73, BFHE 125, 386 = BStBl. II 1978, 570. 2 Drenseck in L. Schmidt, § 9 EStG Rn. 61 m.w.N. Zuletzt FG Düsseldorf v. 7. 11. 2005 – 17 K 3987/03 F, EFG 2006, 1154 m. Anm. Pfützenreuter. In BFH v. 20. 1. 2009 – VI R 12/06, BFH-NV 2009, 1105 wurde dieses finanzgerichtliche Urteil zwar aufgehoben, jedoch nur, weil im konkreten Einzelfall die steuermindernde Berücksichtigung der Rückzahlung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen hätte.
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chung an, es lägen negative Einnahmen vor, die den Werbungskosten-Pauschbetrag nach § 9a EStG nicht verbrauchen1. b) Besonderheit: Mehrgewinne aufgrund Betriebsprüfung aa) Handelsbilanz als Gewinnverteilungsmaßstab
22.177 Wird bei einer Betriebsprüfung ein Mehrgewinn des Geschäftsinhabers in einem früheren Jahr festgestellt, so ist dieser im Wege der Berichtigungsveranlagung zu versteuern. Das Ergebnis der Betriebsprüfung muss sich aber nicht zwangsläufig auf den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters auswirken. Ist nämlich im Gesellschaftsvertrag die Handelsbilanz zum alleinigen Gewinnverteilungsmaßstab bestimmt worden, bleibt der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters unberührt, wenn sich aufgrund der Außenprüfung nur der Steuerbilanzgewinn, nicht aber der Handelsbilanzgewinn ändert. Hat der Geschäftsinhaber aber auch gegen handelsrechtliche Bilanzierungsgrundsätze verstoßen oder Einnahmeverkürzungen vorgenommen, führt die darauf beruhende Gewinnerhöhung zu einem erhöhten Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters. bb) Steuerbilanz als Gewinnverteilungsmaßstab
22.178 Ist die Steuerbilanz Gewinnverteilungsgrundlage, ist der stille Gesellschafter grundsätzlich an allen Gewinnerhöhungen zu beteiligen. Beruht die Gewinnerhöhung durch den Betriebsprüfer auf der Aktivierung abgeschriebener Wirtschaftsgüter, die nach steuerlichen Vorschriften nicht abgeschrieben werden durften, würde der stille Gesellschafter, dessen Gewinnanteil sich nach der Steuerbilanz errechnet, doppelt belastet werden, wenn er an dem durch die Betriebsprüfung festgestellten Mehrgewinn nicht beteiligt und der Gewinnermittlung künftig die neue, vom Prüfer aufgestellte Bilanz zugrunde gelegt würde. Das läge nicht in seinem Interesse. Es muss deshalb, sofern der stille Gesellschafter nicht an dem festgestellten Mehrgewinn beteiligt wird, für die künftige Gewinnberechnung im Verhältnis der Gesellschafter untereinander von der ursprünglichen Bilanz ausgegangen werden.
22.179 Erhöht sich aufgrund einer Außenprüfung der Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters, ist er in der Prüferbilanz insoweit als Verbindlichkeit zu bilanzieren2. c) Das Zufließen der Gewinnanteile
22.180 Die auf den stillen Gesellschafter entfallenden anteiligen Gewinne sind für den Geschäftsinhaber Aufwand, der die Abrechnungsperiode belastet, in der er 1 BFH v. 13. 12. 1963 – VI 22/61 S, BFHE 78, 477 = BStBl. II 1976, 322. Offen gelassen in BFH v. 4. 5. 2006 – VI R 33/03, BFHE 214, 92 = BStBl. II 2006, 911. 2 Vgl. zum ganzen Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 108 ff.; Schulze zur Wiesche, StBp 1978, 73 ff.
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entstanden ist. Da die Auszahlung regelmäßig erst im folgenden Jahr erfolgt, muss der Gewinnanteil in der zum Ende des vorangegangenen Jahres aufgestellten Bilanz als Verbindlichkeit ausgewiesen werden. Beispiel: Im Jahre 2009 hat X, der Inhaber eines Handelsgeschäfts, einen Gewinn von 60 000 Euro erzielt, an dem der stille Gesellschafter mit 20 % = 12 000 Euro beteiligt ist. In der Bilanz zum 31. 12. 2009 ist eine Verbindlichkeit in Höhe von 12 000 Euro als Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters auszuweisen. Der von X im Jahre 2009 zu versteuernde Gewinn beträgt 48 000 Euro. Die zeitliche Berücksichtigung der Gewinnanteile des typischen stillen Gesellschafters bestimmt sich nach § 11 EStG, wonach Einnahmen im Kalenderjahr des Zuflusses vom Steuerpflichtigen bezogen sind. Ein Zufließen ist gegeben, wenn der stille Gesellschafter über den Betrag wirtschaftlich verfügen kann. Das ist immer der Fall, wenn die Gewinnanteile bar ausgezahlt werden, wenn ein (gedeckter) Scheck übergeben wird oder wenn eine Bank- oder Postschecküberweisung erfolgt.
22.181
Auch die bloße Gutschrift des Gewinnanteils in den Büchern des Geschäftsinhabers kann einen Zufluss bewirken. Hierzu ist allerdings weiter erforderlich, dass der Gewinnanteil dem Berechtigten zur freien Verfügung steht und dass der Schuldner leistungsbereit und zahlungsfähig ist1. Ist der Geschäftsinhaber zur Auszahlung des Gewinnanteils nicht in der Lage, ist dem stillen Gesellschafter solange keine Einnahme zugeflossen, wie der Geschäftsinhaber zahlungsunfähig ist2. Haben die Beteiligten wegen vorübergehender Zahlungsunfähigkeit des Inhabers ausdrücklich die Stundung des Kapitalertrags vereinbart, so ist der Steuerabzug erst nach Ablauf der Stundungsfrist vorzunehmen (§ 44 Abs. 4 EStG). Werden die Gewinnanteile dagegen stehen gelassen und wird vereinbart, dass sie die Einlage erhöhen oder für eine bestimmte Zeit im Unternehmen des (zahlungsfähigen) Geschäftsinhabers als Darlehen verbleiben sollen, erfolgt der Zufluss der Gewinnanteile mit der Gutschrift. Es liegt dann ein Fall der Schuldumschreibung bzw. Novation vor3.
22.182
Problematisch ist die Frage des Zufließens bei der Auszahlung bzw. buchmäßigen Gutschrift von Scheinrenditen, die tatsächlich erwirtschaftete Verluste verdecken sollen. Die im Rahmen eines betrügerischen Schneeballsystems tatsächlich ausgezahlten Scheinrenditen sind mit dem BFH als steuerbare Kapi-
22.183
1 BFH v. 11. 5. 1999 – VIII R 70/95, BFH/NV 2000, 18 = StuB 2000, 371 LS und unter II.3.b); BFH v. 14. 2. 1984 – VIII R 221/80, BFHE 140, 542 = BStBl. II 1984, 480; BFH v. 6. 9. 1963 – IV 153/62, HFR 1964, 42. Vgl. auch die Grundsatzurteile des BFH v. 22. 7. 1997 in den Ambros-Fällen: BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 57/95, BFHE 184, 21 = BStBl. II 1997, 755; BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 12/96, BFHE 184, 34 = BStBl. II 1997, 761; BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 13/96, BFHE 184, 46 = BStBl. II 1997, 767. 2 Vgl. FG Köln v. 28. 11. 1980 – VIII 5/79 E, EFG 1981, 505; Glenck in Blümich, EStG/ KStG/GewStG, § 11 EStG Rn. 62. 3 Vgl. BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 57/95, BFHE 184, 21 = BStBl. II 1997, 755; BFH v. 14. 6. 2005 – VIII R 53/03, BFH/NV 2005, 2183 unter II.2.a); Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 20 EStG Rn. 278.
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talerträge anzusehen. Zweifelhaft erscheint dies aber, wenn der Anleger mit der betrügerischen Kapitalanlagegesellschaft die Wiederanlage der Scheinrenditen vereinbart, wenn also die dem Anleger nur buchmäßig gutgeschriebenen Scheinrenditen dessen Einlage erhöhen sollen. Soweit es später zur tatsächlichen Auszahlung der entsprechenden Beträge kommt, ist ein tatsächlicher Zufluss mit der Folge der Steuerpflicht gegeben1. Der BFH hat aber in den sog. „Ambros-Fällen“ einen Zufluss auch dann bejaht, wenn die reinvestierten Scheinrenditen aufgrund des Zusammenbruchs der Anlagegesellschaft uneinbringlich waren2. Diese Auffassung ist in der Literatur auf Kritik gestoßen3. Maßgeblich für die Annahme des Zuflusses ist die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft im Zeitpunkt der Umbuchung der Scheinrenditen. Von der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft kann in diesem Zusammenhang nicht mehr ausgegangen werden, wenn die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Umbuchung nicht in der Lage gewesen wäre, die innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes fällig werdenden Scheinrenditen auf Verlangen der stillen Gesellschafter auszuzahlen. In diesem Fall kommt es nämlich nicht zu einer objektiven Bereicherung des Anlegers, insbesondere erfolgt auch nicht die beabsichtigte Wiederanlage der (angeblich) erwirtschafteten Beträge4. Es handelt sich folglich um reine „Luftbuchungen“. Der BFH hat diese Erwägungen indes abgelehnt und an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten. Als Zahlungsunfähigkeit in diesem Zusammenhang sei das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende dauernde Unvermögen des Schuldners anzusehen, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im Wesentlichen zu begleichen. Auf die Fähigkeit des Schuldners, auch die erst nach einem kurzen Zeitraum von drei bis sechs Monaten fällig werdenden Verbindlichkeiten zu erfüllen, soll es nicht ankommen5. Die vom BFH so begründete Besteuerung der Scheinrenditen steht auch im Widerspruch zum Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit6.
22.184 Ist im Gesellschaftsvertrag über den Zeitpunkt der Ausschüttung nichts vereinbart, dann gilt als Zeitpunkt des Zufließens der Tag nach der Aufstellung der Bilanz oder einer sonstigen Feststellung des Gewinnanteils. Für die Kapitalertragsteuer gilt der Gewinnanteil jedoch spätestens sechs Monate nach Ab1 Vgl. BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 13/96, BFHE 184, 46 = BStBl. II 1997, 767. 2 Vgl. BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 57/95, BFHE 184, 21 = BStBl. II 1997, 755. 3 Vgl. etwa Hackenberg, StC 2008 Nr. 7 S. 28; Dendl/Popp/Wagner, DStR 1998, 1156; Dendl/Popp/Wagner, Stbg 2000, 456; kk, KÖSDI 1997, 11348; Beiser, BB 1998, 1290 (1291); Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 103 f. Zustimmend dagegen Dötsch, DStZ 1997, 837. 4 Vgl. FG Nürnberg v. 6. 4. 2000 – III 151/98, EFG 2000, 1124 = DStRE 2000, 1026; zustimmend Himmelmann, EWiR 2000, 1051; Dendl/Popp/Wagner, Stbg 2000, 456 (461 ff.). 5 BFH v. 10. 7. 2001 – VIII R 35/00, BStBl. II 2001, 646 = BFH/NV 2001, 1339 = DStR 2001, 1517 (LS und unter II. 2.b) cc) bbb); zuletzt in BFH v. 28. 10. 2008 – VIII R 36/04, BStBl. II 2009, 190. 6 Marx, FR 2009, 515 (520); Beiser, BB 1998, 1290 (1291). Kritisch auch FG RheinlandPfalz v. 10. 2. 2004 – 2 K 1550/03, EFG 2004, 1211 (Urteil aufgehoben durch BFH v. 28. 10. 2008 – VIII R 36/04, BStBl. II 2009, 190) und FG Saarland v. 6. 12. 2006 – 1 K 165/03, EFG 2007, 506 (anhängig beim BFH unter VIII R 4/07).
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lauf des Wirtschaftsjahres, für das der Kapitalertrag ausgeschüttet oder gutgeschrieben werden soll, als zugeflossen (§ 44 Abs. 3 EStG). § 44 Abs. 3 EStG geht für den Bereich der Kapitalertragsteuer der allgemeinen Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG vor. Durch diese Sonderregel wird aber nur der Zeitpunkt des Zuflusses fingiert, nicht aber der Zufluss selbst, was bei einem Wechsel des Gläubigers der Kapitalerträge zwischen dem fingierten Zuflusszeitpunkt und dem tatsächlichen Zufluss möglich ist. Insoweit kommt eine Erstattung abgeführter Kapitalertragsteuer gemäß § 37 Abs. 2 AO in Betracht1. Erhält der stille Gesellschafter nach den bestehenden Vereinbarungen Vorausleistungen oder Abschlagszahlungen auf seinen Gewinnanteil, so sind diese Zahlungen auch steuerrechtlich zu berücksichtigen. Bei Vorauszahlungen kann der Empfänger auch dann, wenn sie unter einer auflösenden Bedingung gezahlt werden, bereits tatsächlich darüber verfügen, so dass auf die Vorauszahlungen Kapitalertragsteuer zu erheben ist2. Erhält der stille Gesellschafter mehr, als ihm nach der endgültigen Gewinnfeststellung zusteht, und wird die Überzahlung in einem späteren Jahr verrechnet, so ist die vorläufige Zahlung im Jahr des Zufließens zu versteuern. Die hierauf einbehaltene Kapitalertragsteuer wird nicht erstattet. Der Ausgleich erfolgt dadurch, dass der stille Gesellschafter in späteren Jahren entsprechend weniger erhält; dann ist auch weniger Kapitalertragsteuer einzubehalten. Muss der stille Gesellschafter den überzahlten Betrag der Gewinnanteile zurückzahlen, so ist dieser Betrag im Jahr der Rückzahlung als negative Einnahme aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen3.
22.185
Hinsichtlich des Zeitpunkts des Zufließens von aufgrund einer Betriebsprüfung ermittelten Mehrgewinnen eines stillen Gesellschafters gilt folgendes: Der Mehrgewinn kann nicht als bereits durch die Betriebsprüfung festgestellt angesehen werden. Dass die Betriebsprüfung wegen ihrer den Gewinn betreffenden Feststellungen auch für die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters von Bedeutung ist, bedeutet noch kein Zufließen der Beträge i.S. einer Gutschrift. Auch kommt es nicht darauf an, ob und wann der stille Gesellschafter von den Ergebnissen der Schlussbesprechung und damit von seinem Mehrgewinn Kenntnis erhält. Denn selbst wenn er davon alsbald in Kenntnis gesetzt wird, würde eine solche Mitteilung ebenso wenig wie die Tatsache, dass ein Geschäftsinhaber mit seinem stillen Gesellschafter vor der Bilanzaufstellung über die Höhe des Jahresgewinns und des sich daraus ergebenden Gewinnanteils gesprochen hat, dazu führen, dass der Gewinnanteil ihm „zugeflossen“ ist. Ein Zufluss liegt auch in diesem Falle erst mit der Gutschrift vor4.
22.186
1 Lindberg in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 44 EStG Rn. 16. 2 BFH v. 29. 4. 1982 – IV R 95/79, BStBl. II 1982, 593. 3 Harenberg in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Anm. 416 und 440 „negative Einnahme“; Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 290; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 108. 4 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 109.
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22.187 Gewinnanteile des beherrschenden Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft gelten ausnahmsweise bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Gewinnverwendung als zugeflossen, und zwar auch dann, wenn die Gesellschafterversammlung eine spätere Fälligkeit des Auszahlungsanspruches beschließt1. Der Gutschrift auf einem Verrechnungskonto bedarf es in derartigen Fällen nicht, denn beherrschende Gesellschafter haben es in der Hand, sich die Beträge von der Gesellschaft auszahlen oder in deren Betrieb stehen zu lassen. Durch diese Zuflussfiktion sollen Manipulationen insofern vermieden werden, als dass der beherrschende Gesellschafter sonst den Gewinn bei der Kapitalgesellschaft kürzen könnte, ohne einen Zufluss auf der Gesellschafterebene zu verwirklichen2. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn der Gesellschaftsvertrag einen Fälligkeitszeitpunkt verbindlich festlegt3. Die Fiktion des Zuflusszeitpunktes in § 44 Abs. 2 Satz 1 EStG gilt nach der Auffassung des BFH auch für den beherrschenden Gesellschafter. Das bedeutet, dass für die Entstehung der Kapitalertragsteuer der beschlossene Tag der Auszahlung als Zuflusszeitpunkt maßgeblich ist. Der Anrechnung der Kapitalertragsteuer steht danach nicht entgegen, dass die Entstehungszeitpunkte der Kapitalertragsteuer und der Einkommensteuer auseinander fallen können4.
22.188 Wird die stille Beteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten, gelten hinsichtlich der zeitlichen Berücksichtigung der Gewinnanteile mit Ausnahme der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze des Einkommensteuerrechts, d.h. diese Einkünfte werden im Jahr der Gewinnerzielung zur Einkommensteuer herangezogen. Sie sind als Forderungen in die Bilanz des stillen Gesellschafters für das Jahr, für das sie gewährt werden, einzustellen und erhöhen den Gewinn dieses Jahres. Auf den Tag der Auszahlung kommt es in diesem Falle nicht an.
22.189 Zumindest für den Fall, dass der stille Gesellschafter beherrschenden Einfluss auf das Unternehmen des Geschäftsinhabers hat, wird dies auch von der Rechtsprechung so gesehen. Anknüpfend an die oben (Rn. 22.187) zitierte Judikatur und von der Prämisse ausgehend, dass es zur Aktivierung eines Anspruchs nicht seiner Fälligkeit bedarf, hat der BFH5 zu der Frage Stellung genommen, wann der Gewinnanspruch eines beherrschenden Gesellschafters realisiert wird, wenn die typisch stille Beteiligung im Betriebsvermögen gehalten wird. Nach Auffassung des VIII. Senats ist bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die stille Gesellschafterin einer GmbH ist, der Gewinnanspruch bereits mit Ablauf des Jahres realisiert, in dem der Gewinn bei der GmbH erwirtschaftet wurde, wenn beide Gesellschaften von denselben Gesellschaftern 1 BFH v. 17. 11. 1998 – VIII R 24/98, BFHE 187, 292 = BStBl. II 1999, 223; BFH v. 21. 10. 1981 – I R 230/78, BFHE 134, 315 = BStBl. II 1982, 139; BFH v. 14. 2. 1984 – VIII R 221/80, BFHE 140, 542 = BStBl. II 1984, 480. 2 Blaurock, BB 1992, 1969 (1972). 3 So auch Schoor, LSW Gruppe 14, S. 415 (424). Vgl. BFH v. 17. 11. 1998 – VIII R 24/98, BFHE 187, 292 = BStBl. II 1999, 223, der bei der GmbH nur im Falle einer Satzungsbestimmung eine Ausnahme von den dargestellten Grundsätzen zulassen will. 4 BFH v. 17. 11. 1998 – VIII R 24/98, BFHE 187, 292 = BStBl. II 1999, 223. 5 BFH v. 19. 2. 1991 – VIII R 106/87, BFHE 164, 34 = BStBl. II 1991, 569 = FR 1991, 392.
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beherrscht werden. Zwar stand im entschiedenen Fall im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung bei der GbR die Höhe der Gewinnansprüche noch nicht fest, weil die Bilanzen der GmbH noch nicht erstellt waren. Dennoch sind nach Auffassung des BFH die Gewinnansprüche zu aktivieren, denn die Beteiligten seien so zu behandeln, als ob die Ungewissheit nicht bestanden hätte. Die Bestimmbarkeit der Höhe des Gewinnanspruchs stehe im Streitfall ausnahmsweise seiner Feststellung gleich. Das gelte hier deshalb, weil die zwei Gesellschafter der GbR, die zugleich Gesellschafter der GmbH waren und diese beherrschten (Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Einheit), es in der Hand gehabt hätten, den Gewinn der GmbH vor Erstellung der Bilanz der GbR zu ermitteln. Im Hinblick darauf, dass eine rechtlich nicht vorhandene und am letztmöglichen Verbuchungstag dem Grunde und der Höhe nach unbekannte Forderung als steuerbilanziell gleichwohl vorhanden angesehen wird, werden Zweifel an der Rechtsprechung des BFH geäußert1. Nach Ansicht von KnobbeKeuk2 entbehrt die vorgezogene steuerliche Erfassung eines künftigen Gewinnanspruchs einer gesetzlichen Grundlage. Gegen eine phasengleiche Aktivierung von Gewinnansprüchen des stillen Gesellschafters kann nicht die neuere Rechtsprechung des BFH zur phasengleichen Aktivierung von Dividendenansprüchen angeführt werden. Nach Ansicht des Großen Senats ist bei Dividendenansprüchen eine phasengleiche Aktivierung nur ausnahmsweise dann und insoweit möglich, als zum Bilanzstichtag ein Bilanzgewinn der Gesellschaft auszuweisen ist, der mindestens ausschüttfähige Bilanzgewinn den Gesellschaftern bekannt ist und für diesen Zeitpunkt anhand objektiver Anhaltspunkte nachgewiesen ist, dass die Gesellschafter endgültig entschlossen sind, eine bestimmte Gewinnverwendung künftig zu beschließen3. Der 3. Senat des BFH hat in einem obiter dictum4 Zweifel geäußert, ob unter diesem Eindruck die Rechtslage für die stille Gesellschaft aufrechterhalten werden kann, ohne hierzu allerdings inhaltlich Stellung zu nehmen. Diese Rechtsprechung ist aber auf die stille Gesellschaft schon deshalb nicht übertragbar, weil es für die Entstehung des Gewinnanspruchs des stillen Gesellschafters im Gegensatz zur Entstehung eines Dividendenanspruches keines Gesellschafterbeschlusses bedarf, sondern dieser sich ohne weiteres aus der vertraglichen Definition des Gewinnes im Gesellschaftsvertrag ergibt5.
22.190
Auch im Falle des Todes des stillen Gesellschafters sind die Zeitpunkte des Todes und des Zufließens entscheidend dafür, ob es sich um Einkünfte des
22.191
1 2 3 4 5
Hoffmann, BB 1991, 1302. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 5 VII 2a bb, S. 224. BFH v. 7. 8. 2000 – GrS 2/99, BFHE 192, 339 = BStBl. II 2000, 632. BFH v. 7. 9. 2000 – III R 33/96, BFH HFR 2001, 440. Siehe auch Schoor/Natschke, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 295 ff. und Behrens/Karkowski, DB 2001, 1059 (1063). Für Zulässigkeit phasengleicher Aktivierung von Genussrechten BFH v. 18. 12. 2002 – I R 11/02, BFHE 2001, 228 = BStBl. II 2003, 400.
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Verstorbenen oder des Erben handelt. Darauf, auf welchen Zeitraum der Gewinnanteil entfällt, kommt es nicht an1.
22.192 Wird eine typische stille Beteiligung rechtswirksam auf einen Dritten übertragen, bevor der Gewinnanspruch für einen bestimmten Zeitabschnitt entstanden ist, so sind die Einkünfte aus der Beteiligung, soweit sie diesen Zeitabschnitt betreffen, dem Rechtsnachfolger zuzurechnen2. Hat der stille Gesellschafter lediglich seinen Anspruch auf anteiligen Gewinn an einen anderen abgetreten, erfolgt der Zufluss des Gewinns beim stillen Gesellschafter. Der abgetretene Gewinnanspruch stellt für den Zessionar keine Einkünfte aus Kapitalvermögen dar; auch nicht, wenn eine förmliche Abtretung nicht vorliegt, diese vielmehr dadurch ersetzt wurde, dass der stille Gesellschafter dem Geschäftsinhaber gegenüber zugunsten des anderen auf seinen Gewinnanteil verzichtet hat3. 5. Gewinne aus Auflösung und Veräußerung der stillen Gesellschaft
22.193 Neben dem laufenden Gewinn kann der stille Gesellschafter auch Gewinne aus der Auflösung oder der Veräußerung der stillen Gesellschaft erzielen. Bei stillen Beteiligungen die im Privatvermögen gehalten werden und vor dem 1. 1. 2009 begründet oder erworben wurden, sind diese Gewinne grundsätzlich der Vermögenssphäre zuzuordnen und, mit Ausnahmen, einkommensteuerlich unbeachtlich. Das UntStRG 2008 hat für stille Beteiligungen, die nach dem 31. 12. 2008 erworben wurden, mit dem Grundsatz der Steuerfreiheit von Vermögenszuwächsen gebrochen und auch für die stille Beteiligung die generelle Besteuerung von Auflösungs- und Veräußerungsgewinnen eingeführt, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 EStG. Für Altgesellschaften bleibt es bei der grundsätzlichen Steuerfreiheit von Veräußerungs- und Auflösungsgewinnen (siehe § 52a Abs. 10 Satz 4 EStG). Daher sollen zunächst die Grundsätze der Besteuerung von Altgesellschaften und anschließend die Besteuerung von Neugesellschaften im Falle der Auflösung und Veräußerung dargestellt werden. a) Gewinne aus Auflösung von vor dem 1. 1. 2009 begründeten oder erworbenen stillen Gesellschaften
22.194 Bei Auflösung der stillen Gesellschaft hat der Geschäftsinhaber dem stillen Gesellschafter dessen Guthaben gemäß § 235 Abs. 1 HGB in Geld zu ersetzen, sofern nicht eine abweichende Vereinbarung getroffen worden ist. Die Rückzahlung der Einlage ist bei stillen Beteiligungen, die vor dem 1. 1. 2009 begründet oder erworben wurden, kein einkommensteuerlicher Vorgang, weil insoweit lediglich eine einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Vermögens1 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 113 f. 2 FG Baden-Württemberg v. 16. 2. 1967 – VI 36/66, EFG 1967, 339; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 112. 3 RFH v. 17. 6. 1931 – VI A 1208/31, RStBl. 1931, 633; BFH v. 9. 4. 1991 – IX R 78/88, BFHE 163, 517 = BStBl. II 1991, 809 unter II.3.
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umschichtung vorliegt. Deshalb ist bei diesen Altgesellschaften die Unterscheidung zwischen nicht steuerbarem Vermögenszuwachs und steuerbaren Einnahmen aus der Beteiligung nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 a.F. oder ebenfalls steuerbaren besonderen Entgelten oder Vorteilen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG a.F. höchst relevant und umstritten. Übersteigt die Abfindung den Nennwert der Einlage, wurde noch in der 3. Auflage vertreten, dass der Mehrbetrag als nicht einkommensteuerpflichtig anzusehen sei, weil es sich um einen Vermögenszuwachs handele, nicht aber um Einkünfte aus Kapitalvermögen1. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass „der stille Gesellschafter keinen Wertanteil am Gesellschaftsvermögen hat. Träger des Geschäftsvermögens ist allein der Inhaber des Handelsgeschäfts. Der stille Gesellschafter hat nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Auszahlung seines vereinbarten Gewinnanteils und – bei Beendigung der Gesellschaft – auf Rückzahlung des Auseinandersetzungsguthabens. Wertänderungen des Geschäftsvermögens haben keinen Einfluss auf den Wert seiner Vermögenseinlage. Die Beteiligung ist deshalb während des Bestehens der stillen Gesellschaft unverändert mit ihrem ursprünglichen Nominalwert auszuweisen, sofern sie nicht durch die Zuweisung von Verlustanteilen oder durch Entnahmen gemindert ist“2.
22.195
Bei der Zusammensetzung und der daraus folgenden Besteuerung des den Nennwert der stillen Beteiligung übersteigenden Abfindungsguthabens ist zu unterscheiden3:
22.196
– Stehen gelassene Gewinnanteile früherer Jahre, die die Einlage erhöht haben, sind steuerfrei, da sie bereits im Zeitpunkt der Einlageerhöhung zu versteuern waren. – Noch nicht zugeflossene und damit auch noch nicht besteuerte Gewinnanteile aus schon abgelaufenen Wirtschaftsjahren und der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters aus dem letzten (Rumpf-)Wirtschaftsjahr sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG a.F. zu versteuern. – Gewinnanteile aus der Auflösung stiller Reserven des Betriebsvermögens, die während des Bestehens der stillen Gesellschaft entstanden und auf betriebliche Vorgänge, wie z.B. erhöhte Abschreibungen, zurückzuführen sind, in der Auseinandersetzungsbilanz erhöhen den Gewinnanteil des letzten Wirtschaftsjahres, bilden aber keinen selbständigen Teil des Auseinandersetzungsguthabens. – Geht der Betrag der Abfindungszahlung über den Nennwert der stillen Beteiligung und den Betrag der vorgenannten Posten hinaus, ist er insoweit als besonderes Entgelt für die Überlassung der Einlage zu qualifizieren und unterliegt der Besteuerung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG a.F.
1 Vgl. 3. Aufl., S. 357. 2 BFH v. 14. 2. 1984 – VIII R 126/82, BFHE 141, 124 (128) = BStBl. II 1984, 580. 3 Vgl. Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 110 f.; Sterner, DB 1985, 2316 (2317).
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22.197 Der Besteuerung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG a.F. unterliegt der Mehrbetrag auch dann, wenn bereits im Gesellschaftsvertrag eine Rückzahlung der Einlage mit einem bestimmten, über dem Nennwert liegenden Betrag vereinbart wurde1, oder der Mehrbetrag auf einer Wertsicherungsklausel im Gesellschaftsvertrag beruht2.
22.198 Wird ein Mehrbetrag jedoch nicht als Entgelt für die Überlassung der Einlage oder als Entschädigung für entgangene zukünftige Gewinnanteile (siehe sogleich) gezahlt, sondern als Gegenleistung für die Zustimmung zur vorzeitigen Vertragsauflösung durch einen „lästigen“ Gesellschafter, so ist diese Zahlung nicht Ausfluss der Kapitalüberlassung und daher nicht als besonderes Entgelt i.S. von § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG a.F. und auch nicht als sonstige Einnahme i.S. des § 22 Nr. 3 EStG a.F. steuerbar3.
22.199 Wird ein nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG a.F. steuerbarer Mehrbetrag bei vorzeitiger Auflösung der stillen Gesellschaft als Entschädigung für entgehende künftige Gewinnanteile gezahlt, ist eine Steuerermäßigung gemäß §§ 24 Nr. 1, 34 EStG möglich4. Eine Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a) EStG kann dabei auch dann vorliegen, wenn der stille Gesellschafter selbst an dem schadenstiftenden Ereignis mitwirkt und Vereinbarungen schließt, durch die ein Anspruch auf Entschädigung des zu erwartenden Einnahmeausfalls begründet wird. Der stille Gesellschafter muss aber bei der Aufgabe seiner Rechte unter erheblichem rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck handeln. Er darf das schadenstiftende Ereignis nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben5.
22.200 Dagegen erfordert eine Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. b) EStG, dass die Tätigkeit bzw. Gewinnbeteiligung gerade mit Wollen oder Zustimmung des Betroffenen aufgegeben wird. Der BFH6 hält eine solche Entschädigung und damit eine tarifbegünstigte Besteuerung bei einer auf Lebenszeit geschlossenen und unkündbaren stillen Gesellschaft für möglich. Er übersieht dabei, dass nach der Rechtsprechung des BGH in einer auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangenen stillen Gesellschaft das ordentliche Kündigungsrecht gemäß §§ 234, 132 HGB nicht durch eine gesellschaftsvertragliche Regelung ausgeschlossen werden kann7. Eine Entschädigung für die Aufgabe der Gewinnbeteiligung kann dagegen dann angenommen werden, wenn eine auf bestimmte Zeit eingegangene stille Gesellschaft vorzeitig aufgelöst wird und der 1 Hess. FG v. 9. 3. 1982 – VI 410/76, EFG 1982, 623; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 111. 2 BFH v. 4. 8. 1961 – VI 208/60 U, BFHE 73, 558 = BStBl. II 1961, 468; BFH v. 1. 6. 1978 – IV 139/73, BStBl. II 1978, 570: Harenberg in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Anm. 456 m.w.N. 3 Niedersächsisches FG v. 1. 12. 2005 – 11 K 127/03, DStRE 2006, 1517 (1517 f.). 4 BFH v. 14. 2. 1984 – VIII R 126/82, BFHE 141, 124 (129 f.) = BStBl. II 1984, 580; BFH v. 16. 8. 1995 – VIII B 156/94, BFH/NV 1996, 125. 5 BFH v. 14. 2. 1984 – VIII R 126/82, BFHE 141, 124 (129 f.) m.w.N. aus der Rspr. 6 BFH v. 14. 2. 1984 – VIII R 126/82, BFHE 141, 124 (129 f.). 7 L. Schmidt, FR 1984, 398 f.; BGH v. 20. 12. 1956, BGHZ 23, 10; BGH v. 11. 7. 1968, BGHZ 50, 316 (321).
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Mehrbetrag in etwa den Gewinnanteilen entspricht, die bis zum Zeitpunkt der Auflösung erwartet werden können1. Wird – wie im Fall des BFH2 – eine auf Lebenszeit geschlossene, unkündbare stille Gesellschaft einvernehmlich vorzeitig aufgelöst, ist das Auseinandersetzungsguthaben nach Abzug des Nennbetrags der stillen Beteiligung und der oben genannten Gewinnanteile nur insoweit als außerordentliche Einkunft gemäß §§ 34, 24 Nr. 1 Buchst. b) EStG zu werten, als es den voraussichtlichen Gewinnanteilen bis zum nächsten zulässigen Kündigungszeitpunkt entspricht. Gehört die stille Beteiligung zum Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft, steht ein begünstigter Steuersatz entsprechend der Regelung des § 34 EStG nicht zur Verfügung.
22.201
Erhält der stille Gesellschafter bei Auflösung der stillen Gesellschaft Sachgüter zurück, die er dem Geschäftsinhaber als Einlage übereignet hat, ist fraglich, ob und wie eine Wertsteigerung der Sachgüter zu berücksichtigen ist. Hierbei ist zu differenzieren: Die gesetzliche Regelung, dass der stille Gesellschafter nur einen Anspruch auf Rückzahlung in Geld hat, ist dispositiv. Statt ihrer kann auch die Rückübereignung der Wirtschaftsgüter vereinbart werden3. Insoweit führt die Rückübertragung nicht zu Einnahmen aus Kapitalvermögen4. Hingegen soll im Fall der Rückübereignung ohne entsprechende Vertragsabrede die Wertdifferenz zwischen Zeitwert des Sachgutes und Nennwert der Einlage zu Einnahmen aus Kapitalvermögen bzw. zu Werbungskosten führen5.
22.202
b) Gewinne aus der Veräußerung von vor dem 1. 1. 2009 begründeten oder erworbenen stillen Gesellschaften Veräußert der stille Gesellschafter seine im Privatvermögen gehaltene Beteiligung, ist der Veräußerungsgewinn grundsätzlich steuerfrei, soweit seine Beteiligung vor dem 1. 1. 2009 erworben oder begründet wurde. Es handelt sich um einen Gewinn aus der Verwertung, nicht dagegen aus der Nutzungsüberlassung des eingesetzten Kapitals. Eine Besteuerung des über den Betrag der Einlage hinausgehenden Erlöses kann allenfalls insoweit in Betracht kommen, als darin Gewinnanteile aus schon abgelaufenen Wirtschaftsjahren enthalten sind, die dem Veräußerer noch nicht zugeflossen waren und damit noch nicht versteuert wurden6. Zugeflossen sind Gewinnanteile, wenn der stille Gesellschafter die wirtschaftliche Verfügungsmacht über sie erlangt, so z.B. wenn sie ihm gutgeschrieben werden und der Geschäftsinhaber auch zur Auszahlung in 1 2 3 4 5 6
Sterner, DB 1985, 2316 (2317). BFH v. 14. 2. 1984 – VIII R 126/82, BFHE 141, 124. Vgl. Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 3. Harenberg in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Anm. 456. Harenberg in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Anm. 456. BFH v. 11. 2. 1981 – I R 98/76, BFHE 133, 35 = BStBl. II 1981, 465 (LS); BFH v. 9. 3. 1982 – VIII R 160/81, BFHE 136, 72 = BStBl. II 1982, 540 der allerdings zu Unrecht auf vorgenanntes Urteil verweist; Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 20 EStG Rn. 231; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 112; Harenberg in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Anm. 451.
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der Lage ist1. Sind Gewinnanteile aus bereits abgelaufenen Wirtschaftsjahren noch nicht zugeflossen, kann der am Gesellschaftsverhältnis nicht beteiligte Erwerber diese Gewinnanteile nur im Auftrag oder auf Rechnung des Geschäftsherrn zahlen. Ist dies nicht der Fall, so erfolgt die Zahlung des Kaufpreises nur auf den Wert der stillen Beteiligung. Eine solche Zahlung ist beim Veräußerer mangels eines entsprechenden Steuertatbestandes nicht steuerpflichtig, es sei denn, es liegt ein Spekulationsgeschäft vor2.
22.204 Die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen entspricht langjähriger Rechtsprechung des RFH und BFH3. Gegen die sich hieraus ergebenden Folgen der Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen werden indessen auch Bedenken erhoben4: Folgendes Beispiel mag das Problem der Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen bei vor dem 1. 1. 2009 begründeten stillen Gesellschaften veranschaulichen: Ist A am Unternehmen des B als typisch stiller Gesellschafter mit einer Einlage von 10 000 Euro beteiligt und veräußert er diese Beteiligung an Z für 25 000 Euro, so hat der Mehrerlös von 15 000 Euro keine ertragsteuerlichen Auswirkungen. Erhält Z bei Beendigung der stillen Gesellschaft von B 25 000 Euro, so muss Z, obwohl er keinen Ertrag hat, 15 000 Euro als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuern, da die Vermögenseinlage des Z nur 10 000 Euro beträgt und die Veräußerung des A an Z die Höhe der Vermögenseinlage nicht berührt hat. Erhält Z von B 15 000 Euro, muss Z 5000 Euro versteuern und kann den Differenzbetrag von 10 000 Euro auch nicht als Werbungskosten abziehen. Ist Z dagegen eine GmbH, gelangt die stille Beteiligung also in ein Betriebsvermögen, muss sie mit den Anschaffungskosten von 25 000 Euro aktiviert werden. Erhält die Z-GmbH bei Beendigung der stillen Gesellschaft von B 25 000 Euro, also 15 000 Euro mehr als den Betrag der stillen Einlage, braucht sie den Mehrbetrag nicht zu versteuern, da dem Erlös von 25 000 Euro der gleiche Betrag als Anschaffungskosten gegenübersteht. Erhält die Z-GmbH weniger als die Anschaffungskosten, entsteht bei ihr in Höhe des Differenzbetrages ein Verlust.
22.205 Angesichts dieser in der Tat sonderbaren Konsequenzen wurde daher unter Berufung auf ein Urteil des RFH vom 14. 3. 19345 die Ansicht vertreten, dass bei Auflösung der stillen Gesellschaft nur der Differenzbetrag zwischen dem Rückzahlungsbetrag und dem Erwerbspreis anzusetzen sei6. Der RFH hatte in dem genannten Urteil ausdrücklich die Einziehung von fälligen Hypotheken einer Verwertung der Kapitaleinlage gleichgestellt und den Differenzbetrag zwischen dem niedrigeren Kaufpreis und dem höheren Einlösungsbetrag nicht der Besteuerung unterworfen. Der vom RFH entschiedene Fall war aber insoweit anders gelagert, als der Hypothekar vom Schuldner den Nennbetrag der Hypothek und keine darüber hinausgehenden Entgelte erhielt. Der Kaufpreis 1 Birk/Kister in Herrmann/Heuer/Raupach, § 11 EStG Anm. 33 f.; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 105. 2 Sterner, BB 1983, 2176 (2178). 3 Vgl. Sterner, BB 1983, 2176 (2178). 4 Söffing, DStR 1984, 268. 5 RFH v. 14. 3. 1934 – VI A 1125/33, RStBl. 1934, 711. 6 Holzschuh, DStR 1984, 440.
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der Hypothek lag vielmehr unter ihrem Nennbetrag. Hätte in obigem Beispiel Z die Einlage von 10 000 Euro für 5000 Euro von A erworben und B bei Auflösung der stillen Gesellschaft 10 000 Euro an Z ausgezahlt, wären die 5000 Euro Gewinn des Z ebenfalls steuerfrei, da es sich um keine besonderen Entgelte für die Kapitalüberlassung, sondern um das dem B überlassene Kapital selbst handelt. Für die Behandlung des über dem Nennbetrag der Einlage liegenden Kaufpreises gibt das Urteil dagegen nichts her. Angesichts dieser Situation ist demjenigen stillen Gesellschafter, der seine typische stille Beteiligung aufgeben will und weiß, dass er mehr als den Nominalbetrag seiner Einlage zurückerhält, zu empfehlen, nicht den Weg der Beendigung der stillen Gesellschaft, sondern den der Veräußerung seiner Beteiligung in ein fremdes Betriebsvermögen zu wählen1. Der Auflösungsgewinn ist dann auch beim Erwerber nur insoweit zu versteuern, als er den Veräußerungspreis übersteigt. Dies gilt selbstverständlich nur für stille Gesellschaften, die vor dem 1. 1. 2009 erworben wurden.
22.206
Hält der stille Gesellschafter seine Beteiligung im Betriebsvermögen, muss er bei Auflösung wie bei Veräußerung der stillen Beteiligung den über den Buchwert der Beteiligung in seiner Bilanz hinausgehenden Betrag versteuern. Hält in obigem Beispiel A die stille Beteiligung in einem Betriebsvermögen und erhält er bei Auflösung der stillen Gesellschaft von B 25 000 Euro oder veräußert er die Beteiligung für 25 000 Euro an Z, so muss er den Nennbetrag von 10 000 Euro übersteigenden Betrag von 15 000 Euro z.B. nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG versteuern. Gelangt die stille Beteiligung bei Z in ein Betriebsvermögen, muss Z sie mit den Anschaffungskosten von 25 000 Euro aktivieren. Erhält Z von B bei Auflösung der stillen Gesellschaft 25 000 Euro, stehen diesem Betrag Anschaffungskosten in gleicher Höhe gegenüber. Ein steuerbarer Gewinn fällt somit nicht an. Hält Z die erworbene stille Beteiligung dagegen in seinem Privatvermögen und erhält er bei Beendigung der Gesellschaft von B 25 000 Euro, so muss er den Nominalbetrag von 10 000 Euro übersteigenden Betrag von 15 000 Euro als besonderes Entgelt für die Kapitalüberlassung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG versteuern (vgl. Rn. 22.195 ff.). In diesem Falle liegt nicht nur eine Verlagerung, sondern eine Verdoppelung der Besteuerung vor. Den aus dem Wechsel der Einkunftsermittlungsarten bei Veräußerung der stillen Beteiligung folgenden unbefriedigenden Ergebnissen abzuhelfen, ist der Gesetzgeber aufgerufen.
22.207
Problematisch bei der Veräußerung von stillen Beteiligungen ist auch, wem die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung bis zum Zeitpunkt der Veräußerung angefallenen Gewinnanteile zuzurechnen sind. Der älteren Judikatur zufolge wurden sie dem Erwerber zugerechnet2. Nach der neueren BFH-Rechtspre-
22.208
1 Vgl. Söffing, DStR 1984, 268. 2 BFH v. 11. 2. 1981 – I R 98/76, BFHE 133, 35 = BStBl. II 1981, 465; FG Baden-Württemberg v. 16. 2. 1967 – VI 36/66, EFG 1967, 339; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 113.
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chung1 gebühren sie, soweit nicht eine abweichende Vereinbarung getroffen wurde, gemäß § 101 Nr. 2 Halbs. 2 BGB bis zum Zeitpunkt der Veräußerung dem Veräußerer, danach dem Erwerber. Die genannte Bestimmung des bürgerlichen Rechts regelt die schuldrechtliche Ausgleichspflicht zwischen Veräußerer und Erwerber2. Danach ist der Veräußerer berechtigt, den auf seine Besitzzeit entfallenden, zeitanteiligen Gewinn vom Erwerber zu fordern, sobald dieser den gesamten Gewinnanteil erhalten hat. Die Bestimmung weist aber dem Veräußerer ein zeitanteiliges Gewinnbezugsrecht gegenüber dem Geschäftsinhaber nicht zu. Ihm gegenüber ist allein der Erwerber gewinnbezugsberechtigt3. Auch besteht im Zeitpunkt der Veräußerung noch kein eigenständiger Gewinnanspruch des Veräußerers gegen den Geschäftsinhaber, sondern lediglich eine Anwartschaft auf den Gewinnanteil, die mit der Veräußerung der stillen Beteiligung auf den Erwerber übergeht4. Allein der Erwerber erfüllt als Inhaber der Einkunftsquelle den Tatbestand der Einkunftserzielung.
22.209 Folgt man der Ansicht des BFH, stellt sich in dem Fall, dass die stille Beteiligung in ein Betriebsvermögen übergeht und mit der Zahlung des Kaufpreises auch der auf die Besitzzeit des Veräußerers entfallende Gewinnanspruch abgegolten sein soll, die Frage, wie dieser anteilige Kaufpreis beim Erwerber zu behandeln ist. In Betracht kommen die Aktivierung des anteiligen Entgelts für den Gewinnanspruch mit späterer Verrechnung des Gewinnanteils oder seine Behandlung als Anschaffungskosten5.
22.210 Ausnahmsweise ist ein Veräußerungsgewinn bei einer im Privatvermögen gehaltenen stillen Beteiligung, auch wenn sie vor dem 1. 1. 2009 erworben oder begründet wurde, steuerbar. Dies ist dann der Fall, wenn die Voraussetzungen eines steuerbaren Spekulationsgeschäftes nach §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. vorliegen, d.h., wenn die Beteiligung innerhalb eines Jahres nach ihrem Erwerb veräußert wird. Umgekehrt sind Spekulationsverluste, obwohl der Verlust im privaten und daher steuerlich irrelevanten Bereich eingetreten ist, steuerlich berücksichtigungsfähig. Er darf jedoch nur mit Spekulationsgewinnen des gleichen Kalenderjahres ausgeglichen und nach Maßgabe des § 10d EStG zum Ausgleich von Spekulationsgewinnen in den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum zurückgetragen oder in die folgenden Veranlagungszeiträumen vorgetragen werden, § 23 Abs. 3 Satz 8–9 EStG.
22.211 Mittlerweile geklärt ist die Frage, ob die Kündigung einer stillen Gesellschaft eine Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG darstellt. Entgegen seiner Rechtsprechung zur Einziehung von Forderungen6 hat der BFH nunmehr ent1 BFH v. 9. 3. 1982 – VIII R 160/81, BFHE 136, 72 = BStBl. II 1982, 540; BFH v. 22. 5. 1984 – VIII R 316/83, BFHE 141, 255 = BStBl. II 1984, 746; Harenberg in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 20 EStG Anm. 451. 2 Vgl. statt vieler Heinrichs in Palandt, § 101 BGB Rn. 1. 3 Sterner, DB 1985, 2316 (2319). 4 Vgl. FG Baden-Württemberg v. 16. 2. 1967 – VI 36/66, EFG 1967, 339. 5 Vgl. hierzu die Ausführungen bei Sterner, DB 1985, 2316 (2321). 6 BFH v. 13. 12. 1961 – VI 133/60 U, BFHE 74, 331 = BStBl. III 1962, 127. A.A. die h.L., siehe etwa Glenk in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 23 EStG Rn. 130.
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schieden, dass die Auseinandersetzung einer stillen Gesellschaft kein entgeltlicher Vorgang ist und daher keine Veräußerung vorliegt. Der stille Gesellschafter bekomme durch die Auseinadersetzung nur das, was ihm schon vor der Kündigung zugestanden habe1. In dem zu entscheidenden Sachverhalt hatte ein typischer stiller Gesellschafter seine Beteiligung wegen akuten Liquiditätsbedarfs zu einem Bruchteil des Nominalwerts an den Kläger verkauft. Dieser hatte die Beteiligung binnen Jahresfrist gekündigt und das Auseinandersetzungsguthaben vereinnahmt. Hätte er die Beteiligung weiterverkauft, würde zweifellos ein steuerbares Spekulationsgeschäft vorliegen. Obwohl es wirtschaftlich gesehen keinen Unterschied macht, ob der stille Gesellschafter die Beteiligung kündigt oder zum Nominalwert verkauft, ist dem BFH beizupflichten. Der Begriff der Veräußerung wird mehrmals im Einkommensteuergesetz benutzt. Übereinstimmend wird darunter stets die Übertragung eines Wirtschaftsgutes auf eine andere Person verstanden2. Will der Gesetzgeber andere Vorgänge einer Veräußerung gleichstellen, so regelt er dies ausdrücklich, wie etwa in § 16 Abs. 4 EStG für die Aufgabe eines Betriebes, Teilbetriebes oder Mitunternehmeranteils oder im Fall der Kapitalrückzahlung in § 17 Abs. 4 EStG. Dies zeigt, dass nach Ansicht des Gesetzgebers schon begrifflich keine Veräußerung vorliegt3. c) Veräußerungs- und Auflösungsgewinne bei stillen Beteiligungen, die nach dem 31. 12. 2008 begründet oder erworben wurden, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG n.F. Für typische stille Gesellschaften im Privatvermögen, die ab dem 1. 1. 2009 begründet werden, werden nicht wie bisher nur der laufende Gewinnanteil, sondern unabhängig von der Behaltensdauer ab 2009 auch Wertveränderungen der stillen Beteiligung bei Veräußerung und Auflösung der stillen Gesellschaft besteuert. Diese Veräußerungstatbestände fallen bei Neugesellschaften ebenfalls unter den Begriff der Einkünfte aus Kapitalvermögen. Auch für diese Veräußerungsgewinne gilt in der Regel der pauschale Steuersatz von 25 %.
22.212
Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern4, die Erträge i.S. des Abs. 1 Nr. 4 erzielen, also von partiarischen Darlehen und stillen Beteiligungen. Nach § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt auch die Vereinnahmung eines Auseinandersetzungsguthabens als Veräußerung in diesem Sinne5. Diese Erweiterung des Kapitaleinnahmenbegriffs ist nach § 52a Abs. 10 Satz 4 EStG auf stille Beteiligungen anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2008 erworben oder begründet wurden6. Für den Zeitpunkt des Erwerbes oder der Begründung ist
22.213
1 2 3 4
BFH v. 18. 10. 2006 – IX R 7/04, DStR 2006, 2206 (2207). Schoor/Natschke, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 331. Nöcker, jurisPR-SteuerR 7/2007 Anm. 4. Zur unglücklichen Formulierung des Gesetzestextes siehe Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 113. 5 Unklar insofern Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 229 (a.E.). 6 Zur Behandlung von Auflösungs- und Veräußerungsgewinnen bei vor dem 1. 1. 2009 begründeten stillen Gesellschaften siehe Rn. 22.194 ff. und Rn. 22.203 ff.
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m.E. das schuldrechtliche Geschäft maßgeblich und nicht etwa die Übertragung des zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums1.
22.214 Nach Fleischer/Thierfeld2 sollen die oben unter Rn. 22.211 dargestellten Fälle, in denen der stille Gesellschafter die Beteiligung unter Nennwert von einem Dritten erworben hat und die Beteiligung daraufhin kündigt, auch nach der Unternehmensteuerreform nicht zur Besteuerung des Vermögenszuwachses führen. Dies begründen Fleischer/Thierfeld damit, dass insofern kein besonderer Vorteil i.S. des § 20 Abs. 3 EStG gewährt wird. Dazu ist zu sagen, dass die Besteuerung nicht auf § 20 Abs. 3 EStG basiert, sondern sich der zu versteuernde Auflösungsgewinn aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 EStG ergibt, wobei als Anschaffungskosten der an den Dritten gezahlte Kaufpreis und als Veräußerungserlös das durch den Inhaber ausgezahlte Auseinandersetzungsguthaben gilt. Dies führt m.E. auch in diesen Fällen zwingend zur Besteuerung des Vermögenszuwachses nach der durch das Unternehmensteuergesetz geänderten Rechtslage.
22.215 Die Erfüllung des Tatbestandes des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG ist nicht an irgendwelche Behaltensfristen geknüpft. Der unter Rn. 22.211 dargestellte Streit, ob die Kündigung der stillen Gesellschaft eine Veräußerung darstellt und daher ein Spekulationsgeschäft vorliegen kann, ist daher für Beteiligungen, die nach dem 1. 1. 2009 erworben oder begründet wurden, nicht mehr relevant.
22.216 Zur Vermeidung von Umgehungen gilt nach § 20 Abs. 2 Satz 3 EStG die Veräußerung einer mittelbaren oder unmittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft als anteilige Anschaffung oder Veräußerung solcher Wirtschaftsgüter. Betroffen davon ist z.B. der Fall, dass stille Beteiligungen von einer ausschließlich vermögensverwaltenden GbR gehalten werden. Für die Veräußerung von Anteilen an der GbR greift § 20 Abs. 2 EStG nicht, sondern nur der weiterhin geltende § 23 EStG. Die Veräußerung der Anteile an der GbR wäre beim Gesellschafter daher nur innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist steuerbar. Dies wird dadurch vermieden, dass der (mittelbare oder unmittelbare) Gesellschafter der GbR so behandelt wird, als ob er die stille Beteiligung anteilig selbst veräußert hätte.
22.217 Der Veräußerungsgewinn ergibt sich gemäß § 20 Abs. 4 EStG aus dem Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, und den Anschaffungskosten. In den Fällen der verdeckten Einlage tritt an die Stelle der Einnahmen aus der Veräußerung der Wirtschaftsgüter ihr gemeiner Wert; der Gewinn ist für das Kalenderjahr der verdeckten Einlage anzusetzen. Ist die Beteiligung zuvor in das Privatvermögen durch Entnahme oder Betriebsaufgabe überführt worden, tritt an die Stelle der Anschaffungskosten der nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG oder § 16 Abs. 3 1 Für den Zeitpunkt des Erwerbs von Wertpapieren ebenso Gemmel/Hoffmann-Fölkersamb, NWB 2007, 2935 (2939), Fach 3, S. 14695 (14699). 2 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 229 (a.E.).
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EStG angesetzte Wert. Bei unentgeltlichem Erwerb der stillen Beteiligung sind dem stillen Gesellschafter die Anschaffung oder die Überführung des Wirtschaftsguts in das Privatvermögen durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen. Durch die Einführung der fristenunabhängigen Besteuerung von Veräußerungs- und Auflösungsgewinnen wurde in Deutschland erstmalig eine grundsätzliche Besteuerung von Vermögenszuwächsen im Privatvermögen eingeführt. Lediglich Immobilienvermögen und sonstige Wirtschaftsgüter sind davon ausgenommen und werden nur bei Vorliegen eines Spekulationsgeschäftes nach § 23 EStG besteuert. Die Besteuerung von Vermögenszuwächsen im Privatvermögen erscheint grundsätzlich sinnvoll, weil damit bezogen auf die Besteuerung von Vermögenszuwächsen im Betriebsvermögen eine gleichmäßigere Besteuerung erreicht wird. Die unter Rn. 22.203 ff. dargestellten Widersprüchlichkeiten bei Veräußerungs- und Kündigungsfällen werden dadurch weitgehend vermieden. Die Besteuerung von Vermögenszuwächsen im Privatvermögen widerspricht zwar dem in § 2 Abs. 2 EStG zum Ausdruck kommenden Grundgedanken der dualistischen Einkünfteermittlung, sie ist aber als systematisch konsequenter Schritt zu mehr Gleichmäßigkeit der Besteuerung im Hinblick auf den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu begrüßen1. Auch das BVerfG war bisher stets der Ansicht, dass der Gesetzgeber nicht daran gehindert ist, Gewinne aus der Veräußerung von Gegenständen des Privatvermögens zu besteuern2.
22.218
6. Verlustbeteiligung und (sonstige) Werbungskosten a) Beschränkung des Werbungskostenabzuges nach § 20 Abs. 9 EStG n.F. ab 2009 In Veranlagungszeiträumen bis 2008 kann der stille Gesellschafter Ausgaben, die durch die stille Beteiligung veranlasst worden sind, grundsätzlich als Werbungskosten steuerlich geltend machen. Dieser Grundsatz kannte auch bisher Einschränkungen und wurde durch die Unternehmensteuerreform 2008 im Zuge der Einführung der Abgeltungsteuer aufgegeben.
22.219
Der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ist ab dem Veranlagungszeitraum 2009 ausgeschlossen, § 20 Abs. 9 EStG. Pauschalierend wird bei der Ermittlung der Einkünfte ein Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 801 Euro3 (bei Ehegatten 1602 Euro) als Werbungskosten abgezogen. Ein weiterer Abzug von Werbungskosten ist ab 2009 nicht möglich. Dies gilt sowohl für die Regelbesteuerung an der Quelle als auch für die Antragsveranlagung nach § 32d Abs. 4 EStG (siehe Rn. 22.292 ff.) und die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG (siehe Rn. 22.296 ff.). § 20 Abs. 9 EStG gilt jedoch nicht bei den für stille
22.220
1 Bäuml/Gageur, FR 2006, 213 (216). 2 BVerfG v 9. 7. 1969 – 2 BvL 20/65, BStBl. II 1970, 156 unter II.3.d) aa). Anders bei strukturellem Vollzugsdefizit siehe BVerfG v. 27. 6. 1991 – 2 BvR 1493/89, BStBl. II 1991, 654. 3 Der neue Sparer-Pauschbetrag entspricht daher der Summe des früheren Werbungskosten-Pauschbetrags von 51 Euro und dem Sparer-Freibetrag von 750 Euro.
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Gesellschaften wichtigen Ausnahmetatbeständen des § 32d Abs. 2 EStG (siehe Rn. 22.300 ff.).
22.221 Unsystematisch ist in diesem Zusammenhang, dass bei Veräußerungsgeschäften nach § 20 Abs. 2 EStG der Abzug von Aufwendungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Veräußerung stehen, nach § 20 Abs. 4 EStG zulässig ist1. Diese Ausnahme von § 20 Abs. 9 EStG war ursprünglich im Regierungsentwurf nicht vorgesehen und ist erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens hinzugekommen.
22.222 Insbesondere bei stillen Gesellschaften ist problematisch, dass nach h.M. Anteile am Jahresverlust Werbungskosten sind und nicht als negative Einnahmen behandelt werden können (siehe Rn. 22.226.). Dies hat zur Folge, dass Verlustanteile des typischen stillen Gesellschafters nicht mehr zu einem laufenden Verlust führen können. Die Verlustanteile können daher weder mit anderen positiven Einkünften verrechnet noch als Verluste vorgetragen und in späteren Jahren mit Gewinnanteilen aus derselben stillen Beteiligung verrechnet werden2. Zur Berücksichtigung des Verlustanteils im Falle der Veräußerung oder Auflösung siehe Rn. 22.254 ff.
22.223 Die Beschränkung des Werbungskostenabzuges ist verfassungsrechtlich bedenklich und insbesondere in den Fällen der Antragsveranlagung und Günstigerprüfung nicht zu rechtfertigen. Im Gesetzesentwurf heißt es dazu, dass sowohl eine Typisierung hinsichtlich der Höhe der Werbungskosten in den unteren Einkommensgruppen vorgenommen als auch berücksichtigt wird, dass mit einem relativ geringen Proportionalsteuersatz von 25 % die Werbungskosten in den oberen Einkommensgruppen mit abgegolten werden3. Es ist wohl unumgänglich, dass im Rahmen der Abgeltungsteuer auf Typisierungen zurückgegriffen werden muss. Anders lässt sich das System des Steuereinzugs durch den Gläubiger mit abgeltender Wirkung gar nicht administrieren. Insbesondere für den Fall fremdfinanzierter stiller Beteiligungen kann dies zu Einbußen in der Vermögenssubstanz und zu einer enteignenden Besteuerung führen4. Dem kann sich der Steuerzahler auch nicht durch die Antragsveranlagung nach § 32d Abs. 4 EStG (siehe Rn. 22.292 ff.) oder die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG (siehe Rn. 22.296 ff.) entziehen, da auch in diesen Fällen der Abzug der Werbungskosten ausgeschlossen ist. Gerade in diesen Fällen lässt sich aber die Pauschalierung nicht damit rechtfertigen, dass ein möglichst einfaches Abgeltungsverfahren außerhalb der Veranlagung der Pauschalierung bedarf5.
1 So auch Gemmel/Hoffmann-Fölkersamb, NWB 2007, 2935 (2943), Fach 3, S. 14695 (14703). Im Referentenentwurf war diese Ausnahme von § 20 Abs. 9 EStG noch nicht vorgesehen. 2 So auch Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 127 f., und Dinkelbach, DB 2009, 870 (871 f.), die beide das Ergebnis zu Recht für nach dem Gesetzeswortlaut unumgänglich, aber nicht befriedigend halten. 3 BT-Drucks. 16/4841, S. 57. 4 Behrens, BB 2007, 1025 (1028). 5 Ähnlich kritisch auch Behrens, BB 2007, 1025 (1028); Hey, BB 2007, 1303 (1307); Gemmel/Hoffmann-Fölkersamb, NWB 2007, 2935 (2943), Fach 3, S. 14695 (14703).
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b) Der Verlustanteil in Veranlagungszeiträumen bis 2008 und im Falle des § 32d Abs. 2 EStG aa) Laufende Verluste aus der typisch stillen Beteiligung In Veranlagungszeiträumen bis 2008 und im Falle des Ausnahmetatbestandes des § 32d Abs. 2 EStG sind die tatsächlichen Werbungskosten grundsätzlich steuerlich zu berücksichtigen. Bei der Berücksichtigung von laufenden Verlusten ist zu unterscheiden, ob sie den stillen Gesellschafter aufgrund gesellschaftsvertraglicher Verpflichtungen treffen oder nicht.
22.224
In letzterem Fall stellen sie sich als Vermögensverluste dar, die bei bis zum 31. 12. 2008 erworbenen oder begründeten stillen Gesellschaften nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Einkünften aus Kapitalvermögen stehen und daher einkommensteuerrechtlich unbeachtlich sind. Bei stillen Gesellschaften, die nach dem 31. 12. 2008 begründet oder erworben wurden, sind Vermögensverluste berücksichtigungsfähig, wobei die Einschränkungen des § 20 Abs. 6 EStG gelten (siehe dazu Rn. 22.254 ff.).
22.225
Verluste, an denen der stille Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag beteiligt ist, wirken sich mangels anderer Vereinbarung dahin aus, dass seine Einlage entsprechend verringert wird. Da durch die Übernahme der Verlustbeteiligung die Höhe der Gewinnzuweisungen beeinflusst wird, ist die Verringerung der Einlage als eine Aufwendung anzusehen, die im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den erwarteten Einkünften aus Kapitalvermögen steht. Die im Falle der Verlustbeteiligung auf den stillen Gesellschafter entfallenden Anteile am Jahresverlust stellen für ihn nach h.M. Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen dar1. Nach a.A. soll es sich hierbei um negative Einnahmen handeln2. Gegen letztere Ansicht spricht jedoch, dass der Begriff negative Einnahmen eine Verpflichtung zur Rückzahlung früher zugeflossener Einnahmen voraussetzt, die sich aus § 232 Abs. 2 Satz 2 HGB nicht ergibt3. Als Zeitpunkt des Abzuges dürfte daher das Jahr der Abbuchung von der Einlage anzusehen sein4. Auf welchen Ursachen diese Verluste im Einzelnen beruhen, ist unerheblich. Betriebliche Verluste sind nicht nur die Verluste, die durch eine normale Geschäftsentwicklung bedingt sind, sondern auch Verluste, die auf außergewöhnlichen Umständen beruhen (etwa eine Unterschlagung durch Angestellte); auch sie spielen sich innerhalb der betrieblichen Sphäre ab, auf die der stille Gesellschafter keinen Einfluss hat. Entscheidend ist, dass er nach dem Gesellschaftsvertrag sie mitzutragen verpflichtet ist.
22.226
1 RFH v. 23. 5. 1933 – VI A 422/33, RFHE 33, 272 = RStBl. 1933, 1078; BFH v. 10. 11. 1987 – VIII R 53/84, BFHE 151, 434 = BStBl. II 1988, 186; BFH v. 28. 5. 1997 – VIII R 25/96, BFHE 183, 407 = BStBl. II 1997, 724 unter II. B; Sterner, DB 1985, 2316 (2318) m.w.N.; Seemann in Frotscher, § 20 EStG Rn. 107; Harenberg in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 20 EStG Anm. 445 m.w.N. 2 Schlotter in Littmann/Bitz/Pust, § 20 EStG Rn. 525. 3 Weber-Grellet in L. Schmidt, 26. Aufl. 2007, § 20 EStG Rn. 143. 4 BFH v. 23. 7. 2002 – VIII R 36/01, BFHE 199, 477 = BStBl. II 2002, 858 unter II.3.a).
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22.227 Verlustanteile sind beim stillen Gesellschafter erst dann als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn der Jahresabschluss des Inhaber festgestellt, die Berechnung des Verlustanteils des stillen Gesellschafters erfolgt und dieser auch abgebucht worden ist1. Nur ausnahmsweise kann der Verlust auch geschätzt werden, wenn der Inhaber keinen Jahresabschluss mehr erstellt oder erstellen kann2.
22.228 Ist die Vermögenseinlage durch Verluste gemindert, ohne dass jedoch ein negatives Kapitalkonto entstanden ist, so sind die später erzielten Gewinne so lange zur Deckung der Verluste zu verwenden, bis die ursprüngliche Einlage wieder erreicht ist. Obwohl der stille Gesellschafter diese Gewinne nicht ausgezahlt erhält, sind sie ihm zugeflossen und stellen für ihn steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen (oder aus Gewerbebetrieb) dar3.
22.229 Zur steuerlichen Behandlung von Verlusten bei Insolvenz des Geschäftsinhabers siehe Rn. 22.250 ff. bb) Verlustausgleich und sinngemäße Anwendung von § 15a EStG (1) Rechtslage ohne Berücksichtigung von § 15a EStG
22.230 Verlustanteile, die die Höhe der Einlage übersteigen und zu einem Minuskapital führen, sind auch in Veranlagungszeiträumen bis 2008 und im Falle des Ausnahmetatbestandes des § 32d Abs. 2 EStG nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen. Verlustanteile rechtfertigen den Abzug als Werbungskosten nur dann, wenn tatsächlich Vermögenswerte abfließen4. Da der stille Gesellschafter nicht zum Ausgleich der negativen Kapitaleinlage verpflichtet ist, fließen mit den Verlustanteilen, die zu einem Minuskapital führen oder es erhöhen, aber keine Vermögenswerte ab.
22.231 Hat der stille Gesellschafter die vereinbarte Einlage nicht voll geleistet, können über den geleisteten Teil hinaus keine Vermögenswerte abfließen und somit auch keine Werbungskosten vorliegen5. Das Gleiche gilt für die Haftung des stillen Gesellschafters aufgrund einer Bürgschaft. Darüber hinaus ergibt sich hier ein Widerspruch in der Rechtsprechung. Wird der stille Gesellschafter aus der Bürgschaft in Anspruch genommen, so kann er die Haftsumme 1 BFH v. 16. 10. 2007 – VIII R 21/06, FR 2008, 320. 2 BFH v. 23. 2. 2007 – VIII B 105/06, BFH/NV 2007, 1118, Rn. 6. 3 BFH v. 24. 1. 1990 – I R 55/85, BFHE 162, 19 = BStBl. II 1991, 147; Fella, StWa 1992, 101 (104). 4 Vgl. BFH v. 16. 10. 2007 – VIII R 21/06, FR 2008, 320 m. Anm. Kempermann; BFH v. 5. 5. 1981 – VIII B 26/80, BFHE 133, 285 = BStBl. II 1981, 574. Zustimmend Fleischer/ Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 121. 5 Gleicher Ansicht Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 123; FG München v. 26. 4. 2006 – 9 K 1490/03, DStRE 2007, 214 und BFH v. 16. 10. 2007 – VIII R 21/06, BStBl. II 2008, 126, zur Frage, ob die schuldrechtliche Verpflichtung des stillen Gesellschafters, den Inhaber von allen Risiken und Verbindlichkeiten aus einen Darlehensverhältnis freizustellen, einen Vermögenswert darstellt, der der tatsächlich geleisteten Einlage gleichsteht.
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nicht als Werbungskosten geltend machen, weil es an der erforderlichen unmittelbaren Beziehung zu den erwarteten Einkünften aus Kapitalvermögen fehlt1. Verlustanteile sollen ihm dagegen über seine Einlage hinaus auch noch bis zur Höhe seiner Bürgenhaftung zugerechnet werden können2. Hier wird eine unmittelbare Beziehung zwischen der stillen Beteiligung und der Bürgschaft für den Geschäftsinhaber offensichtlich als gegeben unterstellt. (2) Sinngemäße Anwendung von § 15a EStG gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG Durch die Gesetzesänderung von 1980 hat sich infolge der in § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG enthaltenen Anordnung einer sinngemäßen Anwendung des § 15a EStG eine zusätzliche Komplikation ergeben. Wegen der „sinngemäßen“ Anwendung einer an das Kapitalkonto anknüpfenden Regelung auf die Überschusseinkünfte hat die Verweisung zu Recht heftige Kritik erfahren: „Die nackte Verweisung auf § 15a EStG bei den Überschusseinkünften erweist sich als eine versteckte Verlagerung der Gesetzgebungsaufgabe der Exekutive. Der Gesetzgeber selbst hat in Wirklichkeit keine Regelung getroffen“3. Die Verweisung sei deshalb zu ignorieren. In der Literatur wird jedoch – mit dem Hinweis, dass eine „sinngemäße Anwendung“ schwächer als eine „entsprechende Anwendung“ ist – versucht, die Verweisung für die Rechtsanwendung „aufzubereiten“. Dabei sind zahlreiche Streitigkeiten entstanden. Angefangen bei der Frage, ob die Verweisung eine Änderung in der Zurechnung von Verlustanteilen bewirkt, bis hin zur systemwidrigen Anerkennung von Sonderbetriebsvermögen im Bereich der Überschusseinkünfte.
22.232
M.E. geht die Verweisung in § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG völlig ins Leere4. Die Norm, auf die verwiesen wird, § 15a EStG, regelt nicht die Ermittlung oder Zuweisung von Einkünften, sondern lediglich den Ausgleich von nach den allgemeinen Vorschriften ermittelten und nach dem vereinbarten Verteilungsschlüssel zugerechneten Verlustanteilen5. Betrifft aber § 15a EStG nicht die Verlustermittlung und Verlustzurechnung, sondern nur den Ausgleich des ermittelten und zugerechneten Verlustes, kann das bei der § 15a EStG für sinngemäß anwendbar erklärenden Norm nicht anders sein. Entgegen einer zum Teil vertretenen Ansicht6 bewirkt die Anordnung sinngemäßer Anwen-
22.233
1 FG Stuttgart v. 20. 11. 1956 – IV 954/56, EFG 1957, 82. 2 So BFH v. 5. 5. 1981 – VIII B 26/80, BFHE 133, 285 = BStBl. II 1981, 574 für den vergleichbaren Fall des Kommanditisten einer Immobilien-KG; Bordewin, FR 1982, 268 (269, 272). 3 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 11a IV 3b, S. 502; KnobbeKeuk, StuW 1981, 97 (104 f.). 4 Ebenso Groh in FS L. Schmidt, S. 447 f. und DB 2004, 668 (671). 5 Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 189. 6 Uelner/Dankmeyer, DStZ 1981, 12 (22); Uelner, StbJb 1981/82, 107 (128); Weber-Grellet in L. Schmidt, 26. Aufl. 2007, § 20 EStG Rn. 144 f.; BMF v. 14. 9. 1981 – IV B 1 S 2253b-5/81, BStBl. I 1981, 620 Nr. 4.
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dung des § 15a EStG keine Änderung der bisherigen Verlustzurechnung1. Wie bisher kann also die Kapitaleinlage des typischen stillen Gesellschafters durch Verlustzuweisungen nicht negativ werden. Soweit die geleistete Einlage aufgezehrt ist, sind Verluste mit steuerlicher Wirkung nur noch dem Geschäftsinhaber zuzurechnen.
22.234 Steuerlich wäre ein „negatives Kapitalkonto“ des typischen stillen Gesellschafters allenfalls bei einer systemwidrigen Einbeziehung von „Sonderbetriebsvermögen“ denkbar2. Beispiel: A ist mit einer durch Kredit finanzierten Einlage i.H.v. 50 000 Euro am Handelsgeschäft des B als stiller Gesellschafter beteiligt. Die Einlage des A wird durch den ihm zuzurechnenden Verlustanteil auf 40 000 Euro gemindert. Bezöge man in das „Kapitalkonto“ des A den Kredit als „Sonderbetriebsvermögen“ mit ein, entstünde durch die steuerlich wirksame Verlustzuweisung ein „negatives Kapitalkonto“ des A. Da aber nach der hier vertretenen und mittlerweile vom BFH bestätigten Ansicht (vgl. oben Rn. 22.68 ff.) bereits bei der direkten Anwendung des § 15a EStG Sonderbetriebsvermögen bei der Berechnung des Kapitalkontos nicht mit zu berücksichtigen ist, kann es dies bei der bloß sinngemäßen Anwendung erst recht nicht sein3.
22.235 Diese Auffassung wird allerdings vom BFH abgelehnt. Nachdem schon der III. Senat ohne nähere Problematisierung von der sinngemäßen Anwendbarkeit des § 15a EStG ausging4, hat nunmehr der VIII. Senat5 ausdrücklich festgestellt, dass die Einführung von § 15a und § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zu einer Änderung der Rechtslage geführt hätte. Auch für den typisch stillen Gesellschafter sei ein negatives Kapitalkonto zu bilden. Für die sinngemäße Anwendung des § 15a EStG kann nur auf der Grundlage des Kontos, auf welchem die Vermögenseinlage des Stillen festgehalten wird, eine den Kriterien des § 15a EStG entsprechende Kapitalrechnung durchgeführt werden. Es bleibt den Gesellschaftern dabei überlassen, in welcher Form sie das negative Einlagenkonto für steuerliche Zwecke führen, z.B. als Verlustsonderkonto oder entsprechend seinem Charakter formlos als „Merkposten“6. Für den Stillen ergibt sich hieraus keine erweiterte Verlustnutzung, da er diese Verluste weder als Werbungskosten von anderen Einkünften aus Kapitalvermögen abziehen noch nach § 10d EStG einen Verlustabzug gelten machen kann. Vielmehr ist für ihn ein verrechenbarer Verlust zum Bilanzstichtag festzustellen7. Zu beachten ist ferner die Feststellung des Gerichts, dass ein verrechenbarer Verlust 1 Bordewin, FR 1982, 268 (269); Dornfeld, DB 1981, 546; Sabatschus, DB 1982, 2652; Schulze-Osterloh in Tipke, S. 267; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 124 ff.; BMF v. 8. 5. 1981 – IV B 2 S 2241-102/81, BStBl. I 1981, 308. 2 So Bordewin, FR 1982, 268 (270 ff.). 3 Zur Berücksichtigung von Sonderbetriebsvermögen siehe auch Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 191. 4 BFH v. 7. 9. 2000 – III R 33/96, BFH/NV 2001, 415 = HFR 2001, 440. 5 BFH v. 23. 7. 2002 – VIII R 36/01, DStR 2002, 1852 (1854), bestätigt durch BFH v. 16. 10. 2007 – VIII R 21/06, FR 2008, 320. 6 BFH v. 16. 10. 2007 – VIII R 21/06, FR 2008, 320 (322). 7 BFH v. 23. 7. 2002 – VIII R 36/01, DStR 2002, 1852 (1854). Der Feststellungsbescheid entfaltet nur im Hinblick auf den verrechenbaren Verlust Bindungswirkung, nicht
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des typisch stillen Gesellschafters mit seiner Berechnung nach § 232 Abs. 1 HGB auf der Grundlage des Jahresabschlusses entstehe1, es also auf die Abbuchung nicht ankomme. Nach Ansicht des BFH sind die Gewinnanteile, mit denen der stille Gesellschafter später sein Kapitalkonto wieder auffüllen muss, bei diesem weder Einnahmen noch Aufwand beim Geschäftsinhaber. Stattdessen seien sie erfolgsneutral mit dem negativen Einlagekonto zu verrechnen2. Hieraus wird geschlossen, dass mangels Einnahmen insoweit ein Steuerabzug vom Kapitalertrag (§ 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG) nicht vorzunehmen ist3.
22.236
Offen bleibt aber, wie die verrechenbaren Verluste bei der Veräußerung oder Auflösung der stillen Beteiligung zu behandeln sind4. Soweit man auch bei der sinngemäßen Anwendung von § 15a EStG die Identität des Gesellschafters, sprich des Stillen, fordert, führen beide Vorgänge zum Untergang der verrechenbaren Verluste. Da mit der Auflösung der stillen Gesellschaft feststeht, dass die verrechenbaren Verluste des Stillen endgültig vom Geschäftsinhaber zu tragen sind, entsteht bei diesem ein entsprechender Verlust5. Ist der Geschäftsinhaber eine KG, so ist dieser Verlust entsprechend dem internen Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel unter den Gesellschaftern aufzuteilen. Dies kann bei den Kommanditisten wiederum zur Entstehung eines negativen Kapitalkontos und mithin zu verrechenbaren Verlusten führen. Fraglich ist allerdings, ob im Fall der Veräußerung auf Seiten des Erwerbers – wie beim Erwerb eines Kommanditanteils mit negativem Kapitalkonto – Anschaffungskosten anzunehmen sind. Da bei einer im Privatvermögen gehaltenen stillen Beteiligung ein Veräußerungsgewinn oder -verlust nicht steuerbar ist, wenn die Beteiligung vor dem 1. 1. 2009 erworben oder begründet wurde (vgl. Rn. 22.203 ff.), würde dies im Ergebnis dazu führen, dass der verrechenbare Verlust steuerlich nicht berücksichtigt wird. Hingegen kann bei der unentgeltlichen Übertragung wie bei der KG6 davon ausgegangen werden, dass das negative Kapitalkonto auch in seiner steuerlichen Funktion auf den Erwerber übergeht.
22.237
Ausgehend von der gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsfreiheit dürfte sich aus der aktuellen Rechtsprechung ein Wahlrecht ergeben, ob Verluste, die die
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1 2 3
4 5 6
aber hinsichtlich ausgleichbarer Verluste, BFH v. 7. 9. 2000 – III R 33/96, BFH/NV 2001, 415 ff. BFH v. 23. 7. 2002 – VIII R 36/01, DStR 2002, 1852 (1854). BFH v. 23. 7. 2002 – VIII R 36/01, DStR 2002, 1852 (1854). Kuck, DStR 2003, 235 (237). Grundsätzlich stellen die Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters, die der Auffüllung seiner durch Verluste geminderten Einlage dienen, Einkünfte aus Kapitalvermögen dar und unterliegen auch dem Steuerabzug durch die Kapitalertragsteuer. So BFH v. 24. 1. 1990 – I R 55/85, BStBl. II 1991, 147 (148) unter 2.1; BFH v. 24. 1. 1990 – I B 110/88, BFH/NV 1991, 683 (684); Seemann in Frotscher, § 20 EStG Rn. 108b. Hierzu Kuck, DStR 2003, 235 (237). Vgl. zur KG: Heuermann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 15a EStG Rn. 117 f. BFH v. 10. 3. 1998 – VIII R 76/96, BStBl. II 1999, 269 (272) unter II.3.b); Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rn. 234.
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Einlage des Stillen übersteigen, diesem oder dem Geschäftsinhaber zuzuweisen sein sollen. Der gesetzliche Regelfall einer über die Einlage hinausgehenden Verlustbeteiligung des Stillen führt bei diesem zu verrechenbaren Verlusten. Werden hingegen die Verluste nach dem Verbrauch der Einlage des Stillen aufgrund gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen unmittelbar dem Geschäftsinhaber zugerechnet, ist dies konsequenterweise auch steuerlich anzuerkennen1.
22.239 Nach der hier vertretenen Auffassung ist lediglich bei § 15a Abs. 3 EStG eine sinngemäße Anwendung denkbar. Als „Entnahme“ – die es im Bereich der Überschusseinkünfte nicht gibt – kommt hier nur eine Rückzahlung der Vermögenseinlage in Betracht2. Für unsere Überlegungen wird von folgendem Beispiel ausgegangen: A ist mit 100 000 Euro als stiller Gesellschafter am Handelsgeschäft des B beteiligt. Seine Einlage ist durch Verluste auf 20 000 Euro gemindert worden. A und B beschließen, die Einlage von 100 000 Euro auf 50 000 Euro zu vermindern. A erhält 50 000 Euro zurück. Bei sinngemäßer Anwendung des § 15a Abs. 3 EStG lägen hier i.H.v. 30 000 Euro steuerpflichtige Einnahmen des stillen Gesellschafters vor, weil die Rückzahlung insoweit zu einer negativen Kapitaleinlage führt3.
22.240 Sinn des § 15a Abs. 3 EStG ist es, die missbräuchliche Schaffung von Verlustverrechnungsmöglichkeiten durch kurzfristige Einlagen, die nach dem Bilanzstichtag wieder abgezogen werden, zu verhindern4. Beim typischen stillen Gesellschafter sind Einlagen und Entnahmen im einkommensteuerrechtlichen Sinn nicht möglich. Sonstige Rechtsbeziehungen zwischen typischem stillen Gesellschafter und Geschäftsinhaber, wie etwa eine Darlehensgewährung, sind aber im Rahmen der §§ 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2, 15a EStG nicht zu berücksichtigen. Eine Sachlage, wie sie § 15a Abs. 3 EStG zu verhindern sucht, kann bei der typischen stillen Gesellschaft also gar nicht auftreten.
22.241 Darüber hinaus wird die Wirkung des § 15a Abs. 3 EStG – die Umwandlung von ausgleichs- bzw. abzugsfähigen Verlusten in verrechenbare Verluste insoweit, wie durch die Entnahme das Kapitalkonto negativ wird – bei der typischen stillen Gesellschaft schon durch eine andere Norm erzielt. Wie bereits oben erwähnt, kommt als „Entnahme“ bei der typischen stillen Gesellschaft nur die Rückzahlung der Vermögenseinlage in Betracht. Hierbei handelt es sich grundsätzlich um eine einkommensteuerlich unbeachtliche Vermögensumschichtung. Erhält der stille Gesellschafter mehr als den Nennbetrag der Einlage, liegt insoweit ein nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG steuerpflichtiger Gewinn vor. Genauso verhält es sich, wenn der stille Gesellschafter zwar den 1 Kuck, DStR 2003, 235 (237); Groh, DB 2004, 669 (670); Für die KG wird dies ausdrücklich bejaht: BFH v. 26. 3. 1987 – IV R 249/84, BFH/NV 1988, 699 (700); Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rn. 27. 2 Bordewin/Söffing/Uelner, Verlustverrechnung bei negativem Kapitalkonto, S. 115; Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 20 EStG Rn. 261; Schoor/Natschke, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 319. 3 Vgl. Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 126. 4 Heuermann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 15a EStG Rn. 83.
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Nennbetrag der Einlage zurückerhält, die tatsächliche Vermögenseinlage aber durch Verluste gemindert ist. Erhält der stille Gesellschafter nur einen Teilbetrag seiner Einlage zurück und ist dieser Betrag höher als die durch Verluste geminderte tatsächliche Vermögenseinlage, entsteht handelsrechtlich ein negatives Einlagekonto. Steuerrechtlich stellt sich der über den tatsächlichen Betrag der Vermögenseinlage hinausgehende Rückzahlungsbetrag ebenfalls als besonderes Entgelt für die Überlassung der – durch Verluste geminderten – Vermögenseinlage dar, das nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG zu versteuern ist. Die Wirkung ist die gleiche wie bei der Anwendung des § 15a Abs. 3 EStG: In obigem Beispiel war die Einlage des A durch ausgleichs- bzw. abzugsfähige Verluste um 80 000 Euro gemindert. Durch die Teilrückzahlung der Einlage entsteht ein nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG zu versteuernder Gewinn i.H.v. 30 000 Euro, und handelsrechtlich eine negative Vermögenseinlage in gleicher Höhe. Erst wenn dieses Minuskapital durch künftige Gewinne bis auf null aufgefüllt ist, entstehen wieder steuerrechtliche Gewinne für den stillen Gesellschafter. Bei der Anwendung des § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG, wie bei der sinngemäßen Anwendung des § 15a Abs. 3 EStG wird also im Ergebnis aus einem ausgleichs- bzw. abzugsfähigen Verlust ein verrechenbarer Verlust. Die Anordnung der sinngemäßen Anwendung einer Norm auf einen bestimmten Sachverhalt ist aber unsinnig, wenn eine andere Norm unmittelbar eingreift. Sie verwirrt dann nur den Rechtsanwender. So wollen Fleischer/Thierfeld1 den Rückzahlungsbetrag, soweit er zu einem negativen Einlagekonto führt, sowohl nach §§ 15a Abs. 3 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG als auch nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG der Besteuerung unterwerfen.
22.242
Die Verweisung auf § 15a EStG findet somit bei verfassungsrechtlich unbedenklicher Auslegung überhaupt keinen Anwendungsbereich. Sie ist, wie schon von Knobbe-Keuk gefordert2, zu ignorieren.
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cc) Sinngemäße Anwendung des § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG Die Verlustnutzungsmöglichkeiten bei Bestehen eines positiven Kapitalkontos wurden durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz auch bei der stillen typischen Gesellschaft eingeschränkt. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG verweist diesbezüglich auf § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG. Dies bedeutet, dass Verluste aus stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften unter der Voraussetzung, dass der stille Gesellschafter selbst eine Kapitalgesellschaft ist, nur mit Gewinnen aus dem unmittelbar vorangehenden Veranlagungszeitraum oder aus folgende Veranlagungszeiträume derselben stillen Beteiligung verrechenbar sind. Wegen Einzelheiten und Kritik zu § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG siehe Rn. 22.57 ff. Ebenso wie bei der atypischen stillen Gesellschaft ist von der Verlustverrechnungsbeschränkung nur der Anteil am Verlust des Betriebes betroffen, dies ergibt sich bei der typischen stillen Gesellschaft direkt aus dem Wortlaut des § 20
1 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 126. 2 Knobbe-Keuk, StuW 1981, 97 (105).
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Abs. 1 Nr. 4 EStG. Sonstige Werbungskosten werden daher nicht von der Beschränkung erfasst. c) Sonstige Werbungskosten in Veranlagungszeiträumen bis 2008 und im Falle des § 32d Abs. 2 EStG
22.245 Über die Verlustanteile hinaus kann der stille Gesellschafter in Veranlagungszeiträumen bis 2008 und im Falle des Ausnahmetatbestandes des § 32d Abs. 2 EStG diejenigen Ausgaben als Werbungskosten geltend machen, die durch die stille Beteiligung veranlasst worden sind. In Betracht kommen insbesondere Kosten für die Beratung, für Reisen zum Betrieb zwecks Wahrnehmung der Kontrollrechte bzw. entsprechende Kosten für einen beauftragten Prüfer sowie Schuldzinsen im Zusammenhang mit der Finanzierung der Beteiligung1. Nach der Rechtsprechung des BFH2 sind Schuldzinsen und andere Kreditkosten dabei auch insoweit abzugsfähig, als sie die Gewinnanteile überschreiten, wenn sie nur durch die entgeltliche Überlassung von Kapital zur Nutzung veranlasst worden sind. Eine solche Veranlassung von Schuldzinsen durch die Einkunftserzielung besteht nicht, wenn die Aufwendungen vorwiegend zur Ausnutzung von Wertsteigerungen im Vermögen gemacht werden, deren Realisierung nicht steuerbar ist. Ohne Beteiligung an den stillen Reserven steht die Ausnutzung von Wertsteigerungen aber schwerlich im Vordergrund. Eine ausschließliche Realisierungsabsicht ist außerdem zu verneinen, wenn jedenfalls langfristig ein Überschuss zu erwarten ist.
22.246 Nicht als Werbungskosten sondern als Anschaffungskosten bewertet der BFH ein Ausgabeaufgeld, das der typisch stille Gesellschafter neben seiner Einlage in Form einer Gebühr an den Geschäftsinhaber zahlt. Bei den Gebühren handele es sich um ein Eintrittsgeld für die künftig zu erwartenden, gemessen an der Beteiligungshöhe überdurchschnittlich hohen Gewinne. Diese Einordnung ist insofern systemgerecht, als bei der Veräußerung nach Ablauf der Spekulationsfrist kein steuerbarer Veräußerungsgewinn entsteht3.
22.247 Umstritten ist, ob Verzugszinsen, die der Erbe eines typisch stillen Gesellschaftsanteils an einen etwaigen Pflichtteilsberechtigten zahlt, als Werbungskosten einkunftsmindernd berücksichtigt werden können. Zur Frage der einkommensteuerrechtlichen Beurteilung verzinslicher Zugewinnausgleichs-, Erbersatz- und Pflichtteilsschulden sind mehrere Urteile des BFH ergangen. So wurde die Abzugsfähigkeit von Zinsen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben u.a. bejaht bei einer Darlehensaufnahme zur Ablösung einer Pflichtteilsschuld4 sowie bei der Umwandlung einer Pflichtteils- in eine verzinsliche Dar-
1 Seemann in Frotscher, § 20 EStG Rn. 113; Harenberg in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Rn. 418; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 115. 2 BFH v. 21. 7. 1981 – VIII R 154/76-128/76-200/78, BFHE 134, 113 (119, 121) = BStBl. II 1982, 36 (37, 40). 3 BFH v. 23. 2. 2000 – VIII R 40/98, BFHE 192, 490 = BStBl. II 2001, 24. Ihm folgend etwa Seemann in Frotscher, § 20 EStG Rn. 113; Schoor, LSW Gruppe 14, S. 415 (425). 4 BFH v. 2. 4. 1987 – IV R 9/85, BFHE 149, 567 = BStBl. II 1987, 621.
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lehensschuld (Vereinbarungsdarlehen)1. Mittlerweile hat sich jedoch die Rechtsprechung des BFH zu Zinsen im Zusammenhang mit Pflichtteilsverbindlichkeiten geändert. In seinem Urteil vom 14. 4. 1992 erkannte der VIII. Senat des BFH2 für Recht, dass Verzugszinsen, die ein Erbe wegen der verspäteten Erfüllung einer Pflichtteilsverbindlichkeit zu entrichten hat, auch dann keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen seien, wenn der Nachlass im Wesentlichen aus einem GmbH-Anteil besteht. Diese Rechtsprechung wurde kurze Zeit später in einem ähnlichen Fall vom selben Senat des BFH3 bestätigt. Begründet wird die Abkehr von der bisherigen Judikatur zu Lasten des Steuerpflichtigen im Wesentlichen damit, dass der Erbfall grundsätzlich dem privaten Bereich des Erben zuzuordnen sei. Deshalb würden die Erbfallschulden nicht der einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre, sondern dem Bereich der privaten Lebensführung angehören. Verzugszinsen seien nur dann als Werbungskosten anzuerkennen, wenn sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein derartiger Zusammenhang wird von der Rechtsprechung insbesondere dann bejaht, wenn die Zinsen für eine Schuld geleistet werden, die der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten dient. Belastungen eines Nachlasses mit Pflichtteilsverbindlichkeiten führten aber nicht zu Anschaffungskosten des Erben für Wirtschaftsgüter des Nachlasses. Des Weiteren wird angeführt, die bisherige Rechtsprechung lasse sich im Hinblick auf den Beschluss des Großen Senats vom 4. 7. 19904 nicht aufrechterhalten. Selbst wenn man dem BFH darin zustimmt, dass eine Pflichtteilsschuld und ihre Erfüllung beim Erben nicht zu Anschaffungskosten führt5, so folgt daraus doch nicht zwangsläufig, dass eine Pflichtteilsschuld und die eventuell dafür gezahlten Zinsen nicht im wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen können6, denn der Erbfall ist nicht die alleinige und primäre wirtschaftliche Ursache der Pflichtteilsschulden. Sie sind, soweit ein positiver Nachlass vorhanden ist, durch diesen und damit anteilig durch die einzelnen der Einkünfteerzielung dienenden Vermögensgegenstände wirtschaftlich veranlasst7. Darüber hinaus können aus der Aussage, der Erbfall sei ein privater Vorgang, keine Schlussfolgerungen für die einkommensteuerliche Behandlung späterer Aufwendungen gezogen werden, denn es kommt nicht auf den privaten oder betrieblichen Charakter des Erbfalls, sondern auf die private oder betriebliche Veranlassung der einzelnen Zahlung an8. Im Übrigen hat L. Schmidt9 zutreffend festgestellt, dass der Beschluss des Großen Senats10 1 BFH v. 28. 4. 1989 – III R 4/87, BFHE 156, 497 = BStBl. II 1989, 618; in die gleiche Richtung gehen die Entscheidungen des BFH v. 24. 1. 1989 – IX R 111/84, BFHE 156, 131 = BStBl. II 1989, 706 und des BFH v. 22. 1. 1991 – VIII R 310/84, BFH/NV 1991, 594. 2 BFH v. 14. 4. 1992 – VIII R 6/87, BFHE 169, 511 = BStBl. II 1993, 275. 3 BFH v. 2. 3. 1993 – VIII R 47/90, BFHE 170, 566 = BStBl. II 1994, 619. 4 BFH v. 4. 7. 1990 – GrS 2–3/88, BFHE 161, 290 = BStBl. II 1990, 817. 5 Ablehnend Paus, DStZ 1993, 551 (552). 6 So L. Schmidt, FR 1993, 683 (685). 7 Anm. zu BFH v. 14. 4. 1992 – VIII R 6/87, DStR 1993, 354 (354). 8 Paus, DStZ 1993, 551 (552). 9 L. Schmidt, FR 1993, 683 (684). 10 BFH v. 4. 7. 1990 – GrS 2–3/88, BFHE 161, 290 = BStBl. II 1990, 817.
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den BFH nicht dazu zwingt, seine bisherige Rechtsprechung aufzugeben. Es sprechen somit einige gewichtige Argumente gegen die neue Rechtsprechung des BFH.
22.249 Übernimmt der stille Gesellschafter zur Rettung des Unternehmens des Inhabers eine Bürgschaft, so kann er, wenn er daraus in Anspruch genommen wird, die Haftsumme weder als Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalvermögen noch als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG geltend machen. Es fehlt im einen Falle an der erforderlichen unmittelbaren Beziehung zu den erwarteten Einkünften aus Kapitalvermögen und im anderen Falle an der in § 33 EStG vorausgesetzten Zwangsläufigkeit1. d) Behandlung der Insolvenz des Geschäftsinhabers beim stillen Gesellschafter in Veranlagungszeiträumen bis 2008 und im Falle des § 32d Abs. 2 EStG
22.250 Ist der stille Gesellschafter nicht am Verlust beteiligt, entfallen auf ihn keine Verlustanteile aus den laufenden Geschäften. Verluste der Vermögenseinlage aufgrund der Insolvenz des Geschäftsinhabers sind als Wertminderungen in der Vermögenssphäre bei bis zum 31. 12. 2008 erworbenen oder begründeten stillen Gesellschaften einkommensteuerrechtlich unbeachtlich2. Bei stillen Gesellschaften, die nach dem 31. 12. 2008 begründet oder erworben wurden, sind Vermögensverluste berücksichtigungsfähig, wobei die Einschränkungen des § 20 Abs. 6 EStG zu beachten sind (siehe dazu Rn. 22.219 ff.).
22.251 Der am Verlust beteiligte stille Gesellschafter kann in Veranlagungszeiträumen bis 2008 und im Falle des Ausnahmetatbestandes des § 32d Abs. 2 EStG auch im Fall der Insolvenz des Geschäftsinhabers in Höhe des auf ihn entfallenden Verlustanteils Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ansetzen3. Aufgrund der im Jahr des Zusammenbruchs typischerweise anfallenden hohen Verluste kann auf diesem Wege der Verlust der Einlage zumindest steuerlich berücksichtigt werden. Insofern ist die typisch stille Beteiligung vorteilhaft gegenüber der Darlehensfinanzierung oder Bürgschaftsübernahme4. Es ist jedoch zu beachten, dass ein Verlust erst nach Feststellung des Jahresabschlusses oder einer Schätzung durch das Finanzamt gemäß § 162 AO als Werbungskosten geltend gemacht werden kann. Das bedeutet, dass bei Abwicklung des Unternehmens des Geschäftsinhabers ohne Erstellung des Jahresabschlusses oder im Falle einer Nullschätzung durch das Finanzamt keine Verluste bzw. Werbungskosten anerkannt werden. Der stille Gesellschafter muss im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses auf den Geschäftsinhaber
1 FG Stuttgart v. 20. 11. 1956 – IV 954/56, EFG 1957, 82. 2 Zustimmend BFH v. 28. 5. 1997 – VIII R 25/96, BFHE 183, 407 = BStBl. II 1997, 724 unter II. B; BFH v. 7. 9. 2000 – III R 33/96, BFH/NV 2001, 415 = HFR 2001, 440 unter II. 3.; Steinhauff, NWB Fach 3, S. 10323 ff.; Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 20 EStG Rn. 227. 3 Weber-Grellet in L. Schmidt, 26. Aufl. 2007, § 20 EStG Rn. 147. 4 Hoffmann, GmbH-StB 1998, 87 (88).
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oder Liquidator einwirken, um die Erstellung des Jahresabschlusses oder eine Anerkennung der Verluste im Schätzungsverfahren zu erreichen1. Ist seine Einlage durch den auf ihn entfallenden Verlustanteil nicht völlig aufgezehrt, kann er die verbleibende Einlage als Insolvenzforderung geltend machen. Entfällt hierauf eine Insolvenzquote, liegt eine steuerfreie Rückzahlung der Rest-Einlage vor. Die Verluste an der Rest-Einlage, die der stille Gesellschafter aufgrund der Insolvenzquote erleidet, sind dagegen nicht als Werbungskosten abziehbar, sondern betreffen nur die Vermögensebene, da ihre Übernahme nicht vertraglich vereinbart ist. Ist bei Auflösung der stillen Gesellschaft das Auseinandersetzungsguthaben niedriger als der Betrag des möglicherweise schon durch frühere Verlustzuweisungen geminderten Einlagekontos, liegt insoweit eine Teilnahme des stillen Gesellschafters am Verlust vor, die als Werbungskosten zu berücksichtigen ist. Veräußert dagegen der stille Gesellschafter seine Beteiligung unter dem Nennwert der Einlage, handelt es sich um eine Wertminderung, die nicht auf dem Gesellschaftsvertrag beruht. Sie ist bei bis zum 31. 12. 2008 erworbenen oder begründeten stillen Gesellschaften einkommensteuerrechtlich unbeachtlich und kann nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden2. Bei stillen Gesellschaften, die nach dem 31. 12. 2008 begründet oder erworben wurden, ist § 20 Abs. 6 EStG anzuwenden (siehe dazu Rn. 22.219 ff.).
22.252
Gehört die Beteiligung zum Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters, ist sie mit den Anschaffungskosten zu bilanzieren, die neben der Einlage insbesondere auch Beratungskosten und eventuelle Aufgelder umfassen. Anteiligen Verlusten und Entwertungen der Einlage kann durch Ansatz des niedrigeren Teilwertes Rechnung getragen werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG)3. Hierdurch wirken sie sich bei der Gewinnermittlung im Wege des Betriebsvermögensvergleiches (§§ 4 Abs. 1, 5 EStG) in jedem Falle aus. Verluste aufgrund Insolvenz des Geschäftsinhabers sowie bei Auflösung und Veräußerung der Beteiligung werden – unabhängig davon, ob der stille Gesellschafter am Verlust beteiligt ist oder nicht – über die Gewinn- und Verlustrechnung immer steuerlich berücksichtigt.
22.253
7. Beschränkung der Verlustnutzung nach § 20 Abs. 6 EStG n.F. Im Rahmen der Reform der Besteuerung der Kapitaleinkünfte durch das UntStRG 2008 wurden auch die Verlustverrechnung, der Verlustausgleich und der Verlustabzug modifiziert. Während § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG weiterhin auf § 15 Abs. 4 Satz 6 bis 8 und § 15a EStG verweist, sind Verluste aus Kapitalvermögen insgesamt nicht mehr mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechenbar oder nach § 10 EStG abziehbar, § 20 Abs. 6 Satz 2 EStG. Sie min1 Steinhauff, NWB Fach 3, S. 10323 (10327 f.); BFH v. 28. 5. 1997 – VIII R 25/96, BFHE 183, 407 = BStBl. II 1997, 724 unter II. B; BFH v. 22. 7. 1997 – VIII R 57/95, BFHE 184, 21 = BStBl. II 1997, 755. 2 Vgl. zum Ganzen Sterner, DB 1985, 2316 (2317 f.). 3 Siehe zu den im Einzelnen strittigen Voraussetzungen Milatz, DStZ 2006, 141, (143 f.) und Rauch in Bösl/Sommer, Mezzanine Finanzierung, S. 135 f.
649
22.254
§ 22
Einkommensteuer
dern lediglich als Vortrag die in den folgenden Veranlagungszeiträumen erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen, § 20 Abs. 6 Satz 2 EStG. Ein Verlustrücktrag ist daher ebenso wenig möglich, wie die Verrechnung mit anderen Einkunftsarten.
22.255 Wegen der Nichtabziehbarkeit der tatsächlichen Werbungskosten wird man in Veranlagungszeiträumen ab 2009 eingehender prüfen müssen, welche Umstände lediglich zum Anfall von Werbungskosten und welche zu einem von Werbungskosten unabhängigen Verlust führen:
22.256 Veräußerungsverluste sind als Verluste nach § 20 Abs. 6 EStG mit anderen Kapitaleinkünften zu verrechnen oder vorzutragen. Dabei berechnet sich m.E. der Veräußerungsverlust entsprechend dem Veräußerungsgewinn nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG. Daher sind sowohl die mit der Anschaffung in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Aufwendungen (etwa Beratungskosten betreffend Begründung der Beteiligung) als Bestandteil der Anschaffungskosten1 als auch – obwohl diese im Grunde zu den Werbungskosten zählen – Aufwendungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Veräußerung stehen, zu berücksichtigen, § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG.
22.257 Zu den Werbungskosten gehören insbesondere Finanzierungszinsen und laufende Verwaltungs- und Beratungskosten. Deren Abzug ist nach § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbs. 2 EStG ausgeschlossen; sie führen daher nicht zu steuerlichen Verlusten i.S. des § 20 Abs. 6 EStG2.
22.258 Die Verlustanteile des stillen Gesellschafters stellen für ihn nach h.M. Werbungskosten dar (siehe Rn. 22.226) und führen daher mangels Abziehbarkeit der tatsächlichen Werbungskosten nach neuem Recht konsequenterweise nicht zu einem nach § 20 Abs. 6 EStG verrechenbaren Verlust (siehe Rn. 22.253 ff.). Der Verlustanteil des stillen Gesellschafters müsste sich m.E jedoch im Fall der Veräußerung oder Auflösung steuerlich auswirken. Ist sein Kapitalkonto durch Verluste gemindert und entsprechen der Veräußerungserlös oder das Abfindungsguthaben in ihrer Höhe dem geminderten Kapitalkonto, so führen die nicht ausgeglichenen Verlustanteile auf diesem Wege zu einem Veräußerungsverlust, der im Rahmen des § 20 Abs. 6 EStG zu berücksichtigen ist. Bei der Berechnung des Veräußerungsgewinnes/-verlustes ist der Anschaffungspreis, wie bisher bei der Berechnung im Rahmen des § 23 EStG a.F.3, nicht um in der Behaltenszeit angefallene Werbungskosten zu mindern.
22.259 Verluste aus Veräußerungen von stillen Beteiligungen bis Ende 2008, welche wegen Veräußerung innerhalb Jahresfrist als Verlust aus privatem Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 3 Satz 8 und 9 EStG bisher nicht für den Verlustausgleich mit Kapitaleinkünfte mit Kapitaleinkünften zur Verfügung standen, mindern als sog. Altverluste ab 2009 wahlweise die Kapitaleinkünfte nach § 20 Abs. 2 EStG (§§ 20 Abs. 6 Satz 1, 23 Abs. 3 Satz 9 und 10 EStG) oder die 1 Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 20 EStG Rn. 398. 2 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 127 f. 3 Glenk in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 23 EStG Rn. 191.
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§ 22
Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften neuen Rechts. Die Nutzung dieser Altverluste zur Verrechnung mit positiven Einkünften i.S. des § 20 Abs. 2 EStG ist nach § 52a Abs. 11 Satz 11 EStG zeitlich bis 2013 beschränkt. 8. Tarif In Veranlagungszeiträumen bis 2008 gilt für Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich der allgemeine progressive Einkommensteuertarif nach § 32a EStG. Die im Wege der Kapitalertragsteuerabzugs gezahlten Steuerbeträge konnten im Wege der Veranlagung auf die Einkommensteuer angerechnet werden, § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG a.F. Im Endeffekt wurden daher Kapitaleinkünfte mit dem persönlichen Einkommensteuersatz besteuert.
22.260
Für Einkünfte aus Kapitalvermögen von Privatanlegern, die ab dem 1. 1. 2009 zufließen, beträgt der gesonderte Einkommensteuertarif nach § 32d Abs. 1 EStG 25 %. Dieser Steuersatz gilt unabhängig davon, ob ein Steuerabzug an der Quelle mit nach § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG abgeltender Wirkung oder eine Veranlagung durchgeführt wird.
22.261
Der Steuerpflichtige kann jedoch nach § 32d Abs. 6 EStG den Antrag stellen, nach seinem persönlichen Steuersatz besteuert zu werden, wenn dies zu einer niedrigeren Besteuerung führt (Günstigerprüfung). In Veranlagungszeiträumen ab 2009 wird daher auf Einkünfte aus Kapitalvermögen höchstens ein Steuersatz in Höhe von 25 %, auf Antrag jedoch maximal der persönliche Steuersatz angewendet werden. Auch in den Fällen der Günstigerprüfung bleibt es jedoch beim Verbot des Abzuges von Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 EStG und den Verlustnutzungsbeschränkungen nach § 20 Abs. 6 EStG.
22.262
Die Tarifbegrenzung für Kapitalvermögen verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Der BVerfG hielt auch die ehemalige Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte gemäß § 32c EStG a.F. für verfassungsgemäß, weil der Gesetzgeber bestimmte Einkünfte aus steueroder wirtschaftspolitischen Gründen besser stellen darf1 Die Abgeltungsteuer bringt für Anleger mit hoher Progression Erleichterungen mit sich und lässt für Anleger mit niedrigem Steuersatz eine Günstigerprüfung zu. Sie lässt sich daher mit der Begründung der Verhinderung der Kapitalflucht rechtfertigen2.
22.263
9. Die Kapitalertragsteuer a) Der Steuerabzug vom Kapitalertrag Die Einkommensteuer auf die Einkünfte aus der stillen Beteiligung wird, wenn der Inhaber Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat, durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) erhoben (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG). Zu den steuerabzugspflichtigen Kapitalerträgen gehören auch be1 BVerfG v. 21. 6. 2006 – 2 BvL 2/99, DStR 2006, 1316 (1318). 2 Axer, StbG 2007, 201 (201).
651
22.264
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Einkommensteuer
sondere Entgelte oder Vorteile, die neben den eigentlichen Gewinnanteilen oder an ihrer Stelle gewährt werden (§ 43 Abs. 1 Satz 2 EStG).
22.265 Stets setzt die Vornahme des Steuerabzugs voraus, dass eine echte Gewinnbeteiligung vorliegt; eine Beteiligung am Umsatz genügt nicht1.
22.266 Hat der stille Gesellschafter seine Arbeitskraft als Vermögenseinlage eingebracht, so gehören die Einkünfte aus der stillen Beteiligung ebenfalls zu den kapitalertragsteuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen, nicht zu den lohnsteuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit2.
22.267 Der Steuerabzug ist auch vorzunehmen, wenn für die Ausschüttung ein Gewinn nicht zur Verfügung stand, der stille Gesellschafter aber aus den Rücklagen eine Ausschüttung erhält3.
22.268 Für Einkünfte aus der Veräußerung oder Auflösung der stillen Gesellschaft besteht im Gegensatz etwa zu Einkünften aus der Veräußerung von Aktien keine Pflicht zum Einbehalt einer Kapitalertragsteuer. Die Regelungen zur Bemessungsgrundlage der Kapitalertragsteuer bei Veräußerungsvorgängen in §§ 43 Abs. 1 Satz 4 bis 6, 43a Abs. 2 Satz 2 bis 15 EStG haben daher bei der stillen Gesellschaft keine Bedeutung.
22.269 Dem Steuerabzug unterliegen die Kapitalerträge auch dann, wenn sie beim stillen Gesellschafter zu Gewinneinkünften führen, weil die Beteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten wird, § 43 Abs. 4 EStG. Die im Steuerabzugsverfahren gezahlte Kapitalertragsteuer ist in diesem Fällen auch nach Inkrafttreten der Unternehmensteuerreform nach § 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG anzurechnen. b) Das Steuerabzugsverfahren
22.270 Der Inhaber des Handelsgeschäfts hat die Kapitalertragsteuer auf laufende Kapitaleinkünfte aus der stillen Beteiligung (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 34 EStG) für Rechnung des stillen Gesellschafters einzubehalten. Er hat den Steuerabzug in dem Zeitpunkt vorzunehmen, in dem der Kapitalertrag dem stillen Gesellschafter zufließt, und die einbehaltene Steuer jeweils bis zum 10. des folgenden Monats an das Finanzamt abzuführen (§ 44 Abs. 1 EStG).
22.271 Die Kapitalertragsteuer beträgt 25 % des Kapitalertrags, wenn der stille Gesellschafter die Steuer trägt, und 33 1/3 % des tatsächlich ausgezahlten Betrags, wenn sie der Inhaber übernimmt, § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG (bzw. § 42a Abs. 1 Nr. 2 EStG a.F.). Die Höhe der Kapitalertragsteuer entspricht daher ab dem
1 RFH v. 16. 8. 1934 – VI A 1024/33, RStBl. 1934, 1236. Anders für partiarisches Darlehen BFH v. 13. 9. 2000 – I R 61/99, DStRE 2001, 81 (82). 2 BFH v. 12. 1. 1953 – IV 365/52 U, BFHE 57, 148 = BStBl. III 1953, 58. 3 RFH v. 11. 3. 1936 – VI A 96/36, RStBl. 1936, 802. 4 Entspricht § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG a.F.
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Veranlagungszeitraum 2009 dem gesonderten Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 32d EStG. Dem Steuerabzug unterliegen die vollen Kapitalerträge ohne jeden Abzug (§ 43a Abs. 2 EStG). Grundsätzlich ist der Steuerabzug daher auf die die Bruttoeinnahmen anzuwenden1. Werbungskosten, Betriebsausgaben, Sonderausgaben und Steuern dürfen nicht abgezogen werden.
22.272
Um die Kapiteleinkünfte ab dem Jahr 2009 losgelöst von der Veranlagung besteuern zu können, muss jedoch die bereits angesprochene Pauschalierung von Werbungskosten in § 20 Abs. 9 EStG auch bei der Kapitalertragsteuer nachvollzogen werden. Der Sparer-Pauschbetrag kann daher, wie bisher der Sparer-Freibetrag auch, durch einen Freistellungsantrag schon beim Steuerabzug berücksichtigt werden, § 44a Abs. 1 EStG.
22.273
Auch der Verlustausgleich erfolgt ab dem Jahr 2009 schon im Steuerabzugsverfahren durch Bildung eines sog. Verlustverrechnungstopfes2. Der Inhaber hat nach § 43a Abs. 3 Satz 2 EStG negative Kapitalerträge bis zur Höhe der positiven Kapitalerträge auszugleichen. Der nicht ausgeglichene Verlust (Verlustverrechnungstopf) kann entweder auf das nächste Kalenderjahr übertragen werden, § 43a Abs. 3 Satz 3 EStG, oder der stille Beteiligte lässt sich vom Inhaber eine Bescheinigung über die Höhe des nicht ausgeglichenen Verlustes ausstellen. In letzterem Fall wird der Verlustverrechnungstopf geschlossen, ein Verlustübertrag findet nicht mehr statt.
22.274
Der Antrag auf Erteilung der Bescheinigung ist unwiderruflich und muss bis zum 15. 12. des laufenden Jahres dem Inhaber zugehen. Der Inhaber hat die Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster zu erteilen, §§ 43a Abs. 3 Satz 4 und 5, 45a Abs. 2 EStG.
22.275
Die Bescheinigung ist Voraussetzung dafür, dass der stille Gesellschafter den bisher nicht ausgeglichenen Verlust im Rahmen der Veranlagung mit positiven Kapitaleinkünften aus anderen Quellen verrechnen oder den Verlust vortragen kann, § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG.
22.276
Der Inhaber hat die einbehaltenen Steuerbeträge abzuführen (§ 44 Abs. 1 EStG), und zwar auch dann, wenn der stille Gesellschafter die Einforderung seines Gewinnanteils unterlässt. Die Steuer ist an das Finanzamt abzuführen, das für die Besteuerung des Inhabers nach dem Einkommen zuständig ist. Gleichzeitig hat dieser dem Finanzamt eine Anmeldung einzureichen und mit der Versicherung zu versehen, dass die Angaben vollständig und richtig sind. Die Anmeldung ist seit dem 1. 1. 2009 auf elektronischem Wege abzugeben, § 45a Abs. 1 EStG.
22.277
Dem stillen Gesellschafter hat der Inhaber eine Bescheinigung über die Höhe der Kapitalerträge, des Steuerbetrags, über den Zahlungstag und über die Zeit,
22.278
1 Intemann, DB 2007, 1658 (1658). 2 Pauckstadt/Luckner, DStR 2007, 653 (654).
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für die die Kapitalerträge gezahlt worden sind, zu erteilen und hierin das Finanzamt, an das der Steuerbetrag abgeführt wurde, anzugeben (§ 45a Abs. 2 EStG). Diese Verpflichtung entfällt, wenn die Kapitalerträge für Rechnung des Inhabers durch eine Bank oder sonstige Kreditanstalt gezahlt werden und wenn über die Zahlung eine Bestätigung erteilt wird (§ 45a Abs. 3 EStG). Der stille Gesellschafter benötigt diese Bescheinigung für seine eigene Einkommensteuererklärung. Die einbehaltene Kapitalertragsteuer wirkt für ihn bis zum Veranlagungszeitraum 2008 wie eine Einkommensteuervorauszahlung und wird auf seine Einkommensteuerschuld angerechnet. Aufgrund der Einführung der Abgeltungsteuer durch das UntStRG 2008 hat der Kapitalertragsteuerabzug in Veranlagungszeiträumen ab 2009 in der Regel abgeltende Wirkung, siehe dazu Rn. 22.285.
22.279 Steuerschuldner der Kapitalertragsteuer ist der stille Gesellschafter als Gläubiger des Kapitalertrags. Der Geschäftsinhaber haftet aber für die Einbehaltung und Entrichtung der Steuer. Der stille Gesellschafter wird nur in Anspruch genommen, wenn der Inhaber die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder wenn er weiß, dass der Inhaber die einbehaltene Steuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat, und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt oder wenn das die Kapitalerträge auszahlende inländische Kreditinstitut die Kapitalerträge zu Unrecht ohne Abzug der Kapitalertragsteuer ausgezahlt hat (§ 44 Abs. 5 EStG).
22.280 Ist die Kapitalertragsteuer nicht ordnungsgemäß berechnet oder abgeführt worden, so hat das Finanzamt von dem Inhaber oder von dem stillen Gesellschafter, soweit dieser nach den vorstehenden Ausführungen in Anspruch genommen werden kann, den fehlenden Betrag durch Haftungsbescheid einzufordern. Der Zustellung des Haftungsbescheids bedarf es nicht, wenn der Inhaber die einbehaltene Kapitalertragsteuer richtig angemeldet oder wenn er vor dem Finanzamt oder dem Prüfungsbeamten des Finanzamts seine Verpflichtung zur Zahlung der Steuer schriftlich anerkannt hat.
22.281 Soll ein Unternehmer wegen Nichteinbehaltung der Kapitalertragsteuer in Anspruch genommen werden, so hat das Finanzamt in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Inanspruchnahme den Grundsätzen von Recht und Billigkeit entspricht1. Die Frage, ob das Finanzamt von seinem gesetzlichen Ermessen den richtigen Gebrauch gemacht hat und die Inanspruchnahme des Inhabers oder des Schuldners der Kapitalerträge Recht und Billigkeit entspricht, ist eine Rechtsfrage, die die Steuergerichte im Einzelfall von Amts wegen prüfen müssen. Dabei sind bei der Ermessensentscheidung alle Umstände des Einzelfalles zu erforschen und die Interessen des Steuerpflichtigen und des Steuerfiskus gegeneinander abzuwägen.
22.282 Ist die Kapitalertragsteuer zu Unrecht nicht einbehalten worden, wird aber der stille Gesellschafter ohnehin zur Einkommensteuer veranlagt, so ist er im Re-
1 BFH v. 19. 2. 1965 – VI 146/64, StRK EStG § 44 R. 12. m. Anm. Paulick = HFR 1965, 369 Nr. 300.
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gelfall wegen des unterbliebenen Steuerabzugs im Wege der Veranlagung in Anspruch zu nehmen1. Die Kapitalertragsteuer wird von dem Finanzamt, an das sie abgeführt worden ist, dem Schuldner auf Antrag erstattet, wenn sie einbehalten und abgeführt wurde, obwohl eine Verpflichtung hierzu nicht bestand (§ 44b EStG).
22.283
Um eine einheitliche und vollständige Erfassung der Gewinnanteile der stillen Gesellschafter zu gewährleisten, haben die Betriebsstättenfinanzämter dem für die Besteuerung des stillen Gesellschafters zuständigen Wohnsitzfinanzamt jeweils eine Mitteilung über die Höhe und den Zeitpunkt des Zufließens der Gewinnanteile zu übersenden. Das gilt auch für die Fälle, in denen die stille Beteiligung in einem Betriebsvermögen ausgewiesen ist2.
22.284
c) Die abgeltende Wirkung der Kapitalertragsteuer bei Privatinvestoren In Veranlagungszeiträumen ab 2009 kommt dem Kapitalertragssteuerabzug eine ganz neue Bedeutung zu. Während die Kapitalertragsteuer bisher im Grundsatz eine anrechenbare Einkommensteuervorauszahlung war, hat der Abzug ab 2009 bei nicht in einem Betriebsvermögen gehaltenen stillen Beteiligungen eine abgeltende Wirkung, § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG.
22.285
Dies bedeutet, dass die Steuerschuld nicht etwa im Wege der Veranlagung mit unterjährig gezahlter Abzugsteuer zu verrechnen ist, sondern dass die Steuerschuld außerhalb der Veranlagung erloschen ist. Die Kapitaleinkünfte mit Kapitalertragsteuerabzug sind daher in der Einkommensteuererklärung nicht anzugeben, bezüglich dieser Kapitaleinkünfte unterbleibt die Veranlagung, § 25 Abs. 1 EStG.
22.286
Weiterer Effekt des neuen Abgeltungsverfahrens bzw. der getrennten Besteuerung von Kapitaleinkünften ist, dass sich diese nicht auf die Ermittlung des Steuertarifs nach § 32a EStG auswirken. Gemäß § 2 Abs. 5b EStG sind in den Begriff des zu versteuernden Einkommens i.S. des EStG die Kapitalerträge nach § 32d Abs. 1 EStG nicht einzubeziehen. Neben der Begünstigung der Kapitaleinkünfte durch den niedrigeren Steuertarif kommt es auch zu einer Verminderung der Progressionswirkung3. Gerade bei hohen Kapitaleinkünften kann es dadurch zu einer deutlichen Steuerentlastung bei dem übrigen Einkunftsarten kommen.
22.287
10. Kapitaleinkünfte in der Veranlagung Auch nach Einführung der Abgeltungsteuer gibt es noch Veranlagungsfälle für Privatanleger. Je nach Grund der Veranlagung kommen dieser unterschiedliche Wirkungen zu. Zu unterscheiden sind die Pflichtveranlagung zum Abgel1 BFH v. 20. 2. 1959 – VI 314/56 U, BFHE 68, 531 = BStBl. III 1959, 202 = StRK EStG § 44 R. 7. 2 Erl. des Fin.Min. NRW v. 2. 8. 1956, ESt-Kartei § 20 Nr. 1. 3 Kracht, GStB 2007, 133 (133).
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Einkommensteuer
tungsteuersatz nach § 32d Abs. 3 EStG, das Veranlagungswahlrecht zum Abgeltungsteuersatz nach § 32d Abs. 4 EStG und die Veranlagungsoption (Günstigerprüfung) nach § 32d Abs. 6 EStG. a) Pflichtveranlagung zum Abgeltungsteuersatz, § 32d Abs. 3 EStG n.F.
22.289 Die Pflichtveranlagung ist immer dann durchzuführen, wenn steuerpflichtige Erträge nicht der Kapitalertragsteuer unterlegen haben. Bei der stillen Gesellschaft ist dies vor allen Dingen bei Veräußerungs- und Auflösungsgewinnen der Fall, da diese nicht dem Steuerabzug unterliegen. Darüber hinaus ist die Pflichtveranlagung aber auch durchzuführen, wenn die Kapitalerträge dem Steuerabzug zwar nach § 43 EStG unterliegen, der Abzug tatsächlich aber nicht durchgeführt wurde.
22.290 Diese (und nur diese1) Kapitaleinkünfte sind in der Steuererklärung des stillen Gesellschafters anzugeben. Sie unterliegen in der Veranlagung dem Abgeltungsteuersatz, § 32d Abs. 3 Satz 2 EStG. Die besonderen Regelungen des Werbungskosten- und Verlustabzuges nach § 20 Abs. 6 und 9 EStG sind anzuwenden. Unklar ist, wie der Sparer-Pauschbetrag bei dieser partiellen Erklärungspflicht aufzuteilen ist und ob und wie Verluste aus anderen Einkunftsarten zu berücksichtigen sind. M.E. nach können Verluste aus anderen Einkunftsarten nicht berücksichtigt werden, da auch bei der partiellen Pflichtveranlagung eine getrennte Besteuerung stattfindet. Gegen die Berücksichtigung von (pauschalierten) Werbungskosten spricht der Sache nach nichts, in der Praxis dürfte die Ermittlung des noch nicht verbrauchten Sparer-Pauschbetrages jedoch Schwierigkeiten bereiten.
22.291 Obwohl eine Veranlagung stattfindet, wirken sich die Kapitaleinkünfte wegen § 2 Abs. 5b EStG nicht auf die Progression bei den anderen Einkünften aus2. b) Veranlagungswahlrecht zum Abgeltungsteuersatz, § 32d Abs. 4 EStG
22.292 Der stille Gesellschafter hat auch die Möglichkeit, die Veranlagung zum Abgeltungsteuersatz selbst zu beantragen, § 32d Abs. 4. EStG Während die Pflichtveranlagung die Besteuerung bisher nicht im Wege des Steuerabzuges besteuerte Erträge zum Ziel hat, kann der Steuerpflichtige bei der Wahlveranlagung eine unzutreffende Kapitalertragsbesteuerung ausgleichen. Für den stillen Gesellschafter wird dies insbesondere sinnvoll sein, wenn der Sparerpauschbetrag nicht (voll) ausgeschöpft wurde, zuviel Kapitalertragsteuer einbehalten wurde oder zusätzliche Verluste aus Kapitaleinkünften berücksichtigt werden sollen.
22.293 Sollen bei der Veranlagung zusätzliche Verluste aus Kapitaleinkünften berücksichtigt werden, ist eine Bescheinigung nach §§ 20 Abs. 6 Satz 6, 43a Abs. 3 Satz 4 EStG über den nicht ausgeglichenen Verlust notwendig. Dies gilt jedoch 1 Ebner, NWB 2007, 2935 (2944), Fach 3, S. 14695 (14704). 2 Volb, Unternehmensteuerreform 2008, S. 138.
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dem Gesetzestext nach nur, soweit das Kapitalvermögen der Kapitalertragsteuer unterliegt. Damit gemeint ist wohl, soweit die Kapitalerträge der Kapitalertragsteuer unterliegen. Da dies bei Veräußerungs- und Auflösungsgewinnen stiller Gesellschafter nicht der Fall ist, ist eine Bescheinigung nicht notwendig. Der Veräußerungsverlust wird in der Veranlagung ermittelt. Werbungskosten können auch bei der Wahlveranlagung nur beschränkt als Sparer-Pauschbetrag geltend gemacht werden, was sich, wie unter Rn. 22.223 dargelegt, nicht rechtfertigen lässt.
22.294
Die Verlustnutzungsbeschränkungen des § 20 Abs. 6 EStG gelten auch hier. Verluste aus anderen Einkunftsarten können auch bei dieser Veranlagungsform nicht berücksichtigt werden1. Durch die Ausübung des Veranlagungswahlrechts kommt es nicht zu einer Progressionssteigerung bei den anderen Einkunftsarten.
22.295
c) Veranlagungsoption (Günstigerprüfung), § 32d Abs. 6 EStG n.F. Sollte der Grenzsteuersatz des Steuerpflichtigen unter 25 %, liegen, würden die Einkünfte aus Kapitalvermögen höher als die sonstigen Einkünfte besteuert. Der Steuerpflichtige hat daher nach § 32d Abs. 6 EStG die Möglichkeit, die Besteuerung nach dem persönlichen Steuersatz zu beantragen. Das Finanzamt führt in diesem Fall eine Günstigerprüfung durch. Stellt sich dabei heraus, dass die Veranlagung für den Steuerpflichtigen nicht günstiger ist, so werden die Kapitaleinkünfte bei der Festsetzung von Amts wegen (d.h. ohne zusätzliche Anträge des Steuerpflichtigen) nicht berücksichtigt2.
22.296
Der Antrag kann nach § 32d Abs. 6 Satz 2 EStG für den jeweiligen Veranlagungszeitraum nur einheitlich für sämtliche Kapitalerträge und bei zusammen veranlagten Ehegatten nur für beide zusammen gestellt werden.
22.297
Auch bei Ausübung der Veranlagungsoption werden die Kapitaleinkünfte nach § 20 EStG ermittelt, d.h. auch Abs. 6 und 93 sind anzuwenden. Insbesondere die Versagung des Werbungskostenabzuges lässt sich im Fall der regulären Veranlagung nicht rechtfertigen. Weder das Argument der notwendigen Vereinfachung im Abgeltungsverfahren noch das der günstigen Tarifierung sind hier plausibel (siehe Rn. 22.223).
22.298
Durch die Hinzurechnung der Kapitaleinkünfte zu den Einkünften i.S. des § 2 EStG und die Anwendung der tariflichen Einkommensteuer bewirkt die Veranlagungsoption eine Erhöhung in der Progression. Auch dieser Umstand wird bei der Günstigerprüfung berücksichtigt.
22.299
1 Ebner, NWB 2007, 2935 (2944), Fach 3, S. 14695 (14704). 2 Volb, Unternehmensteuerreform 2008, S. 139. 3 Intemann, DB 2007, 1658 (1658).
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11. Ausnahmen von der Abgeltungsteuer
22.300 Eine wichtige Ausnahme von der Abgeltungsteuer bei Privatanlegern betrifft auch die stille Gesellschaft. Gemäß § 32d Abs. 2 Satz 1 EStG findet der gesonderte Steuertarif für Kapitaleinkünfte u.a. bei stillen Beteiligungen keine Anwendung, wenn zwischen Gläubiger und Schuldner ein besonderes Näheverhältnis besteht. a) Das besondere Näheverhältnis aa) Gläubiger und Schuldner sind einander nahe stehende Personen, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) EStG n.F.
22.301 Die Regeln der Abgeltungsteuer finden keine Anwendung, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahe stehende Personen sind, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) EStG. Nach der Begründung des Regierungsentwurfes stehen Personen sich nahe, wenn die Person auf den Steuerpflichtigen einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder umgekehrt der Steuerpflichtige auf diese Person einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder eine dritte Person auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder die Person oder der Steuerpflichtige imstande ist, bei der Vereinbarung der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Steuerpflichtigen oder die nahe stehende Person einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben oder wenn einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat1. Die Begründung lehnt sich in dem Wortlaut eng an die Definition der nahe stehenden Person in § 1 Abs. 2 AStG an. Entscheidend soll daher der beherrschende Einfluss und nicht wie beim sonst im Einkommensteuerrecht gebräuchlichen und in § 15 AO legaldefinierten Begriff des Angehörigen oder in § 138 InsO der nahe stehenden Person die familienrechtlichen Beziehungen oder wirtschaftlichen Schicksalsgemeinschaften sein.
22.302 Wie der Begriff der nahe stehenden Person von der Rechtsprechung ausgefüllt werden wird, ist bisher offen. Zu § 10 Abs. 5 UStG, wo der Begriff der nahe stehenden Person ebenfalls verwendet wird, hat der BFH eine eigene Kasuistik gebildet2.
22.303 M.E. hängt die Ausfüllung des Begriffs der nahe stehenden Person i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) vom Sinn und Zweck des Ausschlusses von der Abgeltungsteuer ab. Nach der Regierungsbegründung soll verhindert werden, dass aufgrund der Steuerspreizung betriebliche Gewinne abgesaugt werden und so die Steuerbelastung auf den Abgeltungssatz reduziert wird. Unternehmerische Entscheidungen über die Finanzierungsstruktur des Unternehmens sollen steuerlich unverzerrt bleiben3. Daher ist nicht jede besondere Einflussnahmemöglichkeit oder partielle Interessenidentität ausreichend. Es 1 BT-Drucks. 16/4841, S. 61. 2 Wagner in Sölch/Ringleb, § 10 UStG Rn. 444 f. 3 BT-Drucks. 16/4841, S. 60.
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sollte entscheidend sein, ob der Beherrschende aufgrund seiner Einflussnahmemöglichkeit bewirken kann, dass ihm der auf den anderen verlagerte Gewinn auf die eine oder andere Weise zugute kommt1. Wenn auch nach dieser Interpretation zwischen Angehörigen i.S. des § 15 AO nicht zwingend ein beherrschender Einfluss bestehen muss, so dürfte dies im engeren Familienkreis regelmäßig der Fall sein. bb) Qualifizierte Beteiligung an der auszahlenden Kapitalgesellschaft, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) EStG n.F. Der Ausnahmetatbestand des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) EStG erfasst Kapitalerträge aus stillen Beteiligungen, die von einer Körperschaft an einen Anteilseigner ausgeschüttet werden, der zu mindestens 10 %2 an dieser beteiligt ist, oder an eine diesem nahe stehende Person. Noch im Regierungsentwurf war vorgesehen, eine Beteiligung von mindestens 1 % ausreichen zu lassen3. Dieser Ausnahmetatbestand ist insbesondere für die GmbH & typisch Still relevant.
22.304
cc) Schädliche Back-to-Back-Finanzierung, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c) EStG n.F. § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c) EStG betrifft sog. Back-to-Back-Finanzierungen, wie in Fällen wechselseitiger stiller Beteiligungen von Privatanlegern an einem Betrieb des anderen oder durch die Hausbank fremdfinanzierter stiller Beteilungen4. Noch vor Inkrafttreten der Unternehmensteuerreform wurde dieser Ausnahmetatbestand durch das JStG 2008 dahingehend präzisiert, dass zusätzlich ein Zusammenhang zwischen stiller Beteiligung und der Kapitalanlage des Gesellschafters beim Dritten vorliegen muss. Dieser Zusammenhang ist nach § 32d Abs. 2 Satz 3 bis 5 EStG gegeben, wenn die Kapitaleinlage und die Kapitalüberlassung auf einem einheitlichen Plan beruhen. Dies wird insbesondere bei engem zeitlichem Zusammenhang oder wenn die Zinsvereinbarungen miteinander verknüpft sind vermutet. Ein Zusammenhang liegt jedoch nicht vor, wenn die Zinsvereinbarungen marktüblich sind oder die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes zu keinem Belastungsvorteil führt5.
1 Ähnlich für § 1 Abs. 2 AStG Menck in Blümich, EStG/KStG/GewStG, AStG § 1 Rn. 32. 2 Maßgebend ist insoweit die Beteiligungsquote am Nennkapital, siehe Wälzholz, GmbH-StB 2008, 11 (13). 3 BT-Drucks. 16/4841, S. 60. Dass § 1 Abs. 2 AStG auf eine Beteiligung von mehr als 25 % abstellt, schein nicht stimmig zu sein, Behrens, BB 2007, 1025 (Fn. 39). 4 Siehe dazu Watrin/Wittkowski/Strohm, GmbHR 2007, 785 (790). Zu den Ergänzungen durch das JStG 2008 siehe Brockmann/Hörster, NWB 2008, 25 (29f), Fach 2, S. 9641 (9647) und Wälzholz, GmbH-StB 2008, 11 (14). 5 Siehe dazu Schmidt/Wänger, NWB 2008, 423 (427 ff.), Fach 3, S. 14939 (14943 ff.).
659
22.305
§ 22
Einkommensteuer
b) Folgen des Vorliegens der Ausnahmetatbestände
22.306 Für die Ausnahmetatbestände gilt der gesonderte Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht, § 32d Abs. 2 Satz 1 EStG. Es sind zwar die neuen Regeln zum Kapitalertragsteuerabzug anzuwenden, der Kapitalertragsteuerabzug hat jedoch keine abgeltende Wirkung, § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG. Es ist der persönliche progressive Einkommensteuertarif anzuwenden, der Gewinnanteil aus der stillen Beteiligung wirkt sich erhöhend auf die Progression aus. Die im Steuerabzugsverfahren gezahlte Kapitalertragsteuer ist nach § 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG anzurechnen.
22.307 Nach § 32d Abs. 2 Satz 1 letzter Halbs. EStG finden § 20 Abs. 6 und 9 ebenfalls keine Anwendung. Für die Ausnahmetatbestände gilt daher weder die Beschränkung des Werbungskostenabzuges noch die Beschränkung der Verlustnutzung für Kapitaleinkünfte. Bei diesen Einkünften können daher die tatsächlichen Werbungskosten abgezogen und Verluste nach den allgemeinen Regeln unter Beachtung der Sonderregeln für stille Gesellschaften genutzt werden. Zu berücksichtigen ist, dass aus der Nichtanwendbarkeit des § 20 Abs. 9 EStG auch folgt, dass kein Sparer-Pauschbetrag gewährt wird, auch wenn der Betrag der tatsächlichen Werbungskosten unter dem Sparer-Pauschbetrag liegt. c) Beurteilung der Ausnahmebeteuerung
22.308 Durch die Anwendung des progressiven Steuertarifs werden stille Gesellschafter in den Fällen des § 32d Abs. 2 EStG gegenüber anderen Kapitalanlegern in der Regel schlechter gestellt. Der Regierungsentwurf rechtfertigt dies in seiner Begründung damit, dass in diesen Fällen regelmäßig de Gefahr der Ausnützung der Steuerspreizung besteht, ohne dem Sinn und Zweck der Einführung des abgeltenden Steuersatzes zu entsprechen1. Die Begründung ist jedoch zumindest zweifelhaft. Die Fälle des § 32d Abs. 2 EStG werden pauschal als missbräuchlich beurteilt und die Absicht, Unternehmensgewinne allein aus steuerlichen Gründen in den niedriger besteuerten Kapitaleinkünfte zu verlagern, unterstellt. Schon im Gesetzgebungsverfahren wurden Zweifel an dieser Pauschalunterstellung geäußert und die anfangs vorgesehene Anteilsschwelle bei Kapitalgesellschaften von 1 % auf 10 % angehoben2. Eine Back-to-Back-Finanzierung wird schon angenommen, wenn man sein privates Konto bei der finanzierenden Bank unterhält. Um dem zu entgehen, müsste man sein privates Konto bei einer anderen Bank unterhalten3. Die Regelung ist insgesamt zu weit geraten und berücksichtigt nicht, dass betroffene Gestaltungen durchaus nicht nur steuerlich motivierte Gründe haben können. In jedem Fall sollten daher bei der Auslegung der Ausnahmetatbestände restriktiv vorgegangen werden.
1 BT-Drucks. 16/4841, S. 61. 2 BT-Drucks. 16/5377, S. 19. 3 Gemmel/Hoffmann-Fölkersamb, NWB 2007, 2935 (2937), Fach 3, S. 14695 (14697).
660
Einkommensteuer
§ 22
Die Ausnahme von der Abgeltungsteuer kann in bestimmten Fällen jedoch auch steuerlich wünschenswert sein. Wenn hohe Werbungskosten oder Verluste vorhanden sind, könnte das Herstellen eines Näheverhältnisses nach § 32d Abs. 2 Satz 1 EStG eine Alternative zu der Übertragung der stillen Beteiligung in ein Betriebsvermögen sein.
22.309
III. Zusammenfassung Der auf den typischen stillen Gesellschafter entfallende Gewinnanteil mindert beim Geschäftsinhaber als Betriebsausgabe dessen einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn. Für den typischen stillen Gesellschafter sind die anteiligen Gewinne dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterliegende Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Steuerabzug in Höhe von 25 % ist auf seine Rechnung vom Inhaber vorzunehmen, sobald ihm die Einkünfte zugeflossen sind, d.h. sobald er über sie rechtlich und tatsächlich zu verfügen in der Lage ist. Der Kapitalertragsteuerabzug hat ab dem Veranlagungszeitraum 2009 bei typischen stillen Beteiligungen im Privatvermögen in der Regel abgeltende Wirkung (Abgeltungsteuer). Wird die typische stille Beteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten oder besteht zwischen den Schuldner und dem Gläubiger der Kapitalerträge aber ein besonderes Näheverhältnis, so wirkt der Kapitalertragsteuerabzug wie eine Einkommensteuervorauszahlung. In der Veranlagung ist in diesen Fällen der progressive persönliche Steuertarif anzuwenden. Ist der typische stille Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag auch an den Verlusten beteiligt, so handelt es sich für ihn dabei um Werbungskosten i.S. des § 9 EStG, weil die Verluste unmittelbar im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einkünften aus Kapitalvermögen stehen. Der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ist bei Eingreifen der Abgeltungsteuer jedoch ausgeschlossen. Bei typischen stillen Gesellschaften, die nach dem 31. 12. 2008 erworben wurden, sind Veräußerungs- und Auflösungsgewinne unabhängig von Behaltensfristen steuerpflichtig. Grundlegend anders liegen die Dinge bei der steuerlich als Mitunternehmerschaft geltenden atypischen stillen Gesellschaft. Alles, was hier dem stillen Gesellschafter aus seiner Beteiligung zufließt (Gewinnanteile und sonstige Vergütungen), fällt unter die Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Gewinnanteile dürfen den einheitlich und gesondert festzustellenden Gesamtgewinn nicht vermindern. Sie werden beim stillen Gesellschafter im Wege der Veranlagung erfasst und unterliegen nicht dem Steuerabzug vom Kapitalertrag. Grundlage und unabdingbare Verfahrensvoraussetzung der Heranziehung des atypischen stillen Gesellschafters zur Einkommen-(Körperschaft-)Steuer ist die vom Betriebsfinanzamt durchzuführende einheitliche Gewinnfeststellung, an die die Wohnsitzfinanzämter gebunden sind.
661
22.310
§ 23 Körperschaftsteuer Schrifttum: Adrian, Hans, Unternehmensteuerreform 2008: Kritik der Neuregelung über die Nutzung körperschaftsteuerlicher Verluste (§ 8c KStG), FR 2007, 775; Bellstedt, Christoph, Die verdeckte Gewinnausschüttung – neue Definition, neue Tendenzen, internationale Auswirkungen, FR 1990, 65; Beußer, Thomas, Die Verlustabzugsbeschränkung gemäß § 8c KStG im Unternehmensteuerreformgesetz 2008, DB 2007, 1549; Blaurock, Uwe, Die GmbH & Still im Steuerrecht, BB 1992, 1969; Blumenberg, Jens, Kommentar zum Urteil des EuGH vom 12. 12. 2003, RIW 2003, 154; Carlé, Thomas, Brennpunkt Besteuerung von Kapitaleinkünften, KÖSDI 2007, 15594; Carlé, Dieter, GmbH & atypisch Still im Steuerrecht und Gesellschaftsrecht, KÖSDI 1999, 12189; Erle, Bernd/Sauter, Thomas, Körperschaftsteuergesetz, 2. Aufl. 2006; Fey, Achim/Neyer, Wolfgang, Entschärfung der Mantelkaufregelung für Sanierungsfälle, DB 2009, 1368; Fischer, Hardy/Wagner, Thomas, Das BMF-Schreiben zur Zinsschranke, BB 2008, 1872; Graffe, Ingo, Neue Definition verdeckter Gewinnausschüttungen? – Anmerkungen zum BFH-Urteil vom 22. 2. 1989, DStZ 1989, 531; Groh, Manfred, § 8a KStG zur Gesellschafterfremdfinanzierung: Einordnung von Fremdkapital, DB 2005, 629; Herzig, Norbert, Standortsicherungsgesetz: Gesetzliche Regelung der Gesellschafterfremdfinanzierung in § 8a KStG (Teil I), DB 1994, 110; Hey, Friedrich E.F., Gesellschafterfremdfinanzierung – Einige Gedanken zum neuen § 8a KStG, RIW 1993, 833; Hey, Johanna, Bedeutung der Besteuerungsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung nach der Unternehmenssteuerreform, GmbHR 2001, 1; Kessler, Wolfgang/Köhler, Stefan/Knörzer, Daniel, Die Zinsschranke im Rechtsvergleich: Problemfelder und Lösungsansätze, IStR 2007, 418; Knobbe-Keuk, Brigitte, Wieder einmal ein Entwurf zu § 8a KStG – Wiederaufnahme einer Regelung zur Gesellschafterfremdfinanzierung im Standortsicherungsgesetz, DB 1993, 60; Köhler, Stefan, Erste Gedanken zur Zinsschranke nach der Unternehmensteuerreform, DStR 2007, 597; Kohlhepp, Ralf, Das Korrespondenzprinzip der verdeckten Gewinnausschüttung, DStR 2007, 1502; Kollruss, Thomas, § 8a KStG – Totengräber der GmbH & atypisch Still?, Information StW 2004, 949; Kollruss, Thomas, Die Behandlung von Sonderbetriebsausgaben (Refinanzierungsaufwendungen) bei Beteiligung an Personengesellschaften im Lichte des § 8a KStG n.F. und mögliche Abwehrgestaltungen, Stbg 2004, 312; Kollruss, Thomas, Ertragsteuerliche Ergebniskonsolidierung durch stille Beteiligung im Kapitalgesellschaftskonzern nach den Verschärfungen der Regeln zur Gesellschafter-Fremdfinanzierung (§ 8a KStG), DStZ 2004, 329; Kollruss, Thomas, Kombination aus atypisch und typisch stiller Beteiligung: ein mezzaniner Finanzierungsmix zur ungehinderten Gesellschafterfremdfinanzierung bei personalistisch strukturierten Kapitalgesellschaften, WPg 2005, 344; Menck, Thomas, Unterkapitalisierung und DBA – Zu § 8a KStG und zum OECD-Musterabkommen, FR 1994, 69; Mensching, Oliver, Stille Beteiligung und § 8a KStG n.F., DStR 2004, 408; Middendorf, Oliver/Stegemann, Dieter, Die Zinsschranke nach der geplanten Unternehmensteuerreform 2008 – Funktionsweise und erste Gestaltungsüberlegungen, Information StW 2007, 305; Mock, Sebastian, Stille im MoMiG zur stillen Gesellschaft?, DStR 2008, 1649; Müller-Gatermann, Gert, Die internationalen Auswirkungen des Standortsicherungsgesetzes, FR 1993, 381; MüllerGatermann, Gert, Unternehmensteuerreform 2008, Stbg 2007, 145; Paulick, Heinz, Gesellschaftsrechtliche und steuerrechtliche Probleme der Einmann-GmbH Stille Gesellschaft, in Unternehmung und Steuer, Festschrift für P. Scherpf, 1983, S. 160 ff.; Paulick, Heinz, Die Einmann-GmbH Stille Gesellschaft (StG) im Steuerrecht, GmbHR 1982, 237; Prinz, Ulrich, Anmerkung zu FG Münster v. 24. 1. 2000 (9 V 6384/99 K), FR 2000, 561; Prinz, Ulrich, Neues zur Gesellschafter-Fremdfinanzierung (§ 8a KStG) nach der Unternehmenssteuerreform 2001 – Bestandsaufnahme und Gestaltungsmöglichkeiten, FR 2000, 1061; Prinz, Ulrich, Beratungsüberlegungen rund um die Begrenzung der Gesell-
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Körperschaftsteuer
§ 23
schafterfremdfinanzierung nach dem neuen § 8a KStG bei Steuerausländern, DStR 2001, 1365; Prinz, Ulrich, Anm. zu FG Sachsen v. 18. 5. 2001 (5 V 2302/00), FR 2001, 1179; Prinz, Ulrich/Cordewener, Axel, Unterkapitalisierungsregelung des § 8a Abs. 1 Nr. 2 KStG verstößt gegen Europarecht, GmbHR 2003, 80 (83); Rauch, Isabel/Schimpfky, Peter/Schneider, Annette, Stille Beteiligung, in Bösl, Konrad/Sommer, Michael, Mezzanine Finanzierung, 2006, S. 119 ff.; Reusch, Peter, Eigenkapital und Eigenkapitalersatz im Rahmen der stillen Gesellschaft, BB 1989, 2358; Rödder, Thomas/Stangl, Ingo, Zur geplanten Zinsschranke, DB 2007, 479; Schiffers, Joachim/Frings, Thomas, Steuergünstiger GewinnTransfer auf die Gesellschafterebene bei der GmbH, GmbH-StB 2002, 12; Schiffers, Joachim, Gewinntransfer von der GmbH auf die Gesellschafterebene, GmbH-StB 2008, 262; Scholtz, Rolf-Detlev, Die neue Definition der verdeckten Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht – kein Beitrag zur Vereinfachung des Steuerrechts, FR 1990, 386; Schoor, Hans Walter, Die GmbH & Still im Steuerrecht, LSW 2004 Gruppe 14, S. 415; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & Still nach dem Korb-II-Gesetz, BB 2004, 1363; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & Still unter Berücksichtigung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 ab 2009, GmbHR 2008, 1140; Schwedhelm, Rolf/Finke, Jan, Die Zinsschranke in der Beratungspraxis, GmbHR 2009, 281; Schwendy, Klaus, Stille Gesellschaft, LSW 2004 Gruppe 4, S. 304; Sistermann, Christian/Brinkmann, Jan, Verlustabzugsbeschränkungen nach § 8c KStG – Anmerkungen zum BMF-Schreiben vom 4. 7. 2008, BB 2008, 1928; Staats, Wendelin/Renger, Stefan, Hebelt ein Logikfehler des Gesetzgebers die Zinsschranke aus?, DStR 2007, 1801; Streck, Michael, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen in der Steuerpraxis, GmbHR 1987, 104; Suchanek, Markus, Verlustabzugsbeschränkung für Körperschaften, GmbHR 2008, 292; Thömmes, Ottmar, Das EuGH-Urteil in der Rechtssache Eurowings – nun ist der Gesetzgeber gefordert, IStR 1999, 753; Tillmann, Bert, Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen und verdecktes Stammkapital, GmbHR 1981, 17; Tillmann, Josef, Errichtung einer GmbH, einschließlich einer GmbH und Still, StbKRep 1978, 255; Volb, Helmut, Unternehmensteuerreform 2008, 2007; Wachter, Thomas, Finanzierungsfreiheit im europäischen Binnenmarkt, IStR 1999, 689; Walter, Wolfgang, § 8a KStG und die GmbH & Atypisch Still, DStZ 1994, 113; Wassermeyer, Franz, 20 Jahre BFH-Rechtsprechung zu Grundsatzfragen der verdeckten Gewinnausschüttung, FR 1989, 218; Wassermeyer, Franz, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen, DStR 1990, 158; Wassermeyer, Franz, Neues zur Definition der verdeckten Gewinnausschüttung, DB 2002, 2668; Watrin, Christoph/Lühn, Michael, Mezzanine-Finanzierungen im Rahmen des § 8a KStG n.F., StuB 2004, 724; Watrin, Christoph/Wittkowski, Ansas/Strohm, Christiane, Auswirkungen der Unternehmensteuerreform 2008 auf die Besteuerung von Kapitalgesellschaften, GmbHR 2007, 785; Wilhelmy, Claudia, Lösung für das Problem der verdeckten Gewinnausschüttung, FR 2007, 470.
I. Die Kapitalgesellschaft als stiller Gesellschafter Ist eine Kapitalgesellschaft an einem anderen Unternehmen still beteiligt, so bilden die aus der Beteiligung fließenden Kapitalerträge bei der typischen stillen Gesellschaft bzw. die Gewinnanteile, die bei atypischer stiller Beteiligung im Rahmen der durchzuführenden einheitlichen Gewinnfeststellung auf sie entfallen, einen Teil ihres körperschaftsteuerpflichtigen Gewinns. Da dieser Gewinn nach den Vorschriften des EStG zu ermitteln ist (§ 8 Abs. 1 KStG), bestehen insoweit keine Besonderheiten gegenüber der Einkommensteuer.
23.1
Zu beachten ist aber § 2 Nr. 2 KStG, wonach Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind,
23.2
663
§ 23
Körperschaftsteuer
mit den inländischen Einkünften, von denen ein Steuerabzug vorzunehmen ist – dazu gehören die Einkünfte aus der typischen stillen Beteiligung – beschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind. Diese Vorschrift schafft eine zusätzliche beschränkte Steuerpflicht für den Bund, die Länder, die Gemeinden und die sonstigen inländischen Körperschaften des öffentlichen Rechts und für alle Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach § 5 KStG persönlich von der Körperschaftsteuer befreit sind. Die Körperschaftsteuer ist durch den Steuerabzug abgegolten, wenn die Einkünfte nicht in einem inländischen gewerblichen oder land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb angefallen sind (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG). Dabei unterliegen die Einnahmen in vollem Umfang dem Steuerabzug; eine Kürzung um Betriebsausgaben oder Werbungskosten ist nicht zugelassen, § 8 Abs. 6 KStG.
23.3
Ist eine Kapitalgesellschaft als atypischer oder typischer stiller Gesellschafter an dem Unternehmen einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt, ist zu berücksichtigen, dass der Verlustausgleich nur mit Gewinnen aus derselben stillen Beteiligung möglich ist, § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG. Ein Verlust kann auch nur in das unmittelbar vorangegangene Veranlagungsjahr zurück- oder in folgende Veranlagungsjahre vorgetragen werden. Als Verlusttransfervehikel zwischen Kapitalgesellschaften ist die stille Gesellschaft daher nicht mehr geeignet. Siehe dazu Rn. 22.57 ff.
II. Die typische stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft 1. Steuerpflichtiger Gewinn
23.4
Der Gewinnanteil des typischen stillen Gesellschafters mindert als Betriebsausgabe den körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn der Kapitalgesellschaft gemäß § 4 Abs. 4 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG. Nur der nach Abzug des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters verbleibende Gewinn unterliegt der Körperschaftsteuer. Die Gewinnminderung erfolgt unabhängig vom Zufluss beim typisch Stillen in dem Jahr, in dem der Gewinn erwirtschaftet wird, da der Gewinnanspruch mit Ende dieses Geschäftsjahres entsteht1.
23.5
Der auf den stillen Gesellschafter entfallende Gewinnanteil gehört bei diesem, soweit es sich um eine natürliche Person handelt, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, von denen die Kapitalgesellschaft als Geschäftsinhaber den Steuerabzug vom Kapitalertrag in Höhe von 25 % vorzunehmen hat (§§ 44 Abs. 1, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG bzw. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. bis zum Veranlagungsjahr 2008).
23.6
Wird der stille Gesellschafter für die Veranlagungsjahre bis einschließlich 2008 zur Einkommensteuer veranlagt, kann er sich die von der Kapitalgesellschaft einbehaltene Kapitalertragsteuer auf seine persönliche Einkommensteuerschuld anrechnen lassen (vgl. Rn. 22.278). 1 BFH v. 23. 4. 1992 – II R 40/88, BFHE 168, 365 = BStBl. II 1992, 790 (792); Schoor/ Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 172.
664
Körperschaftsteuer
§ 23
Ab dem Veranlagungsjahr 20091 hat der Steuerabzug bei Privatinvestoren abgeltende Wirkung, falls zwischen Gläubiger und Schuldner nicht ein besonderes Näheverhältnis nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG n.F. vorliegt oder der progressive Steuertarif aufgrund der Günstigerprüfung angewendet wird. In den Fällen, in denen es nicht zu einer abgeltenden Wirkung kommt, d.h. bei betrieblichen und institutionellen Anlegern, sowie bei Privatinvestoren im Falle der Günstigerprüfung oder bei Bestehen eines besonderen Näheverhältnisses nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG n.F., besteht nach wie vor die Möglichkeit der Anrechnung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer auf die persönliche Einkommensteuerschuld (siehe dazu Rn. 22.296).
23.7
Ab dem Veranlagungsjahr 2009 gehören auch Gewinne aus der Veräußerung oder Auflösung einer stillen Beteiligung zu den steuerpflichtigen Kapitaleinkünften des stillen Gesellschafters, wenn die stille Beteiligung nach dem 31. 12. 2008 angeschafft wurde (vgl. Rn. 22.212 ff.).
23.8
2. Stille Beteiligung eines Gesellschafters der Kapitalgesellschaft Die Gesellschafter bzw. Aktionäre einer Kapitalgesellschaft können sich neben ihrer gesellschaftlichen Beteiligung am Grund- oder Stammkapital auch still am Handelsgewerbe dieser Kapitalgesellschaft beteiligen. Das stille Gesellschaftsverhältnis zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern bzw. Aktionären wird, soweit es zivilrechtlich wirksam begründet ist, grundsätzlich auch steuerlich anerkannt2. Das gilt selbst für die Konstruktion, dass sich der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft gleichzeitig still an dem Unternehmen seiner Kapitalgesellschaft beteiligt. Das Steuerrecht folgt insoweit der zivilrechtlichen Gestaltung, die davon ausgeht, dass die Kapitalgesellschaft als juristische Person mit ihren Gesellschaftern bzw. Aktionären wie ein fremder Dritter in Rechtsbeziehungen treten kann.
23.9
a) Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital Mittlerweile geklärt sein dürfte die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Einlage des stillen Gesellschafters, der zugleich Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist, als verdecktes Grund- oder Stammkapital und die auf ihn entfallenden Gewinnanteile als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln sind. Nach Ansicht des BFH sind bei der Beurteilung dieser Frage die
1 Änderung durch das UntStRG 2008 v. 14. 8. 2007, BGBl. I 2007, 1912. 2 BFH v. 28. 10. 1964 – I 198/62, BStBl. III 1965, 119; BFH v. 18. 3. 1966 – IV 218/65, BStBl. III 1966, 197; BFH v. 9. 7. 1969 – I R 189/67, BStBl. II 1969, 690; BFH v. 9. 12. 1976 – IV R 471/72, BStBl. II 1977, 155; BFH v. 6. 2. 1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477; BFH v. 26. 4. 1989 – I R 96/85, BFH/NV 1990, 63; BFH v. 15. 12. 1992 – VIII R 42/90, BFHE 170, 345 (349); vgl. auch Post/Hoffmann, Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, S. 79; Paulick, GmbHR 1982, 237; Blaurock, BB 1992, 1969.
665
23.10
§ 23
Körperschaftsteuer
Grundsätze anzuwenden, die die Rechtsprechung für Gesellschafterdarlehen entwickelt hat1.
23.11
Schon seit Langem vertritt der BFH die Auffassung, dass es einem Gesellschafter grundsätzlich freigestellt ist, auf welche Art und Weise er die Kapitalgesellschaft mit den erforderlichen Mitteln ausstattet2. Die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft sind danach grundsätzlich berechtigt, ihrer Körperschaft die erforderlichen Mittel statt in Form von Gesellschaftskapital auch in Form von Darlehen zuzuführen. Dabei ist der Gesellschafter an die von ihm getroffene Wahl, wie sie in der bürgerlich-rechtlichen Gestaltung zum Ausdruck kommt, gebunden.
23.12
In seinem Urteil vom 5. 2. 19923 nahm der BFH zur Problematik des verdeckten Stammkapitals wie folgt Stellung: Für die Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital kommt es wegen des Maßgeblichkeitsprinzips in § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG allein darauf an, ob nach der zivilrechtlichen Gestaltung hinsichtlich des überlassenen Vermögenswertes eine Rückgewährverbindlichkeit besteht oder nicht. Liegt hiernach Fremdkapital vor, so ist in steuerlicher Hinsicht die Gleichbehandlung dieses Fremdkapitals mit Eigenkapital mangels gesetzlicher Grundlage selbst dann nicht möglich, wenn das Darlehen gemäß der Rechtsprechung des BGH zu den §§ 30, 31 GmbHG a.F. oder nach §§ 32a, 32b GmbHG a.F. als eigenkapitalersetzend zu qualifizieren war. Der BFH schloss nicht grundsätzlich aus, dass mit Hilfe des § 42 AO a.F. eine steuerliche Umqualifizierung von Fremd- in Eigenkapital möglich ist. Er lehnte dies aber jedenfalls für den Fall eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen ab und beendete damit im wesentlichen auch die um diesen Aspekt entstandene Diskussion, die durch den im Rahmen der GmbH-Novelle von 1980 neu eingeführten § 32a GmbHG a.F. neu belebt worden war. Da einer Kapitalgesellschaft weder im Zivilrecht noch im Steuerrecht eine quotenmäßig bestimmte Eigenkapitalausstattung vorgeschrieben ist, kann nach Auffassung des BFH allein in der Ausnutzung dieser Finanzierungsfreiheit keine missbräuchliche Gestaltung gesehen werden. Zudem sei die Fremdfinanzierung auch oftmals aus wirtschaftlich vernünftigen Gründen vorzuziehen. Da es nach dieser Rechtsprechung unerheblich war, ob ein Darlehen als eigenkapitalersetzend i.S. des § 32a GmbHG a.F. galt, wird sich auch durch die Aufhebung der §§ 32a, 32b GmbHG a.F. durch das MoMiG4 nichts an ihr ändern. 1 So schon BFH v. 7. 11. 1950 – I 20/50, BStBl. III 1951, 12. 2 BFH v. 13. 1. 1959 – I 44/57 U, BStBl. III 1959, 197 (198); BFH v. 10. 12. 1975 – I R 135/74, BStBl. II 1976, 226; BFH v. 16. 7. 1986 – I R 78/79, BFH/NV 1987, 326; bestätigt durch BFH v. 5. 2. 1992 – I R 127/90, BStBl. II 1992, 532 = BB 1992, 676 (679). 3 BFH v. 5. 2. 1992 – I R 127/90, BStBl. II 1992, 532 = BB 1992, 676 m. Anm. Hoffmann; in der Folge dieses Urteils wurde das Schreiben des BMF v. 16. 3. 1987 – VI B7-S 4742-3/87, GmbHR 1987, 176, aufgehoben. Diese Rechtsprechung bestätigend BFH v. 16. 5. 2001 – I B 143/00, DStR 2001, 1431 (1432). Eine Auseinandersetzung mit der jüngeren, diese Rechtsprechung teilweise ablehnenden Literatur findet sich in Rödder/ Stangl, DStR 2005, 354. 4 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen v. 23. 10. 2008, BStBl. I 2008, 2026.
666
Körperschaftsteuer
§ 23
Die bis dahin geltende frühere Rechtsprechung, die bei der Frage, ob verdecktes Stammkapital vorliegt, darauf abstellte, ob die Zuführung von Einlagen zwingend war, war mit dieser Entscheidung überholt.1
23.13
Insbesondere von der Finanzverwaltung wurde früher auch erwogen, ob eine Umdeutung von Gesellschafterdarlehen in verdecktes Stammkapital nicht unter dem Aspekt des Gestaltungsmissbrauchs i.S. von § 42 AO a.F. erfolgen könne. Um einer nach Auffassung der Verwaltung unangemessenen Fremdfinanzierung durch ausländische Anteilseigner einen Riegel vorzuschieben, versuchte das BMF, im Erlassweg eine Abgrenzung zwischen zulässiger Darlehensgewährung und missbräuchlichen Gestaltungen vorzunehmen, indem er insbesondere darauf abstellte, ob ein „auffallendes Missverhältnis“ zwischen zugeführtem Fremdkapital und Aktivvermögen der Gesellschaft besteht2.
23.14
Schon mit den bis dahin ergangenen BFH-Entscheidungen war dieser Erlass kaum in Einklang zu bringen3. Zweifel an der Rechtmäßigkeit des BMFSchreibens äußerte der BFH erstmals in einem Beschluss vom 14. 8. 19914. Endgültig scheiterte das BMF-Schreiben mit dem oben genannten Urteil des BFH vom 5. 2. 19925.
23.15
Im Rahmen des StandOG vom 13. 9. 1993 wurde mit dem damals neu eingeführten § 8a KStG a.F. eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, dass in bestimmten Fällen hoher anteiliger Fremdfinanzierung einer Kapitalgesellschaft gezahlte Darlehenszinsen wie verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandeln sind. Durch das UntStRG 2008 wurde § 8a KStG neu gefasst und führt jetzt als Zinsschranke unter bestimmten Voraussetzungen zur Nichtabziehbarkeit von Fremdfinanzierungsaufwendungen6. Diese Vorschriften relativieren das Problem der unangemessenen Fremdfinanzierung. Darüber hinaus kommt die steuerliche Umqualifizierung von Fremdin Eigenkapital höchstens ausnahmsweise im Rahmen des § 42 AO in Betracht. Es ist nicht zu erwarten, dass es aufgrund der Änderung des § 42 AO durch das JStG 2008 zu einer Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Vor1 BFH v. 20. 3. 1956 – I 178/55, BStBl. III 1956, 179; BFH v. 13. 1. 1959 – I 44/57, BStBl. III 1959, 197; BFH v. 28. 10. 1964 – I 198/62, BStBl. III 1965, 119. Auch unter dieser Rechtsprechung ist jedoch ein Fall, in dem es tatsächlich zu einer Umqualifizierung gekommen wäre, nie entschieden worden; siehe dazu ausführlich in der 6. Aufl., Rn. 23.8 ff. 2 BMF v. 16. 3. 1987 – VI B 7-S 2742-3/87, BStBl. I 1987, 373 = GmbHR 1987, 176. 3 BFH v. 10. 12. 1975 – I R 135/74, BStBl. II 1976, 226 = GmbHR 1976, 73; BFH v. 16. 7. 1986 – I R 78/79, BFH/NV 1987, 326 (328). 4 BFH v. 14. 8. 1991 – I B 240/90, BStBl. II 1991, 935 (937). 5 BFH v. 5. 2. 1992 – I R 127/90, BStBl. II 1992, 532 = BB 1992, 676 m. Anm. Hoffmann; in der Folge dieses Urteils wurde das Schreiben des BMF v. 16. 3. 1987 – VI B 7-S4742-3/87, GmbHR 1987, 176, aufgehoben. Diese Rechtsprechung bestätigend BFH v. 16. 5. 2001 – I B 143/00, DStR 2001, 1431 (1432). Eine Auseinandersetzung mit der jüngeren, diese Rechtsprechung teilweise ablehnenden Literatur findet sich in Rödder/Stangl, DStR 2005, 354 ff. 6 Vgl. zu § 8a KStG und seiner jüngsten Änderung durch das UntStRG 2008 unten Rn. 23.39 ff.
667
23.16
§ 23
Körperschaftsteuer
schrift bei der Beurteilung der Fremdfinanzierung des Gesellschaft kommt. Im Rahmen der in § 42 AO vorgesehenen Angemessenheitsprüfung wird auch in Zukunft auf die bisherige Rechtsprechung zu § 42 AO a.F. zurückgegriffen werden.1
23.17
Nicht entschieden hat der BFH die Frage, ob nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Umqualifizierung von Darlehen in verdecktes Stammkapital möglich ist. Ab diesem Zeitpunkt wird dem Gesellschafter als Folge des § 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 und 5 InsO jeglicher Anspruch auf Rückzahlung genommen2. Wirtschaftlich wird man das Darlehen ab diesem Zeitpunkt als Gesellschaftskapital ansehen können; eine zivilrechtliche Rückgewährverbindlichkeit besteht nicht mehr, so dass auch bei Beachtung des Maßgeblichkeitsprinzips eine steuerliche Umqualifizierung möglich erscheint. Auf den eigenkapitalersetzenden Charakter i.S. des § 32a GmbHG a.F., also die Gewährung in der Krise, kommt es bei § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nicht mehr an. Als wirtschaftliches Gesellschaftskapital wird man das Darlehen jedoch nur in der Höhe ansehen können, in welcher es nicht durch die Insolvenzmasse gedeckt ist und eine Rückzahlung daher ausscheidet. b) Problem der verdeckten Gewinnausschüttung aa) Begriff
23.18
Auch wenn das zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern bestehende stille Gesellschaftsverhältnis steuerlich anzuerkennen ist, kann neben der Frage des verdeckten Grund- oder Stammkapitals auch das Problem der verdeckten Gewinnausschüttung auftreten. Zu beachten ist, dass die verdeckte Einlage nicht die Umkehrung einer verdeckten Gewinnausschüttung ist3.
23.19
Der Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung ist gesetzlich nicht definiert, wird aber in § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorausgesetzt. Lange Zeit ging der BFH in seiner Rechtsprechung von einer für die Gesellschaft und den Anteilseigner einheitlichen Definition aus. Demnach liegt immer dann eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn eine Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter oder einer ihm nahe stehenden Person außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Dabei erweist sich die Zuwendung als durch das Gesellschaftsverhältnis verursacht, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter den Vermögensvorteil einer Person, die nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht gewährt hätte4. Diese Definition wurde durch mehrere Entscheidungen aus dem Jahr 1989 dahingehend abgeändert, dass für die Annahme einer verdeckten Gewinnaus1 2 3 4
Vgl. zur Neufassung des § 42 AO durch das JStG 2008 Rn. 20.44 ff. Vor der Änderung durch das MoMiG ergab sich der Nachrang aus § 32a GmbHG a.F. Vgl. BFH v. 22. 11. 1983 – VIII R 133/82, BB 1984, 513. Vgl. BFH v. 3. 2. 1971 – I R 51/66, BStBl. II 1971, 408; BFH v. 27. 1. 1972 – I R 28/69, BStBl. II 1972, 320; BFH v. 10. 1. 1973 – I R 119/70, BStBl. II 1973, 322; BFH v.
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§ 23
schüttung auf Seiten der Kapitalgesellschaft der Zufluss eines Vermögensvorteils beim Anteilseigner nicht mehr erforderlich ist. Nach dieser Rechtsprechung stellt eine verdeckte Gewinnausschüttung bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung dar, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht1. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist dann nicht anzunehmen, wenn die Kapitalgesellschaft bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG; § 43 Abs. 1 GmbHG) den Vermögensvorteil unter sonst gleichen Umständen auch einem Nichtgesellschafter zugewendet hätte.
23.20
Entscheidend ist somit, welche Gegenleistung die Kapitalgesellschaft einer gesellschaftsfremden Person als stillem Gesellschafter für die überlassenen Finanzierungsmittel gewährt hätte. Dabei ist auch die für die stille Gesellschaft notwendige Gewinnabhängigkeit der Vergütungen zu berücksichtigen2. Die von der Rechtsprechung zum Vergleich herangezogene hypothetische „Gegenleistung“ muss so gestaltet sein, dass sie in den Rahmen der stillen Gesellschaft passt, ohne deren Wesen zu ändern. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Gewinnabhängigkeit, die nach § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB nicht ausgeschlossen werden kann. Eine stille Gesellschaft liegt nicht vor, wenn der stille Gesellschafter für die Hingabe des Kapitals eine vom Geschäftsergebnis unabhängige Vergütung erhalten soll. Aus diesem Grund kann die angemessene Leistung an den stillen Gesellschafter nicht anhand einer als Obergrenze gedachten festen Verzinsung des von diesem zur Verfügung gestellten Kapitals ermittelt werden, sondern es muss ein Modus gefunden werden, der die für die stille Gesellschaft wesensnotwendige Gewinnabhängigkeit der Bezüge des stillen Gesellschafters berücksichtigt. Innerhalb dieses Gewinnverteilungssystems ist die Ermittlung eines auch unter fremden Dritten denkbaren Gewinnverteilungsschlüssels von einer Vielzahl von Faktoren abhängig (Arbeitseinsatz, Kapitaleinsatz, Haftungsrisiko). Anhaltspunkte können dabei die von der Rechtsprechung zur Gewinnverteilung bei der GmbH & Co. KG aufgestellten Grundsätze ergeben, die auf das Verhältnis zwischen Kapitalgesellschaft und
19. 3. 1975 – I R 137/73, BStBl. II 1975, 722; BFH v. 30. 7. 1975 – I R 110/72, BStBl. II 1976, 74; BFH v. 24. 9. 1980 – I R 88/77, BStBl. II 1981, 108. 1 BFH v. 22. 2. 1989 – I R 44/85, BStBl. II. 1989, 475; BFH v. 22. 2. 1989 – I R 9/85, BStBl. II 1989, 631; nachfolgend bestätigt u.a. in BFH v. 11. 10. 1989 – I R 12/87, BStBl. II 1990, 89; BFH v. 2. 2. 1994 – I R 78/92, BStBl. II 1994, 479; Graffe, DStZ 1989, 531; Wassermeyer, FR 1989, 218; Wassermeyer, GmbHR 1989, 298; Wassermeyer, DStR 1990, 158; Bellstedt, FR 1990, 65; Scholtz, FR 1990, 386; Schulze zur Wiesche, GmbHR 1990, 44. 2 Vgl. BFH v. 9. 7. 1969 – I R 188/67, BFHE 96, 397 = BStBl. II 1969, 690 (692); BFH v. 22. 1. 1970 – IV R 178/68, BStBl. II 1970, 416 (418). Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Anerkennung eines Vorteilsausgleichs vgl. BFH v. 8. 6. 1977 – I R 95/75, BStBl. II 1977, 704; BFH v. 1. 8. 1984 – I R 99/80, BStBl. II 1985, 18.
669
23.21
§ 23
Körperschaftsteuer
stiller Beteiligung anwendbar sind, soweit sich aus dem Wesen der stillen Gesellschaft nichts anderes ergibt1.
23.22
Die neuere Rechtsprechung verlangt zudem, dass sich die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung auf den Unterschiedsbetrag i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt2 und dass die Unterschiedsbetragsminderung bei der Kapitalgesellschaft zumindest die Eignung hat, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen3.
23.23
Einen anderen Aspekt des darin zum Ausdruck kommenden Korrespondenzprinzips hat jetzt auch der Gesetzgeber anerkannt: Da die Steuern der Gesellschaft und des Gesellschafters in zwei verschiedenen Besteuerungsverfahren und durch zwei getrennte Steuerbescheide festgesetzt werden, kann es sein, dass nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides des Gesellschafters die Besteuerung des Gesellschaft geändert wird, weil verdeckte Gewinnausschüttungen in der Betriebsprüfung aufgedeckt werden. Während das Einkommen der Gesellschaft und dadurch die Steuerlast der Gesellschaft erhöht wird, konnte beim Gesellschafter die (teilweise) Einkommensminderung des § 30 Nr. 40 Buchst. d) EStG a.F. nicht mehr berücksichtigt werden. Durch das JStG 20074 wurde dem durch die Einfügung der verfahrensrechtlichen Vorschrift des § 32a KStG und des § 3 Nr. 40 Buchst. d) Satz 2 EStG abgeholfen. Bei Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung bei der Gesellschaft kann ein bestandskräftiger Steuerbescheid des Gesellschafters oder einer ihm nahe stehenden Person abgeändert oder aufgehoben werden. Stellt der Gesellschafter einen Änderungsantrag, dürfte das Ermessen der Behörde auf null reduziert sein, so dass ein Änderungsanspruch besteht5.
23.24
Das Problem der verdeckten Gewinnausschüttung taucht aber nicht nur in Fällen einer unangemessenen Gewinnverteilung zwischen Kapitalgesellschaft und stillem Gesellschafter auf, sondern kann sich auch bei Nichtanerkennung des stillen Gesellschaftsverhältnisses ergeben. Letzteres ist insbesondere dann 1 Vgl. Paulick, GmbHR 1982, 237 (239); Post/Hoffmann, Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, S. 149. Zur angemessenen Gewinnverteilung zwischen einer GmbH und stillen Gesellschaftern, die zugleich Gesellschafter der GmbH sind vgl. BFH v. 6. 2. 1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = GmbHR 1980, 215; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 214 ff.; Bitsch, GmbHR 1983, 56; Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rn. 602 f.; dazu unter Rn. 21.97 ff. Zur Bemessung des Gewinnanteils des auch als stiller Gesellschafter an einer GmbH beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers unter dem Blickpunkt der verdeckten Gewinnausschüttung vgl. BFH v. 2. 7. 1975 – I R 5/75, BFHE 116, 348. 2 BFH v. 17. 10. 2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = BFH/NV 2002, 134 unter II.1.; BFH v. 20. 10. 2004 – I R 4/04, BFH/NV 2005, 723 unter II.1.a). Vgl. dazu Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rn. 234. 3 BFH v. 7. 8. 2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131 = BFH/NV 2003, 124 unter II. Zum in dieser Entscheidung zum Ausdruck kommenden Korrespondenzprinzip siehe Wassermeyer, DB 2002, 2668. 4 JStG 2007 v. 13. 12. 2006, BGBl. I 2006, 2878. 5 Wilhelmy, FR 2007, 470 (471). Differenzierend Kohlhepp, DSTR 2007, 1502 (1503 f.).
670
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§ 23
der Fall, wenn aus den Vereinbarungen nicht eindeutig hervorgeht, dass neben dem Gesellschaftsverhältnis noch ein stilles Beteiligungsverhältnis begründet worden ist1. Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann nach Ansicht des BFH weiterhin dann anzunehmen sein, wenn sich eine Kapitalgesellschaft trotz zu ihrem Nachteil geänderter Verhältnisse und trotz rechtlich bestehender Möglichkeit nicht von dem stillen Beteiligungsverhältnis mit ihrem beherrschenden Gesellschafter löst2. Zu den Einzelheiten vgl. oben Rn. 21.107. Daneben können sich verdeckte Gewinnausschüttungen auch durch eine Überbewertung von Sach- oder Nutzungseinlagen ergeben3.
23.25
Um bei fehlendem Interessengegensatz Gewinnmanipulationen zu vermeiden, gelten für Leistungsbeziehungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter erhöhte Anforderungen. Nach der Rechtsprechung müssen zwischen beiden klare und eindeutige, von vornherein abgeschlossene zivilrechtlich rechtswirksame Vereinbarungen vorliegen, die auch so durchgeführt werden4. Die erhöhten Anforderungen gelten auch für Rechtsbeziehungen mit den einem beherrschenden Gesellschafter nahe stehenden Personen5. Erfüllen die Leistungsbeziehungen diese Anforderungen nicht, so sind die Zuwendungen als verdeckte Gewinnausschüttungen zu qualifizieren, und zwar selbst dann, wenn sie an sich angemessen sind6. Die neuere Rechtsprechung würdigt diese Anforderungen jedoch nur noch als Indizien bzw. Beweiswürdigungsregeln für eine private Veranlassung7.
23.26
bb) Rechtsfolgen bei Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG mindern verdeckte Gewinnausschüttungen das zu versteuernde Einkommen der Körperschaft nicht – es kommt also insoweit zu einer Hinzurechnung zum Einkommen und damit zu einer Erhöhung der Gewerbe- und der Körperschaftsteuer. Auch eine verhinderte Vermögensmehrung durch unangemessen niedrige Entgelte für Leistungen, die die Kapitalgesellschaft erbracht hat, führt zu einer Einkommenserhöhung. Dies gilt gleichermaßen für das Halbeinkünfteverfahren als auch für die Anwendung der 1 BFH v. 9. 12. 1976 – IV R 47/72, BFHE 120, 534 = BStBl. II 1977, 155; BFH v. 9. 3. 1994 – VIII S 9/93, BFH/NV 1995, 28; Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rn. 601. 2 BFH v. 5. 2. 1986 – I S 15/86, GmbHR 1987, 69; BFH v. 9. 4. 1975 – I R 166/73, BStBl. II 1975, 617; BFH v. 13. 10. 1983 – I R 4/81, BStBl. II 1984, 65. 3 Zu Einzelfällen der verdeckten Gewinnausschüttung vgl. Post/Hoffmann, Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, S. 143 ff.; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rn. 211 ff.; Abschnitt 36 KStR 2004; zur Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen bei Verstößen gegen gesellschaftsrechtliche Formvorschriften des GmbHG vgl. Paulick, GmbHR 1982, 237 (240). 4 BFH v. 16. 7. 2003 – I B 215/02, BFH/NV 2003, 1613 (1614). 5 BFH v. 16. 12. 1992 – I R 2/92, BStBl. II 1993, 455. 6 BFH v. 12. 10. 1995 – I B 46/95, BFH/NV 1996, 266. 7 Siehe etwa BFH v. 29. 10. 1997 – IR 24/97, BStBl. II 1998, 573. Gegen ein Sonderrecht für beherrschende Gesellschafter und für die Anwendung der allgemeinen Beweislastregeln etwa Schulte in Heidelberger Komm.KStG, § 8 KStG Rn. 258.
671
23.27
§ 23
Körperschaftsteuer
Abgeltungsteuer. Bei Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens unterliegt die verdeckte Gewinnausschüttung einer einheitlichen körperschaftsteuerlichen Tarifbelastung von 15 % (ab dem Veranlagungszeitraum 20081; zuvor betrug der Steuersatz 25 %).
23.28
Das Halbeinkünfteverfahren ist auf verdeckte Gewinnausschüttungen ab 2001 bzw. bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ab dem Wirtschaftsjahr 2001/2002 bis zum Veranlagungszeitraum 2008 anwendbar, § 34 Abs. 10a Satz 1 Nr. 2 KStG a.F. i.V.m. § 52 Abs. 4a EStG a.F. bzw. § 34 Abs. 1a KStG a.F. i.V.m. § 34 Abs. 10a Satz 1 Nr. 2 KStG a.F. Zu dem davor geltenden Anrechnungsverfahren siehe 6. Aufl., Rn. 23.33. Zum ab Veranlagungszeitraum 2009 geltenden Teileinkünfteverfahren vgl. Rn. 23.30 ff. Auf der Ebene des Anteilseigners ist die verdeckte Gewinnausschüttung, sofern sie bei diesem zu einem Zufluss oder einer bilanziellen Erfassung führt2, wie eine offene Gewinnausschüttung zu behandeln, d.h. es erfolgt eine Umqualifizierung der verdeckten Gewinnausschüttung in Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, was nach § 3 Nr. 40 EStG a.F. bis einschließlich dem Veranlagungszeitraum 20083 zur Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens führt. Beim Anteilseigner wird demnach nur die Hälfte der Bezüge der Einkommensteuer unterworfen. Hierbei ist sein persönlicher Steuersatz maßgeblich. Zu einer Anrechnung der von der Gesellschaft entrichteten Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuerschuld kommt es nicht.
23.29
Unter dem Halbeinkünfteverfahren ist die verdeckte Gewinnausschüttung vor allen Dingen für Anteilseigner, deren persönlicher Einkommensteuersatz unter 40 % liegt, interessant. Im Veranlagungsjahr 2008 ergibt sich die Sondersituation, dass der Körperschaftsteuertarif bereits auf 15 % reduziert wird, das Halbeinkünfteverfahren aber noch Veranlagungszeiträume bis 2008 anzuwenden ist. Die verdeckte Gewinnausschüttung wird im Veranlagungszeitraum 2008 daher auch bei niedrigeren Einkommensteuersätzen an Attraktivität verlieren. cc) Rechtsfolgen bei Anwendung der Abgeltungsteuer bzw. des Teileinkünfteverfahrens
23.30
Ab dem Veranlagungszeitraum 2008 unterliegt das um die verdeckte Gewinnausschüttung erhöhte Einkommen der Tarifbelastung von nur noch 15 %, § 23 Abs. 1 KStG. Eine Anrechnung auf Gesellschafterebene findet auch hier nicht statt.
23.31
Die verdeckte Gewinnausschüttung führt beim Gesellschafter, soweit er die Beteiligung im Privatvermögen hält, zu Einnahmen aus Kapitalvermögen, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen ab 2009 beim Gesellschafter der Abgeltungsteuer in Höhe von 25 %, § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG. 1 § 34 Abs. 11a KStG. 2 Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rn. 434. 3 § 52a Abs. 3 EStG.
672
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§ 23
Steuerliche Belastungsvergleiche zeigen, dass die verdeckte Gewinnausschüttung unter der Abgeltungsteuer wieder zunehmend an Bedeutung gewinnen wird, weil außerhalb von Ausschüttungen zugewendete Vermögensvorteile zu einer niedrigeren Gesamtsteuerbelastung führen können1. Für die stille Gesellschaft kann dies jedoch nur eingeschränkt gelten, da Zahlungen an den stillen Gesellschafter unter Umständen nach §§ 4h EStG n.F., 8a KStG n.F. wieder hinzuzurechnen sind, so dass es im Endeffekt zu einer Besteuerung auf Gesellschaftsebene kommt.
23.32
Gehört die stille Beteiligung zu einem Betriebsvermögen, so findet statt der Abgeltungsteuer das neue Teileinkünfteverfahren Anwendung. Wie beim Halbeinkünfteverfahren wird nur ein Teil der aufgedeckten Gewinnausschüttungen der Einkommensteuer unterworfen. Der steuerfreie Anteil beträgt jedoch nur noch 40 %, § 3 Nr. 40 EStG n.F.
23.33
c) Die Gesellschafterfremdfinanzierung nach § 8a KStG a.F. Unabhängig von dem angewandten Körperschaftsteuerverfahren können Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft ein Interesse daran haben, ihr Engagement statt mit Eigenkapital möglichst weitgehend mit Fremdkapital durchzuführen. Die Gründe dafür können nichtsteuerlicher Natur sein oder in einem steuerlich erwünschten Gewinntransfer liegen. Durch die Regelung des § 8a KStG a.F. wurde der von der Rechtsprechung anerkannte Grundsatz der Finanzierungsfreiheit (siehe oben Rn. 23.11.) eingeschränkt. Die Gesellschafterfremdfinanzierung wurde für wesentlich beteiligte Gesellschafter nur in Grenzen steuerlich anerkannt und führte bei Überschreitung der gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Fiktion einer verdeckten Gewinnausschüttung. Die durch das Standortsicherungsgesetz vom 13. 9. 1993 eingeführte Regelung wurde im Zuge des Wechsels vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren redaktionell angepasst und inhaltlich verschärft2sowie durch das Korb II-Gesetz3 auch auf inländische Anteilseigner ausgedehnt. Zuletzt wurde § 8a KStG a.F. für Wirtschaftsjahre, die nicht vor dem 1. 1. 2008 enden, im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 durch die körperschaftsteuerliche Zinsschranke (dazu Rn. 23.38 ff.) ersetzt.
23.34
In § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG a.F. wurde bei Vergütungen, die nicht nach einem Bruchteil des Kapitals bemessen sind – also auch beim Gewinnanteil eines typisch stillen Gesellschafters – ohne Entlastungsmöglichkeit zwingend die Fiktion einer verdeckten Gewinnausschüttung angeordnet. Es bestand kei-
23.35
1 Siehe etwa Wilhelmy, FR 2007, 470 (474 ff.). 2 § 8a KStG a.F. in der Fassung des StSenkG v. 14. 7. 2000 war ab dem VZ 2001 bzw. bei abweichendem Wirtschaftsjahr ab dem VZ 2002 anzuwenden. Ausführlich zu dieser Fassung von § 8a KStG a.F. und zur Kritik und Gestaltungsmöglichkeiten in der 6. Aufl., Rn. 23.37 f. und Prinz, FR 2000, 1061; Prinz, DStR 2001, 1365. 3 Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz v. 22. 12. 2003, BGBl. I 2003, 2840. § 8a KStG a.F. in der Fassung dieses Gesetzes war nach § 34 Abs. 6a KStG a.F. für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2004 beginnen.
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ne Möglichkeit eines Entlastungsnachweises bei nicht festverzinslichen Gesellschafterfinanzierungen. Das bedeutet, dass der Gewinnanteil eines typisch stillen Gesellschafters zwingend als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln war, wenn dieser zugleich wesentlich i.S. des § 8a Abs. 3 KStG a.F. an der Kapitalgesellschaft, die Inhaberin des Handelsgewerbes ist, beteiligt ist.
23.36
Durch das Korb II-Gesetz wurde § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG a.F. gestrichen und dadurch die Anwendung des § 8a KStG a.F. auch auf inländische Anteilseigner erstreckt. Durch die Neufassung sollten § 8a KStG a.F. und die Regeln der Gesellschafterfremdfinanzierung europarechtskonform ausgestaltet werden1. Als Folge dieser Änderung war ein Gewinntransfer bei der typischen stillen Gesellschaft nicht mehr möglich. Um die Folgen für kleinere und mittlere Unternehmen abzumildern, wurde eine Freigrenze in Höhe von 250 000 Euro eingeführt. Nachdem auch die Verlusttransfermöglichkeit der stillen Gesellschaft zwischen Kapitalgesellschaften durch § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG weitgehend abschafft wurde, wurde die typische stille Beteiligung im Konzern jenseits der Freigrenze steuerlich unattraktiv2.
23.37
Auch die Umgehung durch Zwischenschaltung einer Personengesellschaft war aufgrund § 8a Abs. 5 KStG a.F. nicht möglich, da in diesem Fall die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden waren. Die Umgehungsmöglichkeiten durch Zwischenschaltung eines Nichtgesellschafters als Darlehensgeber wurde durch § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG a.F. eingeschränkt. Demnach war § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG a.F. auch bei Vergütungen für Fremdkapital anzuwenden, welches die Kapitalgesellschaft von einer dem Anteileigner nahe stehenden Person oder von einem rückgriffsberechtigten Dritten erhalten hatte. Dadurch waren sowohl Darlehensgewährungen durch Verwandte und andere nahe stehende Personen als auch Back-to-Back-Finanzierungen von § 8a KStG a.F. umfasst. d) Die körperschaftsteuerliche Zinsschranke i.d.F. des UntStRG 2008
23.38
Im Rahmen der Unternehmensteuerreform 20083 wurde § 8a KStG in seiner bisher geltenden Form aufgehoben und durch die allgemeine Zinsschranke nach § 4h EStG und die speziell körperschaftsteuerlichen Verschärfungen nach § 8a KStG ersetzt. Während nach § 8a KStG a.F. Fremdkapitalvergütungen in verdeckte Gewinnausschüttungen umqualifiziert wurden und eine au-
1 Köplin/Koch in Heidelberger Komm.KStG, § 8a KStG Rn. 5. 2 Siehe dazu und zu Möglichkeiten der Gestaltung Kollruss, WPg 2005, 344 und Kollruss, DStZ 2004, 329; Mensching, DStR 2004, 408; Schulze zur Wiesche, BB 2004, 1363; Watrin/Lühn, StuB 2004, 724. 3 Änderung durch das Unternehmensteuerrefomgesetz 2008 v. 14. 8. 2007, BGBl. I 2007, 1912. § 8a KStG in dieser Fassung ist erstmals auf Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem Tag der Verkündung beginnen und nicht vor dem 1. 1. 2008 enden, § 34 Abs. 6a Satz 3 KStG.
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§ 23
ßerbilanzielle Hinzurechnung vorgenommen wurde, wird bei Eingreifen der neuen Zinsschranke der steuerliche Betriebsausgabenabzug verweigert1. Zunächst ist bei Kapitalgesellschaften die allgemeine Zinsschrankenregelung nach § 4h EStG (siehe dazu Rn. 22.45 f. bei Vorliegen einer (erweiterten) Konzernzugehörigkeit anzuwenden. Anstelle des maßgeblichen Gewinns tritt nach § 8a Abs. 1 KStG das maßgebliche körperschaftsteuerliche Einkommen. Es sind daher z.B. verdeckte Gewinnausschüttungen hinzuzurechnen2.
23.39
Durch § 8a Abs. 2 und 3 KStG wird bei Körperschaftsteuersubjekten der Anwendungsbereich der Zinsschranke bei Vorliegen von schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierungen erweitert.
23.40
Nach § 8a Abs. 2 KStG greift die Zinsschranke auch außerhalb von Konzernsituationen ein, wenn die Vergütung für Fremdkapital an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner, eine diesem i.S. des § 1 Abs. 2 AStG nahe stehende Person oder an einen auf einen wesentlich beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahe stehende Person rückgriffsberechtigten Dritten gezahlt wird und die Zinszahlungen mehr als 10 % der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen betragen. Die Körperschaft hat nachzuweisen, dass der Betrag von maximal 10 % nicht überschritten wurde.
23.41
Nach § 8a Abs. 3 KStG ist die Escape-Klausel des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c) EStG unter den soeben dargestellten Voraussetzungen, wie sie für § 8a Abs. 2 KStG gelten, nicht anzuwenden. Schädlich sind nach § 8a Abs. 3 KStG auch Vergütungen für Fremdkapital eines anderen am Konzern beteiligten Rechtsträgers in genannter Höhe sowie eine mehr als 25 %ige Beteiligung an einer konzernzugehörigen Gesellschaft. Liegt eine schädliche Gesellschafterfinanzierung nach § 8a Abs. 3 KStG vor, so ist bei Kapitalgesellschaften das Verhältnis der Eigenkapitalquote des Konzerns zur Eigenkapitalquote der Gesellschaft daher für das Eingreifen der Zinsschranke irrelevant3.
23.42
Ein möglicher Rückgriff i.S. dieser Regelungen liegt bereits dann vor, wenn der Anteilseigner oder die nahe stehende Person dem Dritten gegenüber faktisch für die Erfüllung der Schuld einsteht. Ausreichend, aber nicht zwingend erforderlich, sind nach der Gesetzesbegründung schon ein aufgrund einer Garantieerklärung oder einer Bürgschaft konkret rechtlich durchsetzbarer Anspruch, eine Vermerkpflicht in der Bilanz, eine dingliche Sicherheit oder eine
23.43
1 Siehe zur Zinsschranke auch BMF v. 4. 7. 2008 – IV C 7-S 2742-a/07/10001, 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 sowie die Anmerkungen dazu von Fischer/Wagner, BB 2008, 1872 und Schwedhelm/Finke, GmbHR 2009, 281. 2 Volb, Unternehmensteuerreform 2008, S. 48; Schwedhelm/Finke, GmbHR 2009, 281 (288). 3 Siehe dazu Staats/Renger, DStR 2007, 1801, die auf ein Redaktionsversehen in § 8a Abs. 3 KStG hinweisen und die Ansicht vertreten, dass die Escape-Klausel anwendbar ist, wenn eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung nicht beim Steuersubjekt, sondern lediglich bei einer anderen Gesellschaft des Konzerns vorliegt.
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harte oder weiche Patronatserklärung1. Die neue Regelung geht daher über die bisherige Verwaltungspraxis im Rahmen des § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG hinaus, die lediglich Fälle einer echten Back-to-Back-Finanzierung anerkannte2.
23.44
Im Rahmen der körperschaftsteuerlichen Zinsschranke ist auch zu berücksichtigen, dass es gemäß §§ 8c, 8a Abs. 1 Satz 3 KStG bei einer mittelbaren oder unmittelbaren Beteiligungsveräußerung von mehr als 50 % bzw. von mehr als 25 % der Anteile, des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, der Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte innerhalb einer 5-Jahresfrist, zum vollständigen bzw. quotalen Untergang sowohl eines Verlustvortrages als auch des im Rahmen der Zinsschrankenregelung aufgebauten Zinsvortrages kommt3.
23.45
M.E. reicht für die Annahme eines schädlichen Beteiligungserwerbs i.S. des § 8c KStG nicht die Begründung oder Abtretung einer typisch stillen Beteiligung aus4. Dies war schon bei der durch § 8c KStG ersetzten Regelung des § 8 Abs. 4 KStG allgemeine Ansicht, jedenfalls wenn nicht gleichzeitig Stimm- oder Mitgliedschaftsrecht übertragen wurden5. Zwar reicht nach der Neuregelung auch ein zu den genannten Übertragungsvorgängen vergleichbarer Sachverhalt oder eine mittelbare Übertragung aus, jedoch ist auch hier die Einräumung einer gesellschafterähnlichen Position zu verlangen. Dafür spricht auch der Wortlaut des § 8c KStG. Dieser geht zwar über den Wortlaut des § 8 Abs. 4 KStG a.F. hinaus, indem er neben der Veräußerung der Anteile auch die Veräußerung des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, der Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte ausreichen lässt, jedoch nicht die Veräußerung einer bloßen Gewinnbeteiligung erwähnt. In der Einräumung bzw. Übertragung von stillen Beteiligungen liegt m.E. auch kein den genannten Veräußerungsvorgängen vergleichbarer Sachverhalt. Dazu wäre es zumindest nötig, dass eine den Veräußerungsvorgängen vergleichbare Rechtsposition an den Anteilen endgültig auf ein anderes Rechtssubjekt übergeht, so dass damit zumindest wirtschaftliches Eigentum begründet wird6. Dies ist bei der typischen stillen Gesellschaft jedoch nicht der Fall. Dem Anteileigner vergleichbare Rechte, mit denen er Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen kann, werden dem stillen Gesellschafter gerade nicht übertragen.
23.46
Für die typische stille Gesellschaft hat sich durch die Neuregelung des § 8a KStG die Situation insofern verbessert, als kleine und mittlere Unternehmun1 BT-Drucks. 16/4841, S. 75. 2 Müller-Gatermann, Stbg 2007, 145 (152). Siehe dazu BMF v. 15. 7. 2004 – IV A 2-S 2742a-20/04, BStBl. I 2004, 593, Tz. 19, wonach ein konkret rechtlich durchsetzbarer Anspruch noch als notwendig erachtet wird. 3 Zur Regelung des § 8c KStG siehe etwa Suchanek, GmbHR 2008, 292; Beußer, DB 2007, 1549; Köhler, DStR 2007, 597; Middendorf/Stegemann, INF 2007, 305. Zu den Änderungen durch das Bürgerentlastungsgesetz siehe Fey/Neyer, DB 2009, 1368. 4 Gleicher Ansicht auch Suchanek, GmbHR 2008, 292 (295); Sistermann/Brinkmann BB 2008, 1928 (1930). 5 Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rn. 949 m.N. 6 So Adrian, FR 2007, 775 (776, 780), der wegen der wenig konkreten Gesetzesformulierung einen Verfassungsverstoß für möglich hält.
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gen dank der höheren Freigrenze nicht mehr von § 8a KStG betroffen sein dürften. Auch in seiner neuen Form verstößt § 8a KStG jedoch gegen das objektive Nettoprinzip1. Aus verfassungsrechtlichen Gründen wäre daher die Beschränkung auf echte Missbrauchsfälle geboten gewesen2. Im Hinblick auf das Zusammenwirken mit § 8c KStG ist davon auszugehen, dass gerade junge innovative oder expandierende Unternehmen Gefahr laufen, in eine Liquiditätskrise zu gelangen3. Neben der Beschränkung der Verlusttransfermöglichkeiten nach § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG und der Ausnahmeregelung zur Abgeltungsteuer in § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG bildet § 8a KStG einen weiteren Mosaikstein, der die Begründung einer typischen stillen Gesellschaft zunehmend steuerlich unattraktiver macht.
III. Die atypische stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft Die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft können sich an dieser auch in atypischer Form still beteiligen. Nach Ansicht des BFH sollen in solchen Fällen für die Beurteilung der Frage, ob die atypische stille Beteiligung an dem Gewerbebetrieb der Kapitalgesellschaft verdecktes Stammkapital darstellt, ebenfalls die Grundsätze gelten, wie sie die Rechtsprechung für Gesellschafterdarlehen aufgestellt hat (oben Rn. 23.10 ff.)4. Hierbei hat der BFH allerdings nicht beachtet, dass es sich bei der Einlage des atypisch stillen Gesellschafters zumindest steuerlich nicht um Fremd-, sondern um Eigenkapital handelt5. Die Gewinnanteile des atypisch still Beteiligten stellen auf Seiten der Kapitalgesellschaft nicht Betriebsausgaben dar; für sie gilt vielmehr § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Für die bei Gesellschafterdarlehen diskutierte Frage der Umqualifizierung in verdecktes Nennkapital ist bei mitunternehmerischer Beteiligung somit von vornherein kein Raum. Mangels Vorliegens von Fremdkapital greifen auch § 8a KStG a.F. und die Zinsschrankenregelung des § 8a KStG n.F. bei einer atypisch stillen Beteiligung nicht ein6.
23.47
Sieht der Gesellschaftsvertrag über eine stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft Abweichungen vom Regelungsmodell der §§ 230 ff. HGB vor, so kann dies zum Vorliegen einer Mitunternehmerschaft § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zwischen der Kapitalgesellschaft und dem stillen Gesellschafter führen (ausführlich hierzu oben Rn. 20.58 ff.). Eine solche atypisch stille Gesellschaft im steuerrechtlichen Sinn führt dazu, dass der von der atypischen stillen Gesellschaft erwirtschaftete Gewinn im Wege der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung gemäß §§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) AO zu ermitteln und auf die Beteiligten nach den oben in Rn. 14.1 ff. dargelegten Grundsätzen zu verteilen ist. Der auf die Kapitalgesellschaft entfallende
23.48
1 Rödder/Stangl, DB 2007, 479 (483). 2 Kessler/Köhler/Knörzer, IStR 2007, 418 (419). 3 Watrin/Wittkowski/Strohm, GmbHR 2007, 785 (792). Köhler, DStR 2007, 597 (604). Middendorf/Stegemann, INF 2007, 305 (312). 4 Vgl. BFH v. 20. 8. 1954 – I 130/53, BFHE 59, 329 = BStBl. III 1954, 336. 5 Walter, DStZ 1994, 113; Reusch, BB 1989, 2358. 6 Siehe dazu ausführlich Kollruss, Information StW 2004, 949.
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Gewinnanteil unterliegt bei ihr nach den Vorschriften des KStG der Körperschaftsteuer. Der auf den atypischen stillen Gesellschafter entfallende Gewinnanteil gehört bei diesem zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb und wird bei diesem der Einkommensteuer bzw. der Körperschaftsteuer – sofern es sich bei ihm um eine Kapitalgesellschaft handelt – unterworfen.
23.49
Nach der Rechtsprechung des BFH stellt bei der GmbH & Still die GmbH-Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters Sonderbetriebsvermögen II dar (vgl. im Einzelnen oben Rn. 22.139 ff.)1. Demnach sind die Ausschüttungen der GmbH Sondervergütungen und zählen mithin zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Gemäß § 3 Nr. 40 Satz 2 EStG i.V.m. § 20 Abs. 3 EStG a.F., bzw. § 20 Abs. 8 EStG n.F. finden das Halbeinkünfteverfahren bzw. nach der Unternehmensteuerreform 2008 ab 2009 das Teileinkünfteverfahren aber gleichwohl Anwendung2. Bisher ungeklärt ist, ob die Begründung oder Übertragung einer atypischen stillen Beteiligung einen schädlichen Beteiligungserwerb i.S. des § 8c KStG darstellen kann. M.E.3 ist dies für die atypische stille Gesellschaft mit denselben Argumenten abzulehnen, wie sie für die typische stille Gesellschaft vorgebracht wurden. Auch hier liegt kein den schädlichen Übertragungsvorgängen vergleichbarer Sachverhalt vor. Durch die Begründung einer Mitunternehmerschaft erwirbt der atypische stille Gesellschafter kein wirtschaftliches Eigentum oder einem Anteilseigner vergleichbare Rechte an der Inhabergesellschaft.
IV. Zusammenfassung
23.50
Bei der typischen stillen Gesellschaft mindert der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters den körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn der Kapitalgesellschaft. Mit der steuerlichen Anerkennung stiller Beteiligungen der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft an dieser wird für das Körperschaftsteuerrecht die Möglichkeit, stille Beteiligungen als verdecktes Grund- oder Stammkapital anzusehen, erheblich eingeschränkt. Allein das Vorliegen der Voraussetzungen kapitalersetzender Darlehen rechtfertigt steuerlich nicht die Annahme verdeckten Eigenkapitals. Es müssen regelmäßig die Voraussetzungen des § 42
1 BFH v. 15. 10. 1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286 = DStRE 1999, 81 (83 f.) unter I.2.b); a.A. Carlé, KÖSDI 1999, 12189 (12193). 2 Für das Halbeinkünfteverfahren im Ergebnis ebenso Schiffers/Frings, GmbH-StB 2002, 12 (16). 3 Gleicher Ansicht auch Suchanek, GmbHR 2008, 292 (295); a.A. wohl die Finanzverwaltung, siehe Entwurf eines BMF-Schreibens v. 20. 2. 2008 zur Verlustnutzungsbeschränkung bei Körperschaften aufgrund § 8c KStG, wonach auch die Einräumung oder der Wechsel einer atypischen stillen Beteiligung ein vergleichbarer Sachverhalt sein kann. In der Endfassung, BMF v. 4. 7. 2008 – IV C 7-S 2745-a/08/10001, 2008/0349554, BStBl. I 2008, 736, wird die stille Gesellschaft jedoch nicht mehr explizit erwähnt.
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AO vorliegen, damit die Annahme verdeckten Eigenkapitals gerechtfertigt sein soll. In der Praxis wird dieser Fall auch nach der Änderung des § 42 AO durch das JStG 2008 jedoch kaum vorkommen. Nach der Rechtsprechung des BFH rechtfertigt auch ein krasses Missverhältnis zwischen Eigenkapital und Gesellschafterdarlehen nicht per se die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs. § 8a KStG führt jedoch sowohl in der früheren als auch in seiner gegenwärtigen Fassung zu erheblichen Beschränkungen der Gewinntransfers durch typische stille Gesellschaften, wenn die jeweils geltenden Freigrenzen überschritten sind und eine wesentliche Beteiligung des Fremdkapitalgebers vorliegt. Die atypische stille Beteiligung der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft an dieser ist grundsätzlich nicht eine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft selbst, sondern eine Beteiligung am Handelsgewerbe der Gesellschaft. Bei einer atypisch stillen Beteiligung, die eine Mitunternehmerschaft darstellt, findet eine einheitlich und gesonderte Gewinnfeststellung statt mit der Folge, dass der auf den atypischen stillen Gesellschafter entfallende anteilige Gewinn bei diesem als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer oder – je nach der Rechtsform – der Körperschaftsteuer unterliegt. Der auf die Kapitalgesellschaft entfallende Gewinnanteil unterliegt bei dieser der Körperschaftsteuer. Verdeckte Gewinnausschüttungen erhöhen das Einkommen der Kapitalgesellschaft im Jahr der Ausschüttung.
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§ 24 Gewerbesteuer Schrifttum: Behrens, Stefan, Gewerbeverlust bei Wechsel von unmittelbarer zu mittelbarer Beteiligung bei einer atypisch stillen Gesellschaft, BB 2009, 1169; Behrens, Stefan/Schmitt, Rainer, § 7 Satz 2 GewStG n.F. – Neue Gewerbesteuer-Tatbestände für Mitunternehmerschaften und KGaA, BB 2002, 860; Bergemann, Achim/Markl, Richard/ Althof, Michael, Die Gewerbesteuer im Lichte des Regierungsentwurfs zur Unternehmensteuerreform 2008 – Die Auswirkungen der geplanten Änderungen für die Praxis, DStR 2007, 693; Bormann, Michael, Die Steuern einer GmbH & Still (atypisch) und ihrer Beteiligten, INF 1984, 25; Christoffel, Hans Günter, Änderung des GewStG durch das Solidarpaktfortführungsgesetz, DB 2002, 660; Dautel, Ralph Steuergestaltungen mit partiarischen Darlehen, DStR 2001, 925; Döllerer, Georg, Die atypische stille Gesellschaft – gelöste und ungelöste Probleme, DStR 1985, 295; Döllerer, Georg, Die atypische stille Gesellschaft in der neuesten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, StbJb. 1987/88, 289; Dötsch, Ewald, Organschaft: Das Einführungsschreiben des BMF zu den Änderungen durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz und durch das Gesetz zur Änderung des GewStG und anderer Gesetze vom 23. 12. 2003, DB 2005, 2541; Fehling, Daniel, Die Gewerbesteuer nach der Unternehmensteuerreform 2008, NWB Fach 5, S. 1617; Förster, Ursula, Problembereiche der Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer gem. § 35 EStG 2001, FR 2000, 867; Füger, Rolf/Rieger, Norbert, Veräußerung von Mitunternehmeranteilen und Gewerbesteuer, DStR 2002, 933; Glanegger, Peter/Güroff, Georg, Gewerbesteuergesetz, 6. Aufl. 2006; Goller, Herbert, Die Gewerbesteuerpflicht der atypischen stillen Gesellschaft, DStR 1982, 485; Gosch, Dietmar, Die Personengesellschaft als Organträgerin, in Festschrift Arndt Raupach, 2006, S. 461 ff.; Gragert, Katja/Wißborn, Jan-Peter, Die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG, NWB Fach 3, S. 14621; Hageböke, Jens/Hein, Carsten/Dötsch, Ewald, Die Organanträgereignung einer atypisch stillen Gesellschaft, DB 2006, 473; Heinz, HansWalter, Die GmbH und die atypische stille Gesellschaft, in Steuerrecht Gesellschaftsrecht Berufsrecht 1995 – Festschrift 15 Jahre Fachrichtung Steuern und Prüfungswesen der Berufsakademie Villingen-Schwenningen, S. 54 ff.; Herzig, Norbert/Lochmann, Uwe, Steuersenkungsgesetz: Die Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte bei der Einkommensteuer in der endgültigen Regelung, DB 2000, 1728; Hölzel, Birgit, Die GmbH & Still im Steuerrecht, 1981; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Die steuerliche atypische stille Beteiligung an der GmbH, GmbHR 1994, 147; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Mitunternehmerische Betätigung und Beteiligung bei der GmbH & atypisch Still, GmbHR 1995, 816; Kauffeld, Hans-Georg, Die partielle Unternehmensbeteiligung, 2008; Kempermann, Michael, Anmerkung zu BFH vom 21. 9. 2001 (IV R 50/99), DStR 2001, 119; Kirchhof, Paul, Kompaktkommentar Einkommensteuergesetz, 8. Aufl. 2008; KnobbeKeuk, Brigitte, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993; Köhler, Stefan, Erste Gedanken zur Zinsschranke nach der Unternehmensteuerreform, DStR 2007, 597; Kormann, Berthold, Das negative Kapitalkonto, BB 1974, 893; Kuck, Tobias, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, 2009; Lenski, Edgar/ Steinberg, Wilhelm/Sarrazin, Victor, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz (Loseblatt); Neu, Norbert, Unternehmenssteuerreform 2001: Die pauschalierte Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG, DStR 2000, 1933; Neu, Norbert, Die typisch stille Gesellschaft nach der Unternehmensteuerreform 2008, in Festschrift für Sebastian Spiegelberger – Vertragsgestaltung im Zivil- und Steuerrecht, 2009, S. 854; Neubert, Hans-Peter/Weinläder, Horst, GmbH und atypisch stille Gesellschaft in der Steuerpraxis, DB 1983, 630; Neufang, Bernd, Steuersenkungsgesetz aus Sicht der Praxis, BB 2000, 1913; Oenings, Christoph, Gewerbesteuerliche Verlustverrechnung – Unternehmeridentität i.S. des § 10a GewStG bei atypisch stiller Gesellschaft, DStR 2008, 279; Priester,
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Gewerbesteuer
§ 24
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I. Die typische stille Gesellschaft 1. Das Steuerobjekt Steuerobjekt der Gewerbesteuer ist jeder stehende Gewerbebetrieb (d.h. jedes gewerbliche Unternehmen i.S. des Einkommensteuergesetzes) oder Reisegewerbebetrieb (§§ 2 und 35a GewStG). Bei der (typisch) stillen Gesellschaft beteiligt sich der stille Gesellschafter am Handelsgeschäft des Geschäftsinhabers durch eine Vermögenseinlage, die in dessen Vermögen übergeht. Allein dieses Handelsgeschäft stellt einen Gewerbebetrieb i.S. von § 2 Abs. 1 GewStG dar.
24.1
2. Die stille Gesellschaft im gewerbesteuerrechtlichen Sinn Im Gewerbesteuerrecht ging die Rechtsprechung früher davon aus, dass der Begriff der stillen Gesellschaft weiter zu fassen sei als im Handelsrecht und im 681
24.2
§ 24
Gewerbesteuer
Einkommensteuerrecht. Deshalb wurden auch Dauerarbeitsverhältnisse mit Gewinnbeteiligung als gesellschaftsähnliche Verhältnisse der stillen Gesellschaft i.S. des § 8 Nr. 1 Buchst. c) GewStG1 gleichgestellt2. Diese Rechtsprechung wurde später mit Recht aufgegeben3.
24.3
Dagegen hält die Judikatur unverändert daran fest, dass es einer Beteiligung an einem Handelsgewerbe nicht bedarf. Es soll die Beteiligung an einem Gewerbebetrieb schlechthin genügen. Das wird wenig überzeugend damit begründet, dass in § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG ausdrücklich die Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter erwähnt werde, wohingegen in § 8 Nr. 1 Buchst. c) GewStG nur von Gewinnanteilen des stillen Gesellschafters die Rede sei. Daraus und aus der Tatsache, dass das GewStG für alle Gewerbe gilt, wird gefolgert, dass der Begriff der stillen Gesellschaft und des stillen Gesellschafters im GewStG nicht die Beteiligung an einem Handelsgewerbe, sondern lediglich die Beteiligung an einem Gewerbe (z.B. an einem Handwerksbetrieb) voraussetzt4.
24.4
Befriedigend ist diese Rechtsauffassung einerseits deshalb nicht, weil zu dem handelsrechtlichen und einkommensteuerrechtlichen Begriff der stillen Gesellschaft noch ein besonderer Begriff der stillen Gesellschaft speziell für das Gebiet der Gewerbesteuer hinzukommt. Andererseits hat der BFH die noch vom Reichsfinanzhof5 vorgenommene Ausdehnung der Anwendbarkeit des § 8 Nr. 1 Buchst. c) GewStG auf bestimmte Darlehens- und Arbeitsverhältnisse gerade deshalb abgelehnt, weil im Steuerrecht verwendete, zivilrechtlich feststehende Rechtsbegriffe für Besteuerungszwecke nicht mit einem vom privatrechtlichen Verständnis abweichenden Inhalt ausgelegt werden dürften. Auch das Gewerbesteuerrecht sei Teil eines einheitlichen Rechtssystems, in dem identische Begriffe auch den gleichen Inhalt haben müssten6. Von diesem zutreffenden Standpunkt aus ist die Anwendung des § 8 Nr. 1 Buchst. c) GewStG auf Beteiligungen, die nicht stille Gesellschaften i.S. von § 230 HGB sind, keineswegs konsequent. Zu rechtfertigen ist sie allenfalls mit dem Bestreben nach gleichmäßiger Besteuerung. Denn es kann gewerbesteuerlich keinen Unterschied machen, ob eine Beteiligung am Betrieb eines Handelsgewerbes oder eines sonstigen Gewerbes besteht. Eine solche Unterscheidung enthält das GewStG auch sonst nicht, es kennt allein die Begriffe des stehen1 Die im Folgenden zitierten Entscheidungen zur stillen Gesellschaft im gewerbesteuerrechtlichen Sinn ergingen zwar zu § 8 Nr. 3 GewStG a.F., sind aber auf § 8 Nr. 1 Buchst. c) GewStG in der Fassung des UntStRG 2008 v. 14. 8. 2007, BGBl. I 2007, 1912, ohne weiteres anzuwenden. 2 BFH v. 22. 11. 1955 – I 139/54 S, BStBl. III 1956, 4; BFH v. 18. 11. 1958 – I 108/58 U, BStBl. III 1959, 49. 3 BFH v. 5. 6. 1964 – IV 213/60 S, BStBl. III 1965, 49; BFH v. 5. 6. 1964 – IV 108/63 U, BStBl. III 1965, 51 = StRK GewStG § 8 Nr. 2–9 R. 56 m. Anm. Paulick. 4 BFH v. 7. 12. 1983 – I 144/79, BStBl. III 1984, 373 und BFH v. 5. 6. 1964 – IV 213/60 S, BStBl. III 1965, 49 unter Anschluss an die gleich lautende RFH-Rechtsprechung; vgl. Abschnitt 50 Abs. 1 GewStR 1998. 5 Auch noch BFH v. 22. 11. 1955 – I 139/54 S, BFHE 62, 9 = BStBl. III 1956, 4. 6 BFH v. 5. 6. 1964 – IV 213/60 S, BStBl. III 1965, 49; BFH v. 11. 11. 1965 – IV 82/62 U, BStBl. III 1966, 95.
682
Gewerbesteuer
§ 24
den Gewerbes bzw. des Reisegewerbes. Von daher ist eine Gleichbehandlung aller Beteiligungen nach Art der stillen Gesellschaft, an welcher Form von Gewerbebetrieb auch immer, angezeigt1. 3. Die Besteuerungsgrundlage Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag (§ 6 GewStG). Das Gewerbekapital ist seit dem 1. 1. 1998 nicht mehr Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer2.
24.5
a) Der Begriff des Gewerbeertrags Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des EStG oder des KStG zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, der bei Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge (§ 7 GewStG). Ausgangspunkt für die Ermittlung des Gewerbeertrags ist also der durch Betriebsvermögensvergleich oder durch Überschussrechnung zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb. Die Anpassungen des so ermittelten Gewinns durch Hinzurechnungen nach § 8 GewStG, Kürzungen nach § 7 GewStG oder allgemeine Modifikationen dienen der Erfassung der objektivierten, von den Beziehungen des Unternehmers zum Betrieb losgelösten Ertragskraft des Gewerbebetriebs3.
24.6
Durch das UntStRG 20084 wurde die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer grundlegend modifiziert. Gegenüber der früheren Situation wurden die Hinzurechnungstatbestände breiter gefasst, während im Gegenzug die Höhe der Hinzurechnung vermindert wurde5. Mit diesen Maßnahmen soll das Steueraufkommen aus der Gewerbesteuer stabilisiert werden6, indem die Gewerbesteuer zukünftig noch weniger von der aktuellen Gewinnsituation des Unternehmens abhängen soll. In der Literatur wird daher vor der Gefahr einer zunehmenden Substanzbesteuerung gewarnt7. Die gewerbesteuerlichen Ände-
24.7
1 Unter dem auch von der BFH-Rechtsprechung hervorgehobenen Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung war schon eine redaktionelle Änderung des § 8 Nr. 3 GewStG a.F. wünschenswert. Im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 wurde die Gelegenheit, trotz zahlreicher Änderungen im Gewerbesteuerrecht nicht wahrgenommen. 2 § 12 GewStG wurde durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Unternehmenssteuerreform v. 23. 10. 1997, BGBl. I 1997, 2590, ersatzlos gestrichen. Zum Gewerbekapital siehe die 5. Aufl., Rn. 1623 ff. und 1657 ff. 3 Montag in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 12 Rn. 18; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 21 II, S. 733 f.; siehe auch BVerfG v. 13. 5. 1969 – 1 BvR 25765, BVerfGE 26, 1. 4 UntStRG v. 14. 8. 2007, BGBl. I 2007, 1912. 5 Fehling, NWB Fach 5, S. 1617 (1619). 6 BT-Drucks. 16/4841, S. 32 f. 7 Fehling, NWB Fach 5, S. 1617 (1619).
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§ 24
Gewerbesteuer
rungen durch das UntStRG 2008 sind grundsätzlich ab dem Erhebungszeitraum 2008 anzuwenden. b) Hinzurechnungen zum Gewerbeertrag (§ 8 GewStG)
24.8
Der Gewinn aus Gewerbebetrieb ist um die in § 8 GewStG festgelegten Beträge, soweit sie bei Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind, zu erhöhen. Von besonderem Interesse im Zusammenhang mit der stillen Gesellschaft ist § 8 Nr. 1 Buchst. c) GewStG bzw. § 8 Nr. 3 GewStG a.F. aa) Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. c) GewStG n.F. (ab 2008)
24.9
Nach §§ 8 Nr. 1 Buchst. c) iVm 36 Abs. 5a GewStG ist dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ab dem Erhebungszeitraum 2008 ein Viertel der Gewinnanteile des stillen Gesellschafters hinzuzurechnen, soweit die Summe aller Hinzurechnungen 100 000 Euro übersteigt.
24.10
Während bis zum Erhebungszeitraum 2007 die Gewinnanteile des typischen stillen Gesellschafters in vollem Umfang hinzugerechnet wurden, wird der Gewinn des Inhabers nunmehr nur noch um ein Viertel der Gewinnanteile erhöht. Insofern tritt für die typische stille Gesellschaft eine Verbesserung ein. Die Hinzurechnung in Höhe eines Viertels gilt nicht nur für die Gewinnanteile stiller Gesellschafter, sondern nach § 8 Nr. 1a GewStG generell für Entgelte für Schulden. Auf die Dauer oder den Anlass der Überlassung kommt es nicht mehr an1. Entgelte für partiarische Darlehen sind daher in Zukunft im Rahmen des § 8 GewStG genauso zu behandeln wie die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters. Eine gewerbesteuerliche Privilegierung des partiarischen Darlehens aufgrund einer günstigeren Hinzurechnungsregelung besteht daher nicht mehr.
24.11
Durch die Änderungen des UntStRG 2008 wurde auch das für die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters bisher geltende Korrespondenzprinzip abgeschafft. Nunmehr sind die Gewinnanteile unabhängig von der Behandlung beim stillen Gesellschafter hinzuzurechnen. Durch die Aufgabe des Korrespondenzprinzips wird zwar die europarechtliche Problematik vermieden, die sich daraus ergibt, dass die Ausnahme von der Hinzurechnung an die Zahlung deutscher Gewerbesteuer gekoppelt war. Es tritt jedoch eine Doppelbesteuerung ein2, die zwar angesichts der Absenkung der Hinzurechnungshöhe der Höhe nach erträglich sein mag, aber an einem Begründungsdefizit leidet, weil dasselbe wirtschaftliche Substrat nicht die Wirtschaftskraft zweier unterschiedlicher Betriebe (Leistender und Empfänger) erhöhen und deswegen bei beiden steuerbar sein kann3. Die mögliche Doppelbesteuerung kann bei ver-
1 Bergemann/Markl/Althof, DStR 2007, 693 (696). 2 Volb, Unternehmensteuerreform 2008, S. 32. 3 So Fehling, NWB Fach 5, S. 1617 (1624).
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§ 24
bundenen Unternehmen durch die Bildung einer Organschaft nach Abschnitt 41 Abs. 1 Satz 5 GewStR 1998 vermieden werden1. Bei den Hinzurechnungen ist ein Freibetrag, nicht bloß eine Freigrenze2, in Höhe von 100 000 Euro zu berücksichtigen, § 8 Nr. 1 letzter Halbs. GewStG. Der Hinzurechnungsfreibetrag gilt für alle Hinzurechnungstatbestände des § 8 Nr. 1 GewStG. Er ist aber insgesamt nur einmal zu gewähren3 und bezieht sich auf den vollen Betrag der gezahlten Entgelte, nicht nur auf das hinzuzurechnende Viertel4. Durch den Hinzurechnungsfreibetrag sollen kleinere und mittlere Unternehmen entlastet und die negativen Auswirkungen der Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe nach § 4 Abs. 5b EStG abgemildert werden.
24.12
Die Gewinnanteile sind wie bisher nur hinzuzurechnen, wenn sie bei der Gewinnermittlung des Inhabers abgesetzt worden sind. Soweit die Zinsschranke nach § 4h EStG, § 8a KStG dem Schuldzinsabzug entgegensteht und nur zu einem Zinsvortrag führt, erfolgt eine weitere Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. c) GewStG nicht5. Wirkt sich der Zinsvortrag in späteren Jahren aus, wird der Zinsaufwand also doch noch steuerlich abzugfähig, so führt dies im betreffenden Jahr nur zu einer 75 %igen Kürzung für Gewerbesteuerzwecke, da in diesem Falle zwar der volle Abzug für ESt/KSt eintritt, jedoch gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. c) GewStG wiederum ein Viertel hinzugerechnet wird6.
24.13
bb) Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 3 GewStG a.F. (bis 2007) Nach § 8 Nr. 3 GewStG a.F. wurden bis einschließlich dem Erhebungszeitraum 2007 dem Gewinn aus Gewerbebetrieb „die vertraglich vereinbarten Gewinnanteile des typisch stillen Gesellschafters hinzugerechnet, sofern sie bei diesem nicht zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind“ (Korrespondenzprinzip). Dies war dann der Fall, wenn die stille Beteiligung im Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebes des Stillen gehalten wurde und der Gewinnanteil daher dort in den Gewerbeertrag einfloss. Es kam aber nicht darauf an, ob beim Stillen tatsächlich Gewerbesteuer anfiel oder nicht, etwa wenn der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 GewStG nicht überschritten wurde oder Verlustvorträge vorlagen7. Es ist allerdings zu beachten, dass bei anteils- und beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften eine Hinzurechnung in diesen Fällen nur dann unterblieb, wenn der Gewinnanteil der typisch still beteiligten Personengesellschaft angemessen war. Die Rechtsprechung hat hierzu die zu Familienpersonengesellschaften entwickelten Grundsätze 1 2 3 4
Fehling, NWB Fach 5, S. 1617 (1624). Volb, Unternehmensteuerreform 2008, S. 23. Fehling, NWB Fach 5, S. 1617 (1623). Volb, Unternehmensteuerreform 2008, S. 23; die Bereinigung um die Finanzierungsanteile ist in den Fällen von § 8 Nr. 1 Buchst. d), Buchst. e) und Buchst. f.) GewStG n.F. aber vor Bildung der Summe durchzuführen. 5 Fehling, NWB Fach 5, S. 1617 (1621). 6 Köhler, DStR 2007, 597 (604). 7 Hofmeister in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 GewStG Rn. 505.
685
24.14
§ 24
Gewerbesteuer
übertragen, so dass in der Regel eine durchschnittliche Rendite von bis zu 35 % nicht zu beanstanden war. Bei einer unangemessenen Gewinnbeteiligung minderte der „überschießende“ Anteil den Gewerbeertrag nicht1.
24.15
Die Vorschrift des § 8 Nr. 3 GewStG a.F. war lex specialis zu § 8 Nr. 1 GewStG a.F. Die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters waren daher zwingend in voller Höhe dem Gewinn des Gewerbebetriebs hinzuzurechnen2. Hierin war gewerbesteuerlich eine Benachteiligung der typischen stillen Gesellschaft zu sehen, da die Entgelte von Dauerschuldverhältnissen gemäß § 8 Nr. 1 GewStG nur hälftig zum Gewinn hinzuzurechnen waren3.
24.16
Eine Benachteiligung bestand insbesondere gegenüber Gewinnbeteiligungen aus partiarischen Darlehen, die auch bei Vorliegen des Dauerschuldcharakters nach h.A. lediglich zur hälftigen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG a.F. führte4. Für die bis zum Erhebungszeitraum 2007 gewerbesteuerlich wichtige Abgrenzung zwischen dem partiarischen Darlehen und der stillen Gesellschaft sei daher auf oben Rn. 8.20 ff. verwiesen c) Die Bestimmung des Gewinnanteils i.S. des § 8 GewStG
24.17
An der Bestimmung des Umfangs der Gewinnanteile des stillen Gesellschafters hat sich durch die Unternehmensteuerreform 2008 nichts geändert, da § 8 Nr. 1 Buchst. c) GewStG a.F. und § 8 Nr. 3 GewStG insoweit wortgleich sind und ein Änderungswille des Gesetzgebers nicht ersichtlich ist5. Für § 8 Nr. 1 Buchst. c) GewStG kann daher auf die zu § 8 Nr. 3 GewStG a.F. ergangene Rechtsprechung verwiesen werden.
24.18
Eine Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. c) GewStG bzw. § 8 Nr. 3 GewStG a.F. erfolgt nach der Rechtsprechung auch dann, wenn sich ein Gewerbebetrieb Finanzmittel dadurch beschafft, dass ein Treuhänder, beispielsweise eine Schwester-GmbH, mit Kapitalgebern typisch stille Gesellschaften eingeht, die Einlagen aber sofort an den Auftraggeber weiterleitet und von diesem von allen Ansprüchen der Stillen freigestellt wird. Zivilrechtlich bestehen 1 BFH v. 21. 9. 2000 – IV R 50/99, BFHE 193, 292 = BStBl. II 2001, 299 unter I. 2. Hierzu auch Anmerkung von Kempermann, DStR 2001, 119. Zur Kritik an einer typisierenden Gewinnverteilung etwa Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 12 II, S. 513 ff. Weitere Nachweise bei Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 779, der auf das ernstzunehmende Problem nahezu beliebiger Missbrauchsmöglichkeiten hinweist. 2 Hofmeister in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 GewStG Rn. 502; Güroff in Glannegger/Güroff, § 8 Nr. 1c GewStG Rn. 1. 3 Siehe hierzu auch Theisen, GmbHR 1987, 64 (67); Chr. Schmidt, DB 1984, 424; kritisch auch Post/Hoffmann, Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, S. 95. 4 BFH v. 29. 3. 2007 – IV R 55/05, BStBl. II 2007, 655 unter II.3.a.); Güroff in Glanegger/ Güroff, § 8 Nr. 1c GewStG Rn. 1. Nach Dautel, DStR 2001, 925 (926) dürfte Dauerschuldcharakter angesichts langer Laufzeiten üblicherweise vorliegen. 5 So auch die Finanzverwaltung, siehe Tz. 28 des koordinierten Ländererlasses zu § 8 Nr. 1 GewStG v. 4. 7. 2008 – 35-G 1422-1/08, BStBl. I 2008, 730.
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§ 24
die stillen Gesellschaften zwar nur mit dem Treuhänder, weshalb die Gewinnanteile der Stillen eigentlich dessen Gewinn bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zuzurechnen sind. Jedoch sind nach § 39 Abs. 2 AO die Geldgeber wirtschaftlich und steuerlich als stille Gesellschafter des Inhabers des Gewerbebetriebs anzusehen, mit der Folge der Hinzurechnung der Gewinnanteile der stillen Gesellschafter zu dessen Gewinn1. Leistet nach Beendigung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses der Inhaber des Gewerbebetriebs an den früheren stillen Gesellschafter weiterhin gewinnabhängige Bezüge, die noch Entgelt für die vom stillen Gesellschafter während des Bestehens des Gesellschaftsverhältnisses erbrachten Leistungen sind, so sind diese Leistungen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des Inhabers des Gewerbebetriebs nach § 8 Nr. 1 Buchst. c) GewStG bzw. § 8 Nr. 3 GewStG a.F. dem Gewinn hinzuzurechnen2. Der BFH ist der Auffassung, dass die nach Beendigung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses an den ehemaligen stillen Gesellschafter vom Unternehmer zu erbringenden Leistungen jedenfalls dann unter den Begriff der Gewinnanteile des stillen Gesellschafters i.S. des § 8 Nr. 1 Buchst. c) GewStG bzw. § 8 Nr. 3 GewStG a.F. fallen, wenn sie Entgelt für die vom stillen Gesellschafter während des Bestehens und in Erfüllung des Gesellschaftsverhältnisses erbrachten Leistungen darstellen, ihrer Höhe nach an den Gewinnen orientiert sind, die mutmaßlich erzielt worden wären, wenn die Gesellschaft fortbestanden hätte, und von diesen zukünftigen Gewinnen abhängen. Der BFH lässt jedoch die für den Streitfall unerhebliche Frage offen, ob von Gewinnanteilen des stillen Gesellschafters auch dann noch gesprochen werden könnte, wenn der stille Gesellschafter nach Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses nur feste Bezüge erhält. Wird eine stille Gesellschaft vorzeitig beendet und erhält der stille Gesellschafter aus diesem Grunde eine gewinnabhängige Abfindung, mit der er wirtschaftlich in gewissem Umfange so gestellt werden soll, wie wenn die stille Gesellschaft fortbestünde, so ist kein zureichender Grund dafür erkennbar, eine solche gewinnabhängige Abfindung für zurechnungspflichtige Bezüge des stillen Gesellschafters gewerbesteuerlich beim Unternehmer anders zu behandeln, als diese zurechnungspflichtigen Bezüge – also die Leistungen an den stillen Gesellschafter – behandelt worden wären, wenn die Gesellschaft fortbestanden hätte.
24.19
Als Gewinnanteil des stillen Gesellschafters i.S. des § 8 Nr. 1 Buchst. c) GewStG bzw. § 8 Nr. 3 GewStG a.F. sind auch solche Beträge anzusehen, die der Inhaber des Gewerbebetriebs für einen nach Beendigung des stillen Gesellschaftsverhältnisses zu leistenden Geldwertausgleich bei der Ermittlung seines Gewinns abgesetzt hat3. Der Begriff „Gewinnanteil“ umfasst alle gewinnabhängigen Bezüge des stillen Gesellschafters, die nach den Vorstellungen der Beteiligten den Charakter einer Gegenleistung für die vom stillen Gesellschafter in Erfüllung des Gesellschaftsverhältnisses erbrachten Leistungen haben.
24.20
1 FG Nürnberg v. 25. 1. 2000 – I 133/97, EFG 2000, 641, bestätigt durch BFH v. 9. 10. 2000 – I B 60/00, BFH/NV 2001, 482. 2 BFH v. 17. 2. 1972 – IV R 40/68, BFHE 105, 391 = BStBl. II 1972, 586. Abschnitt 50 Abs. 2 Satz 3 GewStR 1998. 3 BFH v. 1. 6. 1978 – IV R 139/73, BFHE 125, 386 = FR 1979 22.
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§ 24
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Auch die nach Beendigung eines Gesellschaftsverhältnisses an den ehemaligen stillen Gesellschafter zu erbringenden Leistungen können Gewinn sein. Das gilt insbesondere für die nach Auflösung der Gesellschaft im Rahmen der Abwicklung zu erbringenden Leistungen des Geschäftsinhabers. Wenn der Geschäftsinhaber als Abfindung mehr zahlt als den Nennbetrag der Einlage, so geschieht dies nicht, weil damit ein höherer Wert der Einlage abgegolten werden soll, sondern um dem stillen Teilhaber ein zusätzliches Entgelt für die Überlassung der Einlage zu gewähren. Auch der Ausgleich für einen Geldwertverlust ist ein solches zusätzliches Entgelt1.
24.21
Ist streitig, ob ein Arbeitsrechtsverhältnis oder eine stille Gesellschaft vorliegen, so ist im Falle des Vorliegens einer stillen Gesellschaft für eine (anderweitige) Aufteilung der dem stillen Gesellschafter zugeflossenen Bezüge in Gehalt und Gewinnanteil kein Raum, wenn die Vertragschließenden eine solche Aufteilung bereits selbst nach ihnen zutreffend erscheinenden Gesichtspunkten vorgenommen haben und für eine Berichtigung unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten kein Anlass besteht2. d) Berücksichtigung des Verlustanteils des typisch stillen Gesellschafters
24.22
Da es für die Zwecke der Gewerbesteuer allein auf die objektive Ertragskraft des Gewerbebetriebs ankommt und es insbesondere unerheblich ist, ob der Unternehmer mit Eigen- oder mit Fremdkapital arbeitet, muss nicht nur der Gewinnanteil des typisch stillen Gesellschafters beim Gewerbeertrag berücksichtigt werden, sondern auch ein etwaiger Verlustanteil, soweit der Verlustanteil den Verlust aus Gewerbebetrieb gemindert hat. Ein Verlustanteil des typisch Stillen erhöht daher in den Erhebungszeiträumen bis 2007 den Gewerbeverlust, sofern dieser nicht bei dem Stillen selbst gewerbesteuerlich zu berücksichtigen ist3. In Erhebungszeiträumen ab 2008 ist wegen der Aufgabe des Korrespondenzprinzips die Berücksichtigung des Verlustanteils des stillen Gesellschafters beim Gewerbeverlust des Inhabers nicht mehr von der gewerbesteuerrechtlichen Behandlung beim stillen Gesellschafter abhängig. Entsprechend der lediglich anteiligen Hinzurechnung von Gewinnanteilen ist der Verlustanteil des stillen Gesellschafters in Höhe von einem Viertel bei der Gewerbesteuer zu berücksichtigen4. 1 Kormann, BB 1974, 893 (894). 2 BFH v. 7. 2. 1968 – I 233/64, BFHE 91, 373 = BStBl. II 1968, 356; BFH v. 24. 11. 1970 – II 76/65, BStBl. II 1971, 309; BFH v. 20. 1. 1971 – I R 17/69, BStBl. II 1971, 308; BFH v. 28. 7. 1971 – I R 78/68, BStBl. II 1978, 815. 3 Montag in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 12 Rn. 26; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 162 f.; Schoor, LSW Gruppe 14, S. 415 (422). Ebenso Abschnitt 50 Abs. 2 GewStR 1998. 4 Bisher behandelt die Rechtsprechung Verlustanteile als Gewinnanteile i.S. des § 8 GewStG mit negativem Vorzeichen (so BFH v. 21. 4. 1971 – I R 200/67, BStBl. II 1971, 743 unter II.1.); sie mindern daher die Hinzurechnung nach § 8 GewStG. Unter Hinweis auf Schwierigkeiten bei der Anwendung des Freibetrages nach § 8 Nr. 1 GewStG n.F. hält Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 163, dieses Vorgehen nicht mehr für sachgerecht.
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§ 24
4. Steuermesszahl, Steuermessbetrag und Anwendung des Hebesatzes Bei der Berechnung der Gewerbesteuer wird von einem Steuermessbetrag ausgegangen, der durch Anwendung der Steuermesszahl auf den Gewerbeertrag ermittelt wird (§ 11 Abs. 1 GewStG). Der Gewerbeertrag ist bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften um einen Freibetrag von 24 500 Euro zu kürzen. Für Erhebungszeiträume ab 2008 gilt gemäß § 11 Abs. 2 GewStG i.V.m. § 36 Abs. 9a GewStG für alle Gewerbebetriebe eine einheitliche Steuermesszahl in Höhe von 3,5 %. Bis zum Erhebungszeitraum 2007 galt für natürliche Personen und Personengesellschaften für die Steuermesszahl ein Staffeltarif (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 GewStG a.F.); für andere Gewerbebetriebe hingegen galt ein fester Vomhundertsatz in Höhe von 5 % (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 GewStG a.F.).
24.23
Für Kapitalgesellschaften bedeutet die Herabsetzung der Steuermesszahl eine spürbare Entlastung. Für Personengesellschaften und natürliche Personen wird die Entlastung auf den oberen Stufen durch eine Steuersatzerhöhung auf den unteren Stufen erkauft. Davon profitieren diejenigen Gewerbebetriebe, die bislang mit einem Teil ihrer Gewerbeerträge in den Bereich der obersten Steuermesszahl kommen. Für natürliche Personen und Personengesellschaften mit niedrigen Erträgen kann die Neuregelung im Ergebnis einen Nachteil bedeuten1.
24.24
Der Steuermessbetrag wird für den Erhebungszeitraum, d.h. das Kalenderjahr, nach dessen Ablauf gebildet. Besteht die Gewerbesteuerpflicht nicht für das ganze Kalenderjahr, so tritt an dessen Stelle der Zeitraum der Steuerpflicht, sog. abgekürzter Erhebungszeitraum (§ 14 GewStG). In § 14a GewStG statuiert das Gesetz eine Erklärungspflicht des Steuerschuldners zur Festsetzung des einheitlichen Steuermessbetrages und gegebenenfalls auch zu dessen Zerlegung.
24.25
Aufgrund des Steuermessbetrages wird die Gewerbesteuer nach dem Hebesatz festgesetzt und erhoben, der von der hebeberechtigten Gemeinde festgesetzt ist. Der Hebesatz muss für alle in der Gemeinde vorhandenen Unternehmen gleich sein, § 16 Abs. 4 Satz 1 GewStG.
24.26
5. Schuldner der Gewerbesteuer Schuldner der Gewerbesteuer ist der Unternehmer. Als Unternehmer gilt derjenige, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird, § 5 Abs. 1 Satz 1, 2 GewStG. Der typische stille Gesellschafter ist ebenso wenig Steuerschuldner wie die typisch stille Gesellschaft2. Die auf die stille Beteiligung entfallende Gewerbesteuer hat der Inhaber zu tragen. Er kann sie im Innenverhältnis dem stillen Gesellschafter nur auferlegen, wenn eine entsprechende gesellschaftsvertragliche Abrede besteht.
1 Fehling, NWB Fach 5, S. 1617 (1629). 2 Selder in Glanegger/Güroff, § 7 GewStG Rn. 140.
689
24.27
§ 24
Gewerbesteuer
6. Verfahrensrechtliche Gesichtspunkte
24.28
Der Gewerbeertrag wird grundsätzlich selbständig ermittelt. Eine rechtliche Bindung an die für die Einkommensbesteuerung getroffenen Feststellungen besteht nicht. Hat z.B. das Finanzamt im Verfahren zur einheitlichen Gewinnfeststellung für die Zwecke der Einkommensteuer das Vorliegen einer atypischen stillen Gesellschaft verneint, so ist diese Entscheidung für das Gewerbesteuerverfahren nicht verbindlich. Die Frage, ob eine atypische stille Gesellschaft vorliegt oder nicht, wird bei der Gewerbesteuerveranlagung unabhängig von der Entscheidung im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren geprüft1.
24.29
Daraus ergibt sich: Der Steuerpflichtige kann bei der Gewerbesteuerveranlagung Einwendungen gegen die Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb unabhängig vom Gang der Veranlagung bei der Einkommen- oder Körperschaftsteuer vorbringen. Er braucht jedoch den Gewerbesteuermessbescheid nur anzufechten, wenn er eine Änderung des Gewinns aus Gewerbebetrieb für die Zwecke der Gewerbesteuer anstrebt, und zwar aus Gründen, die die Höhe des für die Einkommen- oder Körperschaftsteuer ermittelten Gewinns nicht beeinflussen. Erhebt er dagegen gegen den Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheid Einwendungen, die den einkommen- oder körperschaftsteuerlich maßgebenden Gewinn und den gewerbesteuerlich maßgebenden Gewinn gleichermaßen beeinflussen, so braucht der Gewerbesteuermessbescheid nicht besonders angefochten zu werden, weil nach § 35b GewStG der Gewerbesteuermessbescheid von Amts wegen durch einen neuen Bescheid ersetzt wird, wenn der Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerbescheid oder ein Feststellungsbescheid geändert wird und die Änderung die Höhe des Gewinns aus Gewerbebetrieb berührt. Die Änderung des Gewinns ist in dem neuen Gewerbesteuermessbescheid insoweit zu berücksichtigen, als sie die Höhe des Gewerbeertrags beeinflusst. Das gilt auch für den Fall, dass der Gewerbesteuermessbescheid, der von Amts wegen zu ersetzen ist, bereits unanfechtbar geworden ist. Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids (§ 171 Abs. 10 AO).
1 BFH v. 22. 11. 1955 – I 139/54 S, BFHE 62, 9 = BStBl. III 1956, 4; BFH v. 25. 10. 1984 – IV R 165/82, BFHE 142, 283 = BStBl. II 1985, 212 (unter 1.); BFH v. 4. 10. 1988 – VIII R 168/83, BStBl. II 1989, 299 = BFHE 155, 369 (unter 1.); BFH v. 21. 9. 2000 – VIII R 50/99, BFHE 193, 292 = BStBl. II 2001, 299 (unter 1.); von Twickel in Blümich, EStG/ KStG/GewStG, § 7 GewStG Rn. 44. Dies zeigt bereits der Wortlaut des § 7 GewStG, wonach der Gewerbeertrag nur eine Ermittlung des Gewinns nach den Vorschriften des EStG oder des KStG bestimmt, nicht aber auf den für ertragsteuerliche Zwecke ermittelten Gewinn abstellt.
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Gewerbesteuer
§ 24
Gegenstand der Gewerbesteuer ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der im Inland betriebene stehende Gewerbebetrieb. Früher bestimmte § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG, die Tätigkeit der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind, gelte stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb. Mit dem Steuerbereinigungsgesetz 1986 wurde diese Bestimmung als Reaktion auf die Rechtsprechung zur Besteuerung der Personengesellschaften1 aufgehoben. Nunmehr ist entsprechend der neuen Judikatur bei jeder Personengesellschaft im Einzelfall zu prüfen, ob ihre Tätigkeit den Anforderungen an einen Gewerbebetrieb genügt. Die Rechtsform kann allenfalls eine Vermutung dafür oder dagegen begründen2.
24.30
Unstreitig unterliegt die Beteiligung des atypischen stillen Gesellschafters der Gewerbesteuer. Bei dem Gewerbeertrag ergibt sich das schon daraus, dass die Gewinnanteile und Vergütungen des atypischen stillen Gesellschafters schon bei der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfasst werden. Uneinigkeit besteht allerdings in der Frage, ob hieraus folgt, dass die atypische stille Gesellschaft selbst Gegenstand der Gewerbebesteuerung ist.
24.31
Nach einer von einem Teil der Literatur3 und früher von der Rechtsprechung4 vertretenen Auffassung kann die atypisch stille Gesellschaft nicht selbst Objekt der Gewerbesteuer sein. Gegenstand der Gewerbesteuer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewStG ein gewerbliches Unternehmen, wobei sich das GewStG für die Definition dieses Begriffes auf das Einkommensteuerrecht, namentlich § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG, bezieht. Da als Träger eines solchen Unternehmens weder eine atypische stille Gesellschaft selbst noch die Mitunternehmer einer solchen Innengesellschaft in Betracht kämen, könne allein der Geschäftsinhaber ein gewerbliches Unternehmen betreiben5. Zwar werde bei der Ermittlung des Gewerbeertrags die mitunternehmerische Beteiligung der atypischen stillen Gesellschafter berücksichtigt. Hieraus könne aber nicht der Schluss gezogen werden, der atypische stille Gesellschafter sei auch in gewerbesteuerrechtlicher Hinsicht als Mitinhaber des Unternehmens anzusehen. Seine Beteiligung am Geschäftsvermögen bestehe allein im Innenverhältnis zum Geschäftsinhaber und sei lediglich schuldrechtlicher Natur. Es sei keine Rechtsgrundlage dafür ersichtlich, dass der atypische stille Gesellschafter entgegen der zivilrechtlichen Rechtslage für Zwecke der Gewerbesteuer als Mit-
24.32
II. Die atypische stille Gesellschaft 1. Das Steuerobjekt – die sachliche Steuerpflicht
1 BFH v. 25. 6. 1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751. 2 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 181. 3 Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 172; Döllerer, DStR 1985, 295 (300); Steinacker, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, S. 111; Zacharias/Suttmeyer/Rinnewitz, DStR 1988, 128 (130); so auch die 5. Aufl., Rn. 1647 ff. 4 BFH v. 12. 11. 1985 – VIII R 364/83, BFHE 145, 408 = BStBl. II 1986, 311 (313 f.). 5 Zacharias/Suttmeyer/Rinnewitz, DStR 1988, 128 (131).
691
§ 24
Gewerbesteuer
inhaber des vom Geschäftsinhaber betriebenen Unternehmens angesehen werden könnte oder müsste. Als Gegenstand der Gewerbesteuer komme daher allein das vom Geschäftsinhaber betriebene gewerbliche Unternehmen in Betracht. Diese Auffassung hat zur Konsequenz, dass der GmbH & atypisch Still der Freibetrag § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG und der Staffeltarif nach § 11 Abs. 2 GewStG a.F. nicht gewährt werden1.
24.33
Der BFH vertritt allerdings in seiner neueren Rechtsprechung hiervon abweichend die Auffassung, dass die Tätigkeit einer atypischen stillen Gesellschaft einen selbständigen Gegenstand der Gewerbesteuer darstellt und zwar unabhängig davon, dass der atypisch still Beteiligte nur schuldrechtlich am Betrieb des Geschäftsinhabers beteiligt ist2. Als Konsequenz dieser Betrachtungsweise gewährt der BFH der atypisch stillen Gesellschaft als Personengesellschaft auch den Freibetrag nach § 11 Abs. 1 GewStG und den Staffeltarif nach § 11 Abs. 2 GewStG a.F.3. Dies gilt selbst dann, wenn an dem gewerblichen Unternehmen einer Kapitalgesellschaft nur eine andere Kapitalgesellschaft als atypischer stiller Gesellschafter beteiligt ist4, wie etwa bei der GmbH & Still.
24.34
Die Frage der sachlichen Steuerpflicht der atypisch stillen Gesellschaft ist eng verknüpft mit ihrer einkommensteuerrechtlichen Behandlung. Nach Auffassung der Rechtsprechung ist die atypisch stille Gesellschaft als Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation anzusehen. Aufgrund der für die Mitunternehmer geltenden Gemeinschaftsordnung des Gesellschaftsvertrags werden die Tätigkeiten des Inhabers des Handelsgeschäfts steuerlich den Mitunternehmern zugerechnet, so dass insoweit einkommensteuerrechtlich eine Tätigkeit der atypisch stillen Gesellschaft angenommen werden kann (ausführlich hierzu oben Rn. 22.47 ff.). Dann muss diese aber auch gewerbesteuerrechtlich als Gegenstand der Gewerbesteuer angesehen werden. Die atypisch stille Gesellschaft ist folglich sachlich gewerbesteuerpflichtig. Damit sind ihr auch der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 GewStG und, bis zu seiner Abschaffung durch das UntStRG 2008, der Staffeltarif nach § 11 Abs. 2 GewStG a.F. zu gewähren5.
1 So Winkeljohann/Halfar, DB 1994, 2471 (2474); Zacharias/Suttmeyer/Rinnewitz, DStR 1988, 128 (132); Steinacker, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, S. 116. 2 BFH v. 25. 7. 1995 – VIII R 54/93, BStBl. II 1995, 794 = DStR 1995, 1506. 3 BFH v. 10. 11. 1993 – I R 20/93, BStBl. II 1994, 327; ebenso BMF v. 26. 11. 1987 – IV B 2-S2241-61/87, BStBl. I 1987, 765; Gosch in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 11 GewStG Rn. 9; Winter, GStB 2001, 104 (106); Schoor, LSW Gruppe 14, S. 415 (429 f.); Horn/Maertins, GmbHR 1994, 147 (151); Horn/Maertins, GmbHR 1995, 816 (817 f.); Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 174; Fichtelmann, GmbH & Still im Steuerrecht, S. 106. 4 BFH v. 30. 8. 2007 – IV R 47/05, FR 2008, 383. 5 BFH v. 30. 8. 2007 – IV R 47/05, FR 2008, 383 m. Anm. Wendt, der das Ergebnis de lege lata als zutreffend bezeichnet, den Steuervorteil jedoch als nicht gerechtfertigt ansieht, da der im Freibetrag typisierte Unternehmerlohn bei der GmbH bereits in Form des Geschäftsführergehalts als Betriebsausgabe den Gewerbeertrag mindert.
692
Gewerbesteuer
§ 24
Bestehen mehrere atypische stille Beteiligungen an einem Gewerbebetrieb, so gewährt der BFH dennoch nur einmal den Freibetrag1. Wenn der Zweck der atypischen stillen Gesellschaften darauf gerichtet ist, die gesamten gewerblichen Betätigungen des Geschäftsinhabers gemeinsam mit diesem auszuüben, ist es nach Ansicht des BFH gerechtfertigt, den Gewerbebetrieb insgesamt als Einheit zu betrachten. Bestehen hingegen mehrere atypische stille Beteiligungen an jeweils gesondert geführten Geschäftsbereichen eines Gewerbebetriebes (partielle Unternehmensbeteiligung2), so ist nach Auffassung des BFH vom Vorliegen einer entsprechenden Anzahl von Gewerbebetrieben auszugehen und die gewerbesteuerlichen Freibeträge sind jedem dieser Betriebe in voller Höhe zu gewähren3. Den sich hieraus ergebenden steuerlichen Vorteilen dieser Sichtweise des BFH stehen auf der anderen Seite erhebliche Nachteile bei der Verlustverrechnung innerhalb des Gewerbebetriebes gegenüber.
24.35
2. Die gewerbesteuerliche Organschaft Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG i.V.m. § 14 Abs. 1 KStG liegt eine gewerbesteuerliche Organschaft vor, wenn eine Kapitalgesellschaft finanziell in ein anderes gewerbliches Unternehmen eingegliedert ist und ein Gewinnabführungsvertrag geschlossen wurde4. Da es sich bei der atypischen stillen Gesellschaft um eine Personengesellschaft handelt, kommt sie schon aus diesem Grund nicht als Organgesellschaft einer gewerbesteuerlichen Organschaft in Betracht5.
24.36
Denkbar ist aber, dass eine GmbH Organgesellschaft ist und gleichzeitig eine atypisch stille Beteiligung am Handelsgewerbe dieser GmbH vorliegt. In diesem Fall werden nach Ansicht des BFH die Wirkungen der gewerbesteuerlichen Organschaft durch die Mitunternehmerschaft in der atypisch stillen Gesellschaft verdrängt. Aus den Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften (§§ 8 Nr. 8, 9 Nr. 2 GewStG) ergebe sich, dass die Erträge vorrangig bei der jeweiligen Mitunternehmerschaft zu erfassen sind. Die Tätigkeit von Personengesellschaften, bei denen die Gesellschafter Mitunternehmer sind, sei gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb anzusehen. Der Betrieb dieser Gesellschaften bilde daher einen selbständigen Steuergegenstand. Infolgedessen sei der Gewer-
24.37
1 BFH v. 8. 2. 1995 – I R 127/93, DB 1995, 1644 = BB 1996, 146. 2 Ausführlich zur gesellschafts- und steuerrechtlichen Behandlung der partiellen Unternehmensbeteiligung Kauffeld, Die partielle Unternehmensbeteiligung, S. 297 ff. Zur steuerlichen Behandlung der atypischen stillen Beteiligung an einzelnen Unternehmenssegmenten Pyszka, DStR 2003, 857. 3 BFH v. 6. 12. 1995 – I R 109/94, BFHE 179, 427 = DStR 1996, 463. 4 Durch das StSenkG ist für die körperschaftsteuerliche nicht aber für die gewerbesteuerliche Organschaft das Erfordernis der wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung entfallen. Mit dem UntStFG, BGBl. I 2001, 3858, ist eine vollständige Angleichung erfolgt. Das bedeutet, dass nun auch die gewerbesteuerliche Organschaft einen Gewinnabführungsvertrag voraussetzt. Vgl. etwa Rödder/Schumacher, DStR 2002, 105 (110). 5 Güroff in Glanegger/Güroff, § 2 GewStG Rn. 364.
693
§ 24
Gewerbesteuer
beertrag nur bei dieser Gesellschaft anzusetzen. Eine Zusammenrechnung im Rahmen eines Organschaftsverhältnisses mit einer an dieser Gesellschaft beteiligten Kapitalgesellschaft müsse daher unterbleiben1.
24.38
Ungeklärt ist nach wie vor, ob eine atypische stille Gesellschaft Organträger i.S. der Gewerbesteuer sein kann. Nach der Verschärfung der Vorschriften zur körperschaftsteuerlichen Organschaft durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz (StVergAbG)2 kommt eine Personengesellschaft i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als Organträger nur noch in Betracht, wenn sie eine gewerbliche Tätigkeit i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt, ein Gewinnabführungsvertrag mit dem Organträger geschlossen wurde, § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG, und der Organträger an der Organgesellschaft in einem solchen Maße beteiligt ist, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht (finanzielle Eingliederung). Diese finanzielle Eingliederung muss im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst gegeben sein.
24.39
Von Seiten der Finanzverwaltung und Teilen des Schrifttums wird bestritten, dass eine mitunternehmerische Innengesellschaft diese Voraussetzungen erfüllen und demnach Organträgerin im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft sein kann, weil finanzielle Eingliederung und Gewinnabführungsvertrag mangels Gesamthandsvermögen stets nur gegenüber dem Inhaber bestehen können3.
24.40
Im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung, wonach die atypische stille Gesellschaft selbst gewerblich tätig sein und eine gewerbliche Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausüben kann4, ist m.E. davon auszugehen, dass das Merkmal der eigenen gewerblichen Tätigkeit bei der atypischen stillen Gesellschaft grundsätzlich gegeben sein kann5. Liegt eine bloße gewerbliche Prägung i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG vor, kann die atypische stille Gesellschaft jedoch nicht Organträger sein6.
24.41
Bezüglich der finanziellen Eingliederung trifft es zwar zu, dass die stille Gesellschaft kein Gesamthandsvermögen hat und ihr das rechtliche Eigentum an der Mehrheit der Anteile an der Organgesellschaft nicht zustehen kann. Es ist 1 BFH v. 25. 7. 1995 – VIII R 54/93, BB 195, 2501 = DB 1995, 2579; Sarrazin, FR 1989, 11 (12); Güroff in Glanegger/Güroff, § 2 GewStG Rn. 364; a.A.: Heinz in FS Berufsakademie Villingen-Schwenningen, S. 66. 2 StVergAbG v. 20. 5. 2003, BGBl. I 2003, 660. 3 Danelsing in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 14 KStG Rn. 56; Dötsch, DB 2005, 2541 (2543); Gosch in FS Raupach, S. 461. So muss wohl auch BMF v. 10. 11. 2005 – IV B 7-S 2770-24/05, DB 2005, 2547, Tz. 13 verstanden werden. 4 BFH v. 26. 11. 1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = BStBl. II 1998, 328 unter II. 2. 5 Schmidt/Hageböke, DStR 2005, 761 (765). A.A. noch Zacharias/Suttmeyer/Rinnewitz, DStR 1988, 128 (132); Döllerer, DStR 1988, 295 (301). Nach Kuck, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, § 9 A III, ist von einer gemeinschaftlichen Tätigkeit der Mitunternehmer als Tätigkeit der Gesellschaft im steuerrechtlichen Sinne auszugehen. 6 BMF v. 10. 11. 2005 – IV B 7-S 2770-24/05, DB 2005, 2547, Tz. 15; Dötsch, DB 2005, 2541 (2542).
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Gewerbesteuer
§ 24
jedoch nicht das rechtliche, sondern das wirtschaftliche Eigentum maßgebend1. Ausgehend von der neueren Rechtsprechung ist das Betriebsvermögen des Inhabers in der Steuerbilanz der stillen Gesellschaft auszuweisen und wird steuerlich insoweit wie Gesamthandsvermögen der atypischen stillen Gesellschaft angesehen2. Auch die Ausübung der Stimmrechte ist steuerlich der atypischen stillen Gesellschaft zuzurechnen3. Das Kriterium der finanziellen Eingliederung der Organgesellschaft kann bei der hier vertretenen wirtschaftlich/steuerlichen Sichtweise auch im Verhältnis zu einer atypischen stillen Gesellschaft erfüllt sein. Nicht ausreichend ist es jedoch, wenn die Anteile an der Organgesellschaft im Sonderbetriebsvermögen gehalten werden4. Im Außenverhältnis schließt nur der Inhaber den Gewinnabführungsvertrag mit der Organgesellschaft. Steuerlich ist jedoch wie beim Kriterium der finanziellen Eingliederung das Handeln des Inhabers der atypischen stillen Gesellschaft zuzurechnen5.
24.42
Bejaht man daher mit der neueren Rechtsprechung und der hier vertretenen Ansicht sowohl eine eigene Steuerbilanz als auch ein eigenes Handeln der atypischen stillen Gesellschaft, so wird man auch die Organträgerfähigkeit der atypischen stillen Gesellschaft selbst nach der Verschärfung der Regelungen zur körperschaftsteuerlichen Organschaft durch das StVergAbG bejahen müssen.
24.43
3. Die Besteuerungsgrundlage: Der Gewerbeertrag Zum Begriff des Gewerbeertrags ist auf die Ausführungen oben (Rn. 24.6) hinzuweisen. Die Zurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 3 GewStG a.F., bzw. des § 8 Nr. 1 Buchst. c) GewStG n.F., die bei der typischen stillen Gesellschaft eine wichtige Rolle spielt, ist bei der atypischen stillen Gesellschaft ohne Bedeutung. Da der atypische stille Gesellschafter Mitunternehmer ist, sind seine gesamten Bezüge, die er – gleichgültig in welcher Form – vom Inhaber erhält, einkommen- und gewerbesteuerrechtlich Gewinn.
24.44
Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 GewStG gehört zum Gewerbeertrag auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils6, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt. Das bedeutet, dass der aus der Veräußerung bzw. Aufgabe einer atypisch stillen Beteiligung entstandene Gewinn gewerbesteuerpflichtig ist, wenn sich eine Kapitalgesellschaft oder Personenhandelsgesellschaft atypisch
24.45
1 Hageböke/Heinz/Dötsch, DB 2006, 473 (474). 2 Suchanek, DStR 2006, 836 (837); Hageböke/Heinz/Dötsch, DB 2006, 473 (474). 3 BFH v. 18. 5. 2005 – VIII R 34/05, BStBl. II 2005, 857 = DB 2005, 2668; BFH v. 8. 11. 2005 – VIII R 11/06, DB 2006, 81; Hageböke/Heinz/Dötsch, DB 2006, 473 (474 f.). 4 Kuck, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, § 9 A IV; BMF v. 10. 11. 2005 – IV B 7-S 2770-24/05, DB 2005, 2547, Tz. 14. 5 Schmidt/Hageböke, DStR 2005, 761 (764). 6 Hierzu Behrens/Schmitt, BB 2002, 860; Füger/Rieger, DStR 2002, 933.
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§ 24
Gewerbesteuer
still beteiligt hat. Der Steuerschuldner ist nach allgemeinen Grundsätzen zu bestimmen, bei der atypisch stillen Gesellschaft ist der Inhaber des Handelsgeschäfts steuerpflichtig1.
24.46
Gemäß § 8 Nr. 8 GewStG sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen „die Anteile am Verlust einer in- oder ausländischen offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind“. Diese Vorschrift betrifft den atypischen stillen Gesellschafter, dessen Anteil zu einem Betriebsvermögen gehört. Die Verlustanteile der Mitunternehmer werden bereits bei der Mitunternehmerschaft gewerbesteuerlich erfasst, die den Verlust erwirtschaftet hat. Gleichzeitig mindert der Verlustanteil des atypisch stillen Gesellschafters dessen Gewinn. Ohne die Hinzurechnung würde der Verlust gewerbesteuerlich auch im Unternehmen des atypisch stillen Gesellschafters und damit doppelt berücksichtigt.
24.47
Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen ist gemäß § 9 Nr. 2 GewStG zu kürzen „um die Anteile am Gewinn einer in- oder ausländischen offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind, wenn die Gewinnanteile bei Ermittlung des Gewinns (§ 7 GewStG) angesetzt worden sind“. Diese Vorschrift verhindert die doppelte Heranziehung der Gewinnanteile zur Gewerbesteuer einerseits bei der Mitunternehmerschaft und zum anderen bei dem atypischen stillen Gesellschafter, dessen Anteil zu einem Betriebsvermögen gehört. § 9 Nr. 2 GewStG bildet daher das Gegenstück zu § 8 Nr. 8 GewStG. 4. Die subjektive Gewerbesteuerpflicht: Schuldner der Gewerbesteuer
24.48
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG ist der Unternehmer Schuldner der Gewerbesteuer. Für den Fall, dass die Tätigkeit einer Personengesellschaft Gewerbebetrieb ist, wird in § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG die Gesellschaft als Steuerschuldner bestimmt2.
1 Zu den daraus resultierenden Fragen der Vertragsgestaltung Füger/Rieger, DStR 2002, 933 (936). Zum Umfang der Gewerbesteuerpflicht nach § 18 UmwG bei Umwandlungsvorgängen Trossen, DB 2007, 1373. 2 § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG wurde durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 neu gefasst. Die Änderung trug der BFH-Entscheidung v. 25. 6. 1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 zum Vorliegen eines Gewerbebetriebes bei Personengesellschaften Rechnung. Diese Rechtsprechung stand im Widerspruch zu § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG a.F., der als Reaktion auf das Urteil aufgehoben wurde. Daher musste auch die Bezugnahme in § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG a.F. gestrichen werden. Eine sachliche Änderung für die hier zu behandelnde Frage der persönlichen Steuerpflicht ergibt sich dadurch nicht, da im Falle des Vorliegens eines Gewerbebetriebes weiterhin die Gesellschaft als Steuerschuldner bezeichnet ist.
696
Gewerbesteuer
§ 24
Aus dieser Norm wird in der Literatur teilweise gefolgert, dass die atypische stille Gesellschaft selbst Gewerbesteuerschuldnerin sei1. Eine Inanspruchnahme des atypischen stillen Gesellschafters wird von einem Teil dieser Autoren jedoch im Ergebnis verneint, weil auch der atypische stille Teilhaber für die Verbindlichkeiten der stillen Gesellschaft nicht hafte2. Nach anderer Ansicht soll auch dieser Umstand im Gewerbesteuerrecht keine Anwendung finden, da § 5 GewStG für die Frage der Steuerschuldnerschaft als Spezialvorschrift zu den zivilrechtlichen Schuld- und Haftungsnormen zu verstehen sei. Die bürgerlichrechtlichen Vorschriften könnten allein im Innenverhältnis der Mitunternehmerschaft Bedeutung haben3.
24.49
Der BFH hat in einem Grundsatzurteil zur Gewerbesteuerpflicht der atypischen stillen Gesellschaft diese Meinung ausdrücklich abgelehnt4 und ausgesprochen, dass Steuerschuldner der Gewerbesteuer auch bei der atypischen stillen Gesellschaft allein der Geschäftsinhaber als Unternehmer i.S. von § 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG sei5. Er hat dabei entscheidend auf die Verknüpfung von subjektiver Steuerschuld und der Bestimmung des Vollstreckungsschuldners abgestellt und hervorgehoben, dass es bei einer Vollstreckung gegen die atypische stille Gesellschaft als solche mangels eines Gesellschaftsvermögens an einem Gegenstand der Zwangsvollstreckung fehle. Daher könne die atypische stille Gesellschaft nicht Adressat eines Gewerbesteuerbescheides sein6. Vielmehr sei subjektiv gewerbesteuerpflichtig nur der Inhaber des Gewerbebetriebes. Für dessen Steuerschulden hafte der atypische stille Gesellschafter auch als Mitunternehmer nicht.
24.50
Der Auffassung des BFH ist zuzustimmen. Die atypische stille Gesellschaft kann schon deshalb nicht Steuerschuldnerin sein, weil sie als Innengesellschaft keine Außenrechtsbeziehungen haben kann. Anders als bei den Außengesellschaften kann weder die atypische stille Gesellschaft als solche noch können die Gesellschafter in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit Träger von Rechten und Pflichten sein. Dementsprechend kann es eine Pflicht der atypischen stillen Gesellschaft, Gewerbesteuer entrichten zu müssen, nicht geben.
24.51
1 2 3 4
Neubert/Weinläder, DB 1983, 630 (632); Bormann, INF 1984, 25 (28). Hölzel, Die GmbH & Still im Steuerrecht, S. 64. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rn. 18. BFH v. 12. 11. 1985 – VIII R 364/83, FR 1986, 244. Insoweit hat der BFH ausdrücklich an dieser Entscheidung festgehalten, BFH v. 31. 8. 1998 – VIII R 22/98, GmbHR 1992, 292 (293) = BFH/NV 2000, 420 unter II.2.; BFH v. 28. 3. 2003 – VIII B194/01, DStRE 2003, 969 (970). Wesentliche Positionen der ursprünglichen Entscheidung wurden aber in BFH v. 26. 11. 1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = BStBl. II 1998, 328 aufgegeben, worin der BFH die atypisch stille Gesellschaft als „Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation“ bezeichnet. Daran, dass der Inhaber aber Schuldner der Gewerbesteuerpflicht sein soll, ändert dies aber nichts, siehe BFH v. 28. 3. 2003 – VIII B 194/01, DStRE 2003, 969 (970). 5 Vorher schon im gleichen Sinne Goller, DStR 1982, 485; Döllerer, DStR 1985, 295 (300). 6 BFH v. 12. 11. 1985 – VIII R 364/83, FR 1986, 244 (247 ff.); entscheidend auf das Gesellschaftsvermögen stellt auch Döllerer, DStR 1985, 295 (300), ab.
697
§ 24
Gewerbesteuer
24.52
Darüber hinaus führt der Umstand, dass eine Innengesellschaft im Allgemeinen und die stille Gesellschaft im besonderen kein Gesamthandsvermögen besitzt und demgemäß eine Zwangsvollstreckung ins Leere gehen muss, deutlich vor Augen, dass es eine Steuerschuldnerschaft der atypischen stillen Gesellschaft nicht geben kann. Folgt man der h.A., dass die Innengesellschaft wegen ihrer mangelnden Fähigkeit, nach außen als Gesellschaft aufzutreten, kein Gesamthandsvermögen haben kann1, so ist das fehlende Gesellschaftsvermögen der atypischen stillen Gesellschaft die zwangsläufige Folge des Umstandes, dass sie als Gesellschaft keine Außenrechtsbeziehungen haben und demgemäß in keiner Form Zuordnungssubjekt von Gesellschaftsvermögen sein kann. Daher ist der eigentliche Grund für die mangelnde Steuerschuldnerschaft der atypischen stillen Gesellschaft in dem fehlenden Außenverhältnis zu sehen. Weil die atypische stille Gesellschaft gegenüber Dritten keine Rechtsbeziehungen haben kann, kann sie nicht Schuldnerin, also auch nicht Steuerschuldnerin sein.
24.53
Ist sie nicht Steuerschuldnerin, so stellt sich konsequenterweise die Frage nach der Vollstreckung gar nicht. Wenn dennoch die mangelnde Zwangsvollstreckungsmöglichkeit als Argument deutlich in den Vordergrund gerückt wird2, so mag das seinen Grund darin haben, dass am Beispiel des Zwangsvollstreckungsversuches unmittelbar einsichtig wird, dass es eine Steuerschuldnerschaft der atypischen stillen Gesellschaft nicht geben kann. Ein weiterer Grund dürfte darin liegen, dass der Gesetzgeber mit der Bestimmung der Gesellschaft als Schuldner die Möglichkeit schaffen wollte, unmittelbar in das Gesellschaftsvermögen zu vollstrecken3.
24.54
Gegen die hier vertretene Auffassung kann nicht vorgebracht werden, § 5 GewStG verdränge als Spezialnorm die zivilrechtlichen Haftungs- und Schuldnervorschriften und somit auch die entsprechende zivilrechtliche Beurteilung der atypischen stillen Gesellschaft. Selbst als Spezialvorschrift könnte § 5 GewStG aus der atypischen stillen Gesellschaft, auch allein für steuerliche Zwecke, keine Außengesellschaft werden lassen. Gleiches gilt für die zuweilen geäußerte Auffassung, der Gesetzgeber wolle die Mitunternehmerschaft verpflichten. Abgesehen davon, dass das Gesetz von Gesellschaft und nicht von Mitunternehmerschaft spricht, ist das Institut der Mitunternehmerschaft eine allein für steuerliche Zwecke bei der Erfassung von Personenmehrheiten entwickelte gedankliche Rechtsfigur. Sie ist kein darüber hinaus personenrechtlich relevantes, im Rechtsverkehr auftretendes Subjekt, dem man Rechte einräumen oder Pflichten auferlegen könnte. Dem Gesetzgeber hätte allenfalls, wenn er auch den atypischen stillen Gesellschafter als Steuerschuldner hätte verpflichten wollen, die Möglichkeit offen gestanden, die Mitunternehmer selbst gesamtschuldnerisch zu verpflichten. Hiergegen bestünden wegen
1 Hierzu Ulmer in MünchKomm.BGB, § 705 BGB Rn. 277 ff. 2 So bei BFH v. 12. 11. 1985 – VIII R 364/83, FR 1986, 244 (247 ff.); Döllerer, DStR 1985, 295 (300). 3 So bei Döllerer, DStR 1985, 295 (300).
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§ 24
§ 43 AO keine Bedenken. Diesen Weg hat das Gesetz aber nicht eingeschlagen1. Nach allem bleibt es dabei, dass Schuldner der Gewerbesteuer allein der Geschäftsinhaber ist2. Im Innenverhältnis bleibt es den Gesellschaftern unbenommen, den stillen Gesellschafter an der Steuerlast zu beteiligen. Insbesondere im Hinblick auf die Gewerbesteuerpflicht von Gewinnen aus der Veräußerung einer stillen Beteiligung sollten Regelungen im Gesellschaftsvertrag getroffen werden.
24.55
Auch wenn allein der Geschäftsinhaber und damit weder die atypisch stille Gesellschaft noch der atypisch Stille Schuldner der Gewerbesteuer sind, kommt gemäß § 74 AO dennoch eine Haftung des Stillen für die Gewerbesteuer mit seinem Sonderbetriebsvermögen in Betracht3. Gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 AO haftet der Eigentümer von Gegenständen, die einem Unternehmen dienen, die aber nicht dem Unternehmer gehören, für die Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens4 gründet, wenn er an dem Unternehmen wesentlich beteiligt ist. Gemäß § 74 Abs. 2 AO liegt eine wesentliche Beteiligung vor bei einer Beteiligung von über 25 % des Grund- oder Stammkapitals oder des Vermögens des Unternehmens. Das Gesetz fingiert eine wesentliche Beteiligung außerdem bei demjenigen, der einen beherrschenden Einfluss ausgeübt und durch sein Verhalten dazu beigetragen hat, dass fällige Steuern nach § 74 Abs. 1 Satz 1 AO nicht entrichtet wurden. Liegt eine Haftung des atypisch stillen Gesellschafters nach § 74 AO vor, so kann er durch einen Haftungsbescheid nach § 191 AO in Anspruch genommen werden.
24.56
5. Verfahrensrechtliche Aspekte Verfahrensrechtlich besteht wie bei der typischen stillen Gesellschaft keine Bindung an die einheitliche Gewinnfeststellung für einkommensteuerliche Zwecke. Der der Gewerbesteuer unterliegende Gewinn wird selbständig ermittelt5. Die Frage, ob eine atypische stille Gesellschaft vorliegt, wird im Verfahren der Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags selbständig beurteilt. Die Entscheidung in einem vorausgegangenen Einkommensteuerverfahren ist auch bei einheitlicher und gesonderter Gewinnfeststellung nicht bindend.
1 Das GewStG 1968 war so verfahren, berücksichtigte aber die Haftungsbeschränkung der Gesellschafter, so dass im Ergebnis der atypische stille Gesellschafter keine Gewerbesteuer zu zahlen hatte; vgl. hierzu die Urteile des BFH v. 22. 6. 1983 – I R 55/80, BFHE 139, 291 und FG Nürnberg v. 25. 7. 1984 – V 58/52 Gw, EFG 1985, 135. 2 So auch die Finanzverwaltung Abschnitt 35 Abs. 2 Satz 1 GewStR 1998. 3 Döllerer, StbJb. 1987/88, 289 (302); Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 250. 4 Hierzu Loose in Tipke/Kruse, § 75 AO Rn. 40 ff. 5 BFH v. 10. 10. 1952 – I 99/52 U, BStBl. III 1953, 94; BFH v. 7. 5. 1954 – I 30/54 U, BStBl. III 1954, 252.
699
24.57
§ 24
Gewerbesteuer
24.58
Unklar ist, wie die Veranlagung der GmbH & Still zur Gewerbesteuer im Einzelnen durchzuführen ist. Übereinstimmung besteht insoweit, dass ein Gewerbesteuer-Messbescheid für den Gewerbebetrieb der atypisch stillen Gesellschaft zu erlassen ist. Umstritten ist dagegen die Frage, ob bei der GmbH & Still auch für die GmbH ein Gewerbesteuer-Messbetrag festzustellen ist. Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung besteht nur ein stehender Gewerbebetrieb, der sachlich Gegenstand der Gewerbesteuer ist1. Die Gegenauffassung2 stellt darauf ab, dass die GmbH kraft Rechtsform Gewerbebetrieb ist. Daher sei auch für die GmbH ein Gewerbesteuer-Messbescheid zu erlassen. Für die Besteuerung spielt der Streit indes keine Rolle: Der Gewinnanteil der GmbH aus der Mitunternehmerschaft ist bereits bei der atypisch stillen Gesellschaft gewerbesteuerlich erfasst und ist deshalb gemäß § 9 Nr. 2 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der GmbH wieder abzuziehen. Der Gewerbeertrag der GmbH beträgt damit 0 Euro, soweit die GmbH nicht neben dem der atypisch stillen Gesellschaft zuzurechnenden Gewerbebetrieb noch andere Einkünfte erzielt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann daher auf die Erstellung eines eigenen Gewerbesteuer-Messbescheids für die GmbH verzichtet werden3.
24.59
Der bzw. die Gewerbesteuer-Messbescheide sind an den Inhaber des Handelsgeschäfts zu adressieren. Wie bereits oben dargelegt wurde, kommt als Schuldner der Gewerbesteuer nur der Geschäftsinhaber in Betracht – der atypisch stille Gesellschafter ist nicht subjektiv gewerbesteuerpflichtig. Die für die atypisch stille Gesellschaft ermittelten Besteuerungsmerkmale sind daher in dem gegen den tätigen Gesellschafter als Steuerschuldner gerichteten Gewerbesteuer-Messbescheid zu erfassen4.
24.60
Nach Auffassung des BFH sind die atypisch stille Gesellschaft und der atypisch stille Gesellschafter nicht gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen. Da sie nicht Steuerrechtssubjekt der Gewerbesteuer seien, könnten sie nicht gemäß § 48 FGO Beteiligte eines finanzgerichtlichen Verfahrens, das die Gewerbesteuer betrifft, sein5.
24.61
Für den Erlass des Gewerbesteuer-Messbescheids ist gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 AO das Betriebsfinanzamt zuständig. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO ist dies das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung des gewerblichen Betriebes, also des Inhabers des Handelsgeschäfts, befindet. Diese Regelung, die keinen Raum für eine Zuständigkeit des Körperschaftsteuer-Finanzamtes
1 2 3 4
Ros, DStR 2001, 1592 (1893 f.). Schoor, LSW Gruppe 14, S. 415 (430); Sterzenbach, DStR 2000, 1669 (1671). OFD Rostock v. 19. 12. 1999 – S 2241-St 23, DStR 2000, 591 (594). BFH v. 31. 8. 1999 – VIII R 22/98, BFH/NV 2000, 420 = GmbHR 2000, 292 (293) unter II. 2. Vgl. auch BFH v. 3. 2. 2000 – III R 4/97, BFH/NV 2000, 888 LS 2 und unter II.1.e), wonach zwischen der materiell-rechtlichen Anspruchsberechtigung der atypischen stillen Gesellschaft und der davon abweichenden verfahrensmäßigen Antragsberechtigung des Inhabers des Handelsgeschäftes zu unterscheiden ist. 5 BFH v. 15. 12. 1992 – VIII R 42/90, BFHE 170, 345 = BStBl. II 1994, 702 unter II.2.; BFH v. 31. 8. 1999 – VIII R 22/98, BFH/NV 2000, 420 = GmbHR 2000, 292 (293) unter II. 3.
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lässt1, ist sinnvoll, da somit das gleiche Finanzamt für die gesonderte Feststellung für einkommensteuerliche Zwecke und für den Erlass des Gewerbesteuer-Messbescheides zuständig ist. 6. Der Gewerbeverlust Gemäß § 10a GewStG wird der maßgebende Gewerbeertrag um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Hierdurch werden Härten ausgeglichen, die sich aus der Abschnittsbesteuerung ergeben und wird dem Prinzip der Steuergerechtigkeit Rechnung getragen. Dagegen ist, anders als im Einkommensteuerrecht (§ 10d EStG), im Gewerbesteuerrecht ein Verlustrücktrag nicht möglich. Dies soll der besonderen Abhängigkeit der Gemeindefinanzierung von der Gewerbesteuer Rechnung tragen und wird überwiegend als verfassungsrechtlich zulässig angesehen2.
24.62
Ab dem Erhebungszeitraum 20043 ist die Kürzung des Gewerbeertrages um nicht ausgeglichene Fehlbeträge vorangegangener Erhebungszeiträume jedoch betragsmäßig i.S. einer Mindestbesteuerung beschränkt worden, §§ 10a Satz 1 und 2 GewStG. Bis zu einem Betrag von 1 Mio. Euro ist der Gewerbeertrag voll um bisher nicht ausgeglichene Fehlbeträge zu kürzen. Der Gewerbeertrag, der den Betrag von 1 Mio. Euro übersteigt, wird nur noch bis zu einen Anteil von 60 % um im ersten Schritt nicht berücksichtigte Fehlbeträge gekürzt. Auch diese Regelung dient der Stetigkeit der Gemeindeeinnahmen und bedeutet in der Regel keine Vernichtung von nicht ausgeglichenen Verlustvorträgen, sondern lediglich die zeitliche Streckung des Verlustausgleichs. Zu einem Untergang des Verlustvortrages kommt es jedoch bei Unternehmensbeendigung oder Veränderung der Unternehmer- oder wirtschaftlichen Identität4. Obwohl der Verlustvortrag in der Regel nicht untergeht, bedeutet die Mindestbesteuerung für Unternehmen, die nach einer Verlustphase den turn-around anstreben, eine gravierende wirtschaftliche Belastung5.
24.63
Eine weitere Einschränkung betrifft den Abzug von vororganschaftlichen Verlusten, § 10a Satz 3 GewStG6. Ab dem Erhebungszeitraum 2004 kann die Organgesellschaft auch ihren eigenen Gewerbeertrag nicht um Fehlbeträge
24.64
1 BFH v. 15. 12. 1992 – VIII R 42/90, BFHE 170, 345 = BStBl. II 1994, 702 unter II.3.b). 2 BFH v. 31. 7. 1990 – I R 62/86, BFHE 161, 570 = BStBl. II 1990, 1083; von Twickel in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 10a GewStG Rn. 23 m.w.N. 3 Änderung durch das Gewerbesteueränderungsgesetz v. 23. 12. 2003, BStBl. I 2003, 2922. 4 Güroff in Glanegger/Güroff, § 10a GewStG Rn. 144. 5 Wiese/Klass, GmbHR 2003, 1029 (1030). 6 Ebenfalls durch das GewStÄndG v. 23. 12. 2003 ab dem Erhebungszeitraum 2004 eingeführt.
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kürzen, die sich vor dem rechtswirksamen Abschluss des Gewinnabführungsvertrages ergeben haben1.
24.65
Beim Übergang eines Gewerbebetriebs im ganzen auf einen anderen Unternehmer, also im Falle des § 2 Abs. 5 GewStG, kann der andere Unternehmer den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um die Fehlbeträge kürzen, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags des übergegangenen Unternehmens ergeben haben (§ 10a Satz 8 GewStG). Der Verlustvortrag setzt somit Unternehmensidentität und Unternehmeridentität voraus2. Das Erfordernis der Unternehmensidentität (d.h., dass der im Abzugsjahr bestehende Gewerbebetrieb und der den Fehlbetrag erwirtschaftende Betrieb identisch sein müssen3) ergibt sich aus dem Objektcharakter der Gewerbesteuer. Daneben muss als personales Element auch die Unternehmeridentität gegeben sein, also die Identität der Rechtsträger des Gewerbebetriebs im Verlustentstehungsjahr und im Abzugsjahr. Der Gewerbeverlust und demnach auch das Recht auf Verlustabzug ist demnach dem Unternehmer bzw. den Mitunternehmern des Betriebs zuzuordnen4. Nach Auffassung des BFH ist insoweit der Übergang des ganzen Betriebs und der Wechsel eines Mitunternehmers ein qualitativ gleichwertiger Vorgang, da bei der Anteilsübertragung ein ideeller Anteil am ganzen Gesellschaftsvermögen, also auch ein ideeller Anteil am ganzen Betrieb, vom ausscheidenden auf den eintretenden Gesellschafter übergehe5. Hieraus folgt, dass beim Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer Gesellschaft das Recht auf Verlustabzug entsprechend der Quote, mit der der ausgeschiedene Gesellschafter im Jahr der Verlustentstehung an dem Verlust beteiligt war, untergeht6. Da die atypisch stille Gesellschaft Objekt der Gewerbesteuer ist und die Mitunternehmer gewerbesteuerrechtlich Träger des Gewerbebetriebes sind, führt auch das Ausscheiden eines atypisch stillen Gesellschafters zum anteiligen Verlust des Verlustvortrages7. Dies gilt auch dann, wenn der ausscheidende stille Gesellschafter über eine andere Personengesellschaft mittelbar weiter an der atypisch stillen Gesellschaft beteiligt ist.8
24.66
Aus diesen Grundsätzen folgt auch die Lösung des Sonderproblems, dass die Beteiligung an einer Personengesellschaft in eine typisch stille Beteiligung 1 Siehe dazu Güroff in Glanegger/Güroff, § 10a GewStG Rn. 106. 2 BFH v. 3. 5. 1993 – GrS 3/92, BFHE 171, 246 = BStBl. II 1993, 616 unter C.III.1. 3 BFH v. 24. 4. 1990 – VIII R 424/83, BFH/NV 1991, 804 (LS 2); von Twickel in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 10a GewStG Rn. 64 m.w.N. 4 BFH v. 3. 5. 1993 – GrS 3/92, BFHE 171, 246 = BStBl. II 1993, 616 unter C.III.1 und 2. von Twickel in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 10a GewStG Rn. 79 f.; a.A. Weßling, BB 1988, 1641. Der Wegfall der Worte „bei Gewerbetreibenden“ hat danach nur sprachliche Gründe, sollte jedoch nicht zu einer inhaltlichen Änderung führen. 5 BFH v. 3. 5. 1993 – GrS 3/92, BFHE 171, 246 = BStBl. II 1993, 616 unter C.III.8. Der BFH weist auch darauf hin, dass auch § 16 Abs. 1 EStG beide Vorgänge gleich behandelt. 6 BFH v. 3. 5. 1993 – GrS 3/92, BFHE 171, 246 = BStBl. II 1993, 616 unter C.III.9. 7 BFH v. 6. 12. 1995 – I R 109/94, BFHE 179, 427 = BStBl. II 1998, 685, unter II.3. Ausführlich zur Unternehmensidentität bei Begründung. Veränderung und Beendigung von atypischen stillen Beteiligungen Oenings, DStR 2008, 279 (281 ff.). 8 BFH v. 22. 1. 2009 – IV R 90/05, DStR 2009, 683 (685); Behrens, BB 2009, 1169.
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umgewandelt wird: Mit der Umwandlung verliert der Gesellschafter seine Eigenschaft als Mitunternehmer. Dies führt zu einem anteiligen Verlust des Rechts auf gewerbesteuerlichen Verlustvortrag1. Dagegen dürfte die Umwandlung der Beteiligung in eine atypisch stille Beteiligung nicht zum Wegfall des Verlustvortrags führen. Für Körperschaften bestimmt § 10a Satz 10 GewStG, dass § 8c KStG entsprechend anwendbar ist. Bei Anteilsveräußerungen und vergleichbaren Vorgängen i.S. dieser Vorschrift geht daher auch der gewerbesteuerliche Verlustvortrag (ggf. anteilig) unter. Da nach der hier vertretenen Ansicht die Begründung, Auflösung oder Übertragung einen stillen Gesellschaft nicht unter § 8c KStG fällt (siehe Rn. 23.45) bleibt in diesen Fällen auch der gewerbesteuerliche Verlustvortrag erhalten. Für die atypische stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft relevant ist aber der durch das JStG 2009 eingeführte § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG2. Nach dieser Vorschrift ist § 8c KStG auch für Mitunternehmerschaften anzuwenden, soweit daran eine Körperschaft unmittelbar oder mittelbar über eine weitere Mitunternehmerschaft beteiligt ist. Entfällt daher nach § 8c KStG der Verlustabzug der unmittelbar oder mittelbar beteiligten Körperschaft, schlägt dies (ggf. anteilig) auf die vortragsfähigen Fehlbeträge bei der Ermittlung des Gewerbeverlustes der Mitunternehmerschaft durch3.
24.67
Bei Mitunternehmerschaften wie der atypischen stillen Gesellschaft ist nach § 10a Satz 4 und 5 GewStG der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel Maßstab sowohl für die Ermittlung des dem einzelnen Mitunternehmer zuzurechnenden Verlustanteils, als auch für die Aufteilung des Höchstbetrages nach § 10a Satz 1 GewStG. Bei der Ermittlung des Aufteilungsmaßstabs sind daher weder Sonderbetriebseinnahmen oder -ausgaben noch Vorabvergütungen zu berücksichtigen4. Diese Regelung wurde durch das JStG 2007 eingeführt5. Grund der Neuregelung war, dass der BFH in ständiger Rechtsprechung seit der Entscheidung vom 16. 2. 1994 die Rechtsansicht vertrat, dass der gewerbesteuerrechtliche Verlustabzug unter Berücksichtigung der Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben der einzelnen Mitunternehmer vorzunehmen sei6. Die abweichende Auffassung der Finanzverwaltung7 sollte durch die Neuregelung des JStG 2007 kodifiziert werden. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass nach der Übergangsregelung in § 36 Abs. 9 Satz 1 GewStG, § 10a Satz 4 GewStG in seiner neuen Fassung auch für Erhebungszeiträume vor 2007 anzuwenden ist. Der BFH sieht darin zu Recht eine echte Rückwir-
24.68
1 BFH v. 19. 12. 1957 – IV 666/55 U, BB 1958, 512. Der Große Senat des BFH hat in seinem Beschluss v. 3. 5. 1993 – GrS 3/92, BFHE 171, 246 = BStBl. II 1993, 616 an dieser Rechtsprechung festgehalten. 2 Eingefügt durch das JStG 2009 v. 19. 12. 2008, BGBl. I 2008, 2794 und erstmals auf schädliche Beteiligungserwerbe nach dem 28. 11. 2008 anzuwenden. 3 Von Twickel in Blümich EStG/GewStG/KStG, § 10 GewStG Rn. 94. 4 Von Twickel in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 10a GewStG Rn. 83. 5 JStG 2007 v. 13. 12. 2006, BGBl. I 2006, 2878. 6 BFH v. 16. 2. 1994 – XI R 50/88, DStR 1994, 578 (579). 7 Siehe etwa Abschnitt 68 Abs. 3 GewStR 1998.
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kung, die auch nicht aus zwingenden öffentlichen Gründen oder wegen mangelndem schutzwürdigen Vertrauens gerechtfertigt werden kann1. 7. Die Berücksichtigung der Gewerbesteuer bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer2 a) Gewerbesteuer als Betriebsausgabe aa) Die Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe ab 2008, § 4 Abs. 5b EStG n.F.3
24.69
Nach dem Wortlaut des neuen § 4 Abs. 5b EStG sind die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen keine Betriebsausgabe mehr. Folge davon ist, dass die Gewerbesteuer als Gewerbesteuer-Rückstellung oder -Nachzahlung weder die Einkommensteuerbelastung noch mittelbar die Gewerbesteuerbelastung senkt. Durch diese Neuregelung sollen die Transparenz der Besteuerung erhöht und Finanzströme entflochten werden4. Außerdem soll dadurch die Senkung des Gewerbeertrages durch die Unternehmensteuerreform 2008 finanziert werden. Jedenfalls aus Gründen der finanzstaatlichen Transparenz ist es zu begrüßen, wenn die den unterschiedlichen staatlichen Ebenen zufließenden Steuern stärker voneinander getrennt werden5. Durch den Wegfall der Fünf-Sechstel-Regelung wird auch die Berechnung der Bemessungsgrundlage erheblich vereinfacht.
24.70
Soweit Gewerbesteuer nicht als Betriebsausgabe abgezogen wurde, werden auch Gewerbesteuererstattungen nicht als Betriebseinnahme berücksichtigt. Eine Erstattung von Gewerbesteuer, die noch als Betriebsausgabe abgezogen worden ist, ist hingegen als Betriebseinnahme zu erfassen6.
24.71
Unklar ist, wie die Gewerbesteuer zukünftig bilanziell zu erfassen ist. Der Gesetzgeber hat die Gewerbesteuer nicht in den Katalog der nichtabziehbaren Betriebsausgaben in § 4 Abs. 5 EStG aufgenommen. Ob der Gesetzgeber mit § 4 Abs. 5b EStG regeln wollte, dass die Gewerbesteuer nicht lediglich eine nichtabziehbare Betriebsausgabe, sondern sogar nicht mehr betrieblich veranlasst sein soll, ist unklar. Folge der Nichtanerkennung der betrieblichen Veranlassung wäre wohl die Behandlung der Gewerbesteuerzahlungen sowie von Aufwendungen für deren Finanzierung als Privatentnahme nach § 4 Abs. 1 Satz 2
1 BFH v. 19. 4. 2007 – IV R 4/06, DStR 2007, 1299 (1302 ff.). 2 Der im Folgenden abgehandelten § 35 EStG und die Abziehbarkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe sind zwar systematisch dem Einkommensteuerrecht zuzuordnen, werden aber aufgrund der engen Zusammenhänge mit den gewerbesteuerrechtlichen Aspekten der stillen Gesellschaft an dieser Stelle behandelt. 3 Eingeführt durch das UntStRG 2008 v. 14. 8. 2007, BGBl. I 2007, 1912, nach § 52 Abs. 12 Satz 7 EStG n.F. erstmals anzuwenden für Gewerbesteuer, die für Erhebungszeiträume festgesetzt wird, die nach dem 31. 12. 2007 enden. 4 BT-Drucks. 16/4841, S. 32. 5 Fehling, NWB Fach 5, S. 1617 (1627). 6 Fehling, NWB Fach 5, S. 1617 (1627); Volb, Unternehmensteuerreform 2008, S. 36.
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EStG1. Dies wiederum würde dazu führen, dass etwaige Gewerbesteuerzahlungen zur Nachversteuerung nach § 34a Abs. 4 EStG führen würde2. M.E. ist die Gewerbesteuer jedoch als nichtabziehbare Betriebsausgabe zu behandeln. Die betriebliche Veranlassung der Gewerbesteuer und deren Eigenschaft als Betriebssteuer kann durch den Gesetzgeber nicht aufgehoben werden3. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich auch nicht hinreichend deutlich ein Wille, die Gewerbesteuer anders als sonstige nichtabziehbare Betriebsausgaben zu behandeln. Eine Qualifizierung der Gewerbesteuerzahlungen als Privatentnahme bei Personengesellschaften würde auch zu einer Ungleichbehandlung gegenüber Kapitalgesellschaften führen, welche keine Privatentnahmen, sondern allenfalls verdeckte Gewinnausschüttungen kennen4. bb) Die Abziehbarkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe bis 2007, § 4 Abs. 4 EStG a.F. Vor Inkrafttreten des § 4 Abs. 5b EStG n.F., also für Erhebungszeiträume die bis zum 31. 12. 2007 enden, war die Gewerbesteuer als Betriebssteuer eine betriebliche Aufwendung und daher eine Betriebsausgabe i.S. des § 4 Abs. 4 EStG. Dies führte bei der Ermittlung der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer zu komplizierten Rechenschritten. Da die Gewerbesteuer bei der Bestimmung ihrer Bemessungsgrundlage in § 7 GewStG ihrerseits an den nach dem EStG zu ermittelnden Gewinn anknüpft, minderte die Gewerbesteuer also ihre eigene Bemessungsgrundlage5. Um die Berechnung in der Praxis zu erleichtern, erlaubte die Finanzverwaltung bei der Einkommensteuer, dass zur Errechnung der Gewerbesteuer-Rückstellung die Gewerbesteuer mit fünf Sechsteln des Betrages angesetzt werden konnte, der sich ohne die Berücksichtigung der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe ergeben würde (sog. Fünf-Sechstel-Regelung)6.
24.72
b) Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG – sog. Gewerbesteueranrechnung § 35 EStG regelt eine Einkommensteuerermäßigung, die die tarifliche Einkommensteuer reduziert. Die Regelung des § 35 EStG ist auch auf die atypische stille Gesellschaft anwendbar7. Durch diese Regelung soll der Steuerzahler weitgehend von der Gewerbesteuer entlastet werden. Zu beachten ist, dass sich die Gewerbesteuer-Anrechnung auch auf die Höhe des Solidaritätszuschlages auswirkt, nicht aber auf die Kirchensteuer (§ 51a Abs. 2 Satz 3 EStG)8. Die Anrechnung erfolgt nur auf die tarifliche Einkommensteuer, auf die Körperschaftsteuer ist diese Regelung nicht anzuwenden. 1 So wohl Volb, Unternehmensteuerreform 2008, S. 36; Bergemann/Markl/Althof, DStR 2007, 693 (693 f.). 2 Gragert/Wißborn, NWB Fach 3, S. 14621 (14629). 3 Fehling, NWB Fach 5, S. 1617 (1627); Gragert/Wißborn, NWB Fach 3, S. 14621 (14629). 4 Gragert/Wißborn, NWB Fach 3, S. 14621 (14629); Volb, Unternehmensteuerreform 2008, S. 36. 5 Fehling, NWB Fach 5, S. 1617 (1626). 6 R 4.9 Abs. 2 EStR 2005. 7 Glanegger in L. Schmidt, § 35 EStG Rn. 31 f. 8 Gosch in Kirchhof, § 35 EStG Rn. 5.
705
24.73
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Gewerbesteuer
24.74
Gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 2 EStG ermäßigt sich bei Einkünften aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen mit Ausnahme der §§ 34f und 34g EStG, soweit sie anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt.
24.75
Durch die Unternehmensteuerreform 2008 wurde der Anrechnungsfaktor nach § 35 EStG von bislang 1,8 einheitlich auf 3,8 erhöht. Gleichzeitig wird die Anrechnung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG auf den Betrag der tatsächlich gezahlten Gewerbesteuer begrenzt.
24.76
Die vermeintlich wesentliche Besserstellung gegenüber der bisherigen Anrechnung ist im Zusammenhang mit der zukünftigen Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer zu sehen. Eine vollständige Entlastung von der Gewerbesteuer wird nur dann erreicht, wenn der gemeindliche Hebesatz im konkreten Fall nicht höher als 380 % ist. Andernfalls kommt es zu einem sog. Anrechnungsüberhang (Unterkompensation)1.
24.77
Während es bisher auch zu einer Überkompensation kommen konnte2, ist dies in Zukunft wegen der Begrenzung der Anrechnung auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer nach § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht mehr möglich. Da dadurch eine zu Vereinfachungszwecken grundsätzlich zulässige Typisierung einseitig aufgehoben wird, wird diese Regelung wegen Verstoßes gegen das Gebot der Folgerichtigkeit in Schrifttum kritisiert3.
24.78
Das Gewerbesteuergesetz sieht keinen für jeden einzelnen Mitunternehmer festgestellten anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrag vor; bei § 35 EStG ist daher auf den für die Mitunternehmerschaft festgestellten Gewerbesteuermessbetrag abzustellen, der dann auf die einzelnen Mitunternehmer aufzuteilen ist4.
24.79
Der Anteil des Mitunternehmers am Gewerbesteuer-Messbetrag wird gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 EStG ausschließlich nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel bestimmt. Nach der ausdrücklichen Regelung in § 35 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 EStG sind Vorabgewinne nicht zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass auch Sondervergütungen i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG unberücksichtigt bleiben müssen, da diese grundsätzlich mit Vorabgewinnen gleich zu behandeln sind5. Das kann dazu führen, dass ein Mitunternehmer mit einem geringen Gewinnanteil, aber hohen Sondervergütungen (etwa Geschäftsführerbezüge oder Mieteinnahmen für die Überlas1 Fehling, NWB Fach 5, S. 1617 (1628); Volb, Unternehmensteuerreform 2008, S. 37. 2 Vgl. etwa Herzig/Lochmann, DB 2000, 1728 (1733 ff.). 3 Fehling, NWB Fach 5, S. 1617 (1628) unter Hinweis auf BVerfG v. 21. 6. 2006 – 2 BvL 2/99, DStR 2007, 1316. 4 Danelsing in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 35 EStG Rn. 40. 5 Gosch in Kirchhof, § 35 EStG Rn. 37; Ritzer/Stangl, INF 2000, 641 (642); Priester DStR 2001, 795 (800); a.A. Neufang, BB 2000, 1913 (1917). Zur Gleichbehandlung von Vorabgewinnen und Sonderbetriebsvermögen vgl. BFH v. 2. 12. 1997 – VIII R 15/96, BFHE 184, 571 = DStR 1998, 482 unter II.3.b).
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sung eines Betriebsgrundstückes) zwar hohe positive gewerbliche Einkünfte, gleichwohl aber ein nur geringes Ermäßigungspotential nach § 35 EStG hat. Umgekehrt kann ein Mitunternehmer mit einem hohen Gewinnanteil zwar ein hohes Ermäßigungspotential haben, aber nur niedrige positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb1. Die Ermäßigung der Einkommensteuer ist nach § 35 Abs. 1 EStG auf den Anteil der tariflichen Einkommensteuer2 beschränkt, der auf die gewerblichen Einkünfte3 entfällt. Dies wird häufig dazu führen, dass der gesetzgeberische Zweck einer weitgehenden Entlastung von der Gewerbesteuer nicht erreicht wird. Hat beispielsweise ein Steuerpflichtiger positive und negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die im Wege des horizontalen Verlustausgleichs vollständig miteinander verrechnet werden, so entfällt keine Einkommensteuer auf gewerbliche Einkünfte und erfolgt keine Ermäßigung nach § 35 EStG4. Zum gleichen Ergebnis führt auch ein vertikaler Verlustausgleich, der dazu führt, dass trotz positiver Einkünfte aus Gewerbebetrieb keine Einkommensteuer zu entrichten ist. Auch hier kann die Belastung mit Gewerbesteuer nicht geltend gemacht werden. Vielmehr geht ein Ermäßigungspotential, das innerhalb eines Veranlagungszeitraums nicht genutzt werden kann, mangels Möglichkeit des Vor- oder Rücktrages endgültig verloren5.
24.80
Durch die sog. Gewerbesteueranrechnung wird der steuerliche Nachteil, der dadurch entsteht, dass auf die Sondervergütungen i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG Gewerbesteuer zu entrichten ist, abgemildert. Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG ist also zu berücksichtigen, wenn insbesondere bei der GmbH & Still die Vorteile der atypisch stillen Gesellschaft (Staf-
24.81
1 Diese Regelung berücksichtigt zwar, dass die anfallende Gewerbesteuer das Gesellschaftsvermögen mindert und daher grundsätzlich von allen Mitunternehmern entsprechend dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel getragen wird, vgl. Herzig/ Lochmann, DB 2000, 1728 (1729); Thiel, StuW 2000, 413 (419 f.). Allerdings kann es hierdurch zu Ermäßigungslücken und Anrechnungsüberhängen kommen. Kritik am vom Gesetzgeber gewählten Aufteilungsschlüssel übt daher Gosch in Kirchhof, § 35 EStG Rn. 37. Beispielrechnungen bei Herzig/Lochmann, DB 2000, 1728 (1729). 2 Die genaue Berechnung dieses Anteils ist umstritten. Hierzu Glanegger in L. Schmidt, § 35 EStG Rn. 12 ff.; Ritzer/Stangl, INF 2000, 641 (644 ff.); Wendt, FR 2000, 1173 (1178 f.); Förster, FR 2000, 866 (867 f.); Herzig/Lochmann, DB 2000, 1728 (1730 f.); Neu, DStR 2000, 1933 (1936). Von einem „Denkfehler des Gesetzgebers“ spricht in diesem Zusammenhang Thiel, StuW 2000, 413 (418), der darauf hinweist, dass positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb auch im Falle eines Verlustausgleichs das zu versteuernde Einkommen erhöhen. 3 Zu den begünstigungsfähigen Einkünften vgl. Gosch in Kirchhof, § 35 EStG Rn. 14. 4 Schaumburg in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2001, S. 352 f. Zur Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrages nach § 35 Abs. 1 EStG i.d.F. des JStG 2008 siehe Wichert, NWB Fach 3, S. 14975 (2008, 921). 5 Ritzer/Stangl, INF 2000, 641; Wendt, FR 2000, 1173 (1177). Kritisch zu dieser Ausgestaltung Gosch in Kirchhof, § 35 EStG Rn. 15 f. Die von Förster, FR 2000, 866 (869 f.) in Betracht gezogene Steuererstattung entspricht zwar dem gesetzgeberischen Ziel einer Entlastung von der Gewerbesteuer, ist jedoch mit der gesetzlichen Ausgestaltung als Steuerermäßigung nicht vereinbar.
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feltarif und Freibetrag, siehe oben Rn. 24.33) mit den Nachteilen (Verlust des Rechtsformvorteils und damit Gewerbesteuerpflicht der Sondervergütungen, siehe oben Rn. 24.44 ff.) verglichen werden1.
24.82
Gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 GewStG ist sowohl der auf die atypisch stille Gesellschaft als auch der auf die Mitunternehmer entfallende Anteil am Gewerbesteuer-Messbetrag einheitlich und gesondert festzustellen. Zuständig ist hierfür nach §§ 35 Abs. 3 Satz 1 GewStG, 18 Abs. 1 Nr. 4, 180 Abs. 1 Nr. 2a AO das Betriebsfinanzamt. Die Feststellungen zur Durchführung des § 35 EStG ergehen im mehrstufigen Verwaltungsverfahren und entfalten jeweils Grundlagenwirkungen (§ 35 Abs. 3 Satz 2–3 EStG)2.
III. Zusammenfassung
24.83
Die typische stille Gesellschaft ist nicht Gegenstand der Gewerbesteuer. Anders ist dies jedoch für die atypische stille Gesellschaft zu beurteilen: Die mitunternehmerische Betätigung atypischer stiller Gesellschaften stellt unabhängig vom Fehlen dinglicher Berechtigung des Stillen am Geschäftsvermögen des Inhabers einen selbständigen Gegenstand der Gewerbesteuer dar. Bei der typischen stillen Gesellschaft sind in Erhebungszeiträumen bis 2007 für die Zwecke der Gewerbesteuer die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters dem Gewinn des Inhabers aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Die Hinzurechnung unterbleibt, wenn die stille Beteiligung zum Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters gehört und die Beträge bei ihm zur Steuer nach dem Gewerbeertrag herangezogen werden (Vermeidung einer doppelten steuerlichen Belastung). Ab 2008 sind die Gewinnanteile des typischen stillen Gesellschafters unabhängig von der gewerbesteuerlichen Behandlung beim stillen Gesellschafter dem Gewinn des Inhabers zu einem Viertel hinzuzurechnen, wobei ein Freibetrag in Höhe von 100 000 Euro zu berücksichtigen ist. Bei der atypischen Gesellschaft ist die Beteiligung des stillen Gesellschafters schon in der Ausgangsgröße Gewinn aus Gewerbebetrieb enthalten. Im Ergebnis wurden bis 2007 typische und atypische stille Gesellschaft gewerbesteuerlich im Wesentlichen gleichgestellt, nur die Technik der Erfassung der Beteiligung beim Inhaber war verschieden. Während ab 2008 die Gewinnanteile des atypischen stillen Gesellschafters wie bisher voll der Gewerbesteuerbelastung unterliegen, trifft dies bei den Gewinnanteilen des typischen stillen Gesellschafters nur in Höhe von einem Viertel zu. Werden die Gewinnanteile des typischen stillen Gesellschafters wegen Zugehörigkeit der stillen Beteiligung zu einem Betriebsvermögen je-
1 Kautelarpraktische Erwägungen im Rahmen der Gewerbesteueranrechnung: Priester, DStR 2001, 795 (800 f.); Ritzer/Stangl, INF 2000, 641 (646); Herzig/Lochmann, DB 2000, 1728 (1731 ff.). 2 Hierzu Gosch in Kirchhof, § 35 EStG Rn. 45.
708
Gewerbesteuer
doch beim typischen stillen Gesellschafter zur Gewerbesteuer herangezogen, so entsteht eine teilweise Doppelbesteuerung. Schuldner der Gewerbesteuer ist sowohl bei der typischen als auch bei der atypischen stillen Gesellschaft allein der Inhaber des Gewerbebetriebs, nicht dagegen der stille Gesellschafter.
709
§ 24
§ 25 Umsatzsteuer Schrifttum: Bahns, Jochen, Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Leistungsbeziehung zwischen Personengesellschaften und ihren Gesellschaftern, Diss. jur. Köln, 2000; Birkenfeld, Wolfram, Beginn, Abwicklung und Ende des Unternehmens, UR 1992, 29; Blanke, Gernot, Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Gesellschafterbeiträgen bei Personengesellschaften, Diss. jur. Göttingen, 1991; Bormann, M., Die Steuern einer GmbH & Still (atypisch) und ihrer Beteiligten, INF 1992, 25; Bunjes, Johann/Geist, Reinhold, UStG, 9. Aufl. 2009; Costede, Jürgen, Die stille Gesellschaft – Überlegungen aus handelsrechtlicher, steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht, SteuerberaterKongress-Report 1987, 239; Dziadkowski, Dieter/Beranek, Axel, Die umsatzsteuerliche Behandlung der stillen Gesellschaft, UR 1990, 265; Eggers, Joachim, Berechnung des Prorata-Satzes des Vorsteuerabzuges aus Aufwendungen bei Ausgabe von Aktien und atypischen stillen Beteiligungen im Falle steuerpflichtiger oder steuerfreier wirtschaftlicher Tätigkeit und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit von Steuerpflichtigen, UR 2008, 348; Eggers, Joachim/Korf, Ralph, Vorsteuerabzug bei Kapitalbeschaffung und Beteiligungen – Was bringt die Securenta-Entscheidung des EuGH?, DB 2008, 719; Eggers, Joachim, Umsatzsteuerrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Halten von Beteiligungen – Anmerkungen zu dem BMF-Schreiben vom 26. 1. 2007, DB 2007, 361; Feil, Kathrin/Roscher, Carolin, Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften – Quo vadis?, BB 2007, 1079; Feldt, Matthias, Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit der Veräußerung von Beteiligungen und Geschäftsaktivitäten, UR 2007, 161; Griebel, Gerhard, Zur Frage der Umsatzsteuerpflicht typischer und atypischer stiller Gesellschafter, UR 1965, 241; Hamacher, Rolfjosef, Umsatzsteuerbefreiung für stille Gesellschafter, Die Bank 1987, 505; Hartmann, Alfred/Metzenmacher, Wilhelm, UStG (Loseblatt); Horn, Peter, Umsatzsteuerpflicht für die Bezüge stiller Gesellschafter?, BB 1968, 747; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Die steuerliche atypische stille Beteiligung an der GmbH, GmbHR 1994, 147; Jakob, Wolfgang, Umsatzsteuer, 4. Aufl. 2009; Karnick, G., Umsatzsteuer der Mitglieder von Innengesellschaften, StW 1967, 11; Knauerhase, Rudi-Hans, Umsatzsteuerliche Fragen bei der Gründung, Umwandlung und Auflösung von Gesellschaftsverhältnissen, StW 1965, 43; Küffner, Thomas/Zugmeier, Oliver, Gesellschaften und Gesellschafter im Umsatzsteuerrecht – erste Anmerkungen zu den BMF-Schreiben vom 4. 10. 2006, 30. 11. 2006 sowie vom 26. 1. 2007, DStR 2007, 473; Lippross, Otto-Gerd, Umsatzsteuer, 22. Aufl. 2008; Offerhaus, Klaus, Ist die atypische stille Gesellschaft Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes? BB 1964, 1414; Plückebaum, Konrad/Malitzky, Heinz/ Widmann, Werner, UStG (Loseblatt); Rau, Günter, Die Umsatzsteuer bei Unternehmensverbindungen, Verbänden und Kooperationen, Gleichzeitig ein Beitrag zum Unternehmensbegriff, UR 1987, 121; Rau, Günter/Dürrwächter, Erich, UStG (Loseblatt); Reiß, Wolfram, Die stille Gesellschaft im Umsatzsteuerrecht, BB 1986, 1407; Reiß, Wolfram, Beteiligung als stiller Gesellschafter – die neue Befreiungsvorschrift des § 4j UStG, UR 1987, 153; Reiß, Wolfram, Gesellschafter und Gesellschafterbeitrag im Umsatzsteuerrecht, UR 1988, 298; Reiß, Wolfram, Keine Renditefonds – Zur Begründungsqualität der jüngeren EuGH-Rechtsprechung zur 6. EU-Richtlinie, UR 2003, 428; Schlienkamp, August, Umsatzsteuerbefreiung für die Beteiligung als stiller Gesellschafter (§ 4 Nr. 8j UStG), UR 1987, 71; Schön, Wolfgang, Personengesellschaften und Bruchteilsgemeinschaften im Umsatzsteuerrecht, in Woerner (Hrsg.), Umsatzsteuer in nationaler und europäischer Sicht, 1990, 81 ff.; Seer, Roman, Die umsatzsteuerliche Behandlung der Umwandlung von Einzelunternehmen, Personen- und Kapitalgesellschaften, DStR 1988, 367; Sölch, Otto/Ringleb, Karl, Umsatzsteuer (Loseblatt); Stadie, Holger, UStG (Kommentar), 2009; Stadie, Holger, Probleme der Vorsteuer, in Woerner (Hrsg.), Umsatzsteuer in nationaler und europäischer Sicht, 1990, S. 179 ff.; Stapperfend, Thomas, Umsatzsteu-
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Umsatzsteuer
§ 25
erliche Behandlung von Holdinggesellschaften, UR 2006, 112; Vogel, Alfred/Schwarz, Bernhard, Kommentar zum UStG (Loseblatt).
I. Besteuerungsgegenstand und Unternehmerbegriff Besteuerungsgegenstand sind die steuerbaren Umsätze: Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Erhebungsgebiet gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, Entnahmen und unentgeltliche Zuwendungen, die Einfuhr von Gegenständen aus einem Drittlandsgebiet sowie der innergemeinschaftliche Erwerb gegen Entgelt (§§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1a UStG).
25.1
Der Unternehmerbegriff ist ein zentraler Begriff des Umsatzsteuerrechts. Lieferungen und Leistungen des Unternehmers sind umsatzsteuerbar (§§ 1, 3 UStG), er ist Steuerschuldner (§ 13a UStG) und steuerpflichtig i.S. des § 33 AO. Daneben ist die Unternehmereigenschaft im Zusammenhang mit der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs relevant (§ 15 UStG). Wer Unternehmer ist, ergibt sich aus § 2 UStG. Danach ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen1, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur ihren Mitgliedern gegenüber tätig wird. Die Tätigkeit muss daneben selbständig ausgeübt werden. Das Umsatzsteuergesetz definiert die Selbständigkeit nicht positiv, § 2 Abs. 2 UStG enthält jedoch eine Beschreibung der Unselbständigkeit.
25.2
Unternehmer i.S. des UStG können natürliche und juristische Personen des privaten und öffentlichen Rechts, Personenzusammenschlüsse, Zweckvermögen und sonstige Wirtschaftsgebilde sein, die sich nach außen durch Bewirkung von Umsätzen am Wirtschaftsverkehr beteiligen2. Die Steuerrechtsfähigkeit des Unternehmers geht dabei teilweise weiter als die Rechtsfähigkeit des bürgerlichen Rechts. Gesellschaften sind Unternehmer, wenn sie nachhaltig Umsätze tätigen3.
25.3
1. Stille Gesellschaft und Unternehmerbegriff Die stille Gesellschaft beteiligt sich als solche nicht am Wirtschaftsverkehr. Da ihr nicht die rechtliche Stellung eines nach außen auftretenden Unternehmers zukommt, tätigt sie selbst keine steuerbaren Umsätze. Auf dem Gebiet der Umsatzsteuer besitzt die stille Gesellschaft keine eigene Rechtsfähigkeit. Allein der Inhaber des Handelsgeschäfts entfaltet eine selbständige nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen. Nur ihm kommt Unternehmer-
1 Reiß in Tipke/Lang, Steuerrecht § 14 Rn. 129. 2 BFH v. 18. 12. 1980 – V R 142/73, BStBl. II 1981, 408; BFH v. 22. 6. 1989 – V R 37/84, BStBl. II 1989, 913. 3 Klenk in Sölch/Ringleb, § 2 UStG Rn. 25 m.w.N.
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25.4
§ 25
Umsatzsteuer
eigenschaft zu; nur er ist Steuerrechtssubjekt und Schuldner der Umsatzsteuer gemäß § 13a UStG1.
25.5
Bei der atypischen stillen Gesellschaft bestanden früher Zweifel darüber, ob sie umsatzsteuerrechtlich als Einzelunternehmen oder als Mitunternehmerschaft mit eigener umsatzsteuerlicher Rechtsfähigkeit anzusehen ist. Die Behandlung als Mitunternehmerschaft beruht auf den Gebieten der Einkommensteuer, der Vermögensteuer und der Gewerbesteuer auf gesetzlichen Regelungen. Für das Umsatzsteuerrecht fehlt dagegen eine entsprechende Vorschrift, nach der die Mitunternehmerschaft wie eine Außengesellschaft zu behandeln ist.
25.6
Für den Begriff des Mitunternehmers ist nach ständiger Rechtsprechung weniger das Auftreten nach außen als vielmehr die Gestaltung des Innenverhältnisses entscheidend (vgl. auch Rn. 20.58 ff.). Wenn die Beteiligten im Gesellschaftsvertrag dem stillen Gesellschafter eine Stellung eingeräumt haben, die wirtschaftlich der eines Unternehmers entspricht, soll er auch steuerlich als solcher behandelt werden. Diese Betrachtungsweise kann für den Bereich der Umsatzsteuer nicht ohne weiteres übernommen werden – so unbefriedigend es im Interesse der Rechtseinheitlichkeit auch ist, für das Umsatzsteuerrecht von einem anderen Unternehmerbegriff auszugehen, als er für die anderen Steuerrechtsgebiete zugrunde gelegt wird. Das hat jedoch seinen Grund in den Besonderheiten des Umsatzsteuerrechts. Im Gegensatz zu allen anderen Steuergesetzen, die den Unternehmerbegriff nicht näher erläutern, enthält das Umsatzsteuergesetz in § 2 Abs. 1 UStG eine Legaldefinition dieses Begriffes. Nur wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt, ist Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinne. Das trifft nur auf den Inhaber des Handelsgeschäfts, nicht auf den atypischen stillen Gesellschafter oder auf die atypische stille Gesellschaft zu, mag der stille Gesellschafter auch im Innenverhältnis wirtschaftlich die Stellung eines Unternehmers haben. Zum anderen ist für das Umsatzsteuerrecht, das einzelne Verkehrsvorgänge besteuert, allein das Auftreten nach außen entscheidend2. Dabei kommt der Verkehrsauffassung maßgebliche Bedeutung zu. Nach außen tritt immer nur der Inhaber auf. Nur er tätigt Umsätze, nicht auch der atypische stille Gesellschafter oder die Gesellschaft, deren Vorhandensein in der Regel den Geschäftspartnern des Inhabers gar nicht bekannt ist und deren Name bei Bewirkung der Lieferungen und sonstigen Leistungen nicht hervortritt.
25.7
Es braucht sich zwar bei dem Unternehmer i.S. des Umsatzsteuerrechts nicht um eine rechtsfähige Person zu handeln. Rechtsfähigkeit im privatrechtlichen Sinne und Umsatzsteuerfähigkeit decken sich nicht. Dem Wesen der Umsatz1 BFH v. 2. 8. 1979 – V R 111/77, BStBl. II 1980, 20; BFH v. 27. 5. 1982 – V R 111/81, BStBl. II 1982, 678; Heidner in Bunjes/Geist, § 2 UStG Rn. 11; Stadie in Rau/Dürrwächter, § 2 UStG Rn. 103; Offerhaus, BB 1964, 1414; Schön in Woerner, Umsatzsteuer in nationaler und europäischer Sicht, S. 81 (86). 2 Vgl. BFH v. 18. 10. 1962 – V 264/59, HFR 1963, 356; BFH v. 17. 8. 1972 – V R 63/68, BStBl. II 1972, 922; Offerhaus, BB 1964, 1414; Stadie in Rau/Dürrwächter, § 2 UStG Rn. 229; Heidner in Bunjes/Geist, § 2 UStG Rn. 28 f.
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steuer als einer Steuer auf wirtschaftliche Verkehrsvorgänge entspricht es, dass jedes Gebilde, das selbständig im Wirtschaftsleben in Erscheinung tritt, gleichgültig in welcher Form das geschieht, Unternehmereigenschaft haben kann. Nicht nur natürliche und juristische Personen des privaten und öffentlichen Rechts können Unternehmer sein, sondern auch Zweckvermögen, Erbengemeinschaften, nichtrechtsfähige Vereine, lose Gelegenheitsgesellschaften und Personenzusammenschlüsse jeglicher Art, vorausgesetzt, dass sie nach außen – Dritten gegenüber – selbständig in Erscheinung treten. Das trifft auf die atypische stille Gesellschaft jedoch nicht zu. Sie tritt als solche Dritten gegenüber nicht auf, so dass ihr auch keine Unternehmereigenschaft zukommt. Rechtsbeziehungen bestehen nur zwischen dem Inhaber und den dritten Personen, nicht auch zwischen diesen und dem stillen Teilhaber oder der stillen Gesellschaft. Demzufolge ist der atypische stille Gesellschafter oder die stille Gesellschaft auch nicht neben dem Inhaber Schuldner der Umsatzsteuer. Besteht an einer Kapitalgesellschaft, die zu einem Unternehmer in einem Organschaftsverhältnis steht (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG), eine atypische stille Beteiligung, so wird das Organschaftsverhältnis davon nicht berührt. Umsatzsteuerrechtlich tritt nach außen hin auch hier nur die Kapitalgesellschaft in Erscheinung.
25.8
Die maßgebliche Beteiligung von stillen Gesellschaftern einer OHG an einer GmbH muss bei der Beurteilung einer finanziellen Eingliederung der GmbH in die OHG (im Wege mittelbarer Beteiligung) außer Betracht bleiben1.
25.9
Die Rechtsprechung hat aus diesen sich aus dem umsatzsteuerrechtlichen Unternehmerbegriff ergebenden Überlegungen den Schluss gezogen, dass Innengesellschaften ohne eigenes Vermögen, ohne eigenen Betrieb, ohne eigene Rechtsfähigkeit und ohne eigene Firma mangels Auftretens nach außen für das Gebiet der Umsatzsteuer unbeachtlich sind2. Weder der typische noch der atypische stille Gesellschafter haftet für die Umsatzsteuer des Geschäftsinhabers3.
25.10
Im Ergebnis ist die im Ertragsteuerrecht wichtige Unterscheidung von typischen und atypischen stillen Gesellschaften umsatzsteuerlich ohne Belang.
25.11
2. Der stille Gesellschafter als Unternehmer Wenn die stille Gesellschaft als solche nicht Umsatzsteuersubjekt ist, so ist damit aber noch nichts darüber ausgesagt, wie die Umsatzsteuersubjekteigenschaft der einzelnen in der stillen Gesellschaft zusammengeschlossenen Personen zu beurteilen ist. Hier können zwischen den an einer stillen Gesell1 BFH v. 2. 8. 1979 – V R 111/77, BStBl. II 1980, 20. 2 Vgl. BFH v. 26. 5. 1955 – V 104/54 S, BStBl. III 1955, 234; Offerhaus, BB 1964, 1414. 3 Vgl. BFH v. 22. 5. 1969 – V R 28/66, BStBl. II 1969, 603 für die atypische stille Gesellschaft; FG Saarland v. 21. 2. 1989 – 2 V 12/89, EFG 1989, 388; Dziadkowski/Beranek, UR 1990, 265 (266).
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25.12
§ 25
Umsatzsteuer
schaft Beteiligten, ebenso wie bei jeder anderen Personenvereinigung und deren Mitgliedern, steuerbare Umsätze stattfinden. So können die Gesellschafter miteinander auf individualrechtlicher Grundlage Verträge über Lieferungen und sonstige Leistungen abschließen, die keine Grundlage im Gesellschaftsverhältnis selbst haben und deren umsatzsteuerliche Auswirkungen sich nach den Vorschriften des UStG bestimmen, ohne dass sich aus der gesellschaftlichen Verbundenheit Besonderheiten ergeben1.
25.13
Es können zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter aber auch Leistungen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage vorkommen. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um Leistungen, die mit der Errichtung und mit der Auflösung der stillen Gesellschaft im Zusammenhang stehen oder die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters betreffen (dazu unten Rn. 25.16 ff.).
25.14
Lange umstritten war, inwieweit der stille Gesellschafter bereits aufgrund seiner Gesellschaftereigenschaft im Rahmen solcher Leistungsbeziehungen umsatzsteuerlich als Unternehmer zu qualifizieren ist. Nach einer auch im Schrifttum vertretenen Auffassung begründet der Stille mit der Überlassung der Einlage an den Geschäftsinhaber auch seine umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft, weil die Überlassung der Einlage nachhaltig erfolge; mit der Kapitalüberlassung erbringe der stille Gesellschafter eine Duldungsleistung ähnlich dem Eigentümer, der einmalig einen Nießbrauch an seinem Grundstück bestelle und damit nach der Rechtsprechung des BFH Unternehmer sei2. Diese Auffassung ist abzulehnen. Die Leistung der Geldeinlage durch den stillen Gesellschafter ist kein steuerbarer Leistungsaustausch i.S. des UStG. Reiß3 ist darin zuzustimmen, dass Beitragsleistungen an die Gesellschaft die Unternehmereigenschaft des Stillen nur dann begründen können, wenn es sich um nachhaltige Dauerleistungen handelt, die gegen gewinnunabhängiges Entgelt erbracht werden.
25.15
Auch das Halten einer stillen Beteiligung kann nicht als unternehmerische Betätigung i.S. des UStG qualifiziert werden4. Allein aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Position ist der stille Gesellschafter nicht als Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 UStG5 anzusehen. Etwas anderes gilt selbstverständlich dann, wenn der stille Gesellschafter unabhängig von seiner Gesellschafterstellung persönlich eine nachhaltige Tätig-
1 Vgl. Dziadkowski/Beranek, UR 1990, 265 (266); BMF v. 31. 5. 2007 – IV A 5-S 7100/07/0031, DStR 2007, 1039 (1040). 2 Siehe etwa Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, 7. Aufl. 1998, S. 140 unter Verweis auf BFH v. 16. 12. 1971 – V R 41/68, BStBl. II 1972, 238. 3 Reiß, UR 1988, 298 (303). 4 EuGH v. 6. 2. 1997 – Rs C-80/95, DStR 1997, 210; anders allerdings beim Handel mit stillen Beteiligungen; so auch Reiß, UR 1988, 298 (303). 5 Vgl. BFH v. 17. 8. 1972 – VR 63/68, BStBl. II 1972, 922; Griebel, UR 1965, 241; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 204 ff.; Horn, BB 1968, 747; Geitz, UR 1965, 114; a.A. Uhl, UR 1964, 225 (227).
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keit zur Erzielung von Einnahmen ausübt und deshalb als Unternehmer zu qualifizieren ist1.
II. Errichtung der stillen Gesellschaft und Leistungsaustausch während ihres Bestehens 1. Leistung des stillen Gesellschafters Die Errichtung der stillen Gesellschaft vollzieht sich grundsätzlich in der Weise, dass der stille Gesellschafter eine Einlage in das Vermögen des Inhabers leistet und dafür am Gewinn (und Verlust) beteiligt wird (vgl. Rn. 6.1 ff., Rn. 7.1 ff.). Da der stille Gesellschafter regelmäßig nicht Unternehmer ist, tätigt er hierdurch keine steuerbaren Umsätze und fällt demnach nicht unter das UStG. Dasselbe gilt für den Fall, dass er Unternehmer ist, die stille Beteiligung aber nicht im Rahmen seines Unternehmens übernommen hat. Von Interesse sind hiernach nur die Fälle, in denen die Beteiligung im Rahmen des Unternehmens des stillen Gesellschafters übernommen wird.
25.16
a) Die Leistung an die Innengesellschaft Die entscheidende Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, besteht darin, ob in der Hingabe der Vermögenseinlage gegen Gewinnbeteiligung ein steuerbarer Leistungsaustausch zu sehen ist.
25.17
Für das Verständnis der Rechtslage ist es zunächst sinnvoll, die Rechtslage bei den Außengesellschaften darzustellen2. Erwirbt der Gesellschafter einer Außengesellschaft bei der Gründung der Gesellschaft seinen Anteil gegen Erbringung einer Bareinlage, so bewirkt er damit keinen steuerbaren Umsatz, da es auf seiner Seite an einer Leistung i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG mangelt. Erwirbt er dagegen den Anteil gegen Einbringung einer Sacheinlage3, so stellt das nach Ansicht des BFH4 und der h.M. einen steuerbaren Leistungsaustausch dar5. Bei Leistungen des Gesellschafters während des Bestehens der Gesellschaft ist bei den Außengesellschaften nach Sicht des BFH zu unterscheiden6: Ein nicht1 Vgl. Reiß, BB 1986, 1407; Reiß, UR 1988, 298 (303). 2 Ausführlicher zur Rechtslage bei den Außengesellschaften siehe in der 6. Aufl., Rn. 25.17 ff. 3 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Einbringung eines Unternehmens durch einen Unternehmer in eine Gesellschaft als Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegt. 4 BFH v. 8. 11. 1995 – XI R 63/94, BStBl. II 1996, 114. 5 Kritisch hierzu Mößlang, UR 1974, 85; Wagner, Umsatzsteuerkongress-Bericht 1991/92, S. 63; Köhler, UVR 1993, 168; Blanke, Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Gesellschafterbeiträgen bei Personengesellschaften, S. 77 ff.; siehe auch Seer, DStR 1988, 367, und Weiß, UR 1995, 98, 99. 6 Vgl. BFH v. 18. 12. 1996 – XI R 12/96, BStBl. II 1997, 374; EuGH v. 27. 1. 2000 – Rs C-23/98, UVR 2000, 141.
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Umsatzsteuer
steuerbarer Gesellschafterbeitrag liegt vor, wenn die Leistung des Gesellschafters durch seine Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten wird. Dagegen wird angenommen, dass die Leistung im Rahmen eines Leistungsaustausches erbracht wird, wenn die Leistung durch ein Sonderentgelt abgegolten wird1. Dabei kann die Gegenleistung auch durch Gutschrift auf dem Eigenkapitalkonto des Gesellschafters bewirkt werden.
25.19
In seinem Urteil v. 27. 5. 19822 hat der BFH seine ältere Rechtsprechung wieder aufgenommen3, demzufolge auch die Bareinlage gegen Gewinnbeteiligung nicht als nicht steuerbarer Gesellschaftsbeitrag an die Innengesellschaft beurteilt werden kann, da die stille Gesellschaft nicht über ein Gesamthandsvermögen verfüge in welche geleistet werden könne. Leistungsempfänger sei lediglich der Geschäftsinhaber, der im Rahmen eines Leistungsaustausches für die Überlassung der Einlage eine gewinnabhängige Vergütung gewährt.
25.20
In Anlehnung an das Urteil des BFH vom 27. 5. 1982 ergingen ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen4 sowie verschiedene OFDVerfügungen5, wonach die Geldhingabe durch den stillen Gesellschafter eine sonstige Leistung sein solle, für die er vom Leistungsempfänger, dem Inhaber des Handelsgewerbes, Gewinnanteile als Entgelt erhalte. Danach wäre die Einlageleistung ein steuerbarer Umsatz i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. An der Auffassung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen sowie der Oberfinanzdirektionen Köln und Münster ist vielfach Kritik geübt worden. Insbesondere wurde – durchaus zu Recht – bezweifelt, dass die ausschließlich in Geld bestehende Vermögenseinlage zu einem steuerbaren Leistungsaustausch führen könne6.
25.21
Der Gesetzgeber sah sich in der Folge des BFH-Urteils vom 27. 5. 1982 veranlasst, einen besonderen Befreiungstatbestand in das UStG aufzunehmen. Nach dem durch Gesetz vom 17. 12. 19867 angefügten § 4 Nr. 8j UStG a.F.8 wurde die Beteiligung als stiller Gesellschafter an dem Unternehmen oder an dem Gesellschaftsanteil eines anderen steuerbefreit. Damit war die Rechtsunsicherheit, die das Urteil des BFH v. 27. 5. 1982 und die im Anschluss daran 1 BFH v. 8. 11. 1995 – XI R 63/94, BStBl. II 1996, 114 m.w.N.; vgl auch Abschnitt 6 Abs. 3 UStR 2008 und BMF v. 31. 5. 2007 – IV A 5-S 7100/07/0031, DStR 2007, 1039 (1040). 2 BFH v. 27. 5. 1982 – V R 110, 111/82, BStBl. II 1982, 678 = BB 1982, 1966 = UR 1982, 202 m. Anm. Weiß. 3 BFH v. 11. 11. 1965 – V 146/63 S, BStBl. III 1966, 28. Diese Rechtsprechung wurde durch BFH v. 17. 8. 1972 – V R 63/68, BStBl. II 1972, 922 zeitweise aufgegeben. 4 Bayerisches Staatsministerium der Finanzen v. 12. 12. 1985 – 36-S 7100-37/3-54058, DStR 1986, 160. 5 OFD Köln v. 12. 6. 1986 – S 7104-10-St 142, BB 1986, 1489; OFD Münster v. 27. 3. 1986 – S 7104-27-St 14-32, WPg 1986, 311. 6 Georgy in Plückebaum/Malitzky/Werner, § 2 Abs. 1 UStG Rn. 135/2 m.w.N. 7 BGBl. I 1986, 2488; ebenfalls kritisch zu dieser Regelung Reiß, UR 1987, 153. 8 § 4 Nr. 8j UStG a.F. wurde aufgrund der Entscheidung des EuGH in Sachen KapHag Renditefonds durch das Richtlinien-Umsetzungsgesetz mit Wirkung zum 16. 12. 2004 wieder aufgehoben, siehe dazu Rn. 25.23.
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Umsatzsteuer
§ 25
ergangenen OFD-Verfügungen ausgelöst haben, beseitigt worden. Diese Befreiungsvorschrift war am 1. 1. 1987 in Kraft getreten1. Die Einführung dieser Vorschrift bedeutete zum einen, dass diese Beteiligungen zwar steuerbefreit waren, zum anderen aber auch, dass die Vorsteuerabzugsberechtigung nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG entfiel oder eine Korrektur nach § 15a UStG vorzunehmen war. Die Möglichkeit nach § 9 Abs. 1 UStG zur Umsatzsteuer zu optieren und dadurch den Vorsteuerabzug zu sichern, bestand für nach § 4 Nr. 8j UStG a.F. steuerbefreite Umsätze nicht. b) Die Entscheidung des EuGH in Sachen KapHag Renditefonds und ihre Folgen In Folge der Entscheidung des EuGH in Sachen KapHag Renditefonds vom 26. 6. 20032 hat sich die Rechtslage grundlegend geändert. Der EuGH führt in dieser Entscheidung aus, dass es für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung unerheblich sei, ob die Aufnahme eines neuen Gesellschafters als Handlung der Gesellschaft als solche oder der Mitgesellschafter anzusehen sei3. Die Grundsätze des Urteils des BFH v. 27. 5. 1982 sind danach kaum noch haltbar.
25.22
Der Gesetzgeber reagierte darauf, indem er § 4 Nr. 8j UStG a.F. durch das Richtlinien-Umsetzungsgesetz4 mit Wirkung zum 16. 12. 2004 wieder aufhob. In der Gesetzesbegründung zum Richtlinien-Umsetzungsgesetz heißt es dazu, dass nach der KapHag-Entscheidung davon auszugehen sei, dass § 4 Nr. 8j UStG a.F. in den Fällen einer Geldeinlage eine nicht steuerbare Leistung von der Umsatzsteuer befreit und die Vorschrift insofern ins Leere gehe. In den Fällen der Einlage von Dienstleistungen hingegen werde eine steuerbare Leistung EU-rechtswidrig von der Umsatzsteuer befreit. Die Vorschrift sei daher aufzuheben.
25.23
Dazu muss angemerkt werden, dass Gegenstand der KapHag-Entscheidung die Steuerbarkeit der Aufnahme des Gesellschafters, also der Leistung der Gesellschaft war. In der Entscheidung wird lediglich die bisherige Rechtsprechung des EuGH erwähnt, wonach der bloße Erwerb und das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen nicht als wirtschaftliche Tätigkeit i.S. der Sechsten Richtlinie angesehen werden könne. Die Aufhebung des § 4 Nr. 8j UStG zu diesem Zeitpunkt ist wohl eher der Erkenntnis geschuldet, dass die bloße Geldentrichtung keine Leistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne ist.
25.24
1 So sehr klare Regelungen gerade im Steuerrecht zu begrüßen sind, darf die Einfügung des § 4 Nr. 8j UStG a.F. nicht darüber hinwegtäuschen, dass die dogmatischen Bedenken damit nicht ausgeräumt worden sind. M.E. wäre ein spezieller Befreiungstatbestand schon deshalb nicht erforderlich gewesen, weil die Einlageleistung des stillen Gesellschafters gegen Gewinnbeteiligung schon von vornherein keinen steuerbaren Umsatz darstellt. Hierzu ausführlich die 5. Aufl., Rn. 1741–1743; zur gleichen Auffassung gelangen auch Dziadkowski/Beranek, UR 1990, 265 (268). 2 EuGH v. 26. 6. 2003 – Rs C-442/01, DStRE 2003, 936. 3 EuGH v. 26. 6. 2003 – Rs C-442/01, DStRE 3003, 936 (939). 4 BGBl. I 2004, 3310 = BStBl. I 2004, 1158.
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§ 25
Umsatzsteuer
25.25
Der Gesetzgeber geht offensichtlich davon aus, dass die Grundsätze der KapHag-Entscheidung auch auf die Einlageleistung des eintretenden stillen Gesellschafters anzuwenden sind und dass die stille Gesellschaft analog den Außengesellschaften zu behandeln sei1. Jedenfalls die Geldeinlage des stillen Gesellschafters wird daher nach der KapHaG-Entscheidung des EuGH nicht mehr als steuerbare Leistung angesehen werden können.
25.26
Wie sich die Rechtsprechung des EuGH auf die Sacheinlage auswirken wird, ist noch unsicher. Die h.M. geht davon aus, dass die Sacheinlage durch den eintretenden unternehmerischen Gesellschafter auch nach der KapHag-Entscheidung ein steuerbarer (und bei der stillen Gesellschaft nunmehr nicht mehr steuerbefreiter) Vorgang ist2. c) Die Berechtigung des stillen Gesellschafters zum Vorsteuerabzug
25.27
In welchem Umfang der ansonsten unternehmerisch tätige stille Gesellschafter zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt3. Die Finanzverwaltung4 legt die Aussage des EuGH, dass das bloße Erwerben, Halten und Veräußern von Beteiligungen keine unternehmerische Tätigkeit sei, dahingehend aus, dass Beteiligungen grundsätzlich einem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen seien (Sphärentheorie). Ausnahmsweise seien Beteiligungen dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen, wenn ein gewerblicher Beteilungshandel vorliegt oder die Beteiligung der Förderung einer bestehenden oder beabsichtigten unternehmerischen Tätigkeit dient und der Beteiligte durch Erbringung entgeltlicher Leistungen gegenüber der Gesellschaft unmittelbar in deren Verwaltung eingreift. Ein Vorsteuerabzug aus Aufwendungen, die im Zusammenhang mit den im nichtunternehmerischen Bereich gehaltenen gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen anfallen, kommt nach Ansicht der Verwaltung nicht in Betracht. Allgemeine Verwaltungskosten seien für Zwecke des Vorsteuerabzuges aufzuteilen. Werden die Beteiligungen ausnahmsweise im unternehmerischen Bereich gehalten, sei die Vorsteuer nach den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 UStG abziehbar.
25.28
Der EuGH hatte sich zur Aufteilung von Vorsteuern für Aufwendungen, die sowohl für den unternehmerischen als auch für den nichtunternehmerischen Bereich angefallen sind, zunächst nicht umfassend und nur vereinzelt geäu-
1 Zur ausführlichen Begründung, warum die Gleichbehandlung mit den Außengesellschaften angemessen ist, siehe schon in der 5. Aufl., Rn. 1741-1743 und Dziadkowski/ Beranek, UR 1990, 265 (268). 2 BFH v. 13. 11. 2003 – V R 79/01, DStR 2004, 629; BMF v. 4. 10. 2006 – IV A 5-S 7300-69/06, BStBl. I 2006, 614; Jakob, Umsatzsteuer, Rn. 959 ff.; Klenk in Sölch/Ringleb, § 1 UStG Rn. 225; Reiß, UR 2003, 426 (436). 3 Siehe dazu Feil/Roscher, BB 2007, 1079 (1082 f.) Küffner/Zugmeier, DStR 2007, 473 (474); Feldt, UR 2007, 161 (167 f.). 4 Siehe BMF v. 26. 1. 2007 – IV A 5-S7300-10/07, DB 2007, 315 m. Anm. Eggers, DB 2007, 361.
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ßert1. Insbesondere hat er in Sachen KapHag die ihm vom BFH gestellte Vorlagefrage zum Vorsteuerabzug nicht beantwortet. Der BFH hat jedoch in seiner Nachfolgeentscheidung2 den Vorsteuerabzug für Beratungskosten, die im Zusammenhang mit der Ausgabe von Beteiligungen angefallen sind, für zulässig erklärt. In Sachen Securenta3 hat der EuGH jüngst entschieden, dass die Festlegung der Methoden und Kriterien zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge im Ermessen der Mitgliedstaaten steht, die aber Zweck und Systematik der sechsten Mehrwertsteuerrichtlinien zu berücksichtigen haben (siehe dazu Rn. 25.37)4.
25.29
2. Leistung des Geschäftsinhabers Ging es bislang um die Frage, ob die Leistung des stillen Gesellschafters einen umsatzsteuerbaren Vorgang darstellt, so ist im Folgenden zu klären, ob nicht in der Einräumung der stillen Beteiligung eine Leistung des Geschäftsinhabers liegt, der seinerseits einen „Anteil“ an den stillen Gesellschafter „abgibt“.
25.30
Die Frage, ob und inwieweit die Personenvereinigung bei Gründung, Kapitalerhöhung oder Eintritt neuer Mitglieder steuerbare Leistungen an die Mitglieder erbringt, war ursprünglich ohne Bedeutung, weil eine derartige Leistung, sofern man sie bejaht, jedenfalls gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. f) UStG steuerfrei war. Inzwischen ist die Steuerbarkeit aber im Rahmen des Vorsteuerabzugs relevant, da § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für steuerfreie Umsätze den Vorsteuerabzug ausschließt. Nach der früher h.M. und der Verwaltungsauffassung bewirkt eine Gesellschaft bei der Gründung mit der Ausgabe der Gesellschaftsanteile an die Gesellschafter eine grundsätzlich steuerbare, jedoch nach § 4 Nr. 8 Buchstb. f.) UStG steuerfreie Leistung5.
25.31
In der Literatur war die Frage umstritten, sowohl für die Innen- wie auch für die Außengesellschaften. Gegen eine Steuerbarkeit wurde angeführt, dass die Gründungsgesellschafter die Rechtsposition als Gesellschafter durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrags erlangten, nicht aber durch eine Leistung der Gesellschaft. Anders als bei der Neuaufnahme in Publikumsgesellschaften lie-
25.32
1 In EuGH v. 27. 9. 2001 – Rs C-16/00, DStR 2001, 1795 (Cibo Participations) hat das Gericht einer Holding den Vorsteuerabzug aus Kosten für einen Beteiligungserwerb gewährt. Allerdings erbrachte die betreffende Holdinggesellschaft dort an alle Tochtergesellschaften entgeltliche Dienstleistungen, so dass auch nach Ansicht der Verwaltung hier ein Vorsteuerabzug möglich gewesen wäre. In EuGH v. 26. 5. 2005 – Rs C-465/03, DStR 2005, 965 (Kretztechnik AG) hat der EuGH den Vorsteuerabzug für Kosten bei der Ausgabe von neuen Aktien gewährt, obwohl es sich bei der Ausgabe von Aktien um einen Umsatz handelt, der nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuersystemrichtlinie fällt. 2 BFH v. 1. 7. 2004 – V R 32/00, DStR 2004, 1425. 3 EuGH v. 13. 3. 2008 – Rs C-437/06, DStR 2008, 615. 4 Zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge beim Halten von Beteiligungen siehe insbesondere Eggers, DB 2008, 719 (722 ff.) und UR 2008, 348 (352). 5 Dazu ausführlicher in der 6. Aufl., Rn. 25.26 ff.
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ge daher kein Leistungsaustausch vor1. Abgesehen davon sei die Gründung auch kein Gegenstand unternehmerischer Betätigung, da er erst ein notwendiger Akt zur Schaffung der Voraussetzungen der unternehmerischen Betätigung sei. Der Beitritt neuer Gesellschafter stelle eine Leistungsvereinigung und keinen Leistungsaustausch dar2. Die Gegenansicht stützte sich vielfach auf das Bestehen des Befreiungstatbestandes und folgerte daraus, dass der Gesetzgeber die Steuerbarkeit der Leistung vorausgesetzt haben müsse3.
25.33
Der BFH hatte die Auffassung, die in der Ausgabe der Anteile einen steuerbaren Leistungsaustausch sieht, zumindest für die Publikumspersonengesellschaften in seinem hierzu grundlegenden Urteil v. 18. 12. 19754 bestätigt. In seinem Urteil v. 14. 12. 1995 hatte der BFH diese Rechtsprechung auf die Einräumung von Rechten von atypischen stillen Gesellschaftern in einer Publikumsgesellschaft erstreckt5. Ob die Rechtsprechung zu den Publikumspersonengesellschaften auch auf andere Fälle übertragen werden kann, war nicht völlig geklärt6.
25.34
Zu einer Rechtsprechungsänderung und Klärung hat jedoch die Entscheidung des EuGH in Sachen KapHag geführt. Der EuGH führt in seiner Entscheidung, die den Fall einer Publikumspersonengesellschaft betraf, aus, dass eine Personengesellschaft bei der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Zahlung einer Bareinlage an diesen keine Dienstleistung gegen Entgelt erbringt und es in diesem Zusammenhang auch nicht darauf ankomme, ob die Aufnahme als Handlung der Gesellschaft als solche oder der Mitgesellschafter anzusehen ist7. Dem Urteil des EuGH folgend, führt der BFH in seiner Anschlussentscheidung aus: „Eine Personengesellschaft erbringt bei Aufnahme eines Gesellschafters gegen Bareinlage an diesen keinen steuerbaren Umsatz und damit auch keinen nach § 4 Nr. 8 Buchstb. f.) UStG steuerfreien Umsatz“8.
25.35
Folgen hat die neue Rechtsprechung des EuGH auch für den Vorsteuerabzug des Geschäftsinhabers für Eingangsleistungen, die mit der Ausgabe der Beteiligung in Zusammenhang stehen. Insbesondere bei Publikumspersonengesellschaften können für betriebswirtschaftliche, rechtliche und steuerliche Beratung bei Ausgabe der Beteiligungen erhebliche Kosten und Vorsteuerbeträge anfallen. Im Gegensatz zu steuerbaren aber steuerbefreiten Ausgangsumsätzen schließen nicht steuerbare Ausgangsumsätze den Vorsteuerabzug nicht nach § 15 Abs. 2 UStG aus. Obwohl der EuGH in Sachen KapHag auf die auf den Vorsteuerabzug zielende zweite Vorlagefrage des BFH nicht Stellung genommen hatte, hat der BFH den vollen Vorsteuerabzug für Beratungsleistungen ge1 Husmann in Rau/Dürrwächter, § 1 UStG Rn. 241 f. 2 Vgl. Mößlang, UR 1974, 85. 3 Hierzu umfassend Bülow in Vogel/Schwarz, § 1 UStG Rn. 185 mit Darstellung des Streitstandes. 4 BFH v. 18. 12. 1975 – V R 131/73, BStBl. II 1976, 265. 5 BFH v. 14. 12. 1995 – V R 11/94, BFHE 179, 469. 6 Ablehnend Husmann in Rau/Dürrwächter, § 1 UStG Rn. 246 f. 7 EuGH v. 26. 6. 2003 – Rs C-442/01, DStRE 2003, 936 (939); auf Vorlage des BFH v. 27. 9. 2001 – V R 32/00, DStRE 2002, 182. 8 BFH v. 1. 7. 2004 – V R 32/00, DStR 2004, 1425 (1426).
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währt und in seiner Anschlussentscheidung ausgeführt, dass der Vorsteuerabzug für rechtliche Beratung der Gesellschaft anlässlich ihrer Gründung nicht nach § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen sei. Entscheidend sei, dass die Kosten der bezogenen Beratungsleistungen allgemeine Kosten des Unternehmens sind und deshalb grundsätzlich direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens zusammenhängen1. In Sachen Kretztechnik2 hielt der EuGH den vollen Vorsteuerabzug einer Kapitalgesellschaft für Beratungsleistungen, die mit der Ausgabe neuer Aktien verbunden waren, für zulässig. Sowohl in der Entscheidung KapHag als auch im Fall Kretztechnik ging es um Unternehmen, die ansonsten nur steuerbare Umsätze tätigten. Problematischer ist der Vorsteuerabzug bei solchen Gesellschaften, die neben den steuerbaren auch steuerbare, aber steuerfreie und im großen Umfang nach den Grundsätzen des EuGH nicht steuerbare Umsätze haben.
25.36
Im Kern geht es um die Frage, ob neben den steuerbefreiten Umsätzen auch Umsätze aus dem nichtunternehmerischen Bereich bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge und Ermittlung der nichtabziehbaren Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG zu berücksichtigen sind und wie genau die Aufteilung vorzunehmen ist. Zu diesen Aufteilungsfragen hat sich der EuGH mittlerweile im Verfahren in Sachen Securenta3 dahingehend geäußert, dass die Festlegung der Methoden und Kriterien zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten i.S. der Sechsten Richtlinie 77/388 im Ermessen der Mitgliedstaaten steht, die bei der Ausübung ihres Ermessens Zweck und Systematik der Richtlinie berücksichtigen und daher eine Berechnungsweise vorsehen müssen, die objektiv widerspiegelt, welchem Teil der Eingangsaufwendungen jeder dieser beiden Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist. Der EuGH hält daher sowohl einen Investitionsschlüssel als auch einen Umsatzschlüssel oder jeden beliebigen Schlüssel als Aufteilungsmaß für möglich. Ob die Finanzverwaltung in Abschnitt 192 Abs. 21 Nr. 1 UStR 2008 eine objektiv nachvollziehbare Aufteilungsmethode angeordnet hat und ob die Festlegung der Aufteilungsmethode in einer Verwaltungsrichtlinie dem Postulat der Rechtssicherheit genügt, kann jedoch bezweifelt werden4.
25.37
III. Die Auflösung der stillen Gesellschaft Im Falle der Auflösung der stillen Gesellschaft erhält der stille Gesellschafter sein Auseinandersetzungsguthaben, wie es sich aus seinem Einlagekonto ergibt, in Geld zurückgezahlt (§ 235 Abs. 1 HGB). Dieser Vorgang ist ebenso wenig steuerbar wie die Rückzahlung eines Darlehens.
1 BFH v. 1. 7. 2004 – V R 32/00, DStR 2004, 1425 (1427). 2 EuGH v. 26. 5. 2005 – Rs C-465/03, DStR 2005, 965. 3 EuGH v. 13. 3. 2008 – Rs C-437/06, DStR 2008, 615, auf Vorlage des FG Niedersachsen v. 5. 10. 2006 – 5 K 109/05, DStRE 2007, 425. 4 Zur Kritik siehe Eggers, DB 2008, 719 (721) und UR 2008, 348 (349 f.).
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25.39
Wird der stille Gesellschafter in Sachwerten abgefunden, so liegt beim Inhaber eine steuerbare Lieferung vor, deren Entgelt in dem Verzicht auf den Barwert des Auseinandersetzungsanspruchs zu sehen ist. Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer ist der gemeine Wert der überlassenen Wirtschaftsgüter und nicht der Bilanzwert (§ 10 Abs. 4 UStG). Im Übrigen gelten die allgemeinen Vorschriften, die auch sonst für steuerbare Lieferungen anwendbar sind (§§ 4, 12 UStG).
IV. Veräußerung der stillen Beteiligung
25.40
Veräußert der stille Gesellschafter seine Beteiligung, so ist dieser Vorgang nur steuerbar, wenn die Beteiligung nach den Grundsätzen des KapHag Urteils und des BMF-Schreibens vom 26. 1. 2007 (siehe Rn. 25.27 f.) im unternehmerischen Bereich gehalten wird. Ist dies der Fall, so ist der Vorgang aber steuerfrei, da § 4 Nr. 8f UStG hier entsprechend angewendet werden kann1. Dies bedeutet, dass der Vorsteuerabzug für Kosten der Veräußerung von im unternehmerischen Bereich gehaltenen Beteiligungen nur durch Ausübung der Option nach § 9 UStG gesichert werden kann. Für den Erwerber kann sich eine Umsatzsteuerpflicht ergeben, wenn er als Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens die Gegenleistung in Sachwerten erbringt.
V. Zusammenfassung
25.41
Der typischen stillen Gesellschaft kommt ebenso wenig wie der atypischen stillen Gesellschaft Unternehmereigenschaft i.S. des Umsatzsteuerrechts zu. Unternehmer ist und bleibt nur der Inhaber, nicht der stille Gesellschafter, es sei denn, dass auch er für seine Person eine selbständige, nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ausübt und deswegen Unternehmer ist. Soweit das nicht zutrifft, fällt er nicht unter das Umsatzsteuergesetz. Weder der typische noch der atypische stille Gesellschafter ist neben dem Inhaber Schuldner der Umsatzsteuer. Im Innenverhältnis können der Inhaber und der stille Gesellschafter in zweifacher Hinsicht in rechtliche Beziehungen zueinander treten, einmal auf individualrechtlicher und zum anderen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage. Für die Beziehungen auf individualrechtlicher Grundlage bestehen keine Besonderheiten gegenüber Lieferungen und sonstigen Leistungen des Inhabers an dritte Personen. Dagegen stellt der dem stillen Gesellschafter zufließende anteilige Gewinn kein Entgelt für eine dem Inhaber gegenüber erbrachte Leistung dar. Die Gewinnbeteiligung ist unmittelbarer Ausfluss des Gesellschaftsverhältnisses. Nach der Entscheidung des EuGH in Sachen KapHag Renditefonds ist davon auszugehen, dass es bei der Aufnahme eines stillen Gesellschafters auf keiner Seite zu einem steuerbaren Leistungsaustausch kommt. 1 Ebenso Philipowski in Rau/Dürrwächter, § 4 Nr. 8 UStG Rn. 370 ff.
722
§ 26 Vermögensteuer Schrifttum: Arndt, Hans-Wolfgang/Jenzen, Holger, Zur Anwendbarkeit des Vermögensteuergesetzes nach dem 1. 1. 1997, NJW 1997, 1678; Dolzer, Rudolf/Vogel, Klaus/Graßhof, Karen, Bonner Kommentar, (Loseblattwerk); Falterbaum, Hermann/Barthel, Klaus, Bewertungsrecht, Vermögensteuer, 11. Aufl. 1995; Felix, Günther, Konsequenzen aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Vermögens- und Erbschaftsbesteuerung, BB 1995, 2241; Flume, Werner, Die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts zu den Einheitswerten in Hinsicht auf die Vermögen- und Erbschaftsteuer, DB 1995, 1779; Gürsching, Lorenz/Stenger, Alfons, Bewertungsrecht – BewG/ErbStG (Loseblatt); Jarass, Hans/Pieroth, Bodo, Grundgesetz, 10. Aufl. 2009; v. Mangoldt, Hermann/Klein, Friedrich/Stark, Christian (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, 5. Aufl. 2005; Maunz, Theodor/Dürig, Günter (Begr.), Grundgesetz, Kommentar (Loseblatt); Maurer, Hartmut, Staatsrecht I, 5. Aufl. 2007; Mayer, Christian, Der Umfang der Nachbesserungspflicht des Gesetzgebers bei der Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung – Konsequenzen aus den Beschlüssen des BVerfG vom 22. 6. 1995, 1996; Mayer, Christian, Die Folgen des Ausbleibens der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Reform des Vermögensteuerrechts, DStR 1997, 1152; v. Münch, Ingo/Kunig, Philip, Grundgesetz-Kommentar, 5. Aufl. 2003; Sachs, Michael (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 5. Aufl. 2009; Schmidt-Bleibtreu, Bruno/Klein, Franz, Kommentar zum Grundgesetz, 11. Aufl. 2008; Schmidt, Eberhard, Eine einmalige Gelegenheit nutzen, Folgerungen aus den BVerfG-Entscheidungen vom 22. 6. 1995 zur Vermögen- und Erbschaftsteuer, BB 1995, 1986; Schüppen, Matthias, Die Nichtanwendbarkeit des Vermögensteuergesetzes ab 1. 1. 1997: offene Fragen und ein zusätzliches „Steuergeschenk“, DStR 1997, 225; Umbach, Dieter/Clemens, Thomas, Grundgesetz, 2002; Wittmann, Rudolf, Die „Einheitswert“-Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 22. 6. 1995, BB 1995, 1933.
Das Bundesverfassungsgericht hat durch Beschluss vom 22. 6. 19951 festgestellt, dass Besteuerung des einheitsbewerteten Vermögens bei der Vermögensteuer gegen den allgemeinen verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstößt und den Gesetzgeber zur Neuregelung spätestens bis zum 31. 12. 1996 aufgefordert. Im JStG 19972 ist das Vermögensteuergesetz weder abgeschafft noch neu geregelt worden. Damit gilt das Vermögensteuergesetz formal zwar weiter, die Vermögensteuer wird jedoch seit dem 1. 1. 1997 nicht mehr erhoben.
26.1
Eine Neuregelung der Vermögensteuer ist trotz des Vorstoßes einiger Bundesländer bislang weder erfolgt, noch ist die Wiedereinführung durch den Bund absehbar. Überdies ist fraglich, inwieweit die Erhebung einer Vermögensteuer auf Länderebene möglich wäre. Hintergrund dieser Frage ist der Befund, dass die Erhebung der Vermögensteuer Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes ist (Art. 105 Abs. 2 GG). In diesem Bereich besteht eine Gesetzgebungskompetenz der Länder nur, solange und soweit der Bund von seiner Zuständigkeit keinen Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Insoweit stellt sich das Problem, dass die Sperrwirkung des formell bisher nicht auf-
26.2
1 BVerfG – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 = BStBl. II 1995, 655. 2 BGBl. I 1996, 2049.
723
§ 26
Vermögensteuer
gehobenen Vermögensteuergesetzes des Bundes einer Ländergesetzgebung entgegensteht. Nach herkömmlicher staatsrechtlicher Dogmatik ist ein Rechtssatz, der gegen höherrangiges Recht verstößt, nichtig, wobei bei formellen Gesetzen die verfahrensrechtliche Besonderheit besteht, dass die Nichtigkeit ausschließlich vom BVerfG festgestellt werden kann (Normenverwerfungsmonopol des BVerfG, Art. 100 Abs. 1 GG)1. Mit Beschluss vom 22. 6. 19952 hat der 2. Senat zwar nicht das Vermögensteuergesetz als Ganzes für verfassungswidrig erklärt, jedoch seine wesentlichen Teile, so dass eine Erhebung der Vermögensteuer rechtstechnisch nicht mehr möglich ist. Damit stellt sich nach Ablauf der vom BVerfG gesetzten Änderungsfrist zum 1. 1. 1997 die Frage, ob auch das in Teilen nichtige Gesetz Sperrwirkung zulasten der Ländergesetzgebungskompetenz entfaltet3.
26.3
Formal ist hierzu zu bemerken, dass das Vermögensteuergesetz als Ganzes noch existiert und eben nur § 10 Nr. 1 VStG wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG verfassungswidrig ist. Gegenständlich ist die Vermögensteuer damit weiterhin durch Bundesgesetz geregelt. Inhaltlich besteht zwar mit Wegfall des § 10 Nr. 1 VStG ein Vollzugshindernis, jedoch könnte bundesgesetzlich auch die Nichterhebung der Vermögensteuer geregelt werden4. Letztlich entscheidend dürfte aber sein, dass das BVerfG bei der kompetenzmäßigen Überprüfung von Gesetzen einem eingeschränkten Prüfungsmaßstab folgt. Regelungsgegenstand und -zweck jeder verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung ist eine klare Abgrenzung von Zuständigkeiten. Dem Sinn und Zweck der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit würde es aber zuwiderlaufen, wären die Beteiligten stets zu einer komplizierten Überprüfung der Rechtslage gezwungen. Die Abgrenzung muss daher einem Kanon rein formaler Kriterien folgen. Im Rahmen der Prüfung der Gesetzgebungskompetenz der Länder in den hierfür vorgesehenen Verfahren (vor allem Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG) beschränkt sich das BVerfG daher auf die Feststellung, dass überhaupt ein Bundesgesetz erlassen wurde, nicht ob dieses materiell verfassungsgemäß ist5. Dies spricht dafür, insgesamt allein auf das faktische Gebrauchmachen der Gesetzgebungszuständigkeit abzustellen und die Frage nicht von komplizierten verfassungsrechtlichen Erwägungen abhängig zu machen6. Es erscheint damit zutreffend, die Sperrwirkung des VStG erst mit seiner formellen Aufhebung enden zu lassen7. 1 Vgl. Maurer, Staatsrecht, § 20 Rn. 104. 2 BVerfG – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 = BStBl. II 1995, 655. 3 Dagegen Kunig in v. Münch/Kunig, Art. GG 72 Rn. 8; Schüppen, DStR 1997, 225 (226 f.). 4 Dies hat den Gesetzgeber letztlich auch dazu bewogen, von einer förmlichen Aufhebung bzw. Änderung des VStG abzusehen (BT-Drucks. 15/408, S. 6). Hier besteht aber gesetzgebungstechnisch der Unterschied, dass die inhaltliche Änderung des VStG im Gegensatz zum reinen Unterlassen ein Zustimmungsgesetz wäre (Art. 105 Abs. 3 GG) und damit der Zustimmung des Bundesrates bedürfte. 5 BVerfG v. 27. 10. 1998 – 1 BVR 2306/96, BVerfGE 98, 265 (4. Leitsatz). 6 Mayer, DStR 1997, 1152 (1155 f.). 7 Siekmann in Sachs, Art. 105 GG Rn. 10, 27; Jachmann in Mangoldt/Klein/Stark, Art. 105 GG Rn. 52 sowie Oeter in Mangoldt/Klein/Stark, Art. 72 GG Rn. 83; Umbach/Clemens, Art. 72 GG Rn. 17; Schmidt-Bleibtreu/Klein, Art. 72 GG Rn. 32;
724
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§ 26
Für die Praxis relevant dürfte in diesem Zusammenhang die Feststellung sein, dass auch der Gesetzgeber von diesem Befund ausgeht1. Ein politisches Kräftemessen zwischen Bund und Ländern zur Einführung der Vermögensteuer auf Länderebene ist daher nicht zu erwarten.
26.4
Die rechtliche Beurteilung des Vermögensteuergesetzes i.d.F. vom 14. 9. 1994 hat mittlerweile praktisch kaum noch Bedeutung, da bei Altfällen regelmäßig die Festsetzungsverjährung eingetreten sein dürfte. Soweit die Vermögensteuer für anhängige Rechtsbehelfe relevant ist, weil der Ablauf der Festsetzungsverjährung gemäß § 171 Abs. 3a AO gehemmt ist, wird auf die Ausführungen in § 26 der 6. Aufl. verwiesen.
26.5
Die Vorschriften des Bewertungsgesetzes sind nach wie vor für andere bewertungsabhängige Steuern von Bedeutung. Ausführungen hierzu finden sich nunmehr im Zusammenhang mit der Erbschaft- und Schenkungsteuer (siehe Rn. 27.19 ff.). Relevant wird das Bewertungsgesetz auch für die Ermittlung des Einheitswertes von Grundstücken im Rahmen der Grundsteuer (siehe Rn. 28.11 ff.).
26.6
Arndt/Jenzen, NJW 1997, 1678 (1679 Fn. 14); Mayer, DStR 1997, 1152 (1155 f.); Vogel/ Walter in Bonner Kommentar GG, Art. 105 Rn. 115; Pieroth in Jarass/Pieroth, Art. 72 GG Rn. 14; Maunz in Maunz/Dürig, Art. 72 GG Rn. 8. 1 BT-Drucks. 15/408, S. 6.
725
§ 27 Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer Schrifttum: Bäcker, Roland, Die stille Gesellschaft als Einstieg in die Unternehmensnachfolge, ZSteu 2006, 110; Carlé, Dieter/Fuhrmann, Claas, Unentgeltliche Begründung, Übertragung und Beendigung von Treuhandverhältnissen sowie von Anteilen an mitunternehmerischen Innengesellschaften, FR 2006, 749; Christoffel, Hans Günter, Bedeutung der Vermögenseinlage eines typischen stillen Gesellschafters als sonstiges Vermögen, DB 1988, 255; Crezelius, Georg, Der Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz – ErbStRG), DStR 2007, 2277; Felix, Günther, Einvernehmliche Veräußerung einer Gesellschaftsbeteiligung zum Buchwert und Schenkungsteuer, DStZ 1983, 165; Felix, Günther, Konsequenzen aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Vermögens- und Erbschaftsbesteuerung, BB 1995, 2241; Flume, Werner, Die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts zu den Einheitswerten in Hinsicht auf die Vermögen- und Erbschaftsteuer, DB 1995, 1779; Gebel, Dieter, Ermittlung des Steuerwerts von Anteilen an mitunternehmerischen und nichtunternehmerischen Personengesellschaften, DStR 1997, 801; Gürsching, Lorenz/Stenger, Alfons, Bewertungsrecht – BewG/ErbStG (Loseblatt); Hannes, Frank/Otto, Thomas, Der Treuhand-Erlass – eine Verwaltungsanweisung contra legem?, ZEV 2005, 464; Hofmann, Ruth, Erbschaft- und Schenkungsteuer, 5. Aufl. 1999; Hübner, Heinrich, Die „Erleichterung“ der Unternehmensnachfolge nach der Entscheidung des BVerfG, DStR 2007, 1013; Kapp, Reinhard/Ebeling, Jürgen, Kommentar zum Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (Loseblatt); Killinger, Wolfgang, Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens von Personengesellschaften gemäß § 97 Abs. 1a BewG, DStR 1998, 710; Knobbe-Keuk, Brigitte, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993; Kreutziger, Stefan/Lindberg, Klaus/Schaffner, Margit, Bewertungsgesetz, Kommentar, 2002; Kußmaul, Heinz/Pfirmann, Armin/Hell, Christoph/Meyering, Stephan, Die Bewertung von Unternehmensvermögen nach dem ErbStRG und Unternehmensbewertung, BB 2008, 472; Leisner, Walter, Steuer- und Eigentumswende – die Einheitswert-Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts, NJW 1995, 2591; Lüdicke, Jochen, Nochmals: Die erbschaft- und schenkungsteuerliche Behandlung der Übertragung treuhänderisch gehaltener Kommanditbeteiligungen, DStR 2007, 1116; Meincke, Jens Peter, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz Kommentar, 15. Aufl. 2009; Michel, Thomas, Zur Schenkungsteuer für echte stille Beteiligungen, DVR 1971, 17; Moench, Dietmar/Kien-Humbert, Petra/Weinmann, Norbert, Erbschaft- und Schenkungsteuer, Kommentar (Loseblatt); Petzoldt, Rolf, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2. Aufl. 1986; Piltz, Detlev, Unternehmensbewertung im neuen Erbschaftsteuerrecht, DStR 2008, 745; Rödder, Thomas/Zehnpfennig, Julia/Schönfeld, Jens, Geltendes und geplantes Erbschaftsteuerrecht aus Sicht von Familienunternehmen im Überblick, DStR 2007, 1020; Rössler, Rudolf (Begr.)/Troll, Max, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 17. Aufl. 1995; Scheuffele, Peter, Die typische stille Gesellschaft im Handelsrecht und im steuerlichen Bewertungsrecht, BB 1979, 1026; Schön, Wolfgang, Anmerkung zu BFH v. 2. 5. 1984 (VIII R 276/81), BB 1985, 313; Spengel, Christoph/Broer, Eva, Belastungswirkungen der Erbschaftsteuerreform bei der Übertragung von Unternehmensvermögen, DB 2008, 86; Spiegelberger, Sebastian, Entscheidungshilfen zur vorweggenommenen Erbfolge, Harzburger Steuerprotokoll 1994, S. 65 ff.; Steiger, A. Wolfgang, Die erbschaftsteuerliche Behandlung mehrfachen Vermögensanfalles, DVR 1984, 147 ff.; Sudhoff, Heinrich, Das Familienunternehmen, 2. Aufl. 2005; Tetens, Harens, Die Ermittlung und Aufteilung des Einheitswerts bei der atypisch stillen Gesellschaft, DB 1988, 729; Tiedtke, Klaus, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2009; Tipke, Klaus/Kruse, Heinrich Wilhelm, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar zur AO und FGO (Loseblatt); Troll, Max/Gebel, Dieter/Jülicher, Marc, Erbschaftsteuer- und Schenkung-
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Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
§ 27
steuergesetz (Loseblatt); Viskorf, Hermann-Ulrich, Verfassungsrechtliche Fragen der Erbschaftsteuer und der geplanten gesetzgeberischen Neuregelung, FR 2007, 624; Viskorf, Hermann-Ulrich/Glier, Josef/Hübner, Heinrich/Knobel, Wolfgang/Schuck, Stephan, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2004; Wälzholz, Eckhard, Die GmbH & Still nach der Unternehmensteuerreform 2008, GmbH-StB 2008, 11; Wiese, Tobias/Lukas, Philipp, Erbschaftsteuerreform 2009 und Unternehmensnachfolge – ein Überblick, GmbHR 2009, 57; Wittmann, Rudolf, Die „Einheitswert“-Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 22. 6. 1995, BB 1995, 1933; Ziegler, Jens, Reform der Erbschaftsteuer, BB 1996, 454.
I. Der Steuergegenstand Der Erbschaftsteuer unterliegen der Erwerb von Todes wegen und die Schenkungen unter Lebenden. Beide Tatbestände bestimmen sich grundsätzlich nach den gleichen Vorschriften (§ 1 ErbStG). Unter den Begriff der Schenkung unter Lebenden fallen u.a. die Schenkungen i.S. des bürgerlichen Rechts und alle anderen freigebigen Zuwendungen unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 ErbStG). Dieser Tatbestand ist auch dann erfüllt, wenn jemand als stiller Gesellschafter in der Weise beteiligt wird, dass der Inhaber des Handelsgeschäfts einen Teil seines Kapitalkontos unentgeltlich als Vermögenseinlage auf den stillen Gesellschafter überträgt1.
27.1
Eine Schenkung ist auch gegeben, wenn der Inhaber, was handelsrechtlich zulässig ist (vgl. oben Rn. 6.63 ff.), die Vermögenseinlage höher bewertet, als es ihrem Verkehrswert entspricht, wie umgekehrt eine Schenkung des stillen Gesellschafters an den Inhaber anzunehmen ist, wenn seine Vermögenseinlage zu gering bewertet wird. Eine Schenkung kann auch darin gesehen werden, dass dem stillen Gesellschafter eine Gewinnbeteiligung zugesprochen wird, die nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem Wert der von ihm erbrachten Einlage steht (vgl. § 7 Abs. 6 ErbStG) (siehe unten Rn. 27.16 ff.)2. In diesen und ähnlichen Fällen ist ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang gegeben, wenn in objektiver und subjektiver Hinsicht eine Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden festzustellen ist3.
27.2
Für die Frage, ob die Aufnahme eines neuen Teilhabers eine Schenkung darstellt, kommt es auf die Bewertung der etwa übernommenen Gegenleistung für das Unternehmen an. Dabei ist zu beachten, dass nur solche Gegenleistungen berücksichtigt werden dürfen, die in Geld veranschlagt werden können (§ 7 Abs. 3 ErbStG)4.
27.3
1 RFH v. 14. 3. 1935 – III e A 90/33, RStBl. 1935, 906; BFH v. 19. 9. 1974 – IV R 95/73, BFHE 113, 558. 2 Vgl. auch Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, § 7 ErbStG Rn. 384 ff. m.w.N. dafür, ab wann eine Gewinnbeteiligung nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu dem Wert der Einlage steht. 3 RFH v. 11. 1. 1929 – V e 749/28, Kartei ErbStG 1925 § 3 Abs. 1 Nr. 2 R. 21. 4 Vgl. dazu Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rn. 158 ff.
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§ 27
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27.4
Die Aufnahme eines lediglich seine Arbeitskraft einbringenden stillen Gesellschafters unter Beteiligung am Gewinn kann, wie bereits der Reichsfinanzhof feststellte, eine Schenkung sein1.
27.5
Aus der Entscheidung des RFH, die in erster Linie eine atypische stille Beteiligung betrifft, aber auch für die typische stille Gesellschaft gilt, ergibt sich, dass eine freigebige Bereicherung des stillen Gesellschafters auf Kosten des Inhabers gegeben ist, wenn die Gewinnbeteiligung so hoch ist, dass sie durch den Wert der Gesellschafterpflichten keinen Ausgleich findet. Die Bereicherung besteht in dem Recht des stillen Gesellschafters auf den Teil der Gewinnbezüge, dem keine Gegenleistung gegenübersteht. Hinzukommen muss als weitere Voraussetzung für die Feststellung einer Schenkung in subjektiver Hinsicht, dass der Inhaber das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung erkannt und die freigebige Bereicherung des stillen Gesellschafters als Erfolg seines Handelns gewollt hat. Dass dem stillen Gesellschafter die Früchte seiner Arbeit teilweise selbst zufallen und dass er auch von der Arbeit des Inhabers Vorteile hat, spielt für die Beurteilung keine Rolle. Solche Verhältnisse sind immer gegeben, wenn sich mehrere zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles zusammenschließen. Entscheidend ist einzig und allein, ob jeder Vertragsteil zur Erreichung des gemeinschaftlichen Zwecks wertmäßig soviel beisteuert, als ihm Vorteile erwachsen, oder ob über den Zweck des Zusammenschlusses hinaus eine besondere vermögensrechtliche Bevorzugung eines Beteiligten auf Kosten des anderen gewollt und erreicht wird. Nur dann kann von einer Schenkung gesprochen werden.
27.6
Bei Einräumung einer atypischen stillen Beteiligung durch Einbringung der Arbeitskraft wird somit das Gewinnbezugsrecht in der Regel nicht geschenkt, da vermutet wird, dass die Arbeitsleistung als angemessene Gegenleistung anzusehen ist2.
27.7
Häufig geschieht die Gründung einer stillen Gesellschaft, um eine Ermäßigung der beim Tod des Inhabers zu erwartenden Erbschaftsteuer zu erzielen, indem die Angehörigen schon vor seinem Tode an dessen Betriebsvermögen und bei der atypischen stillen Gesellschaft auch an den stillen Reserven beteiligt werden. Nach einem Beschluss des BVerfG3 ist beim Zugriff auf das Erbe die verminderte finanzielle Leistungsfähigkeit eines Erben von Unternehmensvermögen im Vergleich zu Erben frei verfügbaren Vermögens zu berücksichtigen. Dem wurde durch die durch das JStG 1997 eingeführten und im Rahmen der Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts4 für Besteuerungsfälle ab 2009 neu gefassten Freibetrags- und Bewertungsregelungen in 1 RFH v. 7. 11. 1940 – III e 18/40, RStBl. 1941, 71. 2 FG München v. 21. 3. 1967 – II 53/66, EFG 1967, 523; Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rn. 261. 3 BVerfG v. 27. 9. 1995 – 2 BvR 552/91, BStBl. II 1995, 671 = ZIP 1995, 1352 = NJW 1995, 2624. 4 Änderung zum 1. 1. 2009 durch das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz – ErbStRG) v. 24. 12. 2008, BGBl. I 2008, 3018.
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§§ 13 und 13a ErbStG a.F. bzw. §§ 13a, 13b, 19a ErbStG n.F. Rechnung getragen. Nach Ansicht des BFH1 konnte bisher die steuerliche Anerkennung einer stillen Gesellschaft nicht lediglich mit der Begründung abgelehnt werden, dass außerbetriebliche z.B. steuerliche oder familienrechtliche Gesichtspunkte den Abschluss des Gesellschaftsvertrags veranlasst haben. Falls die Gewinnverteilung jedoch nicht der Kapitaleinlage und der Tätigkeit des einzelnen Gesellschafters in angemessener Weise Rechnung trug (vgl. oben Rn. 21.4 ff.), konnte ein Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten i.S. von § 42 AO a.F. vorliegen. Die Finanzbehörden waren dann berechtigt, die Gewinnverteilung abzulehnen und bei ihrer steuerlichen Berechnung davon auszugehen, dass ein Teil der den stillen Gesellschaftern zufließenden Beträge eine Schenkung des Inhabers war.
27.8
Jedoch verlangt nunmehr der neue § 42 AO i.d.F. des JStG 2008 (vgl. hierzu ausführlich Rn. 20.44 ff.), dass die außersteuerlichen Gründe nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sein müssen. Dieses Tatbestandsmerkmal orientiert sich nach dem Willen des Gesetzgebers2 an der bisherigen Rechtsprechung zu § 42 AO a.F. Die Frage der Beachtlichkeit ist danach dann zu bejahen, wenn die wirtschaftlichen oder privaten Gründe nach den Wertungen des Gesetzgebers zu berücksichtigen sind3. Dies soll nicht der Fall sein, wenn die Wahl der Gestaltung in erster Linie der Steuerersparnis dienen soll. Der Nachweis beachtlicher außersteuerlicher Gründe, den der Steuerpflichtige zu erbringen hat, muss also über die bloße Steuerersparnis hinausgehen. Aufgrund der Anlehnung an die alte Rechtslage sind aber nach Meinung des Schrifttums wesentliche Änderungen durch die Neufassung des § 42 AO nicht zu erwarten.
27.9
Wird rückwirkend eine typische oder atypische stille Gesellschaft vereinbart, so gilt folgendes: Die schenkungsweise Zuwendung einer Beteiligung an einer Gesellschaft ist erst im tatsächlichen Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages zwischen Schenker und Beschenktem ausgeführt. Auch für die Wertermittlung ist deshalb ausschließlich der Zeitpunkt der tatsächlichen Zuwendung maßgebend, so dass insoweit Rückdatierungen in Schenkungsverträgen erbschaft-(bzw. schenkung-)steuerrechtlich unbeachtlich sind. Die mit der Schenkung des Kapitalanteils verbundene rückwirkende Überlassung der am Bewertungsstichtag vorhandenen stillen Reserven und der bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufenen Gewinnanteile und Kapitalzinsen ist nicht eine selbständige besondere Zuwendung, sondern als werterhöhender Umstand bei der Bewertung des zugewendeten Kapitalanteils zu berücksichtigen4.
27.10
1 2 3 4
BFH v. 22. 8. 1951 – IV 246/50, BStBl. III 1951, 181 = StRK StAnpG § 5 R. 3. BR-Drucks. 544/07, S. 106. Mack/Wollweber, DStR 2008, 182 (185); Wedelstädt, DB 2007, 2558 (2559). So hinsichtlich der rückwirkenden Zuwendung eines Kommanditanteils BFH v. 24. 7. 1963 – II 207/61, BStBl. III 1963, 442 (444) = StRK ErbStG § 14 R. 11; vgl. auch BFH v. 1. 7. 1992 – II R 107/88, BFH/NV 1993, 54.
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27.11
Falls einem Beschenkten vom Schenker Geld zugewendet wird, das er zur Einlage in das Unternehmen des Schenkers benutzt, so liegen regelmäßig zwei steuerpflichtige Vorgänge vor, wenn der erworbene Gesellschaftsanteil mehr wert ist als die geleistete Einlage1. Ob der Beschenkte mit der Einlage mehr erwirbt, als seine Einlage wert ist, richtet sich auch danach, ob der neue Gesellschafter im Falle der Auflösung der Gesellschaft an dem Liquidationsertrag anteilig beteiligt ist. Ähnliche Probleme können sich auch bei Neugründungen von Gesellschaften stellen, wenn der sich am Vermögen der Gesellschaft Beteiligende keine vollwertige Einlage erbringt2.
27.12
Da der BFH in der Geldschenkung und der in der Beteiligung liegenden Schenkung zwei selbständige Steuertatbestände sieht, steht die Versteuerung der Geldschenkung einer späteren Versteuerung der durch die Einlage dieses Geldes erzielten Bereicherung nicht entgegen. Das gilt auch dann, wenn der Beschenkte nach dem Gesellschaftsvertrag im Fall der Kündigung oder des Todes nur seinen buchmäßigen Kapitalanteil erhalten soll und demnach über den durch die offenen und stillen Rücklagen bedingten Mehrwert nicht verfügen kann. Der BFH hat dazu ausgeführt, dass es für die Ermittlung der Bereicherung nicht darauf ankomme, was der Gesellschafter im Fall des Ausscheidens, sondern darauf, was er im Falle der Auflösung erhalten würde. Andernfalls könnten die anteiligen stillen Rücklagen niemandem zugerechnet werden. Tritt später wirklich der Fall ein, dass der Beschenkte aufgrund der Vertragsbestimmungen von den anteiligen Reserven ausgeschlossen wird, kann die Veranlagung gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO berichtigt werden.
27.13
§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG erfordert keine Identität zwischen dem Entreicherungsgegenstand und dem das Vermögen des Empfängers vermehrenden Bereicherungsgegenstand. Als Gegenstand der Zuwendung kommen daher auch Posten in Frage, die nie zum Vermögen des Zuwendenden gehört haben, aber dem Empfänger auf Kosten des Zuwendenden verschafft worden sind (sog. mittelbare Schenkungen). Dazu gehört insbesondere der Fall, in dem der Schenkende dem Empfänger die Mittel zur Verfügung stellt, mit denen der Erwerber den Gegenstand der Schenkung finanziert3. Schenkt der Betriebsinhaber dem zukünftig stillen Beteiligten die für die Einlage erforderlichen Geldmittel, so ist vielfach fraglich, ob Schenkungsgegenstand der für die Einlage erforderliche Geldbetrag oder die Beteiligung ist. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist zunächst der Parteiwille zu beachten4. Maßgeblich ist grundsätzlich, was der Beschenkte durch die Zuwendung erhält, nicht, was er sich unter Einsatz der Zuwendung verschafft5. Allerdings kommt es auch hier auf die Zielrichtung an: Ist die Verwendung des Geldbetrages ausdrücklich als Einlage vertraglich vorgesehen, so ist Schenkungsgegenstand die Beteiligung selbst. 1 BFH v. 29. 1. 1959 – III 71/58, DStZ 1959, 176 = StRK ErbStG § 3 R. 18. 2 Zur Schenkung des Anteils: BGH v. 2. 7. 1990 – II ZR 243/89, NJW 90, 2616 (2617); BFH v. 19. 6. 1996 – II R 83/92, BStBl. II 96, 616. 3 Meincke, § 7 ErbStG Rn. 17 f. 4 BFH v. 19. 8. 1959 – II 259/57 S, BStBl. III 1959, 417. 5 Vgl. BFH v. 4. 7. 1984 – II R 73/81, BStBl. II 1984, 772.
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Der Frage nach dem Schenkungsgegenstand kann für die schenkungsteuerrechtliche Wertermittlung erhebliche Bedeutung zukommen. Bei einer typischen stillen Beteiligung ergeben sich hier vielfach keine Unterschiede, da sie in der Regel als Kapitalforderung, also mit dem Nennwert nach § 12 BewG bewertet wird. Bei den atypischen stillen Beteiligungen können sich dagegen durchaus erhebliche Unterschiede in der Bewertung (Bewertung als Mitunternehmeranteil) ergeben. Zwar werden aufgrund der Änderungen im Rahmen der Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (siehe dazu Rn. 27.53 ff.) Mitunternehmeranteile ab 2009 mit dem Verkehrswert bewertet. Da für Betriebsvermögen aber auch nach dem ErbStRG Verschonungsregelungen vorgesehen sind, wird die Frage nach dem Schenkungsgegenstand für die atypische stille Beteiligung nach wie vor höchst relevant bleiben.
27.14
Als Schenkung gilt auch der auf einem Gesellschaftsvertrag beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils eines Gesellschafters bei dessen Ausscheiden auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft, soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Ausscheidens aus § 12 ErbStG ergibt, den Abfindungsanspruch übersteigt (§ 7 Abs. 7 ErbStG)1.
27.15
II. Die Entstehung der Steuerschuld 1. Grundlagen Die Steuerschuld entsteht in dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers, bzw. der Ausführung der Zuwendung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Steuerschuldner sind bei einer Schenkung der Erwerber und der Schenker (§ 20 Abs. 1 ErbStG). Die Gewinnbeteiligung als solche wird selbständig bewertet, wenn sie für sich schenkungsweise auf einen anderen übertragen wird, die Beteiligung selbst aber beim Schenker verbleibt2.
27.16
2. Die Schenkung eines Gesellschaftsanteils mit überhöhter Gewinnbeteiligung Wird eine Beteiligung an einer Personengesellschaft mit einer Gewinnbeteiligung ausgestattet, die insbesondere der Kapitaleinlage, der Arbeit oder der sonstigen Leistung des Gesellschafters für die Gesellschaft nicht entspricht oder die einem fremden Dritten üblicherweise nicht eingeräumt würde, so gilt das Übermaß an Gewinnbeteiligung als selbständige Schenkung, die mit dem Kapitalwert anzusetzen ist (§ 7 Abs. 6 ErbStG)3. § 7 Abs. 6 ErbStG ist auf Erbfälle unanwendbar. Die Vorschrift gilt nur für Schenkungen unter Lebenden. Ist mit der stillen Beteiligung eine unverhältnismäßig hohe Gewinnbeteiligung verbunden, so stellt diese eine besondere Zuwendung neben der Schen-
1 Zur Auslegung des § 7 Abs. 7 ErbStG vgl. Felix, DStZ 1983, 165. 2 RFH v. 2. 12. 1930/23. 3. 1931 – I e A 106/30, RStBl. 1931, 357. 3 Zur Rechtslage vor Einführung der Regelung des § 7 Abs. 6 ErbStG vgl. Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rn. 186.
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Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
kung der eigentlichen Beteiligung dar1. Sie muss deshalb gesondert bewertet werden, soweit sie ein angemessenes Gewinnbezugsrecht übersteigt. Diesen früher vom RFH vertretenen Standpunkt hatte der BFH zwischenzeitlich zwar aufgegeben2; danach sollte eine überhöhte Gewinnbeteiligung nicht als selbständige Zuwendung, sondern lediglich als werterhöhender Umstand angesehen werden. Durch die Einfügung des § 7 Abs. 6 ErbStG ist der Gesetzgeber jedoch zu der Ansicht des Reichsgerichts zurückgekehrt3. Umstritten ist dagegen unverändert die Ermittlung des Gewinnübermaßes. Überwiegend wird davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber eine Regelung für entbehrlich hielt und davon ausging, die Regeln betreffend die einkommenssteuerliche Behandlung des Übermaßes an Gewinnbeteiligung seien entsprechend anzuwenden. Problematisch ist dabei indessen, dass ertragsteuerrechtlich nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 29. 5. 19724 darauf abzustellen ist, welcher Gewinnanteil des Gesellschafters aufgrund seiner Stellung in der Gesellschaft als angemessen anzusehen ist5. Dagegen stellt das ErbStG nicht nur auf den Beitrag des Gesellschafters, sondern auch darauf ab, ob es sich um eine Gewinnbeteiligung handelt, die einem fremden Dritten üblicherweise eingeräumt würde. Nachdem insofern Widersprüche zu der ertragssteuerrechtlichen Grenze von 15 % auftreten können, wird teilweise eine entsprechende Begrenzung des Anwendungsbereiches des § 7 Abs. 6 ErbStG6 gefordert. Angesichts des in R 21 ErbStR 2003 statuierten Primats der ertragssteuerrechtlichen Behandlung, die sich im Übrigen entgegen aller Kritik in der Praxis bewährt hat, erscheint hier aber eine dem Ertragssteuerrecht folgende Behandlung dogmatisch begründbar und in praktischer Hinsicht sachgerecht7.
27.18
Während die Anwendung des § 7 Abs. 6 ErbStG auf die atypischen stillen Gesellschaften unbestritten ist, besteht keine Einigkeit darüber, ob die Vorschrift auch auf die typischen stillen Gesellschaften Anwendung findet8. Indessen verliert dieser Streit viel von seiner scheinbaren Bedeutung, wenn man zum einen die untergeordnete praktische Bedeutung des § 7 Abs. 6 ErbStG berücksichtigt, zum anderen, weil die oben genannten Regeln über die ertragsteuerrechtliche Behandlung einer unangemessenen Gewinnerteilung jedenfalls Anwendung finden würden, auch wenn man die Anwendung des § 7 Abs. 6 ErbStG verneint.
1 RFH v. 19. 6. 1935 – III e A 23/35, RStBl. 1935, 115 betr. den Anteil an einer KG. 2 BFH v. 29. 11. 1961 – II 282/58, BStBl. III 1962, 323; BFH v. 25. 6. 1969 – II 131/63, BStBl. II 1969, 653; vgl. auch FG Hamburg v. 25. 2. 1980 – V 54/78, EFG 1980, 402. 3 Zur Rechtslage vor Einführung der Regelung des § 7 Abs. 6 ErbStG umfassend Kapp/ Ebeling, § 7 ErbStG Rn. 186. 4 GrS v. 29. 5. 1972, BStBl. II 1973, 3. 5 Als Grenze gelten üblicherweise 15 % des tatsächlichen Werts des Anteils. 6 Vgl. hierzu Knobbe-Keuk, StbJb 1979/80, 428. 7 Vgl. Hofmann, SStZ/A 1979, 231. 8 Eine Anwendung befürworten Meincke, § 7 ErbStG Rn. 134, Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, § 7 ErbStG Rn. 388, dagegen Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rn. 190.10.
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Die für die Höhe der subjektiven Steuerpflicht maßgebliche Bewertung zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage richtet sich gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes, soweit durch das ErbStG nicht Abweichendes geregelt wird1. Bei der Bewertung von Kapitalforderungen bedient sich das Erbschaftsteuerrecht des Nennwerts (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG). Bei der Bewertung von Betriebsvermögen wurde vor der Erbschaftsteuerreform der Steuerbilanzwert (§ 12 Abs. 5 Satz 2 ErbStG a.F. i.V.m. § 109 Abs. 1 BewG a.F.) angesetzt, wobei eine Einzelbewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter vorzunehmen ist. Für Steuerfälle ab 20092 richtet sich die Bewertung bei Betriebsvermögen nach dem Verkehrswert der Beteiligung (§ 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. §§ 109 Abs. 1, 11 Abs. 2 BewG), eine Einzelbewertung der Wirtschaftsgüter ist nur noch zur Bestimmung des Mindestwertes heranzuziehen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG).
27.19
III. Bewertung 1. Grundlagen und Rechtsentwicklung a) Grundlagen
b) Rechtsprechung des BVerfG zur Bewertung von Betriebsvermögen Durch Beschluss vom 7. 11. 20063 hat das BVerfG festgestellt, dass die durch § 19 Abs. 1 ErbStG a.F. angeordnete Erhebung der Erbschaftsteuer mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, weil sie an Steuerwerte anknüpft, deren Ermittlung bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen (Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteilen von Kapitalgesellschaften und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben) den Anforderungen des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht genügt4 und den Gesetzgeber verpflichtet, spätestens bis zum 31. 12. 2008 eine Neuregelung zu treffen. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) fordert, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, wobei das BVerfG dem Gesetzgeber hinsichtlich Auswahl des Steuergegenstandes und der Bestimmung des Steuersatzes eine weite Einschätzungsprärogative einräumt und sich lediglich auf eine Willkürkontrolle beschränkt5. Strukturelle Grenzen werden jedoch durch die Ausrichtung der Steuerlast an den Prinzipien der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit gesetzt. Die Steuerpflichtigen müssen danach im 1 Insoweit kommt es zu keiner Änderung durch das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts v. 24. 12. 2008, BGBl. I 2008, 3108. 2 Änderung zum 1. 1. 2009 durch das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz – ErbStRG) v. 24. 12. 2008, BGBl. I 2008, 3018. Nach Art. 3 ErbStRG kann für Erwerbe von Todes wegen, für die die Steuer nach dem 31. 12. 2006 und vor dem 1. 1. 2009 entstanden ist, die rückwirkende Anwendung des neuen Rechts beantragt werden. Vgl. zum Ganzen auch die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Umsetzung des ErbStRG v. 25. 6. 2009, BStBl. I 2009, 698. 3 BVerfG v. 7. 11. 2006 – 1 BvL 10/02, DStR 2007, 235. 4 BVerfG v. 7. 11. 2006 – 1 BvL 10/02, DStR 2007, 235, Leitsatz 1. 5 BVerfG v. 7. 11. 2006 – 1 BvL 10/02, DStR 2007, 235 (239).
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Rahmen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit grundsätzlich gleichmäßig besteuert werden. Differenzierungen sind verfassungsrechtlich zwar zulässig, müssen aber durch ein Gesetz erfolgen, das seinerseits den Vorgaben des GG genügt. Dies ist insbesondere auf zwei Wegen denkbar: Zum einen bleibt es dem Gesetzgeber unbenommen, steuerrechtliche Privilegierungstatbestände zu schaffen und damit bestimmte Lenkungszwecke zu verfolgen. Zum anderen ist zu beachten, dass Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen und damit – um praktikabel zu sein – auch gewisse Typisierungen oder Pauschalierungen vornehmen dürfen.
27.21
Diesen Vorgaben genügte § 19 Abs. 1 ErbStG a.F., der auf die Vorgaben des BewG verwies, nach Ansicht des BVerfG nicht1. Zwar sei der Gesetzgeber in der Wahl der Bewertungsmethode grundsätzlich frei, jedoch müsse er die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig umsetzen und die Steuerpflichtigen – ungeachtet verfassungsrechtlich zulässiger Differenzierungen – gleichmäßig belasten. Die weitgehende Übernahme der Steuerbilanzwerte verhindere aber schon strukturell eine Annäherung an den gemeinen Wert, der bei Betriebsvermögen nach zivilrechtlichen Grundsätzen durch die Ertragswertmethode unter Berücksichtigung des Substanzwerts bestimmt werde. Die Begünstigungswirkung durch den Ansatz zum Steuerbilanzwert bewirke aber keine (zulässige) zielgerichtete und gleichmäßig wirkende Steuerentlastung, sondern trete völlig ungleichmäßig und damit willkürlich ein. Die Bemessungsgrundlage werde maßgeblich durch die Höhe der stillen Reserven, (in der Regel nicht ansatzfähige) immaterielle Wirtschaftsgüter und bilanztechnische Maßnahmen bestimmt und könne daher nur zufällig realitätsnah den gemeinen Wert bestimmen. Die dadurch bewirkte strukturell angelegte Verfehlung könne auch nicht durch Bedürfnisse der Typisierung gerechtfertigt werden.
27.22
Das BVerfG hat daher § 19 Abs. 1 ErbStG a.F. mit Art. 3 Abs. 1 GG für unvereinbar erklärt und den Gesetzgeber zur Neuregelung bis spätestens zum 31. 12. 2008 verpflichtet. Für die Übergangszeit hat das BVerfG erklärt, dass das bisher geltende Recht ausnahmsweise weiter angewendet werden dürfe2. c) Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts
27.23
Pünktlich zum Ablauf der durch das BVerfG gesetzten Frist ist das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (ErbStRG) in Kraft getreten3. Art. 2 ErbStRG enthält umfangreiche Änderungen des BewG. Die Änderungsvorschriften sind grundsätzlich zum 1. 1. 2009 in Kraft getreten. Nur bei Erwerben von Todes wegen besteht ein Wahlrecht zur rückwirkenden Anwendung für Fälle, bei denen die Steuer nach dem 31. 12. 2006 und vor dem 1. 1. 2009 angefallen ist4. Daher soll im Folgenden von der bislang geltenden Rechtslage ausgegangen und dann die Änderungen nach dem ErbStRG dar1 2 3 4
BVerfG v. 7. 11. 2006 – 1 BvL 10/02, DStR 2007, 235 (242 ff.). BVerfG v. 7. 11. 2006 – 1 BvL 10/02, DStR 2007, 235 (251). ErbStRG v. 24. 12. 2008, BGBl. I 2008, 3018. Siehe Art. 3 ErbStRG v. 24. 12. 2008, BGBl. I 2008, 3018. Dazu Crezelius, DStR 2007, 2277 (2281).
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gestellt werden. Zu berücksichtigen ist, dass durch die verfassungsrechtlich gebotene Abkehr vom System der Einzelbewertung teilweise keine isolierten Ausführungen zur Bewertung der stillen Beteiligung mehr möglich sind. Für den Inhaber des Unternehmens stellt die stille Beteiligung nach dem neuen Konzept der Gesamtbewertung (§§ 109, 11 Abs. 2 BewG n.F.) für die Ermittlung des gemeinen Werts des Betriebsvermögens lediglich eine unselbständige Größe dar, die sich der isolierten Bewertung grundsätzlich entzieht1. 2. Bewertung der stillen Beteiligung zum Zwecke der Besteuerung Bei der Frage nach der Bewertung der stillen Beteiligung an einem Unternehmen lassen sich grundsätzlich vier verschiedene Konstellationen unterscheiden: Zunächst ist in steuerrechtlicher Hinsicht danach zu differenzieren, ob es sich um eine typische stille Gesellschaft oder eine im steuerrechtlichen Sinne atypische stille Gesellschaft und somit um eine Mitunternehmerschaft handelt. Bei der typischen stillen Gesellschaft ist die zweite Unterscheidung danach vorzunehmen, ob der Erwerber Inhaber einer stillen Beteiligung an einem Unternehmen wird (Besteuerung des stillen Gesellschafters) oder ob der subjektiv steuerpflichtige Erwerber Inhaber des Unternehmens wird, an dem eine stille Beteiligung besteht (Besteuerung des Inhabers). Auch bei der atypischen stillen Gesellschaft wäre eine solche Unterscheidung denkbar, jedoch dient im Fall der Mitunternehmerschaft über den Verweis des § 109 Abs. 1 BewG die stille Gesellschaft selbst als Subjekt für die Ermittlung und Feststellung des Werts, welcher dann auf die Gesellschafter aufzuteilen ist (Transparenzprinzip der §§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, 97 Abs. 1a BewG). Insoweit läuft die Bewertung der Anteile parallel und wird im Folgenden gemeinsam behandelt.
27.24
a) Die typische stille Gesellschaft aa) Besteuerung des stillen Gesellschafters Der stille Gesellschafter hat gegen den Inhaber einen Anspruch auf Auszahlung seines Gewinnanteils und nach Auflösung der Gesellschaft auf Rückzahlung der Einlage. Sofern nichts anderes vereinbart ist und die Einlage nicht infolge einer Verlustbeteiligung gemindert ist, erfolgt ihre Rückzahlung zum Nennwert. Wirtschaftlich betrachtet stellt sie eine Kapitalforderung dar, die statt einer festen Verzinsung oder neben einer solchen mit einer der Höhe nach schwankenden Gewinnbeteiligung ausgestattet ist. Demzufolge wird sie bewertungsrechtlich als Kapitalforderung behandelt2.
1 Siehe zum Ganzen Piltz, DStR 2008, 745. 2 Ebenso Christoffel, DB 1988, 255 (255); Rössler/Troll, § 12 BewG Rn. 40 und § 109 BewG Rn. 32 a.E.; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 172; Lindberg in Kreutziger/Lindberg/Schaffner, § 12 BewG Rn. 32 sowie Kreutziger in Kreutziger/Lindberg/Schaffer, § 103 Rn. 19; Schuck in Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck, ErbStG/BewG, § 7 ErbStG Rn. 191 sowie Viskorf in Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/ Schuck, ErbStG/BewG, § 12 BewG Rn. 63.
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Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
27.26
Ab 2009 findet bei Kapitalforderungen, die zu einem Betriebsvermögen gehören, wegen der Abkehr vom Prinzip der Einzelbewertung keine eigenständige Bewertung der typischen stillen Beteiligung statt. Vielmehr wird das Betriebsvermögen, zu welchem die typische stille Beteiligung gehört, im Wege der Gesamtbewertung nach seinem Verkehrswert bewertet, §§ 109, 11 Abs. 2 BewG. Es sei daher auf die Bewertung von Betriebsvermögen im Rahmen der Ausführungen zur Bewertung von atypischen stillen Beteiligungen verwiesen, Rn. 27.53 ff.
27.27
Für die Bewertung von Kapitalforderungen, die zu einem Betriebsvermögen gehören, gilt bis 2008 § 12 Abs. 5 Satz 2 ErbStG a.F. i.V.m § 109 Abs. 1 BewG a.F. Danach sind sie mit dem Wert anzusetzen, der sich nach den Grundsätzen über die steuerliche Gewinnermittlung ergibt. Dies sind gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Nr. 3 EStG die Anschaffungskosten, die sich in der Regel mit dem Nennbetrag der Forderung decken, gegebenenfalls der niedrigere Teilwert1.
27.28
Die stille Beteiligung, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehört, ist als Kapitalforderung nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen2. § 12 Abs. 1 BewG erfuhr durch das ErbStRG keine Änderung. Es ist daher davon auszugehen, dass auch in Zukunft die bisher geltenden und im Folgenden ausgeführten Grundsätze für die Bewertung der typischen stillen Beteiligung bei typisch stillen Gesellschaften anzuwenden sind.
27.29
Aus dem Gebot der vom Nennwert abweichenden Bewertung, wenn besondere Umstände einen abweichenden Ansatz begründen, ergibt sich, dass eine Forderung, die uneinbringlich ist, außer Ansatz bleibt3 (§ 12 Abs. 2 BewG). Eine über den Nennwert hinausgehende Bewertung hingegen kann geboten sein, wenn die Kapitalforderung auf längere Zeit einen besonders hohen Ertrag verspricht und Verluste aller Voraussicht nach nicht entstehen können. Das trifft insbesondere auf stille Beteiligungen mit hohen Gewinnaussichten oder mit Ausschluss der Teilnahme am Verlust zu, vorausgesetzt, dass gegen ihre Sicherheit keine Bedenken bestehen4.
27.30
Der Wert der stillen Beteiligung wird aber nicht nur durch die anteilsmäßige Höhe der Gewinnbeteiligung, sondern auch durch die Ertragsaussichten und durch sonstige Bedingungen beeinflusst, die für die Vermögenseinlage und für die Gewinnbeteiligung maßgebend sind (Teilnahme oder Nichtteilnahme am Verlust, Möglichkeit der Zurückziehung der Einlage usw.).
1 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 98 f.; siehe zur Bewertung von Forderungen Rössler/Troll, § 109 BewG Rn. 32, 67 ff. 2 Hierzu BFH v. 21. 1. 1966 – III 116/61, BFHE 86, 273; Scheuffele, BB 1979, 1026; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 173 ff.; Rössler/Troll, § 110 BewG Rn. 26. 3 Ausführlich hierzu Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 174. 4 RFH v. 14. 3. 1935 – III e A 90/33, RStBl. 1935, 906; RFH v. 26. 11. 1936 – IIIe A 67/36, RStBl. 1937, 6; RFH v. 13. 10. 1938 – IIIe 41/38, RStBl. 1939, 462.
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Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
§ 27
Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes stellt eine hohe Gewinnbeteiligung, die eine feste Verzinsung der Einlage von 4 % jährlich garantiert und zusätzlich 6 % des Jahresgewinns gewährt, in Verbindung mit einem Ausschluss der Verlustteilnahme einen Grund dar, die stille Einlage über die Höhe des Nennwertes hinaus zu bewerten. Wesentlich soll dabei auch und vor allem die künftige Entwicklung des Handelsgeschäfts und der Gewinnaussichten für die voraussichtliche Dauer der stillen Gesellschaft sein1. Auch die Rücklagen spielen eine Rolle. Wenn der stille Gesellschafter auch regelmäßig nicht an ihnen beteiligt ist, sind sie doch auf den Wert der Einlage nicht ohne Einfluss, da sie die Ertragsaussichten des Unternehmens zu beeinflussen vermögen und die stille Beteiligung ihren Wert in dem daraus zu erwartenden Gewinnanteil hat2.
27.31
Der BFH hat als zusätzliche Voraussetzung für eine höhere Bewertung gut rentierlicher stiller Einlagen mit Recht die Vereinbarung einer längeren Laufzeit gefordert3. Hohe Gewinnaussichten können eine Bewertung über den Nennwert nur dann rechtfertigen, wenn dem stillen Gesellschafter eine Rechtsposition eingeräumt worden ist, die die Gewähr dafür bietet, dass er sein festgelegtes Kapital auch für einige Zeit ungestört arbeiten lassen kann, um die Voraussetzungen für die Verwirklichung der Gewinnaussichten zu schaffen. Das ist nicht der Fall, wenn die Kapitaleinlage des stillen Gesellschafters jederzeit zurückgezahlt werden kann, wie dies nach der gesetzlichen Regelung in den §§ 234 Abs. 1 Satz 1, 132 HGB unter Einhaltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist zum Geschäftsjahresende möglich ist. Bei einer auf unbestimmte Zeit eingegangenen stillen Gesellschaft, deren Kündigung gegenüber §§ 234 Abs. 1 Satz 1, 132 HGB nicht erschwert ist, kommt eine Bewertung über dem Nennwert daher regelmäßig auch bei hohen Gewinnanteilsvereinbarungen nicht in Betracht.
27.32
Eine solche ist nach der Rechtsprechung des BFH vielmehr nur dann in Erwägung zu ziehen, wenn die stille Gesellschaft nach den Verhältnissen des Veranlagungszeitpunktes für eine Dauer von mindestens vier Jahren, nach Ansicht der Finanzverwaltung von mehr als fünf Jahren besteht4. Bei der Beurteilung der Langfristigkeit wird man aber nicht allein und ausschließlich auf die formelle Kündigungsmöglichkeit abstellen dürfen. In Anlehnung an die Bewertung von Kapitalforderungen5, müssen auch andere, am Bewertungsstichtag erkennbare Tatsachen berücksichtigt werden, die die Annahme der Langfristigkeit rechtfertigen. Solche Umstände können nahe Verwandtschaft, Ehegattenverhältnis, besondere betriebliche Verhältnisse, evtl. die Angebotslage hinsichtlich vergleichbarer Kapitalanlagen sein6. Im Einzelfall dürfte eine Höherbewertung auch dann möglich sein, wenn zwar formal eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit besteht, aber sich aus bestimmten objektiven Um-
27.33
1 RFH v. 2. 12. 1930 – I e A 106/30, RStBl. 1931, 357. 2 RFH v. 26. 1. 1936 – III e A 67/36, RStBl. 1937, 6. 3 BFH v. 21. 1. 1966 – III 116/61, BFHE 86, 273 = StRK BewG § 14 Abs. 1–2 R. 30; BFH v. 7. 5. 1971 – III R 7/69, BFHE 102, 407 = BStBl. II 1971, 642. 4 BFH v. 7. 5. 1971 – III R 76/69, BFHE 102, 407 = BStBl. II 1971, 642; R 112 ErbStR 2003. 5 Hierzu BFH v. 10. 2. 1982 – II R 3/80, BStBl. II 1982, 351; BFH v. 22. 3. 2001 – II B 77/00, BFH/NV 2001, 1103. 6 Vgl. Rössler/Troll, § 12 BewG Rn. 40.
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§ 27
Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
ständen ergibt, dass eine langfristige Anlage gewollt ist1. Ebenso ist statt der formellen Kündigungsfristen bei der Beurteilung der Langfristigkeit die Laufzeit zu berücksichtigen, die nach den Umständen am Stichtag zu erwarten ist2.
27.34
Für die Beurteilung der Frage, ob eine die Höherbewertung rechtfertigende hohe Verzinsung vorliegt, kann auf die Praxis bei der Bewertung von Kapitalforderungen zurückgegriffen werden, wo die Grenze bei 9 % angesetzt ist. Eine entsprechende Modifikation sieht R 112 ErbStR 2003 vor: Liegt der Durchschnittsertrag über 9 %, ist der Nennwert der Einlage um das fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen dem effektiven Ertrag und einer Verzinsung von 9 % zu erhöhen3. Der Faktor fünf trägt der Tatsache Rechnung, dass ein in Raten anfallender Vermögensvorteil weniger wert ist als ein sofort realisierbarer Vorteil4.
27.35
Es ist jedoch zu beachten, dass es keine starre, fortwährend gültige Grenze geben kann. Vielmehr ist jeweils zu fragen, welchen Ertrag vergleichbare Anlagen zum Bewertungszeitpunkt bringen, und es sind die Risiken zu berücksichtigen, die durch die Vergütung abgegolten werden sollen5. Daher muss sich die Beurteilung der besonders guten Rentabilität auch und vor allem am allgemeinen Zinsniveau orientieren. Bei starker Veränderung muss die Grenze des besonders hohen Ertrages, der eine Bewertung über dem Nennwert rechtfertigen soll, entsprechend angepasst werden. Die Grenze von 9 % dürfte nicht zu hoch angesetzt sein.
27.36
Es können andererseits Gründe vorliegen, die eine Bewertung der stillen Beteiligung unter ihrem Nennwert rechtfertigen6. Hier ist daran zu denken, dass der stille Gesellschafter vertraglich verpflichtet ist, die ihm zustehenden Gewinnanteile für längere Zeit im Geschäft des Inhabers zu belassen, dass er in der Verfügung über dieselben beschränkt7 oder dass infolge der wirtschaftlichen Verhältnisse des Inhabers zweifelhaft ist, ob er seine Vermögenseinlage bei Auflösung der Gesellschaft zurückerhalten wird. Die Beurteilung hängt von den tatsächlichen Verhältnissen am Bewertungsstichtag ab. Es sind jedoch auch solche Umstände zu berücksichtigen, die am Stichtag dem Grunde nach schon vorlagen, aber erst nach dem Stichtag bekannt geworden sind8. Schwierigkeiten in der Beurteilung der Rechtslage sind dagegen kein besonderer Umstand, der einen Abschlag rechtfertigt9.
27.37
Die Tatsache, dass bei der Ausschüttung der Gewinnanteile an den stillen Gesellschafter Kapitalertragsteuer einzubehalten ist, ist ebenfalls kein besonderer
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Ebenso Rössler/Troll, § 12 BewG Rn. 40. Rössler/Troll, § 12 BewG Rn. 39. Vgl. auch das Berechnungsbeispiel H 112 ErbStR 2003. Viskorf in Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck, ErbStG/BewG, § 12 BewG Rn. 64. So auch der BFH v. 10. 2. 1982 – II R 3/80, BStBl. II 1982, 351 für Kapitalforderungen. Vgl. R 112 ErbStR 2003, z.B. Durchschnittsertrag unter 3 %. RFH v. 14. 3. 1935 – III e A 90/33, RStBl. 1935, 906. RFH v. 10. 2. 1938 – III 215/37, RStBl. 1938, 537. BFH v. 1. 9. 1961 – III 15/60 U, BStBl. III 1961, 493.
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§ 27
Umstand, der eine Bewertung der Forderung unter dem Nennwert rechtfertigt1. Eine Vermögenseinlage, deren dingliche Sicherheit zur Befriedigung des stillen Gesellschafters ausreicht, ist in der Regel voll anzusetzen, auch wenn der Inhaber bei Auflösung der Gesellschaft voraussichtlich Schwierigkeiten in der Beschaffung der erforderlichen Barmittel haben wird2. Eine Bewertung unter dem Nennwert wäre nur berechtigt, wenn der stille Gesellschafter trotz der dinglichen Sicherung mit Verlusten rechnen muss. Unsichere Forderungen sind mit ihrem wahrscheinlichen Wert anzusetzen, der nach den voraussehbaren Umständen mutmaßlich zu erhalten sein wird.
27.38
Besteht die Einlage des stillen Gesellschafters u.a. in der Erbringung von Diensten, so muss für die Bewertung der stillen Einlage der Jahresertrag um den darin enthaltenen Wert der von dem stillen Gesellschafter in Erfüllung des Gesellschaftsvertrags erbrachten Dienste gekürzt werden3. Als angemessen ist das Gehalt anzusehen, das einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft gezahlt werden kann, ohne dass verdeckte Gewinnausschüttung angenommen wird.
27.39
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Bewertung der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters mit dem Betrag zu erfolgen hat, den ein vorsichtig rechnender Kaufmann unter verständiger Berücksichtigung aller werterhöhenden und wertmindernden Umstände am Bewertungsstichtag für die Beteiligung zahlen würde4.
27.40
Für den Fall, dass die Vermögenseinlage des stillen Teilhabers über dem Nennwert anzusetzen ist, stellt sich die Frage, nach welcher Bewertungsmethode der Wert der Einlage zu schätzen ist.
27.41
Die Finanzverwaltung will den gemeinen Wert in Ansatz bringen, der bislang nach einem aus dem sog. Stuttgarter Verfahren5 abgeleiteten Modus berechnet werden soll. Abweichend von der zwischenzeitlich ergangenen BFH-Rechtsprechung6 soll dabei der eine Höherbewertung erst rechtfertigende „längere Zeitraum“ des Kündigungsausschlusses fünf Jahre betragen7. Ungewiss ist der-
27.42
1 BFH v. 15. 12. 1967 – III R 49/67, BFHE 91, 427 = BStBl. II 1968, 340; FG Nürnberg v. 24. 11. 1964 – IV 83/64, EFG 1965, 262; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 173. 2 RFH v. 6. 2. 1933 – III A 420/32, RStBl. 1933, 217. 3 FG Köln v. 4. 11. 1982 – III (XIV) 479/77 V, EFG 1983, 479. 4 RFH v. 14. 3. 1935 – III e A 90/33, RStBl. 1935, 906. 5 Siehe R 96 – 108 ErbStR 2003. Zum Stuttgarter Verfahren siehe auch Post/Hoffmann, Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, S. 107 ff.; Rössler/ Troll, § 113 BewG Rn. 30 ff.; Linberg in Kreutziger/Lindberg/Schaffner, § 11 BewG Rn. 34 ff.; Viskorf in Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck, ErbStG/BewG, § 11 BewG Rn. 31 ff. 6 BFH v. 7. 5. 1971 – III R 7/69, BStBl. 1971, 642 (643), wo vier Jahre Dauer als ausreichend angesehen werden. 7 R 112 Satz 6 ErbStR 2003, übernommen von Abschnitt 61 Abs. 1 Satz 7 VStR 1995; auch insoweit nahm die Verwaltungspraxis eine Angleichung an die Lage bei den nicht notierten Anteilen vor.
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zeit noch, ob die Finanzverwaltung nach der Erbschaftsteuerreform ihre den Anteilen an nicht notierten Kapitalgesellschaften entsprechende Methode zur Ermittlung des gemeinen Wertes beibehalten und auf typische stille Gesellschaften in diesen Sonderfällen eine Bewertungsmethode nach den §§ 11 Abs. 2, 199 ff. BewG anwenden wird.
27.43
Der Ansatz der mit hoher Gewinnerwartung ausgestatteten und über einen längeren Zeitraum gebundenen stillen Einlage mit dem gemeinen Wert wie bei nicht notierten Anteilen entspricht nicht der Rechtsprechung des BFH, der sich der diesbezüglichen Judikatur des RFH ausdrücklich nicht angeschlossen hat, sondern statt dessen vielmehr eine Bewertung wie bei Kapitalforderungen befürwortet1. Darüber hinaus ist eine Bewertung über dem Nennbetrag bei einer stillen Einlage, die hohen Gewinn verspricht, nach der Rechtsprechung schon dann gerechtfertigt, wenn sie ab dem Veranlagungszeitpunkt noch mindestens vier Jahre währt2. Nach Fleischer/Thierfeld ist weiterhin problematisch, dass eine Unterscheidung zwischen Beteiligungen mit und ohne Verlustrisiko fehlt. Die starren Grenzzinssätze seien daher unpassend3. Die Rechtsgrundlage für die Verwaltungsauffassung ist mithin zweifelhaft. bb) Besteuerung des Inhabers (1) Steuersachverhalte ab 1. 1. 2009
27.44
Durch das ErbStRG wurde für Steuersachverhalte ab 1. 1. 2009 die Einzelbewertung von Wirtschaftsgütern abgeschafft und durch eine Gesamtbewertung des Unternehmens nach dem gemeinen Wert ersetzt (§ 12 Abs. 5 ErbStG n.F. iV.m. §§ 109 Abs. 1, 11 Abs. 2 BewG) (siehe dazu Rn. 27.53 ff.). Die Bewertung der typischen stillen Gesellschaft wird daher beim Erwerb eines Unternehmens grundsätzlich keine eigenständige Rolle mehr spielen, da sich der Unternehmenswert gemäß §§ 109, 11 Abs. 2 Satz 2 BewG nach dem Ertragswert bemisst. Soweit es dennoch auf eine substanzielle Bewertung der stillen Beteiligung ankommt (so z.B. als Untergrenze beim Ertragswertverfahren gemäß §§ 109, 11 Abs. 2 Satz 3 BewG oder soweit Substanzwerte in bestimmten Bewertungsverfahren eine Rolle spielen), dürften die bisher geltenden Grundsätze weiter Beachtung finden. Bezüglich der Bewertung von Betriebsvermögen nach dem Verkehrswert wird auf die Ausführungen zur Bewertung der atypischen stillen Gesellschaft unter Rn. 27.53 ff. verwiesen. (2) Altfälle
27.45
Für Besteuerungssachverhalte, bei denen die Erbschaftsteuer vor dem 1. 1. 2009 entstanden ist und die rückwirkende Anwendung neuen Rechts nicht nach Art. 3 ErbStRG4 beantragt wird, ist bei der Bewertung von Betriebs1 BFH v. 7. 5. 1971 – III R 7/79, BStBl. II 1971, 642 (643) (unter I.2.). 2 BFH v. 7. 5. 1971 – III R 7/69, BStBl. II 1971, 642 (643) (unter I.3.); FG Hamburg v. 25. 2. 1980 – V 54/78, EFG 1980, 402 (403). 3 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 178 ff. 4 ErbStRG v. 24. 12. 2008, BGBl. I 2008, 3018.
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Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
§ 27
vermögen eine Einzelbewertung der zu Betriebsvermögen zugehörigen Wirtschaftsgüter nach den Steuerbilanzwerten vorzunehmen, § 12 Abs. 5 Satz 2 ErbStG a.F. i.V.m. § 109 Abs. 1 BewG a.F. Zum Betriebsvermögen werden solche Wirtschaftsgüter gerechnet, die auch bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören (§ 12 Abs. 5 Satz 2 ErbStG a.F. i.V.m § 95 Abs. 1 BewG a.F.). Zum Betriebsvermögen gehört die Summe aller Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb eines Gewerbes als Hauptzweck dienen und dem Betriebsinhaber gehören1.
27.46
Gemäß § 12 Abs. 5 Satz 2 ErbStG a.F. i.V.m § 98a BewG a.F. sind für Besteuerungssachverhalte vor 2009 zur Ermittlung des Wertes des Betriebsvermögens vom Rohvermögen (Summe des Besitzposten) u.a. diejenigen Schulden abzuziehen, die zum Betriebsvermögen gehören und mit der Gesamtheit oder mit einzelnen Teilen des gewerblichen Betriebs in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 12 Abs. 5 Satz 2 ErbStG a.F. i.V.m § 103 Abs. 1 BewG a.F.). Da sich die typische stille Beteiligung für den Inhaber des Handelsgeschäftes als echte Verbindlichkeit darstellt, wird sie wie andere Verbindlichkeiten vom Rohvermögen abgezogen. Abzugsfähig ist auch eine – wenn auch zahlenmäßig noch nicht bestimmte, aber doch bestimmbare – Gewinnanteilsschuld als vertragsmäßige Vergütung für eine stille Beteiligung oder ein partiarisches Darlehen mit einem bestimmten Hundertsatz vom Gewinn2.
27.47
Die Verpflichtung des Unternehmers aufgrund einer typischen stillen Beteiligung an seinem Unternehmen ist bei der Bewertung des Betriebsvermögens des Unternehmens mit dem Steuerbilanzwert abzuziehen (§ 12 Abs. 5 Satz 2 ErbStG a.F. i.V.m §§ 109 Abs. 1, 103 Abs. 1 BewG a.F.). Die Bewertung der Einlage erfolgt gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Nr. 2 EStG mit den Anschaffungskosten oder dem niedrigeren Teilwert. Angesetzt wird danach der Rückzahlungsbetrag, der in der Regel mit dem Nennwert übereinstimmt3. Im Fall einer besonders niedrigen Verzinsung und langer Restlaufzeit, hat die Bewertung mit einem niedrigeren Wert zu erfolgen4. Die Tatsache, dass die nachhaltig erzielbare Rendite der Einlage des stillen Gesellschafters unter Berücksichtigung von Sicherheit und Dauer der Anlage die am Kapitalmarkt allgemein übliche Rendite langfristiger Anlagen weit übersteigt, rechtfertigt bei der Bewertung der Schuld des Unternehmers nicht einen über dem Nennwert liegenden Ansatz. Auch wenn diese Rendite überproportional sein sollte, d.h. wenn sich die Einlage des stillen Gesellschafters höher „verzinsen“ sollte als das Kapital des Inhabers, ist ein Schuldabzug mit einem höheren Wert als dem Nennwert grundsätzlich nicht gerechtfertigt5.
27.48
1 Vgl. Rössler/Troll, § 95 BewG Rn. 1. 2 BFH v. 11. 10. 1968 – III 264/64, BStBl. II 1969, 123 = StRK BewG § 67 R. 54 m. kritischer Anm. von Ganßmüller und Paulick; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 181 f. 3 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 195. 4 Rössler/Troll, § 109 BewG Rn. 34. 5 Ebenso Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 98 ff.
741
§ 27
Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
b) Die atypische stille Gesellschaft aa) Das gewerbliche Betriebsvermögen
27.49
Bei der atypischen stillen Gesellschaft bestimmt sich der Wert der Beteiligung nach denselben Grundsätzen, wie der Wert des Anteils an einer OHG oder KG1. Als mitunternehmerische Personengesellschaft nach § 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. §§ 95 Abs. 1, 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG i.V.m. § 15 Abs. 3 EStG ist zunächst der Wert der Bewertungseinheit Gewerbebetrieb zu ermitteln und auf den atypischen stillen Beteiligten und den Inhaber des Handelsgeschäftes nach Maßgabe des § 97 Abs. 1a BewG aufzuteilen.
27.50
Beim Gewerbebetrieb einer atypischen stillen Gesellschaft als „andere Gesellschaft“ i.S. des § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist das gesamte Gemeinschaftsvermögen dem Betriebsvermögen zuzurechnen2. Auch das Sonderbetriebsvermögen wird gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 BewG dem Betriebsvermögen zugerechnet, soweit es bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehört. Dabei sind die Wirtschaftsgüter, die im Vermögen von Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen i.S. von § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–4 BewG stehen, nicht ausgenommen. Bei der GmbH & Still wird also auch das Sonderbetriebsvermögen der GmbH dem Betriebsvermögen zugerechnet. Die Grundsätze für die atypische stille Gesellschaft gelten damit auch unterschiedslos für die GmbH & Still.
27.51
Da nach § 12 Abs. 1 ErbStG für den Bestand und für die Bewertung des Betriebsvermögens die Verhältnisse zur Zeit der Entstehung der Steuerschuld maßgebend sind, ist für den Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung eine Vermögensaufstellung zu errichten, um das (Sonder-)Betriebsvermögen des Inhabers und etwaiges Sonderbetriebsvermögen des atypischen stillen Gesellschafters zu ermitteln. bb) Bewertung und Zurechnung von Betriebsvermögen ab 1. 1. 2009
27.52
Für den Bereich des Betriebsvermögens hat das ErbStRG bedingt durch die Entscheidung des BVerfG3 zu tief greifenden strukturellen Reformen geführt. §§ 109 Abs. 2, 11 Abs. 2 BewG normieren abweichend vom bisherigen System der Einzelbewertung die Bewertung von Anteilen an bestimmten Personenvereinigungen nach dem gemeinen Wert. Hierzu gehört gemäß §§ 109 Abs. 2, 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auch die atypische stille Gesellschaft. Maßgeblich für die Bewertung der stillen Beteiligung ist daher der Veräußerungserlös aus Verkäufen zwischen fremden Dritten bzw., sollten solche mehr als ein Jahr zurückliegen, der hypothetische Veräußerungswert, wobei der Substanzwert die Untergrenze bildet (§§ 109 Abs. 2, 11 Abs. 2 Satz 3
1 Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG Rn. 857 ff. 2 Rössler/Troll, § 97 BewG Rn. 5. 3 BVerfG v. 7. 11. 2006 – 1 BvL 10/02, DStR 2007, 235; dazu bereits Rn. 27.20 ff.
742
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§ 27
BewG)1. Die Bewertung des hypothetischen Veräußerungserlöses ist unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der stillen Gesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln (§§ 109 Abs. 2, 11 Abs. 2 Satz 2 BewG)2. Im Ergebnis enthält § 11 Abs. 2 BewG damit eine unwiderlegliche Vermutung, dass zeitnahe Verkäufe in der Vergangenheit den zutreffenden Marktwert zum Bewertungsstichtag richtig widerspiegeln3. Haben keine zeitnahen Verkäufe stattgefunden, orientiert sich die Bewertungsmethode für erbschaftsteuerliche Zwecke an den auch außersteuerlich maßgeblichen Bewertungsmethoden der beteiligten Wirtschaftskreise. Der Gesetzgeber greift mit der Ertragswertmethode auf den empirischen Befund zurück, dass die Praxis für Beteiligungen an großen Gesellschaften den Wert ohnehin aus dem eingesetzten Kapital ableitet, das ein Investor einsetzen würde, um aus seinem Investment eine angemessene Rendite zu erzielen4. Die Ertragswertmethode ist aber nach Ansicht des Gesetzgebers nicht für die Bewertung jedes Unternehmens geeignet bzw. am jeweiligen Markt üblich. Würden in solchen Fällen andere gebräuchliche Bewertungsmethoden zur Preisbildung angewandt, so müsse dies auch das Steuerrecht respektieren. Alternative Methoden seien vor allem vergleichsorientierte Methoden und Multiplikatorenmethoden. Um Schätzungsunschärfen, die zulasten des Steuerpflichtigen gehen würden, zu vermeiden, solle auf die Sicht eines gedachten Käufers abgestellt werden, da dieser im Unterschied zum Verkäufer bemüht sein wird, den Preis möglichst niedrig zu halten5. Nach der Begründung zum Regierungsentwurf soll derjenige die Feststellungslast, ob eine derartige Methode anstelle der Ertragswertmethode anwendbar ist, tragen, der sich jeweils darauf beruft6. Aus dem Gesetzesentwurf ging dies zwar nicht unmittelbar hervor, folgt aber aus grundsätzlichen systematischen Erwägungen unter Berücksichtigung des Gesetzgebungsverfahrens, nach denen prinzipiell die Ertragswertmethode anwendbar sein soll. Dies gilt sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für das Finanzamt.
27.53
Besondere Bedeutung für die Bewertung der atypischen stillen Beteiligung kommt dem vereinfachten Ertragswertverfahren nach § 199 ff. BewG n.F. zu7. Nach § 199 Abs. 2 BewG kann für die Ermittlung des gemeinen Wertes von Betriebsvermögen das vereinfachte Ertragswertverfahren angewendet werden, wenn es nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt. Hierzu ist
27.54
1 Zur Methodenkonkurrenz für die Wertermittlung nach dem ErbStRG siehe Piltz, DStR 2008, 745 (747 ff.). 2 Zu den Verfahren und Möglichkeiten der Unternehmensbewertung in Erbschaftsteuerrecht siehe Kußmaul/Pfirmann/Hell/Meyering, BB 2008, 472. 3 Begründung RegE ErbStRG, BR-Drucks. 4/08, S. 61 f. 4 Siehe dazu Begründung RegE ErbStRG, BR-Drucks. 4/08, S. 62. 5 Begründung RegE ErbStRG, BR-Drucks. 4/08, S. 62. 6 Begründung RegE ErbStRG, BR-Drucks. 4/08, S. 62. 7 Die vereinfachte Ertragswertverfahren sollte ursprünglich in einer Verordnung geregelt werden (AntBVBewV). Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens entschied man sich doch für eine gesetzliche Regelung im BewG. Siehe zum Entwurf der AntBVBewV u.a. Kußmaul/Pfirmann/Hell/Meyering, BB 2008, 472.
743
§ 27
Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
der zukünftig nachhaltig erzielbare Jahresertrag der atypischen stillen Gesellschaft mit einem Kapitalisierungsfaktor zu multiplizieren, § 200 Abs. 1 BewG.
27.55
Nach § 201 BewG ist der nachhaltig erzielbare Jahresertrag in der Regel aus dem Durchschnitt der Betriebsergebnisse der letzten vor dem Bewertungsstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahre herzuleiten. Die maßgeblichen Betriebsergebnisse wiederum sind aus dem Gewinn i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG herzuleiten und dafür um die in § 202 BewG genannten Hinzurechnungen und Abzüge zu bereinigen.
27.56
Der Kapitalisierungsfaktor wird in § 203 BewG n.F. geregelt. Er ist der Kehrwert des maßgeblichen Kapitalisierungszinssatzes. Der Kapitalisierungszinssatz setzt sich zusammen aus einem Basiszins, welcher aus der langfristig erzielbaren Rendite öffentlicher Anleihen abzuleiten ist und vom Bundesministerium der Finanzen im Bundesteuerblatt veröffentlicht wird, und einem Zuschlag von 4,5 %. Daraus ergibt sich zurzeit ein Kapitalisierungsfaktor von etwa 11.
27.57
Untergrenze für die Bewertung von Betriebsvermögen ist sowohl bei der Bewertung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG als auch beim vereinfachten Ertragswertverfahren nach § 199 BewG stets der Substanzwert, also die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden, § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG.
27.58
Für die Besteuerung des Inhabers des Unternehmens gelten diese Ausführungen zur Bewertung des Betriebsvermögens entsprechend.
27.59
Die Zurechnung des Betriebsvermögens wird in § 97 BewG geregelt. Der Wert des Betriebsvermögens wird dem stillen Gesellschafter anteilig zugerechnet1. Dabei ist gemäß § 97 Abs. 1a BewG wie folgt vorzugehen: Das Gesamthandvermögen und das Sonderbetriebsvermögen sind getrennt zu bewerten. Der Ertragswert des Gesamthandvermögens ist zunächst anhand der Kapitalkonten aus der Gesamthandelsbilanz zu verteilen. Der nach Abzug der Kapitalkonten verbleibende Restwert ist sodann anhand des Gewinnverteilungsschlüssels aufzuteilen. Aus der Summe aus dem anteiligen Wert des Gesamthandvermögens und dem gemeinen Wert des Sonderbetriebsvermögens ergibt sich der gemeine Wert der Beteiligung2.
27.60
Für die atypische stille Gesellschaft ergibt sich das Problem, dass weder eine Gesamthandelsbilanz noch ein Gesamthandsvermögen der stillen Gesellschaft besteht. M.E. ist bei der Verteilung und Zurechnung nach § 197 BewG von der Handelsbilanz des Inhabers und dem steuerlichen Sonderbetriebsvermögen der Beteiligten auszugehen.
1 Vgl. Montag in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 18 Rz. 324. 2 Siehe auch Bericht des Finanzausschusses v. 26. 11. 2008 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum ErbStRG, BT-Drucks. 16/11107, S. 16.
744
Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
§ 27
In bewertungsrechtlicher Hinsicht wurde durch das ErbStRG ein gerechtes und im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG belastbares System zur Ermittlung der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage geschaffen. In struktureller Hinsicht dürfte das Gesetz den Vorgaben des BVerfG genügen. Einfacher wird die Ermittlung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer dagegen freilich nicht. Statt der bisher vergleichsweise einfachen Feststellungen von Steuerbilanzwerten sind nunmehr komplexe Erwägungen zur Ermittlung des gemeinen Werts des Betriebsvermögens anzustellen. Da der durch das vereinfachte Ertragswertverfahren ermittelte Wert darauf überprüft werden muss, ob das Ergebnis offensichtlich unzutreffend ist und als Untergrenze der Bewertung auch der Substanzwert ermittelt werden muss, bleibt abzuwarten, ob dieses Bewertungsverfahren zu Erleichterungen in der Praxis führen wird.
27.61
cc) Bewertung und Zurechnung von Betriebsvermögen bis 2008 Die Bewertung erfolgt für Steuersachverhalte, bei denen die Steuer vor dem 1. 1. 2009 entstanden ist, grundsätzlich nach Steuerbilanzwerten, § 12 Abs. 5 Satz 2 ErbStG a.F. i.V.m. § 109 Abs. 1 BewG a.F. Ausnahmen bestehen für Anteile an Kapitalgesellschaften (§ 12 Abs. 5 Satz 3 ErbStG a.F.) und für Betriebsgrundstücke (§ 12 Abs. 5 Satz 2 ErbStG a.F. i.V.m. § 99 Abs. 3 BewG a.F.).
27.62
Die Aufteilung des Werts des Betriebsvermögens von mitunternehmerischen Personengesellschaften richtet sich nach § 97 Abs. 1a BewG a.F.1. Die Regelung beinhaltet eine aus vier Rechenschritten bestehende Methode zur Zurechnung des Werts des Betriebsvermögens eines gewerblichen Betriebs zum einzelnen Mitunternehmer: Zuerst werden die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens und die Gesellschafterschulden dem jeweiligen Gesellschafter vorrangig zugerechnet (§ 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG a.F.), dann die durch Vorwegzurechnung des Sonderbetriebsvermögens bereinigten steuerlichen Kapitalkonten (§ 97 Abs. 1a Nr. 2 BewG a.F.). Als dritter Schritt wird das restliche Betriebsvermögen nach dem Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter aufgeteilt (§ 97 Abs. 1a Nr. 3 BewG a.F.), und schließlich werden die verschiedenen Komponenten zum Anteil am Betriebsvermögen zusammengerechnet2 (§ 97 Abs. 1a Nr. 4 BewG a.F.).
27.63
IV. Steuerbefreiungen 1. Die Begünstigung des Betriebsvermögens a) Anwendbarkeit auf die atypische stille Gesellschaft Speziell für die Übertragung von Betriebsvermögen bestehen erbschaftsteuerliche Vergünstigungen gemäß §§ 13a, 13b ErbStG, bzw. § 13a ErbStG a.F. Nach 1 Eingeführt durch das JStG 1997 und geändert durch das StÄndG 2001. 2 Ausführlich zum Berechnungsschema Dötsch in Gürsching/Stenger, § 97 BewG Rn. 675 ff. Kritisch zur Berechnungsmethode Gebel, DStR 1997, 801; Killinger, DStR 1998, 710 f.
745
27.64
§ 27
Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
h.M. ist die erbschaftsteuerliche Förderung bei Übertragung von Betriebsvermögen auch auf die atypische stille Gesellschaft anzuwenden1.
27.65
Soweit die Rechtsprechung2 die Anwendbarkeit der Begünstigungsvorschriften bei schenkweiser Übertragung von atypischen stillen Beteiligungen abgelehnt hatte, lag das nicht etwa daran, dass eine atypische stille Gesellschaft per se kein begünstigtes Vermögen i.S. des § 13a ErbStG a.F. darstellen kann. Die ablehnenden Entscheidungen ergingen zu einer alten Fassung des § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG, wonach nur Schenkungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erfasst waren. Wegen des Vorliegens eines unbefristeten Widerrufsrechts war die notwendige Vergleichbarkeit mit dem Übergang von Betriebsvermögen durch Erbfall aber nach Auffassung des Gerichts in den betreffenden Streitfällen nicht gegeben. Aufgrund der Änderung des § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG a.F. durch das Steueränderungsgesetz 20013 hat sich diese Problematik aber mittlerweile erledigt4. § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG a.F. sowie §§ 13a, 13b ErbStG n.F. erfassen jedwede Schenkung unter Lebenden.
27.66
Ausgelöst durch die schenkungsteuerliche Bewertung der unentgeltlichen Übertragung der Treugeberstellung auf einen Dritten5 vertrat die Finanzverwaltung jedoch die Auffassung, dass bei der Übertragung von atypischen stillen Beteiligungen kein begünstigtes Vermögen i.S. des § 13a ErbStG a.F. übertragen wird. Die Finanzverwaltung begründete ihre Ansicht damit, dass bei der Übertragung von stillen Beteiligungen keine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen selbst übertragen wird6.
27.67
Die Auffassung der Finanzverwaltung ist jedoch abzulehnen und wurde mittlerweile auch aufgegeben7. Die Situation bei Übertragung der Treugeberstellung lässt sich nicht auf die stille Gesellschaft übertragen. Zudem widerspricht die Verwaltungsauffassung eindeutig dem Gesetzeswortlaut und der Intention des Gesetzgebers8. Gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F. liegt begünstigtes Vermögen bei dem Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG vor, es wird daher ohne Einschränkung auf die ertragsteuerliche Wertung und auf den ertragsteuerlichen Mitunternehmerbegriff verwiesen9. Auch § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG n.F. verweist auf § 15 Abs. 1 Nr. 2 und 3 Abs. 3 EStG. Da die atypische stille Gesellschaft nach all1 2 3 4 5 6
7 8 9
Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, § 13b ErbStG Rn. 75 f. BFH v. 25. 1. 2001 – II R 52/98, BFHE 194, 445. Steueränderungsgesetz 2001 v. 20. 12. 2001, BGBl. I 2001, 3794 = BStBl. I 2002, 4. So auch Hannes/Otto, ZEV 2005, 464 (467 Fn. 39). BFH v. 25. 1. 2001 – II R 39/98, BFH/NV 2001, 908; Erlass des FinMin BW v. 27. 6. 2005 – 3-S 3806/51, DB 2005, 1493 und v. 16. 2. 2007 – 3-S 3806/51, DStR 2007, 627. So jedenfalls die Argumentation für die atypische Unterbeteiligung. Diese Grundsätze seien auch auf die atypische stille Gesellschaft anzuwenden, siehe Verfügung der OFD Münster v. 30. 3. 2007, DStR 2007, 1125. Siehe etwa OFD Karlsruhe v. 18. 5. 2009 – S 3806/51, ErbSt-Kartei BW § 13a ErbStG Karte 10. So auch Wälzholz, GmbH-StB 2008, 11 (16). Siehe dazu Hannes/Otto, ZEV 2005, 464 (465 ff.).
746
Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
§ 27
gemeiner Ansicht eine Mitunternehmerschaft nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG darstellt1, ist dies auch für die erbschaftsteuerliche Beurteilung maßgebend. Eine rein zivilrechtliche Argumentation, wie sie von der Verwaltung vorgenommen wird, wäre contra legem. b) Die Begünstigung von Betriebsvermögen ab 20092 Neben der verfassungskonformen Ausgestaltung des Bewertungsrechts bildet einen Schwerpunkt der Erbschaftsteuerreform die Neuregelung und Erleichterung der Unternehmensnachfolge. Die auf der Bewertungsebene vom BVerfG bemängelte Privilegierung von Betriebsvermögen wurde neu gestaltet und insgesamt in das Erbschaftsteuerrecht verlegt, wo es nun in den §§ 13a, 13b und 19a ErbStG geregelt ist. Das bisherige Begünstigungssystem in Form von Freibetrag und Bewertungsabschlag wird durch ein mehrstufiges System von Verschonungsregelungen mit einschlägigen Behaltens- und Nachversteuerungsnormen3 ersetzt. Das neue Recht ist gemäß § 37 Abs. 1 ErbStG für Erwerbe anzuwenden, für die die Steuer nach dem 31. 12. 2008 entsteht. Gemäß Art. 3 Abs. 1 ErbStRG kann der Erwerber jedoch die rückwirkende Anwendung des neuen Rechts beantragen, wenn die Steuer nach dem 31. 12. 2006 und vor dem 1. 1. 2009 entstanden ist. Dieses Antragsrecht ist jedoch auf Erwerbe von Todes wegen beschränkt, für Schenkungen gilt es nicht.
27.68
In § 13b Abs. 1 ErbStG wird das begünstigungsfähige Vermögen definiert, welches weitgehend § 13a ErbStG a.F. entspricht. Nicht begünstigungsfähig ist jedoch das gesamte Betriebsvermögen, wenn es zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht, § 13b Abs. 2 ErbStG. Als schädliches Verwaltungsvermögen gelten dabei insbesondere Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke (§ 13b Abs. 2 Nr. 1 ErbStG)4, Anteile an Kapitalgesellschaften, soweit die unmittelbare Beteiligung an dem Nennkapital der Kapitalgesellschaft nicht über 25 % beträgt (§ 13b Abs. 2 Nr. 2 ErbStG), und Beteiligungen an Gesellschaften i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG, also auch an atypischen stillen Gesellschaften, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % übersteigt (§ 13b Abs. 2 Nr. 3 ErbStG). Beträgt das Verwaltungsvermögen maximal 50 %, berührt dies die Begünstigungsfähigkeit des übrigen Betriebsvermögens nicht. Das Verwaltungsvermögen selbst gehört in diesem Fall nicht zum begünstigungsfähigen Betriebsvermögen, wenn es dem Betrieb zum Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war, § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG.
27.69
1 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 341. 2 Änderung durch das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz – ErbStRG) v. 24. 12. 2008, BGBl. I 2008, 3018. 3 Belastungsvergleiche siehe Spengel/Broer, DB 2008, 86. 4 Im Regierungsentwurf zum ErbStRG v. 4. 1. 2008, BR-Drucks. 4/08, waren Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke noch generell von der Begünstigung ausgenommen. In der verabschiedeten Fassung wird jedoch sichergestellt, dass diese Grundstücke nicht zum Verwaltungsvermögen gehören, wenn Sie unmittelbar dem Betrieb und dem Erhalt von Arbeitsplätzen dienen. Siehe im Einzelnen § 13b Abs. 2 Nr. 1 ErbStG n.F.
747
§ 27
Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
27.70
Von dem so ermittelten begünstigungsfähigem Betriebsvermögen sind 85 % begünstigt, § 13b Abs. 4 ErbStG. Das begünstigte Vermögen bleibt bei der Besteuerung gemäß § 13a Abs. 1 ErbStG in vollem Umfang außer Ansatz. Es wird daher ein Verschonungsabschlag in Höhe von 100 % des begünstigten Vermögens bzw. in Höhe von 85 % des begünstigungsfähigen Vermögens gewährt.
27.71
Der Verschonungsabschlag ist jedoch in seiner Höhe an eine Behaltensvoraussetzung in Gestalt der Lohnsummenfrist gekoppelt. Die Summe der maßgeblichen Lohnsummen (§ 13a Abs. 4 ErbStG) des Betriebes darf innerhalb von sieben Jahren nach dem Erwerb insgesamt 650 % der Ausgangslohnsumme (Durchschnittslohnsumme der letzten fünf Wirtschaftsjahre) nicht unterschreiten (Mindestlohnsumme).
27.72
Werden die geforderten 650 % nicht erreicht, so mindert sich der Verschonungsabschlag in demselben prozentualen Umfang, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird. Stellt sich z.B. nach sieben Jahren heraus, dass die Summe der Lohnsummen lediglich 325 % der Ausgangslohnsumme beträgt, so reduziert sich der Verschonungsabschlag auf 50 % des begünstigten Vermögens bzw. auf 42,5 % des begünstigungsfähigen Vermögens. Werden 650 % der Ausgangslohnsumme jedoch z.B. bereits nach drei Jahren erreicht, so sind sämtliche Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 ErbStG erfüllt, so dass ein Absenken der Lohnsumme in den Folgejahren ist für den Bewertungsabschlag unerheblich ist1.
27.73
Die Koppelung an den Lohnsummenparameter gilt jedoch nicht, wenn die Ausgangslohnsumme 0 Euro beträgt oder der Betrieb nicht mehr als zehn Beschäftigte hat, § 13a Abs. 1 Satz 3 ErbStG.
27.74
Von den nicht begünstigten Betriebsvermögens ist ein Abzugsbetrag in Höhe von 150 000 Euro abzuziehen, § 13a Abs. 2 ErbStG. Dieser Abzugsbetrag verringert sich, wenn der Wert des nicht begünstigten Vermögens insgesamt die Wertgrenze von 150 000 Euro übersteigt, um 50 % des diese Wertgrenze übersteigenden Betrages (gleitende Freigrenze). Bei einem nicht begünstigten Betriebsvermögen in Höhe von 450 000 Euro beträgt der Abzugsbetrag daher 0 Euro. Der Abzugsbetrag soll eine Werteermittlung und aufwändige Überwachung von Klein- und Kleinstfällen ersparen2. Der Verschonungsabschlag kann für mehrere Erwebe innerhalb von zehn Jahren von derselben Person durch den Erwerber nur einmal beansprucht werden.
27.75
Sowohl der Verschonungsabschlag als auch der Abzugsbetrag fallen gemäß § 13a Abs. 5 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwer-
1 Der Regierungsentwurf zum ErbStRG v. 4. 1. 2008, BR-Drucks. 4/08, sah noch vor, dass ein bestimmtes Lohnniveau über die gesamte „Wohlverhaltensphase“ von zehn Jahren gehalten werden musste. 2 Begründung RegE ErbStRG, BR-Drucks. 4/08, S. 53.
748
Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
§ 27
ber innerhalb einer Behaltensfrist von 7 Jahren1 eine der im Gesetz aufgezählten schädliche Verfügung vornimmt. Zu den schädlichen Verfügungen gehört insbesondere auch die Veräußerung oder Aufgabe eines Anteils an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Deswegen führt auch die Veräußerung einer atypischen stillen Beteiligung zur Nachversteuerung. Ebenfalls schädlich ist die Veräußerung oder Überführung von wesentlichen Betriebsgrundlagen2 des Gewerbebetriebes in das Privatvermögen, § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 ErbStG oder das Tätigen von Entnahmen in qualifizierter Höhe nach § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 ErbStG. Nach § 13a Abs. 5 Satz 3 ErbStG führen an sich schädliche Verfügungen, mit Ausnahme von schädlichen Entnahmen i.S. des § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ErbStG, nicht zu einer Nachversteuerung, wenn der Veräußerungserlös innerhalb von sechs Monaten in Vermögen der gleichen Vermögensart reinvestiert wird und dieses Vermögen nicht zum Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 ErbStG gehört (Reinvestitionsklausel).
27.76
Werden schädliche Verfügungen innerhalb der Behaltensfrist vorgenommen, so mindert sich gemäß § 13a Abs. 5 Satz 2 ErbStG der Verschonungsabschlag in dem Verhältnis der im Zeitpunkt der schädlichen Verfügung verbleibenden Behaltensfrist einschließlich des Jahres, in dem die Verfügung erfolgt, zur gesamten Behaltensfrist. Eine schädliche Verfügung führt daher nicht zum Wegfall des gesamten Verschonungsabschlages, sondern nur zu einem Teil, dessen Höhe von der Restlaufzeit der Behaltensfrist abhängt. Eine Ausnahme gilt auch hier für schädliche Entnahmen nach § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ErbStG.
27.77
Das dargestellte Begünstigungsmodell stellt den gesetzlichen Regelfall dar. Der Erwerber hat jedoch die Möglichkeit unwiderruflich zu erklären, dass er die Begünstigungen nach Maßgabe des § 13a Abs. 8 ErbStG in Anspruch nehmen will (Optionsmodell). Der Antrag hat zur Folge, dass der Bewertungsabschlag auf 100 % erhöht wird. Dafür muss der Erwerber jedoch auch strengere Voraussetzungen erfüllen: Die Lohnsummenfrist wird auf zehn Jahre
27.78
1 Nach dem Regierungsentwurf zum ErbStRG v. 4. 1. 2008, BR-Drucks. 4/08, sollte die Behaltensfrist 15 Jahre betragen. Zur Kritik an dieser langen Behaltensfrist und der Belastung für Unternehmer und Verwaltung siehe Crezelius, DStR 2007, 2277 (2283). Zwar wurde die Belastung für die Unternehmer durch das Absenken der Behaltensfrist in der verabschiedeten Fassung des ErbStRG reduziert, die grundsätzlichen Bedenken gegen eine Beschränkung der unternehmerischen Freiheit bleiben m.E. jedoch bestehen. 2 Zur streitigen Frage ob die GmbH-Beteiligung des atypische stillen Gesellschafters einer GmbH & Still in Umwandlungsfällen als wesentliche Betriebsgrundlage angesehen werden kann, siehe Rn. 22.125. Die Ertragsteuerrecht angewendete funktionalquantitative Betrachtungsweise nach H 16.8 EStH 2008 und BFH v. 2. 10. 1997 – IV R-84/96, BFH/NV 1998, 386, wonach auch nicht funktional wesentliche Wirtschaftsgüter, in denen aber erhebliche stille Reserven ruhen, wesentliche Betriebsgrundlagen darstellen können, ist bei der Nachversteuerung im Erbschaftsteuerrecht nicht anzuwenden. Es gilt eine rein funktionale Betrachtungsweise, siehe Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, § 13a ErbStG Rn. 244 m.w.N.
749
§ 27
Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
verlängert, und die Summe der Lohnsummen dabei auf 1000 % erhöht. Die Behaltensfrist wird auf zehn Jahre verlängert und die Höhe des schädlichen Verwaltungsvermögens von 50 % auf 10 % herabgesetzt. Diese Option eröffnet zwar die Möglichkeit Betriebsvermögen gänzlich steuerbefreit zu erwerben, die strengeren Voraussetzungen und längeren Fristen beinhalten jedoch auch höhere Risiken. Ob ein Erwerber die Option wahrnimmt, wird insbesondere davon abhängen, wie zuverlässig er seine Zukunftsprognosen erstellen kann. c) Die Begünstigung von Betriebsvermögen bis 2008
27.79
§ 13a Abs. 1 ErbStG a.F. gewährt bei Steuersachverhalten, bei denen die Steuer vor dem 1. 1. 2009 entstanden ist, für begünstigtes Betriebsvermögen einen Freibetrag in Höhe von 225 000 Euro1. Das darüber hinausgehende Betriebsvermögen ist nach § 13a ErbStG a.F. lediglich mit 65 %2 anzusetzen, es wird also ein Bewertungsabschlag in Höhe von 35 % gewährt. Für weiteres innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb von derselben Person anfallendes Vermögen kann weder vom Bedachten noch von anderen Erwerbern ein Freibetrag in Anspruch genommen werden, § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG a.F. Für den Bewertungsabschlag gilt diese Sperrfrist jedoch nicht. Freibetrag und Bewertungsabschlag entfallen jedoch rückwirkend, wenn der Erwerber innerhalb von fünf Jahren eine schädliche Verfügung i.S. des § 13a Abs. 5 ErbStG vornimmt. 2. Persönliche Freibeträge und Steuersatz
27.80
Für die schenkungsweise Zuwendung stiller Beteiligungen an Familienangehörige sei auf die Freibeträge der §§ 16 und 17 ErbStG hingewiesen. Für Erwerbe, in denen die Steuer nach dem 31. 12. 2008 entsteht, gelten folgende Freibeträge: Soweit der Erwerb des Ehegatten des Erblassers (Schenkers) 500 000 Euro nicht übersteigt, bleibt er steuerfrei. Einen Freibetrag in gleicher Höhe erhält nun auch der Lebenspartner, obwohl er in der Steuerklasse III belassen wird, § 16 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 15 Abs. 1 ErbStG. Für Kinder, Stiefkinder und Kinder verstorbener Kinder bleibt ein Erwerb bis zur Höhe von 400 000 Euro steuerfrei (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. i.V.m. § 15 Abs. 1 ErbStG). Enkelkinder erhalten einen Freibetrag in Höhe von 200 000 Euro, § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG. Für die übrigen Personen der Steuerklasse I wird ein Freibetrag von 100 000 Euro gewährt. Für Personen der Steuerklasse II (Eltern, Großeltern und weitere Voreltern, Stiefeltern, voll- und halbbürtige Geschwister, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern) und für alle anderen Personen der Steuerklasse II bleibt einheitlich ein Erwerb in Höhe von 20 000 Euro steuerfrei (§ 16 Abs. 1 Nr. 5 und 7 ErbStG). Übersteigt der Wert des Erwerbs den Freibetrag, so ist nur der übersteigende Teil steuerpflichtig, soweit sich nicht aus einer sonstigen Befreiungsvorschrift etwas anderes ergibt. Daneben bestehen Versorgungsfreibeträge nach § 17 ErbStG. Der Ver-
1 Bis 31. 12. 2003 noch 256 000 Euro, Betrag geändert durch Gesetz v. 29. 12. 2003, BGBl. I 2003, 3076. 2 Bis 31. 12. 2003 noch 60 %, geändert durch Gesetz v. 29. 12. 2003, BGBl. I 2003, 3076.
750
Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
§ 27
sorgungsfreibetrag steht nach der Erbschaftsteuerreform auch dem Lebenspartner zu, § 17 Abs. 1 ErbStG. Für Erwerbe, in denen die Steuer vor dem 1. 1. 2009 entsteht, gelten folgende Freibeträge: Der Freibetrag des Ehegatten beträgt 307 000 Euro und der Kinderfreibetrag 205 000 Euro. Die übrigen Personen der Steuerklasse I erhalten einen Freibetrag in Höhe von 51 200 Euro. Für Personen der Steuerklasse II bleibt ein Erwerb in Höhe von 10 300 Euro und für alle anderen Personen, also auch für den Lebenspartner, ein Erwerb in Höhe von 5 200 Euro steuerfrei.
27.81
Eine rückwirkende Anwendung der Freibeträge des § 16 ErbStG n.F. ist auch bei Erwerben von Todes wegen nicht möglich. Art. 3 Abs. 1 ErbStRG schließt § 16 ErbStG n.F. ausdrücklich von der Rückwirkung aus. Nicht ausgeschlossen sind jedoch die Versorgungsfreibeträge nach § 17 ErbStG, was insbesondere für den Lebenspartner interessant ist.
27.82
Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang § 27 ErbStG zu1. Fällt Personen der Steuerklasse I von Todes wegen Vermögen an, das in den letzten zehn Jahren vor dem Erwerb bereits von Personen dieser Steuerklasse erworben worden ist und für das eine Erbschaftsteuer zu erheben war, so ermäßigt sich der auf dieses Vermögen entfallende Steuerbetrag in der in § 27 Abs. 1 ErbStG vorgesehenen Höhe. Zur Ermittlung des Steuerbetrags, der auf das begünstigte Vermögen entfällt, ist die Steuer für den Gesamterwerb in dem Verhältnis aufzuteilen, in dem der Wert des begünstigten Vermögens zu dem Wert des steuerpflichtigen Gesamterwerbs ohne Abzug des dem Erwerber zustehenden Freibetrags steht.
27.83
Wegen der Steuersätze, die sich einmal nach der Höhe der freigebigen Zuwendung und zum anderen nach der Verwandtschaftsnähe zum Schenker bestimmen, vgl. § 19 ErbStG.
27.84
Bei Übertragung von Betriebsvermögen besteht eine Tarifbegünstigung nach Maßgabe des § 19a ErbStG. Damit werden Steuerpflichtige im Endeffekt ohne Berücksichtigung des Verwandtschaftsgrades auf der Basis der Steuerklasse I besteuert2.
27.85
Mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile werden in der Weise zusammengerechnet, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden. Von der Steuer für den Gesamtbetrag wird die Steuer abgezogen, welche für die früheren Erwerbe nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers und auf Grundlage der geltenden Vorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wäre. Die durch jeden weiteren Erwerb veranlasste Steuer darf nicht mehr betragen als 50 % dieses Erwerbs (§ 14 Abs. 2 ErbStG).
27.86
1 Vgl. Steiger, DVR 1984, 147 (162). 2 Lüdicke, DB 2007, 2792 (2796).
751
§ 27
Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
IV. Zusammenfassung
27.87
Der Erbschaftsteuer unterliegen der Erwerb von Todes wegen und die Schenkungen unter Lebenden. Bei der stillen Gesellschaft kann eine Schenkung insbesondere auch vorliegen, wenn die Vermögenseinlage höher oder niedriger bewertet wird, als es ihrem Verkehrswert entspricht, oder eine überhöhte oder zu niedrige Gewinnbeteiligung vereinbart wird. Die typische stille Beteiligung wird bewertungsrechtlich als Kapitalforderung behandelt und ist mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Typische stille Beteiligungen die zu einem Betriebsvermögen gehören, waren bis 2008 mit ihrem Steuerbilanzwert anzusetzen. Ab 2009 wird wegen der Abkehr vom Prinzip der Einzelbewertung keine eigenständige Bewertung von Wirtschaftsgütern eines Betriebsvermögens, sondern eine Gesamtbewertung des Unternehmens nach dem gemeinen Wert durchgeführt. Dies gilt auch für die Bewertung von Betriebsvermögen, an welchem eine typische stille Beteiligung besteht. Bei der atypischen stillen Gesellschaft wird das Betriebsvermögen bewertet und der Wert dem stillen Gesellschafter anteilig zugerechnet. Bis 2008 erfolgte eine Einzelbewertung der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens nach den Steuerbilanzwerten. Ab 2009 ist für das Betriebsvermögen der gemeine Wert maßgeblich. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus zeitnahen Fremdverkehrsgeschäften ableiten, ist er nach einem anerkannten Bewertungsverfahren zu ermitteln. Dem vom Gesetzgeber vorgegebenen vereinfachten Bewertungsverfahren wird dabei eine entscheidende Rolle zukommen. Im Falle der atypischen stillen Gesellschaft sind die speziellen Begünstigungen und Steuerbefreiungen für Betriebsvermögen nach §§ 13a, 13b und 19a ErbStG anzuwenden. § 16 ErbStG gewährt persönliche Freibeträge, die insbesondere bei naher verwandtschaftlicher Beziehung beträchtlich sind.
752
§ 28 Grund- und Grunderwerbsteuer Schrifttum: Boruttau, Ernst Paul, Grunderwerbsteuergesetz, 16. Aufl. 2007; Flume, Werner, Die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts zu den Einheitswerten in Hinsicht auf die Vermögen- und Erbschaftsteuer, DB 1995, 1779; Hofmann, Ruth/Hofmann, Gerda, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, 8. Aufl. 2004; Hoffmann, Fritz, Zur Abgrenzung der typischen und atypischen stillen Gesellschaft, GmbHR 1975, 257; Troll, Max/Eisele, Dirk, Grundsteuergesetz, 9. Aufl. 2006.
I. Grunderwerbsteuer Der Grunderwerbsteuer unterliegen die in § 1 GrEStG aufgezählten Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen.
28.1
Besteht die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters in der Einbringung eines Grundstücks, das in das Eigentum des Geschäftsinhabers übergeht, so ist das ein Vorgang, der unter das GrEStG fällt.
28.2
Das gilt nicht, wenn das Grundstück dem Inhaber nur zum Gebrauch überlassen wird, weil sich an der bisherigen Rechtszuständigkeit nichts ändert. Wird die Verpflichtung des stillen Gesellschafters das Grundstück auf den Inhaber zu übertragen durch den Gesellschaftsvertrag begründet, so ist der Gesellschaftsvertrag nach § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB regelmäßig formbedürftig. Mangelt es an der notariellen Beurkundung, wird der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht ausgelöst. Der Mangel wird jedoch durch eine spätere Eigentumsumschreibung geheilt, jedenfalls wenn die Eigentumsumschreibung auf dem formunwirksamen Gesellschaftsvertrag beruht1.
28.3
Wird dem stillen Gesellschafter das von ihm eingebrachte Grundstück, das in das Eigentum des Inhabers übergegangen ist, bei der Beendigung der Gesellschaft zurückübereignet, so ist dieser Vertrag ebenfalls grunderwerbsteuerpflichtig. Die im Gesellschaftsvertrag niedergelegte Verpflichtung des Inhabers zur Rückübereignung des Grundstücks ist im Zweifel an die Auflösung der stillen Gesellschaft geknüpft. Die Steuerschuld entsteht mit der Auflösung der Gesellschaft. Steuerfreiheit kann allerdings unter den Voraussetzungen
28.4
1 BFH 18. 3. 2005 – II R 19/02, BFH/NV 2005, 1368 (1368). Dieser Fall betraf allerdings eine etwas komplexere Konstellation: Die stille Gesellschafterin hatte zunächst nur Bargeld eingebracht, welches vereinbarungsgemäß zum Erwerb und zur Bebauung eines Grundstücks durch den Inhaber verwendet wurde. In dem formlos abgeschlossenen Beteiligungsvertrag wurde zusätzlich die Verpflichtung des Inhabers aufgenommen, das zu erwerbende Grundstück bei Auflösung der Gesellschaft auf die stille Gesellschafterin zu übertragen. Dies wurde durch notariellen Auflösungsvertrag dann auch so abgewickelt. Das Gericht entschied, dass tatbestandserfüllendes Rechtsgeschäft jedenfalls nicht der formnichtige Beteiligungsvertrag sein könne. Dieser wurde später auch nicht geheilt, da die letztlich erfolgte Übertragung nicht auf dem Beteiligungsvertrag sondern auf dem bei Auflösung geschlossenen und notariell beurkundeten Auflösungsvertrag beruhe.
753
§ 28
Grund- und Grunderwerbsteuer
des § 16 Abs. 2 GrEStG eintreten. War die Rückübereignung schon beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags vereinbart, so kann auch im Wege der Vertragsauslegung der wirkliche Wille der Beteiligten ermittelt werden, der möglicherweise nur auf eine Gebrauchsüberlassung gerichtet war (Rn. 6.31 ff.); so wenn z.B. der Inhaber nach dem Gesellschaftsvertrag über das Grundstück nicht verfügen durfte.
28.5
Es ist nicht sachlich unbillig, die Grunderwerbsteuer für den Erwerb eines Grundstücks von dem Schwiegervater durch eine aus dem Schwiegervater und dem Schwiegersohn bestehende OHG insoweit zu erheben, als der Schwiegersohn an der OHG beteiligt ist (vgl. § 5 Abs. 2 GrEStG). Dies gilt auch dann, wenn der Schwiegersohn vor der Gründung der OHG als stiller Gesellschafter an dem Handelsgewerbe seines Schwiegervaters beteiligt war und das Grundstück während dieser Zeit von dem Schwiegervater für Rechnung der stillen Gesellschaft erworben worden war1.
28.6
Gehören Grundstücke zum Betriebsvermögen des Inhabers, so wird durch die Begründung der stillen Gesellschaft ein der Grunderwerbsteuer unterliegender Tatbestand nicht ausgelöst, weil sich an der sachenrechtlichen Zuordnung der Grundstücke auch in dieser Konstellation nichts ändert. Auch der atypische stille Gesellschafter, den das Steuerrecht als Mitunternehmer behandelt und damit den Gesellschaftern einer handelsrechtlichen Personengesellschaft gleichstellt, erlangt keine dingliche Mitberechtigung an den zum Betriebsvermögen des Inhabers gehörenden Grundstücken. § 5 Abs. 2 GrEStG ist nicht anwendbar2.
28.7
In dem vom BFH am 30. 11. 1983 entschiedenen Fall3 kaufte die Klägerin von ihrer Kommanditistin, die zu 98,814 % an der Klägerin beteiligt war, ein Grundstück. Die Klägerin hatte noch eine atypische stille Gesellschafterin mit einer Gewinn- und Verlustbeteiligung von 15,7 %. Der Streit ging nicht um die gemäß § 5 Abs. 2 GrEStG nicht zu erhebende Steuer hinsichtlich der 98,814%igen Beteiligung sondern um die 15,7%ige stille Beteiligung. Das zuständige Finanzamt war der Auffassung, dass diese bei der Beteiligungsquote gemäß § 5 Abs. 2 GrEStG zu berücksichtigen und damit der Grundstückskauf in dieser Höhe grunderwerbsteuerpflichtig sei. Dem ist der BFH mit Recht nicht gefolgt, weil auch die atypische stille Gesellschaft keine Gesamthandsgemeinschaft i.S. des BGB sei und das Grunderwerbsteuerrecht in diesem Punkt dem bürgerlichen Recht folge.
28.8
Umgekehrt ist das Einbringen eines Betriebes in eine stille Gesellschaft hinsichtlich der eingebrachten Grundstücke auch dann grunderwerbsteuerpflichtig, wenn der einbringende stille Gesellschafter nach dem Einkommensteuer-
1 BFH v. 7. 4. 1976 – II R 97/70, BFHE 119, 126; vgl. auch Boruttau, § 5 GrEStG Rn. 5, 8; Hofmann/Hofmann, § 5 GrEStG Rn. 7. 2 BFH v. 30. 11. 1983 – II R 131/81, BFHE 139, 442; zustimmend Hofmann/Hofmann, § 5 GrEStG Rn. 7. 3 BFH v. 30. 11. 1983 – II R 131/81, BFHE 139, 442.
754
Grund- und Grunderwerbsteuer
§ 28
recht als Mitunternehmer zu behandeln ist1, denn auch der atypische stille Gesellschafter erhält durch seine schuldrechtlichen Ansprüche auf anteiligen Gewinn nicht die Verwertungsmacht i.S. von § 1 Abs. 2 GrEStG2. Mag für das Ertragsteuerrecht eine Unterscheidung der stillen Gesellschaften danach angemessen sein, ob der stille Gesellschafter nach seinem Ausscheiden an den stillen Reserven des Handelsgeschäfts beteiligt ist oder nicht, so kann diese Unterscheidung für das Grunderwerbsteuerrecht nichts hergeben3. Durch eine atypische stille Beteiligung lässt sich nicht eine grunderwerbssteuerpflichtige Anteilsvereinigung i.S. von § 1 Abs. 3 GrEStG vermeiden4. Das gilt sowohl bei mittelbarer als auch bei unmittelbarer oder teilweise mittelbarer Anteilsvereinigung. Wo ein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang gegeben ist, wird die Steuer vom Wert der Gegenleistung berechnet (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Bei Vereinbarung eines Übernahmepreises gilt dieser als Gegenleistung. Fehlt es an einer solchen Vereinbarung, so besteht die Gegenleistung in den gewährten Gesellschaftsrechten, deren Wert nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes zu ermitteln ist. Im Rahmen der Auflösung der Gesellschaft unter Übereignung eines Grundstücks an den stillen Gesellschafter ist es fraglich, ob auch § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG Anwendung finden kann. Ein „Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage“ erfordert nach einhelliger Auffassung, dass es sich um einen Erwerbsvorgang eines Gesellschafters von einer Gesellschaft, an der er beteiligt ist, handeln muss5. Im Rahmen der stillen Gesellschaft steht jedoch der stille Gesellschafter nicht originär der Gesellschaft gegenüber, sondern hat sich auf Grundlage schuldrechtlicher Ansprüche an den Geschäftsinhaber zu wenden. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG ist damit nicht anwendbar; es bleibt bei der Steuerbemessung nach § 8 Abs. 1 GrEStG. Erhält der stille Gesellschafter bei der Auflösung der Gesellschaft an Stelle der originär vereinbarten Geldabfindung ein Grundstück übereignet, so besteht die Gegenleistung in der Aufgabe der Beteiligung, deren Wert die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer bildet (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG).
28.9
Der Steuersatz der Grunderwerbsteuer beträgt seit dem 1. 1. 1997 bundeseinheitlich 3,5 % (§ 11 Abs. 1 GrEStG). Mit Inkrafttreten der Änderung des Grundgesetzes im September 2006 im Zuge der Föderalismusreform sind die einzelnen Bundesländer seit dem 1. 1. 2007 befugt, den Steuersatz der Grunderwerbsteuer selbst festzulegen (Art. 105 Abs. 2a Satz 2 GG). Berlin hat davon mit der Festlegung des Steuersatzes in Höhe von 4,5 % bereits Gebrauch gemacht und es ist zu erwarten, dass andere Bundesländer nachziehen werden. Solange die Bundesländer keinen eigenen Steuersatz bestimmt haben, gilt wei-
28.10
1 BFH v. 11. 12. 1974 – II R 170/73, BFHE 114, 552 = StRK GrESt. Baden-Würrtemberg § 1 Abs. 1 Nr. 3 R 1; BFH v. 30. 11. 1983 – II R 130/81, BFHE 139, 440. 2 So auch Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 188; Hofmann/Hofmann, § 1 GrEStG Rn. 75. 3 BFH v. 11. 12. 1974 – II R 170/73, BFHE 114, 552 (554 f.). 4 BFH v. 30. 3. 1988 – II R 76/87, BB 1988, 1111. 5 Schleswig-Holstein FG v. 13. 3. 2002 – III 108/00, EFG 2002, 858; Boruttau, § 8 GrEStG Rn. 73 f.
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§ 28
Grund- und Grunderwerbsteuer
terhin der Steuersatz von 3,5 %. Steuerschuldner sind gemäß § 13 Nr. 1 GrEStG die an dem Erwerbsvorgang als Vertragsteile beteiligten Personen als Gesamtschuldner (§ 44 Abs. 1 AO).
II. Grundsteuer
28.11
Nach § 2 GrStG ist der Grundbesitz i.S. des Bewertungsgesetzes steuerpflichtig. Für Grundbesitz der in § 3 GrStG aufgeführten Rechtsträger ist eine Steuerbefreiung vorgesehen. Dieselbe Rechtsfolge ergibt sich in den Fällen des § 4 GrStG. Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer ist der vom Finanzamt festgesetzte Einheitswert. Um die Grundsteuer zu berechnen, wird dieser Einheitswert mit der Grundsteuermesszahl, die sich aus § 15 GrStG ergibt und sich derzeit auf 3,5‰ beläuft, sowie mit dem von der Gemeinde festzusetzenden Hebesatz (§ 25 Abs. 1 GrStG) multipliziert.
28.12
Nach § 4 Nr. 6 Satz 1 GrStG ist derjenige Grundbesitz von der Grundsteuer befreit, der für Zwecke eines Krankenhauses benutzt wird. Dabei muss nach § 4 Nr. 6 Satz 2 Alt. 1 GrStG der Grundbesitz ausschließlich derjenigen Person zuzurechnen sein, die ihn für den begünstigten Zweck benutzt1. In einem vom BFH2 entschiedenen Sachverhalt war der Alleineigentümer des betroffenen Grundstückes mit dritten Personen eine atypische stille Gesellschaft eingegangen, die – nach Auffassung des Finanzamtes und des Finanzgerichtes – die Grundstücke benutzte und damit das Krankenhaus betrieb. Demnach wäre eventuell eine Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 6 GrStG nicht in Betracht gekommen, weil Eigentümer des Grundstückes und Träger des Krankenhauses zwei verschiedene Zurechnungssubjekte darstellen könnten. Dem ist der BFH nicht gefolgt. Er hat festgestellt, dass auch eine atypische stille Gesellschaft lediglich schuldrechtliche Ansprüche zwischen den Gesellschaftern begründet und keinerlei Änderung hinsichtlich der dinglichen Nutzungsberechtigung herbeiführt. Die stille Gesellschaft als Innengesellschaft könne keine Trägerin eines Gesellschaftsvermögens sein. Daraus folge, dass nicht die atypische stille Gesellschaft Krankenhausträger und Grundstücksnutzer war, sondern allein der Inhaber des Handelsgeschäftes i.S. des § 230 HGB, der im entschiedenen Fall mit dem Grundstückseigentümer identisch war. Im Ergebnis hat der BFH die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 6 GrStG folglich eingreifen lassen. Damit gelten im Grundsteuerrecht dieselben Grundsätze, die bereits im Rahmen der Behandlung der Grunderwerbsteuer (Rn. 28.6 ff.) aufgezeigt wurden.
28.13
Flume3 wies schon im Anschluss an die Urteile des BVerfG4 zu den Einheitswerten bei Vermögen- und Erbschaftsteuer darauf hin, dass auch bei der Grundsteuer, obwohl diese nicht direkt betroffen ist, wegen bestehender nicht gerechtfertigter Unterschiede Neuregelungen erforderlich seien. Die Grund-
1 2 3 4
Vgl. dazu Troll/Eisele, § 4 GrStG Rn. 18. BFH v. 4. 2. 1987 – II R 216/84, BStBl. II 1987, 451 = BB 1987, 1378. Flume, DB 1995, 1779. BVerfG v. 22. 6. 1995 – 2 BvR 552/91, NJW 1995, 2624.
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Grund- und Grunderwerbsteuer
steuer unterfällt der „Gesamtsteuerbelastung“, der eine Belastungsobergrenze „in der Nähe der hälftigen Teilung“ der Erträge des gesamten Vermögens gesetzt wurde. Für eine Steigerung bleibt damit jedenfalls wohl wenig Spielraum.
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§ 28
§ 29 Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht Schrifttum: Becker, Jan Dierk, Die atypisch stille Gesellschaft als Outbound-Finanzierungsalternative, 2005; Burmester, Gabriele, Ausgewählte international-steuerrechtliche Probleme der stillen Gesellschaft, in Haarmann, Alexander (Hrsg.), Unternehmensstrukturen und Rechtsformen im internationalen Steuerrecht, 1996, S. 123 ff.; Debatin, Helmut, Außensteuerreformgesetz, DStZ/A 1972, 265; Debatin, Helmut/Wassermeyer, Franz, Doppelbesteuerung (Loseblatt); Felix, Günther, Stille Gesellschaft in Recht und Steuer, Bericht der 2. Kölner Trainingstagung des Arbeitskreises für Steuerrecht GmbH, 1972; Flick, Hans/Wassermeyer, Franz/Baumhoff, Hubertus, Außensteuerrecht (Loseblatt); Fries, Wolfgang, Internationales Schachtelprivileg für Vergütungen aus einer typischen stillen Beteiligung an einer luxemburgischen Tochtergesellschaft, IStR 2005, 805; Frotscher, Gerrit, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl. 2009; Fu, Reiner, Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht aus deutscher Sicht, 1997; Glessner, Miriam, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, 2000; Günkel, Manfred/Lieber, Bettina, Atypisch stille Gesellschaft als grenzüberschreitendes Gestaltungsinstrument, IWB Fach 10, Gruppe 2, S. 1393; Günkel, Manfred/Lieber, Bettina, BMF-Schreiben zur steuerlichen Behandlung von Gewinnanteilen aus atypisch stillen Beteiligungen nach den DBA, IWB Fach 3 Gruppe 2, S. 871; Haase, Florian, Internationales und Europäisches Steuerrecht, 2. Aufl. 2009; Hoffmann, Wolf-Dieter, Zum Problem der stillen Beteiligung ausländischer Anteilseigner an inländischen Beteiligungsunternehmen, DB 1979, 1195; Höötmann, Arno, Die stille Gesellschaft als Finanzierungsalternative bei grenzüberschreitender Unternehmenstätigkeit, 2001; Kessler, Wolfgang/Becker, Jan Dierk, Die atypisch stille Gesellschaft als Finanzierungsalternative zur Reduzierung der Steuerbelastung aus der Hinzurechnungsbesteuerung, IStR 2005, 505; Kirchhof, Paul/Söhn, Hartmut/Mellinghoff, Rudolf, Einkommensteuergesetz (Loseblatt); Kluge, Volker, Das internationale Steuerrecht, 4. Aufl. 2000; Knebel, Andreas/Heidemann, Maren, Zur autonomen Auslegungsmethode im internationalen Steuerrecht – am Beispiel der atypisch stillen Unterbeteiligung an Personengesellschaften im DBA Großbritannien, EuZW 2008, 681; Krabbe, Helmut, Anmerkung zum Schreiben des BMF v. 29. 12. 1999, IStR 2000, 23; Krabbe, Helmut, Qualifikationskonflikte bei atypischen stillen Gesellschaften, IStR 1999, 591; Krüger, Dirk, Die atypisch stille Gesellschaft als Instrument zur Vermeidung der Nachversteuerung von Auslandverlusten, in Festschrift für Helmut Debatin, 1997, S. 267 ff.; Kubaile, Heiko, Steueroptimale Direktinvestitionen am Beispiel Schweiz, INF 2000, 363; Lademann, Fritz/Söffing, Günter/Brockhoff, Hedin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz (Loseblatt); Leitner, Reinhard, Die Stille Gesellschaft im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, SWI 2000, 159; Mössinger, Chris, Die stille Gesellschaft als Instrument zur steuerlichen Optimierung der internationalen Konzernfinanzierung, 2006; Mössner, Jörg Manfred, Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, in Klaus Vogel ,Grundfragen des Internationalen Steuerrechts, 1985; Pyszka, Tillmann, Aktuelle Fragen zur atypischen stillen Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, IStR 1999, 577; Rasch, Stephan/ Nakhai, Katja, Die EG-Rechtswidrigkeit des § 1 AStG bleibt weiterhin ungeklärt, DB 2005, 1984; Richter, Heinz, Wesentliche wirtschaftliche Inlandsinteressen im Sinne des § 2 des Außensteuergesetzes, RIW 1976, 571; Riegler, Bernhard/Salomon, Klaus, Der Dividendenund Zinsbegriff nach den Doppelbesteuerungsabkommen der Bundesrepublik Deutschland, DB 1991, 2205; Riemenschneider, Sven, Abkommensberechtigung von Personengesellschaften und abkommensrechtliche Behandlung der Einkünfte aus Beteiligungen inländischer Gesellschafter an ausländischen Personengesellschaften, 1995; Runge, Berndt/Ebling, Klaus/Baranowski, Karl-Heinz, Die Anwendung des Außensteuergesetzes, 1974; Schaumburg, Harald, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl. 1998; Schmitz, R. C. Al-
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Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
§ 29
bert, Kommentar zum internationalen Steuerrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1957; Schneider, Ernst-August, Die atypisch stille Gesellschaft im Recht der deutschen DBA, IStR 1999, 392; Schneider, Helmut, Steuerliche Aspekte stiller Einlagen bei Banken durch ausländische Investoren, IWB Fach 3 Gruppe 2, S. 913; Schönhaus, Mathias, Die Behandlung der stillen Gesellschaft im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen unter besonderer Berücksichtigung des OECD-Partnership-Reports, 2005; Scott, Howard/Weigel, Clemens, Britische Qualifikation einer deutschen stillen Gesellschaft, IStR 1998, 614; Suchanek, Markus, Atypisch stille Beteilungen im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, FR 2003, 605; Suchanek, Markus/Herbst, Christian, Gewährung des internationalen Schachtelprivilegs für einen typisch still Beteiligten an einer luxemburgischen Kapitalgesellschaft – als Beispiel für die Auslegung von DBA, FR 2003, 1108; Suchanek, Markus/ Herbst, Christian, Internationales Schachtelprivileg für einen typisch still Beteiligten an einer luxemburgischen Kapitalgesellschaft, FR 2006, 1112; Teufel, Tobias/Hasenberg, Rudi, Keine Schachtelfreistellung für Einkünfte aus typisch stiller Beteiligung an Luxemburger AG – Anmerkungen zum Urteil des BFH vom 4. 6. 2008, I R 62/06, IStR 2008, 724; Vogel, Klaus/Lehner, Moris, DBA Doppelbesteuerungsabkommen, 5. Aufl. 2008; Wagner, Siegfried, Erträge aus einer stillen Gesellschaft an einer luxemburgischen Kapitalgesellschaft, Stbg 2007, 21; Wassermeyer, Franz, Merkwürdigkeiten bei der Auslegung von DBA durch die Finanzverwaltung, IStR 1995, 49; Wilke, Kay-Michael, Lehrbuch des Internationalen Steuerrechts, 8. Aufl. 2005; Woerner, Lothar, Verdeckte Gewinnausschüttungen, verdeckte Einlagen und § 1 des Außensteuergesetzes, BB 1983, 845.
I. Die beschränkte Steuerpflicht 1. Einkommensteuer Gemäß § 1 Abs. 4 EStG sind natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, mit ihren inländischen Einkünften i.S. des § 49 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtig.
29.1
Unter den inländischen Einkünften, die der beschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegen, nennt das Gesetz u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. der §§ 15 bis 17 EStG, für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG), sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6 und 9 EStG, wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) EStG).
29.2
Hiernach unterliegen die Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen aus der Beteiligung an einem inländischen Handelsgewerbe als typischer stiller Gesellschafter der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Dasselbe gilt für den atypischen stillen Gesellschafter, dessen Einkünfte aus der stillen Beteiligung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb angesehen werden (vgl. Rn. 20.58 ff., 22.7 ff.) und demzufolge unter § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG fallen.
29.3
Hier zeigt sich auch die Bedeutung des Unterschieds zwischen der typischen stillen Beteiligung und einem Darlehen. Nur die Einkünfte aus der stillen Beteiligung unterliegen der beschränkten Einkommensteuerpflicht, nicht dagegen die Darlehenszinsen, es sei denn, dass das Darlehen durch inländischen
29.4
759
§ 29
Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
Grundbesitz oder durch eingetragene Schiffe dinglich gesichert ist1 (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c) Doppelbuchst. aa) EStG) oder dass es sich um ein partiarisches Darlehen handelt, das im Hinblick auf die beschränkte Steuerpflicht der stillen Beteiligung gleichgestellt ist2.
29.5
Ob eine typische oder eine atypische stille Gesellschaft besteht, bestimmt sich nach der Wertung des deutschen Steuerrechts3. a) Typische stille Gesellschaft
29.6
Die beschränkte Steuerpflicht setzt voraus, dass der Schuldner der Kapitalerträge (Geschäftsinhaber) Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) EStG).
29.7
Ein Ausländer wird nicht schon dadurch zum stillen Gesellschafter, dass er einem inländischen Unternehmer vertraglich die Herstellung und den Absatz bestimmter Gegenstände überlässt und Hilfe bei der Herstellung der Gegenstände gewährt4. Dagegen kann eine stille Beteiligung vorliegen, wenn eine ausländische Gesellschaft einem deutschen Unternehmer einen Kredit zur Verfügung stellt und dafür am Gewinn und Verlust beteiligt wird5.
29.8
Der Gewinn aus der Veräußerung der typischen stillen Beteiligung unterliegt auch nach den Änderungen durch das UntStRG 20086 nicht der Steuerpflicht als Inlandseinkünfte nach § 49 EStG7. Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen sind ab dem Veranlagungsjahr 2009 Gewinne aus der Veräußerung oder Auflösung von stillen Beteiligungen unabhängig von einer Behaltensfrist steuerpflichtig, auch soweit die Beteiligung vor dem 1. 1. 2009 erworben oder begründet wurde, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Satz 2 EStG. Bei beschränkter Steuerpflicht verweist § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. d) EStG jedoch lediglich auf die in § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7a), Nr. 9 und 10 aufgeführten und dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegenden Veräußerungsfälle, zu denen die Veräußerung oder Auflösung einer stillen Gesellschaft gerade nicht gehört.
29.9
Bei der Besteuerung der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte dürfen Betriebsausgaben oder Werbungskosten nur insoweit abgezogen werden, als sie mit den inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 50 Abs. 1 Satz 1 EStG). Da der beschränkt Steuerpflichtige allen Vorschriften des EStG unterliegt, die auch für unbeschränkt Steuerpflichtige gelten, so1 Vgl. Wied in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 49 EStG Rn. 165; BFH v. 28. 3. 1984 – I R 129/79, BStBl. II 1984, 620 (621). 2 RFH v. 11. 7. 1928, RStBl. 1928, 329; RFH v. 25. 1. 1940, RStBl. 1940, 539 (540); vgl. auch § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. 3 Glessner, Grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 127; Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 63. 4 RFH v. 9. 12. 1930, RStBl. 1931, 236. 5 RFH v. 11. 7. 1928, RStBl. 1928, 329; RFH v. 10. 3. 1937, StuW 1937, 253. 6 UntStRG 2008 v. 14. 8. 2007, BGBl. I 2007, 1912. 7 So auch vor der Unternehmensteuerreform 2008, siehe etwa Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 210.
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Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
§ 29
weit sich nicht aus § 50 Abs. 3 EStG oder den jeweiligen Vorschriften Einschränkungen ergeben1, ist der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ab 2009 auch bei den Inlandskapitaleinkünften nach § 20 Abs. 9 EStG n.F. ausgeschlossen. Durch die Streichung des Verweises in § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG n.F. auf § 20 Abs. 4 EStG a.F. kann der beschränkt Steuerpflichtige jedoch den neuen Sparer-Pauschbetrag in Anspruch nehmen. Die Einkommensteuer des beschränkt steuerpflichtigen typischen stillen Gesellschafters wird durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG erhoben, weil der Geschäftsinhaber als Schuldner der Gewinnanteile seinen Wohnsitz, seine Geschäftsleitung oder seinen Sitz im Inland hat (§ 43 Abs. 3 EStG). Dies gilt auch, wenn die stille Beteiligung durch eine rechtliche unselbständige Auslandsbetriebsstätte eines inländischen Schuldners hereingenommen wird2. Zu den steuerabzugspflichtigen Kapitalerträgen gehören auch besondere Entgelte oder Vorteile i.S. des § 20 Abs. 3 EStG3 (§ 43 Abs. 1 Satz 2 EStG). Durch den Steuerabzug gilt die Einkommensteuer für diese Einkünfte bei beschränkt Steuerpflichtigen als abgegolten, wenn die Einkünfte nicht Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebs sind (§ 50 Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG, bis zur Änderung durch das JStG 20094 § 50 Abs. 5 EStG a.F.). Es findet insoweit also keine Veranlagung statt. Hat der stille Gesellschafter neben seinen Beteiligungseinkünften noch andere Einkünfte (z.B. aus Gewerbebetrieb oder aus Vermietung und Verpachtung) und werden diese Einkünfte im Wege der Veranlagung erfasst, so bleiben dennoch die Einkünfte aus der stillen Beteiligung außer Betracht; sie erhöhen also nicht die Progression.
29.10
Ist ein Ausländer als Treuhänder eines Inländers an einem inländischen Unternehmen still beteiligt, dann ist durch den Steuerabzug die Einkommensteuer nicht abgegolten. In der Regel wird es sich nämlich bei der treuhänderischen stillen Beteiligung um ein Scheingeschäft i.S. des § 41 Abs. 2 AO handeln, durch das ein anderes Rechtsgeschäft – nämlich die stille Beteiligung des Inländers – verdeckt wird. Es ist dann das verdeckte Geschäft für die Besteuerung maßgebend. Oft wird auch ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts vorliegen (§ 42 AO). Wo das nicht der Fall ist, greift § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ein, wonach Wirtschaftsgüter, die zu treuen Händen übereignet worden sind, dem Treugeber zugerechnet werden. § 50 Abs. 2 EStG findet insoweit folglich keine Anwendung5. Allerdings hat ab dem Veranlagungsjahr 2009 der Kapitalertragsteuerabzug nach § 43 Abs. 5 EStG auch bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht in der Regel abgeltende Wirkung (Ausnahme bei Beteiligungen im Betriebsvermögen und bei besonderem Näheverhältnis nach § 32d Abs. 2 EStG). Die dargestellte Problematik wird in Zukunft daher an Bedeutung verlieren.
29.11
1 2 3 4 5
Wied in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 50 EStG Rn. 10. Schneider, IWB Fach 3 Gruppe 2, S. 913 (919) m.w.N. Bzw. bis 2008: § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG a.F. JStG 2009 v. 19. 12. 2008, BGBl. I 2008, 2494. Vgl. auch Schmitz, Kommentar zum internationalen Steuerrecht, S. 761.
761
§ 29
Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
29.12
Die nur für beschränkt Steuerpflichtige geltende erweiterte Verlustabzugsbeschränkung nach § 50 Abs. 2 Satz 1 EStG a.F. ist aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Bedenken1 durch das JStG 20092 aufgehoben worden. Für beschränkt Steuerpflichtige gelten jedoch ab dem Veranlagungszeitraum 2009 die allgemeinen Einschränkungen beim Verlustausgleich und Verlustabzug (§ 20 Abs. 6 EStG, siehe dazu Rn. 22.254 ff.).
29.13
Die Einkommensteuer kann ganz oder teilweise erlassen oder in einem Pauschbetrag festgesetzt werden, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt (§ 50 Abs. 4 EStG). b) Atypische stille Gesellschaft
29.14
Die Einkünfte aus einer atypischen stillen Beteiligung sind gemäß §§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) i.V.m. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtig. Es handelt sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb (vgl. Rn. 20.58 ff., 22.7 ff.). Im Rahmen der beschränkten Einkommensteuerpflicht dürfen bei einer atypischen stillen Gesellschaft Betriebsausgaben nur insoweit abgezogen werden, als sie mit inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 50 Abs. 1 Satz 1 EStG).
29.15
Während der typische stille Gesellschafter nur dann beschränkt steuerpflichtig ist, wenn das Unternehmen, an dem die stille Beteiligung besteht, Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland unterhält, ist der atypische stille Gesellschafter bereits dann beschränkt steuerpflichtig, wenn das Unternehmen, an dem die stille Gesellschaft besteht, eine Betriebsstätte im Inland unterhält. Felix3 nennt als Beispiel den ausländischen Einmann-Gesellschafter einer ausländischen GmbH, der mit seiner GmbH eine atypische stille Beteiligung eingeht, sofern die GmbH in Deutschland eine Betriebsstätte unterhält. Es besteht beschränkte Steuerpflicht des atypischen stillen Gesellschafters, wohingegen der typische stille Gesellschafter in einem vergleichbaren Fall nicht beschränkt steuerpflichtig wäre.
29.16
Steuerpflichtig ist auch der Veräußerungsgewinn, der bei der Veräußerung der atypischen stillen Beteiligung erzielt wird (§§ 49 Abs. 1 Nr. 2, 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG)4. Auf diesen Veräußerungsgewinn ist der ermäßigte Steuersatz des § 34 EStG anzuwenden (§ 50 Abs. 1 Satz 3 EStG).
29.17
Entfällt auf den beschränkt steuerpflichtigen atypischen stillen Gesellschafter ein Verlust aus der Beteiligung, so ist ein Ausgleich dieses Verlustes mit anderen positiven Einkünften zulässig5. Die Vorschrift des § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG, 1 Siehe zur vergleichbaren luxemburgischen Regelung EuGH v. 15. 5. 1997 – RsC-250/95, IStR 1997, 366. 2 JStG 2009 v. 19. 12. 2008, BGBl. I 2008, 2494. 3 Felix, Stille Gesellschaft, Rn. 165. 4 Erdweg in Herrmann/Heuer/Raupach, § 16 EStG Rn. 12 und 201; Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rn. 400. 5 Es sind jedoch die allgemeinen Verlustnutzungsbeschränkungen zu berücksichtigen, insbesondere die §§ 15a und 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG.
762
Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
§ 29
wonach § 10d EStG nur anzuwenden war, wenn die Verluste in wirtschaftlichem Zusammenhang mit inländischen Einkünften standen und sich aus Unterlagen ergaben, die im Inland aufbewahrt werden, wurde durch das JStG 20091 wegen verfassungsrechtlicher Bedenken aufgehoben. Die Besteuerung erfolgt in der Regel im Wege der Veranlagung, nicht durch Steuerabzug vom Kapitalertrag. Die Einkommensteuer, bemisst sich nach § 32a Abs. 1 EStG, also nach der Grundtabelle (§ 50 Abs. 1 Satz 2 EStG). Die Mindestbesteuerung nach § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG a.F. wurde durch das JStG 2009 aufgehoben. Nach § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG ist das zu versteuernde Einkommen im Vergleich zur Grundtabelle jedoch um den Grundfreibetrag zu erhöhen.
29.18
Das Finanzamt kann aber auch die Einkommensteuer im Wege des Steuerabzugs erheben, wenn dies zur Sicherung des Steueranspruchs zweckmäßig ist (§ 50a Abs. 7 EStG). Gemäß § 50 Abs. 4 EStG ist ein vollständiger oder teilweiser Erlass der Einkommensteuer oder die Festsetzung eines Pauschbetrags möglich, wenn dies im besonderen öffentlichen Interesse liegt.
29.19
2. Körperschaftsteuer Die für die Einkommensteuer gemachten Ausführungen gelten entsprechend für die beschränkte Körperschaftsteuerpflicht. Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland haben, sind gemäß § 2 Nr. 1 KStG mit ihren inländischen Einkünften i.S. des § 49 EStG beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Dies gilt auch für sonstige Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind, hinsichtlich der inländischen Einkünfte, von denen ein Steuerabzug zu erheben ist (§ 2 Nr. 2 KStG).
29.20
3. Vermögensteuer Das Vermögensteuergesetz ist zum 1. 1. 1997 weder abgeschafft noch an die Vorgaben der Entscheidung des BVerfG vom 22. 6. 19952 angepasst worden. Damit besteht das Vermögensteuergesetz zwar formal weiter, die Vermögensteuer wird jedoch vom 1. 1. 1997 an nicht mehr erhoben. Für Altfälle wird auf die Ausführungen der 5. Aufl. verwiesen (dort Rn. 1836–1841).
29.21
4. Erbschaftsteuer Die beschränkte Erbschaftsteuerpflicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG tritt ein, wenn weder der Erblasser zur Zeit seines Todes bzw. der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung noch der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (vgl. dazu § 9 ErbStG) Inländer i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG ist. Die beschränkte Steuerpflicht begrenzt die Steuer auf den Teil des Vermögensanfalles, der in Inlandsvermögen i.S. des § 121 BewG besteht. Zum Inlandsvermögen gehören gemäß § 121 Nr. 8 BewG auch Forderungen aus der 1 JStG 2009 v. 19. 12. 2008, BGBl. I 2008, 2794. 2 BVerfG v. 22. 6. 1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121.
763
29.22
§ 29
Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
Beteiligung an einem Handelsgewerbe als typischer stiller Gesellschafter, wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat. Partiarische Darlehen sind der stillen Beteiligung gleichgestellt (§ 121 Nr. 8 BewG). Hiernach besteht hinsichtlich einer typischen stillen Beteiligung eine beschränkte Erbschaftsteuerpflicht; und zwar ist Erbschaftsteuer zu entrichten, wenn ein Ausländer einem anderen Ausländer eine in der Bundesrepublik bestehende typische stille Beteiligung vererbt. Weiterhin kann auch die gemäß § 121 Nr. 3 BewG zum inländischen Betriebsvermögen zählende atypische stille Beteiligung von der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht erfasst sein.
29.23
In den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG wird bis 2008 ein Freibetrag von 1100 Euro und ab 2009 ein Freibetrag von 2000 Euro gewährt (§ 16 Abs. 2 ErbStG).
II. Maßnahmen zur Beseitigung der Doppelbesteuerung
29.24
Bei Sachverhalten mit Auslandsberührung bestehen regelmäßig Besteuerungsrechte verschiedener Staaten. Ursache hierfür ist die Anknüpfung der Besteuerungsrechte an die Ansässigkeit des Steuerpflichtigen oder an den Ursprung der erzielten Einkünfte. Diese Besteuerungsüberschneidungen hindern den freien internationalen Wettbewerb1 und sollten deshalb vermieden werden. Als Mittel zur Vermeidung der Doppelbesteuerung dienen unilaterale und bilaterale Maßnahmen. 1. Unilaterale Maßnahmen
29.25
Als einseitige Maßnahme des deutschen Rechts dient im Rahmen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht2 § 34c EStG dazu, eine Doppelbesteuerung zu beseitigen oder zu mildern3. Danach kann die deutsche Steuer bei ausländischen Einkünften, die in § 34d EStG abschließend aufgezählt sind4, ermäßigt werden. Voraussetzung für die Ermäßigung der deutschen Steuer ist, dass die ausländische Steuer der deutschen Einkommensteuer entspricht5. Gemäß § 34c EStG kann die ausländische Steuer auf die deutsche Steuer angerechnet oder von ihr abgezogen werden. Möglich ist auch, dass die auf ausländische Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer erlassen oder pauschaliert wird6. 1 Kluge, Das internationale Steuerrecht, S. 16 ff. 2 § 34c EStG greift ausweislich seines eindeutigen Wortlauts nur bei unbeschränkt Steuerpflichtigen ein. Soweit bei beschränkter Steuerpflicht eine strukturell ähnliche Situation entstehen kann, verweist § 50 Abs. 3 EStG teilweise auf § 34c EStG. Siehe dazu Haase, Internationales und Europäisches Steuerrecht, Rn. 420 ff. 3 Timmermanns in Lademann/Söffing/Brockhoff, § 34c EStG Rn. 2. 4 Heinicke in L. Schmidt, § 34d EStG Rn. 1. 5 Vgl. hierzu Anlage 6 zu R 34c EStR 2008; gegebenenfalls entscheidet das BMF, ob eine ausländische Steuer auf das Einkommen erhoben wird (H 34c Abs. 1, 2) EStR 2008). 6 Vgl. im Einzelnen zu den Methoden des § 34c EStG im Rahmen der stillen Gesellschaft Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 75 ff.
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Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
§ 29
In § 34c Abs. 1 EStG ist die Anrechnungsmethode geregelt. Danach ist die festgesetzte und gezahlte und um einen Ermäßigungsanspruch gekürzte1 ausländische Steuer auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt. Dieser Teil der deutschen Einkommensteuer wird in der Weise ermittelt, dass die deutsche Einkommensteuer, die sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens (einschließlich der ausländischen Einkünfte) nach den §§ 32a, 32b, 32c, 34, 34a und 34b EStG ergibt, im Verhältnis dieser ausländischen Einkünfte zur Summe der Einkünfte aufgeteilt wird (§ 34c Abs. 1 Satz 2 EStG). Gemäß § 68a Satz 2 EStDV sind die Höchstbeträge der anrechenbaren ausländischen Steuern für jeden einzelnen ausländischen Staat gesondert zu berechnen (per-country-limitation). Hierbei kann sich die Pro-Staat-Begrenzung sowohl vorteilhaft als auch nachteilig auswirken2. Nach § 34c Abs. 1 Satz 3 EStG sind bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte die ausländischen Einkünfte nicht zu berücksichtigen, die in dem Staat, aus welchem sie stammen, nach dessen Recht nicht besteuert werden3. Der Höchstbetrag ist bei Personengesellschaften für jeden Gesellschafter gesondert zu berechnen. Soweit die Gesellschafter nicht schon im Ausland getrennt nach ihrem Anteil besteuert wurden, ist die anrechenbare ausländische Steuer nach dem jeweiligen Gewinnverteilungsschlüssel aufzuteilen. Gemäß § 34c Abs. 1 Satz 3 EStG ist die ausländische Steuer nur auf die im Veranlagungszeitraum bezogenen Einkünfte anzurechnen. Wird die ausländische Steuer angerechnet, so hat der Steuerpflichtige jeweils die höhere Steuer zu zahlen.
29.26
Im Bereich der Körperschaftsteuer sieht § 26 KStG die Anrechnung der ausländischen Steuer vor. Hierfür verweist § 26 Abs. 6 KStG auf § 34c EStG. Im Rahmen der Erbschaftsteuer wird die ausländische Steuer gemäß § 21 Abs. 1 ErbStG angerechnet.
29.27
2. Bilaterale Maßnahmen (Doppelbesteuerungsabkommen) Beteiligt sich ein unbeschränkt Steuerpflichtiger an einem ausländischen Handelsgewerbe als typischer oder atypischer stiller Gesellschafter oder ein beschränkt Steuerpflichtiger an einem inländischen Handelsgewerbe, so spielen für die Fragen der Besteuerung die mit ausländischen Staaten abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen4 eine wichtige Rolle. In diesen Abkommen beschränken die beteiligten Staaten ihre Steuerhoheit in der Weise, dass jeder von ihnen auf einen Teil seines Besteuerungsrechts verzichtet. Die Abkom1 Bis zum VZ 2006 noch: „keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende“. 2 Vgl. Wied in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 34c EStG Rn. 52; Gosch in Kirchhof, § 34c EStG Rn. 36. 3 Diese „per item limitation“ wurde durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz v. 16. 5. 2003, BGBl. I 2003, 660 eingeführt. Siehe dazu und zur früheren Rechtsprechung des BFH, wonach die Anrechnung des Höchstbetrages unabhängig von der tatsächlichen Besteuerung im Ausland erfolge, Gosch in Kirchhof, § 34c EStG Rn. 37. 4 Zu Beginn eines jeden Kalenderjahres erscheint im BStBl. I sowie auf der Homepage des BMF eine Übersicht über den Stand der von der Bundesrepublik Deutschland vereinbarten Doppelbesteuerungsabkommen.
765
29.28
§ 29
Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
men sprechen die Staaten regelmäßig von zwei Seiten her an: Zum einen als Ansässigkeitsstaat der abkommensberechtigten Person und zum anderen als Quellenstaat der erzielten Einkünfte. Das Besteuerungsrecht des Quellenstaates kann aufgrund der Abkommen uneingeschränkt aufrechterhalten bleiben. Es kann aber auch insofern beschränkt werden, als die Besteuerungsgrundlage eingeschränkt oder das Besteuerungsrecht der Höhe nach begrenzt wird. Schließlich kann das Besteuerungsrecht des Quellenstaates aufgehoben sein. Dem Ansässigkeitsstaat bleibt die Aufgabe, die Doppelbesteuerung zu vermeiden, soweit das Besteuerungsrecht des Quellenstaates ganz oder teilweise aufrechterhalten wird1. Hierfür sind als Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Anrechnung der ausländischen Steuer2 oder die Freistellung der ausländischen Einkünfte von der inländischen Steuer vorgesehen. Im Rahmen der Freistellungsmethode kann der Ansässigkeitsstaat die ausländischen Einkünfte gegebenenfalls mit Hilfe des Progressionsvorbehalts bei der Festsetzung der Steuer für die übrigen Einkünfte der abkommensberechtigten Person berücksichtigen3. Die Anrechnungsmethode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung wird insbesondere von den angloamerikanischen Staaten angewandt4, während in Deutschland in der Regel die Freistellungsmethode vorgezogen wird. Deutschland orientiert sich zudem in seiner Abkommenspraxis an dem Musterabkommen der OECD5. a) Typische stille Gesellschaft
29.29
Ausgehend von dem Musterabkommen der OECD können für Einkünfte aus einer typischen stillen Beteiligung der Dividendenartikel oder der Zinsartikel einschlägig sein. „Dividenden“ i.S. des Art. 10 Abs. 3 OECD-Musterabkommens sind Einkünfte aus Rechten – ausgenommen Forderungen – mit Gewinnbeteiligung, die nach dem Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind. „Zinsen“ sind nach Art. 11 Abs. 3 Satz 1 OECD-Musterabkommen Einkünfte aus Forderungen jeder Art, auch wenn sie mit einer Beteiligung am Gewinn des Schuldners ausgestattet sind. Daher sind die Einkünfte des typischen stillen Gesellschafters ohne ausdrückliche Regelung in den Abkommen als Zinsen zu behandeln6. Die deutschen Abkommen beziehen jedoch regelmäßig 1 Vgl. allgemein zur Wirkungsweise der Doppelbesteuerungsabkommen Wilke, Lehrbuch des Internationalen Steuerrechts, S. 91 ff. 2 Vgl. zur Anrechnungsmethode die Ausführungen zu § 34c Abs. 1 EStG (Rn. 29.25 ff.). 3 Vgl. zur Freistellungsmethode Mössner, Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, S. 146 ff. 4 Mössner, Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, S. 159. 5 Das OECD-Musterabkommen ist abgedruckt bei Wilke, Lehrbuch des Internationalen Steuerrechts, S. 201 ff. 6 Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 16.363; Burmester, Ausgewählte international-steuerrechtliche Probleme der stillen Gesellschaft, S. 143; offen gelassen bezüglich DBA-USA von BFH v. 24. 3. 1998 – I R 83/97, DB 1998, 1898. Nach Schönhaus, Behandlung der stillen Gesellschaft im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, S. 147 f., sollen jedoch keine Zinseinkünfte vorliegen, wenn die Einlage des stillen Gesellschafters in einer Nutzungsüberlassung besteht.
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Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
§ 29
die Einnahmen aus einer typischen stillen Beteiligung in den Dividendenbegriff ein, damit alle Einkünfte einheitlich behandelt werden, mit denen ein unternehmerähnliches Risiko eingegangen wird1. Hinsichtlich dieser Einkünfte bleibt der Quellenstaat besteuerungsberechtigt, sein Besteuerungsrecht ist aber, abhängig von der jeweiligen Regelung im Abkommen, der Höhe nach begrenzt. Der Ansässigkeitsstaat hat daher grundsätzlich die im Quellenstaat gezahlte Steuer auf seine Steuer anzurechnen2. Weil Abkommensrecht und nationales Recht eigenständige Regelungskreise bilden3, ist zu beachten, dass die innerstaatliche Besteuerung von der abkommensrechtlichen Behandlung unberührt bleibt, soweit die Abkommen dem Staat das Besteuerungsrecht belassen. Der Quellenstaat besteuert daher zunächst die Erträge mit seiner vollen Steuer. Will die abkommensberechtigte Person in den Genuss des Abkommensschutzes kommen, so hat sie sich die zu viel gezahlte Steuer in einem besonderen Verfahren erstatten zu lassen.
29.30
Z.B. bestimmt Art. VI des Abkommens mit Großbritannien, dass Dividenden, die von einer in einem der Gebiete ansässigen Gesellschaft an eine in dem anderen Gebiet ansässige Person gezahlt werden, auch in dem erstgenannten Gebiet besteuert werden können. Zu den Dividenden gehören auch die Einkünfte des typischen stillen Gesellschafters (Art. VI Abs. 4 DBA-Großbritannien). Ihre Besteuerung erfolgt durch beide Vertragsstaaten, also bei im Vereinigten Königreich ansässigen Personen durch das Vereinigte Königreich als dem Wohnsitzstaat und durch die Bundesrepublik Deutschland als dem Staat, in dem die die Dividende zahlende Gesellschaft ansässig ist (Art. VI Abs. 1 Satz 1 DBA-Großbritannien). Jedoch ist das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik insofern eingeschränkt, als der Steuersatz auf ausgezahlte oder gutgeschriebene Dividenden 15 % nicht übersteigen darf (Art. VI Abs. 1 Satz 2 DBA-Großbritannien). Da der Schuldner der Gewinnanteile nach deutschem Recht verpflichtet ist, 25 % Kapitalertragsteuer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen, muss der den Satz von 15 % übersteigende Betrag im Wege eines besonderen Erstattungsverfahrens an den im Vereinigten Königreich ansässigen Gläubiger erstattet werden, wobei der Gläubiger den Nachweis zu führen hat, dass er im Vereinigten Königreich steuerpflichtig ist. Die Durchführung der Erstattung ist in dem Merkblatt über Steuervergünstigungen für im Vereinigten Königreich ansässige Personen nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland geregelt4.
29.31
Werden im betreffenden Abkommen die Gewinnanteile aus einer typischen stillen Gesellschaft dem Dividendenartikel unterworfen und neben den Gewinnanteilen auch Dividenden bezogen, die auf eine kapitalmäßige Betei-
29.32
1 Riegler/Salomon, DB 1991, 2205. 2 Zu der Möglichkeit der Freistellung, wenn Schachteldividenden und typische stille Beteiligungen zusammentreffen, vgl. Tischbirek in Vogel/Lehner, Art. 10 Rn. 168. 3 Hierzu Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 149 f.; Vogel in Vogel/ Lehner, Einl. Rn. 68 ff. 4 Abgedruckt in BStBl. I 1955, 678 f.
767
§ 29
Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
ligung zurückgehen, so müssen diese bei der Prüfung der Anwendbarkeit des internationalen Schachtelprivilegs nach Art. 10 Abs. 2 OECD-Musterabkommens streng auseinander gehalten werden. Nach Ansicht des BFH ist das Schachtelbeteiligungsprivileg lediglich bei echten, auf eine kapitalmäßige Beteiligung zurückgehende Dividenden anzuwenden1. b) Atypische stille Gesellschaft
29.33
Beteiligt sich ein deutscher Steuerpflichtiger an einem ausländischen Unternehmen, so kann diese Beteiligung als mitunternehmerisch und damit als atypische stille Gesellschaft qualifiziert werden. Entscheidend ist, welche Rechte die ausländischen Gesetze den Beteiligten jeweils einräumen. Besteht danach eine atypische stille Gesellschaft, so stellt sich zunächst die Frage, ob diese Gesellschaft als eigenständiges Steuersubjekt gelten und damit abkommensberechtigte Person sein kann2. Aus deutscher Sicht ist die Frage an sich zu verneinen. Auch ausländische Rechtsordnungen lehnen, soweit ersichtlich, die Steuersubjekteigenschaft einschlägiger Gebilde durchgängig ab3. Wird das der atypischen stillen Gesellschaft vergleichbare Gebilde im Sitzstaat des Geschäftsinhabers jedoch als eigenständiges Steuersubjekt anerkannt, so ist Deutschland an diese Sichtweise gebunden4. Nicht ausgeschüttete Gewinne kann Deutschland daher nur dann besteuern, wenn es selbst Quellenstaat der Einkünfte ist. Für ausgeschüttete Gewinne ist hingegen der Dividendenartikel (Art. 10 OECD-Musterabkommen) maßgeblich, so dass die ausländische Steuer grundsätzlich anzurechnen ist. Die tatsächliche Besteuerung der ausgeschütteten Gewinne in Deutschland als Ansässigkeitsstaat des atypischen stillen Gesellschafters hängt dagegen davon ab, ob diese Gewinne aufgrund des deutschen Rechts besteuert werden können. Für den Fall der Ausschüttung nach dem Jahr der Gewinnerzielung ist eine deutsche Besteuerung abzulehnen, da diese Gewinne als gewerbliche Gewinne im Jahr der Gewinnerzielung steuerpflichtig sind und nicht erst danach. Werden die Gewinne im Jahr der Gewinnerzielung ausgeschüttet, so kann Deutschland diese Gewinne hingegen unproblematisch besteuern5.
29.34
Sodann stellt sich die Frage, wie die Einkünfte des stillen Gesellschafters abkommensrechtlich zu qualifizieren sind. Aus deutscher Sicht handelt es sich sowohl bei den Gewinnanteilen als auch bei etwaigen Sondervergütungen um 1 Siehe dazu BFH v. 4. 6. 2008 – I R 62/06, GmbHR 2008, 1113 (1114). Dazu Teufel/Hasenberg, IStR 2008, 724. 2 Ausführlich Schönhaus, Behandlung der stillen Gesellschaft im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, S. 55 ff. Vgl. auch Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 156. 3 Glessner, Grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 218. 4 Schönhaus, Behandlung der stillen Gesellschaft im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, S. 58 f. 5 Dazu im Einzelnen Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 168 ff.; für die ähnliche Situation bei Personenhandelsgesellschaften vgl. Riemenschneider, Abkommensberechtigung von Personengesellschaften, S. 179 ff.
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Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
§ 29
Unternehmensgewinne i.S. von Art. 7 OECD-Musterabkommen1. Qualifiziert der ausländische Staat wie Deutschland alle Einkünfte des atypischen stillen Gesellschafters als gewerbliche Einkünfte, so wird das Besteuerungsrecht gemäß Art. 7 OECD-Musterabkommen anhand des Betriebsstättenprinzips zugeordnet. Demnach ist entscheidend, wo sich eine Betriebsstätte der Beteiligten einer atypischen stillen Gesellschaft befindet. Eine Betriebsstätte kann dabei nur durch die Tätigkeit des Geschäftsinhabers begründet werden, so dass Deutschland als Ansässigkeitsstaat des atypischen stillen Gesellschafters dessen Einkünfte von der Besteuerung freizustellen hat. Ein Besteuerungsrecht Deutschlands verbleibt nur hinsichtlich der Gewinne, die einer in Deutschland belegenen Betriebsstätte zugerechnet werden. Der Betriebsstättengewinn wird durch Sondervergütungen grundsätzlich nicht vermindert, da für diese das Prinzip der Aufwands- und Ertragszuordnung gilt. Damit besitzt der Betriebsstättenstaat weiterhin das Besteuerungsrecht für die Sondervergütungen, so dass es bei der Zuordnung des Besteuerungsrechtes nach Art. 7 OECD-Musterabkommen für alle Einkünfte aus der atypischen stillen Beteiligung bleibt2. Beispiel: Ein Deutscher ist an einem schwedischen Unternehmen in atypischer Form still beteiligt. Die Einkünfte des deutschen Teilhabers aus dieser Beteiligung können nur in Schweden besteuert werden. Das gleiche gilt für die Besteuerung der Einkünfte des schwedischen Unternehmers. Hat dieser jedoch auch in Deutschland eine Betriebsstätte, aus der z.B. 30 % des gesamten Geschäftsergebnisses des schwedischen Unternehmers stammen, so unterliegen 30 % des Gewinnanteils des deutschen Teilhabers und ebenso 30 % des anteiligen Gewinns des schwedischen Teilhabers der deutschen Besteuerung. Je 70 % des anteiligen Gewinns des deutschen und des schwedischen Teilhabers werden in Schweden besteuert. Komplizierter ist die Situation, wenn der ausländische Staat Gewinnanteile oder Sondervergütungen nicht unter Art. 7 OECD-Musterabkommen subsumiert. Es droht dann ein Qualifikationskonflikt3.
1 So die Rechtsprechung (siehe etwa BFH v. 21. 7. 1999 – I R 110/98 – DStZ 2000, 103) und die ganz h.M. (umfassende Nachweise dazu bei Glessner, Grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 222 f.). A.A. Wassermeyer, IStR 1995, 49. 2 Dazu im Einzelnen Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 163 ff. 3 Qualifikationskonflikte lassen sich anhand einer autonomen Auslegung der Begriffe des jeweiligen DBA vermeiden. Einer autonomen Abkommensauslegung gibt z.B. das DBA-Schweden den Vorrang, während Art. III Abs. 2 OECD-Musterabkommen und der weitaus größte Teil der bestehenden DBA bei der Auslegung von Begriffen grundsätzlich auf das Recht des Anwenderstaates verweisen, siehe Vogel in Vogel/Lehner, Art. 3 Rn. 100. Ausführlich zur Lösung von Qualifikationskonflikten Schönhaus, Behandlung der stillen Gesellschaft im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, S. 94 ff. und 196 ff. Zur autonomen Auslegungsmethode am Beispiel der atypischen Unterbeteiligung siehe Knebel/Heidemann, EuZW 2008, 681.
769
29.35
§ 29
Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
29.36
Im Falle der Gewinnanteile kann der Qualifikationskonflikt eine fiskalisch unerwünschte Unterbesteuerung1 zur Folge haben. Wenn nämlich die Gewinnanteile im Ausland als Dividenden oder Zinsen, im Inland jedoch als Unternehmensgewinne angesehen werden, führt die Anwendung der Artt. 10 Abs. 2, 11 Abs. 2, 23A Abs. 2 OECD-Musterabkommen möglicherweise zu einer Situation, in der die fraglichen Einkünfte im Quellenstaat entweder nur einer Quellensteuer unterliegen oder gar nicht besteuert werden2, während sie im Ansässigkeitsstaat von der Besteuerung freigestellt werden. Eine solche Situation bestand in der Tat für einige Zeit im Verhältnis zur Schweiz, die auf Gewinnanteile aus atypischen stillen Gesellschaften den Dividendenartikel des einschlägigen DBA anwandte3. Neuere DBA sowie der neue Art. 23A Abs. 4 OECD-Musterabkommen sehen für solche Fälle vor, dass der Wohnsitzstaat (hier also Deutschland) Einkünfte, die aus seiner Sicht Unternehmensgewinne sind, dann nicht freistellen muss, wenn der Quellenstaat aufgrund seiner Abkommensinterpretation ein ausschließliches Besteuerungsrecht gar nicht beansprucht. Es kommt dann stattdessen zur Besteuerung der Gewinnanteile im Wohnsitzstaat unter Anrechnung etwa gezahlter Quellensteuern4. Die Finanzverwaltung will grundsätzlich, also auch im Anwendungsbereich älterer DBA, nach dieser Methode vorgehen5. Ob dies mit den älteren Abkommenstexten vereinbar ist, steht angesichts der erwähnten Entscheidung des BFH zum DBA-Schweiz nicht fest6. Der durch das JStG 20077 neu eingefügte § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG bestimmt, dass eine Freistellung ungeachtet des betreffenden Abkommens (sog. treaty-override) nicht gewährt wird, wenn der andere Staat die Bestimmungen des Abkommens so anwendet, dass die Einkünfte in diesem Staat von der Besteuerung auszunehmen sind oder nur gering besteuert werden. Nach § 52 Abs. 59a Satz 6 EStG soll dies für alle Veranlagungszeiträume gelten, soweit Einkommensteuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind. Durch diese fragwürdige Anwendungsregelung soll eine doppelte Freistellung auch bei älteren DBA vermieden werden.
1 Genauso kann es aber auch zu einer Doppelbesteuerung kommen, siehe Burmester, Ausgewählte international-steuerrechtliche Probleme der stillen Gesellschaft, S. 131 und Schönhaus, Behandlung der stillen Gesellschaft im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, S. 196 f. 2 Günkel/Lieber, IWB Fach 3 Gruppe 2, S. 872. 3 Günkel/Lieber, IWB Fach 3 Gruppe 2, S. 274. Der BFH hingegen wandte Art. 7 des DBA an, kam so zur Qualifikation der fraglichen Einkünfte als Unternehmensgewinne und lehnte ein Besteuerungsrecht der Bundesrepublik folglich ab, vgl. BFH v. 21. 7. 1999 – I R 110/98, DStZ 2000, 103. Auch die britischen Gerichte sehen die Gewinnanteile des atypischen stillen Gesellschafters als Dividenden an, vgl. Scott/Weigel, IStR 1998, 614. 4 So auch mittlerweile das DBA-Schweiz, vgl. Günkel/Lieber, Atypisch stille Gesellschaft als grenzüberschreitendes Gestaltungsinstrument, S. 276. 5 BMF v. 28. 12. 1999 – IV 03 - S - 1300-25/99, DStR 2000, 245 f. 6 Günkel/Lieber, Atypisch stille Gesellschaft als grenzüberschreitendes Gestaltungsinstrument, S. 280; vgl. jedoch Krabbe, IStR 2000, 23 mit beachtlichen Argumenten für die Sicht der Finanzverwaltung. 7 JStG 2007 v. 13. 12. 2006, BGBl. I 2006, 2878.
770
Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
§ 29
Anerkennt der ausländische Staat die Sondervergütungen als Leistungen an einen Dritten, so ist Deutschland abkommensrechtlich an diese Qualifikation gebunden, wenn hierfür Anhaltspunkte im Abkommen ersichtlich sind1. Dann richtet sich die Behandlung der Einkünfte nach den jeweiligen Abkommensvorschriften. Dies ist der Fall, wenn ausdrücklich auf das Recht des Quellenstaates verwiesen wird, wie z.B. in Art. 6 Abs. 2 OECD-Musterabkommen für Einkünfte aus „unbeweglichem Vermögen“. Weiterhin besteht eine solche Bindung, wenn gemäß Art. 23 A Abs. 2 OECD-Musterabkommen der Ansässigkeitsstaat für Zins- und Dividendeneinkünfte die Quellensteuer anzurechnen hat, damit die Besteuerungsrechte der Vertragsstaaten sinnvoll beschränkt werden. In den übrigen Fällen besteht eine solche Bindung nicht2. Für die Bundesrepublik stellen diese Leistungen dann also gewerbliche Einkünfte dar, so dass für sie abkommensrechtlich Art. 7 OECD-Musterabkommen einschlägig ist.
29.37
III. Das Außensteuergesetz Gemäß § 1 AStG3 werden Einkünfte berichtigt, wenn die Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus Geschäftsbeziehungen zum Ausland mit einer ihm nahe stehenden Person dadurch gemindert werden, dass er seiner Einkünfteermittlung andere Bedingungen zugrunde legt, als sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten (Fremdvergleichsgrundsatz). Nach Ansicht der Finanzverwaltung4 sollen stille Beteiligungen wesentliche Beteiligungen i.S. von § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG darstellen. Demnach wären sie bei der Prüfung zu berücksichtigen, ob eine Person dem Steuerpflichtigen nahe steht. Mangels ausdrücklicher Definition der wesentlichen Beteiligung im AStG sollten jedoch im Einklang mit der Terminologie des übrigen Steuerrechts unter wesentlichen Beteiligungen nur kapi1 Nach BFH v. 27. 2. 1991 – R 15/89, DStR 1991, 706 (707), sind im Abkommen nicht definierte Begriffe nach nationalem Recht auszulegen, soweit sich aus dem Zusammenhang des Abkommens nicht etwas anderes ergibt. So etwa im DBA-USA, wo der abkommensrechtliche Begriff des „gewerblichen Gewinns“ gemäß ausdrücklicher Begriffsbeschränkung in Art. III Abs. 5 DBA-USA nicht die Zinseinkünfte des Art. VII Abs. 1 und 2 DBA-USA umfasst. Diese im Abkommen selbst enthaltene Begriffsabgrenzung löst – vorbehaltlich des Art. VII Abs. 3 DBA-USA – Zinsen aus gewerblichen Gewinnen für die Anwendung des Abkommens heraus. Diese Abgrenzung soll für die Auslegung des Zinsbegriffes im Abkommen auch dann vorrangig sein, wenn dieser Begriff im Abkommen nicht ausdrücklich definiert ist; Rechtsprechung zuletzt bestätigt durch BFH v. 20. 12. 2006 – I B 47/05, IStR 2007, 330 (333). 2 Dazu im Einzelnen Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 165 ff.; für die ähnliche Situation bei Personenhandelsgesellschaften vgl. Riemenschneider, Abkommensberechtigung von Personengesellschaften, S. 146 ff. 3 Zu Zweifeln an der Vereinbarkeit des § 1 AStG mit Gemeinschaftsrecht siehe etwa Rasch/Nakhai, DB 2005, 1984. 4 BMF v. 14. 5. 2004 – IV B4 - S 1340-11/04, BStBl. I 2004, Sondernummer 1/2004, S. 7 Rn. 1.0.1, i.V.m. den Grundsätzen für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen (Verwaltungsgrundsätze); BMF v. 23. 2. 1983 - IV C 5 - S 1341-4/83, BStBl. I 1983, 218, Rn. 1.3.2.2.
771
29.38
§ 29
Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
talgesellschaftsrechtliche Beteiligungen verstanden werden1. Damit werden stille Beteiligungen nicht von diesem Ausdruck erfasst. Atypische stille Beteiligungen können aber je nach ihrer konkreten Ausgestaltung einen beherrschenden Einfluss i.S. des § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG vermitteln, so dass sie auf diese Weise ein Nahestehen der Person zu dem Steuerpflichtigen begründen können2. Die Einkünfte aus der stillen Gesellschaft können jedoch nur dann in den Anwendungsbereich des § 1 AStG fallen, wenn die stille Gesellschaft eine Geschäftsbeziehung i.S. von § 1 Abs. 5 AStG darstellt. Gemäß § 1 Abs. 5 AStG muss die den Einkünften zugrunde liegende Beziehung bei mindestens einem der Beteiligten Teil einer Tätigkeit sein, auf die die §§ 13, 15, 18 oder 21 EStG anzuwenden sind oder wären, wenn die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde. Die Geschäftsbeziehungen sind allerdings von gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zu trennen3. Weil nun bei einer stillen Gesellschaft die Beziehungen der Beteiligten auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage beruhen, kann sie daher keine Geschäftsbeziehung i.S. von § 1 Abs. 4 AStG sein. Demnach kann die Vereinbarung einer unangemessenen Gewinnquote im Rahmen einer stillen Gesellschaft zwar eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen, nicht aber unter § 1 AStG fallen4. Verhältnisse, aus denen sich Sondervergütungen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ergeben, sind hingegen in der Regel „Geschäftsbeziehungen“ nach § 1 Abs. 4 AStG5.
29.39
Die §§ 2 bis 5 AStG erweitern die steuerpflichtigen Einkünfte und Vermögenswerte von ehemals unbeschränkt Steuerpflichtigen, die weiterhin wesentliche wirtschaftliche Interessen in Deutschland haben. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 AStG ist die Person über die beschränkte Steuerpflicht hinaus beschränkt einkommensteuerpflichtig mit allen Einkünften, die bei unbeschränkter Steuerpflicht nicht ausländische i.S. des § 34c Abs. 1 EStG sind. Unstreitig gehören zu den inlandsbezogenen Einkünften die Einkünfte, die nur inländische i.S. des § 49 EStG sind. Im Einklang mit den Ansichten der Finanzverwaltung6
1 Str., siehe Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 127 f.; Glessner, Grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 287 ff.; Debatin, DStZ/A 1972, 265 (268); Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG Rn. 834. 2 Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 128 f.; Glessner, Grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 291 f. 3 BMF v. 14. 5. 2004, – IV B 4 - S 1340-11/04, BStBl. I 2004, Sondernummer 1/2004, Rn. 1.4.2; vgl. auch Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG Rn. 892; Menck in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 1 AStG Rn. 28; Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 130 f.; Glessner, Grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 292. Aufgrund einer Änderung des § 1 Abs. 5 (früher Abs. 4) AStG durch das StVergAbG v. 16. 5. 2003, BGBl. I 2003, 660, sind jetzt schuldrechtliche Beziehungen, wenn sie gesellschaftsrechtlichen Charakter haben, explizit ausgenommen. 4 Zur Normenkonkurrenz zwischen verdeckter Gewinnausschüttung und § 1 AStG vgl. Woerner, BB 1983, 845. 5 Menck in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 1 AStG Rn. 28. 6 BMF v. 14. 5. 2004 – IV B 4 - S 1340-11/04, BStBl. I 2004, Sondernummer 1/2004, S. 14 Rn. 2.5.0.1 und 2.5.0.2.
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§ 29
und des überwiegenden Teils der Literatur1 sind jedoch auch die Einkünfte erfasst, die infolge verschiedener Anknüpfungsmerkmale sowohl inländische als auch ausländische Einkünfte sind2. Daher genügt es zur Erfassung der Einkünfte im Rahmen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht bei einem Wohnsitzwechsel in niedrig besteuernde Länder, wenn bei Einkünften aus einer typischen stillen Gesellschaft bereits der Geschäftsinhaber Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz in Deutschland hat. Fallen die Einkünfte unter § 2 Abs. 1 AStG, so wird gemäß § 2 Abs. 5 AStG zum einen die Anwendung des § 50 Abs. 2 EStG ausgeschlossen, wonach bei beschränkt Steuerpflichtigen die Einkommensteuer für Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterliegen, mit dem Steuerabzug als abgegolten gilt3. Zum anderen wird ein Progressionsvorbehalt eingeführt4. § 2 Abs. 3 AStG bestimmt, wann eine Person wesentliche wirtschaftliche Interessen im Inland hat. Weil die Stellung des atypischen stillen Gesellschafters der eines Kommanditisten vergleichbar ist, wird der atypische stille Gesellschafter im Rahmen von § 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG nur von der zweiten Variante erfasst5. Die Beteiligung als atypischer stiller Gesellschafter begründet also nur dann wesentliche wirtschaftliche Interessen i.S. von § 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG, wenn auf ihn mehr als 25 % der Einkünfte entfallen oder ihm eine wesentliche Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft i.S. von § 17 EStG gehört. Ist dies nicht der Fall, so sind im Hinblick auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AStG für den atypischen wie für den typischen stillen Gesellschafter die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Nr. 2 und 3 AStG näher zu prüfen.
29.40
Die §§ 7 bis 14 AStG rechnen niedrig besteuerte Einkünfte sog. ausländischer Zwischengesellschaften zum Einkommen unbeschränkt Steuerpflichtiger unter bestimmten Voraussetzungen hinzu. Die unbeschränkt steuerpflichtigen Personen müssen allein oder zusammen mit Personen i.S. des § 2 AStG zu mehr als der Hälfte an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sein. Die Beteiligung muss also an der ausländischen Gesellschaft bestehen, die selbst ein Körperschaftsteuersubjekt ist. Aus diesem Grund sind nur direkte gesellschaftsrechtliche Beteiligungen an der Gesellschaft zu berücksichtigen. Eine stille Beteiligung kommt hierfür daher nicht in Frage. Denn auch wenn § 7 AStG den Beteiligungsbegriff ausdehnt, ist zu beachten, dass die direkte Ein-
29.41
1 So z.B. Menck in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 2 AStG Rn. 46. 2 Lediglich Flick/Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 2 AStG Rn. 22e, schließen die doppelt qualifizierten Einkünfte aus dem Anwendungsbereich des § 2 AStG aus. Damit übersehen sie aber, dass für § 2 AStG der Inlandsbezug der Einkünfte entscheidend ist, so dass es sachlich gerechtfertigt ist, als Einkünfte i.S. des § 2 AStG über die nur inländischen Einkünfte hinaus auch die doppelt qualifizierten Einkünfte einzubeziehen; hierzu Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 134 ff. 3 Die Abgeltungswirkung des Kapitalertragsteuerabzuges nach § 43 Abs. 5 EStG in der Fassung des UntStRG 2008 bleibt davon unberührt. 4 Siehe dazu Menck in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 2 AStG Rn. 53. 5 Deshalb ist den Ansichten, die den atypischen stillen Gesellschafter zur ersten Alternative des § 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG rechnen (beispielsweise Flick/Wassermeyer in Flick/ Wassermeyer/Baumhoff, § 2 AStG Rn. 91a; Richter, RIW 1976, 571, 572), nicht zuzustimmen.
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flussnahme durch die gesellschaftsrechtliche Beteiligung erforderlich bleibt. Deshalb kann gegebenenfalls nur im Rahmen von § 7 Abs. 4 AStG eine atypische stille Beteiligung berücksichtigt werden, und zwar dann, wenn sie einen solchen Einfluss auf eine Person vermittelt, dass diese Person ihre Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft nach dem Willen des atypischen stillen Gesellschafters ausübt1.
29.42
Dagegen kann eine stille Gesellschaft dann zu bedenken sein, wenn es darum geht, die maßgeblichen Einkünfte der Zwischengesellschaft i.S. des § 8 AStG zu ermitteln. Hierfür stellt das AStG nicht auf die sieben Einkunftsarten ab, sondern auf die Tätigkeiten, die den Einkünften zugrunde liegen2. Gewinnanteile aus einer mitunternehmerischen Beteiligung an einer Personengesellschaft sind dabei so zu behandeln, als ob der Mitunternehmer anteilig deren Tätigkeit ausgeübt hat3. Für die Einordnung der Einkünfte der Gesellschaft aus einer atypischen stillen Beteiligung an einer Personengesellschaft in den Katalog des § 8 AStG kommt es daher auf die Tätigkeit des Geschäftsinhabers an. Erzielt die Gesellschaft dagegen Einkünfte aus einer atypischen stillen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft4 oder aber aus einer typischen stillen Beteiligung, so kann dies in der Regel keiner Tätigkeit des § 8 AStG zugeordnet werden. Damit gehören die Einkünfte der Gesellschaft aus einer typischen stillen Beteiligung grundsätzlich zu den hinzuzurechnenden Einkünften. Besteht an der ausländischen Gesellschaft selbst eine stille Beteiligung, so wird der Gewinn der Gesellschaft durch die Gewinnanteile verringert. Damit vermindern sich zugleich die möglichen hinzuzurechnenden Einkünfte.
IV. Negative ausländische Einkünfte
29.43
Falls ein in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtiger negative ausländische Einkünfte aus einer stillen Beteiligung erzielt, ist § 2a EStG zu beachten5. Danach wird die Verrechnung von ausländischen Verlusten erheblich eingeschränkt.
29.44
Die Einkünfte aus einer typischen stillen Beteiligung an einem ausländischen Handelsgewerbe werden grundsätzlich von § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG erfasst. Aufgrund der umgekehrten isolierenden Betrachtungsweise6 fallen die Einkünfte wegen § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG i.V.m. der Aktivitätsklausel
1 Vgl. zum Beteiligungsbegriff des § 7 AStG auch Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht S. 138 ff. und Glessner, Grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 302 ff. 2 Ebling in Runge/Ebling/Baranowski, Die Anwendung des Außensteuergesetzes, S. 33. 3 BFH v. 16. 5. 1990 – I R 18/88, BStBl. II 1990, 1049 (1051); BMF v. 14. 5. 2004, BStBl. I 2004, Sondernummer 1/2004, Tz. 8.0.4; Menck in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 AStG Rn. 11. 4 Menck in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 AStG Rn. 11. 5 Vgl. dazu Krabbe, RIW 1983, 42. 6 Vgl. hierzu Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 68; Gosch in Kirchhof, § 2a EStG Rn. 17.
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Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
§ 29
nach § 2a Abs. 2 EStG1 jedoch dann nicht unter § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG, wenn die Beteiligung in einem Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters gehalten wird und die Einkünfte einer aktiven ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind2. In diesem Fall können die Verluste mit inländischen Einkünften ausgeglichen werden. Probst3 ist dagegen der Ansicht, dass die Einkünfte des typischen stillen Gesellschafters selbst dann unter § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG fallen, wenn sie einer aktiven ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind. Für ihn sind nur die in den einzelnen Nummern des § 2a Abs. 1 Satz 1 EStG umschriebenen Merkmale maßgeblich. Dagegen spricht aber, dass auch § 2a EStG an die Systematik des Einkommensteuergesetzes anknüpft4, so dass die Einkünfte, falls eine Subsidiaritätsregel diese einer anderen Einkunftsart zuordnet, auch nach den Regeln dieser Einkunftsart ermittelt werden. § 2a EStG führt daher nicht so weit, dass er die Einkünfte umqualifiziert. Die Auffassung von Probst ist deshalb abzulehnen. Unter negativen Einkünften i.S. von § 2a EStG sind sowohl die Verlustanteile als auch sonstige Werbungskosten zu verstehen, weil § 2a EStG an die Systematik des Einkommensteuergesetzes anknüpft5. Aufgrund des Ausschlusses der Berücksichtigung der tatsächlichen Werbungskosten in § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 5 EStG verbleibt für § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG bei im Privatvermögen gehaltenen stillen typischen Beteiligungen ohnehin kein Raum.6
29.45
Für negative Einkünfte aus einer atypischen stillen Beteiligung an einem ausländischen Handelsgewerbe gilt § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG7. Hiervon werden ebenso negative Einkünfte aus einer typischen stillen Beteiligung erfasst, wenn die Beteiligung in einem Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters gehalten wird und die Einkünfte einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist (siehe Rn. 29.44.). Aufgrund der Aktivitätsklausel in § 2a Abs. 2 EStG können diese Verluste auch mit inländischen Gewinnen ausgeglichen werden, wenn der Gegenstand der Betriebsstätte ausschließlich oder fast ausschließlich in bestimmten aktiven förderungswürdigen Tätigkeiten besteht. Förderungswürdig ist insbesondere die Erbringung gewerbliche Leistungen, soweit diese nicht der Errichtung oder dem Betrieb von Fremdenverkehrsanlagen dienen oder in der Vermietung und Verpachtung von Wirtschaftsgütern bestehen, § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG. Der Gegenstand der Betriebsstätte besteht ausschließlich oder fast ausschließlich in diesen förderungswürdigen Tätigkeiten, wenn das Ergebnis zu mindestens 90 % auf diese Tätigkeit zurückzuführen
29.46
1 Die Aktivitätsklausel nach § 2a Abs. 2 EStG gilt für die typische stille Gesellschaft selbst nicht. 2 Hierzu BFH v. 17. 11. 1999 – I R 7/99, BStBl. II 2000, 605; Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht S. 71 f. 3 Herkenroth/Striegel in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2a EStG Rn. 46, 101. 4 Mössner in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 2a EStG Rn. B 3. 5 Gosch in Kirchhof, § 2a EStG Rn. 41 f. 6 Herkenroth/Striegel in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2a EStG Rn. 46. 7 Herkenroth/Striegel in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2a EStG Rn. 87; Gosch in Kirchhof, § 2a EStG Rn. 41; Wagner in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 2a EStG Rn. 61.
775
§ 29
Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
und das Betriebsvermögen zu mindestens 90 % diesen Tätigkeiten gewidmet ist1.
V. Zusammenfassung
29.47
Die Einkünfte aus der typischen und aus der atypischen stillen Beteiligung unterliegen als Einkünfte aus Kapitalvermögen bzw. als Einkünfte aus einem inländischen Gewerbebetrieb der beschränkten Einkommen-(Körperschaft-)Steuerpflicht. Soweit es sich um Einkünfte aus Kapitalvermögen handelt, ist mit der Vornahme des Steuerabzugs in Höhe von regelmäßig 25 % die Einkommensteuer abgegolten. Soweit Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen, erfolgt die Besteuerung nicht durch Steuerabzug, sondern im Wege der Veranlagung. Als einseitige Maßnahme des deutschen Steuerrechts zur Vermeidung bzw. Milderung der Doppelbesteuerung bestimmt § 34c EStG grundsätzlich die Anrechnung der ausländischen Steuer. Für das zwischenstaatliche Steuerrecht sehen die mit zahlreichen ausländischen Staaten abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen eine Regelung regelmäßig in der Weise vor, dass die typische stille Beteiligung und die Einkünfte daraus in dem Staat besteuert werden, in dem der stille Gesellschafter seinen Wohnsitz hat. Werden – wie in Deutschland – die Gewinnanteile aus der typischen stillen Gesellschaft an der Quelle, d.h. im Wege des Steuerabzugs vom Kapitalertrag, besteuert, so schließt das die nochmalige Besteuerung im Wohnsitzstaat grundsätzlich nicht aus. Der Steuerpflichtige hat sich die zu viel gezahlte Steuer in einem besonderen Verfahren erstatten zu lassen. Hingegen kommt es für die Zuteilung des Besteuerungsrechtes hinsichtlich der atypischen stillen Beteiligung und der daraus fließenden Einkünfte darauf an, wie der Ansässigkeitsstaat des Geschäftsinhabers die Einkünfte aus der atypischen stillen Beteiligung qualifiziert. Dabei ist davon auszugehen, dass der Betriebsstättenstaat das Besteuerungsrecht hat, wenn der ausländische Staat die Einkünfte aus einer atypischen stillen Gesellschaft genauso wie Deutschland qualifiziert. Im Bereich des Außensteuergesetzes kann im Rahmen von § 1 AStG eine atypische stille Beteiligung unter Umständen ein Nahestehen der Person zu dem Steuerpflichtigen begründen. Eine Geschäftsbeziehung i.S. des § 1 Abs. 4 AStG stellt die stille Gesellschaft jedoch nicht dar. Im Bereich der §§ 2 bis 6 AStG kann eine stille Beteiligung zu den wesentlichen wirtschaftlichen Interessen zählen, die in Deutschland bestehen. Zudem können Einkünfte aus einer stillen Gesellschaft zu den erweiterten Inlandseinkünften gehören. Innerhalb der Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 bis 14 AStG) ist eine atypische stille Beteiligung zur Ermittlung der Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft nur in Ausnahmefällen bei § 7 Abs. 4 AStG zu berücksichtigen. Erzielt die ausländische Gesellschaft hingegen selbst Einkünfte aus einer typischen stillen Beteiligung, so werden diese grundsätzlich bei den hinzuzurechnenden Einkünften berücksichtigt. 1 Wagner in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 2a EStG Rn. 96.
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Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
Sind Personen in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig und erzielen sie negative ausländische Einkünfte, ist § 2a EStG zu beachten. Soweit eine typische stille Beteiligung nicht in einem Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters gehalten wird und einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist, gilt § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG. Anderenfalls ist wie für negative Einkünfte aus einer atypischen stillen Beteiligung § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG einschlägig.
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§ 29
III. Teil: Die Unterbeteiligung § 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht Schrifttum: Andreopoulos, Konstantin Johannes, Die Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen im deutschen und griechischen Recht, Diss. Freiburg i. Br., 1970; App, Michael, Unternehmerische Kapitalanlage durch Unterbeteiligung, DStR 1994, 291; Bender, Karl, Nießbrauch und Unterbeteiligung an Personengesellschaften, DB 1979, 1445; Bilsdorfer, Peter, Gesellschafts- und steuerrechtliche Probleme bei Unterbeteiligung von Familienangehörigen, NJW 1980, 2785; Blaurock, Uwe/Berninger, Axel, Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil in zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht (Teil I), GmbHR 1990, 11; Bülow, Hans J., Die Unterbeteiligung, Heidelb. Musterverträge Bd. 55, 2. Aufl. 1991; Coenen, Tilman, Formfreie Schenkung der Gesellschafterstellung in einer stillen Gesellschaft und einer Unterbeteiligung, 2002; Costede, Jürgen, Unterbeteiligte als Mitunternehmer, ZGR 1976, 188; Eden, Siegfried, Treuhandschaft an Unternehmen und Unternehmensanteilen, 1981; Esch, Günter, Die Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, NJW 1964, 902; Felix, Günther, Unterbeteiligungen aus der Sicht der Steuerberatung, KÖSDI 1985, 5791 und KÖSDI 1987, 6918; Felix, Günther, Unterbeteiligung nichttätiger Abkömmlinge an Familiengesellschaften mbH, DStZ 1988, 102; Fischer, Robert, Fragen aus dem Recht der stillen Gesellschaft, JR 1962, 201; Flore, Ingo, Die Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil, BB 1994, 1191; Friehe, Christian-Friedrich, Die Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, 1974; GmbH-Handbuch, hrsg. von der Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt (Loseblatt); Greifeld, Helmut Rudolf, Die Unterbeteiligung an der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft, Diss. Leipzig, 1938; Henn, Alexandra, Die Unterbeteiligung in der GmbH, 1996; Herzfeld, Edgar, Die Unterbeteiligung, AcP 137 (1933), 270; Hesselmann, Malte, Die Unterbeteiligung an GmbH-Anteilen, GmbHR 1964, 26; Hüffer, Uwe, Die Publikumspersonengesellschaft und das Problem des Anlegerschutzes, JuS 1979, 457; Janberg, Hans, Die Unterbeteiligung im Gesellschaftsrecht, DB 1953, 77; Klamroth, Sabine, Zur Anerkennung von Verträgen zwischen Eltern und minderjährigen Kindern, BB 1975, 525; Kletschka, Franz, Die Unterbeteiligung an gewerblichen Unternehmen im Steuerrecht, Diss. Köln, 1974; Märkle, Rudi, Die Unterbeteiligung an Einkunftsquellen – I. Teil, DStZ 1985, 471; Maulbetsch, Hans-Christoph, Beirat und Treuhand in der Publikumspersonengesellschaft, 1984; Meyer, Gerd, Die Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, Diss. Münster, 1971; Obermüller, Walter/Obermüller, Manfred, Die Unterbeteiligung im Bankgeschäft, in Festschrift für W. Werner, 1984, S. 606 ff.; Paulick, Heinz, Die Unterbeteiligung in gesellschaftsrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht, ZGR 1974, 253; Paulick, Heinz, Die Unterbeteiligung in Steuer und Recht, Treuhandschaft, Steuerberater-Kongress-Report 1974, 129; Pöllinger, Michael, Die Unterbeteiligung, Diss. Erlangen, 1932; Roemer, Manfred, Unterbeteiligung an Gesellschaftsanteilen, INF 1993, 253; Roth, Günter H./Thöni, Wilfried, Treuhand und Unterbeteiligung, in Lutter, Marcus/Ulmer, Peter/Zöllner, Wolfgang (Hrsg.), Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 245 ff.; Rowedder, Heinz/Schmidt-Leithoff, Christian, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 4. Aufl. 2002; Rust, Walter, Die Beteiligung von Minderjährigen im Gesellschaftsrecht, DStR 2005, 1942 (Teil I), 1992 (Teil II); Schimke, Martin, Die historische Entwicklung der Unterbeteiligungsgesellschaft in der Neuzeit, Diss. Berlin, 1991; Schindhelm, Malte/Stein, Klaus, Unterbeteiligung als Instrument der vorweggenommenen Erbfolge, ErbStB 2003, 32; Schmidt, Karsten, Formfreie Schenkungen von stillen Beteiligungen und Unterbeteiligungen?, DB 2002, 829; Schmidt-Diemitz,
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§ 30
Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht Rolf, Probleme der Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil bei Umwandlung der Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft, DB 1978, 2397; Schneider, Herbert, Über die Unterbeteiligung an Anteilen einer Personengesellschaft als stille Gesellschaft, in Festschrift für P. Möhring, 1965, S. 115 ff.; Schulze-Osterloh, Joachim, Der gemeinsame Zweck der Personengesellschaften, 1973; Schulze zur Wiesche, Dieter, Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil, GmbHR 1986, 236; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die Unterbeteiligung als Mitunternehmerschaft, DB 1975, 2225; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die Gewinnermittlung einer Unterbeteiligung an einer Personengesellschaft, DStZ 1987, 603; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die Unterbeteiligung in der steuerlichen Rechtsprechung, NJW 1983, 362; Singhof, Bernd/Seiler, Oliver/Schlitt, Michael, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, 2004; Stürner, Rolf, Der lediglich rechtliche Vorteil, AcP 173 (1973), 402; Tebben, Joachim, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, 2000; Theil, Clemens, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung und der Unterbeteiligung bei Umwandlung des Unternehmens, 1982; Thomsen, Joachim, Die Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, 1978; Tiedtke, Klaus, Unentgeltliche Beteiligung eines Kindes als stiller Gesellschafter, DB 1977, 1064; Ulbrich, Klemens, Die Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, 1982; Wagner, Udo, Die Unterbeteiligung an einem OHG-Anteil, 1975; Weigl, Gerald, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, 2. Aufl. 2004; Weiss, Karl-Heinz, Die Unterbeteiligung als Innengesellschaft mit Gesamthandsvermögen, Diss. Göttingen, 1956; Wendelstein, H., Die Unterbeteiligung als zweckmäßige Erbfolgeregelung, BB 1970, 735; Westermann, Harm Peter, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970; Winterstein, Manfred, Die Unterbeteiligung an OHG- und KG-Anteilen als stille Gesellschaft, Diss. Hamburg, 1969.
I. Wesen der Unterbeteiligung und wirtschaftliche Bedeutung
30.1
Eine Unterbeteiligung liegt vor, wenn aufgrund eines Gesellschaftsvertrags zwischen dem Gesellschafter einer Kapital- oder Personengesellschaft (Hauptbeteiligter) und einem Dritten (Unterbeteiligter) der Dritte gegen Leistung einer Einlage obligatorisch zumindest am Gewinn des Gesellschaftsanteils des Hauptbeteiligten partizipiert. Die Unterbeteiligung ist Gesellschaft1 und ebenso wie die stille Beteiligung eine Erscheinungsform der Innengesellschaft. Dementsprechend gehört es zum Wesen der Unterbeteiligungsgesellschaft, dass sie kein Gesamthandsvermögen besitzt2. Der Hauptbeteiligte ist alleiniger Inhaber des Gesellschaftsanteils, auf den sich die Beteiligung bezieht. Gegenstand der Unterbeteiligung kann jede Art von Gesellschaftsanteil sein, auch eine stille Beteiligung und ebenso eine Unterbeteiligung3. Der gemeinsame Zweck der Unterbeteiligungsgesellschaft liegt im Halten und Nutzen eines Gesellschaftsanteils4. Unabdingbare Voraussetzung einer Unterbeteiligung 1 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 109 ff. 2 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 93 ff. m.w.N.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 51 ff.; a.A. H.P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 202. 3 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 195; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 49; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 7 (11). 4 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 109; Paulick, ZGR 1974, 253 (268).
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Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
§ 30
ist die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung; die Teilnahme am Verlust ist zwar praktisch häufig, gehört aber nicht zu den konstitutiven Merkmalen1. Der wirtschaftliche Zweck dieser Rechtsfigur besteht darin, die Gewinn- und Verlustchancen aus der Gesellschafterstellung in der Hauptgesellschaft intern mit einem anderen zu teilen, der selbst an der Hauptgesellschaft in der Regel2 nicht beteiligt ist. Die Unterbeteiligung versteht sich so als Form der mittelbaren Unternehmensteilhabe, die immer dort Bedeutung erhält, wo eine direkte Beteiligung an der Hauptgesellschaft nicht möglich oder nicht gewollt ist3.
30.2
Einen wichtigen Anwendungsbereich findet die Unterbeteiligung bei der Erbfolge in Gesellschaftsanteile von Personengesellschaften. Die Unterbeteiligung begegnet hier einerseits als Instrument zur vorweggenommenen Erbfolgeregelung, wobei die späteren Erben eines Gesellschafters am Gesellschaftsanteil beteiligt werden können, ohne dass der Gesellschafter bereits den durch den Anteil vermittelten Einfluss auf die Gesellschaft verliert. Die Unterbeteiligung als vorweggenommene Erbfolge kann hier auch der Entstehung von hohen Erbschaftsteuern oder von unerwünschten Pflichtteilsforderungen vorbeugen oder diese doch wesentlich vermindern4.
30.3
Andererseits kann die Unterbeteiligung auch zum Ausgleich erbrechtlicher Ansprüche weichender Erben bei der sog. qualifizierten Nachfolgeklausel dienen. Dies kann vom Erblasser testamentarisch angeordnet werden, es kann dem aber auch eine Einigung der Erben zugrunde liegen, etwa wenn der nachfolgende Erbe den erbrechtlichen Abfindungsbetrag ohne „Versilberung“ des Anteils nicht sofort aufbringen kann. Darüber hinaus ist die Unterbeteiligung bei Familiengesellschaften anzutreffen, wenn ein Familienmitglied den Familienstamm in der Hauptgesellschaft repräsentiert und die Stammesmitglieder über Unterbeteiligungen an den Erträgen des Anteils partizipieren.
30.4
Möglich ist auch, dass der Hauptgesellschafter für die Finanzierung seiner Einlage Kapital benötigt und dem Kapitalgeber als Gegenleistung eine Unterbeteiligung einräumt. Die Unterbeteiligung kann auch eingeräumt werden, um die aus einer Darlehensgewährung resultierenden Ansprüche zu sichern5. Ebenso hat die Unterbeteiligung in den Fällen Bedeutung, in denen die Beteiligung
30.5
1 Paulick, ZGR 1974, 253 (266). 2 Eine Unterbeteiligungsgesellschaft mit einem anderen Gesellschafter der Hauptgesellschaft als Unterbeteiligtem ist allerdings möglich. 3 Zur geschichtlichen Entwicklung und der heutigen Bedeutung mittelbarer Teilhabe an Gesellschaftsverhältnissen siehe Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 25 ff., S. 49 ff.; zur wirtschaftlichen Bedeutung der Unterbeteiligung und zu Motiven für ihre Wahl siehe auch Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 171 Rn. 365 ff.; Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 121 ff.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 14 ff. 4 Wendelstein, BB 1970, 735; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 65 f.; Zur Unterbeteiligung als Instrument der vorweggenommenen Erbfolge siehe auch Schindhelm/Stein, ErbStB 2003, 32. 5 Dazu OLG Frankfurt v. 8. 8. 1985 – 15 U 233/83, GmbHR 1987, 57.
781
§ 30
Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
nach außen – etwa aus Wettbewerbsgründen – nicht in Erscheinung treten soll. Schließlich sind die Fälle zu erwähnen, in denen der Unterbeteiligte keine engen gesellschaftsvertraglichen Bindungen zu den Hauptgesellschaftern eingehen will, etwa um ein Wettbewerbsverbot zu vermeiden, oder in denen die Beteiligung nur vorübergehend gewollt ist und die Folgen des Ein- und Austritts aus der Hauptgesellschaft vermieden werden sollen.
30.6
Die Unterbeteiligung wird zudem oft dann gewählt, wenn gesetzliche oder vertragliche Unübertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen eine unmittelbare Beteiligung eines Dritten an der Gesellschaft selbst ausschließen oder wenn besondere Verhältnisse den Wechsel im Anteilsbesitz oder eine Aufstückelung der Beteiligung unangebracht erscheinen lassen.
30.7
Allen diesen im Zivilrecht wurzelnden Motivationslagen steht oftmals der steuerrechtliche Beweggrund zur Seite, aus dem Anteil fließende Gewinne zu verlagern und so die Steuerlast zu mindern1.
II. Abgrenzung zu anderen Rechtsinstituten
30.8
Ähnlich wie bei der stillen Gesellschaft kann es bei der Unterbeteiligung zu Abgrenzungsproblemen im Hinblick auf verwandte Rechtsfiguren kommen. Von der stillen Gesellschaft unterscheidet sich die Unterbeteiligungsgesellschaft durch den Gegenstand der Beteiligung. Bei der stillen Gesellschaft geht es um eine Beteiligung am Handelsunternehmen, die Unterbeteiligung bezieht sich dagegen auf einen Gesellschaftsanteil2. Eine „Unterbeteiligung“ am Handelsgewerbe eines Einzelkaufmanns wird regelmäßig als stille Gesellschaft zu beurteilen sein, wenn die zwingenden Voraussetzungen dafür vorliegen.
30.9
Im Unterschied zur Treuhand, bei der der Hauptgesellschafter die Beteiligung ausschließlich für fremde Rechnung hält, handelt es sich bei der Unterbeteiligung um das Halten des Anteils für eigene und für fremde Rechnung. Bei der Treuhand ist im Innenverhältnis der Parteien Auftrags- bzw. Dienstvertragsrecht anzuwenden, während bei der Unterbeteiligung Gesellschaftsrecht zur Geltung gelangt3.
1 Zu weiteren wirtschaftlichen Gründen für die Wahl einer Unterbeteiligung näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 54 ff.; Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 121 ff.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 14 ff. In jüngerer Zeit wird von einer neuen Erscheinungsform berichtet: Ein Dritter unterbeteiligt sich an dem Anteil eines Gesellschafters und ermöglicht diesem eine Kapitalzufuhr für das Unternehmen. Der Dritte handelt dabei als Treuhänder für einen ungenannten Treugeber (mit der Folge, dass ihm selbst der Unterbeteiligungsanteil steuerlich zugerechnet wird, § 159 AO). Dieser Treugeber ist der Hauptgesellschafter selbst. Auf diese Weise wird Schwarzgeld „gewaschen“ und dem Unternehmen wieder zugeführt. 2 Paulick, ZGR 1974, 253 (259). 3 Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 75 ff.
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Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
§ 30
Wendet ein Gesellschafter einem Dritten im Innenverhältnis seine gesamte Gesellschafterstellung und nicht nur einen Anteil am Gewinn zu, so wird es in ihrem Verhältnis zueinander regelmäßig an der für ein Gesellschaftsverhältnis typischen Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks fehlen. Es liegt daher keine Unterbeteiligung, sondern Treuhand vor1. Ist der Dritte berechtigt, den gesamten Gewinn zu verlangen und verpflichtet, den gesamten Verlust der jeweiligen Abrechnungsperiode zu tragen, andererseits an der Substanz des Anteils intern wertmäßig nicht beteiligt, so handelt es sich auch dann um eine Unterbeteiligung, wenn der Hauptgesellschafter für die Verwaltung des Anteils eine Festvergütung erhält2.
30.10
In seiner Rechtsprechung stellt der BGH jedoch ausdrücklich fest, dass sich Treuhand und Unterbeteiligung an Gesellschaftsanteilen nicht ausschließen3. Vielmehr könne auch das gesellschaftsrechtliche Verhältnis zwischen Hauptund Unterbeteiligtem treuhänderische Züge tragen, so dass keine Exklusivität zwischen Auftrags- oder Gesellschaftsrecht bestehe4. Bei der Frage, welche gesetzlichen Bestimmungen im Einzelfall anwendbar sind, komme es auf die inhaltliche Ausgestaltung des Vertrages zwischen dem Haupt- und Unterbeteiligten an. Die von den Parteien gewählte Bezeichnung als Treuhand- oder Unterbeteiligungsverhältnis sei nicht maßgeblich. Dabei stellt der BGH weiterhin darauf ab, ob der Hauptgesellschafter seinen Anteil in vollem Umfang für den Unterbeteiligten hält, oder ob er auch eigene Interessen in der Gesellschaft verfolgt. So gelangt der BGH im Ergebnis wohl dennoch unverändert zu einer ausschließlichen Anwendung entweder des Gesellschafts- oder des Auftragsrechts5.
30.11
Problematisch wird die Abgrenzung in der Praxis bei den Publikums-Treuhandgesellschaften, bei denen ein Hauptgesellschafter zu vielen Beteiligten in Beziehung tritt. Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung treffen hier Treuhandelemente und Unterbeteiligungsverhältnis zusammen. Das Verhältnis zwischen den mittelbar Beteiligten und dem Hauptgesellschafter beurteile sich daher sowohl nach den Grundsätzen der Treuhand als auch nach gesellschaftsrechtlichen Regelungen6. Demgegenüber steht die bisher h.A. auf dem
30.12
1 BGH v. 13. 6. 1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 202; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB (335 HGB a.F.) Rn. 109. Vgl. auch OLG Hamm v. 27. 10. 1993 – 8 U 75/93, DB 1994, 1233. 2 Paulick, ZGR 1974, 253 (266); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 202. 3 So BGH v. 13. 6. 1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886; BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 285/93, NJW-RR 1995, 165. 4 BGH v. 13. 6. 1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886 (2887); kritisch hierzu Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 65 f.; vgl. auch Roth/Thöni in FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, S. 245 (259 ff.). 5 Ebenso Roth, Anm. zu BGH v. 13. 6. 1994 – II ZR 259/92, LM H. 12/1994 § 662 BGB Nr. 45. 6 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 210, 202 unter Hinweis auf die grundsätzliche Abkehr vom Ausschließlichkeitsverhältnis zwischen Treuhand und Unterbeteiligungsgesellschaft in BGH v. 13. 6. 1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886; ihm zustimmend Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 169 Rn. 359.
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§ 30
Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
Standpunkt, dass Treuhand und Unterbeteiligung sich gegenseitig ausschließen1. Für den Normalfall der Publikums-Treuhandgesellschaft dürfte dem zuzustimmen sein, da der Hauptgesellschafter nur die Interessen der Vielzahl der mittelbar Beteiligten wahrnehmen soll, mit ihnen aber keinen gemeinsamen Zweck i.S. von § 705 BGB verfolgt. Es handelt sich um eine reine Treuhand über einen Gesellschaftsanteil. Es besteht einerseits ein Gesellschaftsverhältnis zwischen den Untergesellschaftern, soweit sie in einer Gesellschaft zusammengefasst sind, und andererseits ein sich in erster Linie nach Auftragsoder Dienstvertragsrecht richtendes Treuhandverhältnis zwischen der Untergesellschaft und dem Treuhänder.
30.13
Eine Veränderung der rechtlichen Qualität tritt ein, wenn der Treuhänder der Treugebergesellschaft selbst angehört. Hier liegt der Übergang zur Beteiligungsinnengesellschaft, also zur Unterbeteiligung. Die Bezeichnung des in der Obergesellschaft auftretenden Gesellschafters als Treuhänder ist dabei wohl in der Regel ein Kürzel für eine bestimmte von den Gesellschaftern beabsichtigte Vertretungsregelung für die Innengesellschaft. Eine solche Beteiligungsinnengesellschaft kann auch treuhänderische Elemente aufweisen2.
30.14
Zu den partiarischen Rechtsgeschäften grenzt sich die Unterbeteiligung durch den gemeinsamen Zweck ab. Die Unterscheidung erfolgt sinngemäß nach den Kriterien, die auch für die Abgrenzung von stiller Gesellschaft und partiarischem Rechtsverhältnis von Bedeutung sind. An dieser Stelle kann daher auf die Behandlung bei der stillen Gesellschaft verwiesen werden (siehe oben Rn. 8.16 ff.).
III. Arten der Unterbeteiligung
30.15
Entsprechend den unterschiedlichen Zwecken, die mit einer Unterbeteiligungsgesellschaft verfolgt werden, unterscheidet man verschiedene Typen dieser Rechtsfigur. Üblich ist zunächst die Differenzierung in „typische“ und „atypische“ Unterbeteiligungsverhältnisse. Die Terminologie ist dabei irreführend, denn der in der Praxis weitaus häufiger vorkommende (und damit der „typenbildende“) Fall ist die atypische Unterbeteiligung3.
30.16
Unter der „typischen“ Unterbeteiligung versteht man den Fall, dass dem Unterbeteiligten lediglich eine bestimmte Quote des auf den Anteil entfallenden Gewinns überlassen wird. Veränderungen im Wert des Anteils betreffen den Unterbeteiligten nicht, bei Beendigung der Unterbeteiligungsgesellschaft er1 Vgl. Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 58 f.; offen gelassen in BGH v. 4. 11. 1976 – II ZR 50/75, WM 1977, 525 (527). 2 Friehe, Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, S. 15; Meyer, Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, S. 56; Winterstein, Unterbeteiligung an OHG- und KG-Anteilen als stille Gesellschaft, S. 5; siehe auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 202. 3 Vgl. zur Kritik an dieser Terminologie Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 115 f.
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Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
§ 30
hält er einen etwa dem Hauptgesellschafter überlassenen Betrag in gleicher Höhe wieder zurück. Die Bezeichnung „typische Unterbeteiligungsgesellschaft“ leitet sich her von der Parallele zur typischen stillen Gesellschaft, wie sie dem gesetzlichen Regelungsmodell der §§ 230 ff. HGB zugrunde liegt. Weicht die Unterbeteiligungsgesellschaft von der Typik der in §§ 230 ff. HGB für die stille Gesellschaft geregelten Form einer Innengesellschaft ab, liegt eine „atypische“ Unterbeteiligungsgesellschaft vor1. Das ist dann der Fall, wenn der Unterbeteiligte auch an den Wertveränderungen des Anteils teilnehmen und an den offenen und stillen Reserven der Gesellschaft entsprechend seiner Quote beteiligt sein soll. Meist geschieht dies in der Weise, dass der Unterbeteiligte im Innenverhältnis am Auseinandersetzungs- und Abfindungsguthaben in gleicher Weise beteiligt wird wie der Hauptgesellschafter. Hier erhält der Unterbeteiligte auch der Substanz nach eine wirtschaftliche Gesellschafterstellung2. Bei Unterbeteiligungen dieser Art, die eine im Innenverhältnis vorgenommene Teilung des Gesellschaftsanteils darstellen, besteht eine Verwandtschaft mit der gesellschaftsrechtlichen Treuhand3.
30.17
Ähnlich wie bei der stillen Gesellschaft wird neben dem Fall der Vereinbarung einer Substanzbeteiligung auch diejenige Konstellation als „atypische“ Unterbeteiligung gekennzeichnet, in der der Unterbeteiligte maßgebende Geschäftsführungsbefugnisse besitzt, kraft derer er Einfluss auf das Schicksal der Hauptbeteiligung ausüben kann4.
30.18
Beide Fallgruppen sind vornehmlich in steuerrechtlichem Zusammenhang zu sehen, da sie durch das Vorhandensein von Substanzbeteiligung und Geschäftsführungsbefugnissen das Mitunternehmerrisiko bzw. die Mitunternehmerinitiative und damit die Mitunternehmerstellung vermitteln. Erst durch die Mitunternehmerstellung erlangt die Unterbeteiligung steuerrechtlich besondere Bedeutung (dazu unten Rn. 31.1 ff.).
30.19
Insbesondere bei Publikumsgesellschaften, aber auch bei Familiengesellschaften, kommt es vor, dass an demselben Gesellschaftsanteil eine Mehrheit von Unterbeteiligungen besteht. Hier stellt sich die Frage, ob es sich um jeweils verschiedene zweigliedrige Beteiligungsverhältnisse handelt, oder ob auch ein Sondertypus der mehrgliedrigen Unterbeteiligungsgesellschaft vorliegen kann. Letztere Möglichkeit wird für die Unterbeteiligung – wie auch für die stille Gesellschaft – bezweifelt5. Richtigerweise ist die Möglichkeit der mehrglied-
30.20
1 Vgl. Blaurock/Berninger, GmbHR 1990, 11 (12); ferner Paulick, ZGR 1974, 253 (258); Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 127 ff. (140). 2 Neu in GmbH-Handbuch, Rn. III, 3520; Schulze zur Wiesche, GmbHR 1986, 236 (237). 3 Zu dieser Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 123 ff., 133 f. 4 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 209; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 5 f. 5 Siehe nur Herzfeld, AcP 137 (1933), 270 (286).
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rigen Unterbeteiligungsgesellschaft indessen zu bejahen1. Es verhält sich grundsätzlich so wie bei der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft. Das dort Ausgeführte gilt hier sinngemäß (siehe oben Rn. 5.46 ff.)2. Zudem wird eine Differenzierung der Erscheinungsformen der Unterbeteiligung in offene und verdeckte Unterbeteiligungen vorgenommen. Von einer verdeckten Unterbeteiligung spricht man, wenn sie weder gegenüber der Hauptgesellschaft noch den Mitgesellschaftern offen gelegt wird. Sind dem Unterbeteiligten mit Zustimmung der Mitgesellschafter unmittelbare Verwaltungsrechte in der Hauptgesellschaft eingeräumt, liegt ein Fall der offenen Unterbeteiligung vor. Zum Teil wird eine solche bereits dann bejaht, wenn die anderen Gesellschafter der Hauptgesellschaft von der Unterbeteiligung Kenntnis haben. Allerdings wird dem Unterbeteiligten in keinem Fall die Position eines Gesellschafters in der Hauptgesellschaft eingeräumt3.
IV. Rechtsgrundlagen
30.21
Die Unterbeteiligung ist gesetzlich nicht geregelt. Aus ihrem Charakter als Gesellschaft ergibt sich aber ohne weiteres die grundsätzliche Anwendbarkeit der §§ 705 ff. BGB, wobei die Vorschriften, die das Vorhandensein von Gesamthandsvermögen voraussetzen, selbstverständlich ausgeschlossen bleiben, da die Unterbeteiligungsgesellschaft keine gesamthänderische Berechtigung an einem Gesellschaftsvermögen vermittelt.
30.22
Breiten Raum nimmt im Schrifttum die Diskussion darüber ein, ob auf die Unterbeteiligung die für die stille Gesellschaft geltenden Normen anzuwenden oder ob allein die Vorschriften über die BGB-Gesellschaft heranzuziehen sind. Zum Teil handelt es sich dabei um einen Streit um Worte. Selbstverständlich steht es den Parteien des Unterbeteiligungsvertrages frei, ihrer Vereinbarung die für die stille Gesellschaft vorgesehenen Regelungen zugrunde zu legen. Die Frage geht allein darum, welche dispositiven Vorschriften beim Fehlen konkreter vertraglicher Bestimmungen heranzuziehen sind und ob die zwingenden Gläubigerschutzvorschriften aus dem Recht der stillen Gesellschaft eingreifen.
30.23
Die Auffassung, die Unterbeteiligung sei bereits eine stille Gesellschaft4, ist kaum haltbar. § 230 HGB enthält keine abschließende Definition der stillen 1 Ebenso K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 213; Paulick, ZGR 1974, 253 (262); siehe auch Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 100 ff. 2 Siehe oben Rn. 5.48 ff.; zur Mehrheit von Hauptbeteiligten K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 212; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 10 f. 3 Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 170 Rn. 362 m.w.N. 4 So insbesondere Winterstein, Unterbeteiligung an OHG- und KG-Anteilen als stille Gesellschaft, S. 50; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rn. 482 ff.; siehe auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 192 u. Rn. 19, der die Unterbeteiligung als stille Beteiligung an einem Gesellschaftsanteil bezeichnet.
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§ 30
Gesellschaft, sondern regelt nur den Fall, dass vom stillen Gesellschafter eine Einlage erbracht wird1. Hier bestimmt das Gesetz, dass diese in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergehen müsse, schließt also die Bildung von Gesamthands- und Bruchteilsvermögen aus. Dagegen handelt es sich bei dem in § 230 HGB angeführten „Handelsgewerbe“ um ein konstitutives Merkmal der stillen Gesellschaft. Die meisten Vorschriften der §§ 230 ff. HGB sind auf die Beteiligung an einem Gewerbebetrieb zugeschnitten, so beispielsweise diejenigen hinsichtlich des Kontrollrechts (§ 233 Abs. 1 HGB), der Kündigung (§ 234 Abs. 1 HGB) sowie der Auseinandersetzung (§ 235 HGB); auch die Gläubigerschutzvorschriften in §§ 236 Abs. 2 HGB, 136 InsO finden ihre Rechtfertigung allein im Geschäftskontakt des „Komplementärs“ mit dem Publikum. Die bloße Gesellschafterstellung in einer Handelsgesellschaft reicht demgemäß für die Annahme eines Handelsgewerbes und damit einer stillen Gesellschaft nicht aus. Die Feststellung, dass die Unterbeteiligung keine stille Gesellschaft ist, schließt hingegen nicht aus, dass beim Fehlen einzelvertraglicher Bestimmungen Regelungen aus dem Recht der stillen Gesellschaft zur Ausfüllung herangezogen werden können. Immerhin besteht bei einem Teil der Unterbeteiligungs-Fallgruppen eine gewisse Verwandtschaft mit dem gesetzlichen Modell der stillen Gesellschaft, die eine entsprechende Anwendung einiger der für diese vorgesehenen Vorschriften nahe legt.
30.24
In welchem Umfange dies geboten ist, ist bei der Behandlung der einzelnen in Betracht kommenden Fragenbereiche näher zu erläutern. Festzuhalten bleibt, dass gesetzliche Regelungen, die für die Unterbeteiligungsgesellschaft eine Rechtsgrundlage abgeben können, spärlich sind. Es ist daher eine möglichst eingehende vertragliche Regelung zu empfehlen.
30.25
V. Der Unterbeteiligungsvertrag 1. Rechtsnatur des Vertrags Voraussetzung für eine Unterbeteiligung ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten. Ein solcher Vertrag ist ein zweiseitiger, sofern es sich um eine zweigliedrige Unterbeteiligung handelt; er ist ein mehrseitiger im Falle der mehrgliedrigen Unterbeteiligungsgesellschaft. Immer ist er Gesellschaftsvertrag. Sowohl Hauptbeteiligter als auch Unterbeteiligter kann jede juristische oder natürliche Person sowie jede Personenvereinigung sein, die als solche Träger von Rechten und Pflichten sein kann2. Eine Beteiligung des Unterbeteiligten an der Hauptgesellschaft ist nicht schädlich. Eine Unterbeteiligung am eigenen Anteil ist jedoch ebenso wenig möglich wie zwei selbständige Beteiligungen eines Unterbeteiligten an einem einzigen Anteil. Die Erweiterung einer schon bestehenden Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil versteht sich da1 So zu Recht Fischer, JR 1962, 200 (202); a.A. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 122. 2 Paulick, ZGR 1974, 253 (261); dies gilt seit BGH Urt. v. 29. 1. 2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 342 auch für die rechtsfähige BGB-Außengesellschaft.
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30.26
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Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
her als Vertragsänderung, nicht als Begründung einer neuen Unterbeteiligung1.
30.27
Eine Genehmigung des Unterbeteiligungsvertrages durch die Hauptgesellschaft oder ihrer Gesellschafter ist nicht erforderlich. Dies gilt selbst dann, wenn die Übertragung der Hauptbeteiligung genehmigungsbedürftig wäre, wie dies bei Anteilen an einer Personengesellschaft der Fall ist2. Auch wenn der Gesellschaftsvertrag der Hauptgesellschaft die Einräumung von Unterbeteiligungen verbietet, hat das keinen Einfluss auf die Wirksamkeit eines dennoch abgeschlossenen Unterbeteiligungsvertrages3. Der Hauptbeteiligte verstößt aber gegen die Pflichten aus dem Hauptgesellschaftsvertrag, was zu Schadensersatzpflichten oder gar zum Ausschluss aus der Hauptgesellschaft führen kann. Letzteres bewirkt gleichzeitig die Beendigung der Unterbeteiligung4.
30.28
Wenn demnach grundsätzlich durch den Unterbeteiligungsvertrag keinerlei Rechtsbeziehungen zwischen Unterbeteiligtem und Hauptgesellschaft entstehen, so kann dies hinsichtlich einzelner Rechte dann anders sein, wenn die Unterbeteiligung den übrigen Hauptgesellschaftern bekannt und von diesen gebilligt worden ist5. 2. Formbedürftigkeit
30.29
Eine gesetzlich vorgeschriebene Form ist für den Unterbeteiligungsvertrag grundsätzlich nicht erforderlich. Bei einer Unterbeteiligung an einem GmbHAnteil greift die Vorschrift des § 15 Abs. 3, 4 GmbHG nicht ein6. Enthält der Vertrag jedoch die Verpflichtung des Hauptgesellschafters, den GmbH-Anteil
1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 220; a.A. Riegger in MünchHdb.GesR Bd. 1, § 30 Rn. 20. 2 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 153; Hopt in Baumbach/Hopt, § 105 HGB Rn. 38; BGH v. 11. 7. 1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (325); OLG Frankfurt a.M. v. 7. 9. 1991 – 11 U 21/91, DB 1992, 2489 = GmbHR 1992, 668. 3 LG Bremen v. 10. 5. 1990 – 2 O 221/90, NJW-RR 1992, 98; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 99; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 221; Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 234 ff.; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5803 Nr. 70) weist zutreffend darauf hin, dass sich im Wege der Auslegung aus dem Verbot der Unterbeteiligung auch ein Abtretungsverbot von Gewinnansprüchen ergeben kann, das hinsichtlich dieser Ansprüche dingliche Wirkung hätte. 4 Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5803 Nr. 70); Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 177 Rn. 379; Riegger in MünchHdb.GesR Bd. 1, § 30 Rn. 14; zur Beendigung siehe unten Rn. 30.58 ff. 5 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 387 ff. 6 OLG Frankfurt v. 8. 8. 1985 – 15 U 233/83, GmbHR 1987, 57; Blaurock/Berninger, GmbHR 1990, 11 (13 f.); Rowedder/Bergmann in Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 15 GmbHG Rn. 69 m.w.N. zur Möglichkeit der Umdeutung eines formunwirksamen Treuhandvertrages in eine Unterbeteiligung OLG Bamberg v. 30. 11. 2000 – 1 U 72/00, NZG 2001, 509 (511).
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Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
§ 30
später auf den Unterbeteiligten zu übertragen, so ist die ganze Vereinbarung formbedürftig1. Wird die Gesellschafterstellung in einer neu zu gründenden Unterbeteiligungsgesellschaft unentgeltlich zugewandt, bedarf das diesbezügliche Schenkungsversprechenn der Form des § 518 Abs. 1 Satz 1 BGB. Umstritten ist, ob die Heilung eines formnichtigen Schenkungsversprechens durch Vollzug i.S. des § 518 Abs. 2 BGB durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrages oder durch Einbuchung eintreten kann. Zu beachten ist hierbei, dass sich diese Problematik nur in den Fällen stellt, in denen der Hauptbeteiligte Schenker der Unterbeteiligung ist.
30.30
Nach Ansicht der Rechtsprechung2 kann ein den Formmangel heilender Vollzug weder durch Abschluss des Gesellschaftsvertrags noch durch den tatsächlichen Vorgang der Einbuchung erfolgen. Begründet wird dies damit, dass lediglich eine formnichtige schuldrechtliche Verpflichtung (aus dem Schenkungsvertrag) durch eine andere (aus dem Gesellschaftsvertrag) ersetzt werde. Entscheidend sei, dass es anders als bei der Außengesellschaft nicht zu einer nach außen wirkenden Vermögensbeteiligung kommt. Im Ergebnis wird somit eine Heilungsmöglichkeit schlechthin verneint, so dass die Einräumung der Gesellschafterstellung als Unterbeteiligter stets der notariellen Beurkundung bedarf.
30.31
Auch eine beachtliche Ansicht in der Literatur3 verneint im Gegensatz zur Lage bei der stillen Gesellschaft die Möglichkeit der Heilung durch Vollzug. Begründet wird dies u.a. damit, dass dem Unterbeteiligten anders als dem stillen Gesellschafter keine formelle Rechtsposition gegenüber der Gesellschaft eingeräumt werde, deren Verschaffung als Erfüllung angesehen werden könne4.
30.32
Bejaht man mit einem Teil der Literatur5 die generelle Heilungsmöglichkeit durch Vollzug, stellt sich weiterhin die Frage, ob dieser Vollzug formbedürftig ist. Eine Formbedürftigkeit kann sich hierbei allenfalls aus einer analogen Anwendung des § 518 Abs. 1 Satz 2 BGB ergeben, da das Schenkungsrecht grund-
1 RG v. 11. 4. 1906 – I 469/05, JW 1906, 401; BGH v. 5. 11. 1979 – II ZR 83/79, BGHZ 75, 352. 2 BGH v. 6. 3. 1967 – II ZR 180/65, WM 1967, 685. 3 Vgl. nur Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 156 f.; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 106; Bilsdorfer, NJW 1980, 2785 (2787); Hesselmann, GmbHR 1964, 26 (27); a.A. z.B. Herzfeld, AcP 137 (1933) 270 (297); Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 101 ff.; vermittelnd K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 224; K. Schmidt, DB 2002, 829 der dem BGH in seiner Ausgangsposition zustimmt, einen Schenkungsvollzug aber annimmt, wenn sich die Beteiligung zu einer mitgliedschaftlichen Position verselbständigt hat Hiervon könne im Falle einer atypischen Unterbeteiligung regelmäßig ausgegangen werden, da im Gegensatz zur typischen Unterbeteiligung von einem abgeschlossenen Vermögenstransfer auszugehen sei. 4 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 157. 5 Coenen, Formfreie Schenkung, S. 170 ff.; Kollhosser in MünchKomm.BGB, 5. Aufl. 2007, § 518 BGB Rn. 35.
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sätzlich davon ausgeht, dass die Zuwendung des Schenkungsgegenstandes formlos möglich ist, §§ 516 Abs. 1, 518 Abs. 2 BGB1.
30.33
Angesichts des sehr differenzierten Meinungsstandes in Rechtsprechung und Lehre ist der Praxis daher anzuraten, die Schenkung einer Unterbeteiligung notariell beurkunden zu lassen, falls es sich nicht um eine Ausstattung i.S. von § 1624 Abs. 1 BGB handelt2, die nicht als Schenkung gilt und so von der Formvorschrift des § 518 Abs. 1 BGB ausgenommen ist. Zur Vermeidung von Konfliktfällen ist zu empfehlen, gegebenenfalls das Zuwendungsmotiv „ausstattungshalber“ im Vertrag hervorzuheben.
30.34
Für den Fall, dass ein Geschäftsunfähiger unterbeteiligt werden soll, hat der gesetzliche Vertreter den Vertrag abzuschließen (§§ 104 ff. BGB). Ein beschränkt Geschäftsfähiger3 bedarf der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, sofern ihm das Rechtsgeschäft nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt (§§ 107 ff. BGB). Da der Minderjährige im Regelfall zur Einlageleistung verpflichtet ist, muss der gesetzliche Vertreter regelmäßig zustimmen. Fraglich und streitig ist allerdings der Fall der schenkweisen Einräumung einer Unterbeteiligung, bei der die Verlustteilnahme ausgeschlossen wird. Im Schrifttum wird die Ansicht vertreten, eine Zustimmungspflicht entfalle, weil der Minderjährige bei der schenkweisen Einräumung keine Einlage zu leisten habe4. Der BFH5 hat dagegen entschieden, auch die Einräumung einer Unterbeteiligung durch schenkweise Einbuchung sei nicht lediglich rechtlich vorteilhaft und bedürfe somit der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Angesichts des Umstandes, dass die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft immer ein Bündel von Rechten und Pflichten ist, also nicht nur Rechte enthält, dürfte dem zuzustimmen sein. Es ist zwar richtig, dass sowohl Rechte als auch Pflichten in einer Innengesellschaft wie der Unterbeteiligungsgesellschaft gerade für den Unterbeteiligten einen anderen Charakter haben als bei einem Mitglied einer Außengesellschaft und insbesondere die Pflichtengebundenheit durch den Verlustausschluss stark reduziert wird. Dennoch bleibt eine rechtliche Bindung des Unterbeteiligten aus dem Gesellschaftsvertrag erhalten. Diese Mitgliedschaftspflichten reichen aus, um ein nicht lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft annehmen zu können6.
30.35
Ist der gesetzliche Vertreter gleichzeitig Inhaber des Gesellschaftsanteils, an dem der Minderjährige unterbeteiligt werden soll, so ist § 181 BGB zu beach1 Eine analoge Anwendung ablehnend Coenen, Formfreie Schenkung S. 170 ff.; Kollhosser in MünchKomm.BGB, 5. Aufl. 2007, § 518 BGB Rn. 33. 2 Dazu BGH v. 6. 3. 1967 – II ZR 180/65, WM 1967, 685. 3 Siehe umfassend zur Beteiligung Minderjähriger im Gesellschaftsrecht: Rust, DStR 2005, 1942 (Teil I), 1992 (Teil II). 4 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 225 i.V.m. Rn. 105; siehe auch Knothe in Staudinger, 13. Bearb. 2004, § 107 BGB Rn. 29; Stürner, AcP 173 (1973), 402 (436); Klamroth, BB 1975, 525 (526); Tiedtke, DB 1977, 1064 (1065). 5 BFH v. 28. 11. 1973 – I R 101/72, BFHE 111, 85 = BStBl. II 1974, 289; BFH v. 8. 10. 1981 – IV R 222/79, nicht veröffentlicht. 6 Ebenso Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 104 f.; Bilsdorfer, NJW 1980, 2785 (2787).
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§ 30
ten. Nach der hier vertretenen Ansicht, nach der jeder Abschluss eines Unterbeteiligungsvertrages genehmigungsbedürftig (§ 107 BGB) ist, bedarf es daher immer der Bestellung eines Ergänzungspflegers gemäß § 1909 BGB1. Eine Dauerpflegschaft ist dagegen nicht erforderlich2. Wie bei der stillen Gesellschaft (hierzu oben Rn. 9.45 ff.) ist auch für die Unterbeteiligung fraglich, ob der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung gemäß §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 3 BGB einholen muss. Dies ist zu bejahen, wenn die Beteiligung am Verlust nicht ausgeschlossen ist3. Soll der Minderjährige auch am Verlust teilnehmen, so kann ohne die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts der Unterbeteiligungsvertrag keine Wirksamkeit entfalten. Der Unterbeteiligte trägt hier nicht allein das Risiko der Insolvenz des Hauptgesellschafters, sondern ihn treffen hinsichtlich seiner Beteiligungsquote auch die Verluste der Hauptgesellschaft, ohne dass er auf deren Vermeidung Einfluss hätte. Bei einer solchen Beteiligung, die dem Minderjährigen zumindest partiell Unternehmerrisiko aufbürdet, ist eine Genehmigungsbedürftigkeit nach §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 3 BGB anzunehmen4.
30.36
Bei der Schenkung einer Unterbeteiligung mit Verlustteilnahme an einen Minderjährigen durch Einbuchung ist demnach zu beachten, dass eine notarielle Beurkundung gemäß § 518 Abs. 1 BGB sowie eine Zustimmung nach § 107 BGB in Verbindung mit einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nach den §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 3 BGB erfolgen muss5. Ist der gesetzliche Vertreter zugleich Hauptbeteiligter bedarf es zusätzlich der Bestellung eines Ergänzungspflegers (§§ 181, 1795 Abs. 2, 1629 Abs. 2, 1909 BGB)6. Soll der be-
30.37
1 Vgl. aus der neueren Rechtsprechung BFH v. 27. 1. 1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635 unter Bezugnahme auf BFH v. 19. 12. 1979 – I R 176/77, BB 1980, 762 für die stille Gesellschaft; näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 314 f. Vertritt man dagegen die Auffassung, bei Ausschluss der Verlustteilnahme handele es sich bei der Einräumung einer Unterbeteiligung um ein rechtlich lediglich vorteilhaftes Geschäft, so braucht für diesen Fall kein Ergänzungspfleger bestellt zu werden, vgl. z.B. Tiedtke, DB 1977, 1064. 2 Dazu BGH v. 18. 9. 1975 – II ZB 6/74, BB 1975, 1452; BFH v. 29. 1. 1976 – IV R 102/73, BFHE 118, 181 (186 ff.); Bilsdorfer, NJW 1980, 2785 (2788). 3 OLG Hamm v. 22. 1. 1974 – 15 W 36/73, BB 1974, 294; Hopt in Baumbach/Hopt, § 105 HGB Rn. 39; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 228; vgl. auch BFH v. 27. 1. 1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635; für Genehmigungsbedürftigkeit jeder Form der Unterbeteiligung Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 242. 4 H.M.: OLG Hamm v. 22. 1. 1974 – 15 W 36/73, BB 1974, 294; Hopt in Baumbach/Hopt, § 105 HGB Rn. 39; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 228; vgl. auch BFH v. 27. 1. 1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635; für Genehmigungsbedürftigkeit jeder Form der Unterbeteiligung Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 242. 5 Sie kann nicht im Voraus erteilt werden, wenn die Vertragsbedingungen im Hinblick auf die steuerliche Anerkennung noch nicht genügend festgelegt sind, vgl. OLG Hamm v. 22. 1. 1974 – 15 W 36/73, DB 1974, 424 f. 6 BFH v. 27. 1. 1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635.
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§ 30
Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
schenkte Minderjährige nicht am Verlust teilnehmen, entfällt lediglich das Erfordernis der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung. 3. Mängel des Gesellschaftsvertrags
30.38
Enthält der Unterbeteiligungsvertrag Mängel, so stellt sich ebenso wie bei der stillen Gesellschaft die Frage nach der Anwendbarkeit der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft. Sie ist hier wie dort umstritten1. Richtigerweise verdient die Unterbeteiligung ebenso wie die stille Gesellschaft Bestandsschutz aufgrund des Instituts der fehlerhaften Gesellschaft2. Dies gilt zunächst für die Unterbeteiligung mit Substanzbeteiligung. Hier ist nach Einräumung der Unterbeteiligung eine Verfilzung der Vermögensteile eingetreten, bei der angesichts des schwankenden Werts des Hauptgesellschaftsanteils ein Auseinandersetzungsverfahren erforderlich ist. Aber auch bei einer Unterbeteiligung ohne Substanzbeteiligung führen allein die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft zu einem interessengerechten Ergebnis. Auch hier haben sich die Gesellschafter zu einer echten Risikogemeinschaft verbunden. Möglicherweise wurde der Hauptgesellschafter durch die Unterbeteiligung überhaupt erst in die Lage versetzt, den Gesellschaftsanteil zu erwerben oder zu erhalten. Ein Ausgleich allein nach Bereicherungsregeln reicht hier nicht aus3.
VI. Beitrag und Einlage in der Unterbeteiligungsgesellschaft
30.39
Zwischen dem in der Hauptgesellschaft auftretenden Gesellschafter und dem Unterbeteiligten besteht ein besonderes Gesellschaftsverhältnis. Der Unterbeteiligungsvertrag, durch den eine Beteiligung an dem Gesellschaftsanteil eingeräumt wird, soll nicht einen Leistungsaustausch bewirken, sondern eine Vereinigung von Leistungen, um einen bestimmten gemeinschaftlichen Zweck zu erreichen. Es ist deshalb der Frage nachzugehen, in welcher Weise die Gesellschafter zur Förderung des Gesellschaftszwecks, der im Halten und der gewinnbringenden Nutzung des Anteils liegt, Beiträge und Einlageleistungen erbringen4. Der Beitrag des Hauptbeteiligten liegt in der Verwaltung des Gesellschaftsanteils, die Beitragsleistung des Unterbeteiligten ist darin zu se1 Siehe ausführlich oben Rn. 11.1 ff.; die dort in Rn. 11.6 ff. angeführten Meinungen gelten für die Unterbeteiligung als Innengesellschaft sinngemäß; speziell zur Unterbeteiligung z.B. Andreopoulos, Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen im deutschen und griechischen Recht, S. 56; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 160 ff.; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 229; Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 176 Rn. 377 f.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 108 ff. 2 Ebenso Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 111; a.A. Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 248 ff. 3 Zur hier vertretenen Auffassung ausführlich oben Rn. 11.12 ff. 4 Die Unterscheidung von Beitrag, Einlage und Einlageleistung mit den daraus folgenden Konsequenzen erfolgt hier im Anschluss an K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 230 i.V.m. Rn. 37, 143 ff. sowie K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 II. Für die stille Gesellschaft siehe auch oben Rn. 6.1 ff. An der früher vertretenen ande-
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hen, dass er den der Unterbeteiligung entsprechenden Anteilsteil im Vermögen des Hauptbeteiligten hält. Darüber hinaus können selbstverständlich weitere Beiträge wie z.B. Geld-, Sach- und Dienstleistungen vereinbart sein, begriffsnotwendig ist das jedoch nicht1. Neben einer Beitragsleistung ist eine Einlageleistung als Voraussetzung für eine Unterbeteiligung nicht erforderlich. Notwendig ist lediglich die Begründung eines schuldrechtlichen bilanzfähigen Einlageverhältnisses zwischen Unterbeteiligtem und Hauptbeteiligtem, was auch ohne eine Einlageleistung des Unterbeteiligten geschehen kann. Ein Beispiel hierfür ist die Schenkung einer Unterbeteiligung durch Einbuchung2. Der Unterbeteiligte selbst erbringt hier keine Leistung, ein Einlageverhältnis zwischen Haupt- und Unterbeteiligtem wird aber durch die Umbuchung begründet. Ebenso verhält es sich, wenn einem Dritten eine Unterbeteiligung gegen Zahlung eines Entgelts eingeräumt wird. Gibt der Hauptgesellschafter eine Unterbeteiligung an einem ihm bis dahin allein zustehenden Gesellschaftsanteil ab, so fließt ihm eine hierfür erbrachte Leistung des Unterbeteiligten grundsätzlich frei von gesellschaftsrechtlichen Bindungen zu. Die Zahlung dieses Betrages ist keine Einlageleistung3, sondern Gegenleistung4 für die Einräumung der wirtschaftlichen Gesellschafterstellung. Anders verhält es sich dann, wenn der zu zahlende Betrag der Finanzierung des Hauptgesellschaftsanteils oder einer Kapitalerhöhung dienen soll. Nur in diesem Fall ist die Erbringung einer Einlageleistung vereinbart, weil nur dann der gemeinsame Zweck der Unterbeteiligungsgesellschaft gefördert werden soll und damit ein Beitrag i.S. des § 705 BGB vorliegt. Die Einlage ist grundsätzlich in das Vermögen des Hauptbeteiligten zu leisten, der Einfachheit halber kann sie aber auch direkt in das Gesellschaftsvermögen der Hauptgesellschaft erbracht werden, wobei im Verhältnis der Hauptgesellschaft zum Hauptbeteiligten die Einlage als auf Rechnung des Hauptbeteiligten geleistet gilt.
30.40
VII. Die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien Da das Gesetz die Unterbeteiligung als solche nicht regelt, ergeben sich Rechte und Pflichten der Gesellschafter in erster Linie aus dem Gesellschaftsvertrag, der hierüber detaillierte Bestimmungen enthalten sollte. In Bezug auf einige wesentliche Regelungsbereiche lassen sich grundlegende Strukturen schon aus der Eigenschaft der Unterbeteiligung als Innengesellschaft ableiten.
1 2 3
4
ren Auffassung (Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 110) wird nicht mehr festgehalten. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 230. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 230. So aber z.B. Pöllinger, Die Unterbeteiligung, S. 39 f.; Esch, NJW 1964, 902 (903); Schneider in FS Möhring, 1965, S. 115 (118); vgl. auch Riegger in MünchHdb.GesR Bd. 1, § 30 Rn. 42. Ebenso Herzfeld, AcP 137 (1938) 270 (285); Friehe, Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, S. 19; siehe auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 231.
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30.42
So gibt es eine Vertretung der Unterbeteiligungsgesellschaft als solcher ebenso wenig wie bei der stillen Gesellschaft. Der Hauptbeteiligte handelt im Außenverhältnis stets im eigenen Namen, wenn auch im Innenverhältnis auf gemeinsame Rechnung1.
30.43
Dagegen gibt es eine Geschäftsführung innerhalb der Unterbeteiligungsgesellschaft, die näherer vertraglicher Regelung zugänglich ist. Grundsätzlich steht das Recht und die Pflicht zur Geschäftsführung dem Hauptbeteiligten zu2. Abweichende Vereinbarungen sind indessen jederzeit möglich und jedenfalls in den Fällen der Unterbeteiligung zur Kapitalbeschaffung auch durchaus nicht selten. Es kann hier Gesamtgeschäftsführungsbefugnis vereinbart oder die Geschäftsführung in der Unterbeteiligungsgesellschaft für einzelne Bereiche oder insgesamt dem Unterbeteiligten übertragen werden. Aus der Besonderheit der Unterbeteiligungsgesellschaft, dass nur der Hauptbeteiligte in der Hauptgesellschaft auftreten kann, ergibt sich dann freilich ein Auseinanderfallen von Geschäftsführung und Vertretungsmacht. Das ist indessen nichts Ungewöhnliches3.
30.44
Diese Divergenz wirkt sich allerdings hinsichtlich der Möglichkeit aus, die Geschäftsführungsbefugnis zu entziehen: § 712 Abs. 1 BGB ist auf Gesellschaften zugeschnitten, bei denen die Gesellschaft von jedem Gesellschafter vertreten werden kann. Auf die Unterbeteiligungsgesellschaft passt diese Regelung nicht; hier kann der Hauptgesellschafter ohne Mitwirkung der übrigen Hauptgesellschafter in seiner Position als indirekter Vertreter der Unterbeteiligungsgesellschaft nicht ausgewechselt werden. Dann kann ihm aber auch die Geschäftsführung gegen seinen Willen nur in dem Maße entzogen werden, wie sie von dem Unterbeteiligten, der die Unterbeteiligungsgesellschaft in der Hauptgesellschaft nicht selbst zu vertreten in der Lage ist und der von der Hauptgesellschaft unmittelbar keine Informationen erhält, selbst ausgeübt werden kann4.
30.45
Da der Hauptgesellschafter in der Hauptgesellschaft im eigenen Namen handelt und nicht ohne weiteres ersetzbar ist, lassen sich Geschäftsführungsmaßnahmen des Unterbeteiligten nur im Wege von Stimmbindungsvereinbarungen durchsetzen. Geschäftsführungsbefugnis des Unterbeteiligten und Stimmbindung des Hauptgesellschafters sind dabei die beiden Seiten derselben Medaille. Stimmbindungsverträge, deren Zulässigkeit im Allgemeinen nicht
1 Paulick, ZGR 1974, 253 (276); Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 119; siehe auch BGH v. 24. 2. 1954 – II ZR 3/53, BGHZ 12, 308 (314). 2 H.M., vgl. Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 113 m.w.N. 3 Zur Begründung von Organbefugnissen des Unterbeteiligten in der Hauptgesellschaft Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 164 ff. 4 Ebenso Riegger in MünchHdb.GesR Bd. 1, § 30 Rn. 32; vgl. aber Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 113; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 237, die den Entzug generell für unzulässig erachten.
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unumstritten ist, werden bei der Unterbeteiligung für unbedenklich erachtet1. Gleichwohl ergeben sich auch hier Grenzen aus den §§ 138, 242 BGB2. Fraglich ist, inwieweit bei Grundlagengeschäften innerhalb der Hauptgesellschaft der Unterbeteiligte gegenüber dem Hauptgesellschafter ein Mitspracherecht geltend machen kann. Dies ist sicher anzunehmen, soweit sie zu einer Änderung des in dem Unterbeteiligungsvertrag Vereinbarten führen, etwa bei Veränderung der Gewinnverteilung oder bei Änderung vertraglich festgelegter Geschäftsführungsbereiche3. Für andere Grundlagengeschäfte, die sich mittelbar auf die Unterbeteiligungsgesellschaft auswirken, wie etwa Kündigung der Hauptgesellschaft, Änderung des Gesellschaftszwecks der Hauptgesellschaft etc., ist eine stillschweigend anzunehmende Mitgeschäftsführungsbefugnis des Unterbeteiligten wohl nicht gerechtfertigt4. Zum Schutz des Unterbeteiligten ist die dem Hauptgesellschafter diesem gegenüber obliegende Treuepflicht ausreichend. Zwar führt in beiden Fällen ein Fehlverhalten des Hauptgesellschafters gegenüber dem Unterbeteiligten lediglich zur Schadensersatzpflicht des Hauptbeteiligten. Der wesentliche Unterschied bei der hier vorgenommenen Differenzierung liegt in den Voraussetzungen für einen solchen Anspruch. Gibt man dem mittelbar Beteiligten bei jedem Grundlagengeschäft eine Mitgeschäftsführungsbefugnis, so muss sich der Hauptgesellschafter bei Widerspruch des Unterbeteiligten in der Abstimmung innerhalb der Hauptgesellschaft der Stimme enthalten. Er haftet bereits, wenn er dies nicht tut. Nach der hier vertretenen Ansicht haftet er dagegen erst dann, wenn er sich über berechtigte Interessen des Unterbeteiligten hinwegsetzt. Da der Hauptgesellschafter auch den übrigen Hauptgesellschaftern gegenüber in einer Pflichtenbindung steht, erscheint dies angemessener.
30.46
Der Unterbeteiligte kann vom Hauptgesellschafter die Mitteilung der Bilanzen und sonstiger Unterlagen der Hauptgesellschaft nur verlangen, wenn diese dem Hauptgesellschafter die Bekanntgabe gestattet hat und der Unterbeteiligungsvertrag dem Unterbeteiligten ein Recht auf Bekanntgabe einräumt5. Eine entsprechende Genehmigung darf die Hauptgesellschaft allerdings nicht
30.47
1 K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 232 m.w.N., der jedenfalls in den Fällen zustimmt, in denen die Unterbeteiligung Treuhandelemente aufweist. 2 Näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 186 ff. 3 Weitergehend Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 114. Zur Zustimmungsbedürftigkeit bei Änderung der Gewinnverteilung durch Kapitalerhöhung des Hauptbeteiligten in der Hauptgesellschaft siehe BGH v. 22. 11. 1965 – II ZR 102/63, WM 1966, 188 (191). 4 A.A. Wagner, Unterbeteiligung an einem OHG-Anteil, S. 60 ff., 82; vgl. auch K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 237. 5 BGH v. 11. 7. 1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (323); vgl. zur Rechnungslegung eingehend Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 49 f.; Felix, KÖSDI 1987, 6918 (6919 Nr. 86–94); zu den Informationsrechten in der Unterbeteiligungsgesellschaft siehe K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 233 HGB Rn. 33 ff.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 123 ff.; Böttcher/ Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 113 ff.; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 182 ff.
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grundlos verweigern, und der Hauptgesellschafter muss sich um ihre Zustimmung bemühen1.
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Die Informationspflichten des Hauptgesellschafters sind entgegen der h.M.2 nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 233 Abs. 1 HGB, sondern aus § 716 BGB herzuleiten3. Nach § 233 Abs. 1 HGB wäre der Unterbeteiligte lediglich berechtigt, von dem Hauptgesellschafter eine jährliche Bilanz über dessen Gesellschaftsanteil zu verlangen, aus der er auch die auf diesen Anteil entfallenden Erträge und deren Zusammensetzung (Gewinnanteil, Kapitalzinsen, Geschäftsführergehalt usw.) sowie die Entwicklung des Kapitalkontos und seines Anteils ersehen kann. Nach Ansicht der h.M. wird damit seinem berechtigten Interesse entsprochen, die Grundlagen für die Berechnung seiner Gewinn- oder Verlustanteile und seiner kapitalmäßigen Beteiligung zu erfahren. Es ist jedoch nicht einzusehen, warum die Rechte des Unterbeteiligten derart verkürzt werden sollen. Bei Anwendung von § 716 BGB hat er vielmehr gegen seinen Hauptgesellschafter ein jederzeitiges Informationsrecht. Das ist der Ausgleich dafür, dass ihm gegenüber der Hauptgesellschaft ein Rechnungslegungsanspruch nicht zusteht und er nicht Einsichtnahme in die Steuer- und Handelsbilanzen sowie die Gewinn- und Verlustrechnungen der Hauptgesellschaft verlangen kann. Diese Unterlagen gehören zu den inneren Angelegenheiten der Hauptgesellschaft, weshalb gegenüber dem Unterbeteiligten wie auch jedem anderen Dritten ein berechtigtes Interesse an Geheimhaltung besteht. Der Unterbeteiligte steht in der Regel zu der Hauptgesellschaft in keinen Rechtsbeziehungen; er schuldet ihr bei der nicht offen gelegten Unterbeteiligung weder Verschwiegenheit noch Gesellschaftertreue und ist auch vom Wettbewerb nicht ausgeschlossen. Aus dem Umstand, dass die Vermögensund Liquiditätslage der Hauptgesellschaft auch für den Unterbeteiligten und seine Entschließungen von großer Bedeutung ist, können wegen des widerstreitenden Gesellschaftsinteresses Informationsrechte über die inneren Verhältnisse der Hauptgesellschaft nicht hergeleitet werden. Der Unterbeteiligte hat daher nur dann ein Recht auf Einsicht in Bilanzen und ähnliche Unterlagen, wenn die Hauptgesellschaft dem Hauptgesellschafter die Bekanntgabe gestattet hat und der Unterbeteiligungsvertrag dahin auszulegen ist, dem Unterbeteiligten sei ein Recht auf Bekanntgabe eingeräumt. In der Regel wird das bei einer der Hauptgesellschaft gegenüber offen gelegten und von dieser gebilligten Unterbeteiligung der Fall sein.
30.49
Ein Wettbewerbsverbot zwischen Haupt- und Unterbeteiligtem kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Es ist allerdings möglich, dass ein solches Ver1 BFH v. 21. 2. 1991 – IV R 35/89, BFHE 164, 238 = BStBl. II 1995, 449 m. Anm. Söffing, FR 1991, 526; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 63 IV 3. 2 Vgl. BGH v. 11. 7. 1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (323); BGH v. 10. 10. 1994 – II ZR 285/93, NJW-RR 1995, 165; BFH v. 27. 1. 1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 233 HGB Rn. 33 m.w.N.; Bärwaldt in Beck’sches Hdb. der PersGes., § 14 Rn. 34; weitergehend Zutt in GroßKomm.HGB, § 233 HGB Rn. 18; auf §§ 713, 666 BGB abstellend Riegger in MünchHdb.GesR Bd. 1, § 30 Rn. 36. 3 Ebenso Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 278 f.
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bot sich aus der Treuebindung ergibt1. Ob ein in der Hauptgesellschaft bestehendes Wettbewerbsverbot auch auf den Unterbeteiligten zu erstrecken ist, kann nicht einheitlich beantwortet werden. Entscheidend ist die Ausgestaltung des Unterbeteiligungsvertrages im Hinblick auf das Verhältnis zur Hauptgesellschaft, insbesondere auch die Regelung der Informationsrechte. Je größer der Einblick in die Interna der Hauptgesellschaft ist, je mehr sonstige Einflussmöglichkeiten in der Hauptgesellschaft bestehen, desto eher wird man ein Wettbewerbsverbot auch für den Unterbeteiligten annehmen können2. Bei rein kapitalistischer Beteiligung ist ein solches Verbot jedoch abzulehnen3. Die Haftung zwischen dem Unterbeteiligten und dem Hauptbeteiligten regelt sich nach den allgemeinen Grundsätzen4. Der Hauptgesellschafter haftet dem Unterbeteiligten für eigenes Fehlverhalten sowie für Schädigungen durch die Hauptgesellschaft. Für Schädigungshandlungen seiner Mitgesellschafter ist er nicht verantwortlich. Soweit die übrigen Voraussetzungen dafür vorliegen, kann der Unterbeteiligte aber im Rahmen einer Drittschadensliquidation5, bei offen gelegter Unterbeteiligung möglicherweise auch aufgrund eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter6 Ersatzansprüche haben. Haftungsmaßstab ist in jedem Fall § 708 BGB7.
30.50
Die Unterbeteiligung ist grundsätzlich nicht übertragbar. Wie auch sonst im Personengesellschaftsrecht sind ohne weiteres allein die in § 717 Satz 2 BGB genannten Ansprüche übertragungsfähig. Erst durch entsprechende Vereinbarung der Gesellschafter, die auch schon in einer Vertragsklausel des Gesellschaftsvertrags festgehalten sein kann, wird die Gesellschafterstellung fungibel. Veräußert der Hauptgesellschafter seinen Gesellschaftsanteil, so wird nicht ohne weiteres eine Unterbeteiligung mit dem Erwerber begründet. Der Erwerber muss durch eine Änderung des ursprünglichen Unterbeteiligungsvertrages in die Innengesellschaft einbezogen werden, oder es muss mit ihm ein neuer Gesellschaftsvertrag abgeschlossen werden. Ohne eine entsprechende
30.51
1 Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 130; Esch, NJW 1964, 902 (905); Greifeld, Unterbeteiligung an der OHG und der KG, S. 48; Zutt in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 115; Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 293. 2 Näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 201 ff.; vgl. auch OLG Frankfurt a.M. v. 7. 9. 1991 – 11 U 21/91, DB 1992, 2489 = GmbHR 1992, 668. 3 Ebenso K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 244; Riegger in MünchHdb.GesR Bd. 1, § 30 Rn. 39. 4 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 208 ff.; Herzfeld, AcP 137 (1933) 270 (312 ff.); Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 41. 5 Wenn der eigentlich beim Hauptbeteiligten zu erwartende Schaden den Unterbeteiligten trifft, dazu näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 219. 6 So K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 230 HGB Rn. 246. 7 Paulick, ZGR 1974, 253 (277); Janberg, DB 1953, 77 (79); Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 198 Rn. 440.
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Vereinbarung wird die Unterbeteiligung zwischen dem Unterbeteiligten und dem bisherigen Hauptgesellschafter bei Veräußerung des Gesellschaftsanteils infolge Zweckvereitelung aufgelöst, § 726 BGB1. Die Regelung des § 726 BGB ist jedoch dispositiv und kann im Unterbeteiligungsvertrag z.B. dadurch ersetzt werden, dass an die Stelle des bisherigen Rechtsverhältnisses eine offene Direktbeteiligung tritt2.
30.52
Die Gesellschafter sind hinsichtlich der Verteilung von Gewinn und Verlust3, die sich aus dem Gesellschaftsanteil ergeben, frei. Dementsprechend finden sich in den Unterbeteiligungsverträgen regelmäßig auch eingehende Vereinbarungen über die Gewinn- und Verlustbeteiligung. Regelungsbedürftig ist insbesondere die Frage, ob sich die Gewinnbeteiligung auch auf offene Rücklagen der Hauptgesellschaft und auf nicht entnommene, stehen gelassene Gewinne bezieht4.
30.53
Fehlt eine Regelung, so partizipiert der Unterbeteiligte nur an den ausgeschütteten Gewinnen und muss Entnahmebeschränkungen in der Hauptgesellschaft gegen sich gelten lassen5. An den stillen Reserven hat der Unterbeteiligte in der Regel dann Anteil, wenn sie aufgelöst werden, im Zweifel ohne Rücksicht darauf, ob sie vor der Eingehung oder während des Bestehens der Unterbeteiligung gebildet worden sind6. Auf die Bildung von Reserven während des Bestehens der Unterbeteiligung hat der Unterbeteiligte keinen Einfluss. Soweit sie mit dem Gesetz und den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung im Einklang stehen, muss der Unterbeteiligte die Bilanzentscheidungen der Hauptgesellschaft hinnehmen.
30.54
Falls nichts anderes bestimmt ist, bleibt eine dem Hauptbeteiligten gezahlte feste Tätigkeitsvergütung von der Beteiligung ausgenommen7. Das Gleiche gilt bei Unterbeteiligung am Anteil des Komplementärs einer Kommanditgesellschaft hinsichtlich der Vergütung für die Übernahme der persönlichen Haftung. Mit dieser Haftung wird allein der Hauptgesellschafter belastet, die hierfür geleistete Vergütung steht allein ihm zu. Anders wäre es nur, wenn der Unterbeteiligte im Innenverhältnis ebenfalls persönlich zu haften hätte8. 1 OLG Hamm v. 6. 12. 1993 – 8 U 5/93, NJW-RR 1994, 999; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 73; Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 41. 2 OLG Hamm v. 6. 12. 1993 – 8 U 5/93, NJW-RR 1994, 999. 3 Dazu näher Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 131 ff.; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 232 HGB Rn 26; Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 42 f.; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 108 ff.; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 116 ff.; Paulick, ZGR 1973, 253 (264 ff.). 4 Dazu Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 42 ff. 5 Ebenso Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 46; Meyer, Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, S. 116. 6 Str., wie hier: Riegger in MünchHdb.GesR Bd. 1, § 30 Rn. 45; a.A. Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 44; Winterstein, Unterbeteiligung an OHG- und KG-Anteilen als stille Gesellschaft, S. 74. 7 Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 47. 8 Ebenso Riegger in MünchHdb.GesR Bd. 1, § 30 Rn. 46.
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Die Teilnahme des Unterbeteiligten am Verlust, der auf den Gesellschaftsanteil entfällt, kann begrenzt oder auch ganz ausgeschlossen werden. Ein Ausschluss der Verlustbeteiligung berührt nicht den gemeinsamen Zweck, den der Unterbeteiligte unabhängig von einer Verlusttragungspflicht durchaus fördern kann und hat auf die Qualifizierung der Unterbeteiligung als Gesellschaft keinen Einfluss1. Auch ein Ausschluss des Unterbeteiligten vom laufenden Gewinn ist möglich, wenn ihm bei Unterbeteiligung mit Substanzbeteiligung im Innenverhältnis wenigstens Werterhöhungen des Anteils zugute kommen. Eine solche Regelung führt, wenn sie zwischen verwandten Personen vereinbart wird, freilich in der Regel dazu, dass die Unterbeteiligung steuerlich nicht anerkannt wird2.
30.55
Regelungsbedürftig ist schließlich, ob die Gewinnverteilungsabrede sich auf die Handels- oder Steuerbilanz bezieht. Fehlt eine entsprechende Klausel, so ist davon auszugehen, dass die Handelsbilanz maßgeblich sein soll3. Führt die Hauptgesellschaft keine eigene Handelsbilanz, so dürfte die von ihr erstellte Steuerbilanz Grundlage der Gewinnermittlung und -verteilung sein, d.h. es ist im Zweifel dann keine gesonderte Handelsbilanz zu erstellen4.
30.56
Eine für die Dauer der Hauptgesellschaft abgeschlossene Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil kann wie eine für unbestimmte Zeit vereinbarte Unterbeteiligung gekündigt werden, wenn die Dauer der Hauptgesellschaft weder zeitlich noch durch ihren Zweck begrenzt und deshalb ungewiss ist5. Zum Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts ist es nicht notwendig, dass die Dauer der Gesellschaft kalendermäßig feststeht. Es genügt, dass sie auf andere Weise festgelegt wird, wenn die Vertragsdauer damit nur im einzelnen Fall genügend bestimmbar ist; eine solche Festlegung kann sich unter Umständen auch nach der Art des Gesellschaftszwecks richten6. Dass die bloße Bestimmbarkeit ausreiche, ist aber in der Rechtsprechung nur in Fällen angenommen worden, in denen die Gesellschafter damit die Dauer einigermaßen übersehen und sich mit ihren wirtschaftlichen Dispositionen von vornherein in ähnlicher Weise darauf einstellen konnten, wie das der Fall gewesen wäre, wenn sie die Gesellschaftsdauer kalendermäßig festgelegt hätten. Dementsprechend ist es möglich, das ordentliche Kündigungsrecht für eine Unterbeteiligung auf die Dauer des Bestands der Hauptgesellschaft auszuschließen, wenn deren Ende zeitlich festgelegt oder von der Erreichung eines bestimmten Gesellschaftszwecks abhängig ist7. Mit dem Zweck des § 723 Abs. 1 Satz 1,
30.57
1 Anders zu Unrecht Schulze-Osterloh, Der gemeinsame Zweck der Personengesellschaften, S. 31, 37. 2 Dazu auch Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 47 und BFH v. 13. 12. 1963 – VI 339/61 U, BStBl. II 1964, 156. 3 Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 43; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5805 Nr. 82); Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 76 f. 4 Ebenso Riegger in MünchHdb.GesR Bd. 1, § 30 Rn. 45. 5 BGH v. 11. 7. 1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 = DB 1968, 1529; BGH v. 13. 6. 1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886. 6 BGH v. 17. 6. 1953 – II ZR 205/52, BGHZ 10, 91 (98). 7 Vgl. BGH v. 13. 6. 1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886 (2888).
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Abs. 3 BGB wäre es dagegen nicht mehr vereinbar anzunehmen, eine auf die Dauer der Hauptgesellschaft abgeschlossene Unterbeteiligung sei im Wege der ordentlichen Kündigung nicht vorzeitig auflösbar, wenn die Dauer der Hauptgesellschaft nach den Bestimmungen ihres Gesellschaftsvertrags von vornherein in keiner Weise begrenzt, sondern von den Entschließungen ihrer Gesellschafter abhängig und damit ihrerseits aus der Sicht der Unterbeteiligungsgesellschaft zeitlich weder bestimmt noch bestimmbar ist. Das Ende der Unterbeteiligung wäre damit zwar rechtlich festgelegt, zeitlich aber so ungewiss, dass von einer bestimmten Zeitdauer i.S. des § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht mehr gesprochen werden kann1.
VIII. Beendigung der Unterbeteiligungsgesellschaft
30.58
Neben dem Ablauf einer vereinbarten Zeit bzw. dem Eintritt einer auflösenden Bedingung wird die Unterbeteiligung durch Kündigung eines der Gesellschafter beendet. Es ist umstritten, welche Kündigungsfrist bei ordentlicher Kündigung einzuhalten ist. Die h.M. wendet § 234 Abs. 1 i.V.m. § 132 HGB analog an2. Richtiger ist es jedoch, beim Fehlen anderweitiger Regelungen im Unterbeteiligungsvertrag auf § 723 Abs. 1 BGB zurückzugreifen und damit die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit zu gewähren, da die Lage bei der Unterbeteiligung eine andere ist als bei der stillen Gesellschaft3. Eine eindeutige Stellungnahme der Rechtsprechung liegt bislang nicht vor, der BGH hat die Frage ausdrücklich offen gelassen4. Es empfiehlt sich daher dringend, im Unterbeteiligungsvertrag eine entsprechende ausdrückliche Vereinbarung zu treffen. Die außerordentliche Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grunde ist wie auch sonst an keine Frist gebunden.
30.59
Die Kündigung durch einen Gläubiger des Unterbeteiligten erfolgt gemäß § 725 BGB5. Die demgegenüber von der Gegenansicht vertretene Auffassung, es seien die §§ 234, 135 HGB analog anzuwenden6, verkennt die anders gearte1 BGH v. 11. 7. 1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (321 f.); Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 165; zustimmend Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 203 Rn. 462. 2 Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 147; Böttcher/ Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 116 f.; Wagner, Unterbeteiligung an einem OHG-Anteil, S. 120 f.; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 70; Horn in Heymann, § 234 HGB Rn. 30; Bärwaldt in Beck’sches Hdb. der PersGes., § 14 Rn. 44. 3 Näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 163 f.; ebenso Hesselmann, GmbHR 1964, 26 (28); Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 336 ff.; differenzierend hinsichtlich der Rechtsform der Hauptgesellschaft Riegger in MünchHdb.GesR Bd. 1, § 30 Rn. 70. 4 BGH v. 11. 7. 1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (321). 5 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 172; Meyer, Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, S. 144 ff.; Pöllinger, Die Unterbeteiligung, S. 63 f.; Greifeld, Unterbeteiligung an der OHG und der KG, S. 67 f. 6 Wagner, Unterbeteiligung an einem OHG-Anteil, S. 122 ff.; Paulick, ZGR 1974, 253 (279); Friehe, Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, S. 72 f.; K. Schmidt in
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§ 30
te Interessenlage bei der Unterbeteiligung, bei der ein plötzlicher Kapitalentzug beim Hauptgesellschafter noch nicht unmittelbar zu einer Gefährdung der Hauptgesellschaft führt, die stets durch § 135 HGB genügend geschützt ist1. Der Tod eines Gesellschafters der Unterbeteiligungsgesellschaft löst diese nicht ohne weiteres auf. Für den Tod des Unterbeteiligten ist das überwiegende Auffassung, man stützt sich zu Recht auf § 234 Abs. 2 HGB analog2. In entsprechender Anwendung dieser Norm ist deshalb auch beim Tode des Unterbeteiligten im Zweifel anzunehmen, dass die Unterbeteiligungsgesellschaft mit den Erben fortgeführt werden soll. Für den Tod des Hauptbeteiligten nimmt die überwiegende Meinung an, bei Fehlen einer Fortsetzungsklausel werde die Unterbeteiligungsgesellschaft aufgelöst3. Das wird man allerdings uneingeschränkt nur für den Fall annehmen können, dass durch den Tod des Hauptgesellschafters auch die Auflösung der Hauptgesellschaft eintritt oder dass die Beteiligung an der Hauptgesellschaft nicht auf seine Erben übergeht. Bei denjenigen Unterbeteiligungen, die der Verschaffung einer Ersatzgesellschafterstellung wegen eingeräumt wurden, spricht mehr dafür, dass der Unterbeteiligte diese mittelbare Beteiligung auch nach dem Ableben des Hauptgesellschafters weiter innehaben soll, soweit er nicht ohnehin in die Gesellschafterstellung des Erblassers kraft Nachfolge von Todes wegen einrückt4.
30.60
Die Insolvenz eines Beteiligten5 löst die Gesellschaft ebenso auf wie die Zweckerreichung bzw. Zweckvereitelung, § 728 bzw. § 726 BGB6. Dabei ist die Auflösung der Hauptgesellschaft noch keine Zweckvereitelung, die Unterbeteiligung besteht vielmehr am Anteil an der Liquidationsgesellschaft fort. Erst mit der Beendigung der Liquidationsgesellschaft findet auch die Unterbeteiligungsgesellschaft ihr Ende7.
30.61
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MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 72; Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 205 Rn. 465. Näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 172. Paulick, ZGR 1974, 253 (280); K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 77 m.w.N.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 153 ff.; zweifelnd Riegger in MünchHdb.GesR Bd. 1, § 30 Rn. 66; a.A. Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 340 f. Herzfeld, AcP 137 (1933), 270 (317); Esch, NJW 1964, 902 (906); Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 151; Paulick, ZGR 1974, 253 (273); Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 40. Im Ergebnis ebenso K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 65; Böttcher/ Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 118; siehe auch Singhof/ Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 206 Rn. 469 ff. Dazu Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 173; Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 207 Rn. 472 ff.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 154. Dazu K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 67. Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 166; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 158; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 67; Riegger in MünchHdb.GesR Bd. 1, § 30 Rn. 75.
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30.62
Eine die Rechtsform der Hauptgesellschaft ändernde Umwandlung führt nicht ohne weiteres zur Auflösung der Unterbeteiligungsgesellschaft1. In Fällen, in denen die Umwandlung die Interessen des Unterbeteiligten nachteilig berührt, hat er ein außerordentliches Kündigungsrecht2.
30.63
Ist eine Unterbeteiligungsgesellschaft aus einem der genannten Gründe aufgelöst, so ist damit noch keine Vollbeendigung eingetreten3, denn auch bei einer Innengesellschaft wird durch die Auflösung das gesellschaftliche Band nicht dergestalt zerschnitten, dass sich die bisherigen Gesellschafter nur noch als gewöhnliche Gläubiger und Schuldner gegenüberstünden. Die unmittelbaren Rechte und Pflichten sind zwar erloschen, solange aber nicht sämtliche Ansprüche, die in der Gesellschaft ihren Ursprung haben, befriedigt und alle Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern abgewickelt sind, besteht auch eine Innengesellschaft als Abwicklungsgesellschaft weiter4.
30.64
Die Auseinandersetzung des aufgelösten Unterbeteiligungsverhältnisses richtet sich zunächst nach den von den Parteien getroffenen Vereinbarungen. Liegen solche nicht vor, wendet die überwiegende Ansicht § 235 Abs. 1 HGB entsprechend an5. Dabei wird aber nach dem wirtschaftlichen Zweck der Unterbeteiligung zu differenzieren sein, ferner danach, ob die Unterbeteiligung zusammen mit der Hauptgesellschaft aufgelöst wird oder ob der Hauptgesellschafter in einer weiter bestehenden Hauptgesellschaft verbleibt6. 1 Herzfeld, AcP 133 (1937), 270 (320); Meyer, Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, S. 153 f.; differenzierend Schmidt-Diemitz, DB 1978, 2397; zum Einfluss der Umwandlung der Hauptgesellschaft siehe ausführlich Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 209 Rn. 480 ff. sowie Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 59 ff., S. 105 ff.; in steuerrechtlicher Hinsicht siehe Stegemann/Middendorf, BB 2006, 1084. 2 Siehe hierzu Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 170; Herzfeld, AcP 137 (1933), 270 (320); Meyer, Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, S. 153 f.; Schmidt-Diemitz, DB 1978, 2397; außerdem Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 62 ff., S. 100 ff.; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 75, die bei übertragender Umwandlung eine Auflösung der Unterbeteiligungsgesellschaft annehmen, dem Unterbeteiligten aber ein Recht auf Neubegründung einräumen, dagegen Riegger in MünchHdb.GesR Bd. 1, § 30 Rn. 77; Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 41. 3 A.A. z.B. Zutt in GroßKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 40; Pöllinger, Die Unterbeteiligung, S. 70; Greifeld, Unterbeteiligung an der OHG und der KG, S. 73; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 162; Friehe, Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, S. 69; ferner BGH v. 22. 6. 1981 – II ZR 94/80, NJW 1982, 99, für die BGB-Gesellschaft als reine Innengesellschaft. 4 Ebenso K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 234 HGB Rn. 63; im Einzelnen zu den Folgen: Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 174 f.; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 68 ff.; Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 210 Rn. 485 ff.; siehe auch Böttcher/Zartmann/ Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 121 ff. 5 OLG Hamm v. 6. 12. 1993 – 8 U 5/93, NJW-RR 1994, 999; Zutt in GroßKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 34; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 235 HGB Rn. 69 ff. m.w.N. 6 Vgl. im Einzelnen Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 174 ff.
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IX. Die Einlage des Unterbeteiligten in der Insolvenz des Hauptgesellschafters Die Unterbeteiligungsgesellschaft findet durch die Insolvenz des Hauptgesellschafters ihr Ende1. Von zentraler Bedeutung für den Unterbeteiligten ist die Frage, ob er bei der Insolvenz des Hauptgesellschafters hinsichtlich seines Aktivsaldos ähnlich wie ein stiller Gesellschafter nur eine einfache Insolvenzforderung hat, oder ob ihm weitergehende Rechte zustehen. Die allgemeine Meinung geht dahin, § 236 HGB auch für die Insolvenz des Hauptgesellschafters einer Unterbeteiligungsgesellschaft eingreifen zu lassen, dem Unterbeteiligten also wie dem stillen Gesellschafter nur eine Insolvenzforderung zuzubilligen2. Zur Begründung beruft man sich auf den Charakter der Unterbeteiligungsgesellschaft als Innengesellschaft, die nur schuldrechtliche Forderungen unter den Gesellschaftern hervorbringen könne, hinsichtlich derer eine Präferenz des Unterbeteiligten gegenüber den übrigen Gläubigern des Hauptgesellschafters nicht in Betracht komme. Diese Auffassung wäre nur richtig, wenn § 236 HGB Ausdruck eines für alle Innengesellschaften geltenden Prinzips wäre, wonach bei Insolvenz eines Innengesellschafters, der nach außen hin allein Eigentümer des Gesellschaftsvermögens ist, der andere Innengesellschafter jedenfalls keine günstigere Stellung als die eines den übrigen Gläubigern gleichgestellten einfachen Insolvenzgläubigers haben soll. Ein solches Prinzip ist indessen nicht erkennbar3. Ist § 236 HGB nicht Ausdruck eines allgemeinen Prinzips, wäre die analoge Anwendung bei der Unterbeteiligungsgesellschaft nur gerechtfertigt, wenn die Sachverhalte gerade bei der stillen Gesellschaft und der Unterbeteiligungsgesellschaft einander so ähnlich wären, dass dem hinter der Vorschrift stehenden Gesetzeszweck auch bei der Unterbeteiligung Geltung verschafft werden müsste. Auch dies ist indessen nicht der Fall. Schon die Entstehungsgeschichte der Vorschrift zeigt, dass sie allein für stille Gesellschaften gedacht war. Vor allem aber ist auch in sachlicher Hinsicht die Lage bei der mehr statischen Unterbeteiligungsgesellschaft anders als bei der auf das Betreiben eines Handelsgewerbes ausgerichteten und damit dynamischeren stillen Gesellschaft4. Daher erscheint es richtiger, für die Unterbeteiligungsgesellschaft die Anwendbarkeit von § 236 HGB zu verneinen und es bei der Regelung des § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO zu belassen, wonach die Aus-
1 Siehe oben Rn. 30.64; zur Einzelzwangsvollstreckung siehe Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 280, 281. 2 Paulick, ZGR 1974, 253 (283); Wagner, Unterbeteiligung an einem OHG-Anteil, S. 143; Friehe, Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, S. 75; K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 45; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5803 Nr. 69); Hesselmann, GmbHR 1964, 26 (28); Zutt in GroßKomm.HGB, § 237 HGB Rn. 25. 3 Auch die in diesem Zusammenhang oft angeführten Entscheidungen des RG v. 11. 10. 1905 – I 140/05, JW 1905, 719 und des BGH v. 18. 12. 1954 – II ZR 177/53, BB 1955, 331 gehen nicht von einem solchen Prinzip aus; dazu Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 276 f. 4 Ausführlicher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 277 ff.
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30.65
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einandersetzung in vollem Umfange1 außerhalb des Insolvenzverfahrens zu erfolgen hat. Der Unterbeteiligte kann danach unbeeinträchtigt vom Insolvenzverfahren die auf ihn entfallende Quote des Abfindungs- und Liquidationsbetrages verlangen, der nach der Auseinandersetzung zwischen dem Insolvenzverwalter und den übrigen Hauptgesellschaftern dem Gemeinschuldner zufließt.
X. Zusammenfassung
30.66
Die Unterbeteiligung ist eine Innengesellschaft, deren Bezugspunkt ein Gesellschaftsanteil ist und die somit eine mittelbare Unternehmensbeteiligung ermöglicht. Man unterscheidet typische, auf Gewinnbeteiligung beschränkte Unterbeteiligungen von atypischen Unterbeteiligungen, die zusätzlich an der Wertveränderung des Anteils teilhaben lassen oder Geschäftsführungsbefugnisse gewähren, mithin die steuerrechtlich relevante Mitunternehmerstellung vermitteln. Eine mehrgliedrige Unterbeteiligung ist möglich. Rechtsgrundlage sind die §§ 705 ff. BGB, soweit sie kein Gesamthandsvermögen voraussetzen. Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die stille Gesellschaft ist im Einzelfall zu prüfen. Der Abschluss des Unterbeteiligungsvertrages bedarf nicht der Genehmigung durch die Hauptgesellschaft oder ihrer Gesellschafter. Entgegen der Rechtsprechung kann ein formnichtiges Schenkungsversprechen durch den Vollzug der Unterbeteiligung geheilt werden. Der Vertragsschluss ist stets genehmigungsbedürftig nach § 107 BGB und bedarf der vormundschaftlichen Genehmigung nach §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 3 BGB, sofern die Verlustbeteiligung nicht ausgeschlossen ist. Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft findet Anwendung. Der Beitrag des Unterbeteiligten liegt darin, dass der Teil des Gesellschaftsanteils, welcher der Unterbeteiligung entspricht, im Vermögen des Hauptbeteiligten belassen wird. Eine darüberhinausgehende Einlageleistung ist nicht erforderlich. Der Entzug der Geschäftsführungsbefugnis unterliegt Besonderheiten. Stimmbindungsvereinbarungen sind zulässig. Der Unterbeteiligte hat gegenüber dem 1 D.h. insbesondere auch die Auszahlung des Aktivsaldos. Die gegenteilige Meinung, die diesen Auszahlungsanspruch unter § 84 Abs. 1 Satz 2 InsO fasst und § 236 HGB als Spezialnorm hierzu ansieht (K. Schmidt in MünchKomm.HGB, § 236 HGB Rn. 45 i.V.m. Rn. 12; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 154 f.), ist unzutreffend. Vielmehr schränkt § 236 HGB den Anwendungsbereich von § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO ein, der an sich den Auszahlungsanspruch erfasst. Eben diese Einschränkung gilt bei der Unterbeteiligungsgesellschaft nicht; dazu ausführlicher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 270, 275 f.; zustimmend Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 208 Rn. 476; Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 307 ff.
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Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
Hauptgesellschafter bei Grundlagengeschäften innerhalb der Hauptgesellschaft nur dann ein Mitspracherecht, wenn diese unmittelbar die Vereinbarungen des Unterbeteiligungsvertrages berühren. Die Informationspflicht des Hauptgesellschafters richtet sich nach § 716 BGB. Ein Wettbewerbsverbot kann sich aus der Treuebindung ergeben. Die Haftung regelt sich nach allgemeinen Grundsätzen. Die Unterbeteiligung ist grundsätzlich nicht übertragbar. Gewinn- und Verlustverteilung richten sich nach der Parteivereinbarung, die Verlustbeteiligung des Unterbeteiligten kann ausgeschlossen werden. Eine ordentliche Kündigung nach § 723 Abs. 1 BGB ist jederzeit möglich. Die Kündigung durch einen Gläubiger richtet sich nach § 725 BGB. Der Tod eines Gesellschafters der Unterbeteiligung führt nur dann zur Auflösung, wenn der Hauptgesellschafter stirbt und deshalb zugleich die Hauptgesellschaft aufgelöst wird. Die §§ 726, 728 BGB finden Anwendung. Eine Umwandlung der Hauptgesellschaft kann zu einem außerordentlichen Kündigungsrecht führen. Die Auflösung führt nicht zur sofortigen Vollbeendigung, sondern zunächst zu einer Abwicklungsgesellschaft. Im Falle der Insolvenz des Hauptgesellschafters findet § 236 HGB keine Anwendung. Vielmehr greift § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO ein, so dass die Auseinandersetzung außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt.
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§ 30
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht Schrifttum: Biergans, Enno, Sondervergütungen nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG bei mittelbaren Leistungsbeziehungen oder mittelbaren Beteiligungen, DStR 1988, 655; Blaurock, Uwe/Berninger, Axel, Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil in zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht (Teil II), GmbHR 1990, 87; Böttcher, Conrad/Beinert, Jörg, Die Aufnahme von Kindern in das Familienunternehmen, 1965; Bürkle, Thomas/Schaumburg, Wolfgang, Entwarnung für die Gestaltung der Unternehmensnachfolge mit atypischer Unterbeteiligung, DStR 1998, 558; Birk, Dieter, Steuerrecht, 11. Aufl. 2008; Carlé, Dieter, Unterbeteiligungen: Zivil- und steuerrechtliche Hinweise, KÖSDI 2005, 14475; Carlé, Dieter/Fuhrmann, Claas, Unentgeltliche Begründung, Übertragung und Beendigung von Treuhandverhältnissen sowie von Anteilen an mitunternehmerischen Innengesellschaften, FR 2006, 749; Carlé, Thomas, Unterbeteiligungen bei Personenund Kapitalgesellschaften: Gestaltungschancen, Risiken, Umstrukturierung, KÖSDI 2008, Nr. 9, 16166; Carlé, Thomas, Unterbeteiligungen bei Personen- und Kapitalgesellschaften: Gestaltungschancen, Risiken, Umstrukturierung, KÖSDI 2008, Nr. 9, 16166; Crezelius, Georg, Stille Beteiligungen und Unterbeteiligungen bei Umstrukturierungen, JbFfSt 1992/1993, 229; Daragan, Hanspeter, Angemessenheit der Gewinnverteilung bei geschenkter mitunternehmerischer Unterbeteiligung an einem Kommanditanteil, ZEV 2002, 39; Döllerer, Georg, Anmerkung zum Urteil des FG München v. 5. 11. 1980 – V (IX) 57/76 E 2, BB 1981, 1317; Dornbach, Eike-Götz, Die Mitunternehmereigenschaft eines Gesellschafters aus gesellschaftsrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht, Diss. Bonn, 1975; Düchting, Alfons, Zur steuerlichen Beurteilung von Unternehmensbeteiligungen bei Familiengesellschaften, BB 1965, 783; Fasold, Rudolf, Unterbeteiligungen im Bereiche der GmbH und der GmbH & Co., GmbHR 1973, 12; Felix, Günther, Unterbeteiligungen aus der Sicht der Steuerberatung, KÖSDI 1985, 5791 und KÖSDI 1987, 6918; Felix, Günther, Unterbeteiligung nichttätiger Abkömmlinge an Familiengesellschaften mbH, DStZ 1988, 102; Fella, Günter, Die Unterbeteiligung bei Personengesellschaften im Einkommensteuerrecht, BB 1976, 784; GmbHHandbuch, hrsg. von der Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt (Loseblatt); Gorski, Hans Günter, Von der Begünstigung der Unternehmer bei der Einkommensteuer, DStZ 1993, 613; Gosch, Dietmar, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 9. 10. 2001 (VIII R 77/98), StBp 2002, 28; Groh, Manfred, Sind schenkweise begründete Innengesellschaften und Darlehen steuerlich unbeachtlich?, BB 1987, 1505; Groh, Manfred, Die Bilanz der Unterbeteiligungsgesellschaft, in Festschrift für Hans-Joachim Priester zum 70. Geburtstag, 2007, S. 107 ff.; Grürmann, Harald, Die Unterbeteiligung bei Personengesellschaften im Steuerrecht, BB 1978, 1204; Haas, Ingeborg, Die Unterbeteiligung als Gestaltungselement, GStB 2004, 406; Haase, Florian F., Typische und atypische Beteiligungen sowie stille Gesellschaften im Steuerrecht – Eckpfeiler für die Beratungspraxis, StuB 2004, 356; Hannes, Frank/Otto, Thomas, Der Treuhand-Erlass – eine Verwaltungsanweisung contra legem?, ZEV 2005, 464; Heinz, Carsten/Hageböke, Jens, Zur Frage der einkommensteuerpflichtigen Einordnung einer atypisch stillen Unterbeteiligung an GmbH-Anteilen, GmbHR 2005, 1637; Helmschrott, Hans, Das Verfahren bei stillen Gesellschaften und Unterbeteiligungen, SteuerStud 1990, 129; Herrmann, Carl/Heuer, Gerhard/Raupach, Arndt, Kommentar zum Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz (Loseblatt); Hesselmann, Malte, Die Unterbeteiligung an GmbHAnteilen, GmbHR 1964, 26; Hörster, Ralf/Merker, Christian, Der Regierungsentwurf des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008, NWB Beratung aktuell 2007, 1021; Hohaus, Benedikt, Die atypische Unterbeteiligung an einer GmbH – Wirtschaftliches Eigentum nach § 39 Abs. 2 AO?, GmbHR 2002, 883; Kapp, Reinhard/Ebeling, Jürgen, Kommentar zum Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (Loseblatt); Kemper-
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807
§ 31
§ 31
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I. Einkommensteuer
31.1
Für die steuerrechtliche Behandlung der Unterbeteiligung ist wie bei der stillen Gesellschaft die Unterscheidung zwischen typischer und atypischer Unterbeteiligung grundlegend. Der Sache nach geht es um die Abgrenzung von rein kapitalistisch ausgestalteten Unterbeteiligungsverhältnissen zu solchen, die dem mittelbar Beteiligten im Innenverhältnis ein Unternehmerrisiko aufbürden bzw. Unternehmerinitiative gewähren und ihn damit zum Mitunternehmer i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG werden lassen. Die Behandlung beider Fallgestaltungen im Steuerrecht ist grundverschieden. 1. Die typische Unterbeteiligung a) Die steuerliche Behandlung beim Unterbeteiligten
31.2
Die typische Unterbeteiligung ist dadurch gekennzeichnet, dass nach Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses der Unterbeteiligte regelmäßig keinen Anspruch auf die stillen Rücklagen und auf einen etwaigen Geschäftswert hat. Der Anspruch ist auf die Rückzahlung der geleisteten Einlage zuzüglich noch nicht abgehobener Gewinnanteile beschränkt. Die Unterbeteiligung erstreckt sich also nicht auf die Wertänderung des Hauptgesellschaftsanteils, die wiederum maßgeblich von der Wertänderung des Betriebsvermögens der Hauptgesellschaft und der Entwicklung des Geschäftswertes beeinflusst wird. Da der in dieser Form Unterbeteiligte auch nicht mittelbar am Geschäftsrisiko der Hauptgesellschafter partizipiert, ist seine Beteiligung eine rein kapitalistische. Hält er die Unterbeteiligung im Privatvermögen, so sind die ihm zufließenden Gewinnanteile Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG1, ohne Rücksicht darauf, welche Einkunftsart der Hauptbeteiligte verwirklicht. Während diese Einkünfte bis zum Veranlagungsjahr 2008 dem progressivem Steuertarif unterliegen, ist ab dem Veranlagungsjahr 2009 aufgrund der Änderungen durch das UntStRG 2008 im Regelfall die Abgeltungsteuer2 anzuwenden. Ist die Unterbeteiligung Bestandteil eines Gewerbe-
1 H.M., vgl. z.B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4d, S. 411; Märkle, DStZ 1985, 508 (509); aus der Rechtsprechung insbesondere BFH v. 28. 11. 1990 – I R 111/88, BFHE 163, 69 = BStBl. II 1991, 313; a.A. Schulze zur Wiesche, NJW 1983, 2362, der sonstige Kapitaleinkünfte annimmt, ebenso Harenberg in Hermann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Rn. 487. 2 Änderung durch das UntStRG 2008 v. 14. 8. 2007, BGBl. I 2007, 1912. Siehe zur Abgeltungsteuer insbesondere Rn. 22.285 ff.
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Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
§ 31
betriebs des Unterbeteiligten, so sind wegen § 20 Abs. 8 EStG n.F. Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzunehmen1. Aufwendungen in Zusammenhang mit dem Erwerb der Unterbeteiligung und andere Aufwendungen, die durch das Halten der Unterbeteiligung veranlasst sind, stellen Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben dar. Dabei ist es ohne Belang, wenn diese Kosten anfänglich die Gewinnanteile übersteigen, sofern sich aus den Umständen erkennen lässt, dass die Beteiligung nicht auf Dauer zu einem Missverhältnis von Ertrag und Belastung führt2. Bis zur Höhe des Einlagekapitals zählen auch Verlustanteile zu den Werbungskosten/Betriebsausgaben, da die Übernahme des Verlustrisikos zur Erwerbung der Einnahmen i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG dient3. Ab dem Veranlagungsjahr 2009 ist zu berücksichtigen, dass der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten bei Kapitaleinkünften generell ausgeschlossen ist und nur noch ein Sparerpauschbetrag in Höhe von 801 Euro abgezogen werden kann, § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG n.F.4.
31.3
Für die die Einlage übersteigenden Verluste ist gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG die Vorschrift des § 15a EStG sinngemäß anzuwenden. Die Verlustanteile, die zu einem negativen Kapitalkonto führten, könnten also nicht mit positiven anderen Einkünften verrechnet werden5. Auch ein Verlustabzug nach § 10d EStG sei nicht möglich, soweit dadurch ein negatives Kapitalkonto entstehe oder sich erhöhe. Der Negativbetrag mindert aber spätere Gewinnanteile des Unterbeteiligten6. M.E. läuft diese Verweisung mangels eines Anwendungsbereiches leer, vgl. oben Rn. 22.232 ff. Aufgrund der Änderungen des Systems der Verlustverrechnung bei Kapitaleinkünften durch das UntStRG 2008 dürfen diese Verluste ab 2009 in der Regel ohnehin nur noch mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet und im Rahmen des Verlustverrechnungstopfes vorgetragen werden, § 20 Abs. 6 EStG n.F. (vgl. dazu Rn. 22.254 f. und Rn. 22.274).
31.4
Verluste der Vermögenseinlage selbst, die den Unterbeteiligten nicht aufgrund gesellschaftsrechtlicher Verpflichtungen treffen (z.B. im Konkurs- oder Vergleichsverfahren des Hauptbeteiligten), sind keine Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben.
31.5
1 Märkle, DStZ 1985, 508 (509). 2 Vgl. BFH v. 23. 3. 1982 – VIII R 132/80, BStBl. II 1982, 463 (464); BFH v. 9. 8. 1983 – VIII R 276/82, BFHE 139, 257 = BStBl. II 1984, 29 (30). 3 BFH v. 10. 11. 1987 – VIII R 53/84, BStBl. II 1988, 186; Märkle, DStZ 1985, 508 (509); Vgl. zum gleich gelagerten Fall bei der stillen Gesellschaft Rn. 22.226 und FG München v. 5. 11. 1980 – V (IX) 57/76 E 2, EFG 1981, 341. 4 Änderung durch das UntStRG 2008 v. 14. 8. 2007, BGBl. I 2007, 1912. Siehe dazu auch Rn. 22.219 ff. 5 Zur Anwendung des § 15a Abs. 5 EStG bei der Unterbeteiligung, Kempermann, FR 1998, 248. 6 Dazu Märkle, DStZ 1985, 508 (509); Weber-Grellet in L. Schmidt, § 20 EStG Rn. 99 f. m.w.N. sowie BMF v. 31. 8. 1981 – IV B 4 S-2252-71/81, FR 1981, 508; Uelner/Dankmeyer, DStZ 1981, 12 (21 f.).
809
§ 31
Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
31.6
Soweit die Unterbeteiligung nicht in einem Betriebsvermögen gehalten wird, bei dem die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG erfolgt, gilt das Zuflussprinzip. Die Besteuerung erfolgt in dem Erhebungszeitraum, in dem der Unterbeteiligte den Gewinn tatsächlich erhalten hat1. Verlustanteile bis zur Höhe der Einlage sind in dem Jahr zu berücksichtigen, in dem der Verlust in der Hauptgesellschaft bilanziell festgestellt ist2.
31.7
Ist die Unterbeteiligung bei dem Unterbeteiligten Bestandteil eines Gewerbebetriebes, für den der Gewinn nach §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 5 EStG ermittelt wird, so ist der Gewinn- oder Verlustanteil unter Berücksichtigung der Wertaufhellungstheorie in dem Erhebungszeitraum als Forderung in die Bilanz des Unterbeteiligten umzustellen, in dem er bei der Hauptgesellschaft erwirtschaftet wird3.
31.8
Besteht am Anteil eines atypischen stillen Gesellschafters eine typische Unterbeteiligung, so hat der stille Gesellschafter demnach seinen Gewinnanteil bereits in dem Jahr zu versteuern, für das der Gesamtgewinn der atypischen stillen Gesellschaft festgestellt wird, wohingegen der Unterbeteiligte erst im darauf folgenden Jahr zur Besteuerung herangezogen wird.
31.9
Bei Unterbeteiligungen, die vor dem 1. 1. 2009 erworben oder begründet werden, führt die Beendigung der typischen Unterbeteiligung zur Rückzahlung der Einlage. Dieser Vorgang führt nicht zu steuerbaren Einkünften des Unterbeteiligten. Bekommt er mehr ausgezahlt als seine ursprüngliche Einlage, so führt das nach der BFH-Rechtsprechung4 grundsätzlich zu Einkünften aus Kapitalvermögen auf Seiten des Unterbeteiligten Beim Hauptbeteiligten liegen dann Werbungskosten/Betriebsausgaben vor. Ist die Einlage bei Rückzahlung vermindert, so führt das nicht zu einkommensteuerlich relevanten Verlusten, wenn nicht die Unterbeteiligung im Betriebsvermögen gehalten wird5.
31.10
Keine Einkünfte aus Kapitalvermögen sollen jedoch vorliegen, soweit ein ausgezahlter Mehrbetrag nicht als Entgelt für Überlassung der Einlage oder als Entschädigung für entgangene zukünftige Gewinnanteile gezahlt, sondern als Gegenleistung für die Zustimmung zur vorzeitigen Vertragsauflösung durch einen „lästigen“ Gesellschafter wird. In diesem Fall ist diese Zahlung nicht Ausfluss der Kapitalüberlassung und daher nicht als besonderes Entgelt i.S.
1 BFH v. 10. 11. 1987 – VIII R 53/84, BStBl. II 1988, 186 = GmbHR 1988, 81 (82). 2 Vgl. BFH v. 10. 11. 1987 – VIII R 53/84, BFHE 151, 434 = BStBl. II 1988, 186; für die stille Gesellschaft ebenso FG Karlsruhe v. 2. 9. 1992 – 12 K 353/88, EFG 1993, 228; FG München v. 5. 11. 1980 – V [IX] 57/76 E 2, EFG 1981, 341 m. Anm. Döllerer, BB 1981, 1317; Märkle, DStZ, 1981, 508 (510); a.A. Paus, FR 1979, 90 (91). 3 Märkle, DStZ 1985, 508 (510); Grürmann, BB 1978, 1204. 4 BFH v. 1. 6. 1978 – IV R 139/73, BFHE 125, 386 = BStBl. II 1978, 570; BFH v. 14. 2. 1984 – VIII R 126/82, BFHE 141, 124 = BStBl. II 1984, 580; BFH v. 18. 10. 2006 – IX R 7/04, DStR 2006, 2206 (2207); ebenso Sterner, BB 1983, 2176; Märkle, DStZ 1985, 533 (534). 5 Zur Behandlung von laufenden Verlusten vgl. auch Sterner, DStZ 1986, 66, der mit gewichtigen Argumenten danach unterscheidet, ob Verlustbeteiligung besteht oder nicht.
810
Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
§ 31
von § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG und auch nicht als sonstige Einnahme i.S. des § 22 Nr. 3 EStG steuerbar1. Mehrerlöse bei Veräußerung von vor dem 1. 1. 2009 erworbenen oder begründeten Unterbeteiligungen sind ebenso wenig zu berücksichtigen wie Mindererlöse. Der BFH hat allerdings eine Ausnahme für den Fall angenommen, dass im Mehrerlös Gewinnanteile für ein schon abgelaufenes Wirtschaftsjahr enthalten sind2. Mehr- oder Mindererlöse sind dagegen stets relevant, wenn die Unterbeteiligung Betriebsvermögen darstellt3.
31.11
Dies gilt bei Veräußerung von vor dem 1. 1. 2009 erworbenen oder begründeten Unterbeteiligungen nicht, wenn es sich um Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften handelt, §§ 22 Nr. 2 i.V.m. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. Ein Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft ist auch dann nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG a.F. zu versteuern, wenn das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft nur aus Grundstücken besteht4. In der Kündigung und Auflösung einer typischen stillen Gesellschaft5 ist keine Veräußerung zu sehen. Resultiert daher ein Auflösungsgewinn daraus, dass die stille Beteiligung günstig erworben wurde und innerhalb der Spekulationsfrist ein wesentlich höheres Auseinandersetzungsguthaben ausgezahlt wurde, so liegen darin weder steuerpflichtige Kapitaleinkünfte noch ein steuerpflichtiger Spekulationsgewinn. Dies dürfte auch für die typische stille Unterbeteiligung gelten.
31.12
Bei Unterbeteiligungen, die nach dem 31. 12. 2008 erworben wurden, führt sowohl ein Veräußerungs- als auch ein Auflösungsgewinn unabhängig von einer Behaltensfrist zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Satz 2 EStG n.F. (vgl. Rn. 22.250 ff. zur typischen stillen Gesellschaft.)6. Dementsprechend sind Mindererlöse als Verluste zu berücksichtigen, wobei die Verlustverrechnungsbeschränkungen bei Kapitaleinkünften nach § 20 Abs. 6 EStG n.F. zu berücksichtigen sind.
31.13
b) Die steuerliche Behandlung beim Hauptbeteiligten Für den Hauptgesellschafter sind die Gewinnanteile des typisch Unterbeteiligten Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben7. Für den Fall, dass der 1 Niedersächsisches FG v. 1. 12. 2005 – 11 K 127/03, DStRE 2006, 1517 (1517 f.) (rkr.). 2 BFH v. 11. 2. 1981 – I R 98/76, BFHE 133, 35 = BStBl. II 1981, 465; dazu Märkle, DStZ 1985, 533 (534) sowie gegen ihn Sterner, DStZ 1986, 66; siehe auch oben Rn. 22.218 ff. 3 Zur Veräußerung der Hauptbeteiligung bzw. Liquidation der Hauptgesellschaft siehe Märkle, DStZ 1985, 533 (534). 4 BFH v. 4. 10. 1990 – X R 148/88, BStBl. II 1992, 211; vgl. auch BMF v. 27. 2. 1992 – IV B 3-S 2256-3/92, BStBl. I 1992, 125. 5 BFH v. 18. 10. 2006 – IX R 7/04, DStR 2006, 2206 (2207). 6 M.E. ist die typische Unterbeteiligung ebenso zu behandeln und § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG n.F. analog anzuwenden. So auch Volb, Unternehmensteuerreform 2008, S. 133. 7 Vgl. Hohaus, GmbHR 2002, 883 (884).
811
31.14
§ 31
Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
Hauptgesellschafter Mitunternehmer in der Hauptgesellschaft ist, können die abgeführten Gewinnanteile bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der Hauptgesellschaft im Ergänzungsbereich des Mitunternehmers berücksichtigt werden1. Die Finanzverwaltung ist der Auffassung, dass Gewinnanteile des Unterbeteiligten zwingend als Sonderbetriebsausgaben des Hauptbeteiligten im Feststellungsverfahren der Hauptbeteiligung zu berücksichtigen sind und die Nachholung des Sonderbetriebsausgabenabzugs im Veranlagungsverfahren des Hauptbeteiligten nicht zulässig ist2. Für den Fall, dass die Unterbeteiligung geheim gehalten werden soll, ist dem jedoch nicht zuzustimmen. Eine ausnahmslose Bindung an das Gewinnfeststellungsverfahren der Hauptgesellschaft ließe das legitime Geheimhaltungsinteresse des Hauptbeteiligten außer acht, ohne dass hierfür ein zwingender Grund vorläge; denn die Berücksichtigung bei der Veranlagung des Hauptbeteiligten erfüllt für den Fiskus den gleichen Zweck3. Die Gewinnanteile müssen daher auch bei der Steuerveranlagung des Hauptgesellschafters als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abgezogen werden können. c) Der Kapitalertragsteuerabzug und die abgeltende Wirkung
31.15
Den Hauptbeteiligten trifft die Pflicht zum Kapitalertragsteuerabzug bezüglich der laufenden Einkünfte. Dies gilt selbst dann, wenn die Einkünfte des Hauptbeteiligten schon dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen. Der Hauptgesellschafter muss von dem ausgeschütteten Betrag, den er dem typischen Unterbeteiligten überlässt, seinerseits noch einmal Kapitalertragsteuer abziehen4.
31.16
Bis zum Veranlagungsjahr 2008 kann der Unterbeteiligte den einbehaltenen Betrag bei seiner Steuerveranlagung gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG a.F. anrechnen, soweit er unbeschränkt steuerpflichtig ist5. Die Anrechnung findet auch in Veranlagungsjahren ab 2009 statt, soweit die Kapitaleinkünfte nicht der Abgeltungsteuer unterliegen, etwa weil die Unterbeteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten wird oder ein besonderes Näheverhältnis nach § 32d Abs. 2 EStG n.F. besteht, § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG n.F.
31.17
Bei Unterbeteiligungen, die weder in einem Betriebsvermögen gehalten werden noch der Ausnahmeregelung des § 32d Abs. 2 EStG n.F. unterliegen, hat
1 Grürmann, BB 1978, 1204. 2 Siehe AEAO Nr. 5 zu § 179 unter Verweis auf BFH v. 9. 11. 1988 – I R 191/84, BStBl. II 1989, 343. 3 BFH v. 29. 8. 1973 – I R 26/71, BFHE 110, 315 = BStBl. II 1974, 62 (63); Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 343 ff.; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5797 Nr. 30); Märkle, DStZ 1985, 508 (510); Brandis in Tipke/Kruse, § 179 AO Rn. 18; Fella, BB 1976, 784 (785); Schulze zur Wiesche, NJW 1983, 2362 (2364). 4 Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 78; Märkle, DStZ 1985, 508 (511). 5 Für beschränkt steuerpflichtige Unterbeteiligte besteht diese Anrechnungsmöglichkeit nicht, da der Kapitalertragsteuerabzug hier wegen des § 50 Abs. 5 EStG a.F. endgültig ist; vgl. Blaurock/Berninger, GmbHR 1990, 87 (91).
812
Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
§ 31
der Kapitalertragsteuerabzug in Höhe von 25 % ab dem Veranlagungsjahr 2009 für den Unterbeteiligten abgeltende Wirkung1, § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG n.F. 2. Die atypische Unterbeteiligung a) Die atypische Unterbeteiligung als Mitunternehmerschaft Die atypische Unterbeteiligung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Unterbeteiligte nicht allein an den laufenden Erträgen der Hauptbeteiligung teilhat, sondern dass darüber hinaus eine Beteiligung an den Wertschwankungen des Hauptanteils bzw. ein Mitverwaltungsrecht bezüglich dieses Anteils vereinbart worden ist. Die Folge solcher Gestaltungen, die den Unterbeteiligten nicht mehr als reinen Kapitalgeber, sondern als obligatorischen Mitinhaber der Einkunftsquelle des Hauptbeteiligten ausweisen, ist eine Parallelität der Einkunftsarten bei den Beteiligten der Unterbeteiligungsgesellschaft, wobei die Qualifikation beim Hauptbeteiligten auf den Unterbeteiligten durchschlägt. Dies bedeutet z.B. für die Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil2, dass bei einer Substanzbeteiligung oder bei Einräumung von Mitbestimmungsrechten im Innenverhältnis der Unterbeteiligte Einkünfte aus Kapitalvermögen hat. Allerdings handelt es sich dann nicht um Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, sondern um solche nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG3. Einkünfte aus Gewerbebetrieb hat der atypische Unterbeteiligte demnach dann, wenn der Hauptbeteiligte Einkünfte aus Gewerbebetrieb hat, also einen Mitunternehmeranteil hält, und der Unterbeteiligte sich daran in der Weise atypisch beteiligt, dass er seinerseits als Mitunternehmer anzusehen ist.
31.18
Wann der Hauptbeteiligte einen Mitunternehmeranteil hält und die Unterbeteiligung mitunternehmerisch ausgestaltet ist, richtet sich nach den allgemeinen Kriterien für den Mitunternehmerbegriff (dazu oben Rn. 20.58 ff.). Ein Mitunternehmerrisiko trägt der Unterbeteiligte in der Regel dann, wenn er an dem Substanzwert des Hauptgesellschaftsanteils und damit mittelbar an der Substanz des Vermögens der Hauptgesellschaft, wenn auch nur schuldrechtlich, beteiligt ist. Erforderlich ist damit grundsätzlich eine mittelbare Beteiligung des Unterbeteiligten am Geschäftswert und den stillen Reserven der Hauptgesellschaft entsprechend seines Anteils am Gesellschaftsanteil des Hauptbeteiligten4.
31.19
1 Volb, Unternehmensteuerreform 2008, S. 133; siehe dazu im Einzelnen und zu den Möglichkeiten, eine Veranlagung durchzuführen, Rn. 22.270 ff. 2 Zur Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil siehe unten Rn. 31.58 ff.; Neu in GmbH-Handbuch, Rn. III 3500 ff.; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5801); Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 252 ff. 3 Vgl. zu den nicht mitunternehmerischen atypischen Unterbeteiligungen Märkle, DStZ 1985, 471 (473 ff.); Märkle, DStZ 1985, 508 (511 ff.); Märkle, DStZ 1985, 533 (535 ff.). 4 So BFH v. 6. 7. 1995 – IV R 79/94, BFHE 178, 180 = BStBl. II 1996, 269; BFH v. 27. 5. 1993 – IV R 1/92, BFHE 171, 510 = BStBl. II 1994, 700; vgl. bereits Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 301.
813
§ 31
Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
31.20
Hinsichtlich der Mitunternehmerinitiative ist m.E. darauf zu achten, dass Mitverwaltungsrechte des Unterbeteiligten auch in der Hauptgesellschaft wirksam werden1. Es genügt nicht, dass der Einfluss des Unterbeteiligten sich auf die Innengesellschaft beschränkt, da das Halten des Mitunternehmeranteils allein noch keine gewerbliche Tätigkeit darstellt, dem Unterbeteiligten also keine gewerblichen Einkünfte vermitteln kann. Erst wenn der – mittelbare – Einfluss in die das Gewerbe betreibende Hauptgesellschaft hineinreicht, kann man von einer Mitunternehmerinitiative sprechen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Unterbeteiligte als leitender Angestellter der Hauptgesellschaft in dieser unmittelbar tätig wird2, oder wenn ihm durch den Unterbeteiligungsvertrag ein Weisungsrecht gegenüber dem Hauptgesellschafter eingeräumt worden ist.
31.21
Treffen Mitunternehmerrisiko und eine in die Sphäre der Hauptgesellschaft hineinreichende Mitunternehmerinitiative zusammen, so ist der Unterbeteiligte als Mitunternehmer der Hauptgesellschaft anzusehen3, er bezieht dann gewerbliche Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG. Rechtsprechung4 und h.L.5 unterscheiden dagegen in Anlehnung an die getrennten Gesellschaftsverhältnisse von Unterbeteiligungs- und Hauptgesellschaft zwei Mitunternehmerschaften. Für die Anerkennung gewerblicher Einkünfte soll es danach ausreichen, wenn der Unterbeteiligte als Mitunternehmer der Unterbeteiligungsgesellschaft anzusehen ist, soweit der Hauptbeteiligte seinerseits die Stellung eines Mitunternehmers der Hauptgesellschaft einnimmt. Sieht man mit dieser Auffassung als Leitbild für die Mitunternehmerschaft die typische Kommanditistenstellung an, so reicht für die Mitunternehmerstellung des Unterbeteiligten hinsichtlich der Unternehmerinitiative auch ein Kontrollrecht aus, das dem des Kommanditisten entspricht6. Auch hier ist darauf abzustellen, ob das Kontrollrecht – wenn auch mittelbar über den Hauptbeteiligten – hinsichtlich der Angelegenheiten der Hauptgesellschaft besteht. 1 Dazu näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 302 ff. 2 BFH v. 23. 1. 1974 – I R 206/69, BFHE 112, 254 = BStBl. II 1974, 480; Schulze zur Wiesche, DB 1974, 2225. 3 Vgl. dazu BFH v. 22. 1. 1985 – VIII R 303/81, BFHE 143, 247 (250) = BStBl. II 1985, 363; BFH v. 23. 1. 1974 – I R 206/69, BFHE 112, 254 = BStBl. II 1974, 480; BFH v. 17. 1. 1964 – VI 319/63 U, BStBl. III 1965, 260; Märkle, DStZ 1985, 471 (475); Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5793 Nr. 11); Schulze zur Wiesche, NJW 1983, 2362 (2363); kritisch KnobbeKeuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4d, S. 411. 4 Vgl. nur BFH v. 29. 10. 1991 – VIII R 51/84, BFHE 166, 431 = BStBl. II 1992, 512 m.w.N.; BFH v. 2. 10. 1997 – IV R 75/96, BFHE 184, 418 = BStBl. II 1998, 137 = DStR 1998, 203 = NJW 1998, 1255. 5 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4d, S. 411; Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 15 EStG Rn. 232a. 6 BFH v. 27. 1. 1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635; BFH v. 24. 7. 1986 – IV R 103/83, BFHE 147, 495 = BStBl. II 1987, 54; siehe auch BFH v. 18. 3. 1982 – I R 127/78, BFHE 135, 464 = BStBl. II 1982, 546; BFH v. 3. 5. 1979 – IV R 153/58, BFHE 127, 538 (541) = BStBl. II 1979, 515; kritisch Schulze zur Wiesche, DB 1987, 551; ablehnend auch Gorski, DStZ 1993, 613 (619); Pickhardt-Poremba/Engelsing, DStZ 2000, 281 (285).
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Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
§ 31
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steht ein mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligter Gesellschafter dem unmittelbaren Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebes der Gesellschaft anzusehen, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermittelten, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind. Ein Teil der Literatur will diese Vorschrift auch auf die atypische Unterbeteiligung anwenden1. Da der Hauptgesellschafter die Beteiligung bei der atypischen Unterbeteiligung auch für Rechnung des Unterbeteiligten halte, sei dieser als Gesellschafter der Innengesellschaft mittelbar über eine Personengesellschaft beteiligt und daher regelmäßig gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auch Mitunternehmer der Hauptgesellschaft. Die Gegenauffassung lehnt die Anwendung dieser Bestimmung auf die atypische Unterbeteiligung ab, da der Unterbeteiligte nicht über eine Personengesellschaft, sondern über einen Gesellschafter beteiligt sei2. Nach Ansicht des BFH erfasst die Bestimmung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auch die atypische Unterbeteiligung3. Die darin enthaltene Fiktion sei nicht zivilrechtlich, sondern steuerrechtlich aufzufassen. Im materiellen Steuerrecht werde die atypisch stille Gesellschaft als „andere Personengesellschaft“ i.S. des Satzes 2 angesehen. Dadurch werde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Unterbeteiligungsgesellschaft zwar nicht zur Bildung eines Gesamthandsvermögens führe, der Unterbeteiligte jedoch schuldrechtlich so gestellt werde, als wäre er wie ein Gesellschafter auch an der Vermögenssubstanz des Unternehmens beteiligt. Bei der atypischen Unterbeteiligung trete die Beteiligung des Hauptgesellschafters im Wege schuldrechtlicher Bindung an die Stelle des bei einer Innengesellschaft nicht möglichen Gesamthandsvermögens, was verdeutliche, dass steuerlich betrachtet auch die Unterbeteiligungsgesellschaft als Mitunternehmerin der Hauptgesellschaft anzusehen sei.
31.22
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG setzt jedoch voraus, dass der an der Hauptgesellschaft mittelbar Beteiligte als Mitunternehmer des Betriebs der die Beteiligung vermittelnden Personengesellschaft anzusehen ist. Dies ist bei der Unterbeteiligungsgesellschaft m.E. aber nicht der Fall, da sie als Innengesellschaft keinen Betrieb unterhält und damit auch keine Mitunternehmerschaft der Beteiligten begründen kann4.
31.23
1 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 365, 623; Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/ GewStG, § 15 Rn. 539; vgl. auch Märkle, StbJb 1991/92, 247 (281 f.). 2 So Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 11 IV 5a, S. 469; Seer, StuW 1992, 35 (44). 3 BFH v. 2. 10. 1997 – IV R 75/96, BFHE 184, 418 = BStBl. II 1998, 137 = DStR 1998, 203 = NJW 1998, 1255; Ausdrücklich noch offengelassen in BFH v. 2. 3. 1995 – IV R 135/92, BFHE 177, 198 (200) = BStBl. II 1995, 531. Zur Möglichkeit, bei konsequenter Fortführung dieser Auslegung eine atypische Unterbeteiligung steuerneutral in eine Hauptbeteiligung umzuwandeln, vgl. Bürkle/Schaumburg, DStR 1998, 558; Ottersbach, FR 1999, 201 (204). 4 Zutreffend Gorski, DStZ 1993, 613 (619); Biergans, DStR 1988, 655 (658); vgl. auch die Kritik bei Schmidt, StuW 1988, 245 (249).
815
§ 31
Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
31.24
Während der BFH in seiner älteren Rechtsprechung1 der Ansicht war, dass eine im Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft gehaltene mitunternehmerische Beteiligung einen Betrieb dieser Personengesellschaft begründet, so hat er dies in seiner Entscheidung vom 6. 10. 20042 in Abrede gestellt3. Die Finanzverwaltung hält demgegenüber an der alten Rechtsprechung des BFH fest4.
31.25
Durch das JStG 20075 wurde § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG dergestalt geändert, dass als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die Tätigkeit einer Personengesellschaft gilt, wenn die Gesellschaft gewerbliche Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bezieht. Nach der Begründung des Regierungsentwurfes hat diese Ergänzung lediglich deklaratorischen Charakter, die Neuregelung sei daher auch für Veranlagungsjahre vor 2006 anzuwenden6. Dies trifft jedoch nicht zu, der BFH hat in seiner Entscheidung vom 6. 10. 2004 die Rechtslage zutreffend beurteilt. Die Änderung durch das JStG 2007 hat nicht bloß deklaratorischen Charakter. Sowohl gegen die rückwirkende Anwendung als auch gegen die Regelung als solche bestehen verfassungsrechtliche Bedenken (siehe dazu auch Rn. 22.19).
31.26
Die hier vertretene Ansicht7 führt anders als die h.M. zu einer Anerkennung der Mitunternehmereigenschaft des Unterbeteiligten nur in einem engeren Rahmen. Die für die Zurechnung von gewerblichen Einkünften erforderliche Mitunternehmerstellung in der Hauptgesellschaft konnte m.E. jedenfalls bis zu der Änderung der Rechtslage durch das JStG 2007 nur durch eine in die Sphäre der Hauptgesellschaft hineinreichende Mitunternehmerinitiative des Unterbeteiligten vermittelt werden.
31.27
Auf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung überträgt der BFH die auf atypische Unterbeteiligungen an Personengesellschaften mit Einkünften aus Gewerbebetrieb angewandten Grundsätze nicht8. Eine Zurechnung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auf der Grundlage eines auf das Innenverhältnis beschränkten mitunternehmerschaftlichen Verhältnisses kommt danach nicht in Betracht. Der Unterbeteiligte kann nur Einkünfte i.S. der §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielen, wenn er 1 2 3 4 5 6
Siehe etwa BFH v. 8. 12. 1994 – IV R 7/92, BB 1995, 1171 f. BFH v. 6. 10. 2004 – IX R 53/01, BB 2004, 2614. Groh in FS Priester, S. 107, 111. Nichtanwendungserlass BMF v. 18. 5. 2005 – IV B 2-S 2241-34/05, BStBl. I 2005, 698. JStG 2007 v. 13. 12. 2006, BGBl. I 2006, 2878. Entwurf eines JStG 2007 v. 23. 8. 2006, BT-Drucks. 16/2712. Siehe auch die Übergangsregelung in § 52 Abs. 32a EStG. 7 Näher dazu Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 302 ff.; ähnlich Kletschka, Unterbeteiligung an gewerblichen Unternehmen im Steuerrecht, S. 87 f.; Dornbach, Mitunternehmereigenschaft eines Gesellschafters S. 106 f.; Böttcher/Beinert, Aufnahme von Kindern in das Familienunternehmen, S. 60; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5793 Nr. 9); Pickhardt-Poremba/Engelsing, DStZ 2000, 281 (285). 8 BFH v. 3. 12. 1991 – IX R 155/89, BStBl. II 1992, 459 = DB 1992, 925; BFH v. 17. 12. 1996 – IX R 30/94, BFHE 182, 170 = BStBl. II 1997, 406.
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§ 31
selbst Träger der Rechte und Pflichten aus dem Miet- oder Pachtverhältnis ist. Das ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn er nach außen als Vermieter oder Verpächter auftritt1. b) Die einheitliche Gewinnfeststellung Ist der Unterbeteiligte Mitunternehmer, so sind seine Gewinnanteile in dem Jahr zu versteuern, für das der Gewinn ermittelt wird, ohne Rücksicht darauf, ob der Unterbeteiligte bereits über seinen Gewinnanteil verfügen kann oder nicht. Das gleiche gilt für die Berücksichtigung von Verlusten. Über die Nominaleinlage hinausgehende Verluste unterliegen der Regelung des § 15a EStG2. Es gilt Gleiches wie bei der atypischen stillen Gesellschaft (dazu oben Rn. 22.64 ff.).
31.28
Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH v. 5. 11. 19733 ist die Frage, ob eine atypische Unterbeteiligung4 am Anteil des Gesellschafters einer Personengesellschaft besteht und wie hoch der Anteil des Unterbeteiligten ist, in einem besonderen Gewinnfeststellungsverfahren für die Innengesellschaften zu entscheiden. Bei Einverständnis aller Beteiligten – Hauptgesellschaft und deren Gesellschafter sowie der Unterbeteiligten – kann aber auch die Unterbeteiligung im Rahmen des einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahrens für die Hauptgesellschaft berücksichtigt werden. Diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber in § 179 Abs. 2 Satz 3 AO geschaffen5. Den Beteiligten steht damit hinsichtlich des Feststellungsverfahrens ein Wahlrecht zu6. Dabei ist grundsätzlich von zwei Feststellungsverfahren auszugehen und nur dann ein einheitliches durchzuführen, wenn alle Beteiligten damit einverstanden sind7. Ist nur einer der Gesellschafter der Unterbeteiligungsgesellschaft nicht mit der Einbeziehung in das Feststellungsverfahren der Hauptgesellschaft einverstanden, so sind zwei Verfahren durchzuführen8. Die Hauptgesellschaft wird ihr
31.29
1 BFH v. 3. 12. 1991 – IX R 155/89, BStBl. II 1992, 459 = DB 1992, 925; BFH v. 17. 12. 1996 – IX R 30/94, BFHE 182, 170 = BStBl. II 1997, 406; kritisch Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4d, S. 412; Pickhardt-Poremb/Engelsing, DStZ 2000, 281. 2 BFH v. 18. 8. 1992 – VIII R 32/91, DB 1993, 617 (618); Märkle, DStZ 1985, 508 (513). 3 BFH v. 5. 11. 1973 – GrS 3/72, BFHE 112, 1 = BStBl. II 1974, 414. 4 Für die typische Unterbeteiligung kommt eine gesonderte Feststellung nach allgemeiner Ansicht nicht in Betracht; vgl. BFH v. 10. 11. 1987 – VIII R 53/84, BFHE 151, 434 = BStBl. II 1988, 186; BFH v. 9. 11. 1988 – I R 191/84, BFHE 155, 454 = BStBl. II 1989, 343; BFH v. 21. 2. 1991 – IV R 35/89, BFHE 164, 236 = BStBl. II 1995, 449; Brandis in Tipke/ Kruse, § 180 AO Rn. 17. 5 Vgl. Brandis in Tipke/Kruse, § 179 AO Rn. 15; Märkle, DStZ 1985, 508 (512). 6 Brandis in Tipke/Kruse, § 179 AO Rn. 15; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5796 Nr. 28) Märkle, DStZ 1985, 508 (512); siehe auch BFH v. 24. 5. 1977 – IV R 47/76, BFHE 122, 400 = BStBl. II 1977, 737 (741). 7 BFH v. 2. 3. 1995 – IV R 135/92, BFHE 177, 198 = BStBl. II 1995, 531; Brandis in Tipke/ Kruse, § 179 AO Rn. 15; Märkle, DStZ 1985, 508 (512); Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5796 Nr. 28); Helmschrott, SteuerStud 1990, 129 (135 f.). 8 A.A. anscheinend Märkle, DStZ 1985, 508 (512); Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5796 Nr. 28); da es um Geheimhaltungsinteressen innerhalb der beiden Feststellungsberei-
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Einverständnis oder ihre Ablehnung nur einheitlich artikulieren können. Insoweit kommt es auf die gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen über die gesellschaftsinterne Willensbildung an. Bei der regelmäßig vorzunehmenden besonderen Feststellung der Einkünfte der Beteiligten der Unterbeteiligungsgesellschaft wird der Gewinn- oder Verlustanteil des Hauptgesellschafters, wie er sich aus der einheitlichen Feststellung bei der Hauptgesellschaft ergibt, zugrunde gelegt. Daneben sind für den Unterbeteiligten vor allem Feststellungen über dessen Sondervergütungen zu treffen. Im Rahmen der gesonderten Feststellung für die Unterbeteiligungsgesellschaft wird auch die Verteilung eines etwa bestehenden Ver- oder Anrechnungsanspruchs von gezahlter Körperschaftsteuer sowie der einbehaltenen Kapitalertragsteuer auf die Gesellschafter der Unterbeteiligungsgesellschaft vorgenommen. Zuständig für die gesonderte Feststellung ist in der Regel das Sitz- oder Wohnsitzfinanzamt des Hauptbeteiligten als Geschäftsführer der Innengesellschaft1. Auch über etwaige Veräußerungsgewinne bzw. Veräußerungsverluste ist gegebenenfalls in dem besonderen Feststellungsverfahren für die Unterbeteiligungsgesellschaft zu entscheiden2. c) Einräumung, Auflösung und Veräußerung der Unterbeteiligung
31.30
Die entgeltliche Einräumung einer mitunternehmerischen Unterbeteiligung3 stellt aus steuerrechtlicher Sicht die Veräußerung einer Quote des Gesellschaftsanteils des Hauptgesellschafters dar. Ein hierbei erzielter Gewinn unterlag bis zum 1. 1. 2002 der Besteuerung nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 a.F. EStG, wobei zusätzlich die Vergünstigungen des § 16 Abs. 4 EStG und § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 EStG zur Anwendung kamen4. Seit der Änderung des § 16 EStG durch das UntStFG/StÄndG 2001 stellen Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils erzielt werden, laufende Gewinne dar (§ 16 Abs. 1 Satz 2 EStG). Für diese ist, im Gegensatz zu Gewinnen aus der Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG die Anwendung der Begünstigungen der §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG ausgeschlossen5. Da die Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung der Veräußerung eines Teils des Mitunternehmeranteiles entspricht, ist davon
1 2 3 4
5
che geht, kann der Auffassung, die das Einverständnis nur eines der Beteiligten ausreichen lässt, nicht gefolgt werden, weil so das Geheimhaltungsinteresse nicht wirksam geschützt werden kann. Märkle, DStZ 1985, 508 (513); Schulze zur Wiesche, NJW 1983, 2362 (2364), der ein Berechnungsbeispiel gibt. BFH v. 12. 6. 1975 – IV R 10/72, BFHE 116, 341 = BStBl. II 1975, 853 (854). Im Einzelnen dazu Märkle, DStZ 1985, 471 (479); siehe auch Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5794); Runge, BB 1970, 342. Ob dies auch dann angenommen werden konnte, wenn der Hauptbeteiligte den für die Einräumung der Unterbeteiligung hingegebenen Betrag in der Hauptgesellschaft verwendete, zivilrechtlich also eine Einlageleistung vorliegt (zur zivilrechtlichen Konstruktion siehe Rn. 30.21 ff.), erscheint fraglich. Mit Märkle, DStZ 1985, 471 (480) und Neufang, INF 1987, 8 (13) wird man auch das Vorliegen eines Einbringungstatbestandes i.S. von § 24 UmwStG erwägen können. Vgl. hierzu Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rn. 411.
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auszugehen, dass auch insofern für die Anwendung der §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG kein Raum mehr besteht. Die Beendigung einer mitunternehmerischen Unterbeteiligung stellt steuerlich für den Unterbeteiligten die Veräußerung seines gesamten Mitunternehmeranteils i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar und für den Hauptgesellschafter einen entgeltlichen Anteilserwerb. Für den Unterbeteiligten führt dies gegebenenfalls zu einem nach § 16 Abs. 4 EStG und § 34 EStG begünstigten Veräußerungsgewinn. Für den Hauptbeteiligten ist der Vorgang erfolgsneutral, weil er den nunmehr erhöhten Anschaffungskosten für den zurückerworbenen Anteil den anteiligen Wert der Wirtschaftsgüter, die durch diesen Anteil repräsentiert werden, gegenüberstellen muss. Damit werden seine Buchwerte in der Ergänzungsbilanz bis zur Höhe der Anschaffungskosten aufgestockt1.
31.31
Die Veräußerung der mitunternehmerischen Unterbeteiligung hat für den Unterbeteiligten steuerlich die gleichen Folgen wie die Auflösung der Unterbeteiligungsgesellschaft. Insbesondere kommt § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zur Anwendung. Der dort angesprochene Veräußerungsgewinn kann auch eine negative Größe, also ein Verlust sein. Die Feststellung eines Veräußerungsgewinns oder Veräußerungsverlustes erfordert nicht notwendig die Vorlage einer Bilanz auf den Veräußerungszeitpunkt. Wenn § 16 Abs. 2 EStG vorschreibt, dass der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG zu ermitteln ist, so besagt dies in erster Linie, dass die Wertermittlung nach den materiell-rechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich durchzuführen ist. Wird der Mitunternehmeranteil veräußert, so kann sich zwar der Wert des Anteils am Betriebsvermögen im Zeitpunkt der Veräußerung aus einer Bilanz ergeben, z.B. wenn der Veräußerungszeitpunkt mit dem Bilanzstichtag der Personengesellschaft zusammenfällt. Liegt aber eine derartige Jahresabschlussbilanz nicht vor, so ist der Wert des Betriebsvermögens nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 1 EStG oder des § 5 EStG rechnerisch zu ermitteln oder gegebenenfalls zu schätzen, gleichgültig, ob ein Veräußerungsgewinn oder -verlust in Frage steht. Das gilt selbst dann, wenn man annehmen wollte, § 16 Abs. 2 EStG begründe unabhängig von den allgemeinen Bilanzierungsvorschriften eine besondere Bilanzierungspflicht für den Zeitpunkt der Veräußerung.
31.32
Veräußert jemand eine gut rentierliche und nicht riskante mitunternehmerische Beteiligung mit Verlust, so trifft ihn nach einem Urteil des BFH2 eine erhöhte Darlegungslast hinsichtlich der Motivation und der Umstände des Verkaufs.
31.33
1 Zum Fall der geheim gehaltenen Unterbeteiligung siehe Märkle, DStZ 1985, 533 (535). 2 BFH v. 12. 6. 1975 – IV R 10/72, BFHE 116, 341 = BStBl. II 1975, 853 (855 f.).
819
§ 31
Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
3. Besonderheiten bei Unterbeteiligungen im Familienverband a) Grundlagen
31.34
Für Unterbeteiligungsgesellschaften zwischen Familienangehörigen gelten die steuerlichen Anerkennungshürden, die auch bei der stillen Gesellschaft eingreifen (siehe dazu oben Rn. 21.11 ff.)1. Hier wie dort geht es darum, den Anwendungsbereich von § 12 Nr. 2 EStG zu konkretisieren und nichtabzugsfähige Unterhaltsleistungen, die nur in das Gewand einer gesellschaftsvertraglichen Verpflichtung gekleidet werden, von echten, auch unter Familienangehörigen steuerlich anzuerkennenden Gesellschaftsverhältnissen zu scheiden. b) Die Anerkennung der Unterbeteiligung als solcher
31.35
Nach der älteren Rechtsprechung war erste Bedingung für die steuerrechtliche Anerkennung wie bei der stillen Gesellschaft die zivilrechtlich wirksame Gestaltung der Vereinbarungen, insbesondere also die Beachtung der Formvorschriften2. Der BFH sieht in seiner neueren Rechtsprechung die Formwirksamkeit der Vereinbarung nicht mehr als eine unabdingbare Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung. Die Nichtbeachtung der zivilrechtlich notwendigen Form stellt im Rahmen einer nunmehr vorzunehmenden Gesamtwürdigung ein starkes Beweisanzeichen (Indiz) gegen die Ernstlichkeit des Abschlusses des Vertrages. Der BFH hält es jedoch für geboten und zulässig, an den Beweis des Abschlusses und an den Nachweis der Ernstlichkeit von Vertragsgestaltungen zwischen nahen Angehörigen strenge Anforderungen zu stellen. Für den Fall, dass gegen eine Formvorschrift des Zivilrechts verstoßen wurde, hat er hierfür weiter vorausgesetzt, dass den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschrift nicht angelastet werden kann und dass diese nach dem Auftauchen von Zweifeln an der Wirksamkeit des Vertrages unverzüglich alle erforderlichen Maßnahmen getroffen haben, um den Formmangel zu heilen. In der Regel kann den Vertragspartnern die Nichtbeachtung
1 Eingehend zur Rechtsprechung auch Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 279 ff. 2 Dazu Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 85 ff.; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 255 ff., Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 313 ff.; Märkle, DStZ 1985, 471 (476 ff.); Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5797 ff.) und KÖSDI 1987, 6918 (6926 ff.). Beruht die Unterbeteiligung eines Kindes auf einer Schenkung der Eltern, so wird die Vereinbarung wie bei der stillen Gesellschaft steuerlich nur anerkannt, wenn Schenkungsvertrag und Gesellschaftsvertrag gemäß § 518 BGB notariell beurkundet werden. Die bloße Umbuchung vom Kapitalkonto der Eltern reicht als Vollzug der Schenkung nicht aus, vgl. BFH v. 19. 9. 1974 – IV R 95/73, BFHE 113, 558 = BStBl. II 1975, 141; BFH v. 8. 8. 1979 – I R 82/76, BFHE 128, 457 = BStBl. II 1979, 768. Die Finanzverwaltung wendet diese Grundsätze jedoch auf Verträge, die vor dem 1. 1. 1976 abgeschlossen worden sind, nicht an, BMF v. 8. 12. 1975 – IV B 2 - S 2241-115/75, BStBl. I 1975, 1130; zur Schenkung einer Unterbeteiligung auch Groh, BB 1987, 1505. Zur Kritik am Erfordernis der zivilrechtlichen Wirksamkeit siehe oben Rn. 21.20.
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§ 31
der Formvorschriften angelastet werden, wenn sich diese schon aus dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften des BGB ergeben1. Darüber hinaus müssen die Regelungen des jeweiligen Vertrages einem sog. Fremdvergleich standhalten, was beispielsweise dazu führt, dass weitgehende Entnahmebeschränkungen und langjährige Kapitalbindung einer steuerlichen Anerkennung im Wege stehen können, da die Rechtsprechung meint, sie seien unter Fremden nicht üblich. Es erscheint indessen fraglich, ob der Fremdvergleich als eigenständiges Merkmal tragfähig ist, insbesondere im Hinblick auf die Ausgestaltung, die es durch die Rechtsprechung im Einzelfall erfahren hat2. Das entscheidende Differenzierungskriterium liegt eher in der Frage, ob dem Angehörigen nur zukünftige Erträge zugewandt werden, oder ob ihm eine eigene Einkunftsquelle verschafft wird. Werden dem Unterbeteiligten unentgeltlich lediglich künftige Gewinnansprüche abgetreten, verbleibt aber die Einkommensquelle Gesellschaftsanteil unverändert beim Zuwendenden, dann handelt es sich bei den Zahlungen an den Unterbeteiligten um bloße Einkommensverwendung, die den Zuwendenden steuerlich nicht entlastet. Die Anerkennung eines Unterbeteiligungsverhältnisses setzt deshalb stets eine echte (wenn auch nach außen nicht hervortretende) Beteiligung an der Quelle, aus der die betreffenden Einkünfte fließen, voraus3.
31.36
Bei der Beantwortung dieser Frage kann dann der sog. Fremdvergleich Indizien liefern, weil man davon ausgehen kann, dass unter Fremden immer eine Einkunftsquelle verschafft werden soll.
31.37
So kann z.B. eine Unterbeteiligung von Kindern nicht anerkannt werden, wenn diese das Gesellschaftsverhältnis zu Lebzeiten des Vaters nur mit Zustimmung eines vom Vater ernannten Dritten kündigen und die Auszahlung der ihnen gutgeschriebenen Gewinnanteile ebenfalls nur mit Zustimmung des Dritten verlangen können4. Von einer eigenen Einkunftsquelle kann hier wegen der einschneidenden Verfügungsbeschränkungen nicht die Rede sein.
31.38
Auch die Vereinbarung einer jederzeit widerruflichen Gewinnbeteiligung ist der steuerlichen Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses hinderlich. Steht dem minderjährigen Berechtigten außerdem nicht einmal das Recht zu, die ihm gutgebrachten Gewinnanteile – abgesehen von eventuellen Steuerbeträgen – zu entnehmen, so ist dem Kind keine Einkunftsquelle übertragen worden.
31.39
1 BFH v. 13. 7. 1999 – VIII R 29/97, DStR 1999, 938 (939); BFH v. 7. 6. 2006 – IXR 4/04, DStRE 2006, 1372; BFH v. 22. 2. 2007 – IX R 4506, DStR 2007, 986 (987). A.A. Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 747, der generell die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages verlangt. 2 Dazu Märkle, DStZ 1985, 471 (478) und kritisch Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 318 f. 3 BFH v. 26. 3. 1971 – VI R 131–135/68, BFHE 102, 66 = BStBl. II 1971, 478; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5798). 4 BFH v. 20. 2. 1975 – IV R 62/74, BFHE 115, 232 = BStBl. II 1975, 569.
821
§ 31
Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
31.40
Räumt eine Mutter ihren Kindern an einem Kommanditanteil schenkweise je eine typische Unterbeteiligung ein, behält sie sich aber das Recht vor, jederzeit eine unentgeltliche Rückübertragung der Kapitalanteile ihrer Kinder zu verlangen, so kann nicht ernstlich zweifelhaft sein, dass den Kindern keine Einkunftsquelle übertragen worden ist und dass deshalb die Gewinngutschriften auf die Unterbeteiligungen bei der Mutter keine Sonderbetriebsausgaben, sondern nichtabzugsfähige Zuwendungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG sind1.
31.41
Die schenkweise Einräumung der Unterbeteiligung steht nach der Rechtsprechung des BFH2 und der Praxis der Finanzverwaltung3 der steuerlichen Anerkennung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn eine Beteiligung des Unterbeteiligten am Verlust vereinbart oder die Unterbeteiligung mitunternehmerisch ausgestaltet ist4.
31.42
Weitere Gesichtspunkte, die gegen eine Anerkennung der Unterbeteiligung im steuerlichen Bereich sprechen können, sind z.B. eine von vornherein vereinbarte Befristung5 oder etwa ein jederzeitiges Kündigungsrecht des Vaters in Verbindung mit einer Abfindung der gekündigten Kinder unter Buchwert.
31.43
Eine Rückfallklausel, nach der die Unterbeteiligung ersatzlos an den Vater zurückfällt, wenn das Kind vor dem Vater stirbt und keine leiblichen ehelichen Abkömmliche hinterlässt, steht der steuerrechtlichen Anerkennung der Unterbeteiligung nicht entgegen6. Problematisch kann aber eine Regelung sein, nach der die Erben des Unterbeteiligten nicht in die Gesellschafterstellung nachrücken sollen und auch keine Abfindung erhalten7. Ferner hat der BFH auch eine Bestimmung als für die steuerliche Anerkennung hinderlich angesehen, nach der die Beteiligung bei Tod des Unterbeteiligten nur auf Abkömmlinge, Geschwister oder Elternteile übergehen soll, im Übrigen aber die Erben weder nachfolgen noch Ausgleich erhalten sollen8.
31.44
Zumindest das letztgenannte Urteil ist jedoch wenig überzeugend, wenn mit der vertraglichen Regelung allein beabsichtigt ist, die Unterbeteiligung im engeren Familienkreis zu halten, im Übrigen aber an der Übertragung der Ein1 BFH v. 18. 7. 1974 – IV B 34/74, BFHE 113, 226 = BStBl. II 1974, 740; BFH v. 8. 8. 1974 – IV R 101/73, BFHE 113, 361 = BStBl. II 1975, 34. 2 BFH v. 27. 1. 1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635; BFH v. 6. 7. 1995 – IV R 79/94, BFHE 178, 180 = BStBl. II 1996, 269; BFH v. 21. 2. 1991 – IV R 35/89, BFHE 164, 238 = BStBl. II 1995, 449. 3 BMF v. 16. 8. 1993 – IV B 2 – S 2144 – 53/93, BStBl. I 1992, 729 = FR 1993, 617. 4 Einer stillen Gesellschaft, bei der die Verlustbeteiligung ausgeschlossen war, hat der BFH allerdings die steuerliche Anerkennung versagt: BFH v. 21. 10. 1992 – X R 99/88, BFHE 170, 41 = BStBl. II 1993, 289. Dazu und zur Kritik an dieser Rechtsprechung vgl. oben Rn. 21.42 ff. 5 BFH v. 29. 1. 1976 – IV R 73/73, BFHE 118, 189 = BStBl. II 1976, 324 (für die KG); a.A. Märkle, DStZ 1985, 471 (478). 6 BFH v. 27. 1. 1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635, LS 2. 7 Hess. FG v. 1. 12. 1977 – VIII 93/74, EFG 1978, 427 (428). 8 BFH v. 3. 5. 1979 – IV R 153/78, BFHE 127, 538 = BStBl. II 1979, 515 (518); dazu Felix, KÖSDI 1987, 6918 (6927).
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kunftsquelle kein Zweifel besteht. Einer solchen (legitimen) „Familienpolitik“ sollte das Steuerrecht nicht im Wege stehen. Deshalb sollten auch andere Vertragsklauseln, die dem gleichen Ziel dienen, nicht ohne weiteres zur Nichtanerkennung führen. Zu nennen wäre hier etwa eine Regelung, nach der eine vom Ehemann der Ehefrau (oder umgekehrt) geschenkte Unterbeteiligung für den Fall der Scheidung zurückgefordert werden kann1. Ebenfalls steuerunschädlich sollten Bestimmungen sein, nach der eine von den Eltern den Kindern geschenkte Unterbeteiligung mit der Auflage versehen wird, gegen eine Nachfolge des Ehepartners aufgrund Erbrechts Vorsorge zu treffen2. Bei der Frage der Mitunternehmerschaft innerhalb einer Unterbeteiligung zwischen Familienangehörigen erlangt die gesetzestypische Stellung des Kommanditisten eine besondere Bedeutung. Der Angehörige ist nur dann Mitunternehmer, wenn er im Innenverhältnis annähernd die Rechte eines Kommanditisten hat3. Eine Mitunternehmerschaft liegt regelmäßig nicht vor, wenn der Hauptbeteiligte das Recht hat, den Unterbeteiligten jederzeit zum Buchwert aus der Unterbeteiligungsgesellschaft hinauszukündigen und dem Unterbeteiligten dann nur den Buchwert seines Kapitalkontos bezahlen muss4.
31.45
Bei der Unterbeteiligung von Kindern, die im Betrieb der Eltern beschäftigt sind und als voraussichtliche Nachfolger der Hauptbeteiligten gehobene Positionen bekleiden, ist Vorsicht geboten. Obwohl keine Beteiligung am Vermögen und an den stillen Reserven vorlag, beurteilte der BFH die Unterbeteiligung nicht wie eine typische stille Gesellschaft, sondern wie eine Mitunternehmerschaft, so dass die Gehälter der Kinder keine Betriebsausgaben darstellten5.
31.46
Räumen alle miteinander verwandten Gesellschafter einer OHG je einem ihrer Kinder gleichzeitig und gleichmäßig einen Anteil an ihren Geschäftsanteilen ein, so kann dadurch eine Mitunternehmerschaft der Kinder zur OHG begründet werden, auch wenn nach dem Wortlaut des Vertrags die Kinder nur als „Unterbeteiligte“ am Gesellschaftsanteil ihrer Väter bezeichnet werden6. Ob eine Mitunternehmerschaft besteht, muss auch hier – wie immer – nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beurteilt werden. Beweisanzeichen für eine
31.47
1 Im Ergebnis ebenso Felix, KÖSDI 1987, 6918 (6927), der auch zutreffend darauf hinweist, dass es sich letztlich um einen – personellen – wichtigen Kündigungsgrund handelt; a.A. Märkle, DStZ 1985, 471 (478). 2 Z.B. durch ein Vermächtnis zugunsten der Eltern. Ein unbedingtes Rückforderungsrecht erscheint dagegen problematisch, da es über das Ziel, die Beteiligung bei einer bestimmten Person zu belassen, hinausschießt; vgl. zum Ganzen Märkle, DStZ 1985, 471 (478); Felix, KÖSDI 1987, 6918 (6927). 3 BFH v. 3. 5. 1979 – IV R 153/78, BFHE 127, 538 = BStBl. II 1979, 515 (517); BFH v. 24. 7. 1986 – IV R 103/83, BFHE 147, 495 = BStBl. II 1987, 54 = GmbHR 1987, 207 (208). 4 So BFH v. 6. 7. 1995 – IV R 79/94, BFHE 178, 180 = BStBl. II 1996, 269. 5 BFH v. 17. 11. 1964 – VI 319/63, BFHE 82, 35 = BStBl. III 1965, 260; kritisch dazu Düchting, BB 1965, 783. 6 BFH v. 17. 11. 1964 – VI 319/63, BFHE 82, 35 = BStBl. III 1965, 260.
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§ 31
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Mitunternehmerschaft kann z.B. sein, dass alle Gesellschafter die Beteiligung billigen, die Kinder bereits einen Teil der Führungsaufgaben ihrer Väter übernehmen, voraussichtlich die Geschäftsnachfolger ihrer Väter sein werden, schon jetzt erhebliche Gewinntantiemen beziehen und Konten bei der Gesellschaft für sie geführt werden. Die Beteiligung an den stillen Reserven ist in der Regel ein wesentlicher Anhaltspunkt für eine Mitunternehmerschaft; sie ist aber nicht das allein entscheidende Merkmal. Vielmehr sind alle Umstände in Betracht zu ziehen, wobei als leitender Gesichtspunkt auch zu berücksichtigen ist, ob die Beteiligten eine Unternehmerinitiative entwickeln können und ein Unternehmerrisiko tragen.
31.48
Ist ein Steuerpflichtiger an der Kommanditbeteiligung seines Vaters unterbeteiligt und geht der Anteil des Vaters auf ihn als Alleinerben über, so sind Entnahmen, die der Erbe erst nach dem Tode des Vaters gemacht hat, trotz der anteiligen Aufteilung des Gewinns nur dem Erben zuzurechnen1.
31.49
Kommt nach alledem eine Anerkennung der Mitunternehmerstellung und damit der atypischen Unterbeteiligung aufgrund der für eine atypische Unterbeteiligung ungewöhnlichen Beschränkungen nicht in Betracht, so ist grundsätzlich eine Wertung als typische Unterbeteiligung möglich. Dies setzt aber voraus, dass dem Gesellschafter wenigstens annäherungsweise die Rechte zustehen, die einem stillen Gesellschafter nach den §§ 230 ff. HGB zukommen2. Die typische Unterbeteiligung stellt nicht lediglich einen Auffangtatbestand dar, der ohne weiteres eingreift, wenn eine gewollte steuerliche Mitunternehmerschaft von den Finanzbehörden nicht anerkannt wird. c) Die Anerkennung der Gewinnbeteiligung
31.50
Bei einer Familiengesellschaft in Form einer Unterbeteiligung gelten nach der Rechtsprechung für die Prüfung der Angemessenheit des Gewinnanteils des Unterbeteiligten die für die typische stille Gesellschaft entwickelten Rechtsgrundsätze entsprechend3.
31.51
Handelt es sich um eine atypische Unterbeteiligung, so gilt dies mit der Maßgabe, dass als Wert der Unterbeteiligung der Gesamtwert der obligatorischen Rechte des Unterbeteiligten zugrunde zu legen ist, auch soweit sie sich auf den Anteil des Hauptgesellschafters an stillen Reserven und am Geschäftswert der Hauptgesellschaft beziehen4. Während die Finanzverwaltung früher höchstens eine Verzinsung von 20 % der anteiligen Kommanditeinlagen zugestanden hatte, hat der Große Senat des BFH5 entschieden, dass in Fällen, in denen Kinder unter schenkweiser Übertragung von Anteilen aus dem Kapitalanteil des Vaters als Kommanditisten aufgenommen werden, mit steuerlicher Wir1 BFH v. 11. 8. 1967 – VI 140/65, BFHE 89, 562 = BStBl. III 1967, 762. 2 BFH v. 6. 7. 1995 – IV R 79/94, BFHE 178, 180 = BStBl. II 1996, 269. 3 BFH v. 29. 3. 1973 – IV R 56/70, BFHE 109, 328 = BStBl. II 1973, 650; zur Kritik siehe oben Rn. 21.58. 4 BFH v. 26. 6. 1974 – I R 206/67, BFHE 113, 103 = BStBl. II 1974, 676. 5 BFH v. 29. 5. 1972 – GrS 4/71, BFHE 106, 504 = BStBl. II 1973, 5.
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§ 31
kung nur eine Gewinnverteilung vereinbart werden könne, die, falls die Kinder nicht mitarbeiten, auf längere Sicht zu einer angemessenen Verzinsung des tatsächlichen Werts des Gesellschaftsanteils führt. Aus dem Beschluss geht hervor, dass in der Regel eine durchschnittliche Rendite von 15 % als angemessen angesehen werden kann1. Nimmt der Unterbeteiligte nicht an einem etwaigen Verlust teil, werden nur 12 % anerkannt. Ist die Beteiligung entgeltlich erworben, beträgt die angemessene Rendite bei Verlustausschluss 25 %, bei Verlustbeteiligung 35 %2. Bei teilweise entgeltlicher Unterbeteiligung soll ein Mischsatz gelten3. Der Große Senat hat weiter ausgeführt, dass diese Grundsätze für atypische stille Gesellschaften in gleicher Weise gelten. Für Fälle der Kapitaleinlage des typischen stillen Gesellschafters hat der BFH entschieden4, dass in der Regel eine Gewinnverteilungsabrede angemessen sei, die im Zeitpunkt der Vereinbarung bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung eine durchschnittliche Rendite bis zu 15 % des tatsächlichen Wertes der stillen Beteiligung erwarten lässt.
31.52
Diese Grundsätze hat der BFH in der Folge auf Familiengesellschaften übertragen, die in der Form von Unterbeteiligungen begründet werden, sei es als atypische oder als typische Unterbeteiligungen5. Im Hinblick auf die atypische Unterbeteiligung hat die Anwendung dieser Grundsätze jedoch eine bedeutende Einschränkung erfahren. Unter teilweiser Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung ist der BFH zu der Überzeugung gelangt, dass bei einer mitunternehmerischen Unterbeteiligung an einem Kommanditanteil, für die Korrektur einer quotalen Gewinnbeteiligung dann kein Raum besteht, wenn die Hauptgesellschaft unter fremden Personen geschlossen wurde6. Unter dieser Voraussetzung ist die quotale Gewinnbeteiligung steuerlich auch dann anzuerkennen, wenn sie im Einzelfall zu einem Gewinn des unterbeteiligten Familienangehörigen führt, der 15 % des Wertes der Unterbeteiligung übersteigt.
31.53
Zur Begründung führt der erkennende VIII. Senat aus, bei einer Fremd-KG diene der auf den Kommanditisten entfallende Gewinnanteil in der Regel dazu dessen in der Kapitalüberlassung liegenden Beitrag zur Erreichung des Gesellschaftszwecks abzugelten. In diesem Fall habe die quotale Gewinnbeteiligung des atypisch unterbeteiligten Angehörigen zur Folge, dass die jeweiligen Kapitalbeiträge ihrem Gewicht entsprechend vergütet werden. Bestehe der jeweilige Gesellschafterbeitrag lediglich in der Überlassung des Haftkapitals zu den
31.54
1 Ebenso BFH v. 19. 6. 1990 – VIII R 112/85, BFH/NV 1991, 365. 2 BFH v. 16. 12. 1981 – I R 167/78, BStBl. II 1982, 387; siehe auch FG Köln v. 14. 1. 1981 – X (XIV) 533/77 F, EFG 1981, 278: 40 %. 3 Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5798). 4 BFH v. 29. 3. 1973 – IV R 56/70, BFHE 109, 328 = BStBl. II 1973, 650. 5 Zuletzt BFH v. 19. 6. 1990 – VIII R 112/85, BFH/NV 1991, 365; vgl. außerdem BFH v. 24. 7. 1986 – IV R 103/83, GmbHR 1987, 207 (209). 6 BFH v. 9. 10. 2001 – VIII R 77/98, BFHE 197, 43 = BStBl. II 2002, 460 = DStR 2001, 2108.
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gleichen Bedingungen und identischem Risiko, dann sei es evident, dass eine quotale Gewinnbeteiligung auf der Gesellschafterstellung beruht, weil sie dem Gewicht des jeweiligen Beitrages entspricht. Eine auf § 12 EStG gestützte Gewinnkorrektur sei bei einem solchen Sachverhalt willkürlich, da keine nachvollziehbaren Gründe dafür vorlägen. Anders als die Vorinstanz1 stellt der BFH in seiner Entscheidung die Grundsätze des Großen Senates zur Angemessenheitsprüfung der Gewinnverteilung bei Familiengesellschaften nicht grundsätzlich in Frage2.
31.55
Auch bei einem Unterbeteiligungsverhältnis handelt es sich um rein schuldrechtliche Beziehungen der Vertragspartner. Da sich im Falle einer atypischen Unterbeteiligung die obligatorischen Rechte des Unterbeteiligten auch auf den Anteil des Hauptgesellschafters an den stillen Reserven der Hauptgesellschaft beziehen, ist bei der Prüfung der Angemessenheit der Gewinnbeteiligung von dem Gesamtwert dieser obligatorischen Rechte als dem Wert des Gesellschaftsanteils des Unterbeteiligten auszugehen. 4. Besonderheiten bei der Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil a) Steuerliche Anerkennung
31.56
Während die atypische Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil allgemein anerkannt wird, wurden in der Vergangenheit im Hinblick auf die steuerliche Beachtlichkeit der typischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil Zweifel geäußert3. Da nach der Rechtsprechung des BFH4 und der Auffassung der Finanzverwaltung5 selbst der dinglich wirkende Nießbrauch an einem Geschäftsanteil nicht zu einer Einkommensverlagerung führt, könne die bloße schuldrechtliche Ertragsbeteiligung des typisch Unterbeteiligten erst recht keine Einkunftsquelle begründen6. Nach dieser Auffassung sind die von dem GmbHGesellschafter an den Unterbeteiligten weitergeleiteten Erträge nicht bei dem Unterbeteiligten, sondern ausschließlich bei dem Gesellschafter der GmbH steuerlich zu erfassen. Sie ist jedoch abzulehnen. Die rechtlichen Unterschiede zwischen Nießbrauch und Unterbeteiligung sind zu erheblich, um den Schluss auf die steuerliche Nichtanerkennung der typischen Unterbeteiligung zuzulas1 FG Düsseldorf v. 14. 8. 1998 – 3 K 7096/93 F, EFG 1998, 1681. 2 Gosch, StBp 2002, 28 (29); a.A. Daragan, ZEV 2002, 39 (40). 3 Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 150 f.; Streck/ Schwedhelm in Steuerliches Vertrags- und Formularbuch, 4. Aufl. 2001, A. 6.48 Rn. 12. 4 BFH v. 14. 12. 1976 – VIII R 146/73, BFHE 121, 53 = BStBl. II 1977, 115; BFH v. 12. 12. 1969 – VI R 301/67, BFHE 97, 546 = BStBl. II 1970, 212. 5 BMF v. 23. 11. 1983 – IV B 1-S 2253-103/83, BStBl. I 1983, 508 (512), Tz. 57 (513), Tz. 58. 6 Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 151; zum Teil wird danach differenziert, ob eine bloße Ertragsbeteiligung vorliegt, die einer Abtretung von Gewinnanteilen entspricht, oder eine Vollbeteiligung vereinbart wurde, die auch zu einer Zuordnung des Vermögens führt (z.B. die Beteiligung am Liquidationserlös). So etwa Streck/Schwedhelm in Steuerliches Vertrags- und Formularbuch, 4. Aufl. 2001, A. 6.48 Rn. 12.
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sen1. Bei der typischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil entsteht ebenso wie bei der steuerrechtlich allgemein anerkannten stillen Beteiligung an einem GmbH-Anteil (dazu oben Rn. 21.61 ff.) eine reine Innengesellschaft. Dass die Innengesellschaft bei der GmbH & Still zwischen der Gesellschaft als juristischer Person und dem stillen Gesellschafter, bei der Unterbeteiligung aber zwischen dem GmbH-Gesellschafter und dem Unterbeteiligten besteht, rechtfertigt keine abweichende steuerrechtliche Beurteilung. In beiden Fällen leistet der Beteiligte eine Einlage und erbringt damit die für die einkommensteuerrechtliche Zurechnung maßgebende wirtschaftliche Leistung. Es ist damit entgegen den im Schrifttum geäußerten Bedenken auch die typische Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil steuerrechtlich anzuerkennen2. Bei der einkommensteuerrechtlichen Behandlung der Unterbeteiligung an einem Anteil an einer Personenhandelsgesellschaft wurde lediglich zwischen der Ebene des Hauptbeteiligten und der des Unterbeteiligten unterschieden. Dies ist möglich, weil Personengesellschaften weder Einkommensteuer- noch Körperschaftsteuerschuldner sein können3. Demgegenüber ist die GmbH als juristische Person gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 KStG körperschaftsteuerpflichtig. Es stellt sich damit die Frage nach den steuerlichen Auswirkungen einer Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil auf der Ebene der GmbH. Der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters mindert als Betriebsausgabe gemäß § 4 Abs. 4 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG den körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn der Kapitalgesellschaft. Da aber der Unterbeteiligte nicht mit der GmbH in rechtlicher Beziehung steht, sondern lediglich mit dem GmbH-Gesellschafter, berührt der dem Unterbeteiligten zugewandte Gewinnanteil den körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn der GmbH nicht4. Weder die typische, noch die atypische Unterbeteiligung führen also zur Verminderung der Körperschaftsteuer bei der GmbH. Dieses Ziel kann nur durch die Begründung einer stillen Gesellschaft mit der GmbH selbst erreicht werden5.
31.57
b) Die Besteuerung der typischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil Fraglich ist, wie bei der Unterbeteiligung in Veranlagungszeiträumen bis 2008 die Regelung des Halbeinkünfteverfahrens gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d) EStG a.F. bzw. die Freistellungsregelung des § 8b Abs. 1 KStG anzuwenden ist. Hier ist zu unterscheiden: Bei der typischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil wird nicht die Steuerquelle gesplittet, sondern lediglich eine nachgeordnete Einkunftsquelle zusätzlich begründet6. Da der Unterbeteiligte hier weder in formeller noch in materieller Hinsicht die Stellung eines Gesell1 Vgl. im Einzelnen Blaurock/Berninger, GmbHR 1990, 87 (88). 2 Hohaus, GmbHR 2002, 883 (885); Blaurock/Berninger, GmbHR 1990, 87 (88 f.); ebenso Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 206 f.; Felix, DStZ 1988, 102 f.; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5801) sowie Felix, KÖSDI 1987, 6918 (6925); Fasold, GmbHR 1973, 12 (13). 3 Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9 Rn. 21; Birk, Steuerrecht, Rn. 664. 4 Wargulla, DB 2009, 1146 (1147); Hesselmann, GmbHR 1964, 26 (29). 5 Vgl. Blaurock/Berninger, GmbHR 1990, 87 (89, 92). 6 Märkle, DStZ 1985, 471 (473); Felix, DStZ 1988, 102 f.
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schafters der GmbH erlangt, erzielt er keine Dividendeneinkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Das Halbeinkünfteverfahren bzw. die Freistellungsregelung des § 8b Abs. 1 KStG finden somit lediglich beim Anteilseigner Anwendung1.
31.59
Aufgrund der Einführung der Abgeltungsteuer und der Abschaffung des Halbeinkünfteverfahrens durch die Unternehmensteuerreform 20082 hat sich die Situation ab dem Veranlagungsjahr 2009 auch bei der typischen stillen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil geändert.
31.60
Der typische Unterbeteiligte unterliegt ab dem Veranlagungszeitraum 2009 mit seinen Einkünften aus der stillen Unterbeteiligung der Abgeltungsteuer in Höhe von 25 %, §§ 20 Abs. 1 Nr. 4, 32d Abs. 1, 43 Abs. 5 EStG n.F. Besteht ein besonderes Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 EStG n.F. (siehe dazu Rn. 22.301 ff.), unterliegt der Unterbeteiligte abweichend davon mit den gesamten Einkünften aus der Unterbeteiligung dem progressiven Steuertarif. Hält der typische Unterbeteiligte die Unterbeteiligung in einem Betriebsvermögen, so unterliegt er mit seinen Einkünften aus der Unterbeteiligung wegen §§ 32d Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 8 EStG n.F. ebenfalls dem progressivem Einkommensteuertarif bzw. dem Tarif nach § 23 KStG. Das Teileinkünfteverfahren ist auf ihn genauso wenig anzuwenden, wie vor der Unternehmensteuerreform 2008 das Halbeinkünfteverfahren auf ihn anzuwenden war.
31.61
Hält der Hauptbeteiligte seinen GmbH-Anteil im Privatvermögen, unterliegt er ab dem Veranlagungszeitraum 2009 mit seinen Einkünften aus den GmbH-Anteil nach §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 32d Abs. 1, 43 Abs. 5 EStG n.F. in vollem Umfang der Abgeltungssteuer. Sind die an den typisch stillen Unterbeteiligten gezahlten Gewinnanteile beim Hauptbeteiligten als Werbungskosten zu beurteilen (siehe Rn. 31.14)3, so greift bei ihm das Verbot des Abzugs der tatsächlichen Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG n.F. ein. Das UntStRG sah bei den Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG n.F. keine Ausnahmeregelung für das Verbot des Werbungskostenabzuges vor, das Teileinkünfteverfahren ist ebenfalls nicht anzuwenden, § 3 Nr. 40 Satz 2 EStG n.F. Durch das JStG 20084 wurde jedoch die Möglichkeit geschaffen, auf Antrag nach dem Teileinkünfteverfahren unter Abzug der anteiligen Werbungskosten besteuert zu werden, wenn der Steuerpflichtige zu mindestens 25 % an der GmbH beteiligt ist oder zu mindestens 1 % an der GmbH beteiligt und für diese beruflich tätig ist, § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG n.F.5 Hält der Hauptbeteiligte seinen GmbH-Anteil in einem Betriebsvermögen, so unterliegt er, und nur er, dem Teileinkünfteverfahren nach §§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d), 3c Abs. 2 EStG n.F. bzw. der Freistellungsregelung des § 8b KStG. 1 Schulze zur Wiesche, GmbHR 1986, 236 (238); Felix KÖSDI 1985, 5791 (5801); Felix, DStZ 1988, 102 f. jeweils noch bezogen auf die Steuergutschrift im Rahmen des Vollanrechnungsverfahrens. 2 UntStRG 2008 v. 14. 8. 2007, BGBl. I 2007, 1912. 3 Möglich wäre jedoch auch eine Qualifikation als Sonderausgabe nach § 10 Nr. 1a EStG, siehe Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 372. Die Werbungskostenabzugsbeschränkung nach § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG n.F. würde in diesem Fall nicht eingreifen. 4 JStG 2008 v. 20. 12. 2007, BGBl. I, 3150. 5 Siehe dazu Knebel/Spahn/Plenker, DB 2008, 2733 (2737).
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Wegen des Verbots des Abzuges der tatsächlichen Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 EStG n.F. dürfte daher das Begründen von typischen Unterbeteiligungen an einem im Privatvermögen gehaltenen GmbH-Anteil regelmäßig steuerlich nachteilig sein. Dies kann teilweise dadurch vermieden werden, dass ein qualifizierter GmbH-Anteil begründet wird oder der GmbH-Anteil in ein Betriebsvermögen eingebracht wird.1
31.62
c) Die Besteuerung der atypischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil Auch bei der atypischen Unterbeteiligung erlangt der Unterbeteiligte der Gesellschaft gegenüber formell keine Gesellschafterstellung. Allerdings ist der atypisch Unterbeteiligte nach h.M. in der Literatur materiellrechtlich wie ein Quasi-GmbH-Gesellschafter anzusehen2. Ihm ist daher unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO der GmbH-Anteil steuerlich anteilig entsprechend dem Beteiligungsverhältnis nach dem Unterbeteiligungsvertrag unmittelbar zuzurechnen. Die Einkunftsquelle des Anteilseigners wird hier gesplittet3. Damit schlägt die Qualifikation der Einkommensart beim Anteilseigner auch auf den Unterbeteiligten durch, der so regelmäßig Einkünfte aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt4.
31.63
Diese Ansicht in der Literatur wurde vom BFH5 bestätigt. Während die h.A. in der Literatur die wirtschaftliche Inhaberschaft bei der atypischen Unterbeteiligung unabhängig von ihrer Ausgestaltung als gegeben ansah, stellte der BFH klar, dass wirtschaftliche Inhaberschaft beim Unterbeteiligten nur gegeben ist, wenn er alle mit der Beteiligung an der GmbH verbundenen wesentlichen Rechte wahrnehmen kann6. Dazu muss der Unterbeteiligte an den Vermögensrechten, der Wertentwicklung und den Verwaltungsrechten beteiligt sein. Ein beidseitiges Kündigungsrecht ist grundsätzlich unschädlich. Eine bloße Erwerbsoption reicht für die Begründung der wirtschaftlichen Inhaberschaft jedoch nicht aus7.
31.64
Sind diese Voraussetzungen gegeben, so finden bei der atypischen Unterbeteiligung bis 2008 das Halbeinkünfteverfahren bzw. die Freistellungsregelung des § 8b Abs. 1 KStG sowohl bezüglich der Gewinnanteile des Hauptgesellschaf-
31.65
1 So auch Wargulla, DB 2009, 1146 (1149 f.). 2 Schulze zur Wiesche, GmbHR 1986, 236 (238); Märkle, DStZ 1985, 508 (511); Hohaus, GmbHR 2002, 883 (885 ff.); vgl. auch BFH v. 25. 6. 1984 – GrS 4/82, BFHE 141, 405 = BStBl. II 1984, 751. 3 Wargulla, DB 2009, 1146 (1147); Märkle, DStZ 1985, 508 (511); Felix, DStZ 1988, 102; FG Düsseldorf v. 13. 6. 2001 – 2 K 1235/98 E, EFG 2001, 1383(1384); Hohaus, GmbHR 2002, 883 (885 ff.). 4 Wargulla, DB 2009, 1146 (1147); Hohaus, GmbHR 2002, 883 (888); Martens, BB 2005, 1661 (1662). 5 BFH v. 15. 5. 2005 – VIII R 34/01, GmbHR 2005, 1633. 6 BFH v. 15. 5. 2005 – VIII R 34/01, GmbHR 2005, 1633 (1635); siehe dazu auch Schulze zur Wiesche, GmbHR 2006, 630 (631 ff.); Pupeter, GmbHR 2006, 911 (913 ff.). 7 BFH v. 4. 7. 2007 – VIII R 68/05, BB 2007, 2326.
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ters als auch bezüglich der Gewinnanteile des Unterbeteiligten Anwendung1. Ebenso ist die von der Gesellschaft einbehaltene Kapitalertragsteuer (§ 43 EStG) zwischen Anteilseigner und Unterbeteiligtem aufzuteilen und entsprechend auf deren Einkommensteuer anzurechnen2. Ein Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug in Höhe des Anteils des Unterbeteiligten ist bei Hauptbeteiligten nicht vorzunehmen3, da die Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG originär und direkt beim Unterbeteiligten anfallen.
31.66
Zu berücksichtigen ist ferner, dass im Rahmen des Halbeinkünfteverfahrens die im Zusammenhang mit einer atypischen Unterbeteiligung getätigten Ausgaben (Werbungskosten, Betriebsausgaben, insbesondere Refinanzierungsaufwand) gemäß § 3c Abs. 2 EStG a.F. nur eingeschränkt bzw. gemäß § 3c Abs. 1 EStG a.F. i.V.m. § 8b Abs. 1 KStG überhaupt nicht abzugsfähig sind.
31.67
In den Veranlagungszeiträumen ab 2009 fallen die Einkünfte nach §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 32d Abs. 1, 43 Abs. 5 EStG n.F. unter die Abgeltungssteuer, wenn die Unterbeteiligung im Privatvermögen gehalten wird. Da der atypische Unterbeteiligte Einkünfte i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG und nicht des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG bezieht, ist die Ausnahmeregelung für besondere Näheverhältnisse nach § 32d Abs. 2 Satz 1 EStG n.F. m.E. nicht anwendbar. Anwendbar dürfte aber die Antragsbesteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren bei qualifizierter Beteiligung nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG n.F. sein, so dass Werbungskosten und Verluste auf Antrag wenigstens anteilig berücksichtigt werden können. Wird die atypische Unterbeteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten, so ist auf den Unterbeteiligten das Teileinkünfteverfahren anzuwenden, soweit er Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG n.F. bezieht, § 3 Nr. 40 Satz 1d EStG n.F.
31.68
Hält der Hauptbeteiligte den GmbH-Anteil im Privatvermögen, unterliegt er zwar mit Anwendung der Abgeltungsteuer auch dem Verbot des Werbungskostenabzuges. Der Hauptbeteiligte profitiert jedoch davon, dass die Einkünfte beim Unterbeteiligten originär entstehen und bei ihm daher weder Einkünfte sind, noch als Werbungskosten abgezogen werden müssten.
31.69
Die Frage, ob bei der atypischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß §§ 179 Abs. 2 Satz 2, 3, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) AO zu erfolgen hat, wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Da der GmbH-Gesellschafter selbst kein Mitunternehmer ist, kann die Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil keine Mitunternehmerschaft begründen4. Doch ist dies auch nicht erforderlich: Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO, der auf alle Einkunftsarten Anwendung findet5, ist Voraussetzung für die gesonderte Feststellung lediglich die Beteiligung mehrerer Personen 1 Zur Aufteilung der Steuergutschrift beim Anrechnungsverfahren vgl. Blaurock/Berninger, GmbHR 1990, 87 (92). 2 Schulze zur Wiesche, GmbHR 1986, 236 (239). 3 Martens, BB 2005, 1661 (1662). 4 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rn. 367; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, 334. 5 Brandis in Tipke/Kruse, § 180 AO Rn. 16; Klein, § 180 AO Rn. 8.
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an einer gemeinsamen Einkunftsquelle und der Umstand, dass die sich daraus ergebenden Einkünfte den Beteiligten steuerlich zuzurechnen sind1. Da der Unterbeteiligte trotz seiner Stellung als Quasi-Gesellschafter formellrechtlich seine Einkünfte über die Person des Anteilseigners bezieht, liegen auch die Voraussetzungen des § 179 Abs. 2 Satz 3 AO vor. Der BFH hat die Frage offen gelassen; die Anwendung des § 179 Abs. 2 Satz 3 AO im Sonderfall der Ermittlung des Gewinnes aus einer Veräußerung eines wesentlichen Anteiles gemäß § 17 EStG wegen der sog. Bruchteilsbetrachtung jedoch ausdrücklich abgelehnt2. d) Einräumung, Veräußerung und Beendigung bei der Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil Die Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil erweist sich steuerrechtlich wie bei der Personengesellschaft als Veräußerung eines Teilanteils. Hält der Anteilseigner die GmbH-Beteiligung im Betriebsvermögen, so entsteht bei ihm durch die Veräußerung ein laufender betrieblicher Gewinn bzw. Verlust. Dieser unterfällt entweder dem Halbeinkünfteverfahren bzw. in den Veranlagungsjahren ab 2009 dem Teileinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a) EStG und dem entsprechenden beschränkten Verlustabzug gemäß § 3c Abs. 2 EStG, oder, sofern der Anteilseigner körperschaftsteuerpflichtig ist, der Freistellungsregelung des § 8b Abs. 2 KStG bzw. dem Ausschluss des Verlustabzuges und der Hinzurechnung von 5 % des Veräußerungsgewinnes als fiktive, nicht abziehbare Betriebsausgaben gemäß § 8b Abs. 3 KStG.
31.70
Gehört der Anteil dagegen zum Privatvermögen des GmbH-Gesellschafters, so kann unter den Voraussetzungen des § 17 EStG, dessen Anwendungsbereich durch die Absenkung der Beteiligungsgrenze auf 1 % beträchtlich erweitert wurde, ein Veräußerungsgewinn anfallen, der gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c) EStG a.F. bis zum Veranlagungszeitraum 2008 dem Halbeinkünfteverfahren unterliegt. Auch hier gilt der beschränkte Verlustabzug gemäß § 3c Abs. 2 EStG3. Erfolgt die Einräumung der atypischen Unterbeteiligung innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Erwerb der Hauptbeteiligung, so liegt ein privates Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vor, bei dem die Anwendung des § 17 EStG wegen § 23 Abs. 2 Satz 2 EStG ausgeschlossen ist. Das StSenkG 2001 hat jedoch auch diese Gewinne durch § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. j) EStG dem Anwendungsbereich des Halbeinkünfteverfahrens unterstellt4.
31.71
1 Ebenso Streck/Schwedhelm in Formularbuch Recht und Steuern, A. 6.48 Rn. 13. 2 BFH v. 9. 5. 2000 – VIII R 41/99, BFHE 192, 273 = BStBl. II 2000, 686; von diesem Sonderfall abgesehen scheint das FG Düsseldorf v. 13. 6. 2001 – 2 K 1235/98 E, EFG 2001, 1383 von einer grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 179 Abs. 2 Satz 3 AO auszugehen. Zum praktischen Bedürfnis für die Durchführung einer gesonderten Feststellung im Rahmen des Vollanrechnungsverfahrens vgl. Blaurock/Berninger, GmbHR 1990, 87 (94) m.w.N. 3 Heinicke in L. Schmidt, § 3c EStG Rn. 30. 4 Zur Behandlung der Spekulationsgewinne nach der früheren Rechtslage vgl. Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 349; Neufang, INF 1987, 8 (13).
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Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
31.72
Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 unterliegt der Veräußerungsgewinn aus einer wesentlichen Beteiligung i.S. des § 17 EStG auch dann dem Teileinkünfteverfahren, wenn der GmbH-Anteil im Privatvermögen gehalten wird1. Dies ergibt sich daraus, dass die Beschränkung des Teileinkünfteverfahrens auf betriebliche Gewinne sich nach § 3 Nr. 40 Satz 2 EStG n.F. nicht auf Veräußerungsgewinne nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Nr. 40 Buchst. c) EStG n.F. bezieht. Auf die Gewinne aus Veräußerungen von nicht wesentlichen GmbH-Beteiligungen, die nach dem 31. 12. 2008 erworben oder begründet wurden, ist nicht mehr § 23 EStG a.F. anzuwenden. Solche Gewinne sind gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG n.F. unabhängig von einer Behaltensfrist steuerpflichtig und unterfallen in vollem Umfang der Abgeltungsteuer.
31.73
Auch bei Beendigung des Unterbeteiligungsverhältnisses ist zu unterscheiden: Gehört die Unterbeteiligung zum Betriebsvermögen des Unterbeteiligten, so hat dieser Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu versteuern, wenn die gezahlte Abfindung den Nennbetrag der Einlage übersteigt2. Handelt es sich um eine atypische Unterbeteiligung, muss konsequenterweise auch in diesem Fall das Halbeinkünfteverfahren bzw. das Teileinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a) EStG und der entsprechende beschränkte Verlustabzug gemäß § 3c Abs. 2 EStG bzw. die Freistellungsregelung des § 8b Abs. 2 KStG und der Ausschluss des Verlustabzuges gemäß § 8 Abs. 3 KStG Anwendung finden.
31.74
Wird die Unterbeteiligung dagegen im Privatvermögen gehalten, so kann im Falle der atypischen Unterbeteiligung beim Unterbeteiligten ein Veräußerungsgewinn gemäß §§ 17, 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c) EStG anfallen, soweit eine wesentliche Beteiligung vorliegt3. Bei nicht wesentlichen Beteiligungen kann ein privater Veräußerungsgewinn gemäß §§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. j) EStG a.F. anfallen4, wenn die Beteiligung bis zum 31. 12. 2008 begründet oder erworben wurde. Auch hier gilt wiederum der beschränkte Verlustabzug gemäß § 3c Abs. 2 EStG. Wurde die Beteiligung nach dem 31. 12. 2008 begründet oder erworben, unterliegen Veräußerungsgewinne unabhängig von Behaltensfristen in vollem Umfang der Abgeltungsteuer, § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG n.F. Handelt es sich dagegen um eine typische Unterbeteiligung, so ist der die Einlage übersteigende Betrag der Abfindung als sonstiger Vorteil aus dem Kapitalnutzungsverhältnis gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG a.F. zu versteuern5. Wurde die Unterbeteiligung nach dem 31. 12. 2008 begründet oder erworben, ist der Gewinn gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG n.F. zu versteu1 Hörster/Merker, NWB Beratung aktuell 2007, 1021 (1031); Volb, Unternehmensteuerreform 2008, S. 146. 2 Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 255. 3 BFH v. 18. 5. 2005 – VIII R 34/01, GmbHR 2005, 1633. 4 Schulze zur Wiesche, GmbHR 2006, 630 (635); Martens, BB 2005, 1660 (1663). 5 Vgl. BFH v. 14. 2. 1984 – VIII R 126/82, BFHE 141, 124 = BStBl. II 1984, 580 zur stillen Gesellschaft. Das Urteil ist entsprechend auf die typische Unterbeteiligungsgesellschaft anzuwenden. Kein sonstiger Vorteil i.S. des § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG liegt jedoch vor, wenn der Gewinn daraus resultiert, dass der Unterbeteiligte die Unterbeteiligung vorher unter dem Nominalwert von einem Dritten erworben hat, siehe BFH v. 18. 10. 2006 – IX R 7/04, DStR 2006, 2206 (2207).
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ern. § 20 Abs. 3 EStG n.F., der dem bisherigen § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG a.F. entspricht, dürfte sich dazu subsidiär verhalten. Wie die Beendigung führt auch die Veräußerung1 einer atypischen Unterbeteiligung zu steuerbaren Erträgen2. Die Ausführungen zur Beendigung bzw. zur Einräumung der Unterbeteiligung gelten hier entsprechend. Auch hier ist jeweils danach zu unterscheiden, ob die Unterbeteiligung im Betriebsvermögen des einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Unterbeteiligten oder in dessen Privatvermögen gehalten wird.
31.75
Die Veräußerung der im Privatvermögen gehaltenen typischen Unterbeteiligung begründete bisher grundsätzlich keine Ertragsteuerpflicht. Insbesondere war § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG a.F. nicht einschlägig, da ein etwaiger Gewinn des bisherigen Unterbeteiligten nicht als Gegenleistung für die Überlassung der Einlage erbracht wird3. Allerdings konnte ein Mehrerlös, der bei der Veräußerung einer typischen Unterbeteiligung erzielt wird, unter den Voraussetzungen der §§ 22 Satz 1 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG a.F. als privater Veräußerungsgewinn zu versteuern sein. Veräußerungsgewinn aus Veräußerungen von Unterbeteiligungen, die nach dem 31. 12. 2008 begründet oder erworben wurden, unterliegen jedoch wegen § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG n.F. der Abgeltungsteuer.
31.76
II. Gewerbesteuer Unterbeteiligungen werden gewerbesteuerlich grundsätzlich wie stille Gesellschaften behandelt. Ist der Unterbeteiligte Mitunternehmer, so gehören sämtliche Bezüge – auch Gehälter usw. – zum gewerblichen Gewinn. Von der Gesellschaft genutzte Wirtschaftsgüter des mitunternehmerischen Unterbeteiligten stellen notwendiges Betriebsvermögen dar. Die dem mitunternehmerisch Unterbeteiligten zufließenden Gewinnanteile mindern nicht den Gewerbeertrag der Hauptgesellschaft.
31.77
Hinsichtlich der bis zum Erhebungszeitraum 2007 geltenden Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 3 GewStG a.F. vertrat der BFH zunächst die Ansicht, sie sei auf die Unterbeteiligung nicht anwendbar4. Nachdem die Finanzverwal-
31.78
1 Offen ist die Frage, ob die Veräußerung oder auch die Einräumung einer Unterbeteiligung nach dem durch das UntStRG 2008 eingeführten § 8c KStG zum Untergang von Verlust- und Zinsvorträgen bei der GmbH führen kann. Siehe dazu die ablehnende Beurteilung bei der stillen Gesellschaft unter Rn. 23.45. Bei der Unterbeteiligung wäre für die Anwendbarkeit von § 8c KStG zumindest erforderlich, dass die wesentlichen Stimm- und Mitgliedschaftsrechte übertragen werden, ähnlich wie es auch für die wirtschaftliche Inhaberschaft nach BFH v. 15. 5. 2005 – VIII R 34/01, GmbHR 2005, 1633 notwendig ist. 2 Vgl. Märkle, DStZ 1985, 533 (536). 3 Vgl. Märkle, DStZ 1985, 533 (534). 4 BFH v. 20. 3. 1962 – I 39/61 U, BFHE 75, 189 = BStBl. III 1962, 337.
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tung diese Rechtsprechung nicht anwandte1, hat der BFH2 in einem späteren Fall diese Auffassung aufgegeben und § 8 Nr. 3 GewStG a.F. für anwendbar erklärt. Der Gewinnanteil des typisch Unterbeteiligten wird bei einer offen gelegten Unterbeteiligung danach zunächst als Sonderbetriebsausgabe abgezogen, sodann aber gemäß § 8 Nr. 3 GewStG a.F. analog wieder hinzugerechnet. Sonstige Vergütungen, die der Unterbeteiligte von der Hauptgesellschaft bezieht, werden von der Hinzurechnung nicht betroffen. Ab dem Erhebungszeitraum 2008 ist nach § 8 Nr. 1 Buchst. c) i.V.m. § 36 Abs. 5a GewStG n.F.3 nur noch ein Viertel der Gewinnanteile des stillen Gesellschafters hinzuzurechnen. Die Hinzurechnung ist im Gegensatz zu § 8 Nr. 3 GewStG a.F. nicht abhängig von der gewerbesteuerlichen Berücksichtigung der Gewinnanteile beim stillen Unterbeteiligten. Eine Hinzurechnung unterbleibt jedoch, soweit die Summe aller Hinzurechnungen 100 000 Euro nicht übersteigt (Hinzurechnungsfreibetrag).
31.79
Wird die Unterbeteiligung geheim gehalten, kann der auf sie entfallende Gewinn bei der Personengesellschaft nicht abgesetzt werden, so dass er im Gewerbeertrag enthalten ist und damit der Gewerbesteuer unterliegt. Der Gewinnanteil des Unterbeteiligten gehört aber auch bei diesem, sofern die Unterbeteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten wird, zum Gewinn aus Gewerbebetrieb und unterliegt daher bei ihm ebenfalls der Gewerbesteuer. Der Gewinnanteil wird also zweimal – bei der Personengesellschaft und bei dem Unterbeteiligten – zur Gewerbesteuer herangezogen. Die Finanzverwaltung sieht keine Möglichkeit, dieser doppelten gewerbesteuerlichen Erfassung auszuweichen. Eine Heranziehung des Gewinnanteils aus der Unterbeteiligung zur Gewerbesteuer auch durch die Sitzgemeinde der Personengesellschaft kann nur durch Offenlegung der Unterbeteiligung (ab 2008 nur noch teilweise) vermieden werden4.
III. Erbschaft- und Schenkungsteuer
31.80
Ist der Unterbeteiligte nur am Gewinn und Verlust des Hauptgesellschafters beteiligt, nicht aber so gestellt, wie wenn er auch am Vermögen der Gesellschaft beteiligt wäre, kann bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht über § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG eine entsprechende Vermögensquote (§ 3 BewG) zugerechnet werden. Die typische Unterbeteiligung ist vielmehr eine Kapitalforderung i.S. von § 12 BewG, die mit dem Nennwert der Einlage anzusetzen ist, sofern nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Die Frage, welcher Wert der Einlage eines Unterbeteiligten beizumessen ist und ob – gemessen am Wert der Beteiligungen – die anteilige Kapitalnutzung des Unterbeteiligten der des Hauptbeteilig1 Koordinierter Erlass des FinMin NRW v. 20. 1. 1966 – L 1422 24-U B 4, StRK GewStG § 8 Nr. 3 GewStG Nr. 3. 2 BFH v. 8. 10. 1970 – IV R 196/69, BFHE 100, 254 = BStBl. II 1971, 59; dazu Böttcher/ Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 238 f. 3 Änderung durch das UntStRG 2008 v. 14. 8. 2007, BGBl. I 2007, 1912. 4 FinMin NRW v. 15. 3. 1976 – G 1425-11-UB 4, BB 1976, 455.
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ten entspricht, ist eine allein wirtschaftliche Frage, für die das BewG unerheblich ist. Vielmehr ist der Wert der Einlage zunächst zum Verkehrswert des Vermögensanteils des Hauptbeteiligten in Beziehung zu setzen. Dementsprechend kann ein werterhöhender Umstand insoweit gegeben sein, als infolge einer bei Ansatz der Verkehrswerte prozentual niederen Einlage diese größere Nutzungen erbringt, als der Beteiligungsquote entspricht. Entsprechend dem logischen Grundsatz, dass der Teil nicht größer sein kann als das Ganze, müssen zwischen dem Wert der Hauptbeteiligung und der Unterbeteiligung Beziehungen derart bestehen, dass die Unterbeteiligung nicht mehr wert sein kann, als ihrem Verhältnis zum Wert der Hauptbeteiligung entspricht1. In seiner neueren Rechtsprechung geht der BFH2 bei der schenkweise eingeräumten typischen Unterbeteiligung jedoch davon aus, dass nicht bereits mit Einräumung der Unterbeteiligung ein Vermögensgegenstand zugewendet wird. Erst die tatsächlich an den typischen Unterbeteiligten ausgeschütteten Gewinnanteile oder Liquidationserlöse stellen freizügige Zuwendungen i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar. Für die Bewertung und das Entstehen der Steuer hat dies zur Folge, dass diese aufschiebend bedingten Zuwendungen nach § 4 BewG und § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG erst berücksichtigt werden können, wenn die Schenkung mit Ausschüttung des Gewinnanteils oder der Auskehrung des Liquidationserlöses ausgeführt ist.
31.81
Bei der Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung kommt die Gewährung der Steuerbefreiung für Betriebsvermögen nach § 13a Abs. 1 ErbStG in Betracht.
31.82
Die Tendenz der Finanzverwaltung bei atypischen stillen Unterbeteiligungen an Personengesellschaften das Vorliegen von begünstigtem Vermögen i.S. des § 13a ErbStG zu verneinen3, widerspricht dem eindeutigem Gesetzeswortlaut des § 13a ErbStG. Bei Vorliegen einer ertragsteuerlichen Mitunternehmerschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG kommt es nicht auf die zivilrechtliche Zuordnung des Betriebsvermögens an4. Die atypische Unterbeteiligung stellt nach richtiger Ansicht begünstigtes Vermögen dar.
31.83
Bei der schenkweisen Einräumung einer typischen stillen Unterbeteiligung scheitert die Anwendbarkeit des § 13a Abs. 2 ErbStG nach Ansicht des BFH allein schon daran, dass durch die Einräumung der Beteiligung schon kein Vermögensgegenstand zugewendet wird5.
31.84
1 BFH v. 10. 3. 1970 – BFH II 83/62, BFHE 99, 133 = BStBl. II 1970, 562. 2 BFH v. 16. 1. 2008 – II R 10/06, DStR 2008, 768 (769). 3 Verfügung der OFD Münster v. 30. 3. 2007, Kurzinformation. Sonstige Besitz- und Verkehrsteuern Nr. 001/2007, DStR 2007, 1125. Siehe aber auch OFD Karlsruhe v. 18. 5. 2009 – S 3806/51, ErbSt-Kartei BW § 13a ErbStG Karte 10. 4 So auch Hannes/Otto, ZEV 2005, 464 (467) und Carlé/Fuhrmann, FR 2006, 749 (755). 5 BFH v. 16. 1. 2008 – II R 10/06, DStR 2008, 768 (769).
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IV. Zusammenfassung
31.85
Steuerrechtlich ist zwischen typischer und atypischer Unterbeteiligung zu unterscheiden. Bei der typischen Unterbeteiligung bezieht der Unterbeteiligte Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Die Gewinnanteile des typischen Unterbeteiligten sind beim Hauptgesellschafter als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Den Hauptbeteiligten trifft die Pflicht zum Kapitalertragsteuerabzug. Die einbehaltene Kapitalertragsteuer wird bis zum Veranlagungszeitraum 2008 beim typischen Unterbeteiligten auf seine Einkommensteuer angerechnet. Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 hat der Kapitalertragsteuerabzug in der Regel abgeltende Wirkung. Wird die Unterbeteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten oder besteht ein besonderes Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG, gilt der progressive Steuersatz. Bei der atypischen Unterbeteiligung besteht eine Parallelität der Einkunftsarten, wobei die Qualifikation der Einkünfte beim Hauptbeteiligten auf den Unterbeteiligten durchschlägt. Es gelten die allgemeinen Kriterien des Mitunternehmerbegriffs, wobei nach richtiger Ansicht bei der Beurteilung der Mitunternehmerinitiative das Wirksamwerden der Mitverwaltungsrechte des Unterbeteiligten auch in der Hauptgesellschaft erforderlich ist. Der Unterbeteiligte bezieht dann gewerbliche Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG. Rechtsprechung und h.L. unterscheiden hingegen zwei Mitunternehmerschaften. Besonderheiten gelten für die Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil: Der dem Unterbeteiligten zugewandte Gewinnanteil beeinflusst den körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn der GmbH nicht. Der typische Unterbeteiligte bezieht vom Hauptbeteiligten Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG und unterliegt ab dem Veranlagungsjahr 2009 mit seinen Einkünften aus der stillen Unterbeteiligung der Abgeltungsteuer, es sei denn, es besteht ein besonderes Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 EStG oder die Unterbeteiligung wird in einem Betriebsvermögen gehalten. Hält der Hauptbeteiligte seinen GmbH-Anteil im Privatvermögen, unterliegt er ab dem Veranlagungsjahr 2009 mit seinen Einkünften aus den GmbH-Anteil nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG in vollem Umfang der Abgeltungsteuer. Die an den typisch stillen Unterbeteiligten gezahlten Gewinnanteile unterliegen dem Verbot des Abzugs der tatsächlichen Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG. Auf Antrag kann er jedoch nach dem Teileinkünfteverfahren unter Abzug der anteiligen Werbungskosten besteuert werden, wenn er zu mindestens 25% an der GmbH beteiligt ist oder zu mindestens 1% an der GmbH beteiligt und für diese beruflich tätig ist, § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG. Hält der Hauptbeteiligte seinen GmbH-Anteil in einem Betriebsvermögen, so unterliegt er dem Teileinkünfteverfahren.
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Auch bei der atypischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil erlangt der Unterbeteiligte der Gesellschaft gegenüber formell keine Gesellschafterstellung. Allerdings ist der atypisch Unterbeteiligte nach h.M. in der Literatur materiellrechtlich wie ein Quasi-GmbH-Gesellschafter anzusehen. Ihm ist daher unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO der GmbH-Anteil steuerlich anteilig entsprechend dem Beteiligungsverhältnis nach dem Unterbeteiligungsvertrag unmittelbar zuzurechnen. In den Veranlagungszeiträumen ab 2009 fallen die Einkünfte daher nach §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 32d Abs. 1, 43 Abs. 5 EStG unter die Abgeltungsteuer, wenn die Unterbeteiligung im Privatvermögen gehalten wird. Bei qualifizierter Beteiligung ist nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG auf Antrag das Teileinkünfteverfahren anwendbar, so dass Werbungskosten und Verluste wenigstens anteilig berücksichtigt werden können. Wird die atypische Unterbeteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten, so ist auf den Unterbeteiligten das Teileinkünfteverfahren anzuwenden, soweit er Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG bezieht, § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d) EStG.
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Anhang Vertrag über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft1 zwischen der Kommanditgesellschaft unter der Firma X & Co. KG mit Sitz in . . . (Ort, Straße), vertreten durch ihre persönlich haftenden Gesellschafter . . . (Namen, Adressen) – im Folgenden auch: die Inhaberin – und Herrn A, wohnhaft in . . . (Ort, Straße) – im Folgenden auch: der stille Gesellschafter – § 1 Begründung der Gesellschaft (1) Die Kommanditgesellschaft unter der Firma „X & Co. KG“ ist Inhaberin des in . . . (Ort, Straße) betriebenen Handelsgewerbes mit dem Gegenstand . . . (Unternehmenszweck)2. (2) An diesem Handelsgewerbe beteiligt sich A als stiller Gesellschafter, ohne dadurch am Gesellschaftsvermögen beteiligt zu sein, nach näherer Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen3. § 2 Dauer der Gesellschaft, Geschäftsjahr (1) Die Gesellschaft wird auf unbestimmte Dauer abgeschlossen und beginnt am . . .4. (2) Das Geschäftsjahr der stillen Gesellschaft entspricht dem der Inhaberin. § 3 Einlage des stillen Gesellschafters5 (1) Der stille Gesellschafter erbringt eine Bareinlage von . . . Euro. Diese ist sofort fällig. 1 Die elektronische Version der Musterverträge kann beim Verlag abgerufen werden (E-Mail: [email protected]). 2 Vgl. Rn. 10.4 ff.; zur Beteiligung an einem Handelsgewerbe Rn. 5.2 ff. 3 Zur Klarstellung, dass es sich um ein typisches stilles Gesellschaftsverhältnis handelt, könnte man eine Vermögensbeteiligung des Gesellschafters auch ausdrücklich ausschließen; vgl. Rn. 10.1. 4 Vgl. Rn. 10.40. Möglich ist auch die Vereinbarung einer festen Dauer, eventuell mit der Möglichkeit der Fortsetzung, sei es automatisch bei fehlender Kündigung oder durch (formlose) Erklärung; vgl. Rn. 10.40. 5 Vgl. allgemein zu Beitrag und Einlage Rn. 6.1 ff., 10.21 ff.
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Vertrag typische stille Gesellschaft
(2) Die Inhaberin ist zur sicherungsweisen Abtretung der Forderung gemäß Abs. 1 an Dritte im Rahmen und zur Förderung des Unternehmenszwecks der Inhaberin berechtigt. § 4 Geschäftsführung1 (1) Die Geschäftsführung steht allein der Inhaberin zu2. (2) Folgende Rechtsgeschäfte und Handlungen darf die Inhaberin jedoch nur mit Zustimmung des stillen Gesellschafters vornehmen3: a) Änderungen des Gegenstandes des Unternehmens; b) Formwechsel, Verschmelzung oder Spaltung des Unternehmens; c) Erwerb von oder Beteiligung an anderen Unternehmen sowie deren Veräußerung; d) Veräußerung oder Verpachtung des Unternehmens oder eines Teils des Unternehmens; e) Aufnahme neuer Gesellschafter einschließlich der Beteiligung weiterer stiller Gesellschafter4; f) vollständige oder teilweise Einstellung des Gewerbebetriebes; g) Errichtung von Zweigniederlassungen; h) Abschluss, Änderung oder Aufhebung von Gewinn- und Verlustübernahmeverträgen. (3) Beabsichtigt die Inhaberin die Vornahme einer der in Abs. 2 genannten Maßnahmen, so teilt sie dies dem stillen Gesellschafter mit und fordert ihn zur Erteilung seiner Zustimmung auf. Ist eine Stellungnahme des stillen Gesellschafters innerhalb von . . . Wochen seit Absendung der Aufforderung nicht erfolgt, so gilt seine Zustimmung als erteilt; hierauf ist in der Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme ausdrücklich hinzuweisen. Erklärt der Gesellschafter innerhalb dieser Frist, dass er die vorgenommene Maßnahme nicht billige, so muss er diese bei der Gewinnberechnung und bei der Aus-
1 Vgl. Rn. 10.17 ff. 2 Zur Geschäftsführung durch den Inhaber allgemein vgl. Rn. 12.4 ff. Zur Beteiligung des stillen Gesellschafters an der Geschäftsführung vgl. Rn. 12.90 ff., 12.96 f. 3 Zur Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis Rn. 12.37 ff. Der Zustimmungskatalog deckt nur die Fälle der Gefährdung des Gesellschaftszwecks ab. Je nach den Umständen kann dem stillen Gesellschafter auch ein Mitwirkungsrecht an über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgehenden Geschäftsführungsmaßnahmen eingeräumt werden: Grundstücksgeschäfte, Prokuristenbestellung, bestimmte Dauerschuldverhältnisse, sowie z.B. Bürgschaften, Schuldversprechen, Garantien, Spekulationsgeschäfte. 4 Bei Publikumsgesellschaften ist dagegen eine ausdrückliche Ermächtigung der Inhaberin zur Aufnahme stiller Gesellschafter empfehlenswert.
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einandersetzung nicht gegen sich gelten lassen. Etwaige weitergehende Rechte des stillen Gesellschafters bleiben unberührt1. § 5 Informations- und Kontrollrechte, Geheimhaltungspflicht (1) Dem stillen Gesellschafter stehen die gesetzlichen Informations- und Kontrollrechte des § 233 HGB zu2, und zwar auch nach Beendigung der Gesellschaft in dem zur Überprüfung des Auseinandersetzungsguthabens erforderlichen Umfang. (2) Diese Informations- und Kontrollrechte kann der stille Gesellschafter auch durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer wahrnehmen lassen. (3) Der stille Gesellschafter hat über alle ihm bekannt gewordenen Angelegenheiten der Gesellschaft Stillschweigen zu bewahren. Diese Verpflichtung gilt auch für die Dauer von . . . Jahren nach Beendigung der stillen Gesellschaft, es sei denn, das Interesse der Inhaberin erfordert die Geheimhaltung nicht. § 6 Konten des stillen Gesellschafters (1) Die Einlage des stillen Gesellschafters wird auf einem Einlagekonto verbucht3. (2) Verlustanteile werden auf einem Verlustkonto gebucht. Ist es belastet, werden alle Gewinnanteile dem Verlustkonto gutgeschrieben, bis dieses ausgeglichen ist4. (3) Alle sonstigen die stille Gesellschaft betreffenden Buchungen, insbesondere Gewinngutschriften und Auszahlungen, werden auf einem Privatkonto vorgenommen. Dieses ist im Soll und Haben mit . . . v.H. über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank5 zu verzinsen. § 7 Jahresabschluss6 (1) Die Inhaberin hat innerhalb von . . . Monaten7 nach Ablauf eines jeden Geschäftsjahres den Jahresabschluss (Handelsbilanz, Gewinn- und Verlustrech1 Zur Haftung des Inhabers für schuldhafte Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis vgl. Rn. 12.40. 2 Vgl. allgemein Rn. 10.17 ff., 12.65 ff. Erweiterungen und Beschränkungen sind zulässig, z.B. um die Rechte des § 716 BGB; vgl. Rn. 12.88 ff. 3 Zum Einlagekonto Rn. 6.83 ff. Zur Bewertung der Einlage vgl. Rn. 6.62 ff. Die Höhe der auf dem Einlagekonto verbuchten stillen Beteiligung kann von den Vertragsparteien abweichend bestimmt werden. 4 Vgl. Rn. 14.71. 5 Es kann natürlich auch eine feste Verzinsung vereinbart werden. 6 Zum Verhältnis des Jahresabschlusses zur internen Rechnungslegung Rn. 13.1 ff., 14.8 ff. 7 § 243 Abs. 3 HGB fordert nur die Aufstellung des Jahresabschlusses „innerhalb der dem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit“, vgl. Rn. 14.16. Einen
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Anh.
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nung) zu erstellen und diesen dem stillen Gesellschafter unverzüglich zuzusenden. Einwendungen gegen den Jahresabschluss hat der stille Gesellschafter innerhalb von . . . Wochen nach Zugang des Jahresabschlusses schriftlich geltend zu machen. Nach Ablauf dieser Frist gilt der Jahresabschluss als genehmigt1. (2) Der Jahresabschluss hat den einkommensteuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften zu entsprechen. Er ist auch im Interesse des stillen Gesellschafters aufzustellen. § 8 Gewinn- und Verlustbeteiligung (1) Der stille Gesellschafter ist mit . . . v.H. am Gewinn und mit . . . v.H. am Verlust beteiligt2. Dieser Quote liegen die Kapitalverhältnisse bei Begründung der stillen Gesellschaft zugrunde; ändern sie sich, ist die Quote unter Berücksichtigung der neuen Kapitalverhältnisse entsprechend anzupassen. (2) Der Ergebnisbeteiligung des stillen Gesellschafters ist der im steuerlichen Jahresabschluss ausgewiesene Ertrag vor Berücksichtigung des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinn- oder Verlustanteils nach Durchführung folgender Korrekturen zugrunde zu legen3: a) Erhöhte Absetzung und Sonderabschreibungen werden nach Wahl der Inhaberin durch degressive oder lineare Absetzung ersetzt. b) Steuerfreie Rücklagen werden bei ihrer Bildung dem Ergebnis zugerechnet, bei ihrer Auflösung abgesetzt.
Anhaltspunkt mag die Sechsmonatsfrist des § 264 Abs. 1 Satz 4 HGB für kleine Kapitalgesellschaften bieten. 1 Die Genehmigung des Jahresabschlusses räumt dem stillen Gesellschafter keine Beteiligung an der Feststellung des Jahresabschlusses der Inhaberin ein, sondern bewirkt nur seine Maßgeblichkeit für diese und die folgenden Rechnungsperioden. Die Interessen des stillen Gesellschafters an einer angemessenen Ausübung von Bilanzierungswahlrechten und -spielräumen wird durch Abs. 2 sicher gestellt. Diese Regelung umgeht die Schwierigkeiten einer gesonderten Jahresrechnung für den stillen Gesellschafter, vgl. Rn. 14.8 ff. 2 Zur gesellschaftsvertraglichen Regelung der Gewinn- und Verlustverteilung Rn. 14.3 ff. Denkbar ist insbesondere die höhenmäßige Begrenzung auf . . . v.H. der Einlage, bzw. der nach § 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB zulässige Ausschluss einer Verlustbeteiligung. Auch kann vereinbart werden, dass Gewinnanteile nicht dem Privatkonto, sondern in bestimmter Höhe zunächst dem Einlagekonto des stillen Gesellschafters gutgeschrieben werden, so dass sich der Wert seiner Beteiligung erhöht. 3 Die Ergebnisverteilung ist auf der Grundlage der Handels- oder der Steuerbilanz vorzunehmen. Da erstere aber nicht den Schutz einer steuerlichen Außenprüfung bietet, wird hier die Steuerbilanz zugrunde gelegt. Fehlt eine solche Regelung oder sehen §§ 7, 8 dies vor, so ist die Handelsbilanz maßgeblich. Außerdem sollte zu Beginn der stillen Gesellschaft eine Schätzung des Unternehmenswertes vorgenommen werden, die dann den späteren Bewertungen zugrunde gelegt wird. Die aufgeführten Korrekturen werden wegen § 4 Abs. 3 Satz 3 ergänzt durch die Geschäftsführungsmaßnahmen, die der stille Gesellschafter bei Verweigerung seiner Zustimmung nicht gegen sich gelten lassen muss.
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c) Soweit Vergütungen an Mitunternehmer der Inhaberin gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Steuerbilanz nicht als Aufwand abgesetzt sind, sind diese abzusetzen. d) Soweit Leistungen eines Mitunternehmers, die handelsrechtlich als Ertrag anzusehen sind (z.B. Zinszahlungen), in der Steuerbilanz nicht als Einnahmen ausgewiesen werden, sind diese hinzuzusetzen. e) Außerordentliche Aufwendungen und Erträge, die auf Geschäftsvorfälle aus der Zeit vor Beginn der stillen Gesellschaft zurückgehen, sind hinzu- bzw. abzusetzen. f) Gewinne und Verluste aus Abgängen von Gütern des Anlagevermögens, die bei Beginn der stillen Gesellschaft zum Betriebsvermögen der Inhaberin gehören, sind insoweit hinzu- bzw. abzusetzen, als sie auf Vorfälle aus der Zeit vor Beginn der stillen Gesellschaft zurückgehen. (3) Wird der Jahresabschluss der Inhaberin (z.B. aufgrund einer steuerlichen Außenprüfung) bestandskräftig geändert, so sind die geänderten Ansätze auch bei der Ergebnisbeteiligung des stillen Gesellschafters zu berücksichtigen; Ausgleichszahlungen sind innerhalb von vier Wochen nach bestandskräftiger Änderung des Jahresabschlusses vorzunehmen. § 9 Entnahmen (1) Der stille Gesellschafter ist berechtigt, Entnahmen zu Lasten des Guthabens auf seinem Privatkonto zu tätigen. Die Inhaberin ist berechtigt, das Guthaben des stillen Gesellschafters auf seinem Privatkonto jederzeit ganz oder teilweise auszuzahlen1. (2) Als Abschlagszahlung kann der stille Gesellschafter im laufenden Geschäftsjahr jeweils zum Quartalsende Entnahmen in Höhe von 25 v.H. des zuletzt festgestellten Gewinnanteils vornehmen2. Im Gründungsjahr berechnet sich die Höhe der Abschlagszahlung nach dem zu schätzenden Gewinnanteil. Restzahlungen auf den Gewinnanteil bzw. die Rückzahlung überhöhter Abschlagszahlungen müssen innerhalb von vier Wochen nach Feststellung der Bilanz erfolgen. (3) Die Inhaberin kann die Auszahlung des Gewinnanteils bzw. der Abschlagszahlungen ganz oder zum Teil ablehnen, soweit die Liquiditätslage dies erforderlich macht3 oder sich im Laufe des Geschäftsjahres ergibt, dass der dem Privatkonto gutzuschreibende Gewinnanteil geringer sein wird als die Summe der gemäß Abs. 2 möglichen Abschlagszahlungen.
1 Dies zur Vermeidung der Verzinsungspflicht nach § 6 Abs. 3 Satz 2. 2 Vgl. Rn. 14.64. 3 Durch das Entnahmerecht des stillen Gesellschafters können erhebliche Liquiditätsbelastungen für die Inhaberin eintreten. Alternativ zur hier vorgeschlagenen Generalklausel können etwa Kündigungsfristen für Entnahmen ab einer bestimmten Höhe vereinbart oder die Gewinnanteile in entnahmefähige (z.B. in Höhe der Steuerpflicht des stillen Gesellschafters) und nicht entnahmefähige eingeteilt werden.
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§ 10 Abtretung und Belastung von Anteilen1 (1) Veräußerung, Abtretung und Verpfändung des stillen Gesellschaftsanteils sowie Vereinbarung einer Unterbeteiligung, Nießbrauchbestellung und Einräumung von Treuhandverhältnissen sind nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der Inhaberin zulässig. Die Versagung der Zustimmung ist nur aus wichtigem Grund möglich. (2) Dies gilt auch für die Abtretung und Verpfändung von Gewinnansprüchen und Guthaben auf dem Privatkonto. § 11 Tod des stillen Gesellschafters2 Beim Tod des stillen Gesellschafters treten seine Erben oder Vermächtnisnehmer hinsichtlich der stillen Beteiligung in seine Rechtsstellung ein. Mehrere Erben oder Vermächtnisnehmer haben sich gegenüber der Inhaberin durch einen gemeinsamen Bevollmächtigten vertreten zu lassen. Auf Verlangen der Inhaberin hat ihr der Bevollmächtigte seine Vertretungsbefugnis durch notariell beglaubigte Vollmacht nachzuweisen. Mit Ausnahme des Gewinnbezugsrechtes ruhen die Rechte der Erben aus diesem Vertrag bis zum Nachweis der Bevollmächtigung. § 12 Umwandlung der Geschäftsinhaberin3 Das stille Gesellschaftsverhältnis endet nicht durch Umwandlung der Geschäftsinhaberin. Durch Anpassung des vorliegenden Vertrages ist jedoch sicherzustellen, dass dem stillen Gesellschafter in dem übernehmenden/neuen Rechtsträger vergleichbare Rechte wie vor der Durchführung der Umwandlung zustehen. § 13 Kündigung4 (1) Die stille Gesellschaft kann von jedem der beiden Gesellschafter mit einer Frist von . . . Monaten zum Ablauf eines Geschäftsjahres gekündigt werden, erstmals jedoch zum . . . (2) Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt; als solcher gilt neben den in § 234 HGB i.V.m. § 723 BGB genannten Gründen insbesondere auch:
1 Vgl. Rn. 10.29 ff. Ganz zustimmungsfrei könnte man aber die Übertragung des Anteils auf Abkömmlinge stellen. 2 Vgl. Rn. 10.37, 15.49 ff. Die Frage des Todes des Inhabers (Rn. 10.55 ff., 15.42 ff.) stellt sich hier nicht; vgl. aber zur Auflösung der Inhaber-Handelsgesellschaft Rn. 15.58 ff. Bei der Beteiligung am Handelsgewerbe einer natürlichen Person kann die Fortsetzung der stillen Gesellschaft mit den Erben des Inhabers vereinbart werden. Zur erbrechtlichen Regelung Rn. 15.42 ff. 3 Vgl. Rn. 18.2 ff. 4 Vgl. Rn. 15.20 ff.
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a) die Auflösung der Inhaberin; b) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des stillen Gesellschafters; c) die Zwangsvollstreckung in Gesellschaftsrechte des stillen Gesellschafters, wenn die Vollstreckungsmaßnahmen nicht innerhalb von . . . wieder aufgehoben werden; d) die Ertragslosigkeit der Gesellschaft während einer Dauer von . . . Geschäftsjahren; e) die Vornahme eines nach § 4 Abs. 2 zustimmungsbedürftigen Geschäftes ohne die erforderliche Zustimmung (3) Die Kündigung ist durch eingeschriebenen Brief mit Rückschein oder gegen schriftliche Empfangsbestätigung gegenüber dem anderen Vertragspartner auszusprechen. Für die Fristwahrung ist der Zugang der Kündigung maßgeblich. § 14 Auseinandersetzung1 (1) Bei Beendigung der stillen Gesellschaft ist der stille Gesellschafter abzufinden2. (2) Soweit die Beendigung der stillen Gesellschaft nicht mit dem Ende des Geschäftsjahres zusammenfällt, ist zur Ermittlung des Auseinandersetzungsanspruchs auf der Grundlage der in §§ 7, 8 genannten Grundsätze eine Auseinandersetzungsbilanz auf den Tag der Beendigung aufzustellen3. Die Kosten hierfür werden von der Inhaberin und dem stillen Gesellschafter hälftig getragen. Stille Reserven sind nicht zu berücksichtigen. Am Ergebnis schwebender Geschäfte, die nicht bilanzierungspflichtig sind, nimmt der stille Gesellschafter nicht teil4. (3) § 8 Abs. 3 Satz 1 gilt entsprechend. (4) Das Auseinandersetzungsguthabens ist in . . . gleichen Vierteljahresraten auszuzahlen, von denen die erste . . . Monate nach dem Tag der Beendigung der stillen Gesellschaft fällig wird. Die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens ist angemessen zu strecken, wenn die Zahlung nach Satz 1 der Inhaberin im Hinblick auf ihre Liquiditätslage unzumutbar ist5.
1 Vgl. Rn. 10.23 ff., 16.1 ff. 2 Nach hier vertretener Auffassung ist zwischen Auflösung und Beendigung der stillen Gesellschaft zu unterscheiden, vgl. Rn. 15.3 ff. 3 Vgl. Rn. 16.12, 16.16 ff. Alternativ kann auf den Kontenstand zum letzten vorhergehenden Bilanzstichtag – bereinigt um zwischenzeitliche Entnahmen und Einlagen – abgestellt werden, wobei dann der stille Gesellschafter am Ergebnis des laufenden Geschäftsjahres zeitanteilig zu beteiligen ist. Damit lassen sich die Kosten der Aufstellung einer Auseinandersetzungsbilanz einsparen. 4 Anders die allerdings streitträchtige gesetzliche Regelung in § 235 Abs. 2 HGB. 5 Diese Regelung enthält eine einseitige Begünstiung der Inhaberin und ist daher nur dann empfehlenswert, wenn im Einzelfall das Bedürfnis besteht, ihren Liquiditätsinteressen besonders Rechnung zu tragen.
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(5) Der noch ausstehende Teil des Auseinandersetzungsguthabens ist mit . . . v.H. über dem jeweils gültigen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Die aufgelaufenen Zinsen sind mit der letzten Rate fällig. § 15 Schriftform, salvatorische Klausel (1) Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages können nur schriftlich wirksam vorgenommen werden. Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. (2) Durch die Ungültigkeit einzelner Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags wird die Gültigkeit des Vertrages im übrigen nicht berührt1. In einem solchen Fall oder zur Ausfüllung einer ergänzungsbedürftigen Lücke sind die Gesellschafter verpflichtet, durch Beschluss eine angemessene Regelung zu vereinbaren, die dem am nächsten kommt, was jene gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck des Vertrages gewollt haben würden, sofern sie die Ungültigkeit der Bestimmung oder die Lücke bedacht hätten. § 16 Gerichtsstand Gerichtsstand für sämtliche Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist . . ., soweit dies zulässig vereinbart werden kann2. § 17 Vertragsausfertigung, Vertragskosten (1) Jede der vertragschließenden Parteien erhält eine Ausfertigung des Vertrages. (2) Die Kosten des Vertragsabschlusses trägt die Inhaberin. Rechtsberatungskosten trägt jede Vertragspartei selbst. Ort, Datum:
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Geschäftsinhaberin:
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Stiller Gesellschafter: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 Nach § 139 BGB ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Gesellschaftsvertrag ohne den nichtigen Teil nicht abgeschlossen worden wäre. Daher empfiehlt es sich, eine Bestimmung wie die in § 15 Abs. 2 genannte in den Vertrag aufzunehmen. 2 Alternativ könnte der Vertrag etwa folgende Schiedsklausel vorsehen: „Für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag wird laut besonderer Urkunde die ausschließliche Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vereinbart.“; vgl. Rn. 10.44 ff.
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Vertrag über die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft1 zwischen der Kommanditgesellschaft unter der Firma Y & Co. KG mit Sitz in . . . (Ort, Straße), vertreten durch ihre persönlich haftenden Gesellschafter . . . (Namen, Adressen) – im Folgenden auch: die Inhaberin – und Herrn B, wohnhaft in . . . (Ort, Straße) – im Folgenden auch: der stille Gesellschafter – § 1 Begründung der Gesellschaft (1) Die Kommanditgesellschaft unter der Firma „Y & Co. KG“ ist Inhaberin des in . . . (Ort, Straße) betriebenen Handelsgewerbes mit dem Gegenstand . . . (Unternehmenszweck). (2) An diesem Handelsgewerbe beteiligt sich A als atypischer stiller Gesellschafter nach näherer Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen. (3) Der stille Gesellschafter ist am Ergebnis, Vermögen und an den stillen Reserven der Gesellschaft beteiligt. Das Vermögen der Gesellschaft wird unbeschadet der Tatsache, dass kein Gesamthandsvermögen besteht, im Innenverhältnis wie gemeinschaftliches Vermögen behandelt. Die Beteiligung des stillen Gesellschafters erstreckt sich insbesondere auch auf die offenen und stillen Reserven der Gesellschaft. §§ 2–3 Dauer der Gesellschaft, Geschäftsjahr; Einlage des stillen Gesellschafters Wie typische stille Gesellschaft. § 4 Geschäftsführung2 (1) Die Geschäftsführung steht allein der Inhaberin zu. 1 Die elektronische Version der Musterverträge kann beim Verlag abgerufen werden (E-Mail: [email protected]). 2 Um von Mitunternehmerinitiative sprechen zu können, muss dem still Beteiligten so maßgeblicher Einfluss auf das Unternehmen des Inhabers, insbesondere seine Geschäftsführung, eingeräumt werden, dass er im Wirtschaftsleben als Unternehmer erscheint. Hierfür reicht im Regelfall die Einräumung der Rechte des Kommanditisten in §§ 164, 166 HGB oder der bürgerlich-rechtlichen Kontrollrechte nach § 716 BGB, vgl. Rn. 20.53 ff., 20.55. Ihm kann jedoch auch Geschäftsführungsbefugnis eingeräumt werden.
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(2) Die Inhaberin darf jedoch folgende Rechtsgeschäfte und Handlungen nur mit Zustimmung des stillen Gesellschafters vornehmen: a) Änderungen des Gegenstandes des Unternehmens; b) Formwechsel, Verschmelzung oder Spaltung des Unternehmens; c) Erwerb von oder Beteiligung an anderen Unternehmen sowie deren Veräußerung; d) Veräußerung oder Verpachtung des Unternehmens oder eines Teils des Unternehmens; e) Aufnahme neuer Gesellschafter einschließlich der Beteiligung weiterer stiller Gesellschafter1; f) vollständige oder teilweise Einstellung des Gewerbebetriebes; g) Errichtung von Zweigniederlassungen; h) Abschluss, Änderung oder Aufhebung von Gewinn- und Verlustübernahmeverträgen; i) Abschluss von Rechtsgeschäften, durch die die Gesellschaft im Einzelfall oder jährlich mit mehr als . . . Euro belastet wird; j) Investitionen über einen Betrag von mehr als . . . Euro; k) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten; l) Rechtsgeschäfte zwischen der Inhaberin und Gesellschaftern der Inhaberin sowie deren Angehörigen, die über den Betrag von . . . Euro bzw. bei Dauerschuldverhältnissen von . . . Euro p.a. hinausgehen. (3) Beabsichtigt die Inhaberin die Vornahme einer der in Abs. 2 genannten Maßnahmen, so teilt sie dies dem stillen Gesellschafter mit und fordert ihn zur Erteilung seiner Zustimmung auf. Ist eine Stellungnahme des stillen Gesellschafters innerhalb von . . . Wochen seit Absendung der Aufforderung nicht erfolgt, so gilt seine Zustimmung als erteilt; hierauf ist in der Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme ausdrücklich hinzuweisen. Erklärt der Gesellschafter innerhalb dieser Frist, dass er die vorgenommene Maßnahme nicht billige, so muss er diese bei der Gewinnberechnung und bei der Auseinandersetzung nicht gegen sich gelten lassen. Etwaige weitergehende Rechte des stillen Gesellschafters bleiben unberührt. § 5 Informations- und Kontrollrechte, Geheimhaltungspflicht (1) Neben den gesetzlichen Informations- und Kontrollrechten gemäß § 233 HGB stehen dem stillen Gesellschafter auch die Rechte aus §§ 716 BGB, 118 HGB zu. Sie beziehen sich auf alle Bücher und Unterlagen, die der Ermittlung der Besteuerungsgrundlage dienen, also insbesondere auch die Steuerbilanz und die Betriebsprüfungsberichte. Dies gilt auch nach Beendigung der Gesell1 Bei Publikumsgesellschaften ist dagegen eine ausdrückliche Ermächtigung der Inhaberin zur Aufnahme stiller Gesellschafter empfehlenswert.
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schaft in dem zur Überprüfung des Auseinandersetzungsguthabens erforderlichen Umfang. (2) Diese Informations- und Kontrollrechte kann der stille Gesellschafter durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer wahrnehmen lassen. (3) Der stille Gesellschafter hat über alle ihm bekannt gewordenen Angelegenheiten der stillen Gesellschaft Stillschweigen zu bewahren. Diese Verpflichtung gilt auch für die Dauer von . . . Jahren nach Beendigung der stillen Gesellschaft, es sei denn, das Interesse der Inhaberin erfordert die Geheimhaltung nicht. §§ 6, 7 Konten des stillen Gesellschafters; Jahresabschluss Wie typische stille Gesellschaft. § 8 Gewinn- und Verlustbeteiligung (1) Der stille Gesellschafter ist mit . . . v.H. am Gewinn und mit . . . v.H. am Verlust beteiligt1. Dieser Quote liegen die Kapitalverhältnisse bei Begründung der stillen Gesellschaft zugrunde; ändern sie sich, ist die Quote unter Berücksichtigung der neuen Kapitalverhältnisse entsprechend anzupassen. (2) Der Ergebnisbeteiligung des stillen Gesellschafters ist der im steuerlichen Jahresabschluss ausgewiesene Ertrag vor Berücksichtigung des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinn- und Verlustanteils nach Durchführung folgender Korrekturen zugrunde zu legen2: a) Soweit Vergütungen an Mitunternehmer der Inhaberin gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Steuerbilanz nicht als Aufwand abgesetzt sind, sind diese abzusetzen; b) Soweit Leistungen eines Mitunternehmers, die handelsrechtlich als Ertrag anzusehen sind (z.B. Zinszahlungen) in der Steuerbilanz nicht als Einnahmen ausgewiesen werden, sind diese hinzuzusetzen. (3) Wird der Jahresabschluss der Inhaberin (z.B. aufgrund einer steuerlichen Außenprüfung) bestandskräftig geändert, so sind die geänderten Ansätze auch bei der Ergebnisbeteiligung des stillen Gesellschafters zu berücksichtigen; Ausgleichszahlungen sind innerhalb von vier Wochen nach bestandskräftiger Änderung des Jahresabschlusses vorzunehmen. 1 Allerdings darf die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters nicht ausgeschlossen werden, da es sonst am Mitunternehmerrisiko fehlt. Fehlt eine besondere Regelung zur Gewinn- und Verlustbeteiligung, so erfolgt diese wegen der Mitunternehmerschaft des still Beteiligten so, als sei dieser Kommanditist des Geschäftsinhabers. 2 Da der atypisch stille Gesellschafter an den stillen Reserven beteiligt ist, findet eine Korrektur um erhöhte Absetzungen, Sonderabschreibungen und steuerfreie Rücklagen nicht statt. Gleiches gilt wegen der schuldrechtlichen Vermögensbeteiligung für Geschäftsvorfälle aus der Zeit vor Beginn der stillen Gesellschaft. Zu berücksichtigen sind dagegen Tätigkeits- und sonstige Vergütungen.
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§§ 9–13 Entnahmen; Abtretung und Belastung von Anteilen; Tod des stillen Gesellschafters; Umwandlung der Inhaberin; Kündigung Wie typische stille Gesellschaft. § 14 Auseinandersetzung (1) Bei Beendigung der stillen Gesellschaft ist der stille Gesellschafter abzufinden. (2) Das Auseinandersetzungsguthaben errechnet sich aus: a) dem Saldo des Einlage-, Verlust- und Privatkontos; b) dem seiner Beteiligungsquote entsprechenden Anteil des stillen Gesellschafters an den stillen Reserven einschließlich des Geschäftswertes der Inhaberin. (3) Soweit die Beendigung der stillen Gesellschaft nicht mit dem Ende des Geschäftsjahres zusammenfällt, ist zur Ermittlung der Kontenstände auf den Tag der Beendigung der stillen Gesellschaft auf der Grundlage der §§ 7, 8 eine Auseinandersetzungsbilanz aufzustellen1. Die Kosten hierfür trägt der stille Gesellschafter. Am Ergebnis schwebender Geschäfte, die nicht bilanzierungspflichtig sind, nimmt der stille Gesellschafter nicht teil. (4) Zur Ermittlung des Anteils des stillen Gesellschafters an den stillen Reserven ist auf den Tag der Beendigung der stillen Gesellschaft eine Auseinandersetzungsbilanz aufzustellen. Zur Ermittlung der stillen Reserven sind2 a) Grundstücke und Gebäude durch den nach dem Baugesetzbuch bestellten Gutachterausschuss schätzen zu lassen; b) sonstige Wirtschaftsgüter (mit Ausnahme von Beteiligungsrechten) nach den steuerlichen Bewertungsvorschriften anzusetzen; c) steuerfreie Rücklagen, die während der Dauer der stillen Gesellschaft gebildet wurden, aufzulösen; d) Beteiligungen entsprechend den Buchstaben a–c zu behandeln, bzw., soweit es sich um zum amtlichen Handel zugelassene oder in den geregelten Freiverkehr einbezogene Wertpapiere handelt, die entsprechenden Kurse anzusetzen. (5) Der Geschäftswert ist durch einen von beiden Vertragsparteien zu benennenden Wirtschaftsprüfer zu ermitteln3. 1 Diese Regelung kann ersetzt werden durch die Zugrundelegung des letzten Jahresabschlusses und eine zeitanteilige Ergebnisbeteiligung für das laufende Geschäftsjahr. 2 Bei weniger umfangreichem Betriebsvermögen der Inhaberin kann auch ein weniger aufwendiges Bewertungsverfahren durchgeführt werden, etwa nach dem Verkehrswert der stillen Reserven. Kommt eine Einigung hierüber nicht zustande, so kann die Bewertung durch einen Schiedsgutachter durchgeführt werden. 3 Die Ermittlung des Firmenwertes ist in der Regel schwierig. Es kann daher zweckmäßig sein, die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Geschäftswert auszuschließen. Zumindest bei Liquidation des gesamten Unternehmens muss freilich der stille Gesellschafter auch am Geschäftswert beteiligt werden, um die Anerkennung der stil-
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(6) Endet die stille Gesellschaft mit Liquidation der Inhaberin, so ist für die Ermittlung der stillen Reserven und des Geschäftswertes der Liquidationserlös maßgebend. (7) § 8 Abs. 3 Satz 1 gilt entsprechend. (8) Das Auseinandersetzungsguthaben ist – außer im Falle der Liquidation der Inhaberin – in . . . gleichen Vierteljahresraten auszuzahlen, von denen die erste drei Monate nach dem Tag der Auflösung der stillen Gesellschaft fällig wird. Die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens ist angemessen zu strecken, wenn die Zahlung nach Satz 1 der Inhaberin im Hinblick auf ihre Liquiditätslage unzumutbar ist. Wird die stille Gesellschaft durch Liquidation der Inhaberin beendet, so ist der Auseinandersetzungsanspruch innerhalb von . . . Monaten nach seiner Feststellung fällig. (9) Der noch ausstehende Teil des Auseinandersetzungsguthabens ist mit . . . v.H. über dem jeweils gültigen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Die aufgelaufenen Zinsen werden ebenfalls verzinst. Sie sind mit der letzten Rate fällig. §§ 15–17 Schriftform, salvatorische Klausel; Gerichtsstand; Vertragsausfertigung, Vertragskosten Wie typische stille Gesellschaft. Ort, Datum:
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Geschäftsinhaberin:
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Stiller Gesellschafter: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
len Gesellschaft als Mitunternehmerschaft zu erreichen, vgl. Rn. 20.55 ff. Bei der atypischen stillen Gesellschaft ist allerdings zwar nicht bei Beendigung allein der stillen Gesellschaft, wohl aber bei Auflösung des gesamten Unternehmens eine Beteiligung des still Beteiligten am selbstgeschaffenen Firmenwert erforderlich, vgl. Rn. 20.55 ff. Diese geschieht dann über den Liquidationserlös.
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Stichwortverzeichnis Die Zahlen verweisen auf die Randnummern.
Abfärbetheorie – Einkommensteuer 22.13 ff. Abgeltungsteuer 22.284 ff. – abgeltende Wirkung 22.285 ff. – Ausnahmetatbestände 22.300 ff. – Günstigerprüfung 22.261, 22.296 ff. – Kapitalertragsteuer 22.264 ff. – Pflichtveranlagung 22.289 ff. – typische stille Gesellschaft 22.285 ff. – Unterbeteiligung 31.16 f., 31.59 ff., 31.67 f. – Veranlagungsoption 22.296 ff. – Veranlagungswahlrecht 22.292 ff. – verdeckte Gewinnausschüttung 23.30 f. – Verlustausgleichstopf 22.274 – Verluste 22.254 f., 22.274 – Werbungskosten 22.219 ff., 22.245, 22.258, 31.61 f. Abgrenzung stille Gesellschaft andere Rechtsformen – Darlehen 10.38, 21.45 – Handelsgesellschaften 4.17 ff. – Genussrechte 8.36 – Kapitalgesellschaften 4.17 ff. – Koalitions-Franchising 8.2 – Kommanditgesellschaft 8.8 f. – Kommissionsgeschäft 8.50 f. – Metageschäft 5.35 – Miet-, Pacht-, Verlagsvertrag 8.47 ff. – OHG, KG 8.8 ff. – partiarische Rechtsverhältnisse 8.18 ff. – partiarischer Dienstvertrag 8.37 ff. – partiarisches Darlehen 4.21, 8.20 ff., 29.4 – Personenhandelsgesellschaften 8.8 ff.
Abgrenzung typische, atypische stille Gesellschaft 20.52 ff. – Beteiligung an stillen Reserven 20.63 ff. – GmbH & Still 20.66 ff. – Grundlagen 20.53 – Steuerrecht 20.8, 20.17 ff. Abschichtungsbilanz 16.9 Abtretung – siehe Übertragung accomodatio 3.2 Agio 22.246 Aktiengesellschaft 9.63 ff. – Firma 10.10 – Geschäftsinhaber 5.20, 7.19 ff., 9.63 ff. – Rentengesellschaft 7.24 – als stille Gesellschafterin 5.37 – Teilgewinnabführungsvertrag 7.20 Anerkennung – siehe Steuerliche Anerkennung Anfechtung – siehe Insolvenzanfechtung Angehöriger – siehe Naher Angehöriger anglo-amerikanischer Rechtskreis 3.81 Anhang 13.163, 13.179 Anlagevermögen 13.32 ff. – siehe auch Bilanz Anlegerschutz 19.80 ff. – aufsichtsrechtliche Schranken 19.89 ff. – Prospekthaftung 19.80 ff. Anschaffungskosten – siehe auch Bewertung – Agio 22.246 – negatives Kapitalkonto 22.107 Apotheken 9.75 f. Arbeitnehmer 2.24 ff., 8.37 ff. 853
Stichwortverzeichnis
– atypische stille Gesellschaft 2.29 ff. – Gewinnbeteiligung 2.27 f., 8.38 f. – Mitunternehmerschaft 2.29 ff. – typische stille Gesellschaft 2.33 ff. – Verlustbeteiligung 8.40 – Vermögensbeteiligungsgesetz 2.37 ff. Arbeitsleistung 21.37 f. Arbeitsvertrag – siehe Arbeitnehmer – siehe Dienstvertrag, partiarischer associazione in partecipazione 3.20 ff. Atypische stille Gesellschaft 1.30 ff., 4.14 f., 4.26 ff. – siehe auch Abgrenzung typische, atypische stille Gesellschaft – siehe auch Mitunternehmerschaft – Abfärbetheorie 22.13 ff. – Auflösung 22.113 ff. – Auseinandersetzungsguthaben 16.25 ff. – Bareinlage 22.31, 25.17 – Begriff, steuerrechtlicher 4.33 – Beteiligtenfähigkeit 22.145 – Betriebsvermögen 22.22 ff. – einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 22.24, 22.139 ff. – Einkünftequalifikation 22.8, 22.11 – Einlagekonto 22.31 ff. – Einlageminderung 22.74 ff. – Einspruchsbefugnis 22.146 ff. – Ergänzungsbilanz 22.36 – Erklärungspflicht, steuerliche 22.30 – Erscheinungsformen 4.26 ff. – fehlerhafte Gesellschaft 11.8 ff. – Geschäftsführungsbefugnis 4.32 – gewerbliche Prägung 22.8 ff., 22.13 ff., 22.20 ff. – Gewinnanteil 22.8 ff., 22.41 ff. – Gewinnbeteiligung 22.41 – Gewinnermittlung 22.22 ff. – Gleichbehandlung 12.58 – GmbH 9.61 – GmbH-Anteil 22.39, 22.57 f. – Gründung 22.3 f. 854
– – – –
KG 9.50 ff. Körperschaftsteuer 23.47 ff. Kündigung 15.23 Mitunternehmerschaft 4.24, 20.62 ff., 22.7 – negatives Kapitalkonto 22.64, 22.107 ff. – OHG 9.50 ff. – partielle Beteiligung 22.16, 24.35 – Rechtsberatung 9.77 – Rechtsformwahl 4.25 ff. – Sacheinlage 22.31, 25.17, 25.26 – Sonderbetriebsvermögen 22.37 ff. – Sonderbilanz 22.38 – Sondervergütungen 22.37 – Steuerbilanz 22.22 ff. – Steuerrechtssubjektivität 20.55 ff., 22.7, 22.27 – Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation 22.11, 22.139 – Veräußerungsgewinn, -verlust 22.97 ff. – Verlustausgleich 22.55 – Verlustbeteiligung 7.42, 22.55 ff. – Verlustrücktrag 22.55 – Verlustvortrag 22.55 – Vermögensbeteiligung 4.14 f., 6.80 – vormundschaftsgerichtliche Genehmigung 9.40 ff. – Wertberichtigungsposten 22.34 – Wettbewerbsbeschränkung 12.64 – Wettbewerbsverbot 12.56 – Zulässigkeit 1.32 ff. Atypische Unterbeteiligung – Beendigung 31.31 – Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 31.27 – Gewinnversteuerung 31.28 f. – Gründung 31.30 – Mitunternehmerschaft 31.18 ff. – Veräußerung 31.32 f. Auflösung 10.23 ff., 15.1 ff. – siehe auch Auflösungsgründe – Abwicklungsgesellschaft 15.3 – atypische stille Gesellschaft 22.113 ff.
Stichwortverzeichnis
– Auseinandersetzungsguthaben 10.23 ff., 22.116 – Fortsetzungsklauseln 15.9 – mehrgliedrige stille Gesellschaft 15.6 – Nachlassteilung 15.52 – schwebende Geschäfte 10.23 ff. – steuerliche Folgen 22.113 ff., 22.194 ff., 22.212 ff. – Tod des Inhabers 4.23 – typische stille Gesellschaft 22.194 ff., 22.212 ff. – Umsatzsteuer 25.38 ff. – Wesen 15.1 ff. – Wirkungen 15.1 ff. – Zeitpunkt 15.3 f. Auflösungsgründe 15.8 ff. – siehe auch Auflösung – auflösende Bedingung 15.13 – Auflösung Geschäftsinhaber 15.58 – außerordentliche Kündigung 15.30 ff. – Eheschließung 15.69 – Einlagerückgewähr 15.71 – Gläubigerkündigung 15.39 ff. – Handelsgewerbe 15.70 – Insolvenz 15.62 ff., 17.7 – Konfusion 15.68 – Kündigung 15.20 ff. – ordentliche Kündigung 15.21 ff. – Tod des Geschäftsinhabers 15.42 ff. – Tod des stillen Gesellschafters 15.49 ff. – Unmöglichkeit 15.15 ff. – Vereinbarung 15.10 – Zeitablauf 15.11 f. – Zweckerreichung 15.14 Auseinandersetzung 4.29, 16.35 ff. – Abschichtungsbilanz 16.9 – Abschreibungen 16.21 – Anspruchsverrechnung 16.7 – atypische stille Beteiligung 16.25 ff. – Auszahlungsanspruch 16.35 ff. – Begriff 16.8 – Dienstleistungen 16.29 ff. – Drittbeziehungen 16.7
– Einlage 16.7, 16.18 – Erfolgsermittlungsbilanz 16.9 – Geschäftswert 16.22 – Klage 16.15 – Kontrollrechte 16.44 ff. – negatives Kapitalkonto 16.47 ff. – schwebende Geschäfte 16.15, 16.56 ff. – Sonderfälle 16.27 ff. – stille Rücklagen 16.20 – typische und atypische stille Gesellschaft 16.9 – Vertragsfreiheit 16.10 – Wesen 16.1 ff. – Zeitpunkt 16.12 f. – Zweck 16.7 Auseinandersetzungsguthaben 10.23 ff., 16.14 ff. – atypische stille Gesellschaft 16.25 f. – Auszahlungsanspruch 16.35 ff., 16.65 – Auszahlungssperre 13.134 ff. – Berechnung 16.16 ff. – Beteiligungskonto 16.16 – Bilanzierung 13.145 ff. – Dienstleistungen 16.29 ff. – Durchsetzung 16.40 ff. – Ermittlung 16.14 – Fälligkeit 16.37 ff. – Gebrauchsüberlassung 16.32 – Gesellschaftsvertrag 10.23 ff. – Insolvenz 17.49 ff., 17.54 ff. – Rechtsnatur 16.27 – Rente 16.39 – Sacheinlage 16.32 ff. – typische stille Gesellschaft 16.17 ff. – Verzinsung 16.36 Ausgabeaufgeld 22.245 Ausländische Anteilseigner – beschränkte Steuerpflicht 29.1 ff. – Körperschaftsteuer 29.20 Außensteuergesetz 29.38 ff. Auslandsgesellschaften, europäische – als Geschäftsinhaberin 5.25 f. Ausstattungsversprechen 6.30 855
Stichwortverzeichnis
Begriff der stillen Gesellschaft – Steuerrecht 20.5 – Zivilrecht 4.1 ff. Beherrschender Gesellschafter 21.78 ff. – Begriff 21.80 ff. – steuerliche Behandlung 20.69, 21.85 ff. Beitragsleistung – siehe auch Beitragspflicht – Arbeitskraft 6.27 ff., 21.37 f. – Aufrechnung 6.11 – Bewertung 13.130 f. – Bilanzierung 6.7 ff., 6.31 ff., 13.124 ff. – Dienstleistungen 6.38 ff., 13.126 f. – Einbuchung 6.18 ff. – Einlage quoad sortem 6.36 f. – Einlagegutschrift 6.61. – Formen 6.6 ff. – Gebrauchsüberlassung 6.31 ff. – Geld- oder Warenkredit 6.43 – Geldeinlage 6.10 ff. – gesetzeswidrige 6.50 – Gewährleistung 6.57 f. – immaterielle Beiträge 6.45 – immaterielle Vermögensgegenstände 13.128 – Nutzungen 13.125 ff. – Nutzungsrechte 13.125 – Rückstand 13.129 – Sacheinlage 6.15 ff. – Schenkung 6.18 ff. – sittenwidrige 6.50 – steuerliche Bedeutung 20.39 – Störungen 6.50 ff. – Treuhandverhältnis 6.60 – Über-, Unterbewertung 6.26 – Unmöglichkeit 6.51 ff. – Unterlassungen 6.44 – Verzug 6.54 ff. – Wert des Streitgegenstands 6.59 – Zeitpunkt 6.46 ff. Beitragspflicht 6.1 ff., 12.3, 12.59 – siehe auch Beitragsleistung – Abgrenzung zu Einlage und Beteiligung 6.1 f. – Geschäftsinhaber 12.3 856
– Pflichtverletzung 6.54 ff. – stiller Gesellschafter 12.3 – Umfang 6.3 ff. Berichtigungsveranlagung 22.177 f. Berufsrecht 9.74 ff. Beschränkte Steuerpflicht 29.1 ff. – atypische stille Gesellschaft 29.14 ff. – Außensteuergesetz 29.38 ff. – Einkommensteuer 29.1 ff. – Erbschaftsteuer 29.22 f. – Körperschaftsteuer 29.20 – negative ausländische Einkünfte 29.43 ff. – Treuhandverhältnisse 29.11 – typische stille Gesellschaft 29.6 ff. Beteiligungsverhältnis 6.76 ff. Betreute 9.37 – siehe auch Minderjährige Betriebsaufspaltung – Kontrollrechte 12.83 Betriebsausgaben 31.3 ff. Betriebsfinanzamt 22.140 ff. Betriebsvermögen 22.22 ff., 22.253 Bewertung 13.61 ff. – siehe auch Bilanz – siehe auch Erbschaftsteuer – Abschreibungen 13.68, 13.79 ff. – Anschaffungskosten 13.68 ff. – außerplanmäßige Abschreibungen 13.80 f. – Dienstleistungen 27.39, 13.126 – dingliche Sicherheiten 27.38 – Einbringung 22.3, 22.119 – Einzelbewertung 13.63 – Fertigungsgemeinkosten 13.74 – Festbewertung 13.63 – Fifo- bzw. Lifo-Methode 13.64 – Gewinnbeteiligung 22.33 – going-concern-Prinzip 13.62 – Grundsätze 13.16 ff. – Gruppen- oder Sammelbewertung 13.63 – Herstellungskosten 13.68, 13.73 ff. – IAS/IFRS 13.164 ff. – Laufzeit 27.32 ff. – Maßgeblichkeitsgrundsatz 13.61 – Materialgemeinkosten 13.74
Stichwortverzeichnis
– – – – – – – – –
Nennwert 27.28 ff. Niederstwertprinzip 13.83 ff. Rückstellungen 13.92 f. Saldierungsverbot 13.63 Schätzungsverfahren 13.64 Stichtagsprinzip 13.62 stille Reserven 13.86 f. Stuttgarter Verfahren 27.42 Über-, Unterbewertung 27.29 ff., 27.36 ff. – umgekehrter Maßgeblichkeitsgrundsatz 13.88 ff. – Umlaufvermögen 13.83 ff. – Umsatzsteuer 13.71 – Unterbewertung 13.86 f. – Verbindlichkeiten 13.91 ff. – Vermögenseinlage 10.21 – Vertriebskosten 13.77 – Verwaltungskosten 13.76 – Vorsichtsprinzip 13.66 – Wertaufteilung 27.49 ff. Bilanz 13.98 ff. – siehe auch Bewertung, Buchführung – siehe auch Rücklagen – Abschichtungsbilanz 16.9 – Aktivseite 13.32 ff. – Anlagevermögen 13.32 ff. – Aufstellung 13.101 – Aufwandsrückstellungen 13.52 f. – Auseinandersetzungsguthaben 13.145 ff. – Bedeutung 13.1 – Bilanzidentität 13.24 – Bilanzklarheit 13.18 – Bilanzkontinuität 13.24 f. – Bilanzvollständigkeit 13.22 – Bilanzwahrheit 13.21 f. – Eigenkapital 13.43 ff., 13.107 ff. – Erfolgsermittlungsbilanz 16.9 – Feststellung 13.101 – Fremdkapital 13.108 – Geschäftswert 13.33 f. – Gliederung 13.31 ff. – Grundsätze 13.16 ff. – Imparitätsprinzip 13.27 ff. – interne Rechnungslegung 13.94 – Niederstwertprinzip 13.29
– Passivseite 13.43 ff. – Realisationsprinzip 13.27 f. – Rechnungsabgrenzungsposten 13.36 ff., 13.57 ff. – Rückstellungen 13.49 ff. – stille Beteiligung 13.156 ff. – umgekehrte Maßgeblichkeit 13.48 – Umlaufvermögen 13.35 – Unterzeichnung 13.101 – Verbindlichkeiten 13.56 – Vorsichtsprinzip 13.26 ff. – Zweck 13.16 f. Buchführung 13.1 ff., 13.98 ff. – siehe auch Bewertung, Bilanz – siehe auch Handelsbücher – Aufbewahrungspflichten 13.12 ff. – Bedeutung 13.1 – Datenträger 13.7 ff. – doppelte 13.7 – Einlagekonto 13.100 f. – gesetzliche Grundlagen 13.4 f. – Grundbuch 13.8 – Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung 13.16 ff. – Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 13.4 ff. – Kassenbuch 13.9 – Kontokorrent 13.10 – Mindestanforderungen 10.65, 13.6 ff. – Ordnungsmäßigkeit 13.4 ff. – Pflicht 13.94 ff. – Tagebuch 13.8 f. – Wareneingangsbuch 13.11 Buchwertklauseln – Wirksamkeit 10.24 ff.
collegantia 3.3 commenda 3.2 commendator 3.1
Damnum – siehe Disagio Darlehen, partiarisches 4.21 – Abgrenzung zur stillen Gesellschaft 4.21, 8.20 ff., 10.38, 21.45 857
Stichwortverzeichnis
– Gewerbesteuer 24.16 ff. – Insolvenz des Darlehensnehmers 8.27 – Kündigung 8.22 – Rückzahlung 8.22 – Steuerrecht 8.29 – Übertragbarkeit 8.25 – Widerruf 8.26 Dienstleistungen – Vermögenseinlage 6.38 Dienstvertrag, partiarischer 2.27 f., 8.37 ff. – Abgrenzung zur stillen Gesellschaft 8.37 – Gewinnbeteiligung 8.38 f. – Kontrollrechte 8.44 ff. Disagio 13.42 Dokumentationspflichten 20.26 Doppelbesteuerung 29.24 ff. – per-country-limitation 29.26 Doppelbesteuerungsabkommen 29.28 ff. – atypische stille Gesellschaft 29.33 ff. – Außensteuergesetz 29.38 ff. – Großbritannien 29.31 – Qualifikationskonflikt 29.35 ff. – Schweiz 29.36 – typische stille Gesellschaft 29.29 ff.
Eigenkapital – siehe auch Bilanz – siehe auch Kapitalersetzende stille Beteiligung – siehe auch Stille Beteiligung – Abgrenzung zu Fremdkapital 23.10 ff. Eigenkapitalähnliche stille Beteiligung 6.82, 17.25 ff., 17.62 – siehe auch Gesellschafterdarlehen – siehe auch Surrogat für Gesellschafterdarlehen – gewillkürte 17.25 ff. – GmbH 17.34 ff. – GmbH & Co. KG 17.36 – KWG 6.83 858
– – – –
MoMiG 17.17, 17.35, 17.102 ff. Nachrangabrede 17.26 ff. steuerliche Bedeutung 23.12 stille Beteiligung als Gesellschafterdahrelehen 17.34 ff. Einbringung – siehe auch Umwandlung – Kapitalgesellschaft 22.119 ff. – quoad sortem 6.36 f. – quoad usum 6.31 ff. Einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 22.139 ff. – Einspruch 22.146 ff. – Unterbeteiligung 31.28 ff. Einkommensteuer – siehe auch atypische stille Gesellschaft – siehe auch Einkünfte – siehe auch typische stille Gesellschaft – Abfärbetheorie 22.13 ff. – Abgeltungsteuer 22.285 ff. – atypischer Unterbeteiligter 31.18 ff. – beschränkte Steuerpflicht 29.1 ff. – gewerbliche Einkünfte 22.13 ff. – Gewinn- und Verlustfeststellung 22.78 – typische stille Gesellschaft 22.161 ff. – typischer Unterbeteiligter 31.2 ff. – Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter 22.89 – Unterbeteiligung 31.1 ff. Einkünfte aus Gewerbebetrieb – atypische stille Gesellschaft 22.8 ff. – typische stille Gesellschaft 22.169 – Unterbeteiligter, atypischer 31.18 ff. – Unterbeteiligung 31.1 ff. Einkünfte aus Kapitalvermögen 22.168 – Abgeltungssteuer 22.285 ff., – Auflösungsgewinn 22.194 ff., 22.212
Stichwortverzeichnis
– negative Einnahmen 22.176, 22.185, 22.221; 22.225 – Unterbeteiligter, typischer 31.2 – Veranlagung 22.288 – Werbungskosten 22.219 ff., 22.226 f., 22.245 ff., 22.251, 22.226 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft – typische stille Beteiligung 22.169 Einkünfte aus selbständiger Arbeit – typische stille Beteiligung 22.169 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung – Unterbeteiligung 31.27 Einkunftsart – Geschäftsführergehalt 22.42 ff. Einlage – Bareinlage 22.31, 25.17, 25.34 – Forderung 22.31 – Sacheinlage 22.31, 25.17, 25.26 Einlagekonto 6.84 ff., 14.61 ff. – siehe auch Negatives Kapitalkonto – siehe auch Stille Beteiligung – Auseinandersetzung 16.18, 16.47 ff. – Buchwertabfindung 10.24 f. – Einkommensteuer 22.31 ff., 22.68 – Ergänzungsbilanz 22.36 – Gewinnanteile 14.61 – Gewinnthesaurierung 14.62 – steuerliche Bewertung 22.33 ff. – Wertberichtigungsposten 22.34 Einlageleistung 6.1 ff. Einlagerückgewähr – siehe Insolvenzanfechtung Einmann-Kapitalgesellschaft 5.33 – handelsrechtliche Anerkennung 2.9 f. – steuerrechtliche Anerkennung 2.12 f. England 3.81 Entnahme – Bilanzierung 13.143 – Thesaurierungsbegünstigung 22.79 Erbengemeinschaft – Geschäftsinhaberin 5.7 – Nachlassteilung 15.52
– stille Gesellschafterin 5.40 – Umwandlung in OHG 15.46 Erbfolge – Beteiligung an der Unternehmenssubstanz 2.20 – gesellschaftsvertragliche Regelung 10.62 ff. – Minderjährige 10.60 – Nachlassteilung 5.47 – Pflichtteilsanspruch 10.59 ff. – Tod des Geschäftsinhabers 4.23 – Unterbeteiligung 5.47, 30.3 f. – Vermächtnis 10.57 – vorweggenommene Erbfolge 2.21 Erbschaftsteuer 27.1 ff. – atypische stille Gesellschaft 27.49 ff. – begünstigtes Betriebsvermögen 27.64 ff. – beschränkte Steuerpflicht 29.22 f. – Bewertung 27.19 ff. – Entstehung 27.16 – Freibeträge 2.22, 27.64 ff., 27.80 ff. – Gewinnbeteiligung 7.13 – Schenkung 2.22, 6.18 ff. – Steuerbefreiung 27.64 ff. – Steuergegenstand 27.1 ff. – Steuerklassen 27.80 f. – typische stille Gesellschaft 27.25 ff. – Unterbeteiligung 30.3 f., 31.80 ff. Erfolgsermittlungsbilanz 16.9 Ergänzungspfleger – siehe Minderjährige Ernsthaftigkeit – siehe Rechtsbindungswille Europäische Auslandsgesellschaften – Geschäftsinhaber 5.25 – Umwandlung Geschäftsinhabers deutscher Rechtsform 18.69 EWIV 5.24 – Geschäftsinhaber 5.24 – stille Gesellschafterin 5.42
Familiengesellschaft 2.18 ff., 20.72 ff. – siehe auch Gewinnbeteiligung, unangemessene 859
Stichwortverzeichnis
– – – – – – – – –
Ausstattungsversprechen 6.30 befristete Schenkung 21.31 Begriff 21.6 ff. Beitragsleistung 21.37 f. Entnahmerecht 21.33 f. Ergänzungspfleger 9.38 f. Familiensplitting 21.5 Fremdvergleich 21.24 ff. Gewinn- und Verlustbeteiligung 21.26, 21.33 – klare und eindeutige Vereinbarung 21.17 ff. – Kontrollrechte 21.25 – Kündigungsrecht 21.32 ff. – Minderjährige 9.32 ff. – Nachweis 21.11 ff. – Nichtanerkennung 21.46 – nichteheliche Lebensgemeinschaft 21.10 – Schenkung 21.42 ff. – Schenkungsteuer 21.36 – steuerliche Anerkennung 21.3 ff., 21.12 ff. – tatsächliche Durchführung 21.35 ff. – Verfügung über Gewinnanteil 21.34 ff. – Vermögenseinlage 21.35 ff. – vormundschaftliche Genehmigung 21.23 – zivilrechtliche Wirksamkeit 21.20 ff. Familienverband – siehe Unterbeteiligung Fehlerhafte Gesellschaft 11.1 ff., 11.19 ff. – Bestandsschutz 11.3 – Grenzen 11.19 ff. – Rechtsfolgen 11.28 ff. – steuerliche Bedeutung 20.12, 21.20 ff. – Verkehrsschutz 11.3 Feststellungsbescheid 22.139 ff. Festvergütung – siehe Mindestgewinn Finanzierungsfreiheit 23.10 ff. Firma 10.7 ff. Firmenwert 14.45 860
Formbedürftigkeit – siehe auch Gesellschaftsvertrag – Gesellschaftsvertrag 20.29 ff. – steuerliche Bedeutung 21.18 Frankreich 3.8 ff. Fremdkapital – siehe auch Stille Beteiligung – Abgrenzung zu Eigenkapital 23.10 ff. Fremdvergleich 21.24 ff.
Garantieversprechen 4.9 Gebrauchsüberlassung 6.31 ff. Geheimhaltungspflicht 10.41 f. Geldeinlage 6.10 ff. Gelegenheitsgesellschaft 5.6 Gemeinsamer Zweck 4.9 Genossenschaft – Geschäftsinhaber 5.22 f. – stille Gesellschafterin 5.38 Genussrechte 8.36 Gerichtsstand 10.16 Geschäftsführung 12.4 ff. – Aufgaben 12.4 ff. – Aufnahme eines stillen Gesellschafters 2.7 ff. – Ausschluss des Geschäftsinhabers 12.38 – Außenverhältnis 8.11 f., 12.44 ff., 12.93 ff. – außergewöhnliche Maßnahmen 12.24 ff. – Beschränkung 12.37 f. – Betriebsprüfung 22.177 f. – Einstellung des Geschäftsbetriebes 12.15 ff. – Entzug 12.8 – Gesellschaftsvertrag 12.1, 19.54 – Grenzen 12.9 ff. – Haftung 12.39 ff. – Privatentnahmen 12.31 ff. – Prozesspartei 10.16 – Rechtsstellung 12.2 ff., 19.54 ff. – steuerliche Behandlung des Gehalts 22.42 ff. – stiller Gesellschafter 12.6, 12.90 ff. – Tod 4.23
Stichwortverzeichnis
– Treuepflicht 12.1, 12.47 ff., 19.54 – Veräußerung des Geschäftsbetriebes 12.18 ff. – Vergütung 12.31 ff. – Vertretung 12.44 ff. – Zustimmungsbedürftigkeit 12.37 Geschäftsinhaber – Beitragspflicht 12.3 – Berichtigungsveranlagung 22.177 f. – Einkommensteuer 22.162 ff. – Einkommensteuer, typische Unterbeteiligung 31.14 ff. – Einnahme-Überschuss-Rechnung 22.165 – Erbengemeinschaft 5.7 – Erbfolge 10.55 ff. – EWIV 5.24 – Firma 10.7 ff. – Gelegenheitsgesellschafter 5.6 – Handelsgesellschaft 5.18 ff. – Kapitalertragsteuer 31.15 ff. – Kaufmannseigenschaft 5.3 ff. – Körperschaften des öffentlichen Rechts 5.27 – Liquidationsgesellschaft 5.28 ff. – Partnerschaftsgesellschaft 5.8 – Scheinkaufmann 5.17 – Stellvertretung 12.93 ff. – stille Gesellschaft 5.31 – Tod 4.23 – Vermögensgemeinschaft 4.28 – Wechsel 10.39 – Wettbewerbsbeschränkungen 12.52 ff. Geschäftsvermögen 4.20 Geschäftswert – siehe Bilanz – siehe Firmenwert Gesellschaft bürgerlichen Rechts 8.6 f. – mehrere stille Gesellschafter 5.50 ff. – stille Gesellschafterin 5.40 – Unterbeteiligung 5.36 Gesellschafterdarlehen 17.20 ff. – siehe auch Surrogat für Gesellschafterdarlehen
– des eigenkapitalähnlichen Stillen 17.19 ff. – stille Beteiligung 17.33 ff. Gesellschafterwechsel – siehe auch Übertragung – Gesellschaft als stille Gesellschafterin 12.110 – Inhabergesellschaft 12.21 ff. Gesellschaftsvermögen – atypische stille Gesellschaft 4.14 f. – Pfändung 4.15 – stille Gesellschaft 4.3 Gesellschaftsvertrag 9.2 ff. – siehe auch Gesellschaftsvertrag – Inhalt – AG 7.19 ff., 9.63 ff., 9.66 – Auseinandersetzung 16.10, 16.23, 16.38 – Auslegung 21.17 – Bedeutung 4.19 – Bedingung 9.19 – Beitragspflicht 6.3 ff. – Berufsrecht 11.23 – Betreuter 9.37 – Einmann-GmbH & Still 21.90 – Form 21.18 – Formbedürftigkeit 9.22 ff., 20.29 ff., 21.17 ff. – Gesetzeswidrigkeit 11.20 ff. – Gestaltungsfreiheit 1.16 ff. – Gewinnbeteiligung 14.3, 7.1 – GmbH 7.34 ff., 9.59 ff. – Handelsgeschäft 9.7 – Insichgeschäft 9.38 – Kapitalgesellschaft 9.59 ff. – KG 9.50 ff., 9.57 f. – Kontrollrechte 16.46 – Kündigung 15.33 ff., 19.63 ff. – Kündigungsfristen 15.28 – Mängel 11.1 ff. – mehrere Beteiligte 9.30 f. – Minderjährige 9.32 ff., 11.24 f. – Nichtigkeit 7.15, 11.2 ff. – OHG 9.50 ff., 9.57 f. – Rechtsnatur 9.8 ff. – Rückbewirkung 9.20, 20.15 – Rückwirkung 27.10 – schwebende Geschäfte 16.56 861
Stichwortverzeichnis
– Sittenwidrigkeit 11.20 ff. – Stellvertretung 9.14 ff. – Tod des Geschäftsinhabers 15.42 ff. – Tod des stillen Gesellschafters 15.55 f. – Unterbeteiligung 30.26 ff. – Vertragspartner 9.30 ff. – Vertragsschluss 9.12 ff. – Vollzug 20.11 – vormundschaftsgerichtliche Genehmigung 9.40 ff. – Vorvertrag 9.18 – Wesen 9.2 ff. – Wettbewerbsrecht 9.69 ff. – Willensmängel 9.21 – Wirksamkeit 9.18 ff. – Zustimmungserfordernis 7.25 ff. Gesellschaftsvertrag – Inhalt 10.1 ff., 14.67 f. – Abschreibungen 10.65 – Auseinandersetzungsguthaben 10.23 ff. – Beitragsleistung 10.21 f. – Buchführung 10.65 – Dauer 10.40 – Eintrittsrecht 10.65 – Erbfolge 10.62 ff. – falsa demonstratio 10.3 – Firma 10.7 ff. – Geheimhaltung 10.41 f. – Geschäfts-, Firmenwert 10.65 – Gestaltungsfreiheit 10.1 – Gewinn- und Verlustbeteiligung 7.8 ff., 7.42 f., 10.21 f. – Glücksspiel 10.14 – Informationsrechte 10.17 ff. – Insolvenz 17.27 ff. – Kontrollrechte 10.17 ff. – Mindestinhalt 10.1 ff. – Mitwirkungsrechte 10.17 ff. – Schiedsvertrag 10.46 ff. – schwebende Geschäfte 10.23 ff. – Sicherheiten 10.43 – Sitz des Unternehmens 10.15 f. – stille Reserven 10.25 – Übertragung der stillen Beteiligung 10.29 ff. 862
– Unternehmensgegenstand 10.13 f. – Vertragsstrafen 10.65 – Vorkaufsrecht 10.65 – Wettbewerbsverbote 10.65 Gesellschaftszweck 1.11 ff. – Änderung 4.31 Gestaltungsfreiheit 1.17, 1.28 ff. – Gesellschaftsform 1.16 ff. – Grenzen 1.18 ff., 1.26 – Gründe 1.16 – stille Gesellschaft 1.28 ff. Gestaltungsmissbrauch 20.10, 20.44 ff. Gewerbeertrag – atypische stille Gesellschaft 24.30 ff. – Begriff 24.6 f. – Ermittlung 24.5 f., 24.57 – Hinzurechnungen 24.8 ff., 24.46 f. – Verlust 24.62 ff. Gewerbesteuer 20.77, 24.1 ff. – Abziehbarkeit als Betriebsausgabe 24.72 – Anrechnung 22.160, 24.73 ff. – atypische stille Gesellschaft 24.30 ff. – Besteuerungsgrundlage 24.5 ff., 24.44 ff. – Freibetrag 24.33 ff. – Gewerbeertrag 24.5 ff., 24.44 ff. – Gewerbeverlust 24.62 ff. – GmbH & Still 21.68 – Haftung 24.56 – Hebesatz 24.26 – Mitunternehmerschaft 24.54 – Organschaft 24.36 ff. – partiarische Rechtsverhältnisse 24.16 – sachliche Steuerpflicht 24.30 ff. – Schuldner 24.27 – Steuermessbetrag 24.23 ff. – Steuermesszahl 24.23 f. – subjektive Steuerpflicht 24.48 ff. – typische stille Gesellschaft 24.1 ff. – Unterbeteiligung 31.77 ff. Gewinn – Begriff 7.2 – Berechnungsgrundlage 14.18 ff.
Stichwortverzeichnis
– Handelsbilanzgewinn 14.19 ff. – Steuerbilanzgewinn 14.22 ff. Gewinn- und Verlustbeteiligung 7.1 ff., 7.8 ff., 7.38 ff., 14.1 ff., 14.67 ff. – siehe auch Gewinnbeteiligung, unangemessene – Abgrenzung der stillen Gesellschaft zum Darlehen 7.4 – angemessene 14.2 – Arten 7.8 ff., 7.42 f. – atypische stille Gesellschaft 22.41 ff., 22.54 ff. – Ausschluss 6.88, 7.15, 7.38 ff. – Befreiung 6.89 – Begrenzung durch § 15a EStG 22.64, 22.232 – Begriff 7.2 ff. – Berechnung 13.144, 13.162 – Berechnungsgrundlage 14.10 – bilanzielle Behandlung 13.132 ff. – einheitliche Gewinnfeststellung 22.139 ff. – Einlagekonto 14.70 f. – Einschränkung des Verlustabzuges 22.57 ff. – Entnahmen 7.11 – Entschädigung für Aufgabe 22.200 ff. – Erlass 17.84 ff. – Gesellschaftsvertrag 7.42 f., 10.2, 14.3 – gesetzliche Regelung 14.1 ff., 14.67 f. – Gewinngarantie 7.6, 7.30 ff. – Gewinnverwendung 14.71 – Handelsbilanzgewinn 14.19 – Insolvenz 17.58 – Kapitaldividende 7.10 – Liquidationsgewinn 7.7 – Maßstäbe 7.42 – Mindestgewinn 7.30 ff. – partiarische Rechtsverhältnisse 8.16 f. – Schenkung 7.13 – schwebende Geschäfte 10.27 f. – steuerliche Bedeutung 20.8, 20.35 f.
– typische stille Beteiligung im Betriebsvermögen 22.252, 22.268, 22.283, 22.308 – typischer stiller Gesellschafter 22.161 ff. – überhöhte 7.13 – Umfang 14.34 ff., 14.70 – Umsatzbeteiligung 7.5 – Umwandlung 14.7 – uneingeschränkte Verlustbeteiligung 14.73 – Unterbeteiligung 30.55 – vertragliche Regelung 14.69 ff. – Vertragspraxis 14.10 f. – Verzinsung 7.10 – Vorzugsdividende 14.2 Gewinnanspruch – Bilanz 13.133 – deklaratorisches Schuldanerkenntnis 14.13 – Entstehung 14.52 – Erfüllungsort 14.57 – Erlöschen 14.56 – Feststellung 14.15 – Verjährung 14.60 Gewinnanteile 14.2 ff., 22.163 ff. – Abtretung 10.33 – Anspruch gegen eine OHG 14.55 – atypischer stiller Gesellschafter 22.41 ff. – Auszahlung 14.52 ff., 21.39 – Berechnung 14.8 ff. – Berechnungsgrundlage 14.10 – Besteuerung bei Auflösung 22.196 ff. – Betriebsausgaben 23.4 – Betriebsprüfung 22.177 f. – Bilanzierung 14.53, 22.188 – Darlehenskonto 14.66 – Einkommensteuer 22.175 ff. – Einlagekonto 14.61 ff. – Entschädigung für entgangene Gewinne 22.199 f. – Ermittlung 14.33 ff. – Fälligkeit 14.54 – Gesellschaftsvertrag 10.21 f. – Körperschaftsteuer 23.4 – Stehenlassen 7.12 863
Stichwortverzeichnis
– Steuerbilanz 14.26 ff. – steuerliche Bedeutung 21.34 ff. – Übertragbarkeit 14.58 – Vereinbarung 14.3 – Verzinsung 14.59 – Zufluss 22.180 ff., 22.164 f. – Zurückzahlung 14.63 Gewinnausschüttung, verdeckte – siehe Verdeckte Gewinnausschüttung Gewinnberechnung 14.18 ff. – atypische stille Gesellschaft 14.41 – Durchführung 14.33 ff. – Frist 14.16 – Grundlage 14.49 ff. – Korrekturen 14.33 – prozessuale Geltendmachung 14.17 – Rücklagen 14.37 – stillschweigende Feststellung des Gewinns 14.14 – typische stille Gesellschaft 14.42 ff. Gewinnbeteiligung, unangemessene 14.4, 20.40 ff., 21.52 ff., 21.93 ff. – entgeltlich erworbene Beteiligung 21.55 ff. – Familiengesellschaft 21.47 ff., 31.50 ff. – fehlende entgegengesetzte Interessen 21.2 ff. – Fremdvergleich 21.48 ff. – geschenkte Beteiligung 21.53 ff. – GmbH & Still 21.98 ff. – Prognose 21.50 f. – Rechtsfolgen 21.59 f. – teilweise unentgeltlich erworbene Beteiligung 21.57 – Unterbeteiligung im Steuerrecht 31.50 ff. – Zeitpunkt 21.51 Gleichbehandlung 12.58 GmbH 9.59 ff. – Auszahlung des Gewinnanteils 14.66 – Firma 10.10 – Geschäftsinhaber 5.20, 7.34 ff. – Gesellschaftsvertrag 9.59 ff. – stille Gesellschafterin 5.37 864
GmbH & Co. KG – Auszahlung des Gewinnanteils 14.66 GmbH & Still 7.34 ff. – siehe auch Einmann-GmbH & Still – Auflösung 22.113 ff., 22.193 ff., 22.213 ff. – Geschäftsführergehalt 22.42 ff., 21.69 – Gesellschaftsvertrag 21.90 – Gewerbesteuer 21.68 – Gewinnbeteiligung, angemessene 21.93 ff., 21.98 ff. – Krise der GmbH 21.77 – Mitunternehmerschaft 20.66 ff. – Rechnungslegung 20.78 – Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren 2.17 – steuerliche Anerkennung 21.3, 21.70 ff. – steuerliche Nichtanerkennung 21.92 – Über-, Unterbewertung der Einlage 21.75 ff. – Unternehmenswert 21.105 f. – Veräußerungsgewinn 21.67 – verdeckte Einlage 21.71 ff. – verdeckte Gewinnausschüttung 21.71 ff. – Verlusttransferfunktion 21.64 GmbH-Anteil – einheitliche Gewinnfeststellung bei Unterbeteiligung 31.69 – Unterbeteiligung 31.16, 31.56 ff. going-concern-Prinzip 13.62 Grenzüberschreitende Umwandlung 18.64 ff. – Formwechsel 18.67 f. – Spaltung 18.66 – Verschmelzung 18.64 f. Griechenland 3.78 ff. Grundbuch – siehe Buchführung Grunderwerbsteuer 28.1 ff. Grundlagenbescheid 22.78, 22.159 Grundsteuer 28. 11 ff. Gründung 4.3, 9.1 ff.
Stichwortverzeichnis
Haftung 6.81 ff., 12.39 ff., 12.96 ff. Haftungsmaßstab 12.40 Halbeinkünfteverfahren 23.27 ff. Handelsbilanz – siehe auch Interne Rechnungslegung – Gewinnberechnung 14.19 ff. – Gewinnberechungsgrundlage 14.20 ff. – Unterbeteiligung 30.56 Handelsbücher – Aufbewahrungsfrist 13.13 – Führung 13.6 ff. Handelsgesellschaft – Abwicklung 5.29 – Auflösung 15.58 – Geschäftsinhaber 5.18 ff. – stille Gesellschaft 5.39 Handelsgewerbe – Änderung 12.11 ff. – Beteiligung 5.32 ff. – Einstellung 12.15 ff. – Ergebnis 7.4 – Fortführung 12.14 – Fortführung durch Erben 5.47 – Geschäftsinhaber 5.10 ff. – Gesellschaftsvertrag 12.14 – mehrere stille Gesellschafter 5.54 ff. – partielle Beteiligung 5.35, 22.16, 22.38, 24.35 – Scheinkaufleute 5.17 – Stehenlassen der Gewinnanteile 7.12 – Unternehmensgegenstand 10.13 f. – Veräußerung 12.15 ff. Herstellungskosten – siehe Bewertung
Imparitätsprinzip 13.27 ff. Informationsrechte 10.17 ff. – Abtretung 10.30 ff. Innengesellschaft 4.10 ff. – Auseinandersetzung 4.14 – Ehegatten 4.16
– Gesellschaftsvermögen 4.11 – Gewerbesteuer 24.51 f. – Haftung 4.11 – Rechtsfähigkeit 4.12 – Zwangsvollstreckung 4.15 In-sich-Geschäft 20.27 Insolvenz 4.12, 17.1 ff. – Absonderungsrecht 17.47 f. – Anfechtung 17.65 ff. – Auflösungsgrund 15.62 ff., 17.7 – Auseinandersetzungsguthaben 17.49 ff. – Aussonderungsrecht 17.55 – Betriebsvermögen 22.253 – Darlehensnehmer 8.27 – Durchführung 17.46 – Einlage 17.11, 17.31 – Eröffnung 17.7 – Feststellungsklage 17.52 – Geschäftsinhaber 8.27, 22.249 ff. – Inhaber 17.6 f. – Insolvenzgrund 17.39 ff. – Insolvenzverwalter 17.46 – negatives Kapitalkonto 17.57 ff. – Planverfahren 17.63 f. – Restschuldbefreiung 17.3 – schwebende Geschäfte 17.49 – stiller Gesellschafter 17.105 f. – Unterbeteiligung 30.61, 30.65 – Verlustbeteiligung 17.58 Insolvenzanfechtung 17.65 ff., 17.73 ff. – Absichtsanfechtung 17.68 – anfechtbare Handlung 17.92 ff. – Ausschluss 17.88 ff. – Durchführung 17.96 ff. – Erlass der Verlustbeteiligung 17.78 f., 17.85 f. – Geltendmachung 17.96 ff. – Grundgedanke 17.65f., 17.73 – Kausalität 17.94 – Kündigungsrecht 17.92 – nichtige Gesellschaft 17.91 – Rückgewährpflicht 17.90 – Schenkungsanfechtung 17.69 Insolvenzordnung 17.1 ff. – Restschuldbefreiung 17.3
865
Stichwortverzeichnis
– Ziele 17.2 ff. Insolvenzplan 17.63 Internationales Privatrecht 5.25 Internationales Steuerrecht 29.1 ff. Interne Rechnungslegung 13.94, 14.9 Italien 3.20 ff.
Jahresabschluss 7.2, 13.1 ff., 13.16 ff. – siehe auch Bilanz – Abgrenzung zur internen Rechnungslegung 13.3 – Funktion 13.1
Kapitalertragsteuer 22.264 ff., 22.285 ff., 22.174 – Abführung 22.270 ff. – abgeltende Wirkung 22.285 ff. – Anrechnungsverfahren 22.278 – beschränkte Einkommensteuerpflicht 29.1 ff. – beschränkte Steuerpflicht 29.10 ff. – Haftung 22.279 f. – Sanktionen 22.280 ff. – Steuerschuldner 22.278 – Unterbeteiligung 31.15 – Vorauszahlungen 22.278 – Zufluss 22.184 Kapitalgesellschaft – Abgrenzung zur stillen Gesellschaft 4.17 ff. – atypische stille Beteiligung 23.48 ff. – Firma 10.10 – Geschäftsinhaber 5.20 – Gesellschaftsvertrag 9.59 ff. – Mitunternehmerschaft 23.48. – stille Beteiligung 23.9 ff., 23.47 ff. – stille Gesellschafterin 5.37 Kapitalkonto – siehe Einlagekontokonto – siehe Negatives Kapitalkonto Kartellrecht 9.69 ff., 9.73 Kassenbuch – siehe Buchführung Kaufmannseigenschaft 4.12, 5.3 ff. Kinder 866
– siehe Familiengesellschaft – siehe Minderjährige Kommanditgesellschaft 9.50 ff. – Firma 10.10 – Gesellschaftsvertrag 9.50 ff. – Haftung 8.9 f. – Minderjährige 9.49 – negatives Kapitalkonto 22.68 ff. – Ursprung 3.4 – Verlustbeteiligung 8.14 – Vertretung 8.11 f. Kommanditgesellschaft auf Aktien – Firma 10.10 – Geschäftsinhaber 5.20 – stille Gesellschafterin 5.37 Kommissionsgeschäft – Abgrenzung zur stillen Gesellschaft 8.50 f. Konkurs – siehe Insolvenz Kontokorrent – siehe Buchführung Kontrollrechte 5.54 ff., 10.17 ff., 12.65 ff. – Abtretung 10.30 – Abtretungsempfänger 12.65 – außerordentliche 12.73 ff., 12.82 – Bilanzeinsicht 12.69 ff., 12.85 – Darlehen, partiarisches 8.34 f. – Dienstvertrag, partiarischer 8.44 ff. – Einschränkung 12.89 – Erben 2.19 – Erweiterung 4.32, 12.88 – Familiengesellschaft 21.25 – Gesellschaftsvertrag 10.17 ff., 12.88 f. – mehrere stille Gesellschafter 5.54 – partiarische Rechtsverhältnisse 8.19 – Sachverständige 12.71 – steuerliche Bedeutung 20.37, 21.25 – stille Publikumsgesellschaft 12.66 – Unterbeteiligung 30.47 f. – Unternehmensbeteiligungen 12.77 ff. Körperschaft des öffentlichen Rechts – Geschäftsinhaber 5.27 – stille Gesellschafterin 5.44 f.
Stichwortverzeichnis
Körperschaftsteuer 23.1 ff. – atypischer stiller Gesellschafter 23.47 ff. – ausländische Anteilseigner 29.20 – beschränkte Steuerpflicht 23.2 f., 29.1 ff. – Gewinnanteile 23.4 – Körperschaften des öffentlichen Rechts 5.45 – Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren 2.17 – Unterbeteiligung 31.56 ff. – verdeckte Gewinnausschüttung 23.28 ff. – Zinsschranke 23.38 ff. Kündigung – Auflösungsklage 15.33 f. – außerordentliche 12.110, 15.30 ff. – Fristen 15.28 ff. – ordentliche 15.21 ff. – Pfändung 15.39 ff. – Rechtsmissbrauch 15.26 f. – Übernahme des Handelsgeschäftes 15.38 – Unterbeteiligung 30.58 – Unzeit 15.36 – Wesen 15.22, 19.68 – wichtiger Grund 15.20 ff., 15.32 f. Kündigungsfrist – steuerliche Bedeutung 20.38 Kündigungsrecht – Ausschluss 15.23 – steuerliche Bedeutung 21.32 ff.
Liebhaberei 20.10, 20.16 Liechtenstein 3.30 Limited Company by Shares – als Geschäftsinhaberin 5.25 f. Liquidation 16.1 ff. Liquidationsgesellschaft 5.28 ff. Luxemburg 3.62 ff.
Maßgeblichkeitsgrundsatz 13.61, 22.125 – umgekehrter 13.48, 13.88 ff.
Metageschäft 5.35, 8.2, 20.8 Minderjährige 9.32 ff. – Erbfolge 10.60 – Ergänzungspfleger 9.38 f. – Schiedsvertrag 10.52 – Unterbeteiligung 30.34 ff. Minderjährigenschutz 11.24 f. Mindestgewinn 7.30 ff. Mitarbeiterbeteiligung 2.24 ff. – Besteuerung 2.28 – Beweggründe 2.24 f. – Formen 2.27 ff. – Gewinnbeteiligung 2.27 f. – Mitunternehmerschaft 2.29 ff. – partiarischer Dienstvertrag 8.37 ff. – typische stille Gesellschaft 2.33 ff. – Vermögensbeteiligungsgesetz 2.37 ff. Mitgliedschaft – Anhang 13.163 – Bewertung 13.159 – Bilanzierung 13.155 ff. – Gewinn- und Verlustrechnung 13.162 Mittelbare Stellvertretung – steuerliche Behandlung 20.13 Mitunternehmerschaft 20.58 ff. – siehe auch Atypische stille Gesellschaft – Arbeitnehmer 2.29 ff. – atypische Unterbeteiligung 31.18 ff. – faktische 20.6 – Feststellungsbescheid 22.139 – Gewerbesteuer 24.54 – GmbH & Still 20.66 ff. – Kapitalgesellschaft als Geschäftsinhaberin 23.47 ff. – KG als Maßstab 20.59 ff. – Mitunternehmerinitiative 20.58 ff., 31.20 – Mitunternehmerrisiko 20.58 ff. – stille Gesellschaft 1.35 – stille Reserven 20.63 ff. – Unterbeteiligung 31.18 ff. – verdecktes Gesellschaftsverhältnis 20.31 f. 867
Stichwortverzeichnis
Mitwirkungsrechte 10.17 ff. Motivation – siehe Rechtsformwahl
Nachlassteilung 2.19 – Erbengemeinschaft 15.52 Nachrangabrede 17.26 ff. Nachrangigkeit – siehe Stille Beteiligung Nachschusspflicht – stiller Gesellschafter 10.22 Nachweis 20.1, 20.23 ff. – steuerliche Anerkennung 20.1 ff. Naher Angehöriger 21.4 ff. – Personenkreis 21.8 ff. Negatives Kapitalkonto 6.84, 13.136, 16.47 ff., 22.64 ff. – siehe auch Einlagekonto – atypischer stiller Gesellschafter 22.64 ff. – typischer stiller Gesellschafter 22.230 ff. – Veräußerung 22.107 Nichtanerkennung – siehe Steuerliche Anerkennung Nichteheliche Lebensgemeinschaft – siehe Familiengesellschaft Niederlande 3.69 ff. Niederstwertprinzip – siehe Bilanz
Offene Handelsgesellschaft 9.50 ff. – Firma 10.10 – Gesellschaftsvertrag 9.50 ff., 14.55 – Gewinn- und Verlustbeteiligung 14.55 – Kündigung 15.20 ff. – Ursprung 3.5 – Zweck 1.14 Österreich 3.31 ff.
Pachtvertrag, partiarischer – Abgrenzung zur stillen Gesellschaft 8.47 ff. Parteifähigkeit 4.12, 10.16 868
Partiarische Rechtsverhältnisse 8.16 ff. – siehe auch unter dem jeweiligen Vertragsverhältnis – Begriff 8.16 f. – Darlehen 8.20 ff. – Dienstvertrag 8.37 ff. – Genussrechte 8.36 – Gewinnbeteiligung 8.16 f. – Mietverträge 8.47 – Pachtverträge 8.47 – Unterbeteiligung 30.14 – Verlagsverträge 8.47 Partnerschaftsgesellschaft 5.37 – Geschäftsinhaber 5.8 – stille Gesellschafterin 5.37 Partnerschaftsverhältnis – siehe Mitarbeiterbeteiligung Personengemeinschaft 6.78 Personengesellschaft 4.5 – Geschäftsinhaber 5.18 f. – Gesellschaftsvertrag 9.50 ff. – stille Gesellschaft 4.5, 4.17 ff. – stille Gesellschafterin 5.37 – stille Reserven 13.86 f. Pfändung 4.15 Privatentnahme 12.31 ff. Privatkonto 13.142 Prokura 12.94 Publikumsgesellschaft 2.45, 4.27 f., 9.30 f., 12.66, 19.1 ff. – Abfindungsklauseln 19.74 ff. – actio pro socio 19.56 – Anlegerschutz 19.2, 19.80 ff. – Auflösung 15.73 – Aufnahme neuer Gesellschafter 19.22 f. – Auseinandersetzung 19.70 ff. – Begriff 19.4 – Binnenorganisation 19.29 ff. – Eigenkapital 19.55 – Emission 19.5 – Entwicklung 19.10 ff. – Errichtung 19.20 ff. – Erscheinungsformen 19.15 ff. – fehlerhafte Gesellschaft 19.32 – finanzierter Beteiligungserwerb 19.45 ff.
Stichwortverzeichnis
– Fortsetzungsklauseln 15.9 – Gesellschafterversammlung 19.29 f. – Gesellschaftsvertrag 19.24 ff., 19.54 ff. – Gestaltungsalternativen 19.20 f. – Grenzen 19.18 ff. – Haftungsverfassung 19.9, 19.58 ff. – Haustürgeschäft 19.33 ff. – Informationsrechte 19.56 f. – Insolvenz eines Gesellschafters 19.62 – Kapitalmarktrecht 19.89 ff. – körperschaftliche Verfassung 19.3 – Kündigung 15.22, 19.63 ff., 19.68 – Kündigungsrecht 15.27 – mehrgliedrige stille Gesellschaft 19.17 – Mehrheitsprinzip 19.31 – Mitunternehmerschaft 19.8 – Prospekthaftung 19.80 ff. – Rechtsformwahl 19.6 f. – Stellvertretung 19.51 ff. – Teilgewinnabführungsvertrag 7.19 ff. – Treuepflicht 18.23 – Umsatzsteuer 25.33 ff. – Unterbeteiligung 30.12 – Zulässigkeit 19.1 ff. Publikumspersonengesellschaft – siehe Publikumsgesellschaft
Realisationsprinzip – siehe Bilanz Rechnungsabgrenzungsposten – siehe Bilanz Rechnungslegung – siehe auch Gewinn – Abgrenzung der internen – zur externen 13.3 Rechtsberatung 9.77 Rechtsbindungswille 20.7, 20.28 ff. Rechtsfähigkeit 4.12, 5.40 – Steuerrecht 20.54 ff. Rechtsformwahl 20.10, 21.63 ff. – Gewerbesteuer 20.77 – Rechnungslegung 20.78
– Verlusttransferfunktion 20.75 ff. Rechtsgemeinschaft 1.8 Rechtsverhältnisse, partiarische – siehe Partiarische Rechtsverhältnisse Risikoübernahme – vertragliche 4.9 Rücklagen 13.46 ff. – steuerfreie Rücklagen 13.47 Rückstellungen – siehe Bilanz
Sacheinlage 6.15 ff. – Umwandlung in Geldeinlage 6.12 Scheingesellschaft 11.27 – steuerliche Bedeutung 20.9 Scheinkaufleute 5.17 Schenkung der stillen Beteiligung 7.13, 20.8 – Angehörige 2.22 ff. – Arbeitskraft als Beitragsleistung 6.27 ff. – Befristung 21.31 – Einbuchung 6.18 ff. – Familiengesellschaften 6.30 – Fremdvergleich 21.43 ff. – Gewinnbeteiligung, unangemessene 21.52 ff., 27.5 ff., 27.17 f. – steuerliche Anerkennung 21.42 ff. – Über-, Unterbewertung der Einlage 6.26, 27.2, 27.14 – Unterbeteiligung 30.30 Schenkungsteuer – siehe Erbschaftsteuer Schiedsvertrag 10.46 ff. – Form 10.48 ff. – Minderjährige 10.52 – Schiedsrichter 10.53 – Verbraucher 10.50 f. Schütt-aus/Hol-zurück-Verfahren 2.17, 20.79 Schwebende Geschäfte 10.27 f. – Abwicklung 16.56 ff. – Auskunftsanspruch 16.63 f. – Begriff 16.57 869
Stichwortverzeichnis
– Gewinn- und Verlustbeteiligung 16.60 ff. – Insolvenz 17.49 Schweden 3.74 ff. Schweiz 3.38 ff. sendeve 3.2 Sitz des Unternehmens 10.15 f. societas quoad sortem 6.36 f. societas quoad usum 6.31 ff. société en participation 3.8 ff. Sonderbetriebsvermögen – GmbH-Anteil 22.39 – wesentliche Betriebsgrundlagen 22.126 ff. Sondervergütungen 20.19 ff. Steuerberatungsgesellschaften 9.78 Steuerbilanz – atypische stille Gesellschaft 22.22 ff. – Betriebsprüfung 22.178 f. – Einlageminderung 22.76 – Gewinnberechnung 22.178 ff. – Grundlage für Gewinnberechnung 14.26 ff. – Kapitalkonto 22.68 ff. – Steuerbilanzgewinn 14.22 Steuerbilanzgewinn 7.2, 14.22 ff. Steuerliche Anerkennung 20.1 ff. – siehe auch Familiengesellschaft – siehe auch Gewinnbeteiligung, unangemessene – siehe auch GmbH & Still – beherrschender Gesellschafter 21.78 ff. – Beitragsleistung 20.39 – Dokumentationspflichten 20.26 – Familiengesellschaft 20.4 – fehlende entgegengesetzte Interessen 20.4, 21.1 ff. – Fremdvergleich 21.24 ff. – gemeinsamer Zweck 20.34 ff. – Gestaltungsmissbrauch 20.44 ff. – Gewinn- und Verlustbeteiligung 20.35 f. – GmbH & Still 20.4 – Indizien 20.33 ff., 21.14 ff. – Kontrollrechte 20.37 – Kündigungsfrist 20.38 870
– Liebhaberei 20.16 – Maßgeblichkeit des Zivilrechts 20.1 ff. – mehrere Rechtsverhältnisse 20.18 ff. – Mitunternehmerschaft 20.31 f. – Nachweis 20.23 ff., 21.1, 21.11 ff. – personelle Verflechtungen 20.20 ff. – Rechtsbindungswille 20.24, 20.28 ff. – Rückbewirkung 20.14 – rückwirkende Ereignisse 20.15 – Sondervergütungen 20.19 – Totalgewinnabsicht 20.16 – verdecktes Gesellschaftsverhältnis 20.30 ff., 20.42 f. – Vollzug des Gesellschaftsvertrags 20.11 Steuerrechtssubjektivität 22.161, 24.48 ff., 25.4 ff. Stille Beteiligung 13.102 ff. – siehe auch Beitragsleistung – siehe auch Kapitalersetzende stille Beteiligung – Begriff 13.104 – Bewertung 13.120, 13.122, 27.19 ff. – Bilanz 13.103 ff. – Bilanzposition 13.105 f. – Eigen-, Fremdkapitalcharakter 13.105 ff. – eigenkapitalähnliche 17.8 ff. – Eigenkapitalcharakter 6.82, 13.121 f., 19.55 – Eigenkapitalersatz 17.8 ff., 17.27ff. – Einlage und stille Beteiligung 13.103 – Einlagekonto 13.105, 22.31 – Fremdkapitalcharakter 13.117 ff., 17.8 ff. – Genussrechte 13.102 – Kommanditistenstellung 13.111 – Laufzeit 13.112 ff., 13.157 – Nachrangigkeit 13.108 ff. – Übertragung 6.91, 22.110 – Veräußerung 22.97 ff., 22.203 ff, 22.212 ff. – Verlustbeteiligung 13.108 f.
Stichwortverzeichnis
Stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter – Gesellschafterdarlehen 17.19 ff. – Insolvenzantragspflicht 17.24 – Voraussetzungen 17.12 ff. Stille Gesellschaft – siehe auch Familiengesellschaft – siehe auch Fehlerhafte Gesellschaft – siehe auch Publikumsgesellschaft – siehe auch Stille Gesellschaft im ausländischen Recht – siehe auch Stiller Gesellschafter – siehe auch Surrogat für Gesellschafterdarlehen – siehe auch Übertragung der stillen Beteiligung – Abgrenzung Darlehen 10.38, 21.45 – Abgrenzung Handelsgesellschaften, 4.17 ff. – Abgrenzung Kapitalgesellschaften 4.17 ff. – Abgrenzung Koalitions-Franchising 8.2 – Abgrenzung Kommanditgesellschaft 8.8 f. – Abgrenzung Kommissionsgeschäft 8.50 f. – Abgrenzung Metageschäft 5.35 – Abgrenzung Miet-, Pacht-, Verlagsvertrag 8.47 ff. – Abgrenzung OHG, KG 8.8 ff. – Abgrenzung partiarische Rechtsverhältnisse 8.18 ff. – Abgrenzung partiarischer Dienstvertrag 8.37 ff. – Abgrenzung partiarisches Darlehen 4.21, 8.21, 29.4 – Abgrenzung Personenhandelsgesellschaften 8.8 ff. – Annäherung an KG 8.15 – atypische Ausgestaltung 1.30 ff. – Begriff 4.1 ff. – Begriff im Sinne des GewStG 24.2 ff. – Beitragspflicht 6.1 – Dauer 10.40
– Einmann-Gesellschaft 5.32 ff. – Erbengemeinschaft als Hauptgesellschafterin 5.7 – Erscheinungsformen 4.24 ff. – Gelegenheitsgesellschaft als Hauptgesellschafterin 5.6 – Geschäftsinhaber 5.31 – Geschäftsvermögen 4.20 – Gesellschaftszweck 4.6 ff. – Gewinn und Verlust 14.8 – historische Entwicklung 3.1 ff. – Innengesellschaft 4.4 – Liquidationsgesellschaft als Geschäftsinhaberin 5.28 ff. – mehrere stille Gesellschafter 5.46 ff. – mehrgliedrige 5.49 ff. – Rechtsbeziehungen zwischen mehreren Stillen 5.46 – Rechtsfähigkeit 4.12 – Rechtsformwahl 2.1 ff. – Unternehmensform 2.1 ff. – wechselseitige 5.57 – Wesen 4.6 ff. – Zweigliedrigkeit 5.46 f. Stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts 5.5 ff., 8.2 f. Stille Gesellschaft im ausländischen Recht – anglo-amerikanischer Rechtskreis 3.81 – Belgien 3.42 ff. – Frankreich 3.8 ff. – Griechenland 3.78 ff. – Italien 3.20 ff. – Japan 3.82 ff. – Liechtenstein 3.30 – Luxemburg 3.62 ff. – Niederlande 3.69 ff. – Österreich 3.31 ff. – Schweden 3.74 ff. – Schweiz 3.38 ff. Stille Reserven – Beteiligung des stillen Gesellschafters 14.43 – Gesellschaftsvertrag 10.25 – Unterbeteiligung 30.53 Stille vennootschap 3.69 ff. 871
Stichwortverzeichnis
Stiller Gesellschafter – Abgeltungsteuer 22.285 ff. – Arbeitsvergütung 8.37 ff. – Bilanzierungspflicht 13.154 – EWIV 5.42 – Genossenschaft 5.38 – Geschäftsführung 12.6, 12.90 ff. – Geschäftsunfähigkeit 9.21 – Gesellschaft als –, Wechsel der Gesellschafter 12.110 – Gesellschafter der Inhabergesellschaft 5.33 ff., 21.61 ff., 23.9 – Gesellschafterstellung 4.18 ff. – Gewinnanteile 14.1 ff. – Gewinnbeteiligung 8.38 f., 8.43 – Haftung 6.81 ff., 12.96 f., 12.98 ff., 12.105 – Handelsgesellschaft 5.39 – Handlungsvollmacht 12.94 – Insolvenz 17.105 f. – juristische Person 5.37 – Kapitalgesellschaft 5.37 – Kaufmannseigenschaft 5.43 – Kontrollrechte 4.31 – Körperschaft des öffentlichen Rechts 5.44 f. – mehrere stille Gesellschafter 4.27, 5.46 ff. – Mitwirkungsrechte 10.17 ff. – Nachschusspflicht 10.22 – natürliche Person 5.37 – Partnerschaftsgesellschaft 5.37 – Prokura 12.94 – Publikumspersonengesellschaft 19.22 f. – Sicherheiten 10.43 – tauglicher Personenkreis 5.37 ff. – Tod 4.23 – Treuepflicht 12.1, 12.60 ff., 19.54 – Übertragbarkeit der Ansprüche 4.21 f. – Umwandlung 18.56 ff. – Unterbeteiligung 5.58 – Unternehmer i.S. des UStG 25.14 ff. – Verbraucher 19.33 ff. – Vermögensgemeinschaft 4.28 – Wertbeteiligung 4.28 872
– Wettbewerbsbeschränkungen 12.63 f. – Widerspruchsrecht 4.32 – Zustimmungsrecht 4.32 Stuttgarter Verfahren 27.42 ff. Surrogat für Gesellschafterdarlehen 17.33 ff., 17.43 ff., 17.99 f. StVergAbG – siehe Steuervergünstigungsabbaugesetz
Tagebuch – siehe Buchführung Teilgewinnabführungsvertrag 7.19 ff., 13.144 – Bilanzgewinn 7.30 f. – Kollision mit Gewinnabführungsvertrag 7.37 – Mindestgewinn 7.30 f. – Zustimmungszeitpunkt 7.28 f. Tod des Inhabers 10.55 ff. – Auflösung 10.37 – Erbrecht 10.55 ff. Totalgewinnabsicht 20.10, 20.16 tractator 3.1 Treuepflicht 4.31, 12.47 ff., 12.60 ff. – Geschäftsinhaber 12.1, 12.47 ff., 19.54 – stiller Gesellschafter 12.1, 12.60 ff., 19.54 – Wettbewerbsbeschränkungen 12.52 ff. Treuhand – Abgrenzung zur Unterbeteiligung 30.10 ff. – steuerliche Behandlung 20.13 – stille Gesellschaft 8.52 Typenfreiheit 1.16 ff. – freie Typenwahl 1.17 – inhaltliche Gestaltungsfreiheit 1.17 – Typenzwang 1.18 ff. Typische stille Gesellschaft 4.25 – siehe auch Abgrenzung typische, atypische stille Gesellschaft – Wettbewerbsbeschränkungen 12.63
Stichwortverzeichnis
Übertragung – siehe auch Gesellschafterwechsel – Auseinandersetzungsguthaben 10.32 f. – Gewinn 10.32 f. – Kontrollrechte 10.30 Übertragung der stillen Beteiligung 6.91, 10.29 ff. – Tod eines Beteiligten 10.37 – unentgeltliche 22.110 ff. – Zustimmungserfordernis 10.34 ff. Umlaufvermögen 13.158 – siehe auch Bilanz – Bewertung 13.83 ff. – Niederstwertprinzip 13.83 Umsatzsteuer 25.1 ff. – atypische stille Gesellschaft 25.5 ff. – Auflösung 25.38 ff. – Befreiungstatbestand 25.21 ff. – Besteuerungsgegenstand 25.1 f. – Einlageleistung 25.13 ff. – Errichtung der Gesellschaft 25.16 ff. – Haftung 25.10 – Leistungsaustausch 25.14 ff. – Umsatzsteuerfähigkeit 25.5 ff. – Unternehmereigenschaft 25.14 ff. – Vorsteuerabzug 25.27 ff., 25.36 Umwandlung – siehe auch Einbringung – Ausgliederung 18.42 – Einzelkaufmann 18.42 – Erbengemeinschaft 15.46 – Formwechsel 18.43 ff., 18.55 – Gesamtrechtsnachfolge 18.12 ff., 18.36 ff., 18.53 f. – Gesellschaftsanteil in stille Beteiligung 18.56 f. – Gesellschaftsvertrag 18.24 – Gesellschaftszweck 18.25 – grenzüberschreitende 18.64 ff. – Informationspflichten 18.14 ff., 18.39, 18.45 – Kündigung 18.26 – Neuregelung 18.1
– Personengesellschaft in einzelkaufmännisches Unternehmen 18.51 – Schadensersatz 18.27 – Spaltung des Geschäftsinhabers 18.35 ff. – Spaltung des Stillen 18.52 ff. – stille Beteiligung 18.56 ff. – stille Beteiligung in Kapitalgesellschaftsanteil 18.59 f. – stille Beteiligung in Personengesellschaftsanteil 18.58 – stiller Gesellschafter 18.52 ff. – Treuepflicht 18.23 – typische in atypische stille Beteiligung 18.61 – Umwandlung des Stillen 18.52 ff. – Verschmelzung 18.11 ff., 18.34, 18.52 ff. – Verwässerungsschutz 18.24 – Zustimmungsbedürftigkeit 18.17 ff., 18.40, 18.44, 18.50, 18.54 Unterbeteiligung 30.1 ff. – siehe auch Unterbeteiligung im Steuerrecht – Abgrenzung zur Beteiligung am Handelsgewerbe 7.16 – Angehörige 31.34 ff. – angemessene Gewinnverteilung 31.50 ff. – Anwendbarkeit der §§ 230 ff. HGB 30.23 ff. – Arten 30.15 ff. – atypische 30.17 f. – Auflösung 30.58 ff. – Auseinandersetzung 30.64 – Bedeutung 30.2 ff. – Beendigung 30.58 ff. – Befristung 31.42 – Beitrag 30.39 f. – Besteuerung 31.1 ff. – BGB-Gesellschaft 5.32 – Bilanzeinsicht 30.47 – Buchwertabfindung 31.42, 31.45 – Familiengesellschaft 30.4 – fehlerhafte Gesellschaft 30.38 873
Stichwortverzeichnis
– Formbedürftigkeit 30.29 ff. – Genehmigung 30.35 ff. – Genehmigungsbedürftigkeit 30.27 f. – Geschäftsfähigkeit 30.34 ff. – Geschäftsführung 30.43 ff. – Gesellschaftsvertrag 30.26 ff. – Gewinn- und Verlustbeteiligung 30.52 – Gewinnverteilung 30.56 – GmbH-Anteil 31.56 ff. – Grundlagengeschäfte 30.46 – Haftung 30.50 – Informationsrechte 30.47 f. – Insolvenz 30.61, 30.65 – Kündigung 15.25, 30.57 f. – Mängel des Gesellschaftsvertrages 30.38 – mehrgliedrige 30.20 – Mitunternehmerschaft 31.18 ff., 31.45 – Pflichten 30.41 ff. – Publikums-Treuhandgesellschaften 30.12 – Rechte 30.41 ff. – Rechtsformwahl 30.1 ff. – Rechtsgrundlagen 30.21 ff. – Rückfallklausel 31.43 – Schenkung 30.30 ff. – steuerrechtliche Anerkennung 31.35 ff. – stille Gesellschaft 30.8 – stille Reserven 30.53 – stiller Gesellschafter 5.54 – Stimmbindungsvereinbarung 30.45 f. – Tod eines Gesellschafters 30.60 – Treuhand 30.9 ff. – typische 30.16 – Übertragbarkeit 30.51 – Umwandlung 30.62 – Verlustbeteiligung 30.52 – Vertretung 30.42 – Wesen 30.1 – Wettbewerbsverbot 30.46 – Zivilrecht 30.1 ff. 874
– Zustimmungsbedürftigkeit 10.38 – Zweck 30.2 ff. Unterbeteiligung im Steuerrecht 31.1 ff. – Abgeltungsteuer 31.16, 31.57 ff., 31.67 f. – atypische Unterbeteiligung 31.18 ff. – Beendigung 31.9, 31.31 – Betriebsausgaben 31.3 ff. – einheitliche Gewinnfeststellung 31.28 ff. – Einkommensteuer 31.1 ff. – Einkünfte aus Kapitalvermögen 31.2, 31.9 – Einräumung 31.30 – Erbschaftsteuer 31.80 ff. – Familienverband 31.34 ff. – Gewerbesteuer 31.77 ff. – Gewinnverteilung, angemessene 31.50 ff. – GmbH-Anteil 31.56 ff. – Mitunternehmerschaft 31.18 ff., 31.45 ff. – Schenkungsteuer 31.80 ff. – typische Unterbeteiligung 31.2 ff. – Veräußerung 31.11 f., 31.32 f. – Veräußerungsgewinn, -verlust 31.30 ff. – Werbungskosten 31.3 ff. Unternehmensform – Bedeutung 1.1 ff. – Gesichtspunkte 1.1 ff. – Gestaltungsfreiheit 1.17, 1.19 f. – Sonderformen 1.2 ff. – steuerliche Schranken 1.1 ff. – stille Gesellschaft 2.1 ff. – Typenbeschränkung 1.18 ff. – Typenwechsel 1.27 – Typenzwang 1.7 ff., 1.16 f., 1.18 ff. – Wahl 1.1 ff. – Wahlfreiheit 1.2 ff. – Zwecksetzung 1.11 ff. Unternehmensgegenstand 10.13 f. Unternehmenswert – GmbH & Still 21.105 f.
Stichwortverzeichnis
Unternehmerrisiko – Unterbeteiligter, atypischer 31.18, 20.63 ff. USA 3.81
Veräußerung des Geschäftsbetriebs 22.129 – Beteiligung am Veräußerungsgewinn 18.10 – Einzelübertragung 18.3 – Fortsetzung 18.7 ff. – Mitwirkung 18.4 ff. Veräußerungsgewinn – Ausfall des Kaufpreises 22.101 ff. – Einbringung einer stillen Beteiligung 22.119 ff. – eintretender Gesellschafter 22.109 – Ergänzungsbilanz 22.104 – ermäßigter Steuersatz 22.134 – Freibetrag 22.132 – Fünftelregelung 22.138 – GmbH & Still 21.91 – negatives Kapitalkonto 22.107 – typische stille Beteiligung 22.193 ff. – Steuerbegünstigungen 22.132 ff. Verbindlichkeiten – siehe Bilanz Verdeckte Gewinnausschüttung 21.71 ff., 21.96 ff., 21.107, 23.18 ff. – Abgeltungssteuer 23.30 – Begriff 23.18 f – Halbeinkünfteverfahren 23.27 – Nichtanerkennung des stillen Gesellschaftsverhältnisses 23.24 – Teileinkünfteverfahren 23.33 – Überbewertung der Einlage 23.25 – Voraussetzungen 23.18 ff. Verdecktes Gesellschaftsverhältnis 20.30 ff., 20.42 ff. Verdecktes Stammkapital 23.10 ff. – Darlehen 23.11 ff. – GmbH & Still 23.10 ff. – Missverhältnis Eigenkapital/ Fremdkapital 23.11 ff. Verein 1.8 – mehrere stille Gesellschafter 5.52
– Zweck 1.8 Verlagsvertrag, partiarischer – Abgrenzung zur stillen Gesellschaft 8.47 ff. Verlustbeteiligung – siehe Gewinn- und Verlustbeteiligung Verluste – verrechenbare 22.64 ff., 22.230 ff., 22.254 ff., 22.273 Verlusttransferfunktion 20.75 ff., 21.64 Verlustvortragskonto 13.134 Vermögensbeteiligung 4.28 ff. – Beweggründe 4.28 – wirtschaftliche 4.14 f. Vermögensbeteiligungsgesetz – stille Beteiligung 2.37 ff. Vermögenseinlage – siehe auch Einlagekonto – siehe auch Stille Beteiligung – Bewertung 6.63 ff., 6.72 ff. – Familiengesellschaft 21.35 ff. – Gesellschaftsvertrag 10.2 – Gläubigerzugriff 6.8 – Grunderwerbsteuer 28.2 ff. – Insolvenz 17.105 f. – Leistung 6.1 ff. – Pfändung 15.39 – Rückgewähr 6.86 f. – Schenkung 2.22 ff. – Über-, Unterbewertung 6.66 ff. – Übertragung 8.25 – Umsatzsteuer 25.14 ff. – Verlustbeteiligung 14.72 – Verwendung 12.29 f. – Wertvereinbarung 6.63 ff. Vermögensteuer 26.1 ff. Vertragspartner 9.30 ff. Vertragsstrafe 10.65 Vorkaufsrecht 10.65 Vormundschaftliche Genehmigung 21.23 Vorratsvermögen – Bilanzierung 13.63 Vorsichtsprinzip – siehe Bilanzierung 875
Stichwortverzeichnis
Werbungskosten 22.219 ff., 22.255 ff., 22.306 – Berücksichtigung bei Kapitaleinkünften 22.219 – beschränkte Steuerpflicht 29.9 – Insolvenz 22.251 ff. – typische Unterbeteiligung 31.2 ff. – Verlustbeteiligung 22.218 ff. Wertberichtigung – Beteiligung des stillen Gesellschafters 14.45 f. Wettbewerbsbeschränkungen 10.65, 12.63 f. – Geschäftsinhaber 12.52 ff. – stiller Gesellschafter 12.63 f. Wettbewerbsverbot 9.70, 12.52 ff., 12.63 f., 15.23, 30.5, 30.49 Widerrufsfrist 19.37 ff. Wirtschaftsgüter – Mitunternehmererlass 22.89
876
– Übertragung 22.89 – unentgeltliche Übertragung 22.93 Wirtschaftsprüfungsgesellschaften 9.78
Zufluss-/Abfluss-Prinzip 22.180 ff. – beherrschender Gesellschafter 22.187 – Betriebsvermögen 22.189 – Gewinnanteile 22.180 ff. – Gutschriften 22.182 ff. – Mehrgewinn nach Betriebsprüfung 22.186 – Tod des stillen Gesellschafters 22.191 – Übertragung der stillen Beteiligung 22.193 – Unterbeteiligung, typische 31.2 – Vorausleistungen 22.185