Handbuch für den Religionsunterricht in den oberen Klassen: Teil 2 Heilige Geschichte [Reprint 2020 ed.] 9783112379783, 9783112379776


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German Pages 463 [464] Year 1890

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Druckfehlerverzeichnis
Der Unterricht in der heiligen Geschichte
Zahlentabelle zur heiligen Geschichte
Heilige Geschichte
Einleitung. Das Volk und die Religion der Offenbarung; die heilige Schrift, die Urkunde der Offenbarung; die Kritik im Verhältnis zur Bibel und zur Offenbarung
Erster Hauptteil. Sie Geschichte des Alten Bundes
Einleitung. Die Geschichtschreibung im Volke Israel
Erster Abschnitt. Das Volk Israel in der Urzeit und im Zeitalter des Mofes
Zweiter Abschnitt. Das Volk Israel im Zeitalter des Königtums, der Untergang der beiden Reiche und die Wiederherstellung des Reiches Juda
Dritter Abschnitt. Das jüdische Volk von der Wiederherstellung bis zum Untergange des Staates. 432 vor Chr. bis 70 nach Chr
Zweiter Hauptteil. Die Geschichte des Neuen Bundes
Vierter Abschnitt. Jesus Christus
Fünfter Abschnitt. Das Christentum im Zeitalter der Apostel. Wie die Apostel hingegangen sind in alle Welt, um alle Menschen zu Jüngern Iesu Christi zu machen
Schluß
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Handbuch für den Religionsunterricht in den oberen Klassen: Teil 2 Heilige Geschichte [Reprint 2020 ed.]
 9783112379783, 9783112379776

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jBandSudi für den

AebigionsunterrichL in den oberen Klaffen.

Zweiter Teil:

«Zeitige Geschichte. Von

Professor W. Keidrtch. Oberlehrer am Aönt-lichen Gymnasium zu Hasel.

M-vkn. 3. 3 Heiner Verlag. (890.

Ermutigt durch die freundliche Aufnahme, welche der erste Teil meines Handbuchs für den ReligionSunterricht(Kirchengeschichte) gefunden hat, erlaube ich mir, nunmehr den zweiten Teil des Werkes, die Heilige Geschichte ent­ haltend, vorzulegen. Welche Aufgabe ich mir in diesem Bande gestellt und tote ich dieselbe zu lösen versucht habe, darüber erlaube ich mir folgendezu bemerken. Die hiermit vorgelegte „Heilige Geschichte" ist ebensowenig, wie meine ^Kirchengeschichte", ein Kompendium, welches alles in Kürze enthält, waS «in Lehrbuch ausführlich darstellt. An Kompendien haben wir auch auf diesem Gebiete keinen Mangel. Ich habe mir vielmehr auch hier die Aufgabe gestellt, demLehrer vornehmlich das darzubieten, was in den oberen Klassen der höheren Schulen dem Schüler vor­ zuführen ist. Dabei habe ich auch in diesem Bande nicht nach tompendienartiger Gleichmäßigkeit gestrebt, sondern die weniger wichtigen Dinge kurz, die wichtigen sehr ausführlich behandelt, mit Rücksicht auf die Zeit, welche auf die betreffenden Abschnitte nach meiner Meinung in den oberen Klaffen verwandt werden kann. Wie im einzelnen der Stoff auf die zwei Jahre der Sekunda zu verteilen und zu behandeln ist, ist auch in diesem Bande in einem besondere» Abschnitte beS BucheS (S. 1—7) angegeben. Dem Unterricht in der Heiligen Geschichte wird in den oberen Klaffen die Heilige Schrift zu Grunde gelegt, und den Schüler in die Bibel tiefer «inzuführen, ist die Aufgabe des Unterrichts. Mein Handbuch zeigt nun dem Lehrer, wie er die Bibel in der Schule zu behandeln hat. Zunächst bezeichnet es dem Lehrer den Stoff, welchen er aus der Bibel für die oberen Klaffen (im Unterschiede von den früheren Unterrichtsstufen) auszuwählen hat. Sodann zeigt es dem Lehrer, wie die auSgewählten Stoffe zu größeren Ganzen zu verbinden sind, welche vom Schüler leichter überschaut und festgehalten werden können, als lauter unverbundene Einzelheiten. Endlich wird der ausgewählte und z« größeren Gruppe« verbundene Stoff in einer für die Schule angemeffenen Weife dargestellt, und zwar, wo die Lektüre möglich ist, so, daß das Ergebnis der (voran­ gegangenen!) Bibelleküre für den Schüler kurz und übersichtlich zusammen­ gefaßt wird. Der Lehrer findet also in meinem Buche eine zusammeuchängende Darstellung der heiligen Geschichte des Alten und

IV Neuen Testaments, welche daraus hinzielt, den Schüler in de» „Inhalt und Zusammenhang der heiligen Schrift" einzuführen» wie das von der Prüfungsordnung als Ziel für den Unter­ richt in der heiligen Geschichte bezeichnet wird. Den Inhalt der Heiligen Schrift muß aber der Schüler der obere» Klassen in umfassenderer Weise kennen lernen, als dies in den unteren nnfi mittleren Klaffen geschehen kann; auch das mosaische Gesetz, die Weissagung, und die Dichtung des Alten Testaments, wie die Predigt Jesu und die Briefe der Apostel müssen iictii Schüler der oberen Klaffen nahegebrachb werden. Ich habe mich bemüht, anch für diese schwierigen Abschnitte eine Form der Darstellung zu finden, wie sie für den Schüler angemrffen ist. Eine „Bibelkunde" ist in meinem Buche zwar für den Lehrer zu finden» aber, wie im ersten Abschnitt des Buches dargelegt ist (S. 4—5), für den. Schüler als besonderer UnterrichtSzegenstand nicht vorhanden. Der Lehrer findet also für den Bibel-Unterricht in de» oberem Klassen in meinem Buche, wie ich hoffe, das zusammen» gefaßt und schulmäßig bearbeitet, waS er aus der Bibel beut Schüler vornehmlich vorführen wird. Aach der Religionslehrer der höheren Schulen wird nun natürliche zur Vorbereitung auf seinen Unterricht noch eines Bibelkommentars bedürfe». Einen solchen für die Religionslehrer der höheren Schulen zu schreiben, hat der schon verstorbene Mezger (EphorUS in Schönthal in Würtemberg)» in bem trefflichen .Hilfsbuch zum Verständnis der Bibel" (Gotha, PettheS, 4 Hefte) begonnen, welches leider nur bis zur Rchterzeit reicht. Mein Handbuch wandelt in den Bahnen des verstorbenen DerfafferS, und eS bietet in derjenigen Beschränkung, welche für ein Handbuch für den Unterricht geboten ist, den Hauptinhalt der Bibel voll­ ständig dar, welchen dem Lehrer zu seinem Privatstudium in größerem: Umfange darzubieten der verstorbene Mezger beabsichtigte. Bei dem Gegenstände, den da« Buch behandelt (Heilige Geschichte)» schien es mir nun nötig, dem Lehrer manche Darstellungen und Aus­ führungen darzubieten,i) welche zwar beim Unterricht weder vorzutragt» N'tch einzuprägen sind, aber mir dazu erforderlich erschienen, um dem Lehrer ein für den Unterricht in der Schule nötiges tieferes und wiffenfchaftlfih begründetes Wissen zu vermitteln, welches ihn einigermaßen befähigt, „bereit >zN fein zur Verantwortung gegen jedermann (besonders den Schüler), der Grund fordert der Hoffnung (und des Glaubens), die in ihm ist." Diese Etweiterung und Vertiefung deS BuchiS dürfte nach meiner Meinung das Büch auch für den reiferen Schüler und für den Gebildeten, wie auch filr den angehenden Religionslehrer (zur Vorbereitung auf sein Examen) geeignet mtchen, «m a«S ihm über die Hauptpunkte der Heiligen Geschichte uUd'die wichtigeren Fragen der Bibelwiffenschaft eine noch gründlichereBelehrung 'zu gewinnen, als sie dem Schüler geboten weiden kann. Der Unterricht in der Heiligen Geschichte ist nämlich in unserer Zeit ein 'besonders wichtiger, aber anch besonders schwieriger Unterricht. Es gilt,, bett Schüler beim Glauben an die Bibel festzuhalten in einem Zeitalter,. i) Welche Abschnitte nur für den Lehrer bestimmt find, darauf ist inttnet.hingewiesen.

VQ welches vielfach der Bibel gleichgültig oder gar feindlich gegenübersteht, und in einem Lebensalter, wo die erwachende Selbständigkeit des Geistes auch der Bibel gegenüber sich geltend macht. Hier gilt eS also, den Schüler in der Bibel das wertvollste Buch erkennen zu kaffen, aber ohne der Wissen­ schaft feindlich gegenüberzutreten, die ihm in der Schule mit Recht als ein hohes Gut dargestellt wird. Die Lösung dieser Aufgabe wäre nun viel leichter, weqn die Theologie unserer Zeit eine größere Übereinstimmung in ihren Behauptungen zeigte. Aber davon sind wir bekanntlich noch ziemlich weit entfernt, obwohl ja in der Neuzeit eine Übereinstimmung der verschiedenen Richtungen in der Anerkennung vieler Behauptungen eingetreten ist, über welche noch vor kurzer Zeit die Meinungen noch weit auseinandergingen. Ich habe mich nach Kräften bemüht, diese schwierige Aufgabe zu lösen; ich weiß ebenso wie Mezger, daß man bei der Lösung derselben »leicht nach rechts und links anstößt". In welchem Sinne ich die Lösung dieser Aufgabe versucht habe, zeigt besonders auch der Abschnitt des Buches: „Die Kritik im Verhältnis zur Bibel und zur Offenbarung' (Nr. 11—16). WaS nun diese «Heilige Geschichte" dem Lehrer darbietet, beruht seinem Inhalte nach ebenso, wie die Darstellungen in meiner „Kirchengeschichte", vornehmlich auf den wiffenschastlichen Handbüchern der betreffenden Gebiete, vornehmlich also der Heiligen Geschichte, der biblischen Einleitung und der biblische»: Theologie, wie auch auf beit wissenschaftlichen Kommentaren der biblischen Bücher und auf Specialschriften über die wichtigeren Abschnitte ber Bibelwissenschaften; eigentliche Schulbücher habe ich fast gar nicht benützt. Dagegen beruht die Gestaltung des Ganzen und der einzelnen Abschnitte, wie sie für den Unterricht dargeboten wird, zwar ebenfalls zum Teil auf Anregungen, welche ich durch wiffenschaftliche Bücher erhalten habe; aber die Gestaltung deS Einzelnen ist doch vornehmlich eine Frucht meines langjährigen Religionsunterrichts. Denn das erfährt ja jeder Lehrer immer aufs neue an sich selber, was Geibel von sich bekennt:

„Das ist die Wirkung edler Geister: DeS Schülers Kraft entzündet sich am Meister; Doch schürt sein jugendlicher Hauch Zum Dank deS Meisters Feuer auch/") Auch für dieses Buch verdanke ich außerordentlich viel dem Unterricht; die angemessene Darstellung der Sache und die angemeffene Gruppierung der Gedanken ist oft nur durch den Unterricht gewonnen, denn die wiffen­ schaftliche Darstellung bedarf für die Schule oft einer gänzlichen Umgestaltung, «ud diese hat sich mir an vielen Stellen erst auS dem oft wiederholten Unterricht ergeben. Daß der RrligionSlehrer für seinen Unterricht jetzt eine große Förderung «hält durch die unlängst ins Leben gerufene für den Religionslehrer sehr wertvolle und beachtenswerte „Zeitschrift für den Religionsunterricht",*) wie auch durch den „Jahresbericht für die höheren Schulen", welcher feit *) Ges. Werke IV, 88. 4) Ich führe dieselbe an mit dem Zeichen: ZRU.

VI

dem Jahre 1888 auch einen Bericht über den Religionsunterricht enthält, darf ich auch hinsichtlich meines Buches nicht unerwähnt kaffen. Mit dem dritten Bande (Glaubenslehre) soll mein „Handbuch für den Religionsunterricht" hoffentlich im nächsten Jahre feinen Abschluß erhalten; ein für den Schüler bestimmtes Hülfsbuch soll, wie ich hoffe, dem vollendeten Werke alsbald nachfolgen.

Rakel, den 10. August 1890.

Dvof. N. Heidrich.

Inhaltsverzeichnis Sette Vorwort........................................................................... UI Druckfehlerverzeichnis...................................................................................................... XV Der Unterricht in der heiligen Geschichte............................................................ 1 Zahlentabelle zur heiligen Geschichte....................................................................... 7

KeMge Geschichte. I. „Inhalt und Zusammenhang der heiligen Schrift"................................

9

Einleitung. DaS Volk und die Religion der Offenbarung; die heilige Schrift, die Urkunde der Offenbarung; die Kritik im Ver­ hältnis zur Bibel und zur Offenbarung.

Vorbemerkung für den Lehrer........................... 10 I. Das Volk und die Religion der Offenbarung. 2. Abstammung und Sprache des Volkes Israel............................................... 10 3. Die Religion des Volkes Israel und die weltgeschichtliche Bedeutung Israels................................................................................................................... 12 4. Die israelitische Religion im Verhältnis zu den anderen Religionen des Altertums.........................................................................................................14 5. Der Ursprung der israelitischen Religion in der Offenbarung Gottes, lö 6. Die Entwickelung der israelitischen Religion ............................................. 18 7. Die Vollendung der israelitischen Religion im Christentum .... 18 II. Die heilige Schrift, die Urkunde der Offenbarung.

8. Unsere Bibel..............................................................................................................19 9. Das Alte Testament..............................................................................................21 10. Das Neue Testament............................... .......................................................25 HL Die Kritik im Verhältnis zur Bibel und zur Offenbarung. II. Die alte Lehre von der Inspiration derheiligen Schrift................................ 30 12. Das Recht der Kritik............................................................................................. 31 13. Das Matz der Kritik..............................................................................................34 14. Die Schranke der Kritik.........................................................................................37 15. Die Stellung des Lehrers zurheiligenSchrift.............................................. 44

Erster Hauptteil. D i e Geschichte des Alten Bundes. Einleitung.

Die Geschichtschreibung im Volke Israel. 16. Die Entstehung der Geschichtsbücher des Alten Testaments .... 17. Der Charakter der Geschichtsbücher deS Alten Testaments .... 18. Überficht über die Geschichtsbücher des Alten Testaments ....

50 54 57

VIII Erster Abschnitt. Vas Volk Israel in -er Vlrzett und im Jettalter des Moses. Wie Gott die Israeliten aus Ägypten geführt und durch

Moses -u ihnen geredet hat.

Vorbemerkung für den Lehrer............................................................................................ 60

1. Die Geschichte deS vormosaischen und des mosaischen Zeitalters. 19. Urgeschichte des Volkes Israel; das

altbabylonische Reich; Abraham

in der Weltgeschichte............................ 61 20. Ägypten im Altertum; das Volk Israel in Ägypten.................................... 64

21. Moses Geburt und Berufung................................................................................. 65 22. Die Erlösung des Volkes aus Ägypten e. 1320 ........................................ 67 23. Der Zug zum Sinai; die Sinai-Halbinsel; die Bundschließung am

Sinai...............................................................................................................................72 24. Vom Sinai zum heiligen Lande....................................................................

73

25. Moses' Bedeutung und Charakter...................................................................... 75

26. Die Eroberung Kanaan's durchZosua...................................................................76 27. Land und Leute von Kanaan; die Ansiedelung der Israeliten; die Nachbarvölker..............................................................................................................77

U.Die Gesetzesreligion nachihrerBegrüudungund in ihrem Wesent-erMosaiSmuS). Vorbemerkung für den Lehrer.............................................................................................84 Übersicht für die Lektüre........................................................................................................ 86

A. Die Begründung der Gesetzesreligion. 28. Moses' Bedeutung für die israelitische Religion............................

87

29. Der Gott Israels und sein Name..................................................................... 87 30. Der Bund Gottes mit dem Volke Israel ........................................................... 90 31. Das Gesetz Gottes........................................................................................................ 92 32. Der Dekalog, das Grundgesetz deS Bottes Israel..........................................93 33. Die Entwickelung des Gesetzes im Pentateuch............................................... 96

B. Die Gemeinschaft Gottes mit dem Volke Israel. 34. Gottes Gegenwart im Botte Israel...................................................................... 98

35. Die Bundeslade, die Stiftshütte und der Tempel.......................................... 98

36. Der Höhendienst, der Bilderdienst und» der Götzendienst; Jerusalem und der Tempel

...................................................................................................... 101

37. Die heiligen Zeiten.................................................................................................104 C. Die Gemeinschaft des Volkes mit Gott.

38. Die Heiligkeit des Bottes Gottes..........................................................................109 39. Das Priestertum im Botte Gottes.................................................................... 110 40. Das Opfer im Botte Gottes............................................................................... 111

D.

41. Die Entwickelung und die Bedeutung des Gottesdienstes des Alten Bundes.............................................................

115

UL Die schriftlichen Urkunden des MosaiSmuS 42. Der Pentateuch und das Buch Josua............................................................... 117 43. Die Frage nach der Entstehung des Pentateuchs........................................119

44. Die Quellenschriften des Pentateuchs...............................................................121

45. Die Entwickelung der Gesetzgebung im Pentateuch. A. Die ältesten Bestandteile in der Gesetzgebung des Pentateuchs .

125

...

126

B. Die Gesetzgebung der mittleren Bücher des Pentateuchs

C. Die Gesetzgebung im Deuteronomium................................................... 127

IX v. Die Wellhausen'sche Hypothese.................................................................128 46. Das Ergebnis der Kritik über die Entstehung des Pentateuchs und

des Buches Josua............................................................................................ 130

Zweiter Abschnitt. Das Volk Israel im Zeitalter des Königtums, der Untergang der beide« Reiche und die Wiederherstellung des Reiches Inda. Wie Gott dasKönigtum in Israel begründet und manchmal und mancherlei Weise durch die Propheten zu seinem Volke geredet hat. I. Die Geschichte deS Volkes Israel von den Richtern bis zur Zeit des Esra.

Vorbemerkung für den Lehrer.......................................................................................133 47. Die Geschichtsbücher des Zeitalters von den Richtern bis Esra . . 133 A. Von den Richtern bis zum König Salomo. 48. Die Zeit der Richter............................................................................................ 134 49. Das Buch der Richter und das Buch Ruth ........................................... 134 50. Das Königtum im Volke Israel...................................................................... 136 51. Der König Saul c. 1050 .............................................................................. 138 52. Die Bücher Samuel's; unsere Kunde vom Leben David's .... 139 53. Die Könige David und Salomo c. 1025 und c. 980. A. David und Saul........................................... 140 B. David als König....................................................................................... 142 C. David's Sünde undUnglü»................................................................... 143 D. David's Charakter undBedeutung......................................................... 144 E. Der König Salomo................................................................................. 145 54. Jerusalem und der Tempel................................................................................. 147 B. Von der Teilung des Reiches bis zum Untergänge der beiden Reiche. 55. Die Bücher der Könige....................................................................................... 149 56. Von der Teilung des Reiches bis zur Berührung der beiden Reiche mit der assyrischen Weltmacht e. 980—738; der Bilderdimst und der Götzendienst............................................................................................................ 150 57. Assyrien als Weltmacht.......................................................................................152 58. Das Reich Israel von der ersten Berührung mit der assyrischen Welt­ macht bis zu seinem Untergange 738—722 153 59. Das Reich Juda vom Tode der Athalja bis zum Tode des Königs Hiskia e. 850-697 154 60. Der Prophet Jesaias............................................................................................ 156 61. Der König Jofia und die Reform desGottesdimstes............................. 157 62. Das neu-babylonische Reich................................................................................. 159 63. Der Untergang des Reiches Juda 586 ...................................... 159 64. Der Prophet Jeremias.......................................................................................161 €. Das Exil und die Rückkehr. 65. Die Geschichtsbücher der Zeit nach dem Exil........................................... 164 66. Die Juden im Exil............................................................................................168 67. Die Weissagung des zweiten Jesaias............................................................169 68. Das persische Weltreich ................................................................. 171 69. Die Rückkehr aus dem Exil (538) und das neue Gottesreich; SerubabelEsra und Nehemia; der Prophet Maleachi.................................................172

II. Die Hoffnung der Frommen des Men Bundes; die Propheten und die Weissagung.

Wie Gott vor Zeiten

manchmal und mancherlei Weise zu den

Israeliten durch die Propheten geredet hat. Vorbemerkung für den Lehrer........................................................................................... 174 70. Die Weissagung im Volke Israel.................................................................... 174 71. Die Propheten des Volkes Israel.................................................................... 176

72. Die prophetischen Bücher des Alten Testamentes....................................... 180 73—75.

Die messianische Weissagung (die Weissagung von dem voll­

kommenen Gottesreich). 73. Die Entstehung und Entwickelung der messianischen Weissagung

.

.

181

74. Weissagung und Erfüllung..................................................................................... 187

75. Der Inhalt der messianischen Weissagung. 1. Einleitung..................................................................................................................191 2. Übersicht für die Lektüre und zum Auswendiglernen............................ 192 3. Die messianische Weissagung.

A.

Das Reich Gottes im Volke Israel........................................................ 193

B. Die

die

auf

Hoffnung

Gründung

eines

vollkommenen

Gottesreiches........................................................................................... 197 C. Die Erfüllung der Weissagung.................................................................... 205

III. Der Glaube der Frommen des Men Bundes, nach

den Psalmen, den

Sprüchen Salomo's und dem Buche Hiob. Vorbemerkung für den Lehrer............................................................................................207 76. Die Vergeistigung der Gesetzesreligion in der Dichtung und Weisheit Israels........................................................................................................................207 77. Die hebräische Poesie; die lyrischen Dichtungen des Alten Testamentes

209

78. Der Psalter.................................................................................................................. 210 79. Die Weisheit im Volke Israel und die didaktischen Bücher des Alten

Testamentes.................................................................................................................. 214 80. Der Glaube der Frommen

des Alten Bundes; Psalmen, Sprüche

Salomo's und Buch Hiob 1. Der Gang des Unterrichts ............................................................................... 218 2. Übersicht für die Lektüre..................................................................................... 219 3. Der Glaube der Frommen des Alten Bundes.

A. Gott als der Gegenstand des Glaubens...................................................220

B. Die Gemeinschaft des Menschen mit Gott..............................................222

C. Der Wandel des Frommen.

Sprüche Salomo's, Auswahl

.

.

223

D. Der Kampf um den Glauben; das Buch Hiob..................................223

E. Der Glaube an eine Seligkeit im Himmel........................................229

Dritter Abschnitt. Dao jüdische Volk von der Wiederherstellung

Staates.

bis zum Untergänge des

432 vor Chr. — 70 nach Chr.

Wie die aus dem Exil zurückgekehrten Juden um Gott

eifern, aber mit Unverstand. I. Außere Geschichte des späteren Judentums.

Vorbemerkung für den Lehrer

...........................................................................................231

81. Die Geschichtsbücher des späteren Judentums............................................. 231

XI 82. Das Judentum in der Zeit von Nehemia bis zu der ReligioNSVerfolgung unter Antiochus Epiphanes 432—168 .............................. 233 83. Das jüdische Volk unter den Makkabäern, das Eingreifen der Römer, der Untergang der Makkabäer 168—40 v. Chr...........................................234 84. Der König Herodes der Große 40- 4 vor Chr........................................ 242 85. Die Söhne des Herodes und die römischen Statthalter 4 vor Chr. bis 66 nach Chr...............................................................................................245 86. Der Ausbruch des Krieges gegen Rom 66 ......................................... 250 87. Der Krieg in Galiläa 67 ....................................................................... 252 88. Der Krieg in Judäa 70 ........................................................ ..... 255

II. Die Frömmigkeit des jüdischen Dolkes in der Zeit nach dem Exil. Sie eifern um Gott, aber mit Unverstand. Vorbemerkung für den Lehrer................................................................................ 260 89. Die geistigen Führer der Juden in der Zeit nach dem Exil: Priester und Schriftgelehrte, Pharisäer und Saddueäer. Die Essener ... 261 90. Die Frömmigkeit des nachexilischen Judentums........................................263 91. Die Apokalyptik und die messianische Hoffnung in der Zeit nach dem Exil .............................................................................................................. 266 92. Der Abschluß des Judentums im Talmud..................................................270

III. Die Stellung des Judentums in der Welt von der Zeit des Exils bis zur Gegenwart. 93. Das Judentum die Oberen des 94. Das Judentum 95. Das Judentum

in der Zeit nach dem Exil; Judentum und Heidentum; jüdischen Volkes.................................................................272 in der Zerstreuung l Diaspora) und die Proselyten . 274 von der Zerstörung Jerusalems bis zur Gegenwart . 276

Zweiter Hauptteil. Die Geschichte des Neuen Bundes. Vierter Abschnitt. Jesus Christus. Wie Gott, als die Zeit erfüllet war, durch seinen Sohn zu den Menschen geredet hat. Vorbemerkung für den Lehrer.................................................. 277

I. Einleitung. DaS Christentum in der Weltgeschichte; die Überlieferung vom Leben Jesu; die Überlieferung und die Kritik. 96. „Inhalt und Zusammenhang der heiligen Schrift;" Christentum und Judentum; das Christentum in der Weltgeschichte...................................278 97. Die Überlieferung vom Leben Jesu.

A. Darstellung für die Schule.................................................................281 B. Ausführungen für den Lehrer a. Berichte von Jesus außer den Evangelien............................. 283 b. Die Entstehung der drei ersten Evangelien........................ 284 c. Die synoptischen Evangelien.......................................................286 d. Das Evangelium Johannis....................................................... 288 98—100. Die Überlieferung und die Kritik. 9^. A. Die Glaubwürdigkeit der Überlieferung vom Leben Jesu '. . . 290

a. Darstellung für die Schule............................................................ 290 b. Ausführungen für den Lehrer.......................................................291

XII 99. B. Die Wunder im Leben Zesu...................................................................... 293 100. C. Das Wunder der Person Jesu................................................................ 296

II. Der Verlauf des Lebens Jes« bis -um Einzug in Jerusalem. Vorbemerkung für den Lehrer.......................................................................................298 A. Das Leben Jesu bis zu seinem öffentlichen Auftreten. 101. Die Geburt und die Jugend Jesu.................................................................299 102. Jesu Leben im stillen Hause von Nazareth.................................................302 103. „Der Anfang des Evangeliums von Jesu Christo" (Mark. 1, 1): Johannes der Täufer ...................................................................................... 304 104. Die Taufe Jesu................................................................................................. 307 106. Der Beruf Jesu und die Versuchung...........................................................308 B. Das öffentliche Leben Jesu bis zum Einzug in Jerusalem. 106. Überblick über das öffentliche Leben Jesu..................................................... 310

107. Der Beginn der Wirksamkeit Jesu (um Ostern 29)................................ 31L 108. Jesus in Galiläa (Ostern 29 bis Herbst 30)................................................314 109. Jesu letzte Wirksamkeit in Jerusalem (Herbst 30) und in Peräa (Frühjahr 31)...................................................................................................... 319

III. Die Predigt Jesu vom Reiche GotteS und seiner Gerechtigkeit. Vorbemerkung für den Lehrer...................................................................................... 322 110. Die Predigt Jesu A. Einleitung für den Lehrer...................................................................... 324 B. Überblick für die Schule........................................................................... 325 C. Übersicht für die Lektüre............................................................ . . 326

111. Jesu Predigt von der Gnade Gottes gegen die Sünder............... 327 112. Jesu Predigt vom Reiche Gottes............................................................. 328 113. Jesu Predigt von der Gerechtigkeit: die Bergpredigt und verwandte Reden Jesu................................................................................................33P) 114. Das Vaterunser......................................................................................... 349

IV. Die Person Jesu. 115. 116. 117. 118.

Die Predigt Jesu und die Person Jesu.............................................354 Hoheit und Niedrigkeit im Leben und in der Person Jesu.... 364 Die Sündlosigkeit Jesu .......................................................................................356 Jesus als der Messias; der Menschensohn und Gottessohn . . '. . 357

V. Der Ausgang des Lebens Jesu. Vorbemerkung für den Lehrer........................................................... 360 119. Jesu Predigt von seinem Ausgang; die Verklärung................................ 361 120. Jesus und seine Gegner; die Tempelreinigung...........................................364 121. Die letzte Wirksamkeit Jesu vor seinem Einzuge in Jerusalem. . . 365 122. Die Salbung Jesu in Bethanien und sein Einzug in Jerusalem (Sonntag vor Ostern 31)................................. -......................................... 366 123. Jesu letzte Wirksamkeit in Jerusalem (Montag, Dienstag untz Mittwoch); der Verrat des Judas (Mittwoch)?)................................................................. 368 124. Der letzte Tag vor dem Tode (Donnerstag). a. Vor dem Abschiedsmahl......................................................................370 b. Das jüdische Paffahmahl................................................................ 371

H Ich bitte, die Überschrift auf S. 368 in dieser Mise zu verbeffern.

XIII c. Jesu letztes Mahl................................................................................. 372 d. Die letztes Reden Jesu...................................................................... 373 e. Gethsemane.............................................................................................374 125. Der Tod Zesu (FreitagX a. Der Todestag Jesu............................................................................ 375 b. Die jüdischen und die heidnischen Oberen des jüdischen Volkes beim Tode Jesu...................................................................... 376 c. Die Gefangennehmung Jesu........................................................... 376 d. Jesus vor der jüdischen Obrigkeit................................................ 377 e. Die Verleugnung des Petrusund das Ende des Judas . 378 f. Jesus vor der heidnischen Obrigkeit........................................... 378 g. Die Strafe der Kreuzigung........................................................... 381 h. Der Gang nach Golgatha.................................................................382 i. Jesus am Kreuze.................................................................................382 k. Das Begräbnis Jesu...................................................................... 384 126. Das heilige Grab............................................................................................384 127. Das Leiden des Herrn in der Sage........................................................... 386 128. Der Eindruck des Todes Jesu auf seine Jünger......................................390 129. Die Thatsächlichkeit der Auferstehung Jesu................................................ 391 130. Die Erscheinungen des Auferstandenen; die Himmelfahrt .... 394

Fünfter Abschnitt. Da- Christentum im Iettalter der Apostel. die Apostel hingegangen sind in alle Welt, um alle Menschen zu Jüngern Jesu Christi zu machen. Vorbemerkung für den Lehrer......................................................................................397 Überficht für die Lektüre.................................................................................................397 Wie

131. Die zwölf Apostel.................................................................................................. 399

I. Äußere Geschichte des Christentums im apostolischen Zeitalter. A. 132. Die Begründung des Christentums unter den Juden durch den Apostel Petrus; die Verfolgung der Gemeinde; die Ausbreitung des Christentums.............................................................................................................401 B. 133—137?) Die Verbreitung des Christentums unter den Heiden durch den

Apostel Paulus. 133. Die Bekehrung des Saulus, die Christengemeinde in Antiochia und die erste Missionsreise des Paulus................................................................ 403 134. Judenchristen und Heidenchristen; die Vereinigung von Jerusalem (das Aposteleoneil) und der Streit in Antiochia; der Galaterbrief . 406 135. Die zweite und dritte Missionsreise des Paulus; Paulinische Gemeinden und Briefe............................................................................................................ 410 136. Rückblick und Ausblick; der Römerbrief...........................................................417 137. Paulus und Petrus in Rom........................................................................... 420 C. 138. Das Judenchristentum in der späteren Zeit; Jakobus, Petrus und Judas und ihre Briefe......................................................................................423 D. 139. Das Zeitalter des Johann es; dieSchriften des Johannes ... 427

II. Das innere Leben der Kirche im apostolischen Zeitalter. 140. Der heilige Geist und die Gnadenmittel......................................................430

3) Im Texte steht fälschlich 133-136.

XIV 141. Die Gemeinde des Herrn..................................................................................... 431 142. Die Verfassung der Kirche im apostolischen Zeitalter................................. 432 143. Glaube, Gottesdienst und Leben der ersten Christen................................. 434

144. Die Hoffnung der Gemeinde................................................................................439

IIL Unsere Kunde vom apostolischen Zeitalter. 145. Die „Apostelgeschichte"; die Apostelsagen; die Apostelfeste im Kalender. Schluß..................................

442

445

XV

Druckfehlerverzeichnis.

S. 10, letzte Zeile v. u.: Vor der An­ merkung fehlt die Nr 1. S. 17, Z. 19 lies: statt S. 24, Z. 6: Die Klammer ist vor das erste, nicht vor das zweite Wort der Zeile zu setzen. S. 28, Z. 11 lies: Laodieea S. 35, Z. 5 v. u. lies: Schmid S. 48, Z. 15 v. u. lies: gar nicht Christlichen S. 63, Z. 7 lies: Kanaan; obwohl S. 67, Z. 13 am Ende ist ein Komma, Z. 14 am Ende ein Semikolon zu setzen. S. 89 o, Z. 1 am Ende lies Namen; Z. 2 am Ende lies: kommt (ohne Semikolon). S. 96, lies: 33. Die Entwickelung S. 98, Z. 20 v. u lies: besonderen S. 99, Z. 3: Die Klammer hinter Gal. 3,25 8 ist zu streichen. S. 101, Z. 9 lies r Erfüllung S. 101, Z. 12 v. u.: Das n in der Mitte der Zeile ist zu streichen. S. 108, Z. 10 lies: Asasel (ohne Apostroph) S. 133, Borbem. Z. 2: Am Ende fehlt das Semikolon. S. 154, Z. 2 lies: Selbständigkeit S. 155 b, Z. 17 lies: der Gesandten S. 160, Z. 5 v. u. lies: Schranke des jüdischen Glaubens S. 197 B, Z. 11 lies: Ps. 51,18-19

S. 212, Z. 13 lieS: Luther unrichtig: „Lied im höheren Chor" S. 222 Ba, Z. 6 lies: 1. Mose 1,26 s. S. 223 C, Z 3 lies: kennen S. 225, Z. 8 v. u. lies: die alte S. 228, Z. 14 v. u. lies: in diesem Leben S. 235, Z. 7 v. u. lies: war (vorher ein Komma zu setzen!) S. 250, Z 14 lies: römischen S. 252, Z. 1 lies: kleine S. 254: Bor der Anmerkung fehlt die Nr. 1. S. 261, Z. 1 lies: voraussetzt S. 283 Anm. 1, Z. 3 lies: aut S. 300, letzte Zeile des Textes lies: noch S. 324, Z. 11—12 lies: Gerechtigkeits­ lehre S. 332, Z. 7 v. u. im Texte lies : unsere Schuld S. 334, Z. 17 lies: wer im Christentum S. 337, Absatz 1, Z. 17 lies: Auslegung S. 339, Z. 8 v. u. lies: als S. 349 Text, Z. 9 v. u. lies: Hebr. S. M/Z. 6 lies: Sn .... xac. S. 368 Nr. 123: Die Überschrift mußte so gedruckt werden, wie fie oben im Inhaltsverzeichnis gedruckt ist. S. 387, Z. 3 v. u. lies: in meinem Nest werde S. 403 Mitte, lies: B. 133-137. S. 407, Z. 17 lies: (1. Kor. 8. K. 10,14-33).

Der Unterricht in öer heiligen Geschichte. Die Ordnung der EntlaffungSprüfung vom Jahre 1882 verlangt in Übereinstimmung mit der früheren Prüfungsordnung von dem GymnafialAbiturienten, daß derselbe .von dem Inhalt und Zusammenhang der hei­ ligen Schrift eine genügende Kenntnis erlangt habe." Der Verfasser dieses Buches hat stets die Abiturienten-Zeugnisse in diesen Worten abgefaßt, und er thut dies noch heute, und zwar ohne jedes Bedenkens) Welchen Sinn hat denn dicfe Forderung? Doch natürlich nicht den, daß der Schüler alles wiffen soll, was in der Bibel steht; daS weiß nicht einmal der Religionslehrer. Es kann also nur der Hauptinhalt der Bibel gemeint sein; derselbe muß also für den Schüler von den Neben­ sachen gesondert und in angemessener Weise ihm vorgetragen und eingeprägt werden. Und wenn das geschieht, dann ist auch schon der Zusammenhang der heiligen Schrift fast von selbst gewonnen und erkannt. Ich betrachte eS also als die Aufgabe dieses Buches, diesen Hauptinhalt der Bibel in seinem Zusammenhänge für die Schule, und zwar für die oberen Klaffen, darzustellen; diesem Zwecke dient schon die kurze Inhaltsangabe, die ich der Darstellung der heiligen Geschichte vorausschicke,*2) welche jedem Abschnitte vorausgeschickt werden mög;3) diesen Zweck faßt überall die Darstellung des Buches ins Auge. WaS nun der Unterricht in der heiligen Geschichte im einzelnen zu leisten hat, soll im folgenden gezeigt werden, a. Die erste Aufgabe des BucheS ist es, die Geschichte des Volkes Israel und des Ehristentums für den Unterricht in den oberen Klaffen der höheren Schulen darzustellen. Hierfür haben ja nun die unteren und die mittleren Klassen bereits eine Grundlage geliefert, welche in den oberen Klaffen als vorhanden vorauszusetzen ist. Die unteren und mittleren Klaffen werden mehr die einzelnen Geschichten der heiligen Schrift ins Auge fassen. In den unteren Klaffen werden im Alten Testament besonders die Geschichten der Patriarchenzeit, Moses und David in den Vordergrund treten; im Neuen Testament wird das Leben Jesu daS Hauptpensum sein. In den mittleren Klaffen mag im Alten Testament die Palriarchenzeit etwas zurücktreten, damit die Zeit von der Teilung des Reiches bis zur Zerstörung Jerusalems durch Titus dargestellt werden kann; im Neuen Testament muß die Apostelgeschichte T) Wie ein solches ausgesprochen ist von H oll en berg. Zur Methode des bibl. Unterrichts in den oberen Gymnafial-Klaffen. Bielefeld 1889 (Progr. Nr. 332), S. 4. 2) Vgl. Nr. 1. 8) Dem Leben Jesu ist sie noch besonders vorangestellt, vgl. Nr. 96.

Heidrich, Heilige beschichte.

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zum Leben Jesu hinzukommen, und im Leben Äesu müssen die R e d e n Jesu mehr beachtet werden, als dies in den unteren Klaffen möglich ist. Die obere Unterrichtsstufe, nach meiner Meinung die Sekunda, hat nun nicht etwa bloß zu wiederholen, was früher dagewesen ist; eine bloße Wiederholung ertötet notwendig das Interesse; dem Schüler muß etwas Neues geboten werden, etwas, was seinem gereiften« Alter entspricht und seine religiöse Bildung fördert. „Förderlich kann aber der Religionsunterricht in der Sekunda nur dann werden, wenn die allgemeine Wiederaufnahme der früheren geschichtlichen Pensen unterbleibt, und dafür eine Beschränkung auf wenige Hauptpartieen des biblischen Lehrstoffes stattfindet, welche dec erlangten größeren Reife der Schüler entsprechen.^) , Es wird also nicht jede einzelne biblische Geschichte wieder zur Be­ sprechung kommen, sondern die Hauptmomente der heiligen Geschichte werden hier zu tieferem Verständnis gebracht werden müssen. Mit dieser Hervorhebung der Hauptthatsachen aus der Geschichte Israels und des Christentums ist nun nach meiner Meinung noch ein Vorteil verbunden, der nicht gering anzuschlagen ist. Ein Unterricht, der immer wieder auf die Hauptsache sich einschränkt, die Offenbarung Gottes im Alten und Neuen Bunde, lenkt den Lehrer und den Schüler von einer Gefahr ab, die nach meiner Meinung nicht gering anzuschlagen ist. Der Schüler ist, wie der gemeine Mann, nur allzu sehr geneigt, an Einzelheiten, auch an die unwichtigsten, sich zu hängen und darüber das Ganze und die Hauptsache aus dem Auge zu verlieren. Bei der Bibel sind es namentlich die einzelnen Wunder, die oft dem Schüler als so wichtig erscheinen, daß von ihrer Auffaffung und Erklärung ihm sehr viel abzuhängen scheint. Nun ist es ja leicht, mit manchen Apologeten alles Mögliche über jedes Wunder zu sagen; aber gelingt es denn dem Lehrer auch immer, den Schüler zu überzeugen? Und glaubt denn jeder Lehrer selber an jedes Wunder? Hier heißt es für Lehrer und Schüler: „Eins ist not." Die Apologeten „wissen zwar viele Künste," aber nur allzuoft „führen sie weiter von dem Ziel." Wenn der Lehrer in der Weise unterrichtet, daß er vor allem die Hauptsachen hervorhebt, dann wird der Schüler, auch wo ihm einzelne Zweifel nicht genommen werden können, doch erkennen, daß von solchen Zweifeln die Hauptsache, der Glaube an die Offenbarung Gottes im Alten und Neuen Bunde, nicht berührt wird. So treten nun in dieser heiligen Geschichte vornehmlich Moses, David, die Weissagung und der Glaube des Volkes Israel, Jesus Christus und die Apostel Petrus und Paulus vor das geistige Auge des Schülers; die anderen Personen uno viele einzelne Ereignisse treten ihnen gegenüber zurück, auch wenn sie genannt werden. Diese Hauptpersonen und Hauptsachen der heiligen Geschichte dürfen nun aber nicht vereinzelt, in unverbundenen Dar­ stellungen, dem Schüler vorgeführt werden, sondern als die Hauptträger der im Zusammenhänge vorgesührten heiligen Geschichte, welche mit Moses beginnt und mit den Aposteln schließt. Ja, gerade daS Ganze der heiligen Geschichte muß auf dieser Unterrichtsstufe dem Schüler dargeboten werden, T) Programm von Waren 1883, Nr. 587. gebung in der Sekunda.

Niemann, die Mosaische Gesetz­

3 während auf der unteren und mittleren Stufe mit Recht mehr die einzelnen Personen und Ereignisse hervortreten; hier soll eben nicht bloß der Inhalt, sondern auch der Zusammenhang der heiligen Geschichte erfaßt werden; in der ganzen heiligen Geschichte den Schüler eine zusammenHängende-Offenbarung Gottes erkennen zu lassen, das ist hrer die Aufgabe und das Ziel des Unterrichts. b. Aber in die Geschichte Israels und des Christentums soll ja nun der Schüler nicht deshalb eingeftthrt werden, damit sein geschichtliches Wissen sich vervollständige, oder damit er die weltlichen Altertümer des Volkes Israel kennen lerne, sondern der Schüler soll vornehmlich in das hineingeführt werden, was der Kern und Mittelpunkt dieser Geschichte ist, in die Religion deS Volkes Gottes. .Die Aufgabe meine- Buches,*) daS ja nur ein bescheidener Beitrag zum Verständnis der biblischen Religionsgeschichte sein will, gestattet, ja fordert vielmehr, dasjenige, waS ganz und gar dem rein politischen und profanen Gebiet angehört, bloß kurz zu erwähnen, eingehend aber nur die­ jenigen Partieen der Geschichte zu besprechen, welche zur eigentlichen Religionswelt in Beziehung stehen. Zwar ist besten mehr, als in irgend welcher andern Volksgeschichte, weil, wie die Gesetzgebung, das öffentliche und das Privatleben in Israel, so auch die Litteratur und die Geschicht­ schreibung von religiösen Adern durchzogen ist. Allein so wenig als selbst das frömmste Menschenleben einer weltlichen Seite ganz entbehrt, so ist auch besonders in der ATlichen Geschichte nicht wenige-, was lediglich zum Profanen LebenSgebiet gerechnet werden muß. Man hat freilich bis auf unsere Tage mit Allegoristeren und Symbolisieren in diesem Stücke Großegeleistet, indem alles und jedes, weil eS eben in der Bibel steht, Stoff zu angeblich tiefsinnigen frommen Betrachtungen liefern mußte; das sind aber doch nur Ausgeburten unwahrer und mißbräuchlicher Benützung des Bibelworts.* So bietet denn nun das vorliegende Buch im Anschluß an die Haupt­ perioden der heiligen Geschichte eine ausführliche Darstellung der Religion des betreffenden Zeitalters; der Lehrer findet also die Gesetzesreligion, die messianische Weissagung, die Frömmigkeit der Psalmen und des BucheHiob, die wichtigsten Reden Jesu und das innere Leben der apostolischen Kirche dargestellt. Auf diese Darstellung der Offenbarungs»Religion in den verschiedenen Momenten ihrer Entwickelung ist nach meiner Meinung in den oberen Klaffen das Hauptgewicht zu legen. Damit ist für diesen Unterricht da- Neue gewonnen, das er dem Schüler bieten muß, wenn derselbe in diesem Unterrichte nicht bloß eine ihm vielleicht entbehrlich scheinende Wieder­ holung der ihm von Jugend an bekannten „biblischen Geschichte" sehen soll. Wenn nun auch hier ja zunächst dec Inhalt der heiligen Schrift dem Schüler entgegentritt, so wird sich ihm doch auch hier, und fast noch leichter ols bei der äußeren Geschichte, der Zusammenhang der heiligen Schrift ohne große Mühe erschließen. „Das Ziel deS Religionsunterrichtes ist c$,2) zu Christus zu führen; daS Alte Testament ist Offenbarung Gottes an unS, weil und insofern es mit der Person Jesu im Zusammenhänge steht; die Person Jesu giebt uns auch die Fähigkeit, das Ewig-Bleibende im Alten T) So sage ich mit M ez ger, Htlfsbuch zum Verständnis der Bibel (IV, 83s.). 3) Hollenberg, Progr. von Bielefeld 1889. Nr. 332, S. 6—7.

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Testamente von dem Bergänglich-Partikularistischen zu scheiden." Wenn der Lehrer in diesem Sinne unterrichtet, so wird auch hier dem Schüler „der Inhalt und Zusammenhang der heiligen Schrift" verständlich werden. Für diese Einführung in die Religionswelt der Bibel wird nun vornehmlich die Lektüre der Bibel in den oberen Klaffen berechnet sein milffen. Schon bei der Geschichtsdarstellung ist nach diesem Gesichtspunkte die Lektüre auszuwählen, so weit sie überhaupt bei der Kürze der Zeit möglich ist; bei der Darstellung der Religionswelt der Bibel aber muß die Zeit reichen, um in die betreffenden Abschnitte der heiligen Schrift selbst einzuführen, ja, mit einer Ausnahme (bei der Darstellung des MofaiSmuS), den Unterricht auf die Lektüre zu gründen und aus dieser den betreffenden Gegenstand zu erkennen und zusammenzufaffen. Hier lernt also der Schüler die Psalmen und das Buch Hiob (beides in Auswahl) kennen; in einer Auswahl der messianischen Weissagungen erschließt sich ihm der Hauptinhalt der prophetischen Predigt; die wichtigsten Reden Jesu und die bedeutendsten Abschnitte der wichtigsten Briefe der Apostel lernt er durch eigene Lektüre kennen. Auf diese Lektüre der heiligen Schrift und die daraus sich ergebende Kenntnis der Religionswelt deö Volkes Gottes wird der Unterricht in den oberen Klaffen besondere Sorgfalt verwenden müssen; ihm ist um seiner Schwierigkeit und um seiner Bedeutung willen ein großer Teil des Buches zugewiesen. Für diese Abschnitte bildet natürlich die Grundlage die Wiffenschast der „biblischen Theologie"; hoffentlich habe ich von dieser Wiffenschaft etwas gelernt; aber ich wünsche sehr, daß eS mir gelungen wäre, unter Berücksichtigung der Wiffenschaft die Schüler in den Inhalt der heiligen Schrift so einzuführen, daß, wie die Erläuterungen zu den Lehrplänen der höheren Schulen (S. 17) mit Recht fordern, auch bei der Einführung in die Religionswelt der Bibel „die Schule nicht Theologie lehrt, sondern Religionsunterricht erteilt." c. Neben der Darstellung des Entwickelungsganges der heiligen Geschichte und der Hauptmomente der biblischen Religion bedarf es für den Schüler zwar noch einer Belehrung über die Bibel als Ganzes, aber nicht einer besonderen vollständigen Bibelkunde oder biblischen Einleitung für die einzelnen Bücher. Was der Schüler von den einzelnen biblischen Büchern zu missen braucht, lernt er durch eigene Lektüre oder durch kurze Bemerkungen bei den betreffenden Perioden der heiligen Geschichte; die längeren Ausführungen über die einzelnen biblischen Bücher, welche den einzelnen Abschnitten des Buches beigegeben sind, sind nur für den Lehrer bestimmt, nicht für den Schüler. Und so stimme ich denn auch für die oberen Klaffen der höheren Schulen mit der zunächst für Volksschulen erlaffenen Ministe rialVerfügung vom 24. März 1888 überein: „Die Kinder müssen allerdings lernen, aus welchen einzelnen Büchern die heilige Schrift besteht, und wie sie auf einander folgen; aber kurze Inhaltsangaben der einzelnen biblischen Bücher auswendig­ lernen zu lassen, ist frucht- und darum wertlos. Es kommt viel­ mehr darauf an, die Kinder durch Bibellesen in den Reichtum der heiligen Schrift einzuführen. Was aus der Bibelkunde etwa bemerkens­ wert ist, das läßt sich hierbei ohne weitere Zurüstung leicht anführen. ES

5 ist daher der Unterricht in der Bibelkunde als besonderer Lehrgegenstand aus dem Lehr- und Lektionsplane zu entfernen." „Der Gebrauch, die Schüler Inhaltsangaben der einzelnen biblischen Bücher, die ste zum größten Teil gar nicht gelesen haben, lernen zu lasten, ist noch weit verbreitet, wie eine ganze Anzahl von Schulbüchern zeigt, welche ausdrücklich auf einen solchen Betrieb deS Unterrichts eingerichtet sind, und doch ist dies Verfahren gänzlich unfruchtbar, ja, geradezu verwerflich." *) „Eine Bibelkunde, als Unterrichtsgegenstand für Sekunda, hat notwendig den encyklopädischen Charakter, der der Tod des wirklichen Interesses ist."*2)* * 5 Der Schüler braucht also im ganzen nichts zu wissen „von der Entstehung und Zusammensetzung der historischen Bücher des Alten Testamentes, nichts von der Lebenszeit und der speziellen Wirksamkeit der einzelnen Propheten"^, nichts von der Entstehungszeit und dem Inhalt der von ihm nicht gelesenen Briefe. Zwar manche Fragen der biblischen EinleitungSwiffenschaft treten auch an den Schüler heran; so die Frage nach der Entstehung der Bücher MosiS (bei der Betrachtung deS Gesetzes*) und bei der Erläuterung der Schöpfungsgeschichte^); ebenso die Frage nach dem Verhältnis der Evangelien zu einander, und einzelnes andere. Dann gebe der Lehrer im einzelnen Falle, ohne auf Vollständigkeit bedacht zu sein, den nötigen Bescheid; aber auf diese Fragen ist in der Schule nur da einzugehen, wo das Verständnis deS Inhalts der Schrift und die Abwehr von Zweifeln eine Besprechung dieser Fragen nötig macht. Die Abschnitte, welche ich über solche Fragen für den Schüler beigegeben habe, betrachte ich als das Maximum des ihm Darzubietenden. Der Lehrer soll die Fragen der Einleitungs­ wissenschaft kennen und studieren; der Schüler soll vor allem in die Gottesgedanken der heiligen Schrift eingeführt werden; eine vollständige „Bibelkunde" dem Schüler einzuprägen, darauf muß die Schule verzichten. d. Die Verteilung des Stoffes auf die beiden Jahre der Sekunda.6) Die einfachste Verteilung des Stoffes ist die, daß der Lehrer das erste Jahr der Sekunda für daS Alte Testament, das zweite Jahr für das Neue Testament verwendet; ich bin leider nicht im stände, nach den Pro­ grammen anzugeben, o b das und in welchem Umfange eS in den höheren Schulen geschieht. ES ist mir mindestens zweifelhaft, ob diese Verteilung deS Stoffes zu billigen ist. Zunächst scheint mir doch Rücksicht genommen werden zu müssen auf den bisherigen Zustand, wonach für viele Schüler der Unterricht mit der Untersekunda abschließt; eS scheint mir nicht ange­ messen, diesen Schülern.zuletzt gerade bloß das Alte Testament darzubieten. Um ihretwillen aber den natürlichen Gang deS Unterrichts umzukehren und das Alte Testament der Obersekunda zuzuweisen, erscheint mir ebenso wenig x) Hollenbera, Progr. von Bielefeld 1889, Nr. 332, S. 4. Vgl. auch Leuchtenberger, Zeitfchr. für das Gymn.-Wesen, 1889,4. 2) Gottschick, Der evang. Religions-Unterricht. 1886. S. 56. 8) Hollenberg 1. c. S. 9. *) Vgl. Nr. 33. 5) Vgl. die Glaubenslehre. *) Für einige Hauptpensa ist die dazu nötige Zeit noch besonders angegeben; wie viel Zeit der Lehrer für die anderen Stoffe verwendet, mag ihm selber überlaffen bleiben.

6 angemessen. Außerdem aber scheint eS mir doch fraglich zn sein, ob man dem Alten Testament ebenso viel Zeit zuweisen frU als dem für den Christen doch besonders wichtigen Renen Testamente. So schlage ich denn folgende Verteilung deS Stoffes vor. Untersekunda: Sommer. 1. Daö Volk der Offenbarung und die Urkunde der Offenbarung; MoseS und die Gesetzesreligion (für die letztere allein IQ Stunden erforderlich); Josua. 2. Israelitische Geschichte von den Richtern bis zum König Herodes (einschließlich — nur die äußere Geschichte.)^ Winter. 3. Jesus Christus, Leben und Reden (für die letzteren allein 20 Stunden erforderlich).

Obersekunda: Sommer. 1. Die messianische Weissagung (längeres Vierteljahr). 2. Psalmen und Hiob (kürzeres Vierteljahr). Winter. 3. Apostelgeschichte und jüdische Geschichte von Herodes bis zum Untergange des Staates. Bei dieser Verteilung des Stoffes erhält jede der beiden Klaffen zwar nicht ein wissenschaftliches, aber ein für den Schulzweck geeignetes Ganze; in jedem Jahre wird Altes und Neues Testament dem Schüler dargeboten, und zwar so, daß das für den Christen wichtigere Neue Testament vorwiegt; die schwierigeren Teile des Pensums sind vornehmlich der Obersekunda zuge­ wiesen. Bei diesem Gange des Unterrichts muß natürlich der Lehrer erst recht darauf sehen, daß neben dem Inhalt auch der Zusammenhang der heiligen Schrift vom Schüler erfaßt werde. e. Wenn so der Schüler in die heilige Schrift eingeführt wird, dann wird ihm allerdings vieles Einzelne unbekannt bleiben und gar manches kurz Erwähnte dem Gedächtnis bald wieder entschwinden; viele einzelne Ereigniffe und Personen der Bibel sind ihm fremd geblieben, und gar manches schöne Bibelwort hat er nicht gelesen; gar manches biblische Buch weiß er zwar in der Bibel zu finden, aber er hat noch niemals darin gelesen. Aber wenn er auch vieles Einzelne nicht kennt, der Hauptinhalt der Bibel ist ihm bekannt geworden: wie Gott zu den Israeliten durch MoseS und die Propheten und zuletzt zu den Menschen durch JesuS Christus geredet hat. Wenn die Schule diesen Hauptinhalt der heiligen Schrift dem Schüler nahegebracht hat, dann hat sie ihre Schuldigkeit gethan; das Weitere liegt nicht mehr in des Lehrers Hand, sondern in der Hand Gottes, der in seinem Worte sich wirksam erweist. DaS nämlich ist ja daS Ziel des Wortes Gottes in der Schule, wie in der Kirche, daß es den Menschen zum Glauben führe an die auch für ihn geschehene Offenbarung Gottes in MoseS, in den Propheten und in JesuS Christus; aus der Predigt kommt der Glaube. Dieser selbstwirkcuden Kraft (Sauerteig!) des Wortes

Q Die Propheten und die Psalmen werden tm -weiten Jahre behandelt; die Frömmigkeit des späteren Judentums wird bet den Reden Jesu vorgeführt.

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Gottes muß der Lehrer vertrauen; nicht des Menschen- sondern GotteS Werk ist der Glaube, und Gott wird sich auch in der Schule nicht unbfc= zeugt lassen. Daß dieS in der Schule geschehe, dazu trägt ja natürlich auch der Lehrer bei, wie der Pastor in der Kirche, ater doch bei weitem nicht so viel, wie mancher Unkundige glaubt; deS Lehrers Sache ist eS aber jedenfalls, Gottes Wort an seiner Wirksamkeit nicht zu hindern. So mag nun auch das vorliegende Buch als ein Versuch betrachtet und ausgenommen werden, dazu zu helfen, daß auch in der Schule mehr und mehr die Schätze der Weisheit und Erkenntnis gehoben werden, welche in der Bibel enthalten sind.

Zahlentabelle zur heiligen Geschichte. *) 1320

Moses führt die Israeliten aus Ägypten; sein Nachfolger Josua erobert das Westjordanland. 1050 Saul, der erste König der Israeliten. 1025 David, der Stammvater des Königsgeschlechtes vom Reiche Juda, erobert Jerusalem. 980 Salomo, David's Sohn, baut den ersten Tempel. 950 Das Reich zerfällt in die Reiche Israel (Hauptstadt Samaria) und Juda (Hauptstadt Jerusalem). 851 Ah ab, König von Israel, Gemahl der Jsebel, Vater der Athalja. Der Prophet Elias. 738 und 734 Israel und Juda werden den Assyrern Unterthan. 722 Salmanaffar, König der Assyrer, vernichtet das Reich Israel?) 701 Jerusalem von dem Affyrerkönig Sanherib vergeblich belagert. Der Prophet Jesaias. 621 Reform des Gottesdienstes nach dem Deuteronomium durch den König Äosia. 609 Josia fällt im Kampfe gegen den König Necho von Ägypten. 606 Niniveh, die Hauptstadt des assyrischen Reiches, wird durch die ver­ bündeten Meder und Babylonier zerstört und das assyrische Reich unter die Sieger geteilt. 586 Nebukadnezar, König von Babylon, vernichtet das Reich Juda. Der Prophet Jeremias. Die Juden im Exil. Der zweite JesaiaS. 538 Kyros, der König der Perser, erobert Babylon und entläßt die Juden aus der Gefangenschaft. 444 Die Juden verpflichten sich auf Esra's Aufforderung, daS Gesetz MosiS zu halten: Anerkennung des Pentateuchs. e. 300 Die Juden kommen unter die Herrschaft der Ptolemäer in Ägypten. ’) Die Tabelle giebt eine Übersicht über die heilige Geschichte; lernen und behalten aber mag der Schüler nur die fett gedruckten Zahlen und Thatsachen, welche ich auch schon der Zahlenlabelle der Kirchengeschichte vorausgestellt habe. 2) Über diese Fassung des Ausdrucks („Salmanaffar," nicht „Sargon") vgl. Nr. 58.



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198 Die Juden werden dem Syrerkönig Unterthan.

167

Die Juden gewinnen durch die Makkabäer ihre Unabhängigkeit von den Syrern. 143 Der Makkabäer Simon wird Hohrrpriester und Feldherr der Jude«.

63 Die Juden werden durch PompejuS den Römern zinspflichtig. 40 -4 vor Chr. König HerodeS der Große; gegen Ende seiner Regierung wird Jesus Christus geboren. 4 vor Chr. ArchelauS (bis 6 nach Chr.), PhilippnS (bis 34 nach Chr.), AntipaS (bis 39 nach Chr.), die Söhne des HerodeS. 26—36 PontiuS PilatuS, Prokurator in Judäa, Samaria und JdumLa. 37 - 41 HerodeS Agrippa I. König des jüdischen Landes. 66 Beginn des Krieges mit den Römern.

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Jerusalem wird durch TituS zerstört.

Leilige Heschichte 1. „Inhalt und Zusammenhang der heiligen Schrift." Ordnung der Entlassungsprüfung für die Gymnasien 1882, § 3,1. Lesen: Hebr. 1,1—2. Röm. 10,2. Matth. 28,19. Wie „Gott zu den Vätern manchmal und mancherlei Weise durch MoseS und die Propheten und zuletzt zu den Menschen durch seinen Sohn JesuS Christus geredet hat" — daS ist der Hauptinhalt der in der heiligen Schrift erzählten Geschichte, und deshalb auch des vorliegenden Buches. Dieser Hauptinhalt der Bibel bildet, wie der citierte Spruch aus dem Hebräerbriefe (1,1—2) zeigt, ein zusammenhängendes Ganze. Als die Hauptträger der biblischen Religion sind MoseS (in den „Propheten ■ ent­ halten, in dem genannten Spruche darum nicht ausdrücklich genannt), die Propheten und Christus genannt, an welche alles Übrige sich als Ergänzung oder Fortführung anschließt. Hiernach ergeben sich also folgende Perioden der heiligen Geschichte, deren Überschriften im Anschluß an den genannten Spruch für den Schüler also lauten: 1. Wie Gott die Israeliten aus Ägypten geführt und durch MoseS zu ihnen geredet hat. 2. Wie Gott das Königtum in Israel begründet und manchmal und mancherlei Weise durch die Propheten zu seinem Volke geredet hat. 3. Wie die auS dem Exil zurückgekehrten Juden um Gott eifern, aber mit Unverstand. 4. Wie Gott, als die Zeit erfüllet war, durch seinen Sohn zu den Menschen geredet hat. 5. Wie die Apostel hingegangen sind in alle Welt, um alle Menschen zu Jüngern Jesu Christi zu machen. Wenn der Schüler immer wieder einmal an diesen Bibelspruch (Hebr. 1,1—2) erinnert und der Inhalt und Zusammenhang der heiligen Schrift immer wieder einmal in dieser Weise ihm vorgeführt wird, so wird er, nachdem er die einzelnen Abschnitte der heiligen Geschichte kennen gelernt hat, als Abiturient nach meiner Meinung gewiß im stände sein, zu zeigen, daß er „von dem Inhalt und Zusammenhang der heiligen Schrift eine genügende Kenntnis erlangt habe."

Einleitung. Das Volk und die Religion der Offenbarung; die heilige Schrift, die Urkunde der Offenbarung; die Kritik im Verhältnis zur Bibel und zur Offenbarung. Vorbemerkung für den Lehrer. Nicht mit der Frage nach dem Dasein Gottes und der Schöpfung der Welt und mit der Darstellung der Lehren von der Sünde und der Offenbarung beginnt (abweichend von den meisten andern) das vorliegende Handbuch der heiligen Geschichte; diese Fragen gehören in die Glaubens­ lehre, nicht in die heilige Geschichte; hier würden sie einerseits diesem Unterrichtspensum (heilige Geschichte) zu viel Zeit entziehen, andererseits doch nicht gründlich genug behandelt werden können, nm als ausreichende Mitgabe für das Leben des Schülers der Oberklassen gelten zu können. Der geschichtliche Unterricht beginnt mit dem geschichtlichen Tröger der Offenbarung, mit dem Volke Israel und seiner Religion, und Israel und seine Religion werden für den Schüler in das rechte geschichtliche Licht gestellt (wobei für den Lehrer noch einige wissenschaftliche Erörterungen angeschlossen werden). Der zweite Abschnitt der Einleitung weist'auf die Urkunde der Offenbarung, die Bibel, hin, welche, hier sofort als Ganzes betrachtet, dem Unterrichte in der Offenbarungsgeschichte zu Grunde liegt. Eine Belehrung über die einzelnen Bücher ist den einzelnen Abschnitten deS Buches beigegeben, und der Lehrer wird, wie das oben (Unterricht in der heiligen Geschichte, c) dargelegt ist, aus dem ihm dargebotenen reicheren Stoffe das Hauptergebnis dem Schüler am geeigneten Orte in einfacher Weise mitteilen, nur soviel nämlich von der „Bibelkunde", als für das Verständnis der heiligen Geschichte und der Bibel notwendig ist. Der dritte Abschnitt der Einleitung giebt dem Lehrer eine Darlegung über das Verhältnis der Kritik zur Bibel und zur Offenbarung; dieser Abschnitt ist also nicht dem Schüler vorzuführen, sondern er zeigt nur dem Lehrer, von welchen Grundsätzen nach des Verfassers Meinung der Unterricht in der heiligen Ge chichte in den Oberklaflen beherrscht wird.

I. Acrs

und die Wetigion 6er Hffenbcrrrrng.

2. Abstammung und Sprache des Volkes Israel. a. Während die mächtigsten Völker der alten wie der neueren Geschichte dem Bolksstamme der Jndogermanen*) angehören, gehört daS kleine, aber darum nicht unbedeutende Volk Israel zu dem Volksstamme derSemiten. Inder, Perser—Griechen, Italer, Kelten—Germanen, Slawen.

11 Unter den acht Stämmen, in welche man heute die Völker hinsichtlich ihrer Sprache einteilt,1)2 stehen * * * 6 aber nicht bloß in der Sprache, sondern auch in der Geschichte diese beiden Stämme, Jndogermanen und Semiten, als die bedeutendsten aller Völker da, auf denen vornehmlich die Bewegung der Weltgeschichte und die Entwickelung der Kultur beruht2); die anderen sechs Sprachstämme gehören den weniger bedeutenden Völkern an. Das israelitische Volk gehört also seinem Ursprünge nach einem der beiden bedeutendsten Volksstämme an, dem der Semiten. Die Semiten wären aber in der Urzeit, ebenso wie die Jndogermanen, ein einiger Stamm, wie die Verwandtschaft aller semitischen Sprachen unter einander deutlich zeigt, und erst allmählich hahen sie sich, gleich den Jndogermanen, in verschiedene Völker zerteilt, als sie ihre ursprünglichen (denen der Jndogermanen vielleicht benachbarten, in Hochasien gelegenen) Wohnsitze verließen und einen Teil von Vorderasien einnahmen (vom Tigris bis zum Mittelmeere, und die Halbinsel Arabien — vielleicht etwa um 2000 v. Chr.). Man spricht aber zunächst von Südsemiten und Nordsemiten, indem man annimmt, daß der Urstamm sich zunächst in zwei Teile geteilt habe; aus diesen beiden Teilen sind dann allmählich die einzelnen semitischen Völker entstanden. Zu den Süds em i len gehören die Araber und die aus Südarabien auSgewanderlen Abesinier^). Zu den Nordsemiten gehören die Babylonier und Assyrer, die Aramäer, die Phönicier und die Hebräer oder Israeliten. Bon diesen Völkern sind im Altertum die Babylonier, Assyrer und Phönicier von Bedeutung gewesen; Israel gewinnt eine Bedeutung für die Welt erst im Christentum; 600 Jahre nachher wird durch Mohammed das Volk der Araber zum weltgeschichtlich bedeutenden Volke, und der Islam, obwohl jetzt nicht mehr bloß die Religion semitischer Völker (die Türken z. B. sind keine Semiten), hat neben dem Christentum seine Bedeutung bis auf den heutigen Tag behalten 4). Für uns kommt hier nur das Volk Israel in Betracht, andere (sowohl semitische, als auch nicht semitische) Völker nur insoweit, als sie in Israels Geschichte eingreifen, b. Das Volk Israel spricht nun natürlich eine semitische, die sogenannte hebräische Sprache, mit welcher die unlängst bekannt gewordene moabitischeb) fast ganz übereinstimntt, und von welcher die phönicische sich nur wenig unterscheidet. Alle Semiten haben natürlich in der Urzeit eine gemeinsame Sprache gesprochen, von der wir keine Denkmäler besitzen (ebensowenig, wie von der indogermanischen Ursprache). Von den heutigen semitischen Sprachen hat das Arabische, infolge der langen Abgeschloffenheit des Volkes (ebenso wie das Litauische unter den indogermanischen Sprachen), sich die größte Altertümlichkeit erhalten; der Ursprache am fernsten steht das Aramäische; in der Mitte zwischen beiden steht das Hebräische^), welches zwar an Formenreichtum dem Arabischen schon nachsteht, aber das Aramäische 1) Vgl. Guthe, Geagr. I, § 35. 2) Vgl. Nr. 3. b) So nach Hommel zu schreiben. *) Vgl' Nr. 3. 6) Siegessäule des Königs Mesa von Moab, vgl. Nr. 56 e. 6) Arab.: katala Hebr.: katal — Aram.: k’tal — Ewald hielt daS Aramäische für die älteste Sprachform, heute gilt die reichste Sprache für die älteste..

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weit übertrifft.1) Wenn wir aber nach dem Alter der in ihnen vorhandenen Litteratur diese drei semitischen Sprachen gruppieren, so steht (abgesehen von den anderen semitischen Sprachen) an erster Stelle das Hebräische, daS Aramäische an zweiter und daS Arabische an der dritten Stelle. Das Hebräische ist nun, nur gesprochen vom Volke Israel, stets auf einen kleinen Raum beschränkt gewesen; ja, nach dem babylonischen Exil und besonders seit der Herrschaft der Aramäisch redenden Syrer über die Juden hat es sogar allmählich aufgehört, eine lebende Sprache zu fein, da im Munde des israelitischen Volke- und auch in der Litteratur (ESra und Daniel) seitdem daS Aramäische herrschend wurde, welches im persischen Reiche die offizielle Verkehrssprache war (Aramäisch haben auch JesuS und die Apostel gesprochen). Seit sich der Islam auSgebreitet hat, hat sich das ursprünglich kleine Gebiet der semitischen Sprachen auch über die Nil­ länder und den Nordrand von Afrika auSgebreitet. Aber in allen semitischen Ländern wird heute fast nur noch eine semitische Sprache gesprochen, daArabische, neben welchem sich in Asien daS Syrische nur noch in dürftigen Resten behauptet, aber in Afrika daS Abesinische in mehreren Tochtersprachen weiterlebt. Daß die hebräische Schrift (wie die der meisten Semiten) von rechtnach links geschrieben wird, und das hebräische Buch nach unserer Meinung am Ende anfängt, ist bekannt. Die hebräische Schrift hat aber ein Alphabet, welches nur aus Konsonanten besteht; die Vokale wurden ursprünglich nur zum Teil durch bestimmte Konsonanten angedeutet; seit etwa 600 nach Christus werden aber in den gewöhnlichen Handschriften und Drucken (nicht in den Synagogenrollen) alle Vokale mit einer Genauigkeit, welche unser Alphabet weit übertrifft, durch kleine Zeichen über oder unter den Konsonanten bezeichnet. 3. Die Religion des Volkes Israel und die weltgeschichtliche Bedeutung Israels.

Lesen: 1. Mose 9,26 u. 27. Ps. 42 u. 43. Hebr. 11. a. Unter den Völkern des Altertums spielt das Volk Israel, äußerlich angesehen, nur eine unbedeutende Rolle; im Staate haben die Israeliten es niemals zu einer der athenischen oder römischen auch nur im entferntesten ähnlichen Verfassung gebracht; eine Weltherrschaft haben sie niemals geübt; in Kunst und Wissenschaft stehen sie hinter den andern Völkern de- Altertums zurück. Aber dies kleine, äußerlich unbedeutende Volk spielt in anderer Beziehung eine große Rolle. Während die andern Völker dem Polytheismus verfallen und ihre Religionen schließlich zu Grunde gegangen sind, hat das Volk Israel den Glauben an einen Gott fest­ gehalten, obwohl es damit Jahrtausende allein stand in der ganzen Welt. Und auS diesem Volke ist nun, als die Zeit erfüllt war, das Christentum hervorgegangen, die eine der drei Weltreligionen, welche nach unserer Meinung schließlich nicht bloß die anderen weniger bedeutenden Religionen,

T) Dem Arab. wäre das Gotische, dem Hebr. das Deutsche, dem Aram. das Englische zur Seite zu stellen.

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sondern auch die beiden andern Weltreligionen überwinden wird. Die eine derselben, der Buddhismus, ist eine Schöpfung eine- indogermanischen Volke-, der Inder; die andere, der Islam, ist eine Schöpfung eines den Israeliten verwandten Stammes, der Arabers. Unter den drei Weltreligionen sind also zwei, darunter das Christentum, Schöpfungen der Semiten, nur eine ist die Schöpfung der Indogermanen. So gleicht sich also der Mange! reichlich aus, den die Semiten gegenüber den Indogermanen hin­ sichtlich ihrer weltgeschichtlichen Leistungen zunächst aufweisen. Der Glaube an den einen Gott — das ist das große Gut, welches Israel vor den anderen Völkern vorauShatte, und welches daS auS Israel hervorgegangene Christentum zum Eigentum aller Völker macht und machen will. „Höre, Israel, der Herr unser Gott ist ein einiger Gott" — so klingt eS durch die ganze Bibel hindurch; nach diesem Gotte „dürstet deS Israeliten Seele" (Pf. 42 u. 43); wenn Israel diesen Herrn zum Hirten hat, so wird ihm nichts mangeln (Ps. 23). ES war also ein echt semitisches Wort, als Augustinus, ein Indogermane, bekannte: „Gott, du hast unS zu dir geschaffen, und unser Herz findet keine Ruhe, bis eS ruht in dir." So ist Israel ein Volk des Glaubens (Hebr. 11); der Glaube ist aber „eine gewisse Zuversicht des, daS man hoffet, und nicht zweifeln an dem, daS man nicht siehet." „In Gott lebt und webt und ist" der Israelit; Beweise für das Dasein GotteS braucht er nicht, und die Bibel kennt sie nicht. Wenn die Indogermanen die Philosophie hervor­ bringen, welche Gott aus der Natur und der Geschichte zu erkennen sucht, so ist die Schöpfung Israels die Prophetie, welche GotteS Walten in der Welt unmittelbar schaut; Israel ist das Volk der Offenbarung. Jahrtausende stand Israel den anderen Völkern fremd gegenüber; da kam das Christentum und nun begann die segensreiche Verbindung der Völker einzutreten, durch welche der Glaube an den wahren Gott zum Eigentum aller Völker werden sollte und wurde; das Heil für die Welt kam durch Christus von den Juden. Aber auch die Geistesschöpfungen der anderen Völker gingen nicht verloren; sie wurden ein Eigentum auch der Christenheit. Ünb so haben wir denn heute eine Kultur, welche dir Schöpfung Israels mit denen der anderen Völker verbindet, und daß diese christliche Kultur unserem Volke erhallen bleibe, daS muß in unserem eigenen Interesse unser Wunsch und unser Streben sein; ein Volk ohne Bildung fällt der Barbarei anheim, und ein Volk ohne Religion geht sittlich und äußerlich zu Grunde. b. Diese Gedanken über die Bedeutung deS Volkes Israel gewinnen wir heute zunächst aus der Betrachtung der Weltgeschichte; aber dieselben sind auch der Bibel nicht fremd, sondern in der Erzählung von Noah'S Söhnen enthalten (1. Mose 9, 26—27). Diese Stelle ist unten in anderem Zusammenhänge erklärt), und der Lehrer mag entscheiden, an welchem Orte er auf die Besprechung derselben eingehen will. T) Es ist wohl eine richtige Bemerkung (Renan), daß bei den Semiten über­ haupt (nicht bloß bei den Zsraelrten) der religiöse Geist sich kräftiger entwickelt hat, als bei den Jndogermanen; das ganze Leben ist bei ihnen der Religion untergeordnet. a) Vgl. Nr. 75 A.

14 4. Die israelitische Religion im Berhältuis zu den andern Religionen des Altertums.*)

a. Die Religion deS Volkes Israel ist von allen Religionen des Alter­ tums wesentlich verschieden; diese Verschiedenheit ist nicht zu begreifen aus einer eigentümlichen Entwickelung der allgemein-menschlichen Anlage zur Religion, oder aus einer besonderen Anlage der Semiten zum Monotheismus,2) sondern nur aus der diesem Volke zu teil gewordenen göttlichen Offenbarung. Das eigentümliche Wesen der israelitischen Religion besteht aber zunächst im Glauben an einen Gott, der von der Welt verschieden ist und von dem die Welt abhängig ist. Zwar findet sich auch im Heidentum dieser Glaube, aber nur der Monotheismus Israels schließt alle Untergötter entschieden aus und betrachtet Gott als unbedingten Herrn der Welt. Die andern Religionen des Altertums verkünden viele Götter, indem in ihnen die ver­ schiedenen Naturkräfte zu besonderen Göttern geworden sind. Zwar streben ja auch diese Religionen vielfach einem Monotheismus oder wenigstens Heno­ theismus^) zu, aber die Gottheit bleibt auch dann eine Naturmacht, nicht eine sittliche Macht. Allerdings ist in der Religion der Perser der gute Gott eine sittliche Macht, aber ihm steht ein böser Gott gegenüber. Da nun die Gottheit im Volke Israel nur eine ist und die ganze Welt ihr untertänig gedacht wird, so hat die israelische Religion bereits die Anlage in sich, zur Weltreligion zu werden, obwohl sie zunächst nur BolkSreligion ist Und der eine Gott, an den das Volk Israel glaubt, ist nun auch ein heiliger Gott, und so ist die Religion Israels eine sittliche Religion. Die Götter der Griechen und Römer sind nicht sittliche Mächte, sondern Naturmächte, und darum sind sie zwar mächtig, aber nicht heilig. Die Sittlichkeit dieser Völker erstrebt das Menschenwürdige, die Humanität, aber als sittlich und menschenwürdig gilt alles Natürliche. Und zwar strebt nun der Grieche nach harmonischer Ausgestaltung des natürlichen Lebens für den einzelnen Menschen, die xaXoxayaftia ist sein Ziel; der Römer dagegen ordnet sein Leben dem Wohl des Staates unter. Aber weder Schönheit noch Staat sind die höchsten Normen der Sittlichkeit, sondern das Gute. Im Parsismus ist allerdings dem Menschen durch seinen Glauben an den heiligen Gott, der gegen den bösen Gott kämpft, eine sittliche Aufgabe gestellt, nämlich mitzukämpfen gegen den bösen Gott. Im Buddhismus wird sogar das ganze endliche Leben als ein zu überwindendes und im Nirwana zu vernichtendes angesehen. Aber in beiden Religionen ist doch das Natürliche noch nicht deutlich und richtig vom Sittlichen geschieden. Und der eine, heilige Gott hat nun zunächst in Israel ein Reich Gottes aufgerichtet, aus welchem dereinst ein allgemeines GotteSreich aus Erden hervorgehen wird. Bei den Persern will zwar der gute Gott gleichfa lls das Lichtreich zum Siege führen, aber mehr seinetwegen, als um der Menschen willen. Bei den Heiden findet sich in der Religion nichts dem israelitischen Gottesreiche Entsprechendes; ihre Götter gewähren zwar

M Die Abschnitte Nr. 4—7 sind nur für den Lehrer bestimmt. 2) Vgl. Nr. 5. 8) D. h : Der Betende ruft nur einen Gott an, und dieser ist ihm in diesem Momente der eine Gott.

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auch Hülfe, aber mehr äußere als innere, und ein letztes Ziel wird durch die Thaten der Götter nicht erstrebt. b. Aber wie verschieden auch die israelitische Religion von den andern Religionen ist, so stimmt sie doch auch in mancher Beziehung mit ihnen überein. Die Offenbarung Gottes fand nämlich bei den Israeliten em religiöses Veben vor, welches dem der andern, namentlich der semitischen Völker gleichartig war, und diese Naturreligion Israels ist nur allmählich auf geschichtlichem Wege durch die Offenbarung umgestaltet worden. Diese Ähnlichkeit mit den andern Religionen zeigt sich zunächst darin, daß nur das Volk Israel eine Offenbarung empfängt, und so zunächst nur eine Volksreligion entsteht, wie das auch die Religionen der andern Völker sind; daher kann nur der ISraelit ein Kind Gottes werden, aber nur im Zusammenhänge mit seinem Volke; die selbständige Bedeutung des einzelnen Menschen tritt noch zurück. Die Verehrung GotteS ist sodann noch, wie in den andern Religionen, an bestimmte heilige Orte gebunden, und selbst noch für die Propheten bleibt Jerusalem die Stätte der Gegenwart GotteS auch im vollend et en Gottesreiche. Endlich hat die israelitische Religion noch Priester und Opfer, wie die andern Religionen, und viele äußere Ceremonien sind mit der Religion verknüpft. Alle diese Schranken der Religion Israels sind erst im Christentum überwunden. 5. Der Ursprung der israelitischen Religion in der Offenbarung Gottes.

a. „Ein Blick in die Religionsgeschichte lehrt, daß die natürliche, nicht durch Offenbarung bedingte Entwickelung des religiösen Bewußtseins der Völker niemals und nirgends zu der Erkenntnis und Verehrung des einen persönlichen und heiligen Gottes geführt hat, daß vielmehr das sich selbst überlassene religiöse Bewußtsein der Völker mit der Zeit immer mehr in polytheistische Naturvergötterung herabgesunken ist. Darum kann das Gottes­ bewußtsein des Volkes Israel und überhaupt sein ganzes religiöses Leben seinen Ursprung nur in der Selbstoffenbarung des persönlichen Gottes haben."*) Wenn Renan behauptet hat, die religiöse Naturanlage des israe­ litischen Volkes sei von Anfang an der Art gewesen, daß in ihm nicht eine polytheistische, sondern eine monotheistische Religion habe entstehen müssen, so widerspricht dieser Behauptung die ganze Geschichte Israels; wenn Israel seiner Naturanlage gefolgt wäre, so wäre es, wie die andern Völker, in Abgötterei versunken; immer wieder ist eS ja sogar trotz der empfangenen Offenbarung in den Götzendienst der benachbarten Völker verfallen. Vielmehr verdankt Israel die Entstehung und Erhaltung und Fortbildung seiner Religion der Offenbarung Gottes. Die Begründung seiner eigentümlichen Religion fand im Anschluß an die Religion der Stammväter durch MoseS statt, und auf dieser Gottesoffenbarung durch MoseS ruht die ganze spätere Entwickelung der israelitischen Religion. Die Göttlichkeit der mosaischen, wie der ATlichen Offenbarung bezeugt auch Christus; obwohl seine GotteSoffenbarung weit über die des MoseS hinausragte, so betrachtete er doch *) Riehm, Etnl. in das A. T. I, S. 350.

16 die mosaische Offenbarung als die Grundlage deS von ihm zu gründenden vollkommenen Gottesreiches. d. Den Abstand, welcher zwischen dem Monotheismus der Israeliten und dem Polytheismus zunächst der andern Semiten, wie auch aller andern Völker deS Altertums besteht, hat man in neuerer Zeit von zwei entgegen­ gesetzten Seiten her aufzuheben oder abzuschwüchen gesucht. Auf der einen Seite findet Ren an's Behauptung von einem ursprünglichen Monotheismus aller Semiten, der sich in zahlreichen Vertretern innerhalb des Polytheismus erhalten habe, noch heute Anhänger.^ Auf der andern Seite wird für Kuenen's Behauptung, die Israeliten hätten ursprünglich den Polytheis­ mus ihrer Stammgenoffen geteilt, und der Monotheismus Israels sei erst das Ergebnis der Predigt der Propheten, der Anspruch erhoben, als gesichertes Ergebnis der Wissenschaft zu gelten. Bei genauerer Untersuchung dürfte sich Herausstellen (so Bäthgen), daß der GotteSglaube Israels in der historischen Zeit von Alters her spezifisch verschieden war von dem seiner Stammgenoffen, und die Behauptung, der Monotheismus Israels sei auf dem Wege natürlicher Entwickelung auS dem semitischen Polytheismus entstanden, dürste sich bei genauerer Prüfung als nicht stichhaltig erweisen. Andrerseits deutet die den Israeliten mit den heidnischen Semiten gemeinsame Benennung für Gott (btt — der starke Gott) darauf hin, daß diese beiden Richtungen des SemitiSmuS trotzdem in ihrem GotteSglauben nicht völlig unabhängig von einander sind, sondern wie in der Sprache so auch in der Religion einen gemeinsamen Ursprung haben. Alle Semiten sind nämlich, abgesehen vom Volke Israel, in der historischen Zeit Polytheisten (gegen Renan); dagegen sind die Beweise für den ursprünglichen Polytheismus der Israeliten nicht stichhaltig (gegen Kuenen). Der Gottesname Elohim beweist trotz seiner Pluralform nicht- für die letztere Annahme; in den israelitischen Personennamen ist kein heidnischer Gottesname zu finden; die Gestalten der israelitischen Ur­ geschichte sind nicht (wie die der Jndogermanen) ursprüngliche Götter. Soweit wir Israels Religionsgeschichte zurückverfolgen können, erscheint als der legitime Kultus Israels stets die Verehrung eines Gottes, und die Verehrung vieler Götter in der späteren Zeit stammte stets von fremden Völkern her und hatte sich von außen her eingeschlichen, und je nachdem ein anderes Volk einen bestimmenden Einfluß auf Israel auSübte, wechselte auch der eingedrungene Götzendienst. In der ältesten Zeit drang nämlich der ägyptische, später der kananäische, zuletzt der assyrisch-babylonische Götzen­ dienst in Israel ein, in derselben Folge, wie Israel mit diesen Völkern in nähere Berührung kam. Aber die Götter dieser Völker waren stets nur Ein­ dringlinge neben dem ursprünglichen Monotheismus. c. So ist also die Entwickelung des semitischen Stammes in religiöser Beziehung nicht eine einige gewesen; alle andern Semiten wurden Poly­ theisten, während in Israel der Monotheismus die rechte Religion blieb. Aber einerseits ist doch auch bei den andern Semiten (wie auch bei den T) Dagegen Stade: Renans Ansicht wertet weder das semitische Heidentum, noch den hebräischen Prophetismus richtig, und beruht auf ungenügenden Be­ obachtungen, aus welchen vorschnell allgemeine Schlüffe gezogen worden find.

17 Zndogermanen) in der späteren Zeit ein Streben nach Einheit in der Götter­ welt wahrzunehmen, so daß ein Gott als der Hauptgott erscheint; in dieser Verehrung eines Hauptgottes lag aber ein Anknüpfungspunkt für den Monotheismus. — Andrerseits ist der Polytheismus auch hier schwerlich die ursprüngliche Religion gewesen, sondern er ist wahrscheinlich (wie bei den Indogermanen), erst aus der ursprünglichen Verehrung eines GotteS hervorgegangen?) Die Namen der späteren HauptgLiter der verschiedenen semitischen Völker find aber nicht Eigennamen, sondern enthalten, je nach der Sprache verschieden, doch dem Sinne nach übereinstimmend, alle den Begriff „Gott", d. h. Herr seines Volkes oder der Herrliche. Während die Indogermanen den „leuchtenden Himmel" (= Zeus) verehren, verehren die Semiten den „Herrn deS Himmels"?). Die indogermanische Religion beruht also auf der Vergötterung der Naturwesen und Naturerscheinungen, und deshalb haben diese Götter zunächst mit der Sittlichkeit nichts zu thun; Zeus ist zunächst nur eine Naturmacht, und erst Jupiter (Himmelsv ater) enthält ein sittliches Element (pater), welches in „ZeuS" noch nicht vorhanden ist. Dagegen ist der semitische Gott der Herr der Natur und insofern auch sofort eine sittliche Macht, welche des Menschen Leben bestimmt (vgl. daS hebr. — Herr); die Gottheit wird nicht so tief und so leicht, wie bei den Indogermanen, in die Natur und daS Naturleben hineingezogen, und darum kommt eS bei den Semiten nicht so leicht zum Polytheismus und zur Mythologie. Dagegen tritt unS der ursprüngliche eine Gott aller Semiten, auch der Israeliten, in dem altsemitischen Gottesnamen „El" (— starker Gott) entgegen, den die Israeliten allein mit den andern Semiten gemein haben?) Aus dieser einen Gottheit (deren Verehrung aber nirgends nach­ zuweisen ist) hat sich bei den heidnischen Semiten der Polytheismus in verschiedener Gestalt je nach den Völkern entwickelt; die Israeliten aber bleiben bei dem einen Gotte der Väter (aber zunächst nur HenotheiSmuS — die andern Völker haben andre Götter), der von ihnen allmählich auch als der allein existierende Gott erkannt wird (wirklicher Monotheismus). Während die heidnischen Semiten ihren Göttern, die sich aus dem einen Gotte entwickeln, meist eine Göttin zur Seite stellen, hat die hebräische Sprache nicht einmal ein Wort für „Göttin";^) die Religion Israels kennt keine Göttinnen. Die Beinamen (Attribute) der Gottheit sind bei den Israeliten nicht, wie bei den andern Semiten zu besonderen Göttern geworden (^nre ist derselbe Gott wie m?r). Die heidnischen Semiten nehmen (wie Griechen und Römer) unbedenklich auch fremde Götter an (z. B. ZeuS) und verehren sie; die Israeliten haben zwar ebenfalls zu Zeilen fremde Götter verehrt; aber sie betrachteten sie stets als Eindringlinge, und früher oder später wurden dieselben wieder beseitigt.

‘) Aber vielleicht nicht aus dem Monotheismus, sondern aus einem Heno­ theismus — vgl. M. Müller, Ursprung der Religion. 2) Die katholische „Himmelskönigin" (vgl.Zerem. 7,18. 44,17) ist also semitisch, nicht indogermanisch. — Doch vgl. Stave I, 630, Anm. 1, der das Wort anders deutet. 8) dagegen Stade I, 406: Die Theorie vom Urgotte Jlu der Semiten scheitert an dem Umstande, daß die ältesten socialen Einrichtungen der Semiten vom Ahnenkultus und Fetischismus hervorgebracht worden sind. 4) Daher 1. Kön. 11,5 für diesen Begriff das Wort trabte gebraucht. Heidrich, Heilige Geschichte.

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18 6. Die Entwickelung der israelitischen Religion.

Die Religion deS Volkes Israel hat drei Entwickelungsstufen durch­ gemacht, den MofaiSmuS, den Prophetismus und den Judaismus. Der MosaismuS ist diejenige Gestalt der israelitischen Religion, in welcher die von Moses verkündeten Grundgedanken derselben auf dem Wege der Gesetzgebung und der Institutionen ihre erste volkstümliche Gestalt gewinnen. Dieselbe ist aber im wesentlichen eine auf der Basis der mosaischen Traditionen von der Priesterschaft geschaffene und wird daher vorzugsweise durch die am Nationalheiligtum geltenden gottesdienstlichen Ordnungen veranschaulicht. Die Quelle für unsere Erkenntnis des MosaiSmuS ist vom Pentateuch (mit Ausnahme deS letzten Buches) die Gesetzgebung und die ältere GeschichtSüberlieferung. Der Prophetismus ist diejenige Gestalt der israelitischen Religion, welche sich auf Grund deS MosaismuS, ohne denselben bei der Maffe deS Volkes zu verdrängen, durch die Wirksamkeit der Propheten entwickelt hat, durch welche das religiöse Leben vergeistigt und verinnerlicht wurde. Diese Periode endet mit dem Erlöschen der Prophetie und der Rückkehr auS dem Exil; damit sind auch die Quellenschriften für die Erkenntnis des ProphetiSmuS bezeichnet. Der Judaismus ist diejenige Gestalt der israelitischen Religion, welche durch die Rückkehr aus dem Exil begründet worden ist. Die Religion wird einerseits immer mehr zu äußerlicher Gesetzesreligion, und andrerseits nimmt sie (namentlich in der alexandrinischen Richtung) fremde Elemente in sich auf, ohne dieselben dem eigenen Geiste wirklich zu assimilieren. Den Judaismus erkennen wir aus den nachexilischen Schriften deS Kanons, auS den Apokryphen und manchen anderen Schriften der späteren Zeit. Als die Alttestamentliche Religion im Judaismus erstarrt war, da kam daS Christentum, die Erfüllung der wahren israelitischen Religion. 7. Die Vollendung der israelitischen Religion im Christentum.

a. Die religiösen Grundanschauungen deS Heidentums sind mit denen deS Christentums nicht verwandt, sondern stehen mit ihm im Widerspruch; nur mit der Religion Israels steht das Christentum in organischem Zusammenhang; „daS Heil kommt von den Juden" (Joh. 4,22);*) durch eine neue Offenbarung Gottes hat das Judentum im Christentum seine Vollendung gesunden. DaS Christentum setzt die Offenbarung GotteS in Israel voraus und erkennt sie als solche an; die Frömmigkeit ist in beiden Religionen im wesentlichen dieselbe, auf die Gemeinschaft mit Gott gerichtet; daS Reich GotteS im Alten Bunde ist ein Vorbild des vollkommenen GotteSreicheS im Neuen Bunde, von welchem die Propheten deS Alten Bundes immer auf- neue weissagen; daS Gesetz deS Alten Bundes ist ein Zuchtmeister, ein Erzieher auf Christum (Gal. 3,24); der Fortschritt, den die israelitische Religion vom MosaismuS zum Prophetismus macht, ist ein Schritt zum ’) Gegen Schleiermacher, Glaubenslehre I, § 12, der das Christentum in ein gleich nahes Verhältnis zu Judentum und Heidentum setzt.

19 Christentum hin, und da- Christentum knüpft vornehmlich an den ProphetiSmuS an, nicht an den ihm unmittelbar vorhergehenden Judaismus, welcher einen Rückschritt in der Entwickelung der israelitischen Religion bezeichnet. So ist also die Religion Israels nicht bloß ein Borbild für daChristentum, sondern die Grundlage, auf welcher daS Christentum ruht, b. Aber wenn auch das Christentum auf dem Judentum ruht, so ist eS doch eben die Vollendung des Judentums, welche ihren Grund hat in der Person Jesu Christi und ihr Ziel in der Vervollkommnung der Frömmigkeit. Erst in Jesuö Christus find „Gottheit und Menschheit in einem vereint", wie daS nirgends im Alten Bunde geschehen, ja nicht einmal erkannt worden ist; selbst der Messias deS Alten Testaments ist doch nur ein Mensch, auf welchem der Geist GotteS ruht; vom Gottmenschen weiß erst daS Neue Testament. Und so wird erst in Christus die Gottheit ticftr erkannt, in seinem Werke unsre Sünde von unS mehr gewürdigt, und auch die Verpflichtung zur Liebe gegen Gott und die Brüder verstärkt. Wenn nun auch die Frommen deS Alten Bundes stch der Gnade GotteS gegenüber ihrer Sünde getrösten, so hat erst der Christ eine feste Grundlage für den beständigen Glauben an die Gnade GotteS, und zwar ohne Opfer und Priester. Zwar auch die Frommen des Alten Bunde­ werden des heiligen Geistes teilhaftig, aber er bleibt doch immer eine Macht außer ihnen, für den Christen ist dagegen der heilige Geist ein bleibender innerer Besitz. Darum weiß auch erst der Christ sich als Kind Gottes und Gott ist jede- einzelnen Christen Vater, während im Alten Bunde Gott nur der Vater des GesamtoolkeS ist. Ferner ist die Frömmigkeit deS Israeliten gebunden an daS Gesetz, welche- ihn auf Schritt und Tritt bindet und die freie Entfaltung des religiösen Lebens hindert. Der Christ aber ist zur Freiheit berufen v

xai b fy (Partie, fehlt !j xai b ip^ofievog), und du sollst sagen: Fr FIX hat mich

zu euch gesandt; indem Moses dann die 1. Person in die 3. Person umsetzt, sagt er: Fnlr hat mich zu euch gesandt.

Gewöhnlich deutet man den Namen als „der

Seiende", wofür in gelehrten Schriften meist „der Ewige" gesagt roltb.3)

Nach 2. Mose 6, 3 hat die vormosaische Zeit diesen Gottesnamen noch nicht gekannt (oder wenigstens nicht gebraucht); der Gott der Patriarchen heißt, wie

oben bemerkt,

Woher nun aber dieser neue Gottesname stamme, ob er

0 Ich schreibe (gegen Kuenen, Volksrel. und Weltrel. S. 307. Anm. 1) durch­ gehends Iehovah und Jahveh (mit h am Ende), obwohl das h am Ende nicht aus­ gesprochen wird noch werden darf, um dem Worte die Vierzahl der Konsonanten zu Behalten, und um bei „Iahveh" das e nicht (für den des Hebräischen Unkundigen) zu einem tonlosen deutschen e werden zu fassen. Auch ist diese Schreibung vorzu­ ziehen, um der in gelehrten Büchern vorkommenden Schreibweise „Zhvh" näher zu bleiben. 2) Das Hebräische wird in der alten Zeit ohne Vokale geschrieben — vgl. Nr. 2. *) Eine dichterische Verkürzung dieses Gottesnamens ist ft (Iah), z B.

Hallelujah d. h. Lobet den Herrn.

90 erst im Volke Israel entstanden oder altsemitischen oder anderen Ursprungs sei^ ist noch unsicher.*)'

30. Der Bund Gottes mit dem Volke Israel.

„Ich will euer Gott sein, und ihr sollt mein Volk sein." 3. Mose 26, 1L 2. Mose 19, 1—19. 24, 4—8. 5. Mose 4, 23—40. K. 29. 3. Mose 26. Josua 1, 1—9. 24, 1—28. Richter 2, 6—13. a. DaS Volk Israel hat, wie oben dargelegt worden ist,2) allein unter allen Völkern den Glauben an den einen Gott festgehalten, und darin besteht seine weltgeschichtliche Leistung. Aber diesen Glauben hatte das Volk schon von seinen Stammvätern überkommen, und MoseS brauchte ihn nicht erst zu schaffen, sondern nur zu befestigen. WaS MoseS am Sinai dem Volke gegeben hat, das ist noch etwas Höheres, als der bloße Glaube an einen Gott. Mit dem Volke Israel, welches sich Jehovah durch die Erlösung auS Ägypten zum Eigentum erworben hat (2. Mose 19, 5), hat nämlick Gott am Berge Sinai einen Bund geschloffen. Durch die Erlösung aus Ägypten war der Glaube des Volkes gestärkt und die Willigkeit zum Gehorsam gegen Gott erhöht worden. Moses legte nun dem Volke die Forderungen GotteS vor, welche eS erfüllen müsse, um mit Gott in einen Bund zu treten, und das Volk versprach, denselben nach­ zukommen. Der Bund beruht also zunächst auf Gottes Entgegenkommen, aber allerdings auch auf Israels freiem Willen; er ist vor allem eine That GotteS, aber Israel muß „in den Bund eintreten" (3. Mose 29, 12). Die Bundesschließung erfolgte aber, wie überhaupt im Altertum (nicht bloß bei den Israeliten) unter der Darbringung eines Opfers (2. Mose 24, 4-5), durch welches Gott zum Zeugen deS Bundes gemacht wurde; an daS Opfer schloß sich oft auch eine Mahlzeit, welche ein Zeichen der Gemeinschaft zwischen den Bundschließenden war (so auch hier, natürlich ohne Teil­ nahme Gottes — 2. Mose 24, 11). Eine ganz besondere Handlung bekräftigte außerdem den am Sinai geschloffenen Bund. Nachdem nämlich Dankopfer geschlachtet worden waren, wurde daS aufgefangene Blut zur Hälfte in Becken gethan, zur Hälfte an den Altar gesprengt. Nachdem sich darauf das Volk verpflichtet hatte, den Bund mit Gott zu halten, wurde eS auS den Becken mit der zweiten Hälfte deS Blutes besprengt mit den Worten: „Das ist daS Blut deS Bundes, den der Herr mit euch macht auf Grund aller dieser (im Bundesbuche ausgezeichneten) Worte." Das Blut war in zwei Hälften geteilt worden, um auf die beiden bundschließenden Teile hinzuweisen; daS Volk wird mit dem Blute besprengt, um dadurch seine Gemeinschaft mit Gott anzudeuten, dem ja das Blut (als das Leben) heilig ist und dem ja auch hier durch die Sprengung der einen Hälfte an den Altar dasselbe geweiht worden war. Diese Form der Bundschließung ist sonst im A. T. nicht angewandt worden; daß sie wiederkehrt im N. T. (beim heiligen Abendmahl), ist bekannt. b. Die Idee der Bundesgemeinschaft zwischen Gott und Israel ist nun die Hauptidee der Alttestamentlichen Religion. Durch die *) Zm Ägyptischen giebt es eine entsprechende Bezeichnung Gottes: anuk pa anuk ----- Ich bin Ich; was aber Schiller in seiner „Sendung Mosis" sagt, ist falsch. a) Dgl. Nr. 3—5.



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Berufung Abraham'S und die Lebensführung der Patriarchen vorbereitet, wird der Bund Gottes mit dem Volke Israel auf Grund der Erlösung auS Ägypten in der Gesetzgebung am Berge Sinai geschloffen, als ein Bund, deffen Wesen am einfachsten und deutlichsten bestimmt wird durch daS Wort: „Ich will euer Gott sein, und ihr sollt mein Volk sein" (3. Mose 26, 12). Als seinen Gott hat nämlich Israel Gott kennen gelernt vor allem in der Ausführung aus Ägypten; diese Erlösung ist die grundlegende Offen­ barung seiner Gottheit für Israel; daher heißt es im Zehngebot mit Recht: „Ich, der Herr, bin dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, dem Dienst­ haufe, geführt habe" (2. Mose 20, 2); diese ErlösungSthat Gottes nimmt für den Israeliten dieselbe Stellung ein, welche für den Christen das Erlösungswerk Christi einnimmt.1) Dem erlösten Volke hat nun Gott am Berge Sinai sein Gesetz gegeben, hat ihm das Land Kanaan zum Wohnsitz gegeben, und er waltet fortan als König in seiner Mitte, der durch auSerwählte Organe sein Volk regiert. Israel ist aber als Gottes Eigentum ein Königreich von Priestern (Luther: ein priesterlich Königreich) und ein heiliges Volk (2. Mose 19, 4—5). DaS Volk sollte nicht bloß äußerlich und innerlich makellos, sondern auch heilig sein, wie Gott heilig ist (3. Mose 19, 2), und sein ganzes Leben sollte in allen Beziehungen, in Religion und Sittlichkeit, im Familien- und im StaatS-Leben von Gottes Gesetz bestimmt werden. Gottes Volk ist aber Israel nur, wenn eS Gottes Gebote hält; wenn eS gottlos ist, so hat eS die strengsten Strafen von Gott zu erwarten. Gott wird allerdings fein Volk nicht für immer verstoßen (3. Mose 26, 44s.); er wird eS nur züchtigen, damit eS flch bekehre, und dann ist die Bundesgemeinschaft wieder hergestellt. e. Aber die Wirklichkeit hat der Idee zunächst und für lange Zeit nicht entsprochen; die Grundgedanken der Bundesgemeinschaft sind doch nicht sofort vom ganzen Volke, sondern nur von einzelnen Männern völlig erfaßt worden. Aber doch schon MoseS selbst hat eS erreicht), daß die Grundgedanken seiner Religionsstiftung in der Ordnung eines Gottesdienstes, welcher an die Bundeslade und die Stiftshütte sich anschloß, in der Einfüh­ rung des Aaronitischen Priestertums und in der Sabbathfeier zur Geltung kamen. Als Josua das heilige Land erobert hatte, wurde daS National­ heiligtum, die Stiftshütte, in Silo aufgestellt (Jos. 18,1); aber neben dem­ selben gab eS von alter Zeit her noch viele andere heilige Stätten. Aber als nun auch Josua tot war und alle seine älteren Zeitgenoffen, die noch die großen Werke des Herrn an Israel gesehen hatten, da kam ein anderes Geschlecht auf, daS den Herrn nicht kannte, und nun verließen viele Israeliten den Gott ihrer Väter und dienten den Göttern der Kanaaniter (Richter 2,6—12). Zwar immer wieder fand die wahre Religion Vertreter, besonders in den Richtern, welche Gott gegen die Kanaaniter unter den Israeliten erweckte; aber selbst unter den damaligen Frommen wurde der Bilderdienst üblich und manche andere altüberlieferte, aber vom Gesetz verbotene Übung

’) Wir lassen deshalb in unserm Katechismus mit Recht die Worte von l>er Erlösung aus Ägypten weg; wir müßten dafür von dem Erlösungswerke Christi sprechen. 2) Gegen Graf, Reuß und Wellhausen.

92 wieder ausgenommen; lesen wir doch sogar von einem Menschenopfer (Richt. H,31)! So ist also das Gesetz Mosis in der nächstfolgenden Zeit zwar.nicht vergessen, aber auch nicht allgemein beobachtet worden; die mosaischen Über­ lieferungen wurden vornehmlich in dem Heiligtum in Silo bewahrt, und auf der Grundlage der allmosaischen Ordnungen hat sich dann in der späteren Zeit die Kultusordnung weiter entwickelt, und diese weiter entwickelte Ord­ nung hat später (in dem sogen. Priestergesetz) ihre Aufzeichnung gefunden. Aus diesem weiter entwickelten MosaiSmuS ist später der ProphetiSmuS hervorgegangen.

31. Das Gesetz GotteS. »Ihr sollt heilig sein, denn Ich bin heilig, der Herr, euer Gott." 3. Mose 19,2. 5. Mose 4,5—14. Ps. 19. Römer 2,17—29. Römer 7, 7—25. Matth. 23, 4. 11, 28—30. Gal. 4,4-5. 3, 24. a. Ich bin heilig, der Herr (Iehovah), euer Gott — als solchen Gott hatte der Herr sich in Israel offenbart (3. Mose 19, 2), und das war und blieb allezeit der Glaube Israels. Wenn nun Israel mit diesem Gotte in eine Bundesgemeinschaft trat, so mußte eS ebenfalls heilig werden. Aber dazu mußte dem Volke auch gesagt werden, was eS zu thun und zu lassen habe, wenn eS heilig fein wolle, wie Gott heilig ist; daS geschah im Gesetz. Was nun Israel an seinem Gesetz hatte, daS hat die Bibel selbst immer aufs neue ausgesprochen; ein göttliches Licht hat in der That dem Volke Israel in seinem Gesetze geleuchtet, herrlicher als alle Gesetzgebungen der Heiden, erst übertroffen von dem, der da gekommen war, um dies Gesetz auch nicht aufzuheben, sondern zu erfüllen. Das wahre Wesen Gottes wie auch die wahre Frömmigkeit und Sittlichkeit des Menschen war im Gesetz MosiS im Princip verkündet, doch konnten nicht alle Grundsätze des Gesetzes schon damals sofort zur Geltung und Ausführung gebracht werden. So wendet sich allerdings das Gesetz zunächst nur an das eine Volk Israel, um dies Volk zu wahrer Frömmigkeit zu führen; aber schon daS Gesetz, noch deutlicher die an das Gesetz sich anschließende Predigt der Pro­ pheten läßt immer deutlicher erkennen, daß daS Gesetz Gottes für alle Völker bestimmt sei. Der Bund Gottes war aber im Mosaismus ein Verhältnis des ganzen Volkes zu Gott, wogegen daS Verhältnis deS einzelnen Menschen zu Gott noch zurücktrat; erst im Prophetismus tritt dieser Gedanke mehr hervor. Obwohl schon der Mosaismus Furcht und Liebe gegen Gott als daS Princip der Frömmigkeit betrachtet, so stehen doch noch die einzelnen Gebote unvermittelt neben einander, ohne dem höchsten Gebote der Liebe zu Gott und den Brüdern untergeordnet zu sein. Eine Unterscheidung von Sitten-, Ceremonial- und Staatsgesetzen wird zwar von uns gemacht, um zu bestimmen, was vom mosaischen Gesetze bleibende Bedeutung hat; aber im Mosaismus selber wird diese Unterscheidung nicht gemacht; hier werden die verschiedensten Gebote neben einander und die ungleichwertigsten (Eeremonialgesetze und Sittengesetze) einander gleichgestellt und ihre Übertretung mit gleich strengen Strafen bedroht. Erst auf einem höheren Standpunkte, der aber schon im Gesetz angedeutet(5. Mose 30,11—14)

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und in den Propheten deutlich ausgesprochen ist (Ier. 31, 33), wird aner­ kannt, daß vor allem das Herz deS Menschen für Gott gewonnen werden, und daß aus diesem die wahre innere Frömmigkeit ohne Zwang hervor­ gehen müsse. Ferner hat das Gesetz für den Gottesdienst viele äußere Gebräuche und Ordnungen vorgeschrieben, so daß daS Volk leicht in totem Werkdienste die wahre Frömmigkeit erblicken konnte. Aber ohne äußeren Gottesdienst kann eine Volksreligion, auch das Christentum, nicht bestehen. Obwohl eS in Israel strenge Strafen für den Gesetzesübertreter gab, so waltet doch im mosaischen Gesetz eine unverkennbare Humanität. Daß im Gesetz für nach unserer Meinung staatliche Dinge religiöse Strafen festgesetzt sind, weil Staat und Religion nicht von einander getrennt sind, ist richtig; die Beeinfluffung der Staatsgesetzgebung durch die äußere Kirchen­ gewalt (Papst) ist zwar vom Übel; aber auch unser Staat will ein christ­ licher Staat sein, indem er seinen Unterthanen mehr als Gerechtigkeit sichert (vgl. die neuere Socialgesetzgebung). So hat das Gesetz MosiS schon die höchsten Ideeen ausgesprochen, aber noch nicht verwirklicht; daS ist die Aufgabe des Christentums, allerdings auch noch heute feine noch nicht gelöste Aufgabe. Zur wahren Frömmigkeit konnte nämlich daS Gesetz die Menschen noch nicht führen, teils wegen seiner eigenen Unvollkommenheit, teils wegen der für das Gesetz unüberwindlichen Macht der Sünde im Menschen (Röm. 7,7—25); schließlich war sogar durch die Pharisäer auS dem Gesetz Gottes ein schweres Joch und eine unerträgliche Bürde geworden (Matth. 23,4. 11, 28— 30), weil sie sich nur an den Buchstaben, nicht an den Geist des Gesetzes hielten. Aber als nun die Zeit erfüllet war, da sandte Gott seinen Sohn, aus daß er die, so unter dem Gesetz waren, erlösete, daß sie die Kindschaft empfingen (Gal. 4,4—5); der Erzieher (Zuchtmeister) aber zur Freiheit in Christus war das Gesetz (Gal. 3,24), wie noch heute der Mensch nur durch die Unterwerfung unter die Autorität zur Freiheit sich entwickeln samt.1)

32. Der Dekalog, daS Grundgesetz des Volkes Israel. 2. Mose 20,1—17. 5. Mose 5, 6—21. 3. Mose 19,1—18. 30-37. 5. Mose 6. 7. 11. 22, 1-12. 23,19—25. K. 24. 25,1—4. 5—10. 13-16. a. Als das größte Heiligtum Israels galten die beiden Gesetzestafeln, welche in der Bundeslade aufbewahrt waren; auf diesen beiden Tafeln war das Grundgesetz des Reiches Gottes verzeichnet, welchem zu gehorchen Israel versprochen hatte. Die beiden Tafeln enthielten zehn Gebote (2. Mose 34,28), den Dekalog; dieselben sind (nachdem die ersten Tafeln von Möse­ selbst zerschlagen worden waren) mit dem ersten Tempel zu Grunde gegangen; *) Diesen Gedanken findet der Lehrer der Prima (für den Unterricht in der philos. Propädeutik) trefflich entwickelt in der für die Schule sehr brauchbaren Ab­ handlung von Deinhardt: „Von der Entwickelung des Menschen zur Willensfreiheit" (Festprogramm von Bromberg 1867, wieder abgedruckt in Deinhardt's kleinen Schriften 1869). Für die Glaubenslehre wird die Bedeutung des Gesetzes namentlich von Paulus entwickelt, vgl. unten Nr. 134 und die Glaubenslehre (Römerbrief).

94 aber ihr Inhalt ist uns durch die Überlieferung erhalten worden. Da aber zwei Berichte den Dekalog wiedergeben (2. Mose 20 und 5. Mose 5), welche nicht genau mit einander übereinstimmen, so ist es nicht möglich, die buchstäbliche Fassung deS DekalogS zu erkennens; doch sind die Unter­ schiede sachlich unbedeutend und fast nur in den Erläuterungen der Gebote enthalten; der Hauptunterschied ist der, daß eS im 5. Buch Mose zuletzt nicht heißt: „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus", sondern „Weib", so daß also das 5. Buch Mose gegenüber dem 2. Buch Mose einen höheren Standpunkt in der Schätzung des WeibeS einnimmt, welchenicht mehr einfach zum Eigentum des Mannes gerechnet, sondern demselben gegenübergestellt wird. Wie nun die zehn Gebote auf die beiden Tafeln verteilt gewesen sind, ist nicht überliefert; weder die Katholiken und Lutheraner mit ihrer Teilung von drei und sieben, noch die Griechen und Reformierten mit ihrer Teilung von fünf und fünf Geboten können ihre Behauptung beweisen; aber wahrscheinlich ist die griechisch-reformierte Teilung des DekalogS sachlich die richtige, ohne daß damit behauptet wird, daß die beiden Tafeln äußerlich diese Teilung gehabt haben. Nach der griechisch-reformierten Zählung zerfällt nämlich das Zehngebot in zwei Fünfgebote, von welchen das erste die Pflichten gegen Gott, das zweite die gegen den Nächsten enthält. Da­ gegen haben die Katholiken und Lutheraner auf der ersten Tafel nur drei Gebote, indem sie das Verbot der Abgötterei und des Bilderdienstes in eins zusammenziehen, oder vielmehr das letztere weglaffen, und das Elterngebot der zweiten Tafel zuweisen. Für die zweite Tafel gewinnen sie denn doch noch sieben Gebote, indem sie das zehnte Gebot in zwei Gebote zerlegen.?) Der Dekalog enthält also die Grundordnungen deS religiösen und des sittlichen Lebens, und zwar in der Weise, daß (ebenso wie im Vaterunser) die Religion der Sittlichkeit vorangestellt und dadurch als ihre Grundlage bezeichnet wird. Den zwei Geboten (Feiertag und Eltern) stehen aber acht Verbote gegenüber, da der natürliche Wille deS Menschen dem Bösen zugeneigt ist und durch GotteS Gebote bekämpft werden muß. Die Gebote aber gebieten und verbieten fast sämtlich zunächst nur die äußere That, aber das letzte (vom Begehren) doch auch schon die böse Begierde; auch im MosaiSmuS gilt also doch schon die böse Begierde als sündlich und strafbar, b. Das Fünfgebot der ersten Tafel enthält aber folgende Gebote: 1. Auf die Anrede („Ich bin . . . habe")?) folgt daS erste Gebot (2. Mose 20, 3), welches alle Abgötterei verbietet. 2. DaS zweite Gebot verbietet den Bilderdienst (2. Mose 4—5a). An dies Gebot ist daS angeschloffen, waS Luther nicht mit Unrecht als Schluß aller Gebote hingestellt hat. Diese Änderung Luther'- hängt wohl auch damit zusammen, daß daS Bilderverbot im katholischen und lutherischen Katechi-mu- fehlt; die Katholiken konnten dasselbe nicht mehr brauchen, seitdem in der Kirche der Bilderdienst aufgekommen war; die Reformierten haben dasselbe wieder ausgenommen. *) Ebenso wenig beim Vaterunser und bei den Abendmahlsworten. 8) Aber Paulus (Röm. 13, 19) hat wohl von dieser Teilung nichts gewußt. 8) Dieselbe betrachten die Juden als daS erste Gebot, und das Verbot der Abgötterei und des Bilderdienste- «erden dann als zweites Gebot zusammengefaßt.

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3. Das dritte Gebot verbietet den Mißbrauch de» Namen» Gotte» z« schlechtem Zwecke. 4. Da» vierte Gebot fordert die Feier de» Sabbath» al» de» dem Volke Israel obliegenden Gottesdienst. Mose» hat also bereit» eine gottes­ dienstliche Einrichtung für da» Reich Gotte» für nötig gehalten, aber bestimmte KultuShandlnnge«, z. B. Opfer, werden im Grundgesetz Israel» noch nicht gefordert. Wenn also später die Propheten den äußer­ lichen Kultus ihrer Zeitgenoffen bekämpften, und wmn im Christentum derselbe ganz weggefallen ist, so wird damit da» Grundgesetz de» MosaiSmu» nicht umgestoßen. 5. DaS fünfte Gebot fordert Achtung und Ehre für die in der mensch­ lichen Gesellschaft bestehenden Autoritäten. Dieses Gebot ist der ersten Tafel zuzurechnen, die Eltern sind die Repräsentanten GotteS auf Erden, und die Pflicht sie zu ehren ist eine religiöse Pflicht; die Pflichten gegen Gott und dir Eltern (wie auch gegen den König) sind im A. T. oft neben einander gestellt. c. Das Fünfgebot der zweiten Tafel wahrt die Heiligkeit deS Lebens, der Ehe und des Eigentums gegen Sünden der Hand, verbietet die Schädigung des Nächsten durch das Wort deS falschen Zeugnisses vor Gericht und verbietet endlich sogar das Begehren deS Herzens nach dem Gute des Nächsten. 6. Das sechste Gebot sichert zunächst die Helligkeit deS menschlichen Lebens gegen Mord und Totschlag. Der Mensch ist nach dem Bilde GotteS geschaffen, und darum ist sein Leben und seine Freiheit heilig zu achten; daS gilt vornehmlich für den Israeliten, aber in gewisser Beschränkung auch für den Ausländer. Zwar wird die Leibeigenschaft eines Israeliten nicht gänzlich verboten, aber durch das Gebot der Freilassung im Sabbath- oder im Iobel-Iahr^) eingeschränkt. Auch der fremde Sklave steht unter dem Schutze des Gesetzes, auch dem Kriegsfeinde gegenüber gelten Vorschriften der Menschlichkeit. 7. DaS siebente Gebot sichert die Heiligkeit der Ehe und deS auf ihr beruhenden Familienlebens. Zwar wird im mosaischen Gesetz die Polygamie und die Auflösung der Ehe durch den Mann (Entlassungsschein für daS Weib) noch nicht beseitigt; aber es wird doch der Willkür gesteuert. Der Ehebrecher wird mit dem Tode bestraft, die Ehe unter nahen Verwandten wird verboten, den Frauen und Jungfrauen gegen Frevel deS Mannes Schutz zugesichert, die Mutter dem Vater gleichgestellt. 8. DaS achte Gebot sichert das Eigentum; da» Gesetz sucht sogar der Familie daS Eigentum dauernd zu erhalten, indem eS nur den Verkauf der Ernten bis zum Jobeljahr?) gestattet; dann soll der Besitz wieder der ftühere» Familie zufallen. 9. DaS neunte Gebot fordert Wahrhaftigkeit vor Gericht. 10. DaS zehnte Gebot verbietet sogar daS Begehre» nach dem Gute de» Nächsten. d. Im Dekalog ist daS Grundgesetz de» Volkes Israel enthalten, die andern Gesetze können teils als eine Ausführung des Sittengesetzes im x) Vgl. Nr. 37. -) Vgl. Nr. 37.

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Dekalog betrachtet werden, teils sind sie die Staatsgesetze, welche die Beobachtung des DekalogS erzwingen sollen, teils sind sie Religionsgesetze, also eine Ergänzung und Weiterentwickelung drS SabbathSgebotS. Von den letzteren kommt in den betreffenden Abschnitten deS Buches das Wichtigste zur Darstellung: von den Sittengrsetzen und den Staatsgesetze« sind hier einige zusammengestellt zur Lektüre und Besprechung, soweit die Zeit dies gestattet.

Airsgewahtte Gesetze, geordnet nach dem Dekalog.

L Erste Tafel. 1. und 2. Gebot. 3. Mose 19, 1—2. 3. Mose 24, 15—16. 2. Mose 22, 19. 5. Mose 4,15—19. 5. Mose 17, 2—7. 2. Mose 23, 32—33. 34, 11-16. 3. Gebot. 5. Mose 18, 9—14. 4. Mose 6, 22—27. 4. Mose 15, 37—41. 2. Mose 13, 8-16. 4. Gebot. 2. Mose 31, 12—17. 5. Gebot. 2. Mose 21, 15 it. 17. 3. Mose 19, 32. 5. Mose 21,18—21. 5. Mose 15,12—18. 3. Mose 25, 39—55. 2. Mose 22, 27. 5. Mose 17, 14—20.

II. Zweite Tafel. 2. Mose 21, 12—14. 16. 18—21. 26—27. 28—32. 5. Mose 22, 8. 4. Mose 35, 9-34. 7. Gebot. 5. Mose 24, 1—4. 8. Gebot. 2. Mose 21,37-22,12. 23,4—5. 5. Mose 25,13—16. 9. Gebot. 2. Mose 23, 1-3. 6-8. 5. Mose 24,17-18. 5. Mose 19, 15-21. 25, 1-3. 17, 8—11. 10. Gebot (Liebe gefordert). 3. Mose 19, 18. 2. Mose 22, 21—23. 3. Mose 19, 33—34. 5. Mose 24,19 - 22. 23, 25—26. 2. Mose 22, 24-26. 5. Mose 24,14-15. 20,10-20. 25, 4. 3. Mose 22, 28. 2. Mose 23, 19b. 5. Mose 23, 6—7. Schluß der Gebote. 3. Mose 26. 5. Mose 28.

6. Gebot.

33. Entwickelung des Gesetzes im Pentateuch?) a. Daß Moses nicht bloß dem Volke Israel Gott unter einem neuen Namen verkündigt, und den Bund Israels mit Gott geschloffen hat, sondern auch der Urheber des Gesetzes in Israel ist, unterliegt keinem Zweifel. Aber daß nun alle Gesetze, welche uns jetzt in den sogenannte» Büchern MosiS gesammelt vorliegen, auch int strengsten Sinne des Wortes von MoseS herstammen, das wird heute von keinem Forscher mehr behauptet. Daß nämlich das Zehngebot nebst einigen anderen Gesetzen, namentlich das sogenannte BundeSbuch (2. Mose 19,1—24,11), wirklich von Moses herstammt, und daß wenigstens das Zehngebot auch von ihm geschrieben *) Die Ausführung dieses Abschnittes für denLehrer iiehe unter Nr. 42 bis 46; das hier für den Schüler Gebotene betrachte ich als das Maximum des ihm Darzubtetenden.

97 worden ist, darf als sicher angenommen werden. Neben diesen Gesetzen sind nun zwei Schichten an- verschiedenen Zeiten herstammender Gesetze zu unterscheiden. Die ältere Schicht ist enthalten in 2. Mose 25 — 4. Mose 36, etwa um das Jahr 750 von einem Priester ausgeschrieben, daher daS Priestergesetz genannt; die jüngere Schicht liegt im 5. Buche MosiS vor, verfaßt von einem Propheten etwa um das Jahr 650. So haben an der Aufzeichnung und Weilerentwickelung des Gesetzes vornehmlich ein Priester und ein Prophet gearbeitet, jeder von seinem Standpunkte auS das Gesetz Mosis darstellend und gestaltend, etwa wie im Neuen Testamente das Leben Jesu ebenfalls von einem zweifachen Standpunkte aus (Synop­ tiker und Johannes) dargestellt worden ist. Daß die späteren Generationen die ganze Gesetzgebung, wie sie unS heute ausgezeichnet vorlicgt, als ein Werk deS MoseS betrachteten, spricht für den gewaltigen Eindruck, den die Größe dieses Mannes und seines Werkes auf das Volk Israel gemacht hatte; auch ist ja die spätere Gesetz­ gebung eine Frucht der älteren echtmosaischen; aber sie stammt nicht in allen einzelnen Gesetzesbestimmungen und nicht in ihrer wörtlichen Aufzeichnung von MoseS selber her. DaS früher nicht buchstäblich befolgte Gesetz ist erst später strenger gehalten worden, und zwar daS Deuteronomium feit der Reform deS Josia, 621, das ganze Gesetz seit der Reform deS ESri, 444.

b. Ebenso verhält es sich auch mit der Abfassung des Pentateuchs. Wie alle Geschichtsbücher des A. T., so ist auch der Pentateuch nicht nach seinem Verfasser sondern nach seinem Inhalte benannt: er stellt vor­ nehmlich das Werk des Moses dar. Dies große Geschichtswerk enthält nun zwar, wie einige von Moses selber herstammende Gesetze, so auch einige von ihm herrührende geschichtliche Darstellungen, aber auch die Hauptmasse der in ihm erzählten Geschichte ist anderen Ursprungs. In diesem großen Buche sind nämlich zunächst, wie man noch heute erkennt, mehrere Quellen­ schriften zu einem zusammenhängenden Ganzen, den vier ersten Büchern desselben, verbunden worden; ein späterer Prophet hat dann das fünfte Buch beigefügt. Den Abschluß des Ganzen bildet aber erst das Buch Josua, welches auS denselben Quellenschriften zusammengesetzt ist, wie die vier ersten Bücher MosiS. c. Der Pentateuch und das Buch Josua werden aber um ihres Inhalts willen in alter wie in neuer Zeit als Urkunden der göttlichen Offenbarung betrachtet; die durch MoseS geschehene Offenbarung GotteS an das Volk Israel ist nämlich in diesen Büchern sowohl nach ihrer geschichtlichen Seite (Erwählung Israels, Erlösung auS Ägypten, Gesetzgebung, Eroberung Kanaans), wie nach ihrem Inhalt (Gesetzgebung) ausgezeichnet worden. Da nun die Gesetzesreligion die Grundlage des Christentums ist, so sind die Urkunden der ATlichen Offenbarung auch noch für den Christen von Bedeu­ tung; doch müssen sie im Lichte des N. T. ausgelegt werden.

Heidrich, Heilige Geschichte.

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98 B.

Aie Gemeinschaft Kottes mit dem Wokke gsraeC*

34

Gottes Gegenwart im Bolte Israel.

.Ich will unter ihnen wohnen und will sihr Gott fein." 3. Mose 26, 11—12. Ezech. 37,27. Off. 21,3. Gott wird auch bei den Israeliten im Himmel wohnend gedacht, aber damit ist schon in der alten Zeit nur der Gedanke der Erhabenheit GotteS über die Welt ausgesprochen, und der Gott des Himmels offenbart sich auf Erden. Gott ist aber ein Geist und darf nach dem Gesetze nicht unter einem Bilde dargestellt werden; aber er ist darum dem Volke nicht ferne, sondern er wird als in seinem Volte wohnend gedacht, zwar noch nicht, wie die Propheten und Christus lehren, im Herzen der Gläubigen, aber wohl in der BundeSlade, in der StiftShtttte und im späteren Tempel, also im Nationalheiligtum. Der im Volke Israel wohnende Gott ist nun der König dieses Volkes (2. Mose 15,18), erst nach den Propheten auch der König aller Völker (Ier. 10, 7). Der König ist aber nach der israelitischen Anschauung einerseits der Richter, andrerseits der Kriegsherr seines Volkes (aber nicht der Oberpriester, wie z. B. bei den Römern). So wird denn Jehovah als der oberste Richter und als der oberste Kriegsherr Israels betrachtet (vgl. Ps. 5,3); Recht wird in seinem Namen gesprochen (5. Mose 1,17), Israels Kriege sind Kriege IehovahS (2. Mose 17,8s). Aber eS giebt in Israel zunächst kein ständiges Amt, welches der Träger der Königsgewalt Gottes wäre; bisweilen giebt es gar keine einheitliche Leitung des Volkes; wenn eS eine solche giebt, so sind die Träger derselben nur Stellvertreter GotteS; ein erbliches Königtum ist eigentlich ein Widerspruch gegen daS Königtum Gottes.^ So ist Israel eine Theokratie, aber nicht ein hierarchischer Staat; das Priestertum hat den Kultus zu leiten, aber nicht daS Volk zu regieren; eine Hierarchie dagegen stellt einen besonderne heiligen Stand, den Priesterstand, an die Spitze deS Volkes (wie der Papst und die katholische Priesterschaft an der Spitze der Christenheit zu stehen verlangen); auch hat fast niemals im Volke Israel ein Priester die höchste Gewalt besessen. Das Königtum IehovahS ist aber im MosaismuS auf daS Volk Israel beschränkt. Dadurch ist jedoch der Verkehr mit andern Völkern nicht ausgeschlossen; aber eS gilt noch nicht als Israels Aufgabe, die andern Völker dem Gotte Israels zu unterwerfen; dieselben haben und verehren ihre eigenen Götter. Dagegen wird im Auftrage Gottes alles gebannt d. h. vernichtet, waS dem Reiche Gottes in Israel widerstrebt, sowohl die Kanaaniter, welche die Aufrichtung deS Gottesreiches in Kanaan verhindern wollen, als auch alle Frevler gegen die Grundordnungen deS Reiches GotteS; denn daS Reich GotteS ist ein Reich des Guten und der Heiligkeit. 35. Die BundeSlade, die Stiftshütte und der Tempel.

„Von dem Gnadenstuhl, der auf der Lade des Zeugnisses ist, will ich mich dir bezeugen und mit dir reden." 2. Mose 25,10-22. Ps. 24. Ier. 3,16—17. (2. Makk. 2,1—8) Römer 3,24-26. ') Vgl. Nr. 50.

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Ps. 27,4. 84,11. Mal. 3,1. 1. Kön. 8,27. Apg. 7,45-50. Ioh. 4,19—25. Matth. 23,37— 24, 2. 1. Korinther 3,16. 2. Kor. 6,16. Gal. 4, 25s). Offenb. 21, 2—4. a. Wenn auch Gott unsichtbar ist und durch kein Bild dargestellt werden darf, so will er doch im Volke Israel wohnen. Als der sinnbild­ liche Ort der Gegenwart GotteS gilt aber dem Volke Israel vornehmlich die BundeSlade, und besonders der Deckel derselben. Für die beide« Gesetzestafeln hatte nämlich MoseS auf Gottes Befehl eine Lade angefertigt, in welcher dieselben verwahrt wurden. Diese Lade, die Bundeslade, befand sich bis zu Samuels Zeit in der StiftShütte, von welcher alsbald die Rede sein wird; später war sie von derselben getrennt, und David brachte sie nach Jerusalem (Ps. 24), wo sie dann durch Salomo im Tempel ausge­ stellt wurde. Mit dem Tempel ist auch die BundeSlade zu Grunde gegangen, und der neue Tempel hatte keine BundeSlade mehr, wie schon IeremiaS (3,16 — 17) darauf hingewiesen hatte, daß man im vollkommenen Gottes­ reiche keiner Bundeslade mehr bedürfen werdet) Die Bundeslade (die für sie errichtete Stiftshütte nur um der Bundes­ lade willen) gilt nun den Israeliten als der sinnbildliche Ort der besonderen Gegenwart GotteS; in ihr sind aber die beiden Gesetzestafeln enthalten, die Grundlage für den Bund GotteS mit Israel; denn im Gesetz hat Gott sich geoffenbart, und daS Gesetz ist die Grundlage der weiteren Offenbarung. Aber der Gott Israels wohnt im Dunkel des Allerheiligsten und ist ver­ gegenwärtigt nur in den Sinnbildern der über dem Deckel schwebenden beiden Chernbsgestalten, welche vielleicht Sinnbilder der die Erscheinung Gottes herbeiführenden Gewitterwolke finb.*2)3 Unter Donner und Blitz offenbart sich nämlich Gott nach alter Anschauung im Gewitter, unter Donner und Blitz hat Gctt sich am Sinai geoffenbart; als Nachbild dieser Offenbarung ist auch die Wolkensäule anzusehen, in welcher Gott sich offen­ barend gedacht wird; immer wieder erscheint die Wetterwolke als Sinnbild der Gegenwart Gottes in der Predigt der Propheten. Aber da Israel leinen Bundespflichten nicht vollständig nachkommt, so kann Gott in Israel nur wohnen, wenn er dem Bolte als gnädiger Gott seine Sünde vergiebt. Und auch dieser Gedanke, daß der im Gesetz sich offenbarende Gott ein gnädiger Gott ist, ist sinnbildlich ausgedrückt, nämlich in dem Deckel der BundeSlade; derselbe heißt vielleicht „Sühngerät", und bei dem größten Feste Israels, am großen BersöhnungStage, wird gerade dieser Deckel vom Hohenpriester mit Opferblut besprengt, um dem ganzen Volke Vergebung seiner noch ungesühnten Sünden zu verschaffen. Auf diesen Deckel als Sühn­ gerät (bei Luther: „Gnadenstuhl") weist auch noch daS N. T. hin (Röm. 3,25); aber Paulus findet mit Recht erst in Christus die vollkommene Versöhnung unserer Sünden?) b. Für die Bundeslade wurde nun die Stiftshütte angefertigt, welche dem Israeliten (aber nur um der in ihr aufbewahrten BundeSlade willen) als Stätte der Offenbarung Gottes galt; sie heißt deshalb in der

Vgl. dagegen die spätere Sage und Hoffnung: 2. Matt. 2,1—8. 2) Vgl. Ps. 18,11 (und die griechische Ägis)." Die Blitze sind (nach Stade I, 443) personifiziert in den Seraphim. 3) Vgl. über diese Stelle die Glaubenslehre.



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Bibel .das Zelt der Zusammenkunft", nämlich Gottes mit seinem Volke; .StistShütte" heißt sie bei Luther, wie eine Kirche eine „Stiftskirche" heißen kann, eine zu gottesdienstlichem Zwecke gestiftete Hütte. Dieses Zelt (oder bewegliche Haus) war aber in folgender Weise gebaut.*) In einem Hofe, dem sogenannten Vorhof, der nur nach Osten einen Eingang hatte, stand daS Zelt der Stifts Hütte. Vor derselben stand im Borhof der Brandopferallar, au welchem die von den Israeliten in den Vorhof gebrachten Tiere Gott geopfert wurden. Die StiftsHütte, deren Wände aus hölzernen Bohlen bestanden (nur die Ostseile war durch einen Vorhang gebildet), zerfiel in zwei Teile, daS Heilige und daS Allerhei.ligste. Im Heiligen standen der Räucher alt ar, auf welchem durch die Priester die Rauchopfer dargebracht wurden (Sinnbilder deS Gebetes), der Schaubrottifch, auf welchen an jedem Sabbath zwölf Brote als Dank für das von Gott geschenkte tägliche Brot gelegt wurden, und der siebenarmige Leuchter (das Volk Israel ist ein von Gott erleuchtetes Volk, die Heiden wandeln in Finsternis). Im Allerheiligsten befand sich nur die Bundeslade. Die Kostbarkeit der zur Stiftshlltte verwendeten Stoffe und die Kunst ihrer Bearbeitung machte sie zu einer würdigen Wohnung Gottes. Aber jeder Israelit durfte Gott nur soweit nahen, als ihm Gottes Gnade dies gestattete. Das Volk durfte zwar in den Vorhof eintreten, aber der Priester brachte das Opfertier zum Altar; nur die Priester durften daS Heilige betreten; daS Allerheiligste durfte nur der Hohepriester, und auch nur einmal im Jahr, betreten. Für das Volk gab es also noch keine voll­ kommene Gemeinschaft mit Gott; so wies die Stiftshütte sinnbildlich auf die Zeit hin, wo Gott mit den Menschen in eine vollkommene Gemeinschaft treten werde. (Offenb. 21,3.) c. AlS Salomo in Jerusalem statt der bisherigen Stiftshütte für die Bundeslade einen Tempel*) baute, nahm er für diesen Bau die Stifts­ hütte zum Vorbilde; nur wurde der Tempel noch einmal so groß und mit größerer Pracht gebaut; unseren Kirchen gegenüber blieb auch der Tempel freilich ein kleines Gebäude, etwa einer Dorfkirche entsprechend (15 m hoch, 10 m breit und 30 m lang). Auch der Tempel bestand auS dem Aller­ heiligsten (von gleicher Länge, Breite und Höhe, wie bei der Stiftshütte, nur mit zweifacher Ausdehnung der Maße) und dem Heiligen. Nebenbanten umgaben den Tempel von drei Seilen; an der Ostseite, wo der Eingang war, befand sich eine Vorhalle, an deren Front zwei mächtige Säulen standen. Im Allerheiligsten stand auch hier die Bundeslade zwischen zwei Cherubs­ gestalten; im Heiligen ebenso der Rauchopferaltar, der Schaubrottifch und (statt des einen flebenarmigeu) zehn goldene Leuchter. Um den Tempel zog sich ein doppelter Vorhof; im innern Borhof stand der Brandopferaltar und das eherne Meer; der äußere Vorhof war noch von allerlei Neben­ gebäuden umgeben. Die alte Stiftshütte wurde in den Obergemächern des Tempels untergebracht.

*) Für die Schule existiert die Frage (Graf, Wellhausen, Kuenen) nach der Geschichtlichkeit der Stiftshütte nicht. a) Vgl. Nr. 53 E.

101 d. Der Tempel Salomo'S hatte über 400 Jahre bestanden, als e r bei der Zerstörung Jerusalem- durch Nebuladnezar vernichtet wurde. Nach dem Exil wurde wieder cmpel gebaut, aber viel dürftiger als der Salomo­ nische, wie cS den itteln der ärmlichen jüdischen Kolonie entsprach. Ein dritter Tempel wurde später durch HerodeS d. Gr. gebaut, viel größer und schöner als der Salomonische gewesen war, und mit verschwenderischer Pracht auSgestattet. Diesen Tempel hat Jesu- Christus betreten, und von ihm hat er geweissagt, daß kein Stein auf dem andern bleiben werde; diese Weissagung ist im Jahre 70 n. Chr. in Erüllung gegangen. Auf der Stätte de- zerstörten Tempels wurde im Jahre 136 vom Kaiser Hadrian ein Jupitertempel errichtet. Jetzt steht auf dem eigentlichen Tempelplatze die große Moschee Omar'S, und südlich davon noch eine zweite Moschee. DaS jüdische Volk besitzt seit dem Jahre 70 keinen Tempel mehr, und deshalb kann eS auch keine Opfer mehr darbringen, die ja in der späteren Zeit nur noch im Tempel dargebracht werden dursten; der heutige jüdische Gottesdienst vollzieht sich in den Synagogen, den Bersammlungshäusern der Gemeinde, welche nach dem Exil allmählich aufgekommen sind. Den Synagogen, nicht dem Tempel, entsprechen unsere heutigen Kirchen, in welchen sich die feiernde Gemeinde zum Gottesdienste versammelt; ein äußeres Haus Gottes, welches als Gottes Wohnstätte betrachtet würde, besitzt die Christenheit nichts) 36. Der Höheudierrst, der Bilderdienst und der Götzendienst; Jerusalem und der Tempel.

2. Mose 20,24. 1. Könige 3,2. 3. Mose 17,3-9. 2. Mose 20 4-5a. 5. Mose 4,15—18. 2. Mose 20, 3. Jes. 44,6—20. Ps. 115 Jer. 2, 4—28. 2 Kön. 23, 1-20. a. Die ältere Gesetzgebung weiß noch nichts von dem Gebote der Einheit der Kultusstätte, da es ja 2 Mose heißt: „An jeglichem Orte, woselbst ich meines Namens Gedächtnis stiften werde, will ich zu dir kommen und dich segnen." Und so haben die Israeliten von der Zeit der Patri­ archen an bis zu den Königen Hiskia und Josia unbefangen auf den „Höhen" ihren Gottesdienst gehalten, auf denen ja alle Völker, als auf natürlichen Altären, ihre Götter verehrten^. Josua opferte auf dem Berge Ebal, Samuel zu Ramah, David zu Bethlehem, Hebron und auf Zion, Elia au f dem Karmel. Erst Hiskia begann damit, und Josia setzte eS durch, daß der Tempel die einzige KultuSstätte nicht bloß für den National-, sondern für jeglichen Gottesdienst wurde. Damit kam erst n zur Geltung, was die spätere, nachmosaische Gesetzgebung (3. Mose 17,3—9. 5. Mose 12,11s) sortierte.3*) * T) Das gilt allerdings nur von der evangelischen Kirche; die Katholiken lassen wieder, wie Juden und Heiden, angeblich in ihren Kirchen die Gottheit (in oer Hostie) leibhaftig wohnen. 3) (bama) Höhe und ßcopio? Altar gelten auch manchen Sprachforschem

als mit einander verwandt. 8) Mezger, Hilfsb. III, S. 13, Anm. 5: „Es wäre wahrlich an der Zeit, daß solche Zeugnisse der Bibel (über die Berechtigung des Höhendrenstes) mit voller Unumwundenheit in höheren Schulen vorgelegt und die Folgerungen daraus gezogen würden."

102 Daß man später den früher allgemein geübten vnd als nicht ver­ boten betrachteten Höhendienst sowohl in der Gesetzgebung verbot als auch mit Gewalt auSrottete, das hatte zunächst in der vielfachen Ausartung dieses Dienstes zum Bilderdienste seinen Grund; aber vielfach wurden auf Höhen von vielen Israeliten auch die heidnischen Götter verehrt. So wurde der Höhendienst durch HiSkia und Josia wirklich unterdrückt, und nach dem Exil ist er nicht wieder aufgelebt. Aber das berechtigte Verlangen des Menschen nach Verehrung Gottes nicht bloß an einem, sondern an jedem Orte fand in anderer Weise seine Befriedigung. Vielleicht schon im Exil, wo es keinen Tempel gab, waren als Orte des Gottesdienstes (abgesehen vom Opfer) die Syna­ gogen entstanden, und nach der Rückkehr sind neben dem Tempel an allen Orten, sogar in der Heidenwelt, für die Juden Synagogen entstanden'; damit war der alte Höhendienst in besserer Weise wieder erstanden. Vor dem Exil aber galt dem frommen Israeliten, auch den Propheten des Volkes, Jerusalem mit dem Tempel als der eigentliche Wohnsitz Jehovahs; seit der Zerstörung des Zehnkämmereiches und seit der Unterdrückung des Höhenkultus durch Hiskia und JOosta1) war dies Ansehen Jerusalems für die Dauer befestigt; seitdem galt Jerusalem allein als der Ort, den der Herr sich erwählt habe. *) Wie das Gottesreich, so könne auch Jerusalem und der Tempel nicht zerstört werden, daS war fortan der Glaube Israels, selbst der Propheten; Jesus und seine Jünger haben es erfahren, was eS heiße, von der Zerstörung des Tempels zu sprechen (Matth. 26, 61. Apg. 6, 138. 21, 288). Daher klagen die Frommen, wenn sie von Jerusalem und dem Tempel fern sind, über ihre Entfernung von Gott (Ps. 27, 4. 84, 11. 42, 28. 43, 3s). Auch die Zerstörung Jerusalems hat diesen Glauben nicht zerstört; sehnsüchtig dachten die Verbannten an Jerusalem (Ps. 137), und sie glaubten an die Wiederherstellung der heiligen Stadt und des Tempels. Aber als nun beides erfüllt und das vollkommene GotteSreich doch noch nicht erschienen war, da hoffte man von der Zukunft, daß der Herr in vollkommener Offenbarung zu seinem Tempel kommen und alle Weissagungen erfüllen werde (Mal. 3, 1). Die Christenheit besitzt kein äußeres Haus Gottes, welches als Gottes Wohnstätte betrachtet würde, und sie ist damit erst dem Worte Salomos vollkommen gerecht geworden, welches dieser König bei der Tempelweihe gesprochen hat: ,^Der Himmel und aller Himmel Himmel mögen dich nicht fassen; wie sollte es denn dies Haus thun, das ich gebaut habe?" (1. Kön. 8, 27; vgl. Apg. 7, 47—50.) Die Christenheit betet weder ausschließlich in Jerusalem noch in Garizim, sondern aller Orten betet sie zu Gott in Geist und Wahrheit (Joh. 4, 19—25). Mochte auch Jerusalem mit dem Tempel zerstört werden (Matth. 23, 37 — 24,2), der wahre Tempel Gottes bestand weiter, denn der wahre Tempel Gottes ist die Christenheit. „Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und (weil) der Geist GotteS in euch wohnet?" (1. Kor. 3, 16, vgl. 2. Kor. 6, 16). Die Christenheit ist schon jetzt — oder sie soll es wenigsten- sein, und sie wird eS dereinst

0 Vgl. Nr. 59 und 61. 2) So hatte das Deuteronomium sich ausgedrückt, ohne Jerusalem zu nennen. Vgl. Nr. 450.

103 vollkommen sein — „die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott audem Himmel herabgefahren, die (wahre) Hütte (Stistshütte) Gottes bei den Menschen, und (denn) bei ihnen wird Gott sein, und sie werden sein Boll sein, und er wird ihr Gott fein* (Offenb. 21, 2—4, vgl. Gal. 4,25s). b. Dagegen war schon im Zehngebot der Bilderdienst untersagt; der geistige Gott sollte nicht unter einem Bilde verehrt werden, damit nicht das Bild an die Stelle Gottes trete.1)* Ein solches Verbot erschien dem Gesetzgeber nötig, da die Hebräer auS ihrer Urheimat den Bilderdienst (2. Mose 19) mitgebracht und bis zu Davids Zeit beibehalten hatten (1. Sam. 19,13). Erst durch Iofla wurden diese Bilder vernichtet (2. Kön. 23,24). Zu diesen nationalen GotteSbildern kam nun (durch die Berührung mit Ägypten, wie man gewöhnlich glaubt3)) noch die Verehrung GotteS unter dem Bilde deS Stiers, vorübergehend schon zu MofiS Zeit, dauernd durch Ierobeam, welcher in den beiden von ihm errichteten Heilig­ tümern Iehovah unter dem Bilde eines Stiers verehren ließ. Dieser Bilder­ dienst, die „Sünde IerobeamS", hat sich im Reiche Israel bis zum Unter­ gänge deS Staates, ja, noch darüber hinaus, erhalten. c. Bor allem aber war im Zehngebot der Götzendienst untersagt, und auch dies Gebot war für die Israeliten sehr notwendig. Wenn sich auch einst ihre Stammväter von den andern Semiten gerade deshalb abge­ sondert hatten, weil sie nicht mit ihnen Heiden werden, sondern den Glauben an den einen Gott festhalten wollten (Jos. 24,2—3), so sind sie doch immer wieder, durch die Berührung mit den andern Völkern dazu verführt^ in Götzendienst verfallen. So haben sie den Moloch (d. i. Königs), den Gott der Ammoniter, verehrt, und zwar auch durch die Opferung von Kindern, welche demselben verbrannt wurden (in Karthago noch tun vor der Zerstörung der Stadt, im Jahre 146 v. Chr.; in Afrika hat erst der Kaiser Tiberius das Kinderopfer unterdrückt). Später haben die Israeliten besonders den Baal (d. i. Herr, wie die Israeliten früher auch ihren Gott nannten4)), 5 den Hauptgott der Phönizier, Syrer und Asiyrer, verehrt^), und seine Gattin Astarte. In der älteren Zeit wird statt der Astarte rine ihr im SBefen6) entsprechende Aschcra verehrt; Luther übersetzt dies Wort nach den LXX und Vulg. mit „Hain" und versteht darunter wohl einen Tempelbezirk; es ist aber vielmehr darunter ein heiliger Baumstamm zu verstehen, der neben dem Altar stand, ein Sinnbild der Gottheit, ähnlich wie die ebenfalls neben dem Altar errichtete Säule (aus Stein), vgl. Ier. 2,27.. ’) Vgl. die Praxis des kath. Bilderdienstes, namentlich in den streng kath. Ländern. 3) Vgl. jedoch Nr. 23. 3) Die Juden schrieben diesen Namen später „Molech" statt des Ursprünge lichen „Melech", indem sie ihm die Vokale von „Boscheth" (Schande) gaben, welches, für fremde Gottesnamen gebraucht wurde (Stade I, 610, Anm. 4), vgl. Nr. 53B. 4) Vgl. Nr. 53 B Anm. 1. 5) Baal wurde aber, wie Zeus, durch verschiedene Zunamen in verschiedene Gottheiten gesondert, das sind die „Baalim" der Lutherbibel; einer derselben ist der Baal-Sebub d. h. der die Fliegen abwehrende Gott, dessen Namen die Juden später einerseits in Baal-Sebul d. h. Kotgott, umwandelten, andererseits als Belzebub zur Bezeichnung des Teufels gebrauchten. 6) Von Stade bestritten I, 458s.

104 d. Gegen den Götzendienst vor allem, aber auch gegen den Bilderdienst und in der späteren Zeit auch gegen den zum Bilder- und Götzendienst entarteten Höhendienst richten sich nun die Strafandrohungen des Gesetzes und die Predigt der Propheten. Im Volke Israel soll Gott wohnen, aber nicht die Götzen; die Gemeinde soll die Braut oder Gattin ihres GotteS sein, nicht als Ehebrecherin einem andern Gotte sich zuwenden; unter diesem Bilde wird das Verhältnis zwischen Gott und Israel im A. wie im N. T. besonders oft dargestellt. Aber es hat lange gedauert, ehe die Mahnung der Propheten gefruchtet hat; erst durch die Berührung mit den Heiden im Exil ist die Neigung zum Götzendienste wie zum Bilderdienste völlig unterdrückt worden; nach dem Exil „eifern die Juden um den einen Gott, wenn auch mit Unverstand", und gerade ihr früher oft preisgegebener Glaube an den einen Gott, der unter keinem Bilde dargeüellt sei, war die den Heiden in der griechisch-römischen Zeit seltsam erscheinende Eigentümlichkeit der Juden, für welche diese selbst den Tod zu erleiden bereit waren. 37. Die heiligen Zeiten^) 2. Mose 20, 8—11. 5. Mose 5,12 -15. 2. Mose 31,12—17. Pf. 92. 2. Mose 23,14-17. 3. Mose 23. 25, 1—7 und 18-22. 25,8 — 17 und 38 - 46. 3. Mose 16. Wenn Gott in seinem Volke wohnen will, so soll ja das ganze Leben deS Volkes ihm geweiht sein, und dieser Gedanke ist auch schon im Juden­ tum erfaßt worden. Aber wie eS für Gott trotz seiner Allgegenwart einen besonderen Ort giebt, wo er in Israel wohnt, das Nationalheiligtum, so giebt es auch, obwohl daS ganze Leben des Menschen ihm geweiht sein soll, in der Woche einen besonderen Tag, den Sabbath, an welchen sich die Feier des siebenten IahreS und deS fünfzigsten Jahres anschließen, und im Jahre ebenfalls besondere Feste, welche Gott besonders geweiht sind. Diese besonderen heiligen Zeiten des Volkes Israel sollen im folgenden dargestellt werden. a. Schon bei ihrer Trennung von ihren Stammgenoffen, den andern Semiten, haben die Israeliten, wie andere Überlieferungen der Vorzeit, so auch die siebentägige Woche und vielleicht auch schon eine Auszeichnung des siebenten Tages als eines Ruhetages in die neue Heimat mitgenommen. Denn wenn auch nicht, wie man früher annahm, alle oder die meisten Völker, so haben doch jedenfalls die Babylonier und Affyrer die siebentägige Woche und den Ruhetag am Ende derselben schon in uralter Zeit gehabt; aber von einer Sabbathfeier im Sinne der Juden haben diese Völker trotzdem nichts gewußt. Aber auch die Israeliten haben vor Moses den Sabbath noch nicht gefeiert, wie schon die alten Lehrer der Kirche bemerkt haben mit dem Hinweis darauf, daß also der Sabbath nicht als eine unabänderliche Einrichtung auch not) für die Kirche gelten dürfe. Erst durch MoseS ist die Sabbathfeier für das Volk Israel zum Gesetz geworden. Seitdem war der Sabbath ein dem Herrn angehöriger,

0 Die Feiertage find bei dieser Stellung des Abschnittes als Tage betrachtet, an denen Gott mit dem Menschen in Gemeinschaft tritt; es wäre natürlich auch berechtigt, dieselben als Tage zu betrachten, an denen der Mensch mit Gott in Gemeinschaft tritt. Ich habe die erstere Betrachtung vorgezogen, um die heiligen Zeilen neben die heiligen Orte stellen zu können.

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also heiliger Tag, an welchem das Volk sich aller Arbeit enthalten sollte, um mit Gott in Verkehr zu treten. Die Sabbathfeier wird aber in der älteren Fassung des DekalogS (2. Mose 20) damit begründet, daß auch Gott, wie die Schöpfungsgeschichte es darstellt, am siebenten Tage von seinem Schaffen geruht habe. Wenn das nun auch nickt buchstäblich zu verstehen ist, so ist doch in dieser Darstellung der richtige Gedanke enthalten, daß es für Gott nicht bloß ein Leben in der Welt giebt (wie der Pan­ theismus glaubt), sondern auch ein Leben in sich selber; so soll auch der Mensch nicht bloß in der Welt leben, sondern auch iu Gott. Die jüngere Fassung deS Dekalogs (5. Mose 5) begründet die Sabbathfeier durch die Hinweisung auf die Ausführung Israels auS Ägypten; durch dieselbe hat sich nämlich Gott daS Volk Israel zum besonderen Eigentum erwählt, und die Sabbathfeier ist nun dazu bestimmt, daß das Volk sich Gott zum Eigentum ergebe. Der Sabbath ist also ein Zeichen deS Bundes zwischen Iehovah und seinem Volke, und darum wird die Entheiligung des Sabbaths durch Arbeit mit Ausrottung aus dem Volke (durch den Tod) bestraft. Wenn sich nun das Volk an diesem Tage Gott zum Eigentum hingiebt, so genießt es nicht bloß den Segen der Ruhe von der Arbeit, sondern auch den Segen der Gemeinschaft mit Gott. Zur Sabbathfeier vereinigte sich aber daS Volk am Nationalheiligtum, oder es nahm, wer davon fern war, wenigstens im Geiste an dieser Feier Anteil; als die Synagogen entstanden, konnte sich jeder Israelit an der gemeinsamen Sabbathfeier beteiligen, wie das ja noch heute bei den Juden mit lobenswertem Eifer geschieht. So hatten die Juden an ihrem Sabbath einen Tag der Freude, und der 92. Psalm, der nach der Überschrift für den Sabbath gedichtet ist, rühmt mit Recht, wie köstlich es sei, den Herrn zu preisen, was ja besonders am Sabbath geschehen soll. Aber aus diesem Tag der Freude haben später die Pharisäer einen Tag der Qual gemacht, indem sie mit ihren peinlichen Gesetzesvorschriften jede Arbeit, auch die geringste und unschuldigste, ver­ boten; gegen diese Gesetzesauslegung hat Jesus immer aufs neue gekämpft.^ Die christliche Kirche hat an die Stelle des Sabbaths den Sonntag gesetzt, und diesen Freudentag hat zwar die Kirche Englands sich wieder zu einem Tage der Qual gemacht, das deutsche Volk ist aber auf diese engherzige Anschauung nicht eingegangen. Für den Christen ist der Sonntag aber nicht bloß ein Tag der Ruhe und der Gemeinschaft mit Gott in einem Leber^ der Arbeit mitten in der Welt, sondern auch ein Hinweis auf die ewige Ruhe, die für das Volk Gottes im Himmel vorhanden ist (Hebr. 4,9—11). b. An die Feier deS siebenten Wochentages schließen sich die Feier des siebenten und deS fünfzigsten Jahres, des Sabbathjahres und des JobeljahreS, an. Nachdem das Land sechs Jahre getragen hatte, sollte es int siebenten Jahre brach liegen, und was von selber wuchs, sollte den Armen qnd den Tieren deS Feldes gehören; auch sollte den Armen das geliehene Geld im Sabbathjahr nicht abgefordert werden. Nachdem aber das Sabbathjahr siebenmal gefeiert worden war, sollte am Schluß der ganzen Periode das fünfzigste Jahr, das Jobeljahr oder Halljahr, gefeiert werden, vielleicht genannt vom Schall des Horns, mit ') Vgl. über die pharis. Sabbathgesetze und Jesu Bekämpfung derselben Nr. 90 und 113.

106 welchem sein Beginn verkündigt wurde. Auch im Iobeljahr sollte der Acker nicht bestellt werden; außerdem aber sollten die Leibeigenen freigelaffen undjedes verkaufte Grundstück an die Familie des ursprünglichen Besitzers zurückgegeben werden. Zn diesen Festen war also der Gedanke, welcher der Sabbathfeier zu Grunde lag, noch stärker ausgesprochen: cS ist eine Ruh? vorhanden für das Volk Gottes, welche dasselbe zur Gemeinschaft mit Gott führt. Außerdem aber sollte sogar (im Halljahr) alle Not vom Volkegenommen und alles wieder in den gottgemäßen Zustand zurückgeführt werden. Wie weit nun aber diese idealen Forderungen des Gesetzes durch­ geführt worden sind, ist eine Frage, welche schwer zu beantworten ist; schon vor dem Exil hat die Feier des Sabbatbjahres selten, die Feier des Zobel­ jahres wahrscheinlich gar nicht stattgefunden, und nach dem Exil ist das Iobeljahr ganz in Wegfall gekommen, aber dafür daS Sabbathjahr regel­ mäßig gefeiert worden. Heute betrachten sich die Juden, auch wenn sie Ländereien besitzen, an diese Gesetze nicht mehr gebunden, da dieselben nur für daS Land Kanaan gegeben seien, da eS 3. Mose 25,2 ausdrücklich, heiße: „Wenn ihr in das Land kommt, das ich euch geben werde^ so soll daS Land seinen Sabbath dem Herrn feiern." c. Diesen Festen des siebenten TageS und deS siebenten und fünfzigstem Jahres stehen nun die ZahreSfeste gegenüber, wohl zum Theil ursprüngliche Erntefeste, welche später mehr zu Festen geschichtlicher Vorgänge geworden­ sind: daS Paffah-, das Pfingst- und das Lanbhütten-Fest. An diesen drei Festen sollten alle männlichen Glieder des Volkes Israel zum National­ heiligtum kommen und an dem gemeinsamen Gottesdienste teilnehmen. Wenn nun auch eine streng gesetzliche Feier dieser Feste, wie die strenge Beob­ achtung deS Gesetzes überhaupt, erst für die spätere Zeit nachzuweisen ist, so gehört doch die Gesetzgebung auch für diese Feste der älteren Zeit an.. Die drei Feste haben aber folgende Bedeutung. a. Das Passahfest war ursprünglich vielleicht ein Frühlingsfest, später aber wurde es ein Weihefest zum Beginn der Ernte, und darum wurde auch noch später die ErstlingSgarbe der zuerst von den Getreidearten reifenden Gerste dem Herrn dargebracht. Aber dieser Gedanke trat bald­ völlig zurück gegenüber der historischen Bedeutung des Festes, als deS Gedächtnisfestes zu Ehren der Erlösung aus Ägypten. Am 14. Nisan (im Frühlingsmonat) sollte jeder Israelit gegen Abend ein fehlerfreies einjähriges Lamm (oder eine Ziege) schlachten und dasselbe (ohne ihm ein Bein zu zerbrechen) braten und mit ungesäuertem Brot und bitteren Kräutern verzehren. Dieses Lamm war aber (2. Mose 12, 27) ein Opfer des Vorübergehens, d. h. der Verschonung (Pesach) des Herrn, der an den Kindern Israels in Ägypten vorüberging, als er die Ägypter plagte; daher der Name Paffah («nvs aramäisch, mit Artikel). Das Blut des TiereS sollte den Israeliten mit Gott versöhnen; die Sitte, das Blut an die Thür­ pfosten zu streichen, ist aber bei den Juden abgekommen, dagegen noch heute ein Rest derselben bei den Samaritanern erhalten. Das Effen des Paffahlammes eröffnete das siebentägige Fest der ungesäuerten Brote. Das Passah­ mahl ist aber ein Opfermahl, in welchem Gott mit jedem israelitischen Hause aufs neue in Gemeinschaft tritt, weshalb eben diese Mahlzeil nicht von einzeln m, sondern von der ganzen Familie genoffen wird. Später durfte

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das Passahlarnm nur in Jerusalem geschlachtet werden, weshalb gerade zu diesem Feste besonders viele Juden nach Jerusalem kamen; die Festfeier fand aber später in folgender Weise statt. Bei der Mahlzeit wurde, nachdem der erste Becher getrunken war, d. h. am Anfänge der Mahlzeit, die Fest­ geschichte erzählt oder vorgelescn Darauf folgte der Gesang von Psalm 113 und 114; dann wurde der zweite Festbecher getrunken, welchem die eigentliche Festmahlzeit folgte. Darauf folgte der dritte Becher; das ist wohl derjenige, an welchen JesuS die Stiftung des Abendmahls an­ knüpfte (Lukas 22, 20). Darauf wurden Psalm 115—118 gesungen (Matth. 26, 30) und der vierte Becher getrunken; damit war daS Festmahl zu Ende. Im Neuen Bunde ist das Paffahlamm zum Vorbilde Jesu Christi geworden (1. Kor. 5, 7), durch dessen am Paffahfest erfolgten Opfertod den Menschen Versöhnung zu teil geworden ist, so daß wir nunmehr der wahren Gemeinschaft mit Gott teilhaftig werden, welche durch die Blut­ besprengung bei der Stiftung des Alten Bundes nur im Sinnbilde gewährt werden konnte. ß. Mit dem Pfingstfeste wurde die durch das Passahfest eröffnete Getreideernte abgeschlossen. Dies Fest fiel auf den 50. Tag nach Ostern und wurde früher an einem, später an zwei Tagens gefeiert; an ihm wurden zwei Weizcnbrote, als Erstlingsgaben der nunmehr vollendeten Ernte, dem Herrn dargebracht. Eine historische Bedeutung haben diesem Feste die Juden erst nach der Zerstörung Jerusalems gegeben, indem sie eS als Fest der Gesetzgebung betrachteten, da ja Israel (2. Mose 19, 1) im dritten Monat nach dem AuSzuge an den Sinai gekommen war. Daß am jüdischen Pfingstfeste durch die Ausgießung des heiligen Geistes die christliche Kirche begründet worden ist, ist bekannt. y. Das letzte der drei JahreSfeste ist das Laubhüttenfest. Dasselbe wurde im 7. Monat sieben (später acht, beute sogar neun) Tage lang ge­ feiert, zunächst ebenfalls ein Naturfest, das Fest der nunmehr ebenfalls vollendeten Obst- und Weinernte; dann aber wurde eS auch ein historisches Fest, gefeiert zum Gedächtnis daran, daß Gott die Kinder Israels während ihres WüstenaufeniHalts in Hütten wohnen ließ, und darum auch durch das Wohnen in zu diesem Zwecke errichteten Hütten gefeiert. Diesem Feste entspricht kein christliches Fest. d. Eine besondere Stelle unter den jüdischen Festen nimmt der BersöhnungStag ein, am zehnten Tage des siebenten Monats gefeiert, der einzige Tag, an welchem das Fasten geboten war, was auf die besondere Würde dieses TageS hinweist. An diesem Tage wurde nämlich durch den Hohenpriester alle noch ungesühnte Sünde des Volkes vom letzten Jahre gesühnt. Zu diesem Zwecke mußte der Hohepriester erst seine eigene Sünde sühnen, dann erst konnte er die Sünde des Volkes sühnen. Zuerst ging er deshalb mit dem Blute des für ihn selber, dann mit dem Blute des für daS Volk geschlachteten TiereS in das Allerheiligste und besprengte damit den Deckel der Bundeslade und daS Allerheiligste. Dann wurde auch daS Heilige und der Rauchopferaltar durch Besprengung mit Opferblut *) Vgl. unten e.

108 entsühnt, da sie ebenfalls durch die Sünde Israels befleckt waren. Endlich aber fand noch eine ganz besondere Handlung statt. Für das Volk waren nämlich zwei Ziegenböcke zur Sühne gestellt worden; aber nur der eine wurde geopfert, der andere wurde vom Hohenpriester, indem er seine Hand auf ihn legte und dabei ein Sündenbekenntnis ablegte, in sinnbildlicher Weise mit der Sünde des ganzen Volkes vom letzten Jahre beladens und nach der Wüste geführt. Durch den ersten Bock wurde die Sünde gesühnt, durch den zweiten hinweggeschafft — beides wurde sonst durch eine einzige Handlung, das Opfer ausgedrückt; hier sind beide Momente besonders dar­ gestellt. Der zweite Bock wurde aber dem Wüstendämon Afafel' zugeschickt, einem bösen Geiste, der in der Weise deS späteren Satan Gott gegenüber gestellt wurde. Dieses Fest nimmt also unter den Festen eine besondere Stelle ein, indem der Hohepriester dabei fungiert, indem das Aller heiligste von ihm betreten wird, und indem das Volk GotteS mit seinem Heiligtum und seiner Priesterschast von der Sünde des ganzen Jahres entsündigt wird. Aber auch diese Sühne war doch nur eine sinnbildliche Sühne; die wirkliche und dauernde Versöhnung ist, wie der Hebräerbrief zeigt (K. 9), erst durch Jesus Christus den Menschen zu teil geworden. e. Zu den im mosaischen Gesetz verordneten Festen sind später noch einige neue hinzugekommen. So wurde nach dem Exil der siebente Neu­ mond des im Frühjahr beginnenden festlichen IahreS zum bürgerlichen Neujahrsfeste gemacht, wie ls noch heute von den Juden gefeiert wird, und zwar an zwei Tagen, damit alle Juden, auch wenn der Kalender, wie das damals leicht vorkam, nicht überall derselbe war, doch^wenigstens einen Tag gemeinsam feierten?) Die im Buche Esther berichtete Errettung der Juden gab Beranlasiung zum Purimfeste, welches einen Monat vor dem Passah an zwei Tagen noch heute gefeiert wird. Der makkabäischen Zeit gehört daS Fest der Tempel weihe an, von Judas Makkabäus gestiftet zum Andenken an die nach der Entweihung durch Antiochus EpiphaneS erfolgte neue Einweihung des Tempels. Dasselbe wurde acht Tage lang gefeiert; es heißt auch daS Lichterfest, weil eS besonders durch Beleuchtung der Synagogen und Häuser gefeiert wurde; am ersten Tage wurde aber ein Licht angezündet, an jedem folgenden Tage eins mehr; diese Sitte erinnerte wohl an das Wiederanzünden der heiligen Lichter im Tempel. Die Sage erzählte, daß bei der neuen Einweihung deS Tempels noch ein wenig Ol in einem Gefäße gefunden worden sei, welches, obwohl scheinbar nur für einen Tag genügend, dennoch für acht Tage ausgereicht habe — ein Vor­ bild der Sage von Chlodwigs Salbung.3*)4 2 Daß man auch (aber mit Unrecht) geglaubt hat, das christliche Weihnachtsfest mit seinem Lichterschmuck des Christbaums an das Tempelweihfest anknüpfen zu dürfen, ist ander­ wärts gezeigt worden.^) Die Zerstörung Jerusalems und des Tempels ließ noch zwei neue Feste entstehen; die Zerstörung Jerusalems x) Von ihm stammt unser deutsches „Sündenbock-. 2) An die heutige Dalumsgrenze, für welche diese Einrichtung ebenfalls paßt, ist ja freilich bei dieser Einrichtung nicht gedacht worden (vgl. Guthe, Geogr. I, § 3). a) Vgl meine Kircheng. Nr. 22B. 4) Vgl. Kircheng. Nr. 68 A, h.

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durch die Römer fiel angeblich auf den Tag der ersten Zerstörung durch Nebukadnezar, der angeblich auch der Tag war, an welchem MoseS wegen deS goldenen Kalbes die ersten Opfertafeln zerbrochen hatte. Auch der Tempel ist beidemal angeblich an demselben Tage zerstört worden. f. So ergab sich für das jüdische Volk folgender Festkalender. Im Monate Nisan, dem ersten deS kirchlichen JahreS (also im Frühjahr), wird das Passah fest acht Tage lang gefeiert. Im dritten Monat wird daS Pfingstfest zwei Tage lang gefeiert. In den fünften Monat fällt daS Fest der Zerstörung Jerusalems. Der eigentliche Festmonat ist der siebente Monat; auf den ersten und zweiten Tag desselben fällt das Neu­ jahrsfest, auf den zehnten Tag das BersöhnungSfest, auf den 15. bis 22. Tag das Laubhüttenfest. In den nennten Monat fällt das Tempel­ weihfest, in den zwölften daS Purimfest. Da die späteren Juden die eintägigen Feste (ausgenommen den BerföhnungStag) und die Anfangs- und Schlußtage der mehrtägigen Feste doppelt feierten, um eS zu erreichen, wie schon oben bemerkt, daß auch bei Kalender-Differenzen alle Juden wenigstens einen Tag gemeinsam feiern, so ist die Zahl der Feiertage größer geworden, als sie in der alten Zeit war; sie werden aber alle auch noch von den heutigen Juden streng gefeiert. An den jüdischen Festkalender hat sich nun, wie anderwärts gezeigt toirb1), daS christliche Kirchenjahr mit seinem Festcyklus angeschloffen, wie das schon durch die evangelische Geschichte bedingt war, deren Hauptereigniffe bekanntlich auf daS jüdische Oster- und Pfingstfest fielen. Die alten Christen fühlten sich an die jüdischen Feste nicht mehr gebunden (Gal. 4, 9—11), und sie wiesen mit Recht darauf hin, daß für den Christen jeder Tag ein Festtag sei; doch hat daS Bedürfnis der gemeinsamen Feier auch bei den Christen die Feier besonderer Tage veranlaßt, zunächst des Sonntags, dann auch der christlichen Feste; wie sich dieses christliche Kirchenjahr im einzelnen entwickelt hat, ist in der Kirchengeschichte darzulegen.

C. Are Gemeinschaft des Hlotkes mit Kott. 38. Die Heiligkeit des Bottes Gottes. „Ihr sollt mir ein heiliges Volk sein." 2. Mose 19,5. »Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, der Herr euer Gott." 3. Mose 19, 2. a. Gott hat sich daS Volk Israel zu seinem Eigentum erwählt, aber eben daS Volk als Ganzes, nicht die einzelnen Israeliten; deshalb wird man durch die Geburt ein Glied des Reiches Gottes, nicht durch eine Bekehrung. Zwar können auch Fremdlinge in das Reich Gottes ausgenommen werden, aber nur durch Aufnahme in den israelitischen Volksverband; daß auch andere Völker, ohne Israeliten zu werden, den Gort Israels anbeten und Glieder des Reiches Gottes werden, ist ein dem MosaiSmus noch fremder Gedanke. Aber zu der Aufnahme in daS Reich GotteS wird doch für den einzelnen Israeliten noch ein besonderer Weiheakt erfordert, nämlich die am achten Tage nach der Geburt an jedem Knaben zu vollziehende Beschneidung. Dieselbe wird vom mosaischen Gesetz als bereits vor­ handen vorausgesetzt (3. Mose 12, 3), und da die Israeliten sie mit den 0 Vgl. meine Kircheng. Nr. 67.

110 Arabern gemein haben, so wird in der That ihre Entstehung in die Zeit der Patriarchen zurückreichen, wie ja auch 1. Mose 17 berichtet. Durch die Beschneidung, einen sinnbildlichen ReinigungSakt, wurde der einzelne Israelit dem Volke Gottes persönlich einverleibt und erlangte dadurch Anteil an dem Bunde Iehovah'S mit seinem Volke. b. DaS Volk Gottes sollte aber „ein heiliges Volk" fein (2. Mose 19,5—6). Israel ist zwar schon als Gottes auserwähltes Volk ein heiliges Volk, aber eS hat doch auch noch die Aufgabe ein heiliges Volk zu werden. Heilig ist aber nur, wer von jedem sittlichen Makel frei ist; indes im Volke Israel galten auch gewisse äußerliche Verunreinigungen als sittlich befleckend. Eine solche Verunreinigung zieht sich der Israelit zu durch den Genuß des Fleisches der unreinen Tiere oder auch der reinen Tiere, wenn sie nicht regelrecht geschlachtet, sondern umgekommen waren. Ebenso ver­ unreinigt die Berührung eine- Leichnams, ja, auch schon der Aufenthalt in seiner Nähe; endlich auch der Aussatz. Wer aber unrein geworden ist, der muß sich bestimmten Anordnungen unterziehen, um nicht seine Unreinheit aus andere zu übertragen, und um selber wieder rein zu werden. 39. DaS Priestertum im Volke Gottes.

„Der Herr hat den Priester erwählt, daß er stehe am Dienst im Namen des Herrn." 5. Mose 18,5. 2. Mose 19,5—6. 4. Mose 16,5b. 5. Mose 18,5. 2. Mose 28,1. 4 Mose 6,22-27. a. Als Gottes erwähltes und als heiliges Volk ist Israel auch ein Volk von Priestern, ein „priesterlich Königreich",^ welches seinem Gott nahen darf und soll. Aber beim Gottesdienste am Nationalheiligtum darf der gewöhnliche Israelit doch nur den Vorhof betreten, um zu beten und zu opfern; die Opfer darf nur der Priester an den Altar bringen, und das Heilige darf nur der Priester, das Allerheiligste sogar nur der Hohepriester, und zwar nur einmal im Jahre, betreten. Durch diese Anordnungen wurde dem Volke zum Bewußtsein gebracht, daß seine Heiligkeit noch mangelhaft und daß sein Priestertum noch unvollkommen sei. Wenn so daS allgemeine Priestertum den Israeliten um feiner Sünde willen noch nicht zur vollen Gemeinschaft mit Gott führt, so bedarf es für ihn noch eines besonderen Priestertums. Wie das Volk durch GotteS Erwählung zum allgemeinen Priestertum gelangt, so beruht daS besondere Priestertum ebenfalls auf Gottes Erwählung (4. Mose 16, 5b). Zwar nimmt schon der ganze Stamm Levi eine gewisse Mittelstellung zwischen Gott und dem Volke ein, aber daS besondere Priestertum ist doch nur auf die Nachkommen Aarons übertragen. Ihr besonderes Priestertum beruht aber freilich nicht auf einer besonderen inneren Heiligkeit, die sie doch eigentlich haben sollten (die doch aber stets nur ein persönliches, nicht ein erbliches Gut ist), sondern auf einer größeren äußeren Heiligkeit, die von ihnen gefordert wird. Die strengsten Anforderungen dieser Art werden an den Hohenpriester gestellt. Die Bermittelung des Priesters wird aber nur für den Gottesdienst gefordert, um daS Opfer Gott darzubringen und um ') Wörtlich: ein Königreich von Priestern, oder (nach Schlottmann, bibl. Theol. 1889, § 49): ein Königsgeschlecht von Priestern.

111 das Volk zu segnen. Außerdem haben die Priester (und auch die Leviten) die Gesetzesüberlieferung zu wahren und die richtige Erklärung und Beo­ bachtung desselben zu überwachen. Aber eine Predigt hat eS im Gottes­ dienste Israels nicht gegeben^, dieselbe ist erst im Synagogen-Gottesdienste aufgekommen, und von der Synagoge ist sie in die christliche Kirche gekommen. b. Vor der Gesetzgebung am Sinai gab eS noch kein besonderes Priester­ tum im Volke Israel, der Hausvater opferte und betete für die ©einigen, der Fürst für den Stamm; auch später sehen wir noch vielfach die Könige und andere Israeliten ohne Vermittelnng eines Priesters opfern. Aber schon in der mosaischen Zeit ist der Stamm Levi mit dem besonderen Dienste Gottes betraut, und aus Aarons Nachkommenschaft ein besonderer Priester­ stand mit einem Hohenpriester eingesetzt worden. Aber wenn auch schon früher der Gottesdienst am Nationalheiligtum in den Händen der Aaronitischen Priesterschaft gewesen ist, so ist doch erst allmählich der ganze Gottesdienst in ihre Hände gekommen, namentlich seitdem der Tempel Salomo's zum Nationalheiligtum Israels geworden, und besonders seitdem der Höhendienst beseitigt und der Tempel zur alleinigen Stätte deS öffent­ lichen Gottesdienstes geworden war. Kaum aber war das Ansehen der Priester so hoch emporgestiegen, so begann dasselbe auch schon zu sinken, und die Propheten traten ihnen mit strengen Strafpredigten entgegen (am strengsten Hos. 4,1 - 9). Nach dem Exil haben sie ihr Ansehen bald an die Schriftgelehrten und Pharisäer abgeben müssen und seit der Zerstörung deS Tempels durch TituS giebt eS im jüdischen Volke überhaupt kein Priester­ tum mehr. Daß eS auch im Christentum, allerdings nur im evangelischen, kein Priestertum mehr giebt, ist bekannt. c. Die Vorrechte deS Stammes Levi und der Priesterschaft waren, obwohl sie kein besonderes Stammgebiet besaßen, nicht gering. Als Wohnsitz wurden ihnen in 48 Städten Häuser und Viehtriften zugewiesen; außerdem wurde ihnen der Zehnte und die Erstlinge nebst manchen anderen Einkünften, namentlich auch bei den Opfern, überwiesen. Die niedrigste Stellung aber nahmen die Leviten ein, welche nur die geringeren Dienste beim Tempel zu besorgen hatten. Der eigentliche Opfer­ dienst lag in den Händen der Priester. DaS Haupt der Priesterschaft war der Hohepriester, der allein berechtigt war, einmal im Jahre daS Aller­ heiligste zu betreten, um daS ganze Volk mit Gott zu versöhnen. Aber weder der Hohepriester, noch die Priesterschaft überhaupt hat in Israel jemals eine große politische Rolle gespielt; Israel war zwar eine Theokratie, aber keine Hierarchie. 40. Das Opfer im Bolke Gottes.

»Die Seele (daS Leben) deS Fleisches ist im Blute, und ich habe eS euch gegeben an den Altar, um eure Seelen zu versöhnen; denn das Blut versöhnt mittels der Seele." 3. Mose 17, 11. »Ohne Blutvergießen geschieht nach dem Gesetz keine Vergebung." Hebr. 9, 22. a. Die Gemeinschaft deS Volkes Israel mit Gott beruht, wie die Gemeinschaft mit Gott in der Religion überhaupt, auf dem Glauben an l) SRodj weniger natürlich vorher. — 1. Mose 4,26. Luther unrichtig übersetzt.

12,8. 26,25 sind bei

112 den sich ihm offenbarenden Gott; Gott aber hatte sich den Israeliten be­ sonders durch die Erlösung aus Ägypten geoffenbart. Die Gemeinschaft mit Gott bethätigt sich in der Sittlichkeit, und die Grundforderungen der Sittlichkeit enthält der Dekalog. Die Gemeinschaft mit Gott zeigt sich aber im Gebet; auch Israels Gemeinschaft mit Gott zeigt sich im Gebet. Für den GebetSverkehr mit Gott giebt nun das Gesetz keine Bestimmungen; der Israelit betet in seinem Hause und braucht dazu keinen Priester. Aber zum Gebet kommt nun für den Israeliten noch das Opfer hinzu, durch welches ebenfalls feine Gemeinschaft mit Gott bethätigt wird; wie durch das Gebet, so will der Mensch auch durch das Opfer mit Gott in Ge­ meinschaft treten. Wenn nun zwar auch private Opfer dargebracht werden, so hat dasselbe doch vornehmlich eine Bedeutung für den Gottesdienst des ganzen Volkes gewonnen. Die ununterbrochene Gemeinschaft Gottes mit seinem Volke beruht auf dem ununterbrochenen Opferdienst; dieser Dienst ist an daS Nationalheiligtum und an die priesterliche Vermittelung gebunden. Der einzelne Israelit bethätigt seine Teilnahme an diesem Gottesdienste seines Volkes durch seine Anwesenheit beim Opfer im Vorhof des Heiligtums, und wenigstens an den drei großen Festen ist eS seine Pflicht, beim Opfer deS Volkes zugegen zu fein. b. DaS Opfer der Israeliten ist aber nicht eine Eigentümlichkeit der mosaischen Religion, sondern beruht auf älterer Überlieferung und findet sich auch in fast allen heidnischen Religionen. Auf dem niederen heidnischen Standpunkte nimmt aber der Mensch an, daß die Gottheit der menschlichen Gaben bedürftig ist, oder wenigstens durch die äußerlichen Gaben erfreut wird. Dagegen glaubten (mit den höher stehenden Heiden) die Israeliten, daß daS Opfer der Gottheit darum gefalle, weil der Mensch ihr durch das Opfer seine Huldigung beweise. Gott bedarf nicht der Nahrung (Pf. 50, 85), wie die Heiden und natürlich auch die Israeliten in der alten Zeit und manche gewiß auch noch später glaubten, sondern weil er an der Gesinnung deS Opfernden Wohlgefallen hat. Damit das geschehen könne, muß auch das Opfrrtier makellos sein; ein schlechtes Opfertier würde eine Gering­ schätzung GotteS bekunden; aber ein Menschenopfer will Gott auch nicht haben, das hatte schon Abraham erkannt; aber Iephtha hatte trotzdem ein solches dargebracht. c. Die Opferung findet aber im allgemeinen in der Weise statt, daß der Opfernde daS Tier oder eine andere Gabe in die Nähe des Altars bringt, womit er erklärt, daß er diese Gabe Gott darbringen wolle. Dem Tiere legt er aber seine Hand auf, um dasselbe sinnbildlich zum Träger seiner religiösen Gesinnung zu machen und durch dessen Opferung seine Absicht zur Ausführung zu bringen. Durch die Schlachtung des Tieres wird dasselbe Gott übergeben, indem eS ganz oder zum Teil an den Altar gebracht wird. Diesem Thun deS Menschen entspricht nun als Thun Gottes die Annahme des Opfers, welche sich am deutlichsten dadurch vollzieht, daß dasselbe von dem als heilig geltenden Opferfeuer verzehrt wird und im Rauche zum Himmel, dem Wohnsitz Gottes, emporsteigt. In dem Empor­ steigen deS Opferrauches zum Himmel fand der Mensch eine Gewähr für die Annahme seines Opfers seitens der Gottheit.

113 d. Die Opfer entspringen aber entweder dem Bewußtsein, der Sünden­ vergebung und Heiligung noch zu bedürfen (meist blutige Opfer), oder dem Bewußtsein, schon geheiligt zu sein (meist unblutige Opfer). Unter den blutigen Opfern werden Brandopfer und Frieden-opfer (Dankopfer) unter­ schieden. Auf Grund dieser Opfer werden dann erst unblutige Opfer feiten- der nunmehr al- geheiligt geltenden Gemeinde dargebracht. Solche Opfer sind die Speiseopfer der einzelnen Israeliten, und feiten- der Gemeinde die durch die Priesterschast im Heiligen dargebrachten Rauchopfer und auch die im Heiligen beständig aufgelegten Cchaubrote. e. Durch sittliche wie auch durch körperliche Verunreinigung wird näm­ lich, wie oben bemerkt,x) der Mensch ein Sünder. Der Sünder aber hat Schuld auf sich geladen und hat Strafe zu erwarten, bei äußerlicher Ver­ unreinigung allerdings erst dann, wenn er die im Gesetz gebotene Reinigung unterläßt. Um nun die Gemeinschaft zwischen dem Sünder und dem heiligen Gott wieder herzustellen, bedarf es der Sühne2), welche aber nur möglich ist bei Sünden, welche nicht „mit erhobener Hand" (d. h. in geflissentlicher Widersetzlichfeit gegen Gott), sondern „in Verirrung• begangen worden sind. Durch die Sühne wird nicht etwa die für ein Unrecht gesetzlich feststehende Strafe aufgehoben, sondern nur die Gemeinschaft mit Gott für den Sünder wieder hergestellt. Das Mittel der Sühne ist aber für das Volk Israel das Opfer. Der Glaube an die Wirksamkeit deS Opfers als Sühnmittel beruht aber nicht auf dem Glauben an das Ver­ dienst der menschlichen Leistungen (im Opfer), sondern auf dem Glauben an die Gnade des BundeSgottes, der dem bußfertigen Sünder zu vergeben bereit ist. f. Während durch das Brandopfer und daS Friedensopfer beim nationalen Gottesdienst die Sünde im allgemeinen gesühnt werden soll, geschieht die Sühnung der einzelnen Sünden durch das Sündopfer und die der Rechtsverletzungen überhaupt (die ja stets von einzelnen auögehen, nicht vom Volke) durch das Schuldopfer. Das Blut des TiereS wird aber beim Sündopfer entweder nur an den im Vorhof stehenden Brandopfer­ altar gesprengt (beim Opfer des gemeinen Mannes und des StammeSfürsten) oder an die Hörner des RäucheraltarS im Heiligen und an den Vorhang des Allerheiligsten (beim Sündopfer der Gemeinde und des Hohen­ priesters); bei jenen wird das Fleisch des Tieres von den Priestern verzehrt, bei diesen außerhalb deS Lagers verbrannt. Auch zur Entsündigung des ganzen Volkes wurden nämlich Sünd­ opfer dargebracht, und zwar zunächst an jedem Neumond und an den drei großen Iahresfesten. Die umfassendste Entsündigung deS ganzen Volkeaber fand am großen Versöhnungstage statt. Wie daS Passah fest die jähr­ liche Erneuerung der Bundesgemeinschaft für den einzelnen Israeliten ist, so ist der BersöhnungStag die jährliche Sühnung deS ganzen Volkes?) Diese Sühnung durch Opfer kann aber nur vom Priester bewirkt werden, und Opfern und Sühnen ist gerade die Hauptaufgabe des Priestertum-. *) Vgl. Nr. 38. a) Nicht aber die Vergänglichkeit des Menschen, sondern die Sünde (Riehm gegen Ritschl), und weniger die Sünde überhaupt, als bestimmte einzelne Sünden fordern Sühne. *) Vgl. Nr. 37. Heidrich, Heilige Geschichte.

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g. Wie wird nun aber der Sünder durch das Opfer mit Gott versöhnt? — Auf diese Frage giebt daS mosaische Gesetz keine ausdrückliche und unzweifelhafte Antwort. Bor allem ist so viel deutlich, daß daS Sündopfer, wie alle andern Opfer, unter den obersten Gesichtspunkt einer Gabe an Gott zu stellen ist; durch seine Darbringung erkennt der Mensch seine Verfehlung vor Gott förmlich an und sucht die göttliche Bergebung nach. Indem nun der Priester daS Opfer Gott nahebringt, nimmt dieser dasselbe an und verzeiht dafür die Sünde. Daß Gott aber um deS Opfers willen verzeiht, beruht darauf, daß beim Sündopfer, als welches stets ein Tier dargebracht wird, Gott etwas besonders Wert­ volles dargebracht wird, nämlich das Leben des Tieres. Der Sünder kommt mit einem Tierleben, stellvertretend für sein Leben, vor Gott, giebt dieses durch Schlachtung ihm hin, und läßt des TiereS Blut, d .h. fein Leben, durch den Priester Gott zueignen. Das specifische Sühumittel ist nämlich daS Opferblut, als in welchem die Seele teS OpfertiereS enthalten betrachtet wird. „Denn die Seele (das Leben) deS Fleisches ist im Blute, und ich habe eS euch gegeben an den Altar, um eure Seelen zu versöhnen; denn das Blut versöhnt mittels der Seele" (3. Mose 17,11). Darum ist auch der Blutgenuß dem Menschen untersagt, das Blut darf nur als Sühnmittel benützt werden. Aber auch daS Blut deS TiereS hat nicht vermöge seiner natürlichen Kraft sühnende Bedeutung, sondern nur al» von Gott dazu bestimmtes Sühnmittel. Die Sühnopfer dienten aber nicht zur Versöhnung deS zürnenden Gottes durch ein der Schuld ent­ sprechende» Strafleiden, sondern unter Boraussetzung der Fortdauer de» BundeSverhältniffeS als Lösegeld für den gnädig gebliebenen Gott. Das Tier erleidet also nicht stellvertretend färben schuldigen Menschen die Strafe; die Handauflegung bezeichnet nicht die Übertragung der Schuld, sondern nur die Weihe an Gott. Der Tod deS TiereS ist nicht ein Mittel der Sühne, sondern der Zueignung an Gott, welche durch die Sprengung des Blutes an den Altar sinnbildlich dargestellt wird. Die Notwendigkeit des Opfers ist zwar begründet durch Gottes Heiligkeit, aber nicht durch seinen Zorn; um vor den heiligen Gott treten zu können, bedarf der Mensch einer Weihe, welche ihm durch daS vor Gott gebrachte Opfer zu teil wird; infolge deS Opfers wird der Mensch vor Gottes Heiligkeit .bedeckt", wie die Bibel sagt, so daß Gott ihn mit seiner Sünde nicht sieht und nicht sehen will. Daß nun aber Gott dem Sünder um des TieropferS willen feine Sünde vergiebt, hat feinen Grund einerseits in der Gnade GotteS, andrerseits darin, daß der Opfernde mit dem Leben eines TiereS etwas seinem eigenen Leben am meisten Ähnliche» Gotte darbringt; mit der Hingabe eines TierlebenS nähert sich der Mensch am meisten dem wahren Opfer, welches Gott vom Menschen fordert, der Hingabe seines eignen^LebenS in den Dienst GotteS. h. Einen vollkommneren Dienst mit äußeren Opfern als den der Israeliten'giebt eS nicht; doch auch schon im Alten Testamente war e» zur Anerkennung gekommen, daß das Opfer deS Herzens da» Wesentliche deS Gottesdienste» sei und daß Gehorsam besser sei als Opfer. Aber erst das Christentum hat nun auf das sinnbildliche Opfer ganz verzichtet, nm nur noch daS Opfer des Herzens an Gott zu verlangen; aber selbst im Christen­ tum ist daS Opfer nicht ganz verschwunden. Wie auch im Volke Israel

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noch heidnische Ideeen fortlebten (vgl. Jephtha'S Menschenopfer), so fehlt eauch in der Christenheit nicht an Resten heidnischen OpferwesenS, die sich hier und da erhalten haben, natürlich gegen den Willen der Kirche. Aber auch die Kirche selber hat daS Opfer nicht ganz aufgegeben, denn die katholische Kirche legt ja noch heute auf daS Meßopfer das größte Gewicht; erst die evan­ gelische Kirche hat sich zu der Erkenntnis erhoben, daß eS für den Christen keines andern Opfers bedarf als des Opfers der Selbsthingabe an Gott. 41 Die Entwickelung

D. nnd die Bedeutung des Gottesdienstes des Alten Bundes.

Sirach 50, 1—21. Pf. 122. 48. 27, 4. 84, 11. Hebr. 10, 1—4. 1. Petri 2,9. Röm. 12,1. Pf. 50,13. Pf. 15. 24. Jes. 1. Jer. 7. Pf. 51, 18—19 und 20—21. Jer. 30, 18. Jes. 66, 21—23. Off. 21, 22. a. Nur der eine Gott wurde im Volke Israel verehrt, nicht die vielen Götter der Heiden; nicht unter einem Bilde wurde der eine Gott verehrt, denn Gott ist ein Geist und kann darum nicht abgebildet werden; endlich nicht in Unstttlichkeit, wie bei vielen Heiden, sondern in Hingabe an Gott bestand der Gottesdienst Israels. Aus dem Glauben an Gott, der daS Volk Israel aus Ägypten geführt hatte, erwuchs die Verehrung dieses Gottes, und die Liebe zu Gott sollte auch zur Liebe gegen den Nächsten führen. — Das sind die Grundgedanken des Gottesdienstes, wie sie sich aus dem Gesetz'Gottes ergeben. Wenn sich nun der israelitische Gottesdienst in der älteren Zeit in freierer Weise gestaltet hatte, so hat er dagegen in der späteren Gesetzgebung ttne fest bestimmte und reich entwickelte Gestalt erhalten. Neben den Sabbath, der im Dekalog allein genannt ist, treten die anderen Feste. Die iyl Bundesbuch schon genannten, aber noch nicht geordneten Opfer werden genau festgesetzt und gesetzlich geordnet. DaS Priestertum übernimmt daS ganze öffentliche, später auch daS häusliche Opferwesen. Zunächst neben den Gottesdienst an den verschiedenen heiligen Stätten, dann an seine Stelle tritt der Gottesdienst im Volksheiligtum, zuerst in der SüftShütte, dann im Tempel. Seit dem Tempelbau gewinnt der Gottesdienst eine noch mehr entwickelte Gestalt, indem zum Opfer auch Gebet und Gesang in kunstmäßiger Weise hinzutreten. Zwar erst in den Synagogen, wo der Opserdienst fehlte, hat die Predigt eine Stelle im Gottesdienste erhalten; aber nicht mit Unrecht rühmen die Frommen des Alten Testaments ihre schönen Gottesdienste (Sir. 50, 1—21. Ps. 122. 48. 27, 4), uud ein Tag in den Borhöfen des Herrn erschien ihnen besser, denn sonst tausend Tage (Ps. 84, 11). b. Als die Juden nun im Exil waren und keinen Tempel mehr hatten, da bildeten sich die Synagogen, und dieselben bestanden weiter, auch als der Tempel wieder aufgebaut worden war. Der Gottesdienst in der Synagoge wurde aber in folgender Weise gehalten. Er begann mit Gebet, welches von einem Erwachsenen auf die Aufforderung des Synagogen­ vorstehers (stehend, daS Gesicht nach Jerusalem gewandt) gesprochen tourbc, wobei die Gemeinde öfter-, namentlich auch mit Amen, respondierte. Die auf daS Gebet folgenden Bibellektionen (au- dem Pentateuch und derr

116 .Propheten", vgl. Apg. 13, 15) konnten ebenfalls von jedem Gemeinde­ gliede (stehend, vgl. Luk. 4, 16) vorgetragen werden. Da nun aber die hebräische Sprache den Juden fremd geworden war, so wurde die Schrift­ vorlesung (im jüdischen Lande) in die aramäische Landessprache übertragen. An die Bibellektionen schloß sich ein erbaulicher Vortrag, eine Predigt, au, von dem Prediger (im Sitzen, vgl. Luk. 4, 20) gehalten, wozu gleichfalls jeder Jude berechtigt war. Den Schluß des Gottesdienstes bildete der durchs ein priesterliches Gemeindeglied der Gemeinde erteilte Segen, den die Ge­ meinde mit Amen beantwortete; war kein Priester vorhanden, so wurde der Segen nicht erteilt, sondern erbeten. Der Gottesdienst in der Synagoge hat aber auch neben dem TempelgvtteSdienste eine besondere Bedeutung gewonnen; während der Gottesdienst im Tempel nur gar zu bald ein äußeres Werk wurde, wurde durch den Gottesdienst in der Synagoge eine neue, über den sinnbildlichen Gottesdienst M Tempels hinausgehende, geistigere Form des Gottesdienstes geschaffen, welche auch die tieferen Bedürfnisse des frommen Herzens mehr befriedigte, als der sinnbildliche Gottesdienst des Tempels, über welchen das Volk allmählich hinauSgewachfen war. In den Synagogen fand das Gebet eine Stelle, und wenn dasselbe ebenfalls wieder veräußerlicht wurde, so war es doch für Jesus leicht, in feiner Predigt die rechte Weife des Gebets der falschen gegenüberzustellen. In den Synagogen wurde die heilige Schrift vorgelesen und darüber gepredigt, und wenn auch die Schriftgelehrten das Wort GotteS verkehrt deuteten, so konnten doch Jesus und die Apostel an die Schriftvorlesung der Synagoge die rechte Auslegung des GotteSworteS anknüpfen. So hat sich nicht an den Gottesdienst im Tempel, sondern an den in der Synagoge der christliche Gottesdienst angeschloffen, die Anbetung Gottes im Geist und in der Wahrheit. c. Aber .das Gesetz hat nur den Schatten von den zukünftigen Gütern, nicht das Wesen der Güter selbst" (Hebr. 10,1); die wahre Gemeinschaft mit Gott ist dem Menschen erst im Christentum zu teil geworden; nur einen Vorschmack und ein Sinnbild derselben hat das Volk Israel besessen; daS gilt von seiner ganzen Religion. Gott hat sich diesem Volke in einem neuen Namen (Jehovah) als den Heiligen geoffenbart; aber auch MoseS hat Gott noch nicht vollkommen erkannt; erst der Sohn Gottes hat uns als das wahre Wesen GotteS die Liebe verkündigt (Joh. 1,18). Gott hat mit dem Volke Israel einen Bunb geschloffen, aber erst der Neue Bund ist der vollkommene Bund Gottes mit allen Völkern. Gott hat den Israeliten ein Gesetz gegeben, aber erst die von Christus gepredigte Liebe iss des Gesetzes Erfüllung. Gott wohnte im Volke Israel in der Stiftshütte und im Tempel; aber das waren nur die sinnbildlichen Stätten der Gegenwart GotteS; die wirkliche Stätte der Gegenwart GotteS ist die Gemeinde. Der Sabbath und die Feste Israels waren Gott geheiligte Tage; aber der Christ unterscheidet nicht mehr „Tage und Monden und Feste und Jahreszeiten" (Gal. 4,10), sondern betrachtet alle Tage als Gott geweiht (Römer 14,5). Israel sollte ein heiliges Volk sein, aber erst die Christenheit ist daS wahrhaft heilige Volk (1. Petri 2, 9), nicht bloß äußerlich geheiligt, sondern inwendig (Röm. 2,25—29). Die Priesterschaft sollte das geheiligte Israel sein,.

117 aber sie war nur ein Sinnbild desselben; das wahre priesterliche Königreich ist die Christenheit (1. Petr. 2,9). Nur eine sinnbildliche Hingabe de» Mensche« an @o!t fand bei den Israeliten im Opfer statt, bei uueine wirkliche H.ugabe an Gott ohne äußere Opfer, und erst da» ist ,ber vernünftige Gottesdienst" (Störn. 12,1). d. ES war ja nun auch den Frommen de» Alten Bundes nicht ver­ borgen, daß der äußere Gottesdienst nicht die Hauptsache fei; Psalmen und Propheten weisen immer auf» neue darauf hin, daß nur die innere Hin­ gabe an Gott den Mensche» vor Gott wohlgefällig mache (Pf. 50. 51. 15. 24. Jes. 1. Ier. 7). Aber die große Menge hielt sich (wie ja auch viel­ fach in der Christenheit) für fromm, wenn sie die äußeren Ceremonien deGotteSdiensteS beobachtete. Und in der spätere» Zeit hat diese äußere Frömmigkeit sich noch immer mehr veräußerlicht; ja, selbst die Propheten, welche den inneren Gottesdienst vor dem äußeren priesen, haben doch nicht erkannt, daß im vollendeten Reiche GotteS Opfer und Priester, Sabbath und Tempel aufhören werden. Während David spricht fPs. 51,18): „Du hast nicht Lust zum Opfer, und Brandopfer gefallen dir nicht", hat ein späterer Dichter (wie die Kritiker wohl mit Recht annehmen) diesem berühmten Bußpsalm Davids die Worte «»gefügt (v. 20 - 21): „Baue die (zerstörten) Mauern zu Jerusalem (wieder auf); dann werden dir gefallen die Opfer der Gerechtigkeit; dann wird man Farren auf deinem Altar opfern.") Und derselbe IeremiaS, der von dem Neuen Bunde predigt, der nicht wie der Bund sei, den Gott mit den Bätern machte (31,31—33), sagt dennoch (30,18): „Die Stadt (Jerusalem) soll wieder auf ihre Hügel gebaut werden, und der Tempel soll stehen nach seiner Weise. * Und aus den zurückgeführten Juden wird, wie der zweite Iefaia» sagt (66,21—23), „Gott Priester und Leviten nehme«, und alles Fleisch wird eine« Sabbath nach dem andern kommen anzubeten vor Gott." Es war dem Christentum Vorbe­ halten, zu verkündigen, daß es im neuen Jerusalem keinen Tempel giebt (Off. 21,22), und mit dem Tenwel fallen natürlich auch das Priestertum und daS Opferwesen; von dieser Predigt haben auch die Frommen und die Prophtten deS Alten Bundes noch nichts gewußt.

III. Fis schriftlichen Urkunden des Mofcrisrnus.a) 42. Der Pentateuch und da» Buch Josua. a. Die schriftlichen Urkunden, auS welchen wir fast ausschließlich unsere Kenntnis des mosaifchm Zeitalters gewinne», sind der Pentateuch und daS Buch Josua, welches de» Abschluß deS Pentateuchs bildet, und darum werd« beide Schriften, zumal da sie auch einen gleichalterigen Ursprung haben, von den Gelehrten wohl auch unter dem Namen des HexatenchS zusammengefaßt. Der Name des Pentateuchs ist int Hebräischen rnin, im Griechischen 6 vouog oder H xcvtarev%og (seil, ßlßkog d. h. vaS Buch au- fünf Rollen), im Lateinischen pentatenchus (masc. oder fern.). »j »al. Richm, Ml. Theol. § 62.

2) Dieser Abschnitt ist, wie alle entsprechenden der folgenden Perioden, nur für den Lehrer bestimmt; wie der Schüler eine „Bibelkunde" zu gewinnen hat, ist oben dargelegt worden. Eine Darstellung diese» Abschnittes für den Schüler stehe Nr. 33.

118 DaS Buch Josua hat seinen Namen von dem Helden, dessen Werk in ihm beschrieben wird. Die Einteilung deS Pentateuchs ist uralt J), und die einzelnen Bücher erscheinen so, wie sie unS vorliegen, bereits als selbständige Bücher. Ihre Namen beruhen im Hebräischen auf den ersten Wörtern, womit sie anfangen (vgl. die hebräische Bibel), im Griechischen und Lateinischen auf dem Inhalt oder dem Anfang ihre- Inhalts (Genesis d. h. Schöpfung, Exodus d. h. Auszug, LeviticuS d. h. Gesetze über den levitischen Kultus*-, Numeri d. h. Volkszählungen, Deuteronomium d. h. Wiederholung deS Gesetzes). Der Inhalt deS Pentateuchs ist teils Geschichtserzählung, welche mit der Schöpfung der Welt beginnt und mit dem Tode MoseS' schließt, teils Gesetzgebung. Der Pentateuch stellt also dar, wie Gott sich das Volk Israel zu feinem Eigentum erwählt und gemacht und durcb die Gesetzgebung in diesem Volke das Reich GotteS begründet hat. DaS Buch Josua zeigt, den Pentateuch abschließend, wie Gott seinem Volke das Land Kanaan gegeben und in demselben daS Gottesreich errichtet hat. Diese Bücher sollten also dem Volke Israel zeigen, wie es zum Volke GotteS geworden ist, und wie eS sich verhalten müsse, um ein Volk GotteS zu sein. b. Der Inhalt der einzelnen Bücher deS Pentateuchs ist aber folgender. Die Genesis enthält die Vorgeschichte deS von Gott erwählten Volkes; die Darstellung schreitet vom Allgemeinen zum Besonderen und zu immer engeren Kreisen fort, bis sie bei den Stammvätern deS Volkes Israel an­ gelangt ist. Der erste Teil deS BucheS enthält die allgemeine Urgeschichte der Menschheit (K. 1—11), der zweite die Vorgeschichte Israels (K. 12—50), und zwar in drei Abschnitten dir Geschichte Abraham'S (K. 12—25, IS), Isaaks (K. 25, 19 bis K. 36) und Iakob'S (K. 37—50). Die Genesis schließt, indem ste zeigt, wie die Nachkommen Iakob'S in Ägypten zum Volke werden, welches der Ausführung aus Ägypten, der Gesetzgebung und der Besitznahme des Landes Kanaan entgegengeführt werden soll. An die Genesis schließen sich die drei mittleren Bücher deS Pentateuchs an. DaS Buch Exodus zerfällt, wie die Genesis, in zwei Teile, von denen der erste (K. 1—18) die Geschichte Israels bis zur Ankunft am Sinai erzählt, der zweite (K. 19—40) über die Vorgänge am Sinai berichtet, durch welche Israel zum Volke Gottes geworden ist. Nachdem Israel zum Volke GotteS geworden ist, wird das GotteSreich durch eine neue Reihe von Offenbarungen ausgestaltet, und die LebenSordnungen deS Volkes Israel werden festgestellt; den Bericht über diese Gottesoffenbarungen enthält das Buch LeviticuS. Das Buch Numeri enthält teils Nachträge zur Gesetzgebung, teils führt eS die Geschichte deS Wüstenzuges weiter fort bis nahe zu ihrem Ende. ’) Aber nicht ursprünglich (Strack), jedoch älter als die LXX. 2) Wenn der Bischof tm Mittelalter seine Geistlichen um sich versammelte, so erklärte er ihnm wohl einen Abschnitt dieses Buches, da sein Inhalt angeblich auch für den christlichen Priester gelten sollte, und an seine Besprechung des LeviticuS schloß er dann die Rügen, die er zu erteilen hatte; daher heißt es noch heute „jemandem die Leviten lesen."

119 DaS letzte Buch des Pentateuchs ist das Deuteronomium. Nach der Vollendung seines Werkes kann MofeS nicht vom Schauplatze abtreten, ohne daS Volk noch einmal an daS erinnert zu haben, was Gott für das­ selbe gethan habe, und an die Lebensordnungen, welche es beobachten müsse, um im Lande Kanaan glücklich zu leben. Darauf wird der Tod des MoseS berichtet, und mit einer Lobrede auf diesen großen Propheten schließt daS Deuteronomium, und damit der ganze Pentateuch. c. An den Pentateuch schließt sich nach seinem Inhalt wie nach seiner EntstehungSart daS Buch Josua an, der Abschluß des Pentateuchs. Nach­ dem der Pentateuch gezeigt hat, wie Israel zum großen Volk und zum Volk GotteS geworden ist, zeigt daS Buch Josua, wie daS Volk Israel daS Land Kanaan gewinnt, und wie in demselben der GotteSstaat aufgerichtet wird. 43. Die Frage nach der Entstehung des Pentateuchs.*)

Nach der Annahme der alten Juden und Christen sollten die fünf Bücher Mosis von Moses selber geschrieben sein, höchstens mit Ausnahme der letzten acht B?rfe, die seinen Tod erzählen (obwohl auch diese Verse noch manche dem MoseS zuschrieben).?) Heute giebt eS in Deutsch­ land keinen Forscher mehr, der den ganzen Pentateuch als ein Werk des MoseS betrachtete. Die einstimmige Verwerfung dieser alten Annahme (aber sie war nur eine Annahme) beruht auf folgenden Gründen. a. In der Genesis ist nirgends ein Verfasser des Buches angegeben. In den drei mittleren Büchern wird zwar gesagt, daß MoseS einzelne Abschnitte ausgeschrieben habe; aber daS gilt eben nur von einzelnen Ab­ schnitten, nicht von den drei Büchern. Überdies ist in diesen Büchern als ältere Schrift ein „Buch der Kriege Iehovah'S' (4. Mose 21,14s) ange­ führt, welches kurz vor dem Tode Moses' geschrieben sein müßte. MoseS hätte danach ein anderes Buch als Grundlage für die Darstellung seines eigenen Werkes benutzt; daS ist aber undenkbar. So führen also die eigenen Angaben der drei mittleren Bücher zu der Erkenntnis, daß diese Bücher als Ganzes erst der nachmosaischen Zeit angehören. Im Deuteronomium wird nun allerdings MoseS als Verfasser „dieses Gesetzes" bezeichnet; aber dieser Ausdruck ist nicht auf den ganzen Pentateuchs sondern nur auf daS Deuteronomium zu beziehen (vgl. 4,8 und 27,1). Und zwar ergiebt sich bei näherer Betrachtung, daß ein späterer Schriftsteller, der Deuteronomist?), die von MoseS herstammenden (aber nicht ausgezeichnetes Gesetze, daS Deuteronomium, seinen Zeitgenossen in freier Fassung darbietet. Daß die letzten acht Verse nicht von MoseS herstammen können, ist für jedm klar, der nicht durch Vorurteile beherrscht ist. So enthalten also alle fünf Bücher kein einziges Zeugnis für die mosaische Abfassung deS ganzen Pentateuchs. b. Wenn man nun den Pentateuch selbst betrachtet, um seinen Ursprung auS ihm selber zu erkennen, so behaupteten früher allerdings manche Forscher, daß derselbe offenbar Spuren der mosaischen Abfassung an sich trage. ’) Vgl. das Programm von Schönthal, 1888 Nr. 549: Schmid, Der altteflamentl. Religionsunterricht. 2) Vgl. unten Nr. 90. ») Vgl. Nr. 45 C.

120 Im Pentateuch finden sich manche Spuren einer altertümlichen Sprache.x) Aber daraus folgt nicht die Abfassung des Pentateuchs durch MofeS. Die vier ersten Bücher können zu den ältesten Büchern des Alten Testaments Eren; da sie überdies auf älteren Quellenschriften beruhen, wie alsbald gelegt werden wird *), und da die Gesetzessprache auch anderwärts (z. B. im Lateinischen und Deutschen) Altertümliches besonders festhält, so braucht zur Erklärung der alten Sprache nicht auf MoseS hingewiesen zu werden, wenn ihn sonst nichts als Verfasser verrät; namentlich aber für das Deutero­ nomium mit seiner von den andern Büchern völlig verschiedenen Sprache kann diese Behauptung unmöglich richtig sein, wenn auch die älteren Bücher von Moses herstammen sollten. Im Pentateuch zeigt sich sodann eine genaue Kenntnis der ägyptischen Sitte und Sprache. Aber auch diese Wahrnehmung beweist nichts für MoseS als Verfasser des Pentateuchs; der Prophet IefaiaS und das Buch Hiob zeigen eine ebenso genaue Kenntnis Ägyptens; diese kann im Pentateuch ebensowohl auf die zu Grunde liegenden alten Quellenschriften wie auf den in späterer Zeit lebenden Verfasser zurückgeführt werden; für Moses als Verfasser des Pentateuchs ist sie nicht beweisend. Sodann enthält der Pentateuch allerdings Gesetze, welche nur für die mosaische Zeit paßten; aber die Gesetze stammen vielleicht aus dieser Zeit her, doch nicht ihre Aufzeichnung, welche auS verschiedenen Gründen auch von einem späteren Verfasser erfolgt sein kann, obwohl sie für seine Zeit nicht mehr paßten. Auch die im Pentateuch vorhandene genaue Kenntnis der Geschichte der mosaischen Zeit ist, soweit diese Behauptung überhaupt richtig ist, nicht ein Beweis für die mosaische Abfassung deS Pentateuchs. Alle angeblich auS dem Pentateuch selbst gewonnenen Be­ weise für die Abfassung desselben durch MoseS sind für dieselbe nicht beweisend. c. Dagegen ergiebt sich für jeden Unbefangenen ganz utt* zweifelhaft, daß der Pentateuch und namentlich daS Deuters nomium erst nach der Eroberung Kanaans, also nach MoseS Tode, geschrieben sind, da sie in vielen einzelnen Stellen die Eroberung Kanaans durch die Israeliten voraussetzen. So heißt es 1. Mose 12, 6 und 13, 7: „Die Kanaaniter waren damals im Lande" — also offenbar zur Zeit des Schriftstellers nicht mehr. 1. Mose 36, 31 heißt eS von den Edomitern, daß sie Könige gehabt haben, „bevor ein König herrschte über die Kinder Israels" — hiermit ist offenbar das Königtum in Israel als bestehend vorausgesetzt. 1. Mose 40, 15 sagt Joseph: ,2ch bin gestohlen auS dem Lande der Hebräer" — so kann Joseph nicht gesprochen und MoseS nicht geschrieben haben. „Bis auf diesen Tag" (5. Mose 3, 14) heißen die Dörfer JairSdörfer, welche kurz vorher erobert worden waren — das kann doch nicht nach ein paar Monaten geschrieben sein, nachdem MoseS sie erobert hatte (waS übrigens auch erst *) Am bekanntesten ist der Gebrauch von ruft auch für selten vorkommt, und von ly; auch für 2) Vgl. Nr. 44.

welches nur

121

kurz vor seinem Tode geschehen ist). Und in ähnlicher Weise besteht etwa, bis auf diesen Tag" noch an 10 Stellen des Pentateuchs und an 12 Stellen des Buches Josua, was eben erst geschehen oder gethan worden wäre, wenn die betreffenden Bücher aus der mosaischen Zeit stammten. Der Tod deS MoseS und vollends die Lobrede auf ihn (5. Mose 34) kann nicht von MoseS selbst, ja nicht einmal bald nach MoseS' Tode geschrieben worden sein. d. Dagegen hat die genauere Betrachtung deS Pentateuchs und auch noch deS Buches Josua zu der heute von allen Forschern anerkannten Wahrnehmung geführt, daß diese Bücher auf ver­ schiedenen Quellenschriften beruhen. DaS Resultat dieser Unter­ suchungen wird unten dargelegt werden. *) e. Die obigen Betrachtungen zeigen also einerseits, daß der Pentateuch als Ganzes nicht von MoseS herrUhrt, aber auch Überhaupt nicht von einem einzigen Verfasser, sondern daß derselbe auf verschiedenen Quellen beruht. DaS Deuteronomium scheidet fich deutlich von den andern Büchern ab sowohl in Sprache als Inh alt. Für die Hauptmaste der vier ersten Bücher sind mindesenS drei Quellenschriften (eine jehovistische und zwei elohistische) anzunehmen. Beide Resultate der Forschung, die Ablehnung der mosaischen Urheberschaft und die Annahme mehrerer Quellen­ schriften für den Pentateuch, werden heute in Deutschland von allen Forschern ohne Ausnahme als richtig anerkannt.

44. Die Qnellenschristeu deS Pentateuchs. a. Der Pentateuch, ja sogar der Hexateuch (d. h. Pentateuch und Buch Josua) beruht, wenn man von den wenigen echtmosaischen und einzel­ stehenden Stücken desselben absteht, wie alle Forscher heute anerkennen, auf verschiedenen Quellenschriften, welche man noch ziemlich sicher von einander trennen kann. Die hebräischen Geschichtschreiber pflegen nämlich die Quellenschriften so zu benutzen, daß sie ganze Stücke wörtlich oder nur wenig geändert an einander reihen und zur Herstellung der Übereinstimmung und deS Zusammenhanges nur weniges Eigene einschieben. Dadurch ist es möglich geworden, eine Sonderung der aus verschiedenen Quellen ent­ nommenen Bestandteile des Pentateuchs vorzunehmen, wie sie jetzt bereits für weitere Kreise in dem Anfänge einer Bibelübersetzung vorliegt.*) Die Richtigkeit dieser Unterscheidung verschiedener Quellen im Pentateuch und Buch Josua ergiebt sich aus folgenden Wahrnehmungen. a. Zunächst aus der Sprache der Bücher und ihrer Ver­ schiedenheit in den einzelnen Erzählungen. Der GotteSname Jehovah gehört nach 2. Mose 6 der älteren Zeit noch nicht an, welche dafür Elohim, El und El Schaddaj gebrauchtes) Bon 2. Mose 6 an ist nun in der That der Name Jehovah der gewöhnliche. Aber er findet sich doch auch schon vorher. Man hat nämlich bis 2. Mose 6 einen auffallenden Wechsel der GotteSnamen wahrgenommen, der nur daraus zu erklären ist, daß 1) Vgl. Nr. 44. 2) Vgl. Kautzsch und schriften übersetzt. 3) Vgl. Nr. 29.

Soein, Die

Genesis mit Unterscheidung der Quellen­

122

mindestens zwei Quellenschriften angenommen werden, in deren einer Jehovah, in der andern Elohim der übliche GotteSname ist; die erstere nennt mau den Jehovisten, die andere den Elohisten.*) Da nun diese Eigentümlichkeit im Gebrauch der GotteSnamen auch mit anderen Verschiedenheiten der Sprache wie auch der Geschichtsdarstellung verbunden ist, so hat man den Unterschied deS Jehovisten und deS Elohisten auch über 2. Mose 6 hinaus bis zum Ende deS 4. Buches verfolgen können, obwohl nun fast stets der GotteSname Jehovah gebraucht wird. Auch hat man später unter den Abschnitten deS Elohisten eine Verschiedenheit wahr­ genommen, welche zur Annahme eines doppelten Elohisten geführt hat. Dagegen weicht das Deuteronomium von den anderen Büchern in der Sprache so sehr ab, daß eS einem besonderen Verfasser zugeschrieben werden muß. Während in diesen der Berg der Gesetzgebung „Sinai" heißt, heißt er im Deuteronomium fast stets .Horeb"; die Stiftshütte wird im Deute­ ronomium fast niemals erwähnt, und viele Besonderheiten der Sprache sind dem Deuteronomium eigen. ß. Das ergiebt sich ebenso auS dem geschichtlichen Inhalt der Bücher. Die Doppelberichte, welche wir vielfach über dasselbe Ereignis haben, weisen auf eine doppelte Quelle der Erzählungen hin; so z. B. die beiden Schöpfungsgeschichten 1. Mose 1 und 2, die beiden Berichte über Sarah's Wegnahme durch einen fremden König 1. Mose 12 und 20, die beiden Berufungsgeschichten deS MoseS 2. Mose 3—5 und 6— 7. Auch haben manche Abschnitte eine Stellung, welche nur begreiflich wird, wenn der Schriftsteller verschiedene Quellen zusammengearbeitet hat. Die Genealogie deS Moses in 2. Mose 6,14—27 unterbricht in störender Weise die geschichtliche Erzählung. 2. Mose 19, 25 und der darauf fol­ gende VerS 20,1 paffen nicht zu einander. Ferner finden sich chronologische Widersprüche und Unklarheiten, welche an MoseS oder auch nur an einen jüngeren Zeitgenossen desselben als Erzähler zu denken nicht gestalten. Das Vorhandensein der Stiftshütte wird 2. Mose 33, 7s vorausgesetzt, aber erst in K. 40 wird sie errichtet. Von Priestern ist schon 2. Mose 19, 22 und 24 die Rede, obwohl ihre Erwählung erst 2. Mose 28 und ihre Einweihung erst 3. Mose 8 berichtet wird. Über die mittleren 38 Jahre des WüstenzugeS ist aus den ver­ schiedenen Berichten keine Klarheit zu gewinnen. Auch sonst finden sich in den Erzählungen Widersprüche, welche sich nur durch die Annahme ver­ schiedener Quellen erklären. Die Stiftshütte steht nach den meisten Stellen in der Mitte des Lagers, nach 2. Mose 33, 7s und 4. Mose 11, 26 und 30 steht sie außerhalb desselben. Der Schwiegervater deS MoseS heißt bald Reguel, bald Jether oder Jithro. Aaron stirbt auf dem Berge Hör, aber nach 5. Mose 10,6—9 schon in Moserah vor dem Berge Hör. Die Edomiter stehen nach 4. Mose 20 in feindlichem, nach 5. Mose 2 in freundlichem Verhältnis zu Israel. y. Noch viel zahlreicher und bedeutender sind aber die Widersprüche in der Gesetzgebung, sowohl innerhalb der mittleren Bücher selbst, als besonders zwischen diesen und dem Deuteronomium. Nach, ') Das hat zuerst der Leibarzt Ludwig's XV., Sean Astrue, im 1.1753 erkannt.

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2. Mose 20, 20s darf an mehr als einem Orte geopfert werden, was 3. Mose 17 und im Deuteronomium durchaus verboten wird. Die Gesetze über die Erstgeburten der Tiere im 2. Mose 13 und 34 sind mit denen in 3. Mose 27 und 4. Mose 18 und 5. Mose 15 nicht zu vereinigen. In den Gesetzen über den Zehnten und über die Freilassung hebräischer Knechte finden fich ebenfalls unlösbare Widersprüche. Diese Widersprüche find nur zu erklären durch die Annahme verschiedener Quellen. b. Alle Forscher stimmen heute in der Annahme überein, daß der letzte Redaktor des Hexateuchs eine der alten Quellenschriften zur Haupt­ grundlage seines Werkes gemacht habe, und daß diese Schrift von dem Priestergesetz^ (abgesehen von einigen späteren Zusätzen desselben) nicht zu trennen sei. Diese Grundlage des HexateuchS (der ältere Elohist, wie man sie nennt) gebraucht für die Urzeit den GotteSnamen Elohim, von Abraham an daneben auch El Echaddaj, von S. Mose 6 an fast stets Jehovah. Sie enthält aber, für fich allein betrachtet), eine Darstellung der Geschichte von der Erschaffung der Wett bis zur Verteilung deS Landes Kanaan durch Josua. Die Grundschrift ist aber weniger ein Geschichtsbuch, als ein Gesetz­ buch; waS von Geschichten erzählt wird, dient nur der Darstellung der Gesetzgebung; der Geschichtschreiber will nicht die Volksüberlieferung auf­ zeichnen (das thut eher der Jehovist), sondern er benützt dieselbe nur, um seinen Zweck zu erreichen, die Darstellung der Gesetzgebung,3*)2 und er stellt die Geschichte vom priesterlich-gesetzlichen Standpunkte auS dar. Über die AbfassungSzeit der Grundschrift gehen nun aber heute die Meinungen weit auseinander. Während die älteren Forscher sie der Zeit von den Richtern bis Salomo zuweisen, schreiben neuere Gelehrte (Graf, Wellhausen, Kuenen) sie der nachexilischen Zeit zu, namentlich deshalb, weil daS Priestergesetz erst nachexilisch sei. Wenn dieser Grund aber auch nicht richtig ist, wie unten dargelegt werden wird,*) so könnte trotzdem auS anderen Gründen diese Behauptung aufrechterhalten werden. Über diese Frage gehen nun heute die Meinungen noch weit auseinander; Riehm und andere Forscher glauben die Grundschrift für vorexilisch halten zu müssen; sie stammte dann etwa aus der Zeit von David bis etwas nach der Reichsspaltung (c. 950). DaS Königtum, und zwar als eine gute Ein­ richtung, wird in der Grundschrift vorausgesetzt, aber noch nicht der Tempel; vielmehr ist immer nur von der Stiftshütte die Rede, und zwar in einer Weise, daß man den Eindruck bekommt, die Stiftshütte sei für immer dazu bestimmt, das Nationalheiligtum deS Volkes Israel zu sein. Der Verfasser dieser Schrift war sicherlich ein Priester am Nationalheiligtum; ein prophetischer Charakter derselben ist nirgends wahrzunehmen; ein solcher eignet dagegen den Schriften deS Jehovisten, deS zweiten Elohisten und besonderS dem Deuteronomium. c. Neben der Grundschrift hat der Redattor deS HexateuchS nun vor­ nehmlich eine zweite Schrift benutzt, die deS sogen. Jehovisten, um die A) Vgl. Nr. 45 B. 2) Eine nach den Quellenschriften gesonderte Darstellung der Geschichte des mos. Zeitalters findet der Lehrer in: Kittel, Geschichte der Hebräer, Bd. 1. 3) Dieser elohistischen Grundschrift gehört die erste Schöpfungsgeschichte an: 1. Mose 1,1—2,4a; der Dekalog gehört der Grundschrift nicht an. ‘) Vgl. Nr. 45 B.

124 Erzählung der Grundschrift zu ergänzen und zu erweitern. Diese Schrift war nicht ein Gesetzbuch; Gesetze enthielt sie nur wenige, gar keine Einzel­ vorschriften für den KultuS; sie enthielt vorwiegend Geschichte, und zwar die Volksüberlieferung, aber vom prophetischen Standpunkte auS dar­ gestellt.^) Damit hängt es zusammen, daß der in der Grundschrift dar­ gestellte Unterschied der vormosaischen von der mosaischen Religion beim Jehovisten verschwunden ist; die Vergangenheit wird im Lichte der Gegen­ wart dargestellt; Iehovah wird schon zur Zeit von Adams Enkel angerufen (1. Mose 4,26—gegen 2. Mose 6); der GotteSname Elohim wird selten gebraucht; die zweite Schöpfungsgeschichte braucht als Gottesnamen Iehovah Elohim... Auch die mosaische Gesetzgebung wird schon für die frühere Zeit als in Übung befindlich betrachtet. Den vorgefundenen Stoff hat nun der Iehovist in prophetischem Geiste bearbeitet. Die Mehrheit der heiligen Stätten gilt ihm nicht als verboten, aber als die einzige rechte Opferstätte scheint er doch Jerusalem bezeichnen zu wollen. Der Iehovist gehört unstreitig einer späteren Zeit an, als der erste Elohist. Seine Schrift war ursprünglich eine selbständige Schrift, welche erst später mit der Grundschrift zusammengearbeitet worden ist, nicht eine bloße Ergänzung der dem Jehovisten bekannten Grundschrift. Wenn sie das wäre, so wären die abweichenden, ja widersprechenden Darstellungen deS Jehovisten gegenüber dem Elohisten gar nicht zu begreifen; der spätere Bearbeiter beider Schriften hat unbefangen verschiedene Berichte neben einander gestellt, ohne auf die Widersprüche zu achten oder ohne sie für solche zu halten. Auch wären für eine nicht selbständige Schrift die WiderHolungen derselben Sache nicht zu erklären. Die Abfaffung der Schrift dürste um die Zeit des Königs Ioram, des Gemahls der Athalja (der Tochter von Ahab und Isebel), also um 850, anzusetzen sein. d. Eine genauere Betrachtung deS HexateuchS hat sodann von dem älteren noch einen jüngeren Elohisten unterscheiden gelehrt, deffen Schrift von der Geschichte Abraham'S an durch den Hexateuch wahrzunehmen ist. Diese Schrift ist jünger als die deS älteren Elohisten, aber älter als die des Jehovisten. Diesem jüngeren Elohisten gehört wesentlich daS BundeSbuch an (2. Mose 20, 1—24, 11); doch ist dasselbe älteren Ursprungs, nämlich wesentlich auf Moses selbst zurückzuführen. e. Auch beim Deuteronomium, welches unzweifelhaft eine besondere von den anderen Schriften zu trennende Schrift ist, verfaßt von einem Propheten, nicht lange vor der Reform deS Gottesdienstes unter Iosia (621)2), glauben viele Kritiker von dem Berfaffer deS Hauptteils deS Buchs (K. 5—28), dem Deuteronomiker, noch einen Bearbeiter, den Deutero­ ns mist en, unterscheiden zu müssen, welchem der Anfang und der Schluß deS BucheS angehören. Dem Deuteronomisten gehört die Behauptung an, daß Moses daS Gesetz im Deuteronomium (K. 5—28) geschrieben habe; er hielt dies zur Zeit des Iosia aufgefundene Gesetzbuch für ein Werk des MoseS, da dasselbe wesentlich auf dem echtmosaischen BundeSbuch beruht.^) *) Dem Jehovisten gehört die zweite Schöpfungsgeschichte und die Geschichte vom Sündenfall an. -) Vgl. Nr 45 C. 8) Andere betrachten denDeuteronomisten nur als Redaktor der Ursprünge lichen Grundlage des Deuteronomikers.

125 So ist also nach der Meinung aller heutigen Forscher der Pentateuch aus der Bereinigung früher getrennter Quellen­ schriften entstanden.*)

45. Die Entwickelung der Gesetzgebung im Pentateuch. A. Die ältesten Bestandteile in der Gesetzgebung deS Pentateuchs. Wenn man, mit Beiseitelassung der geschichtlichen Teile deS Pentateuchs nach der Entstehung und Entwickelung der Gesetzgebung desselben fragt, so ergeben sich folgende Resultate. a. ES ist fast allgemein anerkannt, daß die älteste Gesetzsammlung unS in dem sogenannten BundeSbuche vorliegt (2. Mose 19, 1—24, 11), welches in K. 24, 4 ausdrücklich als von MoseS geschrieben bezeichnet und K. 24, 7 „daS BundeSbuch" genannt wird. Dasselbe zerfällt aber nach K. 24, 3 in zwei Teile: „Die Worte Iehovah'S" (—Zehngebot) und .die Rechte". Der Dekalog stammt unzweifelhaft von Moses her;?) die Zusätze bei den Geboten, welche in den beiden Überlieferungen (2. Mose 20 und 5. Mose 5) von einander abweichen, werden sicherlich auf den Steintafeln nicht gestanden haben, könnten aber von MoseS bei der Aufzeichnung deS BundeSbuchS hinzugefügt, wenn auch später zum Teil geändert worden sein, wofür die abweichende Form dieser Zusätze im Deuteronomium spricht; jedenfalls ist die Form deS Zehngebots im Exodus älter als die im Deuteronomium.3) Bon MoseS selbst wird also unzweifelhaft der Dekalog, wenn auch vielleicht ohne die Zusätze zu den Geboten, herrühren, da dieselben in den beiden Fassungen von einander abweichen und einzelne Zusätze bereits den Aufenthalt im heiligen Lande voraussetzen (der Fremdling in deinen Thoren). Äm Text der Gebote selber ist nur die Abweichung in der Ordnung des letzten Gebotes beim Deuteronomiker beachtenswert, welcher daS „Weib" dem „Hause" voranstellt; bei ihm wird also daS Weib nicht mehr zum Eigentum gerechnet, sondern hat bereits eine höhere Stellung gewonnen. Über den Inhalt deS DekalogS ist schon oben gesprochen.^) Der zweite Teil deS BundeSbuchS (2. Mose 20, 22—23,19) umfaßt die sogen. „Rechte" und gehört ebenfalls unzweifelhaft zu den ältesten Gesetz­ sammlungen deS Pentateuchs. Das zeigt sich namentlich in der hier offenbar gestatteten Mehrheit von Opferstätten (20,24s), während das spätere Gesetz die Einheit derselben fordert. In seiner jetzigen Form rührt dieser zweite Teil des BundeSbuchS nicht von MoseS her, sondern da­ ursprüngliche mosaische RechtSbuch ist wohl in der vorköniglichen Zeit bearbeitet worden. *) Dieselben, werden von den Kritikern in sehr verschiedener Weise bezeichnet, wie die folgende Übersicht ergiebt. Erster Elohist: A (Dillmann) =• PC (d. h. Priester-Kodex — Wellhausen) ---- P (Strack). Zweiter Elohist: B (Dillmann) — C (§. Schultz)---D (Wellbausen) ----- L- (Strack). Jehovist: C(Dillmann) — 8 (H. Schultz) ----- J (Wellyausen). Deuteronomiker: D (Dillmann). 2) Gegen Wellhausen. 8) Riehm gegen Wellhausen. *) Vgl. Nr. 32.

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So werden denn der Dekälog und die „Rechte" des Bundesbuchs als die ältesten, in ihrer Grundlage mosaischen Gesetzsammlungen anzusehen sein b. AlS eine sehr alte Gesetzsammlung wird auch daS sog. „Heiligkeits­ gesetz" betrachtet, welches in 3. Mose 17—26 (mit manchen Einschaltungen) und in einigen anderen Abschnitten enthalten ist. Dasselbe führt sich selber 18,13 und 20,22 auf die mosaische Zeit zurück, ist aber wohl erst in späterer Zeit ausgeschrieben worden. Dies Gesetz zeigt den Israeliten, die ja Iehovah heilig sein sollen (und gerade diese stets wiederkehrende Begründung ist diesem Abschnitt eigentümlich), worin ihr Thun sich von dem Thun der Ägypter und Kanaaniter unterscheiden solle. Die von Graf behauptete Abfaffung dieses Gesetzes durch Ezechiel ist von den späteren Forschern aufgegeben worden; jedenfalls liegt unS in dem HeiligkeitSgefetze ein Gesetz aus alter Zeit vor, wenn auch in neuerer Bearbeitung. Der Dekalog und das BundeSbuch überhaupt, wie auch daS Heiligkeitsgesetz sind also die ältesten Stücke der Gesetzgebrng; dieselben reichen gewiß bis auf MoseS selber zurück, wenn auch ihre jrtzige Form (beim Dekalog allerdings nur die Zusätze bei einzelnen Gebsten) erst der nachmosaischen Zeit angehört. B. Die Gesetzgebung der mittleren Bücher deS Pentateuchs. a. Abgesehen nun vom Bundesbuch und dem Heiligkeitsgesetz bilden die meisten Gesetze der mittleren Bücher deS Pentateuchs ein Ganzes, welches aber weder von demselben Berfasier noch auS derselben Zeit herstanmt. Hierher gehören also 2. Mose 12. 25—31. 35—40; sodann 3. Mose ganz, abgesehen vom Heiligkeitsgesetz; endlich die meisten Gesetze im 4. Buch: K. 1—10. 15—19. 25—26. Man nennt diese Gesetzgebung, da sie hmptsächlich im LeviticuS verzeichnet ist, die levitische Gesetzgebung oder das Priestergesetz. Ihr Hauptgegenstand ist die Ordnung deS GottesdiersteS. Als Ort desselben erscheint hier überall die Stiftshütte; nur bei der StiftShütte sollen Opfer dargebracht werden; die Einheit der Opferstätte wird nur einmal geradezu gefordert (3. Mose 17), aber überall voriuSgesetzt. Von Jerusalem und dem Tempel findet sich keine Andeutung. Der Opferdienst wird in die Hand der Priester gelegt, welche nicht bloß von den Laien, sondern auch von den Leviten streng geschieden erschauen. b. Diese ganze levitische Gesetzgebung, das „Priestergesetz it so gefaßt, daß sie sich als eine schriftliche Aufzeichnung dessen giebt, waS RoseS mündlich angeordnet habe. Während nun die ältere Zeit an diesem Ursprünge von Moses her festhielt, haben Graf, Reuß und Wellhausen beharptet, daß diese Gesetzgebung erst der nachexilischen Zeit angehöre. Für diese Behauptung weist man darauf hin, daß in der ganzen vorexilischen Zeit, wie die Geschichtsbücher sie uns darstellen, die gottesdienstlichen Zufände mit dieser Gesetzgebung nicht übereinstimmen: die Einheit deS GotteSäenstorteS fei nicht gewahrt, das Priestertum komme dem ganzen Stamme Levi zu; erst die nachexilifche Zeit entspreche dieser Gesetzgebung; dem Detteronomium sei diese levitische Gesetzgebung unbekannt. Aber ESra, den die Überlieferung der Juden doch so hoch stellt, noch höher, als ihn die Bibel stellt, wird niemals als Gesetzgeber, sonderr nur

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als Prediger des schon vor ihm vorhandene« Gesetze« dargestrllt. Auch paffen die in dieser Gesetzgebung geschilderten socialen Verhältnisse nicht in die nachexilische Zeit. Bon Jerusalem und dem Tempel ist keine Spur zu entdecken. Während der Hohepriester in diesem Gesetz so hoch gestellt wird, ist der damalige Hohepriester dem Esra entgegengetrrten. Auch stimut die Gesetzgebung in manchen Punkten durchaus nicht mit der nachexilischen Praxis überein. Das Deuteronomium aber setzt, obwohl e« an das BundeSbuch anknüpft, doch die Bekanntschaft mit dem Priestergesetz voraus, während umgekehrt daö Priestergesetz niemals an das Deuteronomium anknüpft. Auch daß die geschichtlichen Zustände der ältere» Zeit mit der levitischen Gesetzgebung nicht übereinstimmen, läßt fich erklären. Die Ein­ heft der Opferstätte war doch zunächst nur für die Zeit drS WüstenaufeuthalteS gefordert; die Priesterschaft des Nationalheiligtums, von welcher diese Gesetzgebung auSging, vermochte nicht, entgcgenstehende ältere Sitten zu beseitigen. c. So ist denn auch die levitische Gesetzgebung ihrem Hauptinhalte »ach auf MoseS zurückzuführen. Die Stiftshütte ist nicht bloß ein Phan­ tasiebild der Sage (gegen Graf), gezeichnet nach dem späteren Tempel, sondern eS hat wirklich eine solche gegeben. Da» Priestertum im Hause AaronS ist kein Anachronismus aus späterer Zeit, sondern beim National­ heiligtum sind wirklich nur aaronitische Priester thätig gewesen. Die For­ derung, daß nur bei der StiftShütte geopfert werde (3. Mose 17), kann auch nur in der mosaischen Zeit aufgestellt worden sein. Freilich find diese Gesetze nicht von MoseS selbst aufgrschriebe» worden, sondern ihre Aufzeichnung stammt an- späterer Zeit, und daher ist auch manche» Nichtmosaische hineingekommen. Jedenfalls ist diese Gesetzgebung jünger als das BundeSbuch und das HeiligteitSgesetz, aber älter al» da» deuterouomische Gesetz; auS der Zeit des Exil- stammt sie nicht, wie Graf, Reuß und Wellhausen behaupten.^)

C. Die Gesetzgebung im Deuteronomium.

DaS Deuteronomium ist von den andern Büchern des Pentateuch» überhaupt, wie auch seine Gesetzgebung von der der anderen Bücher wesentlich verschieden. DaS ganze Buch ist in prophetischem Geiste geschrieben, auch seine Gesetzgebung von prophetischem Geiste durchdrungen. Daher kommt rS, daß hier vor allem das Hauptgebot aller Gesetze, Gott zu fürchten und zu lieben, besonders hervorgehobm wird. Die Gesetzgebung dieses Buches, welche in Ä. 4, 44 — 28, 68 enthalten ist, ist, im Gegensatz zu der für die Priester bestimmten der mittleren Bücher, eine Volk-gesetzgebung, von welcher die Priestergesetz­ gebung als bereits vorhanden vorausgesetzt wird; auch wird Israel als längst im Lande Kanaan seßhaft und eine spätere Zeit vorausgesetzt. DaS ergiebt sich namentlich auS dem hier vorhandenen Königsgesetz (17,14—20), welches erst nach der Entstehung des Königtums gegeben fein kann. Ja, der Berfaffer blickt schon auf eine Zeit hin, wo das Königtum durch Üppigkeit und Habsucht verweltlicht war. Was das Geschichtsbuch (1. Kön. *) Vgl. unten D.

128 10, 23—29) rühmend von Salomo erzählt, wird hier dem Könige ver­ boten: viele Pferde zu halten, viel Silber und Gold aufzuhäufen und viele Weiber zu nehmen. Diese Dinge erscheinen dem Gesetzgeber nicht als ein Gnadengeschenk Gottes, wie dem Geschichtschreiber (1. Kön. 10, 23. 3, 13), sondern als eine tadelnswerte Üppigkeit. 3a, es wird sogar schon dem Könige angedroht, daß er mit seinem Volte ins Exil geführt werden solle (5. Mose 28, 36). Auf die spätere Entstehung dieser Gesetzgebung sührt auch der Umstand, daß hier die Einheit der gottesdienstlichen Stätte immer aufs neue gefordert wird, die doch in der älteren Zeit noch nicht gefordert wurde, sondern erst von Hiskia durchgeseht worden ist; der Berfasier nennt zwar nirgends Äerusalem, aber dasselbe ist offenbar zu verstehen unter dem „Orte, den Jehovah erwählen wird." Auch andere D nge lasten auf ein spätere- Zeitalter dieses Buches schließen. Darauf weist aber namentlich die mit der prophetischen Predigt übereinstimmende Verinnerlichung der Gesetzesforderungen hin; die äußere Beschneidung soll zur inneren werden; Gott soll man von Herzen dienen; die Liebe Gottes wird für die Haupt­ sache erklärt. Auch die Sprache des Buches führt auf eine spätere Zeit. So weist denn alles darauf hin, daß dies Buch dasjenige Gesetzbuch ist, welches (2. Kön. 22) unter dem König Iofla im Tempel aufgefunden worden ist; vielleicht aber gilt dies nur für den Hauptteil des 5. Buches Mosts, K. 4, 45 — K. 26 oder 28; Anfang und Ende des Buches sind wohl erst später hinzugefügt oder doch überarbeitet worden. Das Buch ist aber wohl schon einige Zeit vor der Reform des Gottesdienstes unter Äosta (621) entstanden. Der Verfasser desselben kennt die frühere Gesetz­ gebung und auch schon prophetische Schriften. Er selber ist ein Prophet, der eine Reformation in Israel herbeiführen will, wie ste HiSkia und Iosta herbeigeführt haben. Er selber hat in seiner GesetzeSpredigt sein Werk nicht dem MoseS zugeschrieben, aber wohl geschieht daS in den AnfangSund in den Schluß-Kapiteln, welche ein anderer Verfasser (der Deuteronomist) geschrieben oder wenigstens ein Redaktor überarbeitet hat. Diese Berufung auf MoseS, als Urheber auch dieses Gesetzes, darf als berechtigt gelten, da das Deuteronomium ja nur die Gesetzgebung MosiS erneuern und streng durchführen wollte.

D. Die Wellhaufen'fche Hypothese.

a. Wenn von den älteren Forschern stets daran festgehallen worden war, daß die Gesetzgebung der mittleren Bücher MosiS älter sei als die des Deuteronomiums, so machte sich in der neueren Zeit eine andere Ansicht geltend, welche nicht wenige Anhänger gefunden hatH. Ausgehend von dem Grundsätze, daß schriftliche Gesetze stets nur die Aufzeichnung schon vorher bestehender Rechtsverhältnisse seien, trat (im Anschluß an einzelne frühere Vorgänger) im Jahre 1866 Graf mit der Behauptung auf, daß daS Deuteronomium älter sei, als die in den mittleren Büchern enthaltene levitische Gesetzgebung; die Gottesdienstordnung mit ihrer Betonung der Einheit des heiligen Ortes und des privilegierten aaronitifchen Priestertums x) Sogar Delitzsch erklärte seit 1876 das Priestergesetz für jünger als das Deuter., wenn auch für vorexilisch, und erkannte Nqchexmsches im Pentateuch an.

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sei vor dem Exil in der Geschichte nicht nachzuweisen, sondern gehöre der uachexilischen Zeit an. Für die Grasische Hypothese traten namentlich Auenen, Reuß (der schon zu den Begründern derselben gehörte) und Wellhausen in aussührlichen Darstellungen ein, und die Verhandlung über diese Frage beschäftigt heute am meisten die ATlichen Forscher. b. Das heutige Problem für die Darstellung der Geschichte Israels ist also die Frage: Hat daS Volk Israel schon von Moses nicht bloß den Glauben an den einen Gott, sondern auch daS ihm zugeschriebene Cerimonial-Gesetz erhalten, um doch bald nach seinem Tode von diesem Gesetz wieder abzufallen? Das ist die bisherige, auch in diesem Buche feflgehaltene Darstellung. Oder hat Israel sich erst allmählich durch die Propheten zu einem reineren Glauben und Gottesdienst empor­ geschwungen, um erst seit dem Exil im Buchstaben deS damals erst empfan­ genen CerimonialgesetzeS zu erstarren? So Graf, Kuenen und Wellhausen.

Die Entwickelung der israelitischen Geschichte ist nach der letzteren Anschauung in folgender Weise vor sich gegangen. Auch hier wird die Bedeutung MoseS* anerkannt; er hat Israel aus Ägypten geführt und den Glauben der Väter an den einen Gott in seinem Volke erneuert» Aber wenn er auch seinem Volke einige Gesetze gegeben hat, so stammt doch jedenfalls weder die Gesetzgebung deS Deuteronomiums noch vollends das Priester­ gesetz von ihm her. Die ganze spätere Zeit zeigt die unbefangene Übung des Höhendienstes, ja des Bilderdienstes; selbst der Götzendienst dringt wieder ein. Bon der Einheit der Opferstätte ist nichts zu spüren, auch nicht von der aaronitischen Priesterschaft und der levitischen Gesetzgebung. Als die Propheten auftraten, predigten sie zwar gegen den Götzendienst, forderten aber nicht Rückkehr zum Priestergesetz. Erst die Propheten haben den einen Gott Israels als den einen Gott, und zwar nicht bloß Israels, sondern des Weltalls erkannt. Um diesen Glauben aufrechtzuhalten, haben sie den Gottesdienst reformiert; die Gottesdienstordnung im Deuteronomium ist daS Werk eines Propheten. Aber aus dem Werke der Propheten ist bald der Buchstabendienst der Priester und Schriftgelehrten hervor­ gegangen; die zurückkehrenden Exulanten erhalten das erst jetzt entstandene Priestergesetz, und nun ist das im Buchstaben deS Gesetzes erstarrte Judentum vorhanden, gegen welches Jesus Christus gekämpft hat. c. Gegen diese Auffassung der israelitischen Geschichte verweise ich, um den Gegensatz unter den heutigen Forschern kurz zu verdeutlichen, auf Hommel, Abriß der Geschichte des alten Orients (Separatabdruck MS I. Müller'S Handb. der Alt.-Wiff. III). „Wir verschließen unS nicht den zum Teil großartigen Resultaten der neueren Quellenforschung, wie sie von Wellhausen und Stade vertreten und betrieben wird; aber von einer wahrhaft unbefangenen Forschung ist mehr, als von jenen geschieht, der Charakter der Israeliten als des Volkes Gottes zu betonen und der Bettachtung und Auffassung ihrer Geschichte zu Grunde zu legen, einer Geschichte, welche nach Ausweis der altbabylonischen (und auch ägyptischen) Monumente weit früher beginnt, als erst in der sogenannten Richterperiode, wie dies Stade und Ed. Meyer (Gesch. des Altertums I, 1884) annehmm" (Hommel § 14). Heidrich, Heilige Geschichte. S

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,Daß unS von Moses noch im Dekalog, im Lied MosiS (5. Mose 32), in Ps. 90, wie wahrscheinlich auch im sogenannten Bundesbuch (2. Mose 21—23) «nd in den gesetzlichen Partieen des Deuteronomiums (aber hier überarbeitet) authentische Stücke vorliegen, ist meine feste Überzeugung. Wenn MoseS eine große und weitblickende Persönlichkeit gewesen ist und die Abstcht hatte, sein Volk in ein Land, wo sie sich seßhaft machen sollten, zu führen, ist es da so zu verwundern, daß er in jenen Gesetzen von dem bisherigen Hirten­ leben der Hebräer im Lande Gosen abstrahierte, und bereits die bäuerlichen Verhältnisse, in die ja Israel hineinwachsen sollte, zur Voraussetzung nahm? Daß er ferner, nach langer Wüstenwanderung und nahe dem ersehnten Ziele, manches modificierte und ergänzte und also an dem Kern des deuteronomischen Gesetzes, wie die Überlieferung uns berichtet, den ersten Anteil hatte? Die politisch so unruhigen Zustände der Richterzeit, in der allerdings von der Wirksamkeit deS Gesetzes noch nicht viel zu spüren ist, und die vielfach lückenhaften Berichte über die KönigSzeit geben uns noch kein Recht, wirklich Mosaisches im Pentateuch einfach für nicht vorhanden und die betreffenden Stücke erst in der Königszeit entstanden zu erklären. Für die teilweise sogar sehr späte Entstehung und Einschiebung der meisten legislatorischen Bestandteile deS sogenannten Priesterkodex gebe ich dagegen gern die Möglichkeit und Berechtigung zu (worin ja übrigens Delitzsch mit Wellhausen übereinstimmt); doch hat sich auch hier gewiß manches Uralte erhalten" (Hommel § 52). Der Verfasser deS vorliegenden Buches ist bei der älteren Ansicht (gegen Wellhausen) geblieben. 46. Das Ergebnis der Kritik über die Entstehung des Pentateuchs und des Buches Josua.

a. „Es sind nur wenige Stücke des Pentateuchs, welche dem MoseS und seiner Zeit zugeschrieben werden. Versetzt man sich aber in die Ver­ hältnisse jener Zeit und in die Lage des MoseS, so wird eS uns auch gar nicht wahrscheinlich sein, daß er viele Schriftstücke verfaßt habe. War auch der Schriftgebrauch zu Moses' Zeit bei den Israeliten schon ziemlich gewöhnlich, so war doch das Wanderleben in der Wüste keine günstige Zeit für Schriftstelleret. Besonders aber ist MoseS, der vielbeschäftigte Führer deS Volkes, nicht in der Lage gewesen, viel zu schreiben. Überhaupt war MoseS ein Mann der That; ein solcher pflegt nur dann zum Griffel zu greifen, wenn es schlechterdings notwendig ist. Darin ist er Samuel und EliaS ähnlich, auch Christus hat uns deshalb nichts Schriftliches hinter­ lassen. Nicht mit Worten, sondern nur durch Thaten konnte MoseS seine Aufgabe lösen. Namentlich aber ist eS von vorn herein nicht wahrscheinlich, daß MoseS die Geschichte seiner Zeit, d. h. also vornehmlich seines eigenen Lebens und Wirkens selber ausgezeichnet haben sollte. Die Aufzeichnung gleichzeitiger Begebenheiten kommt überhaupt nur in Zeiten der entwickeltsten litterarischen Thätigkeit vor; sonst giebt man höchstens chronikartige Angaben über Personen und Orte mit kurzen Notizen über einzelne wichtige Vor­ fälle, wie die vielleicht von Moses selbst herstammende (aber später über­ arbeitete) Darstellung des Wüstenzuges in 4 Mose 33. Daß auch von der

131 Gesetzgebung nur wenig (Dekalog und BundeSbuch, Heiligkeitsgesetz) von MoseS selbst ausgezeichnet sein dürste, ist oben bemerkt worden." l)2 b. „Der gegenwärtige Stand der Pentateuchkritik ist nun dieser, daß fast alle Kritiker der neueren Zeit einstimmig das Vorhandensein einer sogenannten elohistischen Grundschrist anerkennen, welche durch Zusätze an­ anderen Schriften erweitert und ergänzt worden ist, welche von mehreren Berfaffern herrühren. Auch werden die einzelnen Bestandteile, zumal in der Genesis, von den verschiedenen Forschern vielfach in gleicher Weise von einander gesondert. Sodann wird zugestanden, daß da- Deuteronomium von einem anderen Verfasser herrühren muß al- dem jener Grundfchrist und der Zusätze zu derselben. Es darf als anerkannt gelten, daß sich im Pentateuch mindestens vier verschiedenartige Bestandteile finden: die elohistische Grundschrift, zu welcher die Priestergesetzgebung gehört; die jehovistische Schrift; eine zweite elohistische Schrift; die deuteronomischen Bestandteile. Mehr und mehr wird ferner anerkannt, daß sowohl die Grundschrist als die jehovistischen Bestandteile ursprünglich selbständige Urkunden waren; ferner, daß von dem Deuteronomiker noch ein deuteronomischer Überarbeiter des Deuteronomiums, ja des ganzen HexateuchS, der Deuteronomist, zu unterscheiden ist. Anerkannt ist endlich die Priorität deS Bundesbuchs im Vergleich zu allen andern Gesetzeswerken, wie auch die Priorität des jeho­ vistischen und des zweiten elohistischen Werkes int Vergleich mit dem Deute­ ronomium. Die Hauptstreitfrage ist gegenwärtig die über das Alter der Grundfchrift mit der Priestergesetzgebung, ob sie nachdeuteronomisch und nachexilisch sei, oder vordeuteronomisch und älter als der Jehovist."3) c. Die Entstehung des Pentateuchs ist nun (nach Riehm) in folgender Weise vor sich gegangen: Nachdem zuerst (c. 950) die Schrift deS älteren, dann (c. 900) die deS jüngeren Elohisten, darauf (c. 850) die deS Äehovisten verfaßt worden war, sind diese älteren Quellenschriften des Pentateuchs um daS Jahr 750 zu einem Werke zusammengearbeitet worden; dieses Werk ist dann mit dem (etwas vor dem Jahre 621 entstandenen) Deuteronomium zu dem heutigen Pentateuch verbunden worden; doch könnte allerdings auch das Priestergesetz (deS älteren Elohisten), obwohl schon vor dem Exil vorhanden, doch erst nach dem Exil dem Pentateuch eingefügt worden fein.3) Aus denftlben Quellen­ schriften, wie der Pentateuch, besteht auch daS Buch Josua, und seinen letzten Abschluß verdankt auch dieses Buch dem Deuteronomisten. Zu höherem Ansehen ist zuerst (seit Josta, 621) daS Deuteronomium, erst später (feit Esra, 444) der ganze Pentateuch gelangt, und sein Ansehen x) Nach Riehm, Einleitung, § 19. 2) Riehm, Einleitung, I, S. 163. 8j Vgl. die Ansicht von Dillmann: Zweiter Elohist c. 850, erster Elohist e. 800, Zehovist e. 750, Deuteronomium etwas vor 621; Abschluß im Exil; keine neuen Gesetze, aber wohl Überarbeitung auch noch später. — Delitzsch seit 1876: Das Priestergesetz jünger als das Deuteronomium, aber vorextlisch; mancher Abschnitt im Pentateuch ist nachexilisch. — Stade: Zehovist e. 850, zweiter Elohist c. 750, Bundesbuch c. 700, Deuteronomium 621, Priestergesetz exilisch, Abschluß in Esra's Zeit.



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stieg später noch höher, seitdem man sich daran gewöhnte, daS ganze Werk (welchem Iosna die letzten acht Verse beigesügt haben sollte) als em Schrift­ werk de» Mose» zu betrachten. Auch zur Zeft Jesu war diese Ansicht die herrschende, und im N. T. wird überall die mosaische Abkunst de» Pentateuchs vorausgesetzt. Aber IesuS ist nicht erschienen, um der Welt theologische Wissenschaft zu offenbaren oder historisch-kritische Auffchlüffe zu geben; wen» er den Pentateuch von MoseS herleitet, so will er ihn damit al» die Urkunde der göttlichen Offenbarung bezeichnen; als Urkunde der Offenbarung gilt der Pentateuch auch noch heute, wenn man ihn auch nicht mehr direft von MoseS herleitet.

Zweiter Abschnitt. Das Volk Israel im Zeitalter des Königtums, der Untergang der beiden Reiche und die Wiederherstellung des Reiches Juda. Wie Gott das Königtum in Israel begründet und manchmal und mancherlei Weise durch die Propheten zu feinem Bolke geredet hat. L Die KefchichLe des Volkes Jsrrcrelvon den Wicbtevn bis aur Zeit des Ksvcr. Borbemerkung für den Lehrer.

Dieser Abschnitt stellt zunächst die äußere Geschichte des Bottes Israel in

der Zett von den Richtern bis zum Exil und der Wiederherstellung Juda's dar auch hier muß fich der Unterricht in der Sekunda, eine gewisse Bekanntschaft mit der

Sache voraussetzend, auf die Hauptpersonen und die Hauptthatsachen der Geschichte beschränken.

Namenttich aber muß die Geschichte der getrennten Reiche auf die

Hervorhebung der Epoche machenden, besonders der für die Religion wichtigen

Momente beschränkt werden.

Zum Verständnis dieser späteren Zeit gehört aber

einige Kenntnis der gleichzeitigen orientalischen Geschichte; ich habe deshalb einige hierher gehörige Darlegungen eingeschoben, welche der Lehrer, soweit sie ihm nötig

scheinen, verwerten mag. Für die Lektüre wird auch bei diesem Abschnitt wenig Zeit bleiben; ich habe,

absehend von den rein geschichtlichen Abschnitten, auf einige besonders wichtige Abschnitte hingewiesen;

dagegen wäre es wünschenswert, für

die Lektüre der

Propheten, besonders Zesaias, Zeremias und des zweiten Jesaias, etwas Zett zu gewinnen; die Bettachtung der messianischen Weissagung im Zusammenhänge bleibt aber einem besonderen Abschnitte vorbehalten, und für diesen Abschnitt, wie für

die Lektüre der Psalmen und des Buches Hiob, muß jedenfalls die nötige Zeit gewonnen werden.

47. Die Geschichtsbücher des Zeitalters von den Richtern bis Esra.

Wie die Geschichte des mosaischen Zeitalters in einem zusammenhängenden großen Geschichtswerke dargestellt ist (Pentateuch und Äosua), so ist auch die Geschichte der Zeit von den Richtern bis zum Untergange der beiden Reiche zusammenhängend dargestellt, nämlich in dm Büchern der Richter, Samuels und der Könige, welche ebenfalls ein Ganzes bilden; dasselbe gilt dann wieder von den Büchern der Chronik, ESra und Nehemia, welche dir

134 Geschichte der nachexilischen Zeit darstellen. Zu diesen beiden großen GeschichtSwerkeu der vorexilischen und der nachexilischen Zeit treten zwei flcitier6 Schriften (Ruth, Esther) ergänzend hinzu?)

A. Won den Wichtern bis zum König Sukomo. 48. Die Zeit der Richters. Richter 2, 6—3, 6. Das Land Kanaan war erobert und verteilt, aber die einzelnen Stämme halten die Aufgabe überkommen, die Kanaaniter, jeder in seinem Gebiete, vollends zu unterwerfen. Das ist nun nicht genügend ausgeführt worden, und an manchen Orten gewannen deshalb die Kanaaniter wieder die Oberhand über die Israeliten; dazu kamen feindliche Einfälle der Nachbarvölker, namentlich der Philister. In solchen Zeiten des Druckes, der auf einzelnen Stämmen lastete, erhoben fich, von Gott erweckt, Männer, welche sich an die Spitze Israels stellten und die Feinde bekämpften; dies waren die sogenannten Richter^), nicht bestimmt, um in Streitsachen das Recht zu finden, sondern um dem Volke gegen seine Feinde sein Recht zu schaffen, da ja die Kanaaniter von Gott zum Untergange, die Israeliten zur Herr­ schaft bestimmt waren. Von den zwölf Richtern, welche daS Richterbuch vorführt, sind nur wenige bedeutend, namentlich die Heldin Debora, die Richter Gideon und Iephtha; Simson hat trotz seiner großen Stärke feinem Volke wenig Nutzen gebracht. Wenn nun von diesen Richtern auch einige bedeutende Thaten vollführt haben, so ist doch von ihnen kein dauernder Einfluß auf ganz Israel ausgeübt worden; das Bewußtsein der Zusammen­ gehörigkeit war den einzelnen Stämmen fast abhanden gekommen; „ein jeglicher that, was ihm recht deuchte" (Richt. 21,25). Daß in einer solchen Zeit auch Glaube und Gottesdienst in Verfall gerieten, ist keinWunder?) In die Zeit der Richter gehört auch die Geschichte von Ruth, einer Heidin, welche in das Volk Gottes eingetreten und zur Stammmutter des Königs David geworden ist.

49. Das Buch der Richter und das Buch Ruth^). a. Nachdem in einer doppelten Einleitung (1, 1—2,5 und 2,6— 3,6) der Zustand deS Volkes nach Iofua'S Tode geschildert worden ist, stellt der Hauptteil des BucheS der Richter (3,7—ff. 16,31) die Wirksamkeit der einzelnen Richter dar, deren zwölf«) (aber nur fünf von ’) Auf die einzelnen Bücher wird der Schüler -war hingewiesen, aber er lernt nur den Inhalt dieser Bücher kennen, indem ihm die Geschichte der Zeit vorgeführt wird; die Bücher alS solche und ihre Entstehung kennen zu lernen, ist Sache des Lehrers, nicht deS Schülers. 2) Diese Zeit muß, wie die Zeit der Patriarchen, ganz kurz behandelt werden, um Zeit für die Hauptsache, die Königszeit, zu gewinnen. s) Sie heißen im Hebr. Schophtim, was dem karthagischen Suffeten entspricht; aber nur die letzteren waren eigentliche Staatsbeamte, etwa Consuln, die ersteren höchstens Diktatoren, aber nicht des ganzen Volkes, sondern höchstens mehrerer Stämme. 4) Vgl. Nr. 33. 8) Nur für den Lehrer bestimmt. 6) Dabei ist Samgar, der nur nebenbei (3,31 und 5,6) erwähnt wird, nicht mitgezählt.

135 größerer Bedeutung: Ehud, Barak, Gideon, Iephtha, Simson) vorgeführt werden: Othnirl, Ehud, Debora und Barak, Gideon, Abimelech, Thola, Iair, Iephtha, Ibzan, Elon, Addon, Simson. Ein zweifacher Anhang des Buche(K. 17—18 und K. 19—21) erzählt zwei Einzelgeschichten als Belege für den Verfall deS Volke- in der Richterzeit. Auch diese- Buch ist nicht da- Werk eine- Berfafler», sondern beruht auf verschiedenen Urkunden, welche oft einfach neben einander gestellt »erben. Daher ist die zweifache Einleitung zu begreifen; beide knüpfen an da- Buch Josua an, stammen aber gewiß nicht von demselben Berfafler her. Der Hauptteil de« Buche-, welchem auch die zweite Einleitung angehört (2, 6—K. 16,31) rührt von einem Berfafler her, beruht aber ebenfalls auf älteren Urkunden (darunter da- von ihr selbst gedichtete Siege-lled der Deborah), welche die Geschichte einzelner Stämme und Stammeshelden dar­ stellen. Auf Grund solcher Erzählungen hatte zunächst ein älterer Geschicht­ schreiber ein Richterbuch geschrieben, aus welchem die erste Einleitung (1—2,5) und der Schluß de- heutigen Buche- (K. 17—21) stammen. Erst au- der Zeit nach Iosta (621) kann die zweite Einleitung, der Hauptteil unsere- Richterbuche- und da- ganze Buch in seiner heutige» Gestalt her­ stammen, da der Berfafler des heutigen Buche- offenbar da- Deuteronomium und da- Buch Josua kennt. So ist denn das Buch der Richter wohl erst in der Zeit de- Exils geschrieben. Der Schluß des Buches bildet einen Übergang von der Richterzeit zur König-zeit, in welcher nicht mehr galt, wa- hier von der Richterzeit gesagt wird, daß „jeder that, was ihm recht deuchte" (Richter 21,25). So hängt die- Buch mit den darauf folgenden Büchern Samuel- zusammen. Daß auch in der Zeit des Abfall- von Gott und der Unterdrückung durch die Feinde da- Volk Israel von Gott nicht verlaflen und da- Gottes­ reich nicht ganz unterdrückt wurde — da- will der Berfafler de- Buchedem Leser zeigen. Wenn nun, wie man annimmt, die- Buch im Exil geschrieben worden ist, so wurde dasselbe al- Trostbuch für die Exulantm geschrieben, und auch dieser Schriftsteller gehörte zu denjenigen Propheten, denen Gott im Exil im Herzen zurief: „Tröstet, tröstet mein Volk!" (Jes. 40,1) Und seine trostreiche Geschichtspredigt hat stch in der Rück­ kehr au- dem Exil al- richtig erwiesen. b. In der griechischen und in der Lutherbibel steht hinter dem Buche der Richter al- eine Art von Anhang zu demselben da- Buch Ruth, deffen Geschichte in der Richterzeit spielt. Dasselbe steht in der hebräischen Bibel zwar unter den „Schriften", dem jüngsten Teil der Bibel, gehört aber wohl seiner Entstehung nach noch in die vorexilische Zeit, wo da- Judentum dem Heidentum noch nicht so feindselig gegeuüberstand, wie nach dem Exil. Da- Hau- David'-, an welche- sich für die Juden so große Hoffnungen knüpften, wird in diesem Buche in seiner Vorgeschichte unS vorgeführt; eine Moabitin Ruth, welche edler handelt als viele Kinder deS Volkes Gotte­ gehandelt hätten, ist die Urgroßmutter deS König- David, und dadurch auch Jesu Christi geworden — eine Predigt von der Aufnahme auch der Heiden in da- Reich Gottes.

*) Auch von Stade I, 49 als echt anerkannt und als „das älteste Denkmal hebräischer Rede" betrachtet.

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50.

Das Königtum im Volke Israel.

1. Sam. 8. 10,17—11,15. K. 12. 1. Sam. 9,1—10,16. L. Der Wendepunkt der Richterzeit liegt in dem Auftreten des Propheten Samuel und in der Begründung des Königtums in Israel. Immer schwerer und viel mehr, als eS bei früheren Angriffen anderer Feinde der Fall gewesen war, lastete das Joch der Philister auf den Israeliten; aber der erste Versuch deS Volkes, dasselbe zu brechen, endete mit einer furchtbaren Niederlage, bei welcher sogar die Bundeslade in die Hände der Feinde fiel; nun konnten die Philister daS Volk sogar entwaffnen, nicht einmal Schmiede haben sie im Lande geduldet. *) Der Schreck über die Wegnahme der BundeSlade hatte den greisen Hohenpriester Eli, der damals als Richter an der Spitze des Volkes Israel stand, getötet, und auch auf daS Volk machte dies Unglück einen großen Eindruck. Zwar erhielten ja dir Israeliten die BundeSlade zurück, aber dieselbe trat fortan im religiösen Leben deS Volkes mehr in den Hintergrund; auch wurde die Stiftshütte von Silo (im Stamme Ephraim) nach Nob (im Stamme Benjamin) gebracht. Das Volk fand jetzt seinen Mittelpunkt nicht im Hohenpriester, sondern in dem in dieser Zeit austretenden Propheten Samuel, welcher bald das Volk zum Siege über die Philister führte und als Richter in Israel waltete. Aber als nun Samuels Söhne nicht in seinen Wegen wandelten, und als immer neue Kriege das Volk bedrohten, da begehrte das Volk, nicht mehr bloß einen Richter an seiner Spitze zu sehen, sondern einen König; wie eS zu bessert Einsetzung gekommen ist, zeigt der folgende Abschnitt. Mit der Einsetzung des Königtums trat Samuel in den Hintergrund; aber seine Aufgabe war noch nicht zu Ende, er hat noch dem König Saul seine Verwerfung und David seine Erwählung zum König verkündet; bald darauf ist er gestorben. Seit MoseS hatte niemand eine so hohe Stellung in Israel eingenommen wie Samuel; er war zugleich Priester, Prophet und Richter; seine bedeutendste That aber war die Begründung deS Königtums im Volke Israel. b. Das Volk Israel bestand aus zwölf Stämmen (aber außerdem noch der Stamm Levi), welche in Geschlechter, Häuser und Familien zerfielen, und an der Spitze aller dieser Abteilungen standen Älteste, so daß also für Ordnung und Rechtsprechung gesorgt war. Aber eS gab zunächst kein menschliches Königtum; Iehovah selber galt als der König seines Volkes, welcher allerdings durch menschliche Organe (MoseS, Josua, Richter) sein Volk leitete. Aber dieselben hatten keine selbständige Gewalt und kein königliches Recht über das Volk; darum war ihre Würde auch nicht erblich, und manchmal stand niemand an der Spitze des ganzen Volkes. In der Errichtung eines menschlichen Königtums in Israel lag also ein Herabsteigen von der idealen Höhe deS mosaischen GotteSreiches; statt durch die Geistesmacht der Idee mußte das Volk später durch ein ständiges menschliches Regiment geleitet werdend) Darin lag allerdings die Gefahr, daß durch den menschlichen König die Idee der Oberherrschaft Gottes in

*) Vgl. Porsena und die Römer nach der Geschichte, nicht nach der Sage. 2) Wie die katholische Kirche durch den Papst, «ähr end die evangelische Kirche sich mit der Herrschaft Christi begnügt.

Israel verdunkelt oder gar beseitigt wurde; und das ist ja später ost genug geschehen. c. DaS Königtum ist aber in Israel in folgender Weise begründet worden. Durch die Drangsale der Richterzeit war dem Bolle daS Bedürfnis eine­ festen staatlichen Verbandes zum Bewußtsein gebracht worden; denselben aber glaubte eS nur durch ein menschliche- Königtum gewinnen zu können. Noch stärker äußerte sich da-Verlangen nach einem Königtum, .wie eS alle Völker haben" (1 Sam. 8, 5 u. 20), als daS Volk unter Samuel die Vor­ teile der nationalen Einigung in den Kämpfen mit den feindlichen Nach­ baren erfahren hatte. Samuels Verhalten gegenüber dieser Forderung deVolke- ist nun in zwei Berichten dargestellt; der erste ist enthalten in 1 Sam. 8. 10,17—11,15, K. 12, der zweite in 9,1—10,16. In dem Sinne, in welchem das Volk seine Forderung nach einem Könige stellte, war sie eine Verleugnung der König-Herrschaft Iehovah'S, indem da- Volk seine Zuversicht nicht auf die Treue und Hülfe Gotte-, sondern auf eine irdische Verfassung setzte; mit Recht heißt eS deshalb von Israel, mit dieser Forderung hätten sie Gott als König über Israel verworfen (8,7). Eist daher kein Wunder, daß nach dem ersten Berichte Samuel von der Einsetzung eines menschlichen König- nichts wissen will. Aber andrerseits stand ein irdische- Königtum nicht notwendig im Widerspruche mit der König-Herrschaft Gottes, wenn nur der König im Namen und nach dem Willen Gotte- seine Herrschaft führte. So ist e- also kein Widerspruch, wenn Samuel nach dem zweiten Bericht von Gott sich getrieben fühlt, der Forderung des Volke- zu willfahren. Wie in I-rael die Idee des all­ gemeinen Priestertum- nicht verwirklicht, sondern schon von Mose- ein besonderes Priestertum eingesetzt worden im,1) so durfte auch ein besonderemenschliches Königtum in Israel eingesetzt werden, natürlich nur unter der Voraussetzung, daß der König sich nur als Stellvertreter Gotte- betrachtete und erwies. Ein menschliche- Königtum konnte ja auch erst da- in zwölf Stämme gespaltene Volk wirklich zusammenfaffen und die Existenz des Volkes gegen die feindlichen Nachbaren besser sichern. Die beiden Berichte über die Einsetzung de- Königtums stimmen also ganz gut mit einander überein, indem sie die beiden Gedanken darstellen, von welchen Samuel ganz naturgemäß bei der Entstehung deS Königtums ergriffen werden konnte, ja ergriffen werden mußte.2) 4. Es gelang nun aber nicht sofort, einen für Israel paffenden König zu finden; Saul geriet bald mit den beiden anderen gottbegründeten Institutionen in I-rael, mit dem Priestertum und dem Prophetentum, in Konflikt. Erst in David war .der Mann nach dem Herzen Gotte-" gefunden (1 Sam. 13,14), und nun wird erst (2 Sam. 7) von dem Propheten die Erblichkeit seines Hause- proklamiert. Seitdem gilt der !) Auch hier entspricht die evangelische Kirche ohne Priester der Zdee des Volles Gottes, welche die katholische Kirche durch die Einsetzung des Priestertums aufgegeben hat. 2) Es ist also nicht nötig, mit Wellhausen anzunehmen, daß der zweite Bericht, als die ältere Darstellung, das Königtum unbedenklich auf Samuel zurück­ führe, während der erste, nachexilische Bericht im Königtum einen Abfall von der Theokratie erblicke.

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Davidische Herrscher als der Stellvertreter GotteS, des eigentlichen König­ in Israel (Ps. 2. 45. 110); Gott ist deS Königs Vater, der König ist GotteS Sohn (Ps. 2,7); seine Herrschaft ist unbegrenzt (Ps. L 8) und ewig (Ps. 45,7). DaS war allerdings die Idee deS israelitischen Königs, aber nur wenige wirkliche Könige haben dieser Idee einigermaßen entsprochen; daher hat sich im Anschluß an daS israelitische Königtum (wie an den Bund GotteS mit Israel) die Weissagung von dem voll­ kommenen Könige der Zukunft, vom Messias, entwickelt.^

51. Der König Saul c. 1050. 2. Sam. 1,17—27. a. Durch den Propheten Samuel ist, wie die Bibel erzähl!, Saul, ein Mann aus dem kleinen Stamme Benjamin, um eines Hauptes Länge alles Volk überragend (1. Sam. 9, 2. 10, 23), zum König von Israel bestimmt worden. Ein zufälliges Ereignis (Verlust der Eselinnen) hatte Saul zu Samuel geführt (1. Sam. 9), und bei dieser Begegnung wurde Saul von Samuel insgeheim zum König bestimmt; ein allgemeiner Landtag ernannte ihn öffentlich zum König (10,17—11,15); aber erst durch eine große That wurde Saul wirklich zum König. Die Bewohner der Stadt Iabes in Gilead waren nämlich von den Ammonitern schwer bedrängt, und wandten sich in ihrer Not nach Gibeon, dem Geburtsorte Saul's, um Hülfe. In der Weise der Richter seine Landsleute zum Kampfe aufbietend, schlug Saul die Ammoniter, und nunmehr wurde, indem Samuel sein Richteremt öffentlich niederlegte, Saul allgemein als König anerkannt. b. Saul'S ganze Regierungszeit war von Kriegen ausgefült, besonders gegen die Philister. Samuels Sieg war noch nicht entscheidend gewesen, und auch Saul hat trotz aller Kämpfe die Vollendung des Sieges über dieses Volk noch seinem Nachfolger als eine zu lösende Aufgabe hinterlassen. Als nun Saul sein Heer versammelt hatte, da wurde Samrrl's Ankunft zur Darbringung deS Opfers vergeblich erwartet; endlich opferte Saul selber, mußte aber dafür von dem später ankommenden Samue eine strenge Rüge wegen Überschreitung seiner Befugnisse vernehmen. Der Krieg aber führte zum Siege über die Philister. Ein neuer Kampf brch nunmehr gegen die Amalekiter aus; auch sie wurden besiegt, aber wiedrum kam eS zum Konflikt zwischen Saul und Samuel, und der König mußte vernehmen, daß Gott ihn verworfen und daS Königtum einem andern betimmt habe; dieser andere König war David, von dessen Verhältnis zu Saulim folgenden Abschnitt die Rede sein wird. Auch noch andere Kriege hat Saul geführt, von denen wir keine genauere Kunde haben; er war ein kraftvoler Herrscher, aber es gelang ihm nicht sich in die Schranken zu finden, welche dem König­ tum in Israel gezogen waren. c. Saul'S Seele war in der Folgezeit von Schwermut vedüstert; als sich nun wieder der Krieg mit den Philistern erneuerte, da wandte sich der König an eine Totenbefchwörerin, um von dem heraufbeschwornen Samuel die Zukunft zu erfahren. Aber die Kunde, die er erhielt, eregte ihn so heftig, daß er wie tot zur Erde fiel. Und die Schlacht fiel in der That *) Dgl. Nr. 73.

139 unglücklich aus. Die Israeliten wurden geschlagen, drei Söhne Saul'S waren bereits gefallen; als nun die Bogenschützen der Philister auf den König stießen, ließ stch dieser durch seinen Waffenträger töten, um nicht in die Hände der Feinde zu fallen. Zwar seinen Leichnam konnten sie noch mißhandeln, aber auch diesen entzogen der ihm angethanen Schmach die dankbaren Bewohner von IabeS, denen er einst gegen drohende Schmach von seilen der Ammoniter Hülfe gebracht hatte. Als David hörte, daß Saul gefallen sei wie auch dessen Sohn Jonathan, sein treuer Freund, da beklagte er beider Tod in einem ergreifenden Liede (2. Sam. 1,17—27.)1).* * 4 * 52.

Die Bücher Samuels; unsere Kunde vom Leben Davids?)

a. An das Buch der Richter, wenn auch nicht genau anschließend, knüpft das Buch Samuels an, erst später in zwei Bücher geteilt, indem es zunächst die Geschichte von Samuel erzählt; Samuel ist aber der Begründer des Königtums und des ProphetentumS im Volke Israel; so war es denn angemeffen, daß in demselben Buche auch noch die Geschichte von Saul und von David dargestellt wurde. Daß der Verfasser des Buches nicht Samuel sein kann, verficht stch von selbst, da die Erzählung des Buches weit über seinen Tod hinausreicht. AuS zwei Quellenschriften schöpfend, namentlich auch auS den seit Davids Königtum geführten Reichsjahrbüchern,, und wohl auch mündliche Überlieferungen benützend, haben zunächst zwei Schriftsteller die im Samuelsbuche erzählte Geschichte behandelt, und auf diesen beiden Schriften beruht das heutige Samuelsbuch, welches wesentlich (abgesehen von einigen Zusätzen aus exilischer Zeit) der Zeit vor HiSkia angehört, da der Gottesdienst an mehreren Opferstätten noch nicht für verboten gilt, wie das feit HiSkias und Josias Reformation der Fall war?) Das Buch ist eine GeschichtSurkunde von hohem Werte; wenn auch öfters hier, wie in allen biblischen Geschichtsbüchern^), die Quellen unvermittelt neben einander gestellt sind, so thut daS seinem Werte keinen Eintrag?) Da dieS Buch die Einsetzung deS Königtums berichtet und namentlich Davids Königtum ausführlich darstellt, so stellt es diejenige Periode in der Geschichte deS Volkes Israel dar, in welcher das ATliche GotteSreich seinen Höhe­ punkt erreicht hat. Aber indem nun an David die messianische Hoffnung geknüpft ist, weist daS Buch über diesen Höhepunkt der israelitischen Geschichte hinaus auf ein noch vollkommnereS GotteSreich der Zukunft, von welchem dann die Propheten genauer gepredigt haben, und welches durch JefuS Christus begründet worden ist. So ist auch dies Buch noch für den Christen von Bedeutung. b. 6) Besonders wichtig ist aber die in den Büchern Samuels enthal­ tene Darstellung des Lebens Davids. „Unter Benutzung der (von einem königlichen Beamten geführten) Reichsjahrbücher, aber auch aus der Über-

*) Dasselbe wird auch von Stade für echt-davidisch gehalten, von andern Forschern freilich für nicht-davidisch. a) Nur für den Lehrer bestimmt. -) Vgl. Nr. 59 und 61. 4) Vgl. oben Nr. 16. 8) Daß die Einsetzung des Königtums ebenfalls nach zwei verschiedenen Quellen erzählt ist, ist oben bemerkt. *) Nach Riehm, Einl. ins A. T.

140 lieferung schöpfend, schrieb ein späterer Verfasser eine ausführliche, fast biographische Geschichte Davids. Nach diesem Buche, und unter Benutzung eines zweiten, von prophetischem Standpunkte geschriebenen Geschichtsbuches, hat ein Bearbeiter, der wahrscheinlich auch noch au- der Überlieferung schöpfte, die Darstellung David- im Samuel-buch zusammen­ gestellt. Die ReichSannalen sind jedenfalls eine den Begebenheiten ganz oder nahezu gleichzeitige Aufzeichnung. Dagegen sind die anderen schrift­ lichen Quellen, welche im Samuelsbuch benutzt find, geraume Zeit später verfaßt; doch hat der Erzähler den berichteten Begebenheiten nicht allzu fern gestanden, denn es, steht ihm noch eine sehr lebendige, reiche und im ganzen echt geschichtliche Überlieferung zu Gebote. Jedenfalls müssen die Quellenschriften wie auch der Redaktor deS Samuelsbuches noch der Zeit vor Hi-tia angehöreu, da in dem ganzen Buche noch überall mit voller Unbefangenheit von verschiedenen Opferstättea geredet wird (ohne den dort opfernden Personen auS der Abweichung von der durch HiSkia auf­ gestellten Forderung einer einzigen Opferstätte einen Borwurf zu machen). So ist denn das Samuelsbuch auch als Geschicht-urkunde für DavidLeben von unschätzbarem Werte: denn nicht bloß die aus den ReichSannalen entnommenen Stücke, sondern auch die meisten ausführlichen Erzählungen tragen da- Gepräge geschichtlicher Wahrheit an sich; auch DavidCharakter ist kein wesentlich anderer gewesen, als er in der Darstellung aufgefaßt ist. Freilich ohne Kritik läßt auch das Samuel-buch sich nicht als Geschichts­ quelle benützen; denn daß nicht alles in gleichem Maße streng geschichtlich sein kann, zeigen die Widersprüche in der Darstellung derselben Begeben­ heiten in den (auch hier oft einfach neben einander gestellten^) verschiedenen Quellenschriften; so namentlich in der Geschichte der Entstehung des Königtums2). Aber auch die nicht streng geschichtlichen Elemente der Darstellung verdecken den wirklichen Verlauf der Geschichte in seinen Gruudzügen nicht, sondern dienen dazu, das innerste Wesen und die eigentümliche Bedeutung dieser Geschichte mehr hervortreten zu lassen; David war nämlich derjenige König, in welchem die Idee des theatralischen Königtum- am vollkommensten zur Wirklichkeit wurde."

53. Die Könige David c. 1025 und Salomo c 980.

A. David und Saul. 1. Sam. 16,14—23. 18,1-9. 19, 9-17. Ps. 22. a. David war der jüngste Sohn de- Isai in Bethlehem (im Stamme Juda), rötlich (von Haaren, wa- im Morgenlande als schön gilt — oder von Gesichtsfarbe) und mit schönen Augen. Von seinen Ahnen erzählt daS Buch Ruth, nach welchem die Moabitin Ruth seine Urgroßmutter war. Wie dieser Knabe eines niederen Mannes, der seines Vaters Schafe hütete, an Saul's Hof gekommen ist, wird in drei Erzählungen begründet, welche teils an sich, teils in ihrer Verbindung dem Historiker manche schwer zu i) Vgl. Nr. 16. -) Vgl. Nr. 50.

141 lösende Frage barbieten.1) Der König Saul war schwermütig geworden; da schlugen ihm seine Diener vor, sich einen Mann zu suchen, der e8 ver­ stehe die Cither zu spielen und durch sei» Spiel den Tiefsinn des Königs zu verscheuche». Als Saul auf diesen Rat eingeht, da erinnert sich einer seiner Diener eines Bethlehemiten David, eines Sohne- des Ifai, der sich auf da» Saitenspiel wohl verstehe, dazu ein tüchtiger Kriegsmann fei, der Rede kundig und von schöner Gestalt. Saul läßt infolge beste» den Ifai bitten, ihm seinen Sohn David zuzusenden. Mit Geschenken, wie jeder Unterthan sie dem König aus Gehorsam geben muß, sandte Ifai seinen Sohn an den Hof, und Saul fand Gefallen an David, behielt ihn bei sich und machte ihn zu seinem Waffenträger. Wenn der böse Geist über Sank kam, so spielte David vor dem König, und der böse Geist wich Von ihm. Durch einen Zufall war nach dieser Erzählung David an Saul'S Hof gekommen; später erzählte man sich, daß der Sieg über Goliath, den David erfochten habe, ihn mit Saul zusammengeführt habe. Was aber, menschlich angesehen, ein Zufall war, daS war, vom Standpunkte deS Glaubens aus betrachtet, eine Fügung GotteS. Bon diesem Standpunkte au» erzählt die Bibel, daß schon vor der ersten Berührung David'S mit Snul Gott den David zum König über Israel bestimmt habe, und zwar habe ihn Samuel in der Stille in seines BaterS Hanse dazu auSerwählt und gesalbt (1. Kön. 16,1—13). b. David hatte durch seine Tüchtigkeit eine angesehene Stellung am Hofe deS Königs gewonnen, und Saul machte ihn zum Befehlshaber der Kriegsleute, und David zog aus, wohin ihn Saul sandte, und hielt sich klüglich und gefiel wohl allem Volk (18,6). Bald war des Königs tüchttger Sohn Jonathan sein innigster Freund, so daß wir noch heute David und Jonathan unter die berühmtesten Freundespaare rechne». Ja, David wurde sogar de» König» Schwiegersohn. Ader der schwermütige König geriet bald auf de» Gedanken, sein Sohn und sein Schwiegersohn beabsichtigten ihn vom Throne zu stoßm, und so sah sich David genötigt, um sich den Nach« stellungen SaulS zu entziehen, den Hof zn verlassen und sich in der Einsam­ keit zu verberge». Hier sammelten sich um ihn bald seine Angehörige» »ud andere Leute, und David begann an der Grenze deS Stammes Juda, dem er angehvrte, sich eine eigene Herrschaft zu gründen. Er hatte nicht die Absicht gehabt de« König zu verdrängen, aber die «ngerechtferttgte Verfolgung durch ben König machte ihn zu besten Gegner, wobei er allerdings zunächst nur an die Sicherung feine» Leben» dachte. An der Spitze einer Schar von etwa 600 Mann zog David im Süden von Juda umher; Saul verfolgte ihn, aber er konnte feiner nicht habhaft werden; ja, David fand Gelegenheit, dem Könige zu zeigen, daß er ihn hätte töten können, wenn er gewollt x) „1. Sam. 17,55—58, wo Saul sich nach dem Siege über Goliath nach dem ihm unbekannten David erst erkundigt, läßt sich mit dem in 1. Sam. 16,14-23 über ben Aufenthalt David'S an Saul'S Hof Erzählten nicht vereinigen. Die verschiedenen Erzählungen über die Jugendgeschichte David'S lasten auch nach ihrer Zusammensetzung die Fugen zwischen ihnen »och erkennen." Orekli (Herzogs Gncykl. s. v. David).

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hätte. Saul mußte diese Rechtfertigung David'S anerkennen, aber seine Schwermut erweckte bald wieder das alte Mißtrauen. Als sich David auch im Stamme Juda nicht mehr halten konnte, begab er sich zu den Philistern, wo er, als der Feind Saul's, vom Könige derselben ausgenommen wurde; der König Achis von Gath gab ihm die Stadt Ziklag zum Wohnsitz, und von hier aus gewann nun David durch Raubzüge seinen Unterhalt. Als der Philisterkönig gegen Saul den Krieg begann, der dem Saul das Leben kostete, wollte er sogar David und seine Schar seinem Heere einreihen; aber das Mißtrauen der anderen Philister­ fürsten bewahrte David vor der üblen Wahl zwischen dem Kampfe gegen Saul oder Verrat an den Philistern. Als David von Saul'S und Jonathan'S Tode hörte, da dachte er nicht daran, daß er nun König werden könne, sondern in rührenden Worten gab er dem Schmerze über den Tod seines Freundes und des Königs Ausdruck, dem er einst im Leben so nahe gestanden hatte. B. David als König.

Ps. 18 (= 2. Sam. 22). a. Nachdem Saul und alle seine älteren Söhne im Kampfe um­ gekommen waren, wurde durch das Betreiben von Saul's Oheim, dem Feldhauptmann Abner, Saul's einziger noch lebender Sohn, Isboseth*), zunächst vom Ostjordanlande als König anerkannt. Bald gelang eS, auch den Norden des Westjordanlandes für Isboseth zu gewinnen. Dagegen hatte David im Stamme Juda (wo er in Hebron seinen Wohnsitz aufschlug) in Abhängigkeit von den Philistern, deren Gebiet er nach Saul'S Tode verlaßen hatte, eine eigene Herrschaft gegründet, und bald kam eS zum Kampfe zwischen den beiden israelitischen Königen. In diesem Kampfe erlag Isboseth, der sich mit Abner verfeindet hatte; Abner wurde zwar selber von David'S Feldhauptmann Äoab ermordet; aber bald darauf fiel auch Isboseth durch Meuchelmord. Nunmehr wurde David auch von den andern Stämmen als ihr König anerkannt, und so war die Spaltung Israels nach einer Dauer von 71/, Jahren glücklich beseitigt; daraus hat David noch 33 Jahre über ganz Israel geherrscht. b. WaS David als König von Juda notgedrungen gewesen war, ein Lehnsmann der Philister, das wollte er als König Gesamtisraels nicht mehr bleiben; auch die Philister faßten die Lage ebenso auf, wie eS von ihnen in der Bibel heißt (2. Sam. 5,17): „Und da die Philister hörten, daß man David zum Könige über Israel gesalbet hattet zogen sie alle herauf, David zu suchen." Und nun kam eS zu Kämpfen, die wir im einzelnen nicht verfolgen können, deren Ergebnis aber deutlich vorliegt: David besiegte die Philister so gründlich, daß ihre Oberherrschaft über (einen Teil von) x) Ischboscheth hieß eigentlich Eschbaal (so nach 1. Chron. 8,33. 9,39); da aber die spätere Zeit an dem Worte „Baal" Anstoß nahm (welches ursprünglich auch von dem Gotte Israels gebraucht wurde), so änderte man den Namen in Isboseth (Boscheth — Schande d. i. Baal), wie Mephiboseth früher Meribbaal hieß (1- Chron. 9,40). Wie nämlich die Juden später statt Jehovah Adonaj lasen, so lasen sie in den mit Baal zusammengesetzten israel. Eigennamen statt Baal stets Boscheth (= Schande); vgl. unser deutsches „Gottseibeiuns" für „Teufel".

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I-rael seitdem für immer zu Ende war (2. Sam. 8,1); seitdem war ihre Herrschaft auf die Küstenebene beschränkt, und sie traten mit den Israeliten in friedlichen Handelsverkehr. Auch andere benachbarte Völker wurden von David besiegt und unter» thänig gemacht, so die Moabiter und die Ammoniter im Ostjordanlande, der syrische Köwg von Damaskus, die Edomiter und die (seitdem ganz verschwundenen) Amalekiter im Süden des jüdischen Landes. So hatte David für Israel die Freiheit errungen und seine Herrschaft auch über die Nachbarvölker auSgebreitet; so mächtig wie unter ihm ist daS Volk I-rael niemals vorher oder nachher gewesen; in seinem Siegesdank­ liede Ps. 18 (— 2 Sam. 22) gab der König Gott die Ehre, die ihm gebührt; dankbar bekannte er: „Herr, wer bin ich und mein HauS, daß du mich bis hierher gebracht hast!" (2. Sam. 7,18.) c. So hatte David durch siegreiche Kämpfe sein Reich befestigt und erweitert, und er stand in hohem Ansehen unter seinem Volke und unter dessen Nachbaren. Daß er sich auch eine neue Hauptstadt geschaffen und dieselbe zum politischen und religiösen Mittelpunkte des Landes gemacht hat, wird unten genauer dargelegt werden?) Die Verwaltung des Staates und die Ordnung und Kräftigung des Kriegswesens betrachtete der König als feine wichtigste Aufgabe. Daß er gegen sein ganzes Volk Recht und Gerechtigkeit übte, wird ausdrücklich von ihm gerühmt (2. Sam. 8,15> Wie er selber Gesang und Musik liebte, so fand auch an seinem Hofe die Kunst eine Stätte; von seiner dichterischen Thätigkeit wird unten genauer gesprochen werden?) C. David's Sünde und Unglück. 2. Sam. 12,1—14; 16,5-14; 15,12; 16,23; 17,23. Ps. 51. 32. a. Großes hatte der König David gethan und erreicht, seine Herrschaft war viel herrlicher als die seines Vorgänger-; aber auch ihm blieben Leid und Trübsal nicht erspart, freilich zumeist hervorgerufen durch eigene Schuld. Als nämlich David einst ein schönes Weib vom Dache seines hoch gelegenen Hauses erblickte, Bathseba, die Frau des eben im Feldzuge abwesenden Uria, da unterdrückte er seine sündliche Leidenschaft nicht, sondern verband sich heimlich mit dem Weibe, welches allerdings wohl ebenfalls von Schuld nicht ganz freizusprechen ist. Um die Sünde zu verbergen, sollte Uria zu seinem Weibe heimkehren. Als aber der pflichttreue Mann jede Berührung mit seinem Weibe mied, da er eS nicht bester haben wollte als seine Kampfgenossen, da ließ ihn Davids durch den Oberfeldherrn an einen verlorenen Posten stellen, und bald war er gefallen. Nunmehr nahm David des Gefallenen Witwe zur Frau (er hatte deren schon mehrere), und sie gebar ihm einen Sohn. Aber die That wurde ruchbar, und der Prophet Nathan brachte den König zum Bewußtsein seiner Sünde und zum Bekenntnis seiner Schuld; in seinem herrlichen Bußpsalm (Ps. 51) hat er seine Sünde bekannt zur Warnung für sein Volk und für uns. Aber freilich blieb trotz seiner Buße die Strafe nicht aus; daS Kind der ') Vgl. Nr. 54. 2) Vgl. Nr. 78. s) Durch einen ihm selber übergebenen Vries, den ersten „Uriasbrief."

144 Bathseba starb, und erst ihr zweiter Sohn, Salomo, ist am Leben geblieben. Bald sollte der König noch schwerer für seine Sünde büßen. b. DaS böse Beispiel des BaterS wirkte fort unter seinen Söhnen. David hatte nach der Sitte seiner Zeit mehrere Frauen, und die Vielweiberei erweckt ja sehr leicht in der Familie Zwietracht und Streit. Des Königs ältester Sohn schändete eine seiner Stiefschwestern, und deren Bruder Absalom*) hielt es, da der Vater den Frevel nicht bestrafte, für seine Pflicht, den Stiefbruder zu ermorden. Um sich der Strafe des Vaters zu entziehen, floh er zum Vater seiner Mutter; als er endlich zurücktehren durste (er war jetzt vielleicht der älteste Sohn David's), lohnte er dem Vater mit dem Versuche, ihn vom Throne zu stoßen. Dabei fand er viele Anhänger, namentlich trat auch Davids kluger Rat Ahitophel auf seine Seite. Freilich deffen kluger Ratschlag, David sofort zu bekämpfen, wurde durch einen treuen Freund Davids, der bei Absalom nur als Spion zurückgeblieben war, vereitelt; deshalb ging Ahitophel in sein HauS und, ein Vorbild des Verräters Judas, erhängte er sich in seinem Hause, da er den üblen AuSgang der Sache Absalom'S vorauSsah. David aber erblickte mit Recht in dieser Empörung seines Sohnes ein Strafgericht Gottes wegen seiner Sünde an Urin, und ließ sich von Simei,*2) einem Mann aus dem Hause Saul'S, ruhig schellen und verfluchen. Bald war eS mit Absalom'S Königtum vorbei; er wurde von Ioab besiegt und getötet. Ein neuer Aufstand, der alsbald infolge der Eifersucht der andern Stämme gegen den von David bevorzugten Stamm Juda ausbrach, wurde gleichfalls glücklich niedergeschlagen. c. So war David wiederum allgemein als König anerkannt; aber auch später traf ihn noch manches Herzeleid. ES war ihm schmerzlich gewesen, daß sein Sohn Absalom, wie er meinte, durch seine Schuld sein Leben verloren hatte. Sein Feldhauptmann Ioab, ein Sohn seiner Schwester Zeruja, hatte manchen Frevel begangen, und der König wagte nicht, den mächtigen Mann zur Rechenschaft zu ziehen. Eine Zählung des Volkes endete mit einer Pest, welche viele Leute hiuwegraffte. Ein anderer Sohn versuchte, als der König alt und schwach geworden war, fich den Thron zu verschaffen, den der Vater dem Salomo zugedacht hattet) DaS waren Erfahrungen, die des Königs Alter trübten, um so mehr, als er fich nicht frei wußte von Sünde und Schuld. D. David's Charakter und Bedeutung. a. Als David vor Absalom floh, da fluchte ihm Simei, ein Manu aus dem Hause SaulS: .Du Bluthund, du loser Manu, der Herr hat dir vergolten alles Blut des Hauses Saul'S." Und als einer seiner Genossen dem Simei entgegentreten wollte, da sagte David: „Laßt ihn fluchen, denn der Herr hat's ihn geheißen!" David selber sah in Simei's fluchenden Worten eine nicht unverdiente Strafe für seine Sünde. Zwar an Saul hatte er sich nicht versündigt; er hatte demselben nicht nach dem Leben

’) Nicht am Ende mit n zu sprechen, wozu der Deutsche neigt (vgl. das heutige „Besen" mit Luther's: „Besem"). 2) Dreisilbig zu sprechen, die hebr. Sprache hat keine Diphthongen. '3) Dgl. unten E.

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getrachtet, er hatte ihm das Königreich nicht weggenommen; er hatte sogar Saul'S lahmen Enkel Mephiboseth, den Sohn Jonathans, an seinen Hof gezogen. Zwar hatte David den Bewohnern von Gibea auf ihr Verlangen sieben Nachkommen des Saul zur Tötung preisgegeben, welche sie dem Herrn als Sühnopfcr für einen Frevel Saul'S gegen ihre Stadt aufhängten (2 Sam. 21); aber das hat David sicher nicht ans Rachsucht gethan, sondern aus religiöser Gewissenhaftigkeit, welche seine Zeitgenossen billigten. Dagegen hat er allerdings infolge seines Ehebruchs eine Blutschuld auf sich geladen durch die von ihm veranlaßte Tötung des Uria. Aber viele Menschen vorher und nachher haben mit David gesündigt, doch nur wenige haben mit David Buße gethan. b. Buße und Glaube und Frömmigkeit, das sind die Tugenden, welche «nS in David trotz seiner Sünde .einen Mann nach dem Herzen Gottes" (1 Sam. 13,14) erkennen lassen. Lebendige Gottesfurcht war die Grund­ stimmung feines WesenS; was ihm widerfuhr, das führte er auf Gott zurück; was er that, das wollte er thun im Namen GotteS; er war kein Heiliger im Sinne der katholischen Kirche, aber wohl ein Heiliger im Sinne der Bibel. Und nicht bloß seine persönliche Frömmigkeit ist anzuerkenuen^ er hat auch eine große Bedeutung für das Reich GotteS gewonnen; nach MvseS war etwa nur Samuel dem David zu vergleichen. Durch ihn ist Jerusalem zum geistlichen Mittelpunkte deS Volke- Israel geworden; durch seine Psalmen hat er die Grundlage für daS Gesangbuch Israels und der Christenheit gelegt, und wie hoch z. B. Luther den Psalter gestellt hat, ist ja jedem besonnt.1)2 c. Von David'S politischer Bedeutung ist oben die Rede gewesen; hier muß nur noch darauf hingewiesen werden, daß dieser König eine Bedeutung sür Israel gewonnen hat, wie kein anderer König Israels. Trotz seiner Mängel und Fehler ist David, und zwar mit Recht, für seine besseren Nachfolger ein Vorbild gewesen, dem sie gleichzuwerden trachteten. Nach der Wiederkehr deS David oder eine- ihm gleichen Königs begehrten immer mehr, je trüber die Zeiten wurde», die Israeliten. An David'S Vorbild und an David als Stammvater schloß sich die Idee deS Messias im Volke GotteS vorzugsweise an, und so hat denn die Predigt Jesu an die Hoffnung auf den Davidsohn sich angeschloffen; in IesuS Christus sind alle Hoffnungen, welche die Propheten an David knüpften, erfüllt, ja übertroffen worden.^)

E. Der König Salomo. 1. Kön. 3,5-45. 4, 25 - 34. 10,23— 29. a. Als David, etwa 70 Jahre alt, schon sehr schwach geworden war, da versuchte sein ältester Sohn Adonia, sich noch bei Lebzeiten de» BaterS die Krone aufs Haupt zu setzen, und mächttge Freunde, wie der Feldhaupt­ mann Ioab und der Priester Abjathar, standen auf seiner Seite; bei einem Opferschmause in der Nähe der Hauptstadt wurde Adonia zum König anSgttufen.3) Aber Bathseba erreichte eS mit Unterstützung deS Propheten

> > Mehr über den Psalter siehe Nr. 78. 2) Ausführliches hierüber siehe Nr. 73-75. 8) Stade I, 294: So spielt zum dritten Male ein OpserschmauS eine bedeutsame Rolle in Davids Leben (der erste betsetner Salbung, der zweite bei Absaloms Aufstand). Heidrich, Heilige Geschichte.

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Nathan, welchem der Hauptmann der Leibwache Benaja und der Priester Zadok zur Seite standen, daß David, wie zur Sühne für sein Unrecht gegen Uria, den Sohn der Bathseba, Salomo, als König ausrufen ließ. Als Adonia das hörte, gab er feine Sache verloren und unterwarf sich seinem jüngeren Bruder; später wurde er, wie auch Joab, getötet, der Priester Abjathar abgesetzt und vom Hofe verbannt. Bald nach Salomos Einsetzung ist David gestorben und in den von ihm errichteten Königsgräbern auf dem Zion bestattet worden. b. Salomo hatte von seinem Vater ein großes Reich überkommen, aber er hat die Grenzen desselben nicht erweitert, ja, nicht einmal die Herrschaft über alle unterworfenen Völker zu behaupten vermocht; im Süden machten stch die Edomiter, im Norden die Syrer (Aramäer) in Damaskus wieder unabhängig. Dagegen hat er die Kanaaniter vollends unterthänig gemacht und seine Herrschaft durch Anlegung fester Plätze im Lande gesichert. Nicht als Kriegsfürst, sondern als Friedensfürst ist Salomo groß gewesen, und wie nach dem Bilde der davidischen, so wird auch nach dem der salomonischen Zeit das ideale Gottesreich der Zukunft von den späteren Dichtern und Propheten gezeichnet. Zunächst gewann Salomo großen Reichtum für sich und seine Unter­ thanen, indem er sich an dem Handel beteiligte, den seine Nachbarn, Ägypten und Phönicien, betrieben, dessen Straßen durch sein Land führten. Auch zur See wurde vom Roten Meere aus Handel mit dem Goldlande Ophir (in Südarabien, oder in Indien oder in Afrika?) getrieben, „und des Silbers war damals zu Jerusalem soviel wie die Steine" (1. Kön. 10, 27). Der Palast, den der König sich baute, war ein Meisterwerk der Baukunst, und seine Schatzkammer war reich an Silber und Gold. Aber Salomo war nicht bloß reich an irdischen Gütern, sondern auch reich an Weisheit. Dieselbe bewährte er sowohl als Richter (vgl. den Strert der beiden Weiber über das Anrecht an ein Kind), als auch im Gespräch und Rätselkampf (vgl. die Erzählung von der Königin von Saba in Südarabien) und durch Lieder und Sprüche, die von ihm herstammten; wie an David die Psalmendichtung, so hat sich an Salomo die Weisheits­ dichtung angeschlofsen?) Die größte Bedeutung für Israel aber gewann Salomo durch den Bau des Tempels in Jerusalem, von welchem alsbald genauer gesprochen werden wird?) c. Aber die Pracht an Salomo's Hofe und die Kosten seiner Bauten konnten nur bestritten werden durch eine starke Besteuerung der Unterthanen, welche trotz des einträglichen Handels im Lande schwer empfunden wurde. Noch mehr aber als der Steuerdruck schadete dem Ansehen des Königs der von ihm gestattete Götzendienst seiner vielen Frauen, deren er gegen tausend beseffen haben soll. Wenn auch Salomo selber nur Jehovah anbetete, so erlaubte er doch seinen ausländischen Frauen, daß sie im Lande Jehovah's ihren fremden Göttern Altäre errichteten und Verehrung erwiesen. Diese falsche Nachsicht gegen seine Frauen mußte dem Könige die Propheten entT) Genaueres vgl. Nr. 79. *) Vgl. Nr. 54.

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fremden, und so Hal ihm denn auch ein Prophet das Schicksal seines Reiche­ unter seinem Sohne drohend vorherverkündigt. Aber Salomo hat fein Herrschaft bis zu seinem Tode gegen seine Gegner behauptet. 54.

2 Sam. 7.

Jerusalem und der Tempel.

1 Kön. 8, bes. V. 12—30 u. 41—43.

a. Solange David nur König von Juda war, hatte er in der alten Patriarchenstadt Hebron gewohnt; Jsboseth wohnte in Mahanaim im Ostjordanlande. Als nun David König über ganz Israel wurde, da konnte er nicht mehr in dem entlegenen Hebron bleiben, sondern er mußte sich eine neue Hauptstadt suchen. Und mit genialem Scharfblick hat er sie gefunden. Mitten im heiligen Lande, wo die Straßen von Süden und Norden, wie vom Meer zum Jordan sich schneiden, lag zwischen den Stämmen Juda und Benjamin, noch immer den Kanaanitern gehörig, die feste Stadt JebuS, das spätere Jerusalems) Sie gehörte noch keinem der israelitischen Stämme an, war also zur Hauptstadt von ganz Israel auch darum besonders geeignet, weil durch ihre Wahl kein Stamm sich alzurückgesetzt ansehen durfte. Und doch lag sie wieder dem Stamme Juda so nahe, daß sie als Stadt Juda's gelten konnte, desjenigen Stammes, welchem David seiner Geburt nach angehörte. Mit dieser Stadt hatte David für seine Regierung einen festen Platz gewonnen, welcher kaum jemals in die Hände der Feinde fallen konnte. Auf dem Berge Zion baute sich nun David auch einen Königspalast, und die Stadt wurde durch starke Bauten noch mehr befestigt, als sie es schon von Natur war. b. War nun der Berg Zion und die Stadt Jerusalem für daS Volk Israel schon darum ein bedeutender Ort, weil hier fortan der politische Mittelpunkt deS Landes und die Wohnung deS Königs David und seiner Nachfolger war, so gewann Jerusalem und der Berg Zion für den Israeliten bald noch eine größere Bedeutung; Jerusalem wurde nämlich auch der geistliche Mittelpunkt deS Reiches GotteS, an welchen fortan die Weilerentwickelung deS Reiches Gottes gebunden war. David brachte nämlich auf den Berg Zion das alte Nationalheiligtum der JSrae-liten, die Bundeslade, welche, von den Philistern zurückgebracht, in einem kleinen Städtchen geblieben war, getrennt von der anderSwo befind­ lichen Stiftshütte. Die Bundeslade wurde zunächst in einem Zelte unter­ gebracht; aber schon David dachte daran, für ste ein festes Haus, einen Tempel, zu bauen, wie schon in Siloh für die Lade ein festes HauS gebaut worden war. Der Prophet Nathan billigte zunächst David'- Vorhaben; aber am andern Tage verkündete er David als göttliche Weisung, die ihm in der Nacht zu teil geworden fei,2) David solle Gott kein Haus bauen, sondern der Herr werde ihm selber ein HauS bauen, indem sein Geschlecht fortan auf dem Throne Israels sitzen werde?) Wenn auch David den Tempelbau seinem Nachfolger überlaffen hat, so hat doch schon er selber *) Genaueres über die Stadt siehe Nr. 27. a) Das ist ebensowenig ein Widerspruch, wie zwischen Samuels zweifachem Bescheide, wegen der Einsetzung eines Königs. 8) Über die Bedeutung dieses Wortes siehe Nr. 73.

148 für den Lu-bau des Gottesdienstes im Heiligtum Sorge getragen, wozu er ja Dichter besonders geeignet war. c. Die Aufgabe, einen Tempel zu bauen, hatte Salomo von seinem Vater überkommen, und er hat sie glänzend gelöst. Freilich sein eigenes Volk war dazu noch nicht geschickt, einen großen Bau kunstmäßig auSzuführen; dazu bedurfte er fremder Hülfe, und er fand sie bei den Phöniciern. Salomo schloß nämlich mit dem schon feinem Vater befreundeten König Hiram von TyruS, dessen große Bauwerke die Bewunderung seiner Zeit­ genossen erregt hatten, einen Vertrag, wonach derselbe versprach, durch seine Leute unter Beihülfe von Israeliten und Kanaanitern (welche Salomo zu diesen Frondiensten besonders heranzog) in Jerusalem einen Tempel bauen zu lassen. Derselbe wurde auf einer durch alte Erinnerungen geweihten Anhöhe nordöstlich vom Berge Zion, auf dem Moria, dem höchsten Punkte der Stadt, errichtet); da aber der Platz nicht ganz auSreichte, so wurde durch Ausschüttung gewaltiger Erdmaffen und Errichtung mächtiger Unter­ bauten der Berg künstlich vergrößert. DaS Holz zum Bau (Cedern und Cypreffen) wurde im Libanon gefällt und von da anS Meer gebracht; auf Flößen wurden dann die Stämme nach Joppe (der Hafen ist allerdings nicht genannt) gebracht und von da nach Jerusalem geschafft. Die Steine wurden teils ebenfalls vom Libanon gebracht, teils von den Bergen bei Jerusalem gewonnen. Nachdem in drei Jahren diese Vorarbeiten für den Bau vollendet worden waren, wurde der eigentliche Tempelban in einer Zeit von etwa 4’/s Jahre vollendet?). Darauf veranstaltete Salomo eine glänzende EinweihuvgSfeier, und in einem schönen Gebete rief der König den Herrn, den weder der Himmel noch dieser Tempel fassen könne, an, die Gebete, welche die Israeliten und auch die andern Völker in diesem Hause an ihn richten würden, zu erhören. Die innere Einrichtung des Tempels ist schon oben dargestellt worden.*) Welche Bedeutung der Salomonische Tempel gegenüber den bisherigen Heiligtümern gewonnen hat, ist gleichfalls schon oben dargelegt worden.*) Unseren Ansprüchen an ein Kirchengebäude hätte der Tempel Salomo'S freilich nicht entsprochen, auch war er viel kleiner als unsere größeren Kirchen; aber der Tempel war ja auch nicht dazu bestimmt, eine feiernde Gemeinde aufzunehmen (dazu diente der Borhof), sondern er war (wie bei den Griechen und Römern) die Wohnstätte (Sottet. d. So war nun Jerusalem wie der politische so auch der geistliche Mittelpunkt deS Volkes Israel. Auch wir erkennen diese Bedeutung von Jerusalem au, aber freilich nicht mehr in dem Sinne, wie die Israeliten und ihre Propheten, nach deren Meinung Jerusalem für alle Zeit der bleibende Mittelpunkt deS GotteSreicheS sein foDte.5*)2 * 4Jesus hat ’) Der Tempel stieß an den neuen Palast, den sich Salomo gebaut hatte, und an diesen wieder die anderen von ihm errichteten Bauten. 2) Zn den Tempel wurde nun die Bundeslade mit den Gesetzestafeln auS dem für sie von David errichteten Zelte heraufgebracht und im Allerheiligsten -wischen zwei Cherubsgestalten aufgestellt. Auch die Stiftshütte mit ihren Geräten wurde in den Tempel gebracht. 8) Vgl. Nr. 35. 4) Vgl. Nr. 35. *) Dgl. Nr. 74.

149 zwar gesagt, daß daS Heil von den Inden komme; aber der bleibende Mittelpunkt deS Reiches GotteS ist weder der Sinai noch Jerusalem, weder der Garizim (der Samariter) noch Jerusalem (die Stadt der Juden), weder Rom noch Wittenberg oder Genf; wo GotteS Wort gerade am lautersten und am kräftigsten gepredigt wird, da ist für diese Zeit der der Mittelpunkt deS Reiches GotteS.

B. Won 6er GeiKrrrg des Weiches bis zum Untergang 6er beiden Weiche. 55. Die Bücher der Könige?) Die Bücher der Könige, in welchen die Geschichte der Zeit von Salomo bis zum Untergange der beiden Reiche dargestellt ist, bildtten früher nur ein Buch, das Königsbuch; dasselbe zerfällt in drei Hauptteile, welche die Geschichte deS Gottesreiches unter Salomo, alsdann bis zum Untergange Israels, endlich bis zum Untergange IudaS darstellen. DaS Buch wM nicht die Königsgeschichte oder die politische Geschichte Israels darstelle», sondern vornehmlich die Geschichte deS GotteSreicheS. Daher wird der Tempelba« ausführlich behandelt, dann der Abfall von Gott zum Bilderuud Götzendienst und die Ausrottung des letzteren, sodann die Reformen HiSkia'S und Iosia'S genauer dargestellt, nnd von jedem Könige wird fein Verhältnis zum Gesetz GotteS angegeben — bisweilen fast das einzige, was von einem Könige gesagt wird; das Buch ist eben eine Geschichte des GotteSreicheS. Für die Geschichte der Könige gab eS nun in beiden Reichen ReichSjahrbücher, welche ei» besonderer Beamter zu führen hatte. Aus diesen Jahrbüchern hat, mit Benutzung anderer Quellen, em späterer Schriftsteller daS in der Chronik stets citierte „Buch der Könige Israels und IudaS" zusammengestellt, und auf diesem Buche beruht sowohl dies Königsbuch als auch die Chronik; die letztere hat aber neben dem von ihr citierten „Buch der Könige" auch schon unser heutiges KönigSbuch benutzt. Dasselbe ist aber offenbar im Exil verfaßt, und zwar vor dem I. 536, da stch über die RüKehr gar keine Andeutung findet. Wenn in einzelne» Stellen Dinge als „bis auf diese» Tag" bestehend angeführt werden, welche im Exil nicht mehr vorhanden waren, so erklärt sich dies daraus, daß auch dieser Schrift­ steller ältere Quellen buchstäblich aufnimmt, ohne sie »ach dem Zusammenhange umzugestalten?) Der Verfasser deS KönigSbucheS unterscheidet stch deutlich von dem deS Samuelbuches, indem er den Höhendienst als verboten betrachtet und nach diesem späteren Maßstabe die Könige beurteilt, auch diejenigen, welche vor HiSkia gelebt haben. Dagegen scheint der Verfasser deS KönigSbucheS derselbe Schriftsteller zu sein, welcher dem Richterbuche seine letzte Gestalt verliehen hat. Der Verfasser will in seinem Buche zeigen, daß Israel nur durch treue» Festhalten an Gott und an der Einheit de» Gottesdienstes glücklich gewesen, daß eS um seines Ungehorsams willen ver­ worfen worden, aber um Davids willen nicht für immer verworfen ist. Und diese Hoffnung hat sich erfüllt. ') Rur für den Lehrer bestimmt. ’) Vgl. Nr. 16.

150 56. Bou der Teilung des Reiche- bis zur Berührung der beide« Reiche mit der assyrische« Weltmacht c. 980—738; der Bilderdienst nnd der Götzendienst.

a. AlS Salomo starb, folgte ihm zwar alsbald, da das Königtum in David'S HauS bereits erblich war, fein Sohn Rehabeam auf dem Throne; aber die meisten Stämme fielen bald von ihm ab, weil er sich weigerte, die von ihnen geforderte Erleichterung der durch den kostbaren Hofhalt und die vielen Bauten feines Vaters gesteigerten Lasten zuzugestehen, und nur der Stamm Juda (nebst -dem mit demselben bereits verschmolzenen Stamme Simeon), aus dem das Königshaus herstammle, blieb ihm Unterthan. So gab eS also fortan ein kleineres Reich, nach dem Stamme Juda genannt, mit der Hauptstadt Jerusalem, in welchem David'S Dynastie weiter herrschte (neunzehn Könige, wie in Israel, aber in weit längerer Zeit), und ein größeres Reich, welches den Namen Israel für sich in Anspruch nahm, mit der Hauptstadt Samaria (nachdem die Könige zuerst in anderen Städten gewohnt hatten), unter verschiedenen Herrscherhäusern (neunzehn Könige aus neun Herrscherhäusern). Beide Reiche standen einander meistens feindlich gegenüber; nunmehr waren die Israeliten ihren feindlichen Nachbarn auf die Dauer nicht mehr gewachsen. b. Als sich Israel von Juda trennte, wurde auf den Thron des ersteren ein Mann, Namens Ierobeam, erhoben, der schon gegen Salomo eine Empörung angestiftet hatte, aber von ihm vertrieben worden war. Ierobeam hielt eS für vorteilhaft, um den Bestand seines Reiches zu sichern, seine Unterthanen von dem Tempel in Jerusalem fernzuhalten, und deshalb errichtete (oder erneuerte) er zwei heilige Stätten in seinem Lande, Dan im Norden und Bethel im Süden, und ließ daselbst Bilder der Gottheit aufstellen, Stierbilder, wie einst schon Aaron ein solches ausgestellt hatte^. Der seit alter Zeit in Juda wie in Israel übliche Höhendienst?) wurde hier zum Bilderdienst, aber noch nicht zum Götzendienst, denn die Bilder sollten ja nicht einen heidnischen, sondern den israelitischen Gott darstellen. Aber im Gesetz Mofls war auch der Bilderdienst untersagt. Es hat nicht lange gedauert, so wurde auch der Götzendienst in Israel heimisch. e. Ierobeam's Dynastie, wie auch die folgende, fanden schon im zweiten Gliede einen gewaltsamen Untergang; dagegen hat das dritte Herrscherhaus, das deS Omri, eS auf vier, und daS vierte, das des Iehu, eS sogar auf fünf Glieder gebracht, während auS den andern sieben Dynastieen zusammen nur zehn Könige regiert haben. Die dritte Dynastie wurde nämlich, nachdem noch zwei andere Thronbewerber aufgetreten waren, von Omri begründet, unter welchem erst Samaria, eine infolge ihrer Lage leicht zu verteidigende Stadt, die Hauptstadt des Reiches Israel wurde (daneben war IeSreel im Norden des Reiches eine zweite Residenz). Dies Herrscherhaus hat aber für daS Reich Israel eine größere Bedeutung gewonnen, indem durch dasselbe in Israel, wo bereits der Bilderdienst bestand, sogar der Götzendienst eingeführt wurde. Omri'S Sohn nämlich, der König Ahab, heiratete eine Tochter deS Königs von i) Vgl. Nr. 23. a) Vgl. Nr. 36.

151

TyruS Ethbaal, Namens Isebel, und durch diese Königin kam nun auch die Verehrung der phönicischen Hauptgötter, deS Baal und der Astarle, nach dem Reiche Israel, und dieselbe fand allmählich auch im Volke Beifall. Mit dieser Einführung fremder Gottheiten verletzte Ahab in viel schlimmerer Weise, als Ierobeam durch den Bilderdienst, daS Grundgesetz der israelitischen Religion. So ist eS begreiflich, daß sein Thun im Volke Widerspruch sand; die Vertreter deS nationalen Gedankens waren aber die Propheten; diese haben schließlich sogar den Sturz deS götzendienerischen und überdies gewaltthätigen Königshauses herbeigeführt. d. Als sich nämlich der Götzendienst immer mehr verbreitete, da trat ein Prophet, Namens EliaS, der schon vorher eine eintretende Dürre verkündet hatte, aus der Verborgenheit, in die er sich vor deS Königs Verfolgung geflüchtet hatte, dem König Ahab entgegen, und forderte ihn auf, durch ein Gottesgericht auf dem Berge Karmel entscheiden zu lassen, ob Baal oder Jehovah der mächtigere Gott sei. Jede der beiden Parteien brachte einen Stier herzu, aber keiner sollte daS Opfer anzünden, sondern ihr Gott selber sollte durch Feuer vom Himmel sich als den mächtigeren Gott erweisen. Und EliaS blieb Sieger in dem Gottesgericht; dadurch gewann das Volk den Mut, die vom Könige beschützten Baalspriester dem mosaischen Gesetze gemäß zu töten, und so schien der Götzendienst auSgerottet zu sein. Aber bald mußte Elias vor der energischen Königin doch wieder fliehen, und der Götzendienst bestand weiter; ja, es scheint, daß EliaS selber am Berge Horeb durch eine ihm zu teil gewordene Offen­ barung GotteS noch dessen inne geworden sei, daß der Sieg deS wahren Gottes nicht durch Gewalt, sondern auf dem Wege deS sanftmütigsten unter den Menschenkindern erfochten werden müsse. Elias war ein Prophet Gottes wie MoseS und Samuel; einen Mann wie Elias erwartete der Prophet Maleachi (3,14) als Vorläufer deS Messias; in Johannes ist ein solcher Mann dem Messias wirklich vorangegangen (Matth. 17,10 u. 11,14). e. Der König Ahab, der auch bei einer anderen Gelegenheit (Naboth'S Weinberg) die Strafpredigt des EliaS vernommen hatte, fand in einem Kriege mit dem Nachbarreiche Syrien seinen Tod. Auf ihn folgten nach, einander seine beiden Söhne Ahasja und Ioram; der letztere hat einen. Kriegszug gegen die Moabiter unternommen, der infolge deS vom feindlichem Könige an seinen Gott dargebrachten KindesopferS mit dem Rückzüge der Israeliten endetet) Das HauS Ahab'S aber wurde durch Iehu, den Oberfeldherrn, den der Prophet Elisa, der Nachfolger deS Elias, dazu aufforderte, gestürzt und ausgerottet, und Iehu begründete in Israel eine neue Dynastie, auS welcher fünf Könige geherrscht haben, so viele, wie auS keiner andern. f. Aber das Geschlecht Ahabs bestand, nachdem eS in Israel gestürzt worden war, noch eine Zeitlang in Juda. Hier hatten die ersten Könige in beständiger Feindschaft mit den Königen Israels gestanden; seitdem Ahah in Israel regierte, waren die Königshäuser einander befreundet; ja, AhabS, ’) Von diesen Kämpfen berichtet bekanntlich nicht bloß die Bibel, sondenr auch die noch erhaltene Denksäule des Moabiterkönigs Mesa.

152 Tochter, Athalja, hatte sogar der König von Juda, Ioram, geheiratet. Als ihr Mann gestorben war, regierte in Juda ihr Sohn, AhaSja; derselbe fand seinen Untergang, als Iehu da- Geschlecht AhabS ausrottete, da er sich gerade damals bei seinem Verwandten, dem Könige von Israel, aufhielt. Da machte sich Athalja selber zur Königin von Juda und rottete daS ganze Geschlecht Davids auS; nur ein kleiner Sohn des letzten Königs ent­ ging ihrem Wüten. Nach sechs Jahren gelang eS dem Hohenpriester, die Königin zu stürzen, und den rechtmäßigen König auf den Thron seiner Bäter zu setzen. Wie in Israel durch Iehu, so wurde auch in Juda der durch Athalja eingeführte BaalSdienst wieder auSgerottet?) g. Als Iehu das HauS OmriS in Israel auSgerottet und den Königs­ thron bestiegen hatte, rottete er auch den BaalSdienst in Israel auS; aber der Bilderdienst, den Jerobeam eingeführt hatte, blieb bestehen. Auch sonst entsprach seine Regierung nicht den Erwartungen, mit welchen der Prophet Elisa ihn auf den Thron gebracht hatte. Erst unter seinem Enkel und namentlich unter besten Sohn Jerobeam II. (c. 770) begann wenigsten­ äußerlich wieder eine beffere Zeit für daS Reich Israel, indem dieser König wieder die Nachbarvölker demütigte und die unter den früheren Königen verloren gegangenen Gebiete Wiedergewann. Aber der Prophet AmoS, der in dieser Zeit auftrat, übersah über dem äußeren Glanze, womit der große Eroberer seine Herrschaft umgeben hatte, die innere Hohlheit der damaligen Zustände nicht, und unerschrocken verkündigte er dem Hause Iehu den Untergang. Sein Wort ist schnell in Erfüllung gegangen.?) Der Sohn IerobeamS 11. wurde nämlich nach einer kurzen Regierung gestürzt, und sein Nachfolger glaubte nicht anders seine Herrschaft behaupten zu können, als wenn er eine Stütze für dieselbe in einer fremden Macht gewinne. Diese fremde Macht aber war Assyrien.

57. Assyrien als Weltmacht. Die Gründung eines selbständigen assyrischen Reiches fällt etwa in die Zeit von 2000 v. Chr.; die Assyrer sind aber Semiten, wie die Babylonier; ihr Land lag nördlich von Babylonien, östlich vom Tigris. Die Residenz der assyrischen Könige war ursprünglich Affur (im Westen vom Tigris), erst später Niniveh (im Osten vom Tigris), welches allerdings schon um das Jahr 3000 gegründet, aber erst später erweitert worden ist. Die assyrischen Könige gelangten allmählich zu größerer Macht, und auch Babylonien wurde ihnen zeitweise Unterthan; ein vorher noch nicht erreichter Aufschwung ihrer Macht wurde durch König Tiglatpilesar I. herbeigeführt (c. 1100); aber bald wurde Assyrien (bis c. 900) wieder unbedeutend. Ein neuer Abschnitt in der Geschichte Assyriens, ja des ganzen Orients beginnt um das Jahr 880 mit dem Könige Assur-naßir-bal, dem ersten der großen Eroberer, die sich von jetzt an fast in ununterbrochener Reihenfolge bis zum Unter­ gänge Riniveh's ablösen. Der zweite Herrscher dieses Reiches war Salmanassar, der das Gebiet seines Vaters noch weiter ausdehnte und auch schon vom Reiche Israel Tribut empfing?) Rach mehreren weniger bedeutenden Königen kam im Jahre *) Vgl Racine, Athalie. a) Wenn der Lehrer Zeit findet, so mag er hier lesen die Strafpredigten des Amos gegen Israel: 2,6—6,14. *) Vgl. das Bild dieser Tributleistung bei Stade I, 564s.

153 745 Liglatpilesar II. (in der Bibel mit seinem ursprünglichen Namen Phul,

assyrisch Pulu, genannt) zur Regierung, welcher die unter seinen Vorgängern ver­ lorenen Gebiete wiedergewann, und auch noch durch neue Eroberungen sein Reich vergrößerte; erst durch Tiglatpilesar II. ist Assyrien zu einem Weltreich geworden. Diesem Könige hat der König Men ah em von Israel Tribut gezahlt (738), und

ihn hat Ah ab von Juda um Schutz gegen die wider ihn verbündeten Syrer und Israeliten angerufen

Much

(734);

dadurch wurde auch Juda den Assyrern Unterthan.

das babylonische Reich wurde jetzt den Assyrern Unterthan.

Tiglatpilesars

Nachfolger Salma nass ar IV.

hat im Jahre 722 dem Reiche Israel ein Ende

gemacht; Samaria ist allerdings

erst erobert worden, als bereits sein Nachfolger

Sargon regierte1), der die Herrschaft des assyrischen Königs auch über ganz Syrien und das südöstliche Kleinasien ausdehnte. Auf Sargon folgte sein Sohn Senacherib (Sanherib, 704—681), der im Jahre 701 gegen Ägypten und Juda zog.

Das Heer der Ägypter wurde geschlagen, aber Jerusalem wurde nicht erobert, da

das assyrische Heer durch eine Pest geschwächt wurde; Hiskia aber hatte durch Tribut sich vor der Erneuerung des Krieges

gesichert.

Als

Ganherib ermordet wurde,

folgte ihm sein Sohn Asarhaddon (680—669), und diesem folgte Assurbanipal

(668—626, der Sardanapal der Griechen, aber nicht der schwelgerische Despot, den sie uns darstellen), welcher im Jahre 663 Ägypten unterwarf, sodaß die Teilfürsten, die dasselbe damals beherrschten (darunter Psammetlch), assyrische Vasallen waren. Zwar Ägypten hat schon um das Jahr 650 wieder seine Freiheit errungen, aber

Babylonien und sogar Lydien waren ihm, dem siegreichen Kämpfer in vielen Feld­

zügen, Unterthan. Diesem Könige verdanken unsere heutigen Forscher außerordentlich viel,

denn er hat eine Bibliothek angelegt (aus Thontafeln bestehend), für welche

viele altbabylonische Litteraturdenkmäler kopiert wurden; gerade durch die Auffin­

dung und Entzifferung dieser Bibliothek ist uns die älteste Kultur der Welt (im altbabylonischen Reiche) erschlossen worden.

Dagegen

sind wir über die letzte Zeit

wenig unterrichtet.

des

assyrischen

Reiches (625—606)

Schon im Jahre 626 machte sich Babylonien unter Nabopolaffar

von Assyrien unabhängig.

Sodann wurde Assyrien, wie auch die Nachbarstaaten,

von den damals einbrechenden Skythenschwärmen heimgesucht.

Endlich gelang es

im Jahre 606 den Medern, die sich schon vorher vergeblich gegen die Assyrer empört

hatten, unter ihrem Könige Kyaxares, der sich mit Nabopolaffar von Babylon ver­ bündet hatte, ihre Freiheit zu erringen.

Niniveh wurde zerstört und das

Reich Assyrien wurde vernichtet, 606 v. Chr.

An seine Stelle traten die

Reiche Babylonien, Medien und Lydien, welche bis dahin den Assyrern unterworfen

gewesen waren.

Von diesen Reichen besaß Babylonien die größte Macht, sodaß es

nunmehr an die Stelle von Assyrien trat.

58. DaS Reich Israel von der ersten Berührung mit der assyrischen Weltmacht dis zu seinem Untergänge 738—722.

Hatte» die bisherigen Könige Israels viele Kämpfe mit ihren Nachbaren im Norden, den Königen des Landes Syrien (mit der Hauptstadt Damaskus), z« bestehen gehabt, so begann nunmehr eine andere, viel bedeutendere Macht, Assyrien, für ÄSrael, wie auch für Juda gefährlich zu werden. Dm Beistand des Königs von Assyrien, Phul oder Tiglatpilesar, erkaufte sich nämlich der König Israels, Menahem, der den Sohn IerobeamS II. n »gl. Nr. 68.

154 vom Throne gestürzt hatte, durch einen jährlichen Tribut, den er dem assyrischen Könige zu zahlen versprach; damit war bereits die Sebständigkeit des Reiches preisgegeben. Schon der Sohn Menahem'S wurde durch einen Empörer, Pekah, gestürzt. Als nun derselbe, statt mit seinen Nach­ barn, den Reichen Juda und Syrien, vereint den Assyrern entgegenzutreten, sich mit Syrien gegen Juda verbündete, da wandte sich der König von Juda, Ahas, an den König von Assyrien (Tiglatpilesar), wie das früher der König Menahem von Israel gethan hatte, und dieser erschien sofort mit einem gewaltigen Heere, eroberte Damaskus und führte die Einwohner von Syrien als Gefangene in sein Reich; dem Könige von Israel wurde die Hälfte seines Landes genommen und die Bewohner dieser Gegenden ebenfalls als Gefangene abgeführt; über den Rest des Landes herrschte Pekah nur noch kurze Zeit als zinspflichtiger Unterkönig des Königs von Assyrien. Als derselbe durch Hosea vom Throne gestürzt war, wollte dieser letzte König deS Reiches Israel, im Vertrauen auf Ägypten, welches das weitere Vordringen, der Assyrer fürchten mußte, feine Freiheit wieder­ erringen. Aber Salmanassar, der Nachfolger von Tiglatpilesar, rückte sofort mit einem Heere gegen Israel, und der König mußte sich ihm ergeben. Doch die feste Stadt Samaria widerstand noch drei Jahre dem assyrischen Heere, welches sie umlagerte, und erst, als bereits Salmanassar's Nachfolger Sargon auf den Thron gekommen war, ist Samaria im Jahre 722 erobert worden?) Die Einwohner wurden in das assyrische Reich als Gefangene weggeführt, und neue Ansiedler wurden in das Land gebracht. AuS der Vermischung dieser nicht sehr zahlreichen heidnischen Ansiedler mit den im Lande gebliebenen Israeliten ist das Mischvolk der Samariter entstanden, welches zwar mit Überwindung deS Heidentums der neuen Völker später nur den einen Gott Israels anbetete, aber von den Juden doch nicht als rechtgläubig angesehen wurde. Ein geringer Rest dieses Volkes (etwa 100 Seelen) hat sich bis auf den heutigen Tag erhaltens. Dagegen sind die in die Gefangenschaft weggeführten Israeliten unter den andern Völkern verschwunden^); in daS heilige Land sind später weggeführte Bewohner deS Reiches Juda zurück­ gekehrt. 59.

Das Reich Juda vom Tode der Athalja bis zum Tode deS

Königs Hiskia c. 850—697.

a. Nach der Ermordung der Athalja bestieg das Haus Davids wieder den Königsthron von Juda, und unter dem dritten Könige nach Athalja, Usia (c. 770), gelangte daS Reich Juda zu großer Blüte, wie sie auch dem Nachbarreiche in derselben Zeit unter Ierobeam II. zu teil wurde. Doch auch in Juda hatten die Propheten über zunehmende Gottlosigkeit zu klagen. Aber unter Usia'S zweitem Nachfolger, AhaS (c. 730), schien sogar, wie 0 „Trotzdem darf Salmanassar auch dem Geschichtsurteil als derjenige gelten, der Israel ein Ende bereitet hat, und nicht Sargon, dem diese Frucht reif in den Schoß fiel, und der es auch nicht nötig hat, diese Lorbeeren noch seinem Ruhmeskranze zufügen zu lassen." Hommel in Müller's Handb. der kl. Altertumswiff. Bd. III, S. 71 (Abriß der Geschichte des Orients). 2) Vgl. meine Kirchengesch. Nr. 80 Ab. •) Vgl. dagegen die Erdichtung der Mormonen, Kirchengesch. Nr. 55 d.

155 schon oben gezeigt, Iuda's Untergang nahe zu sein. Israel und Syrien verbündeten sich, um Juda zu erobern, und die andern Nachbarn schloffen sich den Scharen der Verbündeten an. In dieser Zeit der äußersten Not verlor der König AhaS alles Vertrauen auf den Gott seines Volkes und wandte sich den Göttern der mächtigen Sieger zu; er opferte sogar seinen eigenen Sohn dem Moloch. Als das aber auch nichts half, da wandte er sich, wie schon oben bemerkt, an den damals mächtigen König von Affyrien, und versprach, ihm Unterthan zu sein, wenn er ihm gegen seine Feinde bei­ stehe. Tiplatpilesar kam ihm zu Hülfe, vernichtete Syrien und schwächte Israel; aber AhaS war nunmehr den Affyrern Unterthans) Als das Reich Israel durch den Anschluß an Ägypten das assyrische Joch abzuschüttelu suchte, fand eS (722) seinen Untergang; daS Reich Juda aber blieb den Affyrern Unterthan, und dadurch entging eS dem Schicksal des NachbarreicheS. b. In dieser Zeit starb der König AhaS, und ein befferer König, sein Sohn HiskiaS, der den Götzendienst wieder abschaffte, wurde König von Juda. Als der König Salmanaffar von Assyrien und auch sein Sohn Sargon gestorben waren und ihr Nachfolger Sanherib die Eroberungszüge der Assyrer nach Westen fortsetzte, da beschloß auch HiSkiaS, ebenfalls auf Ägypten vertrauend (wie der König Israels), von Assyrien abzufallen und seine Freiheit wiederzuerringen. Da trat nun dem Könige der Prophet IesaiaS entgegen, sein großer Zeitgenosse, der größte aller Propheten, von welchem uns Schriften hinterblieben sind. Derselbe war schon früher dem König AhaS entgegengetreten; jetzt trat er auch dem HiSkiaS warnend und drohend entgegen: „Pharaos Schutz wird euch zur Schande, und die Zuversicht auf Ägyptens Schatten zur Schmach" (Jes. 30, 3). Als Sanherib von HiskiaS' Abfall hörte, schickte er sofort (701) ein großes Heer nach Juda, welches das Land verwüstete und die Städte eroberte. Da suchte HiskiaS den Zorn deS assyrischen Königs zu versöhnen; er zahlte die ver­ langte Buße; aber daS assyrische Heer zog nicht ab, sondern rückte vielmehr gegen Jerusalem. Eine Unterredung deS Gesandten von Histias mit dem assyrischen Oberfeldherrn blieb erfolglos. Durch IesaiaS ermutigt, weigerte sich der König, die Stadt Jerusalem zu übergeben. Im Vertrauen auf GotteS Hülfe ermahnte IesaiaS den König, standhaft zu bleiben. „Der König von Affyrien wird nicht in diese Stadt kommen; den Weg, darauf er kommt, wird er wieder umkehren" — so lautete die Verheißung des Propheten (37, 33— 34). Und daS Verheißungswort des Propheten ging bald in Erfüllung; SanheribS Heer wurde so geschwächt, daß der König nach der Heimat zurückkehren mußte. Die Juden wie die Ägypter, welche Sanherib unterwerfen wollte, schrieben beide diese wunderbare Errettung dem Ein­ greifen einer höheren Macht zu. Die Ägypter erzählten, Feldmäuse hätten dem assyrischen Heere die Waffen zernagt, so daß es in die Heimat zurück­ kehren mußte; die MauS ist aber ein Sinnbild der Pest (vergl. 1. Sam. T) „Den Eindruck, den das Erscheinen der Assyrer in Palästina hervorrief, können wir un- nicht leicht zu groß vorstellen. Damals zuerst kam Israel mit der Welt in Berührung. Auch die Religion Israels brachte er in Verwirrung, von dieser Zeit datiert die Anbetung des Heeres des Himmels. Für die Propheten waren dagegen die Assyrer nur ein Mittel in Jehovahs Hand, um die Sünden Israels zu strafen." Kuenen, Volksreligion und Weltreligion, S. 120—125.

156 8, 4—5). Die Juden erzählten, ein Engel habe alle Kriegshelden und Fürsten und Obersten im Heere deS Königs von Assyrien vertilgt, so daß der König in sein Land zurückkehren mußte (2. Chron. 32, 21). Diese Umkehr deS assyrischen Königs, ohne daß er Jerusalem erobert hatte, berichten nun auch die assyrischen Inschriften, aber ohne den Grund dafür anzugeben. Jedenfalls hat eine ausbrechende Pest das Heer SanheribS zur Rückkehr genötigt; das darf man um so mehr annehmen, weil in dieser Zeit, wie die Bibel berichtet, die Pest auch in Jerusalem auSgebrochen ist; auch der ägyptische Bericht weist sinnbildlich auf die Pest hin. Trotz deS Abzugs blieb aber HiSkiaS den Assyrern Unterthan. Von den Assyrern ist aber feit SanheribS Rückzug gegen das Reich Juda kein Krieg mehr unter­ nommen worden.

60. Der Prophet Jefaias. a.

Berufung und Bußpredigt. Jes. 6. K. 1. 2-4. 5.

Um die Zeit, wo eben die Stadt Rom gegründet worden war (c. 720), wirkte im Reiche Juda, und zwar in Jerusalem, der größte Prophet von denen, deren Schriften und erhallen sind, der Prophet Jefaias. Seine Berufung stellt er in K. 6 seines Buches dar; er fühlt sich berufen zu predigen, obwohl seine Predigt bei der Masse des Volkes keinen Erfolg hat; aber ein Überrest deS zertrümmerten Volkes wird das Heil GotteS schauen. Die Predigt deS Propheten ist zunächst wie die der meisten Propheten, eine allgemeine Strafpredigt wider die Sünden. Solche Reden sind ent­ halten in den Abschnitten K. 1. 2—4 und K. 5. Trotz aller äußeren Frömmigkeit ist auch Juda in Gottlosigkeit verfallen, und schwere Straf­ gerichte Gottes werden das abtrünnige Volk heimsuchen.

b.

Jefaias' politische Wirksamkeit. Äes. 36—37. 29—33.

Aber Jefaias hat nicht bloß im allgemeinen seinem Volke Buße gepredigt, sondern er hat auch in die Zeitgeschichte eingegriffen. Zwei große Ereignisse hat er erlebt und mit seiner Weissagung begleitet: zuerst den Krieg der Syrer und Israeliten gegen Juda unter AhaS, und dann den Einfall der Assyrer in Juda unter HiSkiaS) Gegen das kleine Reich Juda zogen das größere Reich Israel und dessen nördlicher Nachbar, Syrien, heran, um Juda unter sich zu teilen. Da beschloß der König AhaS von Juda, bei den Assyrern, welche bereits in Israel eingegriffen hatten, gegen seine Feinde Beistand zu suchen. Ver­ geblich warnt ihn Jefaias vor dem Bündnis mit dem mächtigen Assyrien; Syrien wurde zerstört, Israel geplündert und von Assyrien abhängig, aber auch Juda wurde tributpflichtig. AlS das Reich Israel nach Unabhängigkeit strebte, wurde eS von den Assyrern vernichtet (722); Juda blieb unangetastet, da eS den Tribut weiterzahlte. Als nun aber Abab'S Nachfolger, fein von ihm ganz ver­ schiedener Sohn HiSkia, von Assyrien im Vertrauen auf GotteS Hülfe

157

abzufallen gedachte, da war nach menschlichem Ermessen auch da- Reich Juda verloren. Als nun aber da- Heer der Assyrer, über welche jetzt Sanherib herrschte, in Äuda einrückte, da verkündete der Prophet JesaiaS dem Könige HiSkia, daß eS den Assyrer» nicht gelinge» werde, die Stadt Jerusalem zu erobern; Gott werde dem auf ihn vertrauenden Könige helfe», indem er da- assyrische Heer nicht durch Menschenschwert vernichte; Sanherib werde in seiner Heimat getötet werden. „Da- schlagendste Beispiel dafür, daß die Propheten Dinge vorausgesagt haben, die außer aller menschliche» Berechnung liegen, ist die Weissagung deS JesaiaS von der Vernichtung deS assyrischen HeereS durch das Schwert eines NichtmanneS, d. h. durch unmittelbar göttliches Einschreiten, und ihre glänzende Erfüllung." l) Wie deS Propheten Verheißung sich erfüllt hat, ist oben dargelegt worden.*) Dieser Tag der Rettung Jerusalem'« aus der Hand der Assyrer war der Ehrentag im Leben deS Propheten JesaiaS. c.

Die Weissagung des JesaiaS vom vollendeten GotteSreiche. Jes. 8, 23—9, 6. 10,5—12,6. 19,16-25.

AuS großer Drangsal hatte Gott sein Volk wunderbar errettet; aber über Assyrien soll nun, wie der Prophet erwartet, da» verdiente Strafgericht kommen. JesaiaS hat dasselbe nicht erlebt, erst fast hundert Jahre nach seinem Tode (606) ist Niniveh zerstört worden. Nach dem von ihm vorauSgesagten Gericht über Assyrien sollte nun, wie er hoffte, alsbald das voll­ kommen« GotteSreich aufgerichtet werden; daß noch neue Perioden der Geschichte zwischen dem Untergange Affyrier-S und der Aufrichtung deS GotteSreicheS liegen würden, hat JesaiaS kaum geahnt (ebenso wenig wie die andern Propheten); auch er hat dies Heil ganz nahe geglaubt. Der durch die Strafgerichte Gottes geläuterte Rest deS Volke- Juda sollte als­ dann unter einem wunderbaren Könige au- David'- Geschlecht Frieden haben und in Frömmigkeit wandeln; auch heidnische Völker würden an diesem GotteSreiche Anteil haben; auch die Natur werde verklärt und ver­ herrlicht werden. Auch JesaiaS hat den Anbruch deS von ihm verkündeten GotteSreicheS nicht erlebt; er ist nach dem Jahre 700 gestorben; eine spätere Sage erzählt, er sei von dem gottlosen Könige Manaffe zersägt worden; auf diese Sage wird wohl im Hebräerbriefe (11,37) hingedeutet. 61.

Der König Josia und die Reform des Gottesdienstes.

Auf den frommen HiSkia folgte der König Manaffe, welcher daHeidentum wieder einführte, indem er den assyrischen Gcstirndienst in Juda einführte und die Bilder dieser Götter sogar in den Tempel zu Jerusalem setzte, und indem er im Thäte Hinnom bei Jerusalem die Feuerstätte deS Moloch für die Kinderopfer erneuerte. Die Mehrzahl des Volke- folgte dem Beispiel de- HofeS, die Frommen und besonder- die Propheten wurde» grausam verfolgt. Diese Zeit deS herrschenden Heidentum- nahm ein Ende, al- nach der kurzen Regierung eine- Sohne- Manaffe- der König Josia im Jahre 640 den Thron bestieg. AIS unter diesem Könige im 'I.Rie hm, AMche Theol. S. 219. -) Vgl. Nr 59.

158 Jahre 621 das etwas vorher abgefaßte Deuteronomiums im Tempel gefunden und dem Könige überreicht wurde, da beschloß derselbe, diesem Gesetzbuche entsprechend den Götzendienst auSzurotten und den Gottesdienst genau nach dem Buchstaben des Gesetzes zu ordnen. Der Tempel wurde von allem heidnischen Wesen gereinigt, und alle heiligen Orte des Götzen­ dienstes wurden zerstört. Ja, jetzt wurde auch der seit alter Zeit übliche Höhendienst untersagt und alle Heiligtümer der Höhen zerstört?) Da damals das assyrische Reich bereits im Verfall war, so konnte Josia es sogar wagen, auch in dem zum assyrischen Reiche gehörigen Gebiete der Samariter die Heiligtümer der Höhen zu zerstören. Nunmehr kam erst der Buchstabe des Gesetzes zur Geltung, was vorher niemals der Fall gewesen war. Nun­ mehr wurde auch erst der Tempel zu Jerusalem zu bem, wofür er den späteren Juden galt: daS einzige wahre Heiligtum Jehovahs. So heißt eS denn von Josia nicht mit Unrecht, seinesgleichen sei kein König in Juda gewesen, weder vorher noch nachher (2. Kön. 23, 25); dieser König ist der eigentliche Begründer deS späteren (und heutigen) gesetzestreuen Judentums?) „Aber Josias Restauration war nicht ein Versuch zu etwas ganz Neuem (Wellhausen), freilich auch nicht eine bloße Wiederherstellung alter Verhältnisie (ältere Auffassung), sondern ein Versuch, die von Moses und seinen Nachfolgern durch das Deuteronomium angestrebte Gestaltung des religiösen und wirtschaftlichen Lebens endlich vollkommener, als es je früher geschah, zu realisieren.^) Doch der fromme König fand nur zu bald einen traurigen Tod. Zu seiner Zeit war Affyrien seinem Untergange nahe, und die Ägypter begannen ihre Herrschaft über Syrien auSzudehnen, um ein Vordringen einer asiatischen Macht nach Ägypten unmöglich zu machen. Diesem Vordringen der Ägypter, welchem kein assyrisches Heer entgegentrat, da dies Reich seinem Untergang entgegenging, glaubte Josia entgegentreten zu müssen; aber als er nun dem Könige der Ägypter, Necho, bei Megiddo in Galiläa gegenübertrat, da wurde er besiegt und verwundet, und nur seine Leiche konnte nach Jerusalem zurückgebracht werden (608). DaS war der traurige Ausgang deS frommen Königs; da war eS kein Wunder, daß die Israeliten traurigen Herzens die Frage aufwarfen: „Wo ist nun unser Gott?" (Ps. 41,4. Jer. 14,19). GotteS Gesetz, war vom Volke als Reichsgesetz anerkannt worden; durfte da nicht das Volk nach der damaligen Anschauung von der schon auf Erden sich vollkommen offen­ barenden Gerechtigkeit GotteS erwarten, unter dem besonderen Schutze Jehovah's zu stehen? Gott schien aber die Frommen zu vergeffen und die Gottlosen zu segnen. Zwar der ägyptische König sollte sich dieses SiegeS nicht lange erfreuen, denn er wurde bald darauf (606) aus Asien verdrängt durch die neue Weltmacht, welche an die Stelle von Affyrien trat, durch

*) Vgl. Nr. 45 C. -) Vgl. Nr. 36. *) „Zudem das Volk Israel die Aufgabe erhält, ein heiliges Volk Zehovahs zu sein, wird in der Menschheit der Grund zur Bildung einer Kirche (im Gegen­ satz zum Staate) gelegt. Indem ein Buch als für das ganze Volk verbindliches Regulativ der Frömmigkeit eingesetzt wird, entsteht der Begriff der heiligen Schrift." Stade I, 666-667. 4j Hommel, orient. Geschichte § 62, letzte Anm.

159 deu König von Babel; doch die neue Weltmacht brachte den Juden keine Rettung; im Gegenteil, durch Babel fand da- jüdische Reich sogar seinen

Untergang.

62. Das neu-babylonische Reich?) Als das assyrische Reich seinem Untergange entgegenging, hatte der König Necho von Ägypten seine Herrschaft über Syrien auszubreiten versucht, und dabei war ihm der König Zosta von Juda vergeblich entgegengetreten. Als nun das assyrische Reich im Jahre 606 durch die verbündeten Meder und Babylonier zerstört worden war, da konnten, als die Haupterben der assyrischen Macht, die Babylonier es nicht dulden, daß Syrien in den Händen der Ägypter blieb, und so sandte der

bereits kranke König Nabopolaffar seinen Sohn Nebukadrezar (mit r in der babylonischen Sprache, nicht mit n*2)) gegen Necho; in der Schlacht bei Karchemisch am westlichen Ufer des Euphrat wurde Necho geschlagen (605), und Syrien wurde dem babylonischen Könige Unterthan. Im Jahre (604—562) bestieg nun Nebukadnezar den Königsthron. Unter ihm wurde Babel eine der glänzendsten und größten Städte der Welt, bis zur Mongolenherrschaft die größte Stadt von Asien. Wie derselbe in die Geschichte des Reiches Juda eingegriffen hat, wird unten erzählt werden. Auch Ägypten wurde nach der Vernichtung des Reiches Juda gedemütigt.

Unter Nebukadnezars unfähigen Nachfolgern (561—539; der letzte hieß Nabonid) verfiel das babylonische Reich, und wurde mit leichter Mühe durch die Perser

vernichtet.

63. Der Untergang des Reiches Juda 586. a Als der König Josia gestorben war, folgte Sohn als Herrscher. Aber der ägyptische König und führte ihn mit sich nach Ägypten, und setzte auf den Thron von Juda, und derselbe mußte

ihm zunächst sein jüngerer nahm denselben gefangen den älteren Sohn Josia's nun an Ägypten Tribut

zahlen. Die Reformation des Josia wurde zwar nicht ganz umgestoßen, aber das Heidentum wurde doch wieder geduldet; ja, die Propheten wurden vielfach wieder verfolgt, und die Sittenlosigkeit griff immer mehr um sich. Als nun der babylonische Königssohn Nebukadnezar die Ägypter auS

Asien verdrängte, da schien auch bereits das Reich Juda in die Hände der Babylonier geraten zu sollen; aber Nebukadnezar sah sich durch die Ver­ hältnisse in der Heimat zur Rückkehr genötigt, und erst vier Jahre später (602) zog er, nunmehr König von Babylon, aufs neue nach Westen, um seine Herrschaft daselbst auSzudehnen und zu befestigen. Nunmehr wurde Juda den Babyloniern Unterthan. Als aber nach drei Jahren der Kampf zwischen Ägypten und Babylonien aufs neue begann, da zog Nebukadnezar

alsbald gegen Ägypten und besiegte dasselbe. Da aber der König von Juda auf Ägyptens Seite getreten war, so wurde auch Juda bekämpft und bezwungen. Als der jüdische König in dieser Zeit starb, hielt eS sein Nachfolger Jojachin für das beste, sich dem König von Babylon zu ergeben, und derselbe führte ihn mit vielen Bornehmenb) gefangen nach

0 Die Geschichte des alt-babylonischen Reiches stehe oben Nr. 19d. 2) Die Schule mag bei dem Namen Nebukadnezar bleiben; so auch noch Weher2 und Stade u. s. w. *) Zu denselben gehörte auch der Prophet Ezechiel, der seitdem in Babylon als Prophet der Juden predigte.

160 Babel, der Tempel und der Königspalast wurde geplündert und daS Volk entwaffnet (597). Darauf setzte Nebukaduezar einen jüngeren Sohu Josia'S, Zedekia, als König in Jerusalem ein, und derselbe war ihm natürlich Unterthan. Je drückender aber daS babylonische Joch war, desto mehr sannen König und Volk darauf, sich desselben zu entledigen, und natürlich richtete sich ihre Hoffnung wieder auf Ägypten; vergeblich warnte der Prophet JeremiaS, der schon seit längerer Zeit im Reiche Juda predigte, den König und die Vornehmen vor dem Abfall von Babel; sein Wort wurde nicht beachtet, ja, er selbst wurde bedroht und verfolgt?) Seine Gegner wiesen darauf hin, daß Gott eS unmöglich zulaffen könne, daß Jerusalem und der Tempel in die Hände der Heiden fielen. AlS nun der König Zedekia auf Abfall sann, da zog Nebukadnezar mit einem großen Heere gegen Juda, ehe die Ägypter herankamen, erpberte daS Land und belagerte Jerusalem. Zwar erschien daS ägyptische HülfSheer in Juda, aber eS wurde geschlagen. So wurde denn Jerusalem nach zweijähriger Belagerung erobert; der König entrann zwar zunächst im Getümmel deS Kampfes, aber bald wurde er eingeholt und vor Nebukadnezar geführt. Derselbe ließ vor seinen Augen seine mitgefangenen Söhne hin­ richten; darauf wurde er selber geblendet und in Ketten nach Babel geführt, wo er im Gefängnis gestorben ist. Die Stadt wurde geplündert und zerstört, wobei namentlich auch die Edomiter sich eifrig beteiligten (Ps. 137); der Tempel wurde vernichtet, viele Einwohner wurden auch jetzt wieder ins Exil abgeführt. Über den Rest der Bewohner wurde ein Jude, Gedalja, als Statthalter des babylonischen Königs gesetzt. Als derselbe aber bald ermordet wurde von einem ihm feindlichen Juden, den der Ammoniterkönig zu dieser That überredet hatte (welcher durch Gedalja sich gehindert sah, sein Gebiet auf Kosten Juda'S weiter auSzudehnen), da flohen viele Juden vor Nebukadnezar'S Rache nach Ägypten. Auch eine spätere Empörung der Juden schlug nur zu ihrem Verderben auS. So hatte auch das Reich Juda seinen Untergang gefunden, Jerusalem war zerstört, der Tempel war vernichtet; aber daS Reich Gottes ist nicht zu Grunde gegangen. Aber nicht auS Ägypten, wo die Juden seit dem Exil in großer Anzahl lebten, auch nicht aus dem heiligen Lande, wo ja noch immer viele Juden zurückgeblieben waren, auch nicht auS den Weg­ geführten deS Reiches Israel, sondern aus den Juden in Babylon sind die Männer hcrvorgegangen, welche das Volk GotteS zwar nicht als politisches Gemeinwesen, aber doch als Religionsgemeinschaft wiederhergestellt haben. Im Anschluß an die Predigt der Propheten hofften die frommen Juden in Babylon, Gott werde sein Volk nach Jerusalem zurückführen und den Tempel wiederherstellen; denn auch nach der Zerstörung der heiligen Stadt und deS Heiligtums hielten die Juden an der Meinung fest, daß daS Reich GotteS für immer geknüpft fei an das heilige Land und die Stadt Jerusalem und den Tempel; erst daS Christentum hat diese Schranke deS Glaubens überwunden?) *) Das Leben des Zeremias ist im folgenden Abschnitt im Zusammenhänge besprochen, und auch auf seine Weissagung wird dort genauer eingegangen. 2) Vgl. Nr. 74. ;

161

64. Der Prophet Jeremias. a. Die Zeit de- Propheten Jeremias.

Als im Jahre 621 der König Josta das Gesetz deS Deuteronomiums zur Grundlage seiner Reformation des Gottesdienstes im Reiche Juda gemacht hatte, da erwarteten die frommen Israeliten, daß nun eine neue Periode des Glückes für Israel anbrechen werde; aber Josta fiel im Kampfe gegen den Ägypterkönig Necho, welchen er daran hindern wollte, in Asien

vorzudringen; damit waren alle schönen ZukunftShoffnuugeu für das Reich Juda vernichtet; vielmehr ging das Reich jetzt mit schnellen Schritten seinem Untergänge entgegen. Josia'S Nachfolger hatten eS ihrer Verbindung mit Ägypten zu verdanken, daß der babylonische König Nebukadnezar gegen

Juda heranzog und hier einen neuen König einsetzte, Zedekia, der ihm Unterthan sein mußte. Als derselbe aber von Nebukadnezar abfiel, wurde daS Reich Juda zerstört, und die Juden wanderten in das babylonische Exil. b. Die Berufung des JeremiaS. Jer. 1. 16,1 — 9. 20, 14—18 und 7—13.

Auch in dieser Zeit, wo Assyriens Macht sank und unterging, wo Babel emporkam und Juda unterging, sind unter den Juden Propheten aufgetreten; zunächst Nahum, Zephanja nnd Habakuk, sodann Ezechiel (Hesekiel), welcher unter den bereits vor der Zerstörung Jerusalems inS Exil abgefübrten Juden wirkte, vornehmlich aber, der größte unter diesen Propheten, Jeremias. Kurz vor der Reformation deS Josta (621) ist JeremiaS, eines Priesters Sohn aus der Stadt Anathot bei Jerusalem, als Prophet auf­ getreten. Seine Berufung hat er in Kap. 1 seines Buches dargestellt. Nicht aus eigenem Belieben, sondern einem göttlichen Rufe folgend, ist JeremiaS als Prophet aufgetreten, in einer Zeit, wo daS Unheil über sein Volk hereinbricht, und obwohl er weiß, daß seine Predigt bei allen Ständen des Volkes Widerspruch erfahren wird. Er hat seinem Berufe so gänzlich angehört, daß er sich (gegen die allgemeine Sitte) nicht einmal verheiratet hat (16,1—9). Zwar auch er hat einmal, wie Hiob, den Tag seiner Geburt verflucht (20,14—18); aber er hat sich trotz aller inneren und

äußeren Anflchtung von seinem Beruf nicht abbringen lassen (20,7—13). Seine Predigt, die sich über einen Zeitraum von mehr als vierzig Jahren erstreckte, war aber, wie die der meisten Propheten, zunächst eine Straf­ predigt, dann aber auch eine Predigt von dem zukünftigen Heil; dieselbe soll im folgenden kurz zusammengefaßt werden?)

c.

Die Strafpredigt deS JeremiaS.

Götzendienst: 2,1—3, 5. 10,1—6. 5,21-24. 17,5—10. Sittenlosigkeit: 5,1 — 13. 9,1 — 16. 14,7—12. Falsche Propheten: 14,13 —18. 23,9—40. K. 7. DeS Volkes Untergang: 27. 28. 21. Verfolgung deS Propheten: 11, 18-23. 19,14—20,6. 26. 28. 37. 38. 36.

Nur ein Gott sollte im Volke Israel verehrt werden; aber alS JeremiaS auftrat, war auch im Reiche Juda der Götzendienst weit verbreitet,

9 Der Schüler lernt dieselbe natürlich durch die Lektüre des Propheten kennen. Heinrich, Heilige Geschichte.

11

162 und so tritt denn JeremiaS zunächst dem Götzendienst in strafenden und drohenden Reden entgegen (2,1—3, 5. 10,1 — 16. 5, 21—24); in thörichter Weise wendet sich daS Volk den heidnischen Nachbaren zu, die ihm doch nur Verderben bringen (17,5-10). Und mit dem Abfall von Gott ist die ärgste Sittenlosigkeit ver­ bunden (5,1-13. 9,1—16. 14,7—12). Jeremias erklärt es für eine eitle Hoffnung, welche falsche Propheten unter ihnen erwecken, daß cS der Stadt Jerusalem und dem Volke GotteS, daS eben durch Josta zum Gesetz Gottes zurückgeführt worden sei, um seiner angeblichen Frömmigkeit willen nicht schlecht gehen könne; auch das Reich Juda mit Jerusalem und dem Tempel werde zerstört werden (14, 13—18. 23, 9—40. K. 7). Und Jeremias weiß auch bereits, durch welches Volk daS Reich Juda seinen Untergang findet; eS sind die Babylonier, welche, mit den Medern verbündet, im Jahre 606 Niniveh zerstört hatten, und nun, ihre Herrschaft nach Westen ausdehnend, das wohlverdiente Strafgericht an Juda vollziehen werden (K. 27. 28). Als die Babylonier Jerusalem nun wirklich belagerten, da weiß er keinen andern Rat, als sich denselben zu ergeben (K. 21). Diese Predigt des Propheten gefiel freilich niemandem, und so wurde er von seinen Landsleuten in Anathot geschmäht (11,18—23), von dem Obersten deS Tempels geschlagen und gefangen gesetzt (19,14—20,6), von den falschen Propheten bekämpft (K. 26 und 28), als schlechter Patriot, der die Bewaffneten entmutige und zur Übergabe der Stadt ermahne, in eine Schlammgrube geworfen, aus der er nur durch die Verwendung eine­ königlichen Kämmerers noch bei Zeiten wieder herausgezogen wurde (K. 37 und 38); er blieb aber gefangen. Seine Reden, die er ausgeschrieben hatte, waren schon von einem Vorgänger des Zedekia verbrannt worden (K. 36); er hat sie später selber aufs neue zusammengestellt (36, 2), und eine spätere noch vollständigere Sammlung derselben hat sich bis auf unsre Zeit erhalten. Die Klagelieder, welche in der jetzigen hebräischen Bibel dem dritten Teil der Bibel einverleibt sind (um die fünf Bücher beisammeu zu haben, welche an bestimmten Festen in der Synagoge vorgelesen werdens), standen früher hinter dem Weissagungsbuche (wie in der Lutherbibel); eS sind fünf einzelne ergreifende Klagelieder über den Untergang des Reiches Juda, getragen von dem Gefühl der Ergebung in die Hand Gottes und deS Vertrauens auf seine spätere Gnade. Das Buch Baruch (eines Schülers deS Jeremias) nebst dem ihm angehängten Brief des JeremiaS (K. 6) sind Schriften aus späterer Zeit, welche mit Recht unter den Apokryphen stehen.

d.

JeremiaS' Schicksal nach der Zerstörung Jerusalem'-. Jer. 39,1-2 u. 11-14. 40,1—6. K. 42—43.

AlS Jerusalem erobert wurde, da wurde Jeremias auS dem Gefängnis befreit, in welches er durch die Feindschaft der Ratgeber deS Königs Zedekia geworfen worden war. Als er nun aber in die Gefangenschaft abgeführt werden sollte, da wurde er infolge der Verwendung irgend eines Fürsprecher0 Vgl. Nr. 9.

163 freigelassen, und eS wurde ihm freigestellt, ob er nach Babel auSwandern oder im jüdischen Lande bleiben wolle. Jeremias blieb in seiner Heimat, wo als babylonischer Statthalter ein Jude, NamenS Gedalja, waltete, der sich seiner Landsleute nach Kräften annahm. Als aber bald darauf Gedalja von einem fanatischen Juden ermordet wurde, flohen die noch übrigen Juden gegen Jeremia's Rat vor der Rache der Babylonier nach Ägypten, und zwangen auch den Propheten mit ihnen zu ziehen; dort ist er wahrscheinlich gestorben. Sein Gedächtnis lebte nicht bloß in seinen Schriften, sondern auch in der Sage deS Volkes weiter; man erzählte sich von ihm später, er habe die BundeSlade und andere Heiligtümer des Volkes bei der Verbrennung des Tempels gerettet und in einer Höhle deS BergeS Horeb verborgen, wo sie bis zu der messianischen Zeit verborgen bleiben würden (2. Makk. 2). Jeremias selber predigt von einem GotteSreiche ohne BundeSlade (vgl. Jer. 3,14—17); wie deS EliaS, so wurde auch deS Jeremias Wiederkunft vor dem Auftreten deS Messias erwartet (Matth. 16, 14).

e. Die Hoffnung des Jeremias. Jer. 50,1-3. 30, 1—3 und 18—22. 23,1—8. 31,31—34. 3,14—17. 33,14—18. Als Jerusalem zerstört worden war, da klagte JeremiaS in seinen „Klageliedern" über den Fall der Stadt Gottes; aber er wußte doch nicht bloß zu klagen, sondern auch zu trösten, denn er war erfüllt von der Hoffnung auf ein neues besseres Gottesreich, als durch die Babylonier zerstört worden war. DaS mächtige Babel wird — daS weiß der Prophet - später selber zerstört werdens (Jer. 50,1 — 3), und nach 70 Jahren (25,11; eine runde Zahl — das Exil hat nicht ganz so lange gedauert) lehrt dann Juda, mit welchem Israel wieder vereinigt wird, nach der Heimat zurück, und dann wird alsbald, wie JeremiaS gleich allen andern Propheten erwartet (ohne die neuen Entwickelungsstufen deS Gottesreiches zu kennen), daS vollkommene Gottesreich aufgerichtet werden (30,1—3 u. 18—22.), beherrscht von einem König auS dem Hause Davids, der das sein wird, was Zedekia nur hieß: ein gerechter König, der aufS innigste mit Gott verbunden ist (23,1-8). Und dieses Gottesreich soll nun — und hiermit gewinnt Jeremias von allen Propheten die am meisten Neulestamentliche Anschauung vom neuen Gottesreiche — nicht mehr der alte Bund sein, sondern ein neuer Bund für alle Menschen, ohne BundeSlade, in wahrer Gemeinschaft deS Herzens mit Gott (31,31—34. 3,14—17); über trotzdem spricht auch Jeremias noch von Opfern und Leviten und einem Tempel in diesem Gottesreiche; auch er hat die Schranke der ATlichen Erkenntnis nicht ganz überschritten (33,14—18). Die Hoffnung des Jeremias hat sich erfüllt, aber nicht so schnell, wie er erwartete, und noch viel herrlicher, als er dachte; aber daS voll­ kommene Gottesreich ist noch heute ein Gegenstand der Hoffnung.

Durch wen (CyruS) — das weiß er noch nicht.

164

C. Airs Kant und die Wückkehr. 65.

Die Geschichtsbücher der Zeit «ach dem Exil?) 1.

Die Bücher der Chronik, Esra und Nehemia.

a. Dem großen Geschichtswerke der vorexilischen Zeit, welches die Bücher MosiS, Josua, Richter und Ruth, Samuels und der Könige umfaßt, und die Geschichte deö BolkeS GotteS vom Anfang der Welt bis zum Untergange Juda'S darstellt, fleht ein zweites, nachexilischeS Geschichtswerk von geringerem Umfange zur Seite, die Bücher der Chronik, ESra und Nehemia umfassend, welches ebenfalls mit der Schöpfung beginnt, aber nur einige Haupt­ epochen der Geschichte des Volkes GotteS genauer behandelt, dagegen die Geschichte desselben bis zur Wiederherstellung des GotteöreicheS nach der Rückkehr auS Babel darstellt. Dieses Geschichtswerk zerfällt heute in vier Bücher, die zwei Bücher der Chronik, welche aber ursprünglich nur ein Buch bildeten, und die Bücher Eöra und Nehemia, welche aber ursprünglich ebenfalls nur ein Buch bildeten, und erst später in zwei Bücher geteilt worden stnd, welche früher als erstes und zweites Buch ESra?), erst später als Bücher Esra und Nehemia bezeichnet wurden. Daß alle diese Bücher ursprünglich ein Ganzes bildeten, zeigt der Schluß der Chronik, welche mit demselben (aber hier unvollendeten) Satze schließt, mit welchem daS Buch ESra anfängt. In dieser Weise deuten nämlich in der alten Zeit die Abschreiber eines BucheS öfters auf die Fortsetzung desselben hin. Das Buch der Chronik beginnt mit Geschlechtsregistern und Listen, in welchen die Geschichte des Volks GotteS von Adam bis auf David dargestellt wird. Darauf folgt die Geschichte von David und Salomo. Den Schluß bildet die Geschichte des Reiches Juda. Der Verfafler erzählt also nichts von der älteren Geschichte des Volkes vor David, auch nichts von Saul und nichts vom Reiche Israel, und er spricht vornehmlich vom Gottesdienste und seinen Einrichtungen; er will offenbar zeigen, wie die frommen Könige (daher werden Saul und die Könige des Reiches Israel nicht besprochen) den rechten Gottesdienst eingerichtet und aufrechterhalten haben. Die Bücher ESra und Nehemia zeigen, wie nach dem Exil daS GotteSreich durch Josua und Serubabel zunächst wieder aufaerichtet, dann durch ESra und Nehemia aufs neue geordnet worden ist. Die Geschichte der an den Tempel in Jerusalem geknüpften Religion stellt also dies nachexilische GeschichtSwerk dar, und dankbar blickt der Ver­ fasser dieses BucheS auf diejenigen Männer hin, welche um die Einrichtung und Gestaltung des rechten Gottesdienstes sich verdient gemacht haben. DaS ganze GeschichtSwerk ist also eine Geschichte der Religion deS BolkeS GotteS; darum läßt der Schriftsteller vieles Persönliche unbeachtet. Gutes und BöseS, was die Könige gethan haben; ihm ist die Darstellung der Geschichte deS Gottesdienstes die Hauptsache. b. Was der Verfasser dieses großen GeschichtSwerkeS erzählt, beruht allerdings zum Teil auf dem vorexilischen GeschichtSwerk, welches in dem

Nur für den Lehrer bestimmt. 2) Das sogenannte dritte Buch Esra ist eine freie, erweiterte Bearbeitung des kanonischen ersten Buches in griechischer Sprache; das vierte Buch Esra ist eine Apokalypse.

165 ersten und zweiten Teil der hebräischen Bibel enthalten ist, aber auch auf anderen Quellen, die dem Berfaffer außerdem zu Gebote standen, für die Geschichte von ESra und Nehemia zum Teil sogar auf eigenhändigen Auf­ zeichnungen dieser beiden großen Männer. Diese Quellen hat der Berfaffer dcS Werkes in derselben Weise verwertet, wie das in den Geschichtsbücher« der Bibel überall geschieht, teils buchstäblich fit ausnehmend, teils sie freier bearbeitend; jedenfalls ist seine Darstellung eine beachtenswerte Ergänzung und Fortführung de» vorexilischen Geschichtsbuch»; aber die Überlieferung war im Laufe der Zeit teils bereits umgestaltet worden, teils hat der Erzähler selber dieselbe im Geiste seiner Zeit umgestaltet, welche auf den äußeren Gottesdienst ein allzu großes Gewicht legte. Die» nachexilische Geschichtsbuch führt uns 'aber bis weit in die per­ sische Zeit hinab, so daß seine Entstehung um da» Jahr 300 anzusetze» ist; der letzte Hohepriester, der genannt ist, ist ei» Zeitgenosse Alexanders de» Großen. Wahrscheinlich ist dasselbe von einem Leviten geschrieben, da eS besonder» vom Gottesdienste handelt und ganz besonder» von den Leviten, noch mehr al» von den Priestern, spricht; aber der Name des BerfafferS (oder des letzten Bearbeiters) der vier Bücher ist uns nicht bekannt. c. Im Gegensatze zu den älteren Geschichtsbüchern, welche vorwiegend vom prophetischen Standpunkte auö geschrieben find, trägt dies nach­ exilische GeschichtSwerk einen priesterlich-levitischen Charakter, wie da» ja von einem Leviten zu erwarten Ist. »Die Bücher der Könige und der Chronik repräsentiren besonders deutlich die zwei Arten der Geschicht­ schreibung der Bibel?) Während da» KönigSbuch ein prophetische» GeschichtSwerk ist, trägt die Chronik priesterlich-anualistischen Charakter. Der Berfaffer deS Königsbuchs, der sich am Deuteronomium und an der prophetischen Litteratur gebildet hat, will zeigen, wie daS Israel der beiden Reiche durch Verachtung des göttliche», von den Propheten getragenen Wortes und besonder» durch die Grundsüade deS Götzendienstes von Stufe zu Stufe inneren und äußeren Verderbens bis in den Abgrund des Exils hinabstürzt — Juda jedoch mit seinem Davidischen Königtum nicht ohne die Hoffnung der Wiedererhebung a«S diesem Abgrund, »ernt eS solcher prophetischen Predigt der Geschichte seiner Vergangenheit nicht da» Herz verschließt. Der Chronist dagegen, dem man schon an den seinem Werke vorausgeschickten annalistischen Übersichten seine Liebe zu dem gott» «rwählten Königtum und Priestertum a«S de« Stämmen Juda und Lovi abfühlt, eilt, indem er gleich mit dem traurigen Ende Saul'S beginnt und über Davids Leidensgang zum Throne kein Wort verliert, de» freudenreichen Anfängen feines Königtums zu, die er unS in der volkstümliche», kriegerisch­ priesterlichen Darstellungsweise der Annalen vorführt; er schildert unS dann, fast gänzlich abgewandt von der Geschichte deS nördlichen Reiches, die Geschichte Juda» und Jerusalems unter der Herrschaft deS Hause» Davids, besonders ausführlich da, wo er die Sorge deö Königtum» für Tempel und Kultus und daö Zusammenwirken de-selben mit Leviten und Priester­ schaft zu rühmen weife.'2) »Das levitisch-priesterliche Kultusinteressr ist hier zum religiösen Hauptintereffe geworden; der Maßstab, nach welchem der

-) Lgl. Rr. 17. -) Delitzsch, Jesata«, 6. S.

166

Chronist die Könige mißt, ist nicht der deuteronomische Maßstab des Bucheder Könige, sondern der Eifer für den gesetzlichen Gottesdienst, und dieWertlegen auf den Tempeldienst und damit die Veräußerlichung der Religion hat später immer mehr zugenommen/ ]) .Wenn nun auch diese Bücher bereits den Übergang von der echten Religion des Alten Bundes in daS werkgerechte Judentum zeigen, so weisen sie doch auch noch die Nachwirkung der ATlichen Offenbarung auf daS nachexilische Judentum auf. Der Eifer für die äußerliche Gesetzesbeobachtung erscheint noch nicht in pharisäischer Verzerrung, sondern ist noch mit auf­ richtiger Frömmigkeit verbunden, und dieser Eifer für daS Gesetz hatte ja zunächst seine geschichtliche Berechtigung. Gerade durch die Konstituierung deS nachexilischen Judentums auf der Grundlage des mosaischen Gesetzes konnte das Gesetz erst seine Aufgabe erfüllen, ein Zuchtmeister auf Christus zu werden. So stehen diese Bücher zwar auf der Grenze des Kanonischen, wie die von ihnen dargestevte Zeit an der Grenze der Offenbarung GotteS im Volke Israel; aber wie die Wiederherstellung deS Gottesreiches noch als eine thatsächliche Offenbarung GotteS zu betrachten ist, so haben auch diese Bücher, welche diese Offenbarung darstellen, ein Recht auf eine Stelle im Kanon der heiligen Schrift.") 2. Die Bücher Esther, Tobias und Judith. In das Leben der Juden im Exil führen uns namentlich drei Bücher ein: Esther, Tobias und Judith. a. DaS Buch Esther erzählt, wie eine Jüdin,2) welche zur Gemahlin des Perserkönigs AhaSveruS (d. h. kerxeS) erhoben worden ist, ihr Volk vor den Nachstellungen eines Judenfeindes, Haman, errettet hat — eine Geschichte, welche den Anlaß zur Feier deS PurimfesteS gegeben hat, des mit der Heil-geschichte nicht zusammenhängenden sondern specifisch jüdischen Festes, welches noch heute von den Juden als Freudenfest gefeiert toirb.4) Schon die alten Juden und auch Luther haben Bedenken dagegen aus­ gesprochen, daß dies Buch als kanonisches Buch betrachtet werdet) während manche Juden eS dagegen besonders hochschätzten. ES ist ja allerdings auffallend, daß in dem ganzen Buche der Name GotteS gar nicht vorkommt, während der persische König 187 mal genannt wird; aber man darf nicht sagen, daß daS Buch der Religion ganz fernsteht; eS ist auch nach der Darstellung dieses Buches offenbar GotteS Gnade, der die Rettung des Volkes aus großer Gefahr zugeschrieben wird. Daß der Verfasser den Namen GotteS absichtlich nicht gebraucht, hat vielleicht darin seinen Grund, daß er sein Buch für die Vorlesung bei den Festgelagm des PurimfesteS bestimmt hatte, wobei der Name Gottes im Taumel deS Festes leicht entT) Riehm, ATliche Theol. S. 395-396. s) Riehm, Einl. II, § 111. 8) Dieselbe erhält als Gemahlin des persischen Königs einen persischen Namen „Esther" d. h. „Stern," während sie bis dahin einen jüdischen Namen führte: „Hadaffa" d. h. Myrte. ) Thörichte Leute führt IesuS uns vor in den fünf Jungfrauen, die für ihre Lampen kein Öl in Bereitschaft haben, als sie des Bräutigams Ankunft erwarten (Matth. 25, 1—13), und in dem Knechte, der das von dem Herrn ihm anvertraute Pfund vergräbt, statt es zu benützen (K. 25, 14—30), wie auch in demjenigen Knechte, welcher in der Abwesenheit seines Herrn alles Un­ recht für erlaubt hält (Luk. 12, 42—48). Solchen Leuten stehen die fünf klugen Jungfrauen (Matth. 25, 2) gegenüber und die klugen Verwalter deS anvertrauten Pfundes (Matth. 25, 16—17) und der kluge Haushalter deS abwesenden Herrn (Luk. 12, 42); sie haben den schmalen Weg gefunden und werden durch die enge Pforte in daS Himmelreich eingehen.*2) So hat also IesuS das Thema der Bergpredigt (und der verwandten Reden) von der wahren Gerechtigkeit behandelt im Anschluß an das Gesetz Mosis, aber im Gegensatze gegen die Pharisäer; der Christen Ge­ rechtigkeit soll besser sein denn der Schriftgelehrten und Pharisäer. p. 3) Jesus fordert von seinen Jüngern eine bessere Gerechtigkeit, denn die der

Schristgelehrten

und

Pharisäer;

welches

ist

nun

also

die

von

Jesus

geforderte bessere Gerechtigkeit? Der Wille Gottes

ist

nach

der Anschauung Jesu

im Gesetz

des Alten

Testaments geoffenbart; Jesus kämpft also nicht gegen das Alte Testament, sondern zunächst nur gegen die falsche Auslegung des.Gesetzes durch die Pharisäer. Die Pharisäer hielten sich aber vorzüglich an diejenige Seite des Gesetzes, wonach

es die äußere Frömmigkeit deS israelitischen Gottesstaates regelte, und nun blieben

*) Auch die kurze Bergpredigt bei Lukas schließt mit derselben Mahnung (K. 6, 43-49; vgl. auch 13, 23-30). 2) Diese Zusätze zur Bergpredigt bleiben unbeachtet, wenn die Zeit nicht ausreicht. 8) Anmerkung für den Lehrer.

347 sie bei dem Buchstaben des Gesetzes stehen.

Das Gesetz verbietet Mord und Ehebruch,

weil es nur Thatsünden bestrafen kann; so erklären die Pharisäer nur den wirk­

lichen Mord und Ehebruch für eine Sünde;

aber schon das Alte Testament, wie

viel mehr Jesus, verbietet auch die Sünden des Herzens.

Freilich machte Jesus

aus seinen Forderungen keine Gesetze, sondern stellte sie nur als Ziele der Frömmig­

keit hin, da die ideale Sittlichkeit niemals zum Gesetz erhoben und mit Gewalt durchgesetzt werden kann; aber von ihm selbst wie von seinen Jüngern wird doch dies neue Gesetz erfüllt, indem z. B.

im Christentum auch die Feindesliebe nicht

bloß gefordert, sondern auch geübt wird. Die Pharisäer betonten ferner den Buchstaben des Gesetzes, ohne auf die

tieferen Gedanken des übrigen Inhalts des Alten Test, einzugehen; Jesus aber geht über den Buchstaben des Gesetzes hinaus und weist auf den Geist des ganzen

Alten Testamentes hin.

Das zeigt sich z. B. in seiner Auslegung des Scheidungs­

gesetzes. Die Pharisäer können sich hier für ihre Auslegungallerdings auf den Buchstaben

des Gesetzes

berufen; 'aber Jesus weist (Matth.

19,3—8) auf die Schöpfungs­

geschichte des Alten Testamentes hin, und aus ihr zeigt er, daß dem Sinne des Alten Testamentes die Scheidung überhaupt nicht entspreche, und^daß Moses die­

selbe nur um der

sittlichen Schwäche des Volkes willen zugelaffen habe.

Ebenso

entspricht Jesu Forderung, daß man nicht bloß den Volksgenossen, sondern auch

den Feind liebe, durchaus der Schöpfungsgeschichte des Alten Testamentes, nach

welcher ja alle Menschen von einem Menschenpaare herstammen,

also auch

alle

unter einander Brüder sind.

Wenn so Jesus das Sittengese tz des Alten Testamentes anerkannt hat, aber der Auslegung der Pharisäer entgegengetreten ist, so gilt dasselbe auch vom Ri tu alg es etz; auch dies hat Jesus zunächst anerkannt und auch selber befolgt; aber auch hier fühlt er sich

an die Auslegung der Pharisäer nicht gebunden. Die Pharisäer legen auch hier den Menschen ein schweres Joch auf mit ihrer Betonung des Buchstabens und mit ihrer Verzäunung des Gesetzes; Jesus hält sich nur an das Gesetz Gottes, nicht an die

Menschengebote der Pharisäer.

Sodann hat Jesus, ebenso wie die Propheten, das

Rituakgesetz dem Sittengesetz untergeordnet; Barmherzigkeit ist mehr wert als Opfer; die innere Reinheit bestimmt den sittlichen Wert des Menschen, nicht die levi-

tische Reinheit.

Aber wenn nun Jesus auch das Ritualgesetz für ewig gültig erklärt hat, hat

denn dann die christliche Kirche

ein Recht gehabt, dem Paulus folgend von der

Beachtung des Ritualgesetzes zunächst die Heiden und dadurch auch die Juden freizumachen?

Hat Paulus im Sinne Jesu gehandelt, wenn er das Ritualgesetz für

nicht mehr verbindlich für den Christen gehatten hat?

Diese Frage darf mit Ja

beantwortet werden, wenn wir bedenken, daß Jesus zwar nirgends das Ritual­

gesetz für nicht mehr verbindlich erklärt hat, aber daß er von einer Zeit gesprochen hat, wo eine neue Anbetung Gottes in Geist und Wahrheit stattfinden wird.

Wenn

man weder in Jerusalem noch in Garizim zu beten braucht, so bedarf es auch keines Tempels mehr, und Jesus hat ja auch selber darauf hingewiesen, daß der Tempel zerstört werden wird.

Mit dem Tempel fallen aber auch die Opfer,

Jesus weist ja jelber auf seinen Tod als das neue Sühnopfer hin.

und

So wird also

eine Zeit kommen, wo Gott im Volke Israel, ja in der ganzen Menschheit, in einer vollkommeneren Weise gegenwärtig ist als bisher, wo er im Herzen der Menschen

wohnt und nicht im Tempel, wo er im Geiste angebetet wird und nicht durch die Befolgung der Ritualgesetze.

348 auch dann das Ritualgesetz nicht

Aber auch von dieser Zeit gilt es, daß

abgeschafft ist, sondern eS ist erfüllt worden und wird fortwährend erfüllt, ja,

jetzt erst recht erfüllt.

Denn das Gesetz hatte doch nur den Schatten von den zu-

künftigen Gütern (Hebr. 10,1); die wahren Güter des Gottesreiches waren in den Sinnbildern des Ritualgesetzes zwar angedeutet, aber nicht notwendig wirklich vor­ handen; im Christentum ist das Sinnbild zur Wahrheit geworden.

Reinigung sollte zur sittlichen Reinigung treiben;

Die levitifche

wer sittlich rein ist, in dem ist

das Ziel dieser Gebote erfüllt; das israelitische Priestertum hat seine Erfüllung

gefunden in dem

allgemeinen Priestertum aller Gläubigen; der wahre Tempel

Gottes ist die Gemeinde der Heiligen.

So ist das Ritualgesetz nicht abgeschafft,

sondern im Christentum zur Erfüllung gekommen, und zwar mehr, als im Juden­ tum der Schriftgelehrten und Pharisäer.

So hat also Jesus, obwohl er selber das Gesetz beobachtet hat, doch

den

Grund gelegt zu der Freiheit vom Gesetz, welche Paulus gepredigt hat; aber unsre

Freiheit vom Gesetz beruht nicht auf der Abschaffung, sondern auf der Erfüllung des Gesetze-.

q.1) Wenn so in der Bergpredigt der Gegensatz Jesu gegen die Pharisäer in

der Auslegung des Gesetzes dargelegt wird, so könnte man vielleicht noch fragen,

ob denn diese Predigt Jesu für^uns noch so notwendig sei, da wir doch nicht mehr Schüler der Pharisäer sind, sondern von Jugend auf die Gebote Gottes mit

der Erklärung Lut her's lernen, der ja in Jesu Sinne uns diese Gebote erklärt.

Aber wenn wir auch heute in anderm Sinne unterrichtet werden, als die Juden damals, so bleibt doch das Menschenherz immer dasselbe, und der „alte Adam"

lebt auch in den Christen und sucht die Gebote Gottes sich zu erleichtern und 1>ie Und giebt es denn nicht auch noch

Pflichten gegen den Nächsten zu verringern.

heute eine „Jesuitenmoral", welche in der katholischen Kirche offieiell anerkannt

ist*3), und welche die göttlichen Gebote in einer Weise ausleqt, daß man diese Aus­

leger eher für Schüler der Pharisäer halten möchte, als für Jünger Jesu, dessen

Namen doch ihr Orden trägt! Wer ihre Moral kennt, der wird den Spruch.unserer Vorfahren begreifen: „Jesuiter — Jesuwider".

Der Jesuiten Auslegung der gött­

lichen Gebote ist in der That das gerade Gegenteil von der Auslegung Jesu.

Der

Lehrer wird vielleicht, wenn er dazu Zeit hat, auf diesen Gegensatz der Jesuiten­

moral zu der Jesusmoral auch hier etwas eingehen 3), und so gewinnt der Schüler, dem in der Schule wohl kaum irgendwo eine wissenschaftliche oder auch nur schul­

mäßige Sittenlehre dargeboten werden kann, doch das, was er in dieser Beziehung

braucht, in der für die Schule wohl am besten paffenden Weise: zunächst durch die

Erklärung des Katechismus, sodann durch die Besprechung des Gesetzes im A. T., durch die Lektüre und Besprechung der Bergpredigt im N. T. und durch die Lektüre geeigneter Abschnitte der Briefe des N. T.

Für die oberen Klaffen der höheren

Schulen bringt überdies der Unterricht in der philosophischen Propädeutik, sowie

die Lektüre der deutschen und der fremden Klassiker (Cicero, Xenophon, Plato) noch

manche wertvolle Bereicherung und Ergänzung. *) Anmerkung für den Lehrer. 3) Vgl. Kircheng. Nr. 71 B. d) Ich erlaube mir den Lehrer auf Pascal's Provinzialbriefe zu verweisen; eine kurze Darstellung der Jesuitenmoral und eine jesuitische Auslegung der zehn Gebote (gegenüber der von Jesus) siehe auch in meiner „Kirchengeschichte", Nr. 71 B

349 114. Das Vaterunser.

a. Wie man nicht beten solle, daS hat Jesus seinen Jüngern zunächst gezeigt; aber er hat sie auch darüber belehrt, wie man beten solle. ES kommt nicht darauf an, wie die Heiden meinten und noch heute meinen, daß man viele Worte mache; der Allwissende weiß ja, was wir begehren und bedürfen; ja er weiß es besser als wir und eher als wir. Und um uns nun zu zeigen, wie man in Kürze um viele Dinge beten könne, giebt er seinen Jüngern ein Mustergebet, das Vaterunser (Matth. 6,9—13); so stellt es Matthäus dar. Dagegen haben nach LutaS (11,1—4) seine Jünger ihn gebeten, sie beten zu lehren, wie ja auch Johannes feine Jünger beten gelehrt habe. Mag uns immerhin unbekannt sein, wann und wes­ halb JefuS dies Gebet seine Jünger gelehrt habe — daS steht fest, daß er eS sie gelehrt hat.*) Freilich hat JefuS damit nicht sagen wollen, daß wir gerade so beten müssen; die ältesten Christen haben eS zunächst nicht gebraucht; die Katholiken, die eS mit dem Avemaria verbunden im Rosen­ kranz so oft beten, beten eS nach unsrer Meinung zu viel. Die evangelische Kirche hat daS Übermaß beseitigt, aber dem herrlichen Gebete seine Stelle im Gottesdienste, wie im Hause, erhalten. b. Wie lautet nun daS Vaterunser? In zweifacher Überlieferung ist unS das Vaterunser erhalten; im folgenden ist zunächst der Text desselben nach LukaS und Matthäus neben einander gestellt, und der letztere Text ist auch in hebräischer Übersetzung (nach Delitzsch) mitgeteilt. L. ndiSQ. M. IldrEQ Yßuav 6 lv Toig ovQavolg. Hebr. L. M. aytadthyrco to ovopd dov. Hebr. tzftprr L. M. iXd'droi) y ßadtAsla dov. Hebr. Kinn L. fehlt. M. yev?]&rjTG) to ftsAiftid dov er aus der Welt genommen und ist dahingegangen an den heiligm Ort, als das höchste Vorbild des DulheS."

422

Mitleid mit den unschuldig geopferten Christen. Der Kaiser starb nach vier Jahren; aber die Christen sagten, er sei nicht gestorben, er habe sich über den Euphrat zurückgezogen und werde als der Antichrist wiederkommen. c. Zu den Opfern der Neronischen Verfolgung gehörte vielleicht auch der damals gefangene PauluS; die katholische Kirche zählt dazu auch den PetruS, obwohl sie ihn erst im Jahre 67 gestorben sein läßt. Über deffen spätere Wirksamkeit erzählen nämlich spätere, aber ganz unbegründete Sagen Folgendes. Als PetruS aus dem Gefängnis in Jerusalem (Apg. 12) befreit worden war, ging er zunächst nach Antiochia, wo zwar schon längst eine Christengemeinde bestand, aber dieselbe hatte noch keinen Bischof; das wurde PetruS auf einige Zeit; bei seinem Weggange setzte er einen Nachfolger ein, der natürlich deS Apostels Untergebener blieb; aber als Nachfolger des Petrus war doch der Bischof von Antiochia seitdem der erste Bischof in ganz Asien, und er führte deshalb den Titel eines Patriarchen. Für Afrika gründete Petrus später von Rom aus den Patriarchenstuhl von Alexandria, wohin er seinen Schüler Markus als Herrscher über die Kirche geschickt hatte. Petrus selbst war nämlich nach Rom gegangen, wo er vom Jahre 42 bis 67, also 25 Jahre lang, Bischof der ganzen Kirche in Europa, Asien und Afrika gewesen ist. Doch hat er von Rom aus auch noch manche Reisen unternommen, in welcher Zeit dann ein Stellvertreter des Petrus die Kirche regierte. Als er im Jahre 67 starb, hinterließ er seinem Nachfolger die Würde deS Oberhirten der ganzen Kirche, und so hat es denn seit Petrus der Kirche niemals an einem Papste gefehlt. Diese ganze Darstellung von der späteren Wirksamkeit des PetruS erscheint den Evangelischen als völlig ungeschichtlich; wir haben höchstens Kunde von einem kürzeren Aufenthalt des Petrus in Rom; etwas besser ist eS bezeugt, daß er daselbst gestorben ist. Das ist nämlich allerdings wohl als sicher zu betrachten, daß die Weissagung vom Tode des Petrus im Ev. Joh. (21,18—19) seinen Märtyrertod voraus setzt; doch ist von Rom keine Rede. Auch das kann man zugeben, daß Petrus seinen ersten Brief nicht von Babylon, sondern von Rom aus geschrieben habe;') aber derselbe ist doch wohl erst nach dem Tode des Paulus geschrieben. Jeden­ falls ist Petrus nach seiner Befreiung (Apg. 12) nicht alsbald nach Rom gegangen; denn beim Apostelconcil ist er in Jerusalem, bald darauf in Antiochia (freilich nicht als Bischof); auch als PauluS an die Römer schreibt, ja nicht einmal während deS Paulus Gefangenschaft ist von Petrus in Rom eine Spur zu entdecken. So konnte er am ehesten nach des Paulus Tode nach Rom gekommen und dort gestorben sein. Und das bezeugt viel­ leicht der oben genannte Clemensbrief; doch ist Rom als Todesort des Petms nicht ausdrücklich genannt. Alle anderen Erzählungen von Petrus' Ausgang gehören der Sage an. d. AIS Paulus in Rom gefangen war, soll nämlich nach der Sage auch Petrus, der gerade in dieser Zeit wieder von einer Missionsreise in Rom anlangte, ins Gefängnis geworfen worden sein. Es gelang ihm zu entfliehen; schon hatte er glücklich das Thor durchschritten, da erblickt er *) Vgl. Nr. 138.

423 Jesum, der ihm entgegenkommt. Staunend frägt PetruS: „Herr, wohin gehst du?" IesuS erwiderte: „Nach Rom, um mich noch einmal kreuzigen zu lasten. * Da schämte sich der Jünger seiner Flucht und sagt: „Dann will ich umkehren, um mit dir gekreuzigt zu werden." Alsbald verschwand der Herr; Petrus aber kehrte bitterlich weinend ins Gefängnis zurück; mutig sah er jetzt dem Tode entgegen. Am Tage der Hinrichtung wurde vor ihm seine Frau, die ihn auf seinen Reisen stets begleitet hatte, zum Tode abgeführt; als sie bei ihm vorüberging, forderte er sie noch auf, des Herrn Jesu ein­ gedenk zu bleiben; bald darauf wurde auch er getötet. Paulus war nach der Sage, weil er ja römischer Bürger war, mit dem Schwerte hingerichtet worden; Petrus mußte, so heißt eS, am Kreuze sterben. Eine spätere Sage fügt noch hinzu, er habe sich mit dem Kopfe nach unten ans Kreuz hängen lasten, da er sich nicht für würdig gehalten habe, ebenso zu sterben wie sein Herr und Meister. Über der Stätte, wo Petrus und Paulus nebst den anderen Märtyrern vom Kaiser Nero umgebracht worden sein sollen, hat später der Kaiser Constantin eine christliche Kirche erbaut; in derselben hat im Jahre 800 am 25. Dezember sich Karl d. Gr. die Kaiserkrone aufs Haupt setzen lasten. Seit dem 15. Jahrhundert steht an der Stelle dieser alten eine neue PeterSkircke, die größte Kirche der Welt, in welcher angeblich auch die Gebeine des Apostels Petrus und der mit ihm zugleich getöteten Christen beigesetzt sind. Es ist bekannt, daß gerade an diese neue Peterskirche, die zur Ver­ herrlichung des Papsttums dienen sollte, der Anfang der Reformation ge­ knüpft ist. C. 138.

Das Judenchristentum in der späteren Zeit;

Jakobus,

Petrus und Judas und ihre Briese.

a. Nächst Petrus, PauluS und Johannes tritt in der Geschichte der alten Kirche besonders noch Jakobus hervor. Drei Männer dieses Namens werden uns im Neuen Testämente aus dem nächsten Kreise, der Jesum umgab, namhaft gemacht. Am wenigsten wissen wir von Jakobus, dem Sohn des Alphäus, einem der zwölf Apostel, deffen späteres Leben uns ganz unbekannt ist. Etwas mehr ist uns von JakobuS, dem Sohn des ZebedäuS, auch einem der zwölf Apostel, überliefert, der immer mit seinem Bruder Johannezusammen genannt wird (die „DonnerSkinder", Mark. 3,17) — beide nebst Petrus Jesu am nächsten stehend. Der König Herodes Agrippa ließ ihn im Jahre 44, um sich die Juden zu Freunden zu machen, mit dem Schwerte hinrichten (Apg. 12,1). Ihn verehren die Spanier als ihren Schutzheiligen. In einem kleinen, dichten Gebüsch soll man nämlich im 9. Jahrhundert jede Nacht ein hellbrennendeö Licht bemerkt haben. Als der Bischof Theodomir von dem Wunder hörte, ließ er den Platz untersuchen, und so entdeckte man eine Einsiedelei mit einem Grabe, in welchem der Leichnam deS Jakobus enthalten war. Daselbst wurde eine Kirche erbaut, aus der allmählich der Ort St. Jago di Compofiella entstanden ist; eS ist der x) Vgl. Kinkel's Gedicht »Petrus".

424 bedeuteudste Wallfahrtsort in Spanien, einer der vornehmsten Wallfahrts­ orte der katholischen Kirche. Viel bedeutender als diese beiden ist nun aber der dritte Jakobus des Neuen Testamentes; er ist einer von den Brüdern Jesu (auch Schwestern hat Jesu- gehabt), JoseS, Simon, JudaS und Jakobus, die lange an Jesum nicht glauben wollten (Joh. 7, 2); nach der Himmelfahrt war das anders geworden