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German Pages 343 [344] Year 2023
Bernd Neitz / Irina Hundt
Grundlagen des Rechnungswesens nach HGB und IFRS Lehr- und Übungsbuch Vierte, überarbeitete Auflage
Edition Wissenschaft & Praxis
BERND NEITZ / IRINA HUNDT
Grundlagen des Rechnungswesens nach HGB und IFRS
Bernd Neitz / Irina Hundt
Grundlagen des Rechnungswesens nach HGB und IFRS Lehr- und Übungsbuch
Vierte, überarbeitete Auflage
Edition Wissenschaft & Praxis
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Umschlagbild: © Canva Alle Rechte vorbehalten © 2023 Edition Wissenschaft & Praxis bei Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Textforma(r)t Daniela Weiland, Göttingen Druck: CPI Books GmbH, Leck Printed in Germany ISBN 978-3-89673-792-2 (Print) ISBN 978-3-89644-307-6 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort zur 4. Auflage Das vorliegende Fachbuch richtet sich an Studierende der betriebswirtschaftlichen Fachrichtungen und alle Interessenten, die sich mit den Grundlagen des Rechnungswesens vertraut machen wollen. Es vermittelt in kompakter Form die Grundlagen der Buchführung und der Jahresabschlusserstellung nach deutschem Recht und IFRS. Die Grundzüge der Buchführung werden anschaulich und anwendungsorientiert erläutert, so dass sich das Buch auch für Anfänger gut zum Selbststudium eignet.
Anhand einer Vielzahl praxisnaher Beispiele werden Buchungsvorgänge beschrieben, erläutert und geübt. Die Belege des Musterunternehmens Müller & Thurgau GmbH umfassen typische Geschäftsfälle und eignen sich hervorragend zur Nutzung von PC-gestützten Buchhaltungsprogrammen. Übersichtlich und in logischer Abfolge werden die Grundlagen der Jahres abschlusserstellung und der Jahresabschlussanalyse behandelt. Ergänzt wird dieses Kapitel um einen Abschnitt zum Unternehmensrating.
Die Grundlagen der Internationalen Rechnungslegung nach IFRS werden in übersichtlicher Form im Vergleich zum HGB dargestellt. Die nunmehr bereits 4. Auflage ist im Bereich der Rechnungslegung nach HGB an die aktuelle Rechtslage angepasst worden. Im Kapitel „Auswertung des Jahresabschlusses“ wurden die Kennzahlen ergänzt und das Beispiel überarbeitet und erweitert. Der IFRS-Abschnitt wurde vollständig überarbeitet und dem aktuellen Regelwerk angepasst. Die Programmnutzung und Auswertung für dieses Lehrbuch erfolgt mit freundlicher Genehmigung der DATEV eG., dafür bedanken wir uns an dieser Stelle. Unser herzlicher Dank gilt den Mitarbeiterinnen der Verlagshauses Duncker & Humblot, die uns bei der Überarbeitung des Manuskriptes unterstützt haben und uns jederzeit mit Rat und Tat zur Seite standen. Wir wünschen allen Lesern viel Freude und Erfolg beim Durcharbeiten des Stoffes! Verbesserungsvorschläge und kritische Hinweise zum Lehrbuch nehmen wir jederzeit gern entgegen ([email protected]) und bedanken uns schon jetzt dafür. Sehr gern können Sie sich bzgl. der Lösungshinweise zu den Aufgabenstellungen an uns wenden. Die Lösungshinweise werden in einem online verfügbaren Dokument über den Verlag zur Verfügung gestellt. Merseburg und Halle (Saale) im Frühjahr 2023
Prof. Dr. Bernd Neitz Prof. Dr. Irina Hundt
Inhaltsverzeichnis 1. Grundlagen der Buchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1.1 Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1.2 Bestandteile des Rechnungswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 1.2.1 Finanzbuchhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 1.2.2 Kosten- und Leistungsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1.2.3 Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1.2.4 Planungsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1.3 Gesetzliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.3.1 Handelsrechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.3.2 Steuerrechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.4 Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1.5 Organisation der Buchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1.5.1 Belegorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1.5.2 Die Bücher der Buchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1.5.3 Kontenrahmen – Kontenpläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1.5.4 Buchführung mit Finanzbuchhaltungsprogrammen . . . . . . . . . . . . . . . 32 2. Inventur – Inventar – Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2.1 Inventar und Inventur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2.1.1 Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2.1.2 Zeitliche Verfahren der Inventur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2.1.3 Stichprobeninventur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2.2 Inventar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.2.1 Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.2.2 Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2.2.3 Eigenkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2.2.4 Erfolgsermittlung durch Eigenkapitalvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
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Inhaltsverzeichnis 2.3 Die Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2.3.1 Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2.3.2 Aussagen der Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2.3.3 Werteänderungen in der Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
3. Praxis der Buchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3.1 Auflösung der Bilanz und Buchung auf Bestandskonten . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3.2 Buchung und Abschluss der Bestandskonten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 3.3 Buchungssätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3.4 Eröffnungsbilanz – Bestandskonten – Schlussbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 3.5 Das Eröffnungsbilanzkonto (EBK) und das Schlussbilanzkonto (SBK) . . . . . 59 4. Die Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 4.1 Das Umsatzsteuergesetz (UStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 4.1.1 Das Wesen der Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 4.1.2 Steuerbare Umsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 4.1.3 Umsatzsteuerbemessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 4.2 Anforderungen an Rechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 4.3 Ermittlung der Umsatzsteuerzahllast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 4.3.1 Umsatzsteuer als Forderung – Vorsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 4.3.2 Umsatzsteuer als Verbindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 4.3.3 Umsatzsteuerzahllast – Umsatzsteuervoranmeldung . . . . . . . . . . . . . . 66 5. Gewinn- und Verlustrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 5.1 Das Eigenkapitalkonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 5.2 Das Gewinn- und Verlustkonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 5.3 Die Buchungskreise der doppelten Buchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 5.4 Das Privatkonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 6. Buchungsvorgänge in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 6.1 Einkauf von Waren und Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . 78 6.1.1 Bestandsorientierte Erfassung der Vorratseinkäufe . . . . . . . . . . . . . . . . 78 6.1.2 Verbrauchsorientierte Erfassung der Vorratseinkäufe . . . . . . . . . . . . . . 80 6.1.3 Bezugskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 6.1.4 Rücksendungen und Gutschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
Inhaltsverzeichnis
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6.1.5 Rabatte und nachträgliche Preisnachlässe im Beschaffungsbereich . . . 85 6.2 Absatz von Produkten, Waren und Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 6.2.1 Umsatzerlöse und Vertriebskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 6.2.2 Warenrücksendungen und Gutschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 6.2.3 Rabatte und nachträgliche Preisnachlässe im Absatzbereich . . . . . . . . 90 6.3 Erfassung von Bestandsveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 6.4 Anlagenbuchhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 6.4.1 Anschaffungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 6.4.2 Herstellungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 6.4.3 Erfassung von Anlagegütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 6.4.4 Abschreibung der Anlagegüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 6.4.5 Lineare Abschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 6.4.6 Degressive Abschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 6.4.7 Lineare Vergleichsabschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 6.4.8 Leistungsabschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 6.4.9 Anlagenabgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 6.5 Buchungen im Personalbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 6.5.1 Personalkosten, Personalnebenkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 6.5.2 Weitere Lohnbestandteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 6.5.3 Lohn- und Gehaltsabrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 6.5.4 Verbuchung der Personalkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 6.6 Betriebliche Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 6.6.1 Aufwandssteuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 6.6.2 Aktivierungspflichtige Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 6.6.3 Personensteuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 6.6.4 Durchlaufende Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 6.6.5 Steuererstattungen / Steuernachzahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 7. Vorbereitende Abschlussbuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 7.1 Notwendigkeit und Umfang vorbereitender Abschlussarbeiten . . . . . . . . . . . . 115 7.2 Inventurdifferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 7.3 Zeitliche Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
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Inhaltsverzeichnis
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss . . . . . 127 8.1 Gesetzliche Verpflichtung zur Erstellung des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . 127 8.2 Funktionen und Inhalt des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 8.3 Gliederungsvorschriften für den Jahresabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 8.4 Bewertungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 8.4.1 Bewertungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 8.4.2 Bewertungsmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 8.5.1 Immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens . . . . . . . . 137 8.5.2 Sachanlagevermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 8.5.3 Vorräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 8.5.4 Bewertung der Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 8.5.5 Das Eigenkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 8.5.6 Rückstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 8.5.7 Fremdkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 8.6 Anhang und Lagebericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 9. Auswertung des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 9.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 9.2 Erstellung der Strukturbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 9.3 Aufbereitung der GuV-Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 9.4 Bildung von Kennzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 9.4.1 Analyse der Vermögenslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 9.4.2 Analyse der Kapitalstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 9.4.3 Analyse der Finanzlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 9.4.4 Analyse der Ertragslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 9.4.5 Bewegungsbilanz und Kapitalflussrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 9.5 Das RoI-Kennzahlensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 9.6 Kapitalmarktorientierte Kennzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 9.7 Beispiel zur Kennzahlenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 9.8 Vorbereitung auf das Rating im Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 9.8.1 Systematisierung des Ratings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 9.8.2 Definition des Begriffes Rating . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
Inhaltsverzeichnis
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9.8.3 Internes versus externes Rating . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 9.8.4 Wesenselemente des Ratings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 9.8.5 Vorbereitung auf das Rating . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 9.8.6 Vorbereitung innerhalb des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 10.1 Notwendigkeit der Erstellung internationaler Abschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . 228 10.2 Überblick über die International Financial Reporting Standards (IFRS) . . . . . 230 10.2.1 Zielsetzung und Rechnungslegungsphilosophie der IFRS . . . . . . . . . . 230 10.2.2 Organisation der International Financial Reporting Standards Foun dation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 10.2.3 Verfahren der Entwicklung von IAS / IFRS-Standards . . . . . . . . . . . . . 235 10.2.4 Die Vorschriften der IFRS im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 10.2.5 Aufbau der IAS / IFRS am Beispiel IAS 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 10.3 Das Rahmenkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 10.3.1 Zielstellung des Abschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 10.3.2 Qualitative Anforderungen an den Abschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 10.3.3 Die Elemente des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 10.3.4 Bewertung der Elemente des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 10.3.5 Standardübergreifende Bewertungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 10.4 Zielsetzung und Gliederung des Abschlusses nach HGB und IFRS . . . . . . . . 258 10.4.1 Unterschiede in der Zielsetzung des Abschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 10.4.2 Unterschiede in der Bilanzgliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 10.4.3 Unterschiede in der Ergebnisrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 10.4.4 Weitere Bestandteile des Abschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 10.5.1 Immaterielle Vermögenswerte (IVW) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 10.5.2 Geschäfts- oder Firmenwert (IFRS 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 10.5.3 Sachanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 10.5.4 Vorräte (IAS 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 10.5.5 Beteiligungen und Finanzanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 10.5.6 Finanzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 10.6 Die Bilanzierung der Passiva nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
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Inhaltsverzeichnis 10.6.1 Bilanzierung des Eigenkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 10.6.2 Rückstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 10.6.3 Verbindlichkeiten nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 10.7 Die Bilanzierung weiterer Geschäftsvorgänge nach IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . 315 10.7.1 Erlöse aus Verträgen mit Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 10.7.2 Rechnungsabgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 10.7.3 Leasing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 10.7.4 Bilanzierung latenter Steuern nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . 330
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 Anlage I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 Anlage II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 Anlage III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:
Nebenbücher der Buchhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Abbildung 2:
Kontenklassen nach IKR, SKR 03 und SKR 04 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Abbildung 3:
Inventur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Abbildung 4:
Inventur nach Zeitbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Abbildung 5:
Ermittlung des Reinvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
Abbildung 6:
Inventar der Müller & Thurgau GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Abbildung 7:
Gewinnermittlung durch Eigenkapitalvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
Abbildung 8:
Gewinnermittlung durch Eigenkapitalvergleich unter Berücksichtigung von privaten Entnahmen und Einlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
Abbildung 9:
Bilanzwaage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
Abbildung 10: Bilanz der Müller & Thurgau GmbH zum 31. Dezember 01 . . . . . . . . . 44 Abbildung 11: Auflösung der Bilanz in Konten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Abbildung 12: Veränderungen der Bestandskonten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Abbildung 13: Ermittlung des Schlussbestandes der Bestandskonten . . . . . . . . . . . . . . 49 Abbildung 14: Von der Eröffnungsbilanz zur Schlussbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Abbildung 15: Beispiel Eröffnungsbilanz – Bestandskonten – Schlussbilanz . . . . . . . . 57 Abbildung 16: GuV-Konto und Aufwands- und Ertragskonten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Abbildung 17: Beispiel für einen Materialentnahmeschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Abbildung 18: Zusammensetzung des Anlagevermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Abbildung 19: Anlagekartei (gekürzt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Abbildung 20: Checkliste Jahresabschlussarbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Abbildung 21: Transitorische und antizipative zeitliche Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . 120 Abbildung 22: Gesetzliche Regeln zum Jahresabschluss im Überblick . . . . . . . . . . . . . 127 Abbildung 23: Jahresabschluss eines Kaufmanns nach § 242 HGB . . . . . . . . . . . . . . . 128 Abbildung 24: Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft nach § 264 HGB . . . . . . . . . . . 129 Abbildung 25: Prüfung der Bilanzierungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Abbildung 26: Verkürzte Bilanz für kleine Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Abbildung 27: Ziele der Bewertungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Abbildung 28: Bilanzvergleich mit und ohne aktiviertem selbst geschaffenen IVG – Ziele der Bewertungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Abbildung 29: Wertminderung und Wertaufholung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 Abbildung 30: Einteilung der Forderungen am Bilanzstichtag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Abbildung 31: Formblatt zur Berechnung der Pauschalwertberichtigung . . . . . . . . . . 161
14
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 32: Gewinnverteilung bei der OHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Abbildung 33: Vom Jahresüberschuss zum Bilanzgewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Abbildung 34: Kompetenzen bei der Gewinnverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Abbildung 35: Bewertung der Verbindlichkeiten im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Abbildung 36: Grundfunktionen des Anhangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Abbildung 37: Anlagenspiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Abbildung 38: Grundschema der Strukturbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Abbildung 39: Übersicht typischer Auswertungsbereiche der Kennzahlenanalyse . . . . 191 Abbildung 40: Return on Investment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Abbildung 41: Ratingverfahren nach Basel II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Abbildung 42: Bestandteile einer Ratingstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Abbildung 43: Wichtige Rating-Beurteilungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Abbildung 44: Organisation der IFRS Foundation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Abbildung 45: Der Ablauf des Standardentwicklungsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Abbildung 46: Rangfolge der IAS / IFRS-Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Abbildung 47: Zielsetzung des IFRS Abschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 Abbildung 48: Qualitative Anforderungen an einen IFRS-Abschluss . . . . . . . . . . . . . . 243 Abbildung 49: Definition der Elemente im Rahmenkonzept der IFRS . . . . . . . . . . . . . 246 Abbildung 50: Wertkategorien im IFRS-Rahmenkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 Abbildung 51: Ablauf eines Impairment-Tests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Abbildung 52: Ablauf eines Wertaufholungstests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 Abbildung 53: Abstufung der Inputfaktoren nach IFRS 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Abbildung 54: Folgebewertung der Vorräte nach IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 Abbildung 55: Beispiel für eine Eigenkapitalveränderungsrechnung . . . . . . . . . . . . . . 303 Abbildung 56: Abgrenzung Schulden, Rückstellungen und Eventualverbindlichkeiten
305
Abbildung 57: Fünf-Schritte Modell zur Identifikation des Vertrags des IFRS 15 . . . . 316 Abbildung 58: Identifikation der Leistung nach IFRS 15 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Abbildung 59: Kontrollübergang über einen Zeitraum nach IFRS 15.35 . . . . . . . . . . . 318 Abbildung 60: Aufteilung des Transaktionspreises nach IFRS 15 . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 Abbildung 61: Kosten des Vertrages nach IFRS 15 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 Abbildung 62: Erfassung des Leasings beim Leasingnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Abbildung 63: Entstehung latenter Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Die Funktionsweise der Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Tabelle 2: Inventurdifferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Tabelle 3: Konten zur zeitlichen Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen . . . . . 119 Tabelle 4: Struktur des 3. Buches des HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Tabelle 5: Größenklassen für Kapitalgesellschaften HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Tabelle 6: Zusammenfassung der Regeln zur Erstellung und Offenlegung des Jahres abschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Tabelle 7: Bewertungsvereinfachungen nach HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Tabelle 8: Anpassung der Pauschalwertberichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Tabelle 9: Darstellung des EK nach § 268 (1) HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Tabelle 10: Externe und interne Interessenten der Jahresabschlussanalyse . . . . . . . . . . 185 Tabelle 11: Vereinfachtes Schema der Bewegungsbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Tabelle 12: Bewegungsbilanz mit Fondspositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Tabelle 13: Schema zur Kapitalflussrechnung nach DRS 21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Tabelle 14: Ratingskalen von S & P, Moody’s und Fitch, im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . 220 Tabelle 15: Unterschiede zwischen bankinternem und externem Rating . . . . . . . . . . . . 224 Tabelle 16: Unterschiede der Rechtssysteme Code Law und Case Law . . . . . . . . . . . . . 229 Tabelle 17: Externe und interne Wertminderungsindikatoren (IAS 36.12 ff.) . . . . . . . . . 254 Tabelle 18: Bewertungsbegriffe des IFRS 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 Tabelle 19: Unterschiede zwischen HGB- und IFRS-Abschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 Tabelle 20: Bilanzgliederungsvorschlag von Petersen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Tabelle 21: IFRS-Gliederung der GuV-Rechnung nach dem Gesamtkostenverfahren (IAS 1.102) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Tabelle 22: IFRS-Gliederung der GuV-Rechnung nach dem Umsatzkostenverfahren (IAS 1.103) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 Tabelle 23: Schematische Darstellung der Gesamtergebnisrechnung nach IFRS . . . . . . 262 Tabelle 24: Definition, Ansatz und Ausweis von IVW nach HGB und IVW nach IFRS 264 Tabelle 25: Sonderregelungen für Forschungs- und Entwicklungskosten nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Tabelle 26: Bilanzierung des Goodwill nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 Tabelle 27: Definition, Erfassung und Ausweis von Sachanlagen nach HGB und IFRS 271 Tabelle 28: Ansatz von Fremdkapitalkosten im Rahmen von AK nach HGB und IFRS 272 Tabelle 29: Abschreibungen und Zuschreibungen bei Sachanlagen nach HGB und IFRS 275
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Tabellenverzeichnis
Tabelle 30: Untergliederung von Vorräten nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 Tabelle 31: Bewertungsvereinfachungsverfahren nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . 284 Tabelle 32: Ansatz und Ausweis von Beteiligungen und Finanzanlagen nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 Tabelle 33: Bewertungsgrundsätze für Finanzanlagen und Wertpapiere nach HGB . . . . 289 Tabelle 34: Bewertung von Beteiligungen nach IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Tabelle 35: Zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertete Finanzinstrumente nach IFRS 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 Tabelle 36: Erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete Finanzinstrumente nach IFRS 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Tabelle 37: Erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertete Finanzinstrumente nach IFRS 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Tabelle 38: Untergliederung der Forderungen nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . 298 Tabelle 39: Ermittlung von Pauschalwertberichtigungen nach HGB und IFRS . . . . . . . 299 Tabelle 40: Vorschriften zum Eigenkapital nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 Tabelle 41: Untergliederung des Eigenkapitals in der Bilanz nach HGB und IFRS . . . . 300 Tabelle 42: Bestandteile der Kapitalrücklagen nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . . 301 Tabelle 43: Ansatz und Ausweis von Rückstellungen nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . 306 Tabelle 44: Bewertung der Rückstellungen nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Tabelle 45: Bewertung von Rückstellungen nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 Tabelle 46: Ansatz, Ausweis und Gliederung von Verbindlichkeiten nach HGB und IFRS 312 Tabelle 47: Bewertung von Verbindlichkeiten nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . 314 Tabelle 48: Unterschiede der Bilanzierung von Rechnungsabgrenzungsposten nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 Tabelle 49: Unterschiede bei der Bilanzierung von latenten Steuern nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333
Abkürzungsverzeichnis AB Anfangsbestand AfA Absetzung für Abnutzung AG Aktiengesellschaft AG Arbeitgeber Anschaffungs- und Herstellungskosten AHK AK Anschaffungskosten aLL aus Lieferungen und Leistungen AN Arbeitnehmer AR Ausgangsrechnung Aktive Rechnungsabgrenzung ARA AV Anlagevermögen BA Bankauszug BGA Betriebs- und Geschäftsausstattung BV Bestandsveränderung BWA Betriebswirtschaftliche Auswertung CAGR Compound Annual Growth Rate DAX Deutscher Aktienindex DRSC Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e. V. EBK Eröffnungsbilanzkonto Exceptet Default Frequency EDF EK Eigenkapital ER Eingangsrechnung EStG Einkommensteuergesetz EStR Einkommensteuerrichtlinien EU Europäische Union EWB Einzelwertberichtigung FASB Financial Accounting Standards Board FAV Finanzanlagevermögen Fibu Finanzbuchhaltung FK Fremdkapital Ford. Forderung GJ Geschäftsjahr Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH Grundsätze ordnungsmäßiger) Buchführung (bzw. Bilanzierung) GoB GS Gutschrift Gewinn- und Verlustrechnung GuV Geringwertige Wirtschaftsgüter GWG HGB Handelsgesetzbuch International Accounting Standards IAS IASB International Accounting Standards Board International Federation of Accountants IFAC
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Abkürzungsverzeichnis
IFRIC International Financial Reporting Interpretations Committee (früher SIC) IFRS International Financial Reporting Standards IKR Industriekontenrahmen IOSCO International Organization of Securities Commissions IVG Immaterieller Vermögensgegenstand IVW Immaterieller Vermögenswert KB Kassenbeleg / Kassenbuch KG Kommanditgesellschaft KGV Kurs-Gewinn-Verhältnis KStG Körperschaftsteuerrichtlinien KV Krankenversicherung LS Lastschrift LSt Lohnsteuer ME Mengeneinheit ME Materialentnahme NYSE New York Stock Exchange Offene Handelsgesellschaft OHG PE Packungseinheit PRA Passive Rechnungsabgrenzung PublG Publizitätsgesetz PV Pflegeversicherung PWB Pauschalwertberichtigung RV Rentenversicherung SAV Sachanlagevermögen SB Schlussbestand SBK Schlussbestandskonto SEC Securities and Exchange Commission SKR Standardkontenrahmen SV Sozialversicherung US-GAAP United States Generally Accepted Accounting Principles USt Umsatzsteuer UStAE Umsatzsteueranwendungserlass UStG Umsatzsteuergesetz USt-VA Umsatzsteuervoranmeldung UV Umlaufvermögen Verb. Verbindlichkeit VSt Vorsteuer Vermögenswirksame Leistungen VwL
1. Grundlagen der Buchführung 1.1 Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens Grundlage der wirtschaftlichen Tätigkeit von Unternehmen ist die Erbringung von materiellen und immateriellen Leistungen, die an Kunden (Unternehmen, Behörden, Endverbraucher) geliefert werden. Der Verkauf der erbrachten Leistungen führt zu Erlösen im Unternehmen. Die unternehmerische Tätigkeit geschieht unter Einsatz von Produktionsfaktoren (Rohstoffe, Arbeitskraft und Kapital). Diese Vermögenswerte verändern sich im Prozess der Leistungserbringung. Die Bewertung der eingesetzten Faktoren und der Erlöse erfolgen auf der Basis von Geldwerten, die zu erfassen sind. Es liegt im ureigensten Interesse des Unternehmers, zu Erkenntnissen über die betrieblichen Abläufe, Verbräuche und Erträge zu gelangen, um die betrieblichen Ziele zu erreichen. Der Unternehmer benötigt umfassende Informationen, um Entscheidungen für das Unternehmen vorbereiten und treffen zu können. Mit dem betrieblichen Rechnungswesen steht ihm ein Instrument zur Verfügung, um den Erfolg des Unternehmens in allgemeinverständlichen Werten abzubilden. Das betriebliche Rechnungswesen soll die Bereiche des Unternehmens • Beschaffung (Werkstoffe, Handelsware, Investitionsgüter), • Produktion / Leistungserstellung, • Absatz und Vertrieb, • Verwaltung zahlenmäßig erfassen, überwachen und auswerten. Daraus ergeben sich die Hauptaufgaben des betrieblichen Rechnungswesens: Dokumentationsaufgabe Alle Geschäftsfälle sind in zeitlicher Reihenfolge auf der Grundlage von Belegen, die die Vermögenswerte, die Schulden, das Eigenkapital und den Erfolg des Unternehmens beeinflussen, geordnet aufzuzeichnen. Informationsaufgabe / Rechenschaftslegung Auf der Grundlage rechtlicher Regelungen ist das Unternehmen verpflichtet, die Interessengruppen über das Vermögen, die Schulden und den Erfolg des Unternehmens zu informieren und Rechenschaft zu legen. Zu den Interessengruppen zählen
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1. Grundlagen der Buchführung
die Anteilseigner, die Gläubiger, die Auftraggeber und Kunden, die Arbeitnehmer und insbesondere die Finanzverwaltung. Zahlungsbemessungsfunktion Auf der Basis der Daten des betrieblichen Rechnungswesens (Finanzbuchhaltung) erfolgt die Ermittlung des Unternehmenserfolges (Gewinn / Verlust), der wiederum Grundlage für die Steuerbemessung und die Gewinnverteilung (Ausschüttungen an die Gesellschafter) ist. Kontroll- und Dispositionsfunktion Ein ausgebautes System des betrieblichen Rechnungswesens dient dem Unternehmer zur Kontrolle und Steuerung der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens. Es bildet die Grundlage für Planungs- und Entscheidungsprozesse im Unternehmen (z. B. Investitionen, Personaleinstellung).
1.2 Bestandteile des Rechnungswesens Die Vielfalt der zu erfüllenden Aufgaben macht eine Einteilung des Rechnungswesens in verschiedene, spezialisierte Bereiche erforderlich: • Finanzbuchhaltung (Buchführung), • Kosten- und Leistungsrechnung, • Statistik, • Planungsrechnung. 1.2.1 Finanzbuchhaltung Die Finanzbuchhaltung (auch als Buchführung oder Geschäftsbuchhaltung bezeichnet) hat die Aufgabe, die Veränderungen in den Vermögens-, Schulden- und Kapitalwerten, die durch die wirtschaftlichen Vorgänge verursacht werden, in Zahlenwerten zu erfassen. Dabei werden alle Aufwendungen (Werteverbrauch) und Erträge (Wertezuwachs) in einer abgegrenzten Rechnungsperiode (bspw. Jahr, Quartal, Monat) festgehalten. Die Finanzbuchhaltung umfasst die gesamten finanziellen Beziehungen des Unternehmens zu seiner Umwelt und seinen Eigentümern / Anteilseignern, ohne Berücksichtigung der Veranlassung durch die betriebliche Tätigkeit, also auch privat veranlasste Vorgänge. Die Buchführung wird daher auch als externes Rechnungswesen bezeichnet. Die Buchführung ist die Grundlage für den jährlich aufzustellenden Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung), der wiederum der Rechenschafts-
1.2 Bestandteile des Rechnungswesens
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legung, Dokumentation und Steuerbemessung dient. In besonderen Fällen werden auch Zwischenabschlüsse oder Sonderbilanzen erstellt. Die Finanzbuchhaltung erfolgt aufgrund gesetzlicher Vorschriften (siehe auch Abschnitt 1.3). 1.2.2 Kosten- und Leistungsrechnung Während die Finanzbuchhaltung unternehmensbezogen ist, bezieht sich die Kosten- und Leistungsrechnung ausschließlich auf betrieblich veranlasste Geschäftsvorgänge, also alle Prozesse, die der Leistungserstellung und dem Absatz dienen. Es geht also um innerbetriebliche Vorgänge – man spricht daher auch vom internen Rechnungswesen. Im Fokus des internen Rechnungswesens stehen die betrieblichen Leistungen, deren Erstellung die Kosten verursachen. Es geht dabei um die Erfassung des tatsächlichen Werteverzehrs im Unternehmen. Da die Kosten- und Leistungsrechnung ausschließlich für betriebsinterne Berechnungen und Auswertungen genutzt wird und keine direkte Außenwirkung zeigt, unterliegt sie keinen gesetzlichen Vorschriften und Beschränkungen, wie das externe Rechnungswesen. Sie bildet die Grundlage für eine verursachungsgerechte Preiskalkulation und für die Steuerung betrieblicher Prozesse. 1.2.3 Statistik Die betriebswirtschaftliche Statistik dient der Aufbereitung und Auswertung des betrieblichen Zahlenwerkes. Mit ihrer Hilfe gewinnt man Daten für die Planung und Disposition im Unternehmen. Neben den Daten aus der Finanzbuchhaltung werden Informationen aus dem Beschaffungs-, Lagerhaltungs-, Absatz-, Personalund weiteren Bereichen erfasst und verarbeitet. Die betriebliche Statistik unterstützt Betriebsvergleiche und Zeitvergleiche im Unternehmen. 1.2.4 Planungsrechnung Die Planungsrechnung (auch Vorausschaurechnung) verfolgt das Ziel, die zukünftige Entwicklung des Unternehmens zu berechnen und damit z. B. die Grundlage für Investitionsentscheidungen zu legen. Teilpläne für die Bereiche Absatz, Einkauf, Produktion und Personal unterstützen die Managemententscheidungen. Sie bilden gleichzeitig die Grundlage für Kontrollen, Soll-Ist-Vergleiche und Steuerungsmaßnahmen.
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1. Grundlagen der Buchführung
Aufgabe 1.1: In Anhang I finden Sie die Vorstellung der Müller & Thurgau GmbH (Kurzform M & T GmbH). Die Beispiele und Übungsaufgaben dieses Buches beziehen sich überwiegend auf dieses Unternehmen. Nennen Sie konkrete Beispiele für die einzelnen Funktionen und Bestandteile des Rechnungswesens bezogen auf die Müller & Thurgau GmbH.
1.3 Gesetzliche Grundlagen Die Verpflichtung zum Führen von Büchern ergibt sich für den Unternehmer, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den handelsrechtlichen Bestimmungen im HGB und den steuerrechtlichen Vorschriften. 1.3.1 Handelsrechtliche Vorschriften Im Handelsgesetzbuch ist geregelt, dass jeder Kaufmann zum Führen von Büchern verpflichtet ist (§ 238 (1) HGB). Die Kaufmannseigenschaft erfüllt jeder Betreiber eines Gewerbes, es sei denn, Art und Umfang der Geschäftstätigkeit erfordern keinen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb (bspw. Kleingewerbetreibende, siehe § 1 HGB). Unternehmer können die Kaufmannseigenschaft durch Eintragung ins Handelsregister erlangen und sind dann buchführungspflichtig (§ 2 HGB). Kapitalgesellschaften sind kraft Gesetzes zur Buchführung verpflichtet. Weitere Buchführungspflichten ergeben sich aus §§ 3 bis 7 HGB. Einzelkaufleute sind nach § 241a HGB von der Pflicht zur Buchführung und Erstellung eines Inventars befreit, wenn nicht mehr als 600.000 Euro Umsatz und 60.000 Euro Jahresüberschuss in zwei aufeinander folgenden Jahren ausgewiesen werden. 1.3.2 Steuerrechtliche Vorschriften Die Vorschriften nach dem Steuerrecht sind in der Abgabenordnung (AO) geregelt. § 140 AO bezieht sich auf die Buchführungspflicht nach § 238 HGB – derivative (abgeleitete) Buchführungspflicht. Unternehmen, die nicht bereits nach Handelsrecht zum Führen von Büchern verpflichtet sind, können nach § 141 AO zur Buchführung verpflichtet sein. Gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte, die nach den Feststellungen durch die Finanzbehörde für den einzelnen Betrieb • Umsätze einschließlich der steuerfreien Umsätze von mehr als 600.000 Euro im Kalenderjahr oder
1.4 Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung
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• selbst bewirtschaftete land- und forstwirtschaftliche Flächen mit einem Wirtschaftswert (§ 46 des Bewertungsgesetzes) von mehr als 25.000 Euro oder • einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 60.000 Euro im Wirtschaftsjahr oder • einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als 60.000 Euro im Kalenderjahr gehabt haben, sind verpflichtet, für diesen Betrieb Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu erstellen. Im § 4 (3) EStG ist geregelt, dass Steuerpflichtige, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu erstellen, den Gewinn als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen können. Man spricht dann von der Einnahmenüberschussrechnung (EÜR). Aufgabe 1.2: Nach welchen gesetzlichen Vorschriften ist die Müller & Thurgau GmbH zur Buchführung verpflichtet?
1.4 Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung Zur Erstellung eines Jahresabschlusses nach handelsrechtlichen Regelungen und einer Gewinnermittlung, die auch den steuerrechtlichen Regelungen entspricht, ist die Einhaltung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) notwendig. Diese sind nicht explizit in einem Gesetz geregelt, sondern leiten sich aus o. g. rechtlichen Rahmenregelungen ab. In der Finanzbuchhaltungspraxis sind folgende Regeln strengstens einzuhalten: • Klarheit und Übersichtlichkeit, • Vollständigkeit, • Belegprinzip, • ordnungsgemäße Aufbewahrung der Buchführungsunterlagen. Diese Grundsätze sind eng verknüpft mit den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen nach § 252 HGB: • Grundsatz der Bilanzidentität, • Prinzip der Unternehmensfortführung, • Grundsatz der Einzelbewertung, • Vorsichtsprinzip,
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1. Grundlagen der Buchführung
• Grundsatz der Periodenabgrenzung, • Bewertungsstetigkeit. Auf diese Bewertungsgrundsätze wird im Kapitel 8 detailliert eingegangen. Grundsatz der Klarheit und der Übersichtlichkeit Im § 145 der AO (Allgemeine Anforderungen an Buchführung und Aufzeichnun gen) ist geregelt: • Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. • Aufzeichnungen sind so vorzunehmen, dass der Zweck, den sie für die Besteuerung erfüllen sollen, erreicht wird. § 146 der AO enthält Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen: • Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen täglich festgehalten werden. • Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind in einer lebenden Sprache vorzunehmen. Wird eine andere als die deutsche Sprache verwendet, so kann die Finanzbehörde Übersetzungen verlangen. Werden Abkürzungen, Ziffern, Buchstaben oder Symbole verwendet, muss im Einzelfall deren Bedeutung eindeutig festliegen. • Eine Buchung oder eine Aufzeichnung darf nicht in einer Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Auch solche Veränderungen dürfen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit es ungewiss lässt, ob sie ursprünglich oder erst später gemacht worden sind. Grundsatz der Vollständigkeit Das Handelsgesetzbuch (§§ 238 und 239 HGB) und die Abgabenordnung (§ 146 AO) regeln, dass die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen sind. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sind täglich festzuhalten. Belegprinzip – Keine Buchung ohne Beleg Sämtliche Buchungen müssen anhand von Belegen jederzeit nachprüfbar sein. Die Belege müssen fortlaufend nummeriert und ordnungsgemäß aufbewahrt werden (§ 257 HGB).
1.4 Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung
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Nach § 246 (5) AO können die Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen auch in der geordneten Ablage von Belegen bestehen oder auf Datenträgern geführt werden. Ordnungsgemäße Aufbewahrung der Buchführungsunterlagen Für die Aufbewahrung der Buchführungsunterlagen hat der Gesetzgeber im HGB und in der AO klare und eindeutige Regelungen erlassen (§ 257 HGB; § 147 AO): Jeder Kaufmann ist verpflichtet, die folgenden Unterlagen geordnet aufzubewahren: 1. Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen, 2. die empfangenen Handelsbriefe, 3. Wiedergaben der abgesandten Handelsbriefe, 4. Belege für Buchungen in den von ihm nach § 238 (1) HGB zu führenden Büchern (Buchungsbelege). Mit Ausnahme der Eröffnungsbilanzen und Abschlüsse können die aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, dass die Wiedergabe oder die Daten • mit den empfangenen Handelsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden, • während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können. Die Aufbewahrungsfrist beträgt für die genannten Belege 10 Jahre. Sonstige für die Besteuerung bedeutsame Belege sind 6 Jahre aufzubewahren. Die Frist beginnt mit Ablauf des Jahres in dem die letzten Eintragungen in die Handelsbücher vorgenommen wurden, das Inventar aufgestellt oder der Jahresabschluss aufgestellt wurde (§ 147 AO). Die GoB sind von den buchführenden Unternehmen unbedingt einzuhalten. Zuwiderhandlungen können durch Schätzung der Besteuerungsgrundlagen (Umsatzerlöse, Gewinn) durch die Finanzverwaltung geahndet werden (§ 162 AO). Bei schweren und gewichtigen formellen Mängeln kann die Buchführung verworfen werden. Das führt zu einer Vollschätzung der Besteuerungsgrundlagen. Sachliche Mängel liegen vor, wenn die Buchführung inhaltlich nicht das tatsächliche Geschehen wiedergibt. Das können nicht erfasste, falsch verbuchte oder
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1. Grundlagen der Buchführung
fingierte Geschäftsfälle sein. Unwesentliche sachliche Mängel berühren die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht und können nach R 29 (2) S3 EStR korrigiert werden. Durch leichtfertige falsche Buchung der Geschäftsfälle kann der Tatbestand der Steuergefährdung (§ 379 (1) AO) gegeben sein, der mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 Euro geahndet werden kann. In den Fällen der Steuerhinterziehung nach § 370 AO können Geld- oder Freiheitsstrafen von bis zu 10 Jahren verhängt werden. Wer trotz Buchführungspflicht keine Bücher führt, kann nach §§ 328–329 AO mit einem Zwangsgeld von bis zu 25.000 Euro bestraft werden. Werden verwertbare Aufzeichnungen verspätet vorgelegt, beträgt nach § 162 (4) AO der Zuschlag bis zu 1. 000. 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung. Dabei steht das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen dem eigenen Verschulden gleich.
1.5 Organisation der Buchführung 1.5.1 Belegorganisation Einer der sich aus der Buchführungspflicht nach § 238 HGB ergebenden und im Kapitel 1.4 beschriebenen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung lautet: KEINE BUCHUNG OHNE BELEG. Den Originalbelegen der Finanzbuchhaltung kommt vor allem eine Beweisfunktion zu, d. h. die Richtigkeit der vorgelegten Ergebnisse der Buchhaltung bis hin zu den Jahresabschlüssen kann nur anhand der Belege nachgeprüft und bewiesen werden. Daraus resultieren die Notwendigkeit und die Pflicht, die Unterlagen aufzubewahren. Den Belegen kommt jedoch auch im täglichen Geschäftsablauf große Bedeutung zu als Mittel, mit denen Zahlungsvorgänge wie bspw. das Begleichen einer Rechnung nachgewiesen werden können. Grundsätzlich unterscheidet man nach externen und internen Belegen. Externe Belege fallen in den Geschäftsbeziehungen mit der Außenwelt an: • Eingangsrechnungen (ER), • Quittungen, • Gutschriften (GS), • Schecks, Wechsel, • Bankbelege (BA).
1.5 Organisation der Buchführung
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Die internen Belege entstehen durch innerbetriebliche Vorgänge z. B.: • Ausgangsrechnungen (AR, in Kopie), • Quittungsdurchschläge, • Lohn-/Gehaltsabrechnungen, • Belege über Stornierungen, • Gutschriften, • Materialentnahmebelege. Für Geschäftsfälle, die mit keinem Originalbeleg dokumentiert werden können, sind sog. Ersatzbelege zu erstellen. Das passiert, wenn Belege abhandenkommen oder kein Originalbeleg zu erhalten war. Zeitpunkt, Grund und Höhe der Ausgabe sind zu dokumentieren. Die Originalbelege sind nach § 257 HGB in Verbindung mit § 147 AO 10 Jahre aufzubewahren. Daraus resultiert der Grundsatz der Aufbewahrungsfrist (siehe auch Kapitel 1.4). Für die Organisation der Ablage haben sich verschiedene Systeme bewährt. Bei der Anwendung der „Offene Posten Buchhaltung“ werden die Ausgangsrechnungen nach Rechnungsnummern sortiert abgelegt und verbucht. Die Eingangsrechnungen werden in chronologischer Reihenfolge nummeriert und eingebucht. Barbelege werden im Kassenbuch in zeitlicher Abfolge eingetragen. Die Bankauszüge werden in ihrer Reihenfolge sortiert abgelegt. Für Belege im Zusammenhang mit langfristigen Verträgen (z. B. Versicherungen, Darlehensverträge etc.) empfiehlt es sich ein separates Ordnungssystem anzulegen. Das für jedes Unternehmen individuell aufzubauende Ablagesystem muss dem Grundsatz der Nachvollziehbarkeit entsprechen (§ 146 AO). Die buchhalterische Verarbeitung der Belege erfolgt in mehreren Schritten: • Vorbereitung der Belege zur Buchung (prüfen, sortieren, ordnen, nummerieren), • Buchung in den Büchern (Buchungssätze bilden und erfassen), • Ablage zur Aufbewahrung entsprechend der Aufbewahrungsfristen. Das Prüfen umfasst die sachliche und rechnerische Richtigkeit. Bei Rechnungen kommt die Kontrolle der gesetzlichen Bestandteile entsprechend § 14 (4) UStG hinzu. Das Ordnen erfolgt nach sachlichen Gesichtspunkten z. B. in: • Eingangsrechnungen, inkl. Gutschriften (ER), • Ausgangsrechnungen, inkl. Gutschriften (AR), • Kontoauszüge mit den entsprechenden Belegen (BA), • Kassenbuch mit den Belegen (KB), • Privatbelege. Die nach dem Datum sortierten Belege erhalten eine fortlaufende Nummer, die i. d. R. eine Beziehung zur Art des Beleges (Kassenblatt – KB; Bankauszug –
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1. Grundlagen der Buchführung
BA etc.) erkennen lässt. Diese Nummerierung wird bei der Erfassung in den Büchern der Buchführung genutzt. Die Belege erhalten einen Buchungsvermerk zur Kenntlichmachung, dass sie bereits erfasst wurden. In der Praxis werden dafür Buchungsstempel, die gleichzeitig die Buchungssätze verständlich und nachvollziehbar machen, genutzt. Die Digitalisierung der Geschäftsprozesse führt auch in der Finanzbuchhaltung zu neuen Erfassungs- und Ablagesystemen. Eingangsrechnungen und andere Belege, die das Unternehmen auf elektronischem Weg erreichen, sind in der elektronischen Form aufzubewahren – diese bilden den Originalbeleg ab, auch wenn ein Ausdruck erfolgte. Die Verbuchung dieser Belegung und häufig der Bankauszüge und der Ausgangsrechnungen erfolgt in modernen EDV-Systemen komplett auf elektronischem Weg. Auch hier werden die Belege mit Buchungsvermerken, Kontierungen etc. versehen. Die GoB wurden dafür zu den „Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung Digital“ weiterentwickelt. 1.5.2 Die Bücher der Buchführung Die in den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung aufgeführte Nachvollziehbarkeit der Buchführung erfordert es, die Belege in zeitlicher Reihenfolge, geordnet nach sachlichen Gesichtspunkten, die durch Nebenaufzeichnungen (z. B. Lohnabrechnung) erläutert und ergänzt werden, zu erfassen. Diese Ordnung erfolgt in den Büchern. Die wichtigsten Bücher sind: • Grundbuch (Journal), • Hauptbuch, • Nebenbücher (bspw. Kontokorrentbuch für Forderungen aLL und Verbindlichkeiten aLL, Anlagenbücher, Lohn- und Gehaltsabrechnung, Kassenbuch). Das Grundbuch – Journal Die Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle in chronologischer Reihenfolge auf der Grundlage der Buchungsbelege wird als Grundbuch oder auch Journal bezeichnet. Die vollständige Erfassung aller Belege erfolgt ohne sachliche Ordnung in strenger zeitlicher Abfolge. Die Eintragungen beginnen mit den Eröffnungsbuchungen. Es folgen die laufenden Geschäftsvorfälle und die vorbereitenden Abschlussbuchungen. Mit den Abschlussbuchungen endet das Grundbuch eines Geschäftsjahres. Das Grundbuch ist die Grundlage für alle weiteren Bücher der Buchführung. Grundbuch Datum
Beleg
Buchungstext
Sollkonto
Habenkonto
Betrag
.….
…..
…..
.….
…..
…..
.….
…..
…..
.….
…..
…..
29
1.5 Organisation der Buchführung
Das Hauptbuch Die Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle in sachlicher Ordnung erfolgt im Hauptbuch. Die Geschäftsvorfälle werden aus dem Grundbuch übernommen und sachlich systematisch auf den einzelnen Konten des Hauptbuches verbucht. Dazu werden die Buchungssätze (siehe Kapitel 3. 1. 2) mit den genannten Soll- und Haben-Konten genutzt. Die sachliche Ordnung ermöglicht einen genauen Überblick der Stände des Vermögens und der Schulden sowie der Aufwands- und Ertragspositionen. Der Abschluss der Konten des Hauptbuches führt zur Gewinn- und Verlustrechnung und zur Schlussbilanz. Konto ……… Betrag Datum
Beleg
Buchungstext
Gegenkonto
Soll
Haben
.….
…..
…..
.….
…..
…..
.….
…..
…..
.….
…..
…..
Nebenbücher Die Nebenbücher werden außerhalb der eigentlichen Buchführung geführt und werden dazu genutzt, einzelne Konten des Hauptbuches näher zu erläutern. Die Verknüpfung mit dem Hauptbuch erfolgt entweder unmittelbar im EDV-Buchhaltungssystem wie z. B. bei der Kontokorrentbuchhaltung und in der Anlagenbuchhaltung oder durch manuelle Erfassung im Hauptbuch. Sachkonten
Nebenbücher
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
Kontokorrentbuch Erfassung der Geschäftsfälle für jeden Kunden und Lieferanten auf einzelnen Konten Debitoren: Forderungskonten der Kunden Kreditoren: Verbindlichkeitskonten der Lieferanten
Bestandskonten RHB-Stoffe und Handelswaren
Lagerkartei Erfassung der einzeln Vorräte und Waren und der Zu- und Abgänge aus dem Lager
Löhne, Gehälter, sonstige Personal aufwendungen
Lohn- und Gehaltsbuchhaltung Für jeden Arbeitnehmer wird die Lohn- und Gehaltsabrechnung individuell geführt
Anlagekonten
Anlagenbuchhaltung Jeder Anlagegegenstand wird auf einer Anlagekartei erfasst (AHK, Buchwerte, Abschreibungen etc.) Abbildung 1: Nebenbücher der Buchhaltung
30
1. Grundlagen der Buchführung
Das Kontokorrentbuch dient der systematischen Erfassung aller Geschäftsfälle mit den Kunden und Lieferanten. Dazu werden Personenkonten für jeden Einzelnen angelegt. Auf diesen werden die Eingangs- und Ausgangsrechnungen und alle Gutschriftanzeigen erfasst. Die Salden der Personenkonten werden im EDVSystem automatisch auf den Konten Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen zusammengefasst. Kundenkonto …….. Datum
Beleg
Buchungstext
Journalseite
.….
…..
…..
.….
…..
…..
Betrag Soll
Haben
Saldo
.….
…..
…..
…..
.….
…..
…..
…..
Im Rahmen der Debitoren-/Kreditoren-Buchhaltung (auch als „Offenen-PostenBuchhaltung“ bezeichnet) erfolgt zunächst die Erfassung der Belege und im zweiten Schritt wird die Bezahlung der Rechnungen verbucht. Dieses Verfahren gewährt dem Unternehmer jederzeit einen genauen Überblick über seine eigenen Verbindlichkeiten bei den einzelnen Lieferanten. Auch über die Kundenforderungen bekommt der Unternehmer jederzeit eine genaue Übersicht. EDV-gestützte Systeme der Buchführung ermöglichen die Verknüpfung der offenen Posten mit dem Mahnwesen.
1.5.3 Kontenrahmen – Kontenpläne Die Konten der Buchführung bilden die Grundlage für die Jahresabschlüsse und die Planung und Entscheidungsfindung im Unternehmen. Dazu werden die Daten verschiedener Abrechnungsperioden und Geschäftsjahre verglichen und Kennzahlen ermittelt. Die Arbeit mit den Daten der Buchhaltung erfordert daher ein Ordnungssystem, das die Konten der Buchhaltung systematisch gliedert und benennt. Dieses System wird als Kontenrahmen bezeichnet. Vom Bundesverband der Deutschen Industrie wurde 1971 ein einheitlicher Kontenrahmen für Industriebetriebe vorgestellt und allen Industriebetrieben zur Anwendung empfohlen, der Industriekontenrahmen IKR, der heute jedoch hauptsächlich nur noch für Ausbildungszwecke genutzt wird. Weite Verbreitung in der Praxis der KMU haben die DATEV-Kontenrahmen SKR 03 und SKR 04 gefunden. Im Anhang dieses Buch finden Sie einen Auszug aus dem SKR 04. In einzelnen Wirtschaftszweigen haben sich darüber hinaus besondere Kontenrahmen bewährt (Handel, Gastronomie, Banken und Versicherungen). Die Kontenrahmen sind systematisch auf dem dekadischen Zahlensystem aufgebaut. Jedes Konto erhält eine Nummer. Für die Finanzbuchhaltung werden im All-
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1.5 Organisation der Buchführung
gemeinen 4-stellige Kontennummern verwendet. Die Übersichtlichkeit ist durch sachliche Gliederung in Kontenklassen (1. Stelle), Kontengruppen innerhalb der Klassen (2. Stelle) und Kontenarten und -unterarten (3. und 4. Stelle) gewährleistet. Die Kontenklassen der Kontenrahmen gliedern sich wie folgt: IKR
SKR 04
SKR 03
Kontenklasse
Kontenklasse
Kontenklasse
0
Immaterielle Ver mögensgegenstände
0
Anlagevermögen
0
Anlage- und Kapitalkonten
1
Finanzanlagen
1
Umlaufvermögen
1
Finanz- und Privatkonten
2
Umlaufvermögen + ARA
2
Eigenkapitalkonten
2
Zinsen, Steuern, sonstige Aufwendungen und Erträge
3
Eigenkapital + Rückstellungen
3
Fremdkapitalkonten
3
Wareneingang, Warenbestand
4
Verbindlichkeiten + PRA
4
Betriebliche Erträge
4
Betriebliche Aufwendungen
5
Erträge
5
Betriebliche Aufwendungen
5
6
Betriebliche Auf wendungen
6
Betriebliche Aufwendungen
6
7
Weitere Aufwendungen
7
Weitere Aufwendungen + Erträge
7
8
Ergebnisrechnung
8
9
frei (z. B. für KLR)
9
Vortragskonten
8
Erlöskonten
9
Vortragskonten
Abbildung 2: Kontenklassen nach IKR, SKR 03 und SKR 04
Beim SKR 04 und beim IKR sind die Kontenklassen nach dem Abschlussgliederungsprinzip und beim SKR 03 nach dem Prozessgliederungsprinzip geordnet. Der Kontenrahmen bildet das Gerüst für die Buchhaltung im Unternehmen. Er wird durch individuelles Anpassen an die betrieblichen Gegebenheiten zum Kontenplan weiterentwickelt. Dazu können jederzeit entsprechend den Auswertungsbedürfnissen der Unternehmen weitere Unterkonten neu angelegt werden, Kontenbezeichnungen geändert oder Konten kopiert werden. Der Kontenplan umfasst alle im Unternehmen genutzten Konten der Finanzbuchhaltung.
32
1. Grundlagen der Buchführung
1.5.4 Buchführung mit Finanzbuchhaltungsprogrammen Der Umfang der buchhalterischen Arbeiten und die zu erfüllenden Anforderungen der GoB und der GoBD können in der heutigen Unternehmenswelt nur mittels EDV-Buchführungssystem erfüllt werden. Nach der Erfassung der Belege erfolgt eine automatische Auswertung in der vom Anwender gewünschten Form. Im EDVSystem können alle für die Buchführung und Besteuerung relevanten Daten als sogenannte Stammdaten angelegt und gespeichert werden. Charakteristisch für die Arbeit mit EDV-Systemen sind folgende Arbeitsschritte: • Prüfen und Sortieren der Belege in ihrer chronologischen Reihenfolge und nach systematischen Gesichtspunkten: Bankbelege, Kassenbelege, Eingangs- und Ausgangsrechnungen (bei Offener-Posten-Buchhaltung) – teilweise erfolgt das durch das Einlesen der elektronischen Belege und Bankauszüge, • Vorkontieren der Belege durch manuelles Eintragen der Buchungssätze – das erfolgt bei den elektronischen Belegen und Bankauszügen teilweise durch vom EDV-System erstellte Buchungsvorschläge, • Erfassung der Belege in der Eingabemaske des EDV-Systems – entfällt bei den elektronischen Buchungsvorschlägen, die aber i. d. R. nochmals geprüft werden sollten, • Verarbeitung der Daten und Ausdruck der gewünschten Auswertungen: – Journal (Grundbuch), – betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA), – Summen und Saldenliste, – Debitoren- und Kreditorenlisten, – Kontenblätter (Hauptbuch), – Umsatzsteuervoranmeldung usw. Auf der Basis der EDV-Buchhaltung werden auch die Jahresabschlussarbeiten durchgeführt, die bis zur Bilanz und GuV führen. Der Nutzer wird in den modernen Systemen durch eine Vielzahl Eingabemasken und Hilfefunktionen in seiner täglichen Arbeit unterstützt.
2. Inventur – Inventar – Bilanz 2.1 Inventar und Inventur 2.1.1 Begriffe Der Wortlaut des § 240 (1) HGB enthält die gesetzliche Pflicht zur Erstellung eines Verzeichnisses: „Jeder Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes seine Grundstücke, seine Forderungen und Schulden, den Betrag seines baren Geldes sowie seine sonstigen Vermögensgegenstände genau zu verzeichnen und dabei den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden anzugeben.“ Damit ergibt sich bereits aus dem ersten Satz, dass eine genaue Bezeichnung von Vermögen und Schulden sowie eine Bewertung zu erfolgen haben. Erst im § 240 (2) HGB wird der Begriff Inventar genutzt: „Er hat demnächst für den Schluss eines jeden Geschäftsjahrs ein solches Inventar aufzustellen. Die Dauer des Geschäftsjahrs darf zwölf Monate nicht überschreiten. Die Aufstellung des Inventars ist innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit zu bewirken.“ Ein Inventar ist nicht nur bei Unternehmensgründung und zum Schluss des Geschäftsjahres zu erstellen, wie es der § 240 (1) und (2) HGB verlangt, sondern auch zu anderen Anlässen im Geschäftsablauf wie z. B. bei Übernahme oder Veräußerung eines Unternehmens, bei einer Insolvenz oder bei Auflösung des Unternehmens. Um ein Inventar erstellen zu können, muss der Kaufmann sein Vermögen und seine Schulden genau und mit Wertangabe benennen können. Das setzt also eine entsprechende Bestandsaufnahme durch eine Inventur voraus (vgl. Abbildung 3). Das lateinische Wort „invenire“ bedeutet vorfinden und weist darauf hin, dass alle Vermögensteile und Schuldposten auch tatsächlich in Augenschein genommen werden müssen, also eine sogenannte körperliche Bestandsaufnahme durchzuführen ist, sofern möglich. Unter Inventur versteht man die mengen- und wertmäßige Bestandsaufnahme des Vermögens und der Schulden zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die körperliche Inventur umfasst die mengen- und wertmäßige Bestandsaufnahme. Die Buchinventur erfolgt als wertmäßige Bestandsaufnahme anhand von Aufzeichnungen und Belegen. Eine körperliche Bestandsaufnahme erfolgt durch Zählen, Messen, Wiegen und in Ausnahmenfällen auch durch Schätzung. Ist die mengenmäßige Erfassung abgeschlossen, erfolgt die Bewertung der festgestellten Mengeneinheiten.
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2. Inventur – Inventar – Bilanz
Inventur
Körperliche Bestandsaufnahme
Buchinventur
Anlagenkartei
Abbildung 3: Inventur
Bei der Buchinventur erfolgt eine wertmäßige Bestandsaufnahme unkörperlicher Vermögensteile und Schulden aufgrund von Aufzeichnungen und Belegen. Das Anlagenverzeichnis bzw. die Anlagekartei dient der Erfassung und Bewertung des Anlagevermögens (Maschinen, Geräte, Fahrzeuge, Betriebs- und Geschäftsausstattung). Für jedes Wirtschaftsgut werden der Anschaffungswert, das Anschaffungsdatum, die Nutzungsdauer, die Abschreibungsmethode sowie die jährliche Abschreibung (siehe auch Kapitel 6.4), der Buchwert am Inventurstichtag und ggf. der Tag des Abgangs verzeichnet. Stichtagsbezogen ist zu prüfen, ob das Wirtschaftsgut tatsächlich noch vorhanden ist. Aufgabe 2.1: Welche Vermögensgegenstände und Schulden können durch Zählen, Messen, Wiegen, Schätzen bei der Inventur aufgenommen werden? Nennen Sie konkrete Beispiele, auch für die Müller & Thurgau GmbH! Aufgabe 2.2: Schauen Sie sich das Inventar der Müller & Thurgau GmbH in Abbildung 6 an! Welche der Vermögensteile und Schuldpositionen können nur durch Buchinventur aufgenommen werden? Wo ist eine Stichprobeninventur vorstellbar? Eine Inventur ist sorgfältig zu planen. Dazu ist ein Aufnahmeplan mit verbindlichen Inventurrichtlinien und Zeitvorgaben zu erstellen. Den einzelnen Inventurbereichen im Unternehmen sind Personen zuzuordnen, die die Inventuraufgaben durchführen. Diese erhalten entsprechende Vordrucke und Hilfsmittel. Die Inventur sollte stichprobenartig überprüft werden. Die Inventurrichtlinien müssen sich an den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Inventur ausrichten: • Vollständigkeit, d. h. alle Vermögensgegenstände und Schulden sind zu erfassen, • Richtigkeit, d. h. es sind bei der Inventur die korrekten, den Tatsachen entsprechende Werte zu ermitteln, • Nachprüfbarkeit, d. h. ein sachkundiger Dritter muss die Durchführung der Inventur nachvollziehen können,
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2.1 Inventar und Inventur
• Einzelerfassung und Einzelbewertung, d. h. jeder Vermögensgegenstand und jede Schuldposition sollte bei der Inventur einzeln aufgenommen und bewertet werden. Generell werden die in Punkt 2.1.2 aufgeführten Verfahren der Inventur angewendet. Auswahlkriterien sind bspw.: • möglichst problemloses Durchführen der Inventur im normalen Betriebsablauf, • das Erreichen der geforderten Genauigkeit, • geringer Zeitaufwand und • geringe Kosten. 2.1.2 Zeitliche Verfahren der Inventur Nach der zeitlichen Durchführung der Inventur unterscheidet man die Stichtagsinventur, die permanente Inventur und die vor- bzw. nachverlegte Inventur (Abbildung 4). Durch die permanente und die verlegte Inventur soll vor allem die ansonsten große zeitliche Belastung des Personals mit Inventurarbeiten zum Stichtag reduziert werden. Inventur nach Zeitbezug
Stichtagsinventur § 240 Abs. 1und 2 HGB
Permanente Inventur § 241 Abs. 2 HGB
Vor- und nachgelagerte Stichtagsinventur § 241 Abs. 2 HGB
Abbildung 4: Inventur nach Zeitbezug
Stichtagsinventur Für die Stichtagserfassung der Inventurbestände ist die Erfassung der Bestände in einem Zeitraum von 10 Tagen vor bzw. nach dem Abschlussstichtag ausreichend. Die Bestandsveränderungen in diesem Zeitraum werden anhand von Belegen mengen- und wertmäßig auf den Stichtag (bspw. 31.12.) vor- bzw. rückgerechnet. Nachteilig bei der Stichtagsinventur ist der hohe organisatorische Aufwand am bzw. um den Stichtag. Permanente Inventur Die permanente Inventur erfordert keine körperliche Bestandsaufnahme am Stichtag. Die körperliche Bestandsaufnahme erfolgt üblicherweise dann, wenn nur ein geringer Lagerbestand aufzunehmen ist und sich die Inventurarbeiten organi-
36
2. Inventur – Inventar – Bilanz
satorisch reibungslos in das Betriebsgeschehen einordnen lassen. Die permanente Inventur erfordert aber laufend geführte und fortgeschriebene Lagerunterlagen (Lagerkartei). Datum, Art und Menge der Lagerzu- und -abgänge sind detailliert zu erfassen und zu dokumentieren. Das geschieht i. d. R. per EDV-System. Vor- und nachgelagerte Inventur Bei einer verlagerten Inventur kann die körperliche Bestandsaufnahme in einem Zeitraum von bis zu 3 Monaten vor oder bis zu 2 Monaten nach dem Stichtag erfolgen. Nicht alle Bestandspositionen müssen dabei gleichzeitig erfasst werden. Für jede Gruppe und für jeden Aufnahmetag muss aber ein eigenes Inventar erstellt werden. Damit der Bestand zum Stichtag bewertet werden kann, ist ein Fortschreibungs- oder Rückrechnungsverfahren erforderlich. Nach Richtlinie R 5.3 (3) EStR sind die permanente und die zeitlich verlegte Inventur nicht anwendbar: • für Bestände, bei denen durch Schwund, Verdunsten, Verderb, leichte Zerbrechlichkeit oder ähnliche Vorgänge ins Gewicht fallende unkontrollierbare Abgänge eintreten, es sei denn, dass diese Abgänge aufgrund von Erfahrungssätzen schätzungsweise annähernd zutreffend berücksichtigt werden können; • für Wirtschaftsgüter, die – abgestellt auf die Verhältnisse des jeweiligen Betriebs – besonders wertvoll sind. Aufgabe 2.3: Überlegen Sie sich bitte Beispiele für unkontrollierbare Abgänge von Beständen durch Schwund, Verdunsten, Verderb und leichte Zerbrechlichkeit. Verfügt die Müller & Thurgau GmbH über solche Vermögensgegenstände? Wenn ja, welche Folgen hat das? Auf eine weitere gesetzliche Regelung soll an dieser Stelle ausdrücklich hingewiesen werden. In der Richtlinie R 5.3 (4) EStR steht: „Fehlt eine körperliche Bestandsaufnahme oder enthält das Inventar in formeller oder materieller Hinsicht nicht nur unwesentliche Mängel, ist die Buchführung nicht als ordnungsmäßig anzusehen“. Die daraus folgenden Konsequenzen werden im Abschnitt 1.4 aufgezeigt.
2.1.3 Stichprobeninventur Eine Stichprobeninventur mithilfe anerkannter mathematisch-statistischer Verfahren, die nach § 241 (1) HGB möglich ist, soll vor allem den Aufnahmeaufwand reduzieren. Die Stichprobeninventur muss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Inventur genügen und eine entsprechende Aussageäquivalenz im Vergleich mit einer Vollinventur besitzen. Zur Erfüllung der gesetzlichen Vorschriften und aus Wirtschaftlichkeitsgründen ist auf folgende Voraussetzungen zu achten:
2.2 Inventar
37
Lagermindestgröße: Erst Lagergrößen von ca. 1.500 bis 3.000 verschiedenen Artikelpositionen kompensieren die zusätzlichen Kosten zur Einführung einer Stichprobeninventur.1 Lagerphänomen: Ein relativ geringer Anteil der Artikel macht einen Großteil des Gesamtwertes aus. Auf der Basis einer ABC-Analyse führt man für die A- und evtl. die B-Güter eine Vollaufnahme durch. Der größte Teil des Inventurwertes kann auf diese Weise mit relativ geringem Erfassungsaufwand abgedeckt werden. Der mengenmäßig erheblich größere Lageranteil der C-Güter wird über Stichproben erfasst.2 Lagerbestandszuverlässigkeit: Bei exakten Beständen lassen sich effizientere Stichprobenverfahren einsetzen und so der Mindeststichprobenumfang weiter reduzieren.
2.2 Inventar Die im Rahmen der Inventur erfassten Bestände der Vermögensgegenstände und Schulden werden im Bestandsverzeichnis, dem Inventar zusammengefasst. Es setzt sich aus • dem Vermögen, • den Schulden und • dem Eigenkapital zusammen. 2.2.1 Vermögen Das Betriebsvermögen gliedert sich in zwei große Gruppen: das Anlagevermögen und das Umlaufvermögen. Das Anlagevermögen umfasst alle Vermögensgegenstände, die der „Betriebsbereitschaft“ dienen. Diese bilden die Grundlage für die Tätigkeit des Wirtschaftsunternehmens. Sie verbleiben in der Regel längerfristig oder dauerhaft im Unternehmen. Ihr Verlust oder eine Veräußerung würden dem Unternehmen die wirtschaftliche Basis entziehen. Zum Anlagevermögen zählen im Wesentlichen:
1 2
Vgl. Ökonomou, J.: Rationalisierung von Inventur und Bestandskontrolle, 2018, S. 263 ff. Vgl. Jaspers, W.: Stichprobeninventur, 2004, S. 140.
38
2. Inventur – Inventar – Bilanz
• Grundstücke und Bauten, • Technische Anlagen, • Andere Anlagen (z. B. Fahrzeuge), • Betriebs- und Geschäftsausstattung (Büroeinrichtung, EDV-Technik, Laden einrichtung u. a.). Das Umlaufvermögen enthält Vermögenspositionen, die zum kurzfristigen Verbleib im Unternehmen bestimmt sind, deren Bestände laufend bewegt werden und sich permanent ändern – sich also im Umlauf befinden. Das Umlaufvermögen umfasst vor allem folgende Positionen: • Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, • unfertige Erzeugnisse (Halbfabrikate) und fertige Erzeugnisse, • Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (aLL), • Kassenbestand und Bankguthaben. Für die Aufstellung des Vermögens gilt die Regel nach aufsteigender Liquidierbarkeit – Liquiditätsnähe. Das heißt, die Gliederung beginnt mit den Vermögensgegenständen, die mit größtem Aufwand in flüssige Mittel umgesetzt werden können (z. B. Grundstücke und Gebäude) und endet mit den liquiden Mitteln (Kasse, Bankguthaben). 2.2.2 Verbindlichkeiten Verbindlichkeiten umfassen alle Schulden des Unternehmens. Sie werden nach Fälligkeit der Rückzahlung in langfristige und kurzfristige Verbindlichkeiten eingeteilt und gegliedert. Sie stellen das für das Unternehmen arbeitende Fremdkapital dar. Langfristige Verbindlichkeiten umfassen insbesondere Hypotheken- und Darlehensschulden. Kurzfristige Verbindlichkeiten beziehen sich auf die laufenden Verbindlichkeiten des Unternehmens wie z. B. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, Verbindlichkeiten aus Lohn- und Gehalt usw. Aufgabe 2.4: Kennzeichnen Sie bitte die in der Tabelle aufgeführten Vermögensgegenstände und Schulden als Anlagevermögen (AV), Umlaufvermögen (UV), langfristige Verbindlichkeiten (FK-langfr.), kurzfristige Verbindlichkeiten (FK-kurzfristig).
2.2 Inventar Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
Handelswaren
Betriebs-, Geschäftsausstattung
Maschinen
Kontokorrentkredit
Kasse
Postbank
Darlehensschulden (Laufzeit > 1 Jahr)
Verbindlichkeiten aus Lohn und Gehalt
Fertige Erzeugnisse
Sonstiger Forderungen
Gebäude
Werkzeuge
Fertigungsmaterial
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2.2.3 Eigenkapital Das Eigenkapital – auch als Reinvermögen des Unternehmens bezeichnet – ergibt sich als Differenz aus der Summe des Vermögens und der Summe der Verbindlichkeiten (Abbildung 5). Summe des Vermögens . /. Summe der Verbindlichkeiten = Eigenkapital ( = Reinvermögen ) Abbildung 5: Ermittlung des Reinvermögens
In Abbildung 6 wird das Inventar der Müller & Thurgau GmbH abgebildet. Ein Inventarverzeichnis wird üblicherweise in Staffelform dargestellt und besteht aus den drei Teilen: A Vermögen, unterteilt in Anlage- und Umlaufvermögen; B Schulden, unterteilt in langfristige und kurzfristige und C Eigenkapital (= Reinvermögen). In der sogenannten Vorspalte werden die Werte der einzelnen Positionen des Inventars aufgeführt. In der Hauptspalte werden entsprechende Positionen bereits sachlich in Gruppen bzw. Bilanzpositionen im Wert zusammengefasst.
40
2. Inventur – Inventar – Bilanz
Inventar
der Müller & Thurgau GmbH zum 31.12.01 A VERMÖGEN I Anlagevermögen Bauten auf eigenen Grundstücken Grundstückswert bebauter Grundstücke Fabrikbauten Verwaltungsbau Hof- und Wegebefestigungen Maschinen Technische Anlagen PKW LKW Sonstige Transportmittel Büroeinrichtung Geringwertige Wirtschaftsgüter Sonstige Betriebs- u. Geschäftsausstattung Beteiligungen Festverzinsliche Wertpapiere I Umlaufvermögen Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Unfertige Erzeugnisse Unfertige Leistungen Fertige Erzeugnisse und Waren Waren Forderungen aus Lieferungen u.Leistung Forderungen gegen Personal (g. 1Jahr) Abziehbare Vorsteuer 7% Abziehbare Vorsteuer 19% Kasse Postbank Raiffeisenbank Würzburg Summe des Vermögens B SCHULDEN I Langfristige Verbindlichkeiten Hypethekendarlehen HypoVereinsbank Verbindlichkeiten Kreditinstitut(1 - 5 a) Verbindlichkeiten Kreditinstitut (bis 1 a) II kurzfristige Verbindlichkeiten Verbindl. aus Lieferungen u. Leistungen Verbindlichk. Lohn- und Kirchensteuer Verbindlichkeiten Umsatzsteuer 19 % Summe der Schulden C EIGENKAPITAL
Summe des Vermögens Summe der Schulden = Eigenkapital
Euro 161.000 305.000 820.800 91.700 19.600 676.500 628.200 14.300 78.700 42.800 41.900 4.600 25.700 60.000 351.000 165.000 100.000 143.600 7.300 79.000 379.500 52.000 500 48.700 4.600 369.900 123.200
1.238.900 457.600 566.000 222.500 42.850 221.700
./.
Abbildung 6: Inventar der Müller & Thurgau GmbH
1.398.100 1.304.700 135.800 72.200 411.000 165.000 243.600 86.300
480.700 497.700 4.795.100
2.262.500
487.050 2.749.550 4.795.100 2.749.550 2.045.550
41
2.2 Inventar
Aufgabe 2.5: Der Winzerbetrieb Bernhard Burgunder, stellte zum 31. Dezember 01 und zum 31. Dezember 02 folgende Inventurwerte fest: Verwaltungsgebäude
01 02 150.800 125.600
Rohstoffe
434.300 462.200
Bankguthaben Sparkasse
114.500
103.800
Hilfs- und Betriebsstoffe
116.400
104.500
Technische Anlagen und Maschinen
975.500
962.600
Grundstücke
231.000 231.700
Darlehensschulden Sparkasse
654.000
Werkzeuge Forderungen aus Lieferungen und Leistungen Kassenbestand Fuhrpark
595.000
37.500 44.600 151.400
137.800
48.400 39.900 375.100 384.800
Hypothekenschulden
1.240.000 1.190.000
Betriebsgebäude
1.922.000 1.846.600
Unfertige Erzeugnisse
313.900
315.700
Bankguthaben Deutsche Bank
231.000
198.000
Betriebs- und Geschäftsausstattung
166.500
145.300
Fertige Erzeugnisse
186.600
186.700
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 286.000
261.000
Darlehensschulden Deutsche Bank
864.000
920.000
1. Gliedern Sie bitte entsprechend den Regeln des HGB und erstellen Sie die Inventare der beiden Geschäftsjahre. 2. Berechnen Sie bitte jeweils das Eigenkapital!
2.2.4 Erfolgsermittlung durch Eigenkapitalvergleich Basis für die Erfolgsermittlung eines Unternehmens bildet der Vergleich des Eigenkapitals zu Beginn und am Ende des Geschäftsjahres. Wurde im Unternehmen Gewinn erwirtschaftet, führt das zu einer Erhöhung des Eigenkapitals. Ein Verlust führt zu einer Minderung des Reinvermögens. Rechnerisch vergleicht man das Eigenkapital am Ende des Geschäftsjahres mit dem Wert am Ende des vorangegangenen Jahres (Abbildung 7).
42
2. Inventur – Inventar – Bilanz
Eigenkapital des laufenden Jahres . /. Eigenkapital des Vorjahres = Jahresgewinn Abbildung 7: Gewinnermittlung durch Eigenkapitalvergleich
Dieses Vorgehen entspricht der Gewinnermittlung lt. § 4 (1) EStG, dem sog. Betriebsvermögensvergleich. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH weist zum Ende des Geschäftsjahres 01 ein Eigenkapital von 2.045.550 Euro auf. Am Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres betrug das Eigenkapital 1.192.260 Euro. Eigenkapital am 31. 12. 01 . /. Eigenkapital am 31.12 des Vorjahres = Jahresgewinn
2.045.550 1.192.260 853.290
Besonderheit bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften: Charakteristisch für diese Unternehmensformen ist, dass die Inhaber / Gesellschafter das ihnen gehörende Reinvermögen durch Entnahmen mindern oder durch z. B. Geldzuführungen erhöhen. Diese Vorgänge werden als Privatentnahmen bzw. Privateinlagen bezeichnet. Sie dienen einerseits der privaten Lebenshaltung der Unternehmer (Entnahmen aus dem erwarteten Gewinn) oder werden zu Zwecken der Stärkung der Unternehmensbasis und häufig zur Verbesserung der Liquiditätslage (Einlagen) erbracht. Da sich diese Vorgänge unmittelbar auf das Eigenkapital auswirken, müssen sie bei der Gewinnermittlung mittels Eigenkapitalvergleich berücksichtigt werden (Abbildung 8). Privatentnahmen sind hinzuzurechnen, da sie aus dem erwarteten Gewinn erfolgen, der im laufenden Jahr erwirtschaftet wird. Privateinlagen wurden außerhalb des Unternehmens erzielt bzw. erspart und haben mit dem Unternehmensgewinn nichts zu tun. Sie werden daher abgezogen. Eigenkapital des laufenden Jahres . /. Eigenkapital des Vorjahres . /. Privateinlagen + Privatentnahmen = Jahresgewinn Abbildung 8: Gewinnermittlung durch Eigenkapitalvergleich unter Berücksichtigung von privaten Entnahmen und Einlagen
43
2.3 Die Bilanz
Beispiel: Der Einzelunternehmer Winzermeister Karl Riesling weist zum Ende des Geschäftsjahres 01 ein Eigenkapital von 130.775 Euro auf. Am Ende des vorherigen Geschäftsjahres betrug das Eigenkapital 123.785 Euro. Im Laufe des Geschäftsjahres 01 hat Karl Riesling insgesamt 34.560 Euro entnommen und aus seinen privaten Ersparnissen 15.000 Euro wieder eingelegt. Eigenkapital am 31. 12. 01 . /. Eigenkapital am 31.12 des Vorjahres
130.775 123.785
. /. Privateinlagen
15.000
+ Privatentnahmen
34.560
= Jahresgewinn
26.550
Aufgabe 2.6: Ermitteln Sie bitte den Jahresgewinn 02 des Winzerbetriebes Bernhard Burgunder aus der Aufgabe 2.5! Aufgabe 2.7: Der Winzer Wilhelm Weißburgunder hat am Anfang des Geschäftsjahres ein Eigenkapital von 575.000 Euro. Am Ende des Jahres betrugen lt. Inventur das Vermögen 807.000 Euro und die Schulden 210.000 Euro. Während des Geschäftsjahres sind als Privatentnahmen 37.500 Euro und als Einlagen 15.000 Euro erfasst worden. Ermitteln Sie bitte den Erfolg des Unternehmens durch Eigenkapitalvergleich!
2.3 Die Bilanz 2.3.1 Begriffe Die tabellarisch im Inventar erlangte Übersicht über Vermögen und Schulden erweist sich in der Unternehmenspraxis wegen der Vielzahl an Einzelpositionen als unübersichtlich und schwer überschaubar. Damit erfüllt das Inventar nicht die Anforderungen des § 238 (1) HGB an eine für einen Dritten nachvollziehbare Übersicht und auch nicht die Anforderungen des § 242 (1) HGB an einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluss (Eröffnungsbilanz, Bilanz). Die kurze übersichtliche Darstellung von Vermögen und Schulden, die einen Überblick über die Unternehmenslage „auf einen Blick“ ermöglicht, erfolgt in Form der Bilanz. Diese stellt eine Kurzfassung des Inventars dar. Die Bilanz ist eine Gegenüberstellung von Vermögen und Kapital eines Unternehmens in T-Kontenform. Die Vermögenspositionen werden auf der linken Seite der Bilanz (AKTIVA) dargestellt. Auf der rechten Seite der Bilanz (PASSIVA) wird die Finanzierung des
44
2. Inventur – Inventar – Bilanz
Vermögens als Summe aus den Verbindlichkeiten und Eigenkapital erfasst. Die Summe der Positionen auf der Aktivseite und der auf der Passivseite ist gleich und wird als Bilanzsumme bezeichnet. Der Begriff Bilanz leitet sich aus dem Italienischen bilancia = Waage ab. Das verdeutlicht, dass beide Seiten der Bilanz grundsätzlich ausgeglichen sein müssen, wie als symbolische Bilanzwaage in Abbildung 9 dargestellt ist.
AKTIVA
Bilanz zum 31. Dezember 01
PASSIVA
A Anlagevermögen
1.500.000
A Eigenkapital
2.000.000
B Umlaufvermögen
2.500.000
B Verbindlichkeiten
2.000.000
4.000.000
4.000.000
Abbildung 9: Bilanzwaage
In Abbildung 10 ist die aus dem Inventar (Abschnitt 2.2) hergeleitete Bilanz der Müller & Thurgau GmbH zum 31. 12. 01 dargestellt. Auf weitere Bilanzpositionen wie Rückstellungen und Rechnungsabgrenzungsposten soll hier zunächst verzichtet werden, diese werden in den folgenden Abschnitten des Buches vorgestellt und erläutert. Müller & Thurgau GmbH Bilanz zum 31. Dezember 01
AKTIVA
A Anlagevermögen I. Sachanlagen 1. Grundstücke und Bauten 2. Technische Anlagen und Maschinen 3. Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung II. Finanzanlagen 1. Beteiligungen 5. Wertpapiere des Anlagevermögens B Umlaufvermögen I. VVorräte 1. Roh- Hilfs- und Betriebstoffe 2. Unfertige Erzeugnisse 3. Fertige Erzeugnisse II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände 1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 2. Sonstoige Vermögsngegenstände III. Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks
A Eigenkapital 1.398.100 1.304.700 208.000 60.000 351.000
B Verbindlichkeiten 1. Verbindlichkeitne gegen KreditinstituteHypothekenschulden 2. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 3. Sonstige Verbindlichkeiten
PASSIVA 2.045.550
2.262.500 222.500 264.550
165.000 243.600 86.300
379.500 101.200 497.700 4.795.100
4.795.100
Abbildung 10: Bilanz der Müller & Thurgau GmbH zum 31. Dezember 01
2.3 Die Bilanz
45
2.3.2 Aussagen der Bilanz Das Ziel der Bilanzaufstellung besteht u. a. darin, einen Überblick über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu geben. Dem Bilanzleser wird so eine schnelle Einschätzung des Unternehmens ermöglicht. Welche grundsätzlichen Informationen können der Bilanz entnommen werden? Die Aktivseite wird als Vermögensseite bezeichnet. Sie umfasst die konkreten Vermögensformen des Unternehmens, in welchen das eingesetzte Kapital angelegt ist. Sie gibt Auskunft, wie die zur Verfügung stehenden Mittel verwendet wurden – Mittelverwendung = Investierung. Die Passivseite wird als Kapitalseite der Bilanz bezeichnet. Sie gibt Auskunft über die Finanzierungsquellen des Unternehmens. Wo kommt das im Vermögen investierte Kapital her? Handelt es sich um eigene Mittel (Eigenkapital) oder um Mittel Dritter (Fremdkapital). Sie gibt Auskunft über die Quellen der finanziellen Mittel – Mittelherkunft = Finanzierung. 2.3.3 Werteänderungen in der Bilanz Mit jedem Geschäftsvorgang kommt es zu einer Änderung der Bilanzpositionen. Die Bilanzwaage muss jedoch erhalten bleiben. Jeder Vorgang wirkt sich daher auf mindestens zwei Bilanzpositionen aus. Das soll an einigen Beispielen erläutert werden. Dazu wird eine vereinfachte Bilanz verwendet. Ausgangsbilanz: AKTIVA BGA Handelsware Bank
Bilanz 25.000 120.000 7.500 152.500
PASSIVA
Eigenkapital
87.500
Darlehen
20.000
Verbindlichkeiten aLL
45.000 152.500
1. Geschäftsvorfall Kauf eines Büroschreibtisches gegen sofortige Bezahlung im Lastschriftverfahren vom Bankkonto für 1.500 Euro. Von diesem Vorgang sind nur Positionen der Aktivseite betroffen. Der Bestand an Betriebs- und Geschäftsausstattung erhöht sich um den zugekauften Schreibtisch. Das Bankguthaben sinkt um den gezahlten Betrag. Da zwei Aktivposten gegeneinander verrechnet werden, wird dieser Vorgang als Aktivtausch bezeichnet.
46
2. Inventur – Inventar – Bilanz
Bilanz nach dem 1. Geschäftsvorfall: AKTIVA BGA ( + 1.500 ) Handelsware Bank ( – 1.500 )
Bilanz 26.500 120.000 6.000
PASSIVA
Eigenkapital
87.500
Darlehen
20.000
Verbindlichkeiten aLL
152.500
45.000 152.500
2. Geschäftsvorfall Eine Lieferantenschuld i. v. H. 10.000 Euro wird nach Absprache mit dem Lieferanten in ein Darlehen umgewandelt, welches später getilgt wird. In diesem Fall werden nur Positionen auf der Passivseite berührt. Das Darlehen steigt um 10.000 Euro, die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen werden um den gleichen Betrag abgebaut. Dieser Vorgang wird als Passivtausch bezeichnet. Bilanz nach dem 2. Geschäftsvorfall: AKTIVA BGA Handelsware Bank
Bilanz 26.500 120.000 6.000
Eigenkapital
PASSIVA 87.500
Darlehen (+ 10.000 )
30.000
Verbindlichkeiten aLL (− 10.000 )
35.000
152.500
152.500
3. Geschäftsvorfall Einkauf von Waren auf Rechnung mit Zahlungsziel für 8.000 Euro. In diesem Fall werden sowohl eine Position auf der Aktivseite als auch eine auf der Passivseite angesprochen. Der Warenbestand erhöht sich um die zugekauften Waren, gleichzeitig steigen die Verbindlichkeiten beim Lieferanten. Die Bilanzsumme erhöht sich in der Folge. Man spricht von einer Aktiv-Passiv-Mehrung (Bilanzverlängerung). Bilanz nach dem 3. Geschäftsvorfall: AKTIVA BGA Handelsware ( + 8.000 ) Bank
Bilanz 26.500 128.000 6.000 160.500
PASSIVA
Eigenkapital
87.500
Darlehen
30.000
Verbindlichkeiten aLL (+ 8.000 )
43.000 160.500
47
2.3 Die Bilanz
4. Geschäftsfall Zahlung einer fälligen Darlehensrate in Höhe von 4.000 Euro vom Bankkonto. Auch hier werden sowohl eine Aktivposition als auch ein Passivposten verändert. Das Darlehen wird abgebaut. Im Gegenzug sinkt der Kontostand auf dem Geschäftskonto. Die Bilanzsumme vermindert sich demzufolge. Der Vorgang wird als Aktiv-Passiv-Minderung (Bilanzverkürzung) bezeichnet. Bilanz nach dem 4. Geschäftsvorfall: AKTIVA BGA Handelsware
Bilanz 26.500 128.000
Bank ( – 4.000 )
2.000
PASSIVA
Eigenkapital
87.500
Darlehen ( – 4.000 )
26.000
Verbindlichkeiten aLL
43.000
156.500
156.500
Die beschriebene doppelte Wirkung der Geschäftsvorgänge in der Buchhaltung wird als Doppik bezeichnet, in der Praxis auch doppelte Buchführung genannt. Sie bildet die Grundlage für die Verfahren der Buchführung. Ihr Verständnis ist Voraussetzung für das Verstehen und die Interpretation der Ergebnisse der Buchführung vom Buchungsvorgang einzelner Geschäftsfälle bis zur Bilanzanalyse. Aufgabe 2.8: Bei jedem der Geschäftsfälle sind folgende Fragen zu beantworten: a) Welche Posten der Bilanz werden berührt? b) Handelt es sich um Aktiv- oder / und Passivposten der Bilanz? c) Wie wirkt sich der Geschäftsfall auf die Bilanzposten aus? d) Um welche der vier Arten der Bilanzveränderung handelt es sich? Beantworten Sie für die folgenden Geschäftsfälle die o. g. vier Fragen! 1. Kauf einer EDV-Anlage gegen Banküberweisung 2. Ein Kunde begleicht eine offene Forderung bar
7.500 430
3. Ein Kunde begleicht unsere gebuchte Rechnung per Überweisung 2.120 4. Bareinzahlung auf unser Bankkonto (aus unserer Geschäftskasse) 1.200 5. Teilrückzahlung einer Darlehensschuld durch Banklastschrift
4.125
6. Wir kaufen Handelsware auf Ziel (= Kredit des Lieferanten)
3.750
7. Wir begleichen die gebuchte Lieferantenrechnung per Überweisung.
3.750
8. Kauf eines PKW auf Kredit
15.000
3. Praxis der Buchführung 3.1 Auflösung der Bilanz und Buchung auf Bestandskonten Die Auswirkung jedes Geschäftsfalls auf mindestens zwei Positionen der Bilanz führt dazu, dass sich die Bilanz mit jedem Geschäftsfall ändert. Die Bilanz befindet sich gewissermaßen ständig „im Fluss“. In der Praxis würde das bedeuten, dass mit jedem Geschäftsfall eine neue Bilanz zu erstellen wäre. Das ist aus nachvollziehbaren Gründen praktisch nicht umsetzbar und würde auch keinen erkennbaren Aussagewert für den Buchhalter und für das Unternehmen bringen. Eine genaue und übersichtliche Aufzeichnung der Bewegungen jedes einzelnen Bilanzpostens ist dagegen einerseits einfach zu erfassen und anderseits einfach zu verstehen. Die Bilanz wird aus diesem Grund in ihre Positionen aufgelöst. Für die einzelnen Posten werden Konten eingerichtet, die eine Einzelabrechnung der Posten darstellen. Entsprechend dem Aufbau der Bilanz mit Aktiv- und Passivseite unterscheidet man Aktivkonten und Passivkonten. Für die Darstellung der Konten eignen sich am besten sogenannte T-Konten. Die linke Seite dieser Konten wird hier nun mit SOLL (S) und die rechte Seite mit HABEN (H) bezeichnet. Dem Aufbau der Bilanz entsprechend werden die Bestandskonten der Aktiva (linke Seite der Bilanz) links im Soll eröffnet. Die Bestände der Konten der Passiv seite werden rechts im Haben eingetragen. Aktiva
Eröffnungsbilanz
Maschinen Rohstoffe
Darlehen
Bankguthaben
Verbindlichkeiten
Aktivkonten
Passivkonten
S Maschinen Anfangsbestand
H
S
S
H
S
Rohstoffe
Anfangsbestand S Bankguthaben Anfangsbestand
Passiva Eigenkapital
H Eigenkapital Anfangsbestand Darlehen
H
Anfangsbestand H
S
Verbindlichkeiten
H Anfangsbestand
Abbildung 11: Auflösung der Bilanz in Konten
49
3.2 Buchung und Abschluss der Bestandskonten
Die schematische Darstellung in Abbildung 11 verdeutlicht den Weg von der Bilanz zu den einzelnen Konten. Die Konten werden nun in einer zweiseitigen Rechnung geführt. Zunächst werden auf der Seite des Anfangsbestandes alle Zuführungen zu den Posten erfasst, auf der jeweils anderen Seite werden die Minderungen des Postens zusammengefasst.
3.2 Buchung und Abschluss der Bestandskonten Dem Aufbau der Bilanz folgend werden Erhöhungen der Bestände auf den Aktivkonten auf der Soll-Seite erfasst – Minderungen dementsprechend auf der HabenSeite. Bei den Passivkonten wird umgekehrt vorgegangen: Bestandserhöhungen verbucht man im Haben und Verringerungen der Bestände im Soll (siehe Abbildung 12). Aktivkonto
S
H
Passivkonto
S
H
Anfangsbestand
./. Abgänge
./. Abgänge
Anfangsbestand
+ Zugänge
Schlussbestand
Schlussbestand
+ Zugänge
Abbildung 12: Veränderungen der Bestandskonten
Der Schlussbestand auf dem Konto wird durch den Vergleich der Summen der Kontobewegungen auf beiden Seiten eines Kontos bestimmt. Im ersten Schritt addiert man in einer Nebenrechnung die Beträge auf jeder Seite. Von der Summe der wertmäßig höheren Seite wird der Betrag der niedrigeren Seite subtrahiert. Das Ergebnis ist der Saldo = Schlussbestand des Kontos. Dieser wird auf der wertmäßig niedrigeren Seite eingetragen. Die Konto-Summe (oder kontrollsumme) beider Seiten wird damit ausgeglichen (siehe Abbildung 13). S Anfangsbestand (AB)
Aktivkonto 10.000,00 Abgang I
H 1.480,00
Zugang 1
3.500,00
Abgang II
3.700,00
Zugang 2
1.200,00
Abgang III
650,00
Zugang 3
350,00
Zugang 4
2.720,00 Konto-Summe 17.770,00
Summe der Sollseite 17.770,00 Summe der Habenseite
7.080,00
Differenz der Beträge 10.690,00
Abgang IV
1.250,00
Schlussbestand (SB)
10.690,00
Konto-Summe 17.770,00 (höherer Wert) (niedrigerer Wert) = Schlussbestand ( = Saldo ) ► Übertragung auf die Habenseite
Abbildung 13: Ermittlung des Schlussbestandes der Bestandskonten
50
3. Praxis der Buchführung
Der Schlussbestand bzw. Saldo des Kontos ist gleichzeitig der Anfangsbestand für die nächste Abrechnungsperiode. Aufgabe 3.1: Führen Sie bitte das Kassenkonto der Müller & Thurgau GmbH vom 01. bis 31. August anhand nachfolgender Geschäftsvorfälle! 01. Aug. Anfangsbestand
1.355,00
03. Aug. Barzahlung an einen Lieferanten
360,00
08. Aug. Barzahlung von einem Kunden
120,00
08. Aug. Abschlagszahlung für Lohn an einen Mitarbeiter
200,00
17. Aug. Einkauf von Büromaterial
75,00
19. Aug. Barzahlung an den Paketdienst 22. Aug. Abhebung von der Bank
126,00 1.200,00
24. Aug. Zahlung für eine Nachnahmesendung 25. Aug. Zahlung für Postwertzeichen 29. Aug. Barzahlung für Geschäftsessen 30. Aug. Barzahlung beim Tanken
356,00 90,00 165,00 93,00
31. Aug. Bareinnahme für eine Untervermietung 31. Aug. Barauszahlung für verauslagte Parkgebühren
1.500,00 15,00
Das Kassenkonto ist abzuschließen. Wie hoch ist der Schlussbestand (Saldo) am 31. August?
3.3 Buchungssätze Jeder Geschäftsfall betrifft mindestens zwei Positionen der Bilanz. Daraus abgeleitet werden beim Buchen immer mindestens zwei Konten angesprochen – ein Konto im Soll und ein Konto im Haben. Der Geschäftsfall wird für die Verbuchung in einem Buchungssatz formuliert. Die Konten, die den Geschäftsfall betreffen werden „angesprochen“. Dabei wird zuerst das Konto aufgerufen, das im Soll bebucht wird und dann das Konto, dessen Haben-Seite belastet wird. Die beiden Konten werden mit dem Wort „an“ verknüpft. In der Buchhaltungspraxis steht an dessen Stelle häufig ein Schrägstrich „/“. Für die Formulierung der Buchungssätze gilt die Regel: Soll an Haben S an H S / H
51
3.3 Buchungssätze
In der Praxis wird die Bildung der Buchungssätze auch als „Kontierung der Belege“ bezeichnet. Die gebildeten Buchungssätze werden in zeitlicher Reihenfolge im Grundbuch aufgezeichnet und auf die Konten im Hauptbuch übertragen (siehe auch Abschnitt 1.5). Einfacher Buchungssatz Im einfachen Buchungssatz wird jeweils nur ein Konto auf der Sollseite und ein Konto auf der Haben-Seite angesprochen. Das soll an folgendem Beispiel verdeutlicht werden. Geschäftsvorfall: Vom Bankkonto (Bankauszug BA 10-5) der Müller & Thurgau GmbH werden am 01. 12. 10.000 Euro in bar abgehoben und in die Geschäftskasse (Kassenblatt KB 10-1) eingezahlt. Kasse
10.000,00 an Bank
10.000,00
Da es sich beim einfachen Buchungssatz lediglich um einen Betrag handelt, wird dieser üblicherweise nur hinter dem Haben-Konto aufgeführt. Auch auf die Währungsbezeichnung wird verzichtet: Kasse
an Bank
10.000,00
Im Grundbuch (= Journal) schlägt sich dieser Vorgang wie folgt nieder. Für jeden Vorgang sind mindestens das Datum, eine Belegnummer und ein Buchungstext und die Konten, auf die gebucht wird, aufzuzeichnen. Für die Praxis sind häufig weitere Spalten mit dem Währungskennzeichen, dem Umsatzsteuerschlüssel und für die Kostenrechnung notwendig. Für das Grundbuch sind verschiedene Varianten in Verwendung, die sich in der Anordnung der Spalten und deren Beschriftung unterscheiden. Eine der möglichen Varianten soll hier im weiteren Verlauf verwendet werden: Grundbuch Datum 01.12.
Beleg-Nummer KB 10-1 BA 10-5
Buchungstext
Konto
Barauszahlung vom Geschäftskonto
Kasse Bank
Betrag Soll
Haben
10.000,00 10.000,00
Im Hauptbuch erfolgt das Eintragen der Bewegungen auf den einzelnen Konten. Im Folgenden werden dafür T-Konten verwendet. Dazu werden in der Praxis die Kontonummern der verwendeten Kontenrahmen genutzt (siehe Abschnitt 1.5). Auf die Verwendung von Kontonummern wird hier zu Gunsten von verbalen Bezeichnungen verzichtet.
52
3. Praxis der Buchführung
S
Kasse
01.12. Bank
10.000
H
S
Bank 01.12. Kasse
H 10.000
Zur Verdeutlichung der Verbindung zu den jeweils genutzten Konten wird im jeweils gebuchten Konto das Gegenkonto vermerkt. Im Konto erfolgt darüber hinaus die Angabe des Datums, des Buchungstextes und ggf. weiterer Informationen, Das dient vor allem dem Grundsatz der Nachvollziehbarkeit. In den hier aufgeführten und folgenden Beispielen werden zur Illustration die Nummern der Geschäftsvorfälle angegeben und damit die Verknüpfung zum Gegenkonto ermöglicht. Auf einen Buchungstext und das Datum wird zur besseren Übersichtlichkeit verzichtet. Aufgabe 3.2: Bilden Sie bitte die Buchungssätze für nachfolgende Geschäftsfälle. 1. 2. 3. 4.
Barverkauf eines gebrauchten PCs (Kassenbeleg KB 12) 450,00 Barabhebung vom Bankkonto (Kontoauszug BA 01) 800,00 Zielkauf von Rohstoffen (Eingangsrechnung ER 15) 6.450,00 Umwandlung einer Lieferantenschuld in eine 13.500,00 Darlehensschuld (Beleg 12) 5. Kundenüberweisung (AR 23) auf unser Bankkonto (BA 02) 1.240,00 6. Barkauf von Betriebsstoffen (Heizöl) (Kassenbeleg KB 12) 890,00 7. Eingangsrechnung (ER 16) für Handelsware (auf Ziel gekauft) 2.630,00 13.700,00 8. Kauf einer Produktionsmaschine auf Ziel (ER 17) 9. Überweisung vom Sparkassenkonto auf das Bankkonto (BA 03) 1.900,00 10. Wir bezahlen eine fällige Rechnung 1.800,00 durch Überweisung (BA 04) 1.750,00 11. Barabhebung vom Sparkassenkonto (SPK 21) 12. Kunde begleicht eine fällige Rechnung (AR 24) 480,00 per Überweisung (BA 05) 13. Verkauf eines Kopiergerätes; Bezahlung per Banküberweisung (BA 06) 1.050,00 14. Überweisung an Lieferanten zum Ausgleich einer ER (BA 07) 600,00 15. Aufnahme eines Betriebsmittelkredits bei der Sparkasse 14.000,00 (SPK 22) 16. Erwerb einer Produktionslizenz; Bezahlung per Banküberweisung (BA 08) 6.000,00 17. Barverkauf eines gebrauchten Geschäfts-PKWs (KB 14) 2.100,00 18. Tilgung einer Darlehensschuld durch Banküberweisung (BA 09) 7.500,00
53
3.3 Buchungssätze
Zusammengesetzter Buchungssatz Neben den Geschäftsfällen, in denen jeweils nur ein Soll- und ein Haben-Konto angesprochen werden, gibt es eine Vielzahl von Vorgängen, bei denen mehr als zwei Konten betroffen sind. Das können ein Konto auf der Soll- bzw. auf der HabenSeite sein und mehrere Gegenkonten, aber auch auf beiden Seiten mehrere Konten in einem Buchungssatz. Unbedingt zu beachten ist, dass die Summe der Buchungen auf der Soll- und der Haben-Seite gleich sein muss. Das soll an zwei Beispielen verdeutlicht werden: Geschäftsvorfall 1 (GF 1): Die Müller & Thurgau GmbH begleicht am 29.10. eine Lieferantenverbindlichkeit in Höhe von 5.000 Euro (Eingangsrechnung ER 345) bei der Terra GmbH durch Barzahlung von 1.200 Euro und den Rest von 3.800 Euro per Banküberweisung. Buchungssatz: Verb. aLL 5.000
an Kasse an Bank
1.200 3.800
Grundbuch Datum
Beleg-Nummer
29.10.
ER 345
Buchungstext
Betrag
Konto
Soll
Barzahlung und Verb. aLL Überweisung für ER Kasse 345 Terra GmbH Bank
Haben
5.000 1.200 3.800
Hauptbuch: S
Kasse GF1
S
Bank
H 1.200
S
Verb. aLL GF 1
5.000
H 10.000
H GF 1
3.800
Geschäftsvorfall 2 (GF 2): Die Müller & Thurgau GmbH kauft am 20.10. beim Großhandel Handelswaren für 6.400 Euro und einen Büro-PC für 1.000 Euro (Eingangsrechnung ER 179). Sie begleicht von der Gesamtrechnung einen Teilbetrag in Höhe von 1.650 Euro in bar, der Rest verbleibt als Lieferantenverbindlichkeit.
54
3. Praxis der Buchführung
Buchungssatz: Handelsware 6.400 BGA 1.000 an Kasse an Verb. aLL
1.650 5.750
Grundbuch Datum 20.10
Beleg-Nummer ER 179
Buchungstext Großhandel; Handelswaren + PC, Teilzahlung in bar
Betrag
Konto
Soll
Handelsware
6.400
BGA
1.000
Haben
Kasse
1.650
Verbl aLL
5.750
Hauptbuch: S
Handelswaren
GF 2
6.400
S
H
S GF 1
Verb. aLL GF 2
H 5.750
S
BGA
H
1.000 Kasse
H
GF 2
1.650
Eine Besonderheit der Nutzung von EDV-Software für die Buchhaltung liegt darin, dass bei zusammengesetzten Buchungsätzen jeweils entweder ein Konto im Soll oder ein Konto im Haben mit mehreren Konten auf der Gegenseite gebucht werden kann. Diese Buchungsvorgänge werden als Splittingbuchung bezeichnet. Es kann jeweils nur die Soll- oder die Habenseite „gesplittet“ werden. Der Praktiker löst derartige Vorgänge i. d. R. in eine Reihe von Einzelbuchungen auf. Das dient der Übersichtlichkeit und erleichtert die Kontrolle und Fehlersuche. Aufgabe 3.3: Wie lauten die Buchungssätze für folgende Geschäftsfälle? 1. Kauf von Büromöbeln 1.550,00 Barzahlung 550,00 Banklastschrift 1.000,00 2. Kauf eines Baugrundstückes 75.000,00 Bankscheck 73.000,00 Baranzahlung 2.000,00 3. Verkauf eines gebrauchten Staplers 8.250,00 Barzahlung Bankscheck
1.250,00 7.000,00
55
3.4 Eröffnungsbilanz – Bestandskonten – Schlussbilanz 4. Tilgung einer Hypothekenschuld 7.000,00 Überweisung Bank I 5.000,00 Lastschrift Sparkasse 1.500,00 Bareinzahlung 500,00 3.750,00 Banküberweisung 2.000,00 5. Kauf einer EDV-Anlage Belastung 1.500,00 der Kreditkarte Baranzahlung 250,00 6.900,00 6. Kauf von Handelsware
Baranzahlung auf Ziel
750,00 6.150,00
7. Begleichen einer Verbindlichkeit aLL 2.800,00 Überweisung Bank I 800,00 SPK-Überweisung 1.800,00 Barzahlung 200,00 8. Kunde begleicht eine offene 2.500,00 Rechnung (unsere Forderung)
Banküberweisung Barzahlung
2.000,00 500,00
3.4 Eröffnungsbilanz – Bestandskonten – Schlussbilanz Die vorgestellten Buchungen bewirken stets, dass die Bilanzwaage erhalten bleibt. Nach der Verbuchung der laufenden Geschäftsfälle ließe sich so jederzeit eine Bilanz erstellen. Aktiva
Eröffnungsbilanz
Passiva
Maschinen
Eigenkapital
Rohstoffe
Darlehen
Bankguthaben
Verbindlichkeiten
Aktivkonten
Passivkonten
S H Maschinen Anfangsbestand ./. Abgänge + Zugänge
Schlussbestand
S H Rohstoffe Anfangsbestand ./. Abgänge + Zugänge S
S
Schlussbestand S
Schlussbestand
Bankguthaben
H
H Eigenkapital ./. Abgänge Anfangsbestand + Zugänge
H Darlehen ./. Abgänge Anfangsbestand Schlussbestand
S
+ Zugänge
Verbindlichkeiten
H
Anfangsbestand
./. Abgänge
./. Abgänge
Anfangsbestand
+ Zugänge
Schlussbestand
Schlussbestand
+ Zugänge
Aktiva Maschinen Rohstoffe Bankguthaben
Schlussbilanz
Passiva Eigenkapital Darlehen Verbindlichkeiten
Abbildung 14: Von der Eröffnungsbilanz zur Schlussbilanz
56
3. Praxis der Buchführung
Die Bilanz zu Beginn des Geschäftsjahres wird als Eröffnungsbilanz bezeichnet. Am Ende des Geschäftsjahres wird die Schlussbilanz erstellt. Sie ist gleichzeitig die Eröffnungsbilanz des Folgejahres. Der Weg von Bilanz zu Bilanz lässt sich wie folgt schematisch darstellen (siehe Abbildung 14). Anhand einiger typischer Geschäftsfälle soll das Vorgehen erläutert werden. 1. Kauf von Büromöbeln für 3.500,00 Euro; Bezahlung per EC-Karten-LS. 2. Einkauf von Handelsware auf Ziel; Warenwert 11.200,00 Euro. 3. Zahlungseingang vom Kunden auf dem Bankkonto für eine verbuchte Rechnung (unsere Forderung) in Höhe von 4.350,00 Euro. 4. Unser Lieferant bucht im Lastschriftverfahren 2.750,00 Euro für eine Rechnung (unsere Verbindlichkeit) von unserem Bankkonto ab. 5. Die fällige Darlehensrate in Höhe von 2.000,00 Euro wird per Banküberweisung beglichen. Zunächst sind folgende Überlegungen anzustellen: a) Welche Aktiv- und Passiv-Konten werden berührt? b) Liegen Zugänge oder Abgänge auf den Konten vor? c) Sind die Konten im Soll oder im Haben zu buchen? Daraus ergeben sich die Buchungssätze 1 bis 5: 1 BGA 2 Waren 3 Bank 4 Verbindlichkeiten aLL 5 Darlehen
an an an an an
Bank Verbindlichkeiten aLL Forderungen aLL Bank Bank
3.500,00 11.200,00 4.350,00 2.750,00 2.000,00
Die Geschäftsfälle werden danach auf die T-Konten übertragen. Nach dem Erfassen aller Geschäftsfälle erfolgt der Abschluss der Konten. Die Schlussbestände der Aktivkonten bilden die Aktivseite der Schlussbilanz. Die Schlussbestände der Passivkonten bilden die Passivseite der Schlussbilanz (siehe Abbildung 15). Die nach Verbuchung der Geschäftsfälle erstellte Schlussbilanz wird mit den Inventurbeständen zum Abschlussstichtag verglichen. Differenzen werden durch entsprechende Korrekturbuchungen eingearbeitet (siehe Kapitel 7). Im obigen Beispiel entsprechen die Salden der Konten den Inventurwerten.
57
3.4 Eröffnungsbilanz – Bestandskonten – Schlussbilanz
A
Eröffnungsbilanz
BGA
25.000
87.900 22.300
Handelsware
65.000
Bankdarlehen
Foderungen aLL
15.600
Verbindlichkeiten aLL
Bankguthaben
13.200 118.800
(1)
BGA 25.000 SB
S AB (2)
AB
H 28.500
S SB
Eigenkapital 87.900 AB
H 87.900
87.900
87.900
28.500
Handelsware 65.000 SB
H 76.200
11.200
S (5) SB
76.200 S
Passivkonten
3.500 28.500
8.600 118.800
Aktivkonten S AB
P
Eigenkapital
76.200
Forderungen aLL
15.600 (3) SB 15.600
H
22.300
Verbindlichkeiten aLL
H
2.750 AB
11.250
SB
17.050 (2)
11.200
19.800
19.800
Bankguthaben
AB
13.200 (1)
3.500
(3)
4.350 (4)
2.750
(5)
2.000
A BGA Handelsware Foderungen aLL Bankguthaben
20.300 22.300
S
H 22.300
(4)
S
17.550
2.000 AB
4.350 15.600
SB
Bankdarlehen
8.600
H
9.300 17.550 Schlussbilanz 28.500 Eigenkapital 76.200 Bankdarlehen 11.250 Verbindlichkeiten aLL 9.300 125.250
P 87.900 20.300 17.050 125.250
Abbildung 15: Beispiel Eröffnungsbilanz – Bestandskonten – Schlussbilanz
Aufgaben 3.4 und 3.5: Beachten Sie bei der Lösung folgende Reihenfolge der Buchungsarbeiten: a) Eröffnungsbilanz aufstellen – Anfangsbestände auf Aktiv- und Passivkonten vortragen. b) Buchungssätze für die Geschäftsfälle bilden und auf den entsprechenden Konten erfassen. c) Schlussbestände (Salden) auf den Aktiv- und Passivkonten ermitteln und mit den Inventurwerten abstimmen – Konten abschließen. d) Schlussbilanz aufstellen.
58
3. Praxis der Buchführung
Aufgabe 3.4 Anfangsbestände: Grundstücke / Bauten 120.000 Sonstige BGA Handelsware 25.000 Forderungen aLL Kassenbestand 800 Bank Darlehensschulden 28.500 Verbindlichkeiten aLL Eigenkapital ????
120.000 13.000 5.000 6.300
Geschäftsfälle: 1. Wir begleichen die bereits gebuchte Eingangsrechnung (ER 1) durch Banküberweisung. 2. Wir kaufen Handelsware auf Ziel – lt. Eingangsrechnung (ER 2). 3. Wir tilgen Darlehensschulden per Überweisung (BA 1). 4. Ein Kunde überweist den bereits gebuchten Rechnungsbetrag auf unser Bankkonto (BA 2). 5. Unsere Bareinzahlung auf unser Bankkonto (BA 3).
1.300 7.200 2.000 5.200 2.000
Abschlussangaben: Die Schlussbestände auf den Konten entsprechen den Inventurwerten. Aufgabe 3.5 Anfangsbestände: Geschäftsbauten 45.300 Maschinen 22.500 Forderungen aLL RHB 1.400 Bank Kasse Kreditverbindlichkeit (>5a) 34.000 Verbindlichkeiten aLL Eigenkapital ????
15.750 7.800 16.500 12.000
Geschäftsvorfälle: 1. ER 11 2. BA 1 3. BA 2 4. BA 3 5. ER 12 6. BA 4 7. BA 5
Eingangsrechnung für Rohstoffe. Kauf eines Regals Bezahlung per Banklastschrift. Abbuchung Darlehensrate vom Bankkonto. Überweisung vom Kunden zum Rechnungsausgleich. Kauf einer Fertigungsmaschine auf Ziel. Ausgleich einer Lieferantenrechnung von der Bank. Verkauf einer gebrauchten Maschine gegen Scheck.
2.700 1.500 2.500 1.400 12.000 4.300 2.400
Abschlussangaben: Die Schlussbestände auf den Konten entsprechen den Inventurwerten.
3.5 Das Eröffnungsbilanzkonto (EBK) und das Schlussbilanzkonto (SBK)
59
3.5 Das Eröffnungsbilanzkonto (EBK) und das Schlussbilanzkonto (SBK) Die Eröffnung der Konten aus der Eröffnungsbilanz ist ein rein formaler Vorgang, dem keine wirtschaftlichen Geschäftsfälle im eigentlichen Sinn entsprechen. Um die Konten gemäß den Grundregeln der Doppik mit einem Gegenkonto eröffnen zu können, wird ein Hilfskonto in Form des Eröffnungsbilanzkontos (EBK) genutzt. Dieses wird bei der Eröffnung der Aktivkonten auf der Habenseite bebucht und beim Eröffnen der Passivkonten im Soll. Die Buchungssätze für die Auflösung der Bilanz in Konten lauten daher: Aktivkonto
an
Eröffnungsbilanzkonto (EBK)
Eröffnungsbilanzkonto (EBK)
an
Passivkonto
Das Eröffnungsbilanzkonto ist eine spiegelbildliche Darstellung der Eröffnungsbilanz. Das Eröffnungsbilanzkonto muss nach der Verbuchung aller Aktiv- und aller Passivkonten einen ausgeglichenen Saldo aufweisen – Summe der Aktivseite ist gleich der Summe der Passivseite. Es erfüllt damit gleichzeitig für den Buchhalter die Kontrollfunktion, ob alle Konten vollständig und korrekt erfasst wurden. Am Ende des Geschäftsjahres sind die Bestandskonten wieder zur Bilanz zusammenzuführen. Die Ermittlung der Konten-Salden ergibt ähnlich wie die Eröffnung der Konten keine wirtschaftlichen Geschäftsfälle. Auch hier wird ein formales Hilfskonto zur buchhalterischen Erfassung genutzt – das Schlussbilanzkonto (SBK). Da die Schlussbestände der Aktivkonten auf der Habenseite stehen, werden sie im SBK im Soll gebucht. Die Schlussbestände der Passivkonten stehen im Soll, daher werden sie im SBK im Haben gebucht. Die Buchungssätze für die Bildung des Schlussbilanzkontos lauten: Schlussbilanzkonto (SBK)
an
Aktivkonto
Passivkonto
an
Schlussbilanzkonto (SBK)
Das Schlussbilanzkonto stellt im Gegensatz zum Eröffnungsbilanzkonto kein Spiegelbild der Bilanz dar, sondern kann direkt als Bilanz verwendet werden – die Soll-Seite des SBK ist die Aktivseite der Schlussbilanz und die Haben-Seite des SBK bildet die Passivseite der Schlussbilanz. Voraussetzung ist, dass alle erforderlichen Korrekturbuchungen (Inventurdifferenzen) ordnungsgemäß erfasst wurden.
4. Die Umsatzsteuer 4.1 Das Umsatzsteuergesetz (UStG) 4.1.1 Das Wesen der Umsatzsteuer Die Umsatzsteuer ist aus rechtlicher Sicht eine Verkehrssteuer, die mit dem Erbringen und dem Umsatz wirtschaftlicher Leistungen verknüpft ist. Aus wirtschaftlicher Sicht ist sie eine Verbrauchssteuer. Sie wird in der Abfolge der Produktionsund Handelsstufen im Preis der umgesetzten Lieferungen und Leistungen auf den Endverbraucher übergewälzt. 4.1.2 Steuerbare Umsätze Das Umsatzsteuergesetz kennt keine konkrete Definition des Begriffes „Umsatz“ sondern definiert die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, dass „steuerbare Umsätze“ vorliegen: Nach § 1 (1) UStG sind folgende Umsätze steuerbar: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt; 2. die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer); 3. der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt. Alle nicht einzuordnenden Umsätze, d. h. alle Umsätze, die nicht die Tatbestandsmerkmale nach § 1 (1) UStG erfüllen, sind nicht steuerbar. Dazu gehören Innenumsätze, Schenkungen und Erbauseinandersetzungen. Steuerbare Umsätze unterliegen grundsätzlich der Umsatzsteuer, es sei denn sie sind nach § 4 UStG von der Steuer befreit. Zu den steuerfreien Umsätzen zählen u. a. innergemeinschaftliche Lieferungen und Lieferungen ins Drittland. Im § 3 (1) S.1 UStG wird der Begriff der Lieferung definiert: Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Gemäß § 3 (1b) UStG sind einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt: 1. die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen;
61
4.1 Das Umsatzsteuergesetz (UStG)
2. die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; 3. jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens. Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. 4.1.3 Umsatzsteuerbemessung Die Steuerbemessungsgrundlage nach § 10 UStG ist in der Regel das vereinbarte Entgelt für die Leistung. Sollte kein vereinbartes Entgelt vorliegen wie bspw. beim Eigenverbrauch, wird ein Ersatzwert, der dem tatsächlichen Wert entspricht, genutzt. Auf diesen Entgeltwert wird die Steuer mit dem jeweils geltenden Steuersatz nach § 12 UStG berechnet. Neben dem Regelsteuersatz von derzeit 19 % regelt der Gesetzgeber Ausnahmefälle mit dem verminderten Steuersatz von derzeit 7 % (u. a. Nahrungsmittel, Bücher, Zeitschriften, künstlerische und journalistische Leistungen). Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erstellt eine Ausgangsrechnung über die Lieferung von Glasbehältern. Lieferung von 10.000 Stk. Glasbehälter mit Verschlussdeckel à 0,70 € Einzelpreis
7.000,00
zzgl. Umsatzsteuer (19 %)
1.330,00
Rechnungsbetrag
8.330,00 Bruttobetrag
Nettobetrag
Der Rechnungsbetrag ohne Umsatzsteuer wird als Nettobetrag bezeichnet, der Betrag inklusive der Umsatzsteuer als Bruttobetrag. Die Umsatzsteuer hat das die Leistung erbringende Unternehmen grundsätzlich an das Finanzamt abzuführen. Im Beispiel sind das 1.330,00 Euro. Das Unternehmen ist jedoch berechtigt, alle Umsatzsteuerbeträge aus den Eingangsrechnungen der Vorlieferanten und Dienstleister gegenzurechnen und von der berechneten Umsatzsteuer abzuziehen. Die in den Eingangsrechnungen enthaltene Umsatzsteuer wird als Vorsteuer bezeichnet. Unternehmen, die steuerpflichtige Leistungen erbringen gelten als vorsteuerabzugsberechtigt. Das Unternehmen führt so immer für den im eigenen Betrieb erwirtschafteten Mehrwert (Wertschöpfung) die Umsatzsteuer an das Finanzamt ab. Die Um-
62
4. Die Umsatzsteuer
satzsteuer wird in der wirtschaftlichen Praxis daher häufig als Mehrwertsteuer bezeichnet. Die Funktionsweise der Umsatzsteuer soll folgendes Beispiel zusammenfassend erläutern (Tabelle 1). Von der Urproduktion (Gewinnung der Rohstoffe) durchläuft das Produkt zwei Veredlungsstufen bis zum Großhandel, um schließlich im Einzelhandel an den Endverbraucher zu gelangen. Der Endverbraucher zahlt den auf die gesamte Wertschöpfungskette entfallenden Umsatzsteuerbetrag. Jeder Unternehmer führt den seiner Wertschöpfung entsprechenden Betrag ab. Die Summe der abgeführten Beträge entspricht der gesamten Umsatzsteuer aus der Endverbraucherrechnung. Tabelle 1 Die Funktionsweise der Umsatzsteuer Stufe der Wertschöpfung
Nettopreis der Leistung
Bruttopreis inkl. Umsatzsteuer
Umsatzsteueranteil
Vorsteuer aus der Vorstufe (5)
Umsatzsteuerzahlbetrag (4–5)
(1)
(2)
(3)
(4)
Urproduktion
1.000,00
1.190,00
190,00
0,00
190,00
(6)
Veredlungsstufe 1
1.500,00
1.785,00
285,00
190,00
95,00 114,00
Veredlungsstufe 2
2.100,00
2.499,00
399,00
285,00
Großhandel
2.500,00
2.975,00
475,00
399,00
76,00
Einzelhandel → Endverbraucher
3.000,00
3.570,00
570,00
475,00
95,00
Summe
570,00
Dieses Verfahren wird als Allphasen-Netto-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug bezeichnet. Aufgabe 4.1: An welcher Stelle der Wertschöpfungskette könnte die Müller & Thurgau GmbH stehen? Konkretisieren Sie die anderen Stufen mittels selbstgewählter Beispiele!
4.2 Anforderungen an Rechnungen Unternehmen sind verpflichtet, für ihre erbrachten Leistungen eine ordnungsgemäße Rechnung auszustellen. Nur diese berechtigt die Unternehmen als Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug. Im § 14 (1) UStG wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Echtheit der Herkunft der Rechnungen, die Unversehrtheit ihres Inhaltes und ihre Lesbarkeit zu gewährleisten. Für die elektronischen Rechnungen ist des Weiteren der § 14 (3) UStG zu beachten.
4.2 Anforderungen an Rechnungen
63
Nach § 14 (4) UStG muss eine Rechnung folgende Angaben enthalten: 1. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers, 2. die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, 3. das Ausstellungsdatum, 4. eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer), 5. die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung, 6. den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt, 7. das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist, 8. den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt, und 9. in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers. 10. In den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Abs. 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift“. Bei Rechnungen, deren Gesamtbetrag 250,00 Euro einschließlich USt nicht übersteigt, können Entgelt und Steuerbetrag in einer Summe ausgegeben werden. Bei diesen sog. Kleinbetragsrechnungen reicht nach § 33 UStDV die Angabe des Steuersatzes in Prozent aus.
64
4. Die Umsatzsteuer
4.3 Ermittlung der Umsatzsteuerzahllast Die vom Unternehmen in Rechnung gestellte und einkassierte Umsatzsteuer stellt eine Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt dar, die zum nächsten Umsatzsteuerzahltag zu begleichen ist. In der Bilanz sind Schulden als Passiva auszuweisen. Für die Umsatzsteuerverbindlichkeit wird das Konto Umsatzsteuer als Passivkonto genutzt. Analog dazu ist die Vorsteuer aus den Eingangsrechnungen als Forderung gegenüber dem Finanzamt zu betrachten, die auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen wird. Dazu wird das Konto Vorsteuer genutzt. Das Unternehmen ist verpflichtet, die Umsatzsteuer nach § 22 UStG getrennt nach den verschiedenen Steuersätzen aufzuzeichnen. In der Finanzbuchhaltung wird daher für jeden Steuersatz ein separates Konto für die Vorsteuer und für die Umsatzsteuer eingerichtet. 4.3.1 Umsatzsteuer als Forderung – Vorsteuer Der Einkauf von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, Fertigteilen, Halbfabriken und Handelswaren wird auf der Grundlage der ordnungsgemäß ausgestellten Eingangsrechnung des Lieferanten verbucht. Diese weist den Nettorechnungsbetrag und die darauf entfallende Umsatzsteuer getrennt nach Steuersätzen gesondert aus. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erhielt eine Eingangsrechnung für den Kauf von Verschlussdeckeln für ihre Glasbehälter. Lieferung von 10.000 Stk. Verschlussdeckel à 0,50 € Einzelpreis zzgl. Umsatzsteuer (19 %)
5.000,00 Nettobetrag 950,00
Rechnungsbetrag
5.950,00 Bruttobetrag
Der Nettowarenwert erhöht das Rohstoffbestandskonto (Aktivposten). Die ausgewiesene Umsatzsteuer begründet als Vorsteuer eine Forderung gegenüber dem Finanzamt – Aktivkonto Vorsteuer. Der Gesamtrechnungsbetrag wird als Verbindlichkeit aLL bei den Passiva erfasst. Buchungssatz: Waren 5.000,00 Vorsteuer 19 %
950,00
an
Verbindl. aLL
5.950,00
65
4.3 Ermittlung der Umsatzsteuerzahllast
Im Laufe der Abrechnungsperiode werden auf diesem Weg alle Vorsteuerbeträge aus den Eingangsrechnungen auf dem Vorsteuerkonto gesammelt und bilden eine Gesamtforderung gegenüber dem Finanzamt. 4.3.2 Umsatzsteuer als Verbindlichkeit Für die erbrachten Lieferungen und Leistungen werden vom Unternehmen Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis gestellt. Auf Grundlage dieser Ausgangsrechnungen erfolgt die buchhalterische Erfassung der Lieferungen und Leistungen als Erlös (siehe Kapitel 5). Basierend auf obigem Beispiel erfolgt der Verkauf der Produkte zum kalkulierten Stückpreis von 70,00 Euro an den Käufer. Die Ausgangsrechnung lautet dann wie folgt: Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erstellt eine Ausgangsrechnung über die Lieferung von Glasbehältern. Lieferung von 10.000 Stk. Glasbehälter mit Verschlussdeckel à 0,70 € Einzelpreis
7.000,00 Nettobetrag
zzgl. Umsatzsteuer (19 %)
1.330,00
Rechnungsbetrag
8.330,00 Bruttobetrag
Die Ausgangrechnung in Höhe von 8.330,00 Euro erhöht die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (Aktivkonto). Die Umsatzsteuer erhöht die Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt (Passivkonto Umsatzsteuer). Die Lieferung wird als Umsatzerlös im Haben erfasst. Buchungssatz: Forderungen aLL
8.330,00
an
Umsatzerlöse
7.000,00
an
Umsatzsteuer 19 %
1.330,00
Im Verlaufe einer Abrechnungsperiode werden alle Umsatzsteuerbeträge getrennt nach Steuersätzen auf dem Umsatzsteuerkonto gesammelt und bilden eine Gesamtverbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt.
66
4. Die Umsatzsteuer
4.3.3 Umsatzsteuerzahllast – Umsatzsteuervoranmeldung Die Differenz aus den Umsatzsteuerverbindlichkeiten und den Vorsteuerforderungen wird als Umsatzsteuerzahllast bezeichnet, es entsteht eine zu entrichtende Umsatzsteuerverbindlichkeit. Ist der Vorsteuerbetrag höher, erfolgt eine Erstattung der Forderung durch das Finanzamt, bezeichnet als Vorsteuerüberhang. Zur Ermittlung der Zahllast geht man wie folgt vor. In einer Nebenrechnung werden zunächst die Salden der Konten Vorsteuer und Umsatzsteuer ermittelt. Durch Korrekturbuchungen wie z. B. bei Rücksendungen und Skontoabzug (siehe Abschnitt 6.2) kann es dazu kommen, dass die Konten auch auf der jeweiligen Gegenseite bebucht werden. Dies ist bei der Saldenermittlung zu beachten. Im nachfolgenden Schritt werden die Salden verglichen, das Konto mit dem niedrigeren Saldo wird auf das jeweils andere Konto mittels einfachem Buchungssatz abgeschlossen. Im Beispiel sehen die Konten Vorsteuer und Umsatzsteuer nach der Erfassung der Eingangs- und der Ausgangsrechnung wie folgt aus. S
Vorsteuer
ER
H
S
Umsatzsteuer
950,00
AR
H 1.330,00
Rechnerisch beträgt der Saldo des Vorsteuerkontos 950,00 Euro und ist damit niedriger als der Saldo des Umsatzsteuerkontos mit 1.330,00 Euro. Der Saldo des Vorsteuerkontos wird auf das Umsatzsteuerkonto wie folgt umgebucht: Buchungssatz: Umsatzsteuer
an Vorsteuer
950,00
Das Vorsteuerkonto weist danach den Saldo „0“ aus. Die Soll- und Habenseite sind ausgeglichen. S ER
Vorsteuer 950,00
USt
H 950,00
S VSt
Umsatzsteuer 950,00
AR
H 1.330,00
Das verbleibende Umsatzsteuerkonto wird abgeschlossen und der Schlussbestand ermittelt. Der Schlussbestand des Umsatzsteuerkontos geht als Verbindlichkeit in die Bilanz ein. S VSt SBK
Umsatzsteuer 950,00 380,00 1.330,00
AR
H 1.330,00 1.330,00
4.3 Ermittlung der Umsatzsteuerzahllast
67
Unternehmen sind lt. Umsatzsteuergesetz in Verbindung mit der Abgabenordnung verpflichtet, die Umsatzsteuerzahllast jeweils bis zum 10. des Folgemonats dem Finanzamt in Form einer Umsatzsteuervoranmeldung (USt-VA) auf elektronischem Weg zu übermitteln und die Verbindlichkeit zu begleichen. Die Meldung umfasst die Messbeträge für die einzelnen Steuersätze und die darauf entfallende Umsatzsteuer sowie die Summe der Vorsteuerbeträge. Diese Zahlungen werden auf dem Konto „Umsatzsteuervorauszahlung“ gebucht und beim Erstellen des Jahresabschlusses mit den Konten Umsatzsteuer und Vorsteuer saldiert. Das Unternehmen hat die Möglichkeit, einen Antrag auf Dauerfristverlängerung zu stellen (§ 44 UStDV i. V. m. Abschnitt 18.4 UStAE), so dass die USt-VA jeweils einen Monat später abgegeben werden kann. Bei monatlicher Abgabe ist diese Fristverlängerung mit der Leistung einer Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung (USt-SV) verbunden. Diese beträgt ¹/¹¹ des Vorjahreszahlbetrages und wird mit der Voranmeldung für Dezember verrechnet. Im § 18 (2) UStG sind die Fristen für die Abgabe der Voranmeldungen geregelt. Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7.500 Euro, ist der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1.000 Euro, kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen befreien. Soll- und Ist-Besteuerung Die Umsatzsteuer wird vom Unternehmer selbst berechnet und dem Finanzamt mittels USt-VA elektronisch angezeigt. Die Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten ist der Regelfall und wird als Soll-Versteuerung bezeichnet. Die Umsatzsteuer entsteht unabhängig davon, ob der Leistungsempfänger die Rechnung bezahlt hat oder nicht. Von diesem Regelfall kann nach § 20 UStG auf Antrag abgewichen werden. Die Ist-Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten kann vom Finanzamt für ein Unternehmen gestattet werden, 1. dessen Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3) im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600 000 Euro betragen hat, oder 2. der von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 der Abgabenordnung befreit ist, oder 3. soweit er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ausführt.
68
4. Die Umsatzsteuer
Aufgabe 4.2: Bilden Sie zu folgenden Geschäftsfällen die Buchungssätze und buchen Sie auf den Konten: Rohstoffe, Vorsteuer, Verbindlichkeiten aLL, Forderungen aLL, Umsatzerlöse für eigene Erzeugnisse, Umsatzsteuer, Bankguthaben (AB 3.300,00 Euro). a) ER7
Quarzsand
2.500,00
zzgl. Umsatzsteuer (19 %) Rechnungsbetrag b) AR 4
475,00 2.975,00
Glaswaren
5.600,00
zzgl. Umsatzsteuer (19 %)
1.064,00
Rechnungsbetrag
6.664,00
a) Ermitteln Sie bitte buchhalterisch die Zahllast und nennen Sie den Buchungssatz zum Abschluss der Steuerkonten. b) Nennen Sie bitte den Buchungssatz für die Überweisung der Zahllast zum 10. des Folgemonats. c) Buchen Sie auf den entsprechenden Konten.
5. Gewinn- und Verlustrechnung 5.1 Das Eigenkapitalkonto In den bisherigen Betrachtungen wurden lediglich bestandsverändernde Geschäftsfälle betrachtet. Eines der grundlegenden Ziele unternehmerischer Tätigkeit besteht jedoch darin, Gewinn zu erwirtschaften. Dazu werden durch den Einsatz von Rohstoffen oder Handelswaren unter Nutzung von technischen Anlagen und Maschinen sowie der Betriebs- und Geschäftsausstattung eigene Erzeugnisse und Dienstleistungen hergestellt und verkauft. Im Kapitel 2 wurde dargestellt, dass der Gewinn oder Verlust einer Abrechnungsperiode mittels Eigenkapitalvergleich festgestellt wird. Wenn das Eigenkapital sich erhöht, wurde Gewinn erwirtschaftet. Bei Verlust wird das Eigenkapital gemindert. Darüber hinaus führen Kapitaleinlagen und Kapitalentnahmen zu Änderungen des Eigenkapitals. Der überwiegende Teil der Geschäftsvorfälle einer Abrechnungsperiode hat Auswirkungen auf den Gewinn oder Verlust – also auf das Eigenkapital. Die Einnahmen aus den laufenden Geschäften (z. B. Umsatzerlöse, Zinserträge etc.) wirken gewinnerhöhend. Diese werden als Erträge bezeichnet. Der Verbrauch an Rohstoffen und Material und der eingesetzten Dienstleistungen (z. B. für Personal, Raumkosten, Verbrauch von Büromaterial etc.) wird als Aufwendungen bezeichnet. Aufwendungen wirken sich gewinnmindernd aus. Die Erfassung dieser Vorgänge direkt im Bilanzkonto Eigenkapital ist aus mehreren Gründen nicht umsetzbar. Zum einen würde das Konto mit einer Vielzahl von Bewegungen sehr unübersichtlich. Der Unternehmer jedoch benötigt genaue Informationen über die verschiedenen Aufwendungen und Erträge. Auch die korrekte Ermittlung der Umsatzsteuerzahllast getrennt nach Steuersätzen wäre nicht realisierbar. Dem Eigenkapitalkonto wird aus diesem Grund ein Unterkonto – das Gewinnund Verlustkonto zugeordnet. Auf diesem werden die Salden aller Aufwendungen und Erträge erfasst. Am Ende der Abrechnungsperiode wird das GuV-Konto auf das Eigenkapitalkonto abgeschlossen. Darüber hinaus führen, wie in Abschnitt 2.2.3 dargestellt, Kapitaleinlagen und Kapitalentnahmen zu Änderungen des Eigenkapitals. Auch diese werden nicht direkt auf dem Eigenkapitalkonto erfasst, sondern auf einem weiteren Unterkonto – dem Privatkonto. Nur durch eine getrennte Erfassung von Einlagen und Entnahmen auf Privatkonten und von Aufwendungen und Erträgen über das GuV-Konto ist eine korrekte
70
5. Gewinn- und Verlustrechnung
Ermittlung der Veränderungen des Eigenkapitals zur Feststellung des zu versteuernden Gewinns möglich.
5.2 Das Gewinn- und Verlustkonto Die Aufwendungen und Erträge werden wie oben dargestellt im Gewinn- und Verlustkonto zusammengefasst. Für jede Aufwands- und Ertragsart wird ein gesondertes Konto eingerichtet. Am Ende der Rechnungsperiode werden die Salden der einzelnen Konten auf das GuV-Konto abgeschlossen. Diese Konten fasst man unter dem Begriff Erfolgskonten zusammen. Die gewinnmindernden Aufwendungen werden in den Aufwandskonten im Soll erfasst. Gewinnerhöhende Erträge werden im Haben verbucht. Die Auflösung des Gewinn- und Verlustkontos in die Erfolgskonten wird schematisch in der Abbildung 16 dargestellt. S
Minderungen
Eigenkapital Mehrungen
SB S Aufwand S
H AB
Gewinn- und Verlustkonto
Aufwanskonten Aufwand
H
S
H Ertrag Ertragskonten Ertrag
H
Abbildung 16: GuV-Konto und Aufwands- und Ertragskonten
Am Ende der Abrechnungsperiode werden die einzelnen Aufwand- und Ertragskonten abgeschlossen und die Salden auf das GuV-Konto umgebucht. Allgemeiner Buchungssatz für Aufwandskonten: GuV
an Aufwandskonto
Allgemeiner Buchungssatz für Ertragskonten: Ertragskonto
an GuV
Abschließend wird des GuV-Konto abgeschlossen und der Gewinn oder Verlust ermittelt. Überwiegen die Erträge die Aufwendungen entsteht Gewinn. Dieser steht auf der Soll-Seite des GuV-Kontos. Im Verlustfall – die Aufwendungen überwiegen die Erträge – steht der Saldo im Haben. Buchhalterisch wird der Gewinn oder Verlust abschließend in das Eigenkapitalkonto übertragen.
71
5.2 Das Gewinn- und Verlustkonto
Buchungssatz im Gewinnfall: GuV
an Eigenkapital
Buchungssatz im Verlustfall: Eigenkapital
an GuV
Im Folgenden soll die buchhalterische Erfassung von Aufwendungen und Erträgen an einer Reihe von Geschäftsvorfällen dargestellt werden1. Geschäftsvorfall 1 Die Müller & Thurgau GmbH verbraucht in der Fertigung Rohmaterial im Wert von 6.000 Euro. Dieser Verbrauch mindert den Bestand an Rohstoffen und wird als Aufwand erfasst. Buchungssatz: Aufwand für Rohstoffe S AB
Rohstoffe 48.000 Aufw. für Rohstoffe
an H 6.000
Bestandskonto Rohstoffe 6.000,00
S Aufwand für Rohstoffe Rohstoffe 6.000
H
Geschäftsvorfall 2 Die Müller & Thurgau GmbH bezahlt Heizkosten in Höhe von 3.000,00 Euro per Banküberweisung. Die Miete in Höhe von 1.500,00 Euro wird per Lastschrift vom Bankkonto abgebucht. Beide Beträge sind als Aufwendungen im Soll zu erfassen und mindern den Bestand auf dem Bankkonto im Haben. Buchungssätze: Heizung
an Bank
3.000
Mietaufwand
an Bank
1.500
S Bank
Heizung 3.000
H
S Bank
Mietaufwand 1.500
H
1
S AB
Bank 12.000 Heizung Miete
H 3.000 1.500
Zur Verbesserung der Übersichtlichkeit wird an dieser Stelle zunächst auf die Einbeziehung der Umsatzsteuer verzichtet.
72
5. Gewinn- und Verlustrechnung
Geschäftsvorfall 3 Im Laufe der Abrechnungsperiode bezahlt die Müller & Thurgau GmbH aus der Geschäftskasse folgende Beträge: Postwertzeichen für 150,00 Euro; Büromaterial für 325,00 Euro; Instandhaltung der Heizung 275,00 Euro. Buchungssätze: Porto
an Kasse
150,00
Bürobedarf
an Kasse
325,00
Instandhaltung
an Kasse
275,00
S
Porto
Kasse
H
S
150,00
Bürobedarf
Kasse
S
Instandhaltung.
Kasse
275,00
H
H
325,00
S
Kasse
AB
1.800,00
H
Porto Bürobed. Instandh.
150,00 325,00 275,00
Geschäftsvorfall 4 Die von der Müller & Thurgau GmbH hergestellten Produkte werden verkauft, dafür wurden zwei Rechnungen erstellt. Die erste in Höhe von 4.500,00 Euro wird sofort vom Kunden per Banklastschrift beglichen. Die zweite Rechnung über 8.750,00 Euro wird als Verbindlichkeit erfasst, die später bezahlt wird. Buchungssätze: Bank
an Umsatzerlöse
4.500,00
Forderungen aLL
an
8.750,00
S UE S
Bank
H
4.500,00 Umsatzerlöse Bank Ford. aLL
Umsatzerlöse S
Forderungen aLL
UE
8.750,00
H
H 4.500,00 8.750,00
Die Zusammenfassung der Aufwands- und Ertragskonten und die Verbuchung der Kontosalden auf dem GuV-Konto stellen sich wie folgt dar.
73
5.2 Das Gewinn- und Verlustkonto S
Aufwand für Rohstoffe
Rohstoffe S
6.000,00
GuV
Heizung
Bank S Bank
3.000,00
3.000,00 H
1.500,00
GuV
150,00
GuV
Instandhaltung
Kasse S
275,00
GuV
Bürobedarf
Kasse
325,00
GuV
S
Umsatzerlöse
GuV
13.250
H
Bank Ford. aLL
4.500 8.750
H
GuV
Porto
S
6.000,00
Mietaufwand
S Kasse
H
13.250
13.250
1.500,00 H 150,00 H 275,00 H 325,00
Buchungssätze zum Abschluss der Aufwands- und Ertragskonten GuV
an
GuV
an Heizung
Aufwand für Rohstoffe
6.000,00 3.000,00 1.500,00
GuV
an Mietaufwand
GuV
an Porto
150,00
GuV
an Instandhaltung
275,00
GuV
an Bürobedarf
Umsatzerlöse
an GuV
S Aufwand Rohstoffe Heizung Mietaufwand Porto Instandhaltung Bürobedarf Saldo → EK
Gewinn- und Verlustkonto 6.000,00 3.000,00 1.500,00 150,00 275,00 325,00 2.000,00 13.250,00
Umsatzerlöse
325,00 13.250,00
H 13.250,00
13.250,00
Der Abschlusssaldo zeigt, dass die Müller & Thurgau GmbH in der Abrechnungsperiode einen Überschuss in Höhe von 2.000,00 Euro erzielt hat, der auf das Eigenkapitalkonto verbucht wird.
74
5. Gewinn- und Verlustrechnung
Buchungssatz: GuV
an Eigenkapital
2.000,00
Aufgabe 5.1: Erfassen Sie für den Winzermeister Willi Winzer e. K. nachfolgende Geschäftsvorfälle und verbuchen Sie diese bitte auf T-Konten! Anfangsbestände TA u. Maschinen Forderungen aLL Kasse Verbindlichkeiten aLL
180.000,00 Sonstige BGA 45.000,00 Rohstoffe 6.500,00 Bankguthaben 63.000,00 Eigenkapital
120.000,00 52.000,00 54.000,00 ?????
Kontenplan Richten Sie neben den obigen Konten weitere Konten ein: Vorsteuer, Umsatzsteuer, Aufwendungen für Rohstoffe, Versicherungen, Porto, Büromaterial, Instandhaltung, Umsatzerlöse, Gewinn- und Verlustkonto. Geschäftsvorfälle: 1. Zieleinkauf von Rohstoffen lt. ER 22, Rechnungsbetrag inkl. USt 2. Verbrauch lt. Materialentnahmeschein 3. Barkauf von Büromaterial lt. KB 15 Nettopreis zzgl. USt. 4. BA 12: Überweisung der Gebäudeversicherung 5. Zielverkäufe von eigenen Erzeugnissen lt. AR 340 (Rechnung inkl. USt) 6. Barzahlung für Heizungswartung lt. KB 16 Rechnung über brutto 7. BA 13: Überweisungen vom Kunden, Betrag 8. Verkauf von eigenen Erzeugnissen lt. AR 34, Rechnungsbetrag inkl. USt 9. KB 17: Kauf von Postwertzeichen, bar Bitte ermitteln und passivieren Sie die Umsatzsteuer-Zahllast!
11.424,00 32.000,00 280,00 8.500,00 2.875,00 475,00 8.700,00 18.300,00 50,00
75
5.4 Das Privatkonto
5.3 Die Buchungskreise der doppelten Buchführung Die zunächst im Abschnitt 3.1 vorgestellten Buchhaltungsgrundsätze bezogen sich lediglich auf die Konten der Bilanz – die Bestandskonten. Im vorangegangenen Abschnitt wurden die Geschäftsfälle betrachtet, die sich gewinnerhöhend oder gewinnmindernd auswirken – die Erfolgskonten der Gewinn- und Verlustrechnung. Beide Bereiche sind unmittelbar miteinander verknüpft. Der durch den Eigenkapitalvergleich ermittelte Unternehmenserfolg stimmt in jedem Fall mit dem in der Gewinn- und Verlustrechnung ermittelten Erfolg überein. Die beiden Bereiche der Buchführung werden auch als Buchungskreise bezeichnet. Die beiden Buchungskreise sind jedoch nicht nur über die Gewinnermittlung verknüpft. Wie in den obigen Beispielen ersichtlich, werden in vielen Geschäftsfällen sowohl Erfolgskonten als auch Bestandskonten gleichzeitig angesprochen.
5.4 Das Privatkonto Privatkonten sind Unterkonten des Eigenkapitalkontos. Hier werden alle privat veranlassten Geschäftsfälle erfasst. Jede Entnahme von Geldmitteln für die private Lebenshaltung mindert das Eigenkapital und ist auf der Soll-Seite des Kontos Privatentnahme zu erfassen. Jede Kapitaleinlage zur Erhöhung des Eigenkapitals ist auf der Haben-Seite des Kontos Privateinlage zu erfassen. Vereinfachend wird in der Praxis häufig nur ein Privatkonto für die Privatentnahmen und Privateinlagen geführt. Bei Personengesellschaften wird für jeden Gesellschafter ein separates Privatkonto (Gesellschafterkonto) geführt. Somit ist es jederzeit möglich, die Entnahmen und Einlagen jedes Gesellschafters zu verfolgen und in der Gewinnverteilung am Geschäftsjahresende zu berücksichtigen. Beispiel 1: Für den Inhaber eines Unternehmens werden die privaten Krankenkassenbeiträge in Höhe von 375,00 Euro vom Geschäftskonto abgebucht. Buchungssatz: Privatkonto
an Bank
375,00
Beispiel 2: Der Inhaber zahlt zur Absicherung der Liquidität seines Unternehmens 3.000 Euro aus privaten Ersparnissen auf das Geschäftskonto ein. Buchungssatz: Bank
an Privatkonto
3.000,00
76
5. Gewinn- und Verlustrechnung
Im Hauptbuch schlägt sich dieser Vorgang wie folgt nieder: S Privat
Bank 3.000,00
H
Privat
S
375,00
Bank
Privatkonto 375,00
Bank
H 3.000,00
Das Privatkonto wird am Ende des Geschäftsjahres auf das Eigenkapitalkonto abgeschlossen. Überwiegen die Entnahmen, wird das Eigenkapital gemindert; wenn die Einlagen überwiegen, wird das Eigenkapital erhöht. Im Beispiel überwiegen die Einlagen. Der Konten-Saldo des Privatkontos beträgt 2.625,00 Euro. Dieser wird auf das Eigenkapitalkonto umgebucht (der Anfangsbestand des Eigenkapitals betrug 10.000,00 Euro). Abschließender Buchungssatz Privatkonto S Bank EK
an Eigenkapital
Privatkonto 375,00 2.625,00
Bank
3.000,00
H S
2.625,00
Eigenkapital
3.000,00 SBK
12.625,00
3.000,00
12.265,00
AB Privat
H 10.000,00 2.625,00 12.625,00
Die unentgeltliche Entnahme von Gegenständen und Leistungen durch den Unternehmer wird buchhalterisch ebenso über das Privatkonto abgewickelt. Die Entnahmen werden auf separaten Konten erfasst. Dabei ist zu beachten, dass diese Leistungen i. d. R. der Umsatzsteuer unterliegen (siehe Kapitel 4). Statt der Einzelaufzeichnungen bestimmter Privatentnahmen ist der Ansatz von Pauschalbeträgen für unentgeltliche Wertabgaben möglich (z. B. in der Gastronomie). Die vom Bundesministerium der Finanzen für das jeweilige Kalenderjahr herausgegebenen Pauschbeträge sind Jahreswerte für eine Person, Kinder bis zum vollendeten 2. Lebensjahr werden nicht berücksichtigt, bis zum vollendeten 12. Lebensjahr ist die Hälfte des Wertes anzusetzen. Allgemeiner Buchungssatz: Privatentnahme
an Entnahme für Zwecke außerhalb des Unternehmens
an Umsatzsteuer
5.4 Das Privatkonto
Aufgabe 5.2: Richten Sie bitte für die Weinkellerei Josef Huber folgende Konten ein und bilden Sie die Buchungssätze und verbuchen Sie diese auf den Konten: Privat, Bank (AB 95.000 Euro), Vorsteuer, Umsatzsteuer, Raumkosten, Entnahmen für Zwecke außerhalb des Unternehmens, GuV-Konto; Eigenkapital. 1. Die Rechnung für einen Arztbesuch wird mit 785,00 Euro durch Bankabbuchung beglichen. Josef Huber entnimmt 12 Flaschen Wein zu Herstellungskosten von 120,00 Euro für Privatzwecke. 2. Das Geschäftsfahrzeug wird von Herrn Huber auch privat genutzt. Die Gesamtkosten betrugen im lfd. Geschäftsjahr 6.000,00 Euro, der private Nutzungsanteil lt. Fahrtenbuch lag bei 12,5 %). Buchen Sie die Nutzung. Der private Nutzungsanteil unterliegt zu 80 % der USt. 3. Josef Huber überweist die Rechnung für den Kauf eines Kleinwagens seiner Tochter in Höhe von 10.500,00 Euro über das Geschäftsbankkonto. 4. Das Geschäftsbankkonto weist für Herrn Josef Huber eine Gutschrift für erstattete Einkommen- und Kirchensteuer aus: 2.650,00 Euro. 5. Eine Heizölrechnung in Höhe von 1.428 Euro inkl. USt wird vom Geschäftskonto abgebucht. Der private Anteil am Wohn- und Geschäftshaus der Weinkellerei liegt bei 30 %. Schließen bitte Sie die Konten „Entnahmen für Zwecke außerhalb des Unternehmens“ und „Privat“ ab. Aufgabe 5.3: Recherchieren Sie die aktuellen Pauschbeträge für die einzelnen Gewerke!
77
6. Buchungsvorgänge in der Praxis 6.1 Einkauf von Waren und Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen In der buchhalterischen Praxis sind zwei Methoden der Erfassung des Einkaufs von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie Handelswaren verbreitet: • die Verbuchung auf den Bestandskonten Vorräte oder • die direkte Erfassung auf Aufwandskonten Material und Stoffverbrauch. Die erste Methode geht von der Zwischenlagerung der Güter und deren sukzessivem Verbrauch in der Fertigung aus. Diese Vorgehensweise wird als bestandsorientiert bezeichnet. Die zweite Methode geht vom unmittelbaren Verbrauch der Stoffe und Güter aus – sie wird als aufwandsorientiert bezeichnet. Welche Methode angewandt wird, hängt von den betrieblichen Gegebenheiten ab. Die bestandsorientierte Erfassung setzt unmittelbar ein Lagerhaltungs- und Bewirtschaftungssystem voraus, da in der Folge die einzelnen Lagerentnahmen und Verbräuche erfasst werden müssen. Die aufwandsorientierte Methode ist in Unternehmen ohne Lagerhaltung und vor allem in kleinen und mittelgroßen Unternehmen weit verbreitet. 6.1.1 Bestandsorientierte Erfassung der Vorratseinkäufe Der Einkauf wird als Bestandserhöhung (-mehrung) des Lagers auf der Sollseite im Konto Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen (RHB) erfasst. Als Gegenkonto dient im Allgemeinen das Konto „Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen“ (Verb. aLL), bei der Anwendung einer OPOS-Buchhaltung das Personenkonto des Lieferanten (Kreditor). Analog wird der Einkauf von unfertigen Erzeugnissen (UFE), fertigen Erzeugnissen (FE) und Handelswaren (HW) auf dem entsprechenden Bestandskonto gebucht. Beispiel: Die Naturstoffe Import GmbH beliefert die Müller & Thurgau GmbH mit Korken und Naturkautschuk. Die Eingangsrechnung wie abgebildet ist buchhalterisch zu erfassen1. 1
Zur Verbesserung der Übersichtlichkeit wird an dieser Stelle und in den folgenden Beispielen auf detaillierte Rechnungsangaben wie Adresse, Steuer-Nummer, Bankverbindung o. ä. verzichtet.
79
6.1 Einkauf von Waren und Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen
Naturstoffe Import GmbH an Müller & Thurgau GmbH Datum: 11. 12. 01 RECHNUNG Korken 10 Packung à 1.000 €
10.000,00
Naturkautschuk 100 kg à 50 €
5.000,00 Nettobetrag
15.000,00
Umsatzsteuer (19 %)
2.850,00
Rechnungsbetrag
17.850,00
Buchungssatz Rohstoffe Vorsteuer 19 %
15.000,00 an 2.850,00
an
Verbindlichkeiten. aLL
17.850,00
Die Buchung des Verbrauches der Vorräte erfolgt beim bestandsorientierten Verfahren als Aufwand. Das Konto „Aufwand für Rohstoffe“ wird im Soll gebucht. Der Bestand wird gemindert: Buchung auf dem Bestandskonto im Haben. Allgemeiner Buchungssatz Aufwandskonto
an Bestandskonto
In der Lagerbuchhaltung als Nebenbuchhaltung der Finanzbuchhaltung werden die Zu- und Abgänge der Vorräte erfasst. Die Zugänge werden anhand der Lieferscheine aufgenommen. Für die Abgänge werden Materialentnahmescheine (Abbildung 17) als interne Belege erstellt, die die Buchungsgrundlage für die Finanzbuchhaltung bilden. Beispiel: Materialentnahmeschein der Müller & Thurgau GmbH: Müller & Thurgau GmbH Materialentnahmeschein Datum
15. 12. 01
Artikelgruppe
Menge
Sand
10 t
Kostenstelle: 1004 Bezeichnung Quarzsand Körnung 01
Lagerverantwortlicher: …………
Auftrag: 125/01 Preis pro Einheit 120 Euro
Summe 1.200 Euro
Kostenstellenverantwortlicher: ……………..
Abbildung 17: Beispiel für einen Materialentnahmeschein
80
6. Buchungsvorgänge in der Praxis
Buchungssatz für den Materialentnahmebeleg: Aufwand Rohstoffe
an
Rohstoffe
1.200,00
Die korrekte laufende Fortschreibung der Lagerzugänge und Lagerabgänge ergibt am Ende der Abrechnungsperiode einen theoretischen, buchmäßigen Lagerbestand als Basis für das Inventar. Dieser Soll-Bestand muss einmal im Jahr durch die körperliche Inventur überprüft werden (siehe auch Kapitel 2). Die Differenz zwischen buchmäßigem Soll-Bestand und Inventurbestand wird über den Konten „Bestandveränderungen“ buchhalterisch erfasst. Lagerfehlbestände durch Schwund, Verderb, Verlust etc. werden als Erhöhung des Aufwandes gebucht. Mögliche höhere Lagerbestände, die z. B. durch unkorrekte Materialbuchführung entstehen können, mindern den Materialaufwand. 6.1.2 Verbrauchsorientierte Erfassung der Vorratseinkäufe Bei diesem Verfahren wird der Einkauf direkt als Aufwand verbucht, ohne die Bestandskonten anzusprechen. Dies ist in der Praxis häufig anzutreffen, da die Unternehmen die Lagerhaltungskosten so gering wie möglich halten und Rohstoffe, Vorprodukte sowie Handelswaren auftragsbezogen einkaufen und direkt weiterverarbeiten. Eine aufwendige Lagerbuchhaltung ist dafür nicht notwendig. Der Einkauf der Vorräte wird als Aufwand im Soll erfasst. In der Regel tragen die Aufwandkonten die Bezeichnung „Einkauf von…“ unterteilt nach der Gliederung der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und Waren (nach SKR 04 Kontengruppen 51, 52 bis 55). Als Gegenkonto dient auch hier im Allgemeinen das Konto „Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen“ (Verb. aLL) bzw. das entsprechende Kreditorenkonto. Der Buchungssatz zur Rechnung der Naturstoffe Import GmbH: Aufwand Rohstoffe Vorsteuer 19 %
15.000,00 2.850,00
an
Verbindlichkeiten. aLL
17.850,00
Auf den Bestandskonten wird nur noch der Anfangsbestand aus der Eröffnungsbilanz und nach einer erfolgten Inventur eine Bestandserhöhung oder Bestandsminderung gebucht. Daraus ergibt sich dann der Schlussbestand des Kontos. Eine Bestandserhöhung bedeutet, dass weniger Material verbraucht wurde, als im Laufe des Jahres eingekauft wurde – die Reste wurden dem Lager zugeführt. Die Erhöhung des Lagerbestandes wird im Soll erfasst. Das Aufwandskonto wird im Haben bebucht, da es sich um eine Minderung des Aufwandes handelt.
6.1 Einkauf von Waren und Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen
81
Allgemeiner Buchungssatz Bestandserhöhung Bestandskonto Vorräte
an
Aufwandskonto Vorräte
Eine Minderung des Bestandes bedeutet, dass im Abrechnungsjahr mehr Material verbraucht wurde, als eingekauft wurde. Die Verringerung des Lagerbestandes wird im Soll erfasst. Das Aufwandskonto wird im Soll bebucht, da es sich um eine Erhöhung des Aufwandes handelt. Allgemeiner Buchungssatz Bestandsminderung Aufwandskonto Vorräte
an
Bestandskonto Vorräte
Aufgabe 6.1: Der Anfangsbestand an Handelsware der Müller & Thurgau GmbH beträgt 15.500 Euro. Folgende Wareneinkäufe wurden registriert: Eingangsrechnung 01 – 21.700 Euro; Eingangsrechnung 02 – 5.200 Euro; Eingangsrechnung 03 – 23.500 Euro; alle Beträge netto (ohne USt); Buchung gegen Verb. aLL. Der Inventurbestand am Ende der Abrechnungsperiode beträgt: 23.600 Euro. a) Verbuchen Sie bitte den Wareneinkauf bestandsorientiert und den Materialverbrauch anhand folgender Entnahmebelege: Materialentnahmeschein I: 18.600 Euro; Materialentnahmeschein II: 14.200 Euro; Materialentnahmeschein III: 9.100 Euro. Wie hoch ist der Materialaufwand? b) Verbuchen Sie den Wareneinkauf verbrauchsorientiert. Wie hoch ist der Materialaufwand? Bilden Sie bitte alle notwendigen Buchungssätze zu a) und b). Richten Sie die T-Konten ein und schließen Sie diese ab.
6.1.3 Bezugskosten Neben den Einkaufspreisen für die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe oder Handelswaren fallen beim Einkauf häufig weitere Kosten an, die vom Lieferanten auf der Rechnung extra ausgewiesen werden oder separat anfallen. Das sind bspw.: Verpackungskosten, Transportkosten, Einfuhrzölle. Diese Kosten erhöhen die Anschaffungspreise der Güter. Nach § 255 (1) HGB gehören die Bezugskosten zu den Anschaffungsnebenkosten und unterliegen der Aktivierungspflicht. Die Bezugskosten können bei der Erfassung direkt auf die Bestands- oder Aufwandskonten verbucht werden. Alternativ können sie auf Unterkonten der Hauptkonten erfasst werden. Diese Variante ermöglicht eine Überwachung der Bezugs-
82
6. Buchungsvorgänge in der Praxis
kosten durch das Management und eine exaktere Kalkulation der Produkte und Dienstleistungen für den Absatz. Am Ende der Abrechnungsperiode werden die Unterkonten für die Bezugskosten auf die jeweiligen Hauptkonten abgeschlossen. In den Kontenrahmen ist bspw. das Konto „Bezugsnebenkosten“ vorgesehen, welches entsprechend der verschiedenen Vorratsposten unterteilt werden kann. Für Zölle und Einfuhrabgaben, die die Anschaffungsnebenkosten der Vorräte erhöhen, ist das Konto „Zölle und Einfuhrabgaben“ zu nutzen. Da für die Rückgabe von Leergut Gutschriften vom Lieferanten erstellt werden, werden die Kosten für Leergut beim Einkauf auf dem Konto „Leergut“ im Soll erfasst und bei Gutschrift im Haben. 6.1.4 Rücksendungen und Gutschriften Die komplette oder teilweise Rücksendung von angekauften Vorratsposten aufgrund von Mängelrügen mindert den Lagerbestand bzw. den entsprechenden Aufwand wieder. Die Güter sind körperlich nicht mehr vorhanden bzw. werden nicht verarbeitet und / oder weiterverkauft. Diese Vorgänge sind auf den entsprechenden Konten im Haben zu erfassen. Im Gegenzug mindert sich die Verbindlichkeit gegen den Lieferanten durch Erfassung im Soll. Bestandteil der Eingangsrechnung ist die ausgewiesene Umsatzsteuer, die als Vorsteuer verbucht wurde. Bemessungsgrundlage für die Vorsteuer ist der Nettowarenwert. Durch die Rücksendung ändert sich nachträglich die Bemessungsgrundlage. Dieser Vorgang erfordert demzufolge eine Korrektur der Vorsteuer. Für die Rücksendung wird eine Gutschriftanzeige über den Nettowarenwert der Rücksendung zzgl. der Umsatzsteuer erstellt. Buchungssatz bei bestandsorientierter Buchung: Verbindlichkeiten aLL
an
an Vorsteuer
Bestandskonto Vorräte
oder bei aufwandsorientierter Buchung: Verbindlichkeiten aLL
an
an Vorsteuer
Aufwandskonto Vorräte
83
6.1 Einkauf von Waren und Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen
Beispiel: Aufgrund einer Mängelrüge und der Rücksendung fehlerhafter Korken im Warenwert 2.000 Euro erhielt die Müller & Thurgau GmbH folgende Gutschrift. Naturstoffe Import GmbH an Müller & Thurgau GmbH Datum: 18. 12. 01 GUTSCHRIFT Rücksendung Korken im Wert von
2.000,00 Nettobetrag
2.000,00
Umsatzsteuer (19 %)
380,00
Gutschriftsbetrag
2.380,00
Die Eingangsrechnung der Naturstoffe Import GmbH war im Abschnitt 6.1.1 bestandsorientiert wie folgt verbucht worden: Buchungssatz bei bestandsorientierter Buchung: Verbindlichkeiten aLL
2.380
an
Rohstoffe
an Vorsteuer
2.000 380
Im Abschnitt 6. 2. 2 war die Eingangsrechnung der Naturstoffe Import GmbH aufwandsorientiert wie folgt verbucht worden: Buchungssatz bei aufwandsorientierter Buchung: Verb. aLL
2.380
an
Aufwand Rohstoffe
an Vorsteuer
2.000 380
Aufgabe 6.2: Für die Naturstoffe Import GmbH sind in einer Abrechnungsperiode folgende Geschäftsfälle zu erfassen: Anfangsbestände TA u. Maschinen
275.000,00
Forderungen aLL
43.000,00
Kasse
Andere Anlagen / BGA 83.000,00 Rohstoffe
152.000,00
6.500,00 Hilfsstoffe 45.000,00
Bankguthaben 34.000,00
Betriebsstoffe
Verbindlichkeiten aLL 63.000,00
Eigenkapital
5.000,00 ???????
Richten Sie die erforderlichen Konten ein und verbuchen Sie die Geschäftsvorfälle bestandsorientiert!
84
6. Buchungsvorgänge in der Praxis
Geschäftsvorfälle: 1. Zieleinkauf von Rohstoffen lt. ER 1245,
Nettowarenwert
Transportkosten
+ Umsatzsteuer 19 %
2. Verbrauch lt. Materialentnahmeschein:
ME I: Rohstoffe
ME II: Betriebsstoffe
3. Barkauf von Büromaterial lt. KB 12, (brutto inkl. USt)
7.000,00 600,00 1.444,00 9.044,00 17.500,00 1.500,00 535,50
4. Überweisung der Miete (umsatzsteuerfrei) (BA 13)
1.300,00
5. Überweisung für unsere Kfz-Versicherung (BA 14)
625,00
6. Zieleinkauf von Hilfsstoffen lt. ER 1246,
Nettowarenwert
Verpackung
+ Umsatzsteuer 19 %
6.150,00 350,00 1.235,00
7.735,00
7. Barzahlung Heizöl (Betriebsstoff) (KB 13),
1.250,00
Nettopreis
Anlieferungsgebühr
+ Umsatzsteuer 19 %
50,00 247,00
1.547,00
8. Hilfsstoffverbrauch lt. Materialentnahmeschein ME III
4.250,00
9. Zieleinkauf von Hilfsstoffen lt. ER 1247,
Nettowarenwert
Verpackung und Vers.
+ Umsatzsteuer 19 %
2.825,00 175,00 570,00
3.570,00
10. Überweisungen von Kunden, Forderungsbetrag (BA 15)
4.450,00
11. Zielverkauf von Produkten
Nettowarenwert
+ Umsatzsteuer 19 %
37.800,00 7.182,00 44.982,00
Abschlussangaben Schlussbestände (lt. Inventur): Rohstoffe: 140.000; Hilfsstoffe: 43.000; Betriebsstoffe: 4.750, alle anderen Bestände entsprechen den buchhalterischen Beständen.
6.1 Einkauf von Waren und Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen
85
6.1.5 Rabatte und nachträgliche Preisnachlässe im Beschaffungsbereich Preisnachlässe aufgrund von Sonderaktionen oder für Stammkunden, die direkt vom Nettobetrag der Rechnung abgezogen werden, bezeichnet man als Sofort rabatte. Diese mindern direkt die Anschaffungskosten und damit den Rechnungsbetrag und somit die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. In der Finanzbuchhaltung wird direkt der geminderte Rechnungsbetrag erfasst. Nachträgliche Anschaffungspreisminderungen kommen in der Praxis häufig in Form von Preisnachlässen wegen Mängelrügen oder in Form von Boni und Skonti vor. Diese Boni und die Preisnachlässe wegen Mängelrügen werden nach Rechnungslegung und -erfassung gewährt und mindern die Anschaffungskosten der Güter nachträglich. Die Gewährung von Skonto ist nach § 14 (4) UStG Bestandteil der Rechnung. Nachträgliche Preisnachlässe aufgrund von Mängelanzeigen Wird dem Lieferanten die unzureichende Qualität der gelieferten Vorratsposten angezeigt, ist nicht immer eine Rücksendung notwendig, sondern die Geschäftspartner einigen sich auf einen Preisnachlass für die Lieferung. Dafür erstellt der Lieferant eine entsprechende Gutschrift. Diese wird unter sofortiger Berichtigung der Vorsteuer erfasst. Bonus / Boni Lieferanten gewähren auf der Basis von erreichten Jahresumsatzzahlen, die in Rabatt- und Bonusstaffeln festgelegt sind, nachträglich im Allgemeinen am Jahresende Boni in Form von Gutschriften. Diese nachträglichen Nachlässe mindern die Anschaffungskosten der Vorratsposten und erfordern eine Berichtigung der Vorsteuer. Die Boni sind zum Zeitpunkt der Gutschriftanzeige durch den Lieferanten zu erfassen und im entsprechenden Voranmeldungszeitraum für die Umsatzsteuer zu berücksichtigen. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erhält vom Rohstofflieferanten Bergbau AG einen Jahresbonus. Bergbau AG an Müller & Thurgau GmbH GUTSCHRIFT JAHRESBONUS Jahresumsatz Korken im Wert von Jahresbonus 3,5 % Nettobetrag Umsatzsteuer (19 %) Gutschriftsbetrag Der Betrag wird Ihnen auf Ihr Bankkonto überwiesen
Datum: 26. 12. 01 1. 200. 000,00 42.000,00 42.000,00 7.980,00 49.980,00
86
6. Buchungsvorgänge in der Praxis
Buchungssatz bei Gutschrift auf dem Bankkonto Bank
49.980
an
erhaltene Boni
42.000
an Vorsteuer
7.980
Skonto / Skonti Für die Bezahlung von Rechnungen vor dem vertraglich vereinbarten Zahlungstermin gewähren Lieferanten den Rechnungsempfängern Skonto als Anreiz zum pünktlichen Zahlen. Dieser Preisnachlass liegt im Allgemeinen zwischen 2 % und 3 % des Rechnungsbetrages. Der Lieferant ist nach § 14 (4) UStG verpflichtet, die Skontogewährung auf der Rechnung auszuweisen. Dazu gehört der errechnete Preisnachlass als Eurobetrag bzw. der Zahlbetrag nach Abzug des ermittelten Skontobetrages (siehe Abschnitt 4.2). In der Praxis wird zunächst der Einkauf mit dem kompletten Rechnungsbetrag erfasst. Erst bei Bezahlung unter Inanspruchnahme von Skonto erfolgen die Erfassung des Nachlasses und die Vorsteuerkorrektur. Beispiel: Die Naturstoffe Import GmbH liefert Korken und gewährt einen Abzug von 2,5 % Skonto bei Zahlung bis zum 31.12. Naturstoffe Import GmbH an Müller & Thurgau GmbH Datum: 16. 12. 01 RECHNUNG Korken 5 Packung à 1.000 € Nettobetrag Umsatzsteuer (19 %) Rechnungsbetrag
5.000,00 5.000,00 950,00 5.950,00
Wir bitten Sie, den Betrag bis zum 17. 01. 02 auf das unten genannte Konto zu überweisen. Bei Zahlung bis zum 31. 12. 01 gewähren wir 2,5 % Skontoabzug (148,75 €).
Zunächst ist die Eingangsrechnung zu erfassen. Buchungssatz Rohstoffe Vorsteuer 19 %
5.000
an
950
an
Verbindlichkeiten aLL
5.950,00
Der Skontoabzug wird grundsätzlich erst erfasst, wenn er tatsächlich bei der Zahlung vorgenommen wird. Erst dann wird die Vorsteuer korrigiert.
87
6.2 Absatz von Produkten, Waren und Dienstleistungen
Buchungssatz: Verbindlichkeiten aLL
5.950
an
Bank
an
erhaltene Skonti
5.801,25 125,00
an
Vorsteuer 19 %
23,75
In der Praxis werden i. d. R. Konten für Nachlässe, erhaltene Skonti und Boni genutzt. Diese sind für die korrekte Ermittlung der Umsatzsteuerzahllast getrennt nach den Umsatzsteuersätzen zu führen. Aufgabe 6.3: a) Nachlässe: Buchen Sie bitte die folgenden Geschäftsfälle auf den Konten Aufwand Hilfsstoffe, Nachlässe für Hilfsstoffe, Vorsteuer und Verbindlichkeiten aLL: 1. Zieleinkauf von Hilfsstoffen lt. Eingangsrechnung. Der Listeneinkaufspreis beträgt 15.000,00 Euro. Der Lieferant gewährt einen Mengenrabatt von 6 %. (USt 19 %). Erstellen Sie die Rechnung und buchen Sie! 2. Beschädigte Hilfsstoffe (Fall 1) werden zurückgeschickt: Nettowert 1.250,00 Euro. Erstellen Sie bitte die Gutschrift und buchen Sie! 3. Auf den Restbetrag gewährt der Lieferer aus Kulanz noch nachträglich einen Preisnachlass von 5 %. Erstellen Sie eine weitere Gutschriftanzeige und buchen Sie! Wie hoch ist der Überweisungsbetrag an den Lieferanten? b) Skonto: Die Eingangsrechnung über 3.570,00 Euro (Warenwert 3.000,00 Euro + 570,00 Euro USt) wird unter Abzug von 2 % Skonto durch Banküberweisung an den Lieferanten beglichen (Konten: Aufwand Rohstoffe, erhaltene Skonti, Vorsteuer, Bank (AB 5.000,00 Euro), Verbindlichkeiten aLL. 1. Buchen Sie den Eingang der Rohstoffe aufgrund der ER! 2. Ermitteln Sie die Steuerberichtigung und buchen Sie beim Rechnungsausgleich den Skontoabzug!
6.2 Absatz von Produkten, Waren und Dienstleistungen Die im Unternehmen erbrachten Leistungen und hergestellten Produkte werden an Kunden verkauft und bilden die Erlöse. Diese werden nach dem SKR 04 auf den Kontengruppen 40 bis 44 erfasst. Die Erfassung auf verschiedenen Konten, geordnet nach Erlösgruppen und Warengruppen, ermöglicht aussagefähige Auswertungen der Erlöse des Unter-
88
6. Buchungsvorgänge in der Praxis
nehmens. Insbesondere sollte darauf geachtet werden, dass die Erlöse für eigene Erzeugnisse und für Handelswaren getrennt aufgezeichnet werden. 6.2.1 Umsatzerlöse und Vertriebskosten Für den Verkauf erstellt das Unternehmen Rechnungen, die als Grundlage für die Buchführung dienen. Zusätzlich zu den verkauften Leistungen werden häufig Transport- und Verpackungskosten berechnet. Diese werden buchhalterisch mit den Umsatzerlösen verbucht. Der getrennte Ausweis dieser Nebenleistungen unterstützt den Unternehmer bei der genauen Kalkulation der Leistung. Die Aufwendungen, die dem Unternehmen selbst z. B. für Transportleistungen, Porto und Verpackungsmaterial entstehen, werden auf gesonderten Aufwandskonten bspw. Konto Verpackungsmaterial, Konto Ausgangsfrachten etc. erfasst. Die Umsatzerlöse werden im Allgemeinen auf dem Konto Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (Forderungen aLL) erfasst (Buchung im Soll). Dieses Konto wird in Einzelkonten für die Kunden – Debitoren aufgelöst, auf denen die Forderungen für jeden einzelnen Kunden gebucht werden. Die Gegenbuchung erfolgt auf einem Erlöskonto im Haben (Nettobetrag), gleichzeitig entsteht eine Umsatzsteuerverbindlichkeit auf dem Konto Umsatzsteuer im Haben. Allgemeiner Buchungssatz für die Erfassung der Erlöse Forderungen aLL
an
Umsatzerlöse
an Umsatzsteuer
In Handelsgeschäften führen die Umsatzerlöse häufig zu direkten Bareinnahmen oder direkten Einzahlungen auf dem Geschäftskonto (Zahlung mit EC- oder Kreditkarten). Rechnungen werden nicht geschrieben. Diese Erlöse werden unmittelbar auf das Geldkonto gebucht. Bank oder Kasse
an
Umsatzerlöse
an Umsatzsteuer
Auf die besondere Bedeutung der Kassenbuchführung bei Bargeschäften sei an dieser Stelle nur verwiesen, da das Kassenbuch den wichtigsten Beleg zu den Umsatzerlösen darstellt. Alle Bareinnahmen und -ausgaben sind täglich genau zu erfassen und der Kassenbestand ist zu ermitteln.
89
6.2 Absatz von Produkten, Waren und Dienstleistungen
Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH berechnet ihrem Geschäftspartner die Lieferung von Flaschen wie folgt: Müller & Thurgau GmbH an Waldquelle OHG Datum: 17. 12. 01 RECHNUNG Weinflaschen weiß; 300.000 Stk à 0,15 Euro
45.000,00
Diverses Zubehör
3.200,00 Nettobetrag
48.200,00
Umsatzsteuer (19 %)
9.158,00
Rechnungsbetrag
57.358,00
Wir bitten Sie, den Betrag bis zum 14. 01. 01 auf das unten genannte Konto zu überweisen. Bei Zahlung bis zum 31. 12. 01 gewähren wir 3,0 % Skontoabzug (1.720,74 €).
Buchungssatz: Forderungen aLL
57.358,00
an
Umsatzerlöse
an
Umsatzsteuer 19 %
48.200,00 9.158,00
6.2.2 Warenrücksendungen und Gutschriften Die Rücksendung von verkauften Waren aufgrund von Mängelrügen o. ä. führt im Absatzbereich zu einer Minderung der Umsatzerlöse. Die Berichtigung erfolgt im Soll des Erlöskontos. Im Gegenzug mindert sich die Forderung gegen den Kunden (Erfassung im Haben). Bestandteil der Eingangsrechnung ist die ausgewiesene Umsatzsteuer, die als Verbindlichkeit aus Umsatzsteuer verbucht wurde. Bemessungsgrundlage für diese ist der Nettowarenwert. Durch die Rücksendung der Ware ändert sich nachträglich die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. Dieser Vorgang erfordert also eine Korrektur der Umsatzsteuer. Für die Rücksendung wird eine Gutschriftanzeige über den Nettowarenwert der Rücksendung zzgl. der Umsatzsteuer erstellt. Buchungssatz für die Rücksendung verkaufter Ware: Umsatzerlöse Umsatzsteuer 19 %
an
Forderungen aLL
90
6. Buchungsvorgänge in der Praxis
Beispiel: Aufgrund einer Mängelrüge und der Rücksendung fehlerhafter Weinflaschen im Warenwert von 4.500 Euro erstellt die Müller & Thurgau GmbH folgende Gutschrift. Müller & Thurgau GmbH an Waldquelle OHG Datum: 19. 12. 01 GUTSCHRIFT Rücksendung Weinflaschen weiß; 30.000 Stk. à 0,15 Euro 4.500,00 Nettobetrag 4.500,00 Umsatzsteuer (19 %) 855,00 Gutschriftsbetrag 5.355,00 Der Betrag wird mit der offenen Rechnung vom 17. 12. 01 verrechnet.
Buchungssatz: Umsatzerlöse Umsatzsteuer 19 %
4.500,00 an 855,00
an
Forderungen aLL
5.355,00
6.2.3 Rabatte und nachträgliche Preisnachlässe im Absatzbereich Auch im Absatzbereich werden den Kunden Preisnachlässe z. B. im Rahmen von Marketingaktivitäten für Stammkunden gewährt. Diese Sofortrabatte mindern direkt den Rechnungsbetrag und somit die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. In der Finanzbuchhaltung wird sofort der geminderte Rechnungsbetrag erfasst. Nur nachträgliche Rabatte werden auf den entsprechenden Konten für Rabatte gebucht. Auch nachträgliche Erlösminderungen in Form von Preisnachlässen wegen Mängelrügen und in Form von Boni und Skonti kommen regelmäßig vor. Preisnachlässe durch Boni, nachträgliche Rabatte und wegen Mängelrügen werden dem Kunden nach Rechnungslegung und -erfassung gewährt. Sie mindern die Erlöse für die Produkte und Leistungen nachträglich. Für nachträgliche Preisnachlässe aufgrund von Mängelanzeigen ist eine Gutschriftanzeige zu erstellen, deren Nettobetrag bspw. im Konto „Erlösschmälerungen“ verbucht wird. Auf die richtige Zuordnung zu den entsprechenden Steuersätzen bzw. steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung und steuerfreien Umsätzen ist zu achten. Gewährte Skonti mindern den Erlös aus dem Absatzgeschäft. Die Vorschriften zur Rechnungslegung sind dabei zu beachten, d. h., der Skontobetrag muss auf
91
6.2 Absatz von Produkten, Waren und Dienstleistungen
der Rechnung ausgewiesen werden. Die Verbuchung des Skontos erfolgt stets erst bei Bezahlung durch den Kunden, wenn der Skontobetrag tatsächlich abgezogen wurde. Ebenso erfolgt erst dann die Umsatzsteuerkorrektur. Analog werden gewähre Rabatte und Boni auf getrennten Konten erfasst. Auch hier ist für die Korrektur der Umsatzsteuer getrennt nach Steuersätzen zu buchen. Beispiel: Die unter 6.2 aufgeführte Ausgangsrechnung der Müller & Thurgau GmbH wird am 18.12. mit Skontoabzug per Banküberweisung beglichen. Zu beachten ist die bereits gebuchte Gutschrift für die Rücksendung fehlerhafter Flaschen. Buchungssatz: Bank 50.442,91 Gewährte Skonti Umsatzsteuer 19 %
1.311,00 249,09
an Forderungen aLL
52.003,00
Aufgabe 6.4: Die Gebietswinzergenossenschaft „Fränkischer Bocksbeutel“ verfügt über folgende Inventurbestände: TA u. Maschinen Forderungen aLL Kasse Darlehensschulden Eigenkapital
342.000,00 65.000,00 16.300,00 316.000,00 ???????
Fuhrpark RHB-Stoffe Bankguthaben Verbindlichkeiten aLL
65.000,00 124.000,00 43.000,00 235.000,00
Buchen Sie bitte aufwandsorientiert! Geschäftsvorfälle 1. Einkauf von Rohstoffen Rechnungsbetrag brutto (ER 22)
11.900,00
2. Ausgangsrechnung AR 12/01 (Warenlieferung, brutto)
9.520,00
3. Barverkauf von Erzeugnissen KB 12/1 (brutto)
1.428,00
4. Begleichen der ER 22 per Überweisung unter Abzug von 3 % Skonto (BA 12/1) 5. KB 12/2 Einkauf von Büromaterial (inkl. 19 % USt) 6. BA 12/2 Abbuchung der fälligen Darlehensrate vom Konto (Zinsanteil 250,00) 7. BA 12/3 Überweisung der Rechnung für die Heizungswartung (inkl. USt) 8. Zahlungseingang für AR 12/01 Kunde zieht 2 % Skonto
119,00 1.000,00 178,50 9.329,60
92
6. Buchungsvorgänge in der Praxis
9. Gutschrift für eine Warenrücksendung (brutto, Verrechnung mit Forderungen) 10. Überweisung der Geschäftsraummiete inkl. USt (BA 12/4) 11. AR 12/02 für Leistungen (brutto) 12. BA 12/5 Einzahlung der Miete vom gewerblichen Untermieter (inkl. USt)
2.380,00 952,00 14.875,00 2.380,00
13. Kunde erhält wegen einer Mängelanzeige eine Gutschrift zu AR 12/02 in Höhe von 595,00 (brutto) und überweist den Restbetrag unter Abzug von 2 % Skonto auf das Bankkonto (BA 12/6) Abschlussangaben: Die Inventurbestände entsprechen den buchhalterischen Werten. a) Schließen Sie das USt-Konto und das VSt-Konto ab. b) Erstellen Sie die GuV und die Schlussbilanz.
6.3 Erfassung von Bestandsveränderungen Die Verbuchung des Einkaufs von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen und Handelswaren führt unabhängig von der verbrauchs- oder bestandsorientierten Erfassung unter Berücksichtigung der Inventurbestände immer zu den gleichen Endbeständen auf den Bestandskonten oder zum Aufwand für RHB oder bezogene Waren in gleicher Höhe. Bei aufwandsorientierter Erfassung der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und Waren werden die Differenzen zwischen Anfangs- und Endbestand auf den Bestandskonten der Vorräte als Bestandsveränderung (BV) gebucht. In den Kontenrahmen sind dazu i. d. R. bereits Sammelkonten für die Bestandsveränderung der RHB und Waren angelegt. Bei bestandsorientierter Erfassung erfolgt die Verbuchung des Saldos der Vorratskonten ebenfalls auf dem Konto Bestandveränderungen. Beispiel: Der Anfangsbestand Rohstoffe beträgt 5.750 Euro, eingekauft wurden Rohstoffe für netto 27.800 Euro, der Verbrauch liegt lt. Materialentnahmescheinen bei 25.000 Euro. Der Schlussbestand beträgt a) 9.500 Euro und b) 3.000 Euro. Zunächst soll der Fall a) betrachtet werden: Bei einer bestandsorientierten Verbuchung ergibt sich folgendes Bild in den T-Konten.
93
6.3 Erfassung von Bestandsveränderungen S
Rohstoffe
AB 3.000,00 Einkauf 27.800 BV Rohst. 950
Aufwand Rohstoffe SBK
34.500
H S Rohstoffe 25.000 9.500 34.500 S GuV
S
Aufwand Rohstoffe
25.000 25.000
BV Rohstoffe
H
950
950
950
950
GuV
H
BV
Aufwand Rohstoffe
H
GuV
25.000 25.000
25.000
Rohstoffe
950
Die sich ergebende Bestandserhöhung von 950 Euro (der Inventurbestand von 9.500 Euro ist höher als der Bestand, der sich buchhalterisch ergeben würde) wird auf dem Konto BV Rohstoffe im Haben gebucht. Beide Konten werden auf die GuV abgeschlossen. Der Rohstoffaufwand beträgt damit im Saldo 24.050 Euro. Bei der aufwandsorientierten Erfassung zeigen die T-Konten nachfolgendes Bild. S
Rohstoffe
AB
5.750
BV
3.750 9.500
SBK
H S 9.500 Einkauf
Aufwand Rohstoffe 27.800
GuV
27.800
H 27.800 27.800
9.500 S
BV Rohstoffe
GuV
3.750
Rohstoffe
3.750 S Aufwand Rohstoffe
3.750
GuV 25.000
H 3.750
BV Rohstoffe
H 3.750
Der höhere Inventurbestand führt im Konto Rohstoffe zu einer Buchung im Soll und im Konto BV Rohstoffe im Haben. Die Konten Aufwand Rohstoffe und BV Rohstoffe werden gegen die GuV abgeschlossen. Damit ergibt sich im Saldo ebenfalls ein Aufwand von 24.050 Euro.
94
6. Buchungsvorgänge in der Praxis
Der Fall b) wird im Folgenden betrachtet: Bei einer bestandsorientierten Verbuchung ergibt sich nun folgendes Bild in den T-Konten. S AB Einkauf
Rohstoffe 5.750
Aufwand
27.800
Rohstoffe
H S Rohstoffe 25.000
25.000
GuV
25.000
BV Rohst.
5.500
SBK
3.000 S
33.550
Aufwand Rohstoffe
33.550 GuV
Rohstoffe
5.550 S Aufwand Rohstoffe BV Rohstoffe
25.000 25.000
BV Rohstoffe 5.550
H
H 5.550 5.550
GuV
H
25.000 5.550
Die sich ergebende Bestandsminderung (der Inventurbestand von 3.000 Euro ist niedriger als der buchhalterische Bestand nach Erfassung der Materialentnahmen) von 5.550 Euro wird auf dem Konto Bestandveränderung Rohstoffe im Soll und im Bestandskonto Rohstoffe im Haben gebucht. Der Rohstoffaufwand im Fall b) beträgt damit im Saldo 30.550 Euro. Die aufwandsorientierte Erfassung ergibt nachfolgendes Bild in den T-Konten. Der niedrigere Inventurbestand führt im Konto Bestandveränderungen Rohstoffe zu einer Buchung im Soll und im Bestandskonto Rohstoffe im Haben. Damit wird die Differenz von 2.750 Euro erfasst. Die Konten Aufwand Rohstoffe und BV Rohstoffe werden gegen die GuV abgeschlossen. Auch hier ergibt sich wie bei der bestandorientierten Erfassung im Saldo der Konten Aufwand Rohstoffe und BV Rohstoffe der Aufwand von 30.550 Euro. S AB
Rohstoffe 5.750
5.750
H S
BV
Rohstoffe
Rohstoffe
2.750
SBK
3.000
Aufwand Rohstoffe 27.800
GuV
27.800
27.800
5.750 S GuV
BV Rohstoffe 2.750 5.550
H 27.800
Rohstoffe
H 2.750 2.750
95
6.4 Anlagenbuchhaltung S Aufwand Rohstoffe BV Rohstoffe
GuV
H
27.800 2.750
Der niedrigere Inventurbestand führt im Konto Bestandveränderungen Rohstoffe zu einer Buchung im Soll und im Bestandskonto Rohstoffe im Haben. Damit wird die Differenz von 2.750 Euro erfasst. Die Konten Aufwand Rohstoffe und BV Rohstoffe werden gegen die GuV abgeschlossen. Auch hier ergibt sich wie bei der bestandorientierten Erfassung im Saldo der Konten Aufwand Rohstoffe und BV Rohstoffe der Aufwand von 30.550 Euro. Aufgabe 6.5: Bilden Sie bitte die Buchungssätze zum Beispiel. Das Buchen der Bestandveränderungen an unfertigen und fertigen Erzeugnissen und Leistungen erfolgt nach der Inventur und der Berechnung der Herstellungskosten ebenfalls über Bestandveränderungskonten. I. d. R. werden folgende Konten genutzt: „Erhöhung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen“ sowie „Verminderung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen“.
6.4 Anlagenbuchhaltung Das Anlagevermögen setzt sich aus allen Vermögensgegenständen zusammen, die dem Geschäftsbetrieb des Unternehmens dauerhaft dienen (§ 247 (2) HGB). Dazu gehören immaterielle Vermögensgegenstände, Sachanlagen und Finanzanlagen (Abbildung 18). In der Finanzbuchhaltung werden im Hauptbuch Sammelkonten für die einzelnen Anlagegüter geführt (z. B. Gebäude, PKW usw.). Jedes dieser Konten beinhaltet mehrere Vermögensgegenstände. Die Buchwerte der einzelnen Vermögensgegenstände werden im Rahmen einer Nebenbuchhaltung erfasst und dokumentiert – der Anlagenbuchhaltung. Für jedes Anlagegut wird eine Anlagekartei geführt, aus der die Daten ersichtlich sind. Erfasst werden die Anschaffungs- und Herstellungskosten, das Anschaffungsdatum, die Nutzungsdauer, die jährliche und die kumulative Abschreibung (Absetzung für Abnutzung), der Abschreibungssatz und der Restbuchwert bzw. der Anlagenabgang. Immaterielle Vermögenswerte Lizenzen Patente Geschäfts- oder Firmenwert
Sachanlagen Grundstücke / Gebäude Maschinen und Anlagen Betriebs- und Geschäftsausstattung
Finanzanlagen Beteiligungen Wertpapiere Ausleihungen an Unternehmen
Abbildung 18: Zusammensetzung des Anlagevermögens
96
6. Buchungsvorgänge in der Praxis
6.4.1 Anschaffungskosten Die Anlagegüter sind zum Anschaffungszeitpunkt zu ihren Anschaffungskosten (AK) zu aktivieren (§ 255 (1) HGB). Die Anschaffungskosten setzen sich wie folgt zusammen: Anschaffungspreis (Nettopreis des Anlagegutes) + Anschaffungsnebenkosten + nachträgliche Anschaffungskosten ./. Anschaffungspreisminderungen = Anschaffungskosten
Anschaffungsnebenkosten sind alle Ausgaben und Aufwendungen, die neben dem Kaufpreis sofort oder nachträglich anfallen, um das Anlagegut zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Dazu zählen bspw.: Überführungs-, Transport- und Zulassungskosten, Fundamentierungs- und Montagekosten, Vermittlungs- und Beurkundungskosten und die Grunderwerbssteuer bei Immobilien und Grundstücken. Anschaffungspreisminderungen umfassen alle sofortigen und nachträglichen Minderungen des Preises durch Boni, Skonti, Rabatte etc. Die Anschaffungskosten bilden die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwirbt eine neue Verpackungsmaschine im Wert von 90.000 Euro. Für den Transport und die Montage entstehen Kosten in Höhe von 7.500 Euro. Der Lieferant gewährt einen Skontoabzug von 3 %, der durch pünktliche Zahlung in Anspruch genommen wird (alles Nettowerte). 90.000,00 (Anschaffungspreis) +
7.500,00 (Montage – Anschaffungsnebenkosten)
= 97.500,00 (Rechnungsbetrag) . /. 2.925,00 (Skontoabzug – Anschaffungspreisminderungen) = 94.575,00 Anschaffungskosten
Buchungssatz Einkauf Maschinen
97.500,00
Vorsteuer
18.525,00
an
Verbindlichkeiten aLL
116.025,00
Buchungssatz Bezahlung (per Banküberweisung) Verbindlichkeiten aLL
116.025,00
an
Maschinen
an
Vorsteuer
an
Bank
2.925,00 555,75 112.544,25
6.4 Anlagenbuchhaltung
97
6.4.2 Herstellungskosten Im Unternehmen durch eigene Leistungen selbst erstellte Anlagegüter sind zu ihren Herstellungskosten zu aktivieren. Die Herstellungskosten (HK) umfassen nach § 255 (2 + 3) HGB folgende Positionen: Fertigungsmaterial + Fertigungslöhne + Sonderkosten der Fertigung + Materialgemeinkosten + Fertigungsgemeinkosten + anteilige Verwaltungsgemeinkosten; angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen, freiwillige soziale Leistungen für die betriebliche Altersvorsorge sofern sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen (Wahlrecht) + Zinsen sofern sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen (Wahlrecht) = Herstellungskosten
Es ist zu beachten, dass Forschungs- und Vertriebskosten nicht angesetzt werden dürfen. Mit Herstellungskosten sind auch Vermögensgegenstände zu bewerten, die erweitert wurden oder eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung erhalten haben. 6.4.3 Erfassung von Anlagegütern Neben dem Kauf oder der Erstellung von Anlagegütern in Eigenleistung durch das Unternehmen können Anlagegüter durch Einlage oder Schenkung in den Besitz des Unternehmens gelangen. Der Bewertungsmaßstab für den Kauf sind die beschriebenen Anschaffungskosten. Selbsterstellte Anlagegüter werden zu Herstellungskosten aktiviert. Bei Einlage aus dem Privatvermögen des Unternehmers oder Schenkung von Dritten gilt als Wertmaßstab für die Aktivierung im Anlagevermögen der Tageswert. Dieser auch als Zeitwert oder Wiederbeschaffungswert bezeichnete Wert ergibt sich aus dem Marktwert für das Anlagegut. Sollte kein Marktwert ermittelbar sein, ist dieser zu schätzen (§ 255 (4) HGB). Alle Informationen zu den Anlagegütern werden in den Nebenbüchern der Anlagenbuchhaltung die i. d. R. per EDV erfasst. Zu jedem Anlagegut werden eine Inventarkarte oder Anlagekartei erstellt (vgl. Abbildung 19).
98
6. Buchungsvorgänge in der Praxis
Müller & Thurgau GmbH
AHK – Datum
Inventarkarte zum 31. 12. 01
13. 05. 01
Konto Andere Anlagen Bezeichn. Glaspoliermaschine Inventar-Nr. 3400010
AfA-Beginn 01.05. AfA-Art
AHK – WJ-Beg. 0
ND
5a
AHK – WJ-Ende 88.920,00
AfA-Satz
20 %
linear Filiale KSt.1
Restwert
1,00 KSt.2
Erläuterungen zur AfA-Art Bereich:
steuerlich
Rundungen:
Sonder-/erhöhte Abschreibung Art: § 7g ESt AHK Abzug
kaufm. WJ:
Insgesamt zulässig 51.300
AfA Nachholung: 50 %
Ertragsteuerlicher Abzug:
Wert zum WJ-Ende
normal
Auflösung
43.900,00
Buchungen Datum
Buchungstext
13.05.
AHK
146.500,00
146.500,00
13.05.
Fördermittel = AHKMinderung
− 43.900,00
− 43.900,00
31.12.
Abschreibung: ND 5 J/8 Monate
31.12
Summe
Steuerliche AHK
102.660,00
Normal Sonderab- Buchwert abschreibung schreibung
− 13.680,00
− 13.680,00
− 13.680,00
88.920,00
Abbildung 19: Anlagekartei (gekürzt)
Die Inventarkarte bildet die Grundlage für die Ermittlung der Abschreibungsbeträge, für die außerplanmäßige Abschreibung und die Ausbuchung. Hier werden auch die Sonderabschreibung und nachträglichen AHK erfasst.
6.4.4 Abschreibung der Anlagegüter Der Werteverzehr für alle abnutzbaren Anlagegüter durch die betriebliche Nutzung und Alterung wird handelsrechtlich als Abschreibung, steuerlich als Absetzung für Abnutzung (AfA) bezeichnet. Abschreibungen erfassen die Wertminderung der Wirtschaftsgüter durch:
6.4 Anlagenbuchhaltung
99
• Nutzung, • wirtschaftliche und technische Überholung, • außergewöhnliche Ereignisse. Mit der Abschreibung werden die Anschaffungs- und Herstellungskosten auf die Nutzungsdauer des Anlagegutes verteilt. Die Anlagegüter werden jährlich abgeschrieben. Abschreibungen sind als Aufwendungen zu erfassen und mindern den Gewinn. Die Wirtschaftsgüter werden zunächst in abnutzbare (Gebäude, Anlagen etc.) und nicht abnutzbare (z. B. Grundstücke, Wertpapiere) unterteilt. Anlagegüter mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten (AHK) von mehr als 800 Euro (netto) werden planmäßig abgeschrieben. Die Nutzungsdauer ist kaufmännisch zu ermitteln. Für die steuerliche Gewinnermittlung erfolgt die Abschreibung auf der Basis der amtlichen AfA-Tabellen. Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) mit einem Anschaffungswert bis 800 Euro (netto) werden im Jahr der Anschaffung voll abgeschrieben (§ 6 (2) Satz 1 EStG). Es ist ein Verzeichnis darüber anzulegen. GWG mit einem Anschaffungswert von mehr als 250 Euro bis 1.000 Euro können in einem Sammelposten pro Jahr zusammengefast werden, der linear mit 20 % pro Jahr abgeschrieben wird (§ 6 (2a) Satz 1 EStG). Die Anschaffung geringwertiger Wirtschaftsgüter mit einem Anschaffungswert bis 250 Euro wird sofort in den Betriebsausgaben erfasst (§ 4 (2) Satz 4 EStG). Planmäßige Abschreibung Die Nutzung der abnutzbaren Wirtschaftsgüter ist zeitlich befristet. Sie müssen handelsrechtlich planmäßig über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer (§ 253 (3) HGB) abgeschrieben werden. Die Abschreibung erfolgt durch verschiedene Methoden: • linear (gleichmäßig über die gesamte Nutzungsdauer verteilt), • nach Leistungseinheiten (entsprechend dem tatsächlichen Nutzungsverlauf), • degressiv (sinkende Abschreibungsbeträge). Nach Handelsrecht ist die Anwendung der Abschreibungsmethode nicht konkret vorgeschrieben jedoch zu erläutern. Alle genannten Methoden sind grundsätzlich zulässig. Steuerrechtlich sind die lineare Abschreibung und die Leistungsabschreibung zulässig. Für in den Geschäftsjahren 2020 bis 2022 angeschaffte Wirtschaftsgüter ist auch die degressive Abschreibung mit max. 25 % AfA-Satz bzw. dem 2,5fachen des linearen AfA-Satzes zulässig. Der ermittelte Abschreibungsbetrag wird als Aufwand im Soll erfasst (Aufwandskonto: Abschreibungen auf Sachanlagen). Das jeweilige Bestandskonto für die Anlagen wird im Haben gebucht.
100
6. Buchungsvorgänge in der Praxis
Buchungssatz Abschreibungen auf Sachanlagen
an
Anlagekonto
Bei der Ermittlung der Abschreibungsbeträge ist zu beachten, dass die Berechnung monatsgenau zu erfolgen hat, beginnend mit dem Monat der Anschaffung des Wirtschaftsgutes. Alle unterjährig angeschafften Wirtschaftsgüter werden im Anschaffungsjahr mit einem entsprechend geminderten Betrag abgeschrieben (§ 7 (1) EStG). Ein im Oktober gekauftes Anlagegut wird also nur über 3 Monate abgeschrieben: ³/¹² des Jahresabschreibungsbetrages. Am Ende der Abschreibungsphase verbleibt das Wirtschaftsgut mit einem historischen Erinnerungswert von 1,00 Euro (oder einem vorherbestimmten Restwert) im Anlageverzeichnis bis zu seinem endgültigen Ausscheiden aus dem Unternehmen. Außerplanmäßige Abschreibung Außerplanmäßige Abschreibungen müssen bei abnutzbaren Sachanlagen im Falle einer außergewöhnlichen und dauernden Wertminderung neben den planmäßigen Abschreibungen vorgenommen werden (§ 253 (3) HGB). Nicht abnutzbare Sachanlagen unterliegen keiner planmäßigen Abschreibung, können jedoch bei einer Wertminderung außerplanmäßig abgeschrieben werden. Diese Wertminderungen können bspw. durch Schäden in Folge von Naturkatastrophen oder Unfällen eintreten. Nach § 253 (3) HGB können außerplanmäßige Abschreibungen bei Finanzanlagen auch bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung vorgenommen werden. Wenn der Grund für die Wertminderung entfällt, ist der niedrigere Wertansatz nicht beizubehalten (§ 253 (5) HGB). 6.4.5 Lineare Abschreibung Die Abschreibung erfolgt zu einem gleichmäßigen Prozentsatz, der sich aus der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer ergibt (§ 7 (1) EStG). Die steuerliche Nutzungsdauer ergibt sich aus sog. amtlichen AfA-Tabellen für die einzelnen Wirtschaftsgüter. Bei der linearen Abschreibung ist das Anlagegut am Ende der Nutzungsdauer voll abgeschrieben. Es wird eine gleichmäßige Wertminderung über die Nutzungsdauer angenommen. Der Abschreibungssatz wird wie folgt ermittelt Abschreibungssatz [%] =
100 % Nutzungsdauer
6.4 Anlagenbuchhaltung
101
Der jährliche AfA-Betrag errechnet sich wie folgt: Abschreibungsbetrag =
Anschaffungskosten / Herstellungskosten Nutzungsdauer
Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwarb am 01. 01. 01 eine Anlage zur Flaschenherstellung zu Anschaffungskosten von 55.000 Euro. Die Nutzungsdauer beträgt 10 Jahre. Abschreibungsbetrag =
55.000 Euro 10 Jahre
= 5.500 Euro / Jahr
oder Abschreibungssatz =
100 % 10 Jahre
= 10 %/Jahr
Es sind 10 % der AHK, also 10 % von 55.000 Euro = 5.500 Euro / Jahr abzuschreiben. Buchungssatz Abschreibungen auf Sachanlagen
an
TA / Maschinen
5.500,00
6.4.6 Degressive Abschreibung Die Abschreibung erfolgt hier mit fallenden Abschreibungsbeträgen. Es wird eine Wertminderung mit sinkenden Beträgen über die Nutzungsdauer angenommen. Handelsrechtlich ist ein Abschreibungsplan zu erstellen, der dem tatsächlichen Werteverzehr entspricht. Steuerlich ist einem festen Prozentsatz vom jeweiligen Restbuchwert gemäß § 7 (1) EStG anzusetzen. Der jährliche AfA-Betrag errechnet sich aus dem Buchwert zu Beginn des Wirtschaftsjahres multipliziert mit dem AfA-Satz. Bei der degressiven Abschreibung ist das Anlagegut am Ende der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer nicht voll abgeschrieben. Der jährliche AfA-Betrag errechnet sich wie folgt: AfA-Betrag = Buchwert am Jahresbeginn × AfA-Satz
Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwarb am 01. 01. 01 eine Anlage zur Flaschenherstellung zu Anschaffungskosten von 55.000 Euro. Der degressive Abschreibungssatz beträgt 25 %. Die Nutzungsdauer beträgt 10 Jahre.
102
6. Buchungsvorgänge in der Praxis Jahr
Abschreibungsbetrag
Restbuchwert zum 31.12.
1
55.000,00 × 25 % = 13.750,00
55.000,00 – 13.750,00 = 41.250,00
2
41.250,00 × 25 % = 10.312,50
41.250,00 – 10.312,50 = 30.937,50
3
30.937,50 × 25 % = 7.734,38
30.937,50 – 7.734,38 = 23.203,12
4
23.203,12 × 25 % = 5.800,78
23.203,12 – 5.800,78 = 17.402,34
5
17.402,34 × 25 % = 4.350,59
17.402,34 – 4.350,59 = 13.051,75
6
13.051,75 × 25 % = 3.262,94
13.051,75 – 3.262,94 = 9.788,81
7
9.788,81 × 25 % = 2.447,20
9.788,81 – 2.447,20 = 7.341,61
8
7.341,61 × 25 % = 1.835,40
7.341,61 – 1.835,40 = 5.506,21
9
5.506,21 × 25 % = 1.376,55
5.506,21 – 1.376,55 = 4.129,66
10
4.129,66 × 25 % = 1.032,41
4.129,66 – 1.032,41 = 3.097,24
6.4.7 Lineare Vergleichsabschreibung Der Nachteil der degressiven Abschreibung liegt darin, dass eine wirtschaftlich sinnvolle und gewollte Vollabschreibung nicht möglich ist. Handelsrechtlich wird das bei der Aufstellung des Abschreibungsplans berücksichtigt. Im Steuerrecht erlaubt der Gesetzgeber den einmaligen Wechsel der Abschreibungsmethode von der degressiven zur linearen Abschreibung (§ 7 (3) EStG). Eine Methode, die diesen Nachteil ausgleicht und gleichzeitig die in den ersten Nutzungsjahren vorteilhaften höheren Abschreibungsbeträge beibehält, liegt in der linearen Vergleichsabschreibung. Der optimale Übergang von der degressiven zur fortgeführten linearen Abschreibung wird durch den jährlichen Vergleich der Abschreibungsbeträge der degressiven mit denen der linearen Abschreibung ermittelt. Dabei ist zu beachten, dass der lineare Abschreibungsbetrag auf die verbleibenden Nutzungsjahre verteilt wird – also für jedes Jahr auf der Basis des Buchwertes neu bestimmt werden muss. Fortgeführter linearer Abschreibungsbetrag =
Restbuchwert Restnutzungsdauer
Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwarb am 01. 01. 01 eine Anlage zur Flaschenherstellung zu Anschaffungskosten von 55.000 Euro. Der degressive Abschreibungssatz beträgt 25 %. Die Nutzungsdauer beträgt 10 Jahre.
103
6.4 Anlagenbuchhaltung Jahr
Abschreibungsbetrag degressiv
RBW zum 31.12. degressiv
Linearer Vergleichswert
1
13.750,00
41.250,00
55.000,00 / 10 = 5.500,00
2
10.312,50
30.937,50
41.250,00 / 9 = 4.583,33
3
7.734,38
23.203,12
30937,50 / 8 = 3.867,19
4
5.800,78
17.402,34
23.203,12 / 7 = 3.314,73
5
4.350,59
3.051,75
17.402,34 / 6 = 2.900,39
6
3.262,94
9.788,81
13.051,75 / 5 = 2.610,35
7
2.447,20
7.341,61
9.788,81 / 4 = 2.447,20
RBW zum 31.12. nach Übergang zur linearen Abschreibung
Der Vergleich ergibt jeweils einen höheren Wert für die degressive Abschreibung
7.341,61
8
Übergang zur linearen Abschreibung: 2.447,20
4.894,41
9
2.447,20
2.447,21
10
2.446,21
1,00
6.4.8 Leistungsabschreibung Anlagegüter, deren Leistung starken Schwankungen unterliegt, können nach der Methode der Abschreibung nach Leistungseinheiten (Stunden, Kilometer o. ä.) abgeschrieben werden. Der schwankende Werteverzehr ist zur steuerlichen Anerkennung der Methode nachzuweisen. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH besitzt einen LKW zu Belieferung eines Teils ihrer Kunden. Anschaffungsdatum 01. 06. 01. Die Anschaffungskosten lagen bei 80.000 Euro. Die geschätzte Laufleistung des LKW beträgt nach Herstellerangaben 200.000 km. Nachfolgende km-Leistungen wurden erbracht: Jahr 01 – 20.000 km; Jahr 02 – 60.000 km; Jahr 03 – 15.000 km. Die Abschreibungsbeträge für die drei Jahre sind zu bestimmen. Der Abschreibungsbetrag pro Leistungseinheit errechnet sich wie folgt: Abschreibungsbetrag pro km =
Anschaffungs-/Herstellungskosten Gesamtleistung
=
80.000 Euro 200.000 km
= 0,40 Euro / km Jahr
Abschreibungsbetrag
Restbuchwert zum 31.12.
01
20.000 km × 0,40 Euro / km = 8.000,00
80.000,00 – 8.000,00 = 72.000,00
02
60.000 km × 0,40 Euro / km = 24.00,00
72.000,00 – 24.00,00 = 48.000,00
03
15.000 km × 0,40 Euro / km = 6.000,00
48.000,00 – 6.000,00 = 42.000,00
104
6. Buchungsvorgänge in der Praxis
Aufgabe 6.6: Die Anschaffungskosten einer Verpackungsmaschine betragen am 03. 01. 01 200.000 Euro, die Nutzungsdauer wird auf 10 Jahre geschätzt. Der Abschreibungssatz für die degressive Abschreibung liegt bei 25 %. a) Ermitteln Sie bitte den linearen Abschreibungssatz und den jährlichen Abschreibungsbetrag. Ermitteln Sie für jedes Jahr der Nutzungsdauer den Buch- bzw. Restwert. b) Ermitteln Sie mittels degressiver Abschreibung jeweils den Abschreibungsbetrag und den Restbuchwert für die ersten 4 Geschäftsjahre. c) Nutzen Sie das Instrument der linearen Vergleichsabschreibung. Bestimmen Sie den optimalen Übergangszeitpunkt von der degressiven Abschreibung zur linearen Abschreibung des Restbuchwertes. Ermitteln Sie jeweils den Abschreibungsbetrag und den Restbuchwert über die gesamte Nutzungsdauer. d) Die geplante Gesamtleistung der Anlage liegt bei 20.000 Maschinenstunden. Der stark schwankende Einsatz wird am besten über die Leistungsabschreibung erfasst. Bestimmen Sie die jährlichen Abschreibungsbeträge und die Restbuchwerte bei nachfolgender Nutzungsintensität: Jahr 01 2.000 h; Jahr 02 2.500 h; Jahr 03 1.500 h; Jahr 04 3.500 h.
6.4.9 Anlagenabgänge Der Abgang von Anlagegütern durch Verkauf oder Entnahme stellt einen steuerpflichtigen Umsatz dar. Bemessungsgrundlage ist der Nettoverkaufspreis bei Verkäufen bzw. der Tageswert (Wiederbeschaffungswert) bei Entnahmen. Der Buchwert der ausscheidenden Sachanlagen stimmt nur in den seltensten Fällen mit dem Nettoverkaufspreis oder dem Tageswert überein. Dem Unternehmen entsteht Gewinn bei Veräußerung über dem Buchwert und Verlust bei Verkauf unter dem Buchwert. Zunächst muss der Buchwert durch zeitanteilige Abschreibung im Geschäftsjahr ermittelt werden, da die Verkäufe i. d. R. im Laufe des Geschäftsjahres erfolgen. Die Abschreibung erfolgt monatsgenau bis auf den letzten vollen vor dem Verkaufstag liegenden Monat. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH verkauft einen gebrauchten PKW, dessen Buchwert zu Beginn des Geschäftsjahres bei 7.500 Euro lag. Das Fahrzeug wurde linear mit 4.000 Euro / Jahr abgeschrieben. Der Verkauf erfolgte am 15. 07. 01.
105
6.4 Anlagenbuchhaltung
Ermittlung des Buchwertes am Verkaufstag: zeitanteilige Abschreibung für 6 Monate (bis einschließlich Juni 01): 4.000 × 6 /¹² = 2.000 Buchwert beim Verkauf 7.500 – 2.000 = 5.500 Euro Buchungssatz für die planmäßige Abschreibung: Abschreibung PKW
an
Fuhrpark
2.000
Verkauf von Anlagegütern Der Verkauf der Sachanlagen wird als „Erlös aus Verkäufen von Sachanlagevermögen“ auf einem gesonderten Konto erfasst. Allgemeiner Buchungssatz: Forderungen aLL
an
Erlöse aus Verkäufen von
Sachanlagevermögen
an Umsatzsteuer
Der Anlagenabgang aus den Vermögensbeständen wird mithilfe des Kontos „Anlagenabgänge Sachanlagen (Restbuchwert)“ erfasst. Allgemeiner Buchungssatz: Anlagenabgänge Sachanlagen
an
Anlagekonto
In der GuV stehen sich so die Erlöse aus dem Verkauf und die Aufwendungen aus dem Abgang gegenüber. Es wird ersichtlich, ob das Anlagegut mit oder ohne Gewinn veräußert wurde. Beispiel ohne Buchgewinn: Der Verkaufspreis des PKWs liegt bei 5.500 Euro zzgl. 19 % USt. Buchungssatz Verkauf Forderungen aLL
6.545,00
an
Erlöse aus Verkäufen von Sachanlagevermögen
5.500,00
an
Umsatzsteuer
1.045,00
an
Fuhrpark
5.500,00
Buchungssatz Anlagenabgang Anlagenabgänge Sachanlagen
5.500,00
106
6. Buchungsvorgänge in der Praxis
Zu beachten ist, dass in den Kontenrahmen i. d. R. die Konten „Erlöse aus Verkäufen Sachanlagen“ und „Anlagenabgänge Sachanlagen“ in die Konten mit Buchgewinn bzw. Buchverlust unterteilt werden. Analog gibt es Konten bei den Verkäufen von immateriellen Vermögensgegenständen und Finanzanlagen. Beispiel mit Buchgewinn: Der Verkaufspreis des PKWs liegt bei 6.000 Euro zzgl. 19 % USt. Buchungssatz Verkauf Forderungen aLL
7.140,00
an Erlöse aus Verkäufen von Sachanlagevermögen
(Buchgewinn) an Umsatzsteuer
6.000,00 1.140,00
Buchungssatz Anlagenabgang Anlagenabgänge Sachanlagen (Buchgewinn)
5.500,00 an Fuhrpark
5.500,00
Beispiel mit Buchverlust: Der Verkaufspreis des PKWs liegt bei 4.500 Euro zzgl. 19 % USt. Buchungssatz Verkauf Forderungen aLL
5.355,00
an Erlöse aus Verkäufen von Sachanlagevermögen
(Buchverlust) an Umsatzsteuer
4.500,00 855,00
Buchungssatz Anlagenabgang Anlagenabgänge Sachanlagen (Buchverlust)
5.500,00 an Fuhrpark
5.500,00
Entnahme zum Buchwert Die Entnahme der Sachanlage und die Überführung ins Privatvermögen werden ebenso als umsatzsteuerpflichtiger Erlös erfasst. Die Entnahme wird über das Konto Entnahme von Gegenständen und das Privatkonto abgerechnet (siehe auch Abschnitt 5.4).
6.5 Buchungen im Personalbereich
107
Beispiel Entnahme: Der Herr Müller entnimmt den PKW zum Buchwert von 5.500 Euro zzgl. 19 % USt, der dem Tageswert entspricht. Buchungssatz Entnahme Privat
6.545,00
an
Entnahme von Gegenständen
5.500,00
an Umsatzsteuer
1.045,00
5.500,00
5.500,00
Buchungssatz Anlagenabgang Anlagenabgänge Sachanlagen
an
Fuhrpark
Aufgabe 6.7: Die Müller & Thurgau GmbH verkauft am 20. 10. 01 eine nicht mehr benötigte Produktionsanlage zur Flaschenherstellung. Der Buchwert zu Beginn des Geschäftsjahres betrug 18.700 Euro. Der jährliche Abschreibungsbetrag beträgt lt. Anlagekartei 8.400 Euro. Der Verkaufspreis liegt bei: a) 12.400 Euro, b) 13.900 Euro, c) 11.100 Euro. Ermitteln Sie bitte den Buchwert am Verkaufstag. Bilden Sie die Buchungssätze für den Verkauf und den Anlagenabgang für die Fälle a) bis c).
6.5 Buchungen im Personalbereich Die Herstellung von Produkten und Dienstleistungen ist in einem Wirtschaftsunternehmen stets mit dem Einsatz von Arbeitskräften und Verwaltungspersonal verbunden, die für die erbrachte Arbeitsleistung entlohnt werden. Diese Aufwendungen setzen sich aus nachfolgenden Kostenarten zusammen: • Löhne und Gehälter, • gesetzliche Sozialaufwendungen, • freiwillige Sozialaufwendungen. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter, die als Gegenleistung für die Arbeitsleistung zu betrachten sind, werden als Personalkosten bezeichnet. Die zusätzlichen Sozialbeiträge der Arbeitgeber bezeichnet man als Personalnebenkosten.
108
6. Buchungsvorgänge in der Praxis
6.5.1 Personalkosten, Personalnebenkosten Kaum ein Bereich des betrieblichen Rechnungswesens unterliegt so starken gesetzlichen Reglementierungen wie der Personalbereich, die sich zudem nahezu jährlich ändern. Daher werden an dieser Stelle nur die für die Finanzbuchhaltung bedeutsamen Grundregeln dargestellt. Löhne und Gehälter Zum Personalaufwand zählen alle Entgelte, die die Arbeitnehmer für ihre Arbeitsleistung erhalten. Auch einmalige Zahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld werden dazu gerechnet (§ 2 LStDV). Die Entgelthöhe bestimmt sich durch Tarifverträge oder auf der Basis der mit den Arbeitnehmern getroffenen Arbeitsverträge und der Abrechnung der tatsächlich erbrachten Leistung (bspw. Stundenlöhne, erfolgsabhängige Löhne u. a.). Diese bilden den Bruttolohn bzw. das Bruttogehalt. Der Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, davon den Lohnsteueranteil und den Arbeitnehmeranteil (AN) an den Sozialversicherungsbeiträgen einzubehalten und an die Finanzverwaltung bzw. die Sozialkassen abzuführen. Der Arbeitnehmeranteil bildet einen Teil der gesetzlichen Sozialaufwendungen, ca. 50 % der Gesamtbeiträge. Einige Besonderheiten sind bei der Berechnung zu beachten, die lediglich die Arbeitnehmer betreffen, bspw. Zuschlag für „Kinderlose“ in der Pflegeversicherung oder Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach Abzug der gesetzlichen Abzüge verbleibt der Nettolohn als Auszahlungsbetrag an die Mitarbeiter. Gesetzliche Sozialaufwendungen Neben dem einbehaltenen Arbeitnehmeranteil an den Sozialbeiträgen sind die Arbeitgeber verpflichtet, einen weiteren Anteil an den Sozialbeiträgen – den Arbeitgeberanteil (AG) – abzuführen. Dieser Teil der Gesamtbeiträge belastet das Unternehmen als zusätzliche Aufwendungen. Der Gesamtbetrag der Sozialbeiträge (Krankenversicherung – KV; Pflegeversicherung – PV; Rentenversicherung – RV; Arbeitslosenversicherung – AV) ist vom Arbeitgeber monatlich bis zum drittletzten Werktag für den aktuellen Monat im Voraus zu ermitteln, und an die für die einzelnen Arbeitnehmer zuständige Krankenkasse zu melden und abzuführen. Die Bezahlung wird ggf. über ein Konto „Voraussichtliche Beitragsschuld gegenüber den Sozialversicherungsträgern“ erfasst, das nach Erfassung der Lohnabrechnung mit den SV-Verbindlichkeiten saldiert wird. Der Arbeitgeber ist Schuldner für die gesamten Beiträge. Des Weiteren tragen die Arbeitgeber allein die Beiträge zur Berufsgenossenschaft. Neben den regulären versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen gehen die Arbeitgeber häufig sog. pauschal versicherte Beschäftigungsverhältnisse mit Arbeitnehmern ein. Der Gesetzgeber legt dafür eine Obergrenze – derzeit 520,00 Euro / Monat – fest. Im Rahmen dieser Arbeitsverhältnisse führt allein der
6.5 Buchungen im Personalbereich
109
Arbeitgeber einen pauschalierten Versicherungs- und Steuerbeitrag ab. Für den Arbeitnehmer entstehen jedoch keine versicherungsrechtlichen Ansprüche. Freiwillige Sozialaufwendungen Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Sozialbeiträgen können Arbeitgeber auf freiwilliger Basis Zuschüsse an ihre Mitarbeiter zahlen (bspw. Zuschuss zu den Kindergartenbeiträgen, Essengeldzuschüsse, Fahrkostenzuschüsse). Diese werden als weitere Personalaufwendungen erfasst. Ihre Einbeziehung in die Berechnungsgrundlage für die Lohnsteuer und die Sozialbeiträge unterliegt detaillierten Regelungen in der Einkommensteuer- und Sozialversicherungsgesetzgebung, die in jedem Einzelfall zu prüfen sind. 6.5.2 Weitere Lohnbestandteile Löhne und Gehälter bilden die Grundlage für die Bezahlung der Arbeitnehmer. Darüber hinaus erhalten Arbeitnehmer häufig vermögenswirksame Leistungen (VwL) nach dem Vermögensbildungsgesetz (VermBG) und Sachbezüge (z. B. für die private Nutzung eines Firmen-Pkw). Vermögenswirksame Leistungen (VWL) Das sind Sparbeiträge des Arbeitnehmers, die staatlich gefördert werden, um den privaten Vermögensaufbau der Arbeitnehmerschaft zu unterstützen. Der Arbeitnehmer entscheidet, in welcher geförderten Anlageform und in welcher Höhe er spart. Die geförderte Höchstgrenze liegt derzeit bei 480,00 Euro / a. Die vermögenswirksamen Leistungen können nur vom AG, nur vom AN oder teilweise von beiden getragen werden. Der vom Arbeitgeber getragene Anteil unterliegt der SV-Pflicht und der Lohnsteuer und wird als Aufwand für VwL erfasst. Der Anteil, den der AN selbst trägt, wird vom Nettogehalt abgezogen. Der Gesamtbetrag wird auf dem Konto Verbindlichkeiten VwL erfasst und vom Arbeitgeber an das Sparinstitut abgeführt. Sachbezüge Vielfach bilden die Sachbezüge in Form von Wohnungen, Verpflegung, PkwNutzung usw. einen wesentlichen Bestandteil der Lohnzahlungen an den Arbeitnehmer. Diese Zuwendungen werden häufig auch als geldwerte Vorteile bezeichnet. Diese Leistungen unterliegen in der Regel der SV-Pflicht und gehören zum lohnsteuerpflichtigen Bruttolohn. (Ausnahme: Wenn der Höchstbetrag von 50 Euro / Monat nicht überschritten wird (§ 8 (2) Satz 11 EStG). Die Sachbezüge unterliegen für den Arbeitgeber grundsätzlich der Umsatzsteuerpflicht. Sie erhöhen die Aufwendungen für Personal und sind als sonstige betriebliche Erträge zu erfassen.
110
6. Buchungsvorgänge in der Praxis
6.5.3 Lohn- und Gehaltsabrechnung Die korrekte Berechnung der Löhne und Gehälter, insbesondere der einzubehaltenden AN-Anteile-SV sowie die einzubehaltende Lohnsteuer und die Ermittlung der AG-Anteile-SV ist bei den unterschiedlichen Lohnbestandteilen ein äußerst komplexer Vorgang, der im Prinzip nur mit einem EDV-basierten Lohnrechnungsprogramm möglich ist, das neben allen aktuellen SV-Beitragsätzen auch die Lohnsteuertabellen integriert hat. Dabei ist zu beachten, dass alle Meldungen an die Sozialkassen und die Finanzverwaltung grundsätzlich per Datenübertragung zu erfolgen haben. Neben der eigentlichen Lohnabrechnung für die Mitarbeiter in Form der Lohnscheine werden alle aufbewahrungspflichtigen Dokumente für den Arbeitgeber und die Buchungslisten für die Finanzbuchhaltung (Buchungsliste, Überweisungslisten, Barzahlerlisten etc.) erstellt. Darüber hinaus wird zum Jahresende bzw. bei Ausscheiden eines Mitarbeiters die elektronische Lohnsteuermeldung generiert und an die Finanzverwaltung gesendet. Die einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer wird auf der Grundlage der Lohnsteuerrichtlinien errechnet. Diese bestimmen für die einzelnen Lohnsteuerklassen in Verbindung mit den weiteren Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM) wie z. B. Kinderfreibeträgen und Steuerfreibeträgen die abzuführende Lohnsteuer. 6.5.4 Verbuchung der Personalkosten Die Verbuchung der Personalkosten kann direkt als Aufwand gegen die Verbindlichkeiten gebucht werden. Da wie erläutert verschiedene Aufwandskonten und gleichzeitig diverse Verbindlichkeitskonten angesprochen werden müssen, entsteht ein komplexer Buchungssatz mit Splittungen. Dieser Weg ist bei einfachen und überschaubaren Abrechnungsdaten gangbar. Beispiel: In der Lohnabrechnung der Müller & Thurgau GmbH wurden folgende Beträge ermittelt: Bruttolohn 2.965 Euro; AN-Anteil-SV 595 Euro; Lohnsteuer (inkl. Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) 220 Euro; AG Anteil-SV 595 Euro. Buchungssatz direkt Löhne
an
Verbindlichkeiten. im Rahmen der sozialen Sicherheit
an
Verbindlichkeiten. aus Lohn- und Kirchsteuer
an
Verbindl. aus Lohn / Gehalt
an
Verbindlichkeiten im Rahmen der sozialen Sicherheit
2.965,00
Gesetzliche Sozialaufwendungen
595,00
595,00 220,00 2.150,00 595,00
111
6.5 Buchungen im Personalbereich
In der Praxis hat sich die Nutzung des Lohnverrechnungskontos bewährt. Das ist insbesondere dann vorteilhaft, wenn neben den genannten Positionen weitere hinzukommen wie bspw. Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall, Abzüge für private Kosten wie Unterkunft, Parkplatz auf dem Betriebsgelände, Zuschüsse der Arbeitsverwaltung, Verpflegungskostenmehraufwendungen. Hier werden zunächst alle Aufwendungen (Löhne, Gehälter, AG-Anteil-SV, freiwillige Zuschüsse usw.) verbucht. Im nächsten Schritt werden die Verbindlichkeitskonten angesprochen, d. h. der Gesamtaufwand wird auf die anspruchsberechtigten Gläubiger (Krankenkassen, Lohnsteuerverbindlichkeiten, VwL-Verbindlichkeiten, Erlöskonten für geldwerte Vorteile) verteilt. Die Nutzung des Lohnverrechnungskontos gewährt dem Buchhalter ein hohes Maß an Sicherheit, alle Aufwendungen und Verbindlichkeiten korrekt erfasst zu haben. Beispiel: In der Lohnabrechnung der Müller & Thurgau GmbH wurden im folgenden Monat diese Beträge ermittelt: Bruttolohn 2.825 Euro; Gehälter 1.875 Euro; AN-Anteil-SV 940 Euro; Zuschuss-VWL 90 Euro, Sachbezug für PKW-Nutzung (inkl. USt) 238 Euro; Lohnsteuer (inkl. Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) 560 Euro; AG-Anteil-SV 940 Euro; Verbindlichkeiten-VWL 180 Euro. Buchungssatz Lohnverrechnungskonto Löhne
an
Lohnverrechnungskonto
2.825,00
Gehälter
an
Lohnverrechnungskonto
1.875,00
VWL
an
Lohnverrechnungskonto
90,00
Sachzuwendungen
an
Lohnverrechnungskonto
238,00
Gesetzliche Sozialaufwendungen
an
Lohnverrechnungskonto
Lohnverrechnungskonto
an
Verbindlichkeiten Lohn / Gehalt
Lohnverrechnungskonto
an
Verbindlichkeiten LSt / KiSt
Lohnverrechnungskonto
an
Verbindlichkeiten im Rahmen der sozialen Sicherheit
Lohnverrechnungskonto
an
Verbindlichkeiten Vermögensbildung
180,00
Lohnverrechnungskonto
an
verrechnete Sachbezüge Kfz-Nutzung
200,00
Umsatzsteuer
940,00 3.110,00 560,00 1.880,00
38,00
112
6. Buchungsvorgänge in der Praxis
Aufgabe 6.8: a) Verbuchen Sie bitte folgende Gehaltsliste der Müller & Thurgau GmbH! Buchungsliste Löhne / Gehälter Gehaltsabrechnung Dezember 01 Konto
Soll
Gehälter
Haben
160.269,56
Verbindlichkeiten im Rahmen der sozialen Sicherheit
26.370,00
Verbindlichkeiten. Lohn- und Kirchensteuer
42.850,00
Verbindlichkeiten aus Lohn / Gehalt
91.049,56
Gesetzliche soziale Aufwendungen
26.370,00
Verbindlichkeiten im Rahmen der sozialen Sicherheit Buchungssumme
26.370,00 186.639,56
186.639,56
b) Erstellen Sie bitte die Gehaltsabrechnung für den Geschäftsführer der Müller & Thurgau GmbH unter folgenden Vorgaben: Bruttogehalt 3.000 Euro, Gesamtbeitragssatz SV 42 % (hälftig AG und AN); Sachbezüge: PKW-Nutzung 250 Euro zzgl. USt; Geldwert der genutzten Werkswohnung 500 Euro (ohne USt), Steuersatz Lohnsteuer 17,5 %. Ermitteln Sie bitte das Nettogehalt und verbuchen Sie die Gehaltsabrechnung.
6.6 Betriebliche Steuern Die einzelnen vom Unternehmen zu entrichtenden Steuern werden in verschiedene Kategorien eingeteilt, die in der Buchhaltung unterschiedlich zu behandeln sind: • Aufwandssteuern, • aktivierungspflichtige Steuern, • durchlaufende Steuern, • Personensteuern.
6.6 Betriebliche Steuern
113
6.6.1 Aufwandssteuern Aufwandssteuern sind Betriebssteuern, die durch die unternehmerische Tätigkeit verursacht werden. Sie werden als Aufwand erfasst und mindern den Gewinn des Unternehmens. Dazu werden Steueraufwandskonten in der jeweiligen Kontengruppe des Aufwands eingerichtet (bspw. Kfz-Steuern bei den Kfz-Kosten, Grundsteuern bei den Grundstückskosten, Verbrauchssteuern wie die Mineralölsteuer). Die Gewerbesteuer zählt ebenso zu den Aufwandssteuern. Sie ist jedoch nicht als Betriebsausgabe gewinnmindernd abzusetzen. 6.6.2 Aktivierungspflichtige Steuern Steuern, die zu den Anschaffungskosten des Anlagevermögens zählen, werden gemeinsam mit dem Anlagegut aktiviert. Sie erhöhen die Anschaffungskosten und werden über die jährlichen Abschreibungen im Laufe der Nutzungsdauer der Anlagegüter abgesetzt. Eine direkte Erfassung als Aufwand ist nicht zulässig. Eine aktivierungspflichtige Steuer ist die Grunderwerbssteuer. Auch die Einfuhrzölle zählen im weiteren Sinne dazu. 6.6.3 Personensteuern Steuern, die nicht durch die Tätigkeit des Unternehmern sondern aufgrund der individuellen Besteuerung der Inhaber oder Gesellschafter entstehen, werden als Personensteuern bezeichnet. Diese Steuern sind nicht gewinnmindernd als Aufwand zu erfassen. Sie betreffen den Privatbereich und werden auf dem jeweiligen Privatkonto der Inhaber / Gesellschafter verbucht. 6.6.4 Durchlaufende Steuern Steuern, die vom Unternehmen gewissermaßen im Auftrag der Finanzverwaltung auf Grundlage gesetzlicher Vorschriften einbehalten werden, bezeichnet man als durchlaufende Steuern. Buchhalterisch werden sie als durchlaufende Posten behandelt. Im Abschnitt „Buchungen im Personalbereich“ wurde bereits die Ermittlung und Buchung der Lohnsteuer behandelt. Die Umsatzsteuer, die von den Kunden bezahlt und vom Unternehmen an die Finanzverwaltung abgeführt wird, zählt ebenso wie die gezahlte Vorsteuer zu den durchlaufenden Steuern.
114
6. Buchungsvorgänge in der Praxis
6.6.5 Steuererstattungen / Steuernachzahlungen Die Aufwandssteuern sind beim Erstellen des Jahresabschlusses periodengerecht abzugrenzen. Für noch nicht gezahlte, das abzuschließende Geschäftsjahr betreffende Steuern, sind Rückstellungen zu bilden (siehe Kapitel 7). Steuererstattungen für frühere Geschäftsjahre aufgrund zu hoher Vorauszahlungen werden auf dem Konto periodenfremde Erträge z. B. Steuererstattungen für Vorjahre erfasst. Analog dazu werden Nachzahlungen für vergangen Jahre auf einem Konto periodenfremder Aufwand bspw. als Steuernachzahlungen Vorjahre gebucht. Dieses Vorgehen ermöglicht eine klare Abgrenzung der das laufende Geschäftsjahr betreffenden Kosten.
7. Vorbereitende Abschlussbuchungen 7.1 Notwendigkeit und Umfang vorbereitender Abschlussarbeiten Der Jahresabschluss soll Anteilseignern, Gläubigern und anderen externen und internen Interessenten einen Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ermöglichen. Er ist Grundlage für die Gewinnausschüttung. Wegen dieser Funktionen des Jahresabschlusses müssen die Salden der Konten der Buchführung geprüft werden, bevor sie zu Abschlusspositionen in Bilanz und GuV verdichtet werden. Eine Überprüfung findet durch die Inventur statt. Um den Erfolg des Unternehmens periodengerecht auszuweisen, sind Aufwendungen und Erträge dem abzuschließenden Geschäftsjahr zuzuordnen, selbst wenn sie noch zu keinem Geldfluss geführt haben. Eine andere Frage ist die Angemessenheit der planmäßigen Abschreibungen und die Notwendigkeit des Ansatzes außerplanmäßiger Abschreibungen. Ungewisse Verbindlichkeiten in Form von Rückstellungen sind zu berechnen und zu buchen. Ein Teil der Fragestellungen zur Bewertung wird im nachfolgenden Kapitel zum Jahresabschluss ausführlich erläutert. Die nachfolgende Checkliste gibt einen Einblick in die vielfältigen Arbeiten zum Jahresabschluss (vgl. Abbildung 20). Nr.
Arbeitsschritt
Tätigkeit
1
Durchsicht Buchhaltung des neuen Jahres
– Durchsicht auf Eingangsrechnungen, die das alte Geschäftsjahr betreffen (Abgrenzung)
2
Durchsicht der Konten „Durchlaufende Posten“
– Grund für Saldo klären; gegebenenfalls weitere Belege anfordern
3
Abstimmung Geld transitkonten
– Klärung, warum nicht ausgeglichen; gegebenenfalls als übergreifenden Posten einem Bankkonto zuordnen
4
Abstimmung Kasse, laufende Geschäftskonten
– Abstimmung Bestände der Finanzbuchhaltung mit Kassenbuch und Kontoauszügen, – Überprüfung Vollständigkeit der Zinserträge und Zinsaufwendungen
5
Anlagevermögen
– vorläufige Abschreibungen in der GuV mit Anlagen verzeichnis abstimmen – Überprüfung der Zugänge hinsichtlich der Nutzungsdauer – Möglichkeiten für Sonder-AfA prüfen – Prüfen ob außerplanmäßige Abschreibungen notwendig sind – Regelung zu den GWG beachtet
116
7. Vorbereitende Abschlussbuchungen
Nr.
Arbeitsschritt
Tätigkeit
6
Vorratsvermögen
– Inventurwerte verarbeiten – Wertminderungsbedarf ermitteln – Verprobung des Wareneinsatzes und Erläuterung von Abweichungen – Herstellungskosten analog Vorjahr ermitteln
7
Abstimmung der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
– Abstimmung Fibu-Wert mit OP-Listen, – Altersstruktur analysieren und Wertberichtigungsbedarf ermitteln – Überprüfung Zahlungsabwicklung im Folgejahr wegen möglicher Wertberichtigungen – Überprüfung der im Folgejahr erteilten Gutschriften für Altforderungen – Durchsicht Konto Forderungsausfälle und Zusammenstellung der Forderungen mit Wertberichtigungsbedarf – Ermittlung Pauschalwertberichtigung
8
Abstimmung sonstiger Vermögensgegenstände
– Zusammensetzung des Saldos – Abstimmung der Einzelbeträge mit Belegen – Ermittlung weiterer Forderungen – Überprüfung Vorjahresbestand – Auflösung von Verrechnungskonten
9
Steuerabstimmung
– Abstimmung der Steuervorauszahlung mit Bescheiden; Abwicklung der Vorjahresbestände – Abstimmung Konto USt-Vorauszahlung und USt-Verprobung vornehmen – Abstimmung Lohnsteuerverbindlichkeit mit Lohnsteuer voranmeldung
10
Rechnungs abgrenzungsposten
– Zusammensetzung des Saldos, – Durchsicht von GuV-Konten wegen Abgrenzungsbedarfs (Beiträge, Versicherungen) – aktive latente Steuern berücksichtigen
11
Eigenkapital
– Kontrolle der Vorträge für jeden Gesellschafter (nur Personengesellschaft) – Darstellung der Kapitalkonten für jeden Gesellschafter mit entsprechender Gewinnverteilung (nur Personengesellschaft) – Abgleich Stammeinlage mit aktuellem HandelsregisterAuszug (nur Kapitalgesellschaft), – Überprüfung, ob die Verbuchung einer Dividende und einer Kapitalerhöhung erfolgt ist (nur Kapitalgesellschaft)
12
Abstimmung Rückstellungen
– Überprüfung Abwicklung des Altbestands hinsichtlich des Verbrauchs bzw. Inanspruchnahme – Durchsicht von Verträgen bezüglich des zusätzlichen Rückstellungsbedarfs – Rücksprache mit Einkauf und Vertrieb hinsichtlich drohender Verluste aus Verträgen – passive latente Steuern berücksichtigen
7.2 Inventurdifferenzen
117
Nr.
Arbeitsschritt
Tätigkeit
13
Abstimmung Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
– Abstimmung Fibu-Wert mit der OP-Liste – Abwicklung der Eröffnungsbilanzwerte – Überprüfung Zahlungsabwicklung im Folgejahr – Überprüfung der im Folgejahr erteilten Gutschriften für Altverbindlichkeiten
14
Abstimmung Darlehen
– Abgleich mit Bankbestätigung – Abgleich Zins- und Tilgungsbeträge laut Darlehens vertrag
15
Fremdwährungsposten
– Identifizierung Fremdwährungsposten und Ermittlung unrealisierter Kursverluste
16
Abstimmung Lohn verbindlichkeit und Sozialversicherung
– Abstimmung Fibu-Betrag mit der Aufstellung aus der Lohnbuchhaltung – Klärung für Sozialversicherungsverbindlichkeit – Saldo Lohnverrechnungskonto prüfen (null!)
17
GuV
– Durchsicht der sonstigen betrieblichen Erträge – Abstimmung Personalaufwand mit Lohnjournal – Durchsicht Aufwandskonten bezüglich des Inhalts und der Vollständigkeit – Analyse größerer Abweichungen gegenüber dem Vorjahr und Erläuterung der Differenz.
18
Anhang, Lagebericht
– Zusammenstellen der Unterlagen für die erforderlichen Erläuterungen – nur für Unternehmen bestimmter Rechtsformen und Größenklassen.
Abbildung 20: Checkliste Jahresabschlussarbeiten1
7.2 Inventurdifferenzen Die Inventur als wichtigste Voraussetzung zur Erstellung des Jahresabschlusses muss sorgfältig vorbereitet und durchgeführt werden, um die Buchbestände aus dem Rechnungswesen mit den Ist-Beständen von Vermögen und Schulden der körperlichen Bestandsaufnahme und der Buchinventur abgleichen zu können. Werden Differenzen festgestellt, muss die Ursache dafür gefunden werden. Generell können Inventurdifferenzen durch Buchungsfehler wie Doppelbuchungen und Buchungen auf falschen Konten und noch nicht erfasste Wertänderungen wie z. B. noch nicht gebuchte Sachverhalte wie Abschreibungen, Wertänderungen durch Beachten des Niederstwertprinzips beim Vermögen bzw. des Höchstwertprinzips bei den Schulden, Rückstellungen usw. und Schwund oder Diebstahl entstehen. 1
http://www.bwr-media.de/themen/steuern/umsatzsteuer/03184_grosse-checkliste-vorbereitungauf-den-jahresabschluss-2008.php; vom 19. 8. 2017.
118
7. Vorbereitende Abschlussbuchungen
Können die Inventurdifferenzen nicht aufgeklärt werden, sind die entsprechenden Bestände buchhalterisch zu berichtigen und es ist Sorge dafür zu tragen, dass solche Fehler in Zukunft vermieden werden. Tabelle 2 Inventurdifferenzen Ursachen für Inventurdifferenzen
Berichtigung
Beispiel
Doppelbuchungen
Storno der Doppelbuchung
Rechnung an Kunden doppelt gebucht
Buchen auf falschen Konten
Storno der Falschbuchung, Neubuchung auf richtigem Konto
Hilfsstoffe als Rohstoffe gebucht, Tankquittungen als Betriebsstoffe
Noch nicht gebuchte Belege
Nachbuchung
Lieferung eines Kreditors noch nicht erfasst, da noch keine Rechnung vorliegt
Diebstahl
Ausgleich des Verlustes oder Nachbuchung
Im Lager fehlen 10 Packungseinheiten Ware
Schwund
Differenz nachbuchen
Durch Wiegen eines Rohstoffes wurde ein Gewichtsverlust durch Verdunsten festgestellt
Wertänderung durch Niederstwertprinzip
Differenz nachbuchen
Niedrigere Börsen- oder Marktpreise für Vorräte
Wertänderung durch Höchstwertprinzip
Differenz nachbuchen
Kursänderungen bei Auslandsverbindlichkeiten
Noch nicht erfasste Abschreibungen
Buchen der Abschreibungen
Abschreibung für im Dezember gekaufte Gegenstände des Sachanlagevermögens nicht berechnet und gebucht; ein Kunde hat trotz mehrfacher Mahnung nicht gezahlt
Die Aufklärung von Inventurdifferenzen ist ein wichtiger Beitrag im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten, um zu gewährleisten, dass die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung eingehalten werden. Bei prüfungspflichtigen Unternehmen gehört die Beobachtung der Inventur zu den Aufgaben des Jahresabschlussprüfers. Die Buchungen zum Jahresabschluss stellen regelmäßig einen Schwerpunkt der gesetzlichen oder auch freiwilligen Jahresabschlussprüfung dar. Die buchhalterische Erfassung der Inventurwerte wurde im Abschnitt 6.3 erläutert.
119
7.3 Zeitliche Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen
7.3 Zeitliche Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen Der Erfolg des Unternehmens muss periodengerecht ermittelt werden. Das folgt aus dem § 242 (2) HGB: Er hat für den Schluss eines jeden Geschäftsjahrs eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs (Gewinnund Verlustrechnung) aufzustellen. Daraus ergeben sich zwei Forderungen an die Gewinn- und Verlustrechnung. Zum einen muss die GuV alle Aufwendungen und Erträge erfassen, unabhängig von Zahlungen, es geht um die Vollständigkeit. Zum anderen darf die GuV nur die Aufwendungen und Erträge des abzuschließenden Geschäftsjahres erfassen. Bereits getätigte und gebuchte Vorauszahlungen für spätere Geschäftsjahre dürfen den Erfolg des abzuschließenden Jahres nicht beeinflussen. Es muss eine Durchsicht der vorläufigen GuV erfolgen, um folgende Fragen beantworten zu können: 1. Sind in der GuV nur das abzuschließende Geschäftsjahr betreffende Aufwendungen und Erträge enthalten? 2. Sind bereits alle das Geschäftsjahr betreffende Aufwendungen und Erträge erfasst worden? Für bereits getätigte Zahlungsvorgänge werden im Jahresabschluss Ausgleichsposten in Form von aktiven und passiven Rechnungsabgrenzungsposten gebildet. Vorgänge, die den Ertrag beeinflussen aber bisher zu keiner Zahlung geführt haben, werden unter den sonstigen Forderungen und den sonstigen Verbindlichkeiten erfasst. Dazu dienen die in der Tabelle 3 dargestellten vier Konten. Tabelle 3 Konten zur zeitlichen Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen Konto
Sachverhalt
Buchungssatz (allgemein)
Beispiele
Aktive Rechnungsabgrenzung
Im Voraus bezahlter Aufwand für nachfolgende Geschäftsjahre
ARA an Aufwandskonto
Mietvorauszahlungen, Jahresprämien für Versicherungen, Zinsvorauszahlungen, Zahlung von Jahresabonnements für Literatur
Passive Rechnungsabgrenzung
Im Voraus vereinnahmte Erträge nachfolgender Geschäftsjahre
Ertragskonto an PRA
Erhaltene Miet-, Zinszahlungen für das neue Geschäftsjahr
120
7. Vorbereitende Abschlussbuchungen Konto
Sachverhalt
Buchungssatz (allgemein)
Beispiele
Sonstige Forderungen
Noch nicht erhaltene Erträge des Geschäftsjahres
Sonstige Forderungen an Ertragskonto
Mieteinnahmen, Provisions einnahmen usw. für Dezember stehen noch aus
Sonstige Verbindlichkeiten
Noch nicht bezahlte Aufwendungen des Geschäftsjahres
Aufwandskonto an sonstige Verbindlichkeiten
Darlehenszinsen wurden noch nicht gezahlt
Die in der Tabelle 3 aufgeführten vier Konten lassen sich in zwei Kategorien unterteilen und zwar in die transitorischen und die antizipativen Posten der Jahresabgrenzung, die in der Abbildung 21 dargestellt sind. zeitliche Abgrenzung von Aufwendungen und Erträge
transitorisch aktive RAP passive RAP
antizipativ sonstige Forderungen sonstige Verbindlichkeit
Abbildung 21: Transitorische und antizipative zeitliche Abgrenzung
Die transitorischen Posten der zeitlichen Abgrenzung ermöglichen es, dass die Aufwendungen und Erträge immer im wirtschaftlich dazugehörigen Jahr in der GuV ausgewiesen werden, auch wenn die entsprechenden Zahlungen bereits eher erfolgten. „Transire“ bedeutet im Lateinischen hinübergehen, antizipativ bedeutet vorziehen. Mithilfe der antizipativen Posten werden also Aufwendungen und Erträge erfasst, auch wenn noch keine Zahlungen im Geschäftsjahr erfolgten. Aktive Rechnungsabgrenzung Der § 250 (1) HGB regelt wie folgt: „Als Rechnungsabgrenzungsposten sind auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen“. Der § 250 (3) HGB geht auf eine weitere mögliche Bildung aktiver Rechnungsabgrenzungsposten ein: Ist der Erfüllungsbetrag einer Verbindlichkeit höher als der Ausgabebetrag, so darf der Unterschiedsbetrag in den Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite aufgenommen werden. Der Unterschiedsbetrag ist durch planmäßige jährliche Abschreibungen zu tilgen, die auf die gesamte Laufzeit der Verbindlichkeit verteilt werden können.
121
7.3 Zeitliche Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen
Im Voraus gezahlter und gebuchter Aufwand kann dabei ganz oder nur teilweise dem neuen Geschäftsjahr zuzurechnen sein. Mit einer Bezahlung im Voraus hat das Unternehmen eine Forderung an denjenigen, der die Zahlung erhalten hat. Die entsprechend bezahlte Leistung kann eingefordert werden. Wurde wie im Beispiel 1 eine Jahresprämie für eine Versicherung bezahlt, besteht Versicherungsschutz für ein gesamtes Jahr und kann eingefordert werden. Bei Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer wird diese bei Vorliegen der Rechnung komplett als Vorsteuer gezogen. Beispiel 1: Zum 1. November 01 wurde ein Vertrag über eine Transportversicherung abgeschlossen, um das Risiko zu mindern, dass beim Transport der Waren auf eigene Gefahr Schäden durch Fahrzeugunfall, Feuer, Einbruch in das geparkte Fahrzeug oder Diebstahl des Wagens mit seiner Ladung entstehen können. Die Jahresprämie beträgt 4.320 Euro einschließlich Versicherungssteuer und wurde per Lastschrift am 01. 11. 01 vom Bankkonto abgebucht. Folgende Buchungen sind notwendig: Schritt 1: Bezahlung der Versicherung über das Bankkonto am 01. 11. 01 Buchungssatz: Betriebliche Versicherungen
an
Bank
4.320
Schritt 2: Abgrenzung des Versicherungsaufwandes zum 31. 12. 01 Der Jahresbeitrag dieser Versicherung beträgt für 12 Monate 4.320 Euro, also monatlich 360 Euro. Durch das Buchen der gesamten Jahresprämie auf das Konto betriebliche Versicherungen wurde der Versicherungsaufwand auch für die Monate Januar bis Oktober des Jahres 02 auf einem Aufwandskonto erfasst, welches zum Bilanzstichtag über die GuV abgeschlossen wird und somit für das abzuschließende Jahr einen zu hohen Betrag ausweisen würde. Deshalb werden die das neue Geschäftsjahr betreffenden Aufwendungen zum 31. 12. 01 in Höhe von 3.600 Euro (10 Monate zu je 360 Euro) aktiv abgegrenzt. Buchungssatz Aktive Rechnungsabgrenzung
an
Betriebliche Versicherungen 3.600
Damit enthält das Konto betriebliche Versicherungen im Jahre 01 die Versicherungsprämien für die Monate November und Dezember und kann nun über die GuV periodengerecht abgeschlossen werden. Durch Auflösung des Kontos Aktive Rechnungsabgrenzung im nachfolgenden Geschäftsjahr 02 gelangen die Versicherungsaufwendungen für die Monate Januar 02 bis Oktober 02 zeitgerecht als Aufwand in das Jahr 02. Dabei ist zu entscheiden, ob der Versicherungsaufwand mit einer Buchung oder monatlich erfasst werden soll.
122
7. Vorbereitende Abschlussbuchungen
Schritt 3: Auflösung des Kontos Aktive Rechnungsabgrenzung in einem Betrag oder jeweils zum 1. eines Monates. Buchungssatz Betriebliche Versicherungen
an
Aktive Rechnungsabgrenzung 3.600
(oder zum 01. eines jeden Monats 360 Euro) Eine direkte Abgrenzung der Vorauszahlung des Versicherungsaufwandes bei Bezahlung am 01. 11. 01 empfiehlt sich nicht, da der Abzug der Vorsteuer dann nicht korrekt erfolgen könnte. Entsprechende Informationen zur zeitlichen Jahresabgrenzung sollten jedoch sofort vorbereitet werden. Passive Rechnungsabgrenzung Erträge, die im abzuschließenden Geschäftsjahr bereits als Geldeinnahme gebucht wurden, aber ganz oder teilweise dem nächsten Geschäftsjahr als Ertrag zuzurechnen sind, werden durch Buchung als Passive Rechnungsabgrenzungsposten periodengerecht erfasst. Typisch für solche Sachverhalte sind im Voraus vereinnahmte Mieten, Pachten und Zinsen. Im § 250 (2) HGB heißt es dazu: Auf der Passivseite sind als Rechnungsabgrenzungsposten Einnahmen vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Mit der Vereinnahmung des Geldes besteht eine Leistungsverbindlichkeit. Die vereinnahmte Umsatzsteuer ist im Voranmeldezeitraum des Zahlungseingangs abzuführen. Beispiel 2: Die Müller & Thurgau GmbH gewährte dem Kunden Winzerverein Frankonia zum 01. 12. 01 ein Darlehen, welches am Ende der Laufzeit in einer Summe zurückzuzahlen ist. Dafür sind vom Winzerverein im Voraus Halbjahreszinsen zu zahlen und zwar jeweils 600 Euro bis spätestens zum 30. November und 30. Mai. Sollte keine Zinszahlung erfolgen, wird das Darlehen sofort fällig. Die erste Zinszahlung erfolgte am 25. November 01 und wurde dem Bankkonto der Müller & Thurgau GmbH gutgeschrieben. Der Betrag von 600 Euro umfasst die Zinszahlungen für die Monate Dezember 01 bis Mai 02 von je 100 Euro und muss für die Monate Januar bis Mai in Höhe von insgesamt 500 Euro abgegrenzt werden. Es sind folgende Buchungen notwendig: Schritt 1: Geldeinnahme für Darlehenszinsen in Höhe von 600 Euro am 25. 11. 01 Buchungssatz Bank
an Zinserträge
600
7.3 Zeitliche Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen
123
Schritt 2: Abgrenzung der im Voraus erhaltenen Zinsen für Januar bis Mai 02 zum 31. 12. 01 Buchungssatz Zinserträge
an
Passive Rechnungsabgrenzung 500
Damit sind auf dem Konto Zinserträge nur die Zinsen für den Monat Dezember 01 als Ertrag und somit periodengerecht in entsprechender Höhe von 100 Euro erfasst. Schritt 3: Auflösung der passiven Rechnungsabgrenzung im Folgejahr Buchungssatz Passive Rechnungsabgrenzung
an
Zinserträge
500
(oder zum jeweiligen Monatsersten je 100 Euro) So sind die vom Winzerverein Frankonia gezahlten Zinsen wirtschaftlich richtig den beiden Geschäftsjahren 01 und 02 zugeordnet. Aufgabe 7.1: Buchen Sie die Beispiele 1 und 2 aus Sicht der Geschäftspartner, also der Versicherung bzw. des Winzervereins Frankonia. Sonstige Forderungen Erträge aus Verträgen über Vermietung und Verpachtung, Darlehensgewährung oder Provisionsgeschäfte werden von Unternehmen, die sich nicht ausschließlich wirtschaftlich in solchen Geschäftsbereichen betätigen, in der Regel nicht als Forderung gebucht und müssen deshalb zum Jahresende auch dann erfasst werden, wenn sie noch zu keiner Geldeinnahme geführt haben. Ansonsten wäre der Grundsatz der Vollständigkeit nicht erfüllt und es würde außerdem ein Verstoß gegen den § 252 (1) Satz 5 HGB vorliegen: Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs sind unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluss zu berücksichtigen. Beispiel 3: Bei der Durchsicht der Kontoauszüge konnte für den Monat Dezember noch kein Geldeingang aus einem Provisionsvertrag mit der Steigerwald Quelle festgestellt werden. Neben einem monatlich vereinbarten Festbetrag in Höhe von netto 200 Euro soll eine erfolgsabhängige Zahlung immer erst vier Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres erfolgen. Der Ertrag von 200 Euro ist zum 31. 12. 01 zu erfassen, auch wenn die Steigerwald Quelle noch nicht gezahlt hat. Schritt 1: Erfassung des vereinbarten Ertrages von 200 Euro als Ertrag im Monat Dezember
124
7. Vorbereitende Abschlussbuchungen
Buchungssatz Sonstige Forderungen
238
an
Provisionserträge
Umsatzsteuer
200 38
Damit ist in der GuV des abzuschließenden Jahres auch der Provisionsertrag für Dezember erfasst. Provisionserträge unterliegen der Umsatzsteuer. Der Saldo des Kontos Sonstige Forderungen wird über das SBK des Jahres 01 abgeschlossen und erscheint als Anfangsbestand in der Eröffnungsbilanz des Jahres 02. Von der Steigerwald Quelle wird ein Betrag von 476 Euro für Dezember 01 und Januar 02 am 10. Januar 02 dem Bankkonto der Müller & Thurgau GmbH gutgeschrieben. Schritt 2: Erfassung der Zahlung des geforderten Betrages am 10. 01. 02 Buchungssatz Bank
476
an
Sonstige Forderungen
Provisionserträge Umsatzsteuer
238 200 38
Mit der Buchung des noch nicht erhaltenen Provisionsertrages des Monates Dezember als Sonstige Forderung im Jahr 01 und dem Ausgleich dieser Forderung bei Gutschrift auf dem Konto im nächsten Jahr ist dieser Vorgang periodengerecht erfasst worden. Sonstige Verbindlichkeiten Gerade zum Jahresende hin kann es sein, dass die Liquidität nicht ausreicht, um allen Verpflichtungen aus laufenden Verträgen wie z. B. Miet- und Pacht-, Wartungs- oder Leasingverträgen nachzukommen. Diese noch nicht bezahlten Aufwendungen müssen zum Bilanzstichtag in der Buchführung erfasst werden, weil sie Aufwand des abzuschließenden Geschäftsjahres sind, worauf im § 252 (1) Satz 5 HGB hingewiesen wird. Beispiel 4: Den vierteljährlich nachträglich zu zahlenden Betrag von 400 Euro netto für einen Wartungsvertrag für die Bürotechnik hat die Müller & Thurgau GmbH bis zum 31. 12. 01 noch nicht gezahlt, weil noch keine Rechnung vorlag. Trotzdem muss der Aufwand erfasst werden. Die Vorsteuer darf nach § 15 (1) UStG aber erst mit Vorliegen der Rechnung geltend gemacht werden. Schritt 1: Erfassen des Aufwandes für Wartungsarbeiten des IV. Quartals 01 zum 31. 12. 01
7.3 Zeitliche Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen
125
Buchungssatz Wartungskosten VSt im Folgejahr abziehbar
400 an 76
an
Sonstige Verbindlichkeiten
476
Am 12. Januar des nachfolgenden Jahres wird die nun erhaltene Rechnung über das Bankkonto beglichen. Damit wird die Vorsteuer abzugsfähig. Schritt 2: Buchung der Bezahlung der Wartungsrechnung des IV. Quartals 01 am 12. 01. 02 über das Bankkonto und Buchung der nun abziehbaren Vorsteuer. Buchungssatz Sonst. Verbindlichkeiten Vorsteuer
476
an
Bank
76
an
VSt im Folgejahr abziehbar
476 76
Der Wartungsaufwand wurde somit periodengerecht im Geschäftsjahr 01 erfasst und die entsprechende Bezahlung zum tatsächlichen Zahlungszeitpunkt im Jahre 02. Die Vorsteuer wird erst mit Vorliegen einer Rechnung abzugsfähig. Aufgabe 7.2: Bilden Sie die Buchungen für die Geschäftspartner der Müller & Thurgau GmbH aus den Beispielen 3 und 4. Aufgabe 7.3: Bilden Sie bitte die Buchungssätze zu den innerbetrieblichen Informationen der Müller & Thurgau GmbH. 1. Am 31. 12. 01 werden aus der im Voraus bezahlten Gesamtmiete von 180.000,– Euro anteilig für Dezember 15.000,- Euro in den Mietaufwand umgebucht. 2. Das im Gesamtposten enthaltene Damnum wird jeweils zum Monatsende in Höhe von 1.931,– EUR aufgelöst. 3. Aus dem passiven Rechnungsabgrenzungsposten werden betriebliche Mieteinnahmen (Grundstückerträge) für das lfd. Wirtschaftsjahr in Höhe von 3.000,– Euro aufgelöst. 4. Der Rechnungsabgrenzungsposten wird für die Mietvorauszahlung 12/01 in Höhe von 3.307,– Euro aufgelöst und als Grundstücksertrag gebucht. Aufgabe 7.4: Ordnen Sie die Begriffe Aufwand und Ausgabe bzw. Ertrag und Einnahme richtig für die einzelnen Sachverhalte entweder dem abzuschließenden oder dem neuen Geschäftsjahr zu. Bilden Sie die Buchungssätze zum Bilanzstichtag 31.12. und zu den jeweiligen Zahlungen.
126
7. Vorbereitende Abschlussbuchungen Vorgang Sachverhalt
Im Voraus bezahlter Aufwand Im Voraus vereinnahmter Ertrag Noch nicht gezahlter Aufwand Noch nicht erhaltener Ertrag
abzuschließendes GJ
neues GJ
Buchung zum 31.12.
bei Zahlung
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss 8.1 Gesetzliche Verpflichtung zur Erstellung des Jahresabschlusses Die Grundlagen für die Jahresabschlusserstellung sind im deutschen Handelsgesetzbuch (HGB) verankert. Hier wird der rechtliche Rahmen für alle Kaufleute und speziell für Kapitalgesellschaften definiert. Das HGB wurde 1898 vom Deutschen Reichstag beschlossen und trat am 01. 01. 1900 in Kraft. Seitdem wurde es immer wieder novelliert und an die wirtschaftlichen Gegebenheiten und Anforderungen angepasst. Dieses Gesetz steht jedoch nicht allein. Es wird durch eine Vielzahl weiterer Gesetze und Verordnungen umrahmt, die jeweils spezifischen Fragestellungen gewidmet sind und direkt oder indirekt mit den HGB-Regeln zur Buchhaltung und Bilanzierung verknüpft sind. Die nachfolgende Abbildung gibt einen Überblick über die wesentlichen Gesetze, die die Erstellung eines des Jahresabschlusses beeinflussen. HGB Größenabhängige Regelungen (PublG)
Gesetzliche Regeln für den Jahresabschluss
Branchenspezifische Regelungen (Kreditinstitute, Versicherungen)
Steuergesetze (KStG, EStG, UStG, GewStG)
Rechtsformspezifische Regelungen (AktG, GmbHG)
Abbildung 22: Gesetzliche Regeln zum Jahresabschluss im Überblick
Im Fokus des Lehrbuches stehen die Regeln des Handelsgesetzbuches. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die Struktur des dritten Buches des Handelsgesetzbuches, das den Titel Handelsbücher trägt.
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8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss Tabelle 4 Struktur des 3. Buches des HGB
1. Abschnitt (§§ 238–263)
Vorschriften für alle Kaufleute
2. Abschnitt (§§ 264–335b)
Ergänzende Vorschriften für Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personengesellschaften
3. Abschnitt (§§ 336–339)
Ergänzende Vorschriften für eingetragene Genossenschaften
4. Abschnitt (§§ 340–341o)
Ergänzende Vorschriften für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen
5. Abschnitt (§§ 342, 342a)
Regelungen zur Einrichtung bestimmter Gremien
Auf einen Teil der grundsätzlichen Regeln zum Jahresabschluss wurde bereit im Grundlagenteil zur Buchführung eingegangen. Nach § 242 (1) HGB hat jeder Kaufmann zu Beginn seines Handelsgewerbes und für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluss (Eröffnungsbilanz, Bilanz) aufzustellen. Im Absatz 2 heißt es weiter: Er hat für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres (Gewinn- und Verlustrechnung) aufzustellen. Damit besteht jeder Jahresabschluss zum einen aus der Bilanz und zum anderen aus der Gewinn- und Verlustrechnung. Abschluss für alle Kaufleute § 242 HGB
Bilanz Verhältnis von Vermögen, Schulden und Eigenkapital
Gewinn- und Verlustrechnung Gegenüberstellung von Erträgen und Aufwendungen
Abbildung 23: Jahresabschluss eines Kaufmanns nach § 242 HGB
Die Müller & Thurgau GmbH hat als Kapitalgesellschaft die rechtsform- und größenabhängigen handelsrechtlichen Regelungen zum Jahresabschluss zu beachten. Dazu wird im § 264 (1) HGB ausgeführt: „Die gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft haben den Jahresabschluss (§ 242) um einen Anhang zu erweitern, der mit der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung eine Einheit bildet, sowie einen Lagebericht aufzustellen. Der Jahresabschluss und der Lagebericht sind von den gesetzlichen Vertretern in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen. Kleine Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 1) brauchen den Lagebericht nicht aufzustellen; sie dürfen den Jahres-
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8.1 Gesetzliche Verpflichtung zur Erstellung des Jahresabschlusses
abschluss auch später aufstellen, wenn dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entspricht, jedoch innerhalb der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres. Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a HGB) brauchen den Jahresabschluss nicht um einen Anhang zu erweitern, wenn sie die Voraussetzungen des § 264 (1) HGB erfüllen.“ Die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung und der Anhang bilden den Jahresabschluss. Der Lagebericht gehört i. e. S. nicht zum Jahresabschluss (Abbildung 24). Abschluss für Kapitalgesellschaften § 264 HGB
Bilanz
Gewinn- und Verlustrechnung
Anhang
Lagebericht
Abbildung 24: Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft nach § 264 HGB
Für Kapitalgesellschaften gilt darüber hinaus eine Reihe von besonderen Regeln. Das HGB unterscheidet zunächst Größenklassen (Tabelle 5). Tabelle 5 Größenklassen für Kapitalgesellschaften HGB Bilanzsumme
Umsatzerlöse
Arbeitnehmer
Kleinstkapitalgesellschaft (§ 267a HGB)
350.000 €
700.000 €
10
Kleine Kapitalgesellschaft (§ 267 (1) HGB)
6. 000. 000.€
12. 000. 000 €
50
Mittelgroße Kapitalgesellschaft (§ 267 (2) HGB)
20. 000. 000.€
40. 000. 000.€
250
Große Kapitalgesellschaft (§ 267 (3) HGB)
Überschreitung von mindestens zwei der Kriterien in zwei aufeinander folgenden Jahren
Aus den Größenklassen ergeben sich Erleichterungen bei der Aufstellung des Jahresabschusses. Dazu wird im § 264 (1) HGB ausgeführt: „Kleine Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 1) brauchen den Lagebericht nicht aufzustellen; sie dürfen den Jahresabschluss auch später aufstellen, wenn dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entspricht, jedoch innerhalb der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres. Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a HGB) brauchen den Jahresabschluss nicht um einen Anhang zu erweitern, wenn sie die Voraussetzungen des § 264 (1) HGB erfüllen.“ Bei einer kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaft ist der Jahresabschluss um eine Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel zu erweitern, auch eine Segmentberichterstattung kann erstellt werden.
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8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Für Kapitalgesellschaften gelten darüber hinaus Regeln für den Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses und für die Prüfung und Offenlegung von Jahresabschlüssen im Bundesanzeiger. Im dritten Abschnitt des dritten Buches des HGB werden in den §§ 316 ff. Regeln für die Prüfung des Jahresabschlusses durch einen Wirtschaftsprüfer getroffen. Dieser hat die Einhaltung der handelsrechtlichen Vorschriften mit einem Bestätigungsvermerk (Testat) gemäß § 322 HGB zu bescheinigen. Die Prüfungspflicht trifft nur auf mittelgroße und große Kapitalgesellschaften zu. Auf Details zur Prüfungsdurchführung und Testierung soll hier verzichtet werden. Ein weiterer Abschnitt des HGB ist der Offenlegung des Jahresabschlusses gewidmet. Die Regeln zu den Fristen zur Aufstellung, Prüfung und Offenlegung sind in folgender Tabelle 6 zusammengefasst dargestellt. Tabelle 6 Zusammenfassung der Regeln zur Erstellung und Offenlegung des Jahresabschlusses Größenklasse Merkmal
Kleinst kapitalgesellschaft
Kleine Kapital gesellschaft
Mittelgroße Kapital gesellschaft
vollständig
vereinfacht (Buchstaben und römische Zahlen)
Anwendung des Gliederungsschemas (§ 266 HGB) Prüfungspflicht (§ 316 HGB)
Nein
Nein
Große Kapital gesellschaft
Ja
Ja
Offenlegung im Bundesanzeiger (§§ 325 + 326 + 237 HGB)
nein Hinterlegung (mit Hinterlegungsauftrag) in elektronischer Form
Ja Bilanz Anhang
Ja bestätigter Jahresabschluss, Lagebericht, Bestätigungsvermerk des WPs bei AG Bericht des Aufsichtsrates weitere Erklärungen
Aufstellungsfristen
6 Monate
6 Monate
3 Monate
3 Monate
(bei AG: unverzüglich Vorlage an den Aufsichtsrat) Feststellungsfrist durch die Organe der Gesellschaft Offenlegungsfrist
---
11 Monate
8 Monate
8 Monate
12 Monate (börsennotierte Gesellschaften: 4 Monate)
8.2 Funktionen und Inhalt des Jahresabschlusses
131
8.2 Funktionen und Inhalt des Jahresabschlusses Die im Kapitel 1 beschriebenen Aufgaben und Funktionen der Buchführung gelten in besonderem Maße für den Jahresabschluss und werden deshalb hier nochmals im Überblick dargestellt. • Dokumentation des Geschäftsverlaufes durch Darstellung der Veränderungen der Bilanzpositionen vom Beginn bis zum Schluss des Geschäftsjahres und der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres im Vergleich zum Vorjahr, Erläuterungen in Anhang und Lagebericht, • Rechenschaftslegung und Information vor allem gegenüber den Gläubigern und den Gesellschaftern bezüglich der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, • Kontrolle der Verwendung des eingesetzten Kapitals, • Entscheidungshilfe: insbesondere bei der Gewinnverwendung. Diesen Funktionen kann der Jahresabschluss nur nachkommen, wenn der § 246 HGB, der die Vollständigkeit und das Verrechnungsverbot beinhaltet, beachtet wird. Im § 246 (1) HGB wird verlangt: Der Jahresabschluss hat sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten sowie Aufwendungen und Erträge zu enthalten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Vermögensgegenstände sind in der Bilanz des Eigentümers aufzunehmen; ist ein Vermögensgegenstand nicht dem Eigentümer, sondern einem anderen wirtschaftlich zuzurechnen, hat dieser ihn in seiner Bilanz auszuweisen. Schulden sind in die Bilanz des Schuldners aufzunehmen. Der Unterschiedsbetrag, um den die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens abzüglich der Schulden im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt (entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert), gilt als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand. Vollständigkeit wird bereits nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchhaltung wie im Kapitel 1 beschrieben, verlangt. Bei Bilanzdelikten1 wird am häufigsten gegen diesen Grundsatz verstoßen, indem z. B. Aufwendungen nicht gebucht werden, um einen Verlust zu kaschieren, Erträge nicht gebucht werden, um nur einen geringen Gewinn auszuweisen oder bei der Inventur nicht alle Vermögensgegenstände aufgenommen werden, um nicht den vollen Vermögenszuwachs ausweisen zu müssen. Wenn nicht alle Geschäftsfälle ordnungsgemäß erfasst werden, kann der Jahresabschluss das Vollständigkeitsgebot nicht erfüllen. Gemäß § 247 HGB gehören zum Inhalt der Bilanz das Anlage- und Umlaufvermögen, das Eigenkapital, die Schulden sowie die Rechnungsabgrenzungsposten.
1 Vgl. Hirthammer, B.: Prävention und Aufdeckung von Bilanzdelikten, oder Hofmann, St.: Früherkennung von Bilanzdelikten.
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8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Konkrete Aussagen dazu werden im HGB zunächst nicht gemacht. Einige Begriffe werden erst in den Paragrafen zur Bewertung konkreter benannt. In der Literatur wird deshalb auch der Begriff der abstrakten Bilanzierungsfähigkeit verwendet. Weitere Bilanzobjekte werden beispielhaft in einzelnen HGB-Vorschriften aufgezählt bspw. im § 266 HGB zur Bilanzgliederung. Zur Überprüfung, ob für die Bilanzierungsfähigkeit die materiellen Voraussetzungen vorliegen, sind die gesetzlichen Vorschriften und die GoB heranzuziehen. Bei der Prüfung, ob die Bilanzierungsvoraussetzungen erfüllt sind, wird von der konkreten Bilanzierungsfähigkeit gesprochen. Sind die Bilanzierungsvoraussetzungen für einen Gegenstand nicht erfüllt oder ist die Zugehörigkeit zum Unternehmensbereich zu verneinen, liegt keine Bilanzierungsfähigkeit vor und es besteht ein Bilanzierungsverbot. Ist die Bilanzierungsfähigkeit gegeben und ist der Bilanzierungsgegenstand dem Unternehmensbereich zuzurechnen, ergibt sich aus dem Vollständigkeitsgebot des § 246 (1) HGB ein Gebot zum Ansatz in der Bilanz. Auf die darüberhinausgehenden Ansatzwahlrechte und Ansatzverbote wird in den folgenden Abschnitten eingegangen. Nach § 246 (2) HGB muss auf Folgendes geachtet werden: Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite, Aufwendungen nicht mit Erträgen, Grundstücksrechte nicht mit Grundstückslasten verrechnet werden. Vermögensgegenstände, die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind und aus schließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen, sind mit diesen Schulden zu verrechnen; entsprechend ist mit den zugehörigen Aufwendungen und Erträgen aus der Abzinsung und aus dem zu verrechnenden Vermögen zu verfahren. In Abbildung 25 werden die Zusammenhänge abschließend übersichtlich dargestellt. Insbesondere bei Miet- und Leasingverträgen ist genau zu prüfen, wem der Vermögenswert bilanzmäßig zugeordnet wird.2 Generell gilt, wem der Vermögenswert wirtschaftlich zugerechnet wird, der hat ihn zu bilanzieren.
2
Für die Zuordnung beim Leasing siehe BMF-Erlass vom 19. 04. 1971.
8.3 Gliederungsvorschriften für den Jahresabschluss
133
Überprüfung Bilanzierungsfähigkeit Materielle Voraussetzungen
Bilanzierungsfähiger Vermögensgegenstand oder Schuld
Zeitlicher Beginn (oder Ende) der Bilanzierung
Zurechenbarkeit zum Unternehmen
Erfüllung (kumulativ)
Ja
Nein
Bilanzierungsgebot
Bilanzierungsverbot
Ausnahme:
Gesetzliches Bilanzierungswahlrecht
Gesetzliches Bilanzierungsverbot
Abbildung 25: Prüfung der Bilanzierungsfähigkeit
8.3 Gliederungsvorschriften für den Jahresabschluss Neben den Fragen, aus welchen Bestandteilen der vollständige Jahresabschluss der Gesellschaft besteht und ob dieser prüfungspflichtig und offenlegungspflichtig ist, müssen noch die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften zur Gliederung von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung beachtet werden, die in den §§ 266 ff. und 275 ff. HGB enthalten sind, die wiederum nur für Kapitalgesellschaften verbindlich geregelt sind und zudem größenabhängig zur Anwendung kommen. Die detaillierte Auflistung der Posten ist im § 266 (2) + (3) HGB nachzulesen. Hier soll nur die verkürzte Bilanz für kleine Kapitalgesellschaften wiedergegeben werden (Abbildung 26).
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8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
AKTIVA
PASSIVA
A. Anlagevermögen I. Immaterielle Vermögensgegenstände II. Sachanlagen III. Finanzanlagen B. Umlaufvermögen I. Vorräte II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände III. Wertpapiere IV. Kassenbestand, Bundesbank guthaben, Guthaben bei Kredit instituten und Schecks C. Rechnungsabgrenzungsposten D. Aktive latente Steuern E. Aktiver Unterschiedsbetrag aus Vermögensverrechnung
A. Eigenkapital I. Gezeichnetes Kapital II. Kapitalrücklage III. Gewinnrücklagen IV. Gewinnvortrag / Verlustvortrag V. Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag B. Rückstellungen C. Verbindlichkeiten D. Rechnungsabgrenzungsposten E. Passive latente Steuern
Abbildung 26: Verkürzte Bilanz für kleine Kapitalgesellschaften
8.4 Bewertungsvorschriften 8.4.1 Bewertungsgrundsätze Der Gesetzgeber hat Bewertungsvorschriften erlassen, um bei der während der Inventurarbeiten und der endgültigen Erstellung des Jahresabschlusses vorzunehmenden Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden des Unternehmens willkürliche Über- oder Unterbewertungen zu verhindern. Die handelsrechtlichen Vorschriften der § 252 bis 256 HGB dienen der Kapitalerhaltung und somit in erster Linie dem Schutz der Gläubiger. Die steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften der § 5 bis 7 EStG dienen der Ermittlung des zu versteuernden Gewinnes nach einheitlichen Regeln und sollen das Steueraufkommen des Staates gewährleisten (Abbildung 27). Bewertungvorschriften
Handelsrecht Kapitalerhaltung Schutz der Gläubiger
Steuerrecht Ermittlung des Gewinns gerechte Besteuerung
Abbildung 27: Ziele der Bewertungsvorschriften
8.4 Bewertungsvorschriften
135
Der § 252 (1) HGB enthält für alle Kaufleute verbindliche Regelungen: 1. Die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahrs müssen mit denen der Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahrs übereinstimmen. Dieser Grundsatz der Bilanzidentität wird in der Buchhaltung angewendet. Die Schlussbilanz des Jahres ist die Eröffnungsbilanz des nachfolgenden Jahres. 2. Bei der Bewertung ist von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen. Der Grundsatz der Unternehmensfortführung wird auch als Going-concernPrinzip bezeichnet. Es dürfen z. B. bei der Bewertung des Anlagevermögens keine Werte, die bei der Einzelveräußerung erzielt werden könnten, angesetzt werden, sondern als Wertmaßstab gelten die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten. 3. Die Vermögensgegenstände und Schulden sind zum Abschlussstichtag einzeln zu bewerten. Nach dem Grundsatz der Einzelbewertung müssen Vermögensgegenstände und Schuldpositionen grundsätzlich einzeln bewertet werden und dürfen auch nicht miteinander verrechnet werden. Wegen der Vielzahl an Vermögenspositionen gerade im Bereich der Vorräte sind allerdings Bewertungsvereinfachungsverfahren wie z. B. Verbrauchsfolgeverfahren oder Durchschnittsbewertung zugelassen. Mit der Bildung von Bewertungseinheiten beschäftigt sich der § 254 HGB. 4. Es ist vorsichtig zu bewerten, namentlich sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind; Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind. Das Vorsichtsprinzip ist das wichtigste handelsrechtliche Bewertungsprinzip. Die Anwendung führt zu einem vorsichtigen Ausweis des Vermögens und einer Berücksichtigung aller Risiken, z. B. durch Rückstellungen und Wertberichtigungen auf Forderungen. Das im Vorsichtsprinzip enthaltene Realisationsprinzip verlangt, dass Gewinne tatsächlich durch Umsätze realisiert sein müssen, ehe sie buchhalterisch erfasst werden dürfen. Nach dem Wertaufhellungsprinzip dürfen Informationen, die den Jahresabschluss beeinflussen, auch dann berücksichtigt werden, wenn sie erst nach dem Bilanzstichtag aber noch vor der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt werden, wie das z. B. bei Wertberichtigungen von Forderungen der Fall sein kann. Das Vorsichtsprinzip soll verhindern, dass durch hohe Gewinnausschüttungen das Eigenkapital und somit die Haftungssubstanz gegenüber den Gläubigern unzulässig reduziert wird.
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8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
5. Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs sind unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluss zu berücksichtigen. Der Grundsatz der Periodenabgrenzung dient der zeitraumrichtigen Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen unabhängig von den tatsächlichen Zahlungsströmen. Durch entsprechende Buchungen auf den Konten Aktive und Passive Rechnungsabgrenzung, Sonstige Forderungen und Sonstige Verbindlichkeiten und Rückstellungen wird ein periodengerechter Erfolg des Geschäftsjahres ermittelt. 6. Die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden sind beizubehalten. Der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit unterteilt sich in materielle und formelle Bilanzkontinuität. Materielle Bilanzkontinuität verlangt die Beibehaltung einmal gewählter Bewertungs- und Abschreibungsmethoden, um so eine Vergleichbarkeit aufeinander folgender Jahresabschlüsse zu gewährleisten. Die formelle Bilanzkontinuität gewährleistet eine einheitliche und somit über längere Zeiträume vergleichbare Gliederung des Jahresabschlusses, insbesondere von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung. Für die Buchführung bedeutet das eine einheitliche Kontenzuordnung zu den Bilanz- und GuV-Positionen.
8.4.2 Bewertungsmaßstäbe Der Umfang der Anschaffungs- und Herstellungskosten wird im § 255 (1) + (2) HGB festgeschrieben und wurde bereits im Abschnitt 6.4 an Beispielen erläutert, ebenso die Möglichkeiten der Abschreibungen. Im § 252 (2) HGB wird darauf eingegangen, dass sich im Laufe der Geschäftstätigkeit Situationen ergeben können, die ein Festhalten an obigen Bewertungsgrundsätzen nicht mehr sinnvoll erscheinen lassen. Deshalb wird die Möglichkeit gegeben: „Von den Grundsätzen des Absatzes 1 darf nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.“ Im Anhang ist auf solche Abweichungen hinzuweisen. Der § 253 (3) HGB sagt noch einmal eindeutig: „Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind die Anschaffungsoder die Herstellungskosten um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Der Plan muss die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann.“ Neben der Festlegung der Bewertungsmaßstäbe regelt obiger Paragraph auch die generelle Bewertung des Anlagevermögens nach dem Niederstwertprinzip, welches aus dem Vorsichtsprinzip resultiert. Bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung sind außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen: „Ohne Rücksicht darauf, ob ihre Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens bei voraussichtlich dauernder Wertminderung außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
137
ihnen am Abschlussstichtag beizulegen ist. Bei Finanzanlagen können außerplanmäßige Abschreibungen auch bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung vorgenommen werden.“ Hierauf wird im Abschnitt 8. 5. 2 zum Sachanlagevermögen nochmals Bezug genommen. Dieses Prinzip wird auch als das gemilderte Niederstwertprinzip bezeichnet. Schwierig ist bei Erstellung des Jahresabschlusses einschätzen zu können, ob solch eine Wertminderung von Dauer ist. Deshalb hat der Gesetzgeber mit dem BilMoG die außerplanmäßige Abschreibung von Finanzanlagen auch bei nicht dauernder Wertminderung zugelassen. Zur Bewertung des Umlaufvermögens heißt es im § 253 (4) HGB: Bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens sind Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit einem niedrigeren Wert anzusetzen, der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt. Ist ein Börsen- oder Marktpreis nicht festzustellen und übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Wert, der den Vermögensgegenständen am Abschlussstichtag beizulegen ist, so ist auf diesen Wert abzuschreiben. Diese Pflicht wird als das strenge Niederstwertprinzip bezeichnet. Außerdem gilt der § 253 (5) HGB: Ein niedrigerer Wertansatz nach Absatz 3 Satz 5 oder 6 und Absatz 4 darf nicht beibehalten werden, wenn die Gründe dafür nicht mehr bestehen. Ein niedrigerer Wertansatz eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwertes ist beizubehalten. Damit besteht für alle Vermögensgegenstände außer dem Geschäfts- oder Firmenwert ein Wertaufholungsgebot, wenn die Gründe für die außerplanmäßigen Abschreibungen weggefallen sind. Aufgabe 8.1: Die M & T GmbH erwarb im Jahr 01 Aktien zur Einstellung in das Anlagevermögen zum Kurswert von 6,54 Euro / A ktie. Es wurden 10.000 Aktien erworben. Der Nennwert beträgt 1,00 Euro / Aktie. Bankspesen und Courtage belaufen sich auf 940 Euro. Zum 31. 12. 01 wird der Kurswert der Aktie mit 6,23 € festgelegt. Dieser Kursrückgang ist nicht nachhaltig. Erfassen Sie den Erwerb der Aktien! Diskutieren Sie Ansatz und Bewertung der Finanzanlage zum 31. 12. 01. Würde sich an der Bewertung etwas ändern, wenn die Aktien ins Umlaufvermögen eingestellt worden wären?
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz 8.5.1 Immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Die immateriellen Vermögensgegenstände (IVG) werden von Vermögensgegenständen gebildet, die dem Geschäftsbetrieb dauerhaft dienen (§ 247 (2) HGB). Die immateriellen Vermögensgegenstände müssen dabei vom Sachanlagevermögen abgegrenzt werden. Es handelt sich um nicht körperliche Vermögengegenstände. Im weiteren Sinne erfüllen zwar auch die Finanzanlagen diese Eigenschaft, die jedoch eine eigenständige Gruppe in der HGB-Bilanz bilden.
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8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
IVG spielen in nahezu allen Bereichen der gewerblichen Wirtschaft eine Rolle. Insbesondere in technologieorientierten Unternehmen (bspw. Maschinenbau, Softwareentwicklung) und Unternehmen mit ausgeprägten Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten (bspw. Medizintechnik, Pharmazie) bilden die IVG die Grundlage für deren Zukunft. Das HGB sieht im § 266 (2) A I folgende Untergliederung für die IVG vor: 1. Selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte; 2. entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten; 3. Geschäfts- oder Firmenwert; 4. geleistete Anzahlungen. Bei der Bilanzierung von immateriellen Vermögensgegenständen sind insbesondere die Ansatzverbote und Ansatzwahlrechte des § 248 HGB zu beachten. Selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände (§ 266 (2) I 1 HGB) Bei der Bilanzierung der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände (IVG) ist grundsätzlich zwischen dem originären Geschäfts- oder Firmenwert (GoFW), der sich vor allem in den im § 248 (2) S. 2 HGB genannten Posten (u. a. Markennamen, Kundenlisten) niederschlägt und dem Ergebnis von Entwicklungsleistungen zu unterscheiden. Für den originären GoFW gilt ein strenges Ansatzverbot. Er entsteht im Laufe der Entwicklung des Unternehmens durch den wirtschaftlichen Wert der Organisationsstruktur, der Managementqualität, des Kundenstamms, des Vertriebsnetzes und anderer Wettbewerbsvorteile. Der originäre GoFW stellt in vielen Unternehmen insbesondere der Dienstleistungsbranche den eigentlichen und wichtigsten Wert des Unternehmens dar. Er drückt vor allem die Zukunftschancen des Unternehmens aus. Eine handelsrechtliche Bewertung ist jedoch nicht eindeutig möglich. Das wird deutlich, wenn man über den Wert der eigenen Mitarbeiter oder den Wert des Marktzuganges nachdenkt und erkennt, dass sich dieser erst in der Zukunft durch konkrete Leistung realisieren wird und heute noch nicht bewertbar ist. Gemäß § 248 (2) S. 1 HGB besteht ein Ansatzwahlrecht für eigene Entwicklungsleistungen, die den zweiten Posten bilden. Dieses spielt vor allem in Branchen mit starken Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten eine große Rolle (Pharmazie, Medizintechnik, Software u. ä.). Die Entwicklung neuer Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen bedarf häufig eines sehr langen Zeitraumes und verursacht enorme Kosten (bspw. neue Medikamente, bis zu deren Erstzulassung können bis zu 10 Jahre vergehen). Deren Erfassung als Aufwand führt in der Entwicklungsphase bis zur tatsächlichen Vermarktung i. d. R. zu Verlusten. Diese belasten das Eigenkapital und schränken die weiteren Finanzierungsmöglichkeiten mit Eigenoder Fremdkapital stark ein.
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8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
Die Wahrnehmung des Aktivierungswahlrechtes führt nun zu einem höheren Anlagevermögen und im Ausgleich der Bilanzwaage zu höherem Eigenkapital. Die Abbildung 28 verdeutlicht das an einer verkürzten Bilanz. Links ist die Bilanz ohne die Aktivierung des IVG dargestellt. Die rechte Bilanz zeigt dasselbe Unternehmen mit den gleichen Werten bei den übrigen Vermögengegenständen und Schulden. Nun wurde die Möglichkeit der Aktivierung eines selbst geschaffenen IVG in Höhe von 350 vorgenommen. Bilanz ohne selbst geschaffenem IVG A
Bilanz mit selbst geschaffenem IVG P
A
AV
EK
AV
SAV
Stamm kapital
SAV 500
JÜ
100
1.000 UV
FK
Vorräte Bank guthaben
500
Darlehen
100
Verbindlichkeiten
1.600
P EK 1.000
IVG
350
UV 750
Vorräte
250
Bank guthaben
1.600
Stamm kapital
500
JÜ
450
FK 500
Darlehen
750
100
Verbindlichkeiten
250
1.950
1.950
Abbildung 28: Bilanzvergleich mit und ohne aktiviertem selbst geschaffenen IVG – Ziele der Bewertungsvorschriften
Das Anlagevermögen und das Eigenkapital steigen entsprechend dem Wert des aktivierten IVG. Das Verhältnis von Eigenkapital zur Fremdkapitel verschiebt sich zugunsten des Eigenkapitals. Die Eigenkapitalquote steigt und damit die Möglichkeit weiteres Fremdkapital aufzunehmen, um die Entwicklung voranzutreiben. (Auf die Bildung passiver latenter Steuern wird in dieser vereinfachten Darstellung verzichtet.) Das Aktivierungswahlrecht führt zu einem höheren Eigenkapitalausweis, wirtschaftlich ist die Aktivierung mit Risiken verbunden, da der erwartete Ertrag aus dem IVG erst in der Zukunft erzielt werden wird. Dem Vorsichtsprinzip und dem Gläubigerschutzgedanken folgend wurde dazu eine Ausschüttungssperre im § 268 (8) HGB in das Gesetz aufgenommen. Es muss vor der Ausschüttung geprüft werden, dass nach Ausschüttung noch ausreichend Gewinnrücklagen vorhanden sind. Steuerrechtlich ist die Aktivierung selbst geschaffener IVG verboten. Das führt in der Handelsbilanz zum Ausweis passiver latenter Steuern. Die selbst geschaffenen IVG aus der Entwicklungsarbeit entstehen innerhalb des Unternehmens im übertragenen Sinn in einem Herstellungsprozess. Es gelten die allgemeinen Bewertungsmaßstäbe für Herstellungskosten des § 255 (2) HGB. Regeln zur Abgrenzung der Forschungs- und Entwicklungskosten wurden für den besonderen Fall der IVG im § 255 (2a) HGB festgeschrieben.
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8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Herstellungskosten sind demzufolge „die bei dessen Entwicklung anfallenden Aufwendungen“. Als Entwicklung wird „die Anwendung von Forschungsergebnissen oder von anderem Wissen für die Neuentwicklung von Gütern oder Verfahren oder die Weiterentwicklung von Gütern oder Verfahren mittels wesentlicher Änderungen“ definiert. Davon wird die Forschung wie folgt abgegrenzt: „die eigenständige und planmäßige Suche nach neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen oder Erfahrungen allgemeiner Art, über deren technische Verwertbarkeit und wirtschaftliche Erfolgsaussichten grundsätzlich keine Aussagen gemacht werden können“. Sollten Forschung und Entwicklung nicht verlässlich voneinander abgegrenzt werden können, ist eine Aktivierung des selbst geschaffene IVG verboten. In der praktischen Anwendung bedeutet das nun, dass im Projektmanagement eine klare Abgrenzung der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten vorgenommen werden muss, wenn eine Aktivierung mit den positiven bilanziellen Konsequenzen angestrebt wird. Dazu ist insbesondere eine klare Aufzeichnung der Projektkosten notwendig. Eine Aktivierung von Forschungskosten ist gemäß § 255 (2a) S. 5 HGB ausdrücklich ausgeschlossen. Die Nutzungsdauer und die Abschreibungsmethode für die Folgebewertung sind hier nach kaufmännischen Regeln einzuschätzen. Beides ergibt sich häufig aus den wirtschaftlichen Gegebenheiten wie z. B. der Laufzeit eines Patents oder dem geplanten Produktionszeitraum für die Produkte. Sollte die Nutzungsdauer nicht schätzbar sein schreibt § 253 (3) S. 4 HGB eine Nutzungsdauer von 10 Jahren vor. Beispiel: Ein Mitarbeiter in der Verwaltung der Müller & Thurgau GmbH erstellte ein neues betriebsgerechtes EDV-Programm zur Eigennutzung in der GmbH ab Oktober 01. Die Nutzungsdauer beträgt 3 Jahre. Die entstandenen Kosten belaufen sich auf 20.000 € (Es handelt sich unstrittig um Entwicklungskosten). Das betriebsgerechte EDV-Programm zur Eigennutzung in der GmbH kann dem Anlagevermögen zugeordnet werden (Wahlrecht § 248 Abs. 2 HGB). Aufgrund der zeitlich begrenzten Nutzungsdauer werden die Herstellungskosten dieses Vermögensgegenstandes des Anlagevermögens um planmäßige Abschreibungen vermindert. Bilanzierungswert am 31. 12. 01: 20.000 Herstellkosten abzüglich Abschreibung für 3 Monate = 18.333,33 Euro Käuflich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände (§ 266 (2) I 2 HGB) Grundsätzlich kann man davon ausgehen. dass alle käuflich erworbenen IVG ansatzpflichtig sind sofern sie dauerhaft dem Geschäftsbetrieb dienen, also nicht weiterverarbeitet oder -verkauft werden sollen. Dazu zählen beispielweise Kon-
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
141
zessionen, gewerbliche Schutzrechte, wirtschaftliche Werte, Lizenzen. Die Regeln zur Bestimmung der Anschaffungskosten und die Folgebewertung entsprechen grundsätzlich den bereits behandelten. Die Nutzungsdauer und die Abschreibungsmethode sind auch hier nach kaufmännischen Regeln einzuschätzen. Die vertraglichen Regeln z. B. bei Lizenzen oder Nutzungsrechten geben hier i. d. R. die Nutzungsdauer vor. Zu beachten ist, dass die Abschreibung mit der wirtschaftlichen Nutzung im Unternehmen beginnt. Das spielt insbesondere bei individuell konfigurierten oder entwickelten Produkten eine wichtige Rolle, da sich der Zeitraum von der Auftragserteilung bis zur tatsächlichen Nutzung regelmäßig über längere Zeiträume erstreckt (bspw. ERP-Software-Projekte). Geschäfts- oder Firmenwert (§ 266 (2) I 3 HGB) Der weiter oben beschriebene körperlich nicht fassbare Wert eines Unternehmens wird dann zu einem aktivierungspflichtigen Vermögensgegenstand, wenn er im Rahmen eines Unternehmenskaufs erworben wird. Er wird dann als derivativer (abgeleiteter) Firmenwert bezeichnet, da er sich aus der Markttransaktion bei der Übernahme des Unternehmens ergibt. Im § 246 (1) S. 3 HGB wird dazu wie folgt definiert: „Der Unterschiedsbetrag, um den die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens abzüglich der Schulden im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt (entgeltlich erworbener Geschäftsoder Firmenwert), gilt als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand“. Das erwerbende Unternehmen kauft bei der Übernahme nicht nur die vorhandenen Vermögensgegenstände, sondern erwirbt auch alle wirtschaftlichen Chancen und Risiken. Diese liegen eben im Marktzugang, im Know-how der Mitarbeiter, im Kundenstamm etc. Dafür wird mehr bezahlt, als das Eigenkapital des Unternehmens (Vermögen – Schulden) nominal wert ist. Da man von der Fusion oder Beteiligung in der Zukunft wirtschaftliche Vorteile erwartet, ist man bereit diesen Mehrbetrag zu bezahlen. Der englische Fachbegriff „Goodwill“ drückt das recht anschaulich aus. Im erwerbenden Unternehmen entsteht nun ein aktivierungspflichtiger Posten im immateriellen Anlagevermögen. Der Bestand des gesamten immateriellen Anlagevermögens wird im Rahmen der Buchinventur erfasst und jährlich überprüft. Die Entwicklung des immateriellen Anlagevermögens wird im Anlagespiegel im Anhang zum Jahresabschluss abgebildet. Der derivative Geschäfts- oder Firmenwert wird als der Mehrbetrag bestimmt, der beim Erwerb eines Unternehmens gezahlt wird und den Wert des Eigenkapitals übersteigt (§ 246 (1) S 4 HGB). Zur Bestimmung des Mehrbetrages wird der Kaufpreis zunächst auf die einzelnen Vermögensgegenstände, die erworben werden, aufgeteilt. Eine Herausforderung ist dabei die Wertbestimmung für jeden einzelnen Vermögensgegenstand.
142
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Hier werden nicht die Buchwerte aus der Bilanz des erworbenen Unternehmens angesetzt, sondern die beizulegenden Zeitwerte. Das sind die Marktwerte (§ 255 (5) HGB) oder mit anerkannten Methoden ermittelte Werte. Es werden die Werte angesetzt, die man für den Erwerb der Vermögensgestände als Einzelnes bezahlen würde. Ein Grundstück bspw. wird demzufolge nicht mit seinen historischen Anschaffungskosten bewertet, sondern mit seinem aktuellen Marktwert. Die aufgrund des Niederstwertprinzips gebildeten stillen Reserven werden so im Zuge des Unternehmenserwerbs aufgedeckt. Auf diesem Weg wird zunächst der Marktwert des Eigenkapitals des erworbenen Unternehmens ermittelt. Dieser wird nun mit dem Kaufpreis verglichen. Der den Kaufpreis überschreitende Betrag bildet den Geschäfts- oder Firmenwert (GoFW) und wird in die Bilanz des Erwerbers zusammen mit allen anderen Vermögensgegenständen als Aktivposten aufgenommen. Folgendes Beispiel soll das veranschaulichen. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwarb zum 01. Juli 01 alle Anteile der „Gutedel GmbH“. Als Kaufpreis wurden 97.500 Euro vereinbart. Der Zeitwert (=Verkehrswert) der Vermögensgegenstände der Gutedel GmbH betrug 182.000 Euro, der Zeitwert der Schulden 109.500 Euro. Das Unternehmen wurde vollständig in die Müller & Thurgau GmbH integriert. Ermittlung des Geschäfts- oder Firmenwertes: Zeitwert der Vermögensgegenstände)
182.000
./. Zeitwert der Schulden
109.500
= Wert des Eigenkapitals
72.500
Kaufpreis
97.500
./. Wert des Eigenkapitals
72.500
= Geschäfts- oder Firmenwert
25.000
Durch Unternehmenserwerb und der anschließenden Fusion beider Unternehmen ist im Allgemeinen auf absehbare Zeit nicht von einem erneuten Verkauf dieses Unternehmens auszugehen. Das HGB definiert den GoFW jedoch ausdrücklich als zeitlich begrenzt nutzbaren Vermögenswert (§ 246 (1) S. 3). Das ist wirtschaftlich insofern sinnvoll, als dass sich der gezahlte Mehrbetrag in einem überschaubaren Zeitraum realisieren sollte. Die wirtschaftlichen Vorteile, die beim Erwerb erwartet wurden, sollten auch eintreten. Häufig wird in diesem Zusammenhang von der Amortisationszeit der Akquisition gesprochen. Es gilt hier die gleiche Regel, wie bei den selbst geschaffenen IVG. Eine Nutzungsdauer von 10 Jahren ist vorgeschrieben, wenn sie nicht anders begründet werden kann.
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
143
Aufgabe 8.2: Die Gesellschaft kauft am 01. 01. 01 das gesamte Unternehmen des Einzelkaufmanns Riesling. Vom Kaufpreis entfielen auf die Kundendatei 200.000 Euro und auf Rechte zum Aufstellen von Automaten 100.000 Euro. Alle anderen Vermögenspositionen und Schuldposten sind bereits gebucht, nur die beiden obigen Positionen noch nicht. Wie sind die Kundendatei und die Rechte zum Aufstellen von Automaten in der Bilanz der Müller & Thurgau GmbH darzustellen?
8.5.2 Sachanlagevermögen Das Sachanlagevermögen (SAV) setzt sich aus allen Vermögensgegenständen zusammen, die dem Geschäftsbetrieb des Unternehmens dauerhaft dienen (§ 247 (2) HGB). In Abgrenzung zu den immateriellen Vermögensgegenständen und den Finanzanlagen handelt sich um materielle also körperliche Vermögensgegenstände. Sie bilden in Unternehmen des produzierenden Gewerbes und der Industrie i. d. R. den größten Teil des Anlagevermögens. Das HGB sieht im § 266 (2) A II folgende weitere Untergliederung vor: 1. Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten inkl. Bauten auf fremden Grundstücken; 2. Technische Anlagen und Maschinen; 3. Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattungen; 4. Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau. Die Ermittlung der Anschaffungs- und Herstellungskosten wurde bereits behandelt. Auch die planmäßigen Abschreibungen wurden bereits vorgestellt (Abschnitt 6.4). Außerplanmäßige Abschreibung nach Wertminderung und Wertaufholung Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens sind gemäß § 253 (3) HGB ohne Rücksicht darauf, ob ihre Nutzung zeitlich begrenzt ist, bei voraussichtlich dauernder Wertminderung außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen am Abschlussstichtag beizulegen ist. Dieser niedrigere Wertansatz darf nach § 253 (5) HGB nicht beibehalten werden, wenn die Gründe dafür nicht mehr bestehen. Es besteht also die Pflicht, Vermögensgegenstände neben der planmäßigen Abschreibung außerplanmäßig abzuschreiben, wenn sie durch besondere Umstände dauerhaft wertgemindert sind. Solche Gründe können sein: Naturkatastrophen, Havarien, aber auch wirtschaftliche Umstände im Umfeld des Unternehmens (bspw. Bau einer Hochgeschwindigkeitstrasse in unmittelbarer Nähe eines Wohngrund-
144
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
stückes). Solche Wertminderungen müssen durch entsprechende Begutachtungen belegt werden. Vor der außerplanmäßigen Abschreibung ist grundsätzlich die planmäßige Abschreibung bis zum Zeitpunkt der Wertminderung zu erfassen. Erst im zweiten Schritt wird der Betrag für die außerplanmäßige Wertminderung ermittelt und erfasst. Wenn der Grund für die Wertminderung entfällt ist diese rückgängig zu machen. Bei abnutzbaren Vermögensgegenständen dürfen dabei jedoch die fortgeführten historischen Anschaffungskosten nicht überschritten werden. Das heißt, der Wert der nach planmäßiger Abschreibung erreicht worden wäre, bildet die Wertobergrenze für die Zuschreibung. Die Abbildung 29 soll das verdeutlichen. ursprünglicher Abschreibungsverlauf außerplanmäßige Wertminderung Abschreibungsverlauf nach Außerplanmäßiger Abschreibung Zuschreibung nach Wegfall des Wertminderungsgrundes
AHK
keine Zuschreibung um den außerplanmäßigen Abschreibungsbetrag bzZW – beizulegender Zeitwert
bzZW t2 bzZW t1
t1
t2
Nutzungsdauer
Wertminderung außerplanmäßige Abschreibung Wertminderungsgrund entfällt Wertaufholung / Zuschreibung
Abbildung 29: Wertminderung und Wertaufholung
Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH besitzt seit dem Jahr 01 eine Anlage zur Flaschenfertigung. Die AK betrugen 129.000 Euro (zuverlässig bestimmt). Die Nutzungsdauer beläuft sich auf 6 Jahre. Im Jahr 03 kam es zu einer Havarie, die die Leistungsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigte. Die M & T GmbH entschied sich jedoch gegen eine vollständige Reparatur, da die Anlage nur teilweise ausgelastet wurde. Die Wertminderung wurde mit 18.000 € beziffert. Zu Anfang des Jahres 05 entscheidet sich die M & T GmbH aufgrund einer geänderten Auftragslage, die Anlage wieder vollständig reparieren zu lassen und damit die ursprüngliche Leistungsfähigkeit wiederherzustellen.
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
145
Folgender Abschreibungsverlauf ergibt sich daraus: Jahr
Abschreibung
01
planmäßig 129.000 / 6 =
21.500
107.500
02
planmäßig 129.000 / 6 =
21.500
86.000
21.500 danach außerplanmäßig 18.000
46.500
planmäßig 46.500 / 4 =
11.625
34.875
04
planmäßig
11.625
23.250
05
zuerst planmäßig 11.625
03
03
Restbuchwert
zuerst planmäßig
danach Zuschreibung 9.625 06
Notizen
planmäßig
21.500
21.500 0
Basis für die Abschreibung in den Folgejahren
Grund für Wertminderung ist entfallen → Wertaufholung Bestimmung des Wertes aus den historischen AHK = 21.500 (Wertobergrenze für die Zuschreibung) ggf. 1,00 Euro Erinnerungswert
Aufgabe 8.3: Der Gesellschafter Müller hat einen unbefristeten Mietvertrag über ein Lagergebäude für die M & T GmbH abgeschlossen. Kann das Gebäude bilanziert werden? Aufgabe 8.4: Die Abteilung „Fertigungsvorbereitung und Werkzeuge“ in der M & T GmbH stellt für den neuen Lagerplatz eine Spezialregalanlage her. An Einzelkosten sind dabei angefallen: 2.500 € für Baustahl, 1.250 € für Bauholz; 3.125 € Einkaufspreis für Halterungen. Die zurechenbaren Materialgemeinkosten belaufen sich in der GmbH auf 23,8 %. An Fertigungslöhnen fielen 3.575 € an. Es wird mit einem Fertigungsgemeinkostenzuschlagssatz (inkl. der anteiligen Abschreibungen) von 195 % gerechnet. Von den Verwaltungskosten der Periode in Höhe von insgesamt 35.650 € würden 2,5 % auf die Herstellung des Regals entfallen. Vertriebskosten werden i. d. R. mit 3,75 % bezogen auf die Herstellungskosten kalkuliert. Mit welchen Werten kann das Lagerregal bilanziert werden? Aufgabe 8.5: Die Geschäftsführer Thurgau M & T GmbH erwarb mit Notarvertrag vom 01. 07. 01 einen Lagerplatz für Zwecke seines Unternehmens.
146
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Nutzen und Lasten gehen mit dem Datum des Notarvertrages auf die Müller & Thurgau GmbH über. Folgende Kosten sind entstanden: Kaufpreis Grundstück: 100.000 Übernommene Hypothekenschuld 30.000 Grundbuchkosten 700 Notarkosten, netto 1.000 Grunderwerbsteuer (an Ihrem Wohnort recherchieren!) __?__ Maklerhonorar, netto 8.000 Bodengutachten 3.000 Hypothekenzinsen für die übernommene Hypothekenschuld vom 01. 01. 01 bis 31. 12. 01 4.000 Vermittlungskosten für einen Zwischenkredit 100 500 Darlehenszinsen für den Zwischenkredit Übernahme der vom Verkäufer geschuldeten Grundsteuer 600 Die Hypothekenschuld ist zu jedem Monatsende hin mit einer Annuität von 1.000 Euro abzuzahlen. Welche Kosten sind den Anschaffungskosten des Grundstückes hinzuzurechnen? Bestimmen Sie bitte die AK des Grundstücks. Aufgabe 8.6: Die M & T GmbH kauft am 01. 07. 01 eine Maschine für 178.500 Euro (inkl. 19 % USt), wobei der Lieferant 8.880 Euro (netto) Rabatt gewährt. Die Maschine wird von einer Spedition geliefert, die dafür 1.080 Euro + 19 % USt berechnet. Zum Aufstellen der Maschine muss ein Fundament in der Werkshalle errichtet werden, das ein Bauunternehmen für 4.998 Euro (brutto) erstellt. Für die Montage der Maschine fallen noch einmal 3.600 Euro + 19 % USt an. Die Nutzungsdauer der Maschine beträgt 12 Jahre. Für die Finanzierung fallen Zinsen in Höhe von 375 Euro an, die vom Bankkonto abgebucht werden. Für die Maschine wird eine spezielle Betriebsunterbrechungsversicherung abgeschlossen. Der Jahresbeitrag in Höhe von 576 Euro wird am 15. 07. 01 abgebucht. Wie hoch sind die Anschaffungskosten (AK) der Maschine? Wie hoch ist der Bilanzansatz der Maschine am 31. 12. 01 bei linearer Abschreibung? Aufgabe 8.7: Die Anschaffungskosten einer Computeranlage der M & T GmbH betrugen ursprünglich 8.000 Euro. Es wurden bis zum Bilanzstichtag planmäßige Abschreibungen in Höhe von insgesamt 3.000 Euro vorgenommen. Durch eine Neuentwicklung auf dem Computermarkt sinkt der Wert auf 4.000 Euro. Wie ist die Computeranlage zu bewerten?
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
147
Aufgabe 8.8: Die M & T GmbH nutzt seit dem Jahr 01 eine Anlage zur Flaschenreinigung. Die AK betrugen 60.000 € (zuverlässig bestimmt). Die Nutzungsdauer beläuft sich auf 8 Jahre. Im Jahr 02 kam es zu einer Havarie, die die Leistungsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigte. Die GmbH entschied sich jedoch gegen eine vollständige Reparatur, da die Anlage nicht vollständig ausgelastet wurde. Die Wertminderung wurde mit 12.000 € beziffert. Zu Anfang des Jahres 05 entschied sich die GmbH aufgrund einer geänderten Auftragslage die Anlage wieder vollständig herrichten zu lassen und damit die ursprüngliche Leistungsfähigkeit wiederherzustellen. Erstellen Sie den Abschreibungsplan für die Anlage! 8.5.3 Vorräte Vorräte zählen neben den Sachanlagen in vielen Unternehmen zu den vielfältigsten Vermögenspositionen. Das betrifft sowohl den Groß- und Einzelhandel als auch das produzierende Gewerbe. Im Handel bilden die Vorräte in Form der Handelsware häufig den größten und wichtigsten Bilanzposten. In der Industrie hängt deren Bedeutung stark von der Fertigungstiefe und der Organisation der Prozesse ab. Die Neuorganisation der Produktionsabläufe führte in den vergangenen Jahren dazu, dass die Lagerung von Rohstoffen und Zulieferteilen auf die Vorproduzenten und die Logistikunternehmen übergegangen ist. Die Vorräte haben in diesen Unternehmen selbst ein eher unbedeutendes Ausmaß. Die Inventur und Bewertung der Vorratsposten stellt für das Management aufgrund der Vielzahl und Vielfältigkeit der Posten regelmäßig eine große Herausforderung dar. Das Handelsgesetzbuch erlaubt bei der Inventur und der Bewertung diverse Vereinfachungsverfahren. Die Vorräte zählen zum Umlaufvermögen (§ 266 (2) HGB). Es sind also Vermögenswerte, die nicht zum dauerhaften Verbleib im Unternehmen vorgesehen sind. Das HGB sieht im § 266 (2) B I folgende Gliederung der Vorräte vor: 1. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe; 2. unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen; 3. fertige Erzeugnisse und Waren; 4. geleistete Anzahlungen. Eine Erstbewertung von Vorratsposten trifft nur auf die eingekauften Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (RHB) und die Handelswaren (HW) zum Zeitpunkt des Erwerbs zu. Bei den unfertigen Erzeugnissen und Leistungen sowie den fertigen Erzeugnissen erfolgt die Bewertung i. d. R. nur zum jeweiligen Bilanzstichtag. Für die Bewertung der erstgenannten gelten die bereits vorgestellten Regeln zu den Anschaffungskosten.
148
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Von einer Folgebewertung i. e. S. kann nur bei den eingekauften Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen (RHB) und den Handelswaren (HW) gesprochen werden. Diese wurden im Laufe des Geschäftsjahres erworben. Der noch im Lager befindliche Bestand ist zu bewerten. Die unfertigen Erzeugnisse und Leistungen sowie die fertigen Erzeugnisse werden i. d. R. einmalig am Bilanzstichtag bewertet. Da es sich um Umlaufvermögen handelt, werden diese i. d. R. im Laufe des folgenden Geschäftsjahres fertiggestellt und veräußert. Eine erneute Bewertung ist also nicht erforderlich. Lediglich Erzeugnisse und Leistungen mit einem Fertigungszeitraum, der sich über mehrere Bilanzstichtage erstreckt, werden in der Folgeperiode erneut bewertet. Das trifft typischerweise auf Bauaufträge, auf den Anlagenbau und auch auf Softwareentwicklungsprojekte zu. Bei der Bewertung der im Lager befindlichen Vorräte (RHB, HW) ist zu beachten, dass die meisten dieser Güter regelmäßig im Laufe des Geschäftsjahres eingekauft werden, um einen Mindestlagerbestand zu halten, der für die Lieferfähigkeit notwendig ist. Die Einkaufspreise schwanken dabei, den Gesetzen des Marktes folgend, häufig. Im Rahmen der Inventur ist es vor allem bei Massen- und Schüttgütern praktisch kaum möglich und wirtschaftlich nicht vertretbar, den einzelnen Posten die ursprünglichen Einkaufspreise zu zuordnen. Der im § 252 Nr. 3 HGB festgelegte Grundsatz der Einzelbewertung kann daher nicht durchgängig eingehalten werden. Dieser Komplexität kommt das Handelsgesetzbuch mit den Bewertungsvereinfachungsverfahren im § 256 entgegen. Des Weiteren ist zu beachten, dass im Umlaufvermögen das strenge Niederstwertprinzip eingehalten werden muss. Vermögenswerte des Umlaufvermögens sind nach § 252 (4) HGB zum niedrigeren Wert, der aus dem Vergleich der AHK mit dem Markt- oder Börsenpreis ergibt anzusetzen. Werden bestimmte Vorratsposten nicht an einer Börse gehandelt oder existieren keine zugänglichen Informationen über entsprechende Marktpreise, gibt der § 255 (4) HGB eine Handlungsanweisung: Der beizulegende Zeitwert entspricht dem Marktpreis. Soweit kein aktiver Markt besteht, anhand dessen sich der Marktpreis ermitteln lässt, ist der beizulegende Zeitwert mithilfe allgemein anerkannter Bewertungsmethoden zu bestimmen. Lässt sich der beizulegende Zeitwert weder nach Satz 1 noch nach Satz 2 ermitteln, sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gemäß § 253 Abs. 4 fortzuführen. Der zuletzt nach Satz 1 oder 2 ermittelte beizulegende Zeitwert gilt als Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Sinn des Satzes 3. Eine der allgemein anerkannten Bewertungsmethoden ist die retrograde Methode, bei der z. B. für unfertige und fertige Erzeugnisse und Leistungen die Herstellungskosten aus den geplanten Verkaufspreisen rückwärts ausgerechnet werden. Alle noch anfallenden Kosten des Verkaufes und der Herstellung werden vom geplanten Verkaufspreis abgezogen. Ein durchschnittlicher Gewinn darf ebenfalls berücksichtigt werden.
149
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH hat am Bilanzstichtag 31. 12. 01 noch unfertige Erzeugnisse auf Lager, deren Herstellungskosten sich lt. Betriebsabrechnungsbogen auf 5.875 Euro pro Packungseinheit belaufen. Für die fertigen Erzeugnisse, in die die unfertigen Erzeugnisse eingehen sollen, rechnet die GmbH mit voraussichtlich erzielbaren Verkaufserlösen von 9.900 Euro pro Packungseinheit (PE). Die bis zur Umwandlung der unfertigen in die fertigen Erzeugnisse noch anfallenden Produktionskosten beziffert die GmbH auf 2.500 Euro pro PE. Weiterhin werden noch Verpackungskosten in Höhe von 750 Euro, Kosten für Ausgangsfrachten von 200 Euro und anteilige allgemeine Verwaltungskosten von 550 Euro jeweils pro PE anfallen. Die voraussichtlichen Erlösschmälerungen schätzt die GmbH auf 200 Euro pro PE. Der durchschnittliche Gewinn beträgt für diese Produktgruppe 10 % vom voraussichtlichen Verkaufserlös. Mit welchem Wert können diese unfertigen Erzeugnisse in der Bilanz bewertet werden? Voraussichtlicher Verkaufserlös (pro PE) ./. noch anfallende Produktionskosten ./ Verpackungskosten
9.900 2.500 50
./. Ausgangsfrachten
200
./. anteilige allgemeine Verwaltungskosten
550
./. voraussichtliche Erlösschmälerungen
200
./. durchschnittlicher Gewinn bzgl. Verkaufserlös = beizulegender Wert (pro PE)
990 = 4.710
Der ausgerechnete Wert von 4.710 Euro pro PE liegt unter den im Betriebsabrechnungsbogen ausgewiesenen 5.875 Euro pro PE. Nach § 253 (4) HGB werden die unfertigen Erzeugnisse der M & T GmbH mit dem niedrigeren Wert von 4.710 Euro pro PE bewertet. Die obige Berechnung gehört mit zu den Inventurunterlagen und ist 10 Jahre lang aufzubewahren. Aufgabe 8.9: Die M & T GmbH hat am Bilanzstichtag 31. 12. 01 noch 8.000 Stück unfertige Erzeugnisse auf Lager, deren Herstellungskosten sich lt. Betriebsabrechnungsbogen auf 6,00 Euro / Stück belaufen. Für die fertigen Erzeugnisse, in die die unfertigen Erzeugnisse eingehen sollen, rechnet die GmbH mit voraussichtlich erzielbaren Verkaufserlösen von 9,99 Euro pro Stück. Die bis zur Umwandlung der unfertigen in die fertigen Erzeugnisse noch anfallenden Produktionskosten beziffert die GmbH auf voraussichtlich 2,15 Euro / Stück. Weiterhin werden noch Verpackungskosten in Höhe von 0,57 Euro, Kosten für Ausgangsfrachten von 0,19 Euro und anteilige allgemeine Verwaltungskosten von 0,45 Euro jeweils pro Stück anfallen. Die voraussichtlichen Erlösschmälerungen schätzt die GmbH auf 0,20 Euro / Stück. Die M & T GmbH kalkuliert mit einem durchschnittlichen Unternehmergewinn in Höhe von 8 % der voraussichtlichen Verkaufserlöse. Mit welchem Wert sind die unfertigen Erzeugnisse in der Bilanz der GmbH anzusetzen?
150
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Verbrauchsfolgeverfahren Insbesondere durch die Vielzahl der Vorratsposten ist die Bewertung zeitaufwendig, selbst wenn die Vorratsquote gering ist. Aus diesem Grund dürfen Bewertungsvereinfachungsverfahren angewendet werden, wie im § 256 HGB beschrieben: „Soweit es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht, kann für den Wertansatz gleichartiger Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens unterstellt werden, dass die zuerst oder dass die zuletzt angeschafften oder hergestellten Vermögensgegenstände zuerst verbraucht oder veräußert worden sind. § 240 Abs. 3 und 4 ist auch auf den Jahresabschluss anwendbar.“ Damit sind sogenannte Verbrauchsfolgeverfahren angesprochen. Nach § 256 HGB werden die beiden Verfahren LIFO und FIFO zugelassen. Gleichartige Vermögensgegenstände werden gruppenweise zusammengefasst. Es wird eine bestimmte Folge des Verbrauchs oder der Veräußerung unterstellt, wobei die fiktive Verbrauchsfolge nicht mit der tatsächlichen übereinzustimmen braucht. LIFO-Verfahren (Last In – First Out): Die jeweils zuletzt beschafften oder hergestellten Bestände werden als zuerst verbraucht bzw. veräußert unterstellt. Daher sind die zuerst beschafften oder hergestellten Vorräte als am Lager vorhanden zu unterstellen und mit ihren Anschaffungskosten zu bewerten. Bei fallenden Preisen werden die Bestände am Bilanzstichtag mit höheren Werten als den Wiederbeschaffungskosten angesetzt, was zu einer Überbewertung führen würde. Bei steigenden Preisen ergeben sich entsprechend stille Reserven, da die Bestände zu Werten unter den Wiederbeschaffungskosten ausgewiesen werden. FIFO-Verfahren (First In – First Out): Die jeweils ältesten Bestände werden als zuerst verbraucht bzw. veräußert unterstellt. Daher sind die zuletzt beschafften oder hergestellten Vorräte als am Lager vorhanden zu unterstellen und mit ihren Anschaffungskosten zu bewerten. Bei sinkenden und steigenden Preisen ergibt sich eine umgekehrte Wirkung im Vergleich zum LIFO-Verfahren. Grundsätzlich kann man einfache und permanente LIFO- und FIFO-Verfahren unterscheiden. Eine weitere Vereinfachung bei der Bewertung ergibt sich aus dem § 240 (3) HGB: „Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe können, wenn sie regelmäßig ersetzt werden und ihr Gesamtwert für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist, mit einer gleich bleibenden Menge und einem gleich bleibenden Wert angesetzt werden, sofern ihr Bestand in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt. Jedoch ist in der Regel alle drei Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme durchzuführen.“
151
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
Damit ist die sogenannte Festbewertung angesprochen, die z. B. bei Schalungsteilen im Bau oder Geschirr im Hotel- und Gaststättengewerbe angewendet werden darf. Außerdem kann bei der Bewertung auf Durchschnittswerte zurückgegriffen werden, wie das im § 240 (4) HGB aufgeführt ist: „Gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände und Schulden können jeweils zu einer Gruppe zusammengefasst und mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden.“ Es sind zwei Möglichkeiten der Durchschnittswertermittlung zu unterscheiden: Gewogener Durchschnitt: Am Ende des Geschäftsjahres wird aus den Anfangsbeständen und Zugängen während des Geschäftsjahres ein gewogener Durchschnitt gebildet, mit dem sowohl die Abgänge während des Geschäftsjahres als auch der Endbestand bewertet werden. Gleitender gewogener Durchschnitt: Diese Methode ist eine Verfeinerung der gewogenen Durchschnittsmethode. Nach jedem Zugang wird ein neuer Durchschnitt errechnet, der zur Bewertung der Abgänge bis zum nächsten Zugang herangezogen wird. Tabelle 7 Bewertungsvereinfachungen nach HGB Bewertung
HGB
Wirtschaftsgüter
Voraussetzungen
Wertansatz
Festwert
§ 240 (3)
AV, RHB-Stoffe
regelmäßiger Ersatz, Gesamtwert nachrangig, Inventur nach 3 Jahren
gleichbleibender Wert für 3 Jahre
Durchschnittswert
§ 240 (4)
Vorräte, bewegliches Vermögen, Schulden
Gleichartigkeit oder annähernde Gleichwertigkeit
Periodischer oder gleitender gewogener Durchschnitt
Verbrauchs folgeverfahren
§ 256
Vorräte
Gleichartigkeit
FIFO oder LIFO
Beispiel: Für die Berechnung des periodischen und des permanenten Durchschnittswertes und zur Anwendung der Verbrauchsfolgeverfahren LIFO und FIFO dient das folgende Zahlenbeispiel. Für eine Rohstoffposition bei der Müller & Thurgau GmbH wurden folgende Einkäufe (Zugänge) und Verbräuche erfasst:
152
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Datum
Menge (kg)
Vorgang
Einzelpreis (Euro / kg)
Wert (Euro)
01.01.
Anfangsbestand
150
14,70
2.205
10.03.
+ Zugang
+ 350
15,50
5.425
15.05.
./. Abgang / Verbrauch
./. 400
20.07.
+ Zugang
+ 300
15,90
4.770
25.09.
./. Abgang / Verbrauch
./. 150
31.12.
= Endbestand
250
Der Markt- oder Börsenwert des Rohstoffs am 31.12. beträgt 15,30 Euro / kg. 1. Periodische Durchschnittswertermittlung PERIODISCHE DURCHSCHNITTSWERTERMITTLUNG Datum
Menge (kg)
Vorgang
Einzelpreis (Euro / kg)
Wert (Euro)
01.01.
Anfangsbestand
150
14,70
2.205
10.03.
+ Zugang
+ 350
15,50
5.425
15.05.
./. Abgang / Verbrauch
./. 400
20.07.
+ Zugang
+ 300
15,90
4.770
25.09.
./. Abgang / Verbrauch
./. 150
31.12.
= Endbestand
250 Summe
Durchschnittswert Bilanzwert
800
12.400
12.400 / 800 = 15,50 Euro / kg 250 kg × 15,50 Euro / kg = 3.875 Euro
Der Wert des Endbestandes in Höhe von 3.875 Euro ergibt sich aus dem Durchschnittswert von 15,50 Euro / ME multipliziert mit der Menge am 31.12. 2. Permanente Durchschnittswertermittlung PERMANENTE DURCHSCHNITTSWERTERMITTLUNG Datum
Vorgang
01.01.
Anfangsbestand
10.03.
+ Zugang
15.05.
= Bestand 20.07.
Menge (ME)
Einzelpreis
Wert
150
14,70
2.205
+ 350
15,50
5.425
= Bestand
= 500
= 15,26
= 7.630
./. Abgang / Verbrauch
./. 400
15,26
./. 6.104
= 100
15,26
= 1.526
+ Zugang
+ 300
15,90
+ 4.770
= Bestand
= 400
= 15,74
= 6.296
25.09.
./. Abgang / Verbrauch
./. 150
15,74
./. 2.361
31.12.
= Endbestand
= 250
15,74
= 3.935
153
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
Der Wert des Endbestandes in Höhe von 3.935 Euro ergibt sich aus dem gleitenden Durchschnittswert von 15,74 Euro / kg multipliziert mit der Menge am 31.12. 3. Verbrauchsfolgeverfahren LIFO LIFO-VERFAHREN Menge (kg)
Datum
Vorgang
01.01.
Anfangsbestand
10.03.
+ Zugang
20.07.
+ Zugang ./. Abgang / Verbrauch
./. 550
31.12.
14,70
= Endbestand
Einzelpreis (Euro / kg)
Wert (Euro)
14,70
2.205
+ 350
15,50
5.425
+ 300
15,90
4.770
14,70
2.205
15,50
1.550
250
Der Endbestand besteht aus dem Anfangsbestand + 100 kg aus dem Zugang vom 10.03
150 100
= 3.755
Der Wert des Endbestandes in Höhe von 3.755 Euro ist die Basis für den Bilanzansatz. 4. Verbrauchsfolgeverfahren FIFO FIFO-VERFAHREN Datum
Vorgang
Menge (kg)
Einzelpreis (Euro / kg)
Wert (Euro)
01.01.
Anfangsbestand
150
14,70
2.205
10.03.
+ Zugang
+ 350
15,50
5.425
20.07.
+ Zugang
+ 300
15,90
4.770
./. Abgang
./. 550
15,90
3.925
31.12.
= Endbestand
250
Der Endbestand stammt aus dem letzten Zugang
250
Der Wert des Endbestandes in Höhe von 3.925 Euro ist die Basis für den Bilanzansatz. Dem Vorsichtsprinzip folgend muss im Beispiel ein niedrigerer Börsen- oder Marktpreis als Vergleichsgröße herangezogen werden. Wenn dieser niedriger ist als die ermittelten Werte, ist auf diesen abzuwerten (strenges Niederstwertprinzip im Umlaufvermögen nach § 253 (3) HGB). Der bei der periodischen Durchschnittswertermittlung ermittelte Wert beträgt 15,50 und ist höher als der Markt- oder Börsenpreis. Es ist auf diesen abzuwerten.
154
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Der Bilanzwert beläuft sich demzufolge auf 15,30 Euro / kg × 250 kg = 3.825 Euro. Das gleiche gilt für die permanente Durchschnittswertermittlung. Beim LIFO-Verfahren ist der ermittelt Wert kleiner (3.755 < 3.825). Es ist keine Wertminderung zu erfassen. Das FIFO-Verfahren führt mit 3.925 Euro zu einem höheren Wert. Es muss als eine Abwertung auf 3.825 vorgenommen werden. Es ist zu beachten, dass das einmal gewählte Bewertungsverfahren beizubehalten ist (Bewertungsstetigkeit nach § 252 (6) HGB). Welches der Verfahren zur Bewertung des Endbestandes herangezogen wird, ist im Anhang aufzuführen. Aufgabe 8.10: Zum Bilanzstichtag 31. 12. 01 hat die M & T GmbH noch einen Bestand von 250 t Quarzsand auf Lager. Im Wirtschaftsjahr wurden folgende Einkäufe getätigt (am Jahresanfang war das Lager leer): 11. 10. 01 09. 11. 01 02. 12. 01
200 t 125 t 100 t
2.000 Euro / t 2.200 Euro / t 2.150 Euro / t
Mit welchem Wert ist der Posten Quarzsand in der Bilanz nach LIFOVerfahren, FIFO-Verfahren und dem gewogenen Durchschnittswertverfahren anzusetzen, wenn der Marktpreis für den Quarzsand am 31. 12. 01 bei 2.070 Euro / t liegt? Aufgabe 8.11: Für den Betrieb eines Glasschmelzofens befinden sich zum 31. 12. 01 noch 6.000 t Koks auf Lager der M & T GmbH. Der Anfangsbestand zum 01. 01. 01 beträgt 2.000 t, die mit 20 Euro / t angesetzt sind. Im Wirtschaftsjahr 01 sind folgende Zukäufe getätigt worden: 19. 01. 01 23. 02. 01 09. 03. 01
5.000 Tonnen 2.000 Tonnen 5.500 Tonnen
22 Euro / t 24 Euro / t 25 Euro / t.
Mit welchem Wert ist der Posten Koks in der Bilanz zum 31. 12. 01 nach FIFO-Verfahren und dem gewogenen Durchschnittswertverfahren anzusetzen, wenn der Marktpreis für den Koks am 31. 12. 01 bei 24,50 Euro / t liegt?
155
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
8.5.4 Bewertung der Forderungen Die kritische Durchsicht der Offenen Postenliste der Debitoren ist eine laufende Aufgabe, um bei Zahlungsverzug rechtzeitig Maßnahmen ergreifen zu können. Zum Bilanzstichtag wird diese Aufgabe noch wichtiger, geht es doch um die Einschätzung der Werthaltigkeit der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, die auf der Aktivseite der Bilanz als Vermögen ausgewiesen werden. Die Einteilung und Bewertung von Forderungen ist in der Abbildung 30 zusammengefasst. Forderungen
Einzelforderung sicher ausgefallen
Einzelforderung unsicher
Forderungsbestand (teilweise unsicher)
Ausbuchen der Forderung + Korrektur der USt
Schätzung des anteiligen Forderungsausfalls → Einzelwertberichtigung, kein USt-Korrektur
Pauschalwertberichtigung aus Erfahrungswert, keine USt-Korrektur
bei Teilzahlungseingang:, Ausbuchen der Restforderung mit USt-Korrektur
bei Vollausfall: Ausbuchung mit USt-Korrektur Abbildung 30: Einteilung der Forderungen am Bilanzstichtag
Uneinbringliche Forderungen Als uneinbringlich wird eine Forderung bezeichnet, deren Ausfall feststeht, weil z. B. das Insolvenzverfahren abgeschlossen oder mangels Masse erst gar nicht durchgeführt wurde, bei erfolgloser Pfändung oder Verjährung der Forderung. Da eine uneinbringliche Forderung keinen Vermögenswert mehr darstellt, ist sie voll abzuschreiben. Die im Forderungsbetrag enthaltene Umsatzsteuer wird dabei nach § 17 (2) UStG berichtigt „…wenn 1. das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen.“
156
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH hatte im September des Jahres 01 eine Lieferung an die BioSaft Ltd. mit Sitz in Frankfurt / Oder (einen neuen Kunden) getätigt. Die Rechnung beläuft sich auf 28.900 Euro netto zuzüglich 19 % USt und war am 10. Oktober fällig. Auf Mahnungen reagierte der Kunde nicht. Es wurde ein Anwalt hinzugezogen, doch die BioSaft Ltd. ist unter der angegebenen Adresse nicht bekannt und auch nicht ins Handelsregister eingetragen. Telefon- und Internetanschlüsse funktionieren nicht mehr. Der Gesellschafter Müller informierte die Staatsanwaltschaft, Abteilung Wirtschaftskriminalität über die Recherche des Rechtsanwaltes und gibt die Anweisung ans Rechnungswesen, diese Forderung abzuschreiben. Buchungssatz Forderungsverlust 28.900 Umsatzsteuer
5.491
an
Forderungen aLL gegen BioSaft Ltd.
34.391
Damit bucht die Müller & Thurgau GmbH einen Aufwand genau in Höhe des im September aufgezeichneten Ertrages. Zweifelhafte Forderungen Wurden zum Bilanzstichtag Forderungen festgestellt, deren Zahlungsziele bereits überschritten sind, ist einzuschätzen, in wie weit der Kunde doch noch zahlen wird. Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, die zum einen vom Unternehmen und vom Kunden beeinflussbar sind, z. T. aber auch nicht. Solche Forderungen können auf das Konto Zweifelhafte Forderungen umgebucht werden. In der Debitorenbuchhaltung werden für diese Kundenkonten Mahnungen erstellt, Liefersperren eingerichtet u. ä Maßnahmen ergriffen. Der nach vernünftigen kaufmännischen Erwägungen geschätzte Ausfallbetrag einer zweifelhaften Forderung wird wertberichtigt. Die Wertberichtigung erfolgt dabei vom Nettobetrag der Forderung und wird über das Wertberichtigungskonto „Einzelwertberichtigung auf Forderungen (EWB)“ erfasst. Das hat den Vorteil, dass in der Buchführung immer die volle Höhe der Forderung und auch der Abschreibungsbetrag auf diese Forderung erkennbar sind. Der Wertberichtigungsbetrag wird auf dem Aufwandskonto „Einstellung in EWB“ gebucht. Beispiel: Der Debitor Weinkellerei Josef Huber hat eine am 15. Dezember fällige Rechnung über netto 6.450 Euro nicht bezahlt. Er hat auf die Mahnung nicht reagiert und ist auch telefonisch nicht zu erreichen. Bisher wurde jede Rechnung bezahlt, wenn auch in den letzten zwei Monaten mit immer größerer Verzögerung. Es wird deshalb davon ausgegangen, dass sich die Liquiditätsprobleme des Kunden eher noch vergrößert haben. Deshalb wird ein Ausfall von einem Drittel der Forderung geschätzt.
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
157
Der Wertberichtigungsbetrag wird von der Nettoforderung berechnet: 1/3 von 6.450 Euro entspricht einem Betrag von 2.150 Euro und wird am 31. 12. 01 erfasst: Buchungssatz Einstellung in EWB
2.150
an
EWB auf Forderungen gg.
Weinkellerei Huber
erfolgswirksam in der GuV
Bestandskonto der Bilanz
2.150
Für jede einzeln wertberichtigte Forderung wird ein spezielles Konto EWB zu Forderungen in der Buchführung eingerichtet, um eine eindeutige Zuordnung der Abschreibungsbeträge und der späteren Zahlungen vorzunehmen. Das Aufwandskonto Einstellung in EWB wird zum 31.12. über GuV abgeschlossen. Das passive Bestandskonto EWB zu Forderungen wird über das SBK abgeschlossen und somit steht im neuen Jahr der Betrag von 2.150 Euro als Anfangsbestand auf diesem Konto. Von der Weinkellerei Josef Huber sollen im Jahre 02 folgende Zahlungen eingehen: a) Entsprechend einer im Januar abgeschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung wird zum jeweiligen Monatsende hin ein Betrag von 1.000 Euro gezahlt. b) Es erfolgte eine Bankgutschrift von 3.000 Euro zum 1. Februar, danach keine weitere Zahlung. Im Mai wurde die Weinkellerei geschlossen. c) Ein angekündigter Zahlungseingang konnte nicht festgestellt werden. Dafür war in den Mitteilungen des Amtsgerichtes zu lesen, dass die Weinkellerei Josef Huber einen Insolvenzantrag gestellt hat, der mangels Masse abgelehnt wurde. Fall a) Der monatliche Geldeingang von 1.000 Euro wird bei Gutschrift auf dem Bankkonto zum jeweiligen Monatsende erfasst. Buchungssatz Bank
1.000,00
an
Forderungen gg. Weinkellerei Huber
1.000,00
Die Restzahlung Ende August 02 in Höhe von 675,50 Euro wird ebenso gebucht. Buchungssatz Bank
675,50
an
Forderungen gg. Weinkellerei Huber
675,50
158
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Mit dieser letzten Zahlung ist die Forderung in Höhe von 7.675,50 Euro beglichen. Eventuell vereinbarte Zinszahlungen wegen verspäteter Zahlung werden als Zinsen und ähnliche Erträge gebucht. Nach dem Ausgleich der Forderung muss nun noch die im Vorjahr vorgenommene Wertberichtigung auf diese Forderung aufgelöst werden. Die Auflösung erfolgt ertragswirksam auf dem Konto „Erträge aus der Herabsetzung von EWB auf Forderungen“. Buchungssatz EWB auf Forderungen Weinkellerei Huber
2.150,00
an
Erträge aus der Herabsetzung der EWB auf Forderungen 2.150,00
Damit sind alle erforderlichen Buchungen abgeschlossen. Der im Jahr 01 als Aufwand gebuchte geschätzte Ausfall in Höhe von 2.150 Euro wird bei vollständiger Zahlung des Kunden im Jahr 02 ein Ertrag in gleicher Höhe. Fall b) Zahlungseingang am 01. 02. 02 von 3.000 Euro als erste und einzige Zahlung: Buchungssatz Bank
3.000
an
Forderungen gg. Weinkellerei Huber
3.000
In der praktischen Buchhaltung wird nun wie folgt vorgegangen. Die ausgefallene Restforderung in Höhe von 4.675,50 Euro (inkl. USt) wird aufwandswirksam aufgelöst und die Umsatzsteuer korrigiert. Buchungssatz Forderungsverlust 3.928,99 Umsatzsteuer
746,51
an
Forderungen gg. Weinkellerei Huber
4.675,50
Die Einzelwertberichtigung wird ertragswirksam aufgelöst. Buchungssatz EWB auf Forderungen Weinkellerei Huber
2.150,00
an
Erträge aus der Herabsetzung der EWB auf Forderungen 2.150,00
Damit wird im Saldo der Forderungsverlust erfasst und die USt. korrigiert.
159
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
Die Berechnung des eingetretenen Forderungsausfalles verdeutlicht das nochmals: Bruttobetrag
Nettobetrag
USt
Forderung
7.675,50
6.450,00
1.225,50
Geldeingang
3.000,00
2.521,01
478,99
Auflösung EWB
2.150,00
2.150,00
Ausfall
2.525,50
1.778,99
746,51
Der gesamte Ausfall der Forderung setzt sich zusammen aus einem Aufwand in Höhe des Nettobetrages von 1.778,99 Euro und der USt-Korrektur in Höhe von 746,51 Euro. Fall c) Es erfolgt keinerlei Zahlung von der Weinkellerei Josef Huber. Damit wird diese Forderung uneinbringlich und ist abzuschreiben. Buchungssatz Forderungsverlust 6.450,00 Umsatzsteuer
1.225,50
an
Forderungen gg. Weinkellerei Huber
7.675,50
Die Einzelwertberichtigung wird ertragswirksam aufgelöst. Buchungssatz EWB auf Forderungen Weinkellerei Huber
2.150,00
an
Erträge aus der Herabsetzung der EWB auf Forderungen 2.150,00
Damit wird im Saldo der Forderungsverlust erfasst und die USt. korrigiert. Die Berechnung des Ausfalls fasst das zusammen. Bruttobetrag
Nettobetrag
USt
7.675,50
6.450,00
1.225,50
0
0
0
Auflösung EWB
2.150,00
2.150,00
Ausfall
5.525,50
4.300,00
Forderung Geldeingang
1.225,50
Pauschalwertberichtigung auf Forderungen Im Bestand der einwandfreien Forderungen zum Bilanzstichtag können sich durchaus Forderungen befinden, die im nachfolgenden Geschäftsjahr zu keinem Geldeingang führen. Aus der betrieblichen Erfahrung und durch den Nachweis der entsprechenden Sachverhalte in der Buchführung lässt sich ein Prozentsatz
160
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
bestimmen, der das allgemeine Ausfallrisiko der Forderungen berücksichtigt. Dieser durchschnittliche Ausfallprozentsatz der letzten drei bis fünf Jahre wird dann auf den Nettobestand der einwandfreien Forderungen bezogen und in Form einer indirekten Abschreibung auf dem Konto „Pauschalwertberichtigung auf Forderungen (PWB)“ erfasst. Buchungssatz Einstellung in Pauschalwertberichtigung an
Pauschalwertberichtigung auf Forderungen
Ertragswirksam in der GuV
Bestandskonto der Bilanz
Das Konto „Einstellung in Pauschalwertberichtigung“ ist ein Aufwandskonto und wird über GuV abgeschlossen. Der Saldo des passiven Bestandskontos Pauschalwertberichtigung auf Forderungen erscheint im SBK und damit über das EBK als Anfangsbestand im nächsten Jahr auf dem Konto PWB zu Forderungen. Fallen dann in dem neuen Geschäftsjahr Forderungen aus, werden sie direkt abgeschrieben. Das Konto PWB zu Forderungen wird zum nächsten Bilanzstichtag an den neuen Forderungsbestand und / oder den neuen Ausfallprozentsatz angepasst. Damit ergeben sich die in der Tabelle 8 dargestellten Möglichkeiten. Tabelle 8 Anpassung der Pauschalwertberichtigung Benötigte PWB ist größer als der Anfangsbestand
Benötigte Pauschalwertberichtigung ist kleiner als Anfangsbestand
Ursache
höherer Forderungsbestand und / oder höherer Ausfallprozentsatz
niedrigerer Forderungsbestand und / oder niedrigerer Ausfall prozentsatz
Maßnahme
PWB erhöhen
PWB herabsetzen
Buchungssatz
Einstellung in PWB an PWB auf Forderungen
PWB zu Forderungen an Erträge aus der Herabsetzung von Wert berichtigungen auf Forderungen
Auswirkung auf den Erfolg
Aufwandskonto Einstellung in PWB mindert den Erfolg
Ertragskonto Erträge aus Herab setzung Wertberichtigungen auf Forderungen erhöht den Erfolg
Ein Beispiel zur Berechnung der PWB mit Erläuterungen soll die Anwendung von in der Praxis verwendeten Excel-Tabellen3 zeigen (siehe Abbildung 31). 3
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Im Beispiel gehen die Forderungen i. d .R. innerhalb von 2 Mon. ein. Der aktuelle Zinssatz des Kontokorrents liegt bei 9 %.
Im Beispiel werden 20 % einer Warengruppe, die 5 % der Umsätze ausmacht, reklamiert. Die Wertminderung des Postens liegt bei 50 %.
Im Beispiel müssen 30 % der Umsätze angemahnt werden mit einem Aufwand von 1 % der Nettowerte.
Im Beispiel werden 50 % der Umsätze mit Skontoabzug 2 % gezahlt.
Anzusetzen sind die Durchschnittswerte aus den vergangenen Geschäftsjahren, die entsprechend hochgerechnet werden.
30,00 %
5,00 %
50,00 %
Mahn-, Prozess- und Einziehungskosten (% der Umsatzerlöse ohne Barerlöse)
Retouren (%-Anteil der Warengruppe am Gesamtumsatz, %-Anteil der Retouren in der Warengruppe)
Zinsverlust (% der Nettoumsätze ohne Barverkäufe, die nach Ablauf der Skontofrist innerhalb von durchschnittlich X Monaten bezahlt werden, der Überziehungszinssatz beträgt Y % p. a.)
2 Monate
20,00 %
9,00 %
50,00 %
Wert minderung bzw. Zinssatz 2,00 %
Vorjahr bzw. aktuelle Neuwerte
1,00 %
2,00 %
10,00 %
Abbildung 31: Formblatt zur Berechnung der Pauschalwertberichtigung
In vielen Fällen lohnt sich eine detaillierte Forderungsanalyse, um die pauschale Wertberichtigung nachzuweisen.
4,75 %
0,75 %
0,50 %
0,30 %
1,00 %
2,20 %
GesamtÄnderungsbedarf zum wertberichVorjahr tigung
Pauschalwertberichtigung auf die gesamten Nettoforderungen
50,00 %
betroffener Anteil am Umsatzanteil Gruppenam Gesamt- umsatz bzw. umsatz Monate
Preisnachlässe (% der Umsatzerlöse, bei denen Skonto gezogen wird)
Allgemeines Ausfallrisiko (% der Nettoerlöse ohne Barverkäufe)
Risiken zur Wertberichtigung
Pauschalwertberichtigung auf die Forderungen Gesamtwertberichtigung
Mit der Pauschalwertberichtigung kann man an einzelnen Forderungen noch nicht zuordenbare Ausfallrisiken, Erlösschmälerungen (Skonti), Zinsverluste wegen verspäteter Zahlung und Mahnkosten innerhalb des gesamten Forderungsbestandes berücksichtigen. AIs Maßstab dieses pauschalen Risikos gilt der Nettoumsatz des gesamten Jahres abzüglich der einzelwertberichtigten Forderungen und Barumsätze. Bei Betriebsprüfungen bleiben bis zu 1% Wertberichtigung auf die ausstehenden Forderungen auch ohne Nachweis unbeanstandet oder der Ansatz wird generell verworfen
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
161
162
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Der so berechnete Ausfallprozentsatz wird auf den Bestand der Forderungen angewendet. Die notwendige Höhe der PWB wird mit dem bereits auf dem Konto PWB auf Forderungen vorhandenem Anfangsbestand verglichen. Aufgabe 8.12: Ergänzen Sie die Informationen zu den angegebenen Konten! Konto
Art des Kontos
Einzelwertberichtigung auf Forderungen Pauschalwertberichtigung auf Forderungen Einstellung in die EWB auf Forderungen Einstellung in die PWB auf Forderungen Forderungsverlust Erträge aus der Herabsetzung der PWB auf Forderungen Erträge aus der Herabsetzung der EWB auf Forderungen Erträge aus abgeschriebenen Forderungen
Aufgabe 8.13: Die Franken Brunnen GmbH hat am Bilanzstichtag 31. 12. 01 Forderungen aus Warenlieferungen i. H. v. 464.100 Euro inkl. 19 % USt. Eine Forderung i. H. v. brutto 59.500 Euro ist trotz mehrfacher Mahnung bis zum Bilanzstichtag nicht eingegangen. Die GmbH führt eine Einzelwertberichtigung i. H. v. 20 % durch. In den vergangenen Jahren sind 1,5 % des wirtschaftlichen Umsatzes aus Zielverkäufen nicht bezahlt worden. Bestimmen Sie die Höhe der Abschreibung auf den Forderungsbestand der GmbH. Führen Sie zuerst die Einzelwertberichtigung durch und nehmen Sie die erforderlichen Buchungen vor. Berechnen und buchen Sie dann die Pauschalwertberich tigung, wenn der Anfangsbestand auf dem Konto PWB a) 2.150 Euro bzw. b) 6. 300 Euro beträgt. Aufgabe 8.14: Zum 31. 12. 01 bestehen bei der Edelstahlt AG (Tochter der M & T GmbH) Forderungen aLL in Höhe von brutto 454.350 Euro. Darin enthalten sind Forderungen aus Drittlandlieferung in Höhe 20.000 Euro und zweifelhafte inländische Forderungen im Wert von 17.850 Euro (brutto). Der Umsatzsteuersatz beträgt 19 %. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre wird mit einem Forderungsausfall von 1,5 % gerechnet. Wie ist dieser Sachverhalt im Jahresabschluss 01 der Edelstahl AG zu berücksichtigen, wenn erstmals eine pauschale Wertberichtigung vorgenommen wird? Wie wirkt sich dieser Vorgang auf den Jahresüberschuss aus? Bezüglich der Bewertung von Fremdwährungsforderungen und Fremdwährungsschulden gibt der § 256a HGB an, wie zu verfahren ist: „Auf fremde Währung lautende Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten sind zum Devisenkassa-
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
163
mittelkurs am Abschlussstichtag umzurechnen. Bei einer Restlaufzeit von einem Jahr oder weniger sind § 253 Abs. 1 Satz 1 und § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 nicht anzuwenden.“ Die Beträge werden i. d. R. beim erstmaligen Erfassen der Geschäftsfälle zum geltenden Devisenkassamittelkurs umgerechnet. Zum Bilanzstichtag ist nun zu prüfen, ob sich der Umrechnungskurs geändert hat. Die Fremdwährungsforderungen und -schulden sind mit dem Wert anzusetzen, der sich aus dem Devisenkassamittelkurs zum 31.12. ergibt. Durch Kursänderungen verursachte Gewinne oder Verluste werden unmittelbar ergebniswirksam in der GuV erfasst. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH stellte am 18. 12. 01 einem Schweizer Kunden eine Rechnung über 120.000 CHF. Zahlungstermin ist der 10. 01. 02. Die Umrechnungs-Kurse lauten wie folgt:
18. 12. 01
31. 12. 01
Devisenkassamittelkurs
1 Euro = 1,098 CHF
1,086 CHF
Die Rechnung wird am 18. 12. 01 zum geltenden Umtauschkurs erfasst und in den Offenen Posten ausgewiesen: Forderungen gegenüber Drittlandkunden CH:
109.289,61 Euro
Zum Bilanzstichtag ist der offene Posten mit dem geltenden Devisenkassamittelkurs zu bewerten: Forderungen gegenüber Drittlandkunden CH:
110.497,23 Euro
Der sich ergebende positive Differenzbetrag i. H. v. 1.207,62 Euro ist in diesem Fall als Ertrag aus Währungsumrechnungen zu erfassen. Das strenge Niederstwertprinzip gilt in diesem Zusammenhang nicht. Der im Prinzip erst mit der Zahlung durch den Kunden im Folgejahr realisierter Gewinn darf hier schon erfasst werden.
8.5.5 Das Eigenkapital Das Eigenkapital wird grundsätzlich als Differenz aus Vermögen und Schulden ermittelt. Es ist eine Residualgröße, die rein rechnerisch ermittelt wird. Neben dieser rechnerischen Ermittlung ist das Eigenkapital aufgrund des Prinzips der doppelten Buchführung mit der Gewinnermittlung in der GuV verknüpft. Der dort ermittelte Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag wird beim Erstellen des Jahresabschlusses in das Eigenkapital übertragen. Auch alle bei der Bewertung ermittelten Aufwendungen und Erträge schlagen sich in der GuV nieder, so dass letztendlich im Kreislauf der Buchführung der Erfolg aus der GuV der Veränderung des Eigenkapitals entspricht.
164
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Handelsrechtlich wird im § 247 (1) HGB, der für alle Kaufleute gilt, nur der Begriff Eigenkapital verwendet. Es wird darauf hingewiesen, dass dieses hinreichend aufzugliedern ist (§ 247 (2) HGB). In der Praxis orientiert man sich an der für Kapitalgesellschaften geltenden Regelung des § 266 (3) HGB, da diese in angepasster Form i. d. R. auch bei den anderen Rechtsformen genutzt wird. Das HGB sieht im § 266 (3) A folgende Gliederung des Eigenkapital vor: I. Gezeichnetes Kapital; II. Kapitalrücklage; III. Gewinnrücklagen: 1. gesetzliche Rücklage; 2. Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen; 3. satzungsmäßige Rücklagen; 4. andere Gewinnrücklagen; IV. Gewinnvortrag / Verlustvortrag; V. Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag. Im § 272 HGB werden die Positionen erläutert: Gezeichnetes Kapital Das gezeichnete Kapital ist das Kapital, auf das die Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft gegenüber den Gläubigern beschränkt ist. Nach § 272 (1) HGB ist es mit dem Nennbetrag anzusetzen. Wenn das gezeichnete Kapital noch nicht vollständig von den Gesellschaftern der Kapitalgesellschaft eingezahlt wurde, ist wie folgt zu verfahren: „Die nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen auf das gezeichnete Kapital sind von dem Posten „Gezeichnetes Kapital“ offen abzusetzen; der verbleibende Betrag ist als Posten „Eingefordertes Kapital“ in der Hauptspalte der Passivseite auszuweisen; der eingeforderte, aber noch nicht eingezahlte Betrag ist unter den Forderungen gesondert auszuweisen und entsprechend zu bezeichnen“ (§ 272 (2) S.2 HGB). Damit ist aus der Bilanz erkennbar, welche Haftungssumme tatsächlich den Gläubigern zur Verfügung stehen würde. Auf die persönliche Haftung der Gesellschafter, die ihre Einlage noch nicht voll erbracht haben, sei hier nur hingewiesen. Kapitalrücklage Die Kapitalrücklage entsteht dann, wenn die Eigenkapitalgeber einen über den Nennbetrag für das gezeichnete Kapital hinausgehenden Betrag einzahlen. Kapitalrücklagen werden grundsätzlich gebildet, um die Haftungsbasis der Kapitalgesellschaft zu verbreitern. Besonders wichtig sind sie, um Verluste auszuglei-
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
165
chen und in strukturellen Krisen. Die Bildung von Kapitalrücklagen ist Gegenstand des § 272 (2) HGB: „Als Kapitalrücklage sind auszuweisen: 1. der Betrag, der bei der Ausgabe von Anteilen einschließlich von Bezugsanteilen über den Nennbetrag oder, falls ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, über den rechnerischen Wert hinaus erzielt wird; 2. der Betrag, der bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrechte und Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt wird; 3. der Betrag von Zuzahlungen, die Gesellschafter gegen Gewährung eines Vorzugs für ihre Anteile leisten; 4. der Betrag von anderen Zuzahlungen, die Gesellschafter in das Eigenkapital leisten.“ Die Kapitalrücklagen werden demzufolge aus Kapital, das von außen zufließt, gebildet. In der Praxis sind sie im Prinzip nur bei Aktiengesellschaften, insbesondere bei börsennotierten, zu finden. Bei der Emission der Aktien werden diese nicht zum Nennbetrag (bspw. 1,00 Euro) veräußert, sondern zu einem höheren Betrag. Da Aktienkäufer bereit sind, beim Erwerb der Anteile, den Marktwerk des Unternehmens zu bezahlen. Dieser umfasst vor allem auch die nicht bilanzierungsfähigen Posten, die den „wahren“ Wert des Unternehmens darstellen. Aufgabe 8.15: Die Weinhandel AG hat nach aktienrechtlichen Vorschriften eine ordentliche Kapitalerhöhung vorgenommen. Im Jahr 01 wurden 10.000 Aktien zum Nominalwert von 5,00 Euro am Markt platziert. Der Erstausgabepreis der Aktien betrug 6,75 Euro. Alle Aktien konnten über die Konsortialbank verkauft werden. Die Gesamteinnahme wurde dem Konto der AG gutgeschrieben. Wie schlägt sich dies in der Bilanz nieder? Gewinnrücklagen Die Gewinnrücklagen werden, wie der Begriff bereits aussagt, aus den erwirtschafteten Jahresüberschüssen gebildet. Im § 272 (3) HGB steht dazu: „Als Gewinnrücklagen dürfen nur Beträge ausgewiesen werden, die im Geschäftsjahr oder in einem früheren Geschäftsjahr aus dem Ergebnis gebildet worden sind. Dazu gehören aus dem Ergebnis zu bildende gesetzliche oder auf Gesellschaftsvertrag oder Satzung beruhende Rücklagen und andere Gewinnrücklagen.“ Die Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen zeigt auf, dass das Berichtsunternehmen Teil eines Konzernes ist und von einem Mutterunternehmen beherrscht wird. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass das Unternehmen auch selbst noch Anteile (bspw. Aktien) am Mutterunternehmen hält. Diese werden auch auf der Aktivseite der Bilanz bei den Finanzanlagen unter Anteile an verbundenen Unternehmen gesondert ausgewiesen.
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8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Für die korrekte Bildung der Gewinnrücklagen sind Kenntnisse aus dem HGB, dem Aktiengesetz und dem GmbH-Gesetz sowie der Satzung und dem Gesellschaftsvertrag der Kapitalgesellschaft notwendig. Darüber hinaus ist der entsprechende Gewinnverwendungsbeschluss der Gesellschaft zu beachten, um die Bildung und Auflösung der Gewinnrücklagen nachvollziehen zu können. Gewinnvortrag / Verlustvortrag Dieser Posten umfasst die Gewinne oder Verluste des Vorjahres. Nachdem die Gesellschafter den Beschluss über die Gewinnverwendung gefasst haben, wird der nicht ausgeschüttete Anteil des Jahresüberschusses bzw. der Verlust des Vorjahres hier erfasst. Unabhängig von der Rechtsform wird dieser Posten bei kleinen Unternehmen häufig zur Aufnahme des kompletten thesaurierten Gewinns genutzt. Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag Hier wird der erwirtschaftete Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrages des laufenden Jahres ausgewiesen. Diese Position korrespondiert mit dem aus der Gewinn- und Verlustrechnung. Erfolgsverwendung bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften Beim Einzelunternehmen wird das Eigenkapitalkonto als variables Konto geführt. Die Konten Privateinlagen und Privatentnahmen werden zum Jahresabschluss auf das EK-Konto abgeschlossen und zeigen so, wie sich das Eigenkapital durch private Vorgänge verändert hat. Der Saldo des GuV-Kontos wird ebenfalls auf das EK-Konto abgeschlossen und macht deutlich, ob durch die betriebliche Tätigkeit ein Gewinn oder ein Verlust erwirtschaftet wurde. Sollte sich nach diesen Buchungen ein negatives Kapitalkonto ergeben, so ist es als nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag auszuweisen. Über die Verwendung des Gewinnes entscheidet der Unternehmer selbst. Stille Gesellschaft Die Einlage des stillen Gesellschafters wird als sonstige Verbindlichkeit erfasst. Nur bei der atypischen stillen Gesellschaft trägt die Einlage Eigenkapitalcharakter, ist aber getrennt von den sonstigen Kapitalkonten zu erfassen4. Dem stillen Gesellschafter steht nach § 231 HGB eine den Umständen nach angemessener Gewinnbeteiligung zu, deshalb müssen im Gesellschaftsvertrag eindeutige Regelungen enthalten sein. Neben einer Gewinnbeteiligung ist auch eine feste Verzinsung möglich, ebenso eine Verlustbeteiligung. Die Berechnung des Gewinnanteiles des 4
Nach den Empfehlungen der Bundessteuerberaterkammer zum Ausweis des Eigenkapitals in der Handelsbilanz der Personenhandelsgesellschaften, DStR, 1990, Beihefter Heft 1/2, S. 8.
167
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
stillen Gesellschafters hat entsprechend den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages zu erfolgen. Der stille Gesellschafter erhält den Jahresabschluss und darf ihn durch Einsichtnahme in die Bücher prüfen. Der Gewinnanteil ist dem stillen Gesellschafter auszuzahlen und auf dem Konto sonstige Verbindlichkeiten zu erfassen. Wenn allerdings die Einlage noch nicht voll eingezahlt wurde, wird der Gewinnanteil mit den noch ausstehenden Einlagen verrechnet. Offene Handelsgesellschaft (OHG) Im Jahresabschluss einer OHG kann das Eigenkapital aller Gesellschafter zusammengefasst ausgewiesen werden oder für jeden Gesellschafter einzeln5. Aber auf jeden Fall sind, wenn solche Konten im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurden, Festkapital und variables Kapital getrennt auszuweisen. In der Buchführung sind stets getrennte Konten für die Gesellschafter zu führen. Die Gewinnverteilung bei der OHG ist im § 121 HGB gesetzlich geregelt, in der Regel finden sich in den Gesellschaftsverträgen ergänzende und / oder davon abweichende Bestimmungen, wie in Abbildung 32 gezeigt wird. Gewinnverteilung
Erfassung in Buchführung
Entnahmen
gesetzlich § 121 HGB
vertraglich im Gesellschaftsvertrag
Gewinngutschrift auf Kapitalkonten führt zu erhöhten Einlagen.
§ 122 HGB nachgiebiges Recht
4 % Verzinsung der Kapitalanteile
oft höhere Verzinsung
bei Buchung des Gewinns über Privatkonten erfolgt Abschluss über Kapitalkonten
Entnahme bis zu 4 % des zuletzt festgestellten Kapital saldos, unabhängig von Gewinnhöhe und Gewinngutschrift
Restverteilung nach Köpfen
besondere Regelungen möglich
bei vereinbartem Festkapital besondere variable EK-Konten für jeden Gesellschafter führen
darüber hinaus nur Entnahmen, wenn Gesellschaft dadurch nicht geschädigt wird
Verlust nach Köpfen verteilt
Verlust auch nach Kapitalanteilen möglich
Verluste analog den Gewinnen buchen
unterschiedliche vertragliche Regelungen, oftmals Festlegung von festen Beträgen
Abbildung 32: Gewinnverteilung bei der OHG6 5 6
Ebenda S. 8. Vgl. Kresse, W.: Die neue Schule des Bilanzbuchhalters, 2003, S. 71.
168
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Die Berechnung der auf die einzelnen Gesellschafter entfallenden Beträge erfolgt mithilfe einer Gewinnverteilungstabelle. Unterjährige Entnahmen und Einlagen werden bei der Verzinsung berücksichtigt. Die Bildung von Rücklagen muss entweder bereits im Gesellschaftsvertrag festgelegt sein oder erfolgt im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafter. Die Buchung der Gewinnanteile kann entweder direkt über das GuV-Konto erfolgen oder über ein Gewinnverteilungskonto. Die Privatkonten der Gesellschafter sind abzu schließen. Kommanditgesellschaft (KG) Im Unterschied zur OHG gibt es bei der KG unterschiedliche Arten von Gesellschaftern mit vor allem unterschiedlichen Haftungsverhältnissen. Außer dem voll haftenden Komplementär muss an der KG noch mindestens ein beschränkt haftender Kommanditist beteiligt sein. Komplementäre haben faktisch die gleichen Rechte und Pflichten wie die Gesellschafter einer OHG. Für die Kommanditisten ist ein festes EK-Konto einzurichten, unabhängig davon, ob die Einlage voll eingezahlt wurde. Nicht eingezahlte Einlagen sind auf dem Konto noch ausstehende Einlagen zu erfassen. Die Gewinnanteile der Kommanditisten werden zuerst gegen die noch ausstehenden Einlagen gebucht und dann als sonstige Verbindlichkeit gegenüber Kommanditisten ausgewiesen. Die Erfolgsverteilung erfolgt nach Gesellschaftsvertrag. Die gesetzliche Regelung nach § 167 HGB mit einer 4 %igen Kapitalverzinsung, einer Restverteilung vom Gewinn in angemessenem Verhältnis und der Verteilung der Verluste in angemessenem Verhältnis birgt Konfliktpotenzial. Der Verlust eines Kommanditisten ist durch die bedungene Haftungssumme begrenzt. Erfolgsverwendung bei Kapitalgesellschaften Der § 268 (1) HGB erlaubt Kapitalgesellschaften Folgendes: „Die Bilanz darf auch unter Berücksichtigung der vollständigen oder teilweisen Verwendung des Jahresergebnisses aufgestellt werden. Wird die Bilanz unter Berücksichtigung der teilweisen Verwendung des Jahresergebnisses aufgestellt, so tritt an die Stelle der Posten „Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag“ und „Gewinnvortrag / Verlustvortrag“ der Posten „Bilanzgewinn / Bilanzverlust“; ein vorhandener Gewinn- oder Verlustvortrag ist in den Posten „Bilanzgewinn / Bilanzverlust“ einzubeziehen und in der Bilanz gesondert anzugeben. Der Jahresüberschuss (JÜ) bzw. der Jahresfehlbetrag (JF) sind das Ergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung. Um von diesen Größen zum Bilanzgewinn zu kommen, ist eine Ergebnisverwendungsrechnung notwendig (vgl. § 158 AktG):
169
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag) +/−
Gewinnvortrag / Verlustvortrag aus dem Vorjahr
+
Entnahmen aus der Kapitalrücklage
+
Entnahmen aus Gewinnrücklage a) gesetzliche Rücklage b) Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen andere Gewinnrücklagen c) satzungsmäßige Rücklage d) andere Gewinnrücklagen
./.
Einstellung in Gewinnrücklage a) gesetzliche Rücklage b) Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen c) satzungsmäßige Rücklage d) andere Gewinnrücklagen
=
Bilanzgewinn
./.
Gewinnausschüttung
=
Gewinnvortrag / Verlustvortrag Abbildung 33: Vom Jahresüberschuss zum Bilanzgewinn
Beispiel: In einer Kapitalgesellschaft wurden folgende Ergebnisse erzielt: Aus dem Vorjahr existiert ein Verlustvortrag von 10.000 Euro. Im Gewinnfall ist eine satzungsmäßige Rücklage mit 40.000 Euro zu dotieren, in die anderen Gewinnrücklagen sollen 200.000 Euro eingestellt werden. Der Bilanzgewinn soll in Höhe von 200.000 Euro ausgeschüttet und der Rest vorgetragen werden. Im Verlustfall sollen die anderen Gewinnrücklagen so weit aufgelöst werden, dass ebenfalls eine Ausschüttung von 200.000 Euro möglich wird. a) Jahresüberschuss von 500.000 Euro Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag +/− Gewinnvortrag / Verlustvortrag ./.
Einstellung in satzungsmäßige Rücklagen
./.
Einstellung in andere Gewinnrücklagen
=
Bilanzgewinn
./.
Gewinnausschüttung
=
Gewinnvortrag / Verlustvortrag
500.000 ./. 10.000 ./. 40.000 ./. 200.000 250.000 ./. 200.000 50.000
170
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
b) Jahresfehlbetrag von 100.000 Euro +/− + = ./.
Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag
./. 100.000
Gewinnvortrag / Verlustvortrag Entnahmen aus Kapital-/Gewinnrücklagen Bilanzgewinn Gewinnausschüttung
./. 10.000 310.000 200.000 ./. 200.000
Kapitalgesellschaften optimieren ihren Jahresabschluss häufig so, dass den Gesellschaftern ein relativ vorhersehbares, ausschüttbares Ergebnis, nämlich der Bilanzgewinn in prognostizierter Höhe ausgewiesen wird und somit als Grundlage für den in der Gesellschafterversammlung zu fassenden Gewinnverwendungsbeschluss dient. Das zeigen die beiden Fälle a) und b) deutlich. Ein erwirtschafteter Jahresüberschuss wird zu einem beträchtlichen Teil in Rücklagen eingestellt bzw. als Gewinn in die nächsten Jahre vorgetragen. Aber auch im Verlustfall wird an die Gesellschafter ausgeschüttet, indem Rücklagen wieder aufgelöst werden. Im folgenden Beispiel soll gezeigt werden, wie Kapitalgesellschaften von der Möglichkeit Gebrauch machen können, das Eigenkapital in der Bilanz vor, nach teilweiser oder nach vollständiger Ergebnisverwendung zu bilanzieren (§ 268 (1) HGB). Beispiel: Für die Kapitalgesellschaft aus dem vorherigen Beispiel a) werden die Eigenkapitalpositionen für die Bilanz entwickelt. Es weist zu Beginn des Jahres soll folgende Bestandteile auf: Gezeichnetes Kapital: 1. 000. 000 Euro; Kapitalrücklage 100.000 Euro; satzungsmäßige Rücklage 100.000 Euro; andere Gewinnrücklagen 500.000 Euro; Verlustvortrag 10.000 Euro. Tabelle 9 Darstellung des EK nach § 268 (1) HGB vor Ergebnis verwendung
nach teilweiser Ergebnisverwendung
nach vollständiger Ergebnisverwendung
1. 000. 000
1. 000. 000
1. 000. 000
100.000
100.000
100.000
satzungsmäßige Rücklage
100.000
140.000
140.000
andere Gewinnrücklagen
500.000
700.000
700.000
Gezeichnetes Kapital Kapitalrücklage Gewinnrücklagen
Verlustvortrag
./. 10.000
Jahresüberschuss
500.000
Bilanzgewinn
250.000
Gewinnvortrag Eigenkapital Verbindlichkeiten (Ausschüttung)
50.000 2. 190. 000
2. 190. 000
1. 990. 000 200.000
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
171
Vor Ergebnisverwendung wird also der Jahresüberschuss ausgewiesen. Bei einer teilweisen Verwendung haben die Gesellschaftsorgane den Jahresüberschuss bereits dazu verwendet, einen Ausgleich des Verlustvortrages aus dem Vorjahr vorzunehmen und Anteile in Rücklagen einzustellen. Im dritten Fall wird die Gewinnverwendung nach einem rechtsverbindlichen Gewinnverwendungsbeschluss gezeigt. Der auszuschüttende Gewinn ist als Verbindlichkeit gegenüber den Gesellschaftern ausgewiesen, da er zur Auszahlung kommen wird. Aufgabe 8.16: Ermitteln Sei bitte die Eigenkapitalpositionen für die Bilanz für den Verlustfall b). Besonderheiten bei der GmbH 7 Die Gesamtsumme der Einlagen, zu denen sich die Gesellschafter einer GmbH verpflichtet haben, bildet das Stammkapital nach § 5 GmbH-Gesetz, welches in der Bilanz als Gezeichnetes Kapital ausgewiesen wird. Noch nicht eingezahlte Beträge sind als Ausstehende Einlagen auf das Stammkapital zu erfassen (§ 42 GmbHG, § 272 (1) HGB). Eine Erhöhung oder Herabsetzung des Stammkapitals kann nur durch einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss erfolgen, wobei gesetzliche Fristen einzuhalten sind (§ 55 GmbHG). Die Erstellung des Jahresabschlusses hat unter Beachtung der Formvorschriften der § 266 HGB zur Bilanz und § 275 HGB zur Gewinn- und Verlustrechnung zu erfolgen. Größenabhängige Erleichterungen können in Anspruch genommen werden. Auf der Passivseite der Bilanz auszuweisende freie oder zweckbestimmte Rücklagen werden nach GmbH-Gesetz nicht verlangt. Sie werden zur Risikovorsorge oder für bestimmte Sonderzwecke gebildet, wobei der Zweck in der Bezeichnung nicht zum Ausdruck kommen muss. Es reicht ein Ausweis unter den Gewinnrücklagen. Nach § 42a GmbHG hat die Gesellschafterversammlung den Jahresabschluss festzustellen und über die Verwendung des Gewinnes zu entscheiden (§ 29 GmbHG). Die Frist darf 8 Monate bzw. bei einer kleinen GmbH 11 Monate nach Schluss des Geschäftsjahres nicht übersteigen. Besteht in der GmbH ein Aufsichtsrat, so hat dieser einen Bericht zum Jahresabschluss zu erstellen und der Gesellschafterversammlung vorzulegen. Ist die GmbH prüfungspflichtig, so ist der Bericht des Abschlussprüfers ebenfalls der Gesellschafterversammlung bekannt zu geben. Wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, haben die Gesellschafter einer GmbH Anspruch auf den Gewinn, der sich aus dem Jahresabschluss ergibt (§ 29 GmbHG). Die Verteilung erfolgt nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile. Das Gläubigerschutzprinzip findet seinen Niederschlag auch im GmbHG und be-
7
Vgl. ebenda S. 258 ff. und Kresse, W.: Die neue Schule des Bilanzbuchhalters, 2003, S. 79 ff.
172
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
stimmt im § 30 (1) GmbHG, dass das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden darf. Besonderheiten bei der Aktiengesellschaft8 Bei der Aktiengesellschaft sind die Aufgaben der drei Organe Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung auch in Hinsicht auf die Rechnungslegung zu unterscheiden. Der Vorstand hat nach § 264 HGB den Jahresabschluss und den Lagebericht innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres zu erstellen und wenn die AG eine mittelgroße oder große Kapitalgesellschaft ist, dem Abschlussprüfer vorzulegen, der von der Hauptversammlung noch vor Abschluss des Geschäftsjahres bestellt wurde (§ 316 ff. HGB). Der Abschlussprüfer nimmt die gesetzlich vorgeschriebene oder auch eine nach Satzung vorgeschriebene freiwillige Prüfung des Jahresabschlusses vor, erstellt dazu einen Bericht und erteilt bei keinen wesentlichen Beanstandungen einen Bestätigungsvermerk. Diesen Prüfungsbericht des Abschlussprüfers, den Jahresabschluss, den Lagebericht und einen Gewinnverwendungsvorschlag hat der Vorstand dem Aufsichtsrat vorzulegen (§ 171 AktG). Der Aufsichtsrat hat zum Prüfungsbericht des Abschlussprüfers eine Stellungnahme abzugeben und dem Vorstand und der Hauptversammlung über die Prüfung der ihm vorgelegten Dokumente einen Bericht abzugeben. Wenn der Aufsichtsrat den Jahresabschluss billigt, so ist er nach § 172 AktG festgestellt. Diese Aufgabe können Aufsichtsrat und Vorstand auch auf die Hauptversammlung übertragen. Der Vorstand hat die Hauptversammlung zur Entgegennahme des festgestellten Jahresabschlusses und des Lageberichtes einzuberufen. Außerdem muss die Hauptversammlung über den Gewinnverwendungsvorschlag abstimmen. Im § 175 (1) AktG heißt es dazu: „Unverzüglich nach Eingang des Berichts des Aufsichtsrats hat der Vorstand die Hauptversammlung zur Entgegennahme des festgestellten Jahresabschlusses und des Lageberichts, eines vom Aufsichtsrat gebilligten Einzelabschlusses nach § 325 Abs. 2a des Handelsgesetzbuchs sowie zur Beschlussfassung über die Verwendung eines Bilanzgewinns einzuberufen. Die Hauptversammlung hat in den ersten acht Monaten des Geschäftsjahrs stattzufinden.“ Damit ist vom Gesetzgeber die Zeit vorgegeben, in der der Jahresabschluss erstellt, geprüft und festgestellt werden muss. Damit die Aktionäre sich auf die in der Hauptversammlung zu treffenden Entscheidungen hinsichtlich der Beschlussfassung vorher informieren können, ist im § 175 (2) AktG weiterhin festgelegt: „Der Jahresabschluss, ein vom Aufsichtsrat gebilligter Einzelabschluss nach § 325 Abs. 2a des Handelsgesetzbuchs, der Lagebericht, der Bericht des Aufsichtsrats, der Vorschlag des Vorstands für die Verwendung des Bilanzgewinns sind von der Einberufung an in dem Geschäftsraum der Gesellschaft zur Einsicht durch die 8
Vgl. ebenda.
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
173
Aktionäre auszulegen. Auf Verlangen ist jedem Aktionär unverzüglich eine Abschrift der Vorlagen zu erteilen. Die Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 3 entfallen, wenn die dort bezeichneten Dokumente für denselben Zeitraum über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich sind.“ Die Entscheidungen über Gewinn- und Kapitalrücklagen obliegen in erster Linie dem Vorstand und dem Aufsichtsrat, wobei die gesetzlichen (§ 150 AktG) und satzungsmäßigen Vorschriften zu beachten sind. Einstellungen in die Kapitalrücklagen und in die Gewinnrücklagen aufgrund gesetzlicher oder satzungs mäßiger Vorschriften und deren Auflösung oder die Entnahmen aus den Rücklagen sind bereits bei der Aufstellung der Bilanz durch Vorstand und Aufsichtsrat vorzunehmen. Die gesetzliche Rücklage, die gemäß § 150 AktG zu bilden ist, muss mindestens 10 % des gezeichneten Kapitals umfassen. Im § 150 (2) Aktiengesetz ist das wie folgt formuliert: „In diese ist der zwanzigste Teil des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses einzustellen, bis die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklagen nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 des Handelsgesetzbuchs zusammen den zehnten oder den in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkapitals erreichen.“ Diese gesetzliche Regelung dient vor allem dem Gläubigerschutz mit dem Ziel, dass bei vorübergehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten ein Kapitalpuffer besteht und die Gefahr der Insolvenz sinkt. In der Hauptversammlung wird über die Verwendung des Bilanzgewinnes entschieden, Teile davon können in andere Gewinnrücklagen eingestellt werden. Die Abbildung 34 zeigt zusammenfassend die Kompetenzen von Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung bei den Entscheidungen zur Gewinnverwendung. JAHRESÜBERSCHUSS + Gewinnvortrag des Vorjahres ./. Verlustvortrag des Vorjahres + Entnahmen aus Kapitalrücklagen + Entnahmen aus Gewinnrücklagen
Kompetenz von Vorstand und Aufsichtsrat vor Feststellung des Jahresabschlusses
./. Einstellungen in Gewinnrücklagen = BILANZGEWINN ./. Einstellungen in Gewinnrücklagen ./. Gewinnvortrag
Kompetenz der Hauptversammlung nach Feststellung des Jahresabschlusses
= AUSSCHÜTTUNG Abbildung 34: Kompetenzen bei der Gewinnverwendung
174
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
8.5.6 Rückstellungen Um den Erfolg eines Unternehmens periodengerecht ermitteln zu können, müssen alle Aufwendungen des abzuschließenden Geschäftsjahres berücksichtigt werden, auch solche, die zwar ihre Ursache im Geschäftsjahr haben, aber deren Höhe und / oder Zahlungszeitpunkt noch ungewiss sind. Damit hat das Unternehmen für bestimmte Aufwendungen des abzuschließenden Jahres ungewisse Verbindlichkeiten, die berechnet oder geschätzt und in Form von Rückstellungen passiviert werden. Die Ungewissheit von Höhe und / oder Fälligkeit unterscheidet die Rückstellungen von den Sonstigen Verbindlichkeiten. Der § 249 (1) HGB stellt ein Gebot dar: Rückstellungen sind für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Ferner sind Rückstellungen zu bilden für 1. im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden, 2. Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden. Die Bildung von Rückstellungen folgt aus dem Vorsichtsprinzip und dem Grundsatz der Periodenabgrenzung. Rückstellungen werden für Aufwendungen gebildet, die den Gewinn mindern und somit zugleich Auswirkungen auf die Ertragssteuern haben und auf die Liquidität des Unternehmens. Die Höhe der Rückstellung ist entweder zu berechnen oder wie im § 253 (1) Satz 2 HGB angegeben, sind Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen. Zur Erfassung von Rückstellungen ist immer ein Aufwandskonto im Soll zu buchen und ein entsprechendes Rückstellungskonto im Haben. Allgemeiner Buchungssatz Aufwandskonto
an Rückstellungskonto
Nach § 266 (§) HGB sind Rückstellungen auf der Passivseite der Bilanz auszuweisen unter: B. Rückstellungen: 1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen; 2. Steuerrückstellungen; 3. sonstige Rückstellungen. Damit sind mindestens drei Rückstellungskonten zu bilden. Je nach verwendetem Kontenrahmen sind bereits weitere spezielle Rückstellungskonten vorhanden,
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
175
die den drei Bilanzpositionen zugeordnet werden. Für die speziellen Zwecke des Unternehmens können neue Rückstellungskonten gebildet werden. Der Gesetzgeber schreibt im § 249 (2) HGB weiterhin vor: Für andere als die in Absatz 1 bezeichneten Zwecke dürfen Rückstellungen nicht gebildet werden. Rückstellungen dürfen nur aufgelöst werden, soweit der Grund hierfür entfallen ist. Der Grund für das Entfallen einer Rückstellung ist im Wegfall der Ungewissheit zu sehen, in der Regel also mit der Zahlung. Dabei sind drei Möglichkeiten gegeben: Möglichkeit 1: Der Rückstellungsbetrag entspricht dem Zahlungsbetrag. Buchungssatz Rückstellungskonto
an Bank
Möglichkeit 2: Der Rückstellungsbetrag ist kleiner als die Zahlung, es muss ein zusätzlicher Aufwand gebucht werden. Für Steuern gibt es dafür spezielle Konten Steuernachzahlungen früherer Jahre. Da die Ursache für die Bildung der Rückstellung in einem bereits abgeschlossenen Geschäftsjahr liegt, ist der zusätzliche Aufwand als periodenfremder Aufwand zu erfassen. Buchungssatz Rückstellungskonto Periodenfremder Aufwand
an
Bank
Möglichkeit 3: Der Rückstellungsbetrag ist größer als der Zahlungsbetrag. Es ergibt sich ein Ertrag, der auf dem Konto Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen zu erfassen ist. Damit wird auch ersichtlich, dass bewusst zu hoch berechnete oder geschätzte Rückstellungen zwar in dem einen Jahr als Aufwand den Gewinn mindern, bei Auflösung im anderen Jahr aber als Ertrag den Gewinn erhöhen und es somit nur zu einer Gewinn- und Liquiditätsverschiebung gekommen ist. Buchungssatz Rückstellungskonto
an Bank
an Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen
Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH hat für das Jahr 01 eine Gewerbe steuerrückstellung in Höhe von 19.786 Euro berechnet. Dafür ist zum 31. 12. 01 eine Rückstellung zu buchen.
176
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Buchungssatz Gewerbesteuer
an Steuerrückstellungen 19.786
Damit ist der Steueraufwand aus Gewerbesteuer für das Jahr 01 periodengerecht diesem Geschäftsjahr zugeordnet. Das Konto Steuerrückstellungen wird über das SBK abgeschlossen. Der Saldo erscheint in der Schlussbilanz und in der Eröffnungsbilanz des Jahres 02 und somit als Anfangsbestand auf dem Konto Steuerrückstellungen des Jahres 02. Den Gewerbesteuerbescheid erhält die GmbH Ende Mai des Jahres 02 und überweist per Bank fristgemäß zum 30. Juni 02: a) den berechneten Betrag von 19.786 Euro. Buchungssatz Steuerrückstellungen
an Bank
19.786
b) einen im Gewerbesteuerbescheid ausgewiesenen höheren Betrag von 20.342 Euro. Buchungssatz Steuerrückstellungen 19.786 Gewerbesteuer Vorjahr
556
an
Bank
20.342
c) einen im Gewerbesteuerbescheid ausgewiesenen niedrigeren Betrag von 19.518 Euro. Buchungssatz Steuerrückstellungen 19.786 an
Bank
an
Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen
19.518 268
In jedem Fall wird die Steuerrückstellung aufgelöst, denn durch den Steuerbescheid ist das Merkmal der Ungewissheit für eine Rückstellung nicht mehr gegeben. Betrag und Fälligkeit sind nun genau bekannt. Aufgabe 8.17: Entscheiden Sie, ob die nachfolgenden Sachverhalte die Bildung von Rückstellungen nach sich ziehen: a) Unter den bereits unterschriebenen Verträgen für das nächste Geschäftsjahr existiert u. a. ein Vertrag über die Lieferung von braunen Weinflaschen an die Gebietswinzergenossenschaft und zwar über die vierteljährliche Lieferung von 500.000 braunen Weinflaschen zu je 0,25 Euro pro Stück. Allerdings hat die Nachkalkulation gezeigt, dass dieser Stückpreis nach der Vollkostenrechnung nicht kostendeckend ist, sondern einen Verlust von
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
177
1,5 Cent pro Flasche bedeutet. Bei der Gestaltung der neuen Preisliste für die anderen Kunden wurde nicht nur der Verlust berücksichtigt, sondern auch ein durchschnittlicher Gewinn von 10 %. b) Ein im Jahr 01 begonnener Prozess gegen die Alpha OHG auf Schadenersatz wegen mangelhafter Lieferung wird im Jahr 02 wahrscheinlich verloren gehen. Es werden Gerichtskosten in Höhe von 4.500 € erwartet. c) Der Wartungsvertrag für einen Glasschweißautomaten verpflichtet den Hersteller des Gerätes spätestens im Dezember eines jeden Jahres notwendige Wartungsarbeiten vorzunehmen. Der hohe Auftragseingang im letzten Quartal des Jahres 01 veranlasst die Geschäftsleitung, diese Arbeiten auf die Zeit vom 15. bis 30. 04. 02 zu verlegen. Das Wartungsunternehmen stimmt dem zu. Langfristige Rückstellungen: Für langfristige Rückstellungen wie für Pensionen u. ä. ist nach § 253 (2) HGB zu beachten: Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr sind mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz abzuzinsen, der sich im Falle von Rückstellungen für Altersvorsorgeverpflichtungen aus den vergangenen zehn Geschäftsjahren und im Falle von sonstigen Rückstellungen aus den vergangenen sieben Geschäftsjahren ergibt. Um den Berechnungsaufwand zu minimieren bzw. um eine bessere Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse verschiedener Unternehmen zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber im § 253 (2) Satz 2 HGB eingefügt: „Abweichend von Satz 1 dürfen Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen pauschal mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz abgezinst werden, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für auf Rentenverpflichtungen beruhende Verbindlichkeiten, für die eine Gegenleistung nicht mehr zu erwarten ist. Der nach den Sätzen 1 und 2 anzuwendende Abzinsungszinssatz wird von der Deutschen Bundesbank nach Maßgabe einer Rechtsverordnung ermittelt und monatlich bekannt gegeben.“ 8.5.7 Fremdkapital Das Fremdkapital. unterscheidet sich von den Rückstellungen in Bezug auf die Ungewissheit. Die Verbindlichkeiten stehen in ihrer Höhe und ihrem Zahlungstermin fest. Das HGB sieht im § 266 (3) C für die Verbindlichkeiten folgende weitere Untergliederung vor: 1. Anleihen 2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten;
178
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
3. erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen; 4. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen; 5. Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel; 6. Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen; 7. Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht; 8. sonstige Verbindlichkeiten. Es handelt sich, wie gut erkennbar ist, um Außenverpflichtungen gegenüber anspruchsberechtigen Dritten, die ihre Ansprüche auch rechtlich durchsetzen können. Die Bewertung des Fremdkapitals erfolgt nach § 253 (1) HGB zum Erfüllungsbetrag. Das bedeutet, dass die Schulden mit dem nominalen Rückzahlungsbetrag anzusetzen sind. Diese Regel wird auch als Höchstwertprinzip für die Schulden bezeichnet. Wertminderungen gibt es nur in wenigen Ausnahmefällen, wenn rechtsverbindlich feststeht, dass eine Verbindlichkeit nicht in voller Höhe zu begleichen ist. Die laufenden Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sind bei der Erfassung mit dem zu zahlenden Rechnungsbetrag zu passivieren. In der Buchhaltungspraxis führt das dazu, dass nachträgliche Preisnachlässe insbesondere in Form von Skontoabzügen immer erst dann berücksichtigt werden, wenn die Zahlung erfolgt. Die daraus resultierende Minderung der Aufwendungen und der abzugsfähigen Vorsteuer werden erst dann erfasst. Mit diesem Vorgehen wird das Realisationsprinzip des § 252 (1) Nr. 4 HGB erfüllt. Eine Besonderheit stellen hier die Fremdwährungsverbindlichkeiten dar. Die kurzfristigen Fremdwährungsverbindlichkeiten bilden eine Ausnahme. Hier wird das Höchstwertprinzip durchbrochen und sie werden zum Devisenkassamittelkurs umgerechnet, auch wenn dadurch noch nicht realisierte Umrechnungsgewinne erfasst werden. Die sonstigen Verbindlichkeiten sind einen Sammelposten, der alle laufenden Verbindlichkeiten, inkl. Steuerverbindlichkeiten und Verbindlichkeiten im Rahmen der sozialen Sicherheit aufnimmt. Hier werden die in den entsprechenden Bescheiden, Voranmeldungen sowie Beitragsberechnungen ermittelten Beträge angesetzt. Die erhaltenen Anzahlungen auf Bestellungen werden mit dem eingenommenen Betrag passiviert. Da die Kunden eine Zahlung für einen erteilten Auftrag geleistet haben, der noch nicht ausgeführt wurde, stellen sie Liefer- oder Leistungsverbindlichkeiten gegenüber dem Zahlenden dar, die passiviert werden müssen. Bei den Anleihen, Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten und Verbindlichkeiten aus Wechseln handelt es sich um Finanzschulden, die dem Höchstwertprinzip folgend mit dem Rückzahlungsbetrag anzusetzen sind.
8.5 Bewertung einzelner Posten der Bilanz
179
Bei den Anleihen ist zu beachten, dass diese üblicherweise unter dem Nominalwert ausgegeben werden. Die Ausgabe erfolgt i. d. R. mit einem Preisabschlag. Am Ende der Laufzeit ist aber der volle Betrag auszuzahlen. Mit diesem Preisabschlag entsteht für die Investoren neben der laufenden Verzinsung eine weitere Ertragskomponente, die das Wertpapier attraktiv macht. Ähnlich verhält es sich mit Bankdarlehen, die mit einem Abschlag (Disagio) ausgezahlt werden. Die Behandlung des Disagios wird im Kapitel Rechnungsabgrenzungsposten behandelt. Über die Struktur des Fremdkapitals sind gemäß § 268 (5) HGB Bilanzvermerke zu erstellen. Wörtlich heißt es im § 268 (5) HGB: „Der Betrag der Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr und der Betrag der Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr sind bei jedem gesondert ausgewiesenen Posten zu vermerken.“ Darüber hinaus ist im Anhang zu den in der Bilanz ausgewiesenen Verbindlichkeiten der Gesamtbetrag der Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren anzugeben (§ 285 (1) HGB). Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH nahm im Januar 01 ein Darlehen in Höhen von 500.000 Euro zur Finanzierung neuer Produktionsanlagen auf. Dieses Darlehen wurde am 10. 01. 01 mit einem Abschlag von 2,5 % ausgezahlt. Das Darlehen hat eine Laufzeit von 4 Jahren und wird am Ende der Laufzeit in einem Betrag getilgt. Der Zinssatz beträgt 3,5 %/a. Der Auszahlungsbetrag i. v. H. 487.500 Euro wird dem Bankkonto gutgeschrieben. Es muss jedoch der Darlehensbetrag in voller Höhe von 500.000 Euro passiviert werden. Für das Disagio besteht ein handelsrechtliches Wahlrecht (§ 250 (3) HGB): Erstens kann es aufwandwirksam verbucht werden. Alternativ kann es als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten i. H. v. 12.500 Euro aktiviert werden. Das Disagio ist nun über die Laufzeit des Darlehens abzuschreiben. Da es sich um ein Festdarlehen handelt, ist die Belastung gleichmäßig (linear) zu verteilen. Im Geschäftsjahr 01 wird ein Viertel (12.500 / 4 = 3.125) im Aufwand erfasst. Das Disagio hat zum Bilanzstichtag einen Wert von 9.375 Euro. Die laufenden Zinsen werden quartalsweise vom Bankkonto abgebucht und im Aufwand erfasst. (Dieses Vorgehen ist im deutschen Steuerrecht vorgeschrieben und findet auch in der handelsrechtlichen Praxis überwiegend Anwendung.) Aufgabe 8.18: Die „EdelStahl AG“ hat im Dezember 01 eine Anleihe ausgegeben. Der Nominalwert beträgt 1. 000. 000 Euro. Der Ausgabe erfolgt zu einem Ausgabekurs von 96 % in Tranchen zu 2.500 Euro. Die Nominalverzinsung liegt bei 5,5 % nachschüssig am Jahresende. Erstmalig erfolgt die Kuponzahlung zum 31. 12. 02. Die Laufzeit beträgt 5 Jahre. Die Anleihe wurde über die Hausbank solventen Kunden angeboten und konnte bis zum 31. 12. 01 in voller Höhe platziert werden. Wie ist die Anleihe zu bilanzieren?
180
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Fremdwährungsverbindlichkeit: Die handelsrechtliche Behandlung von Fremdwährungsposten wurde bereits im Kapitel Forderungsbewertung behandelt. Die dort vorgestellten grundsätzlichen Regeln zur Erfassung und Umrechnung mit dem Devisenkassamittelkurs gelten auch auf der Passivseite. Für die kurzfristigen Fremdwährungsverbindlichkeiten werden mit dem § 256a HGB das Höchstwertprinzip und das Realisationsprinzip außer Kraft gesetzt. Die Umrechnung zum Devisenkassamittelkurs erfolgt auch dann, wenn der Rückzahlungsbetrag niedriger ist und ein Ertrag aus Währungsumrechnung entsteht, obwohl dieser faktisch erst mit der Bezahlung des offenen Postens realisiert wird. Folgende Übung soll das Vorgehen vertiefen. Beispiel 8.19: Die M & T GmbH hat eine Verbindlichkeit aus Lieferungen für Bauteile bei einem japanischen Zulieferer. Die Rechnung vom 01. 12. 01 wurde in japanischen Yen (JPY) fakturiert. Der Rechnungsbetrag lautet auf 1. 250. 000 JPY. Der Wechselkurs betrug am 01. 12. 01 124,79 JPY / EUR (Mengenkurs). Am 31. 12. 01 liegt der Umrechnungskurs bei 126,49 JPY / EUR (Mengenkurs). 1. Erfassung mit dem Umrechnungskurs am Tag der Rechnungslegung: Verbindlichkeiten aLL = 10.016,83 Euro (= 1. 250. 000 / 124,79) 2. Anpassung der Verbindlichkeiten aLL an den Devisenkassamittelkurs am Bilanzstichtag: Verbindlichkeiten aLL = 9.882,20 Euro (= 1. 250. 000 / 126,49). Die Minderung der Verbindlichkeit um 134,63 Euro wird erfolgswirksam erfasst. Aufgrund der Regelung im § 256a HGB darf auch der noch nicht realisierte Ertrag ausgewiesen werden. Zusammenfassende Grafik Folgende abschließende Abbildung 35 fasst die Vorschriften zur Einteilung und Bewertung von Verbindlichkeiten nach HGB zusammen. Aufgabe 8.20: Die M & T GmbH hat im Januar 01 ein Darlehen von 500.000 Euro zu einem jährlichen Zinssatz von 7 % aufgenommen. Die Auszahlung beträgt nach Abzug eines Disagios von 30.000 Euro noch 470.000 Euro. Erfassen Sie die Aufnahme des Darlehens! Wie sind die Kreditverbindlichkeiten und das Disagio bilanziell zu behandeln, wenn der Betrag des Darlehens von 500.000 Euro in einer Summe am 31. 12. 05 zurückzuzahlen ist? Die Zinsen sind jeweils am Jahresende fällig. Wie wären die Kreditverbindlichkeiten und das Disagio bilanziell zu behandeln, wenn es sich um ein Tilgungsdarlehen handeln würde, das jährlich mit 100.000 Euro zu tilgen ist?
181
8.6 Anhang und Lagebericht
Verbindlichkeiten
langfristige Verbindlichkeiten Restlaufzeit über 5 Jahre
mittelfristige Verbindlichkeiten Restlaufzeit 1 bis 5 Jahre
kurzfristige Verbindlichkeiten Restlaufzeit bis 1 Jahr
Angabe gemäß § 268 (5) HGB
Angabe gemäß § 268 (5) HGB
Angabe gemäß § 268 (5) HGB
Bewertung zum Erfüllungsbetrag (§ 253 (1) HGB; Höchstwertprinzip) Ausnahme kurzfristige Fremdwährungsverbindlichkeiten (§ 256a HGB) Abbildung 35: Bewertung der Verbindlichkeiten im Überblick
8.6 Anhang und Lagebericht Anhang Der § 284 HGB ist überschrieben mit: Erläuterung der Bilanz und der Gewinnund Verlustrechnung. Aus dieser Überschrift geht die Aufgabe des Anhanges deutlich hervor. Im § 284 (1) HGB heißt es dann: „In den Anhang sind diejenigen Angaben aufzunehmen, die zu den einzelnen Posten der Bilanz oder der Gewinn- und Verlustrechnung vorgeschrieben sind (oder) in Ausübung eines Wahlrechts nicht in die Bilanz oder in die Gewinn- und Verlustrechnung aufgenommen wurden.“ Die wesentlichen Funktionen des Anhangs sind in Abbildung 36 zusammengefasst: Funktionen des Anhangs
Interpretationsfunktion
Entlastungsfunktion
Ergänzungsfunktion
Interpretation der quantitativen Informationen in Bilanz und GuV
Zusätzliche bzw. detailliertere Informationen können vielfach statt in Bilanz oder GuV alternativ im Anhang erfolgen
Informationen über nicht in Bilanz und GuV abgebildete Transaktionen
Abbildung 36: Grundfunktionen des Anhangs
182
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Der § 284 (2) HGB listet weitere notwendige Angaben auf: Im Anhang müssen: 1. die auf die Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden angegeben werden; 2. Abweichungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden angegeben und begründet werden; deren Einfluss auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ist gesondert darzustellen; 3. bei Anwendung einer Bewertungsmethode nach § 240 (4), § 256 Satz 1 die Unterschiedsbeträge pauschal für die jeweilige Gruppe ausgewiesen werden, wenn die Bewertung im Vergleich zu einer Bewertung auf der Grundlage des letzten vor dem Abschlussstichtag bekannten Börsenkurses oder Marktpreises einen erheblichen Unterschied aufweist; 4. Angaben über die Einbeziehung von Zinsen für Fremdkapital in die Herstellungskosten gemacht werden. Üblich ist es, den Anlagenspiegel (siehe Beispiel im Anhang), der die Verände rungen des Anlagevermögens vom Beginn bis zum Ende des Geschäftsjahres auf-
Immaterielle Vermögensgegenstände 1. selbst geschaffene IVG 2. Entgeltlich erworbene IVG 3. Geschäfts- oder Firmenwert …. Summe IVG Sachanlagen 1. Grundstücke 2. Anlagen / Maschinen …. Summe SAV Finanzanlagen 1. Beteiligungen 2. Wertpapiere …. Summe FAV Summe Anlagevermögen Abbildung 37: Anlagenspiegel
am 31.12. GJ
am 31.12. VJ
Buchwerte am 31.12. GJ
Zuschreibungen
Abgänge
Zugänge
kumulierte Abschreibungen am 31.12 VJ
am 31.12 GJ
Umbuchungen
Abgänge
Zugänge
am .31.12. VJ
Anschaffungs- / Herstellungskosten
8.6 Anhang und Lagebericht
183
zeigt, die Altersstruktur und Zusammensetzung der Forderungen und Verbindlichkeiten, einen Rückstellungsspiegel und die Veränderungen des Eigenkapitals im Anhang näher zu erläutern. Der § 284 (3) HGB verlangt die Darstellung der Entwicklung des Anlagevermögens mit den Angaben wie sie in Abbildung 37 dargestellt sind. Zu beachten sind auch die sonstigen Pflichtangaben nach § 285 HGB, wobei größenabhängige Erleichterungen nach § 288 HGB in Anspruch genommen werden können. Lagebericht Die mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften haben nach § 264 (1) S. 1 und 3 HGB) ihren Jahresabschluss um einen Lagebericht zu ergänzen. Ausführungen zum Mindestinhalt des Lageberichts enthält der § 289 HGB. Die ersten beiden Absätze dieses Paragraphen enthalten die wichtigsten Bestandteile. Im § 289 (1) heißt es: „Im Lagebericht sind der Geschäftsverlauf einschließlich des Geschäftsergebnisses und die Lage der Kapitalgesellschaft so darzustellen, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird. Er hat eine ausgewogene und umfassende, dem Umfang und der Komplexität der Geschäftstätigkeit entsprechende Analyse des Geschäftsverlaufs und der Lage der Gesellschaft zu enthalten. In die Analyse sind die für die Geschäftstätigkeit bedeutsamsten finanziellen Leistungsindikatoren einzubeziehen und unter Bezugnahme auf die im Jahresabschluss ausgewiesenen Beträge und Angaben zu erläutern. Ferner ist im Lagebericht die voraussichtliche Entwicklung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken zu beurteilen und zu erläutern; zugrunde liegende Annahmen sind anzugeben.“ Der § 289 (2) HGB verlangt: „Der Lagebericht soll auch eingehen auf: 1. a) die Risikomanagementziele und -methoden der Gesellschaft einschließlich ihrer Methoden zur Absicherung aller wichtigen Arten von Transaktionen, die im Rahmen der Bilanzierung von Sicherungsgeschäften erfasst werden, sowie b) die Preisänderungs-, Ausfall- und Liquiditätsrisiken sowie die Risiken aus Zahlungsstromschwankungen, denen die Gesellschaft ausgesetzt ist, jeweils in Bezug auf die Verwendung von Finanzinstrumenten durch die Gesellschaft und sofern dies für die Beurteilung der Lage oder der voraussichtlichen Entwicklung von Belang ist. 2. den Bereich Forschung und Entwicklung sowie 3. bestehende Zweigniederlassungen der Gesellschaft.“ Nach § 289 (3) HGB müssen in den Lagebericht von großen Kapitalgesellschaften, Aktiengesellschaften sowie Kommanditgesellschaften auf Aktien, die einen organisierten Markt in Anspruch nehmen, weitere Informationen, wie Informationen über Umwelt- und Arbeitnehmerbelange, soweit sie für das Verständnis des Geschäftsverlaufs oder der Lage von Bedeutung sind, aufgenommen werden.
184
8. Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss
Kapitalmarktorientierte Gesellschaften müssen außerdem das interne Kontrollund Risikomanagementsystem in Hinblick auf den Rechnungslegungsprozess beschreiben (§ 289 (4) HGB).
9. Auswertung des Jahresabschlusses 9.1 Grundlagen Die Auswertung des Jahresabschlusses erfolgt durch eine Bilanzanalyse. Unter Bilanzanalyse versteht man die methodische Untersuchung von Jahresabschluss und Lagebericht mit dem Ziel, entscheidungsrelevante Informationen über die gegenwärtige wirtschaftliche Lage und die künftige wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens zu gewinnen. Hierbei werden die Informationen des Jahresabschlusses, also mindestens der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung und größen- und rechtsformabhängig auch von allen anderen Bestandteilen des Jahresabschlusses wie z. B. Anhang und Lagebericht so aufbereitet, dass ein aussagefähiges Bild über die wirtschaftliche Lage, insbesondere über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens entsteht. Die Interessenten einer Jahresabschlussanalyse lassen sich wie folgt einteilen: Tabelle 10 Externe und interne Interessenten der Jahresabschlussanalyse Externe Bilanzanalytiker
Interne Bilanzanalytiker
Kreditgeber, Kreditversicherer, Auskunfteien
Unternehmensleitung
(Klein-)Aktionäre, externe Gesellschafter
Kontrollorgane (Aufsichtsrat, Beirat)
Finanzanalysten / Rating-Agenturen
Beteiligungscontroller
Kunden / Lieferanten
Großaktionäre
Arbeitnehmer, Gewerkschaften
Großkreditgeber
Konkurrenzunternehmen
Abschlussprüfer
Finanzverwaltung Medien
Das wichtigste Instrument der Jahresabschlussanalyse bilden Kennzahlen, die aus den Daten der Bilanz und der GuV ermittelt werden. Kennzahlen dienen dazu die Daten zu verdichten und zu aussagekräftigen Informationen zusammenzufassen. Zur Beurteilung der ausgewiesenen Daten und der auf dieser Grundlage berechneten Kennzahlen ist außerdem ein Vergleichsmaßstab notwendig. Folgende Möglichkeiten werden genutzt: • Soll-Ist-Vergleiche, • Branchenvergleiche, • Zeitvergleiche.
186
9. Auswertung des Jahresabschlusses
Bei der Ermittlung der Kennzahlen und ihrer Interpretation sind insbesondere folgende Herausforderungen zu beachten: • Die Rechnungslegungsvorschriften, vor allem das Vorsichtsprinzip beeinflussen die Darstellung der wirtschaftlichen Lage. • Ansatz- und Bewertungswahlrechte verfälschen das Ergebnis. • Die Angaben im Jahresabschluss sind unvollständig. Es fehlen z. B. Angaben über Auftragsbestände, Kreditsicherheiten, Leasingverträge, schwebende Geschäfte usw. • Es werden nur quantitative Angaben dargestellt, qualitative Angaben fehlen. • Die Daten der Bilanz sind zeitpunktbezogen. • Die Daten besitzen Vergangenheitscharakter, es mangelt an Zukunftsbezogenheit. Aufgabe 9.1: Überlegen Sie bitte, welche Informationen die in der Tabelle angegebenen Interessenten einer Bilanzanalyse entnehmen möchten und prüfen Sie danach, ob aus dem Jahresabschluss der Müller & Thurgau GmbH alle diese Informationen zu entnehmen sind. Jahresabschlussinteressenten
Informationen
Geschäftsführung Gesellschafter / Eigentümer Potenzielle Anleger Mitarbeiter Banken Lieferanten Kunden Gewerkschaften Interessierte Öffentlichkeit
Aufgabe 9.2: Finden Sie bitte Beispiele, die belegen, dass einer Bilanzanalyse Grenzen gesetzt sind. Aufgabe 9.3: Welche Vorteile bieten die oben angegebenen Vergleichsmaßstäbe?
9.2 Erstellung der Strukturbilanz
187
9.2 Erstellung der Strukturbilanz Da die Daten der Bilanz nicht unmittelbar dazu geeignet sind, eine aussagefähige Analyse durchzuführen, muss die vorliegende Bilanz bereinigt und aufbereitet werden. Das Ergebnis ist die Strukturbilanz. Die Strukturbilanz ist eine auf wesentliche Positionen verkürzte, bereinigte und neu strukturierte Bilanz als Ausgangpunkt für die Kennzahlenermittlung. Sie umfasst die in Abbildung 38 dargestellten Positionen. AKTIVA
Strukturbilanz
Anlagevermögen
Eigenkapital
Umlaufvermögen
Fremdkapital
Vorräte
langfristiges Fremdkapital
Forderungen und sonstige VG
mittelfristiges Fremdkapital
Liquide Mittel
kurzfristiges Fremdkapital Bilanzsumme
PASSIVA
Bilanzsumme
Abbildung 38: Grundschema der Strukturbilanz
Für spezielle Analysezwecke im Bereich des Anlagenvermögens werden die Positionen IVG, Sachanlagen und Finanzanlagen benötigt, die bei Bedarf direkt aus dem Anlagespiegel übernommen werden können. Zur Aufbereitung der Bilanz sind einige Zusammenfassungen und Umgliederungen notwendig. Gliederungskriterien sind für das Vermögen die Liquiditätsnähe und für das Kapital die Fristigkeit. Teilweise sind neue Bewertungen erforderlich, um bspw. stille Reserven aufzudecken. Im Einzelnen sind folgende Schritte vorzunehmen. Neuaufbau der Aktivseite: Die Aktivseite ist zu verringern um • ausstehende Einlagen (sofern sie eingefordert sind), • (selbstgeschaffene IVG des Anlagevermögens), • den derivativen Firmenwert, • das aktivierte Disagio, • die aktivierten latenten Steuern. Die Summe dieser Werte ist anschließend beim Eigenkapital abzuziehen, um die Bilanzsummengleichheit zu wahren. Die Behandlung der selbstgeschaffenen IVG aus der Entwicklungsarbeit wird in der Literatur uneinheitlich diskutiert. Sie müssen auf ihre Werthaltigkeit hin geprüft werden. Sollten sie als werthaltig eingestuft werden, erfolgt keine Verrechnung mit dem Eigenkapital.
188
9. Auswertung des Jahresabschlusses
Im Anlagevermögen enthaltene geleistete Anzahlungen werden in die Forderungen und sonstigen Vermögensgegenstände umgegliedert. Aus den Verbindlichkeiten werden erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen herausgelöst und von den Vorräten abgezogen. Mögliche Neubewertungen der Aktivseite: Im Wesentlichen sind hier die stillen Reserven des Unternehmens aufzudecken, um die Vermögenslage realistischer darzustellen. Bei Aufdeckung der stillen Reserven sind diese dem Eigenkapital hinzuzurechnen, um wiederum die Bilanzwaage zu wahren. Die aktiven Rechnungsabgrenzungsposten mit Ausnahme des Disagios sind dem Umlaufvermögen (Forderungen und Sonstige Vermögensgegenstände) hinzuzurechnen (Umgliederung). Neuaufbau der Passivseite: Der Jahresüberschuss ist aufzuteilen. Der Teil, der in die Gewinnrücklagen eingestellt wird, bleibt im Eigenkapital enthalten. Der Teil, der ausgeschüttet werden soll, wird dem kurzfristigen Fremdkapital hinzugerechnet. Das Fremdkapital (FK) ist hinsichtlich seiner Fristigkeit zu gliedern in: • kurzfristiges Fremdkapital mit einer Laufzeit kleiner als 1 Jahr, • mittelfristiges Fremdkapital mit einer Laufzeit von 1 bis 5 Jahre und • langfristiges Fremdkapital mit einer Laufzeit über 5 Jahre. Die Rückstellungen sind entsprechend ihrer Fristigkeit dem Fremdkapital zuzuordnen. Insbesondere sind die sonstigen Rückstellungen und die Rückstellungen für Gewährleistungen dahingehend zu prüfen. In Höhe der unterlassenen Pensionsrückstellungen ist eine Umgliederung aus dem Eigenkapital in das langfristige Fremdkapital vorzunehmen. Passive Rechnungsabgrenzungsposten sind im kurzfristigen Fremdkapital zu berücksichtigen. Bezüglich der passiven latenten Steuern gibt es keine einheitliche Auffassung in der Literatur darüber, ob sie dem Eigenoder Fremdkapital zugerechnet werden sollen. Der Teil, der auf selbstgeschaffene IVG entfällt ist bei dessen Auflösung mit dem Eigenkapital zu verrechnen. Aus den Verbindlichkeiten werden erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen heraus gelöst und von den Vorräten abgezogen. Die Strukturbilanz ist somit wie folgt zu erstellen: Anlagevermögen Anlagevermögen lt. veröffentlichter Bilanz ./. ausstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital (sofern eingefordert) ./. aktivierter selbst geschaffener IVG (sofern als nicht werthaltig eingestuft) ./. aktivierter derivativer Firmenwert ./. geleistete Anzahlungen für Anlagen im Bau +
stille Reserven des Anlagevermögens
=
korrigiertes Anlagevermögen
9.2 Erstellung der Strukturbilanz Umlaufvermögen Umlaufvermögevermögen lt. veröffentlichter Bilanz ./. erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen +
geleistete Anzahlungen für Anlagen im Bau
+
stille Reserven des Umlaufvermögens
+
Rechnungsabgrenzungsposten (ohne Disagio)
=
korrigiertes Umlaufvermögen
Eigenkapital Eigenkapital lt. veröffentlichter Bilanz ./.
ausstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital (sofern eingefordert)
./.
Jahresüberschussanteil der ausgeschüttet werden soll
./.
derivativer Firmenwert
./.
aktivierter selbst geschaffener IVG (sofern als nicht werthaltig eingestuft)
./.
Disagio
./.
aktive latente Steuern
+
unterlassene Pensionsrückstellungen
+
stille Reserven des Anlagevermögens
+
stille Reserven des Umlaufvermögens
=
korrigiertes / bilanzanalytisches Eigenkapital
Fremdkapital langfristiges Fremdkapital +
Darlehen (Laufzeit > 5 Jahr)
+
Pensionsrückstellungen + unterlassenen Pensionsrückstellungen
+
langfristiger Anteil an den sonstigen Rückstellungen
mittelfristiges Fremdkapital +
Darlehen (Laufzeit 1 bis 5 Jahre)
+
mittelfristiger Anteil an den sonstigen Rückstellungen
kurzfristiges Fremdkapital Darlehen (Laufzeit bis 1 Jahr) +
Steuerrückstellungen
+
sonstige kurzfristige Rückstellungen
+
Anteil des Jahresüberschusses, der ausgeschüttet wird
./. erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen +
passiver Rechnungsabgrenzungsposten
./. passive latente Steuern =
korrigiertes und neugegliedertes / bilanzanalytisches Fremdkapital
189
190
9. Auswertung des Jahresabschlusses
9.3 Aufbereitung der GuV-Rechnung Zur Analyse des Unternehmenserfolges wird das Jahresergebnis in seine verschiedenen Bestandteile aufgeteilt. Eine Aufteilung in Betriebsergebnis und neutrales Ergebnis ist i. d. R. nur bei einer internen Analyse möglich, da hierbei auf die Kostenrechnung bzw. auf die Abgrenzungsrechnung zwischen Buchführung und Kostenrechnung zurückgegriffen werden muss. Bei einer externen Analyse ist die im § 275 HGB vorgegebene Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung eine wertvolle Hilfe bei der Auswertung. Der direkte Ausweis des Betriebsergebnisses und des Finanzergebnisses ist nicht vorgesehen, lässt sich aus den Positionen 1 bis 8 (Betriebliche Tätigkeit) sowie 9 bis 13 (Finanzergebnis) gemäß § 275 (2) HGB mit geringem Aufwand ermitteln. Die Position sonstige Steuern ist dem der betrieblichen Tätigkeit zuzuordnen, da es sich i. d. R. um sog. Aufwandsteuern handelt. Bei einem Branchenvergleich ist auf die Unterschiede zwischen Gesamtkostenverfahren und Umsatzkostenverfahren zu achten. Gewinnaufspaltung: Die Analyse des Unternehmenserfolges erfolgt häufig unter Einbeziehung oder Ausschluss von Ertragsteuern, Zinszahlungen und Abschreibung. Die international verbreiteten Gewinngrößen EBT, EBIT und EBITDA bilden die Basis für den Vergleich von Jahresabschlüssen, unabhängig von nationalen Steuerregelungen und von der Finanzierung des Vermögens. EBT (earnings before taxes): Das Jahresergebnis wird um die gewinnabhängigen Steuern bereinigt. Sinnvoll ist diese Größe bei rechtsform- und steuersystemübergreifenden Vergleichen. Oftmals findet auch noch eine Bereinigung um außerordentliche Ergebnisbestandteile statt. Das EBT ist nach deutschem Verständnis mit dem „Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit“ gleichzusetzen. EBIT (earnings before interests and taxes): Aufbauend auf dem EBT wird das Ergebnis zusätzlich um Zinseffekte korrigiert. Die operative Ertragskraft vor Steuern steht oftmals im Mittelpunkt von Analysen, da sie für Renditebetrachtungen besser geeignet ist, denn es ist eine von der Kapitalstruktur unabhängige Größe. EBITDA (earnings before interests, taxes, depreciation and amortization): Aufbauend auf dem EBIT werden zusätzlich die Abschreibungen auf Sachanlagen und den derivativen Geschäfts- oder Firmenwert einbezogen. Damit wird das Ergebnis unabhängiger davon, ob ein Unternehmen sein Vermögen selbst aktiviert hat oder Vermögenswerte mietet bzw. least. Die Vergleichbarkeit von Abschlüssen wird somit verbessert.
191
9.4 Bildung von Kennzahlen
9.4 Bildung von Kennzahlen Neben der Verwendung von absoluten Werten, die sich unmittelbar bzw. durch Summen- oder Differenzenbildung aus den Angaben des Jahresabschlusses ergeben, wird für eine Bilanzanalyse eine Vielzahl von relativen Kennzahlen gebildet. Zu beachten ist, dass die einzelnen Kennzahlen nicht isoliert betrachtet werden können. Vielmehr ist das Gesamtbild entscheidend. Weiterhin sind die Ursachen für die Entwicklung einzelner Kennzahlen zu berücksichtigen, ehe ein Urteil über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens getroffen werden kann. Die im Folgenden vorgestellte Auswahl an Kennzahlen wird anhand eines Beispiels berechnet und erläutert. Auf ausführliche Erläuterungen der Aussagekraft und Bedeutung der einzelnen Kennzahlen wird im Folgenden verzichtet und auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen. Kennzahlenbereiche
Vermögenslage
Kapitalstruktur
Finanzlage
Ertragslage / Wachstum
Anlagevermögen Umlaufvermögen Vermögensquoten Investionsanalyse Umschlags koeffizienten Working Capital
Kapitalquoten Verschuldungsgrad Leverage-Analyse Kapitalbindung Zahlungsziele
Fristenkongruenz Liquidiätsanalyse CashflowAnalyse Kapitalfluss rechnung
Rentabilitäten Ergebnisanalyse Wachstum Ertragsstruktur Auswandsstruktur
Abbildung 39: Übersicht typischer Auswertungsbereiche der Kennzahlenanalyse
9.4.1 Analyse der Vermögenslage Die Analyse der Vermögenslage verdeutlicht die Art und Zusammensetzung des Vermögens (Kennzahlen der Vermögensintensität) und die Dauer der Vermögensbindung (Umschlagskoeffizienten). Außerdem werden Erkenntnisse über die Investitions- und Abschreibungspolitik gewonnen. Anlagenintensität =
Anlagevermögen Gesamtvermögen
× 100
Diese Kennzahl gibt Auskunft über die Ausstattung des Unternehmens mit Anlagevermögen. Anhand der Anlageintensität lässt sich die Beweglichkeit und Re-
192
9. Auswertung des Jahresabschlusses
aktionsfähigkeit des Unternehmens auf Veränderungen des Marktes beurteilen. Sie ist jedoch branchenabhängig und nur im Vergleich mit anderen Unternehmen der gleichen Branche zu interpretieren. Eine vergleichsweise hohe Anlageintensität wird demzufolge eher als negativ betrachtet, da das bestehende Anlagevermögen kurzfristig nicht geändert werden kann. Beeinflusst wird die Kennzahl jedoch auch vom häufig zyklischen Investitionsverhalten der Unternehmen. Sie muss also immer im Gesamtzusammenhang der Unternehmensentwicklung gesehen werden. Umlaufintensität =
Umlaufvermögen Gesamtvermögen
× 100
Als reziproker Wert zur Anlageintensität ermöglicht diese Kennzahl eine Analyse des Umlaufvermögens. Auch diese Kennzahl ist im Wesentlichen durch die Branche geprägt. Im Allgemeinen gilt, dass die Kennziffer unter dem Branchendurchschnitt liegen oder einen sinkenden Trend im Zeitvergleich ausweisen sollte. Die zu hohe Bindung von Kapitel im Umlaufvermögen wird eher als negatives Merkmal angesehen. Vorratsquote =
Vorräte Gesamtvermögen
× 100
Die Vorratsquote wird in Unternehmen, deren Geschäftstätigkeit vor allem durch den Handel oder durch die Verarbeitung von Vorräten geprägt ist, als Ergänzung ermittelt. Die Kennzahlen der Umschlagshäufigkeit bzw. der Umschlagsdauer beziehen die Umsatzerlöse in die Betrachtung mit ein. Umschlagshäufigkeit der Vorräte =
Umschlagsdauer der Vorräte =
Materialaufwand ∅-Bestand an Vorräten
∅-Bestand an Vorräten × 360 Materialaufwand
Die Umschlagskennzahlen der Vorräte dienen in erster Linie der Beurteilung des effizienten Einsatzes der Vorräte. Die Umschlagshäufigkeiten sollten möglichst hoch, die Umschlagsdauern möglichst kurz sein. In vielen Branchen, insbesondere im Einzel- und Großhandel, wird hier mit konkreten Zielvorgaben gearbeitet, die nach Warengruppen differenziert werden. (Hinweis: Für die Berechnung der Umschlagskennziffern sind Durchschnittswerte heranzuziehen. Diese werden als einfacher Durchschnitt aus den Anfangs- und Schlussbeständen ermittelt.) Forderungsquote =
Forderungen Gesamtvermögen
× 100
Die Forderungsquote wird in Unternehmen berechnet, deren Geschäftstätigkeit vor allem durch Rechnungslegung mit Zahlungsziel geprägt ist.
193
9.4 Bildung von Kennzahlen
Kundenzahlungsziel =
∅-Bestand an Forderungen × 360 Umsatzerlöse
Die Umschlagskenngrößen der Forderungen (auch Debitorenlaufzeit) werden herangezogen, um das Zahlungsverhalten der Kunden zu beurteilen, aber auch, um die Fähigkeit des Managements einzuschätzen, das Forderungsmanagement zu beherrschen. Positiv gesehen wird ein möglichst kurzes Kundenzahlungsziel, das nicht wesentlich über den vereinbarten Zahlungszielen liegt. Weitere Umschlagskennzahlen: Umschlagshäufigkeit Gesamtvermögen =
Umschlagshäufigkeit Anlagevermögen =
Umsatzerlöse Gesamtvermögen
Abschreibung des GJ + Abgänge Anlagevermögen
Diese Kennzahlen dienen der Beurteilung des wirtschaftlichen Einsatzes des Vermögens. Je höher die Kennziffern sind, umso rationeller wird das Vermögen eingesetzt. Eine Steigerung der Werte wird als Hinweis auf eine höhere Rentabilität gesehen. Kennzahlen zur Investitions- und Abschreibungspolitik Die Kennzahlen der Investitions- und Abschreibungspolitik ermöglichen die Bewertung des Zustandes des Anlagevermögens. Als Faustregel gilt, dass die Investitionssumme in das Anlagevermögen mindestens der Abschreibungshöhe entsprechen sollte. Investitionsquote =
Investitionsdeckung =
Nettoinvestitionen in Sachanlagen Sachanlagevermögen zu Beginn des GJ
× 100
Jahresabschreibung auf Sachanlagen Nettoinvestitionen bei Sachanlagen
× 100
Die Investitionsquote und die Investitionsdeckung sind Indikatoren für die Wettbewerbsfähigkeit und das Unternehmenswachstum, insbesondere, wenn über das Abschreibungsvolumen hinaus investiert wurde (Investitionsdeckung > 100 %). Die Investitionssumme ist die Differenz aus Zugängen zu AHK und den Abgängen zum Restbuchwert. Anlagenabnutzungsgrad =
kumulierte Abschreibungen des Sachanlagevermögens Sachanlagevermögen zu AHK am Ende des Geschäftsjahres
× 100
Diese Kenngröße hilft die Altersstruktur des Sachanlagevermögens zu beurteilen. Sie gibt damit Hinweise auf die Modernität oder Überalterung des Anlage-
194
9. Auswertung des Jahresabschlusses
vermögens und damit auch Hinweise auf den aktuellen oder in naher Zukunft bestehenden Investitionsbedarf. Abschreibungsquote des GJ =
Jahresabschreibung auf Sachanlagen Sachanlagevermögen zu AHK am Ende des Geschäftsjahres
× 100
Die Abschreibungsquote gibt Auskunft über die Abschreibungspolitik des Unternehmens. Sie kann als durchschnittlicher Abschreibungssatz interpretiert werden (lineare Abschreibung unterstellt) und gibt Auskunft über die durchschnittliche Nutzungsdauer des Anlagevermögens. Sie muss dafür jedoch für jede Kategorie des Anlagevermögens separat ermittelt werden. 9.4.2 Analyse der Kapitalstruktur Die Analyse der Finanzlage zeigt im Wesentlichen die Kapitalstruktur und Liquiditätssituation des Unternehmens. Es soll festgestellt werden, inwieweit das Unternehmen fähig sein wird, zu jedem Zeitpunkt den fälligen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Die Zusammensetzung des Kapitals hinsichtlich seiner Sicherheit und Fristigkeit wird analysiert. Eigenkapitalquote =
Eigenkapital Gesamtkapital
× 100
Die Eigenkapitalquote zählt zu den wichtigsten Kennzahlen, die im Fokus jeder Jahresabschlussanalyse steht. Sie gibt Auskunft über die finanzielle Unabhängigkeit des Unternehmens und die Kraft aus eigenen Mittel zu wachsen. Das Eigenkapital dient als Haftungsgrundlage für weitere Finanzierungen (Kreditwürdigkeit) und steht unbefristet zur Verfügung. Sie sollte demzufolge möglichst hoch sein. Das Eigenkapital muss nicht getilgt werden, führt also nicht unmittelbar zu Liquiditätsabflüssen. Die Eigenkapitalgeber (Shareholder) erwarten jedoch eine hohe Verzinsung ihres Kapitals, da sie das unternehmerische Risiko tragen und regelmäßige Ausschüttungen auf den erwirtschafteten Gewinn, die die Liquidität belasten. Fremdkapitalquote =
Fremdkapital Gesamtkapital
× 100
Die Fremdkapitalquote (auch als Anspannungsgrad I bezeichnet) zeigt die Abhängigkeit des Unternehmens von Fremdkapitalgebern. Eine hohe Fremdkapitalquote bedeutet für ein Unternehmen häufig eine hohe Zinsbelastung. Anteil des kurzfristigen FK = Anteil des langfristigen FK =
kurzfristiges Fremdkapital Gesamtkapital
× 100
langfristiges Fremdkapital Gesamtkapital
× 100
9.4 Bildung von Kennzahlen
195
Aus der Struktur des Fremdkapitals (Fristigkeiten) können Rückschlüsse auf künftige Liquiditätsbelastungen durch Tilgungen gezogen werden. Fremdkapital Eigenkapital
Verschuldungsgrad =
Die Frage nach einem optimalen Verhältnis von Fremd- und Eigenkapital (Verschuldungsgrad) ist Gegenstand der Leverage-Analyse. Mit steigendem Verschuldungsgrad steigt bei gleichem Unternehmensergebnis die Verzinsung des Eigenkapitals. Gleichzeitig steigen die Gefahr der Überschuldung und die Zinsbelastung. Aus Rentabilitätsgesichtspunkten lässt sich ein optimaler Verschuldungsgrad bestimmen. Dieser liegt dann vor, wenn die Rentabilität des eingesetzten Eigenkapitals ihr Maximum erreicht. Voraussetzung für einen positiven Leverage-Effekt ist, dass die Gesamtkapitalrentabilität des Unternehmens über dem Fremdkapitalzinssatz liegt. Umschlagsdauer der Verbindlichkeiten =
∅-Bestand an Verbindlichkeiten × 360 Materialaufwand
Diese Umschlagskenngröße (auch Kreditorenlaufzeit) gibt dem Analysten Auskunft über das Zahlungsverhalten des Unternehmens, inwiefern es in der Lage ist die kurzfristigen Verbindlichkeiten pünktlich zu begleichen (Anzahl der Tage zwischen Rechnungseingang und Bezahlung). Das Debitorenziel sollte kürzer sein, als dieser Wert. Die Kreditorenlaufzeit sollte die Inanspruchnahme von Skontozahlungen ermöglichen. 9.4.3 Analyse der Finanzlage Kennzahlen der Fristenkongruenz → Goldene Bilanzregel Ein finanzielles Gleichgewicht ist im Unternehmen gegeben, wenn die Bindungsfristen der Posten der Aktivseite denen der Passivseite entsprechen. Folgende zwei Kennzahlen sind zu bilden, wobei sie nachstehend genannte Werte erreichen sollten. langfristiges Vermögen langfristiges Kapital
< 1
kurzfristiges Vermögen kurzfristiges Kapital
> 1
Das Anlagevermögen sollte zu mindestens 100 % durch langfristiges Kapital (Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) finanziert sein, um die Fristenkon gruenz der Finanzierung sicherzustellen (Goldene Bilanzregel).
196
9. Auswertung des Jahresabschlusses
Deckungsgrade Die Fristenkongruenz der Finanzierung wird durch die Deckungsgrade angezeigt. Anlagendeckungsgrad I =
Eigenkapital Anlagevermögen
× 100
Der Anlagegendeckung I (auch Deckungsgrad A) gibt Auskunft über die Finanzierung des Anlagevermögens mit Eigenkapital. Die Kennzahl wird vor allem im Branchen- und Unternehmensvergleich herangezogen. Anlagegendeckung II =
EK + langfristiges FK Anlagevermögen
× 100
Der Anlagegendeckung II (auch Deckungsgrad B) ist eine Kernkennzahl, die im Wesentlichen die Einhaltung der goldenen Bilanzregel ausdrückt. Ihr Wert muss mindestens 100 % betragen. Werte unter 100 % sind kritisch anzusehen, da im Extremfall Anlagevermögen veräußert werden müsste, um kurzfristige Verbindlichkeiten zu tilgen und um liquide zu bleiben. Anlagegendeckung III =
EK + mittel- u. langfristiges FK AV + langfristiges UV
× 100
Ergänzend wird der Anlagegendeckung III (auch Deckungsgrad C) herangezogen, wenn die Unternehmen über einen betriebsnotwendigen Bestand an Vorräten (langfristiges Umlaufvermögen) verfügen müssen, der mittelfristig über Betriebsmittelkredite finanziert wird. Liquiditätsanalyse Die Liquiditätskennzahlen werden genutzt, um die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens zu beurteilen. flüssige Mittel kurzfristiges Fremdkapital
Liquidität 1. Grades =
× 100
Die Liquidität 1. Grades (auch Barliquidität) drückt die Fähigkeit aus, die kurzfristigen Verbindlichkeiten sofort mit den vorhandenen Geldmitteln zu begleichen. Sie wird insbesondere für Branchen- und Unternehmensvergleiche herangezogen. Liquidität 2. Grades =
flüssige Mittel + Forderungen kurzfristiges Fremdkapital
× 100
Die Liquidität 2. Grades (auch Inkassoliquidität) bildet im Wesentlichen die Fristenkongruenz der Finanzierung ab. Vergleichbare Kundenzahlungsziele und Zahlungsziele bei den Verbindlichkeiten vorausgesetzt, liegt ein kontinuierlicher Mittelzufluss und Mittelabfluss vor. Die Liquidität 2. Grades sollte daher mindestens 100 % (besser ca. 120 %) betragen. Liquidität 3. Grades =
Umlaufvermögen kurzfristiges FK
× 100
9.4 Bildung von Kennzahlen
197
Die Liquidität 3. Grades (auch Umlaufliquidität) gilt als Indikator in Frühwarnsystemen, die auf Liquiditätsprobleme und eine mögliche Insolvenzgefahr hinweisen. Der Wert für diese Kennzahl sollte in produzierenden Unternehmen mindestens 200 % erreichen, damit die Liquidität langfristig gesichert ist. Die Kennzahl gilt aufgrund empirischer Untersuchungen als Insolvenzfrühindikator. Bei Unternehmen mit einem Wert unter 200 % steigt die Insolvenzgefahr signifikant an. Weitere Liquiditätskennzahlen: Zur Analyse der Liquiditätssituation können auch absolute Wertangaben herangezogen werden: Nettoumlaufvermögen = Umlaufvermögen ./. kurzfristiges Fremdkapital
Diese Kennzahl (auch Net Working Capital) wird im internationalen Vergleich häufig zur Beurteilung der Liquiditätslage herangezogen. Effektivverschuldung I = Gesamtverbindlichkeiten ./. monetäres UV
(wobei gilt: monetäres UV = UV ./. Vorräte) Effektivverschuldung II =
Effektivverschuldung I + sonstige finanzielle Verpflichtungen (z. B. aus Haftungsverhältnissen)
Die Aussagekraft aller bestandsorientierten Kennzahlen ist eingeschränkt, da sie dynamische Faktoren, die die aktuelle Lage des Unternehmens zum Analysezeitpunkt beeinflussen, nur unzureichend berücksichtigen. Im Rahmen der Bilanzpolitik werden häufig Maßnahmen ergriffen, um insbesondere die Liquiditätskennzahlen zu gestalten. Grundlage für diese Betrachtung bilden zeitraumbezogene Daten des Geschäftsjahres. Cashflow-Analyse Der Cashflow ist eine Kennzahl, die den Umsatzüberschuss widerspiegelt. Es werden nur die finanzwirksamen Erträge und Aufwendungen einander gegenübergestellt, d. h. der in der GuV ermittelte Jahresüberschuss/-fehlbetrag muss um die finanzunwirksamen Erträge vermindert und um die finanzunwirksamen Aufwendungen erhöht werden: Vereinfachte Cashflow-Berechnung (indirekte Methode): Jahresüberschuss/-fehlbetrag + ./. + ./.
Abschreibungen Zuschreibungen Erhöhung von langfristigen Rückstellungen Verminderungen von langfristigen Rückstellungen
=
ertragswirtschaftlicher / einfacher Cashflow
198
9. Auswertung des Jahresabschlusses
Der Cashflow bietet Aussagen über das Liquiditätspotenzial sowie über den Innenfinanzierungsspielraum. Der Cashflow steht dem Unternehmen zur Tilgung bestehender Darlehen, zur Investition und für Ausschüttungen (bzw. Privatentnahmen bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften) zur Verfügung. Cashflow-Kennzahlen: Überschussniveau =
Cashflow Umsatzerlöse
× 100
Das Überschussniveau ist eine Kennzahl, die die Fähigkeit ausdrückt mit den Umsätzen einen positiven Cashflow zu erwirtschaften. Es kann insbesondere in Verlustjahren herangezogen werden, um die Ertragswirtschaftlichkeit auch im Zeitvergleich zu beurteilen. Dynamischer Verschuldungsgrad =
Fremdkapital − Liquide Mittel Cashflow
Der dynamische Verschuldungsgrad zeigt an, in wie vielen Jahren die aktuellen Verbindlichkeiten aus dem Cashflow getilgt werden können (Schuldentilgungsdauer). Er ist damit ein wesentlicher Indikator zur Beurteilung der Finanzierung des Unternehmens insbesondere bei steigenden Verbindlichkeiten und Kreditaufnahmen in Wachstumsphasen. Innenfinanzierungsgrad =
Cashflow Nettoinvestitionen
× 100
Der Innenfinanzierungsgrad gibt Auskunft darüber, welcher Anteil der Inves titionen allein durch den Cashflow finanziert werden kann. Er ergänzt damit die Kennzahlen zur Investitionsanalyse. Ein Wert der unter 100 % liegt gibt Hinweise auf zukünftige Belastungen durch Außenfinanzierungen (Zins- und Tilgungszahlungen). 9.4.4 Analyse der Ertragslage Zur Analyse der Ertragslage wird der Gesamterfolg in Teilergebnisse aufgespalten. Der Gesamterfolg setzt sich zusammen aus dem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (Posten 1 bis 8 der GuV nach GKV) und dem Finanzergebnis (Posten 9 bis 13 der GuV nach GKV). Außerdem beeinflussen die Steuern den Gesamterfolg. Durch eine Analyse der Aufwands- und Ertragsstruktur lassen sich die Komponenten des Erfolgs detailliert nachweisen. Die Gesamtleistung setzt sich zusammen aus den Umsatzerlösen, den Bestandsänderungen, den aktivierten Eigenleistungen und den sonstigen betrieblichen Erträgen. Werden diese Bestandteile jeweils zur Gesamtleistung ins Verhältnis gesetzt, erhält man ein Bild über die Ertragsstruktur. Zusätzlich können Produktivitätskennzahlen gebildet werden:
199
9.4 Bildung von Kennzahlen
Personalintensität / -aufwandsquote =
Gesamtpersonalkosten Gesamtleistung
Materialintensität / -aufwandsquote =
Materialaufwand Gesamtleistung
× 100
× 100
Umsatzquote =
Umsatzerlöse Ø Arbeitnehmerzahl
× 100
Arbeitsproduktivität =
Gesamtleistung Ø Arbeitnehmerzahl
× 100
Abschreibungsintensität =
Abschreibungen Gesamtleistung
Zinsaufwandsintensität =
Zinsaufwand Gesamtleistung
× 100 × 100
Diese Kenngrößen dienen sowohl dem externen Vergleich bezogen auf Branchenkenngrößen als auch dem internen Vergleich über mehrere Jahre hinweg. Hier können vom Management konkrete Zielvorgaben entwickelt werden, deren Erreichen gut überprüfbar ist. Eine andere Möglichkeit, die Aufwandsstruktur sichtbar zu machen, besteht darin, die einzelnen Aufwandsarten jeweils dem Gesamtaufwand gegenüberzustellen. Hinsichtlich der Aufwendungen sind weitere Untersuchungen möglich. Rentabilitätskennzahlen: Kernbestandteil jeder Jahresabschlussanalyse ist die Bestimmung von Rentabilitätskennzahlen, die zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens notwendig sind. Zur Beurteilung des Kapitaleinsatzes werden folgende Kennzahlen bestimmt: Eigenkapitalrentabilität =
Jahresüberschuss Ø Eigenkapital
× 100
Die Eigenkapitalrentabilität drückt die Verzinsung des eingesetzten Eigen kapitals aus und ist damit eine wichtige Kenngröße für die Investoren (Shareholder). Deren Erwartungen an die Verzinsung des Kapitals müssen damit erfüllt werden. Gesamtkapitalrentabilität =
Jahresüberschuss + FK-Zinsen Ø Gesamtkapital
× 100
Die Gesamtkapitalrentabilität zeigt die Verzinsung des gesamten eingesetzten Kapitals. Der Jahresüberschuss muss daher um die gezahlten Zinsen für das Fremdkapital korrigiert werden. Solange die Gesamtkapitalrentabilität größer ist als der Fremdkapitalzins, wirkt eine höhere Fremdkapitalquote steigernd auf die Eigenkapitalrentabilität (sogenannter Leverage-Effekt).
200
9. Auswertung des Jahresabschlusses
Die beiden Rentabilitätskennzahlen werden häufig statt mit dem Jahresüberschuss mit dem Jahresergebnis vor Steuern gebildet. Auch der Ansatz von durchschnittlichem Eigen- und Gesamtkapital findet Anwendung. Die Umsatzrentabilität lässt sich ermitteln: Umsatzrentabilität =
Betriebsergebnis Umsatzerlöse
× 100
Sie stellt dar, wie ertragswirtschaftlich das Unternehmen arbeitet. Für alle Rentabilitätskennzahlen gilt, dass sie insbesondere im Zeit- und Branchenvergleich an Aussagekraft gewinnen. Es gilt der Grundsatz, dass möglichst hohe und wachsende Werte erreicht werden müssen. In der Literatur hin und wieder zu findende Vergleichs- oder Richtgrößen sind jedoch mit Vorsicht zu betrachten, da sie die Branchen- und Unternehmensbesonderheiten nicht berücksichtigen. 9.4.5 Bewegungsbilanz und Kapitalflussrechnung Die Bewegungsbilanz wird aus den Differenzen der einzelnen Bilanzposten zweier aufeinanderfolgender Jahresbilanzen gebildet. Dabei wird, wie im folgenden vereinfachten Schema dargestellt (Tabelle 11), die Mittelherkunft und die Mittelverwendung abgebildet. Tabelle 11 Vereinfachtes Schema der Bewegungsbilanz Mittelverwendung
Mittelherkunft
Investitionen = Zunahme von Aktivposten
Finanzierung = Zunahme von Passivposten
Definanzierung = Abnahme von Passivposten
Desinvestitionen = Abnahme von Aktivposten
Spezielle Fondsrechnungen können angeschlossen werden. Dazu erfolgt eine nochmalige Umgruppierung des Datenmaterials. Sachlich zusammenhängende Bilanzposten werden in einem Fonds zusammengefasst. Das können z. B. sein: • Zahlungsmittel, • Liquide Mittel (Zahlungsmittel + Wertpapiere), • Geldvermögen (Zahlungsmittel + Wertpapiere + Forderungen), • Umlaufvermögen (Zahlungsmittel + Wertpapiere + Forderungen + Vorräte), • Nettoumlaufvermögen (Umlaufvermögen ./. kurzfristiges Fremdkapital), • Nettogeldvermögen (Geldvermögen ./. kurzfristiges Fremdkapital).
9.4 Bildung von Kennzahlen
201
Ein detailliertes Schema zur Bewegungsbilanz, in dem weitere Posten berücksichtigt sind, ist in der Tabelle 12 abgebildet. Tabelle 12 Bewegungsbilanz mit Fondspositionen Mittelverwendung (Kapitalverwendung)
Mittelherkunft (Kapitalherkunft)
1. Vermögensmehrungen a. Mehrung des Anlagevermögens b. Mehrung des allgemeinen Umlaufvermögens c. Mehrung des Umlaufvermögens zur Erhöhung der Zahlungsfähigkeit • Erwerb von Wertpapieren • Bankguthaben • Kasse
1. Finanzierung a. Eigenfinanzierung durch Erhöhung des Gezeichneten Kapitals und der Kapitalrücklage b. Fremdfinanzierung • Erhöhung des Fremdkapitals c. Selbstfinanzierung • Erhöhung der Gewinnrücklagen • Erhöhung des Gewinnvortrags
2. Kapitalminderung a. Minderung des Eigenkapitals b. Minderung des Fremdkapitals • durch Abbau von Verbindlichkeiten • durch auszuschüttenden Bilanz gewinn
2. Umfinanzierung a. Minderung des Anlagevermögens b. Minderung des sonstigen Umlaufvermögens (außer Zahlungsmittel) c. Minderung der Zahlungsmittel (Bank, Kasse) d. Finanzierung aus Abschreibung
Die Kapitalflussrechnung verdeutlicht, welche Mittelbewegungen im Unternehmen stattgefunden haben, d. h. woher die Mittel des Unternehmens gekommen sind und wofür sie verwendet wurden. Dabei werden die Mittelzuflüsse und die Mittelabflüsse eingeteilt in die betriebliche Tätigkeit, in die Investitionstätigkeit und die Finanzierungstätigkeit. Kapitalmarktorientierte Unternehmen haben entsprechend § 264 (1) HGB eine Kapitalflussrechnung als Bestandteil des Jahresabschlusses zu erstellen. Auch zu einem Konzernabschluss gehört nach § 297 (1) HGB die Kapitalflussrechnung. Die Kapitalflussrechnung wird entweder nach der direkten Methode oder der indirekten Methode aufgestellt. Bei der direkten Methode werden alle Einzahlungen und Auszahlungen unmittelbar aus dem Zahlenwerk des Unternehmens ermittelt. Diese Methode ist daher nur intern anwendbar, da ein Einblick in die betrieblichen Zahlungsmittelströme erforderlich ist. Bei der indirekten Methode werden die Einzahlungen und Auszahlungen aus den Aufwendungen und Erträgen sowie den Veränderungen der Aktiva und der Passiva der Bilanz abgeleitet. Diese Methode eignet sich demzufolge auch für den externen Analysten, der die Werte aus den veröffentlichten Geschäftsberichten entnehmen kann. Ein vom Deutschen Standardisierungsrat (DSR 21) empfohlenes Berechnungsschema für die indirekte Methode ist in nachfolgender Tabelle dargestellt.
202
9. Auswertung des Jahresabschlusses Tabelle 13 Schema zur Kapitalflussrechnung nach DRS 211
1.
Periodenergebnis
2. +/–
Abschreibungen / Zuschreibungen auf das Anlagevermögen
3. +/–
Zunahme / Abnahme der Rückstellungen
4. +/–
sonstige zahlungsunwirksame Aufwendungen / Erträge
5. +/–
Abnahme / Zunahme der Vorräte, Forderungen aLL sowie anderer Aktiva, die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind
6. +/–
Zunahme / Abnahme der Verbindlichkeiten aLL sowie anderer Passiva, die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind
7. +/–
Verlust / Gewinn aus dem Abgang von Anlagevermögen
8. +/–
Zinsaufwendungen / Zinserträge
9.
Sonstige Beteiligungserträge
./.
10. +/–
Aufwendungen / Erträge aus außerordentlichen Posten
11. +/– Ertragsteueraufwand/-ertrag 12.
./.
Einzahlungen aus außerordentlichen Posten
13.
+
Auszahlungen aus außerordentlichen Posten
14. +/– 15.
=
16. 17.
Ertragsteuerzahlungen Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit (Summe aus 1 bis 14) Einzahlungen aus Abgängen des immateriellen Anlagevermögens
./.
Auszahlungen für Investitionen in das immaterielle Anlagevermögen
18.
+
Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Sachanlagevermögens,
19.
./.
Auszahlungen für Investitionen in das Sachanlagevermögen
20.
+
Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Finanzanlagevermögens
21.
./.
Auszahlungen für Investitionen in das Finanzanlagevermögen
22.
+
Einzahlungen aus Abgängen aus dem Konsolidierungskreis
23.
./.
Auszahlungen für Zugänge zum Konsolidierungskreis
24.
+
Einzahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition
25.
./.
Auszahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition
26.
+
Einzahlungen aus außerordentlichen Posten
27.
./.
Auszahlungen aus außerordentlichen Posten
28.
+
Erhaltene Zinsen
29.
+
Erhaltene Dividenden
1
Empfehlungen des Deutschen Standardisierungsrates (DRS 21).
9.5 Das RoI-Kennzahlensystem 30.
=
31.
203
Cashflow aus der Investitionstätigkeit (Summe aus 16 bis 29) Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen von Gesellschaftern des Mutterunternehmens
32.
+
Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen von anderen Gesellschaftern
33.
./.
Auszahlungen aus Eigenkapitalherabsetzungen an Gesellschafter des Mutterunternehmens
34.
./.
Auszahlungen aus Eigenkapitalherabsetzungen an andere Gesellschafter
+
Einzahlungen aus der Begebung von Anleihen und der Aufnahme von (Finanz-) Krediten
36.
./.
Auszahlungen aus der Tilgung von Anleihen und (Finanz-) Krediten
37.
+
Einzahlungen aus außerordentlichen Posten
38.
./.
Auszahlungen aus außerordentlichen Posten
39.
./.
Gezahlte Zinsen
40.
./.
Gezahlte Dividenden an Gesellschafter des Mutterunternehmens
41.
./.
Gezahlte Dividenden an andere Gesellschafter
42.
=
Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit (Summe aus 31 bis 41)
35.
43.
Zahlungswirksame Veränderungen des Finanzmittelfonds (Summe aus 15, 30 und 42)
44. +/–
Wechselkurs- und bewertungsbedingte Änderungen des Finanzmittelfonds
+/–
Konsolidierungskreisbedingte Änderungen des Finanzmittelfonds
45.
+
Finanzmittelfonds am Anfang der Periode
46.
=
Finanzmittelfonds am Ende der Periode (Summe aus 43 bis 45)
Die Kapitalflussrechnung gibt Auskunft über die Mittelherkunft und Mittelverwendung im Unternehmen und ergänzt damit die Informationen aus der Bilanz und GuV um die strömungsgrößenorientierte Betrachtung.
9.5 Das RoI-Kennzahlensystem Neben dem bisher vorgestellten Vorgehen der Kennzahlenermittlung und Interpretation hat sich eine Reihe von sogenannten Kennzahlensystemen herausgebildet, die die isolierte Betrachtung einzelner Kennzahlen ergänzen und vor allem die Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen den Kennzahlen untersuchen. Eines der am weitesten verbreitete ist das RoI-Kennzahlensystem (auch RoIBaum oder DuPont-System). Mit RoI wird der „Return on Investment“ bezeichnet. Er spiegelt im Endeffekt die Relation wider. RoI =
Betriebsergebnis vor Zinsen Betriebsnotwendiges Vermögen
204
9. Auswertung des Jahresabschlusses
Der RoI ist vergleichbar mit der Gesamtkapitalrentabilität. An die Stelle des Gesamtkapitals tritt die Größe „Betriebsnotwendiges Vermögen“, dieses wird aus dem Gesamtvermögen abgeleitet und stellt das Vermögen dar, welches für die betriebliche Tätigkeit erforderlich ist. Die Basisgrößen lassen sich wie folgt umformen:
RoI =
Umsatzrentabilität Umschlagshäufigkeit des Betriebsnotwendigen Vermögens
=
Betriebsergebnis vor Zinsen Umsatzerlöse
=
Umsatzerlöse Betriebsnotwendiges Vermögen
Die Umsatzrentabilität wurde bereits vorgestellt. An die Stelle der Umschlagshäufigkeit des betriebsnotwendigen Vermögens kann der Kapitalumschlag (betriebsnotwendiges Kapital) gesetzt werden. Die Abbildung 40 zeigt eine übersichtliche Darstellung der Zusammensetzung des RoI und macht damit gleichzeitig Beeinflussungsmöglichkeiten der Einzelgrößen sichtbar. Die weitere Aufgliederung der Größen Umsatzrentabilität und Kapitalumschlag macht deren Entstehung aus einzelnen Bilanzgrößen und GuV-Werten deutlich. Der Berechnungsbaum erlaubt nun die Analyse von Stellgrößen, die die Zielgröße RoI beeinflussen. Das Management kann so konkrete Vorgaben für einzelne Werte festlegen, die als Steuerungsgrößen unmittelbaren Einfluss auf die Kapitalrentabilität haben.
Umsatz rentabilität
Gesamt‑ leistung
Material aufwand
EBIT
./.
÷
Betrieblicher Aufwand
Personal aufwand
Umsatz ROI
× Umsatz Kapital umschlag
Ausschreibung Sonstiger Aufwand
÷
Anlage vermögen
Investiertes Kapital
+
Vorräte
Umlauf vermögen
Forderungen Liquide Mittel
Abbildung 40: Return on Investment
9.6 Kapitalmarktorientierte Kennzahlen
205
Der DuPont-Kennzahlenbaum zeigt deutlich auf, wie die Kennzahlen mathematisch miteinander verknüpft sind. Die Veränderungen der einzelnen Größen auf dem oberen oder unteren Ast wirken sich unmittelbar auf die Zielgröße ROI aus. Das System ist somit gut zur Steuerung im Unternehmen geeignet. Es macht deutlich in welchem Maß einzelne Größen angepasst werden müssen um einen angestrebten Ziel-ROI zu erreichen.
9.6 Kapitalmarktorientierte Kennzahlen Für kapitalmarktorientierte Unternehmen wurden zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage neben den klassischen Kennzahlen und Kennzahlensystemen eine Anzahl weiterer Kenngrößen entwickelt. Die Definitionen und Erläuterungen zu den nachfolgenden Kennzahlen beruhen im Wesentlichen auf Ausführungen von Scheffler 20112. Gewinn / Ergebnis je Aktie Die Kennzahl „Gewinn je Aktie“ (earning per share, Abk.: EPS) ist für die IFRS-Rechnungslegung standardmäßig festgelegt (IAS 33). Soweit deutsche Unternehmen nach HGB bilanzieren können sie freiwillig das Ergebnis je Aktie veröffentlichen: Gewinn je Aktie =
Jahresüberschuss × Nennwert je Aktie Ø gezeichnetes Kapital
Durch die Analyse dieser Kennzahl, im Zeitverlauf oder im Vergleich werden Rückschlüsse auf die Ertragskraft des Unternehmens gezogen. Die Kennzahl muss jedoch im Gesamtkontext einer Bilanzanalyse gesehen werden. Isoliert betrachtet ist sie wenig aussagefähig. Darüber hinaus wird das Ergebnis je Stammaktie ermittelt. Etwaige Vorzugsaktien bleiben außer Ansatz, sodass Vorzugsdividenden vom Jahresergebnis zu kürzen sind. Das Ergebnis je Aktie soll ein Maßstab für die Beteiligung jeder Stammaktie an der Ertragskraft des Unternehmens sein. Beim Konzern ist von den Stammaktionären des Mutterunternehmens und dem ihnen zuzurechnenden Konzernergebnis auszugehen. Das Konzernergebnis ist ggf. um die Vorzugsdividenden zu kürzen. Es wird zwischen dem unverwässerten und dem verwässerten Ergebnis je Aktie unterschieden. Unverwässertes Ergebnis je Aktie =
2
Konzernergebnis − Vorzugsdividenden Ø Anzahl Stammaktien
Scheffler, E.: IFRS-Kennzahlen-Dictionary – IFRS Ratios, München 2011.
206
9. Auswertung des Jahresabschlusses
Beim unverwässerten Ergebnis je Aktie wird im Zähler das Konzernergebnis um etwaige Dividenden an Vorzugsaktionäre gekürzt und im Nenner die gewichtete durchschnittliche Anzahl der während der Rechnungsperiode im Umlauf gewesenen Stammaktien (= ausstehende Stammaktien) angesetzt. Beispiel: Der Jahresüberschuss des Unternehmens beträgt 125.000 Euro. Es existieren zwei Aktiengattungen. Im Berichtszeitraum waren 10.000 Stammaktien und 2.000 Vorzugsaktien ausgegeben. Auf die Stammaktien wird eine Dividende von 4,60 Euro und auf die Vorzugaktien eine Dividende in Höhe von 7,50 Euro ausgezahlt. Die Berechnung der Kennzahl erfolgt wie folgt: Im ersten Schritt wird der nicht ausgeschüttete Gewinn pro Aktie bestimmt: 125.000 Euro – (10.000 × 4,60 Euro) – (2. 000 × 7,50 Euro) = 64.000 / 12.000 = 5,00 Euro pro Aktie
Im zweiten Schritt wird das Ergebnis je Aktie bestimmt: Unverwässertes Ergebnis je Stammaktie: 5,00 Euro + 4,60 Euro = 9,60 Euro / Aktie Unverwässertes Ergebnis je Vorzugsaktie: 5,00 Euro + 7,50 Euro = 12,50 Euro / Aktie.
Verwässertes Ergebnis je Aktie =
Konzernergebnis − Vorzugsdividenden + Zinsaufwand f. potenzielle Stammaktien Ø Anzahl ausstehender und potenzieller Stammaktien
Sind in einem Unternehmen neben den ausgegebenen Aktien potenzielle Aktien ausstehend, ist das Verwässerte Ergebnis je Aktie anzugeben. Dieses schließt auch potenzielle Stammaktien ein, die sich aus Optionen oder aus der Umwandlung von Wandelanleihen ergeben, die den Inhabern Bezugsrechte auf Stammaktien einräumen. Dabei ist das Konzernergebnis um die Nach-Steuer-Aufwendungen für die potenziellen Stammaktien zu erhöhen, z. B. Nach-Steuer-Beträge der Zinsaufwendungen für Wandelanleihen. Beispiel: Der Jahresüberschuss des Unternehmens beträgt 270.000 Euro. Im Berichtszeitraum waren 300.000 Stammaktien sowie 1.000 Anleihen im Nominalwert von je 1.000 Euro ausgegeben. Die Anleihen werden mit 6 % verzinst und können jeweils in 100 Aktien der Gesellschaft gewandelt werden. Der Steuersatz der Gesellschaft beträgt 30 %. Das unverwässerte Ergebnis je Aktie beträgt: 270.000 Euro / 300.000 = 0,90 Euro / A ktie. Das verwässerte Ergebnis wird unter der Annahme bestimmt, dass die Anleihen zu Beginn des Berichtsjahres in insgesamt 100.000 Aktien umgewandelt worden wären (verwässerte Anzahl an Aktien). Der Jahresüberschuss
9.6 Kapitalmarktorientierte Kennzahlen
207
ist nun um die für die Anleihen angefallenen Zinsen unter Berücksichtigung der Steuern zu korrigieren: 1.000 Euro × 1.000 Stück × 6 % (1 − 0,3) = 42.000 Euro Das verwässerte Ergebnis beträgt demzufolge 312.000 Euro. Das verwässerte Ergebnis je Aktie beläuft sich auf: 312.000 Euro / (300.000 Stück + 100.000 Stück) = 0,78 Euro / A ktie Der Unterschied zwischen dem unverwässerten und dem verwässerten Ergebnis je Aktie zeigt den Einfluss von Aktienoptionsplänen und von Maßnahmen der Eigenkapitalbeschaffung. Kennzahlenvarianten zum Ergebnis je Aktie legen als Ergebnis das EBITDA oder den operativen Cashflow zugrunde. Diese Varianten verbessern die Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Im ersten Fall wird als Beispiel von der verwässerten Anzahl der Stammaktien ausgegangen. Hiermit wird das operative Ergebnis je Aktie ermittelt, und zwar unabhängig von Kapitalstruktur, Steuergesetzen und unterschiedlichen Abschreibungspolitiken. Ergebnis je Aktie =
EBITDA Ø Anzahl ausstehender und potenzieller Stammaktien
Geht man dagegen vom operativen Cashflow aus, ist die Kennzahl unabhängig von den angewandten Rechnungslegungsgrundsätzen und ergänzt insoweit die Kennzahl „Ergebnis je Aktie“. Ergebnis je Aktie =
Operativer Cashflow Ø Anzahl ausstehender und potenzieller Stammaktien
Kennzahlen zur Gewinnausschüttung Maßgeblich für mögliche Gewinnausschüttungen eines Unternehmens ist sein Jahres- oder Einzelabschluss. Dementsprechend ergeben sich die Gewinnansprüche der Aktionäre des Mutterunternehmens allein aus dessen Einzelabschluss. Dennoch ist die auf den Konzern-Jahresüberschuss bezogene Ausschüttungsquote interessant, weil die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Mutterunternehmens im Wesentlichen durch den Konzernabschluss abgebildet wird. Die Kennzahl lässt z. B. erkennen, ob mehr oder weniger Gewinn an die Aktionäre des Mutterunternehmens ausgeschüttet wird, als der Konzern insgesamt erzielt hat. Ausschüttungsquoten Die Ausschüttungsquote zeigt, welcher Teil des Jahresüberschusses an die Unternehmenseigentümer ausgeschüttet wird. Der Restanteil, der als Gewinnvortrag bzw. Zuführung zu den Gewinnrücklagen im Unternehmen thesauriert wird, ist ein Ausdruck der Selbstfinanzierung des Unternehmens.
208
9. Auswertung des Jahresabschlusses
Ausschüttungsquote =
Dividendenausschüttung
× 100
Jahresüberschuss
Die Kennzahl ist prinzipiell aus dem Jahresabschluss abzuleiten, der für die Gewinnausschüttung maßgeblich ist. Nachrichtlich kann die Ausschüttungsquote auf das Konzernergebnis und die Dividende an die Stammaktionäre des Mutterunternehmens bezogen werden. Dividende je Aktie Die Dividende wird auf Grundlage eines Hauptversammlungsbeschlusses festgelegt und an die Aktionäre ausgeschüttet. Die Höhe der Ausschüttung hängt sowohl von der Ertragskraft als auch den konjunkturellen Erwartungen ab. Sie wird maßgeblich durch die Ausschüttungspolitik des Unternehmens bestimmt. Die Kennzahl kann auf sämtliche Aktiengattungen oder auch nur auf die Stammaktien bezogen werden. Sie verdeutlicht den Gewinnanteil, der den einzelnen Aktionären zufließt und ist damit neben den Kurssteigerungen entscheidend für die Rendite ihres Kapitaleinsatzes. Dividende je Aktie =
Ausgeschüttete Dividende Anzahl (Stamm-)Aktien
Dividendenrendite Die Kennzahl gibt Aufschluss über die Verzinsung des zum Börsenwert angesetzten Aktienkapitals und über die Rendite des Aktienbesitzes. Dividendenrendite =
Dividende je Aktie Börsenkurs der Aktie
× 100
Marktkapitalisierung Der Marktwert des Unternehmens (Marktkapitalisierung) gibt den aktuellen Wert des Unternehmens an den Finanzmärkten an. Er spiegelt sich in folgenden Kennzahlen wider: Börsenwert des Unternehmens Der aktuelle Markt- oder Börsenwert des Eigenkapitals ergibt sich aus der Multiplikation der Anzahl der Aktien mit ihrem Börsenkurs. Hierbei sind sowohl die Stamm- als auch die Vorzugsaktien zu berücksichtigen. Börsenwert =
Anzahl Aktien × Börsenkurs
Die Differenz zwischen dem höheren Börsenwert und dem Bilanzwert des Eigenkapitals kann als Mehrwert für stille Reserven und einen Geschäfts- oder Firmenwert gedeutet werden. Die Differenz stellt gewissermaßen das Aufgeld für positive Zukunftsaussichten dar.
9.6 Kapitalmarktorientierte Kennzahlen
209
Bilanzkurs Ausgangspunkt ist entweder das bilanzielle Eigenkapital laut Jahresabschluss des Mutterunternehmens oder das den Gesellschaftern des Mutterunternehmens zuzurechnende Eigenkapital des Konzerns. Der Quotient von bilanziellem Eigenkapital und dem gezeichneten Kapital ergibt den Bilanzkurs der Aktie. Er gibt ähnlich dem Börsenwert Hinweise auf stille Reserven und einen Geschäfts- oder Firmenwert. Bilanzkurs =
Bilanzielles Eigenkapital Gezeichnetes Kapital
× 100
Buchwert je Aktie Der Quotient von bilanziellem Eigenkapital und der Anzahl der ausgegebenen Aktien ergibt den Buchwert je Aktie, der dem Börsenkurs der Aktie gegenübergestellt wird. Dieser liegt in der Regel deutlich über diesem Wert, da er die Erwartungen des Marktes in den Erfolg des Unternehmens widerspiegelt. Buchwert je Aktie =
Bilanzielles Eigenkapital Anzahl der Aktien
Kurs-Gewinn-Verhältnis Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) spielt im Zusammenhang mit Unternehmensanalysen und Prognosebetrachtungen eine große Rolle. Es ist leicht zu ermitteln und findet daher verbreitet Anwendung. Für Anlageempfehlungen wird das KGV auf der Basis der Gewinnerwartung des laufenden Jahres gebildet. Die Entwicklung des prognostizierten KGV ist dabei unbedingt zu betrachten. Das KGV ist aufgrund der Spielräume bei der Ergebnisermittlung kritisch zu betrachten und wird in vielen Analysen durch das Kurs-Cashflow-Verhältnis ergänzt. In der Praxis wird der Wert mit branchendurchschnittlichen KGV’s verglichen, um eine Beurteilung des Unternehmens zu ermöglichen. Kurs-Gewinn-Verhältnis =
Börsenkurs je Aktie Ergebnis je Aktie
Dynamisches Kurs-Gewinn-Verhältnis Das dynamische KGV setzt das KGV ins Verhältnis zur erwarteten durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR – Compound Annual Growth Rate) des Gewinns. Mit dieser Dynamisierung, die teils aus der Vergangenheitsentwicklung, teils aus Unternehmens- und Branchenprognosen abgeleitet wird, soll auf die künftige Gewinnentwicklung abgestellt werden. Dynamisches KGV =
KGV Ø Jährliche Wachstumsrate des Gewinns
210
9. Auswertung des Jahresabschlusses
Bei einem dynamischen KGV von 1 wäre das Unternehmen zutreffend bewertet; bei einem dynamischen KGV von über 1 gilt das Unternehmen tendenziell als überbewertet, bei einem von unter 1 als unterbewertet. Das dynamische KGV eignet sich besonders zur Beurteilung schnell expandierender Unternehmen. Kurs-Cashflow-Verhältnis Das Kurs-Cashflow-Verhältnis ist eine komplementäre Kennzahl zum Kurs-Gewinn-Verhältnis. Es beschreibt mit einem Wievielfachen des Cashflows eine Aktie an der Börse bewertet wird. Die Kennzahl findet vor allem dann Anwendung, wenn aufgrund von Verlusten kein KGV ermittelt werden kann. Kurs-Cashflow-Verhältnis =
Börsenwert Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit
9.7 Beispiel zur Kennzahlenanalyse Für eine Gesamtauswertung mit Hilfe von Kennzahlen soll das nachfolgende Beispiel herangezogen werden. Es handelt sich um ein mittelständisches Industrieunternehmen in der Rechtsform Aktiengesellschaft. Die Gesellschaft ist nicht börsennotiert. Alle Aktien befinden sich in Privatbesitz. Die Anzahl der Stammaktien beträgt 500.000 Stück. In den Jahren 01 und Jahr 02 wurde jeweils eine Dividende in Höhe von 10 Cent pro Aktie gezahlt. Eine Ausschüttung in gleicher Höhe ist für das Jahr 03 vorgesehen. Die Anzahl der durchschnittlich im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer stieg von 29 im Jahr 01 auf 30 im Jahr 02 und auf 31 im Jahr 03. Die Anlagenabgänge erfolgten in allen Geschäftsjahren mit einem Restbuchwert von null Euro. Folgende, teilweise bereits aufbereitete und korrigierte Bilanz und GuV liegen vor (Alle Angaben in T-Euro). Bilanz AKTIVA
PASSIVA Jahr 03 Jahr 02 Jahr 01
Anlagevermögen immaterielles AV Sachanlagen Finanzanlagen
Jahr 03 Jahr 02 Jahr 01 Eigenkapital
25
20
10
1.930
1.840
1.880
300
200
150
gez. Kapital
500
500
500
Kapitalrücklage
200
200
200
Gewinnrücklage
900
800
750
Jahresüberschuss
200
150
100
211
9.7 Beispiel zur Kennzahlenanalyse Bilanz AKTIVA
PASSIVA Jahr 03 Jahr 02 Jahr 01
Jahr 03 Jahr 02 Jahr 01
Umlaufvermögen Rückstellungen
Vorräte
420
580
450
Forderungen
300
310
250
Pensionsrückst.
100
90
80
Sonstige Rückst.
60
70
50
Wertpapiere Zahlungsmittel
50
50
50
280
285
130 Fremdkapital
Rechnungsabgrenzungsposten Aktive RAP
30
40
50
Aktive latente Steuern
Darlehen (LZ 8a)
650
750
800
Darlehen (LZ 3a)
300
350
200
Verbindlichk. aLL
270
225
170
175
205
130
3.355
3.340
2.980
Sonstige kurzfristige 20
15
10
3.355
3.340
2.980
Verbindlichkeiten
Entwicklung des Anlagevermögens:
01.01
w31.12
RBW
31.12
01.01
Zugänge
Abgänge
Kumulierte Abschreibung 31.12
Abgänge
01.01
Zugänge
Historische AHK
Jahr 03 IVG des AV Sach-AV Finanz-AV
25
10
0
35
5
5
270 3.290 1.360
590
0
10
20
25
2.880
680
200
120
20
300
0
20
200
0
200
300
10
15
0
25
0
5
0
5
10
20
2.660
660
440 3.720 1.040
700
150
50
270 1.790 1.840 1.930
Jahr 02 IVG des AV Sach-AV Finanz-AV
0
300
0
0
0
10
0
0
370 2.660 1.030
550
440 1.470 1.880 1.840 0
0
150
200
0
0
0
10
Jahr 01 IVG des AV Sach-AV Finanz-AV
0
10
2.400
630
100
50
0
150
0
0
370 1.210 1.800 1.880 0
0
100
150
212
9. Auswertung des Jahresabschlusses
Gewinn- und Verlustrechnung nach Gesamtkostenverfahren (in T-Euro) Jahr 03
Jahr 02
Jahr 01
Umsatzerlöse
6.500
5.970
6.060
Bestandsänderungen fertige u. unfertige Erzeugnisse
− 140
205
80
20
50
15
Andere aktivierte Eigenleistungen Sonstige betriebliche Erträge
75
80
65
Materialaufwand
2.510
2.500
2.480
Personalaufwand
2.370
2.300
2.470
Abschreibungen
615
705
550
sonstige betriebliche Aufwendungen
610
505
520
Zinsen und ähnliche Erträge
10
15
10
Zinsen und ähnliche Aufwendungen
60
75
55
Steuern vom Einkommen und Ertrag Ergebnis nach Steuern
85
70
40
215
165
115
Sonstige Steuern
15
15
15
Jahresüberschuss
200
150
100
Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens in den abgelaufenen Geschäftsjahren ist zu analysieren. Dazu ist zunächst eine Strukturbilanz zu erstellen. Es sind folgende Kennzahlen für die drei Geschäftsjahre zu bilden und in ihrer Entwicklung zu interpretieren (Kennzahlen die Durchschnittswerte erfordern, sind im Jahr 01 mit dem Bestandswert zur berechnen): – Anlagenintensität – Umschlagshäufigkeit der Vorräte – Kundenzahlungsziel – Eigenkapitalquote – Liquidität 1., 2. und 3. Grades – Cashflow – Dynamischer Verschuldungsgrad – Gesamtleistung – EBIT – Umsatzrentabilität – Gesamtkapitalrentabilität – Personalaufwandsquote – Gewinn je Aktie
– Vorratsquote – Forderungsquote – Anlagenabnutzungsgrad – Anlagendeckungsgrad I und II – Nettoumlaufvermögen – Überschussniveau – Innenfinanzierungsgrad – Betriebsergebnis – EBIDA – Eigenkapitalrentabilität – Materialaufwandsquote – Arbeitsproduktivität – Dividendenrentabilität
213
9.7 Beispiel zur Kennzahlenanalyse
Es ist die Bewegungsbilanz für das Jahr 03 und die Kapitalflussrechnung für die Jahre 03 und 02 zu erstellen. Lösungshinweise: Zu Ermittlung einiger Kennzahlen wurden die Daten noch um das Jahr „00“ ergänzt. Strukturbilanz AKTIVA
PASSIVA Jahr 03
Jahr 02
Jahr 01
Jahr 00
Anlagevermögen
Jahr 03
Jahr 02
Jahr 01
Jahr 00
Eigenkapital 2.255 2.060 2.040 1.900
Umlaufvermögen
1.730 1.585 1.490
1.450
1.605 1.740 1.480
1.440
Fremdkapital 930
990
Vorräte
1.080 1.265 420
580
450
460 FK langfristig
750
840
880
910
Forderungen
330
350
300
300 FK mittelfristig
300
350
200
150
Liquide Mittel
330
335
180
230 FK kurzfristig
555
550
400
380
3.335 3.325 2.970
2.890
3.335 3.325 2.970 2.890
Die Berechnung der Kennzahlen wird in der nachfolgenden Übersicht abgebildet. Im Berichtsjahr 03 wird zur Nachvollziehbarkeit die Formel mit den Werten angegeben. Die Beurteilung der Trends wird in der letzten Spalte mit einem Plusoder Minus-Zeichen angezeigt. Dort wo ein eindeutiger Trend oder eine klare Interpretation ohne Vergleichsdaten aus der Branche nicht möglich ist, steht eine „o“. Kennzahl Anlagenintensität = Vorratsquote = Umschlagshäufigkeit d. Vorräte = Forderungsquote = Kundenzahlungsziel =
Jahr 03 2.255 ∙ 100 % 3.335 430 ∙ 100 % 3.335 2.510 (580 + 420) / 2 330 ∙ 100 % 3.335 (350 + 330) / 2 ∙ 360 6.500
Jahr 02
Jahr 01 Trend
= 67,6 %
= 62,0 %
= 68,7 %
o
= 12,6 %
= 17,4 %
= 15,2 %
+
= 5,0
= 4,9
= 5,5
−
= 9,9 %
= 10,5 %
= 10,1 %
o
= 18,8 d
= 19,6 d
= 17,8 d
+
214
9. Auswertung des Jahresabschlusses Kennzahl
Jahr 03
Anlagenabnutzungsgrad = Eigenkapitalquote = Anlagendeckungsgrad I = Anlagendeckungsgrad II = Liquidität 1. Grades = Liquidität 2. Grades = Liquidität 3. Grades = Nettoumlaufvermögen Cashflow Überschussniveau = Dyn. Verschuldungsgrad = Innenfinanzierungsgrad =
1.790 ∙ 100 % 3.290 1.730 ∙ 100 % 3.335 1.730 ∙ 100 % 2.255 (1.730 + 750) ∙ 100 % 2.255 330 ∙ 100 % 555 (330 + 330) ∙ 100 %
Jahr 02
Jahr 01 Trend
= 48,1 %
= 44,4 %
= 39,2 %
−
= 51,9 %
= 47,7 %
= 50,2 %
+
= 76,7 %
= 76,9 %
= 73,0 %
o
= 110,0 % = 117,7 % = 116,2 %
+
= 59,5 %
o
= 60,9 %
= 45,0 %
= 118,9 % = 124,5 % = 120,0 %
+
= 194,6 % = 230,0 % = 232,5 %
−
1080 – 555
= 525
= 715
= 530
o
200 + 615 + 10
= 825
= 865
= 670
+
= 12,7 %
= 14,5 %
= 11,1 %
o
= 1,6 a
= 1,6 a
= 1,9 a
+
555 (420 + 660) ∙ 100 % 555
825 ∙ 100 % 6.500 1.605 – 330 825 825 810
= 101,9 % = 119,3 % = 97,1 %
+
Gesamtleistung = 6.500 – 140 + 20 + 75 = 6.455
= 6.305
= 6.220
+
Betriebsergebnis=
= 335
= 280
= 185
+
EBIT =
200 + 15 + 85 + 60 = 355
EBITDA = Eigenkapitalrentabilität = Gesamtkapitalrentabilität = Umsatzrentabilität = Materialintensität =
EBIT + 616 1.730 ∙ 100 % 200 (200 + 60) ∙ 100 % 200 335 ∙ 100 % 6.500 2.510 ∙ 100 % 6.455
= 280
= 185
+
= 950
= 985
= 735
+
= 12,1 %
= 9,8 %
= 6,9 %
+
= 7,8 %
= 7,1 %
= 5,4 %
+
= 5,2 %
= 4,7 %
= 3,1 %
+
= 38.9 %
= 39,7 %
= 39,9 %
+
215
9.7 Beispiel zur Kennzahlenanalyse Kennzahl Personalintensität = Arbeitsproduktivität Gewinn je Aktie = Ausschüttungsquote =
Jahr 03 2.370 ∙ 100 % 6.455 6.455 31 200 500.000 50 ∙ 100 % 200
Jahr 02
Jahr 01 Trend
= 36,7 %
= 36,5 %
= 39,7 %
+
= 208,2
= 210,2
= 214,5
−
= 0,40
= 0,30
= 0,20
+
= 25,0 %
= 33,3 %
= 50,0 %
−
Zusammenfassende Beurteilung der Kennzahlen Betrachtet man die Unternehmenssituation statistisch, ergibt sich ein positives Bild. Die Anlagendeckung ist positiv. Das Anlagevermögen war im Berichtsjahr zu 76,7 % durch Eigenkapital und der übrige Teil durch langfristiges (Fremd-)Kapital gedeckt. Der Anlagendeckungsgrad II ist gegenüber den Vorjahren gesunken, übersteigt aber den Mindestwert von 100 %. Deutlich verschlechtert hat sich die Kenngröße Anlagenabnutzungsgrad. Hier wird deutlich, dass in den kommenden Perioden mit einem erhöhten Investitionsbedarf zu rechnen ist. Auch die Liquiditätssituation hat sich im Laufe der Jahre leicht verschlechtert. Die Liquidität 2. Grades erreicht im Berichtsjahr 118 %, d. h. die flüssigen Mittel und die Forderungen reichen aus, um das kurzfristige Fremdkapital abzudecken. Die Liquidität 3. Grades überschreitet in den beiden Vorjahren die angestrebte Grenze von 200 %, wobei im Berichtsjahr diese Grenze leicht unterschritten wird. Diese Kenngröße als Insolvenzfrüherkennungsmerkmal muss weiter beobachtet werden. Die Entwicklung der Umsatzrentabilität ist positiv zu beurteilen. Sie hat sich kontinuierlich verbessert. Die Eigenkapital- und die Gesamtkapitalrentabilität sind allerdings rückläufig. Dynamisch betrachtet wird eine leichte Verschlechterung der Unternehmenssituation deutlich. Das Unternehmen konnte zwar die Umsätze erhöhen und die Vorräte abbauen. Die Umschlagshäufigkeit der Vorräte ist zunächst gesunken, hat sich im Berichtjahr wieder geringfügig verbessert. Auch die Arbeitsproduktivität und die Umsatzquote pro Arbeitnehmer sind gesunken. Die Personalintensität ist leicht gesunken, d. h. die Produktion ist bezogen auf die Personalkosten gesunken. Die Materialintensität ist im Berichtsjahr gegenüber dem Vorjahr von 39,7 % auf 38,9 % gesunken. Mögliche Ursachen sind der Einsatz billigeren Materials oder Einsparungen im Materialverbrauch. Der Gewinn ist deutlich gestiegen, das ist auf Einsparungen in allen Kostenbereichen zurückzuführen.
216
9. Auswertung des Jahresabschlusses
Die wesentlichen Veränderungen der Bilanzpositionen werden noch einmal mit der Bewegungsbilanz gezeigt: Bewegungsbilanz Jahr 03 MITTELVERWENDUNG
MITTELHERKUNFT
INVESTITION
FINANZIERUNG
AV immaterielles AV Sachanlagen Finanzanlagen
5
EK Gewinnrücklage
100
90
Jahresüberschuss
50
100
FK Pensionsrückst.
10
Verbindlichkeiten aLL
45
Aktive Latente Steuern
5
DEFINANZIERUNG FK Sonstige Rückst.
DEINVESTITION 10
UV Vorräte
Darlehen (LZ 8a)
100
Darlehen (LZ 3a)
50
Zahlungsmittel
30
Aktive RAP
Sonstige kurzfr. Verbindlichkeiten
160 10
Forderungen
5 10
390
390
Der Cashflow schwankt in den betrachteten Jahren. Er reicht jedoch aus um die Investitionen zu bezahlen. Die genauere Betrachtung der Cashflows wird mit der Kapitalflussrechnung verdeutlicht. Diese zeigt, dass das Unternehmen in der Lage ist aus der laufenden Geschäftstätigkeit Überschüsse zu erwirtschaften, die sowohl für die Finanzierung der Investitionen als auch für Tilgungen und Dividenden genutzt werden konnten. Deutlich wird jedoch auch, dass sich die Liquiditätssituation nicht wesentlich verbessern konnte. KAPITALFLUSSRECHNUNG
Jahr 03
Jahr 02
Jahresüberschuss
200
150
Abschreibungen
615
705
10
10
Veränderung langfristiger Rückstellungen BRUTTOCASHFLOW
825
865
Veränderung der Vorräte
160
− 130
10
− 60
Veränderung der Forderungen aLL Veränderung der Verbindlichkeiten aLL
45
55
Veränderung der kurzfristigen Rückstellungen
− 10
20
Veränderung der sonstigen Verbindlichkeiten
− 30
75
Veränderung der RAP
10
10
Veränderung der latenten Steuern
− 5
− 5
217
9.7 Beispiel zur Kennzahlenanalyse CASHFLOW AUS OPERATIVER GESCHÄFTSTÄTIGKEIT Investitionen in IVG
1.005
830
− 10
− 15
Investitionen in Sachanlagen
− 680
− 660
Investitionen in Finanzanlagen
− 120
− 50
− 810
− 725
− 50
− 50
CASHFLOW AUS INVESTITIONSTÄTIGKEIT Dividendenzahlungen Aufnahme / Tilgung von Anleihen und langfristigen Krediten
− 150
100
CASHFLOW AUS FINANZIERUNG
− 200
50
Veränderung liquide Mittel
− 5
155
Fondsänderungsnachweis:
Stand liquide Mittel und Wertpapiere per 1. Januar
335
180
Stand liquide Mittel und Wertpapiere per 31. Dezember
330
335
Veränderung
− 5
155
Aufgabe 9.4: Ziehen Sie bitte zur Auswertung obigen Jahresabschlusses auch die folgenden Planzahlen für das Berichtsjahr heran. Ändert sich dadurch an der generellen Beurteilung der wirtschaftlichen Lage etwas? Planbilanz 04 AKTIVA
PASSIVA
Anlagevermögen immaterielles AV Sachanlagen Finanzanlagen
Eigenkapital 30
gez. Kapital
500
1.990
Kapitalrücklage
200
310
Gewinnrücklage
1.050
Jahresüberschuss
300
Umlaufvermögen Vorräte
430
Rückstellungen
Forderungen
250
Pensionsrückst.
110
Wertpapiere
50
Sonstige Rückst.
55
Zahlungsmittel
300 Fremdkapital
Rechnungsabgrenzungsposten Aktive RAP
40
Aktive latente Steuern
Darlehen (LZ 8a)
550
Darlehen (LZ 3a)
250
Verbindlichkeiten aLL
225
Sonstige kurzfristige 25 3.425
Verbindlichkeiten
185 3.425
218
9. Auswertung des Jahresabschlusses Plan-Gewinn- und Verlustrechnung Jahr 04 (in T-Euro) Umsatzerlöse
7.000
Bestandsänderungen fertige u. unfertige Erzeugnisse
− 100
Andere aktivierte Eigenleistungen
30
Sonstige betriebliche Erträge
55
Materialaufwand
2.800
Personalaufwand
2.450
Abschreibungen
605
sonstige betriebliche Aufwendungen
640
Zinsen und ähnliche Erträge
10
Zinsen und ähnliche Aufwendungen
55
Steuern vom Einkommen und Ertrag
130
Ergebnis nach Steuern
315
Sonstige Steuern
15
Jahresüberschuss
300
31.12
01.01
RBW
31.12
01.01
Zugänge
Abgänge
Kumulierte Abschreibung 31.12
Abgänge
Zugänge
01.01
Historische AHK
Jahr 04 IVG des AV Sach-AV Finanz-AV
35
10
3.720
650
300
20
0
105
5
350 4.020 1.790
590
0
45 320
0
20
0
15
25
30
350 2.030 1.930 1.990 0
10
300
310
Aufgabe 9.5: Führen Sie einen Branchenvergleich mit den in der Tabelle gegebenen Kennzahlen durch. Kennzahl
Branchen durchschnittswert von bis
Anlagenintensität
49 %
72 %
Vorratsquote
5 %
Umschlagshäufigkeit der Vorräte
9
Forderungsquote
5 %
10 %
19 Tage
32 Tage
39 %
85 %
Kundenziel Eigenkapitalquote
19 % 15,5
Ist-Wert
9.8 Vorbereitung auf das Rating im Unternehmen Gesamtkapitalrentabilität
15 %
32 %
Liquidität 2. Grades
95 %
130 %
Liquidität 3. Grades
155 %
350 %
72 %
92 %
Deckungsgrad A Deckungsgrad B
95 %
160 %
210 T€
295 T€
Personalintensität
21 %
31 %
Materialintensität
32 %
41 %
Umsatzquote
219
9.8 Vorbereitung auf das Rating im Unternehmen3 9.8.1 Systematisierung des Ratings Ursprünge Schon 1849 bewertete die Bradstreet’s Improved Commercial Agency die Boni tät der Schuldner von Warenkrediten mit dem Commercial Credit-Rating. Dies kann als Vorläufer des heutigen Credit Rating gesehen werden. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Erschließung der USA durch Eisenbahnlinien vor allem mit Anleihen amerikanischer Eisenbahngesellschaften finanziert. Die Emission von Anleihen stieg immens und mit ihr wuchs der anonyme Kapitalmarkt. Eine Risikoeinschätzung der Emittenten war jedoch schwierig. Um sich vor Betrügereien und Insolvenzen zu schützen, bedienten sich die Investoren der Hilfe von Bewertungsspezialisten. Im Jahr 1900 erfolgte die Gründung von John Moody & Company. Bereits 1909 wurde von John Moody ein Ratingsystem eingeführt, das sich der noch heute gebräuchlichen und auch von anderen Agenturen übernommenen Skala von Aaa bis C bediente. Nachdem anfangs nur Eisenbahnanleihen bewertet wurden, folgten später auch Anleihen von Industrie- und Versorgungsunternehmen und Obligationen der öffentlichen Hand. 1922 wurde von Fitch Investors Services das Rating auf alle Emittenten, auch die privaten ausgedehnt. 1941 kam es zum Zusammenschluss der heutigen S & Poor Global Ratings, die neben Moody’s Investors Service noch heute zu den weltweit führenden und anerkannten Ratingagenturen zählt. Seit 1970 wächst die Zahl der Agenturen, denn die Bedeutung der Ratings für den anonymen internationalen Kapitalmarkt stieg bis heute. Im Zusammenhang mit der Finanzkrise wird zunehmend über eine Aufsicht über die Ratingagenturen diskutiert, um eine qualitativ vergleichbare und vor allem unabhängige Bewertung zu gewährleisten. 3 Dieser Abschnitt ist eine stark gekürzte und aktualisierte Fassung der entsprechenden Kapitel aus: Hundt / Neitz / Grabau: „Rating als Chance für KMU“, München 2003.
220
9. Auswertung des Jahresabschlusses
9.8.2 Definition des Begriffes Rating Der Begriff Rating stammt aus dem angloamerikanischen Sprachgebrauch und bedeutet so viel wie Bewertung. Bei einem Rating wird ein Untersuchungsobjekt hinsichtlich einer bestimmten Zielsetzung bewertet und in eine ordinale Rangordnung gebracht. Es geht um die Erstellung von Prognosen und die Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten. Dazu wird eine Fülle von Fakten und komplexen Zusammenhängen zu einer Art Kennzahl komprimiert und anhand von Symbolen in eine internationale Finanzsprache übersetzt, wie in Tabelle 14 dargestellt. Tabelle 14 Ratingskalen von S & P, Moody’s und Fitch, im Vergleich4 Moody’s
Fitch
EDF in %
AAA AA+
Aaa, Aa1
AAA, AA+
0,01 0,02
AA
Aa2
AA
0,03
AA-
Aa3
AA-
0,04
Sehr gute Bonität
A+
A1
A+
0,05
Überdurchschnittliche Bonität
A
A2
A
0,07
A-
A3
A-
0,08
Gute Bonität
BBB+
Baa1
BBB+
0,12
Durchschnittliche Bonität
BBB
Baa2
BBB
0,30
BBB-
Baa3
BBB-
0,40
BB+
Ba1
BB+
0,90
Unterdurchschnittliche Bonität
BB
Ba2
BB
1,30
Schwache Bonität
BB-
Ba3
BB-
3,00
Sehr schwache Bonität; Bildung einer EWB ist notwendig
B+
B1
B+
4,40
B
B2
B
6,70
B-
B3
B-
Sehr schlechte Kreditqualität
CCC+ CCC CCC-
Caa
CCC
CC
Caa
CC
Ausfall sehr wahrscheinlich Ausfall äußerst wahrscheinlich
C
Ca
c
Ausfall / Zahlungsunfähigkeit
SD / D
C
RD / D
> 6,70
Investive Anlage
Ausgezeichnete Bonität
S & P
Spekulative Anlage
Beschreibung
> 10,00
4 Quelle: http://www.iww.de/mbp/archiv/finanzierung-und-rating-die-unterschiedlichenratingskalen-der-banken-f12018 vom 29. 12. 2022.
9.8 Vorbereitung auf das Rating im Unternehmen
221
Während eine Bilanzanalyse vergangenheitsorientiert ist und bei einer Unternehmensbewertung der wirtschaftliche Wert eines Unternehmens ermittelt wird, erhält man am Ende des Ratingverfahrens eine Aussage über die zukünftige Fähigkeit eines Unternehmens zur Tilgung und Verzinsung seiner Schulden, oder anders ausgedrückt, eine unabhängige Meinung über die künftige Fähigkeit und rechtliche Bindung eines Kreditnehmers oder Emittenten zur termingerechten Erfüllung von Zins- und Tilgungsverpflichtungen. 9.8.3 Internes versus externes Rating Externe und interne Ratings dürfen nicht als Gegensatz gesehen werden, sondern ergänzen einander. Ratings können entweder durch Kreditinstitute erstellt werden, dann spricht man vom internen Rating. Oder das Unternehmen beauftragt eine unabhängige Ratingagentur. Unabhängig bedeutet, dass keine Geschäftsbeziehungen
Externes Rating Standardverfahren – Bonitäts- und Risikogewichte von externen Ratingagenturen (Länderrisikogewichte von Ex- portversicherungsagenturen) – Zulassung der Rating- und Exportversicherungsagenturen durch die Aufsicht – Sicherheiten: definierte finanzielle Sicherheiten – Datenhistorie: nein – Ziel: Schaffung eines „Notausgangs“ für kleine, lokal tätige Institute
Internes Rating (IRB-Ansätze) 4 berücksichtigte Risikoparameter – Ausfallwahrscheinlichkeit der Ratingklasse (PD) – Forderungsbetrag bei Ausfall (EAD) – Verlust bei Ausfall (LGD) – Restlaufzeit (M) Basisverfahren – Schätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit – restliche Parameter durch aufsichtsrechtliche Standardschätzungen vorgegeben – Sicherheiten: Finanzielle Sicherheiten zzgl. Immobilien – Datenhistorie: für PD 5 Jahre Fortgeschrittenes Verfahren – Banken, die über detaillierte Messmethoden und umfassende Datenhistorien verfügen, können die Risikoparameter auf Basis des eigenen Kreditportfolios bestimmen – Sicherheiten: sämtliche Sicherheiten – Datenhistorie: für PD 5 Jahre, für EAD und LGD 7 Jahre.
Erhöhung der Datenanforderungen/Komplexität Voraussichtliche Verringerung des Kapitalverbrauchs Abbildung 41: Ratingverfahren nach Basel II
222
9. Auswertung des Jahresabschlusses
(z. B. ein eingeräumter Kredit) bestehen und sich der Kontakt auf die Vergabe und Überwachung des Ratings beschränkt. Dann handelt es sich um ein externes Rating. Bei beiden Verfahren werden Bonität und Schuldendienstfähigkeit eines Kreditnehmers beurteilt und er wird in eine Risikoklasse eingestuft. Die Abbildung 41 beinhaltet eine Übersicht zum externen und internen Rating und zeigt bereits einige Unterschiede auf. Gemäß dem Konsultationspapier vom Januar 2001 sollten die Banken im Laufe der Zeit vom Standardansatz über den IRB-Basisansatz zum fortgeschrittenen IRB-Ansatz übergehen. Ermöglicht wird dies durch die wachsende Kompetenz der Banken im Risikomanagementprozess. Das interne Rating wird im Zusammenhang mit jeder Kreditvergabe durch die Bank erstellt. Die Unternehmensgröße bzw. das Kreditvolumen spielen keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Es ist die Beurteilungsgrundlage für die Kredit entscheidung und die Ermittlung von Kreditmargen. Im globalen Regulierungsrahmen für widerstandsfähigere Banken und Bankensysteme nach Basel III wurden neue Eigenkapitalanforderungen und Eigenkapitaldefinitionen vereinbart, so dass die Banken selbst verpflichtet sind, bis Ende 2022 entsprechend hartes Kernkapital und Kapitalerhaltungspuffer aufzubauen. Das zwingt die Banken die eigenen Risiken bei der Kreditvergabe zu optimieren.5 Grundsätzlich müssen beim Rating aber – bei allen Unterschieden im Detail – mindestens die folgenden Kriterien für die Risikoeinschätzung eines Kreditnehmers berücksichtigt werden: 1. Vergangene und prognostizierte Fähigkeit, Erträge zu erwirtschaften, um Kredite zurückzuzahlen und anderen Finanzbedarf zu decken, wie zum Beispiel Kapitalaufwand für das laufende Geschäft und zur Erhaltung des Cashflows. 2. Kapitalstruktur und die Wahrscheinlichkeit, dass unvorhergesehene Umstände die Kapitaldecke aufzehren könnten und dies zur Zahlungsunfähigkeit führt. 3. Finanzielle Flexibilität in Abhängigkeit vom Zugang zu Fremd- und Eigenkapitalmärkten, um zusätzliche Mittel erlangen zu können. 4. Grad der Fremdfinanzierung und die Auswirkungen von Nachfrageschwankungen auf Rentabilität und Cashflow. 5. Qualität der Einkünfte, d. h. der Grad, zu dem die Einkünfte und der Cashflow des Kreditnehmers aus dem Kerngeschäft und nicht aus einmaligen Quellen stammen. 6. Position innerhalb der Volkswirtschaft und zukünftige Aussichten. 7. Risikocharakteristik des Landes, in dem ein Unternehmen seine Geschäfte betreibt, deren Auswirkungen auf die Schuldendienstfähigkeit des Kreditnehmers einschließlich des Transfer-Risikos, wenn sich der Sitz des Kreditnehmers in einem anderen Land befindet und er eventuell keine Fremdwährung zur Bedienung seiner Verbindlichkeiten beschaffen kann. 5 Vgl. Sagner-Kaiser, K.: Basel III und die ausstehende nationale Umsetzung, Vortrag BVBC-Kongress 2013, Bad Soden.
9.8 Vorbereitung auf das Rating im Unternehmen
223
8. Qualität und rechtzeitige Verfügbarkeit von Informationen über den Kreditnehmer, einschließlich Verfügbarkeit testierter Jahresabschlüsse, die anzuwendenden Rechnungslegungsstandards und Einhaltung dieser Standards. 9. Stärke und Fähigkeit des Managements, auf veränderte Bedingungen effektiv zu reagieren und Ressourcen einzusetzen, sowie Grad der Risikobereitschaft vs. Risikoaversität.6 Das interne Rating ist Bestandteil der Kunde-Bank-Beziehung und hat keine öffentliche Wirkung. Es ist stark standardisiert und bilanz-/vergangenheitsorientiert und durch die hohe Anzahl an Kunden ein Massenprodukt. Die Kosten hierfür sind in den Zinsen und Kreditbearbeitungskosten bereits enthalten. Die Banken haben durch die meist langjährigen Geschäftsbeziehungen einen Informationsvorteil gegenüber den externen Agenturen. Die Kontoführung unterliegt einer laufenden Beobachtung und kann deshalb als Frühwarnsystem zur rechtzeitigen Erkennung von Zahlungsschwierigkeiten bei kreditnehmenden Firmenkunden gesehen werden. Das Ratingurteil einer Bank ist heute noch nicht mit dem einer anderen vergleichbar, da erst im Zuge von Basel II an einem allgemeinen Standard zur Ausgestaltung und Durchführung interner Ratingsysteme gearbeitet wurde und auch die Transparenz noch erhöht werden muss. Wie gehen Kreditinstitute beim Rating vor? Die Deutsche Bank beispielsweise beurteilt die finanziellen Verhältnisse anhand zentraler Kennzahlen aus Bilanz und GuV sowie einer Einschätzung der Finanz- und Liquiditätssituation mithilfe einer bankeinheitlichen Bilanzgliederung. Die Schuldendienstfähigkeit des Unternehmens steht im Mittelpunkt. Die Managementqualität wird anhand der persönlichen und fachlichen Qualifikation der ersten und zweiten Führungsebene beurteilt. Bei der Bewertung der Aspekte Qualität des Produktangebots, Vertriebsstärke, Marktbedeutung und Konkurrenz, Abhängigkeiten auf der Abnehmer- und Lieferantenseite sowie mittel- und langfristige Branchenaussichten findet die SWOT-Analyse Verwendung. Das Unternehmen sollte der Bank für die Durchführung des Ratingprozesses mindestens folgendes bereitstellen: 1. Darstellung der Unternehmensstrategie, 2. detaillierte Präsentation der einzelnen Geschäftsbereiche mit einer Aufgliederung nach Segmenten, Produkten, Regionen etc., 3. Unterlagen zur Unternehmensorganisation, 4. Geschäftsberichte und (testierte) Jahresabschlüsse der vergangenen drei Jahre, 5. aktuelle Zwischenzahlen, 6. mittel-/langfristige Planung (GuV, Bilanz, Cashflow)7. 6
Die neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung, Übersetzung der deutschen Bundesbank, 2001, S. 54. 7 Deutsche Bank AG, 2001, S. 17.
224
9. Auswertung des Jahresabschlusses
Eine wichtige Aussage trifft die Deutsche Bank in ihrer Ratingbroschüre: „Bei der Bewertung eines Unternehmens (…) werden weiterhin Hard Facts die entscheidende Rolle spielen.“8 Dies steht im Gegensatz zum externen Rating, bei denen die weichen, also qualitativen Faktoren oft eine größere Rolle spielen. Unterschiede zum internen Rating lassen sich noch in weiteren Punkten finden: Das Unternehmen wendet sich an eine Ratingagentur und schließt mit dieser einen Vertrag. Durch das externe Rating wird der Zugang zum Kapitalmarkt ermöglicht, es ist planungs- und zukunftsorientiert. Ein externes Rating verursacht zusätzliche Kosten. Neben den externen Kosten, wie Gebühren für die Agentur und gegebenenfalls für einen Berater, fallen auch interne Kosten, so z. B. für die Vorbereitung und die Bereitstellung von Unterlagen oder Mitarbeitern, an. Wichtige Aspekte der Gemeinsamkeiten und Unterschiede von externem und internem Rating sind in der Tabelle 15 zusammengefasst. Tabelle 15 Unterschiede zwischen bankinternem und externem Rating Kriterium
Bankinternes Rating
Externes Rating
Wer veranlasst das Rating?
Die Bank erstellt im Zu sammenhang mit jeder Kredit vergabe ein Rating.
Das zu ratende Unternehmen schließt einen Vertrag mit einer Ratingagentur.
Wer beurteilt die Bonität?
Die Bank im Rahmen jeder Kreditbeziehung; insofern besteht eine das Rating beeinflussende Geschäftsbeziehung.
Eine unabhängige Ratingagentur, dadurch ist die Sichtweise eines neutralen Dritten gegeben.
Wozu dient das Rating?
Als Beurteilungsgrundlage für die Kreditgewährung und die Ermittlung von Kreditmargen.
Es wird der Zugang zum Kapitalmarkt ermöglicht und die finanzielle Flexibilität des Unternehmens verbessert sich.
Für welche Finanzierungsinstrumente ist das Rating geeignet?
Klassische Kreditfinanzierung.
Zugangsvoraussetzungen zu fremdkapitalmarktorientierten Finanzierungsquellen.
Wer ist der Adressat des Ratings?
Die Bank selbst, unter anderem im Zusammenhang mit der Steuerung ihres Kredit portfolios.
Investoren im Zusammenhang mit der Steuerung ihres Anlagenportfolios (z. B. Anleihen, CP-Programme).
Wie ist die Außen wirkung bzw. der Marketingeffekt?
Reine bankinterne Beurteilung, keine Öffentlichkeitswirkung.
Rating wird international bekannt gemacht; möglicher Werbeeffekt.
Wie ist die Vorgehensweise?
Durch Vielzahl der Kunden zwangsläufig Massenprodukt, daher stark standardisiert und bilanzvergangenheitsbezogen.
Einzelanfertigung, stark planungs-/zukunftsorientiert; wichtig: Geschäftsrisiko, künftiger Cashflow.
8
Vgl. Deutsche Bank AG, 2001, S. 18.
9.8 Vorbereitung auf das Rating im Unternehmen
225
9.8.4 Wesenselemente des Ratings Ratings sollen helfen, Informationsasymmetrien zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmern zu reduzieren und eine Vorauswahl und Beurteilung von Kreditentscheidungen erleichtern. Die asymmetrische Informationsverteilung beruht auf einem Informationsdefizit des Geldgebers hinsichtlich des Kreditrisikos auf Unternehmensseite und einem unterschiedlichen Kenntnisstand zwischen Kapitalgeber und -nehmer. Ein Rating erhöht die Transparenz und senkt so die Transaktionskosten der Finanzierung. Potenzielle Kreditverluste können besser abgeschätzt werden. Die Effizienz von Entscheidungen wird auch durch die Verdichtung des Urteils auf ein Symbol verbessert, denn dieses Symbol verkürzt den Leseaufwand gegenüber ausführlichen Analysetexten, dient der Übersichtlichkeit und leichteren Kommunizierbarkeit. Ratings können nie positiver ausfallen als die festgestellten Tatsachen und Potenziale eines Unternehmens. Ihre Qualität stellt sich erst ex post als gut oder schlecht heraus. Ein weiteres Wesenselement ist die zwingende ganzheitliche Betrachtung eines Unternehmens. Nicht nur Bestandskraft sichernde Faktoren sind zu identifizieren, sondern auch alle potenziellen Krisensymptome. Beim Rating wird auf eine konservative Finanzplanung, auf Nachhaltigkeit der Ertragskraft und auf die Gesamtkapitalrentabilität geachtet. Ein Unternehmer oder Manager dagegen legt Wert auf die Eigenkapitalrentabilität, den absoluten Gewinn und den Shareholder-Value. Er will Marktanteile ausdehnen. Der Ratinganalyst hingegen untersucht, ob dieses Wachstum auch finanzierbar ist. 9.8.5 Vorbereitung auf das Rating Nicht nur, wenn die Entscheidung für ein externes Rating gefallen ist, wenn man also praktisch von außen dazu gezwungen wird, ist eine sorgfältige Vorbereitung auf einen Bewertungsprozess, wie ihn das Rating darstellt, notwendig. Im Gegenteil, eine umfassende und ausgewogene Bestandsaufnahme der Erfolgspotenziale, der Stärken und Schwächen, der Innovationsfähigkeit und der strategischen Planung für die Zukunftssicherung sind notwendig, nicht nur in Krisenzeiten. Nur wer sein Unternehmen konsequent strategisch durchleuchtet, es einem Fitness-Check unterzieht und auf Zukunftskurs trimmt, erfüllt zugleich alle Kriterien, die im externen oder internen Rating abgeprüft werden. 9.8.6 Vorbereitung innerhalb des Unternehmens Die wichtigste Vorbereitung ist das Erlangen von Kenntnissen über Bewertungskriterien des internen und externen Ratings.
226
9. Auswertung des Jahresabschlusses
Entscheidet sich ein Unternehmen für die Durchführung eines externen Ratings oder steht ein Rating durch ein Kreditinstitut an, sollte – neben der Bestimmung von Mitarbeitern, die als feste Ansprechpartner während des Ratings dienen – eine Ratingstrategie entwickelt werden. Die Bestandteile einer Ratingstrategie werden in Abbildung 42 gezeigt und anschließend erläutert. Rating-Strategie Transparenz und Kommunikation
Optimierung der Finanzierung
Chancen- und Risikomanagement
– Bücher offenlegen – Bilanzpositionen erläutern – GuV erläutern – 2-Jahres Plan mit Umsatz- und Ertragsprognosen – Liquiditätsplanung
– Bilanzsumme verbessern durch – Bilanzpolitik – Finanzplanung – Finanzierungsalternativen – Reduzierung Umlauf vermögen – Eigenkapital aufstocken
– Chancen-, Risikenbetrachtung in Steuerungsinstrumente einbinden – relevante Segmente identifizieren – Kennzahlen erfassen und transparent machen – Risiko-Management-System optimieren
Nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes – Erfolgspotentiale verstärken – Verschuldungsgrad senken – operative Werttreiber managen – wertorientierte Unternehmensstrategie
Abbildung 42: Bestandteile einer Ratingstrategie
Zielsetzung Wer soll mit dem Rating erreicht werden bzw. wer soll es erstellen? Welche Ratingstufe wird angestrebt? Die „höchste“ Ratingstufe ist nicht gleichbedeutend mit der für das Unternehmen „besten“ Einstufung. Eine hohe Ratingstufe bedeutet hohe Eigenkapitalreserven und auch, den Umfang von Risiken einzuschränken. Damit können jedoch bestimmte Chancen nicht genutzt und notwendige Investitionen vielleicht nicht getätigt werden. Zwangsläufig kommt es im Laufe der Zeit zu einem schlechteren Rating. Erstellung einer Ersteinschätzung des eigenen Ratings und die Identifikation kritischer Ratingkriterien Die Kenntnis der maßgeblichen Ratingkriterien, wie bspw. das Branchenrating, die Erfolgspotenziale des Unternehmens und die unternehmensspezifischen Risiken, ist Voraussetzung für die Optimierung des Ratings und damit verbunden der
9.8 Vorbereitung auf das Rating im Unternehmen
227
Finanzierungskosten. Außerdem gilt es, sich bereits im Vorfeld eines Ratings mit den wichtigsten Beurteilungskriterien auseinanderzusetzen. In der Abbildung 43 sind beispielhaft für die Beurteilungskriterien Branche und Markt jeweils die Fragen Warum? Was? und Wie? aufgeführt. Beurteilungskriterium: Branche und Markt WARUM?
Branchenentwicklung und Entwicklung im relevanten Markt kennen und daraus Entwicklungschancen und Risiken ableiten.
WAS?
– Branchenberichte / Entwicklung der Absatzgebiete – Konjunkturabhängigkeit / Verhalten der Nachfrager – Kunden- und Lieferantenstruktur / Konkurrenzintensität – Verlagerung von Risikofaktoren auf Lieferanten – Verdrängungswettbewerb über Preis oder Qualität – Export-/Importrisiken / Umweltschutz – Produkt und Sortiment; Produktlebenszyklen – Lagerbestandsanalyse / Leistungsstandards
WIE?
– Branchenberichte und Marktanalysen – Vorlage von Unterlagen und Auswertungen – Befragung Abbildung 43: Wichtige Rating-Beurteilungskriterien
Welche Unterlagen vorzubereiten, zu beschaffen oder zu erstellen sind, wird bei den einzelnen Kreditinstituten bzw. Ratingagenturen festgelegt. Hier eine Auflistung der im Allgemeinen notwendigen Unterlagen: • Jahresabschlüsse mindestens der letzten drei Jahre, ggf. unterjährige Zahlen wie die monatliche BWA, Geschäftsberichte, • Unternehmensstrategie, Businesspläne, Unternehmensziele, • Planzahlen, Unternehmensplanung für das laufende Jahr und für die Folgejahre, • Übersicht über Geschäftsbereiche, Produktionsstätten und Standorte, • Kunden- und Lieferantenstruktur, • Übersicht über maßgebliche Mitwettbewerber, • Gesellschaftsstruktur, Organigramme, Handelsregisterauszug, • Satzung, Grundsätze, Zielvereinbarungen, • Firmen- und Produktpräsentation, • Auszeichnungen, Preise, Pressespiegel. An dieser Stelle sei abschließend auf die umfangreiche Literatur zum Rating und die in den letzten Jahren gesammelten Praxiserfahrungen verwiesen.
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht 10.1 Notwendigkeit der Erstellung internationaler Abschlüsse Ein deutscher HGB-Abschluss hatte lange Zeit international einen eher schlechten Ruf. Das hing vor allem mit den folgenden Problemen zusammen: • Langwierige Gesetzgebungsprozesse lassen notwendige Anpassungen an die wirtschaftliche Entwicklung nur zeitversetzt zu. • Eine Überbetonung der juristischen gegenüber den wirtschaftlichen Aspekten und teilweise fehlende Erfahrungen in der Bilanzierungspraxis der politischen Entscheidungsträger, die die gesetzlichen Vorschriften erarbeiten, führen zu Auslegungsproblemen der Gesetze. • Das Vorsichts- und Gläubigerschutzprinzip, das Gläubiger eher täuscht als schützt, und die sich daraus ergebenden Ansatz- und Bewertungswahlrechte lassen eine Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen nur eingeschränkt zu. Es führt eher dazu, dass sich das Unternehmen schlechter darstellt und Informationen zurückhält und steht damit im Konflikt zu dem Bestreben der Investoren und Kapitalgebern, die tatsächliche Situation einschätzen zu können. Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) hat der deutsche Gesetzgeber einen wichtigen Schritt zur Internationalisierung der deutschen Rechnungslegung getan, ohne dabei die traditionelle deutsche Sichtweise ganz aufzugeben. Damit folgt die deutsche Seite auch den jahrzehntelangen Bemühungen um einheitliche Rechnungslegungsstandards in Europa und weltweit. Seit 1965 bemüht man sich in der Europäischen Union, ein einheitliches Bilanzrecht zu schaffen. Nach langwierigen Beratungen wurden z. B. folgende Richtlinien und Verordnungen verabschiedet: • EU-Richtlinie vom 25. Juli 1978 mit der Zielsetzung, die Jahresabschlüsse von Kapitalgesellschaften in der EU zu vereinheitlichen, • EU-Richtlinie vom 13. Juni 1983 mit der Zielsetzung, die Konzernabschlüsse von Kapitalgesellschaften in der EU zu vereinheitlichen, • EU-Richtlinie vom 31. Dezember 1987 mit der Zielsetzung, die Prüfung von Jahres- und Konzernabschlüssen in der EU zu harmonisieren, • Bankbilanzrichtlinie vom 08. Dezember 1986, • GmbH & Co KG-Richtlinie vom 08. November 1990,
229
10.1 Notwendigkeit der Erstellung internationaler Abschlüsse
• Versicherungsbilanzrichtlinie vom 19. Dezember 1991, • Verordnung 1606/2002 vom 19. Juli 2002 zur Anwendung der IFRS im Konzernabschluss kapitalmarktorientierter Unternehmen ab 01. Januar 2005. In der Verordnung 1606/2002 wird festgelegt, dass börsennotierte Unternehmen, deren Anteile an einem geregelten Markt in der EU gehandelt werden, zwingend einen Konzernabschluss nach IFRS aufzustellen haben. Für den Einzelabschluss besteht ein Wahlrecht. In der Tabelle 16 sind die in der EU vorherrschenden Rechtssysteme aufgeführt. Daher war es nur möglich, Richtlinien zu erlassen, die von allen EU-Ländern akzeptiert werden konnten, sodass den Einzelstaaten noch Wahlrechte bei der Umsetzung der Richtlinien in nationales Recht eingeräumt wurden. Auf den ersten Blick sieht die sog. Generalnorm, die in den § 264 (2) HGB übernommen wurde, sehr anspruchsvoll aus. Tabelle 16 Unterschiede der Rechtssysteme Code Law und Case Law EU-Länder
Rechtssystem
Wahlrechte
Handels- und Steuerbilanz
Zielsetzung
Kontinental europäische Länder (vor allem Deutschland, Frankreich und Italien)
Code Law
zahlreiche
Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz
Gläubigerschutz, Vorsichts prinzip
Angelsächsische Länder (vor allem Groß britannien und Irland)
Case Law
nur wenige
kein Zusammenhang, Handelsbilanz ist unabhängig von der steuerlichen Gewinnermittlung
objektive Rechnungs legung, Entscheidungshilfen bieten
Auf den ersten Blick sieht die sogenannte Generalnorm, die in den § 264 (2) HGB übernommen wurde, sehr anspruchsvoll aus.: Der Jahresabschluss soll ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft vermitteln. Tatsächlich hat der deutsche Gesetzgeber dieser Generalnorm (true and fair view) die Regelung „unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“ vorangestellt und stellt damit wieder die Beziehung zum deutschen Handels- und auch Steuerrecht her. Die Harmonisierung des Bilanzrechts innerhalb der EU erfolgte vor allem durch die Richtlinien zum Jahres- und Konzernabschluss. Wegen der unterschiedlichen Rechtssysteme des Code Law und des Case Law sind die Richtlinien in den einzelnen EU-Ländern unterschiedlich umgesetzt worden. Deutschland hat die so-
230
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
genannte Generalnorm (true and fair view) durch den Hinweis auf die GoB stark abgeschwächt. Nach Untersuchungen können die Mindestwerte des Gewinns in wichtigen EU-Staaten bei denselben zugrunde liegenden Sachverhalten zwischen 20 und 200 und die Höchstwerte zwischen 140 und 170 liegen1. Daher sind Jahresabschlüsse in den einzelnen EU-Ländern trotz Harmonisierung nicht vergleichbar. Seit Beginn der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts hat das internationale Bilanzrecht auch für deutsche Unternehmen eine große Bedeutung erlangt. Die Hauptgründe liegen in der Globalisierung der Kapitalmärkte und den dadurch bedingten weltweiten Harmonisierungsbestrebungen des Bilanzrechts. Nachdem zunächst vor allem US-GAAP-Abschlüsse angestrebt wurden, um den Zugang zur New York Stock Exchange (NYSE) zu erreichen, setzten sich in den Folgejahren mit ihrer zunehmenden Akzeptanz auf den Märkten IAS / IFRS-Abschlüsse stärker durch. Der Übergang auf das internationale Bilanzrecht erfolgte – historisch gesehen – in vier Formen: • Zunächst durch duale Abschlüsse, in denen versucht wurde, sowohl nationales als auch internationales Bilanzrecht zu berücksichtigen. • dann folgten HGB-Abschlüsse mit Überleitungen und • schließlich Parallelabschlüsse. • Seit 1998 können befreiende US-GAAP bzw. IFRS-Konzernabschlüsse erstellt werden. Ein HGB-Konzernabschluss wird dann nicht mehr verlangt. US-GAAP-Abschlüsse erleichtern nach wie vor den Zugang zur NYSE, obwohl seit November 2007 auch IFRS-Abschlüsse akzeptiert werden. Damit verringern sich die Kosten für die Unternehmen. Gleichzeitig ist ein hoher Qualitätsstandard der Abschlüsse sichergestellt. Die IFRS sind für europäische Unternehmen interessanter, da die europäischen Länder große Einflussmöglichkeiten auf das IFRSBilanzrecht haben, die Einführungskosten geringer sind und die Anpassung an nationale Normen einfacher ist. Die EU-Kommission unterstützt die Anwendung des IFRS-Bilanzrechts.
10.2 Überblick über die International Financial Reporting Standards (IFRS) 10.2.1 Zielsetzung und Rechnungslegungsphilosophie der IFRS Die IFRS sind ein Regelwerk für die Rechenschaftslegung von Unternehmen, die zwei wesentliche Zielstellungen verfolgt.
1 Vgl. Simmonds, A. / Azières, O.: Accounting for Europe – success by 2000 AD, London 1989, S. 36.
10.2 Überblick über die International Financial Reporting Standards (IFRS)
231
1. Internationale Harmonisierung der Rechnungslegung Die durch spezifische nationale Regelungen hervorgerufenen Verständnisprobleme und Interpretationsschwierigkeiten bei den nationalen Jahresabschlüssen sollen überwunden werden. Die IFRS stehen als multinational entwickelte Standards dafür zur Verfügung. An ihrer Entwicklung sind mehr als 150 Institutionen aus über 100 Ländern beteiligt. Sie werden von internationalen Institutionen, nationalen Standardsettern, bilanzierenden Unternehmen und der Wissenschaft inzwischen als Weltstandard akzeptiert. 2. Bereitstellung von Informationen für Investoren. Die IFRS stellen Informationen für potenzielle und vorhandene Investoren zur Verfügung. In diesem Bestreben stehen sie mit der US-amerikanischen Rechnungslegung (US-GAAP) im Einklang, was ihre zunehmende Akzeptanz nicht zuletzt auch unterstützt hat. Der Schutz der Gläubiger spielt eine eher untergeordnete Rolle. Die Entwickler der Standards gehen davon aus, dass ein Investor auf der Basis eines IFRS-konformen Abschlusses seine Entscheidung „Kapitalanteile kaufen, halten oder verkaufen“ besser treffen kann. Die IFRS verfolgen dabei keine grundsätzlich neue Rechnungslegungsphilosophie. Es geht um die Verbesserung und Harmonisierung der weltweiten Rechnungslegung. Auch wenn eine Vielzahl von Regelungen aus den angelsächsisch geprägten Rechnungslegungsnormen übernommen wurden, muss das Buchen und Bilanzieren nicht komplett neu gelernt werden. Es gibt sowohl kleine aber auch grundsätzliche Unterschiede zum HGB, die es zu verstehen und dann zu beachten gilt. Die Grundlage der Buchführung bildet auch im Rahmen der IFRS die doppelte Buchführung (kaufmännische Buchführung oder Doppik). Die Grundlagen der IFRS-Bilanzierung weichen also nicht vom bisher Gewohnten ab. Es geht auch im IFRS-Abschluss in erster Linie um die Informationsfunktion für unternehmensexterne Interessengruppen. Auch die Funktion der Schuldendeckungskontrolle wird dem IFRS-Abschluss und dem HGB-Abschluss zugeordnet. Darauf wird bereits im Vorwort zum Rahmenkonzept verwiesen. Selbst die Ausschüttungsbemessungsfunktion findet im Rahmenkonzept Berücksichtigung. Durch einen IFRS-konformen Jahresabschluss sind „ausschüttbare Gewinne und Dividenden zu bestimmen“2. Es werden mit den IFRS in der Summe ergänzende, abgewandelte Regeln und Verfahren sowie Begriffe entwickelt, deren Kenntnis einen reibungslosen Übergang von der HGB- zur IFRS-Bilanzierung ermöglichen. Auffällig ist an dieser Stelle im Vergleich zu den Regeln des HGB die große Vielzahl der Einzelregeln, die zum einen der Philosophie geschuldet sind, für jeden Bilanzierungstatbestand
2
Vgl. https://www.ifrs.org/supporting-implementation/supporting-materials-by-ifrs-standards/ conceptual-framework-for-financial-reporting, 29. 12. 2022.
232
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
eine Regelung zu treffen. Zum anderen führen die unterschiedlichen internationalen Herangehensweisen an die Rechnungslegung und die daraus resultierenden Kompromisse zu einer großen Zahl von Standards und Einzelregeln. Das Ziel der Standardsetter, verständliche, leicht anwendbare und in ihrer Anzahl im Vergleich zu den US-GAAP überschaubare Standards zu wickeln, besteht trotzdem nach wie vor. 10.2.2 Organisation der International Financial Reporting Standards Foundation Die wichtigsten Organe der International Financial Reporting Standards Foundation – einer unabhängigen juristischen Person mit Sitz in Delaware USA – sind das IFRS-Foundation Monitoring Board, die IFRS-Foundation Trustees, das International Accounting Standards Board (IASB) sowie das International Sustainability Standards Board (ISSB). Getragen wird die IFRS-Foundation von mit der Rechnungslegung befassten Berufsverbänden, die Mitglied in der International Federation of Accountants (IFAC) sind. Die deutsche Seite wird durch das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee e. V. (DRSC) vertreten. Das IFRS-Foundation Monitoring Board als Überwachungsgremium der IFRSFoundation dient vor allem dazu, die formelle Zusammenarbeit mit nationalen Kapitalmarktbehörden zu organisieren. Die öffentliche Rechenschaftspflicht der IFRS-Foundation soll verbessert werden, ohne die Unabhängigkeit des Standardsetzungsprozesses einzuschränken. Die IFRS-Foundation Trustees überwachen den Nominierungsprozess des IASB und des ISSB und stehen den Gremien beratend zur Seite. Die Gruppe der Trustees umfasst derzeit 19 Mitglieder aus unterschiedlichen geografischen Regionen der Welt mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund. Diese ernennen die Mitglieder des Boards (IASB), des IFRS Interpretations Committee (IFRIC) und des IFRS Advisory Council und überwachen die Effizienz und Finanzierung der gesamten Organisation. Sie bewilligen das jährliche Budget und die Finanzierungsgrundlagen. Der IASB ist der eigentliche unabhängige Standardsetter mit Sitz in London (GB). Er wird derzeit von 16 hochqualifizierten Fachleuten gebildet und führt in Zusammenarbeit mit zwei Direktoren und entsprechendem Personal die Geschäfte der IFRS-Foundation. Hauptaufgabe des Boards ist die Entwicklung und Verabschiedung neuer Standards sowie die Überarbeitung bisheriger IAS / IFRS. Das Board arbeitet dabei eng mit nationalen Standardsettern zusammen und treibt so die Konvergenz der internationalen zu den nationalen Regelungen voran. Die Arbeit des IASB ist grundsätzlich öffentlich. Das International Sustainability Standards Board (ISSB) soll internationale Standards für die Berichterstattung bzgl. Nachhaltigkeitsthemen erarbeiten.
10.2 Überblick über die International Financial Reporting Standards (IFRS)
233
Internationale Investoren mit globalen Anlageportfolios fordern zunehmend eine qualitativ hochwertige, transparente, zuverlässige und vergleichbare Berichterstattung von Unternehmen zu Klima- und anderen Umwelt-, Sozial- und Gover nance-Themen (ESG). Das ISSB soll einen umfassenden globalen Grundstock an nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungsstandards schaffen, die Investoren und andere Kapitalmarktteilnehmer mit Informationen über die nachhaltigkeitsbezogenen Risiken und Chancen von Unternehmen versorgen und ihnen helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Die Kernaufgaben des IASB umfassen folgende Punkte: • Der IASB trägt die fachliche Verantwortung für die Erstellung und die Herausgabe von IAS, IFRS und Standardentwürfen (exposure draft) sowie die endgültige Verabschiedung von Interpretationen des IFRS IC. • Das Board veröffentlicht Standardentwürfe zu allen Projekten und bei großen Projekten auch Diskussionspapiere zur Kommentierung durch die Öffentlichkeit. • Der IASB legt das Arbeitsprogramm fest und bestimmt die zu bearbeitenden Projekte. • Er stellt sicher, dass Stellungnahmen, die innerhalb angemessener Zeit zu vom Board veröffentlichten Papieren eingegangen sind, adäquat berücksichtigt werden. Bei großen Projekten, beim Arbeitsprogramm oder bei der Festlegung der Schwerpunkte seiner Arbeit bezieht er das IFRS Advisory Council beratend ein. • Der IASB veranstaltet öffentliche Anhörungen zu ausgewählten Projekten. • Der IASB entscheidet über die Durchführung von Field Tests, die die Anwendbarkeit der vorgeschlagenen Standards überprüfen. Das IFRS Interpretations Committee (IFRIC) wurde zur Erörterung offener Rechnungslegungsfragen und zur Verabschiedung entsprechender Interpretationen gebildet. Es hat derzeit 14 Mitglieder, die von den Treuhändern eingesetzt werden. Alle fachlichen Entscheidungen werden dabei in Sitzungen getroffen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind. Folgende Aufgaben werden vom IFRIC gelöst: • Das IFRIC interpretiert die Anwendung der IAS und IFRS und leistet unter Berücksichtigung der Vorschriften des Rahmenkonzepts Hilfestellung in Fragen der Rechnungslegung, die nicht explizit in den IAS und IFRS behandelt werden. • Das IFRIC arbeitet dabei eng mit den nationalen Standardsettern zusammen, um die Konvergenz der nationalen Rechnungslegungsnormen und der IFRS voranzutreiben und eine hohe Qualität der verabschiedeten Vorschriften sicherzustellen. • Darüber hinaus veröffentlicht das IFRIC Entwürfe von Interpretationen (Draft Interpretations), zu denen die Öffentlichkeit Stellung nehmen kann. • Das IFRIC berichtet an den IASB und muss vor der Verabschiedung der endgültigen Interpretationen den Regelungen zustimmen.
234
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Das IFRS Advisory Council berät das Board regelmäßig in allen Fachfragen. Die Mitglieder des Advisory Council verschiedenste berufliche und geografische Hintergründe. Das Council vereint insbesondere Abschlussadressaten, Ersteller der Abschlüsse, Finanzanalysten, Wissenschaftler, Wirtschaftsprüfer, Aufsichtsbehörden und Rechnungslegungsinstitutionen und stellt damit ein Forum für eine Vielzahl von an Rechnungslegung Interessierten bzw. von ihr betroffenen Parteien dar. Das IFRS Advisory Council den IASB in Fragen des Arbeitsprogramms, im Hinblick auf die Bestimmung von Schwerpunkten bei dessen Tätigkeit und hinsichtlich des Zeitplans bei Projekten. Ihm kommt insbesondere dadurch Bedeutung zu, dass es den IASB über die Ansichten der im IFRSAC vertretenen Organisationen und Personen zu bedeutenden Standardsetzungsprojekten informiert. Im Vorfeld der Entscheidungen zu großen Projekten hat das Board und bei Vorschlägen zur Änderung der Satzung haben die Trustees das IFRSAC zu konsultieren. Weiterhin ist es Aufgabe des IFRS Advisory Council den IASB bei der weltweiten Verbreitung der IFRS zu unterstützen. Die nachfolgende Abbildung 44 zeigt zusammenfassend die Struktur der IFRSOrganisation und die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Organisationen3. öffentliche Rechenschaftspflicht Steuerung, Strategie Beaufsichtigung Unabhängige Standardentwicklung und weitere Aktivitäten
IFRS Foundation Monitoring Board
IFRS Foundation Tustees
International Accounting Standards Board (IASB)
International Sustainability Standards Board (ISSB)
IFRS Accounting Standards
IFRS Sustainability Disclosure Standards
IFRS Interpretations Committee
Abbildung 44: Organisation der IFRS Foundation
3
Vgl. https://www.ifrs.org/about-us/our-structure/, 29. 12. 2022.
IFRS Advisory Council bietet Beratung für die Trustees, den IASB und ISSB
10.2 Überblick über die International Financial Reporting Standards (IFRS)
235
10.2.3 Verfahren der Entwicklung von IAS / IFRS-Standards Die wichtigsten IAS-Vorschriften sind die sog. Standards. Für die Revision eines IAS-Standards und für den Entwurf neuer IFRS ist ein formalisiertes Verfahren, der standard setting process oder due process, vorgesehen. Dieser erfolgt in mehreren Schritten: Am Anfang dieses Standardisierungsprozesses steht als Diskussionspapier ein Draft Statement of Principles. Dieses Diskussionspapier steht mindestens vier Monate zur öffentlichen Diskussion. Die interessierte Fachöffentlichkeit hat dann Gelegenheit, dieses Papier in einem comment letter zu kommentieren. Anschließend folgt auf Basis der eingegangenen Stellungnahmen ein Entwurf des späteren Standards (Exposure Draft), der wiederum zur Kommentierung veröffentlicht wird. Nach Auswertung und Prüfung der zu dem Exposure Draft eingegangenen Stellungnahmen erfolgt dann die Verabschiedung des endgültigen Standards. Gegebenenfalls erfolgt bei sehr starken Einwendungen teilweise eine überarbeitete Entwurfsfassung (re-exposure), bevor der endgültige Standard verabschiedet wird4. Der Ablauf des Entwicklungsprozesses wird in Abbildung 45 schematisch dargestellt5.
RESEARCH Diskussionspapier (DSP) optional umfangreiche Vor-OrtAktivitäten
ÖFFENTLICHE KONSULTATION
Vorschlag
Beitrag zum Prozess der Standard entwicklung
Standardentwurf (ED) ÖFFENTLICHE KONSULTATION
Veröffentlichung des neuen IFRS
Feedback Statement
Überprüfung durch den IASB nach der Umsetzung
Abbildung 45: Der Ablauf des Standardentwicklungsprozesses
4
Vgl. Lüdenbach, N.: IFRS Kommentar, 19. Auflage, Freiburg i. Br. 2021. Vgl. https://www.ifrs.org/supporting-implementation/how-we-help-support-consistentapplication/#interpretations-committee-process, 29. 12. 2022. 5
236
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
10.2.4 Die Vorschriften der IFRS im Überblick Das Rechnungslegungswerk der IAS / IFRS setzt sich aus vier Gruppen von Regelungen zusammen: Vorwort (preface) Das Vorwort legt die Aufgaben und Ziele des IASB, den Anwendungsbereich der International Financial Reporting Standards (IFRS), das formelle Verfahren zur Entwicklung der IFRS und der Interpretationen sowie die Verfahrensweisen bezüglich Zeitpunkt des Inkrafttretens, Aussehen und Sprache der IFRS dar. Rahmenkonzept (framework). Das Rahmenkonzept des IASB beschreibt die grundlegenden Konzepte, nach denen Jahresabschlüsse aufzustellen sind. Es dient dem Board als Hilfe bei der Entwicklung von Rechnungslegungsvorschriften und bei der Klärung von bilanziellen Sachverhalten, die nicht direkt in einem IAS oder IFRS oder einer Interpretation angesprochen werden. Hier werden Grundlagen der Rechnungslegung geregelt. Dieser Teil entspricht mit seinen allgemeinen Regelungen eher dem Code Law und enthält: • Ziele der Finanzberichtserstattung, • Grundprinzipien der Rechnungslegung, • qualitative Merkmale entscheidungsnützlicher Finanzinformationen, • Bestandteile des Jahresabschlusses, • Definition, Ansatz und Bewertung der Elemente, aus denen sich Abschlüsse zusammensetzen, • Eigenkapital und Kapitalerhaltungskonzept. Standards Sie bilden den Hauptbestandteil der IFRS und regeln die Bilanzierung spezieller Sachverhalte. Interpretations Sie regeln Unklarheiten und offene Fragen bei bestimmten Standards. Insofern stellen die Interpretations Auslegungen und Ergänzungen von Standards dar. Interpretationen sind Teil der verpflichtend anzuwendenden Verlautbarungen des IASB. Abschlüsse dürfen nur als in Übereinstimmung mit den IFRS stehend bezeichnet werden, wenn sämtliche Vorschriften jedes einzelnen Standards und jeder maßgeblichen Interpretation befolgt werden. Die Vorschriften werden vom Framework über die Standards zu den Interpretations immer spezieller, wie die folgende Abbildung 46 zeigt.
10.2 Überblick über die International Financial Reporting Standards (IFRS)
237
Regelungslücken
House of IFRS Vorwort zu Teilen der Rechnungslegungsliteratur
sonstige rechnungslegungsrelevante Verlautbarungen
IAS 8.12
Verlautbarungen von Standardsettern (wenn konsistent mit IAS 8.11)
Anerkannte Branchen praktiken mit Literatur meinungen (wenn konsistent mit IAS 8.11)
IAS 8.11
Einzelne Ansatz- und Bewertungskriterien des Rahmenkonzepts als allgemeine Grundlagen vorherrschende Rechnungslegungspraktiken in der Industrie
IAS 8.11
Verbindlichkeitsgrad
Regelungen des IASB
Fallanalogien zu Standards und Interpretationen
Fallanalogien zu Standards und Interpretationen Standards (IAS / IFRS)
Interpretations (IFRIC / SIC)
Fair-Presentation (Overriding Principle)
IAS 8.7 IAS 8.9 IAS 8.11 IAS 1.15
Abbildung 46: Rangfolge der IAS / IFRS-Vorschriften
10.2.5 Aufbau der IAS / IFRS am Beispiel IAS 1 In den IAS / IFRS-Standards sind wichtige Einzelfragen der externen Rechnungslegung umfassend geregelt. Ein Standard besteht häufig aus mehr als 100 Paragraphen. Der Aufbau der Standards folgt einer einheitlichen Struktur. Nach dem Inhaltsverzeichnis folgt eine Einführung in den Standard, dann der Standard im eigentlichen Sinne mit grundlegenden Punkten: • Zielsetzung des Standards, • Grundprinzipien, • Anwendungsbereich, • Begriffsdefinition, • Erfassung / Ansatz in der Bilanz, • Erst- und Folgebewertung,
238
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
• Erforderliche Angaben, • Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsregeln. Es folgt der Anhang, der zur Veranschaulichung des Standards dient und erläuternde Informationen und Beispiele u. ä. enthalten kann. Die vorgeschlagenen Regelungen zur Erst- und Folgebewertung sind in den Standards nicht immer einheitlich. Bei einigen Standards werden zwei unterschiedliche Regelungen zur Wahl gestellt – die Benchmark-Methode (= wichtigere, empfohlene Regelung) und die alternativ zulässige Methode. Das internationale Ziel besteht darin, diese Wahlrechte auf ein Minimum zu reduzieren. Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Standards regelmäßig überarbeitet werden und in Neufassungen veröffentlicht werden. Die aktuell geltenden Texte werden auf den Internetseiten der IFRS-Foundation (www.ifrs.org) veröffentlicht. Die Übersetzungen ins Deutsche findet man u. a. auf den Seiten des DRSC (www.drsc.de) und weiteren Fachportalen. Für die den nachfolgenden Ausführungen wurden die Veröffentlichungen der IFRS-Organisation genutzt (siehe www.ifrs.org).6 Der Aufbau der Standards soll beispielhaft anhand des IAS 1 vorgestellt und erläutert werden. Gleichzeitig wird dabei auf wesentliche Elemente und Inhalte des Jahresabschlusses nach IFRS eingegangen. Im IAS 1 sind vor allem die Ziele und Bestandteile des Abschlusses und wichtige allgemeine Grundsätze geregelt. Der IAS 1 enthält grundlegende Vorschriften, die nicht immer mit dem Framework übereinstimmen. Er ist in 140 Paragraphen wie folgt gegliedert (gekürzt): Paragraph Zielsetzung
1
ANWENDUNGSBEREICH
2–6
DEFINITIONEN
7–8A
ABSCHLUSS
9–46
Zweck des Abschlusses
9
Vollständiger Abschluss
10–14
Allgemeine Merkmale
15–46
Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes und Übereinstimmung mit den IFRS
15–24
Unternehmensfortführung
25–26
Konzept der Periodenabgrenzung
27–28
Wesentlichkeit und Zusammenfassung von Posten
29–31
6
Quelle: http://www.ifrs.org.
10.2 Überblick über die International Financial Reporting Standards (IFRS) Saldierung von Posten
32–35
Häufigkeit der Berichterstattung
36–37
Vergleichsinformationen
38–44
Darstellungsstetigkeit
45–46
STRUKTUR UND INHALT Einführung
239
47–138 47–48
Bezeichnung des Abschlusses
49–53
Bilanz
54–80
Darstellung von Gewinn oder Verlust und sonstigem Ergebnis Eigenkapitalveränderungsrechnung Kapitalflussrechnung Anhangangaben
81A – 105 106–110 111 112–138
ÜBERGANGSVORSCHRIFTEN UND ZEITPUNKT DES INKRAFTTRETENS
139–139T
RÜCKNAHME VON IAS 1 (ÜBERARBEITET 2003)
140
Im Paragraphen 9 des Standards (Zweck des Abschlusses IAS 1.9) heißt es: „Die Zielsetzung eines allgemeinen Abschlusses ist es, Informationen über die Vermögens- und Finanzlage, die Ertragskraft und die Cashflows eines Unternehmens bereitzustellen, die für ein breites Spektrum von Adressaten nützlich sind, um wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen. Ein Abschluss legt ebenfalls Rechenschaft über die Ergebnisse der Verwaltung des dem Management anvertrauten Vermögens. Um diese Zielsetzung zu erfüllen, liefert ein Abschluss Informationen über (a) Vermögenswerte, (b )Schulden, (c) Eigenkapital, (d) Erträge und Aufwendungen, einschließlich der Gewinne und Verluste aus der Veräußerung langfristiger Vermögenswerte und aus Wertänderungen, (e) Kaitalzuführungen von Eigentümern und Ausschüttungen an Eigentümer und (f) Cashflows eines Unternehmens. Diese Informationen helfen den Adressaten zusammen mit den anderen Informationen im Anhang, die künftigen Cashflows des Unternehmens sowie insbesondere Zeitpunkt und Sicherheit des Entstehens vorauszusagen.“ Ein vollständiger IFRS-Abschluss besteht nach IAS 1.10 aus den folgenden Bestandteilen: a) einer Bilanz zum Abschlussstichtag; b) einer Darstellung von Gewinn oder Verlust und sonstigem Ergebnis („Gesamtergebnisrechnung“) für die Periode; c) einer Eigenkapitalveränderungsrechnung für die Periode; d) einer Kapitalflussrechnung für die Periode; e) dem Anhang, der eine zusammenfassende Darstellung der wesentlichen Rechnungslegungsmethoden und sonstige Erläuterungen enthält;
240
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
ea) Vergleichsinformationen hinsichtlich der vorangegangenen Periode, so wie in den Paragraphen 38 und 38A spezifiziert; und f) einer Bilanz zu Beginn der vorangegangenen Periode, wenn ein Unternehmen eine Rechnungslegungsmethode rückwirkend anwendet oder Posten im Abschluss rückwirkend anpasst oder Posten im Abschluss rückwirkend gemäß den Paragraphen 40A – 40D umgliedert. Ein Unternehmen kann für diese Bestandteile andere Bezeichnungen als die in diesem Standard vorgesehenen Begriffe verwenden. So kann ein Unternehmen beispielsweise die Bezeichnung „Gesamtergebnisrechnung“ anstatt „Darstellung von Gewinn oder Verlust und sonstigem Ergebnis“ verwenden (IAS 1.10). Laut IAS 1.13 wird den Unternehmen empfohlen, den Bericht über die Unternehmenslage durch das Management zu veröffentlichen, der die wesentlichen Merkmale der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens sowie die wichtigsten Unsicherheiten beschreibt und erläutert, denen sich das Unternehmen gegenübersieht. IAS 1.14 ermutigt Unternehmen, zusätzlich Umweltberichte und Wertschöpfungsrechnungen zu veröffentlichen, insbesondere in Branchen, in denen Umweltfaktoren von Bedeutung sind.
10.3 Das Rahmenkonzept Das Rahmenkonzept (framework) der IFRS enthält die für die Aufstellung und Darstellung von Abschlüssen nach internationalen Regeln grundlegenden Überlegungen und Konzepte. Es ist im Groben mit den GoB der deutschen Rechnungslegung nach HGB vergleichbar. Es geht inhaltlich jedoch deutlich darüber hinaus. Es werden grundlegende und übergreifende Definitionen der Abschlussposten sowie grundsätzliche Bewertungskonzepte geregelt. Das aktuelle Rahmenkonzept wurde nach einem mehrjährigen Überarbeitungs- und Abstimmungsprozess im März 2018 endgültig verabschiedet und ist seit 2021 anzuwenden. Es umfasst 8 Kapitel und einen Anhang mit Definitionen. Kapitel
Paragraph
Zielstellung und Zweck des Rahmenkonzeptes
SP1–SP5
1 Zielsetzung einer Allzweckfinanzberichterstattung
1.1–1.23
2 Qualitative Merkmale nützlicher Finanzinformationen
2.1–2.43
3 Abschluss und Berichtseinheit
3.1–3.18
4 Elemente des Abschlusses
4.1–4.72
5 Erfassung und Ausbuchung
4.1–5.33
6 Bewertung
6.1–6.95
7 Darstellung und Offenlegung
7.1–7.22
8 Kapital- und Kapitalerhaltungskonzept
8.1–8.10
Anhang – Begriffsdefinitionen
10.3 Das Rahmenkonzept
241
10.3.1 Zielstellung des Abschlusses Im Folgenden werden wesentlich Inhalte des Rahmenkonzepts, sofern sie für das Verständnis der folgenden Kapitel bedeutsam sind, zusammenfassend dargestellt. Im ersten Kapitel werden die grundlegenden Zielsetzung der Finanzberichterstattung und ihre Grenzen definiert. Das Framework nennt im Abschnitt 1.5. als Adressaten, deren Informationsbedürfnisse durch eine Allweckfinanzberichterstattung erfüllt werden müssen, die aktuellen und potenziellen Investoren und die Kreditgeber. Die IFRS wenden sich aber nicht nur oder überwiegend an die Investoren, denn die nach den IFRS aufgestellten Jahresabschlüsse sollen den gemeinsamen Bedürfnissen der meisten Interessengruppen gerecht werden. Selbstverständlich können die notwendigen Informationen nicht im gleichen Maße erfüllt werden, da selbst innerhalb der Interessentengruppen durchaus individuell geprägte Informationsbedürfnisse bestehen dürften. In weiteren Paragrafen werden die Begriffe „wirtschaftliche Ressource“ und „Ansprüche“ sowie deren Veränderungen definiert, die einen wesentlichen Bestandteil der Definitionen für Vermögen und Schulden sowie Erträge und Aufwendungen bilden. Die zeitraumrichtige Erfassung von Aufwendung und Erträgen wird festgelegt. Abschließen wird auf die Bedeutung von Cashflows für die Erfüllung der Informationsbedürfnisse eingegangen. Auf die Zielstellung und den Zweck des Jahresabschlusses wurde bereits eingegangen. Im Paragraf 3.2 werden diese dargestellt als Bereitstellung von Informationen zur Entscheidungsfindung für die Investitionen in ein Unternehmen (Eigenkapital oder Fremdkapital) und als Informationen über die Art und die Höhe der wirtschaftlichen Ressourcen sowie die Ansprüche der Inverstoren und deren Veränderungen. Erreicht werden diese durch die in Paragraf 3.3 genannten Darstellungen: • der finanziellen Lage durch die Erfassung von Vermögen, Schulden und Eigenkapital, • der Leistung durch Erfassung von Erträgen und Aufwendung, • weiterer Bestandteile und Anhänge – zu den Eigenschaften der erfassten Vermögenwerte, Schulden Erträge und Aufwendungen und den mit ihnen verbundenen Risiken, – zu nicht erfassten Vermögenwerten, Schulden, Erträge und Aufwendungen und den mit ihnen verbundenen Risiken, – zu den der Cashflows, – zu den Methoden, Annahmen und Schätzung sowie deren Änderungen. Abbildung 47 verdeutlicht die Zielstellungen und setzt sie in Zusammenhang zu den Bestandteilen des Abschlusses, mit denen sie erreicht werden.
242
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Die Begriffe „finanzielle Lage“ und „Leistung“ werden in der deutschen Übersetzung als „Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“ zusammengefasst. Ein zentrales Bedürfnis der Adressaten ist die Prognose der zukünftigen Unternehmenslage aus den historischen Informationen der Jahresabschlüsse. Diesen sollen die Abschlüsse durch den Zusammenhang von Bilanz und Erfolgsrechnung gerecht werden (3.4–3.7). Die Periodenabgrenzung entspricht in ihrer Ausprägung im Prinzip den in Deutschland im HGB gestellten Anforderungen des kaufmännischen Rechnungswesens. Ziele des Jahresabschlusses
Bereitstellung von Informationen über die
Vermögens und Finanzlage Liquidität Solvenz
Ertragslage Ertragskraft Profitabilität Performance
Veränderungen der Vermögens- und Finanzlage
vor allem durch
Bilanz
Ergebnisrechnungen GuV Gesamtergebnisrechnung
Kapitalflussrechnung Eigenkapitalveränderungsrechnung
Abbildung 47: Zielsetzung des IFRS Abschlusses7
Die Rechnungslegung nach IFRS wird vom Grundprinzip der Unternehmensfortführung (3.8–3.9) geprägt. Bei der Aufstellung der Abschlüsse wird von der Unternehmensfortführung (going concern) für den absehbaren Zeitraum ausgegangen. Wenn besondere Annahmen dafür sprechen, dass das Unternehmen keinen Fortbestand haben wird oder den Umfang seiner Tätigkeit wesentlich einschränken wird, ist der Abschluss nach anderen Kriterien als den in den IFRS genannten aufzustellen (IAS 1.25 und 1.26). Demnach ist von einer positiven Fortführungsprognose von mindestens 12 Monaten auszugehen.
7
Vgl. Tanski, J. S.: Internationale Rechnungslegung – IFRS / IAS Schritt für Schritt, München 2009, S. 38.
10.3 Das Rahmenkonzept
243
10.3.2 Qualitative Anforderungen an den Abschluss Die im Folgenden dargestellten Anforderungen sollen zusammen mit den Regeln in den einzelnen Standards ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermitteln. Damit wird deutlich, dass die Anforderungen des Rahmenkonzeptes allein nicht ausreichend sind, um einen qualitativ hochwertigen Jahresabschluss aufzustellen. Die nachrangige Verbindlichkeit des Rahmenkonzeptes soll die Bilanzersteller jedoch bei in den Standards nicht ausreichend geregelten Sachverhalten unterstützten. Das Rahmenkonzept unterscheidet dabei in • grundlegende qualitativen Anforderungen (2.5–2.22) und • verbessernde qualitativen Anforderungen (2.23–2.38), • die Kostengrenze für nützliche Finanzinformationen (2.39–2.43). Damit werden sowohl die generellen Anforderungen an die Qualität eines Jahresabschlusses beschrieben als auch davon getrennt die Grenzen der sinnvoll erreichbaren Qualität aufgezeigt. Die zweite Gruppe wird auch als qualitative Nebenbedingung bezeichnet. Beide Teile sind allerdings gleichwertig. Ein Überblick über die qualitativen Anforderungen ist in Abbildung 48 ersichtlich.
Relevanz Wesentlichkeit
Glaubwürdige Darstellung • Vollständigkeit • Neutralität • Fehlerfreiheit • Vorsicht
Qualitative Merkmale entscheidungsnützlicher Finanzinformationen
Vergleichbarkeit Verifizierbarkeit Zeitnähe Verständlichkeit Abbildung 48: Qualitative Anforderungen an einen IFRS-Abschluss
Relevanz (2.6–2.10) Diese ist notwendig, um aus einem Jahresabschluss die für wirtschaftliche Entscheidungen notwendigen Informationen entnehmen zu können. Relevante Informationen können die Entscheidung beeinflussen, die der Nutzer trifft. Der Nutzer
244
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
muss die für seine wirtschaftlichen Entscheidungen notwendigen Informationen entnehmen können. Die Relevanz hängt vom Vorhersagewert und dem beständigen Charakter der Informationen ab. Das Spektrum möglicher Entscheidungen ist im Vorwort zum Rahmenkonzept aufgezeigt. Es geht darum, dass es generell unzulässig ist, mit Hinweis auf eine vermeintlich fehlende Relevanz für Entscheidungsträger von der Darstellung wirtschaftlicher Sachverhalte im Jahresabschluss abzusehen. Diese Forderung führt daher eher zu einer umfassenden Offenlegung, da die Informationsbedürfnisse der Gesamtheit der Bilanzleser nicht abgrenzbar sind. Wesentlichkeit (2.11) Diese ist als ergänzende Forderung zur Relevanz zu betrachten. Es werden alle Informationen als wesentlich betrachtet, die die Entscheidung eines Bilanznutzers beeinflussen. Unwesentliche Informationen beeinflussen demzufolge Entscheidungen nicht. Das Fehlen oder die unrichtige Darstellung von unwesentlichen Informationen ist für den Bilanznutzer nicht relevant. Die Wesentlichkeit darf aber unter Beachtung der Vollständigkeit nicht zum Weglassen (vermeintlich) unwesentlicher Informationen führen. Bei der Bewertung kann die Relevanz weiterhin gegeben sein, wenn bei einem Vermögensgegenstand eine unwesentliche Wertänderung nicht berücksichtigt wird. Es ist zu beachten, dass diese Regelung lediglich eine Vereinfachung bspw. für unbedeutende, selten auftretende Sachverhalte schaffen soll. Glaubwürdige Darstellung (2.12–2.20) Die Glaubwürdigkeit ist eine Grundforderung an den Jahresabschluss. Abschlüsse sind für Entscheidungsträger nur dann nützlich, wenn sie zuverlässige Informationen liefern, auch wenn dieses Qualitätskriterium (ähnlich wie die Relevanz) nur schwer gemessen oder bewertet werden kann. Ein Jahresabschluss ist dann glaubwürdig, wenn seine Darstellung frei von bewussten Einflüssen bzw. Veränderungen durch den Bilanzersteller ist (2.15), sofern diese Eingriffe nicht durch Wahlrechte innerhalb der Standards gedeckt sind. Ein weiteres Merkmal für die Verlässlichkeit wird mit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise definiert. Geschäftsfälle werden nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt und nur nachrangig nach ihrem rechtlichen Zustand bewertet. So hat bspw. eine rechtlich einwandfreie Forderung bei Insolvenz des Debitors keinen wirtschaftlichen Gehalt und ist auszubuchen. Die glaubwürdige Darstellung wird insbesondere durch die folgenden qualitativen Merkmale erreicht. Vollständigkeit (2.13): Diese stellt eine Konkretisierung der glaubwürdigen Darstellung dar. Es dürfen keine Informationen weggelassen werden. Neutralität (2.15): Die Glaubwürdigkeit eines Jahresabschlusses wird durch die Forderung nach Neutralität gefestigt. Sie verbietet (wie bereits die glaubwür-
10.3 Das Rahmenkonzept
245
dige Darstellung) die bilanzpolitische Gestaltung des Jahresabschlusses mit dem Ziel, ein dem Bilanzaufsteller genehmes Bild des bilanzierenden Unternehmens zu zeigen. Vorsicht (2.16): Die Vorsicht soll ebenfalls die Glaubwürdigkeit der Abschlussinformationen erhöhen Unsicherheiten sind bei der Bilanzierung und Bewertung durch gründliche Analysen zu berücksichtigen. Das stellt sicher, dass der Erfolg und das Vermögen möglichst korrekt ausgewiesen werden. Die Vorsicht wird durch umsichtige Ausübung von Ermessensentscheidungen bei Unsicherheit gewährleistet. Die verbessernden qualitativen Anforderungen (2.23 bis 2.38) an den Abschluss sollen in kurzer Form zusammengefasst werden. Vergleichbarkeit (2.24–2.29): Die Vergleichbarkeit soll sowohl interne Betriebsvergleiche (Zeitvergleich über mehrere Perioden) als auch externe Betriebsvergleiche (zwischenbetrieblicher Vergleich, Benchmarking mit anderen Unternehmen) ermöglichen. Die Vergleichbarkeit wird hergestellt durch: • einheitliche bzw. stetige Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden für vergleichbare Geschäftsfälle, Grundsatz der Stetigkeit, • Information über die zugrunde gelegten Methoden, • Information über eine gegebenenfalls notwendig gewordene Veränderung dieser Methoden und • Angaben im Jahresabschluss über vorangegangene Perioden. Verifizierbarkeit (2.30–2.32): Die Verifizierbarkeit dient der Sicherstellung der glaubwürdigen Darstellung. Sie daran wird gemessen, dass verschiedene sachverständige und unabhängige Leser beim gleichen Sachverhalt zum gleichen Ergebnis kommen. Zeitnähe (2.33): Wirtschaftliche Entscheidungen müssen möglichst schnell und zeitgerecht getroffen werden, wozu aktuelle und zeitnahe Informationen notwendig sind. Ein zu spät aufgestellter und veröffentlichter Jahresabschluss führt dazu, dass die Informationen an Relevanz verlieren. Die schnelle, also zeitlich nah am Bilanzstichtag liegende Veröffentlichung wird daher zu den Qualitätskriterien für einen Jahresabschluss. Das Kriterium „Zeitnähe“ kann jedoch auch im Widerspruch zu anderen Kriterien stehen, wenn durch eine längere und gründlichere Bearbeitung bessere und verlässlichere Informationen im Abschluss geboten werden könnten. Es gilt hier abzuwägen zwischen Genauigkeit und Schnelligkeit. Verständlichkeit (2.34–2.36): Die Informationen sind klar und knapp zu klassifizieren, zu charakterisieren und darzustellen. Das gilt auch für komplexe Sachverhalte, diese dürfen nicht weggelassen werden. Beim Nutzer werden Kenntnisse von Wirtschaft und Aktivitäten in der Wirtschaft vorausgesetzt. Die Nutzer müssen die Informationen sorgfältig prüfen und analysieren. Nach den Vorstellungen des
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10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
IASB muss der Abschluss nur für entsprechende vorgebildete und gewissenhaft arbeitende Nutzer verständlich sein. Das Erreichen der verbessernden qualitativen Merkmale ist stets mit einer Abwägung der einzelnen Anforderungen verbunden: Das Rahmenkonzept überlässt es der fachkundigen Beurteilung des Bilanzerstellers (bei einem in der Praxis) auftretenden Widerstreit zwischen den verschiedenen Qualitätsanforderungen abzuwägen (2.37–2.38). Kostengrenze für nützliche Finanzinformationen (2.39–2.43). Die Ermittlung von entscheidungsnützlichen Informationen ist mit Kosten verbunden ist. Es ist nicht sinnvoll, eine Jahresabschlussinformation zu höheren Kosten als deren späteren Nutzen zu erstellen. Das Abwägen eines schwer quantifizierbaren Nutzens mit den ebenfalls nicht einfach feststellbaren Kosten der konkreten Informationsbereitstellung obliegt dem Bilanzersteller. Es muss eine Abwägung von Nutzen und Kosten durchgeführt werden. 10.3.3 Die Elemente des Jahresabschlusses An dieser Stelle soll auf eine Reihe von übergreifenden Begriffsdefinitionen und Bilanzierungs- und Bewertungsregeln eingegangen werden. Das Rahmenkonzept befasst sich im Kapitel 4 mit der Definition der Elemente eines IFRS-Abschlusses und im Kapitel 5 mit deren Erfassung – Bilanzierung dem Grunde nach sowie mit der Bewertung im Kapitel 6 – Bilanzierung der Höhe nach. Einen Überblick zur Definition der Posten nach dem Rahmenkonzept, auf die im Folgenden eingegangen wird, gibt Abbildung 49. Definition der Elemente (Kapitel 4)
Darstellung der Vermögens- und Finanzlage in der Bilanz
Darstellung der Performance/ Ertragslage in der Erfolgsermittlung
Vermögenswerte (4.3–4.25)
Erträge (4.68)
Schulden (4.26–4.62)
Aufwendungen (4.69)
Eigenkapital (4.63–4.67)
Abbildung 49: Definition der Elemente im Rahmenkonzept der IFRS
10.3 Das Rahmenkonzept
247
Es sei hier nochmals darauf hingewiesen, dass die Definitionen der einzelnen Standards jeweils vorrangig anzuwenden sind. Das Rahmenkonzept bietet aber gleichzeitig einen Einblick in die äußerst komplexe Begriffswelt der IFRS. Vermögenswerte (4.3–4.5) Ein Vermögenwert ist eine gegenwärtige wirtschaftliche Ressource, die aufgrund von Ereignissen in der Vergangenheit in der Verfügungsmacht des Unternehmens steht. Eine wirtschaftliche Ressource ist ein Recht, aus dem wirtschaftlicher Nutzen generiert werden könnte. In den nachfolgenden Paragrafen werden die Begriffe Recht als wirtschaftliche Ressource, das Potenzial zur Generierung wirtschaftlichen Nutzens sowie Verfügungsmacht detailliert erläutert. Der wirtschaftliche Nutzen liegt im Potenzial der Ressource, direkt oder indirekt zum Zufluss von Zahlungsmitteln oder Zahlungsmitteläquivalenten beizutragen. (z. B. bei Forderungen durch unmittelbaren Geldzufluss oder z. B. bei Maschinen durch Gebrauch zur Herstellung von Absatzgütern). Es wird erwartet, dass durch diese Ressource dem Unternehmen künftiger wirtschaftlicher Nutzen zufließt Das Unternehmen verfügt über die tatsächliche wirtschaftliche Verfügungsmacht über diese Ressource, das bedingt nicht notwendigerweise auch das rechtliche Eigentum. Diese Kriterien sind die Voraussetzung für die Bilanzierungsfähigkeit eines Aktivpostens. Sind diese Kriterien bei einem Wert von Anfang an nicht gegeben, so darf keine Aktivierung erfolgen; entfällt mindestens ein Kriterium nach einer Aktivierung, muss dieser Wert wieder ausgebucht werden. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH besitzt eine Anlage, die aus umwelttechnischen Gründen nicht mehr in der Produktion eingesetzt werden darf. Auch als Reserveanlage ist sie aus diesem Grund nicht nutzbar. Ebenso ist kein Erlös beim Verkauf zu erwarten. Da die Anlage dauerhaft nicht mehr genutzt wird und ein künftiger wirtschaftlicher Nutzen bei ihrem Abgang nicht erwartet wird, ist sie aus der Bilanz (gegebenenfalls nach Abschreibung eines Restwertes) auszubuchen (siehe auch IAS 16.67). Schulden (4.26–4.27) Eine Schuld ist eine gegenwärtige Verpflichtung des Unternehmens zur Übertragung einer wirtschaftlichen Ressource aufgrund von Ereignissen in der Vergangenheit. Eine Verpflichtung ist eine Handlungspflicht, die das Unternehmen praktisch nicht umgehen kann. Auch hier folgt nach der Grunddefinition die Erläuterung der wesentlichen Begriffe – Verpflichtung, Übertragung der Ressourcen sowie Ereignis aus der Vergangenheit. Die Verpflichtung muss gegenüber einem Dritten außerhalb des Unternehmens bestehen und kann durch unterschiedlichste Verträge entstehen. Die
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10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Art der Verpflichtung ist unerheblich; es kann sich um einen rechtlichen Zwang (aufgrund von Vertrag oder Gesetz) oder um eine freiwillige Pflicht oder Übung (z. B. übliche Kulanzleistungen) handeln. Diese Verpflichtung führt bei der Erfüllung zu einem Abfluss von Ressourcen mit wirtschaftlichem Nutzen (z. B. Zahlung flüssiger Mittel, Übertragung von Vermögenswerten, Erbringung von Dienstleistungen, Verringerung von Forderungen). Für die Feststellung einer Schuld ist es unerheblich, ob der Erfüllungsbetrag bereits feststeht (z. B. Kreditverbindlichkeit, Lieferantenverbindlichkeiten) oder durch Schätzung ermittelt werden muss (z. B. Rückstellung für Gewährleistung, Altersvorsorgerückstellung). Im IAS 37.10 finden sich weitere Definitionskriterien. Eigenkapital (4.63–4.67) Eigenkapital ist der Residualanspruch an den Vermögenswerten des Unternehmens nach Abzug aller seiner Schulden. Das Eigenkapital des Unternehmens ist daher der nach Abzug aller Schulden verbleibende Restbetrag des Vermögens. Es existieren auch in den internationalen Standards keine weiteren Kriterien für das Eigenkapital. Eine Unterteilung des Eigenkapitals (Grundkapital, Kapitalrücklagen, Gewinnrücklagen etc.) ist zulässig. Erträge (4.68) Erträge sind die Zunahmen von Vermögenswerten oder Abnahmen von Schulden, die zur Erhöhung des Eigenkapitals führen mit Ausnahme der Zunahmen, die durch Einlagen der Eigentümer entstehen. Die Erträge umfassen zwei Arten: • Erlöse – fallen im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit an. Sie haben verschiedene Bezeichnungen: Umsatzerlöse, Dienstleistungsentgelte, Zinsen, Dividendenerträge, Lizenzerträge und Mieten / Pachten. • Andere Erträge – dazu zählen u. a. Wertsteigerungen, Neubewertungen oder Erträge aus der Veräußerung langfristiger Vermögenswerte. Aufwendungen (4.69) Aufwendungen sind die Abnahme von Vermögenswerten oder Zunahme von Schulden, die zur Verringerung des Eigenkapitals führen mit Ausnahme von Ausschüttungen an die Eigentümer. Die Aufwendungen entstehen im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit als Umsatzkosten, Abschreibungen u. ä. Andere Aufwendungen entstehen z. B. durch Wertminderungen. Diese Definitionen der Posten des Jahresabschlusses stellen zunächst allgemeine Regeln über deren zulässigen Inhalt auf. Sie beinhalten noch keine Aussagen über die konkreten Ansatzvoraussetzungen. Die Erfassung der Elemente wird für jeden
10.3 Das Rahmenkonzept
249
einzelnen Posten in den jeweiligen Standards geregelt. Im Kapitel 5 des Rahmenkonzeptes werden lediglich allgemeine und übergreifende Bedingungen definiert. Es geht um die konkrete Prüfung der Fragen, ob im Einzelfall ein Ansatz im Jahresabschluss notwendig oder zulässig ist. Dieses wird als Prozess der Erfassung oder des Ansatzes beschrieben (5.1–5.5). Dabei wird insbesondere auf die Zusammenhänge zwischen Bilanz, Erfolgsermittlung und anderen Transaktionen mit den Eigenkapitalgebern hingewiesen. Das Ziel der Erfassung besteht darin, dass der Adressat relevante Informationen über die Vermögenswerte oder Schulden sowie über Aufwendungen und Erträge und Änderungen des Eigenkapitals erhält und die glaubwürdige Darstellung des Vermögenswerts, der Schulden und aller Erträge, Aufwendungen und die Änderungen des Eigenkapitals sichergestellt ist. Grundsätzlich müssen die allgemeinen Definitionskriterien erfüllt sein (5.6–5.11). Zur Sicherstellung der Relevanz der Informationen wird im Rahmenkonzept auf bestehende Unsicherheiten bezüglich des Bestehens von Vermögen oder Schulden eingegangen (5.14). Der Bilanzierer wird angehalten, auch in Anbetracht von Unsicherheiten bezüglich des Zu- oder Abflusses der Ressourcen, die Posten in die Bilanz aufzunehmen, um keine entscheidungsnützlichen Informationen vorzuenthalten. In den einzelnen Standards spielt die Wahrscheinlichkeit des Nutzenzuflusses oder Abflusses von Ressourcen eine entscheidende Rolle. Hier im Rahmenkonzept wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass ein Vermögenswert oder eine Schuld auch dann existieren, wenn die Wahrscheinlichkeit des Zuflusses oder Abflusses von wirtschaftlichen Ressourcen gering ist (5.15–5.17). Sofern daraus entscheidungsrelevante Informationen entstehen, sind sie zu bilanzieren oder es sind Angaben im Anhang zu machen. Bezogen auf die Bewertung der Posten geht das Rahmenkonzept des Weiteren auf zum Teil notwendige Schätzung der Werte ein (5.19–5.23). Das Ziel einer glaubwürdigen Darstellung kann oft nur durch Schätzungen erreicht werden. Die Grundlagen für die Schätzung sind im Jahresabschluss anzugeben und zu erläutern. Es wird auf Umstände verwiesen, unter denen eine verlässliche Schätzung nicht möglich ist, dann darf der Posten nicht erfasst werden (5.22). Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH hat eine Forderung in Höhe von 5.500 Euro aus Umsatzerlösen an die Weinkellerei Erwin Huber, diese hat jedoch Insolvenz beantragt. Der Wert der Forderung kann verlässlich ermittelt werden. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass die Forderung beglichen wird. Die Forderung darf daher nicht als Vermögenswert ausgewiesen werden. Eine bereits aktivierte Forderung muss abgeschrieben werden. Ein Wert, der aufgrund der unzureichenden Wahrscheinlichkeit des Nutzenflusses oder der ungenügenden Verlässlichkeit der Wertermittlung nicht erfasst werden darf, kann eine Angabe im Anhang notwendig oder sinnvoll machen.
250
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH wird von der Gebietswinzergenossenschaft auf Schadenersatz wegen mangelhafter Lieferung verklagt. Die Klage wird wahrscheinlich nicht erfolgreich werden (gängige Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen). Es besteht einerseits eine gegenwärtige Verpflichtung, aber andererseits ist der Ressourcenabfluss nicht wahrscheinlich. In der Bilanz darf daher keine Rückstellung ausgewiesen werden. Im Anhang muss aber über eine Eventualverbindlichkeit berichtet werden (siehe auch IAS 37).
10.3.4 Bewertung der Elemente des Jahresabschlusses Wenn feststeht, dass ein Posten alle Voraussetzungen für seine Erfassung erfüllt, muss sein Wert bestimmt werden. D. h. die Bewertung und Bestimmung des anzusetzenden Geldbetrags ist vorzunehmen. Das Rahmenkonzept sieht vier Wertkategorien vor (Abbildung 50). Weitere Wertkategorien werden in den einzelnen Standards beschrieben. Wertbegriffe
Historische Kosten (6.4)
Gegenwartswert (6.10–6.11)
Anschaffungskosten Herstellungskosten
Marktwert (Fair Value)
Nutzungswert Erfüllungswert
Gegenwärtige Kosten
(6.4–6.9 6.24–6.31)
(6.12–6.16 6.32–6.36)
(6.17–6.20 6.37–6.39)
(6.21–6.22 6.40–6.42)
Vergangenheitsbezug
Gegenwartsbezug und Zukunftsbezug
Gegenwartsbezug
Abbildung 50: Wertkategorien im IFRS-Rahmenkonzept
Historische Anschaffungs- oder Herstellungskosten: Geldwert im Zeitpunkt des Erwerbs bzw. des Zugangs eines Postens. Marktwert: Preis, der für den Erwerb eines Vermögenswertes oder zur Begleichung einer Verbindlichkeit für vergleichbare Transaktionen an die Marktteilnehmer gezahlt wird.
10.3 Das Rahmenkonzept
251
Nutzungswert: Gegenwartswert des Cashflows, den das Unternehmen aus der Nutzung eines Vermögenswertes und Veräußerung am Ende der Nutzung erwartet. Erfüllungswert: Gegenwartswert des Geldes, den das Unternehmen zur Begleichung einer Schuld erwartungsgemäß aufbringen muss. Gegenwärtige Kosten: Wert der am Bewertungsstichtag für einen vergleichbaren Vermögenswert inkl. der Transaktionskosten zu bezahlen ist. In den weiteren Paragrafen des Rahmenkonzeptes werden die Begriff ausführlicher erläutert. In einer tabellarischen Übersicht (6.42) werden die Begriffe für verschiedene Ereignisse beispielhaft jeweils für die Bilanz (getrennt nach Vermögenswerten und Schulden) und für die Erfolgsermittlung dargestellt. Die Regeln werden bei den Darstellungen zu ausgewählten Bilanzposten anwendungsorientiert erläutert. An dieser Stelle folgen einige grundsätzliche Regeln, die in den Stansdards immer wieder zu Anwendung kommen. 10.3.5 Standardübergreifende Bewertungsregeln Neben den im Rahmenkonzept definierten Begriffen und Regelungen gibt es in den IFRS eine Reihe von Regelungen, die übergreifend für ähnliche Bilanzierungsfälle in mehreren Standards auftauchen und grundsätzlich gleich oder ähnlich standardisiert sind (z. B. Anschaffungskostenmodell, Herstellungskostenmodell). Andere sind in einem eigenen Standard definiert, betreffen in ihrer Anwendung jedoch mehrere Bilanzposten (Werthaltigkeitstest – IAS 36, Beizulegender Zeitwert – IFRS 13). Zugangsbewertung Für die Zugangsbewertung sehen die IFRS das Anschaffungskostenmodell und das Herstellungskostenmodell vor, Besonderheiten bei der Erstbewertung wie Zuschüsse der öffentlichen Hand (IAS 20), Fremdkapitalkosten (IAS 23) oder Tauschgeschäfte (IAS 16, IAS 38, IAS 40) werden in gesonderten Standards oder speziellen Paragraphen innerhalb dieser geregelt. Sie werden bei den einzelnen Bilanzposten erläutert. Anschaffungskostenmodell: Das Anschaffungskostenmodell ist eines der grundlegenden Modelle der IFRS. Im Wesentlichen stimmen die Regelungen mit denen des deutschen Handelsrechts (§ 255 (1) HGB) überein. Zu den Anschaffungskosten zählen grundsätzlich folgende Positionen: Anschaffungspreis (Nettopreis des Anlagegutes) +
Anschaffungsnebenkosten
+
nachträgliche Anschaffungskosten
./.
Anschaffungspreisminderungen
=
Anschaffungskosten
252
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Anschaffungsnebenkosten sind bspw. Transportkosten und -versicherungen, Zölle, Vermittlungsprovisionen. Zu den Anschaffungspreisminderungen zählen Rabatte, Skonti u. ä. Weitere detaillierte Regeln finden sich u. a. in den Standards IAS 2 (Vorräte), IAS 16 (Sachanlagen) und IFRS 9 (Finanzinstrumente). Herstellungskostenmodell: Diese beziehen sich auf Sachanlagen (IAS 16) und Vorratsposten (IAS 2). Auch hier gibt es zunächst keine wesentlichen Unterschiede zu den HBG-Regeln. Eine Auflistung von Herstellungskostenbestandteilen für Sachanlagen unterbleibt im IAS 16. In IAS 16.16 (b) wird ausgeführt, dass alle direkt zurechenbaren Kosten, die anfallen um den Vermögenswert zum Standort und in den erforderlichen betriebsbereiten Zustand zu bringen, zu aktivieren sind. Im Einzelnen sind in die Bewertung der Vorräte nach IAS 2.12 die folgenden Kosten einzubeziehen: Materialeinzelkosten +
Fertigungseinzelkosten
+
Materialgemeinkosten
+
Fertigungsgemeinkosten
+
fertigungsbezogene Verwaltungsgemeinkosten
+
Fremdkapitalzinsen gemäß IAS 23
=
Herstellungskosten
Verwaltungskosten sind anzusetzen, sofern diese Aufwendungen fertigungsbezogen sind. Die Einbeziehung von Fremdkapitalzinsen gilt nur für Fremdkapitalkosten, die direkt dem Erwerb, dem Bau oder der Herstellung eines qualifizierten Vermögenswerts zugeordnet werden können. Diese Kostenarten sind als Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivieren (IAS 23.8). Bei den fixen Kosten der Produktion ist zu beachten, dass sie sich auf eine normale Kapazitätsauslastung beziehen müssen (IAS 2.13). Beispiele dazu folgen im Abschnitt zu den Sachanlagen und den Vorräten. Folgebewertung Für die Folgebewertung haben die IFRS folgende Modelle vorgesehen: • planmäßige Abschreibung auf Basis der Anschaffungs-/Herstellkosten, • Neubewertungsmodel, • außerplanmäßige Abschreibung und Wertaufholungen. Auf die planmäßigen Abschreibungen und das Neubewertungsmodell wird fallbezogen in den Abschnitten zu den Bilanzpositionen eingegangen.
253
10.3 Das Rahmenkonzept
Außerplanmäßige Abschreibungen (IAS 36): Diese spielen in den IFRS eine bedeutende Rolle, da nach IAS 36 die Verpflichtung besteht, regelmäßig Wertminderungen mit dem sog. Werthaltigkeitstest (Impairment Test) festzustellen und zu behandeln. Der Werthaltigkeitstest ist anzuwenden für Sachanlagen (IAS 15), Immaterielle Vermögenswerte (IAS 38); Geschäfts- oder Firmenwert (IFRS 3), Anteile an anderen Unternehmen und Tochterunternehmen (IFRS 10); Anteile an assoziierten Unternehmen (IAS 28). Bei Vorräten (IAS 2), finanziellen Vermögenswerten (IAS 32) sowie Als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien (IAS 40) ist kein Impairment Test durchzuführen. Das schematische Vorgehen beim Werthaltigkeitstest zeigt Abbildung 51. Der erzielbare Wert wird durch den Vergleich vom Barwert der geschätzten künftigen Netto-Cashflows aus der Nutzung (Nutzungswert) und dem beizulegenden Zeitwert abzüglich der Kosten der Veräußerung bestimmt. Der höhere der beiden Werte ist der erzielbare Wert, der zum Vergleich herangezogen wird. Auf diesen ist abzuschreiben, wenn er niedriger ist als der Buchwert. Gibt es Hinweise auf Wertminderungen?
nein
Bestimmung des erzielbaren Betrags!
Vergleich erzielbarer Betrag < Buchwert?
Abschreibung auf den erzielbaren Betrag
nein
Überprüfung der plan mäßigen Abschreibung
Keine bilanziellen Konsequenen
Abbildung 51: Ablauf eines Impairment-Tests
Nutzungswert (IAS 36.30–57): Barwert der geschätzten künftigen Netto-Cashflows, die aus der fortgesetzten Nutzung eines Vermögenswertes und seinem Abgang am Ende seiner Nutzungsdauer erwartet werden. Die Bestimmung des Zinssatzes erfolgt unter Berücksichtigung von internen und externen Risiken. Beizulegender Zeitwert abzüglich der Kosten der Veräußerung (IAS 36.28 + 29): Betrag, der durch den Verkauf eines Vermögenswertes am Markt nach Abzug der Veräußerungskosten erzielt werden könnte. Die Grundlagen für die Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts sind beispielsweise vergleichbare abgeschlossene Kaufverträge, Marktpreise oder die bestmögliche Schätzung (geregelt im IFRS 13).
254
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Das Management hat im Einzelfall zu prüfen, ob Wertminderungsindikatoren vorliegen. Dabei wird in externe und interne Indikatoren unterschieden, die beispielhaft in Tabelle 17 zusammengefasst sind (IAS 36.12). Tabelle 17 Externe und interne Wertminderungsindikatoren (IAS 36.12 ff.) Qualitative Indikatoren einer Wertminderung Externe Indikatoren
Interne Indikatoren
a) wesentlich stärkerer Rückgang des Marktwerts als erwartet b) eingetretene oder erwartete signifikant nachteilige Veränderungen im technischen, marktbezogenen, ökonomischen oder gesetzlichen Umfeld des Unternehmens c) gestiegene Marktzinssätze oder andere Marktrenditen mit Auswirkung auf den Abzinsungssatz d) Buchwert des Nettovermögens des Unternehmens ist größer als die Marktkapitalisierung
e) substanzielle Hinweise auf Überalterung oder physische Beschädigung des Vermögenwertes f) eingetretene oder erwartete signifikant nachteilige Veränderung hinsichtlich Umfang oder Art und Weise des Einsatzes des Vermögenswertes (z. B. Schließung oder Restrukturierung des betroffenen Bereichs, Änderung der Nutzungsdauer, vorzeitiger Abgang) g) substanzielle Hinweise auf eine verminderte Ertragskraft des Vermögenswertes
Wenn die Gründe für Wertminderungen in den Vorperioden wegfallen, hat eine Zuschreibung aufgrund der Wertaufholung stattzufinden. Im Prinzip wird der Impairment Test mit umgekehrten Vorzeichen durchgeführt. Die Obergrenze der Zuschreibung liegt bei planmäßiger Abschreibung bei dem Wert, der bei planmäßiger Gibt es Hinweise auf Wertminderungen?
nein
ja Bestimmung des erzielbaren Betrags! ja Vergleich erzielbarer Betrag > Buchwert?
nein
ja Zuschreibung auf niedrigeren Wert aus erzielbaren Betrag und Buchwert aus fortgeführten AHK
Überprüfung der plan mäßigen Abschreibung
Keine bilanziellen Konsequenen
Abbildung 52: Ablauf eines Wertaufholungstests
10.3 Das Rahmenkonzept
255
Abschreibung ohne Wertminderungen bestanden hätte. Die fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten dürfen nicht überschritten werden (IAS 36.117). Ein höherer Wert setzt die Anwendung der Neubewertungsmethode nach entsprechendem Standard (IAS 16) voraus. Ein Goodwill darf nicht zugeschrieben werden. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH hat zu Anfang des Jahres 01 eine Glasfertigungsmaschine zu Anschaffungskosten von 100.000 Euro erworben, um den gestiegenen Bedarf an farbigen Weinflaschen zu decken. Die Glasfertigungsmaschine wird linear über eine Nutzungsdauer von 10 Jahren abgeschrieben. Der modische Trend zu neuen Flaschenformen und -farben war nur von kurzer Dauer. Im Jahr 03 sinkt die Nachfrage rapide. Die Maschine ist nur zu einem Bruchteil ausgelastet. Der Wert der Glasfertigungsmaschine fällt daher auf 40.000 Euro. Im Jahr 04 steigt die Nachfrage nach diesen Flaschen vor allem auf dem asiatischen Markt sprunghaft an. Der Marktwert der Glasfertigungsmaschine steigt auf 120.000 Euro. Mit welchem Wert wird die Glasfertigungsmaschine 03 und 04 angesetzt? 31. 12. 04 Schritt 1: Planmäßige Abschreibung: Abschreibungsbetrag: 100.000: 10 Jahre = 10.000 31. 12. 01: 100.000 – 10.000 Euro = 90.000 31. 12. 02: 90.000 – 10.000 Euro = 80.000 31. 12. 03: 80.000 – 10.000 Euro = 70.000. Es liegen Indikatoren für eine Wertminderung vor. Die Bestimmung des erzielbaren Wertes ergab 40.000 Euro (dieser Wert gilt hier als gegeben = höherer Wert aus dem Vergleich des beizulegenden Zeitwerts abzüglich der Kosten der Veräußerung und dem Nutzungswert). Zum 31. 12. 03 erfolgt eine außerplanmäßige Abschreibung auf 40.000 Euro. 31. 12. 04 Im Folgejahr 04 liegen Indikatoren für eine Werterhöhung vor. Die Bestimmung des erzielbaren Wertes ergab 120.000 Euro. Es erfolgt eine Zuschreibung jedoch nur auf die fortgeführten AHK nach planmäßiger Abschreibung in Höhe von 60.000 Euro. Beizulegender Zeitwert (IFRS 13): Auch die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert spielt in den IFRS eine übergeordnete Rolle und wurde im IFRS 13 standardübergreifend geregelt. Der Standard ist anzuwenden, wenn ein anderer IFRS eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert vorschreibt oder gestattet oder Angaben über die Bemessung des beizulegen-
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10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
den Zeitwerts verlangt werden. Bei Vorräten (IAS 2, der Nettoveräußerungswert ≠ beizulegendem Zeitwert), Anteilsbasierter Vergütung (IFRS 2), Leasing (IFRS 16) und bei Wertminderungen (IAS 36, der Nutzungswert ≠ beizulegendem Zeitwert) wird der Standard nicht angewandt. Bei der Bemessung des beizulegenden Zeitwerts wird davon ausgegangen, dass der Geschäftsvorfall, in dessen Rahmen der Verkauf des Vermögenswerts oder die Übertragung der Schuld erfolgt, entweder auf dem Hauptmarkt für den Vermögenswert oder die Schuld oder auf dem vorteilhaftesten Markt für den Vermögenswert bzw. die Schuld – sofern kein Hauptmarkt vorhanden ist – stattfindet. Die wichtigsten Begriffe zum IFRS 13 fasst die folgende Tabelle 18 zusammen. Tabelle 18 Bewertungsbegriffe des IFRS 13 Begriff
Definition
beizulegender Zeitwert
Preis, den man im Zuge eines geordneten Geschäftsvorfalls unter Marktteilnehmern am Bemessungsstichtag beim Verkauf eines Vermögenswerts erhalten würde oder der bei Übertragung einer Schuld zu zahlen wäre.
aktiver Markt
Markt, auf dem Geschäftsvorfälle mit dem Vermögenswert oder der Schuld mit ausreichender Häufigkeit und Volumen auftreten, so dass fortwährend Preisinformationen zur Verfügung stehen.
Abgabepreis
Preis, der man beim Verkauf eines Vermögenswerts erhalten würde oder bei der Übertragung einer Schuld zu zahlen wäre.
höchste und beste Verwendung
Verwendung eines nicht-finanziellen Vermögenswerts durch Marktteilnehmer, die den Wert des Vermögenswerts oder der Gruppe von Vermögenswerten und Schulden (z. B. ein Geschäftsbetrieb), in der der Vermögenswert verwendet würde, maximieren würde.
vorteil haftester Markt
Markt, der den nach Berücksichtigung von Transaktions- und Transportkosten beim Verkauf des Vermögenswerts zu erhaltenden Betrag maximieren oder den bei Übertragung der Schuld zu zahlenden Betrag minimieren würde
vorrangiger Markt
Markt mit dem größten Volumen und dem höchsten Geschäftsniveau für den Vermögenswert oder die Schuld
Die Zielsetzung einer Bemessung des beizulegenden Zeitwerts besteht in der Schätzung des Preises, zu dem unter aktuellen Marktbedingungen am Bemessungsstichtag ein geordneter Geschäftsvorfall zwischen Marktteilnehmern stattfinden würde, im Zuge dessen der Vermögenswert verkauft oder die Schuld übertragen würde. Die Bemessung des beizulegenden Zeitwerts verlangt von einem Unternehmen, sämtliche der nachfolgenden Punkte festzulegen (IFRS 13.B2): • den jeweiligen Vermögenswert oder die Schuld, die Gegenstand der Bemessung ist, • die für die Bewertung sachgerechte Bewertungsprämisse,
10.3 Das Rahmenkonzept
257
• den Hauptmarkt oder den vorrangigen Markt für den Vermögenswert oder die Schuld, • die für die Bemessung sachgerechten Bewertungstechniken. Bewertungstechniken (IFRS 13.61 ff.): Ein Unternehmen wendet Bewertungstechniken an, die unter den jeweiligen Umständen sachgerecht sind und für die ausreichend Daten zur Bemessung des beizulegenden Zeitwerts zur Verfügung stehen. Dabei ist die Verwendung maßgeblicher, beobachtbarer Inputfaktoren möglichst hoch und jene nicht beobachtbarer Inputfaktoren möglichst gering zu halten Eine Übersicht zur Abstufung der Inputfaktoren enthalt die nachfolgende Abbildung 53. Inputfaktoren auf Stufe 1 (IFRS 13.76 – 80) Preisnotierungen auf aktiven Märkten für identische Vermögenswerte oder Schulden, zu denen das Unternehmen am Bemessungsstichtag Zugang
Inputfaktoren auf Stufe 2 (IFRS 13.81 – 85) andere als die auf Stufe 1 genannten Marktpreisnotierungen, die für den Vermögenswert oder die Schuld entweder unmittelbar oder mittelbar zu beobachten sind
Inputfaktoren auf Stufe 3 (IFR 13.86 – 90) nicht beobachtbare Inputfaktoren für den Vermögenswert oder die Schuld
Abbildung 53: Abstufung der Inputfaktoren nach IFRS 13
Ein Unternehmen wendet die Bewertungsverfahren an, die im jeweiligen Umstand sachgerecht sind und für die ausreichend Daten zur Bemessung des beizulegenden Zeitwerts zur Verfügung stehen, wobei die Verwendung relevanter beobachtbarer Inputfaktoren maximiert und jene nicht beobachtbarer Inputfaktoren minimiert wird (IFRS 13.61 + 67). Gemäß IFRS 13.72 ff. kommen folgende Ansätze zur Anwendung: 1) Bewertung zu Marktpreisen (marktbasierter Ansatz): marktnahe Bewertung, möglich wenn Handel auf einem aktiven Markt stattfindet, 2) Bewertung mit vergleichbaren Marktpreisen (einkommensbasierter Ansatz): Marktpreis von vergleichbaren Vermögensgegenständen / Schulden zur Marktpreisapproximation, 3) hypothetischer Marktwert (kostenbasierter Ansatz): Anwendung von anerkannten Bewertungsmethoden, z. B. DCF-Verfahren, Ertragswertverfahren. Die praktische Nutzung dieser Bewertungsansätze wird fallbezogen in den Abschnitten zu Anwendung der IFRS vorgestellt.
258
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
10.4 Zielsetzung und Gliederung des Abschlusses nach HGB und IFRS 10.4.1 Unterschiede in der Zielsetzung des Abschlusses Unterschiede zwischen den Rechnungslegungssystemen ergeben sich vor allem aus den grundlegenden Zielstellungen der Jahresabschlusserstellung und den damit verbundenen Adressaten, wie in der Tabelle 19 gezeigt wird. Einhergehend damit unterscheiden sich die vorrangig anzuwendenden Prinzipien8. Tabelle 19 Unterschiede zwischen HGB- und IFRS-Abschluss HGB-Abschluss
IFRS-Abschluss
Zielgruppe
vor allem Gläubiger
vor allem Anteilseigner
Ziel
Erhaltung der Haftungssubstanz, daher Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns, Bereitstellung von Informationen für Investoren
Bereitstellung von Informationen für Investoren, true and fair view, fair presentation
Vorsichtsprinzip
ist vorrangig
ist nachrangig
Periodengerechte Erfolgsermittlung
ist nachrangig
ist vorrangig
Veröffentlichung
spätestens 12 Monate nach dem Abschlussstichtag
spätestens nach 6 Monaten
10.4.2 Unterschiede in der Bilanzgliederung Für eine HGB-Bilanz ist für Kapitalgesellschaften die Gliederung nach § 266 HGB exakt vorgeschrieben. Eine Gliederungsvorschrift oder Reihenfolge der Posten der IFRS-Bilanz ist in den Standards ausdrücklich nicht vorgesehen (IAS 1.57). Der Standard IAS 1 enthält in den Paragrafen 54 bis 80 Mindestangaben, die in der Bilanz bzw. teilweise auch im Anhang zu machen sind. Laut Paragraphen 38 bis 44 sind Vergleichsinformationen hinsichtlich der vorangegangenen Periode für alle quantitativen Informationen, also auch für alle Bilanzposten anzugeben. Das deutsche HGB-Schema und auch die IFRS-Empfehlung sehen eine Gliederung der Aktiva nach zunehmender Liquidierbarkeit und der Passiva nach abnehmender Fristigkeit vor. § 266 (1) HGB schreibt für die Bilanz eine Kontoform vor. Die IFRS-Vorschriften eröffnen die Möglichkeit, die Bilanz sowohl in Konto- als 8 Teilweise in Anlehnung an: Buchholz, R.: Internationale Rechnungslegung, Berlin 2021, S. 24.
10.4 Zielsetzung und Gliederung des Abschlusses nach HGB und IFRS
259
auch in Staffelform aufzustellen. In der Literatur werden Gliederungsschemata für die IFRS-Bilanz vorgeschlagen, die sich an den inhaltlichen Anforderungen des IAS 1 orientieren (Tabelle 20). Tabelle 20 Bilanzgliederungsvorschlag von Petersen9 AKTIVA
PASSIVA
ANLAGEVERMÖGEN
EIGENKAPITAL
Immaterielle Vermögenswerte
Eingezahltes Kapital
Sachanlagen
Rücklagen
Finanzimmobilien
Minderheitenanteile
at-equity Finanzanlagen Aktive latente Steuern
LANGFRISTIGE SCHULDEN
Langfristige finanzielle Verbindlichkeiten UMLAUFVERMÖGEN
Langfristige Rückstellungen
Vorräte
Passive latente Steuern
Forderungen aLL Sonstige kurzfristige Forderungen
KURZFRISTIGE SCHULDEN
Übrige finanzielle Forderungen
Kurzfristige Verbindlichkeiten aLL
Steuerforderungen
Sonstige Verbindlichkeiten
Übrige nicht-finanzielle Forderungen
Übrige kurzfristige
Zahlungsmittel
Finanzielle Verbindlichkeiten Kurzfristige Rückstellungen
SUMME VERMÖGENSWERTE
SUMME EIGENKAPITAL UND SCHULDEN
Zusammenfassend kann festgestellt werden: Die Bilanzgliederung nach HGB und IFRS unterscheidet sich deutlich. Der IAS 1 lässt im Unterschied zu § 266 HGB mehr Freiheiten zu und enthält keine Mindestgliederung. Besonderer Wert wird im internationalen Abschluss auf den Ausweis von latenten Steuern und auf die Untergliederung des Eigenkapitals gelegt. IFRS-Bilanzen haben, wie nach HGB, die Werte für mindestens zwei Zeitpunkte zu enthalten (IAS 1.38).
9
Vgl. Petersen, K. et al: IFRS Praxishandbuch, 14. Auflage, München 2020, S. 33.
260
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
10.4.3 Unterschiede in der Ergebnisrechnung Die Erstellung der Gewinn- und Verlustrechnung dient der Ermittlung des Erfolges durch Gegenüberstellung von Erträgen und Aufwendungen. Dieser Gewinn dient als Maßstab für die Beurteilung der Ertragslage eines Unternehmens. Die Ergebnisrechnung soll Transparenz schaffen zu den Entstehungsquellen der Erlöse, des Aufwands und des Gewinns. Wie bei der Bilanzgliederung, so gibt es auch bei der Gliederung der GuV Unterschiede zwischen HGB und IFRS. Das HGB im § 275 schreibt eine Gliederung für Kapitalgesellschaftern vor. Der Standard IAS 1 enthält in den Paragraphen 81 bis 105 eine Reihe von Mindestinformationen, die eine Gesamtergebnisrechnung zu enthalten hat. Die Ergebnisermittlung ist dabei in zwei große Abschnitte gegliedert und muss folgendes zeigen (IAS 1.81A): • den Gewinn oder Verlust, • das sonstige Ergebnis, • das Gesamtergebnis (die Summe aus dem „Gewinn oder Verlust“ und dem „sonstigen Ergebnis“). Der „Gewinn oder Verlust“ kann in einer gesonderten „Gewinn- und Verlustrechnung“ (GuV) dargestellt werden. Wie nach § 275 (1) HGB so ist auch nach IFRS das Gesamtkostenverfahren (IAS 1.02) oder das Umsatzkostenverfahren (IAS 1.103) zulässig. Die Mindestgliederungspunkte für das Gesamtkostenverfahren (IAS 1.102) zeigt Tabelle 21. Die Gliederungsanforderungen für das Umsatzkostenverfahren (IAS 1.103) werden in Tabelle 22 zusammengefasst. Tabelle 21 IFRS-Gliederung der GuV-Rechnung nach dem Gesamtkostenverfahren (IAS 1.102) Umsatzerlöse
×
Sonstige Erträge
×
Veränderung des Bestands an Fertigerzeugnissen und unfertigen Erzeugnissen
×
Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
×
Aufwendungen für Leistungen an Arbeitnehmer
×
Aufwand für planmäßige Abschreibungen
×
Andere Aufwendungen
×
Gesamtaufwand Gewinn vor Steuern
(×) ×
10.4 Zielsetzung und Gliederung des Abschlusses nach HGB und IFRS
261
Tabelle 22 IFRS-Gliederung der GuV-Rechnung nach dem Umsatzkostenverfahren (IAS 1.103) Umsatzerlöse
×
Umsatzkosten
(×)
Bruttogewinn
×
Sonstige Erträge
×
Vertriebskosten
(×)
Verwaltungsaufwendungen
(×)
Andere Aufwendungen
(×)
Gewinn vor Steuern
×
Es bleibt dem jeweiligen Unternehmen überlassen, welche Form gewählt wird. Dies hängt von den historischen und branchenbezogenen Faktoren und der Art des Unternehmens ab. Der Standard verpflichtet das Management zur Wahl des Verfahrens, dessen Informationen zuverlässiger und relevanter sind (IAS 1.105). Außerdem muss die GuV-Rechnung die Daten für mindestens zwei Zeitabschnitte enthalten. Die in Klammern gesetzten Posten stellen Aufwendungen dar und werden in der Staffelrechnung in Abzug gebracht. Gemäß IAS 1.82 und 82A sind alle in den einzelnen IFRS vorgeschriebenen Posten verpflichtend in die Ergebnisdarstellung aufzunehmen. Unter Berücksichtigung ausgewählter weiterer Posten, die zur Gesamtergebnisrechnung zählen, ergibt sich folgendes beispielhaftes Berechnungsschema (Tabelle 23). Die Erfolgsrechnung (Jahreserfolg) nimmt alle Aufwendungen und Erträge aus der laufenden Geschäftstätigkeit auf und spiegelt die wirtschaftliche Leitungskraft des Unternehmens aus dem eigentlichen Unternehmenszweck wider. Im sonstigen Gesamtergebnis werden die Ergebnisse aus diversen IFRS-typischen Bewertungsvorgängen aufgezeigt, die vor allem in der Konzernbilanz und in internationalen Konzernen auftreten. In der Ergebnisrechnung sind wesentliche Aufwendungen und Erträge anzugeben: • zu außerplanmäßigen Abschreibungen und Zuschreibungen auf Vorräten und Sachanlagen, • zur Umstrukturierung und Auflösung entsprechender Rückstellungen, • zu Veräußerungen von Posten der Sachanlagen, • zu Veräußerungen von Finanzanlagen, • zur Aufgabe von Geschäftsfeldern, • zur Beendigung von Rechtsstreitigkeiten, • zur sonstigen Auflösung von Rückstellungen.
262
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht Tabelle 23 Schematische Darstellung der Gesamtergebnisrechnung nach IFRS Gesamtergebnisrechnung Gesamtkostenverfahren
Umsatzkostenverfahren
Umsatzerlöse
Umsatzerlöse
Bestandsveränderungen
Umsatzkosten
Aktivierte Eigenleistungen
Bruttoergebnis vom Umsatz
Sonstige betriebliche Erträge
Vertriebskosten
Materialaufwand
Allgemeine Verwaltungskosten
Personalaufwand
Sonstige betriebliche Erträge
Abschreibungen
Sonstige betriebliche Aufwendungen
Sonstige betriebliche Aufwendungen Betriebserfolg
Betriebserfolg
Gewinn oder Verlust aus Beteiligungen, die nach der Equity-Methode bilanziert werden Finanzerträge Finanzierungsaufwendungen Gewinne oder Verluste aus der Reklassifizierung von Finanzinstrumenten gemäß IFRS 9 Jahreserfolg vor Steuern Steueraufwendungen Jahreserfolg Sonstiges Gesamtergebnis aus Beteiligungen, die nach der Equity-Methode bilanziert werden Erträge aus der Neubewertung von Anlagevermögen Ergebnis aus der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert von Finanzinstrumenten Versicherungsmathematische Gewinne bzw. Verluste Gewinne und Verluste aus der Währungsumrechnung von ausländischen Beteiligungen Sonstiges Gesamtergebnis vor Steuern Steueraufwendungen Sonstiges Gesamtergebnis Gesamtergebnis
Darüber hinaus ist zu den Abschnitten „Gewinn oder Verlust“ und „Sonstiges Ergebnis“ folgendes anzugeben (IAS 1.81B): • Gewinn oder Verlust, der den Eigentümer der Muttergesellschaft zusteht und der den nicht beherrschenden Anteilen zusteht. • Gesamtergebnis, das den Eigentümer der Muttergesellschaft zusteht und das den nicht beherrschenden Anteilen zusteht. Weitere detaillierte Vorschriften zur GuV enthalten die Paragrafen IAS 1.82 und IAS 1.82A.
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
263
10.4.4 Weitere Bestandteile des Abschlusses Ein deutscher Einzelabschluss einer Kapitalgesellschaft besteht laut § 264 (1) HGB aus Bilanz, GuV-Rechnung, Anhang und Lagebericht. Laut § 297 (1) Satz 1 HGB besteht der Konzernabschluss aus der Konzernbilanz, der Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung, dem Konzernanhang, der Kapitalflussrechnung und dem Eigenkapitalspiegel. Dieser kann nach § 297 (1) Satz 2 HGB um eine Segmentberichterstattung erweitert werden. Die Veränderungen des Eigenkapitals sind im IFRSAbschluss in einer besonderen Übersicht zu zeigen. Ferner ist der Abschluss eines prüfungspflichtigen Unternehmens um einen Bestätigungsvermerk (Bericht der Abschlussprüfer) zu ergänzen. Aufgabe 10.1: Welche Veränderungen am Jahresabschluss der Müller & Thurgau GmbH sind notwendig, wenn das Unternehmen einen Jahresabschluss nach IFRS aufstellt?
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS In diesem Abschnitt werden Erfassung und Ansatz sowie Ausweis, Zugangsbewertung und Folgebewertung wesentlicher Bilanzpositionen der Aktivseite nach den Bilanzierungsgrundsätzen und Maßstäben des HGB und der IFRS in teilweise tabellarischer Form gegenübergestellt und anhand von Beispielen erläutert. Der Aufbau orientiert sich dabei am klassischen Bilanzaufbau. Als Beispiel dient weiterhin die Müller & Thurgau GmbH. Es wird unterstellt, dass diese eine Umwandlung in eine AG vorbereitet und danach zeitnah an die Börse strebt. 10.5.1 Immaterielle Vermögenswerte (IVW) Erfassung Bei der Bilanzierung der immateriellen Vermögenswerte wird sowohl im HGB als auch in den IFRS nach entgeltlich erworbenen und selbst geschaffenen Vermögenswerten unterschieden. Ein selbst geschaffener Geschäfts- oder Firmenwert unterliegt dem Ansatzverbot (IAS 38.48). Ebenso gilt ein Aktivierungsverbot laut IAS 38.63 auch für selbst geschaffene Markennamen, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten sowie ihrem Wesen nach ähnliche Rechte und Werte. In nachfolgender Übersicht sind die Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede im Ansatz und Ausweis zusammengefasst (Tabelle 24).
264
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht Tabelle 24 Definition, Ansatz und Ausweis von IVW nach HGB und IVW nach IFRS HGB
IFRS Definition
Nach den GoB sind immaterielle Vermögensgegenstände – unkörperliche wirtschaftliche Güter, – die selbstständig verkehrsfähig sind, – einen wirtschaftlichen Wert aufweisen und – selbstständig bewertet werden können.
Laut IAS 38.8 ist ein immaterieller Vermögensgegenstand – ein identifizierbarer, – nicht monetärer Vermögenswert ohne physische Substanz.
Erfassung / Ansatz Entgeltlich erworbene Vermögensgegenstände: – Aktivierungsgebot bei Vorliegen eines Vermögensgegenstands (§ 246 (1) HGB) Selbst erstellte Vermögenswerte: – Anlagevermögen: Aktivierungswahlrecht (§ 248 (2) HGB). – Umlaufvermögen: Aktivierungsgebot bei Vorliegen eines Vermögensgegenstands (§ 246 (1) HGB).
Für entgeltlich erworbene und selbst erstellte Vermögenswerte gilt ein Aktivierungsgebot nach IAS 38.18, wenn der Posten der Definition als IVW entspricht und die Ansatzkriterien gemäß IAS 38.21–23 erfüllt sind – Identifizierbarkeit (IAS 38.11–12), – Beherrschung, d. h. die Möglichkeit zur Nutzung und zum Ausschluss Dritter von der Nutzung (IAS 38.13–16), – künftiger wirtschaftlicher Nutzen, durch Erlöse aus Verkauf, Kosteneinsparungen oder Vorteilen aus Eigenverwendung (IAS 38.17), – Wahrscheinlichkeit des Nutzenzuflusses (IAS 38.21a), – zuverlässige Ermittlung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten (IAS 38.21b).
Ausweis von immateriellen Vermögensgegenständen/-werten Untergliederung nach § 266 (2) HGB in: 1. Selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte 2. entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten; 3. Geschäfts- oder Firmenwert; 4. geleistete Anzahlungen.
Laut IAS 1.54 ist ein eigenständiger Bilanzposten vorgeschrieben. IAS 38.119 gibt eine mögliche Gliederung vor.
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
265
Selbst geschaffene immaterielle Vermögenswerte aus Entwicklungsarbeit Besondere Regeln gelten für IVG / IVW die durch Entwicklungsaktivitäten im Unternehmen entstanden sind, wie Tabelle 25 verdeutlicht. Da die Abgrenzung von Forschungs- und Entwicklungskosten dem Management obliegt, bieten sich hier Bilanzierungsspielräume an, insbesondere, wenn eine Aktivierung nicht gewünscht ist und die Abgrenzung nicht vorgenommen wird. Tabelle 25 Sonderregelungen für Forschungs- und Entwicklungskosten nach HGB und IFRS Forschungs- und Entwicklungskosten HGB Laut § 248 (2) HGB besteht grundsätzlich ein Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene IVG und ein Aktivierungsverbot für die Forschungskosten. IFRS Forschung = eigenständige und planmäßige Suche mit der Aussicht, zu neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen zu gelangen (IAS 38.8). In der Forschungsphase besteht nach IAS 38.54 Aktivierungsverbot. Die Aufwendungen sind als Periodenaufwand in der GuV-Rechnung zu erfassen. Klare Kriterien zu Beurteilung und Abgrenzung der Forschung sind in IAS38.56 formuliert. Entwicklung = Anwendung von Forschungsergebnissen oder von anderem Wissen auf einen Plan oder Entwurf für die Produktion von neuen oder beträchtlich verbesserten Materialien, Vorrichtungen, Produkten oder Verfahren, Systemen oder Dienstleistungen. Die Entwicklung findet dabei vor Aufnahme der kommerziellen Produktion oder Nutzung statt (IAS 38.8). Die Beurteilung der Entwicklungsaktivitäten erfolgt anhand der Kriterien im IAS38.59. In der Entwicklungsphase besteht Aktivierungspflicht, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: (IAS 38.57): a) technische Realisierbarkeit der Fertigstellung zur internen Nutzung oder zum Verkauf, b) Absicht zur Fertigstellung, zur Nutzung bzw. zum Verkauf, c) Fähigkeit, den immateriellen Vermögenswert zu nutzen oder zu veräußern, d) voraussichtlicher künftiger wirtschaftlicher Nutzen (siehe auch IAS 38.21a), e) Verfügbarkeit adäquater technischer, finanzieller und sonstiger Ressourcen, um die Entwicklung abzuschließen, f) Fähigkeit, während der Entwicklung die zurechenbaren Ausgaben zuverlässig zu bewerten (siehe auch IAS 38.21b). Laut IAS 38.53 besteht ein Aktivierungsverbot, wenn die Forschungsphase nicht von der Entwicklungsphase getrennt werden kann.
Erstbewertung Sowohl nach HGB als auch nach IFRS sind immaterielle Vermögenswerte im Zeitpunkt des Zugangs zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten. Die Herstellungskosten selbst geschaffener IVW sind gemäß IAS 38.65–67 zu be-
266
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
stimmen. Der Zufluss zukünftigen wirtschaftlichen Nutzens (abgezinster NettoCashflow) muss nachgewiesen werden und bildet die Wertobergrenze (IAS 38.60). Folgebewertung Die Folgebewertung erfolgt nach dem Kostenmodell zu fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten (IAS 38.74). Unterschiede zwischen HGB einerseits und IFRS andererseits liegen in der Schätzung der Nutzungsdauer, in der Abschreibungsmethode, der Festlegung eines Restwertes und dem Abschreibungsbeginn. Die Folgebewertung kann nach IFRS auch nach dem Neubewertungsmodell (IAS 38.75 ff.) erfolgen. Nach IFRS ist regelmäßig ein Werthaltigkeitstest zur Prüfung auf außerplanmäßige Abschreibungen durchzuführen. Planmäßige Abschreibung: Im HGB gibt es keine expliziten Regelungen für die Nutzungsdauer und Abschreibungsmethode (§ 253 (2) und (3) HGB). Nach IFRS erfolgt die Festlegung der Nutzungsdauer nach bestmöglicher Schätzung (IAS 38.88–96). Die Abschreibungsmethode wird entsprechend dem tatsächlichen Nutzungsverlauf, im Zweifel linear festgelegt (IAS 38.97). Für den Restwert gilt, dass er mit Null angesetzt wird, es sei denn, dass sich ein Dritter zum Erwerb am Ende der Nutzungsdauer vertraglich verpflichtet hat oder ein aktiver Markt für den Vermögenswert besteht (IAS 38.100). Die Abschreibung beginnt ab dem Zeitpunkt der Verwendbarkeit des Vermögensgegenstands (IAS 38.97). Eine jährliche Überprüfung der Nutzungsdauer und Abschreibungsmethode (IAS 38.104) hat zu erfolgen. Außerplanmäßige Abschreibungen: Bedingung für eine außerplanmäßige Abschreibung nach HGB ist eine dauerhafte Wertminderung (§ 253 (2) HGB). Nach IFRS hat nur nach einem Impairment Test nach IAS 36 eine Wertberichtigung auf einen niedrigeren beizulegenden Wert zu erfolgen. Maßstab: künftige Brutto-Cashflows aus der Nutzung eines möglichen Restwerts aus der Veräußerung. Für Zuschreibungen gilt das Wertaufholungsgebot sowohl nach HGB als auch nach IFRS (IAS 36). Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH entwickelte ein neues innovatives Verschlusssystem für Weinflaschen, das ohne den begrenzt verfügbaren Kork auskommt. Die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen der Jahre 01, 02 und 03 belaufen sich jährlich auf jeweils 25.000 Euro. Im Jahr 01 handelte es sich ausschließlich um Forschungskosten und in den Jahren 02 und 03 um Entwicklungskosten. Für die GmbH bieten sich zwei Möglichkeiten an: a) Die Forschungskosten sind im Jahr 01 im Aufwand zu buchen. In den Jahren 02 und 03 kann das Unternehmen die jeweils 25.000 Euro mit der Begründung als Aufwand erfassen, dass keine klare Trennung zwischen Forschungs- und Entwicklungskosten möglich ist.
267
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
b) Wenn in den Jahren 02 und 03 eine klare Trennung zwischen Forschungsund Entwicklungsaufwendungen erfolgt und die Ansatzbedingungen kumulativ erfüllt sind, werden die Aufwendungen mit insgesamt 50.000 Euro aktiviert und über die Nutzungsdauer abgeschrieben. Aufgabe 10.2: Die Müller & Thurgau GmbH entwickelte im Jahr 01 einen neuen Kunststoffweinbehälter, der den hohen Ansprüchen der Winzer gerecht werden soll. Die Entwicklung soll selbst genutzt werden. Das Management schätzt die Nutzungsdauer auf 5 Jahre ein. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 01 sind folgende Aufwendungen angefallen (alle Werte in Euro). Nr. 1
Sachverhalt
Beginn ab
Kosten
Angewandte Forschung
15. Januar
43.500
25. Februar
18.200
10. März
32.500
06. Mai
56.000
31. August
81.500
2
Suche nach Alternativen für Verfahren
3
Suche nach Alternativen für Material
4
Entwurf und Konstruktion eines Prototyps
5
Test des Prototyps
6
Entwurf von Werkzeugen
7
Ausgaben für die Patentierung
24. Oktober
55.700
10. November
15.000
Nach erfolgreichen Tests und der Markteinführung wird die Produktion im Januar 02 beginnen. Das Management schätzt die Absatzentwicklung und den Kostenverlauf wie folgt ein:
Absatz in Stück
02
03
04
05
06
200.000
300.000
600.000
500.000
400.000
Preis pro Stück
4,00
4,00
3,50
3,50
3,00
Produktionsaus zahlungen pro Stück
4,50
3,80
3,20
3,00
2,80
Die geschätzten Zahlungsströme beziehen sich vereinfachend auf das Jahresende. Es wird mit einem Kalkulationszinssatz von 10 % gerechnet.
a) Wann beginnt die Entwicklungsphase i. S. v. IAS 38 für den Weinbehälter? b) Sind die Entwicklungskosten im Jahresabschluss 01 zu aktivieren? (Begründung!) c) In welcher Höhe sind sie zu aktivieren? (Latente Steuern sind nicht zu berücksichtigen.)
268
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
10.5.2 Geschäfts- oder Firmenwert (IFRS 3) Ein Geschäfts- oder Firmenwert entsteht beim Zusammenschluss von Unternehmen, wenn der Kaufpreis über der Differenz aus dem beizulegenden Zeitwert der Vermögensgegenstände und den Schulden liegt. Die HGB-Regeln dazu wurden bereits im Abschnitt 8. 5. 1 vorgestellt. Auch nach IFRS ist dieser positive Unterschiedsbetrag ist zu aktivieren. Die erworbenen Vermögenswerte und übernommenen Schulden stellen gemäß IFRS 3.B5–B15 einen Geschäftsbetrieb dar. Die Bilanzierung erfolgt anhand der Erwerbsmethode (IFRS 3.4). Dazu ist zunächst der Erwerber zu identifizieren und der Erwerbszeitpunktes zu bestimmen. Die übernommenen identifizierbaren Vermögenswerte und die übernommenen Schulden sowie alle nicht beherrschenden Anteile des erworbenen Unternehmens müssen identifiziert, zum beizulegenden Zeitwert bewerten (IFRS 3.32) und mit diesem Wert in die Bilanz aufgenommen werden. Auf dieser Basis erfolgt die Bestimmung des zu bilanzierenden Geschäfts- oder Firmenwertes. Die Regelungen nach HGB und IFRS fasst Tabelle 26 zusammen. Tabelle 26 Bilanzierung des Goodwill nach HGB und IFRS Bilanzierung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts HGB
IFRS Erfassung und Ansatz
– Aktivierungsgebot laut § 246 (1) HGB als zeitlich begrenzter Vermögenswert. – Ansatz unter § 266 (2) A I
– Aktivierungspflicht. – Ansatz getrennt vom den übrigen er worbenen Vermögenwerten und übernommenen Schulden (IFRS 3.10) – der Anteil nicht beherrschenden Ge sellschafter wird im Eigenkapital aus gewiesen – getrennte Aktivierung von selbst geschaffenen immateriellen Vermögenswerten (z. B. Markennamen, Kundenlisten) beim Erwerber, unabhängig von Aktivierungsverboten von beim Verkäufer (IFRS 3.13), sofern sie identifizierbar und separierbar sind (IAS 38.33–37)
Erstbewertung – Zuordnung der Kosten des Erwerbs auf die einzelnen Vermögensgegenstände zum jeweiligen beizulegenden Zeitwert (IFRS 3.18–20)
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
269
Bilanzierung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts HGB
IFRS Folgebewertung
– planmäßige Abschreibung über die voraussichtliche tatsächliche Nutzungsdauer – Zuschreibungsverbot nach außerplanmäßigen Abschreibungen
– unbegrenzte Nutzungsdauer des Geschäftsoder Firmenwertes (IAS 38.88) – keine planmäßige Abschreibung (IAS 38. 107) – jährliche Durchführung eines Wertminderungstest nach IAS 36 (IAS 38.108) → Abschreibung bei Wertminderung (IAS 36.80–108) – eine spätere Werterhöhung führt nicht zu einer Zuschreibung beim Geschäfts- oder Firmenwert (IAS 36.124)
Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwirbt alle Anteile der Elbing GmbH mit folgenden Bilanzpositionen (alle Werte in Euro): Sachanlagen 225.000, IVW 25.000, Vorräte 80.000, Liquide Mittel 120.000, Eigenkapital 150.000, Verbindlichkeiten 300.000. Der Kaufpreis beträgt 255.000 Euro. Die Bewertung der Vermögenswerte ergab folgende beizulegende Zeitwerte: Sachanlagen 240.000, IVW: 50.000, Vorräte 90.000. (Auf die Behandlung der latenten Steuern soll hier zunächst verzichtet werden). Im ersten Schritt erfolgt die Ermittlung des Wertes des Eigenkapitals der Elbling GmbH mit den beizulegenden Zeitwerten. Das lässt sich am besten anhand der Bilanz darstellen. Bilanz Elbling GmbH AKTIVA
mit beizulegenden Zeitwerten
PASSIVA
Sachanlagen (+ 15.000)
240.000
Eigenkapital
200.000
Verbindlichkeiten
300.000
IVW (+ 25.000)
50.000
Vorräte (+ 10.000)
90.000
Liquide Mittel
120.000 500.000
500.000
Im zweiten Schritt erfolgt die Ermittlung des Kaufpreisüberschusses und damit des aktivierungspflichtigen Geschäfts- oder Firmenwertes: Kaufpreis
255.000
. /.
Wert des Eigenkapitals
200.000
=
Geschäfts- oder Firmenwert
55.000
270
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Die einzelnen Vermögenswerte und Schulden werden in die Bilanz nach der Fusion der Unternehmen mit ihrem beizulegenden Zeitwert aufgenommen. Der Geschäfts- oder Firmenwert erscheint als neuer Posten unter dem langfristigen Vermögen. Auf die Besonderheiten der Folgebewertung und der Konzernrechnungslegung soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Aufgabe 11.2: Die M & T GmbH erwirbt zum 31. 12. 01 70 % der Anteile der „Sklo AG“ (Herstellung von Kristallglas) für eine Gegenleistung von 325.000 Euro. Für die „Sklo AG“ liegen zum Erwerbszeitpunkt folgende Daten vor (in Euro): Buchwert
Beizulegende Zeitwerte
Sachanlagen
453.000
487.000
Handelsware
116.000
118.000
Liquide Mittel
120.000
Darlehen
386.000
Sonstige Verbindlichkeiten
87.000
Die Kundenliste wurde separat identifiziert und mit 40.000 bewertet. Bestimmen Sie bitte den Wert des Geschäfts- oder Firmenwertes für die M & T GmbH und den Wert der Minderheitenanteile für die Bilanz zum 31. 12. 01!
10.5.3 Sachanlagen Erfassung, Ansatz und Ausweis Hinsichtlich der Aktivierungspflicht und des Ausweises von Sachanlagen gibt es nur geringe Unterschiede zwischen HGB und IFRS, wie die folgende Übersicht zeigt (Tabelle 27):
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
271
Tabelle 27 Definition, Erfassung und Ausweis von Sachanlagen nach HGB und IFRS HGB
IFRS Definition
Laut § 247 (2) HGB sind alle materiellen Gegenstände, die dazu bestimmt sind, dauernd dem Unternehmen zu dienen, anzusetzen. Ausnahmen bilden die Geringwertigen Wirtschaftsgüter (siehe Abschnitt 6. 4. 4.)
Materielles Anlagevermögen, das zur Herstellung oder der Lieferung von Gütern und Dienstleistungen oder für Verwaltungszwecke dient und erwartungsgemäß länger als eine Periode genutzt wird (IAS 16.6). Erfassung als Vermögenswert, wenn – wahrscheinlich ein mit ihm verbundener künftiger wirtschaftlicher Nutzen zufließen wird, – die Anschaffungskosten oder Herstellungskosten verlässlich bewertet werden können (IAS 16.7).
Ausweis Laut § 266 (2) HGB 1. Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken, 2. technische Anlagen und Maschinen, 3. andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung, 4. geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau.
Laut IAS 1.54 sind Sachanlagen als eigenständiger Bilanzposten unter den langfristigen Vermögenswerten auszuweisen. Eine weitere Aufgliederung ist nicht vorgeschrieben.
Erstbewertung – Anschaffungskosten Im Zeitpunkt des Zugangs sind Sachanlagen zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten (IAS 16.15). Grundsätzlich sind diese mit den Regeln des HGB vergleichbar. Es gibt jedoch einige Besonderheit. Zu den AHK können nach internationalem Recht bei qualifizierten Wirtschaftsgütern auch die Fremdkapitalkosten gehören. Eine Besonderheit liegt darin, dass Abbruch- und Entsorgungskosten, Rekultivierungskosten am Ende der Nutzungsdauer zu den AHK zählen (IAS 16.16(c)), ggf. erfolgt eine spätere Aktivierung, wenn diese erst später bekannt oder verursacht werden. Parallel dazu wird eine Rückstellung nach IAS 37 gebildet. Die geschätzten Kosten sind auf den aktuellen Wert abgezinst anzusetzen (IAS 16.23). Die Kosten für regelmäßige größere Wartungen sind nachträglich zu aktivieren. Die Anschaffungskosten setzen sich wie in folgender Übersicht dargestellt zusammen:
272
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht Anschaffungspreis unmittelbare Gegenleistung für den Kauf, in der Regel der Nettorechnungspreis
+
Anschaffungsnebenkosten direkt zurechenbare Kosten, die im Zusammenhang mit dem Kauf entstehen, um einen betriebsbereiten Zustand zu erreichen (z. B. Standortvorbereitung, Transport, Versicherung, Zölle, Montage, Planungskosten, Testläufe)
+
Kosten für Abbruch, Beseitigung, Wiederherstellung des Standortes, wenn eine Verpflichtung dazu vorliegt (IAS 16.16 (c) ) Schätzung der Werte und Abzinsung auf den Barwert Bildung einer entsprechenden Rückstellung (IAS 16.18)
+
Fremdkapitalzinsen (IAS 23)
. /.
Anschaffungspreisminderungen Rabatte, Skonti, Boni
=
Anschaffungskosten nachträgliche Anschaffungskosten (IAS 16.12) Kosten für regelmäßige größere Wartungen (IAS 16.14)
Bei den Fremdkapitalkosten (IAS 23) im Zusammenhang mit der Anschaffung von Sachanlagen besteht bei sogenannten qualifizierten Vermögenswerten ein Ansatzgebot. Tabelle 28 Ansatz von Fremdkapitalkosten im Rahmen von AK nach HGB und IFRS Fremdkapitalkosten HGB Aktivierungswahlrecht, soweit die Kosten auf den Zeitraum der Herstellung entfallen (§ 255 (3) HGB) IFRS Aktivierungsgebot sofern es um einen qualifizierten Vermögenswert gemäß IAS 23 handelt. Ein qualifizierter Vermögenswert liegt vor, wenn – für dessen Anschaffung oder Herstellung ein längerer Zeitraum erforderlich ist, um ihn in seinen beabsichtigten gebrauchs- oder verkaufsfähigen Zustand zu versetzen (IAS 23.5). – es sich um Vorräte handelt, die in großen Stückzahlen wiederholt hergestellt werden, brauchen Fremdkapitalkosten nicht angesetzt zu werden (IAS 23.4). Die Zinskosten müssen direkt für die Anschaffung oder Herstellung anfallen (z. B. spezielle Kreditaufnahme, aber z. B. keine Kontokorrentzinsen). Es werden nur Zinskosten einbezogen, die auf den Zeitraum der Anschaffung oder Herstellung entfallen.
Aufgabe 10.3: Bestimmen Sie bitte die Herstellungskosten für folgenden Glasschmelzofen der M & T GmbH zum 01. 01. 01 (alle Werte in Euro)! Auf den Kaufpreis wird ein Skontoabzug von 2 % bei pünktlicher Zahlung angeboten. Die M & T GmbH nimmt dieses Angebot wahr. Es besteht eine ver-
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
273
tragliche Verpflichtung zur Demontage und Entsorgung der Anlage nach der Nutzung. Es wird mit einem langfristigen Zinssatz für die Abzinsung von 6 % p. a. gerechnet. Projektierungs- und Entwurfskosten Material- und Herstellungsaufwendungen
15.000 650.000
Kosten für Testaufbauten
12.000
Geschätzte Kosten für die Demontage und ordnungsgemäße Entsorgung nach Ende der Betriebszeit (Erwartete Nutzungsdauer: 20 Jahre)
30.000
Zinskosten für die lfd. Inanspruchnahme des Kontokorrentkredites während der Bauzeit
3.000
Erstbewertung – Herstellungskosten Herstellungskosten sind laut § 255 (2) HGB Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und Inanspruchnahme von Diensten, für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Die Herstellungskosten enthalten nach HGB einige Wahlrechte (Verwaltungskosten, Fremdkapitalzinsen). Nach IFRS werden die Herstellungskosten analog bestimmt. Es sind grundsätzlich Vollkosten anzusetzen. Die HK umfassen alle direkt zurechenbaren Kosten (wie bei den Anschaffungskosten). Der Standard nimmt dabei Bezug auf IAS 2 (Vorräte) und die dort getroffenen Regeln zu den Herstellungskosten (IAS 16.22). Die allgemeinen Verwaltungsgemeinkosten dürfen nicht in die Herstellungskosten einbezogen werden. Herstellungsbezogene Verwaltungsgemeinkosten in der Fertigung und Produktion werden in die Herstellungskosten einbezogen. Es gilt ein Verbot für Forschungskosten und für Vertriebskosten. Die Fremdkapitalzinsen werden einbezogen, wenn ein qualifizierter Vermögenswert nach IAS 23.11 vorliegt. Sonderregelungen zur Bewertungsvereinfachung wie im HGB mit der Festwertbewertung oder für GWG wie im deutschen Steuerrecht sind im internationalen Bilanzrecht nicht vorgesehen. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH schafft in 01 eine neue Anlage zur manuellen Fertigung von Spezialglasbehältern an. Diese soll Anfang 02 einsatzbereit sein. Da es aufgrund von spezifischen Anforderungen keine Standardanlage gibt, werden einzelne Komponenten erworben und selbst aufgebaut. Die in 01 gelieferten Bauteile kosten 40.000 Euro. Die Kosten für die Montage betragen 15.000 Euro. Die zurechenbaren Materialgemeinkosten betragen 750. Euro, Fertigungsgemeinkosten 2.250 Euro, die herstellungsbezogenen Verwaltungsgemeinkosten belaufen sich auf 500 Euro. Für die Herstellung wird ein Kredit aufgenommen. Die Fremdkapitalzinsen belaufen sich bis zur Fertigstellung auf 1.000 Euro. Es handelt sich um einen qualifizierten Vermögenswert.
274
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Die Herstellungskosten bei der Bilanzerstellung zum 31. 12. 01 setzten sich nach IFRS so zusammen (alle Werte in Euro): Materialeinzelkosten (Bauteile)
40.000
+
Fertigungseinzelkosten (Montage)
15.000
+
Materialgemeinkosten
+
Fertigungsgemeinkosten
+
herstellungsbezogene Verwaltungsgemeinkosten
+
Zinsen
=
Herstellungskosten
750 2.250 500 1.000 59.500
Nachträgliche Anschaffungs- und Herstellungskosten Die Zurechnung von nachträglichen Anschaffungskosten oder Herstellungskosten zum Buchwert eines bereits aktivierten Vermögenswertes erfolgt, wenn dadurch seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verbessert wird (IAS 16.10). Beispiele für Verbesserungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind: • Verlängerung der Nutzungsdauer, • Erweiterung der Kapazität, • wesentliche Verbesserung der Qualität der Produkte, • wesentliche Senkung der erwarteten Kosten. Die Kosten für regelmäßige größere Wartungen sind auch wie nachträgliche Anschaffungskosten zu behandeln (IAS 16.14). Das Vorgehen dazu wird weiter unten beschrieben. Folgebewertung – Kostenmodell Planmäßige Abschreibungen orientieren sich in Deutschland an den steuerrechtlich zulässigen Nutzungsdauern und Methoden, während im internationalen Recht tatsächliche Nutzungsdauern (in der Regel längere) und überwiegend lineare Abschreibungen üblich sind. Nach IFRS wird die Abschreibungsdauer gemäß den tatsächlichen Verhältnissen (unabhängig von steuerlichen Abschreibungsvorschriften) festgelegt. Bei der Bestimmung der Abschreibungswerte finden Restbuchwerte Berücksichtigung (IAS 16.51). Die Abschreibungsmethode ist entsprechend dem tatsächlichen Nutzungsverlauf zu wählen. In der Regel wird linear abgeschrieben, zulässig sind aber auch degressive und leistungsbezogene Methoden (IAS 16.60 und IAS 16.61). Es besteht die Pflicht zur regelmäßigen Überprüfung der Nutzungsdauer und des Restwertes. Außerplanmäßige Abschreibungen sind laut HGB nur bei voraussichtlich dauernder Wertminderung vorzunehmen. Im internationalen Recht ist kein zeitlicher Aspekt vorgesehen. Laut HGB und IFRS besteht Zuschreibungspflicht.
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
275
Die wesentlichen Regelungen zur Folgebewertung von Sachanlagen nach dem Anschaffungskostenmodell IAS 16.30 fasst die Tabelle 29 vergleichend zum HGB zusammen. Tabelle 29 Abschreibungen und Zuschreibungen bei Sachanlagen nach HGB und IFRS HGB
IFRS Planmäßige Abschreibungen
– Keine explizite Regelung der Nutzungs- – Nutzungsdauer: gemäß den tatsächlichen dauer und Abschreibungsmethode. Verhältnissen (IAS15.50), diese ist regel– In der Praxis erfolgt die Festlegung der mäßig (jährlich) zu überprüfen (IAS 16.51) Nutzungsdauer aufgrund von AfA-Tabel- – Berücksichtigung von Restbuchwerten len. (IAS 16.52–54). – Die Abschreibungsmethode richtet sich – Abschreibungsmethode: entsprechend dem häufig nach der steuerrechtlich zulässigen tatsächlichen Nutzungsverlauf (IAS 16.60), Methode. in der Regel linear, zulässig sind auch degressive und leistungsabhängige Methoden (IAS 16.62), die Methode ist regelmäßig zu überprüfen (IAS 16.61). Außerplanmäßige Abschreibung Es gilt das gemilderte Niederstwertprinzip: Bei vorübergehender Wertminderung Abschreibungsverbot, Wahlrecht bei Finanzanlagen; bei dauernder Wertminderung Abschreibungspflicht auf einen niedrigeren Zeitwert (§ 253 (3) HGB).
Feststellung und Behandlung einer Wertminderung gemäß IAS 36 mittels Wertminderungstest, geschätzte künftige Netto-Cashflows aus der Nutzung bzw. der Veräußerung.
Wertaufholung und Zuschreibung Gebot, fortgeführte AHK als Obergrenze Gebot, fortgeführte AHK als Obergrenze (IAS 36.117). (§ 253 (5) HGB).
Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwarb am 01. 01. 01 eine Anlage zur Flaschenherstellung zu Anschaffungskosten von 55.000 Euro. Die Nutzungsdauer beträgt 10 Jahre. Der Restwert am Ende der Nutzungsdauer wird auf 10.000 Euro geschätzt. Abschreibungsbetrag =
(55.000–10.000) Euro 10 Jahre
= 4.500 Euro / Jahr
Am Ende der 10jährigen Nutzungsdauer wird der Buchwert nach kumulierten Abschreibungen den geschätzten Restwert von 10.000 Euro erreichen.
276
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Aufgabe 10.4: Die M & T GmbH hat eine Glaspolieranlage zu Anschaffungskosten in Höhe von 60.000 Euro mit einer Nutzungsdauer von 10 Jahren und einem degressiven Nutzenverlauf (20 % degressive Abschreibung) aktiviert. Zu Beginn des Jahres 04 stellt das Unternehmen fest, dass die tatsächliche Nutzungsdauer voraussichtlich nur 8 Jahre beträgt und ab dem vierten Nutzungsjahr eine lineare Abschreibung den erwarteten Nutzungsverlauf am besten abbildet. Der erzielbare Ertrag (Vergleich aus beizulegendem Zeitwerts und Nutzungswert) liegt am Ende des Jahres 04 bei a) 27.500 Euro und b) 22.500 Euro. Bestimmen Sie bitte den Wert der Glaspolieranlage am 31. 12. 04 für a) und b)! Folgebewertung – größere Wartungskosten Die Aktivierung und Abschreibung größerer Wartungskosten erfolgt, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (IAS 16.14): • die größere Wartung ist Voraussetzung für eine weitere künftige Nutzung, • die Aktivierungsvoraussetzungen nach IAS 16.7 sind erfüllt: Wahrscheinlichkeit des künftigen Nutzenzuflusses und verlässliche Bewertung. Die Kosten für die größere Wartung werden dann als nachträgliche Anschaffungskosten aktiviert und nicht direkt im Aufwand erfasst. Die Bewertung erfolgt auf der Basis der tatsächlichen angefallenen Kosten. Die aktivierten Wartungskosten werden bis zum geplanten Zeitpunkt der nachfolgenden Wartung abgeschrieben. Nachfolgende Wartungskosten werden dann erneut aktiviert und abgeschrieben. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH besitzt eine Anlage für die Verpackung der Flaschen. Diese muss regelmäßig nach 3 Jahren gewartet werden (Voraussetzung für die weitere Nutzung). Anschaffungsdatum 01. 01. 01. Die Anschaffungskosten betrugen 150.000 Euro. Die Nutzungsdauer beträgt 12 Jahre bei linearer Abschreibung. Die Anlage ist dann vollständig abgeschrieben. Die Wartungskosten am Anfang des vierten Jahres betragen 18.000 Euro. Für die nachfolgenden Wartungen (Anfang des 7. und des 10. Jahres) wird jeweils mit einer Preissteigerung um 10 % gerechnet. Die Wartungskosten werden bei der ersten Wartung als nachträgliche Anschaffungskosten aktiviert und über 3 Jahre abgeschrieben. Am Anfang des Jahres 04 erfolgt die Erfassung in Höhe der angefallenen Kosten (18.000 Euro). Analog wird am Anfang der Jahre 07 und 10 vorgegangen.
277
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
Anlage (AK 150.000)
Größere Wartung nach Abschreiträgliche bung AK
Abschreibung (gesamt)
RBW (gesamt)
137.500
12.500
137.500
125.000
12.500
125.500
12.500
112.500
18.500
112.000
18.500
93.500
Jahr
Abschreibung
RBW
1
12.500
2
12.500
3
12.500
112.500
4
12.500
100.000
18.000
6.000
12.000
5
12.500
87.500
6.000
6.000
RBW
6
12.500
75.000
6.000
0
18.500
75.000
7
12.500
62.500
19.800
6.600
13.200
19.100
75.700
8
12.500
50.000
6.600
6.600
19.100
56.600
9
12.500
37.500
6.600
0
19.100
37.500
10
12.500
25.000
21.780
7.260
14.520
19.760
39.520
11
12.500
12.500
7.260
7.260
19.760
19.760
12
12.500
0
7.260
0
19.760
0
Folgebewertung – Komponentenansatz Der IAS 16 schreibt vor, dass unter bestimmten Bedingungen einzelne Teile einer Sachanlage getrennt abzuschreiben sind (IAS 16.13). Voraussetzung für die getrennte Erfassung und Abschreibung von Teilen ist, dass die Sachanlage aus verschiedenen Teilen mit unterschiedlichen Nutzungsdauern besteht, die regelmäßig ersetzt werden (sogenannter Komponentenansatz), z. B. Triebwerke eines Flug zeuges, Stromgenerator einer Windkraftanlage, Teile von Immobilien). Jeder Teil der Sachanlage mit einem bedeutsamen Anschaffungswert im Verhältnis zum gesamten Wert wird dann getrennt abgeschrieben (IAS 16.43); wenn die Kosten nicht signifikant sind besteht ein Wahlrecht (IAS 16.47). Die Abschreibung der Teile erfolgt nach der individuellen Nutzungsdauer und Methode, wobei Komponenten mit gleicher Nutzungsdauer und Abschreibungsmethode zusammen in einer Summe abgeschrieben werden können (IAS 16.45). Die abgeschriebenen und ersetzten Komponenten werden erneut aktiviert und in der Folgezeit abgeschrieben. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH besitzt eine Anlage zur Flaschenreinigung. Wesentliche Teile dieser Anlage müssen nach der Hälfte der Nutzungsdauer ersetzt werden (Anschaffungsdatum 01. 01. 01.) Die Nutzungsdauer beträgt 10 Jahre. Die Anlage ist dann vollständig abgeschrieben. Die Abschreibung erfolgt linear). Die Anschaffungskosten betrugen 100.000 Euro.
278
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Der Anteil der Teile, die ersetzt werden müssen, beträgt 30.000 Euro. Beim Ersatz der Teile nach 5 Jahren betragen die Anschaffungskosten dieser 35.000 Euro. Die Anlage wird in ihre Teile aufgeteilt und diese werden getrennt abgeschrieben (Grundgerät 70.000 Euro, 10 Jahre; Teile 30.000 Euro, 5 Jahre). Am Anfang des 6. Jahr erfolgt die erneute Aktivierung der ersetzten Teile zu den Anschaffungskosten in Höhe von 35.000 Euro. Grundgerät (AK: 70.000) AbschreiJahr bung
Teile der Anlage (AK 30.000)
RBW
1
7.000
63.000
2
7.000
56.000
AK / nachträg- Abschreiliche AK bung 30.000
RBW
Abschreibung (gesamt)
RBW (gesamt)
6.000
24.000
13.000
87.000
6.000
18.000
13.000
74.000
3
7.000
49.000
6.000
12.000
13.000
61.000
4
7.000
42.000
6.000
6.000
13.000
48.000
5
7.000
35.000
6
7.000
28.000
35.000
6.000
0
13.000
35.000
7.000
28.000
14.000
56.000
7
7.000
21.000
7.000
21.000
14.000
42.000
8
7.000
14.000
7.000
14.000
14.000
28.000
9
7.000
7.000
7.000
7.000
14.000
14.000
10
7.000
0
7.000
0
14.000
0
Aufgabe 10.5: Die M & T GmbH hat Anfang des Jahres 01 eine neue Verpackungsanlage zu Anschaffungskosten von 34.200 Euro erworben. Die Nutzungsdauer beträgt 12 Jahre. Es wird linear auf einen Restwert von Null abgeschrieben. Die Anlage besteht aus dem Grundgerät und beweglichen Teilen. Die beweglichen Teile der Anlage müssen nach der Hälfte der Nutzungsdauer ausgetauscht werden. Ihr Anteil an den Anschaffungskosten beträgt 12.000 Euro. Der Austausch erfolgt am Anfang des Jahres 07. Die tatsächlichen Kosten für den Austausch betragen 13.200 Euro. Die Nutzungsdauer wird nur erreicht, wenn jeweils nach vier Jahren eine größere Wartung durchgeführt wird. Die Kosten für die erste größere Wartung im Januar des Jahres 05 betragen 2.000 Euro. Die geschätzten Kosten für die zweite größere Wartung werden um 10 % steigen. Diese wird im Januar des Jahres 09 durchgeführt. Erstellen Sie bitte den Abschreibungsplan für die Anlage!
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
279
Folgebewertung – Neubewertungsmodell Dieses Modell wird auch als alternativ zulässige Methode bei der Bewertung von Sachanlagen bezeichnet (IAS 16.31–42). Die Neubewertung erfolgt nach IAS 16.31 zum beizulegenden Zeitwert am Tag der Neubewertung. Wenn dieser Wert höher ist als der Buchwert, erfolgt der Ansatz zu diesem Wert (auch wenn er über den historischen AHK liegt). Die Werterhöhung wird erfolgsneutral in eine Neubewertungsrücklage im Eigenkapital eingestellt (IAS 16.39). IAS 16.36 schreibt vor, dass die Neubewertung immer für eine ganze Gruppe von Anlagegütern erfolgen muss (unbebaute Grundstücke, Grundstücke und Gebäude, Maschinen und technische Anlagen, Schiffe, Flugzeuge, Kraftfahrzeuge, Betriebsausstattung, Büroausstattung). Damit werden eine selektive Neubewertung und die Vermischung von Anschaffungskostenmodell und Neubewertungsmodell verhindert (IAS 16.38). Bei einer sich ergebenden Wertminderung erfolgt eine aufwandswirksame Erfassung im sonstigen Ergebnis. Eine aus möglichen früheren Werterhöhungen stammende Neubewertungsrücklage ist dabei aufzulösen. Bei späteren Wertminderungen (Abschreibung) erfolgt zunächst die anteilige Auflösung der Neubewertungsrücklage, dann die Erfassung im Aufwand als Abschreibung. Die Anwendung der Neubewertungsmethode ist in hinreichend regelmäßigen Abständen vorzunehmen, um sicherzustellen, dass der Buchwert nicht wesentlich von dem abweicht, der unter Verwendung des beizulegenden Zeitwerts zum Bilanzstichtag ermittelt werden würde (IAS 16.34). Die Häufigkeit der Neubewertungen hängt von den Schwankungen der Zeitwerte der betreffenden Gruppe von Sachanlagen ab. Der Bruttobuchwert der Anlage kann unter Bezugnahme auf beobachtbare Marktdaten bestimmt werden (IAS 16.35). Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwarb am 01. 01. 01 eine Anlage zur Verpackung von Glasbehältern für 45.000 Euro. Die Nutzungsdauer wird mit 15 Jahren angesetzt und es wird linear abgeschrieben. Die GmbH entschied sich im Jahr 03, die Gruppe des Anlagevermögens der Neubewertung zu unterziehen. Am 31. 12. 03 wurde die Verpackungsanlage mittels eines Gutachtens bewertet, der beizulegende Zeitwert beträgt 60.000 Euro. Wie ist die Anlage am 31. 12. 03 zu bewerten? Wie sieht die Bewertung in den Folgejahren aus? Der Buchwert der Verpackungsanlage beträgt zum 31. 12. 2003: 36.000 (Anschaffungskosten minus planmäßige Abschreibungen der Jahre 01, 02, 03).
280
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Die Wertsteigerung (Differenz aus 60.000 – 36.000 = 24.000) wird in die Neubewertungsrücklage eingestellt. Im nächsten Geschäftsjahr erfolgen die Abschreibungen vom Neubewertungsbetrag. Bei einer verbleibenden Restnutzungsdauer von 12 Jahren beträgt die jährliche Abschreibung: 60.000: 12 a = 5.000 Euro / a. (Ohne die Neubewertung würden die jährlichen Abschreibungen nur 3.000 Euro betragen). Ein Teil der Neubewertungsrücklage (24.000: 12 a = 2.000 Euro / a) wird durch die Nutzung realisiert, so dass eine Umbuchung in die Gewinnrücklagen erfolgt. 3.000 Euro werden als Abschreibungsaufwand verbucht. Als weitere Option sieht der IAS 16.35 die proportionale Veränderung des Buchwertes als Bewertungsmaßstab vor. Diese wird in der Regel bei Anlagen genutzt, bei denen für die Neubewertung der kostenbasierte Ansatz nach IFRS 13. B8 und B9 herangezogen wird, also der Wert, den eine gleichwertige Anlage auf dem Markt kostet. Es wird eine proportionale Berechnung des Buchwertes vorgenommen. Beispiel: In der Müller & Thurgau GmbH beträgt der Restbuchwert einer Fertigungsmaschine 25.000 Euro. (Die Maschine wurde Anfang 01 für 40.000 Euro angeschafft, die Nutzungsdauer beträgt 8 Jahre, lineare Abschreibung). Die GmbH entschied sich im Jahr 03, diese Gruppe des Anlagevermögens der Neubewertung zu unterziehen. Ende des Jahres 03 betragen die Wiederbeschaffungsneukosten der Fertigungsmaschine 50.000 Euro. Die kumulierten Abschreibungen aus den Anschaffungskosten belaufen sich Ende 03 auf 15.000 Euro. Da der beizulegende Zeitwert um 25 % gestiegen ist (von 40.000 auf 50.000), sind die kumulierten Abschreibungen auch um 25 % anzupassen. Sie betragen somit 18.750 Euro (15.000 × 1,25). Die Fertigungsmaschine ist zum beizulegenden Zeitwert aus den fortgeführten Wiederbeschaffungsneukosten der Maschine Ende 03 mit 31.250 Euro (50.000 – 18.750) anzusetzen. Es erfolgt eine Aufwertung um 6.250 Euro, die erfolgsneutral in die Neubewertungsrücklage eizustellen ist. Damit verdeutlichen die beiden Beispiele das in IAS 16.35 a) und b) mögliche Vorgehen bei der Anpassung der Buchwerte an den Neubewertungswert.
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
281
10.5.4 Vorräte (IAS 2) Erfassung, Ansatz und Ausweis Die Aktivierungspflicht und der Ausweis von Vorräten unterscheiden sich zwischen HGB und IFRS nur geringfügig, wie die folgende Übersicht zeigt. Die Untergliederung hat folgendermaßen zu erfolgen: Tabelle 30 Untergliederung von Vorräten nach HGB und IFRS HGB
IFRS Definition
Die Vorräte zählen zum Umlaufvermögen (§ 266 (2) HGB). Es sind also Vermögenswerte, die nicht zum dauerhaften Verbleib im Unternehmen vorgesehen sind.
Vorräte sind Vermögenswerte, die – zum Verkauf im normalen Geschäftsgang gehalten werden, – sich in der Herstellung für einen solchen Verkauf befinden, – als Rohstoffe, Hilfsstoffe und Betriebsstoffe dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Produkten oder der Erbringung von Dienstleistungen verbraucht zu werden (IAS 2.6).
Ausweis Laut § 266 (2) HGB ist folgende Gliederung vorgeschrieben: – Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, – unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen; – fertige Erzeugnisse und Waren; – geleistete Anzahlungen (auf RHB-Stoffe).
Eine Gliederung ist nicht explizit vorgeschrieben. IAS 1.78 nennt lediglich eine verbreitete Untergliederung in: – Handelswaren, – Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, – unfertige Erzeugnisse und Fertigerzeugnisse, Vorräte bei Dienstleistungsunternehmen sind als „unfertige Leistungen“ auszuweisen.
Erstbewertung Im Zeitpunkt des Zugangs sind Vorräte grundsätzlich zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten (IAS 2.10). Grundsätzlich hat bei allen Vorräten, die nicht austauschbar sind und bei allen Erzeugnissen, Waren oder Leistungen, die für spezielle Projekte hergestellt werden und ausgesondert werden, eine Einzelzuordnung ihrer AHK zu erfolgen (IAS 2.23). Zu den AHK zählen alle Kosten, die angefallen sind, um die Vorräte an den derzeitigen Ort zu bringen und in den derzeitigen Zustand zu versetzen.
282
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Beispiele für Anschaffungskosten sind nach IAS 2.11 der Kaufpreis, Einfuhrzölle und andere Steuern, Transportkosten, sonstige Kosten, die dem Erwerb direkt zugerechnet werden können, unter Abzug von Rabatten, Skonti und ähnlichen Beträgen. Beispiele für Herstellungskosten sind nach IAS 2.12–18 alle direkt zurechenbaren Kosten; fixe und variable Produktionsgemeinkosten; bei qualifizierten Vermögenswerten auch die Fremdkapitalkosten nach IAS 23 (IAS 2.17). Die fixen Produktionsgemeinkosten beziehen sich vor allem auf die Abschreibungen und Instandhaltungen der Betriebsgebäude und Einrichtungen, in die Produktion einfließende Nutzungsrechte und Kosten des Managements und der Verwaltung (IAS 2.12). Variable Produktionsgemeinkosten sind solche nicht direkt der Produktion zurechenbaren Kosten, die unmittelbar oder nahezu unmittelbar mit dem Produktionsvolumen variieren, wie beispielsweise Materialgemeinkosten und Fertigungsgemeinkosten. Fertigungsbezogene variabel Kosten der Veraltung sind zu berücksichtigen (IAS 2.12). Für allgemeine Veraltungskosten sowie Forschungsund Vertriebskosten, anormale Abfälle, Fertigungslöhne und Produktionskosten sowie Kosten der Zwischenlagerung gilt ein Einbeziehungsverbot (IAS 2.16). Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH stellte im abgelaufenen Geschäftsjahr Weinspezialballons her. Es wurden 6.500 Stück produziert, wovon 5.500 Stück verkauft wurden. Die Materialeinzelkosten betragen 2,00 Euro pro Stück. Zusätzlich sind 15 % Materialgemeinkosten zu verrechnen. Die Fertigungseinzelkosten betragen 3,50 Euro pro Stück. Zusätzlich sind 200 % Fertigungsgemeinkosten inkl. Abschreibungen zu verrechnen. Die herstellungsbezogenen Verwaltungsgemeinkosten betragen 4 % und die nicht herstellungsbezogenen Verwaltungsgemeinkosten betragen 6 %. Die Vertriebseinzelkosten liegen bei 1,30 Euro pro Stück. Wie ist der Bestand nach IFRS zu bewerten? Materialeinzelkosten +
2,00
Materialgemeinkosten
2,00 × 15 %
+
Fertigungseinzelkosten
+
Fertigungsgemeinkosten
=
Kosten der Fertigung
0,30 3,50
3,50 × 200 %
7,00 12,80
Verwaltungs-GK herstellungsbezogen 4 %
12,80 × 4 %
0,51
Verwaltungs-GK nicht herstellungsbezogen 6 %
Verbot
Vertriebseinzelkosten (1,30 Euro / Stück)
Verbot
Herstellungskosten pro Stück Wert des Lagerbestandes
13,31 1.000 Stück
13.310,00
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
283
Für die Behandlung der fixen Gemeinkosten trifft IAS 2.13 Regelungen, die eine Über- oder Unterbewertung der Vorräte verhindern sollen. Bei normalem Beschäftigungsgrad erfolgt die Zurechnung der fixen Gemeinkosten der Fertigung zu 100 %. Wenn der tatsächliche Beschäftigungsgrad wesentlich kleiner ist als die Normalkapazität, dann erfolgt die Zurechnung der fixen Gemeinkosten auf Basis dieses tatsächlichen Beschäftigungsgrades. beispielweise werden bei 80 % Beschäftigungsgrad nur 80 % der fixen Gemeinkosten verrechnet. Es wird so vermieden, dass den Erzeugnissen bei einer Auslastung der Produktion, die unter der Normalbeschäftigung liegt, höhere Gemeinkosten zugerechnet werden als bei einer normalen Auslastung und die Herstellungskosten pro Stück höher angesetzt werden als bei Normalauslastung. Wenn der tatsächliche Beschäftigungsgrad wesentlich größer ist als die Normalkapazität, dann erfolgt die Zurechnung der fixen Gemeinkosten auf Basis der normalen Kapazität. So werden bei auch 120 % Beschäftigungsgrad die tatsächlichen 100 % der fixen Gemeinkosten verrechnet. Die Herstellungskosten pro Stück werden damit niedriger. Es wird verhindert, dass Kosten, die tatsächlich gar nicht angefallen sind, in die Bewertung einbezogen werden. Folgebewertung Da die Einzelbewertung von Vorräten sehr aufwendig und in der Regel schwer durchzuführen ist (z. B. bei der gemischten Lagerung der verschiedenen Sen dungen gleichartiger Vorräte oder bei der Massenfertigung von Produkten) sind Bewertungsvereinfachungen vorgesehen. Die zulässigen Methoden der Bewertungsvereinfachung sind in folgender Übersicht zusammengefasst (Tabelle 31). Die Retrograde Methode und die Durchschnittsbewertung sind möglich. Im Unterschied zum HGB ist nach IFRS bei der Bewertung auch die Standardkostenmethode zugelassen. Dagegen wird die Festbewertung laut IFRS nicht anerkannt (Tabelle 31). Für die Folgebewertung des gesamten Umlaufvermögens gilt nach HGB das strenge Niederstwertprinzip. Noch nicht realisierte Gewinne dürfen nicht ausgewiesen werden, während noch nicht realisierte Verluste auszuweisen sind. Nach IFRS gilt als Grundsatz für Vorräte die absatzmarktorientierte Bewertung (IAS 2.28–33). Ursachen für Wertminderungen können z. B. Beschädigungen, Überalterung oder gesunkene Verkaufspreise sein (IAS 2.28). Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe werden nicht unter ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten bilanziert, wenn das aus diesen Stoffen herzustellende Fertigprodukt mindestens zu seinen Herstellungskosten verkauft werden kann (IAS 2.32). Eine Bewertung zu gesunkenen Wiederbeschaffungswerten kommt nur in Betracht, wenn ebenfalls verminderte Absatzpreise erwartet werden. Bei Wertminderungen erfolgt die Bewertung zum Nettoveräußerungswert, wenn dieser unter den Anschaffungskosten oder Herstellungskosten am Bilanzstichtag
284
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht Tabelle 31 Bewertungsvereinfachungsverfahren nach HGB und IFRS HGB
IFRS Retrograde und Standardkostenmethode
Als Vereinfachung zur Feststellung der AHK sind nach § 255 (4) HGB allgemein anerkannte Bewertungsmethoden zu nutzen, wie die retrograde Methode: Hierbei werden die AHK durch Abzug einer angemessen prozentualen Bruttogewinnspanne vom Verkaufspreis der Vorräte ermittelt. Diese Methode kann auf rasch wechselnde Vorratsgruppen angewendet werden, die ähnliche, feste Margen aufweisen (EStR 6.8). Die Standardkostenmethode ist nicht zugelassen.
Als Vereinfachung sind Standardkostenmethode und die retrograde Methode zugelassen: – Standardkosten ergeben sich auf der Basis normalisierter Materialverbräuche, Arbeitseinsätze sowie normalisierter Leistungsfähigkeit und Kapitalauslastung. Sie sind regelmäßig zu überprüfen und – falls notwendig – an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen (IAS 2.21). – Die retrograde Methode ist anwendbar, wenn die Ergebnisse den tatsächlichen nahe kommen (IAS 2.22 i. V. m. IAS 2.21).
Festbewertung Laut § 240 (3) HGB ist die Festbewertung zulässig: Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe können mit gleichbleibenden Mengen und gleichbleibenden Werten angesetzt werden. Dann ist nur alle drei Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme erforderlich.
Die Festbewertung ist nicht zulässig, da bei der Festbewertung ein Mindestbestand der Vorräte auf Dauer mit festen und meist niedrigeren Preisen bewertet wird. Das führt oft zur Bildung stiller Reserven, die den objektiven Vermögensausweis beeinträchtigen.
Durchschnittsbewertung Zulässig laut § 240 (4) HGB.
Zulässig laut IAS 2.25.
Gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens können jeweils zu einer Gruppe zusammengefasst und mit dem gewogenen Durchschnitt angesetzt werden. Es sind zwei Möglichkeiten der Durchschnittswertermittlung zu unterscheiden: – gewogener Durchschnitt, – gleitender gewogener Durchschnitt. Verbrauchsfolgeverfahren Gleichartige Güter werden gruppenweise zusammengefasst und es wird eine bestimmte Folge des Verbrauchs oder der Veräußerung unterstellt, wobei die fiktive Verbrauchsfolge nicht mit der tatsächlichen Folge übereinzustimmen braucht. Laut § 256 HGB ist die Bewertung nach LIFO und FIFO anerkannt.
Laut IAS 2.25 ist das FIFO-Verfahren anzuwenden.
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
285
liegt (IAS 2.29–33). Vom zu erwartenden Verkaufserlös sind alle anfallenden Herstellungskosten und Vertriebskosten abzuziehen. Erwarteter Verkaufserlös . /. im Folgejahr noch anfallende Herstellungskosten . /. im Folgejahr anfallende Vertriebskosten =
Nettoveräußerungswert
Bei der Ermittlung des Nettoveräußerungswertes werden nach dem Bilanzstichtag zu erwartende Preisänderungen und Kostenänderungen berücksichtigt (IAS 2.30). Nach HGB und IFRS sind Zuschreibungen bis maximal zu den AHK Pflicht, wenn der Grund für eine frühere Wertminderung entfallen ist und der Nettoveräußerungswert gestiegen ist. Eine Zusammenfassung zu den Bewertungsvorschriften der Vorräte nach IFRS zeigt Abbildung 54. Erworbene oder selbst hergestellte Vorräte
Die Vorräte sind projektbezogen und nicht austauschbar
Die Vorräte sind austauschbar
Einzelbewertung der Vorräte (IAS 2.23 +24)
Sammelbewertung (IAS 2.25) Wahlrecht Durchschnittsbewertung
FIFO-Bewertung (IAS 2.27)
Nach der Erfassung von Wertminderungen erfolgt eine jährliche Prüfung auf Zuschreibung dieser Vorräte (IAS 2.33).
Abbildung 54: Folgebewertung der Vorräte nach IFRS10
10 Vgl. Tanski, J. S.: Internationale Rechnungslegung – IFRS / IAS Schritt für Schritt, München, 2009, S. 80.
286
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Beispiel: Bei der Müller & Thurgau GmbH betragen die Herstellkosten für „Spezialgläser für Showzwecke“ zum Bilanzstichtag 31. 12. 01. 2. 000 Euro. Die Auslieferung an den Kunden erfolgt im Februar 02, dafür fallen noch Aufwendungen für Verpackung und Transport von 175 Euro an. Der im Kaufvertrag vereinbarte Festpreis beträgt: a) 2.200 Euro und b) 2.000 Euro. Wie sind die Spezialgläser am 31. 12. 01 zu bewerten? a) Zu Herstellungskosten von 2.000 Euro, da der Nettoveräußerungswert mit 2.025 Euro höher ist als die Herstellungskosten. b) Zum Nettoveräußerungswert von 1.825 Euro (2.000 Euro ./. 175 Euro), da dieser unter den Herstellungskosten liegt. In diesem Fall besteht eine Abschreibungspflicht. Beispiel: Zur Bewertung des Vorratsvermögens der Müller & Thurgau GmbH nach IFRS liegen zum 31. 12. 01 folgende Informationen vor: im Jahr 02 anfallende Kosten ermittelte geplanter Herstellungs- Verkaufspreis HerstellungsVertriebs kosten im Jahr 02 kosten kosten Fertigerzeugnis I
25,00
29,00
–
2,00
Unfertiges Erzeugnis II
17,00
16,00
–
1,00
Unfertiges Erzeugnis A
22,00
31,00
4,00
1,00
Unfertiges Erzeugnis B
9,00
11,00
2,00
1,00
Die einzelnen Vorratspositionen sind zu bewerten. Der Nettoveräußerungswert wird bestimmt und mit den Herstellkosten vergleichen. Liegt dieser unterhalb der HK wird auf den Nettoveräußerungswert abgeschrieben. ermittelte Nettoveräuße Herstellungsrungswert kosten
Wertmin derung (Abschreibung)
Wert in der Bilanz
Fertigerzeugnis I
25,00
27,00
–
25,00
Unfertiges Erzeugnis II
17,00
15,00
2,00
15,00
Unfertiges Erzeugnis A
22,00
26,00
–
22,00
Unfertiges Erzeugnis B
9,00
8,00
2,00
8,00
Aufgabe 10.6: Die M & T GmbH plant in 02 die Herstellung neuer Flaschen mit Bügelverschluss. Dafür werden die speziellen Verschlüsse benötigt. Diese sind der wichtigste Bestandteil der neuen Flaschen. Es wurden bereits im Dezember 01 500.000 Stück für 72,10 Euro pro 1.000 Stück eingekauft (Anschaffungskosten 36.050 Euro). Die Herstellungskosten des neuen Produkts werden voraussichtlich insgesamt 123,60 Euro pro 1.000 Stück betragen
287
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
(72,10 Euro für die Verschlüsse + 51,50 Euro weitere Kosten). Der geplante Preis der Flaschen beträgt 128,70 Euro pro 1.000 Stück. Die Anschaffungspreise für die Verschlüsse sind bis zum Bilanzstich am Markt deutlich gesunken. Der voraussichtliche Verkaufspreis der Flaschen sinkt auf Grund der Veränderung des Marktes ebenfalls – auf 122,90 Euro pro 1.000 Stück. Wie ist der Rohstoffposten am 31. 12. 01zu bewerten? Aufgabe 10.7: Die M & T GmbH hat am Ende des Jahres 01 drei verschiedene Trinkgläser (Handelsware) im Lager. Diese ergänzen das Angebot für die Kunden. Die Anschaffungskosten, die Verkaufspreise und die im Folgejahr noch anfallenden Vertriebskosten stehen in folgender Tabelle (alle Werte in Euro): Saftglas
Bierglas
Weinglas
Anschaffungskosten
0,60
0,80
1,00
Verkaufspreise
0,70
0,90
1,40
Vertriebskosten
0,14
0,18
0,12
Die Verkaufspreise werden marktorientiert für das neue Geschäftsjahr angepasst. Der geplante Verkaufspreis wird beim Bierglas um 0,05 Euro erhöht, der Preis für das Weinglas um 15 % gesenkt, der Preis für das Saftglas bleibt unverändert. Die Vertriebskosten steigen jeweils um 0,03 Euro pro Stück. In die Verkaufspreise wurde eine Gewinnmarge von 10 % einkalkuliert. Bestimmen Sie bitte die Wertansätze für die Vorräte nach IFRS zum Ende des Jahres 01.
10.5.5 Beteiligungen und Finanzanlagen Die Internationalen Rechnungslegungsstandards enthalten eine große Anzahl an Regelungen zu Beteiligungen und Finanzanlagen, die nach verschiedenen Kriterien eingeteilt werden. Die hohe Bedeutung für viele Unternehmen aber auch für Volkswirtschaften insgesamt und die Komplexität wird durch die Vielzahl an Standards widergespiegelt, die sich mit der Bilanzierung und Bewertung befassen. Es kann nach Beteiligungen im Eigenkapital (Equity-Beteiligungen) und übrigen Finanzanlagen unterschieden werden: • Anteile an Tochterunternehmen – Das Unternehmen übt die Kontrolle oder Beherrschung über die Finanz- und Geschäftspolitik aus (IAS 27 und IFRS 10.5–9). • Anteile an assoziierten Unternehmen – Das Unternehmen übt maßgeblichen Einfluss auf das Unternehmen aus, das aber kein Tochterunternehmen gemäß IFRS 10 und kein Gemeinschaftsunternehmen nach IFRS 11 ist. Der maßgebliche Einfluss wird dann vermutet, wenn das Unternehmen über mehr als 20 % der Stimmrechte verfügt.
288
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
• Gemeinsame Vereinbarungen (Gemeinschaftsunternehmen, joint venture) sind vertragliche Vereinbarungen über die wirtschaftliche Tätigkeit unter gemeinschaftlicher Führung (IFRS 11). • Die übrigen Finanzinstrumente sind dadurch geprägt, dass weder eine Kontrolle noch eine Beherrschungsmöglichkeit besteht. Für deren Bewertung gelten die Regeln für Finanzinstrumente (IAS 32, IAS 39, IFRS 7, IFRS 9). Einen Überblick zum Bilanzausweis der Beteiligungen, den Finanzanlagen nach HGB und den Equity-Beteiligungen nach IFRS gibt folgende Tabelle 32. Den übrigen Finanzinstrumenten widmet sich der nachfolgende Abschnitt. Ansatz und Ausweis Tabelle 32 Ansatz und Ausweis von Beteiligungen und Finanzanlagen nach HGB und IFRS HGB
IFRS Ansatz und Ausweis
Untergliederung nach § 266 (2) HGB: Anlagevermögen III. Finanzanlagen 1. Anteile an verbundenen Unternehmen 2. Ausleihungen an verb. Unternehmen 3. Beteiligungen 4. Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht 5. Wertpapiere des Anlagevermögens 6. sonstige Ausleihungen
Wesentliche Equity-Beteiligung sind: – Anteile an Tochterunternehmen (IAS 27 (2011), IFRS 10), – Anteile an assoziierten Unternehmen (IAS 28 (2011)), – Anteile an Gemeinschaftsunternehmen (Gemeinsame Vereinbarungen IFRS 11).
Umlaufvermögen III. Wertpapiere 1. Anteile an verbundenen Unternehmen 2. sonstige Wertpapiere Die Abgrenzung von Wertpapieren des Anlage- und Umlaufvermögens ist nicht präzise. Es kommt nicht auf die Beteiligungsabsicht an, sondern nur auf die dauerhafte oder vorübergehende Anlage flüssiger Mittel.
Bewertung Nach HGB gelten für die Bewertung von Finanzanlagen und Wertpapieren des Anlage- und Umlaufvermögens folgende Regelungen (Tabelle 33).
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
289
Tabelle 33 Bewertungsgrundsätze für Finanzanlagen und Wertpapiere nach HGB Beteiligungen und Wertpapiere nach HAG Anlagevermögen
Umlaufvermögen
Zugangsbewertung
zu Anschaffungskosten einschließlich Transaktionskosten
vorübergehende Wertminderung
Abschreibungswahlrecht gemäß § 253 (3) Satz 6 HGB
dauerhafte Wert minderung
Pflicht zur außerplanmäßigen Abschreibung auf einen niedrigeren beizulegenden Wert am Bilanzstichtag nach § 253 (3) Satz 5 HGB.
Zuschreibung
– Wertaufholungsgebot, wenn die Gründe für eine in früheren Perioden vorgenommene Wertberichtigung entfallen (§ 253 (5) HGB). – Anschaffungskosten sind die absolute Bewertungsobergrenze. – Unrealisierte Gewinne, die sich aus einem höheren Börsen- oder Marktpreis zum Stichtag ergeben, dürfen nicht ausgewiesen werden.
Pflicht zur außerplanmäßigen Abschreibung auf einen niedrigeren Stichtagswert gemäß § 253 (4) HGB.
Nach IFRS 27 sind die Equity-Beteiligungen im Einzelabschluss zu Anschaffungskosten oder entsprechenden Regeln des IFRS 9 oder anhand der in IAS 28 beschriebenen Equity-Methode zu bewerten. Tabelle 34 Bewertung von Beteiligungen nach IFRS Beteiligungen nach IFRS Anteile an Tochterunternehmen
Wahlrecht zur Bewertung nach IAS 27.10 zu Anschaffungskosten oder nach IFRS 9 oder mit der Equity Methode gemäß IAS 28.
Anteile an Gemeinschaftsunternehmen
Bewertung gemäß IFRS 11.24 mit der Equity-Methode nach IAS 28, wenn das Unternehmen an der gemeinsamen Führung beteiligt ist oder maßgeblichen Einfluss ausübt, ansonsten als Finanzinstrument nach IFRS 9.
Anteile an asso ziierten Unternehmen
Bewertung mit der Equity-Methode nach IAS 28.
Auf weitere Besonderheiten der Bewertung von gemeinsamen Vereinbarungen (IFRS 11) und der Einbeziehung der Beteiligungen in den Einzel- und Konzernabschluss soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden.
290
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
10.5.6 Finanzinstrumente Regelungen zu Ansatz, Ausweis und Bewertung der Finanzinstrumente befinden sich in den Standards IAS 32 – Finanzinstrumente: Darstellung, IAS 39 – Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung, IFSR 9 – Finanzinstrumente und IFRS 7 – Finanzinstrumente: Angaben. Die Definition des Begriffes Finanzinstrument ist sehr weit gefasst. Als Finanzinstrument wird ein Vertrag bezeichnet, der bei einem Unternehmen zu einem finanziellen Vermögenswert und bei dem anderen zu einer finanziellen Schuld oder zu einem Eigenkapitalinstrument führt, also sowohl Aktiv- als auch Passiv positionen (IAS32 11). Finanzielle Vermögenswerte umfassen nach IAS 32.11: • flüssige Mittel, • ein Eigenkapitalinstrument eines anderen Unternehmens, • ein vertragliches Recht darauf, – flüssige Mittel oder andere finanzielle Vermögenswerte von einem anderen Unternehmen zu erhalten; oder – finanzielle Vermögenswerte oder finanzielle Verbindlichkeiten mit einem anderen Unternehmen zu potenziell vorteilhaften Bedingungen zu tauschen; oder • einen Vertrag, der in eigenen Eigenkapitalinstrumenten des Unternehmens erfüllt wird oder werden kann. Finanzielle Verbindlichkeiten / Schulden umfassen eine vertragliche Verpflichtung, • einem anderen Unternehmen flüssige Mittel oder einen anderen finanziellen Vermögenswert zu liefern (bspw. Lieferantenverbindlichkeiten), • mit einem anderen Unternehmen finanzielle Vermögenswerte oder finanzielle Verbindlichkeiten zu potenziell nachteiligen Bedingungen auszutauschen (bspw. Darlehen, Anleihen), • einen Vertrag, der in eigenen Eigenkapitalinstrumenten des Unternehmens erfüllt wird oder werden kann (bspw. Rechte, Optionen, Optionsscheine). Eigenkapitalinstrumente sind: • Verträge, die einen Residualanspruch an Vermögenswerten nach Abzug aller Schulden begründen. Darunter fallen beispielsweise Eigenkapitaltitel wie Stammund Vorzugsaktien und GmbH-Anteile. Zu den Finanzinstrumenten zählen neben den originären Instrumenten (u. a. Forderungen, Verbindlichkeiten) auch die derivativen Finanzinstrumente wie Optionen, Termingeschäfte und Sicherungsgeschäfte.
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
291
Die Bewertung der Finanzinstrumente ist im IFRS 9 geregelt. Die Einteilung erfolgt in finanzielle Vermögenswerte IFRS 9.4.1 und finanzielle Verbindlichkeiten IFRS 9.4.2. Die Klassifizierung der finanziellen Vermögenswerte erfolgt nach IFRS 9.4.1.1 auf der Grundlage a) des Geschäftsmodells des Unternehmens zur Steuerung finanzieller Vermögenswerte und b) der Eigenschaften der vertraglichen Zahlungsströme des finanziellen Vermögenswerts. Die Entscheidung über die Klassifizierung und Reklassifizierung von Finanzinstrumenten trifft das Management (die Geschäftsleitung oder der Vorstand) des Unternehmens (IFRS 9.B4.1.1). Die Klassifizierung bildet die Basis für die Bewertung der finanziellen Vermögenswerte (IFRS 9.4.1.2 bis 5). Der Standard unterscheidet dabei drei Gruppen: • finanzielle Vermögenswerte die zu fortgeführten Anschaffungskosten (IFRS 9.4.1.2), • finanzielle Vermögenswerte die erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert (IFRS 9.4.1.2A), • finanzielle Vermögenswerte die erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert (IFRS 9.4.1.4) bewertet werden. Ein finanzieller Vermögenswert, der nicht zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert im sonstigen Ergebnis bewertet wird, ist erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Allerdings kann ein Unternehmen beim erstmaligen Ansatz bestimmter Finanzinvestitionen in Eigenkapitalinstrumente, die ansonsten erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet worden wären, unwiderruflich die Wahl treffen, im Rahmen der Folgebewertung die Änderungen des beizulegenden Zeitwerts im sonstigen Ergebnis zu erfassen (IFRS 9.4.1.5). Es ist vorgesehen, dass ein Unternehmen einen finanziellen Vermögenswert beim erstmaligen Ansatz unwiderruflich als erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet ansetzt, wenn dadurch Inkongruenzen bei der Bewertung oder beim Ansatz als sog „Rechnungslegungsanomalie“ entstehen, wenn die Bewertung von Vermögenswerten oder Verbindlichkeiten oder die Erfassung von daraus resultierenden Gewinnen und Verlusten auf unterschiedlicher Grundlage erfolgen, beseitigt oder signifikant verringert werden. Finanzielle Verbindlichkeiten sind mit Ausnahmen zu fortgeführten Anschaffungskosten zu bewerten (IFRS 9.4.2.1). Auf diese Ausnahmen soll ebenso wie auf
292
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
die Bewertung von eingebetteten Derivaten (IFRS 9.3) im Rahmen dieses Buches nicht weiter eingegangen werden. Der IFRS 9 definiert die Möglichkeiten der Reklassifizierung von finanziellen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten im Paragraph IFRS 9.4.4 wie folgt: • Nur wenn ein Unternehmen sein Geschäftsmodell zur Steuerung finanzieller Vermögenswerte ändert, hat es eine Reklassifizierung aller betroffenen finanziellen Vermögenswerte gemäß den Paragraphen 4.1.1 bis 4.1.4 vorzunehmen. • Ein Unternehmen darf eine finanzielle Verbindlichkeit nicht reklassifizieren (IFRS 4.4.2). Die Zuordnung zu den einzelnen Klassen erfolgt beim erstmaligen Ansatz (Zeitpunkt des Zugangs) und kann später nur unter strenger Einhaltung der definierten Bedingungen geändert werden. Bewertung von Finanzinstrumenten: Die Zugangsbewertung erfolgt zum beizulegenden Zeitwert (IFRS 9.5.1.1). Eine Ausnahme bilden die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Bei finanziellen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, die nicht erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden, sind die anfallenden Transaktionskosten zu berücksichtigen. Die Folgebewertung ergibt sich grundsätzlich aus der sich aus dem Geschäftsmodell des Unternehmens und den Eigenschaften des Instruments ergebenden Klassifizierung. Eine planmäßige Abschreibung der Finanzinstrumente ist nicht vorgesehen. Die Finanzinstrumente sind auf Wertänderungen zu prüfen. Insbesondere sind erwartete Kreditverluste (Kreditausfallrisiko) zu erfassen (IFRS 9.5.5) und Wertberichtigungen zu ermitteln. Die Wertänderungsvorschriften sind vor allem dann anzuwenden, wenn sich das Kreditausfallrisiko signifikant erhöht hat (IFRS 9.5.5.3). Die Wertänderungen sind i. d. R. erfolgswirksam zu erfassen. Bei Instrumenten, die erfolgsneutral bewertet werden, ist die Wertberichtigung ebenso erfolgsneutral im sonstigen Ergebnis zu erfassen (IFRS 9.5.5.3). Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten (IFRS 9. 4. 1.2) Die Klassifizierung von Vermögenswerten als „zu fortgeführten Anschaffungskosten zu bewerten“ setzt die Erfüllung folgender Bedingungen voraus: a) Der finanzielle Vermögenswert wird im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten, dessen Zielsetzung darin besteht, finanzielle Vermögenswerte zur Vereinnahmung der vertraglichen Zahlungsströme zu halten, und b) die Vertragsbedingungen des finanziellen Vermögenswerts führen zu festgelegten Zeitpunkten zu Zahlungsströmen, die ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen.
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
293
Im IFRS 9.B4.1.1–B4.1.26 sind weitere Leitlinien dazu vorgegeben. Die Regeln zur Zugangs- und Folgebewertung sind in der nachfolgenden Tabelle 35 zusammengefasst dargestellt. Tabelle 35 Zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertete Finanzinstrumente nach IFRS 9 Zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertete finanzielle Vermögenswerte Bewertungsgrundsatz
Klassifizierung IFRS 9.4.1.2 und Bewertung zu jedem Stichtag zu fortgeführten Anschaffungskosten
Zugangsbewertung
nach IFRS 9.5.1: – Zum Zeitpunkt des Zugangs zum beizulegenden Zeitwert (Transaktionspreis) einschl. aller Nebenkosten (Transaktionskosten). – Eine sich evtl. ergebende Differenz zwischen Anschaffungs kosten und Nominalwert der Papiere ist über die Laufzeit zu verteilen.
Folgebewertung
– Fortgeführte Anschaffungskosten unter Berücksichtigung der Effektivzinsmethode (IFRS 9.5.4.1). – Bei der Bewertung entstehende Gewinne oder Verluste sind erfolgswirksam zu erfassen (IFRS 9.7.2)
Wertminderung
– Erfassung der Wertminderung gemäß IFRS 9.5.5.3–16, – Kreditverluste sind nach IFRS 9.5.5.17–20 zu bemessen, – erfolgswirksame Erfassung des Wertminderungsaufwandes bzw. des Wertaufholungsertrags (IFRS 9.5.5.8), – Wertberichtigung in Höhe des über die Laufzeit erwarteten Kreditverlustes am Ende jeden Geschäftsjahres, wenn sich das Ausfallrisiko signifikant (IFRS 9.5.5.9–11) erhöht hat.
Nach der Effektivzinsmethode ist ein Wertpapier an den einzelnen Bilanzstichtagen so zu bewerten, dass sich über die gesamte Laufzeit des Wertpapiers ein konstanter Effektivzins ergibt. Hierzu wird der interne Zinssatz der Zahlungsreihe des Wertpapiers finanzmathematisch bestimmt (Methode des internen Zinsfußes). Der Zinsertrag wird auf Basis des Buchwertes zu Beginn des Jahres ermittelt. Nach Abzug der festgelegten Zinszahlungen (Kupon bei einer Anleihe) wird der verbleibende Betrag dem Buchwert zugeschrieben, so wird der Buchwert von Jahr zu Jahr bis zum Zeitpunkt der Rückzahlung erhöht. Am Ende der Laufzeit wird der Rückzahlungsbetrag erreicht Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwarb am 01. 01. 01 eine Anleihe über 100.000 Euro zu einem Kurs von 95 % und einem nachschüssigen Nominalzins von 6 % p. a. Die Endfälligkeit des Wertpapiers ist am 31. 12. 04. Die GmbH beabsichtigt diese Anleihe bis zur Endfälligkeit zu halten (Geschäftsmodell). Der Effektivzinssatz beträgt näherungsweise 7,49259 %. Die Klassifizierung erfolgt entsprechend dem Geschäftsmodell als zu fortgeführten Anschaffungskosten zu bewertender finanzieller Vermögenswert.
294
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Wenn während der Laufzeit keine Anhaltspunkte für eine Wertminderung vorliegen, ergibt sich zu den einzelnen Bilanzstichtagen folgende Bewertung nach der Effektivzinsmethode: Jahr
Zins einzahlung
Zinserträge für GuV
Zuschreibung
Bilanzansatz der Anleihe
31. 12. 01
6.000
7.117,96
1.117,96
96.117,96
31. 12. 02
6.000
7.201,72
1.201,72
97.319,78
31. 12. 03
6.000
7.291,77
1.291,77
98.611,45
31. 12. 04
6.000
7.388,55
1.388,55
100.000,00
Der Effektivzins beträgt im Beispiel 7,49259 %. Die erfolgswirksamen Zinserträge errechnen sich nach der Effektivzinsmethode aus dem Wert der Anleihe zum Jahresanfang multipliziert mit dem Effektivzinssatz. Einzahlungswirksam sind die Zinszahlungen des Emittenten der Anleihe (100.000 × 6 %). Zinserträge abzüglich der Zinszahlungen ergeben die jährlichen Zuschreibungen auf das Wertpapier für den Bilanzansatz am Jahresende. Aufgabe 10.8: Die M & T GmbH plant für das Folgejahr 02 den Erwerb einer weiteren Anleihe über 250.000 Euro, die zu einem Kurs von 94 % und einem nachschüssigen Nominalzins von 5,5 % p. a. angeboten wird. Die Endfälligkeit des Wertpapiers ist am 31. 12. 05. Die GmbH beabsichtigt diese Anleihe bis zur Endfälligkeit zu halten und verfügt über ausreichende finanzielle Mittel dafür. Der Effektivzinssatz wurde bereits finanzmathematisch mit 7,28269 % ermittelt. Bestimmen Sie bitte die zu erwartenden Zinseinzahlungen, Zinserträge und Bilanzwerte für die vier Jahre. Erfolgsneutrale Bewertung zum beizulegenden Zeitwert (IFRS 9.4.1.2A) Ein finanzieller Vermögenswert ist erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert im sonstigen Ergebnis zu bewerten, wenn beide folgenden Bedingungen erfüllt sind: a) Der finanzielle Vermögenswert wird im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten, dessen Zielsetzung sowohl in der Vereinnahmung der vertraglichen Zahlungsströme als auch in dem Verkauf finanzieller Vermögenswerte besteht, und b) Die Vertragsbedingungen des finanziellen Vermögenswerts führen zu festgelegten Zeitpunkten zu Zahlungsströmen, die ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen. Im IFRS 9.B4. 1. 1 bis B4. 1. 26 sind weitere Leitlinien dazu vorgeben. Die Regeln zur Zugangs- und Folgebewertung sind in der nachfolgenden Tabelle 36 zusammengefasst dargestellt.
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
295
Tabelle 36 Erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete Finanzinstrumente nach IFRS 9 Erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete Finanzinstrumente Bewertungsgrundsatz
Klassifizierung IFRS 9.4.1.2A und Bewertung zu jedem Stichtag erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert
Zugangsbewertung
– Klassifizierung aufgrund des Geschäftsmodels des Unternehmens und der Eigenschaften des Vermögenswertes nach IFRS 9.4.1.2A – Möglichkeit der unwiderruflichen Klassifizierung von Eigen kapitalinstrumenten nach IFRS 9.5.7.5, wenn sie nicht zu Handelszwecken gehalten werden. – Bewertung zum beizulegenden Zeitwert beim Zugang zuzüglich der Transaktionskosten (IFRS 9.5.1.1)
Folgebewertung
– Wertänderungen werden erfolgsneutral im sonstigen Ergebnis erfasst (IFRS 9.5.7.10). – Bilanziell gehen diese in das Eigenkapital in die „Rücklage aus der Marktbewertung von Wertpapieren“ ein. – Dividendenzahlungen bei Eigenkapitalinstrumenten werden erfolgswirksam erfasst, wenn ein Rechtsanspruch besteht (IFRS 9.5.7.1A). – Bei Ausbuchung oder Reklassifizierung erfolgt eine Umgliederung des kumulierten Ergebnisses aus dem Eigenkapital in den „Gewinn oder Verlust“ (IFRS 9.5.7.10).
Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwirbt am 25. 09. 01 eine Schuldverschreibung zu einem Kurs von 80.000 Euro mit einer Restlaufzeit von 5 Jahren. Die Nominalverzinsung betragt 3 % p. a. Die GmbH bezweckt eine kurzfristige Anlage überschüssiger Liquidität. Die Schuldverschreibung kann jederzeit verkauft werden (Geschäftsmodell). Am 31. 12. 01 liegt der Kurswert bei 83.000 Euro. Am 20. 05. 02 verkauft die GmbH die Schuldverschreibung zu einem Kurs von 83.600 Euro. Eine Zinszahlung fand im Zeitraum nicht statt. Signifikante Änderungen des Kreditrisikos waren nicht zu verzeichnen. Wie ist diese Finanzanlage am 31. 12. 01 und beim Verkauf zu behandeln (auf steuerliche Gesichtspunkte wird nicht eingegangen)? Die Klassifizierung erfolgt entsprechend dem Geschäftsmodell als erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert zu bewertender finanzieller Vermögenswert. Die Voraussetzung für die entsprechende Klassifizierung nach IFRS 9. 4. 1.2A sind erfüllt. Beim Kauf am 25. 09. 01 ist der finanzielle Vermögenswert mit seinen Anschaffungskosten zu erfassen. Zum Bilanzstichtag 31. 12. 01 wird die Schuldverschreibung zum beizulegenden Zeitwert angesetzt. Dieser entspricht i. d. R. dem Börsenkurs. Die Wertsteigerung wird erfolgsneutral im sonstigen Gesamtergebnis erfasst und in der Eigenkapitalposition „Rücklagen aus der Marktbewertung von Wertpapieren“ ausgewiesen. Der Aktivposten wird entsprechend erhöht um 3.000 Euro.
296
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Bei der Veräußerung am 20. 05. 02 ist der Liquiditätszufluss zu erfassen. Die Wertsteigerung in 02 um 600 Euro wird erfolgswirksam unter den sonstigen finanziellen Erträgen gebucht. Die erfolgsneutral gebildete Rücklage aus der Marktbewertung von Wertpapieren wird im Zeitpunkt der Veräußerung in den Gewinn umgegliedert. Der noch nicht realisierte Gewinn aus 01 wird damit im Mai 02 erfolgswirksam (gewinnerhöhend) aufgelöst. Aufgabe 10.9: Die M & T GmbH erwarb am 15. 01. 01 500 Aktien der „Elbling AG“ zum Tageskurs von 23,50 Euro / Aktie (beizulegender Zeitwert). Es fielen insgesamt 250 Euro Gebühren an. Das Geschäftsmodell der GmbH sieht eine mittelfristige Anlage vor. Die Geschäftsleitung entscheidet sich die Aktien erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert zu klassifizieren. Am 31. 12. 01 beträgt der Börsenkurs 28,40 Euro. Am 31. 12. 02 beträgt der Börsenkurs 27,10 Euro. Am 18. 05. 03 werden die Aktien zu einem Kurs von 31,05 Euro verkauft. Wie ist diese Finanzanlage beim Erwerb, jeweils am Bilanzstichtag 01 und 02 sowie beim Verkauf zu bilanzieren? Erfolgswirksame Bewertung zum beizulegenden Zeitwert (IFRS 9.4.1.4) Ein finanzieller Vermögenswert ist erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert im sonstigen Ergebnis zu bewerten, wenn er nicht gemäß Paragraf 4.1.2 zu fortgeführten Anschaffungskosten oder gemäß Paragraf 4.1.2A erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert im sonstigen Ergebnis bewertet wird. Die Regeln zur Zugangs- und Folgebewertung sind in der nachfolgenden Tabelle 37 zusammengefasst dargestellt. Tabelle 37 Erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertete Finanzinstrumente nach IFRS 9 Erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertete Finanzinstrumente Bewertungsrundsatz
Klassifizierung nach IFRS 9.4.1.4 und Bewertung zu jedem Stichtag erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert.
Zugangsbewertung
– Bewertung zum beizulegenden Zeitwert (Transaktionspreis), – ohne Transaktionskosten (IFRS 9. 5.1.1).
Folgebewertung
– Bewertung erfolgt zum beizulegenden Zeitwert, – Gewinne und Verluste werden erfolgswirksam erfasst, – Dividenden sind erfolgswirksam zu erfassen, sobald der Rechtsanspruch darauf besteht (IFRS 9.5.7.1)
Wertminderung
– Wertminderungen müssen, unabhängig davon ob sie vorübergehender oder dauerhafter Natur sind, vorgenommen werden. – Unrealisierte Verluste sind erfolgswirksam zu erfassen.
Zuschreibung
– Bei Wertsteigerungen ist eine Wertaufholung auf den höheren beizulegenden Zeitwert vorzunehmen. – Unrealisierte Gewinne sind erfolgswirksam zu erfassen.
10.5 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS
297
Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwarb am 10. 10. 01 2.000 Stück Aktien der „Vino AG“ zum Preis von 62,30 Euro / Stück. Die GmbH beabsichtigt eine mittelfristige Anlage. Die Aktien sollen bei einem Kurs über 68,50 Euro / A ktie verkauft werden (Geschäftsmodell). Am 31. 12. 01 betrug der Kurs der Aktie der „Vino AG“ 65,50 Euro / A ktie. Das Management entscheidet sich im März 02 zum Verkauf der Aktien. Der Verkaufspreis beträgt 68,90 Euro / A ktie. Die Klassifizierung der Aktien erfolgt entsprechend dem Geschäftsmodell als erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewertender finanzieller Vermögenswert. Die Erstbewertung erfolgt zum Kaufpreis in Höhe von 124.600 Euro (2.000 × 62,30). Bei der Folgebewertung am 31. 12. 01 werden die Aktien zum beizulegenden Zeitwert – Börsenkurs am Bilanzstichtag – bewertet. Die Wertsteigerung in Höhe von 6.400 Euro ist erfolgswirksam als sonstiger finanzieller Ertrag zu erfassen. Der Aktivposten Wertpapier „Vino-AG“ wird entsprechend erhöht 131.000 Euro (2.000 × 65,50). Der Verkaufserlös in Höhe von 137.800 Euro (2.000 × 68,90) ist zu erfassen. Die Wertsteigerung um 6.800 Euro bis zum Veräußerungstag wird mit dem Verkauf erfolgswirksam erfasst. Aufgabe 10.10: Die M & T GmbH erwirbt am 04. 12. 01 1.250 Aktien zu Anschaffungskosten von 17,60 Euro / A ktie. Es fielen Gebühren in Höhe von 100 Euro an. Das Geschäftsmodell der GmbH sieht eine kurzfristige Geldanlage vor. Die Aktien sollen bei einem Kurs von über 20,00 Euro verkauft werden. Bis zum Bilanzichtag steigt der Kurswert auf 18,90 Euro / Aktie. Bitte nehmen Sie die Bewertung beim Erwerb und am Bilanzstichtag vor. Bei einer Gegenüberstellung von HGB und IFRS ist festzustellen, dass die international anerkannten Rechnungslegungsvorschriften eine marktgerechte Bewertung der Finanzinvestitionen zulassen, während im deutschen Handelsrecht das Anschaffungskostenprinzip gilt. Forderungen und sonstige Vermögegenstände/-werte Nach HGB gehören zu den Forderungen auch sonstige Vermögensgegenstände. Für den Ansatz ist es erforderlich, dass ein Ertrag realisiert wurde. Eine Realisierbarkeit – wie nach IFRS – genügt nicht. Die Forderungen sind nach HGB in vier Gruppen zu unterteilen. Dabei ist die Fristigkeit nicht auf ein Jahr begrenzt. Laut IFRS dürfen im Umlaufvermögen nur Forderungen mit der maximalen Fristigkeit eines Jahres ausgewiesen werden (Tabelle 38).
298
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht Tabelle 38 Untergliederung der Forderungen nach HGB und IFRS Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände/-werte HGB
Das HGB schreibt folgende Gliederung vor (§ 266 (2) HGB): II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände: 1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. 2. Forderungen gegen verbundene Unternehmen, 3. Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. 4. Sonstige Vermögensgegenstände. Die Forderungen unter 1 entstehen aus typischen Geschäften eines Unternehmens und beruhen auf Kauf-, Werk- und Werklieferungsverträgen. Die Forderungen unter 2. und 3. sind separat auszuweisen, um das Ausmaß der finanziellen Verflechtung mit anderen Unternehmen offenzulegen. Der Ausweis unter diesen Positionen geht dem Ausweis unter anderen Positionen grundsätzlich vor. Sonstige Vermögensgegenstände sind forderungsähnliche Wirtschaftsgüter aufgrund sonstiger nicht betriebstypischer Leistungen, wie Gerichtskostenmarken, Genossenschaftsanteile, die unter keiner anderen Gliederungsposition untergebracht werden können, Gehaltsvorschüsse, Steuererstattungs- oder Schadenersatzansprüche, antizipative aktive Rechnungsabgrenzungsposten, d. h. Forderungen auf Erträge, die in das alte Jahr gehören. Der Betrag der Forderungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr ist bei jedem gesondert ausgewiesenen Posten zu vermerken. IFRS Erfassung unter den kurzfristigen Vermögenswerten. Nach IAS 1.78 (b) gilt: Forderungen werden in Beträge, die von Handelskunden, nahestehenden Unternehmen und Personen gefordert werden, sowie in Vorauszahlungen und sonstige Beträge gegliedert. Forderungen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr gehören zu den langfristigen Vermögenswerten.
Forderungsbewertung Forderungen werden zum Nominalwert, d. h. zum Rechnungsbetrag angesetzt. In der Folgebewertung sind Einzel- und Pauschalwertberichtigungen zu berücksichtigen, nach HGB eher vorsichtig, d. h. im Zweifel zu hoch, nach IFRS möglichst realistisch. Die prinzipielle Bewertung einzelner Forderungen unterscheidet sich nicht. Uneinbringliche Forderungen sind abzuschreiben. Für jede einzelne zweifelhafte Forderung ist eine Einzelwertberichtigung zu begründen, zu bewerten und zu buchen (siehe Abschnitt 8.5). Die IFRS lassen nur eine pauschalisierte Einzelwertberichtigung zu (IFRS 9.5.5.15). Bei Forderungen mit einer festen Laufzeit von über einem Jahr erfolgt die Bewertung nach IFRS zu fortgeführten AHK unter Anwendung der Effektivzins methode (IFRS 9.5.4.1). Als Zinssatz wird, sofern kein fester Zins vereinbart ist, ein Marktzinssatz herangezogen, um den Barwert zu ermitteln.
10.6 Die Bilanzierung der Passiva nach HGB und IFRS
299
Fremdwährungsforderungen sind nach HGB mit dem jeweils niedrigsten Kurs, nach IFRS mit dem Geldkurs am Stichtag umzurechnen. Tabelle 39 Ermittlung von Pauschalwertberichtigungen nach HGB und IFRS Pauschalwertberichtigung der Forderungen HGB
IFRS
Die Höhe der Pauschalwertberichtigung ergibt sich aufgrund der Erfahrungen mit Forderungsausfällen in einem längeren Zeitraum; erkennbare künftige Risiken sind zu berücksichtigen.
Pauschalwertberichtigungen sind grundsätzlich nicht vorgesehen. Es sind jedoch „pauschalierte“ Einzelwertberichtigungen zulässig bei einer großen Anzahl unwesentlicher Einzelforderungen. Bei objektiven Anzeichen für eine Wertminderung ist eine Einzelwertberichtigung vorzunehmen (IFRS 9. 5. 5.15). Eine genaue Methode ist nicht vorgeschrieben. Die IFRS legen jedoch besonderen Wert auf eine realistische Schätzung des voraussichtlichen Wertberichtigungsbedarfs.
Liquide Mittel Laut § 266 (2) HGB gehören zu den liquiden Mitteln Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks. Im weiteren Sinne zählt man dazu auch Wertpapiere, die eine Fristigkeit von maximal drei Monaten haben. Im Gliederungsschema erscheinen sie unter der gesonderten Position III.2. Im Internationalen Recht spricht man von cash and cash equivalents. Ein ausführlicher Nachweis der liquiden Mittel erfolgt durch die Kapitalflussrechnung (IAS 7). Bei den liquiden Mitteln in Form von ausländischen Zahlungsmitteln und Bankguthaben ist laut IFRS in jedem Fall der Kurs am Bilanzstichtag zu berücksichtigen. Das gilt auch für kurzfristige Wertpapiere, während laut HGB das strenge Niederstwertprinzip gilt.
10.6 Die Bilanzierung der Passiva nach HGB und IFRS 10.6.1 Bilanzierung des Eigenkapitals Bezüglich des Eigenkapitals gibt es in der Rechnungslegung eine Vielzahl von Vorschriften bezüglich des Ansatzes, Ausweises und der Bewertung (Tabelle 40). Das Hauptkennzeichen bei der Charakterisierung von Eigenkapitalinstrumenten nach IFRS ist das Fehlen einer vertraglichen Rückzahlungsverpflichtung (IAS 32.16 und 17).
300
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht Tabelle 40 Vorschriften zum Eigenkapital nach HGB und IFRS Regelungsübersicht zum Eigenkapital HGB
IFRS
§ 266 (3) HGB – Bilanzausweis unter A § 268 (1) HGB – Ergebnisausweis § 268 (3) HGB – Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag. § 272 HGB – Eigenkapitalvorschriften im Einzelnen § 71 (1) AktG – Eigene Anteile § 182 ff. AktG – Kapitalerhöhung. § 337 HGB – Sondervorschriften für Genossenschaften.
Definition – Rahmenkonzept 4.63–67 IAS 1.54 (r) Bilanzausweis. IAS 1.78 (e) Gliederung in Gruppen IAS 1.106 ff. Veränderungen des Eigenkapitals.
Kapitalgesellschaften haben das Eigenkapital nach HGB stark untergliedert auszuweisen. Nach IFRS ist das Eigenkapital in gezeichnetes Kapital und Rücklagen aufzuteilen (IAS 1.78 (c)). Das gezeichnete Kapital kann nach weiteren Kategorien untergliedert werden (bspw. eingezahlt, nicht eingezahlt, eingefordert, nach Aktiengattungen, Absetzung eigener Anteile), wobei für die Gruppen weitere Untergliederungen vorgesehen sind. Insbesondere sind die Neubewertungsrücklage und die Beträge aus der erfolgsneutralen Bewertung zum beizulegenden Zeitwert und die Rücklage aus Währungsumrechnungen anzugeben (Tabelle 41). Angaben, die nicht direkt in der Bilanz erfolgen, sind in Anhang zu machen. Tabelle 41 Untergliederung des Eigenkapitals in der Bilanz nach HGB und IFRS Gliederung und Angaben zum Eigenkapital HGB
IFRS
§ 266 (3) HGB schreibt für Kapitalgesellschaften folgenden Ausweis vor: I. Gezeichnetes Kapital II. Kapitalrücklage III. Gewinnrücklagen 1. gesetzliche Rücklage 2. Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen; 3. satzungsmäßige Rücklagen 4. andere Gewinnrücklagen IV. Gewinn / Verlustvortrag V. Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag
Die Untergliederung und der Detaillierungsgrad des Eigenkapitals ergeben sich aus den Regelungen einzelner Standards (IAS 1.78): – Gezeichnetes Kapital – Kapitalrücklagen – Gewinnrücklagen – Ergebnisvorträge – Periodenergebnis – Rücklagen aus erfolgsneutralen Bewertungsvorgängen – Neubewertungsrücklagen – Währungsumrechnungsdifferenzen – Ergebnisse der Bewertung von Finanzinstrumenten – Versicherungsmathematische Gewinne oder Verluste
10.6 Die Bilanzierung der Passiva nach HGB und IFRS
301
Rücklagen werden unterschieden in Kapitalrücklagen und Gewinnrücklagen. Die Rücklagenbildung ist abhängig von der Rechtsform und wird vor allem durch Satzung und Gesellschaftsvertrag des Unternehmens bestimmt. Gewinnrücklagen werden aus erwirtschafteten Jahresüberschüssen gebildet. Für die Auflösung und Einstellung in Gewinnrücklagen ist ein entsprechender Beschluss der Organe der Gesellschaften notwendig. Häufig wird eine detaillierte Aufgliederung in der IFRS-Bilanz nicht vorgenommen. Sofern es ein Standard nicht ausdrücklich fordert, sind die entsprechende Angaben im Anhang vorzunehmen. Die Kapitalrücklagen entstehen durch Zuführung von Eigenkapital von außen. Im HGB wird deren Ausweis im § 272 (2) geregelt. Folgende Tabelle zeigt eine Übersicht zur Entstehung und Behandlung nach IFRS und HGB (Tabelle 42). Tabelle 42 Bestandteile der Kapitalrücklagen nach HGB und IFRS Entstehung von Kapitalrücklagen § 272 (2) HGB
IFRS
1. Agiobeträge bei der Ausgabe von Anteilen und Bezugsrechten. 2. Agiobeträge bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen. 3. Zuzahlungen, die Gesellschafter in das Eigenkapital leisten. 4. Zuzahlungen, die Gesellschafter gegen Gewährung eines Vorzugs für ihre Anteile leisten.
1. Agiobeträge bei der Ausgabe von Anteilen. 2. Gewinn aus dem Wiederverkauf eigener Aktien. 3. Detachable Stock Warrants = Obligationären gewährte Rechte zum Bezug von Capital Stock. 2. Donated Capital = Gegenwert von dem Unternehmen geschenkten Vermögensgegenständen. 3. Mehrbetrag aus der Neufestsetzung des Kapitals bei einer rechtlichen Neuorganisation. abzüglich: 1. Disagio bei der Ausgabe von Aktien. 2. Verlust aus dem Wiederverkauf eigener Aktien. 3. Minderbetrag aus der Neufestsetzung des Kapitals bei einer rechtlichen Neuorganisation.
302
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Gewinn oder Verlust Der Erfolg des Unternehmens kann in voller Höhe auf der Passivseite der Bilanz auch unter dem Eigenkapital ausgewiesen werden. Ein vorgetragener Erfolg des Vorjahres steht dabei über dem im Geschäftsjahr erwirtschafteten Erfolg, wie es im § 266 (3) HGB gezeigt wird: IV. Gewinn / Verlustvortrag, V. Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag. Im Handelsrecht nach HGB gibt es drei Möglichkeiten des Ergebnisausweises: vor Gewinnverwendung, nach teilweiser und nach vollständiger Gewinn verwendung. Üblich ist der Ausweis nach teilweiser Gewinnverwendung, (Abschnitt 8.5.5). Nach IFRS ist ein Ausweis nach teilweiser oder vollständiger Gewinnverwendung ebenfalls möglich. Eigenkapitalspiegel / Eigenkapitalveränderungsrechnung Nach § 264 (1) HGB ist für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften und nach § 297 (1) HGB im Konzernabschluss ein Eigenkapitalspiegel vorgeschrieben. Der Eigenkapitalspiegel zeigt die Veränderungen der Eigenkapitalpositionen während des Jahres und im Vergleich zum Vorjahr. Detaillierte Regeln dazu enthält der DRS 22. Nach IFRS muss die Eigenkapitalveränderungsrechnung entsprechend IAS 1.106– 110 eine differenzierte Darstellung der Entwicklung aller Positionen des Eigen kapitals aufzeigen. Dabei ist jeder Bestandteil des Eigenkapitals getrennt darzustellen (IAS 1.106) – Grundkapital; Kapitalrücklagen; Gewinnrücklagen; Rücklagen aus der erfolgsneutralen Bewertung von Vermögenswerten; Gewinn oder Verlust; Gesamtergebnis. Summe des Eigenkapitals. Die Eigenkapitalveränderungsrechnung zeigt die Überleitung vom Periodenanfang zum Periodenende für jede Eigenkapitalposition. Dabei hat ein getrennter Ausweis für die jeweiligen Anteile am Ergebnis der Eigentümer und der nicht beherrschenden Gesellschafter zu erfolgen (IAS 1.106 (a)). Für jede Komponente des Eigenkapitals sind die Auswirkung der rückwirkenden Anwendung oder Anpassungen gemäß IAS 8 anzugeben (IAS 1.106 (b)). Alle Angaben erfolgen auch für die Vorperioden (IAS 1.110), damit werden alle vorgenommenen Veränderungen, Fehlerkorrekturen und Anpassungen nach IAS 8 sichtbar. Die Eigenkapitalveränderungsrechnung umfasst damit immer zwei Geschäftsjahre. Ein vereinfachtes Beispiel verdeutlicht eine Eigenkapitalveränderungsrechnung.
303
10.6 Die Bilanzierung der Passiva nach HGB und IFRS
Eigenkapitalposition
Saldo 31. 12. 01 (= 01. 01. 02)
Kapitalrücklage
Rücklage aus erfolgs neutraler Bewertung
Gewinnrücklage
Gesamtergebnis
Eigen kapital (gesamt)
2.500
350
100
500
150
3.600
400
100
Gezeichnetes Kapital
Rückwirkende Änderungen von Methoden der Bilanzierung und Bewertung gemäß IFRS 8 Kapitalerhöhung
− 20
500
Jahresüberschuss
190
Auflösung erfolgsneutraler Bewertungsrücklagen
2.900
450
80
190
− 20
− 20
Bildung der Gewinnrücklage Saldo 31. 12. 02 (= 01. 01. 03)
− 20
150
− 150
630
190
4.250
Ergebnis aus der versicherungsmathematischen Bewertung von Pensionsrückstellungen
30
30
Ergebnis aus der Währungs umrechnung
40
40
Dividendenzahlung Jahresüberschuss Auflösung erfolgsneutraler Bewertungsrücklagen Saldo 31. 12. 03
− 190
− 190
380
380
380
4.490
– 20
− 20 2.900
450
130
630
Abbildung 55: Beispiel für eine Eigenkapitalveränderungsrechnung
304
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
10.6.2 Rückstellungen Rückstellungen sind ungewisse Schulden. Laut HGB gilt die zentrale Rückstellungsvorschrift im § 249. Danach kann man zwei Rückstellungsgruppen unterscheiden: Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (z. B. Pensionsverpflichtungen, Steuerschulden, Schadenersatzleistungen) sowie Rückstellungen für noch nicht entstandene Verpflichtungen (Drohverlustrückstellungen, Garantierückstellungen). Das Gliederungsschema der Bilanz gemäß § 266 (3) HGB sieht für die Rückstellungen drei Gruppen vor: 1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen, 2. Steuerrückstellungen, 3. sonstige Rückstellungen. Die sonstigen Rückstellungen sind gemäß § 285 Nr.12 HGB im Anhang zu erläutern, wenn sie einen nicht unerheblichen Umfang haben. Nach IAS 37 ist eine Rückstellung eine Schuld, die bezüglich ihrer Fälligkeit oder ihrer Höhe ungewiss ist (IAS 37.10). Eine Rückstellung ist anzusetzen, wenn das Unternehmen aus einem Ereignis in der Vergangenheit eine gegenwärtige (rechtliche oder faktische) Verpflichtung hat und der Abfluss von Ressourcen mit wirtschaftlichem Nutzen zur Erfüllung der Verpflichtung wahrscheinlich ist und eine verlässliche Schätzung der Höhe der Verpflichtung möglich ist (IAS 37.14). IAS 37.20 weist ausdrücklich darauf hin, dass nur Außenverpflichtungen ansatzfähig sind: Eine Verpflichtung betrifft immer eine andere Partei, gegenüber der die Verpflichtung besteht. (Ausnahme: Rückstellungen für die Restrukturierung des Unternehmens). Eine Rückstellung kann in bestimmten Fällen ein Teil der Anschaffungskosten eines Vermögenswertes werden. Die Rückstellung wird in diesem Fall über erhöhte Abschreibungen während der Nutzungsdauer aufwandswirksam (z. B. bei Sachanlagen IAS 16). Aufwandsrückstellungen, die im HGB z. B. für unterlassene Instandhaltungen zulässig sind, dürfen grundsätzlich nicht gebildet werden. Das Vorliegen einer ausschließlich rechtlich begründeten Verpflichtung ist dabei nicht zwingend erforderlich. Es ist ausreichend, dass zumindest eine faktische Verpflichtung vorliegt. Diese besteht bspw., wenn das Unternehmen durch sein bisheriges Verhalten, öffentlich angekündigte Maßnahmen oder ausreichend spezifizierte Aussagen anderen Parteien die Übernahme gewisser Verpflichtungen angedeutet hat und das Unternehmen dadurch bei den anderen Parteien auch die gerechtfertigte Erwartung geweckt hat, dass es diesen Verpflichtungen nachkommt (IAS 37.10). So sind z. B. Rückstellungen auch für Gewährleistungen zu bilden, welche nach Ablauf des gesetzlichen Gewährleistungszeitraums erbracht werden, sofern das Unternehmen diese Gewährleistungen aus Kulanzgründen in der Vergangenheit erbracht hat und das Unternehmen bislang durch Ankündigungen oder
10.6 Die Bilanzierung der Passiva nach HGB und IFRS
305
sein Verhalten bei den Abnehmern den Eindruck erweckt hat, diese Leistungen auch in der Zukunft zu erbringen (Verpflichtungsrückstellungen). Die Rückstellungen sind einerseits von den Verbindlichkeiten und andererseits von den Eventualschulden abzugrenzen. Im Vergleich zu Verbindlichkeiten sind Rückstellungen durch eine Unsicherheit hinsichtlich des Zeitpunkts und / oder Höhe der künftig erforderlichen Ausgaben geprägt. Schulden
finanzielle Verbindlichkeiten
passive Abgrenzungsposten***
Rückstellungen
Eventualverbindlichkeiten
gegenwärtige Verpflichtung
gegenwärtige (Leistungs-) Verpflichtung
gegenwärtige Verpflichtungen
mögliche Verpflichtung
Eintritt: zu 100 % sicher
Eintritt: i. d. R. zu 100 % sicher
Eintritt: Wahrscheinlichkeit > 50 aber < 100 %
Eintritt: nicht wahrscheinlich (< 50 %)
Höhe: verlässliche Bestimmung
Höhe: verlässliche Bestimmung
Höhe: verlässliche Schätzung
Höhe: i. d. R. nicht bestimmbar
z. B. • Darlehen • Anleihen
z. B. • erhaltene Voraus zahlungen für Vorräte
z. B. • Steuerrück stellungen • Pensions rückstellungen
z. B. • Bürgschaften • finanzielle Garantien
Pflicht zur Erfassung und zum Ausweis in der Bilanz
Pflicht zur Angabe im Anhang
–––– Kriterien zur Definition und Erfassung sind erfüllt ------ Kriterien zur Definition und Erfassung sind nicht erfüllt *** Rechnungsabgrenzungsposten werden nach IFRS nicht gesondert ausgewiesen
Abbildung 56: Abgrenzung Schulden, Rückstellungen und Eventualverbindlichkeiten
Im Unterschied zum HGB werden Verpflichtungen, die auf bereits vollzogenen Liefer- oder Leistungsbeziehungen der Vergangenheit beruhen, die sich durch eine wesentlich höhere Sicherheit bezüglich des Betrags und Erfüllungszeitpunkt auszeichnen, unter den Verbindlichkeiten als sogenannte abgegrenzte Verbindlichkeiten (IAS 37.11) ausgewiesen. Das betrifft z. B. Verpflichtungen aus ausstehendem Urlaub und Verpflichtungen aus Tantiemen oder Boni.
306
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Für Drohverlustrückstellungen nach IAS 37.66 ist ein belastender Vertrag Voraussetzung, bei dem die unvermeidbaren Kosten aus der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen höher als der erwartete wirtschaftliche Nutzen sind (IAS 37.10). Allerdings darf keine Möglichkeit bestehen, den Vertrag einseitig zu kündigen und durch die Kündigung dürfen keine Kosten entstehen. Es müssen mehr Gründe für als gegen eine Inanspruchnahme sprechen. Ist die Verpflichtung jedoch nicht unwahrscheinlich, so ist eine Eventualverbindlichkeit auszuweisen, zu der entsprechende Angaben im Anhang zu machen sind (IAS 37.23). Die Grundregeln zur Bildung von Rückstellungen nach HGB und IFRS fasst Tabelle 43 zusammen. Tabelle 43 Ansatz und Ausweis von Rückstellungen nach HGB und IFRS Rückstellungen HGB
IFRS Ansatzpflichten
§ 249 (1) HGB – ungewisse Verbindlichkeiten, – drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, – unterlassene Instandhaltungen, die innerhalb von drei Monaten nachgeholt werden, – für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt wird, – Gewährleistungen ohne rechtliche Verpflichtungen.
IAS 37 Außenverpflichtungen aufgrund eines Ereignisses der Vergangenheit, Abfluss von Ressourcen ist zu mehr als 50 % wahrscheinlich, eine Schätzung ist zuverlässig möglich.
Ansatzverbote § 249 (2) HGB: Rückstellungen für allgemeine Risiken, wie Unternehmer-, Forschungs- und Umwelt risiken
Entsprechend HGB
Ausweis § 266 (3) HGB: B. Rückstellungen: 1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen; 2. Steuerrückstellungen; 3. sonstige Rückstellungen.
Rückstellungen, Ungewissheit < 50 % bzw. Gewissheit > 50 % Zuordnung zu kurzfristigen und langfristigen Schulden.
Angaben im Anhang Haftungsverhältnisse bzw. Eventualverbindlichkeiten laut § 251 HGB
Eventualverbindlichkeiten (Gewissheit < 50 %)
10.6 Die Bilanzierung der Passiva nach HGB und IFRS
307
Bewertung Nach § 253 (1) HGB sind Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen. Im Abs. 2 heißt es: Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr sind abzuzinsen mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz. Die Grundregeln zur Bildung von Rückstellungen nach HGB und IFRS fasst Tabelle 44 zusammen. Tabelle 44 Bewertung der Rückstellungen nach HGB und IFRS Bewertung der Rückstellungen HGB
IFRS Grundsatz
– Bewertung der Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages (§ 253 (1) HGB). – Rückstellungen mit einer Laufzeit von länger als einem Jahr sind entsprechend ihrer Laufzeit mit einem durchschnittlichen Marktzins abzuzinsen (§ 253 (2) HGB).
Bestmögliche Schätzung der Ausgabe, die zur Erfüllung der gegenwärtigen Verpflichtung zum Bilanzstichtag erforderlich ist (IAS 37.36). Bei kurzfristigen Rückstellungen – der Betrag, den ein Unternehmen am Bilanzstichtag zur Erfüllung der Verpflichtung zahlen müsste → Erfüllungswert (IAS 37.37). Bei langfristigen Rückstellungen – wenn ein Zinseffekt bedeutsam ist, muss der Betrag der bestmöglichen Schätzung abgezinst werden → Erfüllungsbarwert (IAS 37.45).
Bewertungsbandbreite Laut GoB erfolgt der Ansatz des Wertes an der oberen Grenze des Schätzrahmens. Bei sog. kollektiven Risiken, z. B. Garantieleistungen, der statistische Erwartungswert.
Ansatz des wahrscheinlichsten Wertes, bei gleich wahrscheinlichen Werten nach IFRS Ansatz des Erwartungswertes (IAS 37.39). Bei wesentlicher Abweichung des angesetzten Wertes vom höchsten Bandbreitenwert, Angabepflicht der maximalen Belastung im Anhang.
Abzinsung Bei einer Restlaufzeit > 1 Jahr mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz der letzten 10 Jahre (253 (2) HGB) abzinsen. Bei Rückstellungen für Pensionen kann eine Restlaufzeit von 15 Jahren angenommen werden.
Laut IAS 37.45 ist bei einer wesentlichen Wirkung des Zinseffektes im Zusammenhang mit der Erfüllung der Verpflichtung eine Rückstellung in Höhe des Barwertes der erwarteten Ausgaben anzusetzen.
308
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
In vielen Fällen kann die Bewertung der Rückstellungen auf der Basis exakter Berechnungen durchgeführt werden (Steuerrückstellungen, Rückstellungen für Abschlussarbeiten). Für weitere Sachverhalte soll die Bildung und Bewertung der Rückstellungen an ausgewählten Beispielen erläutert werden. Prozesskostenrückstellungen – Bestmögliche Schätzung Beispiel 1: Die Müller & Thurgau GmbH hat einen Rechtsstreit mit einem Konkurrenten, der ihr die Verletzung von Patenten vorwirft und Schadenersatzforderungen in Höhe von 100.000 Euro stellt. Der hinzugezogene Patentanwalt bestätigt, dass in der Tat eine Patentverletzung vorliegen könnte. a) Der Patentanwalt schätzt die Höhe des Schadenersatzes auf 70.000 Euro. Nach HGB und nach IAS 37 ist eine Rückstellung in Höhe der bestmöglichen Schätzung 70.000 Euro anzusetzen (der Erwartungswert). b) Der Rechtsanwalt gibt die Höhe des Schadenersatzes mit einem Wert zwischen mindestens 50.000 Euro und maximal 80.000 Euro an. Nach HGB sind dem Vorsichtprinzip folgend 80.000 Euro anzusetzen. Nach IFRS entspricht der Erwartungswert als Mittelwert in Höhe von 65.000 Euro der bestmöglichen Schätzung. c) Der Rechtsanwalt gibt die Gewinnchancen im Prozess mit 60 % an. Falls der Prozess doch verloren geht, wird der Schadenersatz 40.000 Euro betragen. Obwohl sich der Anspruch möglicherweise abwenden lässt, ist nach HGB eine Rückstellung in Höhe von 40.000 Euro zu bilden. Nach IFRS allerdings dürfen nur Rückstellungen angesetzt werden, wenn mit mehr als 50 %iger Wahrscheinlichkeit mit dem Abfluss von Ressourcen zu rechnen ist. Es darf daher keine Rückstellung gebildet werden. Es ist eine Eventualverbindlichkeit im Anhang in Höhe des möglichen Schadenersatzes anzugeben. Rückstellungen für Garantien und Gewährleistungen – Erwartungswertmethode (IAS 37.39) Handelt es sich um eine große Anzahl von Positionen oder ähnlicher Geschäftsvorfälle (Vielzahl von Ereignissen) wird der Erwartungswert der Verpflichtung für die Bildung einer Rückstellung herangezogen. Das gilt bei Massenproduktion oder Serienfertigung, da die Bewertung jedes Einzelpostens zu aufwändig wäre. Dieser kann statistisch mit einfachem oder gewogenem Durchschnitt ermittelt werden. Beispiel: Umsatzerlöse der Müller & Thurgau GmbH betrugen für eine Produktgruppe im Geschäftsjahr 300.000 Euro. Aufgrund der letzten fünf Jahre ergaben sich durchschnittlich Garantieleistungen in Höhe von 2,5 % der Um-
309
10.6 Die Bilanzierung der Passiva nach HGB und IFRS
satzerlöse, sodass 2,5 % von 300.000 = 7.500 Euro Garantierückstellungen auszuweisen sind. Beispiel: Die Edelstahl AG (ein Tochterunternehmen der M & T GmbH) stellt Edelstahltanks für das Weinkeltern her und gibt die Gewährleistung, dass die anfallenden Reparaturen innerhalb des ersten Jahres übernommen werden. Die Herstellungskosten betragen 3.500 Euro pro Stück. Das Unternehmen hat aus Daten der Vergangenheit folgende Wahrscheinlichkeiten für unterschiedliche Reparaturfälle ermittelt: Reparaturkosten (Euro)
100
300
500
800
1.000
Wahrscheinlichkeiten des Eintritts der Ereignisse
15 %
10 %
5 %
3 %
1 %
Es handelt sich um eine große Anzahl von Positionen. Der Erwartungswert der Verpflichtung ist für die Bildung einer Rückstellung als gewogener Durchschnittsbetrag zu bestimmen: 15 % × 100 + 10 % × 300 + 5 % × 500 + 3 % × 800 + 1 % × 1.000 = 104 Euro. Dementsprechend ist pro verkauftem Edelstahltank eine Rückstellung für Gewährleistungsverpflichtung in Höhe von 104 Euro zu erfassen. Rückstellungen für Garantien und Gewährleistungen – Wahrscheinlichstes Ereignis (IAS 37.40) Handelt es sich um Produkte, die in Einzelfertigung hergestellt werden (einzelnes Ereignis), ist das wahrscheinlichste Ereignis die bestmögliche Schätzung für die Rückstellung. Das wahrscheinlichste Ereignis ist nicht immer der höchste Wert aus einer Reihe von statistischen Werten. Dann wenn die Summe der Wahrscheinlichkeiten, die darüber oder darunter liegen, insgesamt höhere oder niedrige Werte aufweist, ist dieser der bestmögliche Wert für das wahrscheinlichste Ereignis. Beispiel: Neben den Standardedelstahltanks stellt die Edelstahl AG auch Großtankanlagen in Einzelfertigung her und ist für 1 Jahr verpflichtet, schwerwiegende Fehler in der Funktionsweise der Anlagen zu beheben. Folgende Wahrscheinlichkeiten für die Reparaturkosten ergeben sich bei einer Anlage im Wert von 300.000 Euro. Kosten der Reparatur (Euro)
2.500
4.000
10.000
25.000
75.000
Wahrscheinlichkeiten des Eintritts der Ereignisse
37 %
25 %
20 %
13 %
5 %
Es handelt sich um eine einzelne Verpflichtung. Ein Reparaturbetrag von 2.500 Euro ist der wahrscheinlichste Wert (37 %). Es ist jedoch ein höherer
310
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Rückstellungsbetrag anzusetzen, da mit einer Wahrscheinlichkeit von 63 % ein höherer Betrag als 2.500 Euro eintreten wird. Der Rückstellungsbetrag ist so auszuwählen, dass die anderen Beträge, die darüber oder darunter liegen, mit gleicher Wahrscheinlichkeit eintreten. Das trifft hier bei 25 % zu (mit 37 % ist der Wert niedriger mit 38 % ist er höher). Die Höhe der Rückstellung beträgt 4.000 Euro. Rückstellungen für drohende Verluste aus belastenden Verträgen Ein belastender Vertrag ist ein Vertrag, bei dem die unvermeidbaren Kosten zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung höher sind als der erwartete wirtschaftliche Nutzen (IAS 37.10). Das sind bspw. Verträge, die rechtsgültig geschlossen wurden und eingehalten werden müssen, aber im Folgejahr Verluste verursachen werden. Die Nichterfüllung des Vertrages würde einen größeren wirtschaftlichen Schaden verursachen als die drohenden Verluste. Die Unvermeidbaren Kosten sind als der niedrigere Betrag aus dem Vergleich der Erfüllungskosten des Vertrages und der Entschädigungszahlung bei Nichterfüllung des Vertrags (Ausstieg aus dem Vertrag) definiert (IAS 37.68). Gemäß IAS 37.66 ist bei belastenden Verträgen eine Rückstellung in Höhe des erwarteten Verlustes zu bilden. Tabelle 45 Bewertung von Rückstellungen nach HGB und IFRS Rückstellungen für drohende Verluste HGB
IFRS
Absatzgeschäfte: vertragliche Verpflichtung, Waren zu einem bestimmten (zu niedrigen) Preis zu liefern. Ermittlung des sich ergebenden Verlustes: Entstehende Kosten abzüglich vereinbarter Erlöse Als Kosten sind grundsätzlich die Selbstkosten anzusetzen, d. h. einschließlich Verwaltungs-, Vertriebskosten und evtl. auch Forschungs- und Entwicklungskosten (F & E).
Sämtliche auftragsbezogene fixen und variablen Kosten, ohne F & E-Kosten, allgemeine Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten.
Beschaffungsgeschäfte: Vertragliche Verpflichtung, Leistungen zu einem bestimmten (zu hohen) Preis abzunehmen. Ermittlung des sich ergebenden Verlustes: Vereinbarte Preise für die Leistungen abzüglich voraussichtlicher Marktpreise im Zeitpunkt der Leistung. Bewertung der zu beschaffenden Waren nach dem strengen Niederstwertprinzip.
Niedrigerer Wert aus dem Vergleich der Herstellungskosten und des Nettoveräußerungswertes
Beispiel: Im Jahr 01 schloss die Müller & Thurgau GmbH einen bis zum 31. 12. 02 laufenden Einkaufsvertrag ab. Hiernach verpflichtet sie sich zur Abnahme von Rohstoffen zum Preis von 48.000 Euro. Aufgrund der Marktent-
311
10.6 Die Bilanzierung der Passiva nach HGB und IFRS
wicklung erweist sich dieser Vertragsabschluss als ungünstig für die GmbH, da die Verkaufspreise für die Endprodukte gesunken sind und ein Verlust von 6.000 Euro zu erwarten ist. Bei Nichterfüllung des Vertrages ist eine Strafe von 7.500 Euro zu zahlen. Es handelt sich um drohende Verluste aus einem belastenden Vertrag. Es ist eine Rückstellung in Höhe des niedrigeren Wertes aus dem Vergleich der Strafe und des erwarteten Verlustes zu bilden. Die Höhe der Rückstellung beträgt 6.000 Euro. Aufgabe 10.11: Am 01. 11. 01 schließt die M & T GmbH einen Vertrag mit der „Glasimport AG“ über die Einkauf von 60.000 farbigen Glasflaschen am 01. 02. 02 ab. Der vereinbarte Kaufpreis beträgt 1,00 Euro / Stück. Am Bilanzstichtag 31. 12. 01 ist bereits absehbar, dass der Verkaufspreis für derartige Flaschen im ersten Quartal 02 auf 0,90 Euro / Stück sinken wird. In welcher Höhe ist bei der M & T GmbH am 31. 12. 01 eine Rückstellung zu bilden? Aufgabe 10.12: Die Edelstahl AG (Tochter der M & T GmbH) hat im Oktober 01 eine Großtankanlage für 50.000 Euro geliefert. Folgende Verteilung der Wahrscheinlichkeiten für die Reparaturkosten im nächsten Jahr, für die es eine Garantieverpflichtung gibt, liegt vor: Kosten der Reparatur (Euro)
750
1.250
2.500
5.000
7.000
12,000
Wahrscheinlichkeiten des Eintritts der Ereignisse
13 %
26 %
21 %
18 %
14 %
8 %
In welcher Höhe ist bei der Edelstahl AG am 31. 12. 01 eine Garantierückstellung zu bilden? Aufgabe 10.13: Die Müller & Thurgau GmbH stellte im abgelaufenen Jahr Weinbehälter in Massenfertigung her. Sie gewährt den Abnehmern eine Garantie für ein Jahr. Insgesamt wurden 20.000 Stück der Weinbehälter produziert, wovon 19.000 Stück verkauft wurden. Aus den vergangenen Geschäftsjahren liegen Erfahrungswerte zu den Garantieverpflichtungen, die für diese Art von Weinbehältern erbracht werden müssen, mit folgenden Werten vor: durchschnittliche Kosten pro Behälter
3,50 €
11,00 €
37,50 €
54,00 €
Anteil der betroffenen Weinbehälter
12,3 %
6,2 %
3,5 %
1,1 %
Führen Sie bitte die Bewertung der Garantierückstellung durch! Aufgabe 10.14: Die Müller & Thurgau GmbH hat folgende Informationen zusammengetragen und überlegt, inwiefern diese im Jahresabschluss zu berücksichtigen sind (alle Werte in Euro):
312
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht 1. Anstehende Großreparatur der Anlagen
100.000
2. Unterlassene Instandhaltungsarbeiten, die in den ersten 3 Monaten des Folgejahres nachgeholt werden
27.770
3. Ausstehende Rechnungen für bereits erhaltene Lieferungen
20.000
4. Ausstehende Urlaubsansprüche der Mitarbeiter
6.000
5. Garantieverpflichtungen und Nacharbeiten bei Kunden
30.000
Beurteilen Sie diese Sachverhalte nach HGB und IFRS in Bezug auf den Bilanzausweis!
10.6.3 Verbindlichkeiten nach HGB und IFRS Im deutschen HGB sind Regelungen zu den Verbindlichkeiten in den §§ 250, 253, 266 und 285 enthalten. Die IFRS enthalten keinen eigenen Standard für Verbindlichkeiten. Wesentliche Regelungen sind im Rahmenkonzept und in den Standards IAS 1 (Darstellung), IAS 21 (Wechselkursänderungen) und IAS 37 (Rückstellungen, Eventualverbindlichkeiten) sowie in den Standards zu Finanzinstrumenten enthalten (IAS 32, IFRS 7; IFRS 9). Auf die Bildung von Rückstellungen wurde im Abschnitt 10.6.2 eingegangen. Die wesentlichen Regelungen zum Ansatz und zur Gliederung von Verbindlichkeiten sind in der Tabelle 46 zusammengefasst. Tabelle 46 Ansatz, Ausweis und Gliederung von Verbindlichkeiten nach HGB und IFRS Verbindlichkeiten HGB
IFRS Definition und Ansatz
Am Bilanzstichtag sind alle dem Grunde, der Höhe und der Fälligkeit nach feststehenden Verpflichtungen gegenüber einem Dritten auszuweisen.
Eine Schuld ist eine gegenwärtige Verpflichtung des Unternehmens zur Übertragung einer wirtschaftlichen Ressource aufgrund von Ereignissen in der Vergangenheit. Eine Verpflichtung ist eine Handlungspflicht, die das Unternehmen praktisch nicht umgehen kann (Rahmenkonzept 4.63).
Ausweis Laut HGB handelt es sich um einen eigenständigen Bilanzposten laut § 266 (3) HGB: C. Verbindlichkeiten
Verbindlichkeiten werden zusammen mit den Rückstellungen und passiven Rechnungsabgrenzungsposten unter den Schulden ausgewiesen
10.6 Die Bilanzierung der Passiva nach HGB und IFRS
313
Verbindlichkeiten HGB
IFRS Gliederung
Die Untergliederung erfolgt vor allem nach der Art der Gläubiger: – Anleihen, davon konvertibel, – Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, – Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen, – Verbindlichkeiten aLL, – Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel, – Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen, – Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht – Sonstige Verbindlichkeiten, – davon aus Steuern, – davon im Rahmen der soz. Sicherheit.
Die Hauptgliederung hat nach der Fristigkeit zu erfolgen (IAS 1.60): Kurzfristige Verbindlichkeiten = Fälligkeit innerhalb eines Jahres (IAS 1.69) z. B.: – Verbindlichkeiten aLL, – Kontokorrentkredite, – Ertragsteuern, – Dividendenverbindlichkeiten, – Anzahlungen auf Bestellungen, zu deren Tilgung Vermögenswerte eingesetzt werden, die als kurzfristig einzustufen sind. Langfristige Verbindlichkeiten – Andere Schulden – Ausnahmen: der kurzfristige Anteil an langfristigen Verbindlichkeiten, wenn das Unternehmen beabsichtigt, die Verpflichtung langfristig zu finanzieren, insbesondere, wenn sie zur Refinanzierung ansteht.
Bei jedem Posten sind im Verbindlichkeitsspiegel anzugeben: Restlaufzeit bis zu einem Jahr und Restlaufzeit über fünf Jahre, Sicherung durch Pfandrechte oder ähnliche Rechte.
Bewertung Nach dem HGB sind Verbindlichkeiten zu den Anschaffungskosten (Nennwert) oder zum Erfüllungsbetrag anzusetzen. Eine Abzinsung ist für langfristige Verbindlichkeiten vorzunehmen. Für das Disagio besteht ein Wahlrecht zwischen Aktivierung und sofortiger erfolgswirksamer Abschreibung. Für Währungsschulden gilt das Höchstwertprinzip. Es sind nur höhere Kurse als zum Zeitpunkt der Entstehung der Schuld zu berücksichtigen. Eine Ausnahme bilden die kurzfristigen Fremdwährungsverbindlichkeiten (§ 256a HGB). Der erstmalige Ansatz von Verbindlichkeiten erfolgt nach IFRS zum beizulegenden Zeitwert, der der erhaltenen Gegenleistung entspricht (IFRS 9. 5. 1.1). Sofern ein Darlehen unter Abzug eines Disagios vereinnahmt wurde, wird es in Höhe des Auszahlungsbetrages passiviert. Die Aktivierung eines Disagios oder Agios ist unzulässig. In der Folgebewertung wird eine schrittweise Aufzinsung bis zum Rückzahlungsbetrag (Effektivzinsmethode) vorgenommen. Langfristige Schulden sind nach IFRS abzuzinsen und jährlich entsprechend zuzuschreiben. Es wird grundsätzlich zum jeweiligen Barwert bilanziert. Bei Währungsschulden gilt
314
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
der Kurs am Bilanzstichtag. Die Grundsätze der Behandlung der Verbindlichkeiten nach HGB und IFRS fasst Tabelle 47 zusammen: Tabelle 47 Bewertung von Verbindlichkeiten nach HGB und IFRS Bewertung der Verbindlichkeiten HGB
IFRS Grundsatz
Der Ansatz von Verbindlichkeiten erfolgt zum Zugangswert bzw. einem höheren Rückzahlungsbetrag. Eine Abzinsung von Verbindlichkeiten infolge von Unverzinslichkeit oder Niedrigverzinslichkeit ist grundsätzlich unzulässig, sodass ein Barwertansatz nicht in Betracht kommt. Im Rahmen der Folgebewertung sind Verbindlichkeiten um Tilgungen zu vermindern.
Langfristige (zinslose) Schulden sind zum Barwert anzusetzen, also abzuzinsen. Kurzfristige Verbindlichkeiten sind zum Rückzahlungsbetrag zu bewerten. Hier kommt eine Abzinsung nicht in Betracht. Abgezinste langfristige Verbindlichkeiten sind jährlich zuzuschreiben und zwar bis zur aktuellen Differenz zwischen Barwert und Rückzahlungsbetrag.
Behandlung eines Disagios bzw. Agios Entweder erfolgt eine erfolgswirksame Verrechnung im Jahr des Zugangs oder es wird ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten aktiviert und über die Laufzeit der Verbindlichkeit (meistens linear; andere Verteilungen sind ebenfalls möglich, soweit sie den GoB entsprechen) abgeschrieben. Bei einem Agio ist die Verbindlichkeit mit dem Nennbetrag plus Agio anzusetzen.
Es besteht ein Aktivierungsverbot für ein Disagio bzw. Agio. Die Verbindlichkeit wird jährlich schrittweise um das anteilige Disagio erhöht bzw. um das Agio vermindert (Effektivzinsmethode) (IFRS 9. 5. 3.1 i. V. m. IFRS 9. 5. 3).
Fremdwährungsverbindlichkeiten Die Umrechnung erfolgt mit dem Devisenkassamittelkurs, der bei der Erstbuchung maßgeblich war. Der § 256a Satz 1 HGB verlangt im Rahmen der Folgebewertung eine strenge Umrechnung am Abschlussstichtag zum Devisenkassamittelkurs.
Die Umrechnung erfolgt immer mit dem Briefkurs am Bilanzstichtag. Nicht realisierte Gewinne und Verluste aus Kursschwankungen sind erfolgswirksam zu erfassen (IAS 21.21 ff.).
Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH hat am 01. 01. 01 ein endfälliges Darlehen in Höhe von 100.000 Euro aufgenommen (Laufzeit 5 Jahre). Dieses wurde zu 95 % ausgezahlt (Disagio: 5.000 Euro). Der vereinbarte Zins von 6 % p. a. ist nachschüssig zu entrichten. Der Effektivzinssatz wird mit 6,19323 % angegeben. Zu bestimmen sind die Bilanzansätze für die Jahre 01 bis 05. Die Anschaffungskosten belaufen sich auf 95.000 Euro. Die fortgeführten Anschaffungskosten sind nach der Effektivzinsmethode zu bestimmen:
10.7 Die Bilanzierung weiterer Geschäftsvorgänge nach IFRS Jahr
Zinszahlung
Zinsaufwand für die GuV
Zuschreibung
Bilanzansatz des Darlehens
31. 12. 01
5.000
5.883,57
883,57
95.883,57
31. 12. 02
5.000
5.938,29
938,29
96.821,86
31. 12. 03
5.000
5.996,40
996,40
97.818,26
31. 12. 04
5.000
6.058,11
1.058,11
98.876,37
31. 12. 05
5.000
6.123,64
1.123,64
100.000,00
315
Aufgabe 10.15: Die Müller & Thurgau GmbH beabsichtigt Anfang 02 ein Darlehen über 150.000 Euro aufzunehmen. Der Darlehensgeber bietet dieses zu einem Auszahlungskurs von 97 % und einem nachschüssigen Nominalzins von 6,5 % p. a. an. Die Endfälligkeit des Wertpapiers ist am 31. 12. 05. Der Effektivzinssatz wurde bereits finanzmathematisch mit 7,39357 % ermittelt. Bestimmen Sie die zu erwartenden Bilanzwerte für die Jahre 02 bis 05!
10.7 Die Bilanzierung weiterer Geschäftsvorgänge nach IFRS 10.7.1 Erlöse aus Verträgen mit Kunden Die Grundprinzipien der Ergebnisrechnung nach IFRS wurden im Abschnitt 10.4.3 vorgestellt. Das Gesamtergebnis setzt sich nach IAS 1 aus dem Gewinn / Verlust der betrieblichen Tätigkeit und dem sonstigen Ergebnis zusammen. Der Mindestausweis nach IAS 1.82 ist in Tabelle 23 dargestellt. Von wesentlicher Bedeutung für das Ergebnis ist die Frage nach dem Zeitpunkt der Erlösrealisation und des Aufwands. Voraussetzung für die Erfassung von Erlösen ist laut Definition im Rahmenkonzept „die Zunahme von Vermögenswerten oder die Abnahmen von Schulden, die zur Erhöhung des Eigenkapitals führen mit Ausnahme der Zunahmen, die durch Einlagen der Eigentümer entstehen“. Diese müssen sich verlässlich ermitteln lassen. Das ist nicht sichergestellt bzw. zweifelhaft, wenn der belieferte Kunde zum Lieferzeitpunkt zahlungsunfähig ist oder wenn dem Kunden Rückgaberechte eingeräumt werden. Die Rücknahmewahrscheinlichkeit muss verlässlich geschätzt und der Ertrag dahingehend angepasst werden. Nach deutschem Recht sind in der Handelsbilanz gemäß § 277 (1) HGB Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen nach Abzug von Erlösschmälerungen und Umsatzsteuer als Umsatzerlöse auszuweisen. Nach dem Realisationsprinzip sind Gewinne nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert wurden (§ 252 (1) Nr. 4 HGB). Demnach sind Erträge aus Lieferungs- und Leistungsge-
316
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
schäften als realisiert anzusehen, wenn der Lieferant den betreffenden Vermögensgegenstand vertragsgemäß übergeben hat, die Gefahr übergegangen und dadurch ein Anspruch auf Gegenleistung entstanden ist. Bei Erlösen aus Verträgen mit Kunden ist nach IFRS 15 anhand des 5 SchritteModells zunächst die Identifikation des Vertrags vorzunehmen wie in Abbildung 57 dargestellt (IFRS 15.9). Darüber hinaus ist immer zu klären, zu welchem Zeitpunkt oder über welchen Zeitraum und in welcher Höhe Umsatzerlöse vorliegen. Schritt a
Zustimmung zur Erfüllung der Pflichten des Vertrags
Schritt b
Identifizierung der Rechte der Vertragspartner
Schritt c
Feststellung der Zahlungsbedingungen
Schritt d
Wirtschaftliche Substanz des Vertrags
Schritt e
Wahrscheinlichkeit des Erhalts der Gegen leistung
Abbildung 57: Fünf-Schritte Modell zur Identifikation des Vertrags des IFRS 15
Ein Vertrag mit einem Kunden ist nur dann bilanziell zu erfassen, wenn die fünf Kriterien entsprechend IFRS 15.9 erfüllt sind: a) die Vertragsparteien haben dem Vertrag (schriftlich, mündlich oder gemäß anderer Geschäftsgepflogenheiten) zugestimmt und zugesagt, ihre vertraglichen Pflichten zu erfüllen, b) das Unternehmen kann für jede Vertragspartei feststellen, welche Rechte diese hinsichtlich der zu übertragenden Güter oder Dienstleistungen besitzt, c) das Unternehmen kann die Zahlungsbedingungen für die zu übertragenden Güter oder Dienstleistungen feststellen, d) die wirtschaftliche Substanz des Vertrages, d. h. das Risiko, der Zeitpunkt oder die Höhe der künftigen Zahlungsströme des Unternehmens, wird sich in Folge des Vertrages voraussichtlich ändern, e) das Unternehmen wird die Gegenleistung, auf die es im Austausch für die auf den Kunden zu übertragenden Güter oder Dienstleistungen Anspruch hat, wahrscheinlich erhalten. Bei der Bewertung, ob der Erhalt einer Gegenleistung wahrscheinlich ist, trägt das Unternehmen ausschließlich der Fähigkeit und Absicht des Kunden zur Zahlung des entsprechenden Betrags bei Fälligkeit Rechnung. Bei variabler Gegenleistung kann der Betrag, der dem Unternehmen als Gegenleistung zusteht, auch niedriger sein als der im Vertrag angegebene Preis, da das Unternehmen dem Kunden einen Preisnachlass gewähren kann. Die Identifikation der vertraglichen Leistungsverpflichtung nach IFRS 15.22–30 ist zusammenfassend in Abbildung 58 dargestellt.
10.7 Die Bilanzierung weiterer Geschäftsvorgänge nach IFRS
317
Kriterium (a)
Kriterium (b)
Das Gut oder die Dienstleistung besitzt die Eigenschaft, dass der Kunde es/sie eigenständig oder zusammen mit anderen, für ihn stets verfügbaren Ressourcen nutzen kann.
Im konkreten Vertrag ist die Zusage des Unternehmens für den Übergang des Gutes oder der Dienstleistung auf den Kunden separat von anderen Zusagen in dem Vertrag identifizierbar.
ja
Unterscheidbare Leistungsverpflichtung
und
nein
Nicht unterscheidbare Leistungsverpflichtung – Zusammenfassung mit anderen Gütern und Dienstleistungen
Abbildung 58: Identifikation der Leistung nach IFRS 15
Beispiel: Die Spezialanlagenbau GmbH (ein Unternehmen an dem die M & T GmbH beteiligt ist) hat einen Vertrag über die Komplettausrüstung einer Glasfabrik abgeschlossen, wozu eine Vielzahl verschiedener Güter und Dienstleistungen erforderlich ist. Im Allgemeinen erfüllen diese das Kriterium (a), da der Kunde einen Nutzen bspw. aus jedem einzelnen Anlagenelement (Glaswannen, Heizelemente, Transporteinheiten) in Verbindung mit anderen unmittelbar verfügbaren Ressourcen ziehen kann. Kriterium (b) wird jedoch nicht für jede Glaswanne und jedes Heizelement erfüllt, da die Spezialanlagenbau GmbH die vertragliche Zusage gegeben hat, die einzelnen Güter und Dienstleistungen zum Gesamtgut „Glasfabrik“ zusammenzuführen. Die für die Ausrüstung der Glasfabrik eingesetzten Güter und Dienstleistungen werden folglich als eine Leistungsverpflichtung bilanziert. Entscheidend für den Zeitfaktor ist der Übergang der Verfügungsgewalt über Güter oder Dienstleistungen vom Unternehmen auf den Kunden (IFRS 15.31–45). Umsatzerlöse sind entweder zu einem Zeitpunkt (IFRS 15.38) oder über einen Zeitraum (IFRS 15.35–37) zu erfassen. Der Übergang der Verfügungsgewalt ist gleichbedeutend mit der Kontrolle, d. h. der Möglichkeit über die Verwendung des Gutes oder der Dienstleistung zu bestimmen und dabei den wesentlichen Nutzen selbst zu vereinnahmen. Abbildung 61 zeigt die Möglichkeiten des Kontrollübergangs über einen Zeitraum (IFRS 15.35). Bei der Erfassung über einen Zeitraum ist der Leistungsfortschritt zu bestimmen. Die Messung des Leistungsfortschrittes erfolgt in Bezug auf die vollständige Erfüllung des Vertrages (z. B. %-Anteil am Gesamtpreis). Dieses Vorgehen dient der Darstellung, wie weit das Unternehmen seiner Leistungsverpflichtung bereits nachgekommen ist (IFRS 15.40). Ist die Leistungsverpflichtung zum Teil erfüllt,
318
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht Beispiele
(a)
Dem Kunden fließt der Nutzen aus der Leistung zu und er nutzt gleichzeitig die Leistung, während diese erbracht wird.
wiederkehrende Dienstleistung • Energielieferung • Mobilfunkverträge
(b)
Durch die Leistung des Unternehmens wird ein Vermögenswert erstellt oder verbessert und der Kunde erlangt die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert während dieser erstellt oder verbessert wird.
Herstellung eines Vermögenswerts am Standort des Kunden • Bau von Gebäuden • Industrieanlagen • Kraftwerke
(c)
Durch die Leistung des Unternehmens wird ein Vermögenswert erstellt der keine alternativen Nutzungsmöglichkeiten für das Unternehmen aufweist und das Unternehmen hat einen Rechtsanspruch auf die Bezahlung der bereits erbrachten Leistung.
Herstellung eines spezialisierten Vermögenswerts, den ausschließlich der Kunde nutzen kann (und ein vertragliches Recht auf Zahlung) • Softwareprojekt • Spezialanlagenbau
Abbildung 59: Kontrollübergang über einen Zeitraum nach IFRS 15.35
hat das Unternehmen den Erlös anteilig entsprechend dem vereinbarten Gesamtpreis zu erfassen (IFRS 15.46), wenn der Leistungsfortschritt und der Gesamtpreis verlässlich ermittelt werden können (IFRS 15.44). Wenn die Werte nicht bestimmt werden können, darf der Erlös nur in Höhe der angefallenen Herstellungskosten angesetzt werden (IFRS 15.45). Der Leistungsfortschritt der vom Unternehmen erbrachten Leistung ist dabei entweder über eine Output-Methode (z. B. produzierte Einheiten) oder eine InputMethode (z. B. angefallene Kosten oder geleistete Arbeitsstunden) zu bestimmen. Die outputbasierte Methode (IFRS 15.B15–17) nutzt erfolgt auf der Basis der produzierten Einheiten, der Vollendung physisch abgegrenzter Teile des Vertragswerkes (z. B. Teile eines Gebäudes), der Begutachtung der fertigen Leistung, des Verhältnisses der bisher abgerechneten Leistung zur geschätzten Gesamtleistung (z. B. bei Softwareprojekten) oder der geleisteten Stundenzahl, die abgerechnet werden kann (z. B. bei Planungsprojekten). Die Berechnung mit der inputbasierten Methode (IFRS 15.B18–19) nutzt z. B. die verbrauchten Ressourcen (z. B. Rohstoffe), die aufgewendeten Arbeitsstunden im Verhältnis zu den geplanten Gesamtstunden oder die entstandenen Kosten im Verhältnis zu den erwarteten Gesamtkosten. Änderungen des geschätzten Gesamtpreises und der geplanten Gesamtkosen des Auftrages sind jeweils zum Bilanzstichtag bei der Messung des Leistungsfortschritts zu berücksichtigen (IFSR 15.43). Bei der erstmaligen Erfassung erfolgt der Ausweis in der Bilanz im kurzfristigen Vermögen als Vertragsvermögenwert (alternativ: Bestand an Fertigungsaufträgen / Unfertige Erzeugnisse / Kundenaufträge) und in der GuV als „Erlöse aus
10.7 Die Bilanzierung weiterer Geschäftsvorgänge nach IFRS
319
Bestanderhöhungen“. In den Folgejahren wird die Erhöhung des Wertes als Bestandserhöhung in den Erlösen erfasst. Das wird am Ende dieses Abschnittes mit einem Beispiel demonstriert. Höhe der Erlöse Grundsätzlich handelt es sich um den Betrag, auf den das Unternehmen im Gegenzug für die Übertragung von Gütern und Dienstleistungen an einen Kunden erwartungsgemäß Anspruch (IFRS 15.47–90). Bei der Bewertung der Gegen leistung sind mehrere Einflussfaktoren zu berücksichtigen. Die Erfassung der Umsatzerlöse kann möglicherweise vorgezogen oder aufgeschoben werden, wie z. B. bei Mehrkomponentengeschäften (IFRS 15.73–90), variablen Kaufpreisbestandteilen (IFRS 15.50–59), Finanzierungskomponenten (IFRS 15.60–65), an den Kunden zu zahlende Gegenleistungen (IFRS 15.70–73. Variable Kaufpreisbestandteile (IFRS 15.50–54) • Unternehmen unterliegen bei der Schätzung der erwarteten Höhe der variablen Kaufpreisbestandteile (z. B. Rabatte, Gutschriften, Preiszugeständnisse, Retouren oder Leistungsprämien / Konventionalstrafen) der Beschränkung, dass eine künftige Korrektur erfasster Umsatzerlöse nach unten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auftreten darf. • Die Schätzung der Höhe des variablen Kaufpreisbestandteils kann Auswirkungen auf den Zeitpunkt der Umsatzerfassung haben. Nicht zahlungswirksame Gegenleistung (IFRS 15.66–69) • Eine unbare Gegenleistung wird zum beizulegenden Zeitwert bewertet, wenn dieser angemessen geschätzt werden kann. • Ist dies nicht der Fall, verwendet ein Unternehmen den Einzelveräußerungspreis des Gutes oder der Gegenleistung, der im Tausch für die unbare Gegenleistung zugesagt wurde. An den Kunden zu zahlende Gegenleistungen (IFRS 15.70–72) • Unternehmen müssen bestimmen, ob Entgelte an einen Kunden eine Minderung der Gegenleistung, ein Entgelt für ein unterscheidbares Gut bzw. eine unterscheidbare Dienstleistung oder eine Kombination aus beidem darstellen. Vorliegen signifikanter Finanzierungskomponenten (IFRS 15.60–65) • Bei Verträgen mit einer wesentlichen Finanzierungskomponente passen Unternehmen den zugesagten Betrag der Gegenleistung um den Zinseffekt an. • Ziel ist es, die Umsatzerlöse in der Höhe zu erfassen, die den Barverkaufspreis zu dem Zeitpunkt widerspiegelt, an dem die Kontrolle über das Gut oder die Dienstleistung auf den Kunden übergeht.
320
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
• Der verwendete Diskontierungssatz entspricht dem Zinssatz, der in einer separaten Finanzierungstransaktion zwischen dem Unternehmen und dem Kunden verwendet werden würde. Beispiel: Die Spezialanlagenbau GmbH hat einen Vertrag zur Übertragung einer Komplettanlage an einen Kunden für eine Gegenleistung von 1 Mio. Euro abgeschlossen. Gemäß den Vertragsbedingungen erfolgt die Zahlung zwei Jahre vor der Übertragung der Anlage an den Kunden. Unter Berücksichtigung der im IFRS 15 genannten Indikatoren gelangt die Spezialanlagenbau GmbH zu dem Schluss, dass der Vertrag eine wesentliche Finanzierungskomponente enthält. Eine Verbindlichkeit von 1 Mio. Euro wird bei Erhalt der Gegenleistung passiviert. Zinsaufwendungen werden über den Zweijahreszeitraum erfasst, basierend auf dem Zinssatz, der in einer separaten Finanzierungstransaktion zwischen der Spezialanlagenbau GmbH und dem Kunden verwendet werden würde. Umsatzerlöse von 1 Mio. Euro plus der Zinsaufwendungen werden beim Übergang der Kontrolle über die Anlage auf den Kunden erfasst. Bei der Aufteilung des Transaktionspreises besteht das Ziel für das Unternehmen darin, den Transaktionspreis in einer Höhe auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen (oder die einzelnen eigenständig abgrenzbaren Güter oder Dienstleistungen) aufzuteilen, die der Gegenleistung entspricht, die ein Unternehmen im Austausch für die Übertragung der zugesagten Güter oder Dienstleistungen auf einen Kunden voraussichtlich erhalten wird (IFRS 15.73). Um dieses Ziel zu erreichen, hat das Unternehmen den Transaktionspreis auf Basis der relativen Einzelveräußerungspreise auf die einzelnen im Vertrag identifizierten Leistungsverpflichtungen aufzuteilen. Davon ausgenommen sind die Zuordnung von Preisnachlässen und die Zuordnung von Gegenleistungen mit variablen Beträgen. Das Vorgehe bei der Aufteilung der Gegenleistung auf die Leistungsverpflichtung wird in der folgenden Abbildung 60 dargestellt. Bei Erfüllung der Leistungsverpflichtung durch Übergang der Verfügungsgewalt über ein Gut oder über eine Dienstleistung auf den Kunden erfolgt die Erfassung der Umsatzerlöse (IFRS 15.31 ff.). Die Behandlung der Kosten der Erlangung eines Vertrages (IFRS 15.91–94) und der Kosten der Erfüllung eines Vertrages (IFRS 15.95–98) wird im Standard einheitlich geregelt. In die Bewertung einzubeziehen sind: • alle Einzel- und Gemeinkosten (gemäß IAS 2 – Vorräte, IAS 16 – Sachanlagen, IAS 38 – IVW), • alle Kosten, die darüber hinaus mit dem Vertrag unmittelbar zusammenhängen, wenn ein Ausgleich dieser durch den Kunden erwartet wird (einzeln aufgeführt im IFRS 15.97).
10.7 Die Bilanzierung weiterer Geschäftsvorgänge nach IFRS
321
Aufteilung basierend auf relativen Einzelveräußerungspreisen Leistungsverpflichtung 1
Leistungsverpflichtung 2
Leistungsverpflichtung 3
Bestimmung der Einzelveräußerungspreise Gibt es einen beobachtbaren Preis? ja Verwendung des beobachtbaren Preises
Ableitung vom Markt mittels Anpassung
nein
Schätzung des Preises
Residualwertmethode nur wenn der Einzelveräußerungspreis stark variiert oder dessen Schätzung mit einem hohen Maß an Unsicherheit verbunden ist.
Erwartete Kosten zuzüglich einer Marge
Abbildung 60: Aufteilung des Transaktionspreises nach IFRS 15
In die Bewertung nicht einzubeziehen sind z. B. (IFRS 15.98): • allgemeine Verwaltungskosten, • Kosten für Materialabfälle, Löhne u. ä., die nicht im vereinbarten Gesamtpreis enthalten sind, • nachträgliche Kosten für bereits erfüllte Leistungsverpflichtungen. Beispiele sowohl für Kosten, die bei der Erfüllung dieser Kriterien aktiviert werden können, als auch Beispiele für Kosten, die sofort aufwandswirksam zu erfassen sind, zeigt Abbildung 61. Aktivierungsfähige Kosten (sofern die genannten Kriterien erfüllt sind)
Kosten, die sofort als Aufwand zu erfassen sind
Personalkosten – z. B. Arbeitslöhne
Verwaltungsgemeinkosten – wenn sie nicht gemäß dem Vertrag explizit in Rechnung gestellt werden können
Materialeinzelkosten – z. B. RHB
Kosten, die im Zusammenhang mit bereits erfüllten Leistungsverpflichtungen stehen
Kosten die im direkten Zusammenhang mit dem Vertrag stehen – bspw. Aufwendungen für planmäßige Abschreibungen und Amortisationen
Kosten für nicht kalkulierte Materialabfälle, Personalgemeinkosten oder andere Vertragskosten
Kosten, die dem Kunden gemäß Vertrag explizit in Rechnung gestellt werden können
Kosten, die nicht eindeutig mit noch nicht erfüllten Leistungsverpflichtungen im Zusammenhang stehen
Abbildung 61: Kosten des Vertrages nach IFRS 15
322
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Beispiel: Die Edelstahl AG hat einen Auftrag für eine Großtankanlage über insgesamt 120.000 Euro zu erfüllen (Festpreisvertrag). Die Arbeiten am Auftrag beginnen im November 01. Die Fertigstellung ist für März 03 geplant. Es liegen folgende Informationen zu den Ist-Kosten und den erwarteten Gesamtkosten vor. Die Plankosten wurden zu jedem Bilanzstichtag überprüft und angepasst, da sich die Marktpreise ändern. Jahr
Ist-Kosten
01
20.000
am jeweiligen Bilanzstichtag geplante Gesamtkosten 100.000
02
49.000
120.000
03
41.000
110.000 erreichter Ist-Wert
Die Bewertung des Auftrages für die Bilanzen der Jahre 01 bis 03 ergibt folgende Werte: Jahr
Kumulierte Ist-Kosten
01
40.000
Leistungsfortschritt
Erlöse des Jahres Bestands erhöhung
Gewinn des Jahres
40,00 %
48.000
8.000
Bilanz ausweis (Vertragsvermögenswert) 48.000
02
60.000
50,00 %
12.000
– 8.000
60.000
03
110.000
100,00 %
60.000
10.000
120.000
Der Leistungsfortschritt wird aus dem Verhältnis der kumulierten Ist-Kosten und der erwarteten Gesamtkosten errechnet (inputorientierte cost-to-costmethod). Im Jahr 01: Leistungsfortschritt =
kumulierte Ist-Kosten geplante Gesamtkosten
× 100 =
40.000 120.000
× 100 = 40 %
Der Erlös wird durch Multiplikation des Leistungsfortschrittes mit dem Gesamtpreis der Leistung bestimmt. Der erwirtschaftete Erlös des Gesamtauftrages wird inklusive des Gewinnanteils erfolgswirksam in der GuV erfasst. Die Änderung der geschätzten Gesamtkosten führt zu einem negativen Ergebnis im Jahr 02, das erfolgswirksam in der jeweiligen Periode zu erfassen ist (IAS 15.36, siehe auch IAS 8). Aufgabe 10.16: Die „Edelstahl AG“ erhält im Jahr 01 den Auftrag für den Bau einer Tankanlage bei einem Winzer. Die Fertigung beginnt im November 01. Die Fertigstellung ist für April 03 geplant. Der vereinbarte Kaufpreis beträgt 80.000 Euro (Festpreisvertrag).
10.7 Die Bilanzierung weiterer Geschäftsvorgänge nach IFRS
323
Die geplanten Gesamtkosten werden zu Beginn der Fertigung auf 70.000 Euro geschätzt. Es wird also zunächst ein Gesamtgewinn von 10.000 Euro erwartet. Die Kosten können verlässlich bestimmt werden. Folgende Informationen liegen Ihnen an den einzelnen Bilanzstichtagen zu den angefallenen Kosten der Geschäftsjahre und den angepassten Plankosten vor: 31. 12. 01 Im Jahr 01 angefallene Herstellungskosten von 20.400 Euro. Es wird nun mit gesunkenen Gesamtkosten von 68.000 Euro gerechnet. 31. 12. 02 Im Jahr 02 angefallene Herstellungskosten von 34.200 Euro. Aufgrund gestiegener Lohnkosten wurden die erwarteten Gesamtkosten auf 78.000 Euro erhöht. 31. 03. 03 Im Jahr 03 angefallene Herstellungskosten von 19.400 Euro. Das Projekt ist vollständig fertiggestellt. Der Leistungsfortschritt soll nach dem Verhältnis der Ist-Kosten zu den geplanten Gesamtkosten ermittelt werden. Wie hoch sind in den einzelnen Geschäftsjahren der Erlös sowie der Anteil am Gewinn? Wie hoch ist der jeweilige Bilanzansatz?
10.7.2 Rechnungsabgrenzungen Die IFRS enthalten keine Hinweise auf den Ansatz von Rechnungsabgrenzungsposten so wie sie das HGB kennt. Zur zeitlichen Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen wird nicht nach antizipativen und transitorischen Posten differenziert. Das Prinzip der Periodenabgrenzung (accrual principle) zählt jedoch zu den Grundprinzipien der IFRS und wird neben dem Rahmenkonzept (F.95) in einzelnen Standards konkretisiert (z. B. IAS 1, IAS 18). Das deutsche HGB schreibt in § 252 (1) Nr. 5 vor: Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs sind unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluss zu berücksichtigen. Dieses gilt entsprechend auch nach IAS 1.27 und 28. Zwischen HGB- und IFRS-Bilanzierung gibt es folgende Unterschiede (Tabelle 48):
324
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht Tabelle 48 Unterschiede der Bilanzierung von Rechnungsabgrenzungsposten nach HGB und IFRS Rechnungsabgrenzung HGB
IFRS
Es erfolgt eine klare Trennung zwischen transitorischen und antizipativen Posten.
Es erfolgt keine Differenzierung zwischen transitorischen und antizipativen Posten. Rechnungsabgrenzungsposten sind nicht als eigenständiges Abschlusselement vorgesehen.
Vorausbezahlter Aufwand oder Ertrag Nur transitorische Posten werden laut HBG unter Rechnungsabgrenzungsposten ausgewiesen.
Der Ausweis von transitorischen Posten erfolgt unter diversen Posten der Bilanz.
Noch nicht erfasste Aufwendungen oder Erträge Antizipative Posten gehören zum Posten Sonstige Forderungen bzw. Verbindlichkeiten.
Der Ausweis von antizipativen Posten erfolgt unter den laufenden Erträgen und Aufwendungen
Disagio, Agio, latente Steuern Wahlrecht: § 250 (3) HGB für Disagio und § 274 (1) HGB für aktive latente Steuern im Einzelabschluss, Gebot für passive latente Steuern
Für ein Disagio besteht Aktivierungsverbot. Für latente Steuern besteht ein Aktivierungsgebot.
10.7.3 Leasing Die Bilanzierung von Leasingverhältnissen orientiert sich im deutschen Recht i. d. R. nach den steuerrechtlichen Leasingerlassen11. Obwohl die IFRS handelsrechtliche Rechnungslegungen sind, war die Zuordnungen der Leasingverhältnisse ähnlich geregelt (IAS 17). Seit den Geschäftsjahren, die ab dem 01. 01. 2019 beginnen, wird die Bilanzierung des Leasingverhältnisses nach IFRS 16 vorgenommen. Leasing wird IAS 16 (Anhang A) definiert als ein Vertrag oder Teil eines Vertrages, der gegen Zahlung eines Entgelts für einen bestimmten Zeitraum zur Nutzung eines Vermögenswerts (des zugrunde liegenden Vermögenswerts) berechtigt. IFRS 16 ist grundsätzlich auf alle Leasingverhältnisse (einschließlich Untermietverhältnisse) anzuwenden. Ausnahmen vom Anwendungsbereich sind gemäß IFRS 16.3: 11 Vgl. u. a. BMF-Schreiben vom 19. 04. 71, BStBl. 71 1, S. 264; BMF-Schreiben vom 21. 03. 72, BStBl 72 1, S. 188.
10.7 Die Bilanzierung weiterer Geschäftsvorgänge nach IFRS
325
• Verträge über die Erforschung von Mineralien, Öl, Gas und ähnlichen nichtregenerativen Ressourcen; • Leasingvereinbarungen über biologische Vermögenswerte im Anwendungs bereich von IAS 41 – Landwirtschaft beim Leasingnehmer; • Dienstleistungsvereinbarungen im Anwendungsbereich von IFRIC 12 Dienstleistungsvereinbarungen; • Lizenzvereinbarungen über geistiges Eigentum aus einem Leasingverhältnis im Anwendungsbereich von IFRS 15 – Erlöse aus Verträgen mit Kunden; • Lizenzverträgen über Posten wie beispielsweise Filme, Videoaufnahmen, Theaterstücke, Manuskripte, Patente und Urheberrechte, die in den Anwendungsbereich von IAS 38 – Immaterielle Vermögenswerte fallen. Ein Leasingverhältnis liegt vor, wenn dem Leasingnehmer vom Leasinggeber vertraglich das Recht zur Beherrschung eines identifizierten Vermögenswertes für einen festgelegten Zeitraum eingeräumt wird und der Leasinggeber im Gegenzug eine Gegenleistung vom Leasingnehmer erhält (IFRS 16.9). Die Beherrschung über den Leasinggegenstand gilt als übertragen, wenn der Leasingnehmer das Recht hat, über die Nutzung des Leasinggegenstandes zu verfügen und ihm während der Laufzeit der Leasingvereinbarung im Wesentlichen der gesamte wirtschaftliche Nutzen zufließt (IFRS 16.B9). Ein Vermögenswert gilt grundsätzlich dann als identifiziert, wenn er explizit im Vertrag spezifiziert wird oder sich dies implizit zu dem Zeitpunkt ergibt, an dem er dem Kunden zur Nutzung zur Verfügung gestellt wird. Der IFSR 16 unterscheidet grundsätzlich zwischen dem Leasingnehmer und dem Leasinggeber. Für den Leasingnehmer sieht der Standard ein einziges Bilanzierungsmodell vor. Dieses Modell führt beim Leasingnehmer dazu, dass sämtliche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten aus Leasingvereinbarungen in der Bilanz zu erfassen sind, es sei denn die Laufzeit beträgt 12 Monate oder weniger oder es handelt sich um einen geringwertigen Vermögenswert. Der Leasinggeber unterscheidet für Bilanzierungszwecke zwischen Finanzierungsleasing oder Operating-Leasingverhältnis. Das Bilanzierungsmodell von IFRS 16 unterscheidet sich hierbei nicht wesentlich von den bisherigen Regeln im IAS 17. Bilanzierung beim Leasingnehmer Am Bereitstellungsdatum muss der Leasingnehmer einen Vermögenswert für das gewährte Nutzungsrecht sowie eine Leasingverbindlichkeit erfassen. Am Bereitstellungsdatum muss der Leasingnehmer das Nutzungsrecht zu Anschaffungskosten bewerten (IFSR16.23–27). Die Kosten des Nutzungsrechts umfassen:
326
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
a) den Betrag, der sich aus der erstmaligen Bewertung der Leasingverbindlichkeit nach IFRS 16.26 ergibt; b) alle bei oder vor der Bereitstellung geleisteten Leasingzahlungen abzüglich aller etwaigen erhaltenen Leasinganreize; c) alle dem Leasingnehmer entstandenen anfänglichen direkten Kosten; und d) die geschätzten Kosten, die dem Leasingnehmer bei Demontage und Beseitigung des zugrunde liegenden Vermögenswerts, bei Wiederherstellung des Standorts, an dem dieser sich befindet, oder bei Rückversetzung des zugrunde liegenden Vermögenswert in den in der Leasingvereinbarung verlangten Zustand entstehen werden. Die wesentlichen Regeln fasst die Darstellung in Abbildung 62 zusammen.
Erfassung
Der Leasingnehmer erfasst einen Vermögenswert für das gewährte Nutzungsrecht sowie eine Leasingverbindlichkeit im Zeitpunkt des Beginns des Leasingverhältnisses (IFRS 16.22)
Erstbewertung
Die Höhe des Right-of-use-Vermögenswerts entspricht im Zugangszeitpunkt der Höhe der Leasingverbindlichkeit zuzüglich etwaiger anfänglicher direkten Kosten des Leasingnehmers.
Anpassungen
Anpassungen können auch aufgrund von Leasinganreizen erforderlich sein, für Zahlungen am oder vor Beginn des Leasingverhältnisses und für Rückbau- und vergleichbare Verpflichtungen (IFRS 16.24)
Abbildung 62: Erfassung des Leasings beim Leasingnehmer
Am Bereitstellungsdatum muss der Leasingnehmer die Leasingverbindlichkeit zum Barwert der zu diesem Zeitpunkt noch nicht geleisteten Leasingzahlungen bewerten. Die Leasingzahlungen werden mit dem zugrunde liegenden Zinssatz abgezinst IFRS16.26–28). Nach dem Bereitstellungsdatum hat ein Leasingnehmer – sofern er kein anderes Modell verwendet – das Nutzungsrecht nach dem Anschaffungskostenmodell zu bewerten. Nach dem Bereitstellungsdatum wird die Leasingverbindlichkeit wie folgt bewertet (IFRS 16.36): • Erhöhung des Buchwerts, um dem Zinsaufwand für die Leasingverbindlichkeit Rechnung zu tragen, • Verringerung des Buchwerts, um den geleisteten Leasingzahlungen Rechnung zu tragen, • Neubewertung des Buchwertes nach IFRS 16.39–46.
10.7 Die Bilanzierung weiterer Geschäftsvorgänge nach IFRS
327
Nach Leasingbeginn bewertet der Leasingnehmer den Vermögenswert für gewährte Nutzungsrechte anhand eines Kostenmodells, es sei denn, einer der folgenden Punkte trifft zu (IFRS 16.29, 34, 35): • Es handelt sich um ist eine als Finanzinvestition gehaltene Immobilie im Anwendungsbereich von IAS 40. • Der Vertrag bezieht sich auf eine Klasse von Sachanlagen, auf die der Leasingnehmer das Neubewertungsmodell nach IAS 16 anwendet; in diesem Fall können alle Right-of-use-Vermögenswerte, die sich auf diese Klasse von Vermögenswerten beziehen, neubewertet werden. Nach dem Kostenmodell wird ein Vermögenswert für gewährte Nutzungsrechte gemäß IFRS 16.30(a) zu Anschaffungskosten abzüglich akkumulierter Abschreibungen und akkumulierter Wertminderungen bewertet. Für die Erfassung der Leasingzahlungen kann sich der Leasingnehmer in Bezug auf die nachstehenden Arten von Leasingvereinbarungen entweder dafür entscheiden, die Leasingzahlungen linear über die Laufzeit der Leasingvereinbarung als Aufwand zu erfassen oder eine andere systematische Grundlage der Verteilung dafür heranziehen (IFRS 16.5–8): • Kurz laufende Leasingvereinbarungen mit einer Laufzeit von nicht mehr als 12 Monaten und ohne Kaufoption – das Wahlrecht ist nach Klassen der zugrundeliegenden Vermögenswerte einheitlich anzuwenden. • Leasingvereinbarungen, bei dem der dem Leasingvertrag zugrunde liegende Vermögenswert von geringem Wert ist (z. B. PCs, kleinteilige Vermögenswerte oder Büroeinrichtung) – dieses Wahlrecht kann auf jede einzelne Leasingvereinbarung angewendet werden, Beurteilungsmaßstab ist der Neuwert des Vermögenswertes. Für einen Vertrag, der Leasing- und weitere Leasing- bzw. Nicht-Leasingbestandteile enthält – wie beispielsweise das Mieten eines Vermögenswertes und die Bereitstellung eines Wartungsservices – hat der Leasingnehmer die zu zahlende Gegenleistung auf Grundlage der relativen Einzelpreise aufzuteilen. Sofern beobachtbare Preise nicht ohne weiteres verfügbar sind, sind diese zu schätzen. Als Erleichterungswahlrecht kann der Leasingnehmer einheitlich je Klasse von Leasinggegenständen von der Trennung in Leasing- und Nichtleasingbestandteile absehen und stattdessen alle Vertragsbestandteile als eine Leasingvereinbarung bilanzieren (IFRS 16.13–15). Leasinggeber müssen die Gegenleistung gemäß den Vorschriften in IFRS 16.73–90 aufteilen. Variable Leasingzahlungen, die von einem Index oder einem Kurs abhängen, werden bei der Bewertung der Leasingverbindlichkeit im Zugangszeitpunkt berücksichtigt. Die Zugangsbewertung zu Beginn des Leasingverhältnisses erfolgt dabei unter Verwendung des entsprechenden Indexes oder des zugrunde liegenden Kurses. Restwertgarantien sind bei der Berechnung der Leasingzahlungen ebenfalls zu berücksichtigen (IFRS 16.27 (b) + (c)).
328
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Variable Leasingzahlungen, die nicht bei der Bewertung der Leasingverbindlichkeit berücksichtigt werden, werden in der Periode erfolgswirksam erfasst, in der das Ereignis oder die Bedingung eintritt, welche(s) die Zahlung auslöst; es sei denn, die Kosten sind im Buchwert eines anderen Vermögenswerts unter Anwendung eines anderen Standards enthalten (IFRS 16.38 (b)). Bilanzierung beim Leasinggeber Der Leasinggeber unterscheidet bei jedem Leasingverhältnis, ob es sich um ein Finanzierungsleasing oder ein Operating-Leasingverhältnis handelt (IFRS 16.61). Ein Leasingverhältnis ist als Finanzierungsleasing zu klassifizieren, falls die mit dem wirtschaftlichen Eigentum verbundenen Chancen und Risiken am Leasinggegenstand im Wesentlichen übertragen worden sind. Anderenfalls liegt ein Operating-Leasingverhältnis vor (IFRS 16.62). Im Zeitpunkt des Beginns des Leasingverhältnisses erfasst der Leasinggeber eine Leasingforderung mit dem Betrag der Nettoinvestition in das Leasingverhältnis (IFRS 16.67). Während der Laufzeit der Leasingvereinbarung vereinnahmt der Leasinggeber Finanzerträge als konstante Verzinsung seiner Nettoinvestition in das Leasingverhältnis (IFRS 16.75). Der Leasinggeber erfasst Erträge aus Mietleasingverhältnissen grundsätzlich linear über die Laufzeit des Leasingverhältnisses. Von einer linearen Ertragsvereinnahmung ist nur dann abzusehen, wenn eine andere, planmäßige Verteilung eher dem zeitlichen Verlauf der Nutzenziehung entspricht (IFRS 16.81). Die Zuordnung ergibt sich aus dem jeweiligen Leasingvertrag. Entscheidend ist der sich daraus ergebende wirtschaftliche Sachverhalt. Wirtschaftlich stellt das Finanzierungsleasing einen Finanzkauf dar. Abgrenzungsmerkmale zum Operating-Leasingverhältnis bestehen in folgenden Punkten (IFRS 16.63): • das Eigentum an dem Vermögenswert, der dem Leasingverhältnis zugrunde liegt, geht am Ende der Vertragslaufzeit auf den Leasingnehmer über. • Der Leasingnehmer hat die Möglichkeit, den Vermögenswert zu für ihn vorteilhaften Bedingungen zu erwerben. • Die Laufzeit des Leasingverhältnisses umfasst den überwiegenden Teil der wirtschaftlichen Nutzungsdauer des Vermögenswertes. • Der Barwert der Leasingzahlungen entspricht im Wesentlichen mindestens dem beizulegenden Zeitwert des zugrundeliegenden Vermögenswertes zu Beginn des Leasingverhältnisses. • Der zugrundeliegende Vermögenswert hat eine spezielle Beschaffenheit, so dass er ohne bedeutende Änderungen nur vom Leasingnehmer genutzt werden kann.
10.7 Die Bilanzierung weiterer Geschäftsvorgänge nach IFRS
329
Wenn eine dieser Bedingungen erfüllt ist, wird der Vertag als Finanzierungsleasing eingestuft. Alle Verträge, die diese Bedingungen nicht erfüllen, fallen unter das Operating-Leasingverhältnis. Am Bereitstellungsdatum hat der Leasinggeber die im Rahmen eines Finanzierungsleasings gehaltenen Vermögenswerte in seiner Bilanz anzusetzen und sie als Forderung in Höhe der Nettoinvestition in das Leasingverhältnis darzustellen (IFRS 16.67). Zur Bewertung der Nettoinvestition in das Leasingverhältnis zieht der Leasinggeber den dem Leasingverhältnis zugrunde liegenden Zinssatz heran (IFRS 16.68). Anfängliche direkte Kosten fließen in die anfängliche Bewertung der Nettoinvestition in das Leasingverhältnis ein und vermindern die über die Laufzeit des Leasingverhältnisses erfassten Erträge (IFRS 16.69). Darüber hinaus sind am Bereitstellungsdatum Zahlungen einzubeziehen, die beim Leasingnehmer in die Bewertung der Leasingverbindlichkeit einbezogenen wurden (IFRS 16.70) aber am Bereitstellungsdatum nicht vereinnahmt wurden. Dazu gehören feste Zahlungen abzüglich etwaiger zu zahlender Leasinganreize; variable Leasingzahlungen, die an einen Index oder (Zins-)Satz gekoppelt sind; alle etwaigen Restwertgarantien; der Ausübungspreis einer Kaufoption; Strafzahlungen für eine Kündigung des Leasingverhältnisses, wenn aus der Laufzeit hervorgeht, dass der Leasingnehmer eine Kündigungsoption wahrnimmt. Für die Folgebewertung sind die Finanzerträge vom Leasinggeber über die Laufzeit nach einem Muster zu erfassen, das eine konstante periodische Verzinsung der Nettoinvestition des Leasinggebers in das Leasingverhältnis zugrunde legt (IFRS 16.75). Ziel eines Leasinggebers ist es dabei, die Finanzerträge über die Laufzeit des Leasingverhältnisses auf einer planmäßigen und vernünftigen Grundlage zu verteilen. Die bezogenen Leasingzahlungen sind vom Leasinggeber mit der Bruttoinvestition in das Leasingverhältnis zu verrechnen (IFRS 16.76). Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH least am 01. 01. 01 eine Anlage, deren Anschaffungskosten 40.000 Euro betragen hätten. Die Nutzungsdauer der Anlage beträgt fünf Jahre. Der Leasingvertrag wird mit einer Laufzeit von vier Jahren abgeschlossen. Der geschätzte (nicht garantierte) Restwert der Anlage nach vier Jahren beträgt 2.500 Euro. Es besteht keine Kaufoption. Die Leasingraten sind einmal pro Jahr nachschüssig in Höhe von 11.200 Euro zu zahlen. Nach den vertraglichen Vereinbarungen handelt es sich um Finanzierungsleasing. Aus Sicht des Leasinggebers ergibt sich folgende Zahlungsreihe: – 40.000 Euro (Bezahlung der Anlage 01. 01. 01), 11.200, 11.200, 11.200, 11.200 Euro (Raten des Leasingnehmers M & T GmbH jeweils zum Jahresende 01, 02, 03 und 04) und 2.500 Euro (fiktive Zahlung für bekannten Restwert Ende 04). Der daraus errechnete interne Zinssatz beträgt rund 6,83238 % (ermittelt mit der Methode des internen Zinsfußes).
330
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Die Berechnung des Barwerts der zu leistenden Leasingzahlungen ergibt 38.080,76 Euro. Die vier Leasingraten à 11.200 Euro werden mit dem ermittelten Zinssatz abgezinst. Dieser Barwert ist beim Leasingnehmer als Leasingverbindlichkeit anzusetzen und als Anschaffungskosten der Anlage zu aktivieren. Im Zeitraum von vier Jahren wird die Leasingverbindlichkeit getilgt. Die Anschaffungskosten werden über 4 Jahre linear abgeschrieben (38.080,76/4 = 9.520,19 Euro pro Jahr). Die folgende Tabelle zeigt die Werteentwicklung: Jahr
Wert der Anlage
01. 01. 01
38.080,76
31. 12. 01
28.560,57
9.520,19
31. 12. 02
19.040,38
9.520,19
31. 12. 03
9.520,19
31. 12. 04
0,00
Zins aufwand
Tilgung
29.482,59
2.601,82
8.598,18
20.296,95
2.014,36
9.185,64
9.520,19
10.483,71
1.386,76
9.813,24
9.520,19
0,00
716,29
10.483,71
Abschreibung
Verbind lichkeit 38.080,79
Die Leasingzahlungen aus Operating-Leasingverhältnissen sind vom Leasinggeber entweder linear oder auf einer anderen systematischen Basis als Ertrag zu erfassen. Kosten, einschließlich Abschreibungen, die bei der Erzielung der Leasingerträge anfallen, sind vom Leasinggeber als Aufwand zu erfassen. Direkte Kosten, die bei der Erlangung eines Operating-Leasingverhältnisses entstehen, sind beim Leasinggeber dem Buchwert des Vermögenswerts hinzuzurechnen und über die Laufzeit des Leasingverhältnisses abzuschreiben. Bei abschreibungsfähigen Leasinggütern sind die normalen Abschreibungsgrundsätze für ähnliche Vermögenswerte zu beachten. Die Abschreibung ist vom Leasinggeber nach IAS 16 und IAS 38 zu berechnen. Das gleiche gilt für die Bestimmung von Wertminderungen gemäß IAS 36.
10.7.4 Bilanzierung latenter Steuern nach HGB und IFRS Der Begriff latente Steuern lässt sich aus der wörtlichen Bedeutung von latent ableiten: „vorhanden, aber noch nicht in Erscheinung getreten“. Latente Steuern sind somit Steuern, die sich aufgrund von handelsrechtlichen Bilanzierungen ergeben, die jedoch laut steuerrechtlicher bilanzieller Darstellung noch nicht anfallen. Aufgabe der latenten Steuern ist es, einen Zusammenhang zwischen den beiden Rechenwerken herzustellen, sodass im handelsrechtlichen Abschluss ein Steueraufwand ausgewiesen wird, der mit dem steuerrechtlichen Ergebnis korrespondiert. Daher enthalten alle Bilanzierungssysteme Regelungen für latente Steuern: §§ 274 und 306 HGB und IAS 12.
10.7 Die Bilanzierung weiterer Geschäftsvorgänge nach IFRS
331
Latente Steuern ergeben sich durch unterschiedliche Bilanzierungen in der Handels- und Steuerbilanz, die zu Ergebnisdifferenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz führen. Sie sind in der Handelsbilanz (= IFRS-Bilanz) auszuweisen, damit der Steueraufwand dem handelsrechtlichen Ergebnis entspricht. Es werden die Posten aktive latente Steuern und passive latente Steuern gebildet. Aktive latente Steuern entstehen, wenn das Handelsbilanzergebnis kleiner ist als das Steuerbilanzergebnis. Der in der Steuerbilanz ausgewiesene Steueraufwand ist demzufolge größer als der Steueraufwand nach Handelsbilanzergebnis. Der tatsächliche Steueraufwand wird in der Handelsbilanz ausgewiesen und für die Differenz ein Aktivposten „aktive latente Steuern“ gebildet, der eine fiktive Forderung darstellt. Aktive latente Steuern entstehen unter folgenden Voraussetzungen: • Handelsbilanz-Aktiva < Steuerbilanz-Aktiva z. B. außerplanmäßige Abschreibung auf Vorräte auf den beizulegenden Zeitwert, die höher ist als die steuerliche Teilwertabschreibung. • Handelsbilanz > Steuerbilanz-Passiva z. B. Bildung von Restrukturierungsrückstellungen oder Drohverlustrückstellungen nach Handelsrecht, die steuerlich nicht zulässig sind. • durch steuerliche Verlustvorträge falls es wahrscheinlich erscheint, dass diese mit künftigen Gewinnen verrechnet werden können, Darstellung als Vermögenswert (IAS 12.34). Passive latente Steuern entstehen, wenn das Handelsbilanzergebnis größer ist als das Steuerbilanzergebnis. Der in der Steuerbilanz ausgewiesene Steueraufwand ist demzufolge kleiner als der Steueraufwand nach Handelsbilanzergebnis. Der tatsächliche Steueraufwand wird in der Handelsbilanz ausgewiesen und für die Differenz ein Passivposten „passive latente Steuern“ gebildet, der eine fiktive Verbindlichkeit ist. Passive latente Steuern entstehen unter folgenden Bedin gungen: • Handelsbilanz-Aktiva > Steuerbilanz-Aktiva z. B. durch die Aktvierung eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögenswertes, der steuerlich nicht zulässig ist oder unterschiedliche Abschreibungsregeln für abnutzbare Gegenstände des Anlagevermögens – Abschreibung nach IFRS linear; steuerlich degressiv, • Handelsbilanz-Passiva < Steuerbilanz-Passiva z. B. Fremdwährungsverbindlichkeiten liegen aufgrund günstiger Wechselkursentwicklung unter den Anschaffungskosten, Rückstellungen für unterlassen Instandhaltungen, die innerhalb der ersten drei Monate nachgeholt werden (nach IAS 37 gilt ein Ansatzverbot für IFRS-Abschlüsse).
332
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
Latente Steuern werden nur für temporäre Differenzen gebildet. Die Abbildung 63 verdeutlicht diese Zusammenhänge grafisch. HB-EK ≠ Steuer-EK
temporäre Differenz
HB-EK< StB-EK
HB-EK > StB-EK
Bildung aktiver latenter Steuern
Bildung passiver latenter Steuer
HB-EK = Steuer-EK
nichttemporäre Differenz
keine latenten Steuern
Abbildung 63: Entstehung latenter Steuern
Das Temporary-Konzept ist bilanzorientiert. Es werden zeitlich begrenzte und quasi-permanente Differenzen berücksichtigt. Als temporäre Differenzen werden Unterschiedsbeträge zwischen dem Buchwert eines Vermögenswertes oder einer Schuld in der Bilanz und seiner / ihrer steuerlichen Basis angesehen. Sie können entweder • zu versteuernde temporäre Differenzen sein, die temporäre Unterschiede darstellen, die zu steuerpflichtigen Beträgen bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (steuerlichen Verlustes) zukünftiger Perioden führen, wenn der Buchwert des Vermögenswerts realisiert oder die Schuld erfüllt wird; oder • abzugsfähige temporäre Differenzen sein, die temporäre Unterschiede darstellen, die zu Beträgen führen, die bei der Ermittlung des zu versteuernden Ergebnisses (steuerlichen Verlustes) zukünftiger Perioden abzugsfähig sind, wenn der Buchwert des Vermögenswertes realisiert oder eine Schuld erfüllt wird (IAS 12.5). Gemäß IAS 12.15 sind für alle zu versteuernden temporären Differenzen latente Steuern abzugrenzen. Die Ausnahmen beim Geschäfts- oder Firmenwert und beim erstmaligen Ansatz von Vermögenswerten oder Schulden sind in IAS 12.21–22 geregelt. Temporäre Differenzen resultieren aus unterschiedlichen Wertansätzen eines Vermögenswertes oder einer Schuld in der Handels- und Steuerbilanz. wenn die folgenden beiden Voraussetzungen vorliegen: • Die unterschiedlichen Wertansätze gleichen sich im Zeitablauf entweder automatisch oder durch unternehmerische Dispositionen aus. • Die unterschiedlichen Wertansätze wirken sich auf den ertragsteuerlichen Gewinn aus.
10.7 Die Bilanzierung weiterer Geschäftsvorgänge nach IFRS
333
Methode der Steuerabgrenzung Im Vordergrund steht der richtige Vermögens- und Schuldenausweis. Als passive latente Steuern sind Verbindlichkeiten gegenüber dem Fiskus auszuweisen. Als aktive latente Steuern sind Forderungen gegenüber dem Fiskus zu zeigen. Für die Berechnung der latenten Steuern werden künftige Steuersätze zugrunde gelegt, die zum Zeitpunkt der Umkehr der Differenz zwischen Handels- und Steuerbilanz voraussichtlich gelten werden. Zwischen HGB und IFRS gibt es sowohl beim Ansatz als auch bei der Bewertung der latenten Steuern Unterschiede (siehe Tabelle 49). Grundsätzlich sind diese getrennt von den anderen Vermögens- und Schuldposten, insbesondere von den tatsächlichen Steuerverbindlichkeiten bzw. Erstattungsansprüchen auszuweisen. Tabelle 49 Unterschiede bei der Bilanzierung von latenten Steuern nach HGB und IFRS Latente Steuern HGB
IFRS Abgrenzungskonzept
Temporary-Konzept, d. h., sämtliche Ansatz- und Bewertungsdifferenzen von Vermögensgegenständen und Schulden zwischen HB und StB werden bei der Ermittlung latenter Steuern berücksichtigt. Bewertungsgrundsatz Die Methode ist gesetzlich nicht festgelegt worden. Die Bewertung erfolgt mit dem unternehmensindividuellen Steuersatz im Zeitpunkt des Abbaus der Differenzen (§ 274 (2) HGB).
Latente Steueransprüche und latente Steuerschulden sind anhand der Steuersätze zu bewerten, deren Gültigkeit für die Periode, in der ein Vermögenswert realisiert wird oder eine Schuld erfüllt wird, erwartet wird. Dabei werden die Steuersätze (und Steuervorschriften) verwendet, die zum Abschlussstichtag gültig oder angekündigt sind (IAS 12.47).
Aktive latente Steuern Im Einzelabschluss besteht ein Aktivierungswahlrecht (§ 274 (1) HGB). Im Konzernabschluss besteht laut § 306 HGB ein Ansatzgebot. Nach HGB gibt es keine gesonderte Regelung zur Fristigkeitsdarstellung. Ausweis unter D. Aktive latente Steuern.
Es besteht Bilanzansatzpflicht, soweit die Wahrscheinlichkeit des künftigen Nutzenzuflusses geben ist. Der Ausweis erfolgt unter dem Posten „Latente Steuern“, in Abhängigkeit von der Fristigkeit unter kurzfristigen oder langfristigen Vermögenswerten (IAS 12.7). An jedem Bilanzstichtag ist ein Werthaltigkeitstest durchzuführen, wenn die Wahrscheinlichkeit der Realisierbarkeit weniger als 50 % beträgt, ist eine teilweise oder vollständige Wertberichtigung notwendig.
334
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht Latente Steuern HGB
IFRS Passive latente Steuern
Sowohl im Einzel- als auch im Konzernabschluss besteht Bilanzansatzpflicht (§ 274 (1) HGB und § 306 HGB). Es gibt keine gesonderte Regelung zur Fristigkeitsdarstellung. Ausweis unter E. Passive latente Steuern.
Es besteht Bilanzansatzpflicht. Behandlung als Verbindlichkeit. Der Ausweis erfolgt unter dem Posten „Latente Steuern“ In Abhängigkeit von der Fristigkeit erfolgt der Ausweis entweder unter kurzfristigen oder langfristigen Verbindlichkeiten.
Zusatz-Angaben Es gibt umfangreiche Erläuterungsvorschriften zu den latenten Steuern (IAS 12.79 ff.): • wesentliche Bestandteile des Steueraufwands. • Überleitungsrechnung vom erwarteten zum tatsächlichen ausgewiesenen Steueraufwand. • Detailinformationen zu den Arten von temporären Differenzen. Steuerliche Verlustvorträge Steuerliche Verlustvorträge sind bei der Berechnung aktiver latenter Steuern in Höhe der innerhalb der nächsten fünf Jahre zu erwartenden Verlustverrechnung zu berücksichtigen (§ 274 (1) HGB).
Es gilt eine Abgrenzungspflicht, da Verlustvorträge einen künftigen steuerlichen Vorteil darstellen, soweit zukünftiges zu versteuerndes Einkommen zur Nutzung des Vorteils zur Verfügung steht (IAS 12.34).
Beispiel: Für die Müller & Thurgau GmbH sind zum Bilanzstichtag die folgenden Sachverhalte nach IFRS zu bewerten. Es wird ein Steuersatz von 30 % zugrunde gelegt. 1. Sachverhalt Die GmbH schreibt das vor 15 Jahren für 500.000 Euro erworbene Fabrikgebäude entsprechend den steuerrechtlichen Vorschriften über 25 Jahre zu jeweils jährlich 4 % ab. Die geschätzte wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer beträgt nach IFRS 50 Jahre. In der IFRS-Bilanz ist das Verwaltungsgebäude zunächst so zu bewerten, als ob es schon immer nach IFRS bilanziert worden wäre. Dies bedeutet, dass die planmäßigen kumulierten Abschreibungen angepasst werden müssen, d. h. die Abschreibungsdauer erhöht sich von 25 auf 50 Jahre. Der Buchwert in der IFRS-Bilanz beträgt demnach 350.000 Euro (Abschreibung pro Jahr 10.000 Euro; 500.000 ./. 15 × 10.000). Die Anpassung des Buchwertes um 150.000 Euro erfolgt über eine Erhöhung der Gewinnrücklagen.
10.7 Die Bilanzierung weiterer Geschäftsvorgänge nach IFRS
335
Steuerlich wurden 15 × 4 % = 60 % von 500.000 Euro abgeschrieben, der steuerliche Buchwert beträgt demzufolge 300.00 Euro Der IFRS-Buchwert des Gebäudes ist also höher als der Buchwert in der Steuerbilanz. Es müssen passive latente Steuern in Höhe von 45.000 Euro (30 % von 150.000 Euro) erfasst werden. 2. Sachverhalt Es wurde am 01. 01. 01 eine Produktionsmaschine für 180.000 Euro angeschafft. In der IFRS-Bilanz wird die Maschine über 4 Jahre und in der Steuerbilanz über 6 Jahre abgeschrieben. Die Maschine wird in der IFRS-Bilanz mit 45.000 Euro und in der Steuerbilanz mit 30.000 Euro pro Jahr abgeschrieben. Da der IFRS-Buchwert der Maschine kleiner als Buchwert der Steuer bilanz ist, müssen aktive latente Steuern in Höhe von 6.000 Euro (30 % von 9.000 Euro) gebildet werden. 3. Sachverhalt Die am 15. 09. 01 für 40.000 Euro gekauften Wertpapiere, die als „erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten“ klassifiziert wurden, haben am 31. 12. 01 einen Marktwert von 50.000 Euro. Die Veränderungen der Werte sollen erfolgsneutral berücksichtigt werden. Die Folgebewertung hat nach IFRS „erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten“ zu erfolgen. In der Steuerbilanz stellen die Anschaffungskosten den Höchstwert dar. D. h. die Wertpapiere werden in der IFRSBilanz mit 50.000 Euro und in der Steuerbilanz mit 40.000 Euro bewertet. Der IFRS-Buchwert der Wertpapiere ist also höher als der Buchwert in der Steuerbilanz. Es müssen passive latente Steuern in Höhe von 3.000 Euro (30 % von 10.000 Euro) erfasst werden. 4. Sachverhalt Im Jahr 01 sind Entwicklungskosten von 40.000 Euro entstanden. Nach IAS 38 erfüllen die Entwicklungskosten die Kriterien für den Ansatz als immaterieller Vermögenswert (IVW). Die Nutzungsdauer des immateriellen Vermögenswerts beträgt 4 Jahre. Die Entwicklungskosten werden nach IFRS aktiviert und über die Nutzungsdauer von 4 Jahren abgeschrieben, d. h. mit jährlich 10.000 Euro. Der Bilanzansatz zum 31. 12. 01 erfolgt mit 30.000 Euro. In der Steuerbilanz wird der Aufwand komplett erfasst. Die IFRS-Aktiva sind also größer als die Steuerbilanz-Aktiva. Es werden passive latente Steuern in Höhe von 9.000 Euro (30 % von 30.000 Euro) gebildet.
336
10. Jahresabschlüsse nach internationalem Recht
5. Sachverhalt In den Jahren 01 bis 04 betragen die Erfolge in der Handels- und Steuerbilanz zunächst jeweils 400.000 Euro. Der einzige Unterschied zwischen der Handels- und Steuerbilanz betrifft die Abschreibung einer Maschine, die im Januar des Jahres 01 angeschafft wird. Handelsrechtlich wird die Maschine wie folgt degressiv abgeschrieben: 60.000 Euro in 01, 50.000 Euro in 02, 30.000 Euro in 03, 20.000 Euro in 04. Steuerrechtlich erfolgt die Abschreibung linear. Der Steuersatz beträgt 30 %. Für die einzelnen Jahre sind die laufenden Steueraufwendungen und die latenten Steuern zu ermitteln. 01
02
03
04
Summe
Ergebnis vor Abschreibung
400.000
400.000
400.000
400.000
1.600.000
Ergebnis HB
340.000
350.000
370.000
380.000
1.440.000
Ergebnis StB
360.000
360.000
360.000
360.000
1.440.000
zeitliche Differenz
− 20.000
− 10.000
+10.000
+20.000
0
fiktiver Steueraufwand
102.000
105.000
111.000
114.000
432.000
tatsächlicher Steueraufwand
108.000
108.000
108.000
108.000
432.000
Bildung aktiver latenter Steuern aktive latente Steuern an latenter Steuerertrag
6.000
3.000
+ 9.000
Auflösung der aktiven latenten Steuern latenter Steueraufwand an aktive latente Steuern Aktive Latente Steuern
3.000 6.000
9.000
6.000
6.000 0
− 9.000 0
Aufgabe 10.17: Die Müller & Thurgau GmbH erfasst zum 31. 12. 01 eine Wertminderung auf ein unbebautes Grundstück nach IAS 36 (Anschaffungskosten: 100.000 Euro; erzielbarer Betrag zum 31. 12. 01: 40.000 Euro). Steuerlich ist eine Abschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG wegen der voraussichtlich fehlenden Dauerhaftigkeit der Wertminderung nicht möglich. Zum 31. 12. 05 ist der Grund für die Wertminderung entfallen. Das Ergebnis vor Steuern und vor Wertminderung bzw. vor Wertaufholung beträgt sowohl in 02 als auch 05 jeweils 500.000 Euro (Ertragssteuersatz 30 %). Bestimmen Sie bitte die latenten Steuern!
Anhang Anlage I Vorstellung der Müller & Thurgau GmbH Name der Gesellschaft:
Müller & Thurgau GmbH
Sitz: Würzburg Rechtsform: GmbH Beschäftigtenzahl:
3 Geschäftsführer
7 Angestellte
80 Arbeitnehmer
Gezeichnetes Kapital:
400.000 €
Branche:
Fertigung in der Glasindustrie
Bilanzsumme:
ca. 4,5 Mio. €
Wirtschaftsjahr
= Kalenderjahr
Umsatz:
ca. 9 Mio. €
Die GmbH besitzt Anteile (Beteiligungen) an Tochterunternehmen (u. a. Edelstahl AG) Der Jahresabschluss wird freiwillig zusätzlich nach IFRS erstellt, um sich auf eine geplante Änderung der Rechtsform in eine AG und einen Börsengang vorzubereiten.
338
Anhang
Anlage II Auszug dem Kontenplan der Müller & Thurgau GmbH (nach SKR 04) Konto Bezeichnung KONTENKLASSE 0 230 Bauten auf eigenen Grundstücken 235 Grundstückswert bebauter Grundstücke 240 Geschäftsbauten 350 Fabrikbauten 395 Hof- und Wegebefestigungen 440 Maschinen 510 Andere Anlagen 520 PKW 540 LKW 560 Sonstige Transportmittel 650 Büroeinrichtung 670 Geringwertige Wirtschaftsgüter 690 Sonstige BGA 820 Beteiligungen 920 Festverzinsliche Wertpapiere
1000 1050 1080 1100 1140 1200 1246 1248 1345 1401 1406 1345 1600 1700 1800 1900 1940
KONTENKLASSE 1 Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Unfertige Erzeugnisse Unfertige Leistungen Fertige Erzeugnisse und Waren Handelsware Forderungen aLL EWB auf Forderungen PWB auf Forderungen Forderungen gegen Personal (> 1a) Abziehbare Vorsteuer 7 % Abziehbare Vorsteuer 19 % Geldtransit Kasse Postbank Bank Aktive Rechnungsabgrenzung Damnum / Disagio
KONTENKLASSE 2 2100 Gezeichnetes Kapital 2900 Gewinnrücklagen 2960 Gewinnvortrag vor Verwendung
Konto Bezeichnung KONTENKLASSE 3 3010 Pensionsrückstellungen 3030 Gewerbesteuerrückstellung 3040 Körperschaftsteuerrückstellung 3095 Rückstellungen für Abschl. u. Prüfung 3150 Verbindlichkeiten Kreditinstitute 3151 Verbindlichkeiten Kreditinstitute bis 1 a 3160 Verbindlichkeiten Kreditinstitute 1 bis 5 a 3170 Verbindlichkeiten Kreditinstitute > 5a 3284 Erhaltene Anzahlungen 3300 Verbindlichkeiten aLL 3730 Verbindlichkeiten aus Lohn- und Kirchensteuer 3741 Verbindlichkeiten im Rahmen der sozialen Sicherheit 3770 Verbindlichkeiten aus Vermögensbildung 3806 Umsatzsteuer 19 % 3820 Umsatzsteuervorauszahlungen 3840 Umsatzsteuer laufendes Jahr 3841 Umsatzsteuer Vorjahr 3900 Passive Rechnungsabgrenzung
Anlage II Konto Bezeichnung KONTENKLASSE 4 4120 Steuerfreie Umsätze § 4 Nr. 1a 4125 Steuerfreie IG-Lieferungen, § 4Nr. 1b 4400 Erlöse 19 % USt 4705 Erlösschmäl. steuerfrei § 4 Nr. 1a 4720 Erlösschmäl 19 % 4724 Erlösschmäl steuerfrei § 4 Nr. 1b4736 Gewährte Skonti 19 % 4760 Gewährte Boni 19 % 4790 Gewährte Rabatte 19 % 4800 Bestandsveränderung FE 4810 Bestandsveränderung UFE 4815 Bestandsveränderung ULE 4845 Erlöse aus den Verkäufen von Sachanvermögen (bei Buchgewinn) 4855 Anlagenabgang zum Restbuchwert (bei Buchgewinn) 4860 Grundstückserträge 4920 Erträge aus der Herabsetzung von PWB zu Forderungen 4923 Erträge aus der Herabsetzung von EWB zu Forderungen 4947 Verrechnete Sachbezüge Kfz-Gestellung 19 %t
5100 5400 5700 5730 5760 5790 5880
KONTENKLASSE 5 Aufwand RHB Wareneingang 19 % VSt Nachlässe 19 % VSt Erhaltene Skonti 19 % VSt Erhaltene Boni 19 % VSt Erhalten Rabatte 19 % Bestandsveränderung RHB-Stoffe und bezogene Waren
339
Konto Bezeichnung KONTENKLASSE 6 6010 Löhne 6020 Gehälter 6072 Sachzuwendungen 6080 Vermögenswirksame Leistungen 6110 Gesetzliche Sozialaufwendungen 6120 Beiträge zur Berufsgenossenschaft 6220 Abschreibungen auf Sachanlangen 6221 Abschreibungen auf Gebäude 6222 Abschreibungen auf Kfz 6310 Miete Immobilien 6320 Heizung 6325 Gas, Strom, Wasser 6400 Versicherungen 6420 Beiträge 6450 Reparatur u. Instandhaltung von Bauten 6470 Reparatur u. Instandhaltung von BGA 6510 Kfz-Steuern 6520 Kfz-Versicherungen 6530 Laufende Kfz-Betriebskosten 6540 Kfz-Reparaturen 6800 Porto 6805 Telefon 6815 Bürobedarf 6820 Zeitschriften, Bücher 6835 Mieten für bewegliche Wirtschaftsgüter 6885 Erlöse aus den Verkäufen von Sach anvermögen (bei Buchverlust) 6895 Anlagenabgang zum Restbuchwert (bei Buchverlust) 6920 Einstellung in die Pauschalwert berichtigung auf Forderungen 6923 Einstellung in die Einzelwert berichtigung auf Forderungen KONTENKLASSE 7 7110 Sonstiger Zinsertrag 7320 Zinsaufwendungen für kurzfristige Verbindlichkeiten 7320 Zinsaufwendungen für langfristige Verbindlichkeiten 7600 Körperschaftsteuer 7608 Solidaritätszuschlag 7610 Gewerbesteuer 7685 Kfz-Steuer
340
Anhang
Anlage III Übersicht der Standards und Interpretationen nach IFRS International Financial Reporting Standards (IFRS) IFRS 1 IFRS 2 IFRS 3 IFRS 4 IFRS 5 IFRS 6 IFRS 7 IFRS 8 IFRS 9 IFRS 10 IFRS 11 IFRS 12 IFRS 13 IFRS 15 IFRS 16 IFRS 17
Erstmalige Anwendung der International Financial Reporting Standards Anteilsbasierte Vergütungen Unternehmenszusammenschlüsse Versicherungsverträge (bis 31. 12. 22) Zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte und aufgegebene Geschäftsbereiche. Exploration und Evaluierung von mineralischen Ressourcen Finanzinstrumente: Angaben Geschäftssegmente Finanzinstrumente Konzernabschlüsse Gemeinsame Vereinbarungen Angaben zu Beteiligungen an anderen Unternehmen Bemessung des beizulegenden Zeitwerts Erlöse aus Verträgen mit Kunden Leasingverhältnisse Versicherungsverträge (ab 01. 02. 23) International Accounting Standards (IAS)
IAS 1 IAS 2 IAS 7 IAS 8 IAS 10 IAS 12 IAS 16 IAS 19 IAS 20 IAS 21 IAS 23 IAS 24 IAS 26 IAS 27 IAS 28 IAS 29 IAS 32 IAS 33 IAS 34
Darstellung des Abschlusses Vorräte Kapitalflussrechnungen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, Änderungen von Schätzungen und Fehler Ereignisse nach der Berichtsperiode Ertragsteuern Sachanlagen Leistungen an Arbeitnehmer Bilanzierung und Darstellung von Zuwendungen der öffentlichen Hand Auswirkungen von Änderungen der Wechselkurse Fremdkapitalkosten Angaben über Beziehungen zu nahe stehenden Unternehmen und Personen Bilanzierung und Berichterstattung von Altersversorgungsplänen Einzelabschlüsse Anteile an assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen Rechnungslegung in Hochinflationsländern Finanzinstrumente: Darstellung Ergebnis je Aktie Zwischenberichterstattung
Anlage III IAS 36 IAS 37 IAS 38 IAS 39 IAS 40 IAS 41
341
Wertminderung von Vermögenswerten Rückstellungen, Eventualschulden und Eventualforderungen Immaterielle Vermögenswerte Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien Landwirtschaft IFRIC Interpretationen
IFRIC 1 IFRIC 2 IFRIC 5 IFRIC 6 IFRIC 7 IFRIC 10 IFRIC 12 IFRIC 14 IFRIC 16 IFRIC 17 IFRIC 19 IFRIC 20 IFRIC 21 IFRIC 22 IFRIC 23
Änderungen bestehender Rückstellungen für Entsorgungs-, Wiederherstellungsund ähnliche Verpflichtungen Geschäftsanteile an Genossenschaften und ähnliche Instrumente Rechte auf Anteile an Fonds für Entsorgung, Wiederherstellung und Umweltsanierung Verbindlichkeiten aus der Teilnahme an bestimmten Märkten – Elektro- und Elektronik-Altgeräte Anwendung des Anpassungs-Ansatzes nach IAS 29 Rechnungslegung in Hochinflationsländern Zwischenberichterstattung und Wertminderung Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen IAS 19 – Die Begrenzung eines leistungsorientierten Vermögenswertes, Mindestfinanzierungsvorschriften und ihre Wechselwirkung Absicherungen einer Nettoinvestition in einen ausländischen Geschäftsbetrieb Sachausschüttungen an Eigentümer Tilgung finanzieller Verbindlichkeiten durch Eigenkapitalinstrumente Abraumkosten in der Produktionsphase einer über Tagebau erschlossenen Mine Abgaben Fremdwährungstransaktionen und im Voraus erbrachte oder erhaltene Gegenleistungen Unsicherheiten bezüglich der ertragssteuerlichen Behandlung SIC Interpretation
SIC-7 SIC-10 SIC-25 SIC-29 SIC-32
Einführung des Euro Beihilfen der öffentlichen Hand – Kein spezifischer Zusammenhang mit betrieblichen Tätigkeiten Ertragsteuern – Änderungen im Steuerstatus eines Unternehmens und seiner Anteilseigner Angaben – Dienstleistungslizenzen Immaterielle Vermögenswerte – Websitekosten
Literaturverzeichnis Die folgenden Literaturquellen sind bei der Erstellung dieses Buches genutzt worden: Bilke, K. / Heinig, R.: Fallsammlung Buchführung, Bilanzen Berichtigungstechnik, 12. Auflage, Herne / Berlin 2021. Buchholz, R. Internationale Rechnungslegung: Die wesentlichen Vorschriften nach IFRS und HGB, 15. Auflage, Berlin 2021. Bussiek, J. / Ehrmann, H.: Buchführung, 9. Auflage, Ludwigshafen 2010. Coennenberg, A. G. / Haller, A. / Schultz, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse: Betriebswirtschaftliche, handelsrechtliche, steuerrechtliche und internationale Grundlagen – HGB, IAS / IFRS, US-GAAP, DRS, 26. Auflage, Stuttgart 2021. Deitermann, M. / Flader, B. / Rückwart, W.-D.: Industrielles Rechnungswesen IKR, 50. Auflage, Darmstadt 2021. Deutsche Bank AG: Rating – Fitnesscheck für ihr Unternehmen, Deutsche Bank AG Frankfurt am Main 2001. Ditges, J. / Arendt, U.: Internationales Rechnungslegung nach IFRS, 4. Auflage, Herne 2013. Döring, U. / Buchholz, R.: Buchhaltung und Jahresabschluss, 14. Auflage, Berlin 2015. Federmann, R.: Bilanzierung nach Handelsrecht, Steuerrecht und IAS / IFRS, 12. Auflage, Berlin 2010. Fricke, F. / Rube, K.-H.: Betriebswirtschaftslehre, 4. Auflage, München 2006. Gleißner, W. / Füser, K.: Leitfaden Rating und Finanzierung – Strategien für den Mittelstand, 3. Auflage München 2014. Hirthammer, B.: Entstehung, Prävention und Aufdeckung von Bilanzdelikten, Berlin 2022. Hoffmann, W.-D. (Hrsg.)/Lüdenbach, N. (Hrsg.): IAS / IFRS-Texte 2022/2023, 15. Auflage, Herne 2022. Hofmann, St.: Die Früherkennung von Bilanzdelikten: Die Com Road AG als Fallbeispiel, KSIdigital 02. 2005. 066, 2005. Hundt, I. / Neitz, B. / Grabau, F.-R.: Rating als Chance für Kleine und mittlere Unternehmen, München 2003. Jaspers, W.: Stichprobeninventur in der Praxis, Wiesbaden 2004. Kirsch, H.: Einführung in die Internationale Rechnungslegung nach IFRS, 13. Auflage, Herne 2021. Kirsch, H.: Übungen zur Internationalen Rechnungslegung nach IFRS, 10. Auflage, Herne 2021.
Literaturverzeichnis
343
Kresse, W.: Die neue Schule des Bilanzbuchalters, Band 1, 11. Auflage, Stuttgart 2004. Kresse, W.: Die neue Schule des Bilanzbuchalters, Band 2, 10. Auflage, Stuttgart 2003. Lüdenbach, N. / Hoffmann, W. D.: IFRS – Kommentar, 19. Auflage, Freiburg i. Br. 2021. o.V.: Buchen, Bilanzieren und Steuern sparen, Lexikon von A bis Z, Inventur (1005). o.V.: Der neue Teismann, das Grundwissen des Kaufmanns, Düsseldorf, 2000. o.V.: International Financial Reporting Standards – IDW-Textausgabe, 15. Auflage, Düsseldorf 2022. Ökonomou, J.: Rationalisierung von Inventur und Bestandskontrolle Wiesbaden 2018. Petersen, K. et al. (Hrsg.): IFRS Praxishandbuch, 14. Auflage, München 2020. Scheffler, E.: IFRS-Kennzahlen-Dictionary – IFRS Ratios, München 2011. Simmonds, A. / Azières, O.: Accounting for Europe – success by 2000 AD, London 1989, S. 36. Tanski, J. S.: Internationale Rechnungslegungsstandards – IFRS / IAS Schritt für Schritt, 3. Auflage, München 2009. Weber, M.: 5 vor IFRS-Grundlagen, 4. Auflage, Herne 2016. Wöhe, G. / Kußmaul, H.: Grundzüge der Buchführung und Bilanztechnik, 11. Auflage, München, 2022. Wünsche, M.: Prüfungsvorbereitung Bilanzbuchhalter, 7. Auflage, Wiesbaden 2016. Zschenderlein, O.: Kompakttraining Buchführung, 10. Auflage, Ludwigshafen 2020. Zülch, H.: International Financial Reporting Standards (IFRS) 2022: Deutsch-Englische Textausgabe der von der EU gebilligten Standards. 16. Auflage 2022.