Fast Close-Abschlüsse und Schadenrückstellungen nach HGB, IAS/IFRS und US-GAAP (Rechnungswesen und Unternehmensüberwachung) (German Edition) 3835003429, 9783835003422

In die Schätzung der Schadenrückstellungen sind nach HGB und US-GAAP auch wertaufhellende Ereignisse einzubeziehen, die

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Fast Close-Abschlüsse und Schadenrückstellungen nach HGB, IAS/IFRS und US-GAAP (Rechnungswesen und Unternehmensüberwachung) (German Edition)
 3835003429, 9783835003422

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Oliver Schulte

Fast-Close-Abschliisse und Schadenriickstellungen nach HGB, IAS/IFRSund US-G~P

GABLER EDITION WlSSENSCHAFT Rechnungswesenund Unternehmensiiberwachung Herausgegeben von Professor Dr. Hans-Joachim BScking und Professor Dr. Michael Hommel

Die Schriftenreihe pr~isentiert Ergebnisse der betriebswirtschaftlichen Forschung zu den Themengebieten Financial Accounting, Business Reporting, Business Audit, Business Valuation und Corporate Governance. Die Beitr~ige dieser Reihe verfolgen das Ziel, Vorgaben der ISesetzgebung, der nationalen und internationalen Standardsetter sowie Empfehlungen der Wirtschaftspraxis mittels des Instrumentariums der betriebswirtschaftlichen Theorie zu beschreiben, zu analysieren und insbesondere vor dem Hintergrund der Anforderungen des Kapitalmarktes weiterzuentwickeln.

Oliver Schulte

Fast-Close-Abschliisse und Schadenrii ckstellungen nach HGB, IAS/IFRS und US-GAAP Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Michael Hommel

Deutscher Universit~its-Verlag

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ~iber abrufbar.

Dissertation Universitiit Frankfurt am Main, 2006

1. Auflage Mai 2006

Alle Rechte vorbehalten 9 Deutscher Universitiits-Verlag I GWV Fachverlage GmbH,Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel/Sabine SchSIler Der Deutsche Universit~its-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschliel~lich aller seiner Teile ist urheberrechtlich gesch~Jtzt. Jede Verwertung aul~erhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla.gs unzul~issig und strafbar. Das gilt insbesondere fiJr Vervielfiiltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wiiren und daher von jedermann benutzt werden d~rften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, Schel~litz Gedruckt auf s~iurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-IO 3-8350-0342-9 ISBN-13 978-3-8350-0342-2

Geleitwort W~lrend der geneigte Leser mit den Ver~iffentlichungen zur Rechnungslegung von Banken mtihelos ganze Regalreihen flillen kann, nehmen sich die Ver6ffentlichungen auf dem Gebiete der Versichemngsbilanzierung eher bescheiden aus. Die Versicherungsbilanzierung tr~igt- so scheint es - die Grundztige einer Geheimwissenschaft. Nur wenige Eingeweihte kennen ihre Regeln und geben ihr Wissen seit Generationen auf unbekannten Pfaden an ihre Nachfolger weiter. Au6enstehenden f~illt es schwer sich tiber die Besonderheiten dieser Disziplin zu informieren. Herrn Schulte gelingt es, mit seiner Arbeit die Bilanzierungsregeln ftir Versicherungsvertr~ige systematisch darzustellen und in zentralen Punkten zu erganzen. Im Mittelpunkt der vorliegenden Dissertation steht die Schadenrtickstellung bei Schaden- und Haftpflichtversicherungen. Diese Rtickstellung nimmt in deren Bilanzen den gr613ten Teil der Passivseite ein. Sie tibersteigt dabei nicht nur h~iufig das Eigenkapital des Unternehmens um ein Vielfaches, sondem sie ist auch durch ein enormes Mal3 an Unsicherheit gekennzeichnet. H~iufig liegt eine groge Zeitspanne zwischen der Entstehung des versicherten Schadens und der Schadenszahlung durch das Versicherungsuntemehmen. Der entsprechende Zeitraum kann bei Verm6genshaftpflichtsch~iden leicht 10 bis 15 Jahre erreichen und tiberschreiten. Dabei steht der Versicherer nicht nur vor der Herausforderung, dass er weit in der Zukunft liegende, zum Bilanzstichtag h~iufig dem Grunde und der H6he nach unbekannte Schadenszahlungen prognostizieren muss. Der Kapitalmarkt wfinscht auch immer h~iufiger eine schnellere Information. Dadurch ist das Versicherungsuntemehmen gezwungen, m~glichst unverztiglich nach dem Bilanzstichtag verl~issliche Aussagen fiber den Umfang der Schadenrtickstellungen zu publizieren. Diese ambitionierte Aufgabe kann nur gelingen, wenn systemgerechte, interpretierbare Bilanzierungsvorschriften entwickelt werden, die eine typisierte Berichterstattung tiber Schadenrtickstellungen gew~ihrleisten, und wenn funktionsttichtige Sch~itzverfahren ausgew~ihlt werden, die eine objektivierte Sch~itzung der zuktinftigen Schadenszahlungen erm6glichen. Eine fundierte, kritische Analyse der (inter-) nationalen Bilanzierungsvorschriften ftir Schadenrfickstellungen ist dazu unerl~isslich. Herr Schulte hat sich dieser Aufgabe angenommen. 121beraus sachkundig stellt er die ftir die Bilanzierung von Schadenrfickstellungen mal3gebenden (rudiment~iren) Vorschriften des HGB und der IAS/IFRS und US-GAAP vor und sch~irft sie vor dem Hintergrund der jeweils geltenden Rechnungslegungssysteme. Der Leser erf~ihrt nicht nur, auf welche sehr unterschiedliche Art und Weise die Schadenrtickstellungen in den einzelnen Systemen angesetzt und bewertet werden. Herr Schulte zeigt darfiber hinaus anhand klar strukturierter Beispiele die St~irken

und Schw~ichen der international g~ingigen Sch~itzverfahren auf und w~igt sie gegeneinander ab. Die vorliegende Arbeit verbindet theoretischen Anspruch und Praxisrelevanz in idealer Weise. Der Verfasser verfiigt fiber eine herausragende Kenntnis der bilanztheoretischen Grundlagen und versteht es, die auslegungsoffenen Bilanzierungsvorschriften tiberzeugend zu systematisieren und unter Beachtung des geltenden Bilanzzwecks zu pr~izisieren, ohne den Praxisbezug aus den Augen zu verlieren. Mit gut gew~ihlten Beispielen verdeutlicht er nachvollziehbar die praktische Relevanz der von ihm erzielten Ergebnisse. Die vorliegende Arbeit ist deshalb ftir den wissenschat~lich Interessierten und den Bilanzierungspraktiker gleichermal3en lesenswert und von grol3em Gewinn. Ich wfinsche ihr eine weite Verbreitung.

Prof. Dr. Michael Hommel

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universit~it Frankfurt am Main in leicht ver~inderter Form im November 2005 als Dissertation angenommen. Sie entstand im Rahmen eines Promotions-Praxis-Modells am Lehrstuhl ftir Wirtschaftsprtifung und Rechnungslegung der Johann Wolfgang GoetheUniversit~it in Frankfurt am Main und einer Tatigkeit bei der DBV-Winterthur Versicherung in Wiesbaden. An vorderster Stelle m6chte ich meinem Doktorvater Prof. Dr. Michael Hommel f'tir die fachliche und pers6nliche F6rderung und das in mich gesetzte Vertrauen meinen tiefen Dank aussprechen. Seine hohe Diskussionsbereitschafl und kritische Auseinandersetzung mit versicherungstechnischen Fragestellungen waren mir stete Motivation beim Verfassen dieser Arbeit. Bedanken m6chte ich mich ebenfalls bei Herrn Prof. Dr. Hans-Joachim B6cking f'tir die l]'bernahme und ~iul3erstkurzfristige Erstellung des Zweitgutachtens. Grol3er Dank gilt der DBV-Winterthur Versicherung, namentlich den Herren Gerhard Brahm und Dr. Rainer Sch611hammer, ohne deren umfassende F6rderung, insbesondere in zeitlicher und finanzieller Hinsicht, das externe Promotionsvorhaben kaum m6glich gewesen ware. Mein ganz herzlicher Dank gilt Frau Dr. Christine E. Kurt, deren fachliche Anregungen und Untersttitzung entscheidend zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Dartiber hinaus bedanke ich mich bei meinen lieben Kolleginnen und Kollegen fiir die sehr gute Zusammenarbeit am Lehrstuhl, insbesondere Herrn Prof. Dr. Thomas Berndt, Frau Dipl.Kffr. Muriel Benkel, Frau Dr. Inga Dehmel, Herrn Dipl.-Kfm. Florian Franke, Frau Uta Halwas-Bruckner, Frau Dipl.-Kffr. Denise Pauly, Frau Dr. Susanne Planert, Frau Dipl.-Kffr. Anja Morawietz, Frau Stefanie Schmitz, Herrn Dr. Thomas Schmotz, Herrn Thomas Weiland, Herrn Dipl.-Kfm. Stefan Wich, Frau Dipl.-Kffr. Sandra Wolf. Ein besonderes Geftihl tier Dankbarkeit empfinde ich gegentiber meiner Freundin, ohne deren moralische Untersttitzung und st~indigen Ansporn die Arbeit vielleicht nicht zustande gekommen w~ire. Meine Familie hat durch ihre vielf~iltige Untersttitzung und ihr unerschtittliches Verst~indnis im Bezug auf meine Launen und meinen notorischen Zeitmangel das Gelingen dieser Arbeit entscheidend beeinflusst; Ihr ist diese Arbeit gewidmet.

Oliver Schulte

VII

Inhaltsverzeichnis Tabellenverzeichnis

XV

Abbildungsverzeichnis

XVI

Verzeichnis der verwendeten Symbole Abktirzungsverzeichnis Problemstellung Die Grundlagen des Fast Close-Abschlusses A.

Vermittlung entscheidungsntitzlicher Informationen als Sinn und Zweck der extemen Rechnungslegung 1. Zielsetzung der externen Rechnungslegung nach deutschem Handelsrecht 1.1. Die Funktionen des handelsrechtlichen Einzelabschlusses 1.1.1. Ausschtittungsbemessungsfunktion 1.1.2. Informationsfunktion 1.2. Informationsfunktion des handelsrechtlichen Konzemabschlusses 2. Zielsetzung der externen Rechnungslegung nach US-GAAP und IAS/IFRS 2.1. Vermittlung entscheidungsntitzlicher Informationen als alleinige Zielsetzung der externen Rechnungslegung nach US-GAAP und IAS/IFRS 2.1.1. US-GAAP 2.1.2. IAS/IFRS 2.2. Qualitative Anforderungen an entscheidungsntitzliche Informationen 2.2.1. US-GAAP 2.2.2. IAS/IFRS Fast Close-Abschltisse im Spannungsverh~ilmis zwischen Relevanz und Verl~isslichkeit Fast Close - die zeitnahe Ver6ffentlichung von PeriodenabschRissen 1.1. Bedeutung der Zeim~ihe ftir die Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen 1.1.1. Zeim~ihe als Voraussetzung ffir die Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen 1.1.2. Zielkonflikt zwischen zeitnahen und verl~isslichen Abschlussinformationen 1.2. Fristen ffir die Aufstellung und Ver6ffentlichung von Periodenabschltissen in der internationalen Rechnungslegung 1.2.1. HGB und GoB 1.2.1.1. Aufstellung des Abschlusses 1.2.1.2. Offenlegung des Abschlusses 1.2.2. US-GAAP und IAS/IFRS 1.3. Motive der Unternehmen zur Beschleunigung der Abschlusserstellung 1.4. Magnahmen zur Beschleunigung der Abschlusserstellung 2. Fast Close und das Stichtagsprinzip 2.1. Vereinbarkeit der VerkOrzung des Aufhellungszeitraums mit dem handelsrechtlichen Abschlussstichtagsprinzip 2.1.1. Abschlussstichtagsprinzip 2.1.1.1. Unmal3geblichkeit des subjektiven Kenntnisstands am Bilanzstichtag 2.1.1.2. Handelsrechtliches Aufhellungsgebot 1.

XVII XIX 1 6

6 6 6 6 7 8 9 9 9 10 11 11 13 14 14 14 14 16 18 18 18 19 20 21 23 25 25 25 25 26

a) b)

A.

1.

B,

1.

Wurzeltheorie Aufhellungskonzeptionen (1) Subjektive Aufhellungskonzeption (2) Objektive Aufhellungskonzeption (3) Relevanz der Aufhellungskonzeptionen ffir das deutsche Handelrecht 2.1.2. Verkfirzung des Aufhellungszeitraums 2.1.2.1. Verkfirzung des Aufhellungszeitraums durch eine zeitnahe Ver6ffentlichung der Abschlfisse 2.1.2.2. Vereinbarkeit eines verkfirzten Aufhellungszeitraums mit der subjektiven Aufhellungskonzeption 2.1.2.3. Unvereinbarkeit eines verl~rzten Aufhellungszeitraums mit der objektiven Aufhellungskonzeption 2.2. Vereinbarkeit einer Verkfirzung des Aufhellungszeitraums mit dem Aufhellungsverst~indnis nach US-GAAP und IAS/IFRS 2.2.1. Grundsfitze der Berticksichtigung von Ereignissen nach dem Bilanzstichtag 2.2.1.1. US-GAAP 2.2.1.2. IAS/IFRS 2.2.1.3. UnmaBgeblichkeit der subjektiv bekannten Verh/~ltnisse am Bilanzstichtag 2.2.2. Einzelsachverhalte 2.2.2.1. US-GAAP 2.2.2.2. IAS/IFRS 2.2.3. Verlakzung des Aufhellungszeitraums 2.2.3.1. Vereinbarkeit einer Verlairzung des Aufhellungszeitraums mit dem Aufhellungsverstfindnis nach US-GAAP und IAS/IFRS 2.2.3.2. Balance zwischen zeitnahen und zuverl/~ssigen Abschlussinformationen

26 27 27 30 33 34

46 46

Bilanzierung der Schadenrfickstellungen in der intemationalen Rechnungslegung

48

Grundlagen des Versicherungsgeschfifts Leistung und Leistungserstellung des Versicherungsuntemehmens 1.1. Leistung des Versicherungsuntemehmens 1.1.1. Die Leistung des Versichemngsuntemehmens nach dem Versichemngschutzkonzept 1.1.2. Gew~ihrungyon Versicherungsschutz ein Nachleistungsgeschfift 1.1.3. Der Versichemngsvertrag - ein Dauerschuldverh/~lmis 1.2. Leistungserstellung des Versichemngsunternehmens 1.2.1. Risikoausgleich im Kollektiv 1.2.2. Das Gesetz der groBen Zahlen 1.2.3. Risikoausgleich in der Zeit 1.3. Versicherungstechnische Risiken 1.3.1. Komponenten des versichemngstechnischen Risikos 1.3.2. Reduktion des versicherungstechnischen Risikos

48 48 48

Bilanzierung der Schadenl~ckstellungen in der intemationalen Rechnungslegung Bilanzierung der Schadenrtickstellungen nach deutschem Handelsrecht 1.1. Gewinnrealisation im Versicherungsgesch/~ft 1.1.1. Ertragsrealisation nach dem Versicherungsschutzkonzept 1.1.2. Aufwandsperiodisierung 1.1.3. Charakterisierung der Schadenr~ckstellungen und Abgrenzung zu anderen versichemngstechnischen Rfickstellungen 1.2. Ansatznormen 1.2.1. Prinzip der wirtschaftlichen Verm6gensbelastung 1.2.1.1. Passivierung rein wirtschaftlicher Verpflichtungen 1.2.1.2. Bildung der Schadenrfickstellungen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise a) Rechtsverpflichtungen aus dem Eintritt des Versicherungsfalls b) Faktische Leistungsverpflichtungen aus dem Eintritt eines Schadens

61 61 61 61 64

34 37 38 40 40 40 41 42 42 42 44 46

48 51 52 53 53 54 56 57 57 59

68 72 72 72 73 73 74

c) Rentenversichemngsf'~ille 1.2.2. Objektivierungsprinzipien 1.2.2.1. Augenverpflichtungsprinzip a) Schadenaufwendungen b) Schadenreguliemngsaufwendungen (1) Gegenstand der Schadenregulierungskosten (2) Auffassung der Rechtsprechung und Finanzverwaltung (3) Unselbstst/~ndige Nebenleistung der Hauptleistung 1.2.2.2. Prinzip der objektivierten Mindestwahrscheinlichkeit a) Konkretisierung einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit ftir das Bestehen bzw. Entstehen der Verbindlichkeit und ftir die Inanspruchnahme (1) ObjektivierungsmaBst~ibe (2) Beurteilung der objektivierten Mindestwahrscheinlichkeit ftir Verpflichtungen aus Versicherungsfallen b) Regresse, Provenues und Teilungsabkommen 1.2.2.3. Prinzip der selbstst/~ndigen Bewertbarkeit 1.2.3. Passivierungszeitpunkt nach der Rechtsprechung 1.2.3.1. Wirtschaftlicher Erftillungsrtickstand bei Dauerschuldverh/fltnissen 1.2.3.2. Rechtliche Entstehung der Verbindlichkeit a) Phasen eines Versicherungsfalls b) Definitionen ftir den Eintritt des Versicherungsfalls c) Rechtliche Entstehung mit dem Eintritt des Versicherungsfalls 1.2.3.3. Wirtschaftliche Verursachung der Verbindlichkeit a) Wirtschaftliche Verursachung als Erf~llung der wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmale b) Keine Passivierung der Schadenrfickstellung vor dem Eintritt des Versicherungsfalls c) Passivierungszeitpunkt faktischer Leistungsverpflichtungen 1.3. Bewertungsnormen 1.3.1. Einzelbewertungsprinzip 1.3.1.1. Einzelrfickstellungen 1.3.1.2. Pauschalrfickstellungen a) Unsicherheitsbedingte Pauschalbewertung b) Vereinfachungsbedingte Pauschalbewertung 1.3.1.3. Pauschale Abschl~ige auf die Schadenrfickstellung 1.3.2. Bewertungsmaf3st/~beder Schadenrfickstellungen 1.3.2.1. Prinzip des vollen Erftillungsbetrags 1.3.2.2. H6chstwertprinzip 1.3.2.3. Bewertung bei Mehrwertigkeit 1.3.2.4. Kostenzuordnung 1.3.3. Abschlussstichtagsprinzip 1.3.3.1. Berficksichtigung von Lohn- und Preissteigerungen 1.3.3.2. Abzinsung der Schadenrfickstellung a) Abzinsungsverbot b) Passivierung der Rentenversichemngsf~lle mit dem Barwert Bilanzierung der Schadenrfickstellungen nach IAS/IFRS und US-GAAP 2.1. IAS/IFRS 2.1.1. Entwicklung eines IFRS ,,Insurance Contracts" 2.1.2. Regelungen des IFRS 4 Insurance Contracts 2.1.2.1. Anwendungsbereich 2.1.2.2. Die Beibehaltung der bisherigen Bilanzierungsmethoden als Kemaussage des IFRS 4 2.1.2.3. )~mderungen der Bilanzierungsmethoden 2.2. US-GAAP 2.2.1. Gewinnrealisation f'tir Versichemngsvertr/~ge

75 76 76 76 77 77 78 79 80 80 80 83 86 90 91 91 92 92 93 95 97 97 98 101 102 102 102 104 104 106 108 109 109 112 112 115 118 118 122 122 125 126 126 126 127 127 128 129 130 130

2.2.1.1. Differenzierung zwischen ,,short-duration contracts" und ,,long-duration contracts" 2.2.1.2. Ertragsrealisation und Aufwandsperiodisierung f'tir kurzfristige Versichemngsvertdige 2.2.2. Ansatznormen f'tir die Schadenrfickstellung 2.2.2.1. Der Passivierungszeitpunkt nach dem ,,meet the definition"-Kriterium 2.2.2.2. Erf'tillung der Definitionsmerkmale einer Verbindlichkeit a) Prinzip der wirtschaftlichen Verm6gensbelastung b) Obj ektivierungsprinzipien (1) AufSenverpflichtung (2) Unentziehbarkeitskriterium 2.2.2.3. Ansatzvoraussetzungen einer ,,loss contingency" a) Mindestwahrscheinlichkeit der Verm6gensbelastung b) Vemfinftige Bewertbarkeit 2.2.3. Bewertungsnormen 2.2.3.1. Konzept der ,,estimated ultimate cost" 2.2.3.2. Grundsatz der Gesamtbewertung a) Komponenten der Schadenrfickstellungen b) Schadenaufwendungen c) Schadenregulierungsaufwendungen 2.2.3.3. Bewertung bei Mehrwertigkeit 2.2.3.4. Abzinsung der Schadenrtickstellungen 2.2.3.5. Rfickgriffsansprfiche III.

130 131 135 135 137 137 138 138 140 143 143 144 145 145 147 147 149 151 153 154 156

Anwendung einfacher Schtitzverfahren zur Objektivierung der Schadenrfickstellungen ftir unbekannte Versicherungsf~ille 158

m.

Ausgangsbeispiel

158

B.

Loss Ratio-Verfahren

159

C.

Objektivierung der Schadenrfickstellung mit den nach US-GAAP anerkannten Schtitzverfahren Das Schadenabwicklungsdreieck 1.1. Definition 1.2. Abwicklungsdaten 1.2.1. Notwendigkeit zur Aufbereitung des Datenmaterials 1.2.2. Datendefinition 1.2.3. Subjektive Ermessensspielrtiume in der Aufbereitung des Datenmaterials Objektivierung der Schtitzung der Schadenrtickstellungen mit den einfachen Schtitzverfahren nach US-GAAP 2.1. Die Rtickstellungsschtitzung auf Basis objektivierter Schadengr613en nach dem Chain-Ladder-Verfahren 2.2. Cape Code-Verfahren als Erweiterung des Chain-Ladder Verfahrens 2.3. Die Rfickstellungsschtitzung auf Basis subjektiver Erwartungen und objektivierten Vergangenheitswerten nach dem Bomhuetter-Ferguson-Verfahren Anwendung der nach US-GAAP anerkannten Verfahren auch ftir den handelsrechtlichen Jahresabschluss 3.1. Vorsichtiger Wert vs. Erwartungswert 3.2. Objektivierte Erf'tillungsbetrag vs. wahrscheinlicher Erf'tillungsbetrag 3.2.1. Die Extrapolation vergangener Inflationsraten mit den Schtitzverfahren 3.2.2. Aufbereitung der Datenbasis zur Berficksichtigung der Preisverhtilmisse am Abschlussstichtag 3.2.3. Anwendung des Chain-Ladder-Verfahrens auf die aufbereitete Datenbasis

XII

161 161 161 164 164 168 170 172 172 176 180 183 183 185 185 186 189

D.

Objektivierung der Sch~itzung durch Relationen zwischen bekannten und unbekannten Versichemngsf'gllen

191

Thesenf6rmige Zusammenfassung

197

Literaturverzeichnis

201

Verzeichnis der Urteile und Entscheidungen

239

Quellenverzeichnis

242



Tabellenverzeichnis TABELLE 1: TABELLE 2:

ERWARTUNGSWERT EINES BEKANNTEN VERSICHERUNGSFALLS ................... 153 ZEITPUNKT UND HOHE DER SCHADENZAHLUNGEN ....................................... 158

TABELLE 3:

INFLATIONSRATEN ........................................................................................ 159

TABELLE 4:

ANZAHL UND GESAMTHOHE DER EINZELRISCKSTELLUNGEN FUR BEKANNTE VERSICHERUNGSF,~LLE ................................................................................. 159

TABELLE 5:

SCHADENABWICKLUNGSDREIECK- FORMALE DARSTELLUNG ...................... 162

TAI3ELLE 6:

SCHADENDREIECK MIT SCHADENZAHLUNGEN .............................................. 163

TABELLE 7:

SCHADENZAHLUNGEN MIT KONSTANTEM AUSZAHLUNGSMUSTER ................ 166

TABELLE 8:

SCHADENZAHLUNGEN MIT VERANDERTER ABWICKLUNGSGESCHWlNDIGKEIT ................................................................ 166

TABELLE 9:

TREND IN DEN KALENDERJAHREN ................................................................. 167

TABELLE 10:

SCHADENABWICKLUNGSDREIECK- KUMULIERTE SCHADENZAHLUNGEN ..... 172

TABELLE 11:

SCHADENDREIECK CHAIN-LADDER - ENTWICKLUNGSFAKTOREN ................. 173

TABELLE 12:

ERMITTLUNG DER ENDSCHADENLAST NACH DEM CHAIN-LADDER-VERFAHREN ........................................................................ 174

TABELLE 13: TABELLE 14: TABELLE 15:

CHAIN-LADDER-VERFAHREN - BILDUNG DER ROCKSTELLUNG .................... 175 CAPE CODE-VERFAHREN - BILDUNG DER RUCKSTELLUNG .......................... 178 SCH,~TZUNG DER SCHADENRUCKSTELLUNG NACH DEM CAPE CODE-VERFAHREN .............................................................................. 180

TABELLE 16: TABELLE 17: TABELLE 18: TABELLE 19:

SCH)kTZUNG DER PERIODENINDIVIDUELLEN SCHADENQUOTEN ..................... 181 BORNHUETTER-FERGUSON

-

BILDUNG DER ROCKSTELLUNG ........................ 182

ZUSAMMENSETZUNG DER ENTWICKLUNGSFAKTOREN .................................. 183 SCH,~TZUNG DER SCHADENQUOTEN .............................................................. 184

TABELLE 20:

INFLATIONSRATEN ........................................................................................ 186

TABELLE 21:

INFLATIONSBEREINIGTE UNKUMULIERTE SCHADENZAHLUNGEN ................... 187

TABELLE 22:

SCHADENZAHLUNGEN- AUSGANGSBEISPIEL ................................................ 187

TABELLE 23:

INFLATIONSBEREINIGTE UNKUMULIERTE SCHADENZAHLUNGEN II ............... 188

TABELLE 24:

SCHADENABWICKLUNGSDREIECK- ENTWICKLUNGSFAKTOREN ................... 189

TABELLE 25:

ERMITTLUNG DER ENDSCHADENLAST NACH DEM CHAIN-LADDERVERFAHREN FISR INFLATIONSBEREINIGTE SCHADENZAHLUNGEN I ............... 189

TABELLE 26:

SCHADENABWICKLUNGSDREIECK - ENTWICKLUNGSFAKTOREN ................... 190

TABELLE 27:

ERMITTLUNG DER ENDSCHADENLAST NACH DEM CHAIN-LADDERVERFAHREN FISR INFLATIONSBEREINIGTE SCHADENZAHLUNGEN II .............. 190

TABELLE 28:

UMRECHNUNG DER ERWARTETEN ENDSCHADENLAST AUF DIE

TABELLE 29:

DURCHSCHNITTSSCHADEN BEKANNTE VERSICHERUNGSFALLE ..................... 192

ERWARTETEN PREISVERHALTNISSE IM ABWICKLUNGSZEITPUNKT ................ 191 TABELLE 30:

SCHADENZAHLUNGEN ................................................................................... 193

TABELLE 31:

NACHGEMELDETE VERSICHERUNGSF,~LLE .................................................... 193

TABELLE 32:

RELATION DES DURCHSCHNITTLICHEN SCHADENAUFWANDS ........................ 194

TABELLE 33:

GESCH,~TZTE RELATIONEN DES MANAGEMENTS ........................................... 194

TABELLE 34:

SCHATZUNG DER NACHMELDUNGEN ............................................................. 195

TABELLE 35:

SCHJ~TZUNG DER SCHADENRLICKSTELLUNG FUR UNBEKANNTE

TABELLE 36:

BERUCKSICHTIGUNG EINES RISIKOZUSCHLAGS ............................................. 196

VERSICHERUNGSFALLE ................................................................................. 195

XV

Abbildungsverzeichnis ABBILDUNG 1:

WERTSCHOPFUNGSKETTE VON VERSICHERUNGSUNTERNEHMEN .................. 51

ABBILDUNG 2:

PHASEN EINES VERSICHERUNGSFALLS IN DER HAFTPFLICHTVERSICHERUNG ....................................................................... 92 PASSIVIERUNGSZEITPUNKT EINES VERSICHERUNGSFALLS IN DER UMWELTSCHADENHAFTPFLICHTVERSICHERUNG ........................................ 100 TRENDS IM SCHADENABWICKLUNGSDREIECK ............................................. 165

ABBILDUNG 3: ABBILDUNG 4:



Verzeichnis der verwendeten Symbole Cij

Gezahlte Sch~iden Nr das Anfalljahr i im Abwicklungsjahr j

Cij

geschiitzte Schadenzahlung ftir Anfalljahr im Abwicklungsjahr j

c

konstante

Ci

Endschadenlast f'tir das Anfalljahr i

Dc

Summe der Schadenzahlungen tiber alle Anfall- und Abwicklungsjahre

E()

Erwartungswert Entwicklungsfaktor der Abwicklungsperiode j lag factor Nr das Anfalljahr i verdiente Pdimie f'tir das Anfalljahr i

P()

Wahrscheinlichkeit

q~

Gesamtschadenquote

qi"

Schadenquote Nr das Anfalljahr i

Ri

SchadendJckstellung ftir das Anfalljahr i

RG

Gesamtschadenrtickstellung

S~

Summe der erbrachten Schadenzahlungen ~ r die Abschlussperiode

S.

Gesamtschaden eines Risikokollektivs

Sn

Durchschnittschaden for ein Risikokollektiv

Xn

tats~chlicher Schaden ftir ein Risikokollektiv

XVII

Abkiirzungsverzeichnis Das folgende Abk0rzungsverzeichnis enthglt im wesentlichen Abk0rzungen for Periodika und fachspezifische Begriffe; auf die Wiedergabe g~ngiger Abkt~rzungen (a.A., Abs., bzw. oder ghnliches) wurde verzichtet. ABR Acc. Rev. Account Fin AfA AG AG AH AHB AICPA AktG ASP AUB AVB

Accounting & Business Research The Accounting Review Accounting & Finance (Zeitschrift) Abschreibung f'tir Abnutzung Aktiengesellschaft Die Aktiengesellschaft (Zeitschritt) Accounting Horizons Allgemeine Versicherungsbedingungen for die Haftpflichtversicherung American Institute of Certified Public Accountants Aktiengesetz Actuarial Standards of Practice Allgemeine Unfallversicherungs-Bedingungen Allgemeine Versicherungs-Bedingungen

BaFin

BStB1 BT-Drucksache BuW BVerfG

Bundesanstalt far Finanzdienstleistungsaufsicht (vormals Bundesaufsichtsamt for das Versicherungswesen, integriert durch das Gesetz vom 22. April 2002, BGB1 I, S. 1310) Bundesaufsichtsamt for das Versicherungswesen Betriebs-Berater (Zeitschrift) Basis for Conclusion Bilanzbuchhalter und Controller (Zeitschrift) Bundesfinanzhof Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift) B0rgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtsho f Bundesministerium der Finanzen Verordnung fiber die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierb6rse (B6rsenzulassungs-Verordnung) Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Betrieb und Wirtschaft Bundesverfassungsgericht

CAR

Contemporary Accounting Research (Zeitschrift)

DAV DB DGVM Diss.

Deutsche Aktuarvereinigung e. V. Der Betrieb (Zeitschrift) Deutsche Gesellschaft far Versicherungsmathematik Dissertation

BAV BB BC BC BFH BFuP BGB BGH BMF B6rsenZulV

XIX

DRS DRSC DSOP DStJG DStR DStZ/A

Deutscher Rechnungslegungsstandard Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee Dratt Statement of Principles Deutsche Steuerjuristische Gesellschatt Deutsches Steuerrecht (Zeitschritt) Deutsche Steuerzeitung (Zeitschrift)

EDV EStG EuGH

Elektronische Datenverarbeitung Einkommenssteuer-Gesetz Europ~iischer Gerichtshof

FASB FG FIN FR

Financial Accounting Standard Board Finanzgericht FASB Interpretation Finanz-Rundschau (Zeitschrift)

GAAP GAAS GE GmbH GmbHG GmbHR GoB

Generally Accepted Accounting Principles Generally Accepted Auditing Standards Geldeinheiten Gesellschafl mit beschrankter Haftung GmbH-Gesetz GmbH-Rundschau Grunds~itze ordnungsm~iBigerBilanzierung

HdR HdV HGB

Handbuch der Rechnungslegung Handw6rterbuch der Versicherung Handelsgesetzbuch

IAS IASB IASC IBNeR IBNR IBNyR IDW IFRS

Intemational Accounting Standard(s) International Accounting Standards Board International Accounting Standards Committee (ab April 2001 IASB) Incurred but not enough reserved Incurred but not reported Incurred but not yet reported Institut der Wirtschattsprtifer in Deutschland e. V. International Financial Reporting Standard(s)

JAAF JAR JBF JBFA JIFMA JoA Kfz

Joumal of Accounting, Auditing & Finance Joumal of Accounting Research The Journal of Business Forecasting Journal of Business Finance & Accounting Journal of International Financial Management and Accounting Journal of Accountancy Krafffahrzeug

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KoR KStG KWG LG MBKK

Zeitschrift f'tir kapitalmarktorientierte Rechnungslegung K6rperschaflssteuergesetz Gesetz fiber das Kreditwesen (Kreditwesengesetz) Landgericht Musterbedingungen mr die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung

NJW NYSE

Neue Juristische Wochenschrifl New York Stock Exchange

PCAS PublG

Proceedings of the Casualty Actuarial Society (Zeitschrift) Publizit~itsgesetz

Rev. Acc. Stud.

Review of Accounting Studies

SEA SEC SFAC SFAS SOP StbJB StBp StuB StuW

Securities Exchange Act Securities Exchange Commission Statement(s) of Financial Accounting Concepts Statement(s) of Financial Accounting Standards Standard of Practice Steuerberater-Jahrbuch Steuerliche Betriebsprfifung (Zeitschrift) Steuern und Bilanzen Steuer und Wirtschaft

TIJA

The International Journal of Accounting

US

United States

VAG VersBirRiLi VersR VersR-R VFA VN VVG VW

Gesetz fiber die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz) EU-Versicherungsbilanzrichtlinie Versicherungsrecht (Zeitschrifl) Versicherungsrecht-Rechtsprechung (Zeitschrift) Versicherungsfachausschuss Versicherungsnehmer Versicherungsvertragsgesetz Die Versicherungswirtschaft (Zeitschrift)

WPg

Die Wirtschaftsprfifung (Zeitschrift)

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ZfB ZfbF ZfV ZGR ZVersWiss

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Zeitschrift f'tir Betriebswirtschafl Schmalenbachs Zeitschrifl f'tir betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift ~ r Versicherungswesen Zeitschrif~ fiir Untemehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift fiir das gesamte Versicherungswesen

Problemstellung Die Jahresabschlfisse bzw. u n t e r j ~ g e n Abschlttsse sollen den aktuellen und den potentiellen Investoren entscheidungsntitzliche, d. h. entscheidungsrelevante und von Dritten zuverl~issig nachprtifbare Unternehmensinformationen zur Verfiigung stellen. 1 Eine entscheidungsrelevante Information zeichnet sich durch die F~igkeit aus, die wirtschaftlichen Entscheidungen der Kapitalmarktteilnehmer in die eine oder andere Richtung zu beeinflussen. 2 Die Kapitalgeber k6nnen jedoch auf die aktuelle Unternehmensentwicklung nut reagieren, wenn ihnen die Finanzdaten im Zeitpunkt der Entscheidungsfindung auch bekannt sind. 3 Insofern mtissen entscheidungsrelevante Abschlussinformationen zeitnah kommuniziert werden. Um dies zu gew~hrleisten, erstellen Untemehmen, die an den internationalen Kapitalm~rkten gelistet sind, zunehmend sog. Fast Close-Abschltisse. 4 Der Begriff ,,Fast Close" bezeichnet dabei die beschleunigte Aufstellung, Prtifung und Ver6ffentlichung von Monats-, Quartals- und Jahresabschltissen und umfasst in erster Linie organisatorische MaBnahmen zur Beschleunigung der Abschlusserstellung. 5 In der Regel sind einige Gesch~iftsvorfglle am Bilanzstichtag noch nicht (vollst~indig) abgeschlossen, so dass Sch~itzungen des Untemehmens im Rahmen der Abschlusserstellung unvermeidbar sind. 6 Nach den Vorschriften des deutschen Handelsrechts, der US-GAAP und der IAS/IFRS sind in die Schatzungen wertaufhellende Ereignisse, die dem Untemehmen erst nach dem Bilanzstichtag bekannt werden, einzubeziehen. Die zeitnahe Ver6ffentlichung von Fast Close-Abschltissen flihrt zwangsl~iufig zu einer Verktirzung des Aufhellungszeitraums, so dass wertaufhellende Ereignisse in Fast Close-Abschl~issen nur in einem geringeren Umfang als in traditionellen Abschlt~ssen be~cksichtigt werden k6nnen. Je weniger Zeit dem Unternehmen nach dem Bilanzstichtag bleibt, um wertaufhellende Informationen zu erlangen und mit diesen seine Sch~itzungen zu (tiber-)pNfen, desto weniger zuverl~issig sind (vermeint-

1

2

3 4 5 6

Vgl. SFAC 1 par. 34; IAS Framework par. 12. W~ihrend der handelsrechtliche Einzelabschluss der Ausschiittungsbemessungs- und der Informationsfunktion dient, besitzt der handelsrechtliche Konzemabschluss ausschlieBlich eine Informationsfunktion. Vgl. hierzu stellvertretend Schildbach, Thomas (Konzemabschluss, 1991), S. 15; Sch6llharnrner, Rainer (Insurers, 2003), S. 9 - 10. Coenenberg,Adolf G. (Informationssysteme, 1971), S. 740; B6cking, Hans-Joachim~ Lopatta, Kerstin/ Rausch, Benjamin (Fair Value-Bewertung, 2005), S. 96. Vgl. Zeghal, Daniel (Timeliness, 1984), S. 367; Homrnel, Michael/Schulte, Oliver (ScNitzungen, 2004), S. 1671. Vgl. Fourie, Dirk (Fast Close, 2000), S. 744; Vgl. KPMG Consulting (Fast Close, 2000), S. 9. Vgl. Hiittche, Tobias (Virtual Close, 2002), S. 1640; Raschke, Jens/Vogel, Johannes (Fast Close, 2002), S. 284; Fiilling, Thorsten (Prozessoptimierung, 2002), S. 1; Eggernann, Gerd/Petry, Martin (Fast Close, 2002), S. 1637; Mgtder, Patrick/Schiirli, Oliver (Fast Close, 2002), S. 1079. Vgl. Littrnann, Eberhard (Sch~itzungen, 1962), S. 325 - 326; Moonitz, Maurice (Postulates, 1965), S. 33.

lich) die gew~ihrten Abschlussinformationen. Es stellt sich daher die Frage, ob die Zuverl~issigkeit der Abschlussinformationen unter einer Verktirzung des Aufhellungszeitraums leidet. In Periodenabschltissen von Versicherungsuntemehmen kommt dieser Frage eine besondere Bedeutung zu, da in einigen Versicherungszweigen zwischen dem Eintritt der VersicherungsF~ille und den tats~ichlichen Schadenzahlungen langere Zeitr~iume vergehen. Nach einer Untersuchung von Schmidt-Salzer 7 ist in der Betriebshaftpflichtversicherung erst nach 5 Jahren, in der Arzthaftpflichtversicherung erst nach 6 bis 10 Jahren und in der Architekten- und Verm6gensschaden-Haftpflichtversicherung erst nach 10 bis 15 Jahren ,,erfahrungsgem~il3 tiberschaubar, wie viele und welche Schadenf~ille zu regulieren sind, die dem Ereignis- oder Verstol3jahr zuzuordnen sind. ''8 So werden in der Verm/Sgensschaden-Haftpflichtversicherung lediglich ca. 40 % der Schadenf'~ille eines Verstol3- oder Eintrittsjahres auch im selbigen festgestellt bzw. gemeldet. Die restlichen 60 % verteilen sich auf die nachfolgenden Jahre, wobei im 3. Folgejahr nach dem Verstol3- oder Eintrittsjahr ca. 90 % der Schadenf'~ille gemeldet wurden. In der Architekten-Haftpflichtversicherung kann davon ausgegangen werden, dass 5 Jahre nach dem Schadenereignis- bzw. Verstol3jahr ,,erst ca. 75 - 79 % der Sch~iden bekannt" sind und hierauf ,,etwa 93 - 95 % des Schadenaufwands ''9 entfallen. Demzufolge ist ein wesentlicher Anteil der Schadenersatzleistungen, die aus der Gew~ihrung von Versicherungsschutz resultieren, auch dann noch ungewiss, wenn das Versicherungsunternehmen den Versicherungsschutz bereits gew~ihrt hat. I~ Nach deutschem Handelsrecht und nach US-GAAP ist f'tir solche dem Grunde und/oder der H6he nach ungewissen Verbindlichkeiten aus in der Abschlussperiode eingetretenen, aber am Bilanzstichtag noch nicht abgewickelten VersicherungsF~illen eine Schadenrfickstellung zu bilden. ~ In den Periodenabschltissen von Schaden- und Unfallversicherungsunternehmen ist

7 s

Zur Untersuchung vgl. Schmidt-Salzer, Joachim (IBNR, 1984), S. 6. Schmidt-Salzer, Joachim (IBNR, 1984), S. 6. Vgl. auch Nelson, Karen K. (Discounting, 2000), S. 118 -

9

Schmidt-Salzer, Joachim (IBNR, 1984), S. 10.

119. ~o In einem Versicherungsvertrag stehen sich als Leistungen die Zahlung der vereinbarten Pr~imie seitens des Versicherungsnehmers und die ,,Gewahnmg von Versicherungsschutz" seitens des Versicherungsunternehmens gegenfiber. Das Versicherungsuntemehmen gewahrt den Versicherungsschutz in zwei Leistungsstufen und ,,zwar zunachst die latente Versicherungsschutzbereitschaft (1. Stufe)", die mit dem Eintritt des Versicherungsfalls ,,schlie61ich in die Gew~ihrungdes konkreten Versicherungsschutzes (2. Stufe) aufgeht." Sasse, Jiirgen/Boetius, Jan (Rfickstellungen, 1973), S. 18. l~ Vgl. Geib, Gerd/ Telgenbiischer, Franz R.(Schaden- und Unfallversicherungsunternehmen, Loseblatt), Kapitel B IV, Rdnr. 90; Koch, Alfons/Krause, Hans-Josef (Beck'scher Versicherungsbilanz-Kommentar, 1998), w 341g HGB, Rdnr. 1; SFAS 60 par. 17. Nach IFRS 4 dfirfen ffir die Erstellung der Periodenabschltisse nach IAS/IFRS die bisherigen Bilanzierungsmethoden, also die Regelungen des deutschen Handelsrechts oder der US-GAAP, mit einigen Ausnahmen beibehalten werden. Vgl. IFRS 4, BC par. 78.

die Schadenr~ckstellung regelm~ig die h6chste versicherungstechnische Rt~ckstellung. 12 Sie bildet die Zeitdifferenz zwischen dem Eintritt und der Abwicklung des Versicherungsfalls abl3 und ihre Bilanzierung ist daher in einem besonderen Mal3e mit Sch/itzungen verbunden. Die Erstellung von Fast Close-Abschlt~ssen geht nicht mit speziellen Ansatz- und Bewertungsvorschriften einher, sondem soil im Rahmen der bestehenden Ansatz- und Bewertungsvorschriften eine zeitnahe Ver6ffentlichung der Periodenabschltisse erm6glichen. Der Ansatz und die Bewertung der Schadenrfickstellung nach deutschem Handelsrecht und US-GAAP bilden somit die Rahmenbedingungen far die Bilanzierung der Schadenrt~ckstellung in Fast Close-Abschlt~ssen. Daher sind die Ansatz- und Bewertungsvorschriften ft~r die Schaden141ckstellung nach deutschem Handelsrecht und US-GAAP zu untersuchen und Unterschiede herauszuarbeiten, bevor eine Diskussion der Bilanzierung von Schadenrfickstellungen in Fast Close-Abschltissen erfolgen kann. Hierbei stehen die Anforderungen einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise einerseits und die Objektivierungserfordemisse des jeweiligen Rechnungslegungssystems andererseits im Mittelpunkt. Wenn bspw. die Schadenrt~ckstellungen in einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise for wirtschaftliche Belastungen aus dem in der Abschlussperiode gew/~hrten Versicherungsschutz gebildet werden sollen, dtirfen (ktinftige) Schadenzahlungen aus Kulanzleistungen, die ohne den Eintritt des Versicherungsfalls erbracht werden, nicht unberacksichtigt bleiben. Dies wirft die Frage nach einer geeigneten Objektivierung der faktischen Verpflichtung auf, wenn die vertraglichen Voraussetzungen f'tir den Eintritt des Versicherungsfalls nicht erfiillt sind. Im Rahmen der Bewertung verlangt eine wirtschaftliche Betrachtungweise weiterhin die Passivierung der Schadenrfickstellung mit dem Betrag, der f'tir die Abwicklung der Versicherungsf'alle im Er~llungszeitpunkt voraussichtlich anf~illt. Insofem ist zu diskutieren, inwieweit zukt~nftige Lohn- und Preissteigerungen in die Bewertung der Schadenrfickstellung einzubeziehen sind oder Objektivierungserw/~gungen gegen deren Berficksichtigung sprechen.

So bildete bspw. die Allianz Gruppe im Gesch/iftsjahr2004 ftir das Segment Schaden/Unfalleine Schadenriickstellung in H6he von 55.536 Mio. 6, was einem prozentalen Anteil von 67 % an den gesamten versicherungstechnischenRiickstellungen(83.139 Mio. 6) in diesem Segment entspricht. Vgl. Gesch~iftsbericht der Allianz Gruppe 2004, S. 126 und 150. Vgl. Treuberg, Hubertus Grafvon/Angermeyer, Birgit (Versicherungsuntemehmen,1995), S. 299.

Neben den Rechnungslegungsvorschriften wird die Vermittlung zuverl~issiger Abschlussinformationen in Fast Close-Abschltissen auch entscheidend davon beeinflusst, ob eine zuverl~issige Berechnung der Schadenrtickstellung durch geeignete Sch~itzverfahren bereits vor bzw. am Bilanzstichtag gelingt. In traditionellen Abschltissen verwenden Versicherungsunternehmen, die Periodenabschltisse nach US-GAAP erstellen, zur Sch~itzung der Schadenrtickstellung h~iufig das Chain-Ladder-Verfahren, das Cape Code-Verfahren oder das Bornhuetter-Ferguson-Verfahren. TM Die mit der Anwendung dieser Sch~itzverfahren in Fast CloseAbschltissen verbundenen Chancen und Grenzen f'tir die Informationsvermittlung sind aufzuzeigen. Dartiber hinaus ist zu kl~iren, unter welchen Voraussetzungen die Anwendung der Sch~itzverfahren auch in handelsrechtlichen Abschltissen zul~issig ist, und welche Unterschiede zu Verfahren15 bestehen, die nach deutschem Handelsrecht zur Anwendung kommen. Gleichzeitig mit dem unterj~ihrigen Abschluss bzw. Jahresabschluss muss das Versicherungsunternehmen einen Lagebericht ver6ffentlichen. 16 Zur Beurteilung der Prognosequalit~it des Managements soil der Lagebericht auch Soll-Ist-Vergleiche ermtiglichen. Die Untersuchung der Bedeutung der Lageberichterstattung in Fast Close-Abschltissen wtirde jedoch den Umfang dieser Arbeit tiberschreiten und muss daher einer anderen Ausarbeitung tiberlassen werden. Der Gang der Untersuchung ist durch die Skizzierung der Fragestellungen vorgezeichnet. Das erste Kapitel hat das Spannungsverh~iltnis zwischen der Vermittlung entscheidungsrelevanter, weil zeitnaher, und zuverl~issiger Abschlussinformationen zum Gegenstand. Dabei wird zun~ichst die Bedeutung der zeitnahen Ver6ffentlichung in den verschiedenen Rechnungslegungssystemen und des Begriffs ,,Fast Close" herausgearbeitet. Hierauf aufbauend wird untersucht, inwieweit eine Verktirzung des Aufhellungszeitraums zwecks Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen mit den Wertaufhellungskonzeptionen der einzelnen Rechnungslegungsregelwerke vereinbart werden kann.

~4 Vgl.Fourie, Dirk/Miiller-Arnold, Michael/Uden, Bernhard (Sch~itzungen,2002), S. 28. t5 Vgl. Geib, Gerd/ Telgenbfischer, Franz R.(Schaden- und Unfallversicherungsunternehmen, Loseblatt), Kapitel B IV, Rdnr. 135 - 137. 16 Vgl.fiJrVersicherungsunternehmenw3411Abs. 1 Satz 1 HGB.

Beginnend mit einer Untersuchung der Leistung und Leistungserstellung im Versicherungsgeschaft erfolgt im zweiten Kapitel die Untersuchung der Bilanzierungsvorschriflen der Schadenrtickstellung nach deutschem Handelsrecht, IAS/IFRS und US-GAAP. Dabei orientiert sich der Ansatz und die Bewertung der Schadenrtickstellung nach deutschem Handelsrecht an den handelsrechtlichen GoB, die auf das Versichemngsgesch~ift tibertragen werden. Den Ausf'tihrungen nach US-GAAP liegt der SFAS 60 zu Grunde, der die Bilanzierung der Schadenrtickstellung regelt. Das dritte Kapitel diskutiert verschiedene Sch~itzverfahren zur Ermittlung der SchadennJckstellung vor dem Hintergrund der Vermittlung von zuverl~issigen Abschlussinformationen in Fast Close-Abschltissen. Die Zul~issigkeit der Anwendung des Chain-Ladder-Verfahrens, des Cape Code-Verfahrens oder des Bornhuetter-Ferguson-Verfahrens nach deutschem Handelsrecht wird anhand der im zweiten Kapitel gewonnenen Erkenntnisse beurteilt. Die Arbeit schliel3t mit einer thesenf6rmigen Zusammenfassung.

I.

Die Grundlagen des Fast Close-Abschlusses

A.

Vermittlung entscheidungsniitzlicher Informationen als Sinn und Zweck der externen Rechnungslegung

1.

Zielsetzung der externen Rechnungslegung nach deutschem Handelsrecht

1.1.

Die Funktionen des handelsrechtlichen Einzelabschlusses

1.1.1.

Ausschiittungsbemessungsfunktion

Der handelsrechtliche Einzelabschluss dient p r i m ~ der vorsichtigen Bestimmung des aussch0ttungsf~.higen Gewinns (Aussch0ttungsbemessungsfunktion). Dieser Sinn und Zweck 1/~sst sich hermeneutisch aus den handelsrechtlich kodifizierten und nicht-kodifizierten Grunds/~tzen ordnungsm~Biger Buchftihrung ableiten. 17 Die Grunds/~tze ordnungsm/~Biger Buchffihrung umfassen ,,als (kodifizierte) Fundamentalprinzipien das Realisationsprinzip und das Imparit/itsprinzip 'aS sowie ,,zahlreiche konkretisierende Vereinfachungs- und Objektivierungsprinzipien. ''19 Dabei l~sst sich mit diesen Rechnungslegungsgrunds~tzen nur ,,eine objektivierte, vorsichtige (umsatzgebundene und verlustantizipierende) Ermittlung des Gewinns ''2~ widerspruchsfrei vereinbaren. 21 Dieser Gewinn ,,dient als Ausschfittungsrichtgr6Be, d. h. verteilbarer Betrag ''22. Der nach den handelsrechtlichen Vorschriften ermittelte Gewinn soll eine Gewinnverteilung gew/~hrleisten 23, die im Interesse der Gesellschatter und Dritten (bspw. G1/~ubiger) langfristig die Untemehmenssubstanz sichert, z4 Da die Bestimmung des ausschtRtungsf~ihigen Gewinns grunds~tzlich mit einer Ermittlung der entstandenen Gewinnverteilungs- bzw. Gewinnaus-

Vgl. Moxter, Adolf(Sinn und Zweck, 1987), S. 363 - 369; Ballwieser, Wolfgang (GOB, 1987), S. 3 - 19; Moxter, Adolf(wirtschaftliche Betrachtungsweise, 1989), S. 233 m. w. N.; B6cking, Hans-Joachim (Finanzierungsleasing, 1989), S. 494; Moxter, Adolf(Bilanzrechtsprechung, 1999), S. 6 - 7; Hommel, Michael (Dauerschuldverh~ltnisse, 1992), S. 6 - 13; Berndt, Thomas (Rechnungsabgrenzungsposten, 1998), S. 39-42. 18 Moxter,Adolf(Sinn und Zweck, 1987), S. 365; vgl. Moxter, Adolf(Standort, 1995), S. 32. ~9 Hommel,Michael/Schmidt, Reinhard H./ Wiistemann, Jens (Grunds~itze, 2004), S. $91. Vgl. auch Moxter, Adolf(System, 1985), S. 24. 20 Moxter,Adolf(Sinn und Zweck, 1987), S. 365. 21 Vgl. Moxter, Adolf(Sinn und Zweck, 1987), S. 363 - 369; Hommel, Michael (Dauerschuldverh/~ltnisse, 1992), S. 6 - 13. 22 Moxter,Adolf(System, 1985), S. 24. 23 Die Aufgabe der Bemessung von Gewinnansprfichen ergibt sich de lege lata aus dem Gesellschaftsrecht, das die gesetzlichen Gewinnverteilungs- und Gewinnausschfittungsansprfiche nach dem handelsrechtlichen Gewinn bemisst (fOr Personengesellschaften w167 120 Abs. 1, 167 Abs. 1,232 Abs. 1 HGB; fiJr Kapitalgesellschaften w58 Abs. 1 AktG und w29 Abs. 1 GmbHG), und aus der grunds/~tzlichen Maf~geblichkeit (w 5 Abs. 1 Satz 1 EStG)der handelsrechtlichen GoB fiir die Steuerbilanz. 24 Vgl.Moxter, Adolf(Rechnungslegung, 2003), S. 3. Vgl. kritisch zur Erreichbarkeit Siegel, Theodor (Ernsthaftigkeit, 1997), S. 124 - 127.

schiittungsansprtiche einhergeht, dient der handelsrechtliche Einzelabschluss aber auch dem Schutz der Gewinnberechtigten vor willktirlichen Gewinnkiirzungen (Mindestausschtittung). 25 1.1.2.

Informationsfunktion

Unbestritten besitzt der handelsrechtliche Einzelabschluss neben der Ausschtittungsbemessungsfunktion auch eine Informationsfunktion 26, die sich aus den handelsrechtlich kodifizierten Einblicksgeboten ergibt27: Nach w 238 Abs. 1 Satz 1 HGB ist jeder Kaufmann verpflichtet, ,,die Lage seines Verm6gens nach den Grunds~itzen o r d n u n g s m ~ i g e r Buchfiihnmg ersichtlich zu machen" (Selbstinformationspflicht). 28 Der Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften soll nach w 264 Abs. 2 Satz 1 HGB ,,unter Beachtung der Grunds~itze o r d n u n g s m ~ i g e r Buchftihrung ein den tats~ichlichen Verh~ilmissen entsprechendes Bild der Verm6gens-, Finanzund Ertragslage vermitteln." Auch lassen sich die Gliederungsvorschriften 29 sowie die Informationspflichten im Anhang und im Lagebericht 3~ nur vor dem Hintergrund einer Informationsvermittlung gegentiber Dritten begrtinden. 31 Nach h. M. ist die Informationsfunktion des w 264 Abs. 2 HGB keine vorrangige Generalnorm (,,overriding principle") des deutschen Handelsrechts. 32 Der nach handelsrechtlichen Grunds~itzen o r d n u n g s m ~ i g e r Buchf'tihrung ermittelte Gewinn bzw. das hiemach ermittelte Verm6gen ist zur Vermittlung eines den tats~ichlichen Verh~iltnissen entsprechenden Bildes der Verm6gens-, Finanz- und Ertragslage grds. nicht geeignet. 33 Nach der Abkopplungsthese von Moxter k6nnen ,,Verzerrungen, die der Gewinn als Indikator der wirtschafllichen Unternehmensentwicklung angesichts seiner objektivierten und vorsichtigen Ermittlung erleidet,

25 26 27 28 29 3o 31 32

33

Vgl.Moxter, Adolf(Rechnungslegung, 2003), S. 3. Vgl.Ballwieser, Wolfgang (Informations-GoB, 2002), S. 115 - 116. Vgl.Berndt, Thomas (Rechnungsabgrenzungsposten, 1998), S. 25 - 29. Dariiber hinaus soll der Einzelabschluss den Kaufmann im Insolvenzfall vor unberechtigten Anspriichen yon Dritten schiitzen. Vgl. Moxter, Adolf(Rechnungslegung, 2003), S. 3. Vgl. w167 264 ff. HGB. Vgl. w167 284 ff. HGB. Vgl. Ballwieser, Wolfgang (Nutzen, 1996), S. 8. Vgl. Moxter, Adolf(EG-Bilanzrichtlmie, 1978), S. 1630 - 1631; Beisse, Heinrich (Generalnorm, 1988), S. 34 - 36; Streim, Hannes (Kommentierung w 264 HGB, Loseblatt), Tz. 19; Beine, Frank (Scheinkonflikte, 1995), S. 4 6 7 - 475, W6lk, Armin (Generalnorm, 1992), S. 1 1 4 - 119. Dagegen vertreten Budde/F6rschle die Ansicht, das true and fair view-Gebot sei eine vorrangige Generalnorm und Wahlrechte sowie ErmessensspieMiume entsprechend auszuiaben. Vgl. Budde, Wolfgang Dieter/F6rschle, Gerhart (,,True and Fair View", 1988), S. 43. Vgl. hierzu auch Clemm, Herrmann (Wahlrechte, 1995), S. 135 - 156, insb. 136 - 138. Nach Clausen handelt ,,es sich bei dem Einblicksgebot...um den wichtigsten GOB" Clausen, Carsten P. (Stellenwert, 1987), S. 79 - 92, hier S. 89. Vgl. Moxter, Adolf(Standort, 1995), S. 32 - 33; Clemm, Herrmann (Wahlrechte, 1995), S. 141 - 144; Streim, Hannes (Generalnorm, 1994), S. 398 -403, Hommel, Michael/ Schmidt, Reinhard H./ Wiistemann, Jens (Grunds~itze, 2004), S. $86 m w. N.

[...] durch entsprechende Angaben im Anhang geheilt werden. ''34 Dadurch wird die Informationsfunktion des handelsrechtlichen Einzelabschlusses auf den Anhang verlagert und das true and fair view-Gebot des w 264 Abs. 2 HGB zur Generalnorm f'tir Fragen der Gliederung und des Anhangs. 35 1.2.

Informationsfunktion des handelsrechtlichen Konzernabschlusses

Im Gegensatz zum handelsrechtlichen Einzelabschluss dient der handelsrechtliche Konzemabschluss nicht der Ermittlung des ausschtittungsf~ihigen Gewinns, sondem besitzt nur eine Informationsfunktion. 36 Im Rahmen seiner Informationsfunktion soil der handelsrechtliche Konzernabschluss den externen Rechnungslegungsadressaten, d. h. gegenw~irtigen und potentiellen Anteilseignern, Gl~iubigem, Lieferanten, Mitarbeitern und Offentlichkeit, Informationen vermitteln, die ihnen eine Absch~itzung der Konsequenzen von Entscheidungen, die ihre Beteiligung an oder ihre Beziehung zu dem jeweiligen Unternehmen betreffen, erm6glichen. 37 Dazu soil der Konzernabschluss nach w 297 Abs. 2 Satz 2 HGB ,,unter Beachtung der Grunds~itze ordnungsmW3iger Buchffihrung ein den tats~ichlichen Verh~iltnissen entsprechendes Bild der Verm6gens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns" vermitteln. Darfiber hinaus sind nachw 298 Abs. 1 HGB einige far den Einzelabschluss der Kapitalgesellschaft geltenden Vorschriften auch f'tir den Konzemabschluss zu beachten. 38 Demnach ist der Konzernabschluss, die Besonderheiten eines konsolidierten Abschlusses ausgenommen, grunds~itzlich wie der Einzelabschluss einer Kapitalgesellschaft aufzustellen. Eine Zweckidentit~tt zwischen Einzelund Konzernabschluss kann hieraus aber nicht abgeleitet werden 39, der Konzemabschluss erg~inzt vielmehr den Einzelabschluss als zus~itzliches Informationsinstrument 4~

34

35 36 37 38 39 4o

Moxter, Adolf (True-and-fair-view-Gebot, 1995), S. 426 - 428; vgl. auch Moxter, Adolf (EGBilanzrichtlinie, 1978), S. 1630 - 1631; Moxter, Adolf(Bilanzlehre II, 1986), S. 67 - 68; Schildbach, Thomas (Generalklausel, 1987), S. 13; Clemm, Herrmann (Wahlrechte, 1995), S. 135 - 156; W6lk, Armin (Generalnorm, 1992), S. 107 - 111. Auf Probleme verweisen Biener, Herbert (Informationsgehalt, 1979), S. 3 - 6; ablehnend Groflfeld, Bernhard (Bilanzrecht, 1998), Rdnr. 65. Vgl.Moxter, Adolf(True-and-fair-view-Gebot, 1995), S. 426 - 428; Streim, Hannes (Generalnorm, 1994), S. 398 - 403; Adler/Diiring/Schmaltz (Rechnungslegung und PriJfung, 1996), w 264 HGB, Tz. 104; Schildbach, Thomas (Generalklausel, 1987), S. 13. Vgl.Schildbach, Thomas (Konzernabschluss, 1991), S. 15. Vgl. Schildbach, Thomas (Konzernabschluss, 1991), S. 16; K6hle, Holger (Konzemabschluss, 1997), S. 26 - 47. Vgl.Baetge, J6rg/Kirsch, Hans-Jiirgen/Thiele, Stefan (Konzembilanzen, 2000), S. 28. Vgl.Klein, Giinter (Zwecke, 1989), Rdnr. 872 - 875; a.A. Burkel, Peter (Aussagekraft, 1985), S. 839. Vgl.Baetge, J6rg/Kirsch, Hans-Jiirgen/Thiele, Stefan (Konzembilanzen, 2000), S. 35.

2.

Zielsetzung der externen Rechnungslegung nach US-GAAP und IAS/IFRS

2.1.

Vermittlung entscheidungsniitzlicher Informationen als alleinige Zielsetzung der externen Rechnungslegung nach US-GAAP und IAS/IFRS

2.1.1.

US-GAAP

Die theoretische Grundlage der U S - G A A P 41 bildet das v o m Financial Accounting Standard Board (FASB) 42 entwickelte ,,Conceptual Framework". Hierin formuliert das F A S B zun/ichst die Ziele der externen R e c h n u n g s l e g u n g 43 nach U S - G A A P und leitet d a r a u f aufbauend qualitative Anforderungen an die e x t e m e R e c h n u n g s l e g u n g 44 ab. 45 Im Conceptual F r a m e w o r k niedergelegte Grunds/~tze sind keine G A A P und ihre Beachtung ist flir den Best~itigungsvermerk des Wirtschaftsprfifers nicht bindend. 46 Sie dienen aber dem F A S B als Grundlage f'tir die Entwicklung neuer Standards 47 und dtirfen, wenn auch mit Vorsicht, zur Ableitung von L6sungen f'tir noch nicht geregelte Fragen der R e c h n u n g s l e g u n g v e r w e n d e t w e r d e n 48. Nach Ansicht des F A S B soll die exteme Rechnungslegung in den U S A in erster Linie zu einer effizienten Funktionsweise des Kapitalmarkts beitragen und damit eine ad/~quate Allokation knapper (finanzieller) Ressourcen erm6glichen. 49 Daher besteht ihre prim~ire Aufgabe in der Bereitstellung von Informationen far den Kapitalmarkt. Z w a r sollen die bereitgestellten Informationen ffir die wirtschaftlichen Entscheidungen aller Nutzer der e x t e m e n Rechnungs-

42 43 44 45

46

47

48 49

Die Beachtung der US-GAAP ist ein pflichtgem/iBer Bestandteil des Testats eines Wirtschaftsprtifers in den USA, so dass der Geltungsbereich s/imtliche Unternehmen umfasst, die sich einer Prtifungspflicht freiwillig unterziehen oder unterziehen miissen. Die gilt insb. f'tir b6rsennotierte Unternehmen, da die SEC nur uneingeschr/inkt testierte Jahresabschliisse akzeptiert. Vgl. ausfiihrlich Haller, Axel (Rechnungslegung, 1994), S. 57 - 58 m. w. N. Einen l]berblick der rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen der wertpapierrechtlichen Rechnungslegung in den USA geben Schildbach, Thomas (US-GAAP, 2000), S. 5 - 32; Haller, Axel (Rechnungslegung, 1994), S. 9 - 54; Wesner, Peter (Bilanzierungsgrunds~itze, 1984), S. 5 - 12. Vgl. SFAC 1 ,,Objectives of Financial Reporting by Business Enterprises". Vgl. SFAC 2 ,,Qualitative Characteristics of Accounting Information". Dartiber hinaus legt das ,,Conceptual Framework" die wichtigsten Bestandteile des Jahresabschlusses fest (SFAC 6 ,,Elements of Financial Statements a replacement of SFAC No. 3", der SFAC 3 ,,Elements of Financial Statements of Business Enterprises") und konkretisiert wesentliche Grunds/itze f'tir den Ansatz- und die Bewertung (SFAC 5 ,,Recognition and Measurement in Financial Statements of Business Enterprises" und SFAC 7 ,,Using Cash Flow Information and Present Value in Accounting Measurements"). ,,Unlike a Statement of Financial Accounting Standards, a Statement of Financial Accounting Concepts does not establish generally accepted accounting principles and therefore is not intended to invoke the application of Rule 203 of the Rules of Conduct of the Code of Professional Ethics of the American Institute of Public Accountants" SFAC 1 Einleitung. Vgl. auch SFAC 5 Einleitung; Haller, Axel (Rechnungslegung, 1994), S. 201. Statements of Financial Accounting Concepts are intended to establish the objectives and concepts that the Financial Accounting Standard Board will use in developing standards of financial accounting and reporting." SFAC 1 Einleitung. ..... if used with care, may also provide guidance in resolving new or emerging problems of financial accounting and reporting in the absence of applicable authoritative pronouncements." SFAC 1 Einleitung. Vgl. SFAC 1 par. 33; Kahle, Holger (Informationsversorgung, 2002), S. 98. .....

legung niatzlich sein. 5~ Da das FASB aber unterstellt, dass entscheidungsntitzliche Informationen for Kapitalgeber auch ftir die wirtschafUichen Entscheidungen anderer Nutzer, die in irgendeiner Art einen Geldanspruch gegentiber dem Unternehmen besitzen, ntitzlich sind, werden die aktuellen und potentiellen Eigenkapital- und Fremdkapitalgeber als Zielgruppe besonders hervorgehoben. 5~ Dabei nimmt sich das FASB insbesondere den Informationsinteressen derjenigen Nutzer der extemen Rechnungslegung 52 an, deren wirtschaftliche Macht nicht ausreicht, um ihre Informationsansprtiche individuell gegentiber dem Unternehmen durchzusetzen (insb. Publikumsaktionare und einflusslose Gl~iubiger). 53 Zum Schutz der aktuellen und potentiellen Eigenkapital- und Fremdkapitalgeber vor einem eigenntitzig handelnden Management 54 soil der Jahresabschluss oder Zwischenbericht 55 solche Informationen bereitstellen, die mr die wirtschatilichen Entscheidungen der Kapitalgeber ntitzlich sind (,,decision usefulness"): ,,Financial Reporting should provide information that is useful to present and potential investors and creditors and other users in making rational investment, credit, and similar decisions. ''56 2.1.2.

1AS/1FRS

Die theoretische Basis der vom IASB entwickelten IAS/IFRS bildet das Rahmenkonzept f'tir die Aufstellung und Darstellung von Abschltissen (,,Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statements"). Im Rahmenkonzept formuliert das IASB die Zielsetzungen, die qualitativen Anforderungen und die Grundprinzipien der extemen Rechnungslegung nach IAS/IFRS. Die hierin formulierten Grunds~itze mtissen bei der Erstellung von Jahresab-

5~ 52

53 54 55 56 10

,,The objectives stem primarily from the informational needs of external user [...] Those potential users include most of the groups listed in paragraph 24." SFAC 1 par. 28. ..... that ist useful to present and potential investors and creditors, and other users..." SFAC 1 par. 34. Vgl. zur Problematik Berndt, Thomas (Wahrheits- und Fairnesskonzeptionen, 2005), S. 47 - 51. Der Kreis der m6glichen Nutzer der externen Rechnungslegung ist sehr weit gefasst: ,,Among the potential users are owners, lenders, suppliers, potential investors and creditors, employees, management, directors, customers, financial analysts and advisors, brokers, underwriters, stock exchanges, lawyers, economists, taxing authorities, legislators, financial press und reporting agencies, labor unions, trade associations, business researchers, teachers and students, and the public." SFAC 1 par. 24. Vgl. SFAC 1 par. 28; Schildbach, Thomas (US-GAAP, 2000), S. 40; Hailer, Axel (Rechnungslegung, 1994), S. 205. Der Investorenschutz als prim~irer Zweck der wertpapierrechtlichen Rechnungslegung in den USA ergibt sich bereits aus dem Securities Exchange Act of 1934 (SEA of 1934). Vgl. w 13 (a) SEA of 1934, 15 USC w78m(a). Der Jahresabschluss bzw. unterj~ihrige Abschluss ist ein Bestandteil der externen Unternehmensberichterstattung, so dass die Zielsetzung auch f'tir den Jahresabschluss gilt. Vgl. Solomons, David (FASB's conceptual Framework, 1986), S. 118. SFAC 1 par. 34.

schltissen und unterjg.hrigen Abschltissen beachtet werden, haben aber keinen Vorrang vor den Regelungen der einzelnen IAS. 57 Die alleinige Aufgabe des Jahresabschlusses bzw. unterj~ihrigen Abschlusses nach IAS/IFRS besteht in der Vermittlung von entscheidungsniitzlichen Informationen fiir einen weiten Nutzerkreis58: ,,The objective o f financial statements is to provide information about the financial position, performance and changes in financial position of an enterprise that is useful to a wide range of users in making economic decisions. ''59 Dabei kOnnen die teilweise konfligierenden Informationsbedtirfnisse der verschiedenen Anwender durch die externe Rechnungslegung nicht gleichermagen erf'tillt werden. 6~ Das IASB nimmt aber an, dass mit der Erfiillung der Informationsbedtirfnisse von Investoren die Erftillung der wesentlichen Informationsbedtirfnisse anderer Nutzer einhergeht. 61

2.2.

Qualitative Anforderungen an entscheidungsniitzliche Informationen

2.2.1.

US-GAAP

Nach U S - G A A P sind im Rahmen der externen Unternehmensberichterstattung bereitgestellte Informationen so aufzubereiten, dass diese fiir einen mit Grundkenntnissen fiber wirtschaftliche Sachverhalte und Rechnungslegung ausgestatteten Interessenten verstg.ndlich sind (,,Unterstandibility"). 62 Zur Vermittlung entscheidungsniitzlicher Informationen kommt den im Conceptual Framework kodifizierten Grunds~itzen der Relevanz (,,relevance") und Verl~isslichkeit (,,reliability") eine zentrale Bedeutung zu (,,primary decision-specific qualities"). 63 Eine Information ist nach Ansicht des FASB entscheidungsrelevant, wenn sie die wirtschaftlichen Entscheidungen der Kapitalgeber zu beeinflussen vermag: ,,To be relevant to investors, creditors, and others for investment, credit, and similar decisions, accounting information

58 59 6o 6~ 62 63

,,Nothing in this Framework overrides any specific International Accounting Standard." IAS Framework par. 2. Das Rahmenkonzept dient zun~ichst dem IASB zur Entwicklung neuer oder der l]berarbeitung bestehender Standards und soll u. a. den Rechnungslegenden bei der Erstellung des Abschlusses sowie den Wirtschaftsprfifer bei der Priifung des Abschlusses untersttitzen. Vgl. IAS Framework par. 1 (a), (d) und (e). Der Nutzerkreis umfasst die aktuellen und potentiellen Anteilseigner, Mitarbeiter, Gl~iubiger, Zulieferer, Kunden, Beh6rden und die Offentlichkeit. Vgl. IAS Framework par. 9. IAS Framework par. 12. ,,Whileall of the information needs of these users cannot be met by financial statements, there are needs which are common to all users." IAS Framework par. 10. Vgl. auch Schildbach, Thomas (Generalklausel, 1987), S. 4 - 6. ,,As investors are providers of risk capital to the enterprise, the provision of financial statements that meet their needs will also meet most of the needs of other users that financial statements can satisfy." IAS Framework par. 10. ..... information provided by financial reporting should be comprehensible to those who have a reasonable understanding of business and economic activities and are willing to study the information with reasonable diligence." SFAC 2 par. 40. Vgl. auch SFAC 2 par. 41. Vgl.Schildbach, Thomas (US-GAAP, 2000), S. 43.

must be capable of making a difference in a decision by helping users to form predictions about the outcomes of the past, present and future events or to confirm or correct expectations. ''64 Die Information muss den Kapitalgebern somit entweder eine Vorhersage der wirtschattlichen Entwicklungen aus vergangenen, gegenw~irtigen oder zuktinftigen Ereignissen (,,predictive value") oder eine Korrektur fr~herer Erwartungen (,,feedback value") erm6glichen. 65 Eine in diesem Sinne entscheidungsrelevante Information kann die wirtschaftlichen Entscheidungen der Kapitalgeber aber nur beeinflussen, wenn ihnen die Information im Zeitpunkt der Entscheidungsfindung auch bekannt ist. 66 Danach ist die Vertiffentlichung von Periodenabschltissen zu einem Zeitpunkt geboten, bevor die hierin enthaltenen Informationen ihre F~ihigkeit zur Beeinflussung der wirtschafUichen Entscheidungen der Kapitalgeber verlieren (,,timeliness"). 67 Eine entscheidungsntitzliche Information zeichnet sich nicht nur durch ihre Relevanz, sondern auch durch ihre Verl~isslichkeit (,,reliability") aus. 68 In diesem Zusammenhang meint Zuverl~issigkeit die ,,quality o f information that assures that information is reasonably free from error and bias and faithfully represents what it purports to represent. ''69 Danach werden Informationen als zuverl~issig angesehen, wenn diese ,,(a) objektiv im Sinne von intersubjektiv nachpNfbar sind (verifiability), (b) messbar sind (representational faithfulness) und (c) ausschliel31ich den zugrunde liegenden Sachverhalt referieren und nicht die aus ihm zu erwartenden wirtschaftlichen Konsequenzen (neutrality). ''7~ Dartiber hinaus mtissen entscheidungsntitzliche Informationen den Merkmalen der zwischenbetrieblichen Vergleichbarkeit (,,comparability") und der chronologischen Vergleichbarkeit der Daten (,,consistency") gentigen (,,secondary qualities"). 71 Die Vermittlung entscheidungsntitzlicher Informationen wird durch den Grundsatz der Wesentlichkeit (,,materiality") 72 und den Grundsatz der Wirtschafllichkeit (,,Cost and Bene-

65 66 67 68 69 70 71 72 12

SFAC 2 par. 47; Vgl. auch Coenenberg, AdolfG. (Informationssysteme, 1971), S. 740. Vgl.Haller, Axel (Rechnungslegung, 1994), S. 210. ,,If information is not available when it is needed or becomes available only so long after the reported events that it has no value for future actions, it lacks relevance and is of little or no use." SFAC 2 par. 56. Vgl. auch Solomons, David (Accounting Policy, 1986), S. 89. ,,Timelinessin the present context means having Information available to decision makers before it loses ist capacity to influence decisions." SFAC 2 par. 56. ,,Thatinformation should be reliable as well as relevant is a notion that is central in accounting." SFAC 2 par. 58. SFAC2, Glossary of Terms. Baetge,JOrg/Rofl, Heinz-Peter (fair presentation, 2000), S. 33 - 34. Vgl. Solomons, David (Accounting Policy, 1986), S. 90 - 94 und 101 - 102. Vgl.SFAC 2 par. 111 - 122; vgl. auch Schmotz, Thomas (Pro-Forma-Abschliisse, 2004), S. 5 - 22. Vgl.SFAC 2 par. 123 - 132.

fits") 73 beschr~inkt. Danach sollen der Art naeh entscheidungsntitzliche Informationen nur gew~ihrt werden, wenn sie ,,fOr den Entscheidungsprozel3 des Informationsbenutzers wesentlich sind" und ,,der Informationsnutzen die -kosten iiberwiegt. ''74 2.2.2.

IAS/IFRS

Im Rahmen der Rechnungslegung nach IAS/IFRS bereitgestellte Informationen mtissen zun~ichst dem Grundsatz der Verst~indlichkeit (,,understandability") gentigen 75, wobei hierf'tir die ,,Kenntnisse eines durchschnittlich sachkundigen Bilanzlesers ''76 zu Grunde gelegt werden k6nnen. Ebenso wie nach den US-GAAP mtissen entscheidungsrelevante Informationen nach IAS/IFRS den Grunds~itzen der Relevanz und der Verl~isslichkeit gentigen. 77 Nach Ansicht des IASB ist die Entscheidungsrelevanz einer Information durch ihre Art (,,nature") und ihre Wesentlichkeit (,,materiality") bedingt. TM Eine Information ist ihrer Art nach relevant, wenn sie die wirtschaftlichen Entscheidungen der Nutzer zu beeinflussen vermag, d. h. einen ,,predictive value" oder ,,feedback value" beinhaltet. 79 Dartiber hinaus muss eine der Art nach relevante Information aufgrund ihrer Bedeutung (,,significance") 8~ die wirtschaftlichen Entscheidungen der Nutzer beeinflussen. 81 ,,Materiality depends on the size o f the item or error judged in the particular circumstances o f its omission or misstatement. ''s2 Dartiber hinaus muss eine entscheidungsntitzliche Information nach IAS/IFRS dem Grundsatz der Verl~isslichkeit (,,reliability") entsprechen. ,,Information has the quality o f reliability when it is free from material error and bias and can be depended upon by users to represent faithfully that which it either purports to represent or could reasonably be expected to represent. ''s3

73 74 75 76 77

7s 79 so s~ 82 s3

Vgl.SFAC 2 par. 133 - 144. Haller,Axel (Rechnungslegung, 1994), S. 210 (beide Zitate). ,,Anessential quality of the information provided in financial statements is that it is readily understandable by users." IAS Framework par. 25. Degenhardt, Martina (Zeitwertbilanzierung, 2003), S. 34. Weitere wesentliche Merkmale entscheidungsntitzlicher Informationen bestehen in der chronologischen Vergleichbarkeit der PeriodenabschRisse (,,Users must be able to compare the financial statements of an enterprise through time..." IAS Framework par. 39") und in der zwischenbetrieblichen Vergleichbarkeit (,,Users must be able to compare the financial statements of different enterprises..." IAS Framework par. 39). ,,Therelevance of information is affected by its nature and materiality." IAS Framework par. 29. ,,Informationhas the quality of relevance when it influences the economic decisions of users by helping them evaluate past, present or future events or confirming, or correcting, their past evaluations." IAS Framework par. 26. Vgl.Kam, Vernon (Accounting Theory, 1990), S. 517. ,,Informationis material if its omission or misstatement could influence the economic decision of user taken on the basis fo the financial statement." IAS Framework par. 29. IAS Framework par. 30. IAS Framework par. 31. 13

Neben den durch das FASB formulierten qualitativen Anforderungen bedingt die Zuverl~issigkeit einer Information nach Auffassung des IASB, dass die wirtschafiliche Realit~it und nicht ausschlieBlich die rechtlichen Verh~iltnisse der Information abgebildet werden (,,substance over form") 84, die bestehenden Ermessensspielr~iume vorsichtig ausgetibt werden (,,prudence") 85 und die Informationen unter Berticksichtung des Grundsatzes der Wesentlichkeit vollstLqdig sind (,,completeness"). 86 Die Z e i t n ~ e der Abschlussinformationen (,,timeliness") ist im Rahmenkonzept des IASB nicht in das Qualit/~tsmerkmal der Relevanz eingebunden, sondern wird unter den Beschr~inkungen fftir die Vermittlung relevanter und zuverl~issiger Informationen (,,Constraints on relevant and reliable Information") aufgefiihrt. 87 Danach kann das Erfordemis einer zeitnahen Ver6ffentlichung des Abschlusses das Gebot zur Vermittlung relevanter und verl~isslicher Informationen einschr~ken. B.

Fast Close-Absehliisse im Spannungsverh~iltnis zwisehen Relevanz und Verl~issliehkeit

1.

Fast Close - die zeitnahe Ver6ffentlichung von Periodenabschliissen

1.1.

Bedeutung der Zeitniihe ffir die Vermittlung entscheidungsrelevanter lnformationen

1.1.1.

Zeitniihe als Voraussetzungf~r die Vermittlung entscheidungsrelevanter lnformationen

Nur eine zeitnahe Ver6ffentlichung der Finanzdaten erm6glicht den Kapitalm~kten eine angemessene Reaktion auf die aktuelle Unternehmensentwicklung durch Eingreifen der Akteure in die Entscheidungen

des

Managements

oder durch Umschichtung

ihrer Aktien-

Portefeuilles 88, so dass entscheidungsrelevante Informationen zwingend zeitnahe Informationen sein mtissen. Auch in der Literatur wird die Bedeutung der zeitnahen Ver6ffentlichung der AbschliJsse vor dem Hintergrund der Vermittlung entscheidungsntitzlicher Informationen durch die externe 84 85 86 87 88

14

,,it is necessary that they are accounted for and presented in accordance with their substance and economic reality and not merely their legal form." IAS Frameworkpar. 30. ,,Suchuncertainties are recognised by the disclosure of their nature and extent and by exercise of prudence in the preparation of the financial statements." IAS Frameworkpar. 37. ,,To be reliable, the information in financial statements must be complete within the bounds of materiality and cost." IAS Frameworkpar. 38. Nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (,,Balance between Cost and Benefit") soll der Nutzen der Information die Kosten der Bereitstellung der Information iiberwiegen: ,,The benefits derived from information should exceed the cost of providing it." IAS Frameworkpar. 44. Die grunds~itzlichenHandlungsalternativender Anteilseigner werden in der Literatur mit ,,control by exit" bzw. ,,control by entry" und ,,control by voice" umschrieben. Den aktuellen Anteilseignem bleibt mit dem Halten der Anteile noch eine weitere Handlungsalternative. Vgl. hierzu Wagner, Franz W. (Ausschfittungsbemessungsfunktion, 1982), S. 753; Busse von Colbe, Walther(Untemehmenskontrolle, 1994), S. 39.

Rechnungslegung hervorgehoben: ,,Such reports must be timely to have any usefulness for management and investor decisions. ''89 Das FASB sieht in der zeitnahen Verrffentlichung der Abschltisse ein erg~inzendes Merkmal von entscheidungsrelevanten Informationen: "Timeliness is an ancillary aspect of relevance. ''90 Im Gegensatz zu den Merkmalen ,,feedback value" oder ,,predictive value" begrtindet die zeitnahe Verrffentlichung des Abschlusses aber nicht unmittelbar die Relevanz einer Information, sondern gew~ihrleistet lediglich, dass eine Information ihren relevanten Informationsgehalt nicht verliert: ,,Timeliness alone cannot make information relevant, but a lack of timeliness can rob information of relevance it otherwise might have had. ''91 Dementgegen begrtindet nach Ansicht des IASB nur die Art und die Wesentlichkeit einer Information ihre Entscheidungsrelevanz, wahl'end die Entscheidungsntitzlichkeit der Abschlussinformation neben anderen Merkmalen (z. B. Verl~isslichkeit, Vergleichbarkeit) auch eine zeitnahe Verrffentlichung des Abschlusses erfordert. Diese Auffassung wird auch in der Literatur vertreten: ,,Prior knowledge on the part of the recipient will undoubtedly reduce the usefulness of the information; it does not effect its relevance. ''92 Verglichen mit den USGAAP gewinnt die Zeitn~ihe in der Hierarchie qualitativer Merkmale von entscheidungsniitzlichen Informationen an Bedeutung und die relative Gewichtung der qualitativen Merkmale wird entsprechend ver~indert, da die Relevanz und die Zeitnghe einer Information eigenst~indige Merkmale f'tir die Entscheidungsntitzlichkeit der Information darstellen. Wenn aber die Mrglichkeit berticksichtigt wird, dass ein Nutzer ,,bereits aufgrund anderer Informationsquellen fiber die notwendigen Informationen verftigt" oder dass die Jahresabschlussinformationen diesem Nutzer ,,erst nach dem Entscheidungszeitpunkt zugehen, eine erneute Entscheidung aber nicht mrglich ist ''93, wird deutlich, dass die Relevanz einer Abschlussinformation die zeitnahe Verrffentlichung des Abschlusses bedingt. Anderenfalls wird der Nutzer des Abschlusses die betreffende Abschlussinformation (wohl) kaum als entscheidungsrelevant ansehen. 94 In diesem Sinne stellt auch das IASB fest, dass eine Information Grady, Paul (Inventory, 1965), S. 41. Vgl. auch Hendriksen, Eldon S./ van Breda, Michael F. (Accounting Theory, 1991), S. 136; Kam, Vernon (Accounting Theory, 1990), S. 516; Committee on Concepts and Standards underlying Corporate Financial Statements (Supplementary Statement No. 8, 1954), S. 46; Busse von Colbe, Walther (Informationsinstrument, 1993), S. 21; Kuhlewind, Andreas-Markus (Bilanzrechtstheorie, 1997), S. 84. 90 SFAC 2 par. 57; vgl. auch Committee on Concepts and Standards for External Financial Reports (Accounting Theory, 1977), S. 16. 91 SFAC 2 par. 57; vgl. auch Hendriksen, Eldon S./van Breda, Michael F. (Accounting Theory, 1991), S. 136. 92 Solomons, David (Accounting Policy, 1986), S. 89. 93 Coenenberg, AdolfG. (Informationssysteme,1971), S. 740 (beide Zitate). 94 Vgl.Coenenberg, AdolfG. (Informationssysteme,1971), S. 740.

15

durch Verz6gerungen in der Ver6ffentlichung des Abschlusses ihre Relevanz verlieren kann: ,,If there is undue delay in the reporting of information it may lose its relevance. ''95 Somit ist die zeitnahe Ver6ffentlichung des Abschlusses auch nach IAS/IFRS kein eigenstandiges Merkmal einer entscheidungsntitzlichen Information, sondem eine notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung f'tir die Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen. 96

1.1.2. Zielkonflikt zwischen zeitnahen und verlasslichen Abschlussinformationen Der Abschlussstichtag stellt einen Schnitt in die Gesch~iftst~itigkeit des Untemehmens dar, so dass ein Teil der Gesch/iftsvorf~ille am Abschlussstichtag noch nicht abgeschlossen ist und noch Entwicklungen im Zeitraum nach dem Abschlussstichtag unterliegt. 97 Dies zeigt sich besonders deutlich am Beispiel der Ausgaben ftir Gew~.rleistungen 98. Diese lassen sich erst dann eindeutig bestimmen, wenn das Untemehmen seine Gewahrleistungsverpflichtungen vollst~dig erbracht hat und die Anzahl der Gew/ihrleistungsf~ille sowie die damit verbundenen Ausgaben endgtiltig feststehen. H~iufig sind die Gew~u'leistungen am Abschlussstichtag aber nicht (vollstandig) bekannt bzw. erbracht, so dass die hierfiir zuki.inftig zu erbringenden Ausgaben ungewiss sind. Der Rechnungslegende kann die Abschlusserstellung aber nicht solange verz6gem, bis alle Aspekte der Gesch/iftsvorf~ille einer Abschlussperiode bekannt geworden sind und hierdurch s/imtliche Ungewissheiten beseitigt werden. 99 Daher sind Sch~itzungen im Rahmen der Abschlusserstellung fiir die Bilanzierung verschiedenster Sachverhalte, wie bspw. die am Ab-

95 96 97 98

99

16

IAS Framework par. 43. Vgl.ohne Begrtindung Adler~Daring~Schmaltz (ADS intemational, Loseblatt), Abschnitt 1, Rz. 98. Vgl.Moonitz, Maurice (Postulates, 1965), S. 33. Untemehmensind aufgrund gesetzlicher Vorschriften (bspw. nach w167 434, 435 oder 633 BGB, Gew/ihrleistungen) oder vertraglicher Einzelvereinbarungen (Garantien) verpflichtet, eine mit M~ingelnbehaftete Liefemng oder Leistung nachzubessem. W/ihrend Gew/ihrleistungsansprtiche nach w 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB zwei Jahre nach Lieferung der Sache verj/ihren, k6nnen die Vertragspartner die Garantiefrist einzelvertraglich (erheblich) tiber den gesetzlichen Gew~ihrleistungsanspmchhinaus erweitem. So auch BFH-Urteil vom 4. Februar 1958, I 173/57 U, BStB1 III 1958, S. 110: ,,Der Kaufmann kann mit der Aufstellung seiner Bilanz in der Regel nicht warten, bis die am Stichtag bestehenden tats/ichlichen und rechtlichen Verh~iltnissegekl/irt sind und jede Ungewissheit der Bewertung beseitigt ist. Es bleibt daher bei der Bilanzaufstellung nichts anderes tibrig, als die der H6he und dem Entstehungsgrund nach ungewissen Forderungen und Schulden mit einem gesch/itzten Betrag in der Bilanz einzusetzen und dabei die Aufhellung des am Bilanzstichtag gegebenen Sachverhalts bis zur Bilanzaufstellung zu berticksichtigen."

9

schlussstichtag gebotene Bildung einer Rtickstellung fiir Gewghrleistungsverpfllchtungen

100 ,

und ,,Bandbreiten zul~issiger vertretbarer Bewertungen ''l~ unvermeidbar. ~~ Dabei kann das Untemehmen im Zeitraum zwischen dem Bilanzstichtag und der Ver6ffentlichung des Abschlusses noch Informationen erlangen, die seine Sch~itzungen best~itigen oder widerlegen k6nnen. Hier kann jeder Tag, um den die Ver6ffentlichung des Abschlusses hinausgez6gert wird, zum Zugang neuer Informationen bspw. aus der Abwicklung von Gew~ihrleistungsf~illen ftihren, die dem Bilanzierenden eine bessere Sch~itzung der Rtickstellungsh6he erlauben. Die nach US-GAAP und IAS/IFRS gebotene zeitnahe Ver6ffentlichung des Abschlusses geht zwangl~iufig mit einer Verktirzung des Zeitraums zwischen Bilanzstichtag und Ver6ffentlichung des Abschlusses einher. Je weniger Zeit dem Bilanzierenden aber nach dem Bilanzstichtag bleibt, um konkretisierende Informationen zu erlangen und Sch~itzungen zu prtifen, desto weniger zuverl~issig bzw. desto unsicherer sind (naturgem~il3) die gew~ihrten Abschlussinformationen. Aus einer zeitnahen Ver6ffentlichung des Abschlusses folgt bspw. fiir die Gew~ihrleistungen aus dem Weihnachtsgesch~ift, dass Gew~ihrleistungsffille, die nach dem Bilanzstichtag gemeldet oder abgewickelt werden und hierdurch die Ungewissheit tiber die zuktinftigen Ausgaben reduzieren, nur in einem geringeren Umfang bei der Abschlussaufstellung berficksichtigt werden k6nnen. Aus Sicht der Nutzer k6nnen Spannungen zwischen den qualitativen Merkmalen Zeitn~ihe und Verl~isslichkeit einer Abschlussinformation derart bestehen, dass Abschlussinformationen aufgrund ihrer Art und zeitnahen Ver6ffentlichung zwar als relevant, aber aufgrund von Ermessensspielr~iumen des Rechnungslegenden (Sch~itzungen) als wenig zuverl~issig angesehen werden (,,trade oft"). 1~

~o0 Bilanziellsind die mit der Nachbesserung verbundenen Ausgaben im Gesch~iftsjahr, in dem der dazugeh6rige Umsatz (die Lieferung oder Leistung im Rechtssinne) erfolgt, aufwandswirksam zu erfassen. Vgl. Moxter, Adolf (Rtickstellungskriterien, 1995), S. 315 - 317 m. w. N. Sind die Nachbesserungsarbeitenbis zum Bilanzstichtag noch nicht (vollst~ndig)abgeschlossen, miissen die damit verbundenen Ausgaben nach dem Realisationsprinzip durch eine Rfickstellungsbildungantizipiert werden. Vgl. Moxter, Adolf(Bilanzrechtsprechung, 1999), S. 94. In die zu bildende Riickstellung sind s~imtlichezur Leistungserfiillungerforderlichen Ausgaben einzubeziehen und zwar unabh~ingigdavon, ob es sich um Erfiillungseinzelkosten(z.B. Ersatzteilkosten, Reparaturl6hne, Herstellungskostenvon zum Austausch gelieferter Ware, Kosten fiir Gutachten, Beh6rdenauskiinfte, Materialunterlagen) oder Erffillungsgemeinkosten(z. B. Abschreibungen auf Werkmaschinen und Einrichtungen, allgemeine Verwaltungskosten, Kosten der Rechtsabteilung ffir die Priifung des Haftungsverh~iltnissesbzw. Feststellung der Leistungspflicht)handelt. lOl Clemm,Herrmann (Fragwfirdigkeit, 1993), S. 136. 102 Vgl. Littmann, Eberhard (Schatzungen, 1962), S. 325 - 326; Moonitz, Maurice (Postulates, 1965), S. 33; Hoffmann, Wolf-Dieter (Wertaufhellung, 1996), S. 1162- 1163. 103 Zum ,,trade off'' zwischen Relevanz und Verl~isslichkeitvgl. Solomons, David (Accounting Policy, 1986), S. 97 - 99; Streim, Hannes/Bieker, Marcus/Leippe, Britta (Fundierung, 2001), S. 184. In der Literatur wird aber auch die Ansicht vertreten, dass Relevanz und Verl~isslichkeitnicht im Widerspruch stehen k6nnen. Vgl. hierzu Stanga, Keith G. (Relationship, 1980), S. 29 - 39, hier S. 39. 17

Einen mrglichen ,,trade off" zwischen Zeitn~e und Verl~isslichkeit der Abschlussinformationen, der im Ergebnis die Entscheidungsntitzlichkeit der Abschlussinformationen erhrhen oder mindern kann, r~iumt auch das FASB ein: ,,But a gain in relevance that comes with increased timeliness may entail sacrifices of other desirable characteristics of information, and as a result there may be an overall gain or loss in usefullness. ''1~ Auch das IASB sieht die Mrglichkeit eines ,,trade-oft" zwischen den beiden geforderten qualitativen Merkmalen: ,,To provide information on a timely basis it may often be necessary to report before all aspects of the transaction or other event are known, thus impairing reliability. Conversely, if reporting is delayed until all aspects are known, the information may be highly reliable but of little use to users who have had to make economic decisions in the interim. ''~~

1.2.

Fristen f~r die Aufstellung und Verrffentlichung von Periodenabschliissen in der internationalen Rechnungslegung

1.2.1. HGB und GoB 1.2.1.1.

Aufstellung des Abschlusses

Ein Mindestzeitraum fiir die Aufstellung des Abschlusses ist in den handelsrechtlichen Vorschriften ~ r alle Kaufleute nicht kodifiziert. Dagegen ist die Dauer des Aufstellungszeitraums zeitlich beschr~xlkt. Nach w 243 Abs. 3 HGB ist der Jahresabschluss ,,innerhalb der einem ordnungsm~igen Gesch/~ftsgang entsprechenden Zeit aufzustellen." Die Konkretisierung des nach w 243 Abs. 3 HGB unbestimmten Zeitraums zur Aufstellung des Jahresabschlusses muss anhand der Zwecke des handelsrechtlichen Jahresabschlusses erfolgen; anderenfalls krnnte der Jahresabschluss seinen Schutzfunktionen nicht gerecht werden. 1~ Dabei gebietet sowohl die Informationsfunktion als auch die Ausschfittungsbemessungsfunktion des handelsrechtlichen Jahresabschlusses eine mrglichst zeitnahe Aufstellung des Jahresabschlusses. ~~ Andererseits muss den betroffenen Unternehmen ein angemessener Zeitraum gew~hrt werden, der ihnen die Aufstellung des Abschlusses neben dem laufenden Geschaftsbetrieb und auch mit beschr~lkten personellen und technischen Mitteln erlaubt. ~~ Aus den Vorschriften ftir Kapitalgesellschaften, die nach w 264 Abs. 1 Satz 2 HGB zur Aufstellung des Jahresabschlusses innerhalb von drei Monaten nach dem Bilanzstichtag ver-

io4 !o5 to6 io7

SFAC2 par. 57. IAS Frameworkpar. 43. Vgl. Woltmann,Albrecht/Uecker, Peter (Kommentierungw243 HGB, Loseblatt),Rz. 78. Vgl.Maul, Karl-Heinz (GOB, 1974), S. 733; Moxter, Adolf(Bilanzlehre II, 1987), S. 19; Maul, Karl-Heinz (Bilanzierungsfristen, 1980), S. 468. 1o8 Vgl.Adler/Diiring/Schmaltz (Rechnungslegungund Priifung, 1996), w 243 HGB, Rz. 43; Baetge, Jrrg/ Fey, Dirk/Fey, Gerd (Kommentierungw243 HGB, 1990),Rz. 93. 18

pflichtet sind, leitet die h. M. im Schrifltum ab, dass die Aufstellung des Abschlusses nach w 243 Abs. 3 HGB innerhalb von sechs bis neun Monaten nach dem Bilanzstichtag noch ordnungsgem~if5 ist. ~~ Dagegen ist im Fall einer drohenden oder aktuellen Untemehmenskrise eine frfihere Aufstellung des Abschlusses geboten. 11~ In Krisensituationen sieht die Rechtsprechung eine Aufstellungsfrist von zwei bis drei Monaten nach dem Bilanzstichtag noch als ordnungsgem~il3 an. 111 Gem~iB {} 5 Abs. 1 Satz 1 PublG sind Untemehmen, die dem PublG unterliegen, zur Aufstellung des Jahresabschlusses innerhalb von drei Monaten nach dem Bilanzstichtag verpflichtet. Die Aufstellungsfrist verl~ingert sich nach w 264 Abs. 1 Satz 3 HGB fiir kleine Kapitalgesellschaften auf sechs Monate und betr~igt f'tir Genossenschaflen nach w 336 Abs. 1 Satz 2 HGB f'tinf Monate. Nach w 26 Abs. 1 KWG mfissen Kreditinstitute ihren Jahresabschluss innerhalb von drei Monaten aufstellen. Die Aufstellungsfrist f'tir Versicherungsuntemehmen betrggt nach w 341 a Abs. 1 HGB vier Monate und f'tir RiJckversicherungsuntemehmen nach w 341 a Abs. 5 HGB zehn Monate. Nach deutschem Handelsrecht sind keine Fristen f'dr die Aufstellung unterj~ihriger Abschltisse kodifiziert. 1.2.1.2.

Offenlegung des Abschlusses

Nach den handelsrechtlichen Vorschriften ist eine Offenlegung des Jahresabschlusses nur f'tir Kapitalgesellschaflen (w167 325 -329 HGB) und Genossenschaflen (w167 339 HGB), Untemehmen bestimmter Gr6Ben (w 9 PublG) und mr bestimmte Branchen (w167 340 1, 341 1HGB) vorgeschrieben. Diese Vorschriflen sehen jedoch nur eine Frist, aber keinen Mindestzeitraum, f'tir die Offenlegung des Jahresabschlusses vor. Gem~il3 w 325 Abs. 1 Satz 1 HGB haben Kapitalgesellschaften ,,den Jahresabschlul3 unverziJglich nach seiner Vorlage an die Gesellschafter, jedoch sp~itestens vor Ablauf des zw61ften

~09 Vgl. Baetge, J6rg/Fey, Dirk /Fey, Gerd (Kommentierung w 243 HGB, 1990), Rz. 93; Adler/Daring/ Schmaltz (Rechnungslegung und Prfifung, 1996), w 243 HGB, Rz. 43; F6rschle, Gerhart (Beck'scher Bilanzkommentar, 2003), w243 HGB, Rz. 93. Ftir eine Aufstellung des Abschlusses innerhalb von sechs Monaten vgl. Hiiffer, Uwe (Kommentierung w 243 HGB, 2002), Rz. 40; Woltmann, Albrecht/Uecker, Peter (Kommentierung w 243 HGB, Loseblatt), Rz. 79. Dagegen halt Morck eine Aufstellung des Abschlusses innerhalb von zw61f Monaten fiir zulassig. Vgl. Morck, Winfried (Kommentierung w 243 HGB, 1999), Rz. 5. i~0 Vgl. Woltmann, Albrecht/Uecker, Peter (Kommentierung w 243 HGB, Loseblatt), Rz. 80; Adler/Daring/ Schmaltz (Rechnungslegung und Prfifung, 1996), w243 HGB, Rz. 44. tl~ Vgl. BVerfG-Beschluss vom 15. Marz 1978, 2 BvR 927/76, in: BB, 33. Jg. (1978), S. 572 - 573; stellvertretend BGH-Urteil vom 19. Dezember 1954, 3 StR 198/54, in: BB, 10. Jg. (1955), S. 109. Vgl. zur BGHRechtsprechung auch Baetge, JOrg/Fey, Dirk / Fey, Gerd (Kommentiemng w 243 HGB, 1990), Rz. 88 m. w. N. 19

Monats des dem Abschlul3stichtag nachfolgenden Gesch~iftsjahres" offenzulegen. Nach w 325 Abs. 3 Satz 1 HGB gilt diese Frist aueh f'tir Kapitalgesellschaften, die einen Konzemabschluss erstellen mtissen. Auch Genossenschaften sind nach w 339 Abs. 1 Satz 1 HGB ,,unverziJglich nach der Generalversammlung, jedoch sp~itestens vor Ablauf des zw61ften Monats des dem Abschlul3stichtag nachfolgenden Gesch~iftsjahres" zur Offenlegung des Jahresabschlusses verpflichtet. Die Vorschrift f'tir Kapitalgesellschaflen ist nach w 9 Abs. 1 Satz 1 PublG auf Unternehmen, die dem PublG unterliegen, sinngem~iB anzuwenden. Auch Kreditinstitute (w 3401 Abs. 1 Satz 1 HGB)und Versicherungsunternehmen (w 3411 Abs. 1 Satz 1 HGB)sind zur Offenlegung des Jahresabschlusses innerhalb der f'tir Kapitalgesellschaften vorgeschriebenen Frist verpflichtet. Ftir Rtickversicherungsuntemehmen verlangert sich die Frist aber auf 15 Monate (w 3401 Abs. 1 Satz 2 HGB). Abweichend von w 325 Abs. 3 Satz 1 HGB haben Versicherungsunternehmen einen Konzemabschluss ,,unverztiglich nach der Hauptversammlung oder der dieser entsprechenden Versammlung der obersten Vertretung, welcher der Konzernabschluf5 und der Konzernlagebericht vorzulegen sind, jedoch sp~itestens vor Ablauf des dieser Versammlung folgenden Monats" often zu legen. Far die Offenlegung der Zwischenberichte schreiben die handelsrechtlichen Vorschriften keine Fristen vor. W~ihrend Zwischenberichte nach den Empfehlungen des DRSC innerhalb von 60 Tagen ver6ffentlicht werden sollen ll2, wird nach dem deutschen Corporate Governance Kodex eine Ver6ffentlichung von Quartalsabschltissen innerhalb von 45 Tagen empfohlen. 113 1.2.2.

US-GAAP und IAS/IFRS

Ein Mindestzeitraum far die Aufstellung oder Ver6ffentlichung von Periodenabschltissen ist weder nach US-GAAP noch nach IAS/IFRS vorgeschrieben. Im Gegensatz zum deutschen Handelsrecht sehen die Vorschriften des FASB aber auch keine Frist f'tir die Aufstellung bzw. Ver6ffentlichung des Jahresabschlusses vor. Allerdings unterliegen an der NYSE gelistete Untemehmen 114 den (strengen) Vorschriften der SEC und mtissen ihren Jahresabschluss innerhalb von 60 Tagen und ihre Zwischenberichte innerhalb von 35 Tagen zur Verftigung stel-

112 Vgl.DRS 6 par. 30. ~13 Nach w 7.1.3 des deutschen Corporate Governance Kodex sollen b6rsennotierte Untemehmen einen Konzemabschluss 90 Tage und Zwischenberichte45 Tage nach dem Abschlussstichtag ver6ffentlichen. ~14 Die Regelungengelten nut ftir Unternehmenmit einer Marktkapitalisierungtiber $ 75 Million.

20

len. 1~5 Die Aufstellung des Abschlusses erfolgt demnach zu einem noch frtiheren Zeitpunkt als nach deutschem Handelsrecht. Die relativ kurzen Ver6ffentlichungsfristen der SEC konkretisieren das Kriterium der ,,timeliness" und tragen dem Bedtirfnis der Kapitalm~irkte nach zeitnaher Informationsvermittlung Rechnung. Auch das IASB bestimmt keine Frist f'tir die Aufstellung bzw. Ver6ffentlichung des Jahresabschlusses und der Zwischenberichte. Der im IAS 1 (revised 1999) hierf'tir enthaltene Verweis auf die Vorschriften der lokalen Standardsetter bzw. gesetzlichen Vorgaben und die Empfehlung, den Jahresabschluss innerhalb von 6 Monaten ~16, Quartalsabschltisse innerhalb von 60 Tagen 1~7 zu ver6ffentlichen, sind mit der neuerlichen 13berarbeitung des Standards entfallen. Vor dem Hintergrund der Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen kann jedoch nur verwundern, dass die IAS/IFRS keine Fristen f'tir die Aufstellung bzw. Ver6ffentlichung des Jahresabschlusses und der unterj~ihrigen Abschltisse vorschreiben. 1.3.

Motive der Unternehmen zur Beschleunigung aver Abschlusserstellung

Ein Blick in die Unternehmenspraxis zeigt, dass b6rsennotierte U n t e m e h m e n die zur Aufstellung bzw. Ver6ffentlichung von Periodenabschltissen festgelegten Fristen nur selten aussch6pfen und sich im Zeitablauf ein Trend zur Verktirzung der Aufstellungszeiten abzeichnet. ~18 Insbesondere aufgrund der ,,zunehmenden Konzentration und Globalisierung der Handels- und Finanzm~irkte sind die Informationsanforderungen der Marktteilnehmer in den letzten Jahren stetig angestiegen. ''1~9 Dabei bedingt die Vermittlung entscheidungsniitzlicher Informationen eine zeitnahe Ver6ffentlichung der Periodenabschl~isse. 12~

1~5 Vgl. Securities Exchange Commission, Release No. 33-8128. Auch die deutschen B6rsenvorschriften sehen vergleichbare Regelungen vor. Nach w 65 B6rsZulV ist ,,der JahresabschluB und der Konzernabschlul3 unverziiglich nach der Feststellung dem Publikum" zur Verfiigung zu stellen. Der Zwischenbericht ist nach w 61 B6rsZulV ,,innerhalb von zwei Monaten nach dem Ende des Berichtszeitraums [...] zu ver6ffentlichen". 116 Vgl. IAS 1 (revised 1999)par. 52. 117 Vgl. IAS 34 (revised 1998) par. 1. ~8 Vgl. KPMG Consulting (Fast Close, 2000), S. 9; KPMG Consulting (Fast Close, 2002), S. 7; Raschke, Jens/Vogel, Johannes (Fast Close, 2002), S. 279. In verschiedenen empirischen Untersuchungen wurden insbesondere ftir die australische und US-amerikanische B6rse neben einer friiheren Ver6ffentlichung des Abschlusses im Zeitablauf auch die Ursachen ftir Verz6gerungen bei der Ver6ffentlichung des Abschlusses aufgezeigt. Vgl. Soltani, Bahram (Timeliness, 2002), S. 215- 246; Dyer IV, James C./ McHugh, Arthur J. (Timeliness, 1975), S. 2 0 4 - 219; Bowen, R. M/Johnson, M. F./ Shevlin, T./ Shores, D. (Determinants, 1992), S. 395 -422. 119 Eggemann, Gerd/Petry, Martin (Fast Close, 2002), S. 1635. ~20 In empirischen Untersuchungen konnte auch ein Zusammenhang zwischen der Zeitn~ihe der Berichterstattung und einer starken bzw. schwachen Reaktion des B6rsenkurses nach der Ver6ffentlichung des Abschlusses festgestellt werden. Vgl. Chambers, Anne E./Penman, Stephen H. (Timeliness, 1984), S. 21 -47; Haw, I. M~ Qi, D. Q./ Wu, W. (Timeliness, 2000), S. 108 - 131;Kross, W./ Schroeder, D. A. (Timing, 1984), S. 153 - 176; Sinclair, N./Young, J. (Timeliness, 1991), S. 31 - 52. Andere empirische Untersuchungen zeigen, dass bei finanziell angeschlagenen Unternehmen die Priifung des Abschlusses einen l~ingeten Zeitraum erfordert und diese Unternehmen zu einer sp~iteren Ver/fffentlichung der Abschlfisse neigen. Vgl. Whittred, Greg/Zimmer, Ian (Timeliness, 1984), S. 287 - 295. 21

So ergab die von KPMG Consulting im Jahr 2000 durchgeftihrte Europ~iische Benchmarkingstudie zum Thema ,,Fast Close" wenig iaberraschend, dass der Hauptgrund f'tir eine frtihere Ver6ffentlichung von Untemehmensdaten (mutmaglich) in der Befriedigung von Informationsbedtirfnissen der Investoren besteht. 121 Dariaber hinaus kann eine Verktirzung der Abschlusszeiten durch B6rsenanforderungen notwendig sein. 122 Ein weiteres Motiv zur frtiheren Ver6ffentlichung von Periodenabschltissen besteht in der Vermittlung eines professionellen Images. Denn Untemehmen, die ihren Abschluss zeitnah zum Abschlussstichtag ver6ffentlichen, gelten allgemein als ,,gut organisiert und leistungsf~ihig. 'd23 Insofem kann durch die Vermittlung eines professionellen Images die Investitionsentscheidung der Investoren durch eine frtihzeitige Vertiffentlichung der Untemehmensdaten zu Gunsten des eigenen Untemehmens beeinflusst werden. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass eine frtihere Ver6ffentlichung der Untemehmensdaten durch Konkurrenten das eigene Untemehmen unter Druck setzen und eine Beschleunigung der Abschlussprozesse erfordem kann. 124 Allerdings sprechen nicht nur externe Anforderungen, sondem auch untemehmensinterne Erfordemisse f'tir eine Beschleunigung der Abschlusserstellung. So erfordem schnelle Reaktionen des Managements zwingend eine zeitnahe Bereitstellung der notwendigen Finanzdaten. Aufgrund der bestehenden engen Verkniipfung des Abschlussprozesses zu Planungsrechnungen, Hochrechnungen und Outlooks lassen sich durch die Optimierung der Abschlussprozesse auch Effizienzgewinne f'tir Planungsprozesse realisieren. 125 In der Vergangenheit wurden die mit der Rechnungslegung besch~iftigten Mitarbeiter gegen Ende jedes GescNiftsjahres mit einem erheblichen Arbeitspensum konfrontiert. 126 Weitere Berichtsanforderungen, wie die Erstellung von Zwischenberichten und von Konzemabschltissen nach IAS/IFRS, verscharfen diese Problematik und f'tihren zu einer erheblich h6heren Arbeitsbelastung der Mitarbeiter im Erstellungszeitraum. Mit der Optimierung der Abschlusserstellung sollen im Finanz- und Rechnungswesen Effizienzgewinne erzielt und die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter in der Abschlussphase reduziert werden.

121 Vgl.KPMG Consulting (Fast Close, 2000), S. 10; D6rr, Barbara (Fast Close, 2004), S. 407. 1z2 Vgl.Kernahan, Simon (Optimierung, 1999), S. 47. 123 KPMG Consulting (Fast Close, 2000), S. 10. 124 Vgl.Raschke, Jens/Vogel, Johannes (Fast Close, 2002), S. 277. 12s Vgl.Raschke, Jens/Klatt-Seipelt, Bi~rbel (Fast Close, 2001), S. 246; Raschke, Jens/Vogel, Johannes (Fast Close, 2002), S. 277. 126 Vgl.Hiittche, Tobias (Bilanzierungs-und Bewertungsmethoden,2001), S. 241. 22

1.4.

Maflnahmen zur Beschleunigung der Abschlusserstellung

Fast Close-Abschltisse sollen durch eine zeitnahe Ver~ffentlichung den Kapitalm~rkten entscheidungsrelevantere Informationen zur Verffigung stellen. Dabei bezeichnet der Begriff ,,Fast Close" die beschleunigte Aufstellung, Prtifung und Ver6ffentlichung von Monats-, Quartals- und Jahresabschltissen und steht zun~ichst ftir organisatorische MaBnahmen. 127 Letztere zielen auf die Optimierung der erforderlichen Abschluss- und Berichterstattungsprozesse vonder Entstehung des einzelnen Gesch~it~svorfalls an bis zu dessen Abbildung im Abschluss und somit auf eine Verktirzung des Aufstellungszeitraums. 128 Deshalb umfasst ,,Fast Close" nicht nur die Optimierung der Abschlussprozesse im Rechnungswesen, sondem schlieBt auch die zuliefemden Ressorts oder Abteilungen (z. B. Einkauf, Materialwirtschaft) in die Betrachtung ein. Die Optimierung der Abschluss- und Berichterstattungsprozesse zielt auf eine Vermeidung von Abstimmungsarbeiten, Kontrollrechnungen und Rtickfragen, indem zeitraubende Korrekturschleifen umgangen sowie Informationswege verktirzt werden. 129 Hierzu ist sicherzustellen, dass die Zulieferungen hinsichtlich des Zeitpunkts, der Qualit~it und der Quantit~it den Anforderungen der jeweiligen Informationsempf~xlger geniagen. Femer erfordert die Beschleunigung der Erstellung von Abschltissen, dass sich die Mitarbeiter schon im Vorfeld der Abschlusserstellung intensiv mit den Abschlusszahlen besch~iftigen. Bestimmte Bilanzierungs- und Bewertungsvereinfachungsmethoden untersttitzen die zeitnahe Fertigstellung des Periodenabschlusses und sorgen als Nebeneffekt f'tir eine Verringerung des Personalaufwands und der Kosten zur Abschlusserstellung 13~ In diesem Zusammenhang sind insbesondere die M6glichkeit einer zeitlich versetzten Stichtagsinventur (w 241 Abs. 3 Nr. 1 HGB) bzw. einer Stichprobeninventur (w 241 Abs. 1 HGB) TM,die Anwendung verschiedener Verfahren der Buchinventur (bspw. permanente Inventur oder systemgesttitzte Werkstattin-

127 Vgl. Hattche, Tobias (Virtual Close, 2002), S. 1640; Raschke, dens/Vogel Johannes (Fast Close, 2002), S. 284; Falling, Thorsten (Prozessoptimierung, 2002), S. 1; Eggemann, Gerd/Petry, Martin (Fast Close, 2002), S. 1637; Milder, Patrick/Schi~rli, Oliver (Fast Close, 2002), S. 1079. Vgl. Hartmann, Frank/Finck, Wolfram M. (Leistungsf~ihigkeit,2004), S. 717 - 723 far die Darstellung eines Konzepts ftir eine Fast Close-Scorecard. t2s Vgl.Raschke, dens/Vogel, Johannes (Fast Close, 2002), S. 284; Raschke, dens /Klatt-Seipelt, Biirbel (Fast Close, 2001), S. 245; Kernahan, Simon (Optimierung, 1999), S. 46; Berner, Alfred (Rationalisierung, 1997), S. 241. 129 Einen detaillierten 0"berblick der Handlungsfelder und Fragestellungen zu Optimierung der Abschlusserstellung geben Fourie, Dirk (Fast Close, 2000), S. 746 - 747 und Eggemann, Gerd/Petry, Martin (Fast Close, 2002), S. 1637. 130 Vgl. Hiittche, Tobias (Bilanzienmgs- und Bewertungsmethoden,2001), S. 242; Berner, Alfred (Rationalisierung, 1997), S. 241. 131 Vgl.Jaspers, Wolfgang (Stichprobeninventur, 2004), S. 264- 267; Jaspers, Wolfgang/Runte, Arno (Aufnahmetechniken, 2000), S. 170- 177. 23

ventur; w 241 Abs. 2 HGB), die Zul~issigkeit einer Festbewertung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen nach w 240 Abs. 3 HGB sowie die Zul~issigkeit der Verwendung von Standardkosten oder die Anwendung der ,,Bruchteil-Methode" zur Bewertung der Vorr~ite von fertigen und unfertigen Erzeugnissen zu nennen. 132 H~iufig sind umfangreiche (zeitliche) Verz6gerungen der Abschlusserstellung auf heterogene Systemlandschaften in der Datenverarbeitung zurtickzuf'tihren, so dass zur Beschleunigung der Abschlusserstellung der Harmonisierung der Systemlandschaft eine wesentliche Bedeutung zukommt. 133 Hierf'tir ist ein durchg~ngiger Systemeinsatz ohne manuelle Schnittstellen und manuelle Eingaben s~imtlicher zur Abschlusserstellung notwendigen Systeme (z. B. Einkauf, Materialwirtschaft, Buchhaltung, Konsolidierung) anzustreben. TM Durch die Optimierung der Abschlussprozesse bietet die Erstellung von Fast CloseAbschl(issen eine M6glichkeit zur zeitnahen Ver6ffentlichung des Abschlusses. Im Gegensatz zu ,,konventionellen" Abschltissen tragen Fast Close-Abschltisse in der Regel dem Bedtirfnis der Kapitalm~irkte nach zeitnahen Abschlussinformationen eher Rechnung. Da Fast Close auf die Optimierung der Abschlussprozesse durch die Vermeidung von Fehlem und eine Harmonisierung der Datenverarbeitungs-Systeme zielt, beinhaltet der Begriff nicht nur eine zeitliche Dimension, sondern geht nach der h. M. auch mit einer Verbesserung der Abschlussqualitat einher. 135 Allerdings bewirkt die Beschleunigung der Abschlusserstellung zwangsl~iufig eine Verktirzung des Zeitraums zwischen Bilanzstichtag und Aufstellung des Abschlusses und somit kann eine Verschlechterung der Abschlussqualitgt, bspw. bei den zur Abschlusserstellung erforderlichen Sch~itzungen, nicht grunds~itzlich ausgeschlossen werden. Die zeitnahe Ver6ffentlichung der Periodenabschltisse zum Abschlussstichtag bedingt eine entsprechend beschleunigte Prfifung des Abschlusses. Hierzu sind die Prfifungshandlungen mit der Abschlusserstellung (zeitlich) eng zu verkntipfen und Fragestellungen zeitnah zu er6rtern. Zur Beschleunigung der Abschlussprtifung werden vermehrt ganzj~ihrige Prtifungen (sog. rollende Prtifung) durchgef'tihrt. Soweit m6glich werden Prtifungshandlungen in die laufende Abschlussperiode vorgezogen und erfolgen m/Sglichst zeitnah zum Abschlussstichtag. 136

132 133 t34 135i

Vgl.Hiittche, Tobias (Bilanzierungs-und Bewertungsmethoden,2001), S. 242 - 245. Vgl.D6rr, Barbara (Fast Close, 2004), S. 411 - 426. Vgl.Eggemann, Gerd/Petry, Martin (Fast Close, 2002), S. 1637. Vgl. Bailing, Johannes/Gi~ssi, Marc (Konzemabschliisse,2002), S. 70; Raschke, ,lens~ Vogel, Johannes (Fast Close, 2002), S. 284; Hfittche, Tobias (Bilanzierungs-und Bewertungsmethoden,2001), S. 242; Kernahan, Simon (Optimierung, 1999), S. 46. 136 Vgl.Kilting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter/Boecker, Corinna (Fast Close, 2004), S. 6 - 7.

24

2.

Fast Close und das Stichtagsprinzip

2.1.

Vereinbarkeit der Verkiirzung des Aufhellungszeitraums mit dem handelsrechtlichen A bschlussstichtagsprinzip

2.1.1. Abschlussstichtagsprinzip 2.1.1.1.

Unmaflgeblichkeit des subjektiven Kenntnisstands am Bilanzstichtag

Nach w 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB sind Verm/Sgensgegenst~inde und Schulden ,,zum Abschlussstichtag" zu bewerten. Das hierin kodifizierte Abschlussstichtagsprinzip besagt, dass im Abschluss nur solche Geschaftsvorf~ille be~cksichtigt werden dtirfen, die bis zum Bilanzstichtag eingetreten sind, und dass Dr ihre Bewertung die Verhaltnisse zum Bilanzstichtag mal3gebend sind. 137 Die Werte der Verm6gensgegenstande und Schulden an anderen T a g e n - vor oder nach dem Bilanzstichtag - dtirfen sich grundsatzlich nicht in der Bilanz niederschlagen. 138 Das Abschlussstichtagsprinzip k6nnte zunachst dahingehend interpretiert werden, dass bei der Aufstellung von Periodenabschltissen nur solche Ereignisse, die dem Kaufmann am Bilanzstichtag auch bekannt waren, herangezogen werden dtirften. ~39 Dagegen dtirften erst nach dem Abschlussstichtag bekannt gewordene Ereignisse bei der Abschlusserstellung nicht verwertet werden. Schon aus Grtinden der Objektivierung erscheint diese strenge Auslegung des Abschlussstichtagsprinzips wenig sinnvoll: Denn die Frage, was der Kaufmann am Abschlussstichtag tatsachlich wusste bzw. nicht wusste, entzieht sich weitgehend einer intersubjektiven Beurteilung. ~4~ In der Regel erfordert die Erstellung des Abschlusses einen Zeitraum von mehreren Tagen oder Monaten, so dass der Bilanzstichtag und Tag der Aufstellung auseinander fallen. TM Der Abschluss ware sodann auf einem Kenntnisstand in der Vergangenheit aufzustellen, woraus sich f'tir den Bilanzierenden und ftir Dritte kaum 16sbare Abgrenzungsprobleme bzw. Ermessensspielraume zwischen dem Kenntnisstand am Abschlussstichtag und am Tag der Aufstellung ergaben. 142 Das Abschlussstichtagsprinzip legt fest, dass f'tir die Bilanzierung der Aktiva und Passiva nach den Stichtagsverhaltnissen ,,der am Abschlussstichtag selbst gegebene, mehr oder weni-

137 Vgl. Hense, Burkhard/Philipps, Holger (Kommentierung w 242 HGB, 2003), Rz. 9; Stobbe, Thomas (Kommentierung w 6 EStG, Loseblatt), Rz. 81; Adler/Daring/Schmaltz (Rechnungslegung und Priifung, 1996), w252 HGB, Rz. 38. 138 Vgl.Moxter, Adolf(Bilanzlehre II, 1987), S. 35. 139 Vgl.Ciric, Dejan (Wertaufhellung, 1995), S. 97. 14o Vgl.Moxter, Adolf(Wertaufhellungsverstandnis,2003), S. 2559. t41 Vgl.Kiiting, Karlheinz/Kaiser, Thomas (Wertaufhellungszeitraum,2000), S. 578. 142 Vgl.Hommel, Michael/Berndt, Thomas (Wertaufhellung, 2000), S. 1745; Herrmanns, Tillmann (Wertaufhellung, 1999), S. 905. 25

ger zufdllige Kenntnisstand des Kaufmanns unmaBgeblich ist. ''143 Vielmehr sind Informationen tiber die Verh~iltnisse zum Bilanzstichtag in die Abschlusserstellung auch dann einzubeziehen, wenn sie dem Untemehmen erst nach dem Bilanzstichtag bekannt werden. TM Welche nach dem Abschlussstichtag bekannt gewordenen Ereignisse das Untemehmen bei der Abschlusserstellung berticksichtigen muss, bestimmt sich nach dem handelsrechtlichen Aufhellungsgebot. 2.1.1.2. a)

Handelsrechtliches Aufhellungsgebot Wurzeltheorie

Nach w 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB sind ,,alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berticksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind". Dabei betriff~ das handelsrechtliche Aufhellungsgebot ,,nicht nur die Bewertung gegebener Bilanzposten", sondem umfasst nach der h. M. auch die Ansatzaufhellung und damit ,,die Frage, ob bestimmte Bilanzposten tiberhaupt am Abschlussstichtag noch bzw. schon zu bilanzieren sind. ''145 Obwohl der Wortlaut des w 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB das Aufhellungsgebot auf ,,Risiken und Verluste", d. h. auf gewinnmindemde Ereignisse beschr~inkt, gilt es nach h. M. auch f'tir Ereignisse, die den Gewinn positiv beeinflussen. 146 Das handelsrechtliche Aufhellungsgebot erfordert eine klare Trennung zwischen wertaufhellenden Ereignissen, die in die Erstellung des Abschlusses der abgelaufenen Abschlussperiode einzubeziehen sind, und wertbeeinflussenden Ereignissen, die hierin unberiicksichtigt bleiben mtissen. In der Untemehmensbewertung hat die Rechtsprechung als Antwort auf die Frage, welche Entwicklungen nach dem Stichtag noch in die Ermittlung des Unternehmenswerts einbezogen werden dtirfen, die Wurzeltheorie ~47 entwickelt. Gmnds~itzlich ist von einer sich

143 Moxter,Adolf(Verlustantizipation, 1996), S. 172. 144 Vgl.Hiittche, Tobias/Diemer, Nicole (Fast Close, 2000), S. 2035. ~45 Moxter, Adolf (Wertaufhellungsverstandnis, 2003), S. 2559 (beide Zitate). Vgl. auch BFH-Urteil vom 2. Oktober 1992, III R 54/91, BStB1. II 1993, S. 154 - 155; Herrmanns, Tillmann (Wertaufhellung, 1999), S. 906; Hoffmann, Wolf-Dieter (Wertaufhellung, 1996), S. 1157; Ciric, Dejan (Wertaufhellung, 1995), S. 70-71 m. w. N. 146 Vgl. Kropf Bruno (Wertaufhellung, 1991), S. 532; Hense, Burkhard/Geifller, Horst (Kommentierung w252 HGB, 2003), Rz. 38; Herrmanns, Tillmann (Wertaufhellung, 1999), S. 905; Adler~Daring~Schmaltz (Rechnungslegungund Priifung, 1996), w252 HGB, Rz. 42; Siegel, Theodor/Schmidt, Matthias (Beck'sche HdR, Loseblatt),B 161, Rz. 123; Sauer, Otto (Wertaufhellungstheorie, 1974), S. 232 - 233. 147 Vgl. das grundlegende BGH-Urteil vom 17. Januar 1973, IV ZR 142/70, in: DB, 26. Jg. (1973), S. 563 - 565; Mandl, Gerwald/Rabel, Klaus (Untemehmensbewertung, 1997), S. 405 - 406; Moxter, Adolf (Untemehmensbewertung, 1983), S. 168 - 175 m. w. N. 26

entsprechenden Auslegung des Stichtagsprinzips in der Untemehmensbewertung und im Jahresabschluss auszugehen. 148 Nach der Wurzeltheorie dtirfen nach dem Bilanzstichtag bekannt gewordene Ereignisse nur insoweit berticksichtigt werden, als ihre Wurzel (nachweislich) vor dem Bilanzstichtag liegt. Die wertaufhellenden Ereignisse zeigen, ,,wie sich die Verh/iltnisse am Bilanzstichtag tats/ichlich dargestellt haben ''149 und sind folglich auch dann in die Abschlusserstellung einzubeziehen, wenn sie dem Unternehmen erst nach dem Abschlussstichtag bekannt werden. Dagegen drticken nach dem Bilanzstichtag bekannt gewordene Ereignisse, deren Wurzel auch nach dem Bilanzstichtag liegt, eine Ver~derung der Verh~iltnisse nach dem Bilanzstichtag aus und mtissen bei der Erstellung des Abschlusses unberticksichtigt bleiben. 15~ Allerdings kann es im Einzelfall ,,/iuBerst schwierig sein, eine eindeutige Grenze zwischen den am Abschlul3stichtag gegebenen und den erst nach dem AbschluBstichtag eintretenden Wertverh~iltnissen zu ziehen; denn in Erkenntnissen, die der Kaufmann bis zur Bilanzaufstellung erlangt, k6nnen sich die am AbschluBstichtag gegebenen und die sich erst danach einstellenden Wertverh/iltnisse in einer nur schwer trennbaren Weise vermengen. ''151 Ob nach dem Bilanzstichtag bekannt gewordene Ereignisse die Verh/iltnisse am Abschlussstichtag erhellen oder beeinflussen, konkretisiert sich in der zu Grunde gelegten Aufhellungskonzeption. Die Literatur und die Rechtsprechung differenzieren zwischen der subjektiven und der objektiven Aufhellungskonzeption. b)

Aufhellungskonzeptionen

(1)

Subj ektive Aufhellungskonzeption

Die subjektive Aufhellungskonzeption stellt ~ r den Ansatz und die Bewertung der Verm6gensgegenst/inde und Schulden zum Bilanzstichtag darauf ab, was der Rechnungslegende ,,am Abschlussstichtag bei angemessener Sorgfalt fiber seine Aktiven und Passiven wissen konnte: ,,Erst nach dem Abschlussstichtag zugegangene Informationen, die von dem betreffenden Kaufmann auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt am Abschlussstichtag noch nicht

148 Vgl.Schmotz, Thomas (Pro-Forma-Abschltisse,2004), S. 89 - 91 m. w. N. t49 Knobbe-Keuk, Brigitte (Unternehmenssteuerrecht,1993), S. 53. ~50 Vgl.Kiiting, Karlheinz/Kaiser, Thomas (Wertaufhellungszeitraum,2000), S. 578; Sauer, Otto (Wertaufhellungstheorie, 1974), S. 233. 151 Engel-Ciric, Dejan (Abschlul3stichtagsprinzips, 1996), S. 1298- 1299. Vgl. auch Hoffmann, Wolf-Dieter (Wertaufhellung, 1996), S. 1158 - 1159; Ballwieser, Wolfgang (Kommentierung w 252 HGB, 2001), Rz. 66. 27

erlangbar gewesen waren, bleiben unberticksichtigt. ''152 Das mal3gebliche Kriterium Dr die Abgrenzung der wertaufhellenden Ereignisse von den wertbeeinflussenden Ereignissen ist somit die Dr einen ordentlichen Kaufmann angemessene Sorgfalt bei der Suche nach Informationen tiber die Verh~iltnisse am Bilanzstichtag. Nach der subjektiven Aufhellungskonzeption darf ein nach dem Bilanzstichtag rechtskr~iftig gewordenes obsiegendes Gerichtsurteil den Ansatz oder die Bewertung der hierftir gebildeten Rtickstellung Dr Prozessrisiken nicht beeinflussen, da ,,die Rechtsfindung durch das Gericht eine zum Bilanzstichtag nicht vorhersehbare Tatsache ist. ''153 Solange ein rechtskr~iftiges Urteil nicht ergangen ist, besteht ,,Dr den Kaufmann ein von ihm regelm~il3ig nicht einzusch~itzendes Risiko, dass [...] ein f'tir ihn ungtinstiges Urteil ergeht. ''154 Deshalb muss das Unternehmen am Bilanzstichtag regelm~il3ig mit einer gewissen Mindestwahrscheinlichkeit von einer Niederlage im Gerichtsverfahren ausgehen. 155 Das obsiegende Gerichtsurteil ist dann am Bilanzstichtag selbst ,,aus Sicht eines sorgf~iltigen und gewissenhaften Kaufmanns ''156 nicht erkennbar und darf nach der subjektiven Aufhellungskonzeption keine Berticksichtigung finden. Der nach dem Bilanzstichtag eingetretene Konkurs eines Schuldners ist grunds~itzlich ein wertbeeinflussendes Ereignis und muss ftir den Ansatz und die Bewertung der Forderung unberticksichtigt bleiben. Selbst wenn bereits am Bilanzstichtag Zahlungsschwierigkeiten beim Schuldner bestanden, der Bilanzierende hiervon aber selbst bei gr613tm6glicher Sorgfalt keine Kenntnis erlangen konnte, darf dieses Ereignis die Bewertung der Forderung nicht beeinflussen. 157 Dagegen erhellt der nach dem Bilanzstichtag eingetretene Konkurs des Schuldners die Verh~iltnisse am Bilanzstichtag, wenn die Forderung bereits ,,nach den am Abschlussstichtag von dem betreffenden Kaufmann erlangbaren Informationen als zweifelhaft einzustufen ''158 war.

Eine Forderung, deren Werthaltigkeit aus Sicht eines sorgf~iltigen und gewissenhaften Kaufmanns am Bilanzstichtag fragwtirdig ist, wird auch dann abgeschrieben, wenn sie ,,nach dem

152 Moxter, Adolf(Wertaufhellungsverst~ndnis, 2003), S. 2559. Vgl. auch Moxter, Adolf(Phasengleiche Aktivierung, 1997), S. 496; Moxter, Adolf (Verlustantizipation, 1996), S. 172; Ciric, Dejan (Wertaufhellung, 1995), S. 99 - 100; Kiiting, Karlheinz/Kaiser, Thomas (Wertaufhellungszeitraum, 2000), S. 579; Forster, Karl-Heinz (Rtickstellungen, 1971), S. 396; Herrmanns, Tillmann (Wertaufhellung, 1999), S. 906. 153 Hommel,Michael/ Berndt, Thomas (Wertaufhellung, 2000), S. 1746. ~54 BFH-Urteilvom 30. Januar 2002, I R 68/00, BStB1. II 2002, S. 689. 155 Vgl.Hommel, Michael/Berndt, Thomas (Wertaufhellung,2000), S. 1746. 156 BFH-Urteilvom 30. Januar 2002, I R 68/00, BStB1. II 2002, S. 689. 157 Vgl. Ciric, Dejan (Wertaufhellung, 1995), S. 58; Moxter, Adolf (Wertaufhellungsverst~indnis, 2003), S. 2560. 158 Moxter,Adolf (Wertaufhellungsverstandnis, 2003), S. 2559. 28

Abschlussstichtag voll beglichen wurde und auch andere Indikatoren dafiir sprechen, dass der Schuldner bereits am Abschlussstichtag zahlungsf~ig und -willig war. ''159 Die Begleichung der Forderung nach dem Bilanzstichtag stellt unter diesen Voraussetzungen ein wertbeeinflussendes Ereignis dar. Indem die subjektive Aufhellungskonzeption auf die angemessene kaufm~innische Sorgfalt bei der Suche nach Informationen fiber die Stichtagsverh~iltnisse abstellt, er6ffnet sie dem Rechnungslegenden mitunter weite Ermessensspielr~iume. Im Einzelfall dtirften der angemessene Sorgfaltsgrad sowie die Erkennbarkeit eines bestimmten Ereignisses bei diesem Sorgfaltsgrad regelm~iBig unklar sein. 16~ Handelt es sich um ein wertaufhellendes Ereignis, wenn die Insolvenz eines Schuldners auf den Einsturz einer von ihm konstruierten Brficke kurz nach dem Bilanzstichtag zurfickzuffihren ist, der Rechnungslegende bereits am Bilanzstichtag ein auf statische M~ingel hinweisendes Gutachten kannte und wusste, dass ein Einsturz der Brficke zwanglaufig den Konkurs des Schuldners zu Folge haben wfirde? 161 In diesem Zusammenhang verweist die Literatur auf den Vereinfachungsgrundsatz, wonach in Zweifelsf~illen die Erkennbarkeit der Wertminderung nach vemfinftiger kaufm~innischer Beurteilung am Bilanzstichtag anzunehmen ist. 162 Die Rechtsprechung greift zur Beurteilung, ob ein Ereignis nach dem Bilanzstichtag bereits am Bilanzstichtag mit angemessener Sorgfalt erkennbar war, auf die Wahrscheinlichkeitssch~itzung eines sorgf~iltigen und gewissenhaflen Kaufmanns zurtick. 163 Danach erhellen nur solche Ereignisse die Stichtagsverh~iltnisse, denen am Bilanzstichtag nach vernfinftiger kaufm~innischer Beurteilung eine hiru'eichende Eintrittswahrscheinlichkeit beizumessen ist. 164 ,,Kfinftige Ereignisse, deren Eintrittswahrscheinlichkeit von einem sorgf'~iltigen und gewissenhaften Kaufmann am AbschluBstichtag als vemachRissigbar gering veranschlagt werden, haben, wie auch blol3e Vermutungen oder pessimistische Beurteilungen, keine Auswirkungen auf die Wertermittlung; sie gelten als nicht hinreichend wahrscheinlich und damit als nicht wiBbar. ''165 Ob die Insolvenz des Schuldners ein wertaufhellendes Ereignis darstellt, h~ingt

159 160 161 ~62 ~63

Moxter,Adolf(Wertaufhellungsverst~ndnis, 2003), S. 2559 - 2560. Vgl.Moxter, Adolf(Wertaufhellungsverst~ndnis, 2003), S. 2560. In Anlehnung an Engel-Ciric, Dejan (AbschluBstichtagsprinzips, 1996), S. 1299. Vgl. Ciric, Dejan (Wertaufhellung, 1995), S. 56- 58; Vodrazka, Karl (AbschluBstichtag, 1987), S. 462. Vgl. bspw. BFH-Urteil vom 19. November 1953, IV 142/53 U, BStB1. III 1954, S. 16; BFH-Urteil vom 22. Juni 1967, IV 172/63, BStB1. 1968 II, S. 7. Vgl. fftireine ablehnende Wertaufhellung BFH-Urteil vom 4. Dezember 1991, I R 148/90, BStB1. II 1992, S. 385; BFH-Urteil vom 28. M~irz 2000, VIII R 77/96, BStB1. II 2002, S. 229 - 230; vgl. auch Engel-Cirie, Dejan (Abschlugstichtagsprinzips, 1996), S. 1299; Hommel, Michael/Berndt, Thomas (Wertaufhellung, 2000), S. 1746- 1747. ~64 Vgl.ausfiihrlich Ciric, Dejan (Wertaufhellung, 1995), S. 61 - 77. ~65 Engel-Ciric, Dejan (AbschluBstichtagsprinzips, 1996), S. 1299.

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v o n d e r Wahrscheinlichkeit ab, die dem Einsturz der Briicke nach vemiinffiger kaufm~innischer Beurteilung am Bilanzstichtag beizulegen war. (2)

Objektive Aufhellungskonzeption

Nach der objektiven Aufhellungskonzeption ist die Beriicksichtigung wertaufhellender Ereignisse ebenfalls auf die am Bilanzstichtag tats/ichlich (objektiv) vorliegenden Verh~iltnisse ausgerichtet. 166 Dabei erlangt der Rechnungslegende eine Vielzahl von Informationen tiber diese Verh/iltnisse regelm~il3ig erst nach dem Abschlussstichtag. 167 Im Unterschied zur subjektiven Aufhellungskonzeption sind diese auch dann zu beriicksichtigen, wenn ,,sie am Abschlugstichtag, selbst bei gr6Bter Sorgfalt, noch nicht wigbar waren. ''168 MaBgeblich f'tir die Abgrenzung von wertaufhellenden und wertbeeinflussenden Ereignissen ist nach der objektiven Aufhellungskonzeption die Frage, ob das nach dem Abschlussstichtag bekannt gewordene Ereignis die objektiven Stichtagsverh/iltnisse konkretisiert oder ver~indert. 169 Die Unterschiede zur subjektiven Aufhellungskonzeption zeigen sich deutlich an den Wechselobligo-Urteilen. ~7~Der BFH hatte einem Kaufmann die Bildung einer Riackstellung ~ r das Obligo aus weitergegebenen Wechseln unter Rtickgriff auf die objektive Aufhellungskonzeption mit der folgenden Begrfindung versagt: ,,Aus der Begleichung der Wechselverbindlichkeiten bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung war es [...] erkennbar, dab am Bilanzstichtag objektiv keine Veranlassung zu der Bef'tirchtung bestanden hat, dab die Wechsel nicht einge16st wtirden. ''~7~ Dagegen ware nach der subjektiven Aufhellungskonzeption hier die Bildung einer RiJckstellung f'tir das Rtickgriffsrisiko geboten; denn am Bilanzstichtag konnte der Bilanzierende selbst bei der gebotenen kaufmarmischen Sorgfalt nicht erkennen, ob die Wechsel in der Zukunft auch eingel6st wtirden. ~72 Unter Bezugnahme auf das Wechselobligo-Urteil vertrat die Rechtsprechung zun~ichst die Auffassung, dass nach der objektiven Aufhellungskonzeption auch ein nach dem Bilanzstichtag rechtskr~iftig gewordenes Gerichtsurteil die tats/ichlichen (objektiven) Stichtagsverh~.ltnis-

166 Vgl. BFH-Urteil vom 4. April 1973, I R 130/71, BStB1. II 1973, S. 486; Moxter, Adolf(phasengleichen Aktivierung, 1997), S. 496. 167 Vgl.Engel-Ciric, Dejan (AbschluBstichtagsprinzips, 1996), S. 1300. 16a Moxter, Adolf (Verlustantizipation, 1996), S. 172. Vgl. auch K~iting, Karlheinz/ Kaiser, Thomas (Wertaufhellungszeitraum, 2000), S. 579; Herrmanns, Tillmann (Wertaufhellung, 1999), S. 906. 169 Vgl.Hommel, Michael/Berndt, Thomas (Wertaufhellung,2000), S. 1746. ~7o Vgl. BFH-Urteil vom 27. April 1965, I 324/62 S, BStB1. III 1965, S. 409 - 410; BFH-Urteil vom 19. Dezember 1972, VIII R 18/70 S, BStB1. II 1973, S. 218 - 219; BFH-Urteil vom 4. April 1973, I R 130/71 S, BStB1. II 1973, S. 485 - 486. ~7t BFH-Urteilvom 27. April 1965,1 324/62 S, BStB1. III 1965, S. 410. 172 Vgl.Moxter, Adolf(phasengleichen Aktivierung, 1997), S. 497. 30

se erhellt. ~73 So sei das Unternehmen ,,bei der Aufstellung der Bilanz verpflichtet, alle Umst~inde zu berticksichtigen, die ftir die Verhaltnisse am Bilanzstichtag von Bedeutung sind, auch wenn sie in jenem Zeitpunkt noch nicht eingetreten oder noch nicht bekannt sind. ''174 Ein nach dem Bilanzstichtag rechtskr~iftig gewordenes Gerichtsurteil stellt klar, ,,dal3 die [...] erhobenen Ansprfiche schon am Bilanzstichtag nicht mehr bestanden ''~75 und die h i e r ~ r gebildete Riickstellung ftir Prozessrisiken nicht notwendig war. Hierin verbirgt sich der Gedanke, dass ein Gerichtsurteil ,,einen zum Bilanzstichtag gegebenen Lebenssachverhalt, an den bestimmte Rechtswirkungen ankntipfen, lediglich rechtskr~iftig feststellt. ''176 In nachfolgenden Urteilen vertritt der BFH dagegen die Ansicht, dass rechtsgestaltende Ereignisse die Verh~iltnisse am Bilanzstichtag grunds~itzlich ver~indem und folglich auch nach der objektiven Aufhellungskonzeption die Stichtagsverh~iltnisse nicht erhellen k6nnen. 177 Vielmehr seien nach der objektiven Aufhellungskonzeption nur solche ,,Umst~inde zu berticksichtigen, die zum Bilanzstichtag bereits objektiv vorlagen und nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Tag der Bilanzaufstellung lediglich bekannt oder erkennbar wurden. ''178 Zwar ist das Gerichtsverfahren auf einen vermeintlichen Rechtsverstol3 des Bilanzierenden vor dem Bilanzstichtag zurtickzuftihren, aber das (rechtskr~iftige) Gerichtsurteil selbst lag am Bilanzstichtag objektiv noch nicht vor; zu diesem Zeitpunkt bestand es allenfalls ,,in den K6pfen" der betroffenen Richter. Demnach vermag das rechtsgtiltige Gerichtsurteil die tats~ichlichen (objektiven) Verh~iltnisse am Bilanzstichtag auch nicht zu erhellen. Hinsichtlich eines laufenden Verfahrens sind die (objektiven) Verh~iltnisse am Bilanzstichtag durch das Risiko eines Prozessverlustes gekennzeichnet, woftir auch eine Rtickstellung f'tir Prozessrisiken gebildet wird. Das nach dem Bilanzstichtag rechtskr~iftig gewordene Urteil ,,vermittelt jedoch keine rtickwirkenden Erkenntnisse tiber das Prozessrisiko zum Bilanzstichtag ''179, so dass die Rtickstellung beizubehalten ist. Eine Aufl6sung der Rtickstellung kommt

173 t74 ~75 176 177

Vgl. BFH-Urteil vom 17. Januar 1973, I R 204/70, BStB1. II 1973, S. 320 - 322. BFH-Urteil vom 17. Januar 1973, I R 204/70, BStB1. II 1973, S. 321. BFH-Urteil vom 17. Januar 1973, I R 204/70, BStB1. II 1973, S. 321. Hommel, Michael/Berndt, Thomas (Wertaufhellung, 2000), S. 1746. Vgl. BFH-Urteil vom 17. November 1987, VIII R 348/82, BStB1. II 1988, S. 430 - 431; BFH-Urteil vom 26. April 1989, I R 147/84, BStB1. II 1991, S. 213 - 216; BFH-Beschlul3 vom 7. August 2000, GrS 2/99, BStB1. II 2000, S. 636 - 637. ~TS BFH-Urteil vom 30. Januar 2002, I R 68/00, BStB1. II 2002, S. 688. 179 BFH-Urteil vom 30. Januar 2002, I R 68/00, BStB1. II 2002, S. 688. Vgl. auch BFH-Urteil vom 27. November 1997, IV R 95/96, BStB1. II 1998, S. 376 - 377. 31

lediglich in Ausnahmefiillen in Betracht, wenn der Prozessgegner ein ,,offensichtlich unzul~issiges Rechtsmittel eingelegt hat. ''18~ Der zwischen dem Bilanzstichtag und der Aufstellung des Abschlusses eingetretene Konkurs eines Schuldners ist nach der objektiven Aufhellungskonzeption ein wertaufhellendes Ereignis, da er vermuten l~isst, dass bereits am Bilanzstichtag Zahlungsschwierigkeiten bestanden und der Wert der Forderung bereits zu jenem Zeitpunkt gemindert war; aul3er der Konkurs ist auf offensichtliche Ereignisse nach dem Bilanzstichtag zurtickzuffihren. TM Eine Forderung, die nach den am Bilanzstichtag erlangbaren Informationen zweifelhaft ist, wird hier im Gegensatz zur subjektiven Aufhellungskonzeption aber nicht abgeschrieben, wenn sie nach dem Bilanzstichtag in voller H~ihe beglichen wird. 182 Die Er~llung einer am Bilanzstichtag (scheinbar) zweifelhaften Forderung nach dem Bilanzstichtag erlaubt den Rtickschluss, dass diese am Bilanzstichtag objektiv vollwertig war. Allerdings diirfen die nach dem Bilanzstichtag erlangten Informationen nicht einfach auf den Bilanzstichtag zurtick bezogen werden. 183 Eine am Bilanzstichtag ausfallbedrohte Forderung, die aufgrund eines Ereignisses nach dem Bilanzstichtag (bspw. Erbschafi oder Lotteriegewinn) wieder werthaltig geworden ist 184, ist auch nach der objektiven Aufhellungskonzeption abzuschreiben. Dtirften nach der objektiven Aufhellungskonzeption s~imtliche Ereignisse, die sich erst nach dem Bilanzstichtag realisieren, ihren Ursprung aber vor dem Bilanzstichtag haben, berticksichtigt werden, er6ffnete sie dem Rechnungslegenden einen noch weiteren Ermessenspielraum als die subjektive Aufhellungskonzeption. 185 Die objektive Aufiaellungskonzeption schr~inkt diesen Ermessensspielraum ein, indem ein Ereignis nur berticksichtigt werden darf, wenn es ,,bereits zum Stichtag der Bilanz [...] wirtschaftlich so weitgehend konkretisiert ist", dass es ,,einen sicheren Rtickschluss auf die f'tir den Stichtag" mal3gebenden Verh~iltnisse zul~isst und ,,diese gleichsam in einer objektiv nachprtifbaren Weise erhellt. ''186 Sofem diese Voraussetzungen gegeben sind, k6nnen rechtsgestaltende Umst~inde auch nach der objektiven Aufhellungskonzeption die (objektiven) Verh~iltnisse am Bilanzstichtag erhellen. 187

tso BFH-Urteil vom 27. November 1997, IV R 95/96, BStB1. II 1998, S. 376. Vgl. auch BFH-Urteil vom 30. Januar 2002, I R 68/00, BStB1. I12002, S. 688. 1st Vgl.Adler/ Diiring/ Schmaltz (Rechnungslegungund Priifung, 1996), w252 HGB, Rz. 39 m. w. N. t82 Vgl.Moxter, Adolf(Wertaufhellungsverst~ndnis, 2003), S. 2560. t83 Vgl.Moxter, Adolf(Wertaufhellungsverst~ndnis, 2003), S. 2560. t84 Vgl.BFH-Urteil vom 4. April 1973, I R 130/71, BStB1. II 1973, S. 486. tss Vgl.Moxter, Adolf(Wertaufhellungsverst~ndnis, 2003), S. 2560. ~86 BGH-Urteilvom 12. Januar 1998, II ZR 82/93, DStR, 36. Jg. (1998), S. 383 m. w. N. (alle Zitate). ~87 Vgl. BGH-Urteil vom 3. November 1975, II ZR 67/73, NJW, 26. Jg. (1976), S. 242; BGH-Urteil vom 12. Januar 1998, II ZR 82/93, DStR, 36. Jg. (1998), S. 385. 32

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Relevanz der Aufhellungskonzeptionen f'tir das deutsche Handelrecht

Die f'tir das deutsche Handelsrecht maBgebliche Aufhellungskonzeption l~isst sich dem Gesetz nicht explizit entnehmen und auch die Rechtsprechung schwankt zwischen der subjektiven und der objektiven Aufhellungskonzeption. 188 Der handelsrechtliche Gewinn ist als der Verm~genszuwachs in einer Abschlussperiode konzipiert und ermittelt sich folglich als Vergleich zwischen dem Anfangs- und dem Endverm6gen einer Abschlussperiode. 189 Demnach wird der handelsrechtliche Gewinn nur zutreffend erfasst, wenn die ihn bestimmenden Gr6Ben, Anfangs- und EndvermOgen, stichtagsgetreu ermittelt sind. ''19~ Hierbei besteht die Aufgabe des Abschlussstichtagsprinzips in einer periodengerechten Gewinnermittlung durch die ,,m6glichst genaue Erfassung des gerade am Abschlussstichtag tats~ichlich (objektiv) vorhandenen Verm6gens ''191. Insoweit wiJrde die Periodisierungsfunktion des Abschlussstichtagsprinzips in idealer Weise durch die objektive Wertaufhellungskonzeption verwirklicht. 192 Allerdings kann die Handelsbilanz ihren Schutzfunktionen nur gerecht werden, wenn die Verm6gensermittlung ,,weitgehend objektiviert erfolgt, dem Kaufmann also bei der Verm6gens- und Gewinnermittlung m6glichst wenig Bilanzierungsfreiheiten und damit Manipulationsm6glichkeiten er6ffnet werden. ''193 Dabei objektiviert das Abschlussstichtagsprinzip die Bilanzierung der Aktiven und Passiven, in dem es ,,den Wert f'tir maBgeblich erklgrt, der sich aus den Wertverh~iltnissen an einem festgelegten Tag, eben dem Abschlussstichtag, ergibt. ''~94 Hierdurch soil die Verm6gensermittlung auch ,,in zeitlicher Hinsicht ermessens- und willktirfrei ''195 erfolgen. Unter Umst~inden gehen dem Untemehmen die Informationen fiber die objektiven Verh~iltnisse am Bilanzstichtag erst Monate bzw. Jahre nach dem Bilanzstichtag oder auch erst am Lebensende des Untemehmens zu, weshalb der Bilanzierende ,,immer mit einem unaufgehellten Horizont arbeiten ''~96 muss. Demnach hat der Zeitpunkt der Aufstellung des Abschlusses bei der objektiven Aufhellungskonzeption aber einen erheblichen Einfluss auf die Qualit~it der vermittelten Abschlussinformationen.

188 Vgl. Ciric, Dejan (Wertaufhellung, 1995), S. 97; Herrmanns, Tillmann (Wertaufhellung, 1999), S. 907; Moxter, Adolf(phasengleichen Aktivierung, 1997), S. 497. ~89 Vgl. Moxter, Adolf(wirtschaftliche Betrachtungsweise, 1989), S. 233; Kamman, Evert (Stichtagsprinzip, 1988), S. 126. 190 Moxter,Adolf(Verlustantizipation, 1996),S. 169. 191 Ciric,Dejan (Wertaufhellung, 1995), S. 123. 192 Vgl.Ciric, Dejan (Wertaufhellung, 1995), S. 110. 193 Ciric,Dejan (Wertaufhellung, 1995), S. 112. 194 Hommel,Michael/Berndt, Thomas (Wertminderung,2000), S. 1307. ~9s Kamman,Evert (Stichtagsprinzip, 1988), S. 118 - 119. 196 Hoffmann, Wolf-Dieter (Wertaufhellung, 1996), S. 1160. 33

Die objektive Aufhellungskonzeption er~ffnet dem Rechnungslegenden weitere Manipulationsspielr~iume: Einerseits ist dem Bilanzierenden regelm~ig nicht nachzuweisen, dass ,,er vom Eintritt dieser [wertauflaellenden] Ereignisse rechtzeitig Kenntnis haben konnte" und andererseits kann ihm aber auch nicht zugemutet werden, ,,etwa unmittelbar vor der Bilanzunterzeichnung alle Bilanzpositionen erneut zu priJfen. ''197 Deshalb spricht die Objektivierungsfunktion des Abschlussstichtagsprinzips Rir dessen Auslegung im Sinne der subjektiven Aufhellungskonzeption.198 Letztlich besteht der Konflikt zwischen der Periodisierungsfunktion und der Objektivierungsfunktion des Abschlussstichtagsprinzips in einem Widerstreit der Auschtittungsbemessungsund Informationsfunktion. W~ihrend die ,,dem Gesellschafterschutz entsprechende[n] Gewinnermittlungsaufgabe ,Gewinnanteilsberechnung'" eine st~kere Gewichtung der Periodisierungsfunktion erfordert, gebietet die ,,vorsichtige Ermittlung eines entziehbaren Betrags ''199 der Objektivierungsfunktion den Vorrang einzur~iumen. Als vorrangiger Zweck des handelsrechtlichen Jahresabschlusses gilt ,,die vorsichtige Bestimmung des als Gewinn entziehbaren Betrags ''2~176 zur Erhaltung der Haftungssubstanz im Interesse der Gesellschafter und Dritter. TM Dies l~isst vermuten, dass ftir den handelsrechtlichen Jahresabschluss im Konfliktfall die subjektive Aufhellungskonzeption eher mal3geblich ist als die objektive Aufhellungskonzeption. 2~ Der Zeitpunkt, an dem s~imtliche wertaufhellende Ereignisse in die Abschlusserstellung einbezogen wurden, markiert dann den Mindestzeitraum ftir die Abschlusserstellung nach deutschem Handelsrecht. Nach der subjektiven Aufhellungskonzeption kann dies auch der Bilanzstichtag sein. 2.1.2. 2.1.2.1.

Verkiirzung des Aufhellungszeitraums Verkiirzung des Aufhellungszeitraums durch eine zeitnahe VerOffentlichung der Abschliisse

Fast Close sollen den Kapitalm~kten durch die beschleunigte Aufstellung und zeitnahe Ver6ffentlichung des Abschlusses entscheidungsrelevantere Abschlussinformationen zur Verf'ti-

197 Moxter,Adolf(Bilanzrechtsprechung, 1999), S. 262 (beide Zitate). 19s Vgl. Hoffmann, Wolf-Dieter (Wertaufhellung, 1996), S. 1159. a.A. Kamman, Evert (Stichtagsprinzip, 1988), S. 119. 199 Ciric,Dejan (Wertaufhellung, 1995), S. 126. 200 Moxter, Adolf (Sinn und Zweck, 1987), S. 374. Vgl. auch Hommel, Michael (Dauerschuldverh~iltnisse, 1992), S. 13 m. w. N. 2o~ Vgl.Beisse, Heinrich (Gl~iubigerschutz,1993), S. 77 - 97, hier S. 87. 202 Vgl. Ciric, Dejan (Wertaufhellung, 1995), S. 135; ders. (Abschlul3stichtagsprinzips, 1996), S. 1301; Hoffmann, Wolf-Dieter (Wertaufhellung, 1996), S. 1159; Schmotz, Thomas (Pro-Forma-Abschliisse, 2004), S. 101; Stobbe, Thomas (Kommentierungw6 EStG, Loseblatt),Rz. 82. a.A. Kamman, Evert (Stichtagsprinzip, 1988), S. 145 - 146; Hense, Burkhard/Geifller, Horst (Kommentierungw252 HGB, 2003), Rz. 38. 34

gung stellen. 2~ Dies bedeutet im Extremfall eine Erstellung des Abschlusses am ersten Tag der neuen Abschlussperiode (sog. Virtual Close). TM Eine zeitnahe Ver6ffentlichung der Periodenabschltisse ware unproblematisch, wenn nach dem Abschlusstichtagsprinzip der subjektive Kenntnisstand des Rechnungslegenden am Bilanzstichtag mal3gebend ware. 2~ Danach waren Ereignisse nach dem Bilanzstichtag nicht zu berticksichtigen, so dass samtliche zur Abschlussaufstellung ben6tigten Informationen am Abschlussstichtag zur Verf'tigung stianden. Jedes Verz6gern der Jahresabschlusserstellung f'tihrt nicht mehr zu einer Verbesserung des zum Bilanzstichtag gesichteten Datenmaterials, sondem nur noch zu einer Verminderung der (Tages-) Aktualitat der bereitgestellten Informationen. Hinsichtlich der Erstellung von Fast Close-Abschltissen stellten sich dann primar organisatorische und systemtechnische Herausforderungen. Damit die Ver6ffentlichung des Abschlusses zu dem gewtinschten Termin erfolgen kann, miassen die organisatorischen Ablaufe nach dem Bilanzstichtag und die verwendeten EDV-Systeme soweit optimiert werden, dass eine Verarbeitung der am Bilanzstichtag vorliegenden Informationen in dem gewtinschten bzw. erforderlichen Zeitraum m6glich ist. 2~ Dementgegen sind wertaufhellende Ereignisse, die zwischen dem Bilanzstichtag und der Aufstellung des Abschlusses bekannt werden, nach dem Abschlussstichtagsprinzip in die Abschlusserstellung einzubeziehen. Eine friahere Ver6ffentlichung von Periodenabschltissen f'tihrt dann zwangslaufig zu einer Verktirzung des Aufhellungszeitraums. Im Extremfall einer Aufstellung des Abschlusses unmittelbar nach dem Bilanzstichtag wtirde der Aufhellungszeitraum sogar nahezu entfallen. 2~ Die Verktirzung des Aufhellungszeitraums ist aber unproblematisch, wenn es um Geschaftsvorf~ille geht, die am Bilanzstichtag dem Grunde und der H6he nach bestimmt sind (,,Stichtagsereignisse"). Wenn Gewahrleistungsf~ille noch in derselben Abschlussperiode abgewickelt werden, stehen alle hierzu erforderlichen Aufwendungen am Bilanzstichtag objektiv fest und mtissen f'tir die Erstellung des Abschlusses nur noch (zeitnah) verarbeitet werden. Die Erstellung von Fast Close-Abschltissen reduzierte sich hier auf die Optimierung der organisatorischen und technischen Ablaufe zur zeitnahen Verarbeitung der vorhandenen Informationen.

zo3 zo4 zo5 2o6 2o7

Vgl.Eggemann, Gerd/Petry, Martin (Fast Close, 2002), S. 1635 - 1636. Vgl.Hiittche, Tobias (Bilanzierungs-und Bewertungsmethoden,2001), S. 241. Vgl.Ciric, Dejan (Wertaufhellung, 1995), S. 97. Vgl.Hiittche, Tobias/Diemer, Nicole (Fast Close, 2000), S. 2035. Vgl.Hiittche, Tobias (Virtual Close, 2002), S. 1639- 1642. 35

Deutlich mehr Probleme verursacht eine Verktirzung des Aufhellungszeitraums, wenn der Grund und/oder die H6he von Gesch~iftsvorf~illen zum Bilanzstichtag noch nicht feststehen. 2~ Der Ansatz und die Bewertung dieser Gesch~itlsvorf~ille erfordert eine Sch~itzung des Bilanzierenden tiber die zuktinftigen Entwicklungen, wie z. B. die voraussichtliche Dauerhaftigkeit der Wertminderung bei aul3erplanm~il3igen Abschreibungen, die Wertberichtigungen auf Forderungen und der Ansatz und die Bewertung (sonstiger) Rtickstellungen. In der Regel sind auch einige GewNtrleistungsf'~ille der Abschlussperiode am Bilanzstichtag noch nicht gemeldet, d. h. dem Grunde und der H6he nach ungewiss, oder bereits gemeldet, aber noch nicht endgiiltig abgewickelt, d. h. der H6he nach ungewiss. Die zur Abwicklung dieser Gew~ihrleistungsf~ille notwendigen Aufwendungen sind dann ftir die Abschlusserstellung dem Grunde und/oder der HOhe nach zu sch~itzen. Gew6hnlich erh~ilt das Untemehmen bis zur Ver6ffentlichung des Abschlusses weitere Informationen tiber ungewisse Sachverhalte, die am Bilanzstichtag vorgelegen haben. So werden bekannte GewNlrleistungsf~ille abgewickelt oder unbekannte Gew~ihrleistungsansprtiche geltend gemacht. Anhand dieser Ereignisse nach dem Bilanzstichtag tiberprtift der Bilanzierende die den Sch~itzungen zu Grunde gelegten Annahmen und korrigiert erforderlichenfalls den Ansatz und die Bewertung der Stichtagssch~itzungen. 2~ Grunds~itzlich steigt die Pr~izision von Sch~itzungen mit der Berticksichtigung von zus~itzlichen Informationen. Daher k6nnen diese umso genauer ermittelt werden, je l~inger der Wertaufhellungszeitraum ist bzw. je mehr wertaufhellende Ereignisse in der Sch~itzung berticksichtigt werden k6nnen. Infolge der Verktirzung des Aufhellungszeitraums k6nnen in Fast Close-Abschltissen weniger wertaufhellende Informationen in die Abschlusserstellung einbezogen werden, so dass die Genauigkeit der Sch~itzungen in Fast Close-Abschliissen leiden kann und mithin die Zuverl~issigkeit der Abschlussinformationen eingeschr~lkt wird. Andererseits kann die Beschleunigung der Abschlusserstellung durch die Optimierung der Abschlussprozesse, wenn bspw. Fehlerquellen beseitigt werden, auch eine Verbesserung der Abschlussqualit~it bewirken. 21~ Jedoch ist dieser positive Effekt keine Besonderheit von Fast Close-Abschltissen, da eine Verbesserung der Abschlussprozesse eine grundlegende Voraussetzung bildet, um mit Periodenabschltissen verl~issliche Informationen zu gew~ihren. Eine Optimierung der Abschluss-

208 Einen13berblickder nach deutschem HandelsrechterforderlichenSch~itzungengeben Littmann, Eberhard (Sch~itzungen, 1962), S. 325 - 326 und Clemm, Herrmann (Fragwiirdigkeit, 1993), S. 136 - 137. Vgl. Kitsch, Hanno (Sch~itzungen,2002), S. 1013 - 1016 ftir einen Oberblick der nach deutschemHandelsrecht und IAS/IFRSerforderlichenSch~itzungen. 209 Vgl.Littmann, Eberhard (Sch~itzungen, 1962), S. 325. 2~o Vgl.Engel-Ciric, Dejan (Ereignisse,2004), Rz. 50. 36

prozesse vermindert aber auch die Fehlerh~iufigkeit der Datenerfassung bei klassischen Periodenabschltissen und ist deshalb auch in diesem Bereich von Vorteil. Ob bei Fast CloseAbschltissen aber die negativen Effekte aus der Verktirzung des Zeitraums nach dem Bilanzstichtag kompensiert werden (k6nnen), ist fraglich. In der Literatur umstritten ist die Dauer des Wertaufhellungszeitraums. Hier stehen sich im Wesentlichen die Auffassung, dass werterhellende Tatsachen grunds~itzlich bis zur Aufstellung des Abschlusses zu belqJcksichtigen sind 2::, und die Ansicht, dass der Wertaufhellungszeitraum grunds~itzlich erst mit der Feststellung des Abschlusses endet 2:2, gegentiber. Da eine frfihere Ver6ffentlichung von Periodenabschltissen mithin nicht nur eine beschleunigte Aufstellung des Abschlusses bedingt, sondern auch eine frtihere Prtifung durch den Wirtschaftsprtifer sowie eine kurzfristige Feststellung des Abschlusses durch die daftir zust~indigen Organe erfordert, verktirzt sich der Aufhellungszeitraum unabh~ingig davon, ob wertaufhellende Ereignisse bis zum Tag der Aufstellung oder der Feststellung des Abschlusses zu berticksichtigen sind. 2.1.2.2.

Vereinbarkeit eines verkiirzten Aufhellungszeitraums mit der subjektiven A ufhellungskonzeption

Im Rahmen der subjektiven Aufhellungskonzeption, ftihrt die Verktirzung des Wertaufhellungszeitraums aber nicht schon per se zu einem (untiberwindlichen) Konflikt mit dem Stichtagsprinzip. Das Untemehmen mtisste nach dieser Konzeption aber sicherstellen, dass die mit angemessener Sorgfalt bis zum Bilanzstichtag erlangbaren Informationen am Tag der Aufstellung des Abschlusses auch verarbeitet wurden. Gelingt ihm dies, bleiben wertaufhellende Ereignisse auch bei einer Aufstellung des Abschlusses unmittelbar nach dem Bilanzstichtag nicht aul3er Acht, so dass die Verktirzung des Aufhellungszeitraums die Qualit~it der Abschlussinformationen nicht gravierend tiber Gebtihr einschr~inkt. Damit die zur Abschlusserstellung notwendigen Informationen zeitnah zur Verf'tigung stehen, ist eine intensive Analyse der Abschlusszahlen bereits im Vorfeld des Bilanzstichtags erforderlich. Im Rahmen von Planungsrechnungen, Hochrechnungen und Outlooks k6nnen far die Abschlusszahlen mal3gebliche Parameter frtihzeitig identifiziert werden, so dass die Abschlusszahlen bei der Aufstellung des Abschlusses nur noch endgtiltig evaluiert werden mtissen. So k6nnte zur Bewertung der Forderungen in Fast Close-Abschltissen bereits vor dem

zl~ Vgl.Kiiting, Karlheinz/Kaiser, Thomas (Wertaufhellungszeitraum,2000), S. 579 - 696. z12 Vgl. Kropf Bruno (Wertaufhellung, 1991), S. 533 - 540; Siegel, Theodor!Schmidt, Matthias (Beck'sche HdR, Loseblatt),B 161, Rz. 125. 37

Bilanzstichtag eine genaue Prtifung der Debitoren auf m6gliche Zahlungsschwierigkeiten erfolgen. Zudem schreibt das Gesetz keinen Mindestzeitraum vor, der f'dr die Aufstellung der Periodenabschltisse eingehalten werden muss, um gentigend Zeit einzur~iumen, in der wertaufhellende Ereignisse bekannt werden k6nnen. Im Extremfall ist auch die Aufstellung des Periodenabschlusses einen Tag nach Ablauf des Gesch~iftsjahres zulassig. Dennoch kann eine hinreichende Qualit~it der Stichtagssch~itzungen gew~.hrleistet werden, wenn es dem Untemehmen gelingt, die Einbul3en in der Genauigkeit der Stichtagssch~itzung (durch praktisches Fehlen von wertaufhellenden Informationen) mit sorgf~iltigen Datensch~itzungen zu kompensieren. Somit erfordert der Ansatz und die Bewertung von Stichtagssch~itzungen in Fast CloseAbschltissen neben der intensiven Recherche im Vorfeld des Abschlussstichtags auch die Anwendung pr~iziser Sch~itzverfahren. K6nnen die Stichtagssch~itzungen durch geeignete Sch~itzverfahren bereits vor bzw. am Bilanzstichtag zuverl~issig berechnet werden, k6nnen die Wertans~itze regelm~il3ig auch in den Abschluss tibemommen werden. Anpassungen w~iren hier nur erforderlich, wenn dem Untemehmen im Einzelfall bis zum Bilanzstichtag erg~inzende Erkenntnisse zufliel3en, die den Wert der gesch~itzten Abschlusspositionen in starkem Mage beeinflussen. Allerdings gebietet die vorsichtige Ermittlung des entziehbaren Betrags bis zum Aufstellungstag bekannt gewordene Verluste, die die Vermtigenslage der Gesellschaft erheblich beeinflussen, auch dann in die Abschlusserstellung einzubeziehen, wenn ,,sie am Abschlul3stichtag, selbst bei grN3ter Sorgfalt, noch nicht wil3bar waren. ''213 2.1.2.3.

Unvereinbarkeit eines verkiirzten Aufhellungszeitraums mit der objektiven Aufhellungskonzeption

Wenn das Stichtagsprinzip im Sinne der objektiven Wertaufhellungskonzeption interpretiert wird, ist eine Verktirzung des Aufhellungszeitraums problematisch(er). Anders als bei der subjektiven Aufhellungskonzeption ist das Unternehmen hier dazu verpflichtet, s~imtliche wertaufhellenden Informationen, die es nach dem Bilanzstichtag erlangt, auch dann zu berOcksichtigen, wenn ,,sie am Bilanzstichtag selbst bei gr613ter Sorgfalt noch nicht wil3bar waren. ''214 Hier kann die intensive Analyse der Abschlusszahlen im Vorfeld der Abschlusserstellung eine Berticksichtigung aller wertaufhellenden Ereignisse nicht gew~ihrleisten.

2z3 Moxter, Adolf(Verlustantizipation, 1996), S. 172 (beide Zitate). Vgl. auch Ciric, Dejan (Wertaufhellung, 1995), S. 138- 149. 214 Moxter,Adolf(Verlustantizipation, 1996), S. 172.

38

Der Konkurs eines Schuldners, der dem Bilanzierenden erst gegen Ende des maximal zuRissigen Aufstellungszeitraums bekannt wird, bliebe im Fast Close-Abschluss aufgrund der VerkiJrzung des Aufhellungszeitraums auger Acht, so dass die entsprechende Forderung objektiv zu hoch ausgewiesen wtirde. Die sich hieraus ergebenden negativen Effekte auf die Abschlussqualit~it sind nach der objektiven Aufhellungskonzeption zunachst unvermeidbar. In den nachfolgenden Fast Close-Abschltissen f'tihren die Vergangenheitserfahrungen aber zu einer h6heren Pauschalwertberichtigung 215 der Forderungen. Wird ein Gew~ihrleistungsfall nach dem Bilanzstichtag aber vor der Bilanzerstellung gemeldet oder (endgtiltig) abgewickelt, so konkretisiert dieser Vorgang eine am Bilanzstichtag objektiv bestehende Verpflichtung zur Gew~ihrleistung und ist damit nach der objektiven Aufhellungskonzeption als wertaufhellendes Ereignis in die Bewertung einzubeziehen. Infolge der Verktirzung des Aufhellungszeitraums k6nnen wertaufhellende Ereignisse in die Stichtagssch~itzungen nicht mehr einbezogen werden, mit der Konsequenz, dass die Genauigkeit der Sch~itzungen leiden kann. Wenn der Aufstellungszeitraum f'tir die nachfolgenden Fast Close-Abschltisse konstant ist, k6nnte man anf'tihren, dass die Fast Close-Abschltisse im Zeitablauf die gleiche schlechtere Qualit~it aufweisen und folglich die Vergleichbarkeit der Abschltisse gew~ihrleistet ist. Allerdings kann auch bei einem konstanten Aufstellungszeitraum die Ftille der unberticksichtigten (wertaufhellenden) Informationen von Bilanzstichtag zu Bilanzstichtag deutlich variieren. Da die Abschlussadressaten die mutmagliche Abweichung der berichteten Daten von den objektiv richtigen Daten dann nicht einsch~tzen k6nnen, leidet die Vergleichbarkeit der Abschlussinformationen auch f'tir einen konstanten Aufstellungszeitraum. Wird auf den Korrekturfaktor Zeit eines konventionellen Abschlusses verzichtet, k6nnen Stichtagssch~itzungen nur durch die Anwendung von Verfahren, die eine hinreichend hohe Sch~itzgenauigkeit versprechen, zuverRissig ermittelt werden.

215 Vgl.Jutz, Manfred/Ziindorf Horst (Beck'sche HdR, Loseblatt), B 215, Rz. 22. 39

2.2.

Vereinbarkeit einer Verkiirzung des Aufhellungszeitraums mit dem Aufhellungsverstiindnis nach US-GAAP und 1AS/1FRS

2.2.1.

Grundsiitze der Beriicksichtigung von Ereignissen nach dem Bilanzstichtag

2.2.1.1.

US-GAAP

Im Schrifltum wird f'tir das Stichtagsprinzip nach U S - G A A P regelm/iBig auf SFAS 5 ,,Accounting for Contingencies", der die Bilanzierung von Eventualverbindlichkeiten (,,loss contingencies") regelt, verwiesen. 216 Nach SFAS 5 sind Informationen, die dem Unternehmen zwischen dem Bilanzstichtag und der Vertiffentlichung des Abschlusses bekannt werden, in den Ansatz und die Bewertung von Eventualverbindlichkeiten einzubeziehen, wenn sie die Verh/altnisse am Abschlussstichtag konkretisieren. 217 Dagegen mtissen nach dem Bilanzstichtag zugegangene Informationen, die eine Wertminderung eines Verm6gensgegenstands oder die Entstehung einer Verbindlichkeit nach dem Bilanzstichtag anzeigen oder zumindest m6glich erkennbar (,,reasonably possible") erscheinen lassen, grunds/itzlich unberticksichtigt bleiben. 2~8 Allerdings besteht f'tir derartige Ereignisse eine Angabepflicht im Anhang, wenn der Abschluss ohne deren Bekanntgabe irref'dhrend 219, d. h ,,die Urteils- und Entscheidungsfindung der Rechnungslegungsadressaten beeintr~ichtigt w~re. ''22~ Im Sinne des SFAS 5 regelt das A I C P A die Berticksichtigung von Ereignissen, die dem Unternehmen zwischen dem Bilanzstichtag und der Ver6ffentlichung des Abschlusses bekannt werden (,,subsequent events"). TM Danach werden die Ereignisse nach dem Bilanzstichtag in wertaufhellende Ereignisse, die zus/itzliche Informationen fiber die am Bilanzstichtag vorlie-

216 Vgl. Siegel Theodor/Schmidt, Matthias (Beck'sche HdR, Loseblatt), B 161, Rz. 127; KPMG (Rechnungslegung, 2003), S. 168; Kreutzer, Gerhard (Wertaufhellungszeitpunkte, 2001), S. 28. 2~7 ,,An estimated loss from a loss contingency [...] shall be accrued by a charge to income if [...] Information available prior to issuance of the financial statements indicates that it is probable that an asset had been impaired or a liability had been incurred at the date of the financial statements. It is implicit in this condition that it must be probable that one or more future events will occur confirming the fact of the loss." SFAS 5 par. 8. Vgl. auch Schmotz, Thomas (Pro-Forma-AbschRisse, 2004), S. 93. 2~8 ,,After the date of an enterprise's financial statements but before those financial statements are issued, information may come available indicating that an asset was impaired or a liability was incurred after the date of the financial statements or that there is at least a reasonable possibility that an asset was impaired or a liability was incurred after that date. [...] In none of the cases cited in this paragraph was an asset impaired or a liability incurred at the date of the financial statements, and the condition for accrual in paragraph 8(a) is, therefore, not met." SFAS 5 par. 11. 2~9 ,,Disclosure of those kinds of losses of loss contigenies may be necessary, however, to keep the financial statements from being misleading." SFAS 5 par. 11. 220 KPMG(Rechnungslegung, 2003), S. 168. 22~ Vgl. AICPA, Statement on Auditing Standard No. 1. Die PriJfungsstandards des AICPA regeln nicht direkt die Bilanzierung nach US-GAAP, besitzen aber einen mittelbaren Einfluss auf die Rechnungslegung in den USA. 40

genden Gegebenheiten liefern 222, und in wertbeeinflussende Ereignisse, die Informationen tiber die nach dem Bilanzstichtag existierenden Gegebenheiten vermitteln, unterschieden. 223 Die wertaufhellenden Ereignisse sind zwingend in den Ansatz und die Bewertung der Abschlussposten einzubeziehen 224, wohingegen die wertbeeinflussenden Ereignisse den Abschluss der abgelaufenen Periode nicht mehr beeinflussen dtirfen. 225 Allerdings ist f'tir wertbeeinflussende Ereignisse auch hier eine Angabe im Anhang geboten, wenn der Abschluss anderenfalls irreftihrend w~tre. 226 Aus der Definition der wertaufhellenden und wertbeeinflussenden Ereignisse geht nicht explizit hervor, ob die US-GAAP der subjektiven oder der objektiven Aufhellungskonzeption folgen.

2.2.1.2.

IA S/IFR S

Nach IAS/IFRS leitet sich das Stichtagsprinzip aus IAS 10 (2003) ab, der die Bilanzierung und die Berichterstattung for Ereignisse nach dem Bilanzstichtag (,,events after the balance sheet date") regelt. In IAS 10 sind Ereignisse nach dem Bilanzstichtag als vorteilhafte und nachteilige Ereignisse definiert, die zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Freigabe des Abschlusses zur VerOffentlichung 227 eintreten. 228 Auch nach IAS/IFRS wird eine Differenzierung in wertaufhellende Ereignisse, die substanzielle Hinweise tiber die Gegebenheiten am Bilanzstichtag liefem (,,adjusting events after balance sheet date") 229, und wertbeeinflussende Ereignisse, die nach dem Bilanzstichtag eingetretene Gegebenheiten anzeigen (,,non-adjusting events after balance sheet date") 23~ vorgenommen. W~ihrend die wertaufhellenden Ereignisse eine Anpassung der entsprechenden Ab-

222

.....

223 224 225 226 227

228 229 23o

that provide additional evidence with respect to conditions that existed at the date of the balance sheet and affect the estimates inherent in the process of preparing financial statements." AICPA, Statement on Auditing Standard No. 1, par. 03. ..... that provide evidence with respect to conditions that did not exist at the date of the balance sheet being reported on but arose subsequent to that date." AICPA, Statement on Auditing Standard No. 1, par. 05. ,,The financial statements should be adjusted for any changes in estimates resulting from the use of such evidence." AICPA, Statement on Auditing Standard No. 1, par. 03. ,,Theseevents should not result in adjustments of the financial statements"AICPA, Statement on Auditing Standard No. 1, par. 05. ,,Some of the events, however, may be of such a nature that disclosure to them is required to keep the financial statements from being misleading." AICPA, Statement on Auditing Standard No. 1, par. 05. Vgl. Ernst & Young (GAAP, 2004), S. 1861 - 1862. Zur Diskussion des Wertaufhellungszeitraums nach IAS/IFRS auch vor dem Hintergrund des deutschen Rechtssystems vgl. Bischof Stefan/Doleczik, Giinter (Kommentierung IAS 10, Loseblatt), Rz. 6 - 16. ,,Eventsafter the balance sheet date are those events, favourable and unfavourable, that occur between the balance sheet date and the date when the financial statements are authorised for issue." IAS 10.3. "...those that provide evidence of conditions that existed at the balance sheet date (adjusting events after the balance sheet date)" IAS 10.3. "...those that are indicative of conditions that arose after the balance sheet date (non-adjusting events after the balance sheet date)" IAS 10.3. 41

schlussposition gebieten TM, dtirfen wertbeeinflussende Ereignisse im Abschluss der abgelaufenen Periode keine Beriacksichtigung finden 232. Da der Verzicht auf die Bekanntgabe von wesentlichen (,,material") wertbeeinflussenden Ereignissen die wirtschat~lichen Entscheidungender Nutzer beeinflussen kann, besteht fiir diese eine Angabepflicht im Anhang. 233 Die zu Grunde liegende Aufhellungskonzeption kann auch nach IAS/IFRS der Definition nicht explizit entnommen werden.

2.2.1.3.

Unmaflgeblichkeit der subjektiv bekannten Verhgiltnisse am Bilanzstichtag

Sowohl nach US-GAAP als auch nach IAS/IFRS sind bestimmte Ereignisse nach dem Bilanzstichtag in die Abschlusserstellung einzubeziehen. Zun~ichst ist festzustellen, dass es for die Abschlusserstellung nach US-GAAP und nach IAS/IFRS ,,nicht auf die dem Bilanzierenden (subjektiv) am Bilanzstichtag tats~ichlich bekannten Verhaltnisse" ankommt, sondern die ,,zum Stichtag objektiv gegebenen Umst~nde, die u. U. erst bis zum Bilanzaufstellungstag bekannt werden ''234, mal3geblich sind. Wie nach deutschem Handelsrecht krnnen auch nach US-GAAP und IAS/IFRS aber nur solche Ereignisse nach dem Bilanzstichtag die Gegebenheiten am Bilanzstichtag erhellen, deren Wurzel vor dem Bilanzstichtag liegt. Im Gegensatz zu den handelsrechtlichen Vorschriften sehen die allgemeinen Regelungen der US-GAAP und IAS/IFRS keine Differenzierung der Ereignisse nach dem Bilanzstichtag im Sinne der Aufhellungskonzeptionen vor. Die Abgrenzung zwischen wertaufhellenden und wertbeeinflussenden Ereignissen beschrankt sich hier auf die Wurzeltheorie, erf~u't aber durch die in den Standards dargestellten Einzelsachverhalte eine Konkretisierung.

2.2.2. Einzelsachverhalte 2.2.2.1.

US-GAAP

Ein wertaufhellendes Ereignis liegt vor, wenn die sich laufend verschlechternde finanzielle Situation eines Schuldners erst nach dem Bilanzstichtag zur Insolvenz f'tihrt. Die Insolvenz nach dem Bilanzstichtag zeigt, dass der Schuldner bereits am Bilanzstichtag in Zahlungs-

231 ,,Anentity shall adjust the amounts recognised is its financial statements to reflect adjusting events after the balance sheet date." IAS 10.8. Die Bedicksichtigung yon ansatzaufhellenden Ereignissen ist in IAS 10.9 explizit kodiftziert: "to recognise items that were not previously recognised". 232 ,,Anentity shall not adjust the amounts recognised is its financial statements to reflect non-adjusting events after the balance sheet date." IAS 10.10. 233 ,,If non-adjusting events after the balance sheet date are material, non-disclosure could influence the economic decision of users taken on the basis of the financial statements. Accordingly, an entity shall disclose the following for each material category of non-adjusting events after the balance sheet date." IAS 10.21. Dabei sind die Art des Ereignissen sowie dessen gesch~itztenfinanziellen Auswirkungen anzugeben. 234 Engel-Ciric, Dejan (Ereignisse, 2004), Rz. 2 (im Original teilweise hervorgehoben, beide Zitate). 42

schwierigkeiten war und folglich eine Wertberichtigung der Forderung geboten ist. 235 Dagegen stellt die Insolvenz nach dem Bilanzstichtag ein wertbeeinflussendes Ereignis dar, wenn sie auf ein Ereignis nach dem Bilanzstichtag (z. B. Lagerbrand, Maschinenschaden durch Flut) zurtickzufiihren ist. 236 Im Ergebnis bestehen hier keine Unterschiede zum Aufhellungsverst~dnis nach deutschem Handelsrecht. Da aus dem Sachverhalt nicht eindeutig hervorgeht, ob eine nach dem Bilanzstichtag eingetretene Insolvenz die Gegebenheiten am Bilanzstichtag auch dann konkretisiert, wenn das Unternehmen die am Bilanzstichtag objektiv bestehende Zahlungsschwierigkeit des Schuldners nicht erkennen konnte, bleibt die zu Grunde gelegte Aufhellungskonzeption hier often. Im Gegensatz zur subjektiven und zur objektiven Aufhellungskonzeption erfordert die endgtiltige Entscheidung einer Rechtsstreitigkeit nach dem Bilanzstichtag eine b e t r a g s m ~ i g e Anpassung der betreffenden Abschlusspositionen, wenn der Ursprung der Rechtsstreitigkeit (Personenschaden, Patentverletzung) vor dem Bilanzstichtag liegt. 237 Dementsprechend sind Ereignisse nach dem Bilanzstichtag, deren Wurzel vor dem Bilanzstichtag liegt, wohl auch nach US-GAAP dann auf den Bilanzstichtag zurtick zu beziehen, wenn sie am Bilanzstichtag noch nicht eingetreten oder noch nicht erkennbar waren. Hierf'tir sprechen auch noch weitere Einzelsachverhalte, die nach U S - G A A P wertaufhellende Ereignisse darstellen. ,,Subsequent events affecting the realization of assets such as receivables and inventories or the settlement of estimated liabilities ordinarily will require adjustment of the financial statement [...] because such events typically represent the culmination of conditions that existed over a relatively long period of time. ''238 SchlieBlich krnnen derartige Ereignisse auch aus rechtsgestaltenden Vorg/~ngen resultieren 239, die u. U. am Bilanzstichtag weder eingetreten noch erkennbar waren. Dagegen dtirfen Ereignisse nach dem Bilanzstichtag, deren Wurzel nach dem Bilanzstichtag liegt und die folglich in keinem Zusammenhang mit den am Bilanzstichtag vorhandenen

235 ,,a loss on an uncollectable trade account receivable as a result of a customer's deteriorating financial condition leading to bankruptcy subsequent to the balance-sheet date would be indicative of conditions existing at the balance sheet date, thereby calling for adjustments of the financial statements before their issuance." AICPA, Statement on Auditing Standard No. 1, par. 04. 236 ,,Onthe other hand, a similiar loss resulting from a customer's major casualty such as a fire or flood subsequent to the balance-sheet date and adjustment of the financial statements would not be appropriate." AICPA, Statement on Auditing Standard No. 1, par. 04. 237 ,,The settlement of litigation for an amount different from the liability recorded in the accounts would require adjustment of the financial statements, if the events, such as personal injury or patent infringement, that gave rise to the litigation had taken place prior to the balance sheet date." AICPA, Statement on Auditing Standard No. 1, par. 04. 238 AICPA, Statement on Auditing Standard No. 1, par. 07. 239 Vgl.Moxter, Adolf(Wertaufhellungsverst~ndnis, 2003), S. 2563. 43

Verm6gensgegenst~inden und Schulden stehen, die Erstellung des Abschlusses nicht mehr beeinflussen. 24~ Dementsprechend z~ihlt das FASB den Kauf eines Unternehmens oder den Verlust eines Fabrikgeb~iudes durch Feuer oder Flut zu den wertbeeinflussenden Ereignissen. 241 Nach dem Bilanzstichtag eingetretene Ver~.nderungen in den Marktpreisen von Wertpapieren dtirfen ebenfalls in die Abschlusserstellung nicht einbezogen werden, ,,because such changes typically reflect a concurrent evaluation of new conditions. ''242 Diese Ereignisse sind zwar, wie das Gerichtsurteil, erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten, aber ihr Ursprung liegt im Unterschied zum Gerichtsurteil ebenfalls nach dem Bilanzstichtag. Zur Abgrenzung zwischen wertaufhellenden und wertbeeinflussenden Ereignissen scheinen die US-GAAP streng an der Wurzeltheorie ausgerichtet zu sein. Solange die wertaufhellenden Ereignisse bis zur Ver6ffentlichung des Abschlusses bekannt werden, sind diese in die Abschlusserstellung einzubeziehen. 243 Die Regelungen der U S - G A A P stellen i. S. d. objektiven Stichtagsverh~iltnisse darauf ab, welche Kenntnisse das Unternehmen bis zum Tag der Aufstellung des Abschlusses tiber die am Bilanzstichtag existierenden V e r m 6 g e n s g e g e n s t ~ d e und Schulden erlangt hat.

2.2.2.2.

IAS/IFRS

Das IASB vertritt auch die Auffassung, dass der nach dem Bilanzstichtag eingetretene Konkurs eines Schuldners r e g e l m ~ i g zeigt, dass die Forderung bereits am Bilanzstichtag im Wert gemindert war und daher eine Abschreibung vorzunehmen ist. TM Obwohl dies aus dem Wortlaut nicht explizit hervorgeht, liegt auch nach IAS/IFRS ein wertbeeinflussendes Ereignis vor, wenn die Insolvenz auf ein Ereignis nach dem Bilanzstichtag (z. B. Lagerbrand, Maschinenschaden durch Flut) zurtickzuftihren ist. 245 Ein nach dem Bilanzstichtag rechtskr~iftig gewordenes Gerichtsurteil, das bestatigt, dass bereits am Bilanzstichtag eine gegenw~irtige Verpflichtung vorlag, ist nach IAS/IFRS ein wert240 "Second,the event may not affect the valuations at the balance sheet date, because the event is not associated with assets or liabilities that existed at the balance sheet date." Bailey, Larry P. (GAAS Guide, 2002), S. 426. 24~ ,,Examplesof events of the second type that require disclosures to the financial statemens (but should not result in adjustment) are: a. Sale of a bond or capital stock issue, b. Purchase of a Business. c. Settlement of a litigation when the event giving rise to the claim took place subsequent to the balance sheet date. d. Loss of plant or inventories as a result of fire or flood, e. Losses on receivables resulting from condition (such a customer's major casualty) arising subsequent to the balance-sheet date." AICPA, Statement on Auditing Standard No. l, par. 06. 242 AICPA, Statement on Auditing Standard No. 1, par. 07. 243 Vgl.Schmotz, Thomas (Pro-forma-Abschlilsse, 2004), S. 94. 244 ,,thebankruptcy of a customer that occurs after the balance sheet date usually confirms that a loss existed at the balance sheet date on a trade receivable and that the entity needs to adjust the carrying amount of the trade receivable;" IAS 10 par. 8 (b), (i). 245 Vgl.Bischof, Stefan/Doleczik, Gfinter (Kommentierung IAS 10, Loseblatt), Rz. 17. 44

aufhellendes Ereignis. 246 S~.mtliche Rtickstellungen, die mit dem Gerichtsverfahren in einem Zusammenhang stehen, sind dann in Einklang mit den Vorschriften des IAS 37 der H6he nach anzupassen oder es ist eine neue Rtickstellung zu bilden. 247 Schon nach den Regelungen des IAS 37 sind alle zus~itzlichen substanziellen Hinweise, die sich aus Ereignissen nach dem Bilanzstichtag ergeben, in die Bewertung der Rtickstellung einzubeziehen. 248 Der Wortlaut differenziert zwar nicht zwischen wertaufhellenden Ereignissen und wertbeeinflussenden Ereignissen, aber unter Berticksichtigung der Definition des IAS 10 k6nnen hiermit nur wertaufhellende Ereignisse, nicht jedoch wertbeeinflussende Ereignisse gemeint sein. 249 Wie die US-GAAP, scheinen sich auch die IAS/IFRS zur Abgrenzung zwischen wertaufhellenden und wertbeeinflussenden Ereignissen stark an der Wurzeltheorie zu orientieren. Diese Vermutung findet in weiteren (wertaufhellenden) Einzelsachverhalten, denen rechtsgestaltende Vorg~inge (z. B. ein Vergleich) zu Grunde liegen k6nnten 25~ ihre Best~itigung. Auch werden die Gegebenheiten am Bilanzstichtag erhellt, wenn die Ermittlung der Kosten f'tir erworbene Verm6genswerte nach dem Bilanzstichtag erfolgt oder die Erl6se ftir vor dem Bilanzstichtag verkaufte Verm6genswerte erst nach dem Bilanzstichtag ermittelt werden. TM Im Gegensatz zu den U S - G A A P kann der Verkauf von Vorr~iten nach dem Bilanzstichtag den Nachweis tiber den Nettover~iuBerungswert am Bilanzstichtag erbringen. 252 Dagegen stellt der zwischen dem Bilanzstichtag und der Freigabe des Abschlusses zur Ver6ffentlichung gesunkene Marktwert einer Finanzinvestition ein wertbeeinflussendes Ereignis dar; denn regelm~iBig h~ngt der sinkende Marktwert einer Finanzinvestition nicht mit ihrer Beschaffenheit am Bilanzstichtag zusammen, sondem spiegelt erst nach dem Bilanzstichtag eingetretene Umst~inde wieder. 253 W~ire der gesunkene Marktwert aber auf ein Ereignis vor dem Bilanzstichtag zuriickzuftihren, l~ige nach IAS/IFRS wohl auch ein wertaufhellendes Ereignis vor.

246 ,,thesettlement after the balance sheet date of a court case that confirms that the entity had a present obligation at the balance sheet date." IAS 10 par. 9 (a). 247 ,,The entity adjusts any previously recognised provisions related to this court case in accordance with IAS 37 Provisions, Contigent Liabilities and Contigent Assets or recognises a new provision." IAS 10 par. 9 (a), (Hervorhebungen im Original). 248 ,,The evidence considered includes any additional evidence provided by events after the balance sheet date." IAS 37 par. 38. 249 Vgl. F6rschle, Gerhart/Kroner, Matthias/Heddiius, Birgit (Verpflichtungen, 1999), S. 48. z50 Vgl.Moxter, Adolf(Wertaufhellungsverst~ndnis, 2003), S. 2563. 251 ,,the determination after the balance sheet date of the cost of assets purchased, or the proceeds from assets sold, before the balance sheet date." IAS 10 par. 9, (c). z52 ,,thesale of inventories after the balance sheet date may give evidence about their net realisable value at the balance sheet date." IAS 10 par. 9, (b), (ii). 253 ,,The decline in market value does not normally relate to the condition of the investments at the balance sheet date, but reflects circumstances that have arisen subsequently." IAS 10 par. 11. 45

Nach den Regelungen der IAS/IFRS sind Ereignisse nach dem Bilanzstichtag in die Abschlusserstellung einzubeziehen, wenn ihre Wurzel vor dem Bilanzstichtag liegt und sie den Ansatz oder die Bewertung der am Bilanzstichtag existierenden Verm6gensgegenst~inde und Schulden konkretisieren. Hierbei stellen die IAS/IFRS ausschlieBlich auf die ,,Verf'tigbarkeit der Informationen''254 bis zum Tag der Aufstellung des Abschlusses ab. 2.2.3. 2.2.3.1.

Verkiirzung des Aufhellungszeitraums Vereinbarkeit einer Verkiirzung des Aufhellungszeitraums mit dem Aufhellungsverstiindnis nach US-GAAP und 1AS/IFRS

Die zeitnahe Ver6ffentlichung von Periodenabschltissen steht mit dem Aufhellungsverstandnis nach US-GAAP und nach IAS/IFRS im potenziellen Konflikt. Hier sind wertaufhellende Ereignisse zu berticksichtigen, wenn diese am Bilanzstichtag nicht erkennbar waren, so dass mit einer intensiven Analyse der Abschlusszahlen im Vorfeld des Bilanzstichtages die Erfassung s~imtlicher wertaufhellenden Ereignisse nicht erreicht werden kann. Aufgrund der Verkiirzung des Aufhellungszeitraums k6nnen wertaufhellende Ereignisse, die bei einer Ausnutzung der geforderten Aufstellungsfristen in die Abschlusserstellung einzubeziehen waren, in Fast Close-Abschltissen keine Berticksichtigung finden. Hierunter kann die Zuverl~issigkeit der Abschlussdaten, insbesondere der zur Abschlusserstellung erforderlichen Stichtagssch/itzungen leiden. Nach US-GAAP und IAS/IFRS stehen Fast Close-Abschliisse im Spannungsverh/iltnis zwischen der Vermittlung entscheidungsrelevanter (da zeitnah) Abschlussinformationen und der Vermittlung zuverl/issiger Abschlussinformationen. Inwieweit eine Verkiirzung des Aufhellungszeitraums aber mit dem Aufhellungsverst~ndnis der US-GAAP und IAS/IFRS vereinbar ist, ergibt sich aus der gebotenen Balance zwischen den beiden qualitativen Kriterien entscheidungsniitzlicher Abschlussinformationen. 2.2.3.2.

Balance zwischen zeitnahen und zuverliissigen Abschlussinformationen

Nach Ansicht des FASB kann es in einigen Situationen wiinschenswert sein, dass pr~izise Abschlussdaten (Ist-Werte) zwecks zeitnaher Ver6ffentlichung des Abschlusses durch geschatzte Abschlussdaten ersetzt werden: ,,It may sometimes be desirable, for example, to sacrifice precision for timelines, for an approximation produced quickly is often more useful than precise information that take longer to get out. ''255

554 Schmotz, Thomas(Pro-Forma-Abschliisse,2004), S. 96. 255 SFAC2 par. 57. 46

Dies darf aber nicht zu einer wesentlichen Minderung der Zuverl~issigkeit der Abschlussdaten f'tihren, da ansonsten auch die Entscheidungsntitzlichkeit der Abschlussdaten eingeschr~nkt wtirde. 256 Zwar mindem Einschr~nkungen in der Zuverl~issigkeit von Abschlussdaten immer auch die Entscheidungsntitzlichkeit der Abschlussdaten, dennoch besteht nach Ansicht des FASB die M6glichkeit, bestimmte Abschlussdaten mittels Sch~itzungen zeitnah zu ermitteln, ohne hierdurch ihre Zuverl~issigkeit wesentlich einzuschr~inken. 257 Wenn dem Unternehmen mittels genauer Sch~itzverfahren eine pr~zise Ermittlung der Stichtagssch~itzungen zeitnah zum Bilanzstichtag gelingt, erh6ht dies die Entscheidungsniitzlichkeit der Abschlussinformationen. 258 Unter diesen Voraussetzungen scheint nach US-GAAP die Berticksichtigung gesch~itzter Abschlussdaten zur zeitnahen Ver6ffentlichung der Abschltisse nicht nur m6glich, sondern sogar geboten. Das IASB sieht nicht explizit vor, dass genaue Abschlussdaten zwecks zeitnaher Ver6ffentlichung des Abschlusses durch gesch~itzte Daten ersetzt werden dtirfen (sollen). Allerdings ist auch nach IAS/IFRS ftir die Balance zwischen den qualitativen Kriterien mal3geblich, ob sich die Entscheidungsntitzlichkeit im Ergebnis erh6ht oder verringert: ,,In achieving a balance between relevance and reliability, the overriding consideration is how best to satisfy the economic decision-making needs of users. ''z59 Die zeitnahe Ver6ffentlichung von Abschltissen durch die Verwendung gesch~itzter Daten scheint nach IAS/IFRS zul~issig, wenn die hierdurch gewonnene Relevanz die gegenl~iufige Entwicklung der Zuverlgssigkeit der Abschlussinformationen kompensiert. Ob eine zeitnahe Ver6ffentlichung ggf. zu Lasten der Zuverl~issigkeit die Relevanz der Abschlussinformationen erh6ht, liegt im Ermessen des berichtenden Untemehmens, so dass sich ein erheblicher bilanzpolitischer Spielraum er6ffnet. K6nnen die Stichtagssch~itzungen mittels entsprechender Sch~itzverfahren hinreichend genau ermittelt werden, ist die Verkiirzung des Aufhellungszeitraums auch mit den Regelungen der IAS/IFRS vereinbar. Allerdings bleiben die Anforderungen an die Sch~itzverfahren oder die gesch~itzten Abschlussdaten v611ig unklar, so dass sich die Vorgaben der US-GAAP und der IAS/IFRS zur Balance zwischen Zeitn~ihe und Zuverl~issigkeit als unscharf erweisen.

256 ,,Ofcourse, if, in the interest of timeliness, the reliability of the information is sacrificed to a material degree, the result may be to rob the information of much of its usefulness." SFAC 2 par. 57. 257 it will often be possible to approximate an accounting number to make it available more quickly without making it materially unreliable. As a result, its overall usefulness may be enhanced." SFAC 2 par. 57. 258 ..... its overall usefulness may be enhanced." SFAC 2 par. 57. 259 IAS Framework par. 43. .....

47

II.

Bilanzierung der Schadenriiekstellungen in der internationalen Rechnungslegung

A.

Grundlagen des Versicherungsgeschiifts Leistung und Leistungserstellung des Versicherungsunternehmens

1.1.

Leistung des Versicherungsunternehmens

1.1.1. Die Leistung des Versicherungsunternehmens nach dem Versicherungschutzkonzept Die exteme Rechnungslegung verschafft den Rechnungslegungsadressaten ,,mittels standardisierter Abbildungsregeln einen Einblick in die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ''26~und stellt ihnen auf diese Weise Informationen, die zur Entscheidungsfindung dienen k6nnen, zur Verfiigung. TM Dieser grundlegende Zweck der externen Rechnungslegung wird in den einzelnen Rechnungslegungssystemen durch bestimmte Aufgabenstellungen, wie die Ausschiattungsbemessungsfunktion nach deutschem Handelsrecht oder die Vermittlung entscheidungsntitzlicher Informationen f'tir Investoren nach US-GAAP bzw. IAS/IFRS, konkretisiert. 262 W~.hrend sich die Abbildungsregeln aus der Aufgabe der Rechnungslegung, d. h. aus dem Gesetz bzw. den Standards, ableiten, ergeben sich die abzubildenden Gesch~iftsvorf~ille aus der Geschaftst~itigkeit des Untemehmens. Damit setzt die Beurteilung der durch den Jahresabschluss zur Verf'tigung gestellten Informationen, aufgrund der Besonderheiten des Versichemngsgesch~ifts, eine vertiette Kenntnis der abzubildenden Gesch/iftsvorfiille voraus. 263 Insoweit bilden die Leistung und die Leistungserstellung von Versicherungsunternehmen die Basis der externen Rechnungslegung von Versicherungsuntemehmen. Ein Versichemngsgesch~itt liegt vor, wenn dem Versicherungsnehmer gegen Zahlung eines Entgelts eine bestimmte Leistung bei Eintritt eines ungewissen Ereignisses zugesagt wird und bestimmte risikotheoretische Prinzipien beachtet werden TM. Auf eine eindeutige Kodifizierung der Leistung des Versicherungsuntemehmens aus dem Versicherungsvertrag hat der Gesetzgeber verzichtet 265.

26o Hinz,Michael (Beck'sche HdR, Loseblatt), B 100, Rz. 1; vgl. KrOnert, BjOrn (Grunds~itze,2001), S. 7. 261 Vgl.Lauer, Christine E. (Interdependenzen, 1995), S. 1. 262 Vgl. Hinz, Michael (Beck'sche HdR, Loseblatt), B 100, Rz. 2; Lauer, Christine E.(Interdependenzen, 1995), S. 1. 263 Vgl.Farny, Dieter (Versichenmgsbilanzen,1975), S. 13. 264 Vgl.Mailer, Helmut (Vorschriften, 2001), Rz. 2. 265 Vgl.Schmidt, Reimer (Gedanken, 1994), S. 4; Riickle, Dieter (Rechnungslegung,2001), S. 565.

48

Die Rechtsprechung 266 und auch die h. M. 267 im Schrifttum vertreten die auf Farny zurtickgehende Auffassung, dass die Leistung von Versicherungsunternehmen im R a h m e n des Versicherungsgesch~ifts in d e m immateriellen Wirtschaftsgut ,,Gew~u'ung von Versicherungsschutz ''268 besteht (Versicherungsschutzkonzept269). Hierunter wird das abstrakte Versprechen des Versicherers verstanden, nach dem Eintritt des Versicherungsfalls die vereinbarte Versicherungsleistung zu erbringen, z7~ Das Schutzversprechen bezieht sich auf die gesamte Laufzeit des Versicherungsvertrags, so dass ,,diesem Ansatz die Vorstellung eines zeitraumbezogenen Schutzversprechens ''271 zu Grunde liegt. N a c h Farny gew~ihrt das Versicherungsunternehmen den Versicherungsschutz in den drei Teilleistungen Risikogesch~ift, Spar-/Entspargeschaft und Dienstleistungsgeschaft. 272 Im R a h m e n des Risikogesch~ifts, das den ,,Kern des Versicherungsgesch~ifts ''273 bildet, wird ein Risiko, d. h. eine Wahrscheinlichkeitsverteilung von Sch~iden 274, v o m Versicherungsnehmer auf das Versicherungsunternehmen tibertragen. 275 Der Risikotransfer erfolgt durch die Abgabe des Versicherungsschutzversprechens,

das beim Versicherungsnehmer die ,,Siehe-

rung seiner wirtschaftlichen Lage" nach dem Eintritt des versicherten Ereignisses bewirkt, da

266 Vgl. BFH-Urteil vom 19. Januar 1972, I 114/65, BStB1. II 1972, S. 397. 267 Vgl. H6ke, Bernd (Leistung, 2004), Rdnr. 1; Boetius, Jan (Handbuch, 1996), Anm. 106; Engels, Wolfram (Rentabilit~it, 1969), S. 82. z68 Farny, Dieter (Versicherungsbilanzen, 1975), S. 13; vgl. auch Farny, Dieter (Produktion- und Kostentheorie, 1965), S. 8; Farny, Dieter (Entwicklungen, 1999), S. 591 - 592; Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre, 2000), S. 8. 269 In der Literatur werden verschiedene Erklamngsans~itze fiir die Leistung des Versicherungsuntemehmens diskutiert. Einen l)-berblick der Erkl~imngsans~itze geben Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre, 2000), S. 7 - 10; Farny, Dieter (Entwicklungen, 1999), S. 591 - 597; L6w, Sabine (Gewinnrealisiemng, 2003), S. 7 - 13; Riege, Jiirgen (Versicherungsprodukt, 1990), S. 7 - 14; K6hne, Thomas (deregulierten Markt, 1998), S. 143- 191; Corsten, Hans (Versicherungsproduktion, 1994), S. 6 3 - 85; Mordi, Obi (Produktkonzept, 1985), S. 81 - 93. Im Besonderen ~ das Gefahrengemeinschaftskonzept vgl. Wirth, Karl~ Fromm, Erich (Versicherungsgeschaft, 1935), S. 28 - 38; Karten, Walter (Versicherung, 1981), S. 1605 - 1606. Im Besonderen f'tir die Geldleistungstheorie vgl. Lucius, Ralph-Rene (Versicherbarkeit, 1977), S. 108 - 110; Bachmann, Winfried (Leistung, 1988), S. 9 8 - 99. Im Besonderen f'tir die Gefahrtragungstheorie vgl. Braefl, Paul (Versicherungen, 1960), B 25, S. 11 - 14; M6ller, Hans (Versicherung, 1962), S. 281 - 282. Im Besonderen ftir das Informationskonzept vgl. Miiller, Wolfgang (Produkt, 1981), S. 155 - 171; Miiller, Wolfgang (informationstheoretischen Erweiterung, 1987), S. 119 - 135; Mailer, Wolfgang (Informationsprodukte, 1987), S. 1017 - 1044. Im Besonderen ~r das Optionskonzept vgl. Maneth, Matthias F. F. (Versicherungsschutz, 1996), S. 401 - 441. 270 Vgl. Farny, Dieter (Produktion- und Kostentheorie, 1965), S. 8. 271 Corsten, Hans (Versicherungsproduktion, 1994), S. 67. Vgl. auch Miiiler, Wolfgang (Produkt, 1981), S. 158- 159. 272 Vgl. Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre, 2000), S. 22; Farny, Dieter (Neuere Entwicklungen, 1989), S. 77. 273 Vgl. Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre, 2000), S. 22. 274 Vgl. ftir eine weitergehende Darstellung Riege, Jfirgen (Versicherungsprodukt, 1990), S. 417 - 420. 275 Vgl. Farny, Dieter (Versicherung, 1993), Sp. 4581 - 4598; Corsten, Hans (Versichertmgsproduktion, 1994), S. 68. 49

,,die Sch~iden bzw. sich daraus ergebende Mittelbedarfe durch Versicherungsleistungen ganz oder teilweise ausgeglichen werden. ''276 Das Risikogesch~ift ist in einigen Versicherungszweigen (Lebens-, Kranken- und Unfallversicherung mit Pr~mienrfickgewahr) rechtlich und/oder faktisch mit der ,,DurchFtihrung von planmal3igen verzinslichen Spar- und Entsparprozessen verbunden ''277. Der Versicherungsnehmer entrichtet bei einem Spargesch~ifi einmalig oder laufend Sparbeitr~ige an das Versicherungsunternehmen, das sich zur Verzinsung und einmaligen oder laufenden Riickzahlung des hieraus gebildeten Sparkapitals verpflichtet. 27s Dagegen wird bei einem Entspargesch~ifi das dem Versicherungsuntemehmen tiberlassene Kapital w~ihrend eines bestimmten oder unbestimmten Zeitraums in Form von Rentenzahlungen verzehrt. 279 Das Spar-/Entspargeschafi stimmt mit dem Aktiv- und Passivgeschafi der Banken tiberein und stellt insofern keine versicherungsspezifische T~itigkeit dar. 28~ Das Dienstleistungsgesch~ift umfasst exteme Dienstleistungen gegentiber dem Kunden und innerbetriebliche Leistungen, die dazu notwendig sind, dass das Risikogesch~itt und Spar/Entspargesch~ift am Markt handelbare Wirtschaffsgiiter werden. TM Dazu geh6ren die ,,Beratung des Kunden vor Beginn und w~ihrend der Laufzeit des Versicherungsverh~iltnisses sowie die tatsachliche Abwicklung von Risiko- und Spar-/Entspargesch~ifi beim Absatz der Versicherungsprodukte, bei der Erst-, Folge- und Schlussbearbeitung sowie bei der Schadenbearbeitung nach Eintritt des Versicherungsfalls. ''282 Im Rahmen des Kapitalanlagegesch~ifts werden die ,,durch Pramienvorauszahlungen, Einzahlungen von Sparbeitr~igen und AufSenfinanziemngen gebildeten Geldbest~inde in rentable Kapitalanlagen''283 tiberffihrt. Im sonstigen Gesch~ift werden Nichtversicherungsgesch~ifle ,,im Rahmen der rechtlichen Zul~issigkeit bzw. in Konzemen oder in Kooperationen mit anderen Unternehmen ''284 zusammengefasst.

276 Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 22 (beide Zitate). 277 Farny, Dieter (Neuere Entwicklungen, 1989), S. 77; vgl. Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 22. 278 Vgl.Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 54. 279 Vgl.Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 54. 280 Vgl.Corsten, Hans (Versicherungsproduktion,1994), S. 68. 2st Vgl.Farny, Dieter (Versichertmgsbetriebslehre,2000), S. 22. 282 Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 22. 283 Farny,Dieter (Neuere Entwicklungen, 1989), S. 77. 284 Farny, Dieter (Neuere Entwicklungen, 1989), S. 77. 50

1.1.2.

Gewgihrung von Versicherungsschutz ein Nachleistungsgesch~ifi

Nach dem Versicherungsschutzkonzept kann die Gesch~iftst~itigkeit von Versicherungsunternehmen vereinfachend als ,,the development, the production, and the distribution of the intangible asset insurance cover ''285 beschrieben werden. Aufgrund der Besonderheiten der Leistung und Leistungserstellung von Versicherungsuntemehmen weist die Wertsch6pfungskette von Versicherungsunternehmen verglichen mit Unternehmen anderer Branchen nennenswerte Unterschiede auf. Nach der Entwicklung seiner Produkte schlieBt das Versicherungsunternehmen mit den Versicherungsnehmern die Versicherungsvertr~ige ab. Der Versicherungsschutz wird erst nach dem Vertragsabschluss gew~ihrt, so dass im Gegensatz zu anderen Branchen in der Versicherungsbranche die zeitliche Folge Absatz vor Produktion gilt. 286 Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht die Wertsch6pfungskette von Versicherungsunternehmen: Abbildung 1: Wertschi~pfungskette von Versicherungsunternehmen 2s7

Stiitzungsaktivitiiten

(z. B. Finanzen, Planung, Personal, Rechnungswesen, Controlling)

Kundenmanagement ProduktentwicMung

Marketing & Vertrieb/

Schadenabwicklung

Priimieneinzahlung Kapitalanlage

\~~ ~" /5

Die Wertsch6pfungskette verdeutlicht den verglichen mit anderen Branchen umgekehrten ,,cash flow cycle" in der Versicherungsbranche. In Industrieuntemehmen gilt tiblicherweise die zeitliche Folge der Kapitalbindung im Produktionsprozess und Kapitalfreisetzung mit dem Verkauf der Produkte oder Dienstleistungen, so dass die Untemehmen in Vorleistung gehen. Dagegen zeichnet das Versicherungsgesch~ft eine umgekehrte zeitliche Abfolge aus. Die Kapitalfreisetzung durch die im Voraus erhaltene Pr~tmie ist der Kapitalbindung im Betriebsprozess durch Betriebs- und Verwaltungskosten sowie Schadenzahlungen (Kundenmanagement und Schadenabwicklung) zeitlich vorgelagert. 288 Insofem ist das Versicherungsgesch~ifi ein Nachleistungsgesch~tft. Aufgrund der Zeitdifferenz zwischen der Pr~tmieneinzahlung und den Auszahlungen Dr Betriebs- und Schadenkosten verf'tigt das Versicherungsunternehmen tiber Kapital, das zwecks Erwirtschaftung einer Rendite am Kapitalmarkt angelegt wird (Kapitalanlage). 289 Wenn die externe Rechnungslegung einen Einblick in die wirtschaftliche Lage ge-

285 286 287 288

SchOllhammer,Rainer (Insurers, 2003), S. 14- 15. Vgl.KromschrOder, Bernhard (Besonderheiten, 1994), S. 772. In Anlehnung an Sch6llhammer, Rainer (Insurers, 2003), S. 15. Vgl. KromsehrOder, Bernhard (Besonderheiten, 1994), S. 772; Sch6llhammer, Rainer (Insurers, 2003),

S. 15. 289 Vgl.Kromschr6der, Bernhard (Besonderheiten, 1994), S. 772. 51

w~ihren soil, wirken sich die Besonderheiten des ,,cash flow cycle" im Versichemngsgeschafl zwangsl~iufig auch auf die exteme Rechnungslegung aus. 1.1.3.

D e r Versicherungsvertrag - ein Dauerschuldverhgiltnis

Die Gewahrung von Versicherungsschutz erfolgt nach dem Versicherungsschutzkonzept durch ,,das Versicherungsschutzversprechen und dessen Einl6sung in Form von Versicherungsleistungen nach Eintritt exakt definierter Versichemngsf~ille. ''z9~ Dabei wird der Versicherungsschutz nach Sasse/Boetius in zwei Leistungsstufen gew~hrt: Auf der ersten Stufe besteht die Leistung in der ,,latente[n] Versicherungsschutzbereitschaft", d. h. in der Herstellung der standigen Leistungsbereitschaft des Versicherers, die auf der zweiten Stufe in die ,,Gew~ihrung des konkreten Versicherungsschutzes" 291 fibergeht. Das Versicherungsuntemehmen muss in der ersten Stufe durch die ,,Bereitstellung entsprechender Betr~ige" sicherstellen, dass es zur Erbringung der tats~ichlichen Versicherungsleistung f ~ i g ist und ,,der insgesamt wahrscheinliche Schaden gedeckt werden kann. ''292 Wahrend die latente Versicherungsschutzbereitschaft unbedingt fiber die gesamte Vertragslaufzeit erbracht wird, bedingt die Erffillung der versprochenen Versicherungsleistung auf der zweiten Stufe den Eintritt des Versicherungsfalls. 293 Nach dem Versicherungsschutzkonzept stehen sich im Versicherungsvertrag die Gew~ihrung von Versicherungsschutz durch das Versicherungsuntemehmen und die Zahlung der vereinbarten Pr~imie durch den Versicherungsnehmer als Leistungen gegenfiber. TM Das Versicherungsunternehmen erbringt ein ,,Leistungspaket", wobei die nach dem Eintritt des Versicherungsfalls erbrachte Versicherungsleistung auf der zweiten Stufe die Gew~ihrung von Versicherungsschutz auf der ersten Leistungsstufe lediglich konkretisiert und folglich keine eigenst~dige Leistung des Versicherungsuntemehmens darstellt. 295 Die Gew~ihrung von Versicherungsschutz ist damit eine ,,kontinuierliche und zeitraumbezogen zu erbringende Dauerleistung ''296 und der Versicherungsvertrag als ,,ein zweiseitig ver-

zgo Vgl.Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 8. 291 Sasse, Jiirgen/Boetius, Jan (RiJckstellungen,1973), S. 18 (beide Zitate). 292 Boetius, Jan (Handbuch, 1996), Anm. 107. So auch Schmidt-Salzer, Joachim (IBNR, 1984), S. 11. 293 Vgl.Sasse, Jiirgen/Boetius, Jan (Riickstellungen,1973), S. 19. z94 Vgl.Farny, Dieter (Entwicklungen, 1999), S. 591 - 592. 295 Vgl.Sasse, Jiirgen/Boetius, Jan (Riickstellungen, 1973), S. 19. 296 Perlet, Helmut (Rtickstellungen, 1986), S. 31; Vgl. BFH-Urteilvom 10. Juli 1970, III R 112/69, BStB1. II 1970, S. 780- 781. 52

pflichtender, schuldrechtlicher Vertrag (mit dem Charakter eines Dauerschuldverh~iltnisses) ''297 zu klassifizieren. Neben der Gew~ihrung von Versicherungsschutz erbringt das Versicherungsuntemehmen noch einige (Neben-)Leistungen, die im Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag stehen, aber nicht als Dauerleistung klassifiziert werden k6nnen. Diese bestehen bspw. in der Beratung und Aufklarung des Versicherungsnehmers, der Anfertigung von Dokumenten, der Bereitstellung und Aush~indigung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen, der Ausstellung von Sicherungsbest~itigungen. 298 Diesen Leistungen steht der in den Pr~imien enthaltene Betriebskostenzuschlag gegentiber, so dass eine von der Hauptleistung getrennte Betrachtung m6glich ist. 299 1.2.

Leistungserstellung des Versicherungsunternehmens

1.2.1.

Risikoausgleich im Kollektiv

Die Versicherungsnehmer schlieBen einen Versicherungsvertrag ab, weil sie durch Zufallsereignisse (z. B. Blitzschlag, Hagel, Feuer, Diebstahl, Todesfall) bedroht werden und der Eintritt eines solchen Ereignisses ihr finanzielles Gleichgewicht unter Umst~nden erheblich st6ren kann. 3~176 Im Versicherungsschutzkonzept wird der Abschluss eines Versicherungsvertrags als ,,13bertragung von Risiken - darstellbar als Wahrscheinlichkeitsverteilung von Zufallsvar i a b l e n - zwischen Versicherungsschutz nachfragenden und anbietenden Wirtschaftssubjekten ''3~ verstanden. Dabei verhindert der Abschluss des Versicherungsvertrags nicht den Eintritt der Risiken, sondem ~ibertr/igt lediglich die daraus resultierenden negativen finanziellen Folgen auf das Versicherungsunternehmen. 3~ Jedes einzelne versicherte Risiko entspricht einer Wahrscheinlichkeitsverteilung von Sch~den und weist einen individuellen Schadenerwartungswert und eine individuelle Streuung auf. 3~ Der Schadenerwartungswert entspricht dann den Schadenzahlungen aus den Versicherungs-

297 Pr6lss, Jiirgen (Kommentiertmg w 1 VVG, 2004), Rz. 17; vgl. auch LOw, Sabine (Gewinnrealisierung, 2003), S. 99; Jigger, Bernd (Riickstellungen, 1991), S. 21 m. w. N. 298 Vgl.Sasse, Jiirgen/Boetius, Jan (Riickstellungen, 1973), S. 18; Boetius, Jan (Handbuch, 1996), Anm. 106. 299 Vgl.L6w, Sabine (Gewinnrealisierung,2003), S. 97. 3oo Vgl.Giirtler, Max (Versicherungsbetrieb, 1929), S. 209. 3ol Vgl. Karten, Walter (Solidarit~itsprinzip, 1977), S. 185. Diese allgemeine Definition von Risiko umfasst sowohl negative als auch positive Ergebnisauspr~igungender Entscheidungen des potentiellen Versichertmgsnehmers. Da der Versicherungsnehmereine positive Ergebnisauspragung,d. h. hier einen nicht eingetretenen Schadenfall, wohl kaum als Risiko bezeichnen wird, engt die versicherungstheoretischeLiteratur den Risikobegriff auf die negativen Ergebnisauspr~igungenein. ,,Risiko ist dann die Wahrscheinlichkeitsverteilung von ungfinstigen Ergebnisauspr~igungen."Farny (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 30. 3o2 Vgl.Albrecht, Peter/Schwake, Edmund (HdV, 1988), S. 651. 3o3 Vgl. Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 46; Karten, Walter (Solidarit~itsprinzip, 1977), S. 155. 53

f~llen einer Versicherungsperiode, die mit den Eintrittswahrseheinlichkeiten gewichtet werden. TM Die Streuung gibt die Abweichung der Zahlungsstr6me aus dem einzelnen Schadenfall vom Erwartungswert an und kann als Varianz, Standardabweichung oder Varianzkoeffizient gemessen werden. 3~ In den einzelnen Versicherungsperioden kommt es bezogen auf das Einzelrisiko zum Nichteintritt oder zum Eintritt eines (oder mehrerer) Versicherungsfalls (oder -falle). Diese tats~chliche Auspr~gung der Zufallsvariablen Schadenf~.lle ftihrt zur Entstehung eines l]ber- oder Untersehadens 3~ d. h. einer positiven oder negativen Differenz zwischen dem Erwartungswert und den tats~chlichen Schadenzahlungen. Das Versicherungsunternehmen tibemimmt nicht nur die Risiken eines Versicherungsnehmers, sondern die Risiken einer Vielzahl von Versicherungsnehmern und fasst diese in einem Risikokollektiv zusammen. Die Zusammenfassung der einzelnen Risiken in einem Risikokollektiv bewirkt dann unter bestimmten Voraussetzungen einen Risikoausgleich im Kollektiv. 3~ Durch Zusammenfassung einer grogen Anzahl gleicher oder ungleicher Risiken in einem Portefeuille erreicht das Versicherungsuntemehmen, dass sich die individuellen l]ber- und Untersch~iden teilweise oder ganz ausgleichen, ohne dass jedoch der kollektive Erwartungswert der Sch~iden genau mit dem kollektiven Effektivwert der Sch~iden tibereinstimmen muss. 3~ Somit werden die einzelnen Risiken nicht nur vom Versicherungsnehmer auf das Versicherungsuntemehmen transferiert, sondern vom Versicherungsuntemehmen transformiert. 3~ Im Idealfall gelingt dem Versicherungsuntemehmen dabei eine Transformation zu null, d. h. das Risiko verschwindet vollst~indig. 31~ Insofem fiihrt die Risikominderung beim Versicherungsnehmer nicht zu einer entsprechenden Risikoerh6hung beim Versicherungsunternehmen. 3~1 1.2.2.

Das Gesetz der grof3en Zahlen

Der Risikoausgleich im Kollektiv f'tihrt mit wachsendem Versicherungsbestand zu besseren

304 3o5 3o6 3o7 3o8 3o9 31o 311

54

Vgl.Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 27. Vgl.Karten, Walter (Solidarit~tsprinzip, 1977), S. 155. Vgl.Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 46. Der Risikoausgleichist kein Automatismus, sondern funktioniert nur unter bestimmten Bedingungen. Vgl. Albrecht, Peter (Risikoausgleich, 1982), S. 503. Vgl.Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 45 - 46. Vgl. Lucius, Ralph-Rene (Versicherbarkeit, 1977), S. 158; Meyer, Ulrich (Risikotransformation, 1997), S. 14. Vgl.Meyer, Ulrich (Risikotransformation, 1997), S. 14 mit einem anschaulichenBeispiel. Vgl.Bachmann, Winfried(Leistung, 1988), S. 188.

Ergebnissen und ist somit eng mit dem ,,Gesetz der grogen Zahlen ''312 verknfiptt. 313 Nach dem Gesetz der groBen Zahlen wird ,,die Abweichung zwischen dem arithmetischen Mittel der Auspr/~gungen einer Folge von Zufallsvariablen und dem zugeh6rigen Erwartungswert beliebig klein, wenn die Anzahl der Auspr/igungen gegen unendlich geht. ''314 Dies bedeutet im Bezug auf Versicherungen, dass die Abweichung zwischen dem tats~ichlichen auf ein versichertes Risiko entfallenden Schaden und dem Erwartungswert des Schadens mit wachsendem Risikokollektiv geringer ausf~illt. 315 Wenn der Gesamtschaden eines Kollektivs mit Sn = X~ + X2 + X3 + ... + Xn far n = 1,2,3 .... bezeichnet wird, dann stellt

s-~

---- - -

X S n

n

den durchschnittlich auf ein Risiko entfallenden Anteil am Gesamtschaden dar. 316 Die Gesetze der grogen Zahlen treffen Aussagen tiber das Konvergenzverhalten dieses arithmetischen Mittels. Dabei ist das schwache und das starke Gesetz der grogen Zahlen zu unterscheiden. Eine Menge von stochastisch unabhangigen Zufallsvariablen (Sch/iden), die alle dieselbe Verteilungsfunktion haben 317, gentigt dann dem schwachen Gesetz der grogen Zahlen, wenn

> c>

, 0 ftir allec > 0

312 Hinsichtlich der Gesetze der grol]en Zahlen sind die empirische und die mathematische Betrachtungsebene zu unterscheiden. ,,Die empirischen Gesetze der grol3en Zahlen driicken die Erfahrung aus, dass Zufallsschwankungen um so unbedeutender sind, je gr61]er die Menge der Elemente ist, bei denen diese Zufallsschwankungen beobachtet werden." Helten, Elmar (Risikos, 1991), S. 175 Dagegen sind die mathematischen Gesetze der grol3en Zahlen aus Axiomen abgeleitete Aussagen der Wahrscheinlichkeitstheorie und besitzen somit zun~ichst keinen empirischen Gehalt. Vgl. Helten, Elmar (Risikos, 1991), S. 175. Deshalb k6nnen deren Aussagen auf empirische stochastische Ph~inomene nur in Form von Konditionalaussagen angewendet werden. Wenn die Annahmen des Modells zur Ableitung von wahrscheinlichkeitstheoretischen Aussagen ftir das in der Empirie abgebildete Objekt hinreichend erfiJllt sind, dann besitzen die mathematischen Gesetze der grol3en Zahlen auch eine hinreichende empirische Signifikanz. Eine Darstellung der Bedingungen unter denen eine Folge von Zufallsvariablen die Gesetze der groBen Zahlen erfiillt, findet sich in Albrecht, Peter (Risikoausgleich, 1982), S. 501 -519. Insofem kann u. U. nicht jedes empirisch stochastische Ph~inomen der Versichenmgspraxis mit der mathematischen Wahrscheinlichkeitstheorie erkl~irt werden, so dass eine strikte Trennung zwischen empirischen und mathematischen Aussagen der Gesetze der groBen Zahlen erforderlich ist. Vgl. Albrecht, Peter (Risikoausgleich, 1982), S. 503; Helten, Elmar (Risikos, 1991), S. 175. 313 Vgl. Meyer, Ulrich (Risikotransformation, 1997), S. 14. 314 H61ler,Jiirgen (Versicherungstechnologie, 1997), S. 10. 315 Vgl. HOller, Jiirgen (Versicherungstechnologie, 1997), S. 10- 11. 316 Vgl. L6w, Sabine (Gewinnrealisierung, 2003), S. 24; Bachmann, Winfried (Leistung, 1988), S. 44. 317 Vgl. Helten, Elmar (Risikos, 1991), S. 176. 55

Somit besagt das schwache Gesetz der grogen Zahlen, dass die Wahrscheinlichkeit einer Abweichung der Zufallsvariable S, von ihrem Erwartungswert E(S,)absolut um mehr als den Betrag c mit steigendem n gegen null geht. 318 Dagegen setzt das starke Gesetz der grogen Zahlen voraus, dass die Abweichung zwischen S, von ihrem Erwartungswert E ( S , ) b e i einem wachsenden Versicherungsbestand mit einer Wahrscheinlichkeit von eins gegen null geht. 3:9 P(S, - E ( S , )

,_~o~ )0) =1

Aus beiden Gesetzen der groBen Zahlen folgt, dass die Varianz der Zufallsvariable S, mit steigendem Versicherungsbestand gegen null konvergiert. Mit anderen Worten geht Sn gegen eine Konstante und verliert seine Variationsm6glichkeit. 32~ Dabei stellt das schwache Gesetz der groBen Zahlen niedrigere Anforderungen an das Konvergenzverhalten des arithmetischen Mittels als das starke Gesetz der grogen Zahlen. 1.2.3.

Risikoausgleich in der Zeit

Der Risikoausgleich im Kollektiv ist Rir einen begrenzten, als Rechnungsperiode bezeichneten Zeitraum (bspw. Kalenderjahr) modelliert, wohingegen der Risikoprozess einen permanenten Vorgang darstellt. 32: Da der Risikoprozess am Ende der einzelnen Rechnungsperioden regelmal3ig noch nicht abgeschlossen ist, gelingt auch der Risikoausgleich im Kollektiv nur unvollkommen3z2, so dass f'tir die einzelnen Rechnungsperioden der tats~ichliche Schaden vom Erwartungswert des Schadens (13ber- oder Unterschaden) abweichen kann. Die individuellen und kollektiven 0her- und Untersch~iden treten dann ,,nicht nur innerhalb einer einzigen Rechnungsperiode, sondern auch im Zeitablauf ein. ''323 Die im Zeitablauf zu beobachtenden einperiodischen 15ber- und Untersch~tden werden durch den zuf~illig schwankenden Gesamtschadenbedarf einzelner Rechnungsperioden bestimmt

318 Vgl. Albrecht, Peter (Risikoausgleich, 1982), S. 503; LOw, Sabine (Gewinnrealisierung, 2003), S. 24; Bachmann, Winfried (Leistung, 1988), S. 44; H611er,Jiirgen (Versicherungstechnologie,1997), S. 11. 319 Vgl.Helten, Elmar (Risikos, 1991), S. 176; Albrecht, Peter (Risikoausgleich, 1982), S. 503; LOw, Sabine (Gewinnrealisierung, 2003), S. 24; Bachmann, Winfried (Leistung, 1988), S. 44; HOller, Jiirgen (Versicherungstechnologie, 1997), S. 11. 32o Vgl.Albrecht, Peter (Risikoausgleich, 1982), S. 507. 321 Vgl.Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 50. 322 Ursachenf'tir einen unzureichendeneinperiodischenRisikoausgleichim Kollektiv bestehen in einer geringen Anzahl oder einer extremen Inhomogenit~itder in einem RisikokollektivzusammengefasstenEinzelrisiken. 323 Farny,Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 51. 56

und k6nnen, wie dieser selbst, als Zufallsvariable interpretiert werden. 324 Beim Risikoausgleich im Kollektiv und in der Zeit werden die aufeinander folgenden einperiodischen Oberund Untersch~iden ,,im mehrperiodischen Ausgleichskollektiv zusammengefasst mit der Folge, dal3 sie sich langfristig ganz oder teilweise ausgleichen. ''325 Dabei ist die Streuung der Gesamtschadenwahrscheinlichkeit im Vergleich zu den einzelnen Rechnungsperioden auf lange Sicht geringer. 326 Eine besondere Bedeutung entfaltet der Risikoausgleich in der Zeit vor allem f'tir Grol3risiken, bei extremen Schwankungen im langfristigen Schadenverlauf sowie bei Naturkatastrophen. 327 Ein Risikoausgleich in der Zeit kann indes nur gelingen, wenn in Rechnungsperioden mit einem l)berschaden auf ,,einen variablen Fonds von Mitteln ''328 zurtickgegriffen werden kann, der in Rechnungsperioden mit einem Unterschaden wieder aufgef'tillt wird. 1.3.

Versicherungstechnische Rbsiken

1.3.1.

Komponenten des versicherungstechnischen Risikos

Das versicherungstechnische Risiko bezeichnet die Gefahr, dass ,,f'tir einen bestimmten Zeitraum der Gesamtschaden des versicherten Bestandes die Summe der ftir die reine Risikotibernahme zur Verftigung stehenden GesamtprLrnie und des vorhandenen Sicherheitskapitals tibersteigt. ''329 Diese Definition bezieht sich auf das versicherungstechnische Gesamtrisiko, d. h. auf das die Existenz des Versicherungsunternehmens bedrohende Risiko. Wenn die versicherungstechnischen Teilrisiken ermittelt werden, bleibt dagegen das Sicherheitskapital au6er Acht, so dass hier lediglich die Gefahr der Abweichung des tats~ichlichen vom erwarteten Schaden f'tir einen Versicherungsbestand in einer bestimmten Rechnungsperiode betrachtet wird. Zur Deckung eines technischen Verlustes (Unterschaden) im Risikogesch~ift stehen zun~ichst die in der Rechnungsperiode erzielten Ertr~ige aus dem Kapitalanlagegesch~ift zur Verf'tigung. 33~Dartiber hinausgehende Verluste werden aus der Risikoreserve gedeckt.

324 Vgl.Korn, Heinrich Jochen (Schwankungsreserven, 1997), S. 48; Brands, Heinrich (Schadenschwankungen, 1979), S. 63 - 67. 3z5 Der Risikoausgleichin der Zeit ist an einige Voraussetzungen gekntipft. So sollten sich die Eigenschaften der Einzelrisiken bzgl. des Schadenerwartungswerts und der Streuung bzw. die Schadenh~iufigkeit und Schadengr6Be im Zeitablauf m6glichst nicht ~indem. DariJber hinaus sollte das Risikokollektivim Zeitablauf unver~indert weiterbestehen. Letztens sollten die Einzelrisikenvoneinander unabh~ingigsein. Vgl. Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 51 -52; Helten, Elmar (Risikos, 1991), S. 180. 326 Vgl.Farny, Dieter (Versichenmgsbetriebslehre, 2000), S. 51. 327 Vgl. Boetius, Jan (Handbuch, 1996), Anm. 99; Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre, 2000), S. 52 - 53. 328 Korn, Heinrich Jochen (Schwankungsreserven, 1997), S. 51. 329 Albrecht, Peter/Schwake, Edmund (HdV, 1988), S. 651. Eine Obersicht verschiedener Definitionen des versicherungstechnischen Risikos gibt Schwake, Edmund (versicherungstechnische Risiko, 1988), S. 63 - 68. 330 Vgl.Bittl, Andreas/Miiller, Bernd (versicherungstechnischeRisiko, 1998), S. 393. 57

Da der Eintritt des Schadenfalls und die H6he der zur Abwicklung erforderlichen Schadenzahlung zufallsabhangig sind, besteht die Hauptursache eines versicherungstechnischen Risikos ,,vor allem in der Indeterminiertheit der zu leistenden Entsch~idigung. ''331 Das versicherungstechnische Gesamtrisiko und die versicherungstechnischen Teilrisiken setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die in das Zufallsrisiko, )imderungsrisiko und Irrtumsrisiko unterschieden werden k6nnen. 332 Das Zufallsrisiko bezeichnet Abweichungen zwischen dem tats~ichlichen und dem erwarteten Schaden, die sich aus ,,zuf~illigen Ausprggungen von Anzahl und Grfl3e der eingetretenen Sch~iden ergeben. ''333 Dabei bleibt das Zufallsrisiko auch unter den realitatsfemen Annahmen von vollst~indigen Informationen (Anzahl und Gr613e der Sch~iden bekannt und richtig ausgewertet) und konstanten Grundwahrscheinlichkeiten (unveranderte Bestands- und Risikoverh~iltnisse) bestehen. TM In der Realit~it sind die Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Sch~iden ftir die versicherten Einzelrisiken und das Risikokollektiv in der Regel nicht konstant; vielmehr ist das Risikogesch~ift ein dynamischer Vorgang. 335 Das ,~mdemngsrisiko bezeichnet ,,.A.nderungen des zu erwartenden Schadens, die darauf zurtickzuf'tihren sind, dab sich im Zeitablauf )imderungen der versicherten Risiken als Folge nicht vorhersehbarer .~mderungen bei den Risikoursachen ergeben. ''336 Hierunter fallen bspw. eine Zunahme von Naturkatastrophen aufgrund von weltweiten Klimaver~inderungen, h6here Schadenpotentiale die durch technische Entwicklungen oder neue Gesetze bzw. Rechtsprechungen verursacht werden und neue Analyseverfahren, die den Nachweis neuer Kausalit~iten zwischen Umweltsch~iden oder Gesundheitsbeeintdichtigungen erm6glichen und bisher unbekannte Schadenbilder zur Folge haben. 337 Das ,/imderungsrisiko ist insbesondere in Versicherungszweigen von Bedeutung, in denen zwischen der Pdimienfeststellung und der Schadenzahlung eine l~gere Zeitspanne besteht. W~ihrend das .~'aderungsrisiko kurzfristig durch das Versicherungsuntemehmen getragen wird, ist langfristig durch die Anpassung der Pr~imie eine 0bertragung auf den Versicherungsnehmer m6glich. 338

331 Albrecht,Peter/Schwake, Edmund(HdV, 1988), S. 651. 332 Vgl.Meyer, Ulrich (Risikotransformation, 1997), S. 18; Boetius, Jan (Handbuch, 1996), Anm. 110; Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 86- 95; Janott, Horst, K. (Zufallsrisiko, 1976), S. 408- 417; ftir eine andere Aufteilung vgl. Albrecht, Peter/Schwake, Edmund (HdV, 1988), S. 652 - 654; Bittl, Andreas~Mailer, Bernd (versicherungstechnischeRisiko, 1998), S. 387. 333 Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre, 2000), S. 86. Vgl. auch Meyer, Ulrich (Risikotransformation, 1997), S. 18 334 Vgl.Boetius, Jan (Handbuch, 1996), Anm. 110. 335 Vgl.Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 90. 336 Meyer, Ulrich (Risikotransformation, 1997), S. 19. 337 Vgl.Boetius, Jan (Handbuch, 1996), Anm. 110. 338 Vgl.Meyer, Ulrich (Risikotransformation, 1997), S. 20 - 21. 58

Als dritter Bestandteil des versicherungstechnischen Risikos ist das Imumsrisiko zu nennen. Da in der Realit~it regelm~ig keine vollst~digen Informationen der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Sch~tden f'dr die versicherten Einzelrisiken und das Risikokollektiv (d. h. Anzahl und GrN3e der Sch~iden) vorliegen, k6nnen die Berechungen der erwarteten Sch~iden fehlerhail sein. 339 Derartige Abweichungen zwischen dem tats~ichlichen und dem erwarteten Schaden, die auf eine Verwendung der falschen Wahrscheinlichkeitsverteilung ftir die Ermittlung des Erwartungswerts zuriickzuflihren sind, werden als Irrtumsrisiko bezeichnet. 34~Dabei k6nnen die Auswirkungen des Irrtumsrisikos h~iufig nur schwer vom Zufallsrisiko getrennt werden, es sei denn das Versicherungsuntemehmen erlangt im Zeitablaufbessere Informationen. 1.3.2.

Reduktion des versicherungstechnischen Risikos

Zur Reduktion des versicherungstechnischen Risikos kalm das Versicherungsuntemehmen auf verschiedene risikopolitische Instrumente zuriickgreifen. Diese bestehen in der Organisation von Risikokollektiven, der Risikopreispolitik, der Risikoreservepolitik und der Riackversicherungspolitik. 341 Die Organisation von Risikokollektiven hat die Mischung und GrN3e der Risikokollektive zum Gegenstand. 342 Nach den Gesetzen der grol3en Zahlen bewirkt der Risikoausgleich im Kollektiv ,,mit wachsendem Kollektiv einen immer besser funktionierenden Ausgleich der zuf'~illig auilretenden Schadenschwankungen, insoweit insbesondere eine Reduktion des Zufallsrisikos. ''343 Zur Vermeidung von Schatzfehlem sollten die Risikokollektive auf den gleichen oder zumindest Nmlichen Schadengesetzm~il3igkeiten basieren. TM Wenn m6glichst groBe und zugleich homogene Risikokollektive gebildet werden k6nnen, l~isst sich auch das Irrtumsrisiko vermindern. Indem das Versicherungsuntemehmen im Rahmen der Risikopreispolitik einen Sicherheitszuschlag auf die Nettorisikopramie 345 erhebt, k6nnen die finanziellen Folgen der periodischen Schadenschwankungen, d. h. ein technischer Verlust, kompensiert werden. 346 Der Sicher-

339 Vgl. Boetius, Jan (Handbuch, 1996), Anm. 110. 340 Vgl. Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre, 2000), S. 94; Meyer, Ulrich (Risikotransformation, 1997),

S. 20. 341 Vgl.Albrecht, Peter/Schwake, Edmund (HdV, 1988), S. 655; LOw, Sabine (Gewinnrealisierung,2003), S. 37 m. w.N. 342 Vgl.Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 413. 343 LOw,Sabine (Gewinnrealisierung,2003), S. 37. 344 Vgl.Albrecht, Peter/Schwake, Edmund (HdV, 1988), S. 655; LOw, Sabine (Gewinnrealisierung,2003), S. 37. 345 Die Nettorisikopr~imieist der ,,Erwartungswert des aus dem Versicherungsvertragresultierenden Gesamtschadens in der Versicherungsperiode."Albrecht, Peter/Lippe, Stefan (HdV, 1988), S. 526. 346 Vgl.Albrecht, Peter/Lippe, Stefan (HdV, 1988), S. 526. 59

heitszuschlag zielt auf eine Minderung des Zufallsrisikos, wobei nur die finanziellen Folgen des Zufallrisikos und nicht das Zufallsrisiko selbst reduziert werden. 347 Die Risikoreservepolitik hat den Aufbau einer Risikoreserve (oder Sicherheitsmittel) zum Gegenstand. Wie die Risikopreispolitik nimmt die Risikoreservepolitik keinen Einfluss auf das versicherungstechnische Risiko, sondem vermindert lediglich dessen finanzielle Folgen. Durch den Augleich technischer Verluste einer Rechnungsperiode mit der Risikoreserve und die ,,Vermeidung schadenschwankungsbedingter Liquidit/itsprobleme fiir den Regelfall fester Pramienvorauserhebung ''348, wird der Fortbestand des Versicherungsunternehmens gesichert. 349 Aus

welchen Komponenten sich die Risikoreserve zusammensetzt, ist in der Litera-

tur umstritten. 35~ Im weitesten Sinne geh6ren hierzu das bilanzielle Eigenkapital (das gezeichnete Kapital, Kapitalrticklagen und Gewinnrticklagen), die Schwankungsrtickstellungen und Nmliche Rtickstellungen, die Rtickstellung f'tir drohende Verluste sowie bestimmte Voraussetzungen erflillende stille Reserven in den Verm6gensgegenstanden. 351 In der RiJckversicherung transferiert der Erstversicherer entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen einen Teil der Schadenverteilung auf einen oder mehrere Rtickversicherer und zahlt hierftir eine Pramie. Insofem entspricht die Zahlung der Rtickversichemngspr/imie einer ,,Weitergabe eines Teils der vom Versicherungsnehmer bezogenen Originalpr/imie ''352. Die Auswirkungen einer Rtickversicherung auf das Irrtums- und Zufallsrisiko werden entscheidend durch die genaue Ausgestaltung der vertraglichen Vereinbarungen (z. B. Wahl der Rtickversicherungsform) und der zu entrichtenden Pr/imie bestimmt. 353 Hinsichtlich der Rtickversicherungsform k6nnen zwei Grundtypen unterschieden werden: W~ihrend der Rtickversicherer in der proportionalen Rtickversicherung einen bestimmten Anteil (z. B. 50%) der Schaden unabh~ingig von deren Gr613e tibemimmt, ist der Rtickversicherer in der nichtproportionalen Rtickversicherung nur dann an einzelnen Sch~iden oder Schadenaggregaten beteiligt, wenn diese eine bestimmte Grenze (z. B. 1.000.000 E) tiberschreiten. 354 Da die proportionale Riickversicherung eine prozentuale Verringerung der absoluten Schadenbelastung des Erstversicherers bewirkt, vermindert sie prim~ das Irrtumsrisiko. 355 Dagegen be347 Vgl.Ji~ger-v. Ehrenstein, Bernd (Versichenmgsuntemehmen,1996), S. 15. 348 Jiiger-v. Ehrenstein, Bernd (Versicherungsuntemehmen,1996), S. 16. 349 Vgl.LOw, Sabine (Gewinnrealisierung,2003), S. 39. 350 Vgl.Flemming, Klaus (HdV, 1988), S. 667 - 670; HOller, Jiirgen (Versicherungstechnologie,1997), S. 184 - 185; Korn, Jochen Heinrich (Schwankungsreserven, 1997), S. 24 - 25. 351 Vgl.ausftihrlichBittl, Andreas/Mfiller, Bernd (versicherungstechnischeRisiko, 1998), S. 393 - 396. 352 Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 415. 353 Vgl.Albrecht, Peter/Schwake, Edmund (HdV, 1988), S. 657. 354 Vgl.Farny, Dieter (Versicherungsbetriebslehre,2000), S. 416. 355 Vgl.Albrecht, Peter/Schwake, Edmund (HdV, 1988), S. 657. 60

grenzt die nichtproportionale Rtickversicherung eine A b w e i c h u n g z w i s c h e n dem tats~ichlichen und dem erwarteten Schaden und verringert insofem eher das Zufallsrisiko. 356

BI

Bilanzierung der Schadenrfickstellungen in der internationalen Rechnungslegung

1.

Bilanzierung der Schadenriickstellungen nach deutschem Handelsrecht

1.1.

Gewinnrealisation im Versicherungsgeschiifi

1.1.1.

Ertragsrealisation nach dem Versicherungsschutzkonzept

Das in w 252 Abs. 1 Nr. 4 H G B kodifizierte Realisationsprinzip bindet die Gewinnrealisation ,,an den Umsatzakt im Sinne des so gut wie sicheren Zugangs einer Forderung aus Lieferung oder sonstiger Leistung. ''357 Dagegen bleiben R e i n v e r m 6 g e n s m e h r u n g e n am ruhenden Verm6gen, die sich aus Wertsteigerungen von Verm6gensgegenst~inden oder Wertminderungen von Schulden ergeben, zum Z w e c k der Ausschtittungsbemessung unberacksichtigt. 358 Nach dem Realisationsprinzip sind die Ertr~ige erst realisiert, w e n n die (eigene) ,,vereinbarte Lieferung und Leistung erbracht ''359 wurde und im wesentlichen nur noch Forderungsausfall- und Gew~ihrleistungsrisiken

360

bestehen (,,Lieferung und Leistung im Rechtssinne"). 361 Aufgrund

der dem Bilanzrecht i m m a n e n t e n wirtschaftlichen Betrachtungsweise 362 ist der Zeitpunkt der Lieferung und Leistung unter wirtschaftlichen (und nicht unter formaljuristischen) Gesichts-

356 Vgl. Albrecht, Peter/Schwake, Edmund (HdV, 1988), S. 657. 357 Moxter, Adolf(Rechnungslegung, 2003), S. 41; vgl. auch Moxter, Adolf(wirtschaftliche Betrachtungsweise, 1989), S. 233; Moxter, Adolf(Bilanzlehre II, 1986), S. 38 - 39; Euler, Roland (Gewinnrealisierung, 1988), S. 70; Hommel, Michael (Dauerschuldverh~ilmisse, 1992), S. 10 m. w. N. 358 Vgl. Moxter, Adolf(Realisationsprinzip, 1984), S. 1783. 359 BFH-Urteil vom 22. August 1984, I R 198/80, BStB1. II 1985, S. 128. 360 Vgl. BFH-Urteil vom 29. November 1973, IV R 181/71, BStB1. II 1974, S. 204 - 205. 361 Vgl. BFH-Urteil vom 22. August 1984, I R 198/80, BStB1. II 1985, S. 128 - 129; BFH-Urteil vom 27. Februar 1986, IV R 52/83, BStB1. II 1986, S. 553; Adler/Diiring/Schmaltz (Rechnungslegung und Prtifung, 1996), w 252 HGB, Rz. 82; D6llerer, Georg (Schwebender Vertrag, 1974), S. 1543. Gmnds~itzlich kommen innerhalb des Umsatzakts mehrere Zeitpunkte als Gewinnrealisationszeitpunkte in Frage. Vgl. hierzu Hense, Burkhard/Geifller, Horst (Kommentierung w 252 HGB, 2003), Rz. 44; Liiders, Jiirgen (Gewinnrealisierung, 1987), S. 21. Diese reichen vom Vertragsabschluss bis hin zum Geldeingang und unterscheiden sich hinsichtlich des Sicherheitsgrads der dem Eingang der Forderung in diesem Zeitpunkt beigemessen wird. Vgl. Wohlgemuth, Michael (Kommentierung w 252 HGB, Loseblatt), Rz. 39. Der blol3e Vertragsabschluss kann aber die Realisation des Gewinns noch nicht begriinden; denn ,,vor erbrachter Lieferung oder vergleichbarer Leistung sind die Risiken eines Gesch~ifts im allgemeinen noch nicht soweit abgebaut, sind Ertrag und Aufwand aus dem Geschaft also nicht derart konkretisiert, dab der Gewinn dem Grunde nach >>so gut wie sicher