Grundlagen des Rechnungswesens nach HGB und IFRS: Lehr- und Übungsbuch [3 ed.] 9783896447395, 9783896737397

Dieses Fachbuch richtet sich an Studierende der betriebswirtschaftlichen Fachrichtungen und alle Interessenten, die sich

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Grundlagen des Rechnungswesens nach HGB und IFRS: Lehr- und Übungsbuch [3 ed.]
 9783896447395, 9783896737397

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Bernd Neitz Irina Hundt 

Grundlagen des Rechnungswesens nach HGB und IFRS 3., überarbeitete Auflage

Lehr- und Übungsbuch

Verlag Wissenschaft & Praxis

Bernd Neitz  Irina Hundt

Grundlagen des Rechnungswesens nach HGB und IFRS Lehr- und Übungsbuch 3., überarbeitete Auflage

Verlag Wissenschaft & Praxis

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

ISBN 978-3-89673-739-7

© Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2018 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. +49 7045 930093 Fax +49 7045 930094 [email protected] www.verlagwp.de Druck und Bindung: Media-Print Group GmbH, Paderborn

Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Vorwort

5

Vorwort zur 3. Auflage Das vorliegende Fachbuch richtet sich an Studierende der betriebswirtschaftlichen Fachrichtungen und alle Interessenten, die sich mit den Grundlagen des Rechnungswesens vertraut machen wollen. Es vermittelt in kompakter Form die Grundlagen der Buchführung und der Jahresabschlusserstellung nach deutschem Recht und IFRS. Die Grundzüge der Buchführung werden anschaulich und anwendungsorientiert erläutert, so dass sich das Buch auch für Anfänger gut zum Selbststudium eignet. Anhand einer Vielzahl praxisnaher Beispiele werden Buchungsvorgänge beschrieben, erläutert und geübt. Die Belege des Musterunternehmens Müller & Thurgau GmbH umfassen typische Geschäftsfälle und eignen sich hervorragend zur Nutzung von PC-gestützten Buchhaltungsprogrammen. Übersichtlich und in logischer Abfolge werden die Grundlagen der Jahresabschlusserstellung und der Jahresabschlussanalyse behandelt. Ergänzt wird dieses Kapitel um einen Abschnitt zum Unternehmensrating. Die Grundlagen der Internationalen Rechnungslegung nach IFRS werden in übersichtlicher Form im Vergleich zum HGB dargestellt. Die 3. Auflage ist im Bereich der Rechnungslegung nach HGB an die aktuelle Rechtslage angepasst worden. Im Kapitel „Auswertung des Jahresabschlusses“ wurden die Kennzahlen ergänzt und das Beispiel überarbeitet und erweitert. Der IFRS-Abschnitt wurde ebenfalls vollständig überarbeitet.

Die Programmnutzung und Auswertung für dieses Lehrbuch erfolgt mit freundlicher Genehmigung der DATEV eG., dafür bedanken wir uns an dieser Stelle. Verbesserungsvorschläge und kritische Hinweise zum Lehrbuch nehmen wir jederzeit gern entgegen ([email protected], [email protected]) und bedanken uns schon jetzt dafür. Sehr gern können Sie sich bzgl. der Lösungshinweise zu den Aufgabenstellungen an uns wenden. Lösungshinweise finden Sie auch unter www.berufsziel-steuerberater.de.

Dresden und Halle im Herbst 2017 Prof. Dr. Irina Hundt Prof. Dr. Bernd Neitz

INHALTSVERZEICHNIS

7

Inhaltsverzeichnis Vorwort zur 3. Auflage................................................................................................. 5 Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................ 7 Abbildungsverzeichnis ............................................................................................... 13 Tabellenverzeichnis ................................................................................................... 15 Abkürzungsverzeichnis .............................................................................................. 19 1 Grundlagen der Buchführung .................................................................................. 21 1.1 Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens .................................................. 21 1.2 Bestandteile des Rechnungswesens ................................................................... 22 1.2.1 Finanzbuchhaltung ...................................................................................... 22 1.2.2 Kosten- und Leistungsrechnung .................................................................... 23 1.2.3 Statistik........................................................................................................ 23 1.2.4 Planungsrechnung ....................................................................................... 23 1.3 Gesetzliche Grundlagen .................................................................................... 24 1.3.1 Handelsrechtliche Vorschriften .................................................................... 24 1.3.2 Steuerrechtliche Vorschriften ....................................................................... 24 1.4 Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung ...................................................... 25

2 Inventur – Inventar – Bilanz .................................................................................... 29 2.1 Inventar und Inventur ........................................................................................ 29 2.1.1 Begriffe........................................................................................................ 29 2.1.2 Zeitliche Verfahren der Inventur .................................................................. 31 2.1.3 Stichprobeninventur .................................................................................... 33 2.2 Das Inventar...................................................................................................... 33 2.2.1 Vermögen ................................................................................................... 34 2.2.2 Verbindlichkeiten ........................................................................................ 34 2.2.3 Eigenkapital ................................................................................................. 35 2.2.4 Erfolgsermittlung durch Eigenkapitalvergleich .............................................. 38 2.3 Die Bilanz ......................................................................................................... 40 2.3.1 Begriffe........................................................................................................ 40 2.3.2 Aussagen der Bilanz .................................................................................... 41 2.3.3 Werteänderungen in der Bilanz ................................................................... 41

3 Praxis der Buchführung ........................................................................................... 45 3.1 Auflösung der Bilanz und Buchung auf Bestandskonten ..................................... 45

8

INHALTSVERZEICHNIS

3.1.1 Buchung und Abschluss der Bestandskonten ................................................ 46 3.1.2 Buchungssätze............................................................................................. 48 3.1.3 Eröffnungsbilanz – Bestandskonten – Schlussbilanz ..................................... 53 3.1.4 Das Eröffnungsbilanzkonto (EBK) und das Schlussbilanzkonto (SBK) ............. 58

4 Die Umsatzsteuer ................................................................................................... 59 4.1 Das Umsatzsteuergesetz (UStG)......................................................................... 59 4.1.1 Das Wesen der Umsatzsteuer ...................................................................... 59 4.1.2 Steuerbare Umsätze ..................................................................................... 59 4.1.3 Umsatzsteuerbemessung ............................................................................. 60 4.2 Anforderungen an Rechnungen ......................................................................... 62 4.3 Ermittlung der Umsatzsteuerzahllast .................................................................. 63 4.3.1 Umsatzsteuer als Forderung – Vorsteuer ...................................................... 63 4.3.2 Umsatzsteuer als Verbindlichkeit ................................................................. 64 4.3.3 Umsatzsteuerzahllast – Umsatzsteuervoranmeldung .................................... 65

5 Gewinn- und Verlustrechnung ................................................................................ 69 5.1 Das Eigenkapitalkonto ....................................................................................... 69 5.1.1 Funktionen des Eigenkapitalkontos .............................................................. 69 5.1.2 Das Gewinn- und Verlustkonto .................................................................... 70 5.1.3 Das Zweikreissystem der doppelten Buchführung ........................................ 74 5.1.4 Das Privatkonto ........................................................................................... 74

6 Besondere Buchungsfälle ........................................................................................ 77 6.1 Einkauf von Waren und Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen .................................... 77 6.1.1 Bestandsorientierte Erfassung der Vorratseinkäufe ........................................ 77 6.1.2 Verbrauchsorientierte Erfassung der Vorratseinkäufe .................................... 80 6.1.3 Bezugskosten .............................................................................................. 81 6.1.4 Rücksendungen und Gutschriften ................................................................ 82 6.1.5 Rabatte und nachträgliche Preisnachlässe im Beschaffungsbereich ............... 85 6.2 Absatz von Produkten, Waren und Dienstleistungen .......................................... 89 6.2.1 Umsatzerlöse und Vertriebskosten ............................................................... 89 6.2.2 Warenrücksendungen und Gutschriften ....................................................... 91 6.2.3 Rabatte und nachträgliche Preisnachlässe im Absatzbereich ......................... 92 6.3 Erfassung von Bestandsveränderungen ............................................................... 95 6.4 Anlagenbuchhaltung ......................................................................................... 98 6.4.1 Anschaffungskosten ..................................................................................... 99 6.4.2 Herstellungskosten .....................................................................................100

INHALTSVERZEICHNIS

9

6.4.3 Erfassung von Anlagegütern ........................................................................102 6.4.4 Abschreibung der Anlagegüter ....................................................................102 6.4.5 Lineare Abschreibung .................................................................................104 6.4.6 Degressive Abschreibung............................................................................105 6.4.7 Lineare Vergleichsabschreibung ..................................................................106 6.4.8 Leistungsabschreibung ................................................................................107 6.4.9 Anlagenabgänge .........................................................................................108 6.5 Buchungen im Personalbereich ........................................................................112 6.5.1 Personalkosten, Personalnebenkosten .........................................................113 6.5.2 Weitere Lohnbestandteile ...........................................................................114 6.5.3 Lohn- und Gehaltsabrechnung ....................................................................115 6.5.4 Verbuchung der Personalkosten ..................................................................116 6.6 Betriebliche Steuern .........................................................................................118 6.6.1 Aufwandssteuern ........................................................................................118 6.6.2 Aktivierungspflichtige Steuern.....................................................................118 6.6.3 Personensteuern .........................................................................................118 6.6.4 Durchlaufende Steuern ...............................................................................119 6.6.5 Steuererstattungen/Steuernachzahlungen ....................................................119

7 Organisation der Buchführung ...............................................................................121 7.1 Belegorganisation .............................................................................................121 7.2 Die Bücher der Buchführung ............................................................................123 7.2.1 Das Grundbuch – Journal ...........................................................................123 7.2.2 Das Hauptbuch ..........................................................................................124 7.2.3 Nebenbücher .............................................................................................124 7.3 Kontenrahmen – Kontenpläne ..........................................................................125 7.4 Buchführung mit Finanzbuchhaltungsprogrammen ...........................................127

8 Vorbereitende Abschlussbuchungen ......................................................................131 8.1 Notwendigkeit und Umfang vorbereitender Abschlussarbeiten .........................131 8.2 Inventurdifferenzen ..........................................................................................133 8.3 Zeitliche Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen....................................135 8.4 Rückstellungen.................................................................................................143 8.5 Bewertung von Forderungen ............................................................................148

9 Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss .................159 9.1 Gesetzliche Verpflichtung zur Erstellung des Jahresabschlusses .........................159 9.2 Funktionen des Jahresabschlusses .....................................................................164

10

INHALTSVERZEICHNIS

9.3 Bewertungsgrundsätze und Bewertungsmaßstäbe .............................................166 9.4 Erfolgsverwendung bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften ...........181 9.4.1 Einzelunternehmen.....................................................................................181 9.4.2 Stille Gesellschaft .......................................................................................181 9.4.3 Offene Handelsgesellschaft (OHG) .............................................................183 9.4.4 Kommanditgesellschaft (KG) .......................................................................186 9.5 Erfolgsverwendung bei Kapitalgesellschaften ....................................................188 9.5.1 Besonderheiten bei der GmbH ...................................................................194 9.5.2 Besonderheiten bei der Aktiengesellschaft ..................................................196

10 Auswertung des Jahresabschlusses .......................................................................201 10.1 Grundlagen ....................................................................................................201 10.2 Erstellung der Strukturbilanz ...........................................................................202 10.3 Aufbereitung der GuV-Rechnung ....................................................................205 10.4 Bildung von Kennzahlen ................................................................................207 10.4.1 Analyse der Vermögenslage ......................................................................208 10.4.2 Analyse der Finanzlage .............................................................................210 10.4.3 Stromgrößenorientierte Kennzahlen ..........................................................214 10.4.4 Analyse der Ertragslage .............................................................................215 10.4.5 Bewegungsbilanz und Kapitalflussrechnung ..............................................217 10.5 Das RoI - Kennzahlensystem...........................................................................220 10.6 Kapitalmarktorientierte Kennzahlen ................................................................222 10.7 Beispiel zur Kennzahlenanalyse .....................................................................228 10.8 Vorbereitung auf das Rating im Unternehmen ................................................237 10.8.1 Systematisierung des Ratings .....................................................................237 10.8.2 Definition des Begriffes Rating ..................................................................237 10.8.3 Internes versus externes Rating .................................................................239 10.8.4 Wesenselemente des Ratings ....................................................................243 10.8.5 Vorbereitung auf das Rating ......................................................................244 10.8.6 Vorbereitung innerhalb des Unternehmens ...............................................245 10.8.7 Das eigene Rating .....................................................................................247

11 Jahresabschlüsse nach internationalem Recht .......................................................257 11.1 Notwendigkeit der Erstellung internationaler Abschlüsse ................................257 11.2 Überblick über die International Financial Reporting Standards (IFRS) .............260 11.2.1 Zielsetzung und Rechnungslegungsphilosophie der IFRS ...........................260 11.2.2 Organisation der International Financial Reporting Standards Foundation ..261

INHALTSVERZEICHNIS

11

11.2.3 Verfahren der Entwicklung von IAS/IFRS-Standards ...................................264 11.2.4 Die Vorschriften der IFRS im Überblick ....................................................265 11.2.5 Aufbau der IAS/IFRS am Beispiel IAS 1......................................................266 11.2.6 Das Rahmenkonzept (framework) .............................................................270 11.3 Zielsetzung und Gliederung des Abschlusses nach HGB und IFRS ..................277 11.3.1 Unterschiede in der Zielsetzung des Abschlusses ......................................277 11.3.2 Unterschiede in der Bilanzgliederung .......................................................278 11.3.3 Unterschiede in der GuV-Rechnungs-Gliederung ......................................279 11.3.4 Weitere Bestandteile des Abschlusses .......................................................281 11.3.5 Standardübergreifende Regeln der IFRS .....................................................282 11.4 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS ............................................297 11.4.1 Immaterielle Vermögenswerte (IVW).........................................................297 11.4.2 Sachanlagen .............................................................................................303 11.4.3 Vorräte .....................................................................................................308 11.4.4 Beteiligungen, Wertpapiere und Finanzanlagen, .......................................314 11.4.5 Finanzinstrumente ....................................................................................316 11.5 Die Bilanzierung der Passiva nach HGB und IFRS ..........................................327 11.5.1 Bilanzierung des Eigenkapitals nach HGB und IFRS ..................................327 11.5.2 Rückstellungen nach HGB und IFRS .........................................................331 11.5.3 Verbindlichkeiten nach HGB und IFRS .....................................................337 11.6 Die Bilanzierung weiterer Geschäftsvorgänge nach IFRS .................................341 11.6.1 Erlöse aus Verträge mit Kunden.................................................................341 11.6.2 Rechnungsabgrenzungen ..........................................................................348 11.6.3 Leasing .....................................................................................................349 11.6.4 Bilanzierung latenter Steuern nach HGB und IFRS ....................................354

Literaturverzeichnis...................................................................................................363 Anhang .....................................................................................................................365

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

13

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Inventur ............................................................................................... 30 Abbildung 2: Ermittlung des Reinvermögens ............................................................. 35 Abbildung 3: Inventar der Müller & Thurgau GmbH.................................................. 37 Abbildung 4: Gewinnermittlung durch Eigenkapitalvergleich .................................... 38 Abbildung 5: Gewinnermittlung durch Eigenkapitalvergleich unter Berücksichtigung von Entnahmen und Einlagen.................................... 39 Abbildung 6: Bilanz der Müller & Thurgau GmbH zum 31. Dezember 01 ................. 41 Abbildung 7: Bilanzwaage ........................................................................................ 40 Abbildung 8: Auflösung der Bilanz in Konten ............................................................ 46 Abbildung 9: Veränderungen der Bestandskonten ..................................................... 46 Abbildung 10: Ermittlung des Schlussbestandes der Bestandskonten ........................... 47 Abbildung 11: Einnahmebeleg ................................................................................... 48 Abbildung 12: Auszug aus dem Journal der Müller & Thurgau GmbH ........................ 52 Abbildung 13: Von der Eröffnungsbilanz zur Schlussbilanz ........................................ 54 Abbildung 14: Beispiel Eröffnungsbilanz – Bestandskonten – Schlussbilanz ................ 56 Abbildung 15: GuV-Konto und Aufwands- und Ertragskonten ..................................... 70 Abbildung 16: Die zwei Kreise der doppelten Buchführung ....................................... 74 Abbildung 17: Beispiel für einen Materialentnahmeschein ......................................... 79 Abbildung 18: Zusammensetzung des Anlagevermögens ............................................ 99 Abbildung 19: Anlagekartei (gekürzt) ........................................................................101 Abbildung 20: Beispiel für einen Buchungsstempel ...................................................123 Abbildung 21: Nebenbücher der Buchhaltung ..........................................................124 Abbildung 22: Kontenklassen nach IKR, SKR 03 und SKR 04 .....................................126 Abbildung 23: Eingabemaske „Lexware - Financial office“ .........................................128 Abbildung 24: DATEV Kanzlei-Rechnungswesen pro - Eingabemaske ........................129 Abbildung 25: Auszug aus der Summen- und Saldenliste...........................................130 Abbildung 26: Checkliste Jahresabschlussarbeiten .....................................................133 Abbildung 27: Transitorische und antizipative zeitliche Abgrenzung .........................136 Abbildung 28: Ermittlung der Gewerbesteuerrückstellung für die Müller & Thurgau GmbH 01 ..............................................................146 Abbildung 29: Formblatt zur Berechnung der Pauschalwertberichtigung....................157 Abbildung 30: Jahresabschluss eines Kaufmanns nach §242 HGB .............................159 Abbildung 31: Anlagespiegel ....................................................................................161 Abbildung 32: Ziele der Bewertungsvorschriften .......................................................166 Abbildung 33: Prinzipien des Handelsrechts .............................................................180

14

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 34: Gewinnverteilung bei der OHG .........................................................184 Abbildung 35: Vom Jahresüberschuss zum Bilanzgewinn ..........................................191 Abbildung 36: Vom vorläufigen zum endgültigen Jahresüberschuss ...........................198 Abbildung 37: Kompetenzen bei der Gewinnverwendung ........................................199 Abbildung 38: Grundstruktur einer Strukturbilanz .....................................................205 Abbildung 39: Übersicht typischer Auswertungsbereiche der Kennzahlenanalyse ......207 Abbildung 40: Return on Investment .........................................................................222 Abbildung 41: Ratingverfahren nach Basel II .............................................................239 Abbildung 42: Die Beurteilungskriterien der Ratinganalyse........................................243 Abbildung 43: Die Bedeutung des Ratings für Stakeholder ........................................244 Abbildung 44: Bestandteile einer Ratingstrategie .......................................................245 Abbildung 45: Wichtige Rating-Beurteilungskriterien.................................................246 Abbildung 46: Berechnung des Zukunftspotenzials ...................................................251 Abbildung 47: Ermittlung der Finanzkennzahlen .......................................................252 Abbildung 48: Grafische Darstellung des Gesamtergebnisses des Quickraters............254 Abbildung 49: Finanzkennzahlen des Quick-Raters ...................................................255 Abbildung 50: Organisation des IFRS Foundation ......................................................264 Abbildung 51: Der Ablauf des Standardentwicklungsprozesses ..................................265 Abbildung 52: Rangfolge der IAS/IFRS-Vorschriften ...................................................267 Abbildung 53: Zielsetzung des IFRS Abschlusses .......................................................273 Abbildung 54: Qualitative Anforderungen an einen IFRS-Abschluss ...........................274 Abbildung 55: Definition der Posten im Rahmenkonzept der IFRS .............................282 Abbildung 56: Erfassung der Posten nach IFRS-Rahmenkonzept ................................286 Abbildung 57: Wertkategorien im IFRS-Rahmenkonzept ............................................288 Abbildung 58: Ablauf eines Impairment Tests ...........................................................292 Abbildung 59: Ablauf eines Wertaufholungstests ......................................................294 Abbildung 60: Folgebewertung der Vorräte nach IFRS ...............................................312 Abbildung 61: Beispiel für eine Eigenkapitalveränderungsrechnung...........................330 Abbildung 62: Entstehung latenter Steuern ................................................................356

TABELLENVERZEICHNIS

15

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Die Funktionsweise der Umsatzsteuer ....................................................... 61 Tabelle 2: Erlöskonten für Entnahmen von Gegenständen und Leistungen ................. 76 Tabelle 3: Übersicht der Konten für Nachlässe im SKR 04 ......................................... 88 Tabelle 4: Übersicht der Konten Bestandveränderungen RHB und bezogene Waren im SKR 04 ................................................................................................ 93 Tabelle 5: Übersicht der Konten Bestandveränderungen RHB und bezogene Waren im SKR 04 ................................................................................................ 96 Tabelle 6: Übersicht der Konten Bestandveränderungen fertige und unfertige Erzeugnisse und Leistungen im SKR 04..................................................... 98 Tabelle 7: Übersicht zu den Konten Anlagenabgänge im SKR 04 ..............................110 Tabelle 8: Inventurdifferenzen .................................................................................134 Tabelle 9: Konten zur zeitlichen Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen ........135 Tabelle 10: Übersicht zur zeitlichen Abgrenzung ......................................................143 Tabelle 11: Einteilung der Forderungen zum Jahresende............................................148 Tabelle 12: Anpassung der Pauschalwertberichtigung................................................155 Tabelle 13: Bewertungsvereinfachungen nach HGB ..................................................173 Tabelle 14: Gewinnverteilung bei einer OHG ...........................................................185 Tabelle 15: Gewinnverteilung bei einer Kommanditgesellschaft ................................187 Tabelle 16: Darstellung des EK nach § 268 (1) HGB ..................................................192 Tabelle 17: Verwendung von gesetzlicher Rücklage und Kapitalrücklagen .................198 Tabelle 18: Interessenten des Jahresabschlusses.........................................................201 Tabelle 19: Vereinfachtes Schema der Bewegungsbilanz ...........................................217 Tabelle 20: Bewegungsbilanz mit Fondspositionen....................................................218 Tabelle 21: Schema zur Kapitalflussrechnung nach DRS 21 .......................................220 Tabelle 22: Ratingskalen von S&P, Moody´s, im Vergleich .......................................238 Tabelle 23: Unterschiede zwischen bankinternem und externem Rating ....................242 Tabelle 24: Ratingstufen für das eigene Rating ...........................................................248 Tabelle 25: Rating in Abhängigkeit von Risiko und Potenzial .....................................248 Tabelle 26: Risikomatrix aus Sicherheitsklasse und Rating .........................................253 Tabelle 27: Unterschiede der Rechtssysteme Code Law und Case Law ......................258 Tabelle 28: Bilanzierungsspielräume in einzelnen EU-Ländern ..................................259 Tabelle 29: Unterschiede zwischen HGB- und IFRS Abschluss ..................................277 Tabelle 30: Bilanzgliederungsvorschlag von Petersen ................................................278 Tabelle 31: IFRS-Gliederungsvorschlag der GuV-Rechnung nach dem Gesamtkostenverfahren (IAS 1.102) ........................................................279

16

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 32: IFRS-Gliederungsvorschlag der GuV-Rechnung nach dem Umsatzkostenverfahren (IAS 1.103) ........................................................280 Tabelle 33: Schematische Darstellung der Gesamtergebnisrechnung nach IFRS .........281 Tabelle 34: Externe und interne Wertminderungsindikatoren (IAS 36.12ff) .................293 Tabelle 35: Definition, Ansatz und Ausweis von IVG nach HGB und IVW nach IFRS ...............................................................................................298 Tabelle 36: Sonderregelungen für Forschungs- und Entwicklungskosten nach HGB und IFRS........................................................................................299 Tabelle 37: Bilanzierung des Goodwill nach HGB und IFRS ......................................301 Tabelle 38: Ansatz und Ausweis von Sachanlagen nach HGB und IFRS .....................304 Tabelle 39: Ermittlung von Anschaffungskosten .........................................................304 Tabelle 40: Ansatz von Fremdkapitalkosten im Rahmen von AK nach HGB und IFRS ................................................................................................305 Tabelle 41: Abschreibungen und Zuschreibungen bei Sachanlagen nach HGB und IFRS .......................................................................................................307 Tabelle 42: Untergliederung von Vorräten nach HGB und IFRS .................................308 Tabelle 43: Voraussetzungen für den Ansatz von Vorräten nach HGB und IFRS .........309 Tabelle 44: Verfahren der Zugangsbewertung von Vorräten nach HGB und IFRS .......309 Tabelle 45: Bewertungsvereinfachungsverfahren nach HGB und IFRS........................310 Tabelle 46: Ansatz und Ausweis von Finanzanlagen nach HGB und IFRS ..................315 Tabelle 47: Bewertungsgrundsätze für Finanzanlagen und Wertpapiere nach HGB ....315 Tabelle 48: Bewertung von Ausleihungen und Beteiligungen nach IFRS ....................316 Tabelle 49: Zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertete Finanzinstrumente nach IFRS 9 ....................................................................................................320 Tabelle 50: Erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete Finanzinstrumente nach IFRS 9...............................................................322 Tabelle 51: Erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertete Finanzinstrumente nach IFRS 9...............................................................323 Tabelle 52: Untergliederung der Forderungen nach HGB und IFRS ...........................325 Tabelle 53: Ermittlung von Pauschalwertberichtigungen nach HGB und IFRS ............326 Tabelle 54: Vorschriften zum Eigenkapital nach HGB und IFRS .................................327 Tabelle 55: Untergliederung des Eigenkapitals in der Bilanz nach HGB und IFRS ......328 Tabelle 56: Bestandteile der Kapitalrücklagen nach HGB und IFRS ............................329 Tabelle 57: Ansatz und Ausweis von Rückstellungen nach HGB und IFRS .................333 Tabelle 58: Bewertung von Rückstellungen nach HGB und IFRS ...............................335 Tabelle 59: Ansatz, Ausweis und Gliederung von Verbindlichkeiten nach HGB und IFRS ................................................................................................338 Tabelle 60: Bewertung von Verbindlichkeiten nach HGB und IFRS ...........................340

TABELLENVERZEICHNIS

17

Tabelle 61: Unterschiede der Bilanzierung von Rechnungsabgrenzungsposten nach HGB und IFRS ...............................................................................348 Tabelle 62 Behandlung von Sale-and-Lease-back-Transaktionen nach IAS 17 .............352 Tabelle 63: Unterschiede bei der Bilanzierung von latenten Steuern nach HGB und IFRS ................................................................................................358

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

19

Abkürzungsverzeichnis

AB AfA AG AG AHK aLL AN AR ARA AV BA BGA BV BWA CAGR DAX DRSC

EBK EDF EK ER EStG EStR EU EWB FAV FASB

Anfangsbestand Absetzung für Abnutzung Aktiengesellschaft Arbeitgeber Anschaffungs- und Herstellungskosten aus Lieferungen und Leistungen Arbeitnehmer Ausgangsrechnung Aktive Rechnungsabgrenzung Anlagevermögen Bankauszug Betriebs- und Geschäftsausstattung Bestandsveränderung Betriebswirtschaftliche Auswertung Compound Annual Growth Rate Deutscher Aktienindex Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V. Eröffnungsbilanzkonto Exceptet Default Frequency Eigenkapital Eingangsrechnung Einkommensteuergesetz Einkommensteuerrichtlinien Europäische Union Einzelwertberichtigung Finanzanlagevermögen Financial Accounting

Fibu FIN FK Ford. FTB GJ GmbH GoB

GS GuV GWG HGB Hrsg. IAS IASB IFAC IFRIC

IFRS IRFS-F

IKR IOSCO

Standards Board Finanzbuchhaltung FASB Interpretations Fremdkapital Forderung FASB Technical Bulletins Geschäftsjahr Gesellschaft mit beschränkter Haftung Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung (bzw. Buchführung) Gutschrift Gewinn- und Verlustrechnung Geringwertige Wirtschaftsgüter Handelsgesetzbuch Herausgeber International Accounting Standards International Accounting Standards Board International Federation of Accountants International Financial Reporting Interpretations Committee (früher SIC) International Financial Reporting Standards International Financial Reporting Standards Foundation Industriekontenrahmen International Organization of Securities Commissions

20

IVG IVW KB KG KGV KPMG

KStR KV LS LSt M ME ME M&T GmbH NYSE OHG PE PRA PublG

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Immaterieller Vermögensgegenstand Immaterieller Vermögenswert Kassenbeleg/Kassenbuch Kommanditgesellschaft Kurs-Gewinn-Verhältnis Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Klynveld, Peat, Marwick und Goerdeler Körperschaftsteuerrichtlinien Krankenversicherung Lastschrift Lohnsteuer Mutterunternehmen Mengeneinheit Materialentnahme Müller & Thurgau GmbH New York Stock Exchange Offene Handelsgesellschaft Packungseinheit Passive Rechnungsabgrenzung Publizitätsgesetz – Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen

PV PWB RV SAV SB SBK SEC SFAC SFAS SKR SV T US-GAAP

USt UStG UStAE USt-VA UV Verb. VSt VwL

Pflegeversicherung Pauschalwertberichtigung Rentenversicherung Sachanlagevermögen Schlussbestand Schlussbilanzkonto Securities and Exchange Commission Statements of Financial Accounting Concepts Statements of Financial Accounting Standards Standardkontenrahmen Sozialversicherung Tochterunternehmen United States Generally Accepted Accounting Principles Umsatzsteuer Umsatzsteuergesetz Umsatzsteueranwendungserlass Umsatzsteuervoranmeldung Umlaufvermögen Verbindlichkeit Vorsteuer Vermögensbildende Leistungen

1 GRUNDLAGEN DER BUCHFÜHRUNG

21

1 Grundlagen der Buchführung 1.1

Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens

Grundlage der wirtschaftlichen Tätigkeit von Unternehmen ist die Erbringung von materiellen und immateriellen Leistungen, die an Kunden (Unternehmen, Behörden, Endverbraucher) geliefert werden. Der Verkauf der erbrachten Leistungen führt zu Erlösen im Unternehmen. Die unternehmerische Tätigkeit geschieht unter Einsatz von Produktionsfaktoren (Rohstoffe, Arbeitskraft und Kapital). Diese Vermögenswerte verändern sich im Prozess der Leistungserbringung. Die Bewertung der eingesetzten Faktoren und der Erlöse erfolgt auf der Basis von Geldwerten, die zu erfassen sind. Es liegt im ureigensten Interesse des Unternehmers, zu Erkenntnissen über die betrieblichen Abläufe, Verbräuche und Erträge zu gelangen, um die betrieblichen Ziele zu erreichen. Der Unternehmer benötigt umfassende Informationen, um Entscheidungen für das Unternehmen vorbereiten und treffen zu können. Mit dem betrieblichen Rechnungswesen steht ihm ein Instrument zur Verfügung, um den Erfolg des Unternehmens in allgemeinverständlichen Werten abzubilden. Das betriebliche Rechnungswesen soll die Bereiche des Unternehmens • Beschaffung (Werkstoffe, Handelsware, Investitionsgüter), • Produktion/Leistungserstellung, • Absatz (Verkauf) zahlenmäßig erfassen, überwachen und auswerten. Daraus ergeben sich die Hauptaufgaben des betrieblichen Rechnungswesens: Dokumentationsaufgabe Alle Geschäftsfälle sind in zeitlicher Reihenfolge auf der Grundlage von Belegen, die die Vermögenswerte, die Schulden, das Eigenkapital und den Erfolg des Unternehmens beeinflussen, geordnet aufzuzeichnen. Informationsaufgabe/Rechenschaftslegung Auf der Grundlage rechtlicher Regelungen ist das Unternehmen verpflichtet, die Interessengruppen über das Vermögen, die Schulden und den Erfolg des Unternehmens zu informieren und Rechenschaft zu legen. Zu den Interessengruppen zählen die Anteilseigner, die Gläubiger, die Auftraggeber und Kunden, die Arbeitnehmer und insbesondere die Finanzverwaltung.

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1 GRUNDLAGEN DER BUCHFÜHRUNG

Zahlungsbemessungsfunktion Auf der Basis der Daten des betrieblichen Rechnungswesens (Finanzbuchhaltung) erfolgt die Ermittlung des Unternehmenserfolges (Gewinn/Verlust), der wiederum Grundlage für die Steuerbemessung und die Gewinnverteilung (Ausschüttungen an die Gesellschafter) ist. Kontroll- und Dispositionsfunktion Ein ausgebautes System des betrieblichen Rechnungswesens dient dem Unternehmer zur Kontrolle und Steuerung der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens. Es bildet die Grundlage für Planungs- und Entscheidungsprozesse im Unternehmen (z. B. Investitionen, Personaleinstellung).

1.2

Bestandteile des Rechnungswesens

Die Vielfalt der zu erfüllenden Aufgaben macht eine Einteilung des Rechnungswesens in verschiedene, spezialisierte Bereiche erforderlich: • Finanzbuchhaltung (Buchführung), • Kosten- und Leistungsrechnung, • Statistik, • Planungsrechnung. 1.2.1

Finanzbuchhaltung

Die Finanzbuchhaltung (auch als Buchführung oder Geschäftsbuchhaltung bezeichnet) hat die Aufgabe, die Veränderungen in den Vermögens-, Schulden- und Kapitalwerten, die durch die wirtschaftlichen Vorgänge verursacht werden, in Zahlenwerten zu erfassen. Dabei werden alle Aufwendungen (Werteverbrauch) und Erträge (Wertezuwachs) in einer abgegrenzten Rechnungsperiode (Jahr, Quartal, Monat) festgehalten. Die Finanzbuchhaltung umfasst die gesamten finanziellen Beziehungen des Unternehmens zu seiner Umwelt und seinen Eigentümern/Anteilseignern, ohne Berücksichtigung der Veranlassung durch die betriebliche Tätigkeit, also auch privat veranlasste Vorgänge. Die Buchführung wird daher auch als externes Rechnungswesen bezeichnet. Die Buchführung ist die Grundlage für den jährlich zu erstellenden Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung), der wiederum der Rechenschaftslegung,

1 GRUNDLAGEN DER BUCHFÜHRUNG

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Dokumentation und Steuerbemessung dient. In besonderen Fällen werden auch Zwischenabschlüsse oder Sonderbilanzen erstellt. Die Finanzbuchhaltung erfolgt aufgrund gesetzlicher Vorschriften (siehe Abschnitt 1.3). 1.2.2

Kosten- und Leistungsrechnung

Während die Finanzbuchhaltung unternehmensbezogen ist, bezieht sich die Kosten- und Leistungsrechnung ausschließlich auf betrieblich veranlasste Geschäftsvorgänge, also alle Prozesse, die der Leistungserstellung und dem Absatz dienen. Es geht also um innerbetriebliche Vorgänge – man spricht daher auch vom internen Rechnungswesen. Im Fokus des internen Rechnungswesens stehen die betrieblichen Leistungen, deren Erstellung die Kosten verursachen. Es geht dabei um die Erfassung des tatsächlichen Werteverzehrs im Unternehmen. Da die Kosten- und Leistungsrechnung ausschließlich für betriebsinterne Berechnungen und Auswertungen genutzt wird und keine direkte Außenwirkung zeigt, unterliegt sie keinen gesetzlichen Vorschriften und Beschränkungen, wie das externe Rechnungswesen. Sie bildet die Grundlage für eine verursachungsgerechte Preiskalkulation und für die Steuerung betrieblicher Prozesse. 1.2.3

Statistik

Die betriebswirtschaftliche Statistik dient der Aufbereitung und Auswertung des betrieblichen Zahlenwerkes. Mit ihrer Hilfe gewinnt man Daten für die Planung und Disposition im Unternehmen. Neben den Daten aus der Finanzbuchhaltung werden Informationen aus dem Beschaffungs-, Lagerhaltungs-, Absatz-, Personalund weiteren Bereichen erfasst und verarbeitet. Die betriebliche Statistik unterstützt Betriebsvergleiche und Zeitvergleiche im Unternehmen. 1.2.4

Planungsrechnung

Die Planungsrechnung (auch Vorausschaurechnung) verfolgt das Ziel, die zukünftige Entwicklung des Unternehmens zu berechnen und damit z. B. die Grundlage für Investitionsentscheidungen zu legen. Teilpläne für die Bereiche Absatz, Einkauf, Produktion und Personal unterstützen die Managemententscheidungen. Sie bilden gleichzeitig die Grundlage für Kontrollen, Soll-Ist-Vergleiche und Steuerungsmaßnahmen.

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1 GRUNDLAGEN DER BUCHFÜHRUNG

AUFGABE 1.1: Nennen Sie konkrete Beispiele für die einzelnen Funktionen und Bestandteile des Rechnungswesens bezogen auf die Müller & Thurgau GmbH (die Vorstellung der Firma und ihren Jahresabschluss finden Sie im Anhang)!

1.3

Gesetzliche Grundlagen

Die Verpflichtung zum Führen von Büchern ergibt sich für den Unternehmer, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den handelsrechtlichen Bestimmungen im HGB und den steuerrechtlichen Vorschriften. 1.3.1

Handelsrechtliche Vorschriften

Im Handelsgesetzbuch ist geregelt, dass jeder Kaufmann zum Führen von Büchern verpflichtet ist (§ 238 (1) HGB). Die Kaufmannseigenschaft erfüllt jeder Betreiber eines Gewerbes, es sei denn, Art und Umfang der Geschäftstätigkeit erfordern keinen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb (bspw. Kleingewerbetreibende, siehe § 1 HGB). Unternehmer können die Kaufmannseigenschaft durch Eintragung ins Handelsregister erlangen und sind dann buchführungspflichtig (§ 2 HGB). Kapitalgesellschaften sind kraft Gesetz zur Buchführung verpflichtet. Weitere Buchführungspflichten ergeben sich aus §§ 3 bis 7 HGB. Einzelkaufleute sind nach § 241a HGB von der Pflicht zur Buchführung und Erstellung eines Inventars befreit, wenn nicht mehr als 600.000 Euro Umsatz und 60.000 Euro Jahresüberschuss in zwei aufeinander folgenden Jahren ausgewiesen werden. 1.3.2

Steuerrechtliche Vorschriften

Die Vorschriften nach dem Steuerrecht sind in der Abgabenordnung (AO) (§§ 140 und 141) geregelt. § 140 AO bezieht sich auf die Buchführungspflicht nach § 238 HGB – derivative (abgeleitete) Buchführungspflicht. Unternehmen, die nicht bereits nach Handelsrecht zum Führen von Büchern verpflichtet sind, können nach § 141 AO zur Buchführung verpflichtet sein. Gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte, die nach den Feststellungen durch die Finanzbehörde für den einzelnen Betrieb • Umsätze einschließlich der steuerfreien 600.000 Euro im Kalenderjahr oder

Umsätze

von

mehr

als

1 GRUNDLAGEN DER BUCHFÜHRUNG

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• selbst bewirtschaftete land- und forstwirtschaftliche Flächen mit einem Wirtschaftswert (§ 46 des Bewertungsgesetzes) von mehr als 25.000 Euro oder • einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 60.000 Euro im Wirtschaftsjahr oder • einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als 60.000 Euro im Kalenderjahr gehabt haben, sind verpflichtet, für diesen Betrieb Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu erstellen. Im § 4 (3) EStG ist geregelt, dass Steuerpflichtige, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu erstellen, den Gewinn als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen können. Man spricht dann von einer Einnahmenüberschussrechnung (EÜR).

AUFGABE 1.2: Nach welchen gesetzlichen Vorschriften ist die Müller & Thurgau GmbH zur Buchführung verpflichtet?

1.4

Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung

Zur Erstellung eines Jahresabschlusses nach handelsrechtlichen Regelungen und einer Gewinnermittlung, die auch den steuerrechtlichen Regelungen entspricht, ist die Einhaltung der sogenannten Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) notwendig. Diese sind nicht explizit in einem Gesetz geregelt, sondern leiten sich aus o.g. rechtlichen Rahmenregelungen ab. In der Finanzbuchhaltungspraxis sind folgende Regeln strengstens einzuhalten: • Klarheit und Übersichtlichkeit, • Vollständigkeit, • Belegprinzip, • ordnungsgemäße Aufbewahrung der Buchführungsunterlagen. Diese Grundsätze sind eng verknüpft mit den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen nach § 252 HGB: • Grundsatz der Bilanzidentität, • Unternehmensfortführung (Going-concern-Prinzip), • Grundsatz der Einzelbewertung,

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1 GRUNDLAGEN DER BUCHFÜHRUNG

• Vorsichtsprinzip, • Grundsatz der Periodenabgrenzung, • Bewertungsstetigkeit. Auf diese Bewertungsgrundsätze wird im Kapitel 9.3 detailliert eingegangen. Grundsatz der Klarheit und der Übersichtlichkeit Im § 145 der AO (Allgemeine Anforderungen an Buchführung und Aufzeichnungen) ist geregelt: • Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen

Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. • Aufzeichnungen sind so vorzunehmen, dass der Zweck, den sie für die Be-

steuerung erfüllen sollen, erreicht wird. § 146 der AO enthält Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen: • Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind vollstän-

dig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen täglich festgehalten werden. • Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind in einer

lebenden Sprache vorzunehmen. Wird eine andere als die deutsche Sprache verwendet, so kann die Finanzbehörde Übersetzungen verlangen. Werden Abkürzungen, Ziffern, Buchstaben oder Symbole verwendet, muss im Einzelfall deren Bedeutung eindeutig festliegen. • Eine Buchung oder eine Aufzeichnung darf nicht in einer Weise verändert

werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Auch solche Veränderungen dürfen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit es ungewiss lässt, ob sie ursprünglich oder erst später gemacht worden sind. Grundsatz der Vollständigkeit Das Handelsgesetzbuch (§§ 238 und 239 HGB) und die Abgabenordnung (§ 146 AO) regeln, dass die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen sind. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sind täglich festzuhalten.

1 GRUNDLAGEN DER BUCHFÜHRUNG

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Belegprinzip – Keine Buchung ohne Beleg Sämtliche Buchungen müssen anhand von Belegen jederzeit nachprüfbar sein. Die Belege müssen fortlaufend nummeriert und ordnungsgemäß aufbewahrt werden (§ 257 HGB). Nach § 246 (5) AO können die Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen auch in der geordneten Ablage von Belegen bestehen oder auf Datenträgern geführt werden. Ordnungsgemäße Aufbewahrung der Buchführungsunterlagen Für die Aufbewahrung der Buchführungsunterlagen hat der Gesetzgeber im HGB und in der AO klare und eindeutige Regelungen erlassen (§ 257 HGB; § 147 AO):

Jeder Kaufmann ist verpflichtet, die folgenden Unterlagen geordnet aufzubewahren: 1. Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen, 2. die empfangenen Handelsbriefe, 3. Wiedergaben der abgesandten Handelsbriefe, 4. Belege für Buchungen in den von ihm nach § 238 Abs. 1 zu führenden Büchern (Buchungsbelege). Mit Ausnahme der Eröffnungsbilanzen und Abschlüsse können die aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, dass die Wiedergabe oder die Daten • mit den empfangenen Handelsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden, • während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können. Die Aufbewahrungsfrist beträgt für die genannten Belege 10 Jahre. Sonstige für die Besteuerung bedeutsame Belege sind 6 Jahre aufzubewahren. Die Frist beginnt mit Ablauf des Jahres in dem die letzten Eintragungen in die Handelsbücher vorgenommen wurden, das Inventar aufgestellt oder der Jahresabschluss aufgestellt wurde (§ 147 AO).

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1 GRUNDLAGEN DER BUCHFÜHRUNG

Die GoB sind von den buchführenden Unternehmen unbedingt einzuhalten. Zuwiderhandlungen können durch Schätzung der Besteuerungsgrundlagen (Umsatzerlöse, Gewinn) durch die Finanzverwaltung geahndet werden (§ 162 AO). Bei schweren und gewichtigen formellen Mängeln kann die Buchführung verworfen werden. Das führt zu einer Vollschätzung der Besteuerungsgrundlagen. Sachliche Mängel liegen vor, wenn die Buchführung inhaltlich nicht das tatsächliche Geschehen wiedergibt. Das können nicht erfasste, falsch gebuchte oder fingierte Geschäftsfälle sein. Unwesentliche sachliche Mängel berühren die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht und können nach R 29 (2) S3 EStR korrigiert werden. Durch leichtfertige falsche Buchung der Geschäftsfälle kann der Tatbestand der Steuergefährdung (§ 379 (1) AO) gegeben sein, der mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 Euro geahndet werden kann. In den Fällen der Steuerhinterziehung nach § 370 AO können Geld- oder Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren verhängt werden. Wer trotz Buchführungspflicht keine Bücher führt, kann nach §§ 328 – 329 AO mit einem Zwangsgeld von bis zu 25.000 Euro bestraft werden. Werden verwertbare Aufzeichnungen verspätet vorgelegt, beträgt nach § 162 (4) AO der Zuschlag bis zu 1.000.000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung. Dabei steht das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen dem eigenen Verschulden gleich.

AUFGABE 1.3: Lesen Sie die angegebenen Paragraphen des HGB und der AO in der jeweils neuesten Fassung!

2 INVENTUR – INVENTAR – BILANZ

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2 Inventur – Inventar – Bilanz 2.1 2.1.1

Inventar und Inventur Begriffe

Der Wortlaut des § 240 (1) HGB enthält die gesetzliche Pflicht zur Erstellung eines Verzeichnisses: „Jeder Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes seine

Grundstücke, seine Forderungen und Schulden, den Betrag seines baren Geldes sowie seine sonstigen Vermögensgegenstände genau zu verzeichnen und dabei den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden anzugeben.“ Damit ergibt sich bereits aus dem ersten Satz, dass eine genaue Bezeichnung von Vermögen und Schulden sowie eine Bewertung zu erfolgen haben. Erst im § 240 (2) HGB wird der Begriff Inventar genutzt: „Er hat demnächst für den

Schluss eines jeden Geschäftsjahrs ein solches Inventar aufzustellen. Die Dauer des Geschäftsjahrs darf zwölf Monate nicht überschreiten. Die Aufstellung des Inventars ist innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit zu bewirken.“ Ein Inventar ist nicht nur bei Unternehmensgründung und zum Schluss des Geschäftsjahres zu erstellen, wie es der § 240 (1) und (2) HGB verlangt, sondern auch zu anderen Anlässen im Geschäftsablauf wie z. B. bei Übernahme oder Veräußerung eines Unternehmens, bei einer Insolvenz oder bei Auflösung des Unternehmens. Um ein Inventar erstellen zu können, muss der Kaufmann sein Vermögen und seine Schulden genau und mit Wertangabe benennen können. Das setzt also eine entsprechende Bestandsaufnahme durch eine Inventur voraus. Das lateinische Wort „invenire“ bedeutet vorfinden und weist darauf hin, dass alle Vermögensteile und Schuldposten auch tatsächlich in Augenschein genommen werden müssen, also eine sogenannte körperliche Bestandsaufnahme durchzuführen ist, sofern möglich. Unter Inventur versteht man die mengen- und wertmäßige Bestandsaufnahme des Vermögens und der Schulden zu einem bestimmten Zeitpunkt. Eine körperliche Bestandsaufnahme erfolgt durch Zählen, Messen, Wiegen und in Ausnahmenfällen auch durch Schätzen. Ist die mengenmäßige Erfassung abgeschlossen, erfolgt die Bewertung der festgestellten Mengeneinheiten.

30

2 INVENTUR – INVENTAR – BILANZ

Bei der Buchinventur erfolgt eine wertmäßige Bestandsaufnahme unkörperlicher Vermögensteile und Schulden aufgrund von Aufzeichnungen und Belegen.

AUFGABE 2.1: Welche Vermögensgegenstände und Schulden können durch Zählen, Messen, Wiegen, Schätzen bei der Inventur aufgenommen werden? Nennen Sie konkrete Beispiele, auch für die Müller & Thurgau GmbH!

Inventur

körperliche Bestandsaufnahme

Buchinventur

Vollaufnahme oder Stichprobe

aufgrund von Aufzeichnungen

Abbildung 1: Inventur

Die körperliche Inventur umfasst die mengen- und wertmäßige Bestandsaufnahme. Die Buchinventur erfolgt als wertmäßige Bestandsaufnahme anhand von Aufzeichnungen und Belegen. Ein Anlagenverzeichnis bzw. die Anlagekartei dient der Erfassung und Bewertung des Anlagevermögens (Maschinen, Geräte, Fahrzeuge, Betriebs- und Geschäftsausstattung). Für jedes Wirtschaftsgut werden der Anschaffungswert, das Anschaffungsdatum, die Nutzungsdauer, die Abschreibungsmethode sowie die jährliche Abschreibung (siehe auch Kapitel 6.4), der Buchwert am Inventurstichtag und ggf. der Tag des Abgangs verzeichnet. Stichtagsbezogen ist zu prüfen, ob das Wirtschaftsgut tatsächlich noch vorhanden ist.

AUFGABE 2.2: Schauen Sie sich das Inventar der Müller & Thurgau GmbH in Abb. 3 an! Welche der Vermögensteile und Schuldpositionen können nur durch Buchinventur aufgenommen werden? Wo ist eine Stichprobeninventur vorstellbar? Eine Inventur ist sorgfältig zu planen. Der Inventurleiter hat einen Aufnahmeplan mit verbindlichen Inventurrichtlinien und Zeitvorgaben zu erstellen. Den einzelnen Inventurbereichen im Unternehmen sind Personen zuzuordnen, die die Inventuraufgaben durchführen. Diese erhalten entsprechende Vordrucke und Hilfsmittel. Die Inventur sollte stichprobenartig überprüft werden.

2 INVENTUR – INVENTAR – BILANZ

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Die Inventurrichtlinien müssen sich an den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Inventur1 ausrichten: • Vollständigkeit, d. h. alle Vermögensgegenstände und Schulden sind zu erfassen, • Richtigkeit, d. h. es sind bei der Inventur die korrekten, den Tatsachen entsprechende Werte zu ermitteln, • Nachprüfbarkeit, d. h. ein sachkundiger Dritter muss die Durchführung der Inventur nachvollziehen können, • Einzelerfassung und Einzelbewertung, d. h. jeder Vermögensgegenstand und jede Schuldposition sollte bei der Inventur einzeln aufgenommen und bewertet werden. Der Inventurleiter hat im Aufnahmeplan auch über die zeitliche Durchführung der Inventur zu entschieden. Generell werden die in Punkt 2.1.2 aufgeführten Verfahren der Inventur angewendet. Auswahlkriterien sind: • möglichst problemloses Durchführen der Inventur im normalen Betriebsablauf, • Erreichen der geforderten Genauigkeit, • geringer Zeitaufwand und • geringe Kosten. 2.1.2

Zeitliche Verfahren der Inventur

Nach der zeitlichen Durchführung der Inventur unterscheidet man die Stichtagsinventur, die permanente Inventur und die vor- bzw. nachverlegte Inventur. Durch die permanente und die verlegte Inventur soll vor allem die ansonsten große zeitliche Belastung des Personals mit Inventurarbeiten zum Stichtag reduziert werden. Stichtagsinventur:

§ 240 Abs. 1und 2 HGB

Permanente Inventur:

§ 241 Abs. 2 HGB

Vor- und nachverlegte Inventur:

§ 241 Abs. 3 HGB.

a) Stichtagsinventur Für die Stichtagserfassung der Inventurbestände ist die Erfassung der Bestände in einem Zeitraum von 10 Tagen vor bzw. nach dem Abschlussstichtag ausreichend. 1

Vgl. Buchen, Bilanzieren und Steuern sparen, Lexikon von A bis Z, Inventur (1005)

32

2 INVENTUR – INVENTAR – BILANZ

Die Bestandsveränderungen in diesem Zeitraum werden anhand von Belegen mengen- und wertmäßig auf den Stichtag (bspw. 31.12.) vor- bzw. rückgerechnet. Nachteilig bei der Stichtagsinventur ist der hohe organisatorische Aufwand am bzw. um den Stichtag. b) Verlegte Inventur Bei einer verlegten Inventur kann die körperliche Bestandsaufnahme in einem Zeitraum von bis zu 3 Monaten vor oder bis zu 2 Monaten nach dem Stichtag erfolgen. Nicht alle Bestandspositionen müssen dabei gleichzeitig erfasst werden. Für jede Gruppe und für jeden Aufnahmetag muss aber ein eigenes Inventar erstellt werden. Damit der Bestand zum Stichtag bewertet werden kann, ist ein Fortschreibungsoder Rückrechnungsverfahren erforderlich. c) Permanente Inventur Die permanente Inventur erfordert keine körperliche Bestandsaufnahme am Stichtag. Die körperliche Bestandsaufnahme erfolgt üblicherweise dann, wenn nur ein geringer Lagerbestand aufzunehmen ist und sich die Inventurarbeiten organisatorisch reibungslos in das Betriebsgeschehen einordnen lassen. Die permanente Inventur erfordert aber laufend geführte und fortgeschriebene Lagerunterlagen (Lagerkartei). Datum, Art und Menge der Lagerzu- und -abgänge sind detailliert zu erfassen und zu dokumentieren. Das geschieht per EDV-System. Nach Richtlinie R 5.3 (3) EStR sind die permanente und die zeitlich verlegte Inventur nicht anwendbar: • für Bestände, bei denen durch Schwund, Verdunsten, Verderb, leichte Zer-

brechlichkeit oder ähnliche Vorgänge ins Gewicht fallende unkontrollierbare Abgänge eintreten, es sei denn, dass diese Abgänge aufgrund von Erfahrungssätzen schätzungsweise annähernd zutreffend berücksichtigt werden können; • für Wirtschaftsgüter, die – abgestellt auf die Verhältnisse des jeweiligen Be-

triebs – besonders wertvoll sind. AUFGABE 2.3: Nennen Sie Beispiele für unkontrollierbare Abgänge von Beständen durch Schwund, Verdunsten, Verderb und leichte Zerbrechlichkeit. Verfügt die Müller & Thurgau GmbH über solche Vermögensgegenstände? Wenn ja, welche Folgen hat das? Auf eine weitere gesetzliche Regelung soll an dieser Stelle ausdrücklich hingewiesen werden. In der Richtlinie R 5.3 (4) EStR heißt es: Fehlt eine körperliche Be-

standsaufnahme oder enthält das Inventar in formeller oder materieller Hinsicht

2 INVENTUR – INVENTAR – BILANZ

33

nicht nur unwesentliche Mängel, ist die Buchführung nicht als ordnungsmäßig anzusehen. Die daraus folgenden Konsequenzen werden im Abschnitt 1.4 aufgezeigt. 2.1.3

Stichprobeninventur

Eine Stichprobeninventur mithilfe anerkannter mathematisch-statistischer Verfahren, die nach § 241 (1) HGB möglich ist, soll vor allem den Aufnahmeaufwand reduzieren. Die Stichprobeninventur muss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Inventur genügen und eine entsprechende Aussageäquivalenz im Vergleich mit einer Vollinventur besitzen. Zur Erfüllung der gesetzlichen Vorschriften und aus Wirtschaftlichkeitsgründen ist auf folgende Voraussetzungen zu achten: Lagermindestgröße: Erst Lagergrößen von ca. 1.500 bis 3.000 verschiedenen Artikelpositionen kompensieren die zusätzlichen Kosten zur Einführung einer Stichprobeninventur.2 Lagerphänomen: Ein relativ geringer Anteil der Artikel macht einen Großteil des Gesamtwertes aus. Auf der Basis einer ABC-Analyse führt man für die A- und evtl. die B-Güter eine Vollaufnahme durch. Der größte Teil des Inventurwertes kann auf diese Weise mit relativ geringem Erfassungsaufwand abgedeckt werden. Der mengenmäßig erheblich größere Lageranteil der C-Güter wird über Stichproben erfasst.3 Lagerbestandszuverlässigkeit: Bei exakten Beständen lassen sich effizientere Stichprobenverfahren einsetzen und so der Mindeststichprobenumfang weiter reduzieren.

2.2

Das Inventar

Die im Rahmen der Inventur erfassten Bestände der Vermögensgegenstände und Schulden werden im Bestandsverzeichnis, dem Inventar zusammengefasst. Es setzt sich aus • dem Vermögen, • den Schulden und • dem Eigenkapital zusammen. 2 3

Vgl. Pack, H./Wendt, F./Zimmermann, H.-J. HGB-Bilanzrecht, Berlin, 1984, S. 263ff Vgl. Jaspers, W.: Stichprobeninventur, Wiesbaden 2004, S. 140

34

2 INVENTUR – INVENTAR – BILANZ

2.2.1

Vermögen

Das Betriebsvermögen gliedert sich in zwei große Gruppen: das Anlagevermögen und das Umlaufvermögen. Das Anlagevermögen umfasst alle Vermögensgegenstände, die der so genannten „Betriebsbereitschaft“ dienen. Diese bilden die Grundlage für die Tätigkeit des Wirtschaftsunternehmens. Sie verbleiben in der Regel längerfristig im Unternehmen. Ihr Verlust oder eine Veräußerung würde dem Unternehmen die wirtschaftliche Basis entziehen. Zum Anlagevermögen zählen im Wesentlichen: • Grundstücke und Bauten, • Technische Anlagen, • Andere Anlagen (z. B. Fahrzeuge), • Betriebs- und Geschäftsausstattung (Büroeinrichtung, EDV-Technik, Ladeneinrichtung u. a.). Das Umlaufvermögen enthält Vermögenspositionen, die zum kurzfristigen Verbleib im Unternehmen bestimmt sind, deren Bestände laufend bewegt werden und sich permanent ändern – sich also im Umlauf befinden. Das Umlaufvermögen umfasst vor allem folgende Positionen: • Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, • unfertige Erzeugnisse (Halbfabrikate) und fertige Erzeugnisse, • Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (aLL), • Kassenbestand, • Bankguthaben. Für die Aufstellung des Vermögens gilt die Regel nach aufsteigender Liquidierbarkeit – Liquiditätsnähe. Das heißt, die Gliederung beginnt mit den Vermögensgegenständen, die mit größtem Aufwand in flüssige Mittel umgesetzt werden können (z. B. Grundstücke und Gebäude) und endet mit den liquiden Mitteln (Kasse, Bankguthaben) vorausgesetzt, das Unternehmen wird fortgeführt. 2.2.2

Verbindlichkeiten

Verbindlichkeiten umfassen alle Schulden des Unternehmens. Sie werden nach Fälligkeit der Rückzahlung in langfristige und kurzfristige Verbindlichkeiten eingeteilt und gegliedert. Sie stellen das für das Unternehmen arbeitende Fremdkapital dar.

2 INVENTUR – INVENTAR – BILANZ

35

Langfristige Verbindlichkeiten umfassen insbesondere Hypotheken- und Darlehensschulden. Kurzfristige Verbindlichkeiten beziehen sich auf die laufenden Verbindlichkeiten des Unternehmens wie z. B. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, Verbindlichkeiten aus Lohn- und Gehalt usw. 2.2.3 Eigenkapital Das Eigenkapital – auch als Reinvermögen des Unternehmens bezeichnet – ergibt sich als Differenz aus der Summe des Vermögens und der Summe der Verbindlichkeiten. Summe des Vermögens ./. Summe der Verbindlichkeiten _________________________________ = Eigenkapital = Reinvermögen

Abbildung 2: Ermittlung des Reinvermögens

AUFGABE 2.4: Kennzeichnen Sie die in der Tabelle aufgeführten Vermögensgegenstände und Schulden richtig als Anlagevermögen (AV), Umlaufvermögen (UV), langfristige Verbindlichkeiten (FK-langfr.), kurzfristige Verbindlichkeiten (FKkurzfristig). Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

Handelswaren

Betriebs-, Geschäftsausstattung

Maschinen

Kontokorrentkredit

Kasse

Postbank

Darlehensschulden

Verbindlichkeiten aus Lohn und Gehalt

Fertige Erzeugnisse

Vorsteuer

Gebäude

Werkzeuge

Kreditverbindlichkeiten

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2 INVENTUR – INVENTAR – BILANZ

In Abbildung 3 wird das Inventar der Müller & Thurgau GmbH abgebildet. Ein Inventarverzeichnis wird üblicherweise in Staffelform dargestellt und besteht aus den drei Teilen: A Vermögen, unterteilt in Anlage- und Umlaufvermögen; B Schulden, unterteilt in langfristige und kurzfristige und C Reinvermögen = Eigenkapital. In der Vorspalte werden die Werte der einzelnen Positionen des Inventars aufgeführt. In der Hauptspalte werden entsprechende Positionen bereits sachlich in Gruppen bzw. Bilanzpositionen im Wert zusammengefasst.

AUFGABE 2.5: Der Getränkegroßhändler Otto Paulus, Halle (Saale), stellte zum 31. Dezember 01 und zum 31. Dezember 02 folgende Inventurwerte fest: Verwaltungsgebäude Rohstoffe Bankguthaben Saalesparkasse Halle Hilfs- und Betriebsstoffe Technische Anlagen und Maschinen Grundstücke Darlehensschulden Saalesparkasse Halle Werkzeuge Kundenforderungen aLL Kassenbestand Fuhrpark Hypothekenschulden Betriebsgebäude Unfertige Erzeugnisse Bankguthaben Deutsche Bank Betriebs- und Geschäftsausstattung Fertige Erzeugnisse Verbindlichkeiten aLL Darlehensschulden Deutsche Bank, Halle

01 150.800 434.300 114.500 116.400 975.500 231.000 654.000 37.500 151.400 48.400 375.100 1.240.000 1.922.000 313.900 231.000 166.500 186.600 286.000 920.000

02 125.600 462.200 103.800 104.500 962.600 231.700 595.000 44.600 137.800 39.900 384.800 1.190.000 1.846.600 315.700 198.000 145.300 186.700 261.000 864.000

1. Gliedern Sie entsprechend den Regeln des HGB und erstellen Sie die Inventare der beiden Geschäftsjahre. 2. Berechnen Sie jeweils das Eigenkapital!

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2 INVENTUR – INVENTAR – BILANZ

Inventar der Müller & Thurgau GmbH per 31.12.01 A VERMÖGEN I Anlagevermögen € Bauten auf eigenen Grundstücken 161.053,00 Grundstückswert bebauter Grundstücke 305.000,00 Geschäftsbauten 1.420.833,00 Fabrikbauten 91.467,00 Hof- und Wegebefestigungen 19.632,00 Maschinen 676.667,00 Andere Anlagen 28.253,00 PKW 14.714,00 LKW 78.739,00 Sonstige Transportmittel 42.708,00 Büroeinrichtung 41.904,00 Geringwertige Wirtschaftsgüter 450,00 Geringwertige WG Sammelposten 4.150,52 Sonstige Betriebs- u. Geschäftsausstattung 25.786,00 Beteiligungen 60.000,00 Festverzinsliche Wertpapiere 351.000,00 II Umlaufvermögen Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 165.000,00 Unfertige Erzeugnisse 100.000,00 Unfertige Leistungen 143.460,00 Fertige Erzeugnisse und Waren 86.300,00 Forderungen aus Lieferungen u.Leistung 179.500,00 Forderungen gegen Personal (> 1 Jahr) 52.000,00 Abziehbare Vorsteuer 7% 143,88 Abziehbare Vorsteuer 19% 678.764,64 Kasse 462,39 Postbank 669.088,63 Raiffeisenbank Würzburg 323.131,79 Summe des Vermögens B SCHULDEN I Langfristige Verbindlichkeiten Hypothekendarlehen HypoVereinsbank 238.965,35 Verbindlichk. Kreditinstitut (> 5 J) 566.630,00 Verbindlichk. Kreditinstitut (1-5 J) 912.500,00 II kurzfristige Verbindlichkeiten Verbindlichk. aus Lieferungen u. Leistungen 22.517,00 Sonstige Verbindlichkeiten 5.400,00 Verbindlichk. Lohn- und Kirchensteuer 42.850,00 Umsatzsteuer 19% 1.344.902,34 Summe der Schulden



1.997.985,00 704.920,00

136.161,00

72.290,52 411.000,00 165.000,00

329.760,00

910.408,52 462,39 992.220,42 5.720.207,85

1.718.095,35

1.415.669,34 3.133.764,69

C EIGENKAPITAL Summe des Vermögens Summe der Schulden = Eigenkapital (Reinvermögen)

-

5.720.207,85 3.133.764,69 2.586.443,16

Abbildung 3: Inventar der Müller & Thurgau GmbH

38

2 INVENTUR – INVENTAR – BILANZ

2.2.4

Erfolgsermittlung durch Eigenkapitalvergleich

Basis für die Erfolgsermittlung eines Unternehmens bildet der Vergleich des Eigenkapitals zu Beginn und am Ende des Geschäftsjahres. Wurde im Unternehmen Gewinn erwirtschaftet, führt das zu einer Erhöhung des Eigenkapitals. Ein Verlust führt zu einer Minderung des Reinvermögens. Rechnerisch vergleicht man das Eigenkapital am Ende des Geschäftsjahres mit dem Wert am Ende des vorangegangenen Jahres. Eigenkapital laufendes Jahr ./. Eigenkapital Vorjahr _____________________________ = Jahresgewinn

Abbildung 4: Gewinnermittlung durch Eigenkapitalvergleich

Dieses Vorgehen entspricht der Gewinnermittlung lt. § 4 (1) EStG, dem sog. Betriebsvermögensvergleich. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH weist zum Ende des Geschäftsjahres 01 ein Eigenkapital von 2.586.443,16 Euro auf. Am Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres 00 betrug das Eigenkapital 2.357.345,25 Euro.

Eigenkapital am 31.12.01 ./. Eigenkapital am 31.12.00 = Erhöhung des Eigenkapitals = Gewinn

2.586.443,16 € ./. 2.357.345,25 € = 229.097,91 €

Besonderheit bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften: Charakteristisch für diese Unternehmensformen ist, dass die Inhaber/Gesellschafter das ihnen gehörende Reinvermögen durch Entnahmen mindern oder durch z. B. Geldzuführungen erhöhen. Diese Vorgänge werden als Privatentnahmen bzw. Privateinlagen bezeichnet. Sie dienen einerseits der privaten Lebenshaltung der Unternehmer (Entnahmen aus dem erwarteten Gewinn) oder werden zu Zwecken der Stärkung der Unternehmensbasis und häufig zur Verbesserung der Liquiditätslage (Einlagen) erbracht. Da sich diese Vorgänge unmittelbar auf das Eigenkapital auswirken, müssen sie bei der Gewinnermittlung mittels Eigenkapitalvergleich berücksichtigt werden.

2 INVENTUR – INVENTAR – BILANZ

39

Privatentnahmen sind hinzuzurechnen, da sie aus dem erwarteten erwirtschafteten Gewinn erfolgen. Privateinlagen wurden außerhalb des Unternehmens erwirtschaftet bzw. erspart und haben mit dem Unternehmensgewinn nichts zu tun. Sie werden daher abgezogen. Eigenkapital laufendes Jahr ./. Eigenkapital Vorjahr ./. Privateinlage + Privatentnahmen _____________________________ = Jahresgewinn Abbildung 5: Gewinnermittlung durch Eigenkapitalvergleich unter Berücksichtigung von Entnahmen und Einlagen

Beispiel: Der Einzelunternehmer Winzermeister Karl Riesling weist zum Ende des Geschäftsjahres 01 ein Eigenkapital von 130.775 Euro auf. Am Ende des vorherigen Geschäftsjahres 00 betrug das Eigenkapital 123.785 Euro. Im Laufe des Geschäftsjahres 01 hat Karl Riesling insgesamt 34.560 Euro entnommen und aus seinen privaten Ersparnissen 15.000 Euro wieder eingelegt. Eigenkapital am 31.12.01 ./. Eigenkapital am 31.12.00 + Privatentnahmen ./. Privateinlagen = Gewinn

130.775 € ./. 123.785 € + 34.560 € ./. 15.000 € = 26.550 €

AUFGABE 2.6: Ermitteln Sie den Jahresgewinn 02 des Getränkegroßhändlers Otto Paulus aus AUFGABE 2.5! AUFGABE 2.7: Die Getränkefabrik Peter Brause e. K. Leipzig hat am Anfang des Geschäftsjahres ein Eigenkapital von 575.000 Euro. Am Endes des Jahres betragen lt. Inventur die Vermögensteile 807.000 Euro, die Schulden 210.000 Euro. Während des Geschäftsjahres sind als Privatentnahmen 37.500 Euro und als Einlagen 15.000 Euro erfasst worden. Ermitteln Sie den Erfolg des Unternehmens durch Eigenkapitalvergleich!

40

2 INVENTUR – INVENTAR – BILANZ

2.3

Die Bilanz

2.3.1

Begriffe

Die tabellarisch im Inventar erlangte Übersicht über Vermögen und Schulden erweist sich in der Unternehmenspraxis wegen der Vielzahl an Einzelpositionen als unübersichtlich und schwer überschaubar. Damit erfüllt das Inventar nicht die Anforderungen des § 238 (1) HGB an eine für einen Dritten nachvollziehbare Übersicht und auch nicht die Anforderungen des § 242 (1) HGB an einen das Verhältnis

seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluss (Eröffnungsbilanz, Bilanz). Die kurze übersichtliche Darstellung von Vermögen und Schulden, die einen Überblick über die Unternehmenslage „auf einen Blick“ ermöglicht, erfolgt in Form der Bilanz. Diese stellt eine Kurzfassung des Inventars dar. Die Bilanz ist eine Gegenüberstellung von Vermögen und Kapital eines Unternehmens in T-Kontenform. Die Vermögenspositionen werden auf der linken Seite der Bilanz (AKTIVA) dargestellt. Auf der rechten Seite der Bilanz (PASSIVA) wird die Finanzierung des Vermögens als Summe aus den Verbindlichkeiten und Eigenkapital erfasst. Die Summe der Positionen auf der Aktivseite und der auf der Passivseite ist gleich und wird als Bilanzsumme bezeichnet. Der Begriff Bilanz leitet sich aus dem Italienischen bilancia = Waage ab. Das verdeutlicht, dass beide Seiten der Bilanz grundsätzlich ausgeglichen sein müssen, wie als symbolische Bilanzwaage in Abbildung 6 dargestellt ist.

AKTIVA

Bilanz zum 31. Dezember 01

A Anlagevermögen

1.500.000,00

A Eigenkapital

2.000.000,00

B Umlaufvermögen

2.500.000,00

B Verbindlichkeiten

2.000.000,00

4.000.000,00

Abbildung 6: Bilanzwaage

PASSIVA

4.000.000,00

41

2 INVENTUR – INVENTAR – BILANZ

In Abbildung 7 ist die aus dem Inventar (Abschnitt 2.2) hergeleitete Bilanz der Müller & Thurgau GmbH zum 31.12.01 dargestellt. AKTIVA

Müller & Thurgau GmbH Bilanz zum 31. Dezember 01

A Anlagevermögen 1. Grundstücke und Bauten 2. Maschinen und Anlagen 3. Fuhrpark 4. Betriebs- und Geschäftsausstattung 5. Wertpapiere

1.997.985,00 704.920,00 136.161,00 72.290,52 411.000,00

B Umlaufvermögen 1. Roh- Hilfs- und Betriebstoffe 2. Unf. Erzeugnisse u. Leistungen 3. Fertige Erzeugnisse und Waren 4. Forderungen 5. Kassenbestand 6. Bankguthaben

PASSIVA

A Eigenkapital

2.586.443,16

B Verbindlichkeiten 1. Hypothekendarlehen 2. Darlehen 3. Kurzfristige Verbindlichkeiten

238.965,35 1.479.130,00 1.415.669,34

165.000,00 243.460,00 86.300,00 910.408,52 462,39 992.220,42 5.720.207,85

5.720.207,85

Abbildung 7: Bilanz der Müller & Thurgau GmbH zum 31. Dezember 01

2.3.2

Aussagen der Bilanz

Das Ziel der Bilanzaufstellung besteht u. a. darin, einen Überblick über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu geben. Dem Bilanzleser wird so eine schnelle Einschätzung des Unternehmens ermöglicht. Welche grundsätzlichen Informationen können der Bilanz entnommen werden? Die Aktivseite wird als Vermögensseite bezeichnet. Sie umfasst die konkreten Vermögensformen des Unternehmens, in welchen das eingesetzte Kapital angelegt ist. Sie gibt Auskunft, wie die zur Verfügung stehenden Mittel verwendet wurden – Mittelverwendung = Investierung. Die Passivseite wird als Kapitalseite der Bilanz bezeichnet. Sie gibt Auskunft über die Finanzierungsquellen des Unternehmens. Wo kommt das im Vermögen investierte Kapital her? Handelt es sich um eigene Mittel (Eigenkapital) oder um Mittel Dritter (Fremdkapital). Sie gibt Auskunft über die Quellen der finanziellen Mittel – Mittelherkunft = Finanzierung. 2.3.3

Werteänderungen in der Bilanz

Mit jedem Geschäftsvorgang kommt es zu einer Änderung der Bilanzpositionen. Die Bilanzwaage muss jedoch erhalten bleiben. Jeder Vorgang wirkt sich daher auf mindestens zwei Bilanzpositionen aus. Das soll an einigen Beispielen erläutert werden. Dazu wird eine vereinfachte Bilanz verwendet.

42

2 INVENTUR – INVENTAR – BILANZ

Ausgangsbilanz AKTIVA BGA Waren Bank,Kasse nk

Bilanz 25.000,00 120.000,00 7.500,00

Eigenkapital Darlehen Verbindlichkeiten aLL

152.500,00

PASSIVA 87.500,00 20.000,00 45.000,00 152.500,00

1. Geschäftsfall Kauf eines Büroschreibtisches gegen sofortige Bezahlung im Lastschriftverfahren vom Bankkonto für 1.500 Euro. Von diesem Vorgang sind nur Positionen der Aktivseite betroffen. Der Bestand an Betriebs- und Geschäftsausstattung erhöht sich um den zugekauften Schreibtisch. Das Bankguthaben sinkt um den gezahlten Betrag. Da zwei Aktivposten gegeneinander verrechnet werden, wird dieser Vorgang als Aktivtausch bezeichnet. Bilanz nach dem 1. Geschäftsfall AKTIVA BGA (+ 1.500) Waren Bank (- 1.500)

Aktivtausch Bilanz

26.500,00 120.000,00 6.000,00 152.500,00

Eigenkapital Darlehen Verbindlichkeiten aLL

PASSIVA 87.500,00 20.000,00 45.000,00 152.500,00

2. Geschäftsfall Eine Lieferantenschuld i. v. H. 10.000 Euro wird nach Absprache mit dem Lieferanten in ein Darlehen umgewandelt, welches später getilgt wird. In diesem Fall werden nur Positionen auf der Passivseite berührt. Das Darlehen steigt um 10.000 Euro, die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen werden um den gleichen Betrag abgebaut. Dieser Vorgang wird als Passivtausch bezeichnet.

43

2 INVENTUR – INVENTAR – BILANZ

Bilanz nach dem 2. Geschäftsfall AKTIVA BGA Waren Bank

Passivtausch Bilanz

26.500,00 120.000,00 6.000,00

PASSIVA

Eigenkapital Darlehen (+ 10.000) Verbindlichkeiten aLL (- 10.000)

152.500,00

87.500,00 30.000,00 35.000,00 152.500,00

3. Geschäftsfall Einkauf von Waren auf Rechnung mit Zahlungsziel für 8.000 Euro. In diesem Fall werden sowohl eine Position auf der Aktivseite als auch eine auf der Passivseite angesprochen. Der Warenbestand erhöht sich um die zugekauften Waren, gleichzeitig steigen die Verbindlichkeiten beim Lieferanten. Die Bilanzsumme erhöht sich in der Folge. Man spricht von einer Aktiv-Passiv-Mehrung (Bilanzverlängerung). Bilanz nach dem 3. Geschäftsfall AKTIVA BGA Waren (+ 8.000) Bank

Aktiv-Passiv-Mehrung Bilanz

26.500,00 128.000,00 6.000,00 160.500,00

Eigenkapital Darlehen Verbindlichkeiten aLL (+ 8.000)

PASSIVA 87.500,00 30.000,00 43.000,00 160.500,00

4. Geschäftsfall Zahlung einer fälligen Darlehensrate in Höhe von 4.000 Euro vom Bankkonto. Auch hier werden sowohl eine Aktivposition als auch ein Passivposten verändert. Das Darlehen wird abgebaut. Im Gegenzug sinkt der Kontostand auf dem Geschäftskonto. Die Bilanzsumme vermindert sich demzufolge. Der Vorgang wird als Aktiv-Passiv-Minderung (Bilanzverkürzung) bezeichnet.

44

2 INVENTUR – INVENTAR – BILANZ

Bilanz nach dem 4. Geschäftsfall AKTIVA BGA Waren Bank (- 4.000)

Aktiv-Passiv-Minderung Bilanz

26.500,00 128.000,00 2.000,00 156.500,00

Eigenkapital Darlehen (- 4.000) Verbindlichkeiten aLL

PASSIVA 87.500,00 26.000,00 43.000,00 156.500,00

Die beschriebene doppelte Wirkung der Geschäftsvorgänge in der Buchhaltung wird als Doppik bezeichnet, in der Praxis auch doppelte Buchführung genannt. Sie bildet die Grundlage für die Verfahren der Buchführung. Ihr Verständnis ist Voraussetzung für das Verstehen und die Interpretation der Ergebnisse der Buchführung vom Buchungsvorgang einzelner Geschäftsfälle bis zur Bilanzanalyse.

AUFGABE 2.8: Bei jedem der Geschäftsfälle sind folgende Fragen zu beantworten: a) b) c) d)

Welche Posten der Bilanz werden berührt? Handelt es sich um Aktiv- oder/und Passivposten der Bilanz? Wie wirkt sich der Geschäftsfall auf die Bilanzposten aus? Um welche der vier Arten der Bilanzveränderung handelt es sich?

Beantworten Sie für die folgenden Geschäftsfälle die o. g. vier Fragen! 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Kauf einer EDV-Anlage gegen Banküberweisung 7.500,00 Ein Kunde begleicht eine offene Forderung bar 430,00 Ein Kunde begleicht unsere gebuchte Rechnung per Überweisung 2.120,00 Bareinzahlung auf unser Bankkonto (aus unserer Geschäftskasse) 1.200,00 Teilrückzahlung einer Darlehensschuld durch Banklastschrift 4.125,00 Wir kaufen Handelsware auf Ziel (= Kredit des Lieferanten) 3.750,00 Wir begleichen die gebuchte Lieferantenrechnung per Überweisung. 3.750,00 Kauf eines PKW auf Kredit 15.000,00

3 PRAXIS DER BUCHFÜHRUNG

45

3 Praxis der Buchführung 3.1

Auflösung der Bilanz und Buchung auf Bestandskonten

Die Auswirkung jedes Geschäftsfalls auf mindestens zwei Positionen der Bilanz führt dazu, dass sich die Bilanz mit jedem Geschäftsfall ändert. Die Bilanz befindet sich gewissermaßen ständig „im Fluss“. In der Praxis würde das bedeuten, dass mit jedem Geschäftsfall eine neue Bilanz zu erstellen wäre. Das ist aus nachvollziehbaren Gründen praktisch nicht umsetzbar und würde auch keinen erkennbaren Aussagewert für den Buchhalter und für das Unternehmen bringen. Eine genaue und übersichtliche Aufzeichnung der Bewegungen jedes einzelnen Bilanzpostens ist dagegen einerseits einfach zu erfassen und anderseits einfach zu verstehen. Die Bilanz wird daher in ihre einzelnen Positionen aufgelöst. Für die einzelnen Posten werden Konten eingerichtet, die eine Einzelabrechnung der Posten darstellen. Diese werden als zweiseitige Rechnung geführt. Auf der einen Seite werden die Zuführungen zu den Posten erfasst und addiert; auf der anderen Seite werden die Minderungen des Postens zusammengefasst. Die Differenz aus den Summen der beiden Seiten gibt den Saldo des Kontos an. Entsprechend dem Aufbau der Bilanz mit Aktiv- und Passivseite unterscheidet man Aktivkonten und Passivkonten, auf die die jeweiligen Bestände übertragen werden. Für die Darstellung der Konten eignen sich am besten sogenannte T-Konten. Die linke Seite dieser Konten wird mit SOLL (S) und die rechte Seite mit HABEN (H) bezeichnet. Dem Aufbau der Bilanz entsprechend werden die Bestandskonten der Aktivseite (linke Seite der Bilanz) links im Soll eröffnet. Die Bestände der Konten der Passivseite werden rechts im Haben eingetragen. Die schematische Darstellung in Abbildung 8 verdeutlicht den Weg von der Bilanz zu den einzelnen Konten.

46

3 PRAXIS DER BUCHFÜHRUNG

Aktiva

Eröffnungsbilanz

Passiva

Fuhrpark

Eigenkapital

Rohstoffe

Hypothekendarlehen

Bankguthaben

Verbindlichkeiten aLL

Aktivkonten S

Fuhrpark

Passivkonten H

S

Eigenkapital

AB (Anfangsbestand) S

Rohstoffe

H

S

Hypothekendarlehen

AB (Anfangsbestand)

H

AB (Anfangsbestand)

Bankguthaben

S

H

AB (Anfangsbestand)

H

S

Verbindlichkeiten aLL

AB (Anfangsbestand)

H

AB (Anfangsbestand)

Abbildung 8: Auflösung der Bilanz in Konten

3.1.1

Buchung und Abschluss der Bestandskonten

Dem Aufbau der Bilanz folgend werden Erhöhungen der Bestände auf den Aktivkonten auf der Soll-Seite erfasst – Minderungen dementsprechend auf der HabenSeite. Bei den Passivkonten wird umgekehrt vorgegangen: Bestandserhöhungen verbucht man im Haben und Verringerungen der Bestände im Soll (siehe Abbildung 9).

S

H

Aktivkonto

S

H

Passivkonto

AB Anfangsbestand

./. Abgänge

./. Abgänge

AB Anfangsbestand

+ Zugänge

SB Schlussbestand

SB Schlussbestand

+ Zugänge

Abbildung 9: Veränderungen der Bestandskonten

Der Schlussbestand auf dem Konto wird durch den Vergleich der Summen der Kontobewegungen auf beiden Seiten eines Kontos bestimmt. Im ersten Schritt addiert man in einer Nebenrechnung die Beträge. Von der Summe der wertmäßig höheren Seite wird der Betrag der niedrigeren Seite subtrahiert. Das Ergebnis ist der Saldo = Schlussbestand des Kontos. Dieser wird auf der wertmäßig niedrigeren

47

3 PRAXIS DER BUCHFÜHRUNG

Seite eingetragen. Die Summe beider Seiten wird damit ausgeglichen (siehe Abbildung 10). Dieser Betrag ist gleichzeitig der Anfangsbestand für die nächste Abrechnungsperiode. S Anfangsbestand (AB)

Aktivkonto 10.000,00 Abgang 1

H 1.480,00

Zugang 1

3.500,00 Abgang 2

3.700,00

Zugang 2

1.200,00 Abgang 3

650,00

Zugang 3

350,00 Abgang 4

1.250,00

Zugang 4

2.720,00 Schlussbestand (SB) Summe Summe der Sollseite

./. Summe der Habenseite = Differenz der Beträge

17.770,00

10.690,00 Summe

17.770,00

17.770,00 (höherer Wert) 7.080,00 (niedrigerer Wert) 10.690,00 = Schlussbestand (Saldo) Übertragung auf die Habenseite

Abbildung 10: Ermittlung des Schlussbestandes der Bestandskonten

AUFGABE 3.1 Führen Sie ein Kassenkonto der Müller & Thurgau GmbH vom 01. bis 31. August! 01. Aug. Anfangsbestand 03. Aug. Barzahlung an einen Lieferanten 08. Aug. Barzahlung von einem Kunden 08. Aug. Abschlagszahlung für Lohn an einen Mitarbeiter 17. Aug. Einkauf von Büromaterial 19. Aug. Barzahlung an den Paketdienst 22. Aug. Abhebung von der Bank 24. Aug. Zahlung für eine Nachnahmesendung 25. Aug. Zahlung für Postwertzeichen 29. Aug. Barzahlung für Geschäftsessen 30. Aug. Barzahlung beim Tanken 31. Aug. Bareinnahme für eine Untervermietung 31. Aug. Barauszahlung für verauslagte Parkgebühren

1.355,00 360,00 120,00 200,00 75,00 126,00 1.200,00 356,00 90,00 165,00 93,00 1.500,00 15,00

Das Kassenkonto ist zu führen und abzuschließen. Wie hoch ist der Schlussbestand (Saldo) am 31. August?

48

3.1.2

3 PRAXIS DER BUCHFÜHRUNG

Buchungssätze

Jeder Geschäftsfall betrifft mindestens zwei Positionen der Bilanz. Daraus abgeleitet werden beim Buchen immer mindestens zwei Konten angesprochen – ein Konto im Soll und ein Konto im Haben. Der Geschäftsfall wird für die Verbuchung in einem Buchungssatz formuliert. Die Konten, die den Geschäftsfall betreffen werden „angesprochen“. Dabei wird zuerst das Konto aufgerufen, das im Soll bebucht wird und dann das Konto, dessen Haben-Seite belastet wird. Die beiden Konten werden mit dem Wort „an“ verknüpft. In der Buchhaltungspraxis steht an dessen Stelle häufig ein Schrägstrich „ / “. Für die Formulierung der Buchungssätze gilt die Regel: Soll an Haben Die Buchungssätze werden in zeitlicher Reihenfolge im Grundbuch aufgezeichnet und auf die Konten im Hauptbuch übertragen (siehe Abschnitt 7). a) Einfacher Buchungssatz Im einfachen Buchungssatz wird jeweils nur ein Konto auf der Sollseite und ein Konto auf der Haben-Seite angesprochen. Das soll an folgendem Beispiel verdeutlicht werden (Abbildung 11). Geschäftsfall: Vom Bankkonto (BA 231) der Müller & Thurgau GmbH werden am 01.12. 10.000 Euro in bar abgehoben und in die Geschäftskasse (KB 10) eingezahlt.

Abbildung 11: Einnahmebeleg

49

3 PRAXIS DER BUCHFÜHRUNG

Kasse

10.000,00 an

Bank

10.000,00

Da es sich beim einfachen Buchungssatz lediglich um einen Betrag handelt, wird dieser üblicherweise nur hinter dem Haben-Konto aufgeführt. Auch auf die Währungsbezeichnung kann verzichtet werden. Kasse

an

Bank

10.000,00

Im Grundbuch ( = Journal) schlägt sich dieser Vorgang wie folgt nieder. Für jeden Vorgang sind das Datum, eine Belegnummer und ein Buchungstext aufzuzeichnen. Für das Grundbuch sind zwei Varianten in Verwendung, die sich in der Anordnung der Spalten und deren Beschriftung unterscheiden: Variante 1: Grundbuch Datum

Beleg

Buchungstext

Konto

01.12

KB 10

Barauszahlung Raiffeisenbank

Kasse Bank

Betrag Soll 10.000,00

Haben 10.000,00

Variante 2 Datum 01.12

Grundbuch Buchungstext Sollkonto Barauszahlung Raiffeisenbank Kasse

Beleg KB 10

Habenkonto Betrag Bank

10.000,00

Im Hauptbuch erfolgt das Eintragen der Bewegungen auf den einzelnen Konten: S

Kasse

01.12. Bank

H

S

Bank

10.000

.

01.12 Kasse

H 10.000

Zur Verdeutlichung der Verbindung zu den jeweils genutzten Konten wird im jeweils gebuchten Konto das Gegenkonto vermerkt. Dazu werden die Kontonummern der verwendeten Kontenrahmen genutzt (siehe Abschnitt 7). In den hier aufgeführten und folgenden Beispielen werden zur Illustration die Nummern der Geschäftsfälle angegeben und damit die Verknüpfung zum Gegenkonto ermöglicht.

AUFGABE 3.2: Bilden Sie die Buchungssätze für nachfolgende Geschäftsfälle und tragen Sie diese ins Grundbuch ein! 1. 2.

Barverkauf eines gebrauchten PCs (Kassenbeleg KB 12) Barabhebung vom Bankkonto (Kontoauszug BA 01)

450,00 800,00

50

3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.

3 PRAXIS DER BUCHFÜHRUNG

Zielkauf von Rohstoffen (Eingangsrechnung ER 15) 6.450,00 Umwandlung einer Lieferantenschuld in eine Darlehensschuld (Beleg 12) 13.500,00 Kundenüberweisung (AR 23) auf unser Bankkonto (BA 02) 1.240,00 Barkauf von Betriebsstoffen (Heizöl) (Kassenbeleg KB 12) 890,00 Eingangsrechnung (ER 16) für Handelsware (auf Ziel gekauft) 2.630,00 Kauf einer Produktionsmaschine auf Ziel (ER 17) 13.700,00 Überweisung vom Sparkassen- auf das Bankkonto (BA 03) 1.900,00 Wir bezahlen eine fällige Rechnung durch Überweisung (BA 04) 1.800,00 Barabhebung vom Sparkassenkonto (SPK 21) 1.750,00 Kunde begleicht eine fällige Rechnung (AR 24) Durch Überweisung (BA 05) 480,00 Verkauf eines Kopiergerätes; Bez. Banküberweisung (BA 06) 1.050,00 Überweisung an Lieferanten zum Ausgleich einer ER (BA 07) 600,00 Aufnahme eines Betriebsmittelkredits bei der Sparkasse (Sparkassenauszug SPK 22) 14.000,00 Erwerb einer Produktionslizenz; Bez. per Banküberweisung (BA 08) 6.000,00 Barverkauf eines gebrauchten Geschäfts-PKWs (KB 14) 2.100,00 Tilgung einer Darlehensschuld durch Banküberweisung (BA 09) 7.500,00

b) Zusammengesetzter Buchungssatz Neben den Geschäftsfällen, in denen jeweils nur ein Soll- und ein Haben-Konto angesprochen werden, gibt es eine Vielzahl von Vorgängen, bei denen mehr als zwei Konten betroffen sind. Das können ein Konto auf der Soll- bzw. auf der Haben-Seite sein und mehrere Gegenkonten, aber auch auf beiden Seiten mehrere Konten in einem Buchungssatz. Das soll an zwei Beispielen verdeutlicht werden: Geschäftsfall 1: Die Müller & Thurgau GmbH begleicht am 29.10. eine Lieferantenverbindlichkeit in Höhe von 5.000 Euro (Eingangsrechnung ER 345) bei der Terra GmbH durch Barzahlung von 1.200 Euro und den Rest von 3.800 Euro per Banküberweisung. Datum

Beleg

29.10

ER 345

Grundbuch Buchungstext Sollkonto Barzahlung und Überweisung für ER 345 Terra GmbH

Habenkonto

Betrag

Kasse Bank

5.000,00 1.200,00 3.800,00

Verb. aLL

51

3 PRAXIS DER BUCHFÜHRUNG

Hauptbuch: S

Kasse

H

GF 1

1.200

S

Verb. aLL

H

GF 1

5.000

S

Bank GF 1

H 3.800

Geschäftsfall 2: Die Müller & Thurgau GmbH kauft am 20.10. beim Großhandel „Metro“ Handelswaren für 6.400 Euro und einen Büro-PC für 1.000 Euro (Eingangsrechnung ER 179). Sie begleicht von der Gesamtrechnung einen Teilbetrag in Höhe von 1.650 Euro in bar, der Rest verbleibt als Lieferantenverbindlichkeit. Grundbuch Buchungstext Sollkonto

Datum

Beleg

20.10

ER 179

Metro, Handelswaren + PC, Teilzahlung in bar

Habenkonto

Betrag

Kasse Verb. aLL

6.400,00 1.000,00 1.650,00 5.750,00

Waren BGA

Hauptbuch: S GF 2

S

Waren

H

6.400

S GF 2

Verb. aLL

H

GF 2

5.750

S

BGA

H

1.000

Kasse GF 2

H 1.650

Eine Besonderheit der Nutzung von EDV-Software für die Buchhaltung liegt darin, dass bei zusammengesetzten Buchungsätzen jeweils entweder ein Konto im Soll oder ein Konto im Haben mit mehreren Konten auf der Gegenseite gebucht werden kann. Diese Buchungsvorgänge werden als Splittingbuchung bezeichnet. Es kann jeweils nur die Soll- oder die Habenseite „gesplittet“ werden. Ein Auszug aus dem Journal der Müller & Thurgau GmbH für den Januar des laufenden Geschäftsjahres ist in Abbildung 12 dargestellt.

52

3 PRAXIS DER BUCHFÜHRUNG

Abbildung 12: Auszug aus dem Journal der Müller & Thurgau GmbH

3 PRAXIS DER BUCHFÜHRUNG

53

AUFGABE 3.3: Wie lauten die Buchungssätze für folgende Geschäftsfälle? Tragen Sie die Buchungssätze in das Grundbuch ein! 1. Kauf von Büromöbeln

1.550,00

Barzahlung Banklastschrift

550,00 1.000,00

2. Kauf eines Baugrundstückes

75.000,00

Bankscheck Baranzahlung

73.000,00 2.000,00

3. Verkauf eines gebr. Staplers

8.250,00

Barzahlung Bankscheck

1.250,00 7.000,00

4. Tilgung einer Hypothek

7.000,00

Banküberweisung SPK-Lastschrift Bareinzahlung

5.000,00 1.500,00 500,00

5. Kauf einer EDV-Anlage

3.750,00

Banküberweisung per Kreditkarte Barzahlung

2.000,00 1.500,00 250,00

6. Tilgung einer Kreditschuld

6.000,00

Banküberweisung SPK-Lastschrift

3.000,00 3.000,00

7. Kauf von Handelsware

6.900,00

Barzahlung auf Ziel

750,00 6.150,00

8.Wir begleichen Rechnungen

2.800,00

Banküberweisung SPK-Überweisung in bar

800,00 1.800,00 200,00

9. Kunde begleicht Rechnung

2.500,00

Banküberweisung Barzahlung

2.000,00 500,00

3.1.3

Eröffnungsbilanz – Bestandskonten – Schlussbilanz

Die vorgestellten Buchungen bewirken stets, dass die Bilanzwaage erhalten bleibt. Nach der Verbuchung der laufenden Geschäftsfälle lässt sich so jederzeit eine Bilanz erstellen. Die Bilanz zu Beginn des Geschäftsjahres wird als Eröffnungsbilanz bezeichnet. Am Ende des Geschäftsjahres wird die Schlussbilanz erstellt. Sie ist gleichzeitig die Eröffnungsbilanz des Folgejahres. Der Weg von Bilanz zu Bilanz lässt sich wie folgt schematisch darstellen (siehe Abbildung 13).

54

3 PRAXIS DER BUCHFÜHRUNG

Aktiva

Eröffnungsbilanz

Passiva

Fuhrpark

Eigenkapital

Rohstoffe

Hypothekendarlehen

Bankguthaben

Verbindlichkeiten aLL

Aktivkonten S

Passivkonten H

Fuhrpark AB (Anfangsbestand) + Zugänge

S

./. Abgänge

SB (Schlussbestand)

SB (Schlussbestand) H

AB (Anfangsbestand)

S

./. Abgänge

SB (Schlussbestand)

SB (Schlussbestand) H

+ Zugänge

Aktiva Fuhrpark Rohstoffe Bankguthaben

S

+ Zugänge

./. Abgänge

SB (Schlussbestand)

SB (Schlussbestand)

H

AB (Anfangsbestand) + Zugänge

Verbindlichkeiten aLL

./. Abgänge

Schlussbilanz

AB (Anfangsbestand)

Hypothekendarlehen

./. Abgänge

Bankguthaben AB (Anfangsbestand)

S

H

Eigenkapital

./. Abgänge

Rohstoffe

+ Zugänge

S

H

AB (Anfangsbestand) + Zugänge

Passiva Eigenkapital Hypothekendarlehen Verbindlichkeiten aLL

Abbildung 13: Von der Eröffnungsbilanz zur Schlussbilanz

Anhand einiger typischer Geschäftsfälle soll das Vorgehen erläutert werden. 1. Kauf von Büromöbeln für 3.500,00 Euro; Bezahlung per EC-Karten-LS. 2. Einkauf von Handelsware auf Ziel; Warenwert 11.200,00 Euro. 3. Zahlungseingang vom Kunden auf dem Bankkonto für eine verbuchte Rechnung (unsere Forderung) in Höhe von 4.350,00 Euro. 4. Unser Lieferant bucht im Lastschriftverfahren 2.750,00 Euro für eine Rechnung (unsere Verbindlichkeit) von unserem Bankkonto ab. 5. Die fällige Darlehensrate in Höhe von 2.000,00 Euro wird per Banküberweisung beglichen.

3 PRAXIS DER BUCHFÜHRUNG

55

Zunächst sind folgende Überlegungen anzustellen: a) Welche Aktiv- und Passiv-Konten werden berührt? b) Liegen Zugänge oder Abgänge auf den Konten vor? c) Sind die Konten im Soll oder im Haben zu buchen? Daraus ergeben sich die Buchungssätze 1 bis 5: 1 BGA

an

Bank

3.500,00

2 Waren

an

Verbindlichkeiten aLL 11.200,00

3 Bank

an

Forderungen aLL

4.350,00

4 Verbindlichkeiten aLL

an

Bank

2.750,00

5 Darlehen

an

Bank

2.000,00

Die Geschäftsfälle werden danach auf die T-Konten übertragen. Nach dem Erfassen aller Geschäftsfälle erfolgt der Abschluss der Konten. Die Schlussbestände der Aktivkonten bilden die Aktivseite der Schlussbilanz. Die Schlussbestände der Passivkonten bilden die Passivseite der Schlussbilanz (siehe Abbildung 14). Die nach Verbuchung der Geschäftsfälle erstellte Schlussbilanz wird mit den Inventurbeständen zum Abschlussstichtag verglichen. Differenzen werden durch entsprechende Korrekturbuchungen eingearbeitet (siehe Abschnitt 8). Im obigen Beispiel entsprechen die Salden der Konten den Inventurwerten.

56

3 PRAXIS DER BUCHFÜHRUNG

AKTIVA

Eröffnungsbilanz

PASSIVA

BGA

25.000,00

Eigenkapital

87.900,00

Handelsware

65.000,00

Bankdarlehen

22.300,00

Forderungen aLL

15.600,00

Verbindlichkeiten aLL

Bankguthaben

13.200,00

8.600,00

118.800,00

118.800,00

Aktivkonten BGA

H

25.000,00 SB

28.500,00

S AB (1)

Handelsware 65.000,00 SB

(2)

11.200,00

H

87.900,00 AB

87.900,00

87.900,00

87.900,00

76.200,00

Forderungen aLL

H

Bankdarlehen

S (5)

76.200,00

2.000,00 AB

22.300,00

20.300,00 22.300,00

S

H

22.300,00

Verbindlichkeiten aLL

H

15.600,00 (3)

4.350,00

(4)

2.750,00 AB

8.600,00

SB

11.250,00

SB

17.050,00 (2)

11.200,00

19.800,00

19.800,00

15.600,00

S

H

SB

76.200,00

AB

SB

28.500,00

AB

S

Eigenkapital

S

3.500,00 28.500,00

S

Passivkonten

15.600,00

Bankguthaben

H

AB

13.200,00 (1)

3.500,00

(3)

4.350,00 (4)

2.750,00

(5)

2.000,00

SB 17.550,00

9.300,00 17.550,00

AKTIVA BGA

Schlussbilanz 28.500,00 Eigenkapital

PASSIVA 87.900,00

Handelsware

76.200,00

Bankdarlehen

20.300,00

Foderungen aLL

11.250,00

Verbindlichkeiten aLL

17.050,00

Bankguthaben

9.300,00 125.250,00

125.250,00

Abbildung 14: Beispiel Eröffnungsbilanz – Bestandskonten – Schlussbilanz

AUFGABEN 3.4 und 3.5: Beachten Sie bei der Lösung folgende Reihenfolge der Buchungsarbeiten: a) b)

Eröffnungsbilanz aufstellen – Anfangsbestände auf Aktiv- und Passivkonten vortragen. Buchungssätze für die Geschäftsfälle bilden und auf den entsprechenden Konten erfassen.

3 PRAXIS DER BUCHFÜHRUNG

c) d)

57

Schlussbestände (Salden) auf den Aktiv- und Passivkonten ermitteln und mit den Inventurwerten abstimmen - Konten abschließen. Schlussbilanz aufstellen.

AUFGABE 3.4 Anfangsbestände:

Grundstücke/Bauten 120.000,00 Sonstige BGA 120.000,00 Handelsware 25.000,00 Forderungen aLL 13.000,00 Kassenbestand 800,00 Bank 5.000,00 Darlehensschulden 28.500,00 Verbindlichkeiten aLL 6.300,00 Eigenkapital ???? Geschäftsfälle: 1. Wir begleichen die bereits gebuchte Eingangsrechnung (ER 1) durch Banküberweisung. 1.300,00 2. Wir kaufen Handelsware auf Ziel - lt. Eingangsrechnung (ER 2). 7.200,00 3. Wir tilgen Darlehensschulden per Überweisung (BA 1). 2.000,00 4. Ein Kunde überweist den bereits gebuchten Rechnungsbetrag auf unser Bankkonto (BA 2). 5.200,00 5. Unsere Bareinzahlung auf unser Bankkonto (BA 3). 200,00 Abschlussangaben: Die Schlussbestände auf den Konten entsprechen den Inventurwerten. AUFGABE 3.5 Anfangsbestände:

Geschäftsbauten 45.300,00 Maschinen 15.750,00 RHB 22.500,00 Forderungen aLL 7.800,00 Kasse 1.400,00 Bank 16.500,00 Kreditverbindlichkeit (>5a) 34.000,00 Verbindlichkeiten aLL 12.000,00 Eigenkapital ???? Geschäftsfälle: 1. ER 11 Eingangsrechnung für Rohstoffe. 2.700,00 2. BA 1 Kauf eines Regals Bezahlung per Banklastschrift. 1.500,00 3. BA 2 Abbuchung Darlehensrate vom Bankkonto. 2.500,00 4. BA 3 Überweisung vom Kunden zum Rechnungsausgleich. 1.400,00 5. ER 12 Kauf einer Fertigungsmaschine auf Ziel. 12.000,00 6. BA 4 Ausgleich einer Lieferantenrechnung von der Bank. 4.300,00 7. BA 5 Verkauf einer gebrauchten Maschine gegen Scheck. 2.400,00 Abschlussangaben: Die Schlussbestände auf den Konten entsprechen den Inventurwerten.

58

3.1.4

3 PRAXIS DER BUCHFÜHRUNG

Das Eröffnungsbilanzkonto (EBK) und das Schlussbilanzkonto (SBK)

Die Eröffnung der Konten aus der Eröffnungsbilanz ist ein rein formaler Vorgang, dem keine wirtschaftlichen Geschäftsfälle im eigentlichen Sinn entsprechen. Um die Konten gemäß der Grundregeln der Doppik mit einem Gegenkonto eröffnen zu können, wird ein Hilfskonto in Form des Eröffnungsbilanzkontos (EBK) genutzt. Dieses wird bei der Eröffnung der Aktivkonten auf der Habenseite bebucht und beim Eröffnen der Passivkonten im Soll. Die Buchungssätze für die Auflösung der Bilanz in Konten lauten daher: Aktivkonto Eröffnungsbilanzkonto (EBK)

an an

Eröffnungsbilanzkonto (EBK) Passivkonto

Das Eröffnungsbilanzkonto ist eine spiegelbildliche Darstellung der Eröffnungsbilanz. Das Eröffnungsbilanzkonto muss nach der Verbuchung aller Aktiv- und aller Passivkonten einen ausgeglichenen Saldo aufweisen – Summe der Aktivseite ist gleich der Summe der Passivseite. Es erfüllt damit gleichzeitig für den Buchhalter die Kontrollfunktion, ob alle Konten vollständig und korrekt erfasst wurden. Am Ende des Geschäftsjahres sind die Bestandskonten wieder zur Bilanz zusammenzuführen. Die Ermittlung der Konten-Salden ergibt ähnlich wie die Eröffnung der Konten keine wirtschaftlichen Geschäftsfälle. Auch hier wird ein formales Hilfskonto zur buchhalterischen Erfassung genutzt – das Schlussbilanzkonto (SBK). Da die Schlussbestände der Aktivkonten auf der Habenseite stehen, werden sie im SBK im Soll gebucht. Die Schlussbestände der Passivkonten stehen im Soll, daher werden sie im SBK im Haben gebucht. Die Buchungssätze für die Bildung des Schlussbilanzkontos lauten: Schlussbilanzkonto (SBK) Passivkonto

an an

Aktivkonto Schlussbilanzkonto (SBK)

Das Schlussbilanzkonto stellt im Gegensatz zum Eröffnungsbilanzkonto kein Spiegelbild der Bilanz dar, sondern kann direkt als Bilanz verwendet werden – die SollSeite des SBK ist die Aktivseite der Schlussbilanz und die Haben-Seite des SBK bildet die Passivseite der Schlussbilanz. Voraussetzung ist, dass alle erforderlichen Korrekturbuchungen (Inventurdifferenzen) ordnungsgemäß erfasst wurden.

4 DIE UMSATZSTEUER

59

4 Die Umsatzsteuer 4.1

Das Umsatzsteuergesetz (UStG)

4.1.1

Das Wesen der Umsatzsteuer

Die Umsatzsteuer ist aus rechtlicher Sicht eine Verkehrssteuer, die mit dem Erbringen und dem Umsatz wirtschaftlicher Leistungen verknüpft ist. Aus wirtschaftlicher Sicht ist sie eine Verbrauchssteuer. Sie wird in der Abfolge der Produktions- und Handelsstufen im Preis der umgesetzten Leistungen auf den Endverbraucher übergewälzt. 4.1.2

Steuerbare Umsätze

Das Umsatzsteuergesetz kennt keine konkrete Definition des Begriffes „Umsatz“ sondern definiert die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, dass „steuerbare Umsätze“ vorliegen: Nach § 1 (1) UStG sind folgende Umsätze steuerbar:

1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt; 2. die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer); 3. der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt. Alle nicht einzuordnenden Umsätze, d. h. alle Umsätze, die nicht die Tatbestandsmerkmale nach § 1 (1) UStG erfüllen, sind nicht steuerbar. Dazu gehören Innenumsätze, Innergemeinschaftliche Lieferungen und Lieferungen ins Drittland, Schenkungen und Erbauseinandersetzungen. Steuerbare Umsätze unterliegen grundsätzlich der Umsatzsteuer, es sei denn sie sind nach § 4 UStG von der Steuer befreit. Im § 3 (2) S.1 UStG wird der Begriff der Leistung definiert: Lieferungen eines Un-

ternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Einer Lieferung gegen Entgelt werden gleichgestellt: 1. die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen;

60

4 DIE UMSATZSTEUER

2. die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; 3. jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens. Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. 4.1.3

Umsatzsteuerbemessung

Die Steuerbemessungsgrundlage ist in der Regel das vereinbarte Entgelt für die Leistung. Sollte kein vereinbartes Entgelt vorliegen wie bspw. beim Eigenverbrauch, wird ein Ersatzwert, der dem tatsächlichen Wert entspricht, genutzt. Auf diesen Entgeltwert wird die Steuer mit dem jeweils geltenden Steuersatz berechnet. Neben dem Regelsteuersatz von derzeit 19 % regelt der Gesetzgeber Ausnahmefälle mit dem verminderten Steuersatz von derzeit 7 % (Nahrungsmittel, Bücher, Zeitschriften, künstlerische und journalistische Leistungen). Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erstellt eine Ausgangsrechnung über die Lieferung von Glasbehältern. Verkauf von 100 Stk. Glasbehälter mit Verschluss à 70,00 € Einzelpreis 7.000,00 (Nettobetrag) Umsatzsteuer (19%) 1.330,00 Rechnungsbetrag

8.330,00 (Bruttobetrag)

Der Rechnungsbetrag ohne Umsatzsteuer wird als Nettobetrag bezeichnet, der Betrag inklusive der Umsatzsteuer als Bruttobetrag. Die Umsatzsteuer hat das die Leistung erbringende Unternehmen grundsätzlich an das Finanzamt abzuführen. Im Beispiel sind das 1.330,00 Euro. Das leistungserbringende Unternehmen ist jedoch berechtigt, alle Umsatzsteuerbeträge aus den Eingangsrechnungen der Vorlieferanten und Dienstleister gegenzurechnen und von der berechneten Umsatzsteuer abzuziehen. Die in den Eingangsrechnungen enthaltene Umsatzsteuer wird als Vorsteuer bezeichnet. Unternehmen, die steuerpflichtige Leistungen erbringen gelten als vorsteuerabzugsberechtigt.

61

4 DIE UMSATZSTEUER

Das Unternehmen führt so immer für den im eigenen Betrieb erwirtschaften Mehrwert (Wertschöpfung) die entfallende Umsatzsteuer an das Finanzamt ab. Die Umsatzsteuer wird in der wirtschaftlichen Praxis daher häufig als Mehrwertsteuer bezeichnet. Die Funktionsweise der Umsatzsteuer soll folgendes Beispiel zusammenfassend erläutern (Tabelle 1). Von der Urproduktion (Gewinnung der Rohstoffe) durchläuft das Produkt zwei Veredlungsstufen bis zum Großhandel, um schließlich im Einzelhandel an den Endverbraucher zu gelangen. Der Endverbraucher zahlt den auf die gesamte Wertschöpfungskette entfallenden Umsatzsteuerbetrag. Jeder Unternehmer führt den seiner Wertschöpfung entsprechenden Betrag ab. Die Summe der abgeführten Beträge entspricht der gesamten Umsatzsteuer aus der Endverbraucherrechnung. Stufe der Wertschöpfung (1)

Nettopreis der Leistung

Bruttopreis inkl. Umsatzsteuer

(2)

(3)

Umsatzsteu- Vorsteuer Umsatzsteueranteil aus der Vor- erzahlbetrag stufe (4 – 5) (4)

(5)

(6)

Urproduktion

1.000,00

1.190,00

190,00

0,00

190,00

Veredlungsstufe 1

1.500,00

1.785,00

285,00

190,00

95,00

Veredlungsstufe 2

2.100,00

2.499,00

399,00

285,00

114,00

Großhandel

2.500,00

2.975,00

475,00

399,00

76,00

Einzelhandel Endverbraucher

3.000,00

3.570,00

570,00

475,00

95,00

Summe

570,00

Tabelle 1: Die Funktionsweise der Umsatzsteuer

Dieses Verfahren wird als Allphasen-Netto-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug bezeichnet.

AUFGABE 4.1: An welcher Stelle der Wertschöpfungskette könnte die Müller & Thurgau GmbH stehen? Konkretisieren Sie die anderen Stufen mittels selbstgewählter Beispiele!

62

4.2

4 DIE UMSATZSTEUER

Anforderungen an Rechnungen

Unternehmen sind verpflichtet, für ihre erbrachten Leistungen eine ordnungsgemäße Rechnung auszustellen. Nur diese berechtigt Unternehmen als Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug. Im § 14 (1) UStG wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Echtheit der Herkunft der Rechnungen, die Unversehrtheit ihres Inhaltes und ihre Lesbarkeit zu gewährleisten. Für die elektronischen Rechnungen ist des Weiteren der § 4 (3) UStG zu beachten. Nach § 14 (4) UStG muss eine Rechnung folgende Angaben enthalten:

1. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers, 2. die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, 3. das Ausstellungsdatum, 4. eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer), 5. die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung, 6. den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt, 7. das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist, 8. den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt, und 9. in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers. 10. In den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Abs. 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift“.

63

4 DIE UMSATZSTEUER

Bei Rechnungen deren Gesamtbetrag 250,00 Euro einschließlich USt nicht übersteigt, können Entgelt und Steuerbetrag in einer Summe ausgegeben werden. Bei diesen sog. Kleinbetragsrechnungen reicht nach § 33 UStDV die Angabe des Steuersatzes in Prozent aus.

4.3

Ermittlung der Umsatzsteuerzahllast

Die vom Unternehmen in Rechnung gestellte und einkassierte Umsatzsteuer stellt eine Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt dar, die zum nächsten Umsatzsteuerzahltag zu begleichen ist. In der Bilanz sind Schulden als Passiva auszuweisen. Für die Umsatzsteuerverbindlichkeit wird das Konto Umsatzsteuer als Passivkonto genutzt. Analog dazu ist die Vorsteuer aus den Eingangsrechnungen als Forderung gegenüber dem Finanzamt zu betrachten, die auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen wird. Dazu wird das Konto Vorsteuer genutzt. Das Unternehmen ist verpflichtet, die Umsatzsteuer nach § 22 a) UStG getrennt nach den verschiedenen Steuersätzen aufzuzeichnen. In der Finanzbuchhaltung wird daher für jeden Steuersatz ein separates Konto für die Vorsteuer und für die Umsatzsteuer eingerichtet. 4.3.1

Umsatzsteuer als Forderung – Vorsteuer

Der Einkauf von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, Fertigteilen, Halbfabriken und Handelswaren wird auf der Grundlage der ordnungsgemäß ausgestellten Eingangsrechnung des Lieferanten verbucht. Diese weist den Nettorechnungsbetrag und die darauf entfallende Umsatzsteuer getrennt nach Steuersätzen gesondert aus. Die Müller & Thurgau GmbH erhielt eine Eingangsrechnung für den Kauf von Glasbehältern. Lieferung von 100 Stk. Glasbehälter à 50,00 Euro Einzelpreis + Umsatzsteuer (19%)

5.000,00 950,00

= Rechnungsbetrag

5.950,00

64

4 DIE UMSATZSTEUER

Der Nettowarenwert erhöht das Warenbestandskonto (Aktivposten). Die ausgewiesene Umsatzsteuer begründet als Vorsteuer eine Forderung gegenüber dem Finanzamt – Aktivkonto Vorsteuer. Der Gesamtrechnungsbetrag wird als Verbindlichkeit aLL in den Passiva erfasst. Waren Vorsteuer 19 %

5.000,00 950,00 an

Verbindl. aLL

5.950,00

Im Laufe der Abrechnungsperiode werden auf diesem Weg alle Vorsteuerbeträge aus den Eingangsrechnungen auf dem Vorsteuerkonto gesammelt und bilden eine Gesamtforderung gegenüber dem Finanzamt. 4.3.2

Umsatzsteuer als Verbindlichkeit

Für die erbrachten Lieferungen und Leistungen werden vom Unternehmen Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis gestellt. Auf Grundlage dieser Ausgangsrechnungen erfolgt die buchhalterische Erfassung der Lieferungen und Leistungen als Erlös (siehe Abschnitt 5). Basierend auf obigem Beispiel erfolgt der Verkauf der Produkte zum kalkulierten Stückpreis von 70,00 Euro an den Käufer. Die Ausgangsrechnung lautet dann wie folgt: Lieferung von 100 Stk. Glasbehältern mit Verschluss à 70,00 Euro Einzelpreis 7.000,00 + Umsatzsteuer (19%) 1.330,00 = Rechnungsbetrag

8.330,00

Die Ausgangrechnung in Höhe von 8.330,00 Euro erhöht die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (Aktivkonto). Die Umsatzsteuer erhöht die Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt (Passivkonto Umsatzsteuer). Die Lieferung wird als Umsatzerlös im Haben erfasst. Forderungen aLL

8.330,00 an an

Umsatzerlöse Umsatzsteuer 19 %

7.000,00 1.330,00

Im Verlaufe einer Abrechnungsperiode werden alle Umsatzsteuerbeträge getrennt nach Steuersätzen auf dem Umsatzsteuerkonto gesammelt und bilden eine Gesamtverbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt.

65

4 DIE UMSATZSTEUER

4.3.3

Umsatzsteuerzahllast – Umsatzsteuervoranmeldung

Die Differenz aus den Umsatzsteuerverbindlichkeiten und den Vorsteuerforderungen wird als Umsatzsteuerzahllast bezeichnet, es entsteht eine zu entrichtende Umsatzsteuerverbindlichkeit. Ist der Vorsteuerbetrag höher, erfolgt eine Erstattung der Forderung durch das Finanzamt, bezeichnet als Vorsteuerüberhang. Zur Ermittlung der Zahllast geht man wie folgt vor. In einer Nebenrechnung werden zunächst die Salden der Konten Vorsteuer und Umsatzsteuer ermittelt. Durch Korrekturbuchungen wie z. B. bei Rücksendungen und Skontoabzug (siehe Abschnitt 6.2) kann es dazu kommen, dass die Konten auch auf der jeweiligen Gegenseite bebucht werden. Dies ist bei der Saldenermittlung zu beachten. Im nachfolgenden Schritt werden die Salden verglichen, das Konto mit dem niedrigeren Saldo wird auf das jeweils andere Konto mittels einfachem Buchungssatz abgeschlossen. Im Beispiel sehen die Konten Vorsteuer und Umsatzsteuer nach der Erfassung der Eingangs- und der Ausgangsrechnung wie folgt aus. S

Vorsteuer

ER

H

S

Umsatzsteuer

950,00

AR

H 1.330,00

Rechnerisch beträgt der Saldo des Vorsteuerkontos 950,00 Euro und ist damit niedriger als der Saldo des Umsatzsteuerkontos mit 1.330,00 Euro. Der Saldo des Vorsteuerkontos wird auf das Umsatzsteuerkonto wie folgt umgebucht: Umsatzsteuer

an

Vorsteuer

950,00

Das Vorsteuerkonto weist danach den Saldo „0“ aus. Die Soll- und Habenseite sind ausgeglichen. S ER

Vorsteuer 950,00 USt

H 950,00

S

Umsatzsteuer

VSt

950,00 AR

H 1.330,00

Das verbleibende Umsatzsteuerkonto wird abgeschlossen und der Schlussbestand ermittelt. Der Schlussbestand des Umsatzsteuerkontos geht als Verbindlichkeit in die Bilanz ein. S

Umsatzsteuer

VSt

950,00 AR

SB

380,00 1.330,00

H 1.330,00

1.330,00

66

4 DIE UMSATZSTEUER

Unternehmen sind lt. Umsatzsteuergesetz in Verbindung mit der Abgabenordnung verpflichtet, die Umsatzsteuerzahllast jeweils bis zum 10. des Folgemonats dem Finanzamt in Form einer Umsatzsteuervoranmeldung (USt-VA) auf elektronischem Weg zu übermitteln und die Verbindlichkeit zu begleichen. Die Meldung umfasst die Messbeträge für die einzelnen Steuersätze und die darauf entfallende Umsatzsteuer sowie die Summe der Vorsteuerbeträge. Diese Zahlungen werden auf dem Konto „Umsatzsteuervorauszahlung“ gebucht und beim Erstellen des Jahresabschlusses mit den Konten Umsatzsteuer und Vorsteuer saldiert. Der Unternehmer hat die Möglichkeit, einen Antrag auf Dauerfristverlängerung zu stellen (§ 44 UStDV i. V. m. Richtlinie Abschnitt 18.4 UStAE), so dass die USt-VA jeweils einen Monat später abgegeben werden kann. Bei monatlicher Abgabe ist diese Fristverlängerung mit der Leistung einer Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung (USt-SV) verbunden. Diese beträgt 1/11 des Vorjahreszahlbetrages und wird mit der Voranmeldung für Dezember verrechnet. Im § 18 (2) UStG sind die Fristen für die Abgabe der Voranmeldungen geregelt.

Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7.500 Euro, ist der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1.000 Euro, kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen befreien. Soll- und Ist-Besteuerung Die Umsatzsteuer wird vom Unternehmer selbst berechnet und dem Finanzamt mittels USt-VA elektronisch angezeigt. Die Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten ist der Regelfall und wird als Soll-Versteuerung bezeichnet. Die Umsatzsteuer entsteht unabhängig davon, ob der Leistungsempfänger bezahlt hat oder nicht. Von diesem Regelfall kann nach § 20 UStG auf Antrag abgewichen werden. Die Ist-Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten kann vom Finanzamt für ein Unternehmen gestattet werden,

1. dessen Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3) im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 500 000 Euro betragen hat, oder 2. der von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 der Abgabenordnung befreit ist, oder 3. soweit er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ausführt.

67

4 DIE UMSATZSTEUER

AUFGABE 4.2: Bilden Sie zu folgenden Geschäftsfällen die Buchungssätze und buchen Sie auf den Konten: Rohstoffe, Vorsteuer, Verbindlichkeiten aLL, Forderungen aLL, Umsatzerlöse für eigene Erzeugnisse, Umsatzsteuer, Bankguthaben (AB 13.000,00 Euro). a) ER 7:

b) AR 4:

Rohmaterial + Umsatzsteuer (19 %)

2.500,00 475,00

Rechnungsbetrag

2.975,00

Eigene Erzeugnisse + Umsatzsteuer (19 %)

5.600,00 1.064,00

Rechnungsbetrag

6.664,00

1. Ermitteln Sie buchhalterisch die Zahllast und nennen Sie den Buchungssatz zum Abschluss der Steuerkonten. 2. Nennen Sie den Buchungssatz für die Überweisung der Zahllast zum 10. des Folgemonats. 3. Buchen Sie auf den entsprechenden Konten. AUFGABE 4.3: Füllen Sie folgende Tabelle aus! Was wird besteuert? Wer wird besteuert? Wo wird besteuert? In welchem Rahmen? Regelsteuersatz? Ermäßigter Steuersatz? Wer trägt die Umsatzsteuer? AUFGABE 4.4: Informieren Sie sich in EDV-Programmen zur Buchhaltung über die Schnittstellen zur elektronischen Übermittlung der USt-VA und über die Möglichkeiten des ELSTER-Programms der Finanzverwaltung. AUFGABE 4.5: Bilden Sie zu folgenden Geschäftsfällen die Buchungssätze und buchen Sie auf den Konten: Rohstoffe, Vorsteuer, Verbindlichkeiten aLL, Forderungen aLL, Umsatzerlöse für eigene Erzeugnisse, Umsatzsteuer. Ermitteln Sie buchhalterisch die Zahllast und nennen Sie den Buchungssatz für den Abschluss des Umsatz- und Vorsteuerkontos.

68

4 DIE UMSATZSTEUER

Steigerwaldquelle Randsackerer Straße 564 97072 Würzburg

Rechnung

Datum: 10.12.01 Rechnungsnummer: 127470

Die Lieferung am 05.12.01 von Weinflaschen und Korkverschlüssen stellen wir wie folgt in Rechnung: Artikelnr. 25 28 33

Artikelbezeichnung Weinflaschen weiß Weinflaschen braun Korkverschluss

Stückzahl Stückpreis 80.000 0,15 112.000 0,25 1 PE Summe Mehrwertsteuer 19 % Rechnungsbetrag

Gesamtpreis, Euro 12.000,00 28.000,00 2.016,81 42.016,81 7.983,19 50.000,00

Wie vereinbart überweisen Sie bitte den zu zahlenden Betrag auf das unten genannte Konto. HypoVereinsbank Würzburg; IBAN DE67 7902 0076 8006 0020 00 St-Nr. 987/120/45632

Unterfränkische Bergbau AG Siebold 3 97072 Würzburg Tel. 0049 (0)931 94558 Fax. 0049 (0)931 94559 St.Nr. 562/123/98564

Müller & Thurgau GmbH

– Glasfertigung – Bocksbeutelstraße 1 97070 Würzburg

Datum: 16.12.01 AUFTRAG: 53764 Rechn.-Nr.: 12/01/764

Rechnung

Für die Lieferung von Rohstoffen am 11.12.01 stellen wir folgende Leistung in Rechnung Quarzsand 20 t Spezialsand 10 t Nettobetrag Mehrwertsteuer 19 % Zu zahlender Betrag

198.750,20 € 63.350,64 € 252.100,84 € 47.899,16 € 300.000,00 €

Wir bitten Sie, diesen Betrag bis zum 07.01.02 auf unser Konto zu überweisen. Mit freundlichen Grüßen

5 GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG

69

5 Gewinn- und Verlustrechnung 5.1 5.1.1

Das Eigenkapitalkonto Funktionen des Eigenkapitalkontos

In den bisherigen Betrachtungen wurden lediglich bestandsverändernde Geschäftsfälle betrachtet. Eines der grundlegenden Ziele unternehmerischer Tätigkeit besteht jedoch darin, Gewinn zu erwirtschaften. Dazu werden durch den Einsatz von Rohstoffen oder Handelswaren unter Nutzung von technischen Anlagen und Maschinen sowie der Betriebs- und Geschäftsausstattung eigene Erzeugnisse und Dienstleistungen hergestellt und verkauft. Im Abschnitt 2 wurde dargestellt, dass der Gewinn oder Verlust einer Abrechnungsperiode mittels Eigenkapitalvergleich festgestellt wird. Gewinn wirkt sich Eigenkapital erhöhend aus – Verlust Eigenkapital mindernd. Darüber hinaus führen Kapitaleinlagen und Kapitalentnahmen zu Änderungen des Eigenkapitals. Der überwiegende Teil der Geschäftsfälle einer Abrechnungsperiode hat Auswirkungen auf den Gewinn oder Verlust – also auf das Eigenkapital. Die Einnahmen aus den laufenden Geschäften (z. B. Umsatzerlöse, Zinserträge etc.) wirken gewinnerhöhend. Diese werden als Erträge bezeichnet. Der Verbrauch an Rohstoffen und Material und der eingesetzten Dienstleistungen (z. B. für Personal, Raumkosten, Verbrauch von Büromaterial etc.) wird als Aufwendungen bezeichnet. Aufwendungen wirken sich gewinnmindernd aus. Die Erfassung dieser Vorgänge direkt im Bilanzkonto Eigenkapital ist aus mehreren Gründen nicht umsetzbar. Zum einen würde das Konto mit einer Vielzahl von Bewegungen sehr unübersichtlich. Der Unternehmer benötigt genaue Informationen über die verschiedenen Aufwendungen und Erträge. Auch die korrekte Ermittlung der Umsatzsteuerzahllast getrennt nach Steuersätzen wäre nicht realisierbar. Dem Eigenkapitalkonto wird aus diesem Grund ein Unterkonto – das Gewinn- und Verlustkonto zugeordnet. Auf diesem werden die Salden aller Aufwendungen und Erträge erfasst. Am Ende der Abrechnungsperiode wird das GuV-Konto auf das Eigenkapitalkonto abgeschlossen. Darüber hinaus führen, wie in Abschnitt 2.2.3 dargestellt, Kapitaleinlagen und Kapitalentnahmen zu Änderungen des Eigenkapitals. Auch diese werden nicht direkt auf dem Eigenkapitalkonto erfasst, sondern auf einem weiteren Unterkonto – dem Privatkonto.

70

5 GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG

Nur durch eine getrennte Erfassung von Einlagen und Entnahmen auf Privatkonten und von Aufwendungen und Erträgen über das GuV-Konto ist eine korrekte Ermittlung der Veränderungen des Eigenkapitals zur Feststellung des zu versteuernden Gewinns möglich. 5.1.2

Das Gewinn- und Verlustkonto

Die Aufwendungen und Erträge werden wie oben dargestellt im Gewinn- und Verlustkonto zusammengefasst. Für jede Aufwands- und Ertragsart wird ein gesondertes Konto eingerichtet. Am Ende der Rechnungsperiode werden die Salden der einzelnen Konten auf das GuV-Konto abgeschlossen. Diese Konten fasst man unter dem Begriff Erfolgskonten zusammen. Die gewinnmindernden Aufwendungen werden in den Aufwandskonten im Soll erfasst. Gewinnerhöhende Erträge werden im Haben verbucht. Die Auflösung des Gewinn- und Verlustkontos in die Erfolgskonten wird schematisch in der Abbildung 15 dargestellt. Eigenkapital

S Minderungen

Mehrungen

Gewinn- und Verlustkonto

S Aufwand S

H AB Anfangsbestand

Aufwandskonten

H Ertrag

H

S

Aufwand

Ertragskonten

H Ertrag

Abbildung 15: GuV-Konto und Aufwands- und Ertragskonten

Im Folgenden soll die buchhalterische Erfassung von Aufwendungen und Erträgen an einer Reihe von Geschäftsfällen dargestellt werden4. Geschäftsfall 1: Die Müller & Thurgau GmbH verbraucht in der Fertigung Rohmaterial im Wert von 6.000 Euro. Dieser Verbrauch mindert den Bestand an Rohstoffen und wird als Aufwand erfasst. Aufwendungen für Rohstoffe 4

an

Bestandskonto Rohstoffe 6.000,00

Zur Verbesserung der Übersichtlichkeit wird an dieser Stelle zunächst auf die Einbeziehung der Umsatzsteuer verzichtet.

71

5 GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG

S

Rohstoffe

AB

48.000 Aufw. für

H

S

6.000

Aufw. f. Rohstoffe

Rohstoffe

H

6.000

Rohstoffe

Geschäftsfälle 2 Die Müller & Thurgau GmbH bezahlt Heizkosten in Höhe von 3.000,00 Euro per Banküberweisung. Die Miete in Höhe von 1.500,00 Euro wird per Lastschrift vom Bankkonto abgebucht. Beide Beträge sind als Aufwendungen im Soll zu erfassen und mindern den Bestand auf dem Bankkonto im Haben. Energie Mietaufwand S

an an

Heizung

Bank

H

Bank Bank S

3.000

3.000,00 1.500,00 Bank

AB

12.000 Energie Miete

S

Mietaufwand

Bank

1.500

H 3.000 1.500

H

Geschäftsfälle 3 Im Laufe der Abrechnungsperiode bezahlt die Müller & Thurgau GmbH aus der Geschäftskasse folgende Beträge: Postwertzeichen für 150,00 Euro; Büromaterial für 325,00 Euro; Instandhaltung der Heizung 275,00 Euro. Porto Bürobedarf Reparaturen u. Instandhaltung S Kasse

S Kasse

Porto

an an an H

150,00

Rep. u. Instandh. 275,00

Kasse Kasse Kasse S Kasse

H

S AB

150,00 325,00 275,00 Bürobedarf

H

325,00

Kasse 1.800,00 Porto

H 150,00

Bürobed.

325,00

Instandh.

275,00

Geschäftsfälle 4 Die von der Müller & Thurgau GmbH hergestellten Produkte werden verkauft, dafür wurden zwei Rechnungen erstellt. Die erste in Höhe von 4.500,00 Euro wird sofort vom Kunden per Banklastschrift beglichen. Die zweite Rechnung über 8.750,00 Euro wird als Verbindlichkeit erfasst, die später bezahlt wird.

72

5 GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG

Bank Forderungen aLL S

an an

Bank

UE

S

H

4.500,00

Umsatzerlöse

Umsatzerlöse Umsatzerlöse

4.500,00 8.750,00

S

Forderungen aLL

UE

8.750,00

H

H

Bank

4.500,00

Ford. aLL

8.750,00

Die Zusammenfassung der Aufwands- und Ertragskonten und die Verbuchung der Kontosalden auf dem GuV-Konto stellen sich wie folgt dar. S

Aufw. für Rohstoffe

Rohstoffe

S Bank

S

6.000,00 GuV

H

3.000,00 GuV

3.000,00

1.500,00 GuV

S

Porto

Kasse

S

150,00 GuV

Rep. u. Instandh.

Kasse

S Kasse

6.000,00

Heizung Mietaufwand

Bank

H

Umsatzerlöse

GuV

13.250 Bank Ford. aLL 13.250

H 4.500 8.750 13.250

H 1.500,00

H 150,00

H

275,00 GuV

275,00

Bürobedarf

H

325,00 GuV

325,00

GuV GuV GuV GuV GuV GuV Umsatzerlöse

S

an an an an an an an

Aufw. für Rohstoffe 6.000,00 Heizung 3.000,00 Mietaufwand 1.500,00 Porto 150,00 Rep. u. Instandhaltung 275,00 Bürobedarf 325,00 GuV 13.250,00

73

5 GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG

S Aufw. f. Rohst. Heizung Mietaufwand Porto Rep. u. Instandh. Bürobedarf Saldo ins EK

Gewinn- und Verlustkonto 6.000,00 Umsatzerlöse 3.000,00 1.500,00 150,00 275,00 325,00 2.000,00 13.250,00

H 13.250,00

13.250,00

Der Abschlusssaldo zeigt, dass die Müller & Thurgau GmbH in der Abrechnungsperiode einen Überschuss in Höhe von 2.000,00 Euro erzielt hat, der auf das Eigenkapitalkonto verbucht wird. GuV

an

Eigenkapital

2.000,00

AUFGABE 5.1: Erfassen Sie für die Softdrink OHG die nachfolgenden Geschäftsfälle und verbuchen Sie diese auf T-Konten! Anfangsbestände TA u. Maschinen 180.000,00 Sonstige BGA 120.000,00 Forderungen aLL 45.000,00 Rohstoffe 52.000,00 Kasse 6.500,00 Bankguthaben 54.000,00 Verbindlichkeiten aLL 63.000,00 Eigenkapital ????? Kontenplan Richten Sie neben den obigen Konten weitere Konten ein: Vorsteuer, Umsatzsteuer, Aufwendungen für Rohstoffe, Versicherungen, Porto, Büromaterial, Instandhaltung, Umsatzerlöse, Gewinn- und Verlustkonto. Geschäftsfälle: 1. Zieleinkauf von Rohstoffen lt. ER 22, Rechnungsbetrag inkl. USt 11.424,00 2. Verbrauch lt. Materialentnahmeschein 32.000,00 3. Barkauf von Büromaterial lt. KB 15 Nettopreis zzgl. USt. 280,00 4. BA 12: Überweisung der Gebäudeversicherung 8.500,00 5. Zielverkäufe von eigenen Erzeugnissen lt. AR 340, Rechnungsbetrag inkl. USt 2.875,00 6. Barzahlung für Heizungswartung lt. KB 16 Rechnung über brutto 475,00 7. BA 13: Überweisungen vom Kunden, Betrag 8.700,00 8. Verkauf von eigenen Erzeugnissen lt. AR 34, Rechnungsbetrag inkl. USt 18.300,00 9. KB 17: Kauf von Postwertzeichen, bar 50,00

Ermitteln und passivieren Sie die Umsatzsteuer-Zahllast!

74

5 GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG

5.1.3

Das Zweikreissystem der doppelten Buchführung

Die zunächst im Abschnitt 3.1 vorgestellten Buchhaltungsgrundsätze bezogen sich lediglich auf die Konten der Bilanz – die Bestandskonten. Im vorangegangenen Abschnitt wurden die Geschäftsfälle betrachtet, die sich gewinnerhöhend oder gewinnmindernd auswirken – die Erfolgskonten der Gewinn- und Verlustrechnung. Beide Bereiche sind unmittelbar miteinander verknüpft. Der durch den Eigenkapitalvergleich ermittelte Unternehmenserfolg stimmt in jedem Fall mit dem in der Gewinn- und Verlustrechnung ermittelten Erfolg überein. Die beiden Bereiche der Buchführung werden auch als Buchungskreise bezeichnet. Buchungskreis 1 umfasst die Bestandskonten und Buchungskreis 2 die Erfolgskonten der doppelten Buchführung. Die beiden Buchungskreise sind jedoch nicht nur über die Gewinnermittlung verknüpft. Wie in den obigen Beispielen ersichtlich, werden in vielen Geschäftsfällen sowohl Erfolgskonten als auch Bestandskonten gleichzeitig angesprochen.

BESTANDSKONTENKREIS

Aktivkonten

S

ERFOLGSKONTENKREIS

Passivkonten

Schlussbilanzkonto Eigenkapital

Aufwandskonten

H

S

Ertragskonten

GuV-Konto H Saldo im SOLL Saldo im HABEN = GEWINN = VERLUST

Abbildung 16: Die zwei Kreise der doppelten Buchführung

5.1.4

Das Privatkonto

Privatkonten sind Unterkonten des Eigenkapitalkontos. Hier werden alle privat veranlassten Geschäftsfälle erfasst. Jede Entnahme von Geldmitteln für die private Lebenshaltung des Unternehmers ist Eigenkapital mindernd auf der Soll-Seite des Kontos Privatentnahme zu erfassen. Jede Kapitaleinlage zur Erhöhung des Eigenkapitals ist auf der Haben-Seite des Kontos Privateinlage zu erfassen.

75

5 GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG

Vereinfachend wird in der Praxis häufig nur ein Privatkonto für die Privatentnahmen und Privateinlagen geführt. Bei Personengesellschaften wird für jeden Gesellschafter ein separates Privatkonto (Gesellschafterkonto) geführt. Somit ist es jederzeit möglich, die Entnahmen und Einlagen jedes Gesellschafters zu verfolgen und in der Gewinnverteilung am Geschäftsjahresende zu berücksichtigen. Beispiel: Für den Inhaber eines Unternehmens werden die privaten Krankenkassenbeiträge in Höhe von 375,00 Euro vom Geschäftskonto abgebucht. Privatkonto

an

Bank

375,00

Der Inhaber zahlt zur Absicherung der Liquidität seines Unternehmens 3.000 Euro aus privaten Ersparnissen auf das Geschäftskonto ein. Bank

an

Privatkonto

3.000,00

Im Hauptbuch schlägt sich dieser Vorgang wie folgt nieder: S

Bank

Privat

3.000,00 Privat

S

H 375,00

Privatkonto

Bank

H

375,00 Bank

3.000,00

Das Privatkonto wird am Ende des Geschäftsjahres auf das Eigenkapitalkonto abgeschlossen. Überwiegen die Entnahmen, wird das Eigenkapital gemindert; wenn die Einlagen überwiegen, wird das Eigenkapital erhöht. Im Beispiel überwiegen die Einlagen. Der Konten-Saldo des Privatkontos beträgt 2.625,00 Euro. Dieser wird auf das Eigenkapitalkonto umgebucht (der Anfangsbestand des Eigenkapitals betrug 10.000,00 Euro). Privatkonto

an

S

Privatkonto

H

Bank

375,00 Bank

3.000,00

EK

Eigenkapital S SBK

2.625,00 Eigenkapital

12.625,00 AB

2.625,00 3.000,00

Privat 3.000,00

12.265,00

H 10.000,00 2.625,00 12.625,00

Die unentgeltliche Entnahme von Gegenständen und Leistungen durch den Unternehmer wird buchhalterisch ebenso über das Privatkonto abgewickelt. Die Entnahmen werden auf separaten Konten erfasst. Dabei ist zu beachten, dass diese Leistungen i. d. R. der Umsatzsteuer unterliegen (siehe Kapitel 4). Statt der Einzelaufzeichnungen bestimmter Privatentnahmen ist der Ansatz von Pauschalbeträgen für unentgeltliche Wertabgaben möglich. Die vom Bundesministerium der Finanzen

76

5 GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG

für das jeweilige Kalenderjahr herausgegebenen Pauschbeträge sind Jahreswerte für eine Person, Kinder bis zum vollendeten 2. Lebensjahr werden nicht berücksichtigt, bis zum vollendeten 12. Lebensjahr ist die Hälfte des Wertes anzusetzen. Kontenrahmen

Kontengruppe

Bezeichnung

SKR 03

8910 ff

Entnahmen durch den Unternehmer für Zwecke außerhalb des Unternehmens

SKR 04

4605 ff

Entnahmen durch Unternehmer für Zwecke außerhalb des Unternehmens

Tabelle 2: Erlöskonten für Entnahmen von Gegenständen und Leistungen

Gebucht wird wie folgt: Privatentnahme

an an

Entnahme für Zwecke außerhalb des Unternehmens Umsatzsteuer

AUFGABE 5.2: Richten Sie für die Weinkellerei Josef Huber folgende Konten ein und bilden Sie die Buchungssätze und verbuchen Sie diese auf den Konten: Privat, Bank (AB 95.000,00 Euro), Vorsteuer, Umsatzsteuer, Raumkosten, Entnahmen für Zwecke außerhalb des Unternehmens, GuV-Konto; Eigenkapital. 1. Die Rechnung für einen Arztbesuch wird mit 785,00 Euro durch Bankabbuchung beglichen. Josef Huber entnimmt 12 Flaschen Wein zu Herstellungskosten von 120,00 Euro für Privatzwecke. 2. Das Geschäftsfahrzeug wird von Herrn Huber auch privat genutzt. Die Gesamtkosten betrugen im lfd. Geschäftsjahr 6.000,00 Euro, der private Nutzungsanteil lt. Fahrtenbuch lag bei 12,5 %). Buchen Sie die Nutzung. Der private Nutzungsanteil unterliegt zu 80 % der USt. 3. Josef Huber überweist die Rechnung für den Kauf eines Kleinwagens seiner Tochter in Höhe von 10.500,00 Euro über das Geschäftsbankkonto. 4. Das Geschäftsbankkonto weist für Herrn Josef Huber eine Gutschrift für erstattete Einkommen- und Kirchensteuer aus: 2.650,00 Euro. 5. Eine Heizölrechnung in Höhe von 1.428 Euro inkl. USt wird vom Geschäftskonto abgebucht. Der private Anteil am Wohn- und Geschäftshaus der Weinkellerei liegt bei 30 %. Schließen Sie die Konten „Entnahmen…“ und „Privat“ ab. AUFGABE 5.3: Recherchieren Sie die aktuellen Pauschbeträge für die einzelnen Gewerke!

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

77

6 Besondere Buchungsfälle 6.1

Einkauf von Waren und Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen

In der buchhalterischen Praxis sind zwei Methoden der Erfassung des Einkaufs von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie Handelswaren verbreitet: • die Verbuchung auf den Bestandskonten Vorräte (im SKR 04 in den Kontengruppen 10 und 11) oder • die direkte Erfassung auf Aufwandskonten Material und Stoffverbrauch (im SKR 04 in den Kontengruppen 50, 51 und 52). Die erste Methode geht von der Zwischenlagerung der Güter und deren sukzessivem Verbrauch in der Fertigung aus. Diese Vorgehensweise wird als bestandsorientiert bezeichnet. Die zweite Methode geht vom unmittelbaren Verbrauch der Stoffe und Güter aus – sie wird als aufwandsorientiert bezeichnet. Welche Methode angewandt wird, hängt von den betrieblichen Gegebenheiten ab. Die bestandsorientierte Erfassung setzt unmittelbar ein Lagerhaltungs- und Bewirtschaftungssystem voraus, da in der Folge die einzelnen Lagerentnahmen und Verbräuche erfasst werden müssen. Die aufwandsorientierte Methode ist in Unternehmen ohne Lagerhaltung und vor allem in kleinen und mittelgroßen Unternehmen weit verbreitet. 6.1.1

Bestandsorientierte Erfassung der Vorratseinkäufe

Der Einkauf wird als Bestandserhöhung (-mehrung) des Lagers auf der Sollseite im Konto Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen (RHB) erfasst. Als Gegenkonto dient im Allgemeinen das Konto „Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen“ (Verb. aLL), bei der Anwendung einer OPOS-Buchhaltung das Personenkonto des Lieferanten (Kreditor). Analog wird der Einkauf von unfertigen Erzeugnissen (UFE), fertigen Erzeugnissen (FE) und Handelswaren auf dem entsprechenden Bestandskonto gebucht. Beispiel: Die Naturstoffe Import GmbH beliefert die Müller & Thurgau GmbH mit Korken und Naturkautschuk. Die Eingangsrechnung wie abgebildet ist buchhalterisch zu erfassen.

78

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Müller & Thurgau GmbH – Glasfertigung – Bocksbeutelstraße 1 97070 Würzburg

Naturstoffe Import GmbH Korkstraße 3 04117 Leipzig Tel. 0049341 9123459 Fax. 0049341 9123458 St.-Nr. 567/123/99994 Datum: 16.12.01 AUFTRAG: 53789 Rechn.-Nr.: 12/01/764

RECHNUNG

für die Lieferung von Korken und Naturkautschuk am 11.12.01 stellen wir Folgendes in Rechnung: Korken (10 PE á 1.000 EUR) Naturkautschuk (100 kg á 50 EUR)

10.000 EUR 5.000 EUR Nettobetrag 15.000 EUR Mehrwertsteuer 19 % 2.850 EUR Zu zahlender Betrag 17.850 EUR

Wir bitten Sie, den Betrag bis zum 07.01.02 auf das untern genannte Konto zu überweisen Vielen Dank für Ihren Auftrag.

Buchungssatz Rohstoffe Vorsteuer 19 %

15.000,00 an 2.850,00 an

Verbindl. aLL Naturstoffe GmbH

17.850,00

Übertragen Sie die Buchungen in die Konten!

Die Buchung des Verbrauches der Vorräte erfolgt beim bestandsorientierten Verfahren als Aufwand. Die Konten „Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren“ (nach SKR 04 in der Kontengruppe 50) wird im Soll gebucht. Der Bestand wird gemindert: Buchung auf dem Bestandskonto im Haben. Allgemeiner Buchungssatz Aufwandskonto

an

Bestandskonto

79

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

In der Lagerbuchhaltung als Nebenbuchhaltung der Finanzbuchhaltung werden die Zu- und Abgänge der Vorräte erfasst. Die Zugänge werden anhand der Lieferscheine aufgenommen. Für die Abgänge werden Materialentnahmescheine als interne Belege erstellt, die die Buchungsgrundlage für die Finanzbuchhaltung bilden. Beispiel: Materialentnahmeschein der Müller & Thurgau GmbH:

Materialentnahmeschein

Datum Artikel Sand 12

15.12.01 Menge

Kostenstelle: 1004 Bezeichnung

10 t Quarzsand Körnung 01

Lagerverantwortlicher: gez. Meier

Auftrag: 125/2001 Preis pro Einheit Summe 120 Euro

1.200 Euro

Kostenstellenverantwortlicher: gez. Baumann

Abbildung 17: Beispiel für einen Materialentnahmeschein

Bilden Sie den Buchungssatz für den Materialentnahmebeleg! Führen Sie die T-Konten!

an

Die korrekte laufende Fortschreibung der Lagerzugänge und Lagerabgänge ergibt am Ende der Abrechnungsperiode einen theoretischen, buchmäßigen Lagerbestand als Basis für das Inventar. Dieser Soll-Bestand muss einmal im Jahr durch die körperliche Inventur überprüft werden (siehe auch Abschnitt 2). Die Differenz zwischen buchmäßigem Soll-Bestand und Inventurbestand wird über den Konten „Bestandveränderungen“ buchhalterisch erfasst. Lagerfehlbestände durch Schwund, Verderb, Verlust etc. werden als Erhöhung des Aufwandes gebucht. Mögliche höhere Lagerbestände, die z. B. durch unkorrekte Materialbuchführung entstehen können, mindern den Materialaufwand.

80

6.1.2

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Verbrauchsorientierte Erfassung der Vorratseinkäufe

Bei diesem Verfahren wird der Einkauf direkt als Aufwand verbucht, ohne die Bestandskonten anzusprechen. Dies ist in der Praxis häufig anzutreffen, da die Unternehmen die Lagerhaltungskosten so gering wie möglich halten und Rohstoffe, Vorprodukte sowie Handelswaren auftragsbezogen einkaufen und direkt weiterverarbeiten. Eine aufwendige Lagerbuchhaltung ist dafür nicht notwendig. Der Einkauf der Vorräte wird als Aufwand im Soll erfasst. In der Regel tragen die Aufwandkonten die Bezeichnung „Einkauf von…“ unterteilt nach der Gliederung der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und Waren (nach SKR 04 Kontengruppen 51, 52 bis 55). Als Gegenkonto dient auch hier im Allgemeinen das Konto „Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen“ (Verb. aLL) bzw. das entsprechende Kreditorenkonto. Der Buchungssatz zur Rechnung der Naturstoffe Import GmbH lautet: Einkauf Rohstoffe Vorsteuer 19 %

15.000,00 2.850,00 an

Verbindl. aLL Naturstoffe GmbH

17.850,00

Übertragen Sie die Buchungen in die Konten!

Auf den Bestandskonten wird nur noch der Anfangsbestand aus der Eröffnungsbilanz und nach einer erfolgten Inventur eine Bestandserhöhung oder Bestandsminderung gebucht. Daraus ergibt sich dann der Schlussbestand des Kontos. Eine Bestandserhöhung bedeutet, dass weniger Material verbraucht wurde, als im Laufe des Jahres eingekauft wurde – die Reste wurden dem Lager zugeführt. Die Erhöhung des Lagerbestandes wird im Soll erfasst. Bestandskonto Vorräte

an

Aufwandskonto Vorräte

Eine Minderung des Bestandes bedeutet, dass im Abrechnungsjahr mehr Material verbraucht wurde, als eingekauft wurde. Aufwandskonto Vorräte

an

Bestandskonto Vorräte

AUGFABE 6.1: Der Anfangsbestand an Rohstoffen der Müller & Thurgau GmbH beträgt 125.000 Euro. Folgende Materialeinkäufe wurden registriert: Eingangsrechnung 01 – 12.000 Euro (netto); Eingangsrechnung 02 – 6.000 Euro (netto); Eingangsrechnung 03 –

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

81

17.000 Euro (netto); Buchung gegen Verb. aLL. Der Inventurbestand am Ende der Abrechnungsperiode beträgt: 118.000 Euro.

a) Verbuchen Sie den Wareneinkauf bestandsorientiert und den Materialverbrauch anhand folgender Entnahmebelege: Materialentnahmeschein I: 8.500 Euro; Materialentnahmeschein II: 15.000 Euro; Materialentnahmeschein III: 13.000 Euro. Wie hoch ist der Materialaufwand? b) Verbuchen Sie den Wareneinkauf verbrauchsorientiert. Wie hoch ist der Materialaufwand? Bilden Sie die Buchungssätze zu a) und b). Richten Sie die T-Konten ein und schließen Sie diese ab. 6.1.3

Bezugskosten

Neben den eigentlichen Einkaufspreisen für die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe oder Handelswaren fallen beim Einkauf häufig weitere Kosten an, die vom Lieferanten auf der Rechnung extra ausgewiesen werden oder separat anfallen. Das sind bspw.: • Verpackungskosten, • Transportkosten, • Einfuhrzölle. Diese Kosten erhöhen die Anschaffungspreise der Güter. Nach § 255 (1) HGB gehören die Bezugskosten zu den Anschaffungsnebenkosten und unterliegen der Aktivierungspflicht. Die Bezugskosten können bei der Erfassung direkt auf die Bestands- oder Aufwandskonten verbucht werden. Alternativ können sie auf Unterkonten der Hauptkonten erfasst werden. Diese Variante ermöglicht eine Überwachung der Bezugskosten durch das Management und eine exaktere Kalkulation der Produkte und Dienstleistungen für den Absatz. Am Ende der Abrechnungsperiode werden die Unterkonten für die Bezugskosten auf die jeweiligen Hauptkonten abgeschlossen. Im SKR 04 ist das Konto 5800 „Bezugsnebenkosten“ angelegt, welches entsprechend der verschiedenen Vorratsposten unterteilt werden kann. Für Zölle und Einfuhrabgaben, die die Anschaffungsnebenkosten der Vorräte erhöhen, ist das Konto 5840 „Zölle und Einfuhrabgaben“ zu nutzen. Da für die Rückgabe von Leergut Gutschriften vom Lieferanten erstellt werden, werden die Kosten für Leergut beim Einkauf auf dem Konto 5820 „Leergut“ im Soll erfasst und bei Gutschrift im Haben.

82

6.1.4

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Rücksendungen und Gutschriften

Die komplette oder teilweise Rücksendung von angekauften Vorratsposten aufgrund von Mängelrügen mindert den Lagerbestand bzw. den entsprechenden Aufwand wieder. Die Güter sind körperlich nicht mehr vorhanden bzw. werden nicht verarbeitet und/oder weiterverkauft. Diese Vorgänge sind auf den entsprechenden Konten im Haben zu erfassen. Im Gegenzug mindert sich die Verbindlichkeit gegen den Lieferanten durch Erfassung im Soll. Bestandteil der Eingangsrechnung ist die ausgewiesene Umsatzsteuer, die als Vorsteuer verbucht wurde. Bemessungsgrundlage für die Vorsteuer ist der Nettowarenwert. Durch die Rücksendung ändert sich nachträglich die Bemessungsgrundlage. Dieser Vorgang erfordert also eine Korrektur der Vorsteuer. Für die Rücksendung wird eine Gutschriftanzeige über den Nettowarenwert der Rücksendung zzgl. der Umsatzsteuer erstellt. Buchungssatz bei bestandsorientierter Buchung: Verb. aLL

an an

Bestandskonto Vorräte Vorsteuer

an an

Aufwandskonto Vorräte Vorsteuer

oder bei aufwandsorientierter Buchung Verb. aLL

Beispiel: Die Eingangsrechnung der Naturstoffe Import GmbH aus Abschnitt 6.2.1 war wie folgt verbucht worden: Rohstoffe Vorsteuer

15.000,00 2.850,00 an

Verb. aLL

17.850,00

Aufgrund einer Mängelrüge und der Rücksendung fehlerhafter Korken im Warenwert 2.000 Euro netto erhielt die Müller & Thurgau GmbH folgende Gutschrift.

83

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Müller & Thurgau GmbH – Glasfertigung – Bocksbeutelstraße 1 97070 Würzburg

Naturstoffe Import GmbH Korkstraße 3 04117 Leipzig Tel. 0049341 9123459 Fax. 0049341 9123458 St.-Nr. 567/123/99994 Datum: 18.12.01 AUFTRAG: 53789 Rechn.-Nr. 12/01/765

GUTSCHIRFT

Für die Rücksendung von Korken am 15.12.01 schreiben wir Ihnen gut: Rücksendung Korken (2 PE á 1.000 EUR) 2.000 EUR Nettobetrag 2.000 EUR Mehrwertsteuer 19 % 380 EUR Zu zahlender Betrag 2.380 EUR Wir verrechnen den Betrag mit unseren Forderungen Vielen Dank für Ihren Auftrag.

Buchungssatz Verb. aLL

2.380

an an

Rohstoffe Vorsteuer

2.000 380

Erfassen Sie die Lieferung und Rücksendung auf T-Konten!

Erfassen Sie diese Lieferung und Rücksendung bei aufwandsorientierter Buchführung (Wie lauten die Buchungssätze? Führen Sie die T-Konten!)

AUFGABE 6.2: Für die Naturstoffe Import ode folgende Geschäftsfälle zu erfassen: Anfangsbestände TA u. Maschinen 275.000,00 Forderungen aLL 43.000,00 Kasse 6.500,00 Bankguthaben 34.000,00 Verbindlichkeiten aLL 63.000,00

GmbH sind in einer Abrechnungsperi-

Andere Anlagen/BGA Rohstoffe Hilfsstoffe Betriebsstoffe Eigenkapital

83.000,00 152.000,00 45.000,00 5.000,00 ???????

84

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Richten Sie die erforderlichen Konten ein und verbuchen Sie die Geschäftsfälle bestandsorientiert! Geschäftsfälle: 1. Zieleinkauf von Rohstoffen lt. ER 1245, Nettowarenwert 7.000,00 Transportkosten 600,00 + Umsatzsteuer 1.444,00 9.044,00 2. Verbrauch lt. Materialentnahmeschein:

ME 1: Rohstoffe ME 2: Betriebsstoffe

3. Barkauf von Büromaterial lt. KB 12, brutto inkl. USt. 4. Überweisung der Löhne (als Lohnaufwand erfassen!) (BA 13) 5. Überweisung für unsere Kfz-Versicherung (BA 14) 6. Zieleinkauf von Hilfsstoffen lt. ER 1246,

Nettowarenwert Verpackung + Umsatzsteuer

17.500,00 1.500,00 535,50 13.000,00 625,00 6.150,00 350,00 1.235,00 7.735,00

7. Barzahlung Heizöl (Betriebsstoff) (KB 13), Nettopreis Anlieferungsgebühr + Umsatzsteuer

1.250,00 50,00 247,00 1.547,00

8. Hilfsstoffverbrauch lt. Materialentnahmeschein ME 3

4.250,00

9. Zieleinkauf von Hilfsstoffen lt. ER 1247,

Nettowarenwert 2.825,00 Verpackung und Vers. 175,00 + Umsatzsteuer 570,00 3.570,00

10. Überweisungen von Kunden, Forderungsbetrag (BA 15)

4.450,00

Abschlussangaben Schlussbestände (lt. Inventur): Rohstoffe: 140.000; Hilfsstoffe: 43.000; Betriebsstoffe: 4.750, alle anderen Bestände entsprechen den buchhalterischen Beständen.

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

6.1.5

85

Rabatte und nachträgliche Preisnachlässe im Beschaffungsbereich

Preisnachlässe aufgrund von Sonderaktionen oder für Stammkunden, die direkt vom Nettobetrag der Rechnung abgezogen werden, bezeichnet man als Sofortrabatte. Diese mindern direkt die Anschaffungskosten und damit den Rechnungsbetrag und somit die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. In der Finanzbuchhaltung wird direkt der geminderte Rechnungsbetrag erfasst. Nachträgliche Anschaffungspreisminderungen kommen in der Praxis häufig in Form von Preisnachlässen wegen Mängelrügen und in Form von Boni und Skonti vor. Diese Boni und Preisnachlässe wegen Mängelrügen werden nach Rechnungslegung und -erfassung gewährt und mindern die Anschaffungskosten der Güter nachträglich. Die Gewährung von Skonto ist nach § 14 (4) UStG Bestandteil der Rechnung. Nachträgliche Preisnachlässe aufgrund von Mängelanzeigen Wird dem Lieferanten die unzureichende Qualität der gelieferten Vorratsposten angezeigt, ist nicht immer eine Rücksendung notwendig, sondern die Geschäftspartner einigen sich auf einen Preisnachlass für die Lieferung. Dafür erstellt der Lieferant eine entsprechende Gutschrift. Diese wird unter sofortiger Berichtigung der Vorsteuer erfasst. Bonus/Boni Lieferanten gewähren auf der Basis von erreichten Jahresumsatzzahlen, die in Rabatt- und Bonusstaffeln festgelegt sind, nachträglich im Allgemeinen am Jahresende Boni in Form von Gutschriften. Diese nachträglichen Nachlässe mindern die Anschaffungskosten der Vorratsposten und erfordern eine Berichtigung der Vorsteuer. Die Boni sind zum Zeitpunkt der Gutschriftanzeige durch den Lieferanten zu erfassen und im entsprechenden Voranmeldungszeitraum für die Umsatzsteuer zu berücksichtigen. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erhält vom Rohstofflieferanten Unterfränkische Bergbau AG einen Jahresbonus.

86

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Unterfränkische Bergbau AG Siebold 3 97072 Würzburg Tel. 0049 (0)931 94558 Fax. 0049 (0)931 94559 St.Nr. 562/123/98564

Müller & Thurgau GmbH

– Glasfertigung – Bocksbeutelstraße 1 97070 Würzburg

Datum: 36.12.01 AUFTRAG: ………… Rechn.-Nr. 12/01/999

Gutschrift Jahresbonus

Für die Abnahme von Rohstoffen im Geschäftsjahr 01 erhalten Sie entsprechend unseren AGB einen Jahresbonus. Jahresumsatz Bonus 3,5 %

1.200.000,00 € 42.000,00 € Nettobetrag 42.000,00 € Mehrwertsteuer 19 % 7.980,00 € Auszuzahlender Betrag 49.980,00 €

Anbei erhalten Sie einen Verrechnungsscheck über o.g. Betrag. Vielen Dank für die gute Zusammenarbeit.

Buchungssatz bei Gutschrift auf dem Bankkonto Bank

49.980

an an

erhaltene Boni Vorsteuer

42.000 7.980

Skonto/Skonti Für die Bezahlung von Rechnungen vor dem vertraglich vereinbarten Zahlungstermin gewähren Lieferanten den Rechnungsempfängern Skonto als Anreiz zum pünktlichen Zahlen. Dieser Preisnachlass liegt im Allgemeinen zwischen 2 % und 3 % des Rechnungsbetrages. Der Lieferant ist nach § 14 (4) UStG verpflichtet, die Skontogewährung auf der Rechnung auszuweisen. Dazu gehört der errechnete Preisnachlass als Eurobetrag bzw. der Zahlbetrag nach Abzug des ermittelten Skontobetrages (siehe Abschnitt 4.2). In der Praxis wird zunächst der Einkauf mit dem kompletten Rechnungsbetrag erfasst. Erst bei Bezahlung unter Inanspruchnahme von Skonto erfolgen die Erfassung des Nachlasses und die Vorsteuerkorrektur.

87

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Beispiel: Die Naturstoffe Import GmbH liefert Korken und gewährt einen Abzug von 2,5 % Skonto bei Zahlung bis zum 31.12.

Müller & Thurgau GmbH – Glasfertigung – Bocksbeutelstraße 1 97070 Würzburg

Naturstoffe Import GmbH Korkstraße 3 04117 Leipzig Tel. 0049341 9123459 Fax. 0049341 9123458 St.-Nr. 567/123/99994 Datum: 16.12.01 AUFTRAG: 53793 Rechn.-Nr.: 12/01/866

RECHNUNG

Für die Lieferung von Korken am 21.12.01 stellen wir Folgendes in Rechnung: Korken (5 PE á 1.000 EUR)

5.000 EUR Nettobetrag 5.000 EUR Mehrwertsteuer 19 % 950 EUR Zu zahlender Betrag 5.950 EUR

Wir bitten Sie, den Betrag bis zum 17.01.02 auf das untern genannte Konto zu überweisen. Bei Zahlung bis zum 31.12.01 gewähren wir 2,5 % Skontoabzug. Vielen Dank für den Auftrag.

Die Buchungssätze für die Eingangsrechnung und die Bezahlung lauten wie folgt: Einkauf RHB Vorsteuer 19 %

5.000 950

an an

Verbindl. aLL

5.950,00

Verbindl. aLL

5.950

an an an

Bank erhaltene Skonti Vorsteuer 19 %

5.801,25 125,00 23,75

AUFGABE 6.3: Kontieren Sie die Buchungssätze nach SKR 04!

Eine beispielhafte Übersicht zu den notwendigen Konten im SKR 04 findet sich in nachfolgender Tabelle 3.

88

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Kontenbezeichnung Nachlässe Nachlässe 7 % VSt Nachlässe 19 % VSt Erhaltene Skonti Erhaltene Skonti 7 % VSt Erhaltene Skonti 19 % VSt Erhaltene Boni Erhaltene Boni 7 % VSt Erhaltene Boni 19 % VSt Erhaltene Rabatte Erhaltene Rabatte 7 % VSt Erhaltene Rabatte 19 % VSt

Kontonummer 5700 5710 5720 5730 5731 5736 5769 5750 5760 5770 5780 5790

Tabelle 3: Übersicht der Konten für Nachlässe im SKR 04

AUFGABE 6.4: a) Nachlässe: Buchen Sie die folgenden Geschäftsfälle auf den Konten Aufwand Hilfsstoffe, Nachlässe für Hilfsstoffe, Vorsteuer und Verb. aLL:

1. Zieleinkauf von Hilfsstoffen lt. Eingangsrechnung. Der Listeneinkaufspreis beträgt 15.000,00 Euro. Der Lieferer gewährt einen Mengenrabatt von 6 %. (USt 19 %). Erstellen Sie die Rechnung und buchen Sie! 2. Beschädigte Hilfsstoffe (Fall 1) werden zurückgeschickt: Nettowert 1.250,00 Euro. Erstellen Sie die Gutschrift und buchen Sie! 3. Auf den Restbetrag gewährt der Lieferer aus Kulanz noch nachträglich einen Preisnachlass von 5 %. Erstellen Sie eine weitere Gutschriftanzeige und buchen Sie! Wie hoch ist der Überweisungsbetrag an den Lieferanten? b) Skonto: Die Eingangsrechnung über 3.570,00 Euro (Warenwert 3.000,00 Euro+ 570,00 Euro USt) wird unter Abzug von 2 % Skonto durch Banküberweisung an den Lieferanten beglichen (Konten: Aufwand Rohstoffe, erhaltene Skonti, Vorsteuer, Bank (AB 15.000,00 Euro), Verb. aLL. 1. Buchen Sie den Eingang der Rohstoffe aufgrund der ER! 2. Ermitteln Sie die Steuerberichtigung und buchen Sie beim Rechnungsausgleich den Skontoabzug!

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

6.2

89

Absatz von Produkten, Waren und Dienstleistungen

Die im Unternehmen erbrachten Leistungen und hergestellten Produkte werden an Kunden verkauft und bilden die Erlöse. Diese werden nach dem SKR 04 auf den Kontengruppen 40 bis 44 erfasst. Die Erfassung auf verschiedenen Konten, geordnet nach Erlösgruppen und Warengruppen, ermöglicht aussagefähige Auswertungen der Erlöse des Unternehmens. Insbesondere sollte darauf geachtet werden, dass die Erlöse für eigene Erzeugnisse und für Handelswaren getrennt aufgezeichnet werden. 6.2.1

Umsatzerlöse und Vertriebskosten

Für den Verkauf erstellt das Unternehmen Rechnungen, die als Grundlage für die Buchführung dienen. Zusätzlich zu den verkauften Leistungen werden häufig Transport- und Verpackungskosten berechnet. Diese werden buchhalterisch mit den Umsatzerlösen verbucht. Der getrennte Ausweis dieser Nebenleistungen unterstützt den Unternehmer bei der genauen Kalkulation der Leistung. Die Aufwendungen, die dem Unternehmen selbst z. B. für Transportleistungen, Porto und Verpackungsmaterial entstehen, werden auf gesonderten Aufwandskonten bspw. Konto Verpackungsmaterial, Konto Ausgangsfrachten etc. nach dem SKR 04 in der Kontengruppe 67 erfasst. Die Umsatzerlöse werden im Allgemeinen auf dem Konto Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (Forderungen aLL) erfasst (Buchung im Soll). Dieses Konto wird in Einzelkonten für die Kunden – Debitoren aufgelöst, auf denen die Forderungen für jeden einzelnen Kunden gebucht werden. Die Gegenbuchung erfolgt auf einem Erlöskonto im Haben (Nettobetrag), gleichzeitig entsteht eine Umsatzsteuerverbindlichkeit auf dem Konto Umsatzsteuer im Haben. Forderungen aLL

an an

Umsatzerlöse Umsatzsteuer

In Handelsgeschäften führen die Umsatzerlöse häufig zu direkten Bareinnahmen oder direkten Einzahlungen auf dem Geschäftskonto (Zahlung mit EC- oder Kreditkarten). Rechnungen werden nicht geschrieben. Diese Erlöse werden unmittelbar auf das Geldkonto gebucht. Bank oder Kasse

an an

Umsatzerlöse Umsatzsteuer

90

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Auf die besondere Bedeutung der Kassenbuchführung bei Bargeschäften sei an dieser Stelle nur verwiesen, da das Kassenbuch den wichtigsten Beleg zu den Umsatzerlösen darstellt. Alle Bareinnahmen und -ausgaben sind täglich genau zu erfassen und der Kassenbestand ist zu ermitteln. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH berechnet ihrem Geschäftspartner die Lieferung von Flaschen wie folgt:

Steigerwaldquelle Randsackerer Straße 564 97072 Würzburg

Rechnung

Datum: 17.12.01 Rechnungsnummer: 127478

Die Lieferung von Weinflaschen und Zubehör stellen wir wie folgt in Rechnung: Artikelnr. 25 33

Artikelbezeichnung Weinflaschen weiß Zubehör

Stückzahl Stückpreis 300.000 0,15 div. Summe Mehrwertsteuer 19 % Rechnungsbetrag

Gesamtpreis, Euro 45.000,00 3.319,33 48.319,33 9.180,67 57.500,00

Bei Überweisung des zu zahlenden Betrages innerhalb von 14 Tagen auf das unten genannte Konto werden 3 % Skonto gewährt. HypoVereinsbank Würzburg; IBAN DE67 7902 0076 8006 0020 00 St-Nr. 987/120/45632

Buchungssatz: Forderungen aLL

57.500,00 an an

Umsatzerlöse Umsatzsteuer 19 %

Übertragen Sie die Buchungen in die T-Konten!

48.319,33 9.180,67

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

6.2.2

91

Warenrücksendungen und Gutschriften

Die Rücksendung von verkauften Waren aufgrund von Mängelrügen o. ä. führt im Absatzbereich zu einer Minderung der Umsatzerlöse. Die Berichtigung erfolgt im Soll des Erlöskontos. Im Gegenzug mindert sich die Forderung gegen den Kunden (Erfassung im Haben). Bestandteil der Eingangsrechnung ist die ausgewiesene Umsatzsteuer, die als Verbindlichkeit aus Umsatzsteuer verbucht wurde. Bemessungsgrundlage für diese ist der Nettowarenwert. Durch die Rücksendung der Ware ändert sich nachträglich die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. Dieser Vorgang erfordert also eine Korrektur der Umsatzsteuer. Für die Rücksendung wird eine Gutschriftanzeige über den Nettowarenwert der Rücksendung zzgl. der Umsatzsteuer erstellt. Buchungssatz für die Rücksendung verkaufter Ware: Umsatzerlöse Umsatzsteuer 19 %

an

Forderungen aLL

Beispiel: Aufgrund einer Mängelrüge und der Rücksendung fehlerhafter Weinflaschen im Warenwert von 4.500 Euro erstellt die Müller & Thurgau GmbH folgende Gutschrift.

92

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Steigerwaldquelle Randsackerer Straße 564 97072 Würzburg

Gutschrift

Datum: 19.12.01 Rechnungsnummer: 127512

Die Rücksendung von bemängelten Weinflaschen am 18.12.01 schreiben wir wie folgt gut: Artikelnr.

Artikelbezeichnung

25

Weinflaschen weiß

Stückzahl Stückpreis

Gesamtpreis, Euro

30.000

0,15 Summe Mehrwertsteuer 19 % Rechnungsbetrag

4.500,00 4.500,00 855,00 5.355,00

Die Gutschrift wird mit unserer Forderung aus Rechnung 127468 verrechnet. HypoVereinsbank Würzburg; IBAN DE67 7902 0076 8006 0020 00 St-Nr. 987/120/45632

Buchungssatz: Umsatzerlöse Umsatzsteuer 19%

4.500 855

an an

Forderungen aLL

5.355,00

Übertragen Sie die Buchungen in die T-Konten!

6.2.3

Rabatte und nachträgliche Preisnachlässe im Absatzbereich

Auch im Absatzbereich werden den Kunden Preisnachlässe z. B. im Rahmen von Marketingaktivitäten für Stammkunden gewährt. Diese Sofortrabatte mindern direkt den Rechnungsbetrag und somit die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. In der Finanzbuchhaltung wird sofort der geminderte Rechnungsbetrag erfasst. Nur nachträgliche Rabatte werden auf den entsprechenden Konten für Rabatte gebucht.

93

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Auch nachträgliche Erlösminderungen in Form von Preisnachlässen wegen Mängelrügen und in Form von Boni und Skonti kommen regelmäßig vor. Preisnachlässe durch Boni, nachträgliche Rabatte und wegen Mängelrügen werden dem Kunden nach Rechnungslegung und -erfassung gewährt. Sie mindern die Erlöse für die Produkte und Leistungen nachträglich. Für nachträgliche Preisnachlässe aufgrund von Mängelanzeigen ist eine Gutschriftsanzeige zu erstellen, deren Nettobetrag im SKR 04 in der Kontengruppe 47 „Erlösschmälerungen“ verbucht wird (Tabelle 4). Auf die richtige Zuordnung zu den entsprechenden Steuersätzen bzw. steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung und steuerfreien Umsätzen ist zu achten. Gewährte Skonti mindern den Erlös aus dem Absatzgeschäft. Die Vorschriften zur Rechnungslegung sind dabei zu beachten, d. h., der Skontobetrag muss auf der Rechnung ausgewiesen werden. Die Verbuchung des Skontos erfolgt stets erst bei Bezahlung durch den Kunden, wenn der Skontobetrag tatsächlich abgezogen wurde. Ebenso erfolgt erst dann die Umsatzsteuerkorrektur. Kontenbezeichnung Erlösschmälerungen Erlösschmälerungen aus steuerfreien Umsätzen § 4 Nr. 1a UStG Erlösschmälerungen 7 % USt Erlösschmälerungen 19 % USt Erlösschmälerungen aus steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen Gewährte Skonti Gewährte Skonti 7 % USt Gewährte Skonti 19 % USt Gewährte Skonti aus steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen § 4 Nr. 1b UStG Gewährte Boni 7 % USt Gewährte Boni 19 % USt Gewährte Boni Gewährte Rabatte Gewährte Rabatte 7 % USt Gewährte Rabatte 19 % USt

Kontonummer 4700 4705 4710 4720 4724 4730 4731 4736 4743 4750 4760 4769 4770 4780 4790

Tabelle 4: Übersicht der Konten Bestandveränderungen RHB und bezogene Waren im SKR 04

94

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Gewährte Skonti mindern den Erlös aus dem Absatzgeschäft. Die Vorschriften zur Rechnungslegung sind dabei zu beachten, d. h., der Skontobetrag muss auf der Rechnung ausgewiesen werden. Die Verbuchung des Skontos erfolgt stets erst bei Bezahlung durch den Kunden, wenn der Skontobetrag tatsächlich abgezogen wurde. Ebenso erfolgt erst dann die Umsatzsteuerkorrektur. Beispiel: Die unter 6.2 aufgeführte Ausgangsrechnung der Müller & Thurgau GmbH wird am 18.12. mit Skontoabzug per Banküberweisung beglichen. Zu beachten ist die bereits gebuchte Gutschrift für die Rücksendung fehlerhafter Flaschen. Buchungssatz: Bank Gewährte Skonti Umsatzsteuer 19 %

50.580,65 1.314,58 249,77 an Forderungen aLL

52.145,00

Kontieren Sie die Gutschrift und die Bezahlung nach dem SKR 04 und erfassen Sie diese Vorgänge auf T-Konten!

AUFGABE 6.5: Die Gebietswinzergenossenschaft „Tauberfränkischer Bocksbeutel Wertheim“ verfügt über folgende Inventurbestände: TA u. Maschinen 342.000,00 Fuhrpark 65.000,00 Forderungen aLL 65.000,00 RHB-Stoffe 124.000,00 Kasse 16.300,00 Bankguthaben 43.000,00 Darlehensschulden 316.000,00 Verbindlichkeiten aLL 235.000,00 Eigenkapital ??????? Buchen Sie aufwandsorientiert! Geschäftsfälle 1. Einkauf von Rohstoffen Rechnungsbetrag brutto (ER 22) 11.900,00 9.520,00 2. Ausgangsrechnung AR 12/01 (Warenlieferung, brutto) 1.428,00 3. Barverkauf von Erzeugnissen KB 12/1 (brutto)

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

95

4. Begleichen der ER 22 per Überweisung unter Abzug von 3 % Skonto (BA 12/1) 119,00 5. KB 12/2 Einkauf von Büromaterial (inkl. 19% USt) 6. BA 12/2 Abbuchung der fälligen Darlehensrate vom Konto (Zinsanteil 250,00) 1.000,00 7. BA 12/3 Überweisung der Rechnung für die Heizungswartung (inkl. USt) 178,50 9.329,60 8. Zahlungseingang für AR 12/01 Kunde zieht 2 % Skonto 9. Gutschrift für eine Warenrücksendung 2.380,00 (brutto, Verrechnung mit Forderungen) 952,00 10. Überweisung der Geschäftsraummiete inkl. USt (BA 12/4) 14.875,00 11. AR 12/02 für Leistungen (brutto) 12. BA 12/5 Einzahlung der Miete vom gewerblichen Untermieter (inkl. USt) 2.380,00 13. Kunde erhält wegen einer Mängelanzeige eine Gutschrift zu AR 12/02 in Höhe von 595,00 (brutto) und überweist den Restbetrag unter Abzug von 2 % Skonto auf das Bankkonto (BA 12/6) Abschlussangaben a) Die Inventurbestände entsprechen den buchhalterischen Werten. b) Schließen Sie das USt-Konto und das VSt-Konto ab. c) Erstellen Sie die GuV und die Schlussbilanz.

6.3

Erfassung von Bestandsveränderungen

Die Verbuchung des Einkaufs von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen und Waren führt unabhängig von der verbrauchs- oder bestandsorientierten Erfassung unter Berücksichtigung der Inventurbestände immer zu den gleichen Endbeständen auf den Bestandskonten oder zum Aufwand für RHB oder bezogene Waren in gleicher Höhe. Bei aufwandsorientierter Erfassung der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und Waren werden die Differenzen zwischen Anfangs- und Endbestand auf den Bestandskonten der Vorräte als Bestandsveränderung (BV) gebucht. Im SKR 04 sind dazu bereits ein Sammelkonto für die Bestandsveränderung der RHB und Waren und jeweils getrennte Konten für die RHB-Stoffe bzw. für die Waren angelegt.

96

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Kontenbezeichnung Bestandsveränderung Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie bezogene Waren

Kontonummer 5880

Bestandsveränderung Waren

5881

Bestandsveränderung Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

5885

Tabelle 5: Übersicht der Konten Bestandveränderungen RHB und bezogene Waren im SKR 04

Bei bestandsorientierter Erfassung der Vorratseinkäufe erfolgt die Verbuchung des Saldos des Kontos Rohstoffe ebenfalls auf dem Konto Bestandveränderungen Rohstoffe. Beispiel: Der Anfangsbestand Rohstoffe beträgt 5.750 Euro, eingekauft wurden Rohstoffe für netto 27.800 Euro, der Verbrauch liegt lt. Materialentnahmescheinen bei 25.000 Euro. Der Schlussbestand beträgt a) 9.500 Euro und b) 3.000 Euro. Zunächst soll der Fall a) betrachtet werden: Bei einer bestandsorientierten Verbuchung ergibt sich folgendes Bild in den T-Konten. Die sich ergebende Bestandserhöhung (der Bestand nach der Inventur von 9.500 Euro ist höher als der Bestand, der sich buchhalterisch ergeben würde) von 950 Euro wird auf dem Bestandskonto Rohstoffe im Soll und im Konto Aufwendungen Rohstoffe im Haben gebucht. Der Rohstoffaufwand beträgt damit im Saldo 24.050 Euro. S

Rohstoffe

AB

5.750 Aufwand

Einkauf BV Rohst.

27.800 SBK

H 25.000

S Rohstoffe

Aufwand Rohstoffe

H

25.000 GuV

25.000

25.000

25.000

9.500

950 34.500

34.500

S GuV

BV Rohstoffe 950 Rohstoffe 3.750

H 950 950

Bei der aufwandsorientierten Erfassung zeigen die T-Konten nachfolgendes Bild. Der höhere Inventurbestand führt im Konto Rohstoffe zu einer Buchung im Soll und im Konto BV Rohstoffe im Haben. Die Konten Einkauf Rohstoffe und BV Rohstoffe werden gegen die GuV abgeschlossen. Damit ergibt sich im Saldo ebenfalls ein Aufwand von 24.050 Euro.

97

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

S

Rohstoffe

H

AB

5.750 SBK

9.500

BV

3.750 9.500

S

Einkauf Rohstoffe

Einkauf

27.800 GuV

27.800

27.800

27.800

9.500

H

S

BV Rohstoffe

H

GuV

3.750 Rohstoffe

3.750

3.750

3.750

In beiden Fällen ergibt sich ein Aufwand von insgesamt 24.050 Euro in der GuV. Der Fall b) wird im Folgenden betrachtet: Bei einer bestandsorientierten Verbuchung ergibt sich nun folgendes Bild in den T-Konten. Die sich ergebende Bestandsminderung (der Inventurbestand von 3.000 Euro ist niedriger als der buchhalterische Bestand nach Erfassung der Materialentnahmen) von 5.550 Euro wird auf dem Konto Bestandveränderung Rohstoffe im Soll und im Bestandskonto Rohstoffe im Haben gebucht. Der Rohstoffaufwand im Fall b) beträgt damit im Saldo 30.550 Euro. S AB Einkauf

Rohstoffe

H

5.750 Aufwand

25.000

27.800 BV Rohst.

5.550

SBK 33.550

S Rohstoffe

Aufwand Rohstoffe

H

25.000 GuV

30.550

25.000

25.000

3.000 33.550

S

BV Rohstoffe

H

Rohstoffe

5.550 GuV

5.550

5.550

5.550

In diesem Zusammenhang ist zu klären, warum der Schlussbestand lt. Inventur nicht mit dem gebuchten Bestand übereinstimmt (siehe auch Kapitel 8.1). Die aufwandsorientierte Erfassung ergibt nachfolgendes Bild in den T-Konten. Der niedrigere Inventurbestand führt im Konto Bestandveränderungen Rohstoffe zu einer Buchung im Soll und im Bestandskonto Rohstoffe im Haben. Damit wird die Differenz von 2.750 Euro erfasst. Die Konten Einkauf Rohstoffe und BV Rohstoffe werden gegen die GuV abgeschlossen. Auch hier ergibt sich wie bei der bestandorientierten Erfassung im Saldo der Konten Einkauf Rohstoffe und BV Rohstoffe der Aufwand von 30.550 Euro.

98

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

S

Rohstoffe

AB

5.750 BV SBK 5.750

H 2.750 3.000

S Einkauf

5.750

Einkauf Rohstoffe

H

27.800 GuV

27.800

27.800

27.800

S

BV Rohstoffe

H

Rohstoffe

2.750 GuV

2.750

2.750

2.750

AUFGABE 6.6: Bilden Sie die Buchungssätze zum Beispiel und kontieren Sie nach SKR 04 (alle Beträge ohne USt)! Das Buchen der Bestandveränderungen an unfertigen und fertigen Erzeugnissen und Leistungen erfolgt nach der Inventur und der Berechnung der Herstellungskosten ebenfalls über Bestandveränderungskonten. Im SKR 04 sind dafür die Konten „Erhöhung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen“ sowie „Verminderung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen" vorgesehen wie die Tabelle in einer Übersicht zeigt. Kontenbezeichnung

Kontonummer

Bestandsveränderung fertige Erzeugnisse

4800

Bestandsveränderung unfertige Erzeugnisse

4810

Bestandsveränderung unfertige Leistungen

4815

Tabelle 6: Übersicht der Konten Bestandveränderungen fertige und unfertige Erzeugnisse und Leistungen im SKR 04

6.4

Anlagenbuchhaltung

Das Anlagevermögen setzt sich aus allen Vermögensgegenständen zusammen, die dem Geschäftsbetrieb des Unternehmens dauerhaft dienen (§ 247 (2) HGB). Dazu gehören immaterielle Vermögensgegenstände, Sachanlagen und Finanzanlagen (Abbildung 18). In der Finanzbuchhaltung werden im Hauptbuch Sammelkonten für die einzelnen Anlagegüter geführt (z. B. Gebäude, PKW usw.). Jedes dieser Konten beinhaltet mehrere Vermögensgegenstände. Die Buchwerte der einzelnen Vermögensgegenstände werden im Rahmen einer Nebenbuchhaltung erfasst und dokumentiert – der Anlagenbuchhaltung. Für jedes Anlagegut wird eine Anlagekartei geführt, aus der die Daten ersichtlich sind. Erfasst werden die Anschaffungs- und Herstellungskosten, das Anschaffungsdatum, die

99

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Nutzungsdauer, die jährliche und die kumulative Abschreibung (Absetzung für Abnutzung), der Abschreibungssatz und der Restbuchwert bzw. der Anlagenabgang. Immaterielle Vermögensgegenstände

Sachanlagen

Finanzanlagen

Lizenzen Patente Geschäfts oder Firmenwert

Grundstücke Gebäude Maschinen u. Anlagen Fuhrpark

Beteiligungen langfristige Wertpapiere

Abbildung 18: Zusammensetzung des Anlagevermögens

6.4.1

Anschaffungskosten

Die Anlagegüter sind zum Anschaffungszeitpunkt zu ihren Anschaffungskosten zu aktivieren (§ 255 (1) HGB). Die Anschaffungskosten setzen sich wie folgt zusammen:

+ + ./.

Anschaffungspreis (Nettopreis des Anlagegutes) Anschaffungsnebenkosten nachträgliche Anschaffungskosten Anschaffungspreisminderungen

=

Anschaffungskosten

Anschaffungsnebenkosten sind alle Ausgaben und Aufwendungen, die neben dem Kaufpreis sofort oder nachträglich anfallen, um das Anlagegut zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Dazu zählen bspw.: • Überführungs-, Transport- und Zulassungskosten, • Fundamentierungs- und Montagekosten, • Vermittlungs- und Beurkundungskosten und die Grunderwerbssteuer bei Immobilien und Grundstücken. Anschaffungspreisminderungen umfassen alle sofortigen und nachträglichen Minderungen des Preises durch Boni, Skonti, Rabatte etc. Die Anschaffungskosten bilden die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung.

100

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwirbt eine neue Verpackungsmaschine im Wert von 90.000 Euro. Für den Transport und die Montage entstehen Kosten in Höhe von 7.500 Euro. Der Lieferant gewährt einen Skontoabzug von 3 %, der durch pünktliche Zahlung in Anspruch genommen wird (alles Nettowerte). Ermittlung der Anschaffungskosten:

+

90.000,00 (Anschaffungspreis) 7.500,00 (Montagekosten)

= ./.

97.500,00 2.925,00 (Minderung durch Skontoabzug)

=

94.575,00 (Anschaffungskosten)

Bilden Sie die Buchungssätze zum Kauf und zur Bezahlung der Rechnung (inkl. Umsatzsteuer)! Verbuchen Sie auf dem Anlage-T-Konto: Buchungssatz Einkauf an Buchungssatz Bezahlung (per Banküberweisung) an an an

6.4.2

Herstellungskosten

Im Unternehmen durch eigene Leistungen selbst erstellte Anlagegüter sind zu ihren Herstellungskosten zu aktivieren. Die Herstellungskosten umfassen nach § 255 (2 + 3) HGB folgende Positionen:

101

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

+

Fertigungsmaterial Fertigungslöhne Sonderkosten der Fertigung Materialgemeinkosten Fertigungsgemeinkosten anteilige Verwaltungsgemeinkosten; angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen, freiwillige soziale Leistungen für die betriebliche Altersvorsorge sofern sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen (Wahlrecht) Zinsen sofern sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen (Wahlrecht)

=

Herstellungskosten

+ + + + +

Es ist zu beachten, dass Forschungs- und Vertriebskosten nicht angesetzt werden dürfen. Mit Herstellungskosten sind auch Vermögensgegenstände zu bewerten, die erweitert wurden oder eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung erhalten haben. Müller & Thurgau GmbH Bocksbeutelstraße 1 97070 Würzburg AHK – Datum 13.05.00 AHK – WJ-Beg. 0 AHK – WJ-Ende 96.453,21 Lieferanten-Nr.: Lieferant: Straße: Schrottwert Festwert

Konto

Inventarkarte zum 31.12.01 AfA-Beginn ND AfA-Satz

Inventar AfA-Art

01.06. 20 J 5%

Restwert Ort PLZ Limit

Andere Anlagen Glaspoliermaschine 3400010 Linear Filiale KSt.1 1,00 KSt.2

Erläuterungen zur AfA-Art

Bereich: Steuerlich Sonder-/erhöhte Abschreibung Art: § 7g ESt RBZ 5

Gleichbleibender. Afa-Betrag Rundungen: kaufmänn. Insgesamt zulässig 19.290,00 20 %

AHK Abzug

Ertragsteuerlicher Abzug:

Auflösung:

Wert zum WJ-Ende

46.800,00

Buchungen Datum Buchungstext 13.05. 13.05. 31.12. 31.12

WJ: normal AfA Nachholung:

Steuerliche AHK

Kauf Maschine Fördermittel, AHKMinderung Abschreibung: ND 5 J / 8 Monate Summe

Normal-abschreibung

Sonder-abschreibung

Buchwert

143.253,21

143.253,21

- 46.800,00

- 46.800,00

96.453,21

- 3.215,21 - 3.215,21

Abbildung 19: Anlagekartei (gekürzt)

- 3.215,21 93.238,00

102

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

6.4.3

Erfassung von Anlagegütern

Neben dem Kauf oder der Erstellung von Anlagegütern in Eigenleistung durch das Unternehmen können Anlagegüter durch Einlage oder Schenkung in den Besitz des Unternehmens gelangen. Der Bewertungsmaßstab für den Kauf sind die beschriebenen Anschaffungskosten. Selbsterstellte Anlagegüter werden zu Herstellungskosten aktiviert. Bei Einlage aus dem Privatvermögen des Unternehmers oder Schenkung von Dritten gilt als Wertmaßstab für die Aktivierung im Anlagevermögen der Tageswert. Dieser auch als Zeitwert oder Wiederbeschaffungswert bezeichnete Wert ergibt sich aus dem Marktwert für das Anlagegut. Sollte kein Marktwert ermittelbar sein, ist dieser zu schätzen (§ 255 (4) HGB). 6.4.4

Abschreibung der Anlagegüter

Der Werteverzehr für alle abnutzbaren Anlagegüter durch die betriebliche Nutzung und Alterung wird steuerlich als Absetzung für Abnutzung (AfA) bezeichnet und auf die Nutzungsdauer des Anlagegutes verteilt. Die Anlagegüter werden jährlich abgeschrieben. Abschreibungen erfassen die Wertminderung der Wirtschaftsgüter durch: • Nutzung, • wirtschaftliche und technische Überholung, • außergewöhnliche Ereignisse. Abschreibungen sind als Aufwendungen zu erfassen und mindern den Gewinn. Die Wirtschaftsgüter werden zunächst in abnutzbare (Gebäude, Anlagen etc.) und nicht abnutzbare (z. B. Grundstücke, Wertpapiere) unterteilt. Anlagegüter mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten (AHK) von mehr als 1.000 Euro unterliegen einer planmäßigen Abschreibung. Die Nutzungsdauer ist kaufmännisch zu ermitteln. Für die steuerliche Gewinnermittlung erfolgt die Abschreibung auf der Basis der amtlichen AfA-Tabellen. Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) mit einem Anschaffungswert bis 800 Euro werden im Jahr der Anschaffung voll abgeschrieben (§ 4 Abs. 2a Satz 1 EStG). Es ist ein Verzeichnis darüber anzulegen. GWG mit einem Anschaffungswert von mehr als 250 Euro bis 1.000 Euro können in einem Sammelposten pro Jahr zusammengefast werden, der linear mit 20 % pro Jahr abgeschrieben wird (§ 4 Abs. 2a

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

103

Satz 1 EStG). Die Anschaffung geringwertiger Wirtschaftsgüter mit einem Anschaffungswert bis 250 Euro wird sofort in den Betriebsausgaben erfasst (§ 4 Abs. 2a Satz 1 EStG). Planmäßige Abschreibung Die Nutzung der abnutzbaren Wirtschaftsgüter ist zeitlich befristet. Sie müssen planmäßig über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer (§ 253 (3) HGB) abgeschrieben werden. Die Abschreibung erfolgt durch verschiedene Methoden: • linear (gleichmäßig über die gesamte Nutzungsdauer verteilt), • nach Leistungseinheiten (entsprechend dem tatsächlichen Nutzungsverlauf), • degressiv (sinkende Abschreibungsbeträge). Nach Handelsrecht ist die Anwendung der Abschreibungsmethode zu erläutern. Alle genannten Methoden sind grundsätzlich zulässig. Steuerrechtlich sind derzeit die lineare Abschreibung und die Leistungsabschreibung zulässig. Der ermittelte Abschreibungsbetrag wird als Aufwand im Soll erfasst (Aufwandskonto: Abschreibungen auf Sachanlagen). Das jeweilige Bestandskonto für die Anlagen wird im Haben gebucht. Buchungssatz Abschreibungen auf Sachanlagen

an

Anlagekonto

Bei der Ermittlung der Abschreibungsbeträge ist zu beachten, dass die Berechnung monatsgenau zu erfolgen hat, beginnend mit dem Monat der Anschaffung des Wirtschaftsgutes. Alle unterjährig angeschafften Wirtschaftsgüter werden im Anschaffungsjahr mit einem entsprechend geminderten Betrag abgeschrieben (§ 7 (1) EStG). Ein im Oktober gekauftes Anlagegut wird also nur über 3 Monate abgeschrieben: 3/12 des Jahresabschreibungsbetrages. Am Ende der Abschreibungsphase verbleibt das Wirtschaftsgut mit einem historischen Erinnerungswert von 1,00 Euro (oder einem vorherbestimmten Restwert) im Anlageverzeichnis bis zu seinem endgültigen Ausscheiden aus dem Unternehmen. Außerplanmäßige Abschreibung Außerplanmäßige Abschreibungen müssen bei abnutzbaren Sachanlagen im Falle einer außergewöhnlichen und dauernden Wertminderung neben den planmäßigen Abschreibungen vorgenommen werden (§ 253 (3) HGB). Nicht abnutzbare Sachanlagen unterliegen keiner planmäßigen Abschreibung, können jedoch bei

104

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

einer Wertminderung außerplanmäßig abgeschrieben werden. Diese Wertminderungen können bspw. durch Schäden in Folge von Naturkatastrophen oder Unfällen eintreten. Nach § 253 (3) HGB können außerplanmäßige Abschreibungen bei Finanzanlagen auch bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung vorgenommen werden. Wenn der Grund für die Wertminderung entfällt, ist der niedrigere Wertansatz nicht beizubehalten (§ 253 (5) HGB). 6.4.5

Lineare Abschreibung

Die Abschreibung erfolgt zu einem gleichmäßigen Prozentsatz, der sich aus der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer ergibt (§ 7 (1) EStG). Die steuerliche Nutzungsdauer ergibt sich aus sog. amtlichen AfA-Tabellen für die einzelnen Wirtschaftsgüter. Bei der linearen Abschreibung ist das Anlagegut am Ende der Nutzungsdauer voll abgeschrieben. Es wird eine gleichmäßige Wertminderung über die Nutzungsdauer angenommen. Der AfA-Satz wird wie folgt ermittelt AfA - Satz [%] =

100 % Nutzungsdauer

Der jährliche AfA-Betrag errechnet sich wie folgt: AfA - Betrag =

Anschaffungskosten/Herstellungskosten Nutzungsdauer

Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwarb am 01.01.01 eine Anlage zur Flaschenherstellung zu Anschaffungskosten von 55.000 Euro. Die Nutzungsdauer beträgt 10 Jahre. AfA - Betrag =

55.000 Euro 10 Jahre

=

5.500 Euro/Jahr

100 % 10 Jahre

=

10%/Jahr

oder AfA - Satz =

Es sind 10 % der AHK, also 10 % von 55.000 Euro = 5.500 Euro/Jahr abzuschreiben. Buchungssatz Abschreibungen auf Sachanlagen

an

TA/Maschinen

5.500,00

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

6.4.6

105

Degressive Abschreibung

Die Abschreibung erfolgt hier mit einem festen Prozentsatz vom jeweiligen Restbuchwert. Handelsrechtlich ist ein Prozentsatz anzusetzen, der dem tatsächlichen Werteverzehr entspricht. Steuerrechtlich ist (sofern zulässig) der Wert nach § 7 (1) EStG anzusetzen. Es wird eine Wertminderung mit sinkenden Beträgen über die Nutzungsdauer angenommen. Der jährliche AfA-Betrag errechnet sich aus dem Buchwert zu Beginn des Wirtschaftsjahres multipliziert mit dem AfA-Satz. Bei der degressiven Abschreibung ist das Anlagegut am Ende der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer nicht voll abgeschrieben. Der jährliche AfA-Betrag errechnet sich wie folgt: AfA - Betrag = Buchwert am Jahresbeginn x AfA-Satz Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwarb am 01.01.01 eine Anlage zur Flaschenherstellung zu Anschaffungskosten von 55.000 Euro. Der degressive Abschreibungssatz beträgt 25 %. Die Nutzungsdauer beträgt 10 Jahre. Vervollständigen Sie die nachfolgende Tabelle indem Sie die Werte (Abschreibungsbetrag und Restbuchwert) für die Jahre 04 bis 10 berechnen! Jahr

Abschreibungsbetrag

Restbuchwert zum 31.12.

1

55.000,00 x 25 % = 13.750,00

55.000,00 – 13.750,00 = 41.250,00

2

41.250,00 x 25 % = 10.312,50

41.250,00 – 10.312,50 = 30.937,50

3

30.937,50 x 25 % = 7.734,38

30.937,50 – 7.734,38 = 23.203,12

4

23.203,12 x 25 % = ………....

23.203,12 – …:……...

5 6 7 8 9 10

106

6.4.7

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Lineare Vergleichsabschreibung

Der Nachteil der degressiven Abschreibung liegt darin, dass eine wirtschaftlich sinnvolle und gewollte Vollabschreibung nicht möglich ist. Der Gesetzgeber erlaubt den einmaligen Wechsel der Abschreibungsmethode von der degressiven zur linearen Abschreibung (§ 7 (3) EStG). Eine Methode, die diesen Nachteil ausgleicht und gleichzeitig die in den ersten Nutzungsjahren vorteilhaften höheren Abschreibungsbeträge erhält, liegt in der linearen Vergleichsabschreibung. Der optimale Übergang von der degressiven zur fortgeführten linearen Abschreibung wird durch den jährlichen Vergleich der Abschreibungsbeträge der degressiven mit denen der linearen Abschreibung ermittelt. Dabei ist zu beachten, dass der lineare Abschreibungsbetrag auf die verbleibenden Nutzungsjahre verteilt wird – also für jedes Jahr auf der Basis des Buchwertes neu bestimmt werden muss. Fortgeführter linearer Abschreibungsbetrag =

Restbuchwert Restnutzungsdauer

Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwarb am 01.01.01 eine Anlage zur Flaschenherstellung zu Anschaffungskosten von 55.000 Euro. Der degressive Abschreibungssatz beträgt 25 %. Die Nutzungsdauer beträgt 10 Jahre. Jahr

1

Abschreibungsbetrag

RBW zum 31.12.

Linearer Vergleichswert

degressiv degressiv 13.750,00 41.250,00

55.000,00 / 10 = 5.500,00

RBW zum 31.12. nach Übergang zur linearen Abschreibung Der Vergleich ergibt jeweils einen höheren Wert für die degressive Abschreibung

2

10.312,50

30.937,50

41.250,00 / 9 = 4.583,33

3

7.734,38

23.203,12

30937,50 / 8 = 3.867,19

4

5.800,78

17.402,34

23.203,12 / 7 = 3.314,73

5

4.350,59

3.051,75

17.402,34 / 6 = 2.900,39

6

3.262,94

9.788,81

13.051,75 / 5 = 2.610,35

7

2.447,20

7.341,61

9.788,81 / 4 = 2.447,20

7.341,61

Übergang zur linearen Abschreibung: 2.447,20 2.447,20

4.894,41

2.446,21

1,00

8 9 10

2.447,21

107

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

6.4.8

Leistungsabschreibung

Anlagegüter, deren Leistung starken Schwankungen unterliegt, können nach der Methode der Abschreibung nach Leistungseinheiten (Stunden, Kilometer o.ä.) abgeschrieben werden. Der schwankende Werteverzehr ist zur steuerlichen Anerkennung der Methode nachzuweisen. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH besitzt einen LKW zu Belieferung eines Teils ihrer Kunden. Anschaffungsdatum 01.06.01. Die Anschaffungskosten lagen bei 80.000 Euro. Die geschätzte Laufleistung des LKW beträgt nach Herstellerangaben 200.000 km. Nachfolgende km-Leistungen wurden erbracht: Jahr 01 – 20.000 km; Jahr 02 – 60.000 km; Jahr 03 – 15.000 km. Die Abschreibungsbeträge für die drei Jahre sind zu bestimmen. Der Abschreibungsbetrag pro Leistungseinheit errechnet sich wie folgt: Anschaffungs-/Herstellungskosten Abschreibungsbetrag pro km= = Gesamtleistung

80.000 Euro 200.000 km

= 0,40 Euro/km Ergänzen Sie folgende Tabelle: Jahr

Abschreibungsbetrag

Restbuchwert zum 31.12.

01

20.000 km x 0,40 Euro/km = 8.000,00 Euro 60.000 km x 0,40 Euro/km =

80.000,00 – 8.000,00 = 72.000,00 Euro 72.000,00 – =

02 03

AUFGABE 6.7: Die Anschaffungskosten einer Maschine betragen am 03.01.01 200.000 Euro, die Nutzungsdauer wird auf 10 Jahre geschätzt. Der Abschreibungssatz für die degressive Abschreibung liegt bei 25 %. a) Ermitteln Sie den linearen Abschreibungssatz und den jährlichen Abschreibungsbetrag. Ermitteln Sie für jedes Jahr der Nutzungsdauer den Buch- bzw. Restwert. b) Ermitteln Sie mittels degressiver Abschreibung jeweils den Abschreibungsbetrag und den Restbuchwert für die ersten 4 Geschäftsjahre.

108

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

c) Nutzen Sie das Instrument der linearen Vergleichsabschreibung. Bestimmen Sie den optimalen Übergangszeitpunkt von der degressiven Abschreibung zur linearen Abschreibung des Restbuchwertes. Ermitteln Sie jeweils den Abschreibungsbetrag und den Restbuchwert über die gesamte Nutzungsdauer. d) Die geplante Gesamtleistung der Anlage liegt bei 20.000 Maschinenstunden. Der stark schwankende Einsatz wird am besten über die Leistungsabschreibung erfasst. Bestimmen Sie die jährlichen Abschreibungsbeträge und die Restbuchwerte bei folgender Nutzungsintensität: Jahr 01 1.500 h; Jahr 02 2.500 h; Jahr 03 500 h; Jahr 04 3.500 h. AUFGABE 6.8: Verschaffen Sie sich einen Überblick über die Abschreibungsregelungen für Gebäude nach § 7 (4) EStG! AUFGABE 6.9: Kontieren Sie nach SKR 04! Konto

Kontonummer nach SKR 04

Abschreibungen auf Sachanlagen Abschreibungen auf Gebäude Abschreibungen auf Kfz Außerplanmäßige Abschreibungen auf Sachanlagen

6.4.9

Anlagenabgänge

Der Abgang von Anlagegütern durch Verkauf oder Entnahme stellt einen steuerpflichtigen Umsatz dar. Bemessungsgrundlage ist der Nettoverkaufspreis bei Verkäufen bzw. der Tageswert (Wiederbeschaffungswert) bei Entnahmen. Der Buchwert der ausscheidenden Sachanlagen stimmt nur in den seltensten Fällen mit dem Nettoverkaufspreis oder dem Tageswert überein. Dem Unternehmen entsteht Gewinn bei Veräußerung über dem Buchwert – Verlust bei Verkauf unter dem Buchwert. Zunächst muss der Buchwert durch zeitanteilige Abschreibung im Geschäftsjahr ermittelt werden, da die Verkäufe im Allg. im Laufe des Geschäftsjahres erfolgen. Die Abschreibung erfolgt bis auf den letzten vollen vor dem Verkaufstag liegenden Monat.

109

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH verkauft einen gebrauchten PKW, dessen Buchwert zu Beginn des Geschäftsjahres bei 7.500 Euro lag. Das Fahrzeug wurde linear mit 4.000 Euro/Jahr abgeschrieben. Der Verkauf erfolgte am 15.07.01. Ermitteln Sie den Buchwert am Verkaufstag und verbuchen Sie die Abschreibung. Bestimmen Sie den Buchwert! Bilden Sie den Buchungssatz! an Verkauf von Anlagegütern Der Verkauf der Sachanlagen wird als „Erlös aus Verkäufen von Sachanlagevermögen“ auf einem gesonderten Konto erfasst. Forderungen aLL

an an

Erlöse aus Verkäufen von Sachanlagevermögen Umsatzsteuer

Der Anlagenabgang aus den Vermögensbeständen wird mithilfe des Kontos „Anlagenabgänge Sachanlagen (Restbuchwert)“ erfasst. Anlagenabgänge Sachanlagen

an

Anlagekonto

In der GuV stehen sich so die Erlöse aus dem Verkauf und die Aufwendungen aus dem Abgang gegenüber. Es wird ersichtlich, ob das Anlagegut mit oder ohne Gewinn veräußert wurde. Beispiel ohne Buchgewinn: Der Verkaufspreis des PKWs liegt bei 5.500 Euro zzgl. 19 % USt. Buchungssatz Verkauf Forderungen aLL

6.545,00 an an

Erlöse aus Verkäufen von Sachanlagevermögen 5.500,00 Umsatzsteuer 1.045,00

Buchungssatz Anlagenabgang Anlagenabgänge Sachanlagen

5.500,00 an

Erfassen Sie die Vorgänge auf T-Konten:

Fuhrpark

5.500,00

110

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Zu beachten ist, dass nach dem SKR 04 die Konten „Erlöse aus Verkäufen Sachanlagen“ und „Anlagenabgänge Sachanlagen“ in die Konten mit Buchgewinn bzw. Buchverlust unterteilt werden wie nachfolgende Tabelle 7 zeigt: Kontenbezeichnung

Kontennummer

Kontenart

Erlöse aus Verkäufen Sachanlagevermögen 19 % USt (bei Buchgewinn)

4845

Ertragskonto

Anlagenabgänge Sachanlagen (Restbuchwert bei Buchgewinn)

4855

Ertragskonto

Erlöse aus Verkäufen Sachanlagevermögen 19 % USt (bei Buchverlust)

6885

Aufwandskonto

Anlagenabgänge Sachanlagen (Restbuchwert bei Buchverlust)

6895

Aufwandskonto

Tabelle 7: Übersicht zu den Konten Anlagenabgänge im SKR 04

Analog gibt es Konten bei den Verkäufen von immateriellen Vermögensgegenständen und Finanzanlagen. Beispiel mit Buchgewinn: Der Verkaufspreis des PKWs liegt bei 6.000 Euro zzgl. 19 % USt. Buchungssatz Verkauf Forderungen aLL

7.140,00 an an

Erlöse aus Verkäufen von Sachanlagevermögen 6.000,00 Umsatzsteuer 1.140,00

Buchungssatz Anlagenabgang Anlagenabgänge Sachanlagen (Buchgewinn)

5.500,00 an

Fuhrpark

5.500,00

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

111

Erfassen Sie die Vorgänge auf T-Konten:

Beispiel mit Buchverlust: Der Verkaufspreis des PKWs liegt bei 4.500 Euro zzgl. 19 % USt. Buchungssatz Verkauf Forderungen aLL

5.355,00 an an

Erlöse aus Verkäufen von Sachanlagevermögen 4.500,00 Umsatzsteuer 855,00

Buchungssatz Anlagenabgang Anlagenabgänge Sachanlagen (Buchverlust)

5.500,00 an

Fuhrpark

5.500,00

Erfassen sie die Vorgänge auf T-Konten:

Entnahme zum Buchwert Die Entnahme der Sachanlage und die Überführung ins Privatvermögen werden ebenso als umsatzsteuerpflichtiger Erlös erfasst. Die Entnahme wird über das Konto Entnahme von Gegenständen und dem Privatkonto abgerechnet (siehe auch Abschnitt 5.1.4). Beispiel Entnahme: Der Herr Müller entnimmt den PKW zum Buchwert von 5.500 Euro zzgl. 19 % USt, der dem Tageswert entspricht.

112

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Buchungssatz Entnahme Privat

6.545,00 an an

Entnahme von Gegenständen Umsatzsteuer

5.500,00 1.045,00

Fuhrpark

5.500,00

Buchungssatz Anlagenabgang Anlagenabgänge Sachanlagen

5.500,00 an

Erfassen Sie die Vorgänge auf T-Konten:

AUFGABE 6.10: Die Müller & Thurgau GmbH verkauft am 31.10.01 eine nicht mehr benötigte Produktionsanlage zur Flaschenherstellung. Der Buchwert zu Beginn des Geschäftsjahres betrug 120.000 Euro. Der jährliche Abschreibungsbetrag beträgt lt. Anlagekartei 36.000 Euro. Der Verkaufspreis liegt bei: a) 100.000 Euro, b) 75.000 Euro, c) 93.000 Euro. Ermitteln Sie den Buchwert am Verkaufstag. Bilden Sie die Buchungssätze für den Verkauf und den Anlagenabgang für die Fälle a) bis c).

6.5

Buchungen im Personalbereich

Die Herstellung von Produkten und Dienstleistungen ist in einem Wirtschaftsunternehmen stets mit dem Einsatz von Arbeitskräften und Verwaltungspersonal verbunden, die für die erbrachte Arbeitsleistung entlohnt werden.

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

113

Diese Aufwendungen setzen sich aus folgenden Kostenarten zusammen: • Löhne und Gehälter, • gesetzliche Sozialaufwendungen, • freiwillige Sozialaufwendungen. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter, die als Gegenleistung für die Arbeitsleistung zu betrachten sind, werden als Personalkosten bezeichnet. Die zusätzlichen Sozialbeiträge der Arbeitgeber bezeichnet man als Personalnebenkosten. 6.5.1

Personalkosten, Personalnebenkosten

Kaum ein Bereich des betrieblichen Rechnungswesens unterliegt so starken gesetzlichen Reglementierungen wie der Personalbereich, die sich zudem nahezu jährlich ändern. Daher werden an dieser Stelle nur die für die Finanzbuchhaltung bedeutsamen Grundregeln dargestellt. Löhne und Gehälter Zum Personalaufwand zählen alle Entgelte, die die Arbeitnehmer für ihre Arbeitsleistung erhalten. Auch einmalige Zahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld werden dazu gerechnet. Die Entgelthöhe bestimmt sich durch Tarifverträge auf der Basis der mit den Arbeitnehmern getroffenen Arbeitsverträge und der Abrechnung der tatsächlich erbrachten Leistung (bspw. Stundenlöhne, erfolgsabhängige Löhne u. a.). Diese bilden den Bruttolohn bzw. das Bruttogehalt. Der Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, davon den Lohnsteueranteil und den Arbeitnehmeranteil (AN) an den Sozialversicherungsbeiträgen einzubehalten und an die Finanzverwaltung bzw. die Sozialkassen abzuführen. Der Arbeitnehmeranteil bildet einen Teil der gesetzlichen Sozialaufwendungen, ca. 50 % der Gesamtbeiträge. Einige Besonderheiten sind bei der Berechnung zu beachten, die lediglich die Arbeitnehmer betreffen, bspw. Zuschlag für „Kinderlose“ in der Pflegeversicherung oder Zusatzbeiträge für die Zahnbehandlung in der Krankenversicherung. Nach Abzug der gesetzlichen Abzüge verbleibt der Nettolohn als Auszahlungsbetrag an die Mitarbeiter. Gesetzliche Sozialaufwendungen Neben dem einbehaltenen Arbeitnehmeranteil an den Sozialbeiträgen sind die Arbeitgeber verpflichtet, einen weiteren Anteil an den Sozialbeiträgen – den Arbeitgeberanteil (AG) – abzuführen. Dieser Teil der Gesamtbeiträge belastet das Unternehmen als zusätzliche Aufwendungen.

114

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Der Gesamtbetrag der Sozialbeiträge (Krankenversicherung – KV; Pflegeversicherung – PV; Rentenversicherung – RV; Arbeitslosenversicherung – AV) ist vom Arbeitgeber monatlich bis zum drittletzten Werktag für den aktuellen Monat im Voraus zu ermitteln, und an die für die einzelnen Arbeitnehmer zuständige Krankenkasse zu melden und abzuführen. Die Bezahlung wird ggf. über ein Konto „Voraussichtlich Beitragsschuld gegenüber den Sozialversicherungsträgern“ erfasst, das nach Erfassung der Lohnabrechnung mit den SV-Verbindlichkeiten saldiert wird. Der Arbeitgeber ist Schuldner für die gesamten Beiträge. Des Weiteren tragen die Arbeitgeber allein die Beiträge zur Berufsgenossenschaft. Neben den regulären versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen gehen die Arbeitgeber häufig sog. pauschal versicherte Beschäftigungsverhältnisse mit Arbeitnehmern ein. Der Gesetzgeber legt dafür eine Obergrenze – derzeit 450,00 Euro – fest. Im Rahmen dieser Arbeitsverhältnisse führt allein der Arbeitgeber einen pauschalierten Versicherungs- und Steuerbeitrag ab. Für den Arbeitnehmer entstehen jedoch keine versicherungsrechtlichen Ansprüche. Freiwillige Sozialaufwendungen Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Sozialbeiträgen können Arbeitgeber auf freiwilliger Basis Zuschüsse an ihre Mitarbeiter zahlen (bspw. Zuschuss zu den Kindergartenbeiträgen, Essengeldzuschüsse, Fahrkostenzuschüsse). Diese werden als weitere Personalaufwendungen erfasst. Ihre Einbeziehung in die Berechnungsgrundlage für die Lohnsteuer und die Sozialbeiträge unterliegt detaillierten Regelungen in der Einkommensteuer- und Sozialversicherungsgesetzgebung, die in jedem Einzelfall zu prüfen sind. 6.5.2

Weitere Lohnbestandteile

Löhne und Gehälter bilden die Grundlage für die Bezahlung der Arbeitnehmer. Darüber hinaus erhalten Arbeitnehmer häufig vermögenswirksame Leistungen (VwL) nach dem Vermögensbildungsgesetz (VermBG) und Sachbezüge (z. B. für die private Nutzung eines Firmen-Pkw). Vermögenswirksame Leistungen (VwL) Das sind Sparbeiträge des Arbeitnehmers, die staatlich gefördert werden, um den privaten Vermögensaufbau der Arbeitnehmerschaft zu unterstützen. Der Arbeitnehmer entscheidet, in welcher geförderten Anlageform und in welcher Höhe er spart. Die geförderte Höchstgrenze liegt derzeit bei 480,00 Euro. Die vermögenswirksamen Leistungen können nur vom AG, nur vom AN oder teilweise von beiden getragen werden. Der vom Arbeitgeber getragene Anteil unterliegt der SV-

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

115

Pflicht und der Lohnsteuer und wird als Aufwand für VwL erfasst. Der Anteil, den der AN selbst trägt, wird vom Nettogehalt abgezogen. Der Gesamtbetrag wird auf dem Konto Verbindlichkeiten VwL erfasst und vom Arbeitgeber an das Sparinstitut abgeführt. Sachbezüge Vielfach bilden die Sachbezüge in Form von Wohnungen, Verpflegung, Pkw-Nutzung usw. einen wesentlichen Bestandteil der Lohnzahlungen an den Arbeitnehmer. Diese Zuwendungen werden häufig auch als geldwerte Vorteile bezeichnet. Diese Leistungen unterliegen in der Regel der SV-Pflicht und gehören zum lohnsteuerpflichtigen Bruttolohn. (Ausnahme: Wenn der Höchstbetrag von 44 Euro/Monat nicht überschritten wird – § 8 (2) Satz 11 EStG). Die Sachbezüge unterliegen für den Arbeitgeber grundsätzlich der Umsatzsteuerpflicht. Sie erhöhen die Aufwendungen für Personal und sind als sonstige betriebliche Erträge zu erfassen. 6.5.3

Lohn- und Gehaltsabrechnung

Die korrekte Berechnung der Löhne und Gehälter, insbesondere der einzubehaltenden AN-Anteile-SV sowie die einzubehaltende Lohnsteuer und die Ermittlung der AG-Anteile-SV ist bei den unterschiedlichen Lohnbestandteilen ein äußerst komplexer Vorgang, der im Prinzip nur mit einem EDV-basierten Lohnrechnungsprogramm möglich ist, das neben allen aktuellen SV-Beitragsätzen auch die Lohnsteuertabellen integriert hat. Dabei ist zu beachten, dass alle Meldungen an die Sozialkassen und die Finanzverwaltung grundsätzlich per Datenübertragung zu erfolgen haben. Neben der eigentlichen Lohnabrechnung für die Mitarbeiter in Form der Lohnscheine werden alle aufbewahrungspflichtigen Dokumente für den Arbeitgeber und die Buchungslisten für die Finanzbuchhaltung (Buchungsliste, Überweisungslisten, Barzahlerlisten etc.) erstellt. Darüber hinaus wird zum Jahresende bzw. bei Ausscheiden eines Mitarbeiters die elektronische Lohnsteuermeldung generiert und an die Finanzverwaltung gesendet. Die einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer wird auf der Grundlage der Lohnsteuerrichtlinien errechnet. Diese bestimmen für die einzelnen Lohnsteuerklassen in Verbindung mit den weiteren Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM) wie z. B. Kinderfreibeträgen und Steuerfreibeträgen die abzuführende Lohnsteuer.

116

6.5.4

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Verbuchung der Personalkosten

Die Verbuchung der Personalkosten kann direkt als Aufwand gegen die Verbindlichkeiten gebucht werden. Da wie erläutert verschiedene Aufwandskonten und gleichzeitig diverse Verbindlichkeitskonten angesprochen werden müssen, entsteht ein komplexer Buchungssatz mit Splittungen. Dieser Weg ist bei einfachen und überschaubaren Abrechnungsdaten gangbar. Beispiel: In der Lohnabrechnung der Müller & Thurgau GmbH wurden folgende Beträge ermittelt: Bruttolohn 2.965 Euro; AN-Anteil-SV 595 Euro; Lohnsteuer (inkl. Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) 220 Euro; AG Anteil-SV 595 Euro. Buchungssatz direkt Löhne

2.965,00 an an an

Gesetzl. soziale Aufwendungen

595,00 an

Verb. im Rahmen der sozialen Sicherheit Verb. aus Lohn- und Kirchsteuer Verb. aus Lohn/Gehalt Verb. im Rahmen der sozialen Sicherheit

595,00 220,00 2.150,00

595,00

In der Praxis hat sich die Nutzung des Lohnverrechnungskontos bewährt. Das ist insbesondere dann vorteilhaft, wenn neben den genannten Positionen weitere hinzukommen wie bspw. Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall, Abzüge für private Kosten wie Unterkunft, Parkplatz auf dem Betriebsgelände, Zuschüsse der Arbeitsverwaltung, Verpflegungskostenmehraufwendungen. Hier werden zunächst alle Aufwendungen (Löhne, Gehälter, AG-Anteil-SV, freiwillige Zuschüsse usw.) verbucht. Im nächsten Schritt werden die Verbindlichkeitskonten angesprochen, d. h. der Gesamtaufwand wird auf die anspruchsberechtigten Gläubiger (Krankenkassen, Lohnsteuerverbindlichkeiten, VwL-Verbindlichkeiten, Erlöskonten für geldwerte Vorteile) verteilt. Die Nutzung des Lohnverrechnungskontos gewährt dem Buchhalter ein hohes Maß an Sicherheit, alle Aufwendungen und Verbindlichkeiten korrekt erfasst zu haben. Beispiel: In der Lohnabrechnung der Müller & Thurgau GmbH wurden im folgenden Monat diese Beträge ermittelt: Bruttolohn 2.825 Euro; Gehälter 1.875 Euro; AN-Anteil-SV 940 Euro; Zuschuss-VwL 90 Euro, Sachbezug für PKW-Nutzung (inkl. USt) 238 Euro; Lohnsteuer (inkl. Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) 560 Euro; AG-Anteil-SV 940 Euro; Verbindlichkeiten-VwL 180 Euro.

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

117

Buchungssatz Lohnverrechnungskonto Löhne Gehälter VwL Sachzuwendungen Gesetzl. soziale Aufw.

an an an an an

Lohnverrechnungskonto Lohnverrechnungskonto Lohnverrechnungskonto Lohnverrechnungskonto Lohnverrechnungskonto

2.825,00 1.875,00 90,00 238,00 940,00

Lohnverrechnungskonto Lohnverrechnungskonto Lohnverrechnungskonto

an an an

Verb. aus Lohn/Gehalt Verb. aus LSt/KiSt Verb. im Rahmen der sozialen Sicherheit Verb. aus Vermögensbildung verrechnete Sachbezüge aus Kfz-Gestellung Umsatzsteuer

3.110,00 560,00

Lohnverrechnungskonto Lohnverrechnungskonto

an an

1.880,00 180,00 200,00 38,00

AUFGABE 6.11: a) Verbuchen Sie folgende Gehaltsliste der Müller & Thurgau GmbH! Buchungsliste Löhne/Gehälter Gehaltsabrechnung Dezember 01 KostenSoll Haben Konto stelle 6020 Gehälter Verwaltung 160.269,56 3740 Verb. im Rahmen der sozialen Sicherheit 26.370,00 3730 Verb. Lohnst. und Kirchenst. 42.850,00 3720 Verb. aus Lohn/Gehalt 91.049,56 6110 Gesetzliche soziale Aufwendungen Verwaltung 26.370,00 3740 Verb. im Rahmen der sozialen Sicherheit 26.370,00 Buchungssumme 186.639,56 186.639,56

b) Erstellen Sie die Gehaltsabrechnung für den Geschäftsführer der Müller & Thurgau GmbH unter folgenden Vorgaben: Bruttogehalt 3.000 Euro, Gesamtbeitragssatz SV 42 % (hälftig AG und AN), Sachbezüge: PKW-Nutzung 250 Euro zzgl. USt, Geldwert der genutzten Werkswohnung 500 Euro (ohne USt), Steuersatz Lohnsteuer 17,5 %. Ermitteln Sie das Nettogehalt und verbuchen Sie die Gehaltsabrechnung. c) Verschaffen Sie sich einen Überblick über die in den verschiedenen Kontenrahmen für Lohn- und Gehaltsrechnungen verwendeten Konten.

118

6.6

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

Betriebliche Steuern

Die einzelnen vom Unternehmen zu entrichtenden Steuern werden in verschiedene Kategorien eingeteilt, die in der Buchhaltung unterschiedlich zu behandeln sind: • Aufwandssteuern, • aktivierungspflichtige Steuern, • durchlaufende Steuern, • Personensteuern. 6.6.1

Aufwandssteuern

Aufwandssteuern sind Betriebssteuern, die durch die unternehmerische Tätigkeit verursacht werden. Sie werden als Aufwand erfasst und mindern den Gewinn des Unternehmens. Dazu werden Steueraufwandskonten in der jeweiligen Kontengruppe des Aufwands eingerichtet (bspw. Kfz-Steuern bei den Kfz-Kosten, Grundsteuern bei den Grundstückskosten, Verbrauchssteuern wie die Mineralölsteuer). Die Gewerbesteuer zählt ebenso zu den Aufwandssteuern. Sie ist jedoch nicht als Betriebsausgabe gewinnmindernd abzusetzen. 6.6.2

Aktivierungspflichtige Steuern

Steuern, die zu den Anschaffungskosten des Anlagevermögens zählen, werden gemeinsam mit dem Anlagegut aktiviert. Sie erhöhen die Anschaffungskosten und werden über die jährlichen Abschreibungen im Laufe der Nutzungsdauer der Anlagegüter mit abgesetzt. Eine direkte Erfassung als Aufwand ist nicht zulässig. Eine aktivierungspflichtige Steuer ist die Grunderwerbssteuer. Auch die Einfuhrzölle zählen im weiteren Sinne dazu. 6.6.3

Personensteuern

Steuern, die nicht durch die Tätigkeit des Unternehmens sondern aufgrund der individuellen Besteuerung der Inhaber oder Gesellschafter entstehen, werden als Personensteuern bezeichnet. Diese Steuern sind nicht gewinnmindernd als Aufwand zu erfassen. Sie betreffen den Privatbereich und werden auf dem jeweiligen Privatkonto der Inhaber/Gesellschafter verbucht.

6 BESONDERE BUCHUNGSFÄLLE

6.6.4

119

Durchlaufende Steuern

Steuern, die vom Unternehmen gewissermaßen im Auftrag der Finanzverwaltung auf Grundlage gesetzlicher Vorschriften einbehalten werden, bezeichnet man als durchlaufende Steuern. Buchhalterisch werden sie als durchlaufende Posten behandelt. Im Abschnitt „Buchungen im Personalbereich“ wurde bereits die Ermittlung und Buchung der Lohnsteuern behandelt. Die Umsatzsteuer, die von den Kunden bezahlt und vom Unternehmen an die Finanzverwaltung abgeführt wird, zählt ebenso wie die gezahlte Vorsteuer zu den durchlaufenden Steuern. 6.6.5

Steuererstattungen/Steuernachzahlungen

Die Aufwandssteuern sind beim Erstellen des Jahresabschlusses periodengerecht abzugrenzen. Für noch nicht gezahlte, das abzuschließende Geschäftsjahr betreffende Steuern, sind Rückstellungen zu bilden (siehe Abschnitt 8). Steuererstattungen für frühere Geschäftsjahre aufgrund zu hoher Vorauszahlungen werden auf dem Konto periodenfremde Erträge bzw. nach dem SKR 04 in der Kontenklasse 7 als Steuererstattungen erfasst. Analog dazu werden Nachzahlungen für vergangen Jahre auf einem Konto periodenfremder Aufwand bzw. nach dem SKR 04 als Steuernachzahlungen Vorjahre gebucht. Dieses Vorgehen ermöglicht eine klare Abgrenzung der das laufende Geschäftsjahr betreffenden Kosten.

7 ORGANISATION DER BUCHFÜHRUNG

121

7 Organisation der Buchführung 7.1

Belegorganisation

Einer der sich aus der Buchführungspflicht nach § 238 HGB ergebenden und im Kapitel 1.4 beschriebenen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung lautet: KEINE BUCHUNG OHNE BELEG. Den Originalbelegen der Finanzbuchhaltung kommt vor allem eine Beweisfunktion zu, d. h. die Richtigkeit der vorgelegten Ergebnisse der Buchhaltung bis hin zu den Jahresabschlüssen kann nur anhand der Belege nachgeprüft und bewiesen werden. Daraus resultieren die Notwendigkeit und die Pflicht, die Unterlagen aufzubewahren. Den Belegen kommt jedoch auch im täglichen Geschäftsablauf große Bedeutung zu als Mittel, mit denen Zahlungsvorgänge wie bspw. das Begleichen einer Rechnung nachgewiesen werden können. Grundsätzlich unterscheidet man nach externen und internen Belegen. Externe Belege fallen in den Geschäftsbeziehungen mit der Außenwelt an: • Eingangsrechnungen (ER), • Quittungen, • Gutschriften, • Schecks, Wechsel, • Bankbelege. Die internen Belege entstehen durch innerbetriebliche Vorgänge z. B.: • Ausgangsrechnungen (AR, in Kopie), • Quittungsdurchschläge, • Lohn-/Gehaltsabrechnungen, • Belege über Stornierungen, • Gutschriften, • Materialentnahmebelege. Für Geschäftsfälle, die mit keinem Originalbeleg dokumentiert werden können, sind sog. Ersatzbelege zu erstellen. Das passiert, wenn Belege abhandenkommen

122

7 ORGANISATION DER BUCHFÜHRUNG

oder kein Originalbeleg zu erhalten war. Zeitpunkt, Grund und Höhe der Ausgabe sind zu dokumentieren. Die Originalbelege sind nach § 257 HGB in Verbindung mit § 147 AO 10 Jahre aufzubewahren. Daraus resultiert der Grundsatz der Aufbewahrungsfrist (siehe auch Kapitel 1.4). Für die Organisation der Ablage haben sich verschiedene Systeme bewährt. Bei der Anwendung der Offene Posten Buchhaltung werden die Ausgangsrechnungen nach Rechnungsnummern sortiert abgelegt und verbucht. Die Eingangsrechnungen werden in chronologischer Reihenfolge nummeriert und eingebucht. Barbelege werden im Kassenbuch in zeitlicher Abfolge eingetragen. Die Bankauszüge werden in ihrer Reihenfolge sortiert abgelegt. Für Belege im Zusammenhang mit langfristigen Verträgen (z. B. Versicherungen, Darlehensverträge etc.) empfiehlt es sich ein separates Ordnungssystem anzulegen. Das für jedes Unternehmen individuell aufzubauende Ablagesystem muss dem Grundsatz der Nachvollziehbarkeit entsprechen (§ 146 AO). Die buchhalterische Verarbeitung der Belege erfolgt in mehreren Schritten: • Vorbereitung der Belege zur Buchung (prüfen, sortieren, ordnen, nummerieren), • Buchung in den Büchern (Buchungssätze bilden und erfassen), • Ablage zur Aufbewahrung entsprechend der Aufbewahrungsfristen. Das Prüfen umfasst die sachliche und rechnerische Richtigkeit. Bei Rechnungen kommt die Kontrolle der gesetzlichen Bestandteile entsprechend § 14 (4) UStG hinzu. Das Ordnen erfolgt nach sachlichen Gesichtspunkten z. B. in: • Eingangsrechnungen, inkl. Gutschriften (ER), • Ausgangsrechnungen, inkl. Gutschriften (AR), • Kontoauszüge mit den entsprechenden Belegen (BA), • Kassenbuch mit den Belegen (KB), • Privatbelege. Die nach dem Datum sortierten Belege erhalten eine fortlaufende Nummer, die i.d.R. eine Beziehung zur Belegart (KB; BA etc.) erkennen lässt. Diese Nummerierung wird bei der Erfassung in den Büchern der Buchführung genutzt. Die Belege erhalten einen Buchungsvermerk zur Kenntlichmachung, dass sie bereits erfasst wurden. In der Praxis werden dafür Buchungsstempel (siehe Abbildung 20), die gleichzeitig die Buchungssätze verständlich und nachvollziehbar machen, genutzt.

123

7 ORGANISATION DER BUCHFÜHRUNG

Die buchhalterischen Arbeiten Vorbereitung der Belege und deren Verbuchung werden in den Unternehmen i. d. R. nach dem sog. 4-Augen-Prinzip vorgenommen. Nr.

Soll

Haben

Betrag

Steuer

Abbildung 20: Beispiel für einen Buchungsstempel

7.2

Die Bücher der Buchführung

Die in den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung aufgeführte Nachvollziehbarkeit der Buchführung erfordert es, die Belege in zeitlicher Reihenfolge, geordnet nach sachlichen Gesichtspunkten, die durch Nebenaufzeichnungen (z. B. Lohnabrechnung) erläutert und ergänzt werden, zu erfassen. Diese Ordnung erfolgt in den Büchern. Die wichtigsten Bücher sind: • Grundbuch, • Hauptbuch, • Nebenbücher (bspw. Kontokorrentbuch für Forderungen aLL und Verbindlichkeiten aLL, Anlagenbücher, Lohn- und Gehaltsabrechnung, Kassenbuch). 7.2.1

Das Grundbuch – Journal

Die Aufzeichnung der Geschäftsfälle in chronologischer Reihenfolge auf der Grundlage der Buchungsbelege wird als Grundbuch oder auch Journal bezeichnet. Die vollständige Erfassung aller Belege erfolgt ohne sachliche Ordnung in strenger zeitlicher Abfolge. Die Eintragungen beginnen mit den Eröffnungsbuchungen. Es folgen die laufenden Geschäftsfälle und die vorbereitenden Abschlussbuchungen. Mit den Abschlussbuchungen endet das Grundbuch eines Geschäftsjahres. Das Grundbuch ist die Grundlage für alle weiteren Bücher der Buchführung. Grundbuch Datum Beleg .…. ….. …..

Buchungstext

Sollkonto Habenkonto Betrag .…. ….. …..

124

7.2.2

7 ORGANISATION DER BUCHFÜHRUNG

Das Hauptbuch

Die Aufzeichnung der Geschäftsfälle in sachlicher Ordnung erfolgt im Hauptbuch. Die Geschäftsfälle werden aus dem Grundbuch übernommen und sachlich systematisch auf den einzelnen Konten des Hauptbuches verbucht. Dazu werden die Buchungssätze (siehe Kapitel 3.1.2) mit den genannten Soll- und Haben-Konten genutzt. Die sachliche Ordnung ermöglicht einen genauen Überblick der Stände des Vermögens und der Schulden sowie der Aufwands- und Ertragspositionen. Der Abschluss der Konten des Hauptbuches führt zur Gewinn- und Verlustrechnung und zur Schlussbilanz. Konto …….. Betrag Datum .….

7.2.3

Beleg …..

Buchungstext …..

Gegenkonto .….

Soll …..

Haben …..

Nebenbücher

Die Nebenbücher werden außerhalb der eigentlichen Buchführung geführt und werden dazu genutzt, einzelne Konten des Hauptbuches näher zu erläutern. Die Verknüpfung mit dem Hauptbuch erfolgt entweder unmittelbar im EDVBuchhaltungssystem wie z. B. bei der Kontokorrentbuchhaltung und in der Anlagenbuchhaltung oder durch manuelle Erfassung im Hauptbuch. Sachkonten Forderungen aus Lieferungen und Leistungen Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen Bestandskonten RHB-Stoffe und Handelswaren Löhne, Gehälter, sonstige Personalaufwendungen Anlagekonten

Nebenbücher Kontokorrentbuch Erfassung der Geschäftsfälle für jeden Kunden und Lieferanten auf einzelnen Konten Debitoren: Forderungskonten der Kunden Kreditoren: Verbindlichkeitskonten der Lieferanten Lagerkartei Erfassung der einzeln Arten an Vorräten und Waren und der Zu- und Abgänge vom Lager Lohn- und Gehaltsbuchhaltung Für jeden Arbeitnehmer wird die Lohn- und Gehaltsabrechnung individuell geführt Anlagenbuch Jeder Anlagegegenstand wird auf einer Anlagekartei erfasst (AHK, Buchwerte, Abschreibungen etc.)

Abbildung 21: Nebenbücher der Buchhaltung

125

7 ORGANISATION DER BUCHFÜHRUNG

AUFGABE 7.1: Machen Sie sich mit den einzelnen Bestandteilen von EDVProgrammen zum Rechnungswesen vertraut. Achten Sie insbesondere auf die notwendigen, im System zu hinterlegenden Angaben. Legen Sie die Debitoren und Kreditoren der Müller & Thurgau GmbH an. Das Kontokorrentbuch dient der systematischen Erfassung aller Geschäftsfälle mit den Kunden und Lieferanten. Dazu werden Personenkonten für jeden Einzelnen angelegt. Auf diesen werden die Eingangs- und Ausgangsrechnungen und alle Gutschriftsanzeigen erfasst. Die Salden der Personenkonten werden im EDV-System automatisch auf den Konten Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen zusammengefasst. Kundenkonto ……..

Datum

Beleg

Buchungstext

.….

…..

…..

Journalseite .….

Betrag Soll …..

Haben …..

Saldo

Im Rahmen der sog. Offenen-Posten-Buchhaltung (auch als Debitoren-/KreditorenBuchhaltung bezeichnet) erfolgt zunächst die Erfassung der Belege und im zweiten Schritt wird die Bezahlung der Rechnungen verbucht. Dieses Verfahren gewährt dem Unternehmer jederzeit einen genauen Überblick über seine eigenen Verbindlichkeiten bei den einzelnen Lieferanten. Auch über die Kundenforderungen bekommt der Unternehmer jederzeit eine genaue Übersicht. EDV-gestützte Systeme der Buchführung ermöglichen die Verknüpfung der offenen Posten mit dem Mahnwesen.

AUFGABE 7.2: Wie lassen sich Offene-Posten-Listen im EDV-System aufrufen?

7.3

Kontenrahmen – Kontenpläne

Die Konten der Buchführung bilden die Grundlage für die Jahresabschlüsse und die Planung und Entscheidungsfindung im Unternehmen. Dazu werden die Daten verschiedener Abrechnungsperioden und Geschäftsjahre verglichen und Kennzahlen ermittelt. Die Arbeit mit den Daten der Buchhaltung erfordert daher ein Ordnungssystem, das die Konten der Buchhaltung systematisch gliedert und benennt. Dieses System wird als Kontenrahmen bezeichnet. Vom Bundesverband der Deutschen Industrie wurde 1971 ein einheitlicher Kontenrahmen für Industriebetriebe vorgestellt und allen Industriebetrieben zur Anwendung empfohlen, der Industriekontenrahmen IKR, der heute jedoch hauptsächlich nur noch für Ausbildungszwecke genutzt wird. Weite Verbreitung in der Praxis der KMU haben die DATEV-

126

7 ORGANISATION DER BUCHFÜHRUNG

Kontenrahmen SKR 03 und SKR 04 gefunden. Im Anhang dieses Buch finden Sie einen Auszug aus dem SKR 04. In einzelnen Wirtschaftszweigen haben sich darüber hinaus besondere Kontenrahmen bewährt (Handel, Gastronomie, Banken und Versicherungen). Die Kontenrahmen sind systematisch auf dem dekadischen Zahlensystem aufgebaut. Jedes Konto erhält eine Nummer. Für die Finanzbuchhaltung werden im Allgemeinen 4-stellige Kontennummern verwendet. Die Übersichtlichkeit ist durch sachliche Gliederung in Kontenklassen (1. Stelle), Kontengruppen innerhalb der Klassen (2. Stelle) und Kontenarten und -unterarten (3. und 4. Stelle) gewährleistet. Die Kontenklassen der Kontenrahmen gliedern sich wie folgt: IKR Kontenklasse 0

1

SKR 04 Kontenklasse

Immaterielle Vermögensgegenstände Finanzanlagen

Anlagevermögen

0

Anlage- und Kapitalkonten

1

Umlaufvermögen Eigenkapitalkonten

1

Finanz- und Privatkonten Zinsen, Steuern, sonstige Aufwendungen und Erträge

Fremdkapitalkonten Betriebliche Erträge Betriebliche Aufwendungen Betriebliche Aufwendungen Weitere Aufw. + Erträge

3

Umlaufvermögen + ARA

3

Eigenkapital + 3 Rückstellungen Verbindlich-kei- 4 ten + PRA Erträge 5

5 6 7 8 9

Betriebliche Aufwendungen Weitere Aufwendungen Ergebnisrechnung Frei (z. B. für KLR)

Kontenklasse

0

2

4

SKR 03

2

6 7 8 9

Vortragskonten

2

4

Wareneingang Warenbestand Betriebliche Aufwendungen

5 6 7 8

Erlöskonten

9

Vortragskonten

Abbildung 22: Kontenklassen nach IKR, SKR 03 und SKR 04

7 ORGANISATION DER BUCHFÜHRUNG

127

Beim SKR 04 und beim IKR sind die Kontenklassen nach dem Abschlussgliederungsprinzip und beim SKR 03 nach dem Prozessgliederungsprinzip geordnet. Der Kontenrahmen bildet das Gerüst für die Buchhaltung im Unternehmen. Er wird durch individuelles Anpassen an die betrieblichen Gegebenheiten zum Kontenplan weiter entwickelt. Dazu können jederzeit entsprechend den Auswertungsbedürfnissen der Unternehmen weitere Unterkonten neu angelegt werden, Kontenbezeichnungen geändert oder Konten kopiert werden. Der Kontenplan umfasst alle im Unternehmen genutzten Konten der Finanzbuchhaltung.

AUFGABE 7.3: Für die drei Gesellschafter der Müller & Thurgau GmbH werden Fahrzeuge neu gekauft. Jeder hat Wünsche und so werden in der Finanzbuchhaltung ein Konto für einen Mercedes SL, einen BMW und einen Lexus benötigt. Legen Sie diese Konten an.

7.4

Buchführung mit Finanzbuchhaltungsprogrammen

Der Umfang der buchhalterischen Arbeiten und die zu erfüllenden Anforderungen der GoB können in der heutigen Unternehmenswelt nur mittels EDVBuchführungssystem erfüllt werden. Nach der Erfassung der Belege erfolgt eine automatische Auswertung in der vom Anwender gewünschten Form. Im EDVSystem können alle für die Buchführung und Besteuerung relevanten Daten als sogenannte Stammdaten angelegt und gespeichert werden. Charakteristisch für die Arbeit mit EDV-Systemen sind folgende Arbeitsschritte: • Prüfen und Sortieren der Belege in ihrer chronologischen Reihenfolge und nach systematischen Gesichtspunkten: Bankbelege, Kassenbelege, Eingangsund Ausgangsrechnungen (bei Offener-Posten-Buchhaltung), • Vorkontieren der Belege durch manuelles Eintragen der Buchungssätze, • Erfassung der Belege in der Eingabemaske des EDV-Systems, • Verarbeitung der Daten und Ausdruck der gewünschten Auswertungen: - Journal (Grundbuch), - betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA), - Summen und Saldenliste, - Debitoren- und Kreditorenlisten, - Kontenblätter (Hauptbuch), - Umsatzsteuervoranmeldung usw.

128

7 ORGANISATION DER BUCHFÜHRUNG

Auf der Basis der EDV-Buchhaltung werden die Jahresabschlussarbeiten durchgeführt, die bis zur Bilanz und GuV führen. Der Nutzer wird in den modernen Systemen durch eine Vielzahl Eingabemasken und Hilfefunktionen in seiner täglichen Arbeit unterstützt. Im Folgenden werden zwei Buchhaltungssysteme kurz vorgestellt, das Programm „Financial office" der Firma Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg, und das Buchhaltungsprogramm der DATEV eG, Nürnberg. Die Vorstellung soll sich hier auf die Nutzeroberfläche für die Eingabe der Buchungssätze und die Abbildung einer Summen- und Saldenliste beschränken. Die Buchungsmaske des Programms „Financial office“ zeigt die folgende Abbildung 23.

Abbildung 23: Eingabemaske „Lexware - Financial office“

Im oberen Teil der Eingabemaske werden Belegdatum, Beleg-Nummer und der Buchungstext erfasst. Der Betrag wird in Euro eingegeben. Im mittleren Teil werden die Konten zur Erfassung des Buchungssatzes ausgewählt. Zur Unterstützung dient der Kontenrahmen rechts im Bildschirm. Die Verbuchung der Umsatzsteuer und der Vorsteuer erfolgt im EDV-System automatisch, da die meisten Konten bereits mit der Steuer verknüpft sind, oder durch entsprechendes Auswählen des Steuersatzes. Weitere Felder können zur Erfassung von Kostenstellen und Kostenträgernummern für die Kosten- und Leistungsrechnung genutzt werden. Beim Dialogbuchen werden die Buchungen sofort ins Journal übertragen und damit auch sofort im Hauptbuch erfasst. Festgestellte Buchungsfehler können nur durch Stornierungen und Neuerfassungen korrigiert werden. Eine andere Möglichkeit der Erfassung stellt das Stapelbuchen dar. Die einzelnen Buchungssätze im sog. Buchungsstapel

7 ORGANISATION DER BUCHFÜHRUNG

129

können kontrolliert und bei Bedarf korrigiert werden. Erst nach dem Ausbuchen des Stapels werden diese in das Journal übertragen und festgeschrieben. Auf der linken Seite werden Menüs für die weiteren Auswertungen angezeigt. Der Aufbau der DATEV-Buchungsmaske ist vergleichbar (siehe Abbildung 24).

Abbildung 24: DATEV Kanzlei-Rechnungswesen pro - Eingabemaske

Die Eingaben werden im unteren Teil der Maske vorgenommen. Zunächst erfolgt die Eingabe des Betrags, dann die Auswahl der Konten und danach die Eingabe von Datum, Belegnummer und Buchungstext. Die Auswahl des Kontos wird durch ein anzuklickendes Drop-down-Menü unterstützt. Solange die Buchungen im Vorlauf noch nicht festgeschrieben sind, können sie korrigiert und verändert werden. Erst mit dem Festschreiben des Buchungsstapels erfolgt die Übertragung ins Journal und Hauptbuch. Die einmal im Journal festgeschriebenen Buchungen sind nachträglich nicht mehr veränderbar. Sie können nur durch Umkehrung des Buchungssatzes storniert und korrigiert wieder neu erfasst werden. Die Auswahlmenüs zur Verarbeitung und Auswertung der Daten sind links im Bildschirm angeordnet. Einen Auszug aus der Summen- und Saldenliste der Müller & Thurgau GmbH finden Sie in Abbildung 25. Neben den beiden vorgestellten Programmen gibt es eine Vielzahl weiterer EDVSysteme zur Finanzbuchhaltung. Den Buchhaltungsprogrammen ist gemeinsam, dass sie über vielfältige Auswertungs- und Hilfefunktionen verfügen. Bei der Auswahl des EDV-Programms ist auf jeden Fall darauf zu achten, dass es den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung entspricht.

130

7 ORGANISATION DER BUCHFÜHRUNG

Abbildung 25: Auszug aus der Summen- und Saldenliste

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

131

8 Vorbereitende Abschlussbuchungen 8.1

Notwendigkeit und Umfang vorbereitender Abschlussarbeiten

Der Jahresabschluss soll Anteilseignern, Gläubigern und anderen externen und internen Interessenten einen Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ermöglichen. Er ist Grundlage für die Gewinnausschüttung. Wegen dieser Funktionen des Jahresabschlusses müssen die Salden der Konten der Buchführung geprüft werden, bevor sie zu Abschlusspositionen in Bilanz und GuV verdichtet werden. Eine Überprüfung findet durch die Inventur statt. Eine andere Frage ist die Angemessenheit der planmäßigen Abschreibungen und die Notwendigkeit des Ansatzes außerplanmäßiger Abschreibungen. Um den Erfolg des Unternehmens periodengerecht auszuweisen, sind Aufwendungen und Erträge dem abzuschließenden Geschäftsjahr zuzuordnen, selbst wenn sie noch zu keinem Geldfluss geführt haben. Ungewisse Verbindlichkeiten in Form von Rückstellungen sind zu berechnen und zu buchen. Die nachfolgende Checkliste gibt einen Einblick in die vielfältigen Arbeiten zum Jahresabschluss. Nr. 1 2

Arbeitsschritt Durchsicht Buchhaltung des neuen Jahres Durchsicht der Konten „Durchlaufende Posten“

3

Abstimmung Geldtransitkonten

4

Abstimmung Kasse, laufende Geschäftskonten

5

Anlagevermögen

6

Vorratsvermögen

Tätigkeit • Durchsicht auf Eingangsrechnungen, die das alte Geschäftsjahr betreffen (Abgrenzung) • Grund für Saldo klären; gegebenenfalls weitere Belege anfordern • Klärung, warum nicht ausgeglichen; gegebenenfalls als übergreifenden Posten einem Bankkonto zuordnen • Abstimmung Fibu-Bestände mit Kassenbuch und Kontoauszügen, • Überprüfung Vollständigkeit der Zinserträge und Zinsaufwendungen • AfA lt. GuV abstimmen mit Anlagenverzeichnis, • Überprüfung der Zugänge hinsichtlich Nutzungsdauer; Regelung zu den GwG beachtet? • Möglichkeiten für Sonder-AfA beachtet? Außerplanmäßige AfA notwendig? • Inventurwerte liegen vor? Wertminderungsbedarf ermittelt? • Verprobung Wareneinsatz und Erläuterung von Abweichungen, • Herstellungskosten analog Vorjahr ermittelt?

132

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

7

Abstimmung der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

8

Abstimmung sonstiger Vermögensgegenstände

9

Steuerabstimmung

10

Rechnungsabgrenzungsposten

11

Eigenkapital

12

Abstimmung Rückstellungen

13

Abstimmung Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen

• Abstimmung Fibu-Wert mit OP-Listen, • Altersstruktur analysieren wegen Wertberichtigungsbedarf, • Abwicklung der Eröffnungsbilanzwerte, • Überprüfung Zahlungsabwicklung im Folgejahr wegen Wertberichtigung, • Überprüfung der im Folgejahr erteilten Gutschriften für Altforderungen (Rückstellung), • Durchsicht Konto Forderungsausfälle und Zusammenstellung der Forderungen mit Wertberichtigungsbedarf, • Ermittlung Pauschalwertberichtigung • Zusammensetzung des Saldos, • Abstimmung der Einzelbeträge mit Belegen, • Ermittlung weiterer Forderungen, • Überprüfung Vorjahresbestand, • Entwicklung von Verrechnungskonten • Abstimmung der Steuervorauszahlung mit Bescheiden; Abwicklung der Vorjahresbestände, • Abstimmung Konto USt-Vorauszahlung und USt-Verprobung vornehmen, • Abstimmung Lohnsteuerverbindlichkeit mit Lohnsteuervoranmeldung • Zusammensetzung des Saldos, • Durchsicht von GuV-Konten wegen Abgrenzungsbedarfs (Beiträge, Versicherungen) • Aktive latente Steuern berücksichtigen • Kontrolle der Vorträge für jeden Gesellschafter (nur Personengesellschaft), • Darstellung der Kapitalkonten für jeden Gesellschafter mit entsprechender Gewinnverteilung (nur Personengesellschaft), • Abgleich Stammeinlage mit aktuellem Handelsregister-Auszug (nur Kapitalgesellschaft), • Überprüfung, ob die Verbuchung einer Dividende und einer Kapitalerhöhung erfolgt ist (nur Kapitalgesellschaft) • Überprüfung Abwicklung des Altbestands hinsichtlich Verbrauch bzw. Inanspruchnahme, • Durchsicht von Verträgen hinsichtlich des zusätzlichen Rückstellungsbedarfs, • Rücksprache mit Einkauf und Vertrieb hinsichtlich drohender Verluste aus Verträgen, • passive latente Steuern zu berücksichtigen? • Abstimmung Fibu-Wert mit der OP-Liste, • Abwicklung der Eröffnungsbilanzwerte, • Überprüfung Zahlungsabwicklung im Folgejahr,

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

14

Abstimmung Darlehen

15

Fremdwährungsposten

16

Abstimmung Lohnverbindlichkeit und Sozialversicherung

17

GuV

18

Anhang, Lagebericht

133

• Überprüfung der im Folgejahr erteilten Gutschriften für Altverbindlichkeiten. • Abgleich mit Bankbestätigung, • Abgleich Zins- und Tilgungsbeträge laut Darlehensvertrag. • Identifizierung Fremdwährungsposten und Ermittlung unrealisierter Kursverluste, • Prüfung, ob eine geschlossene Position vorliegt. • Abstimmung Fibu-Betrag mit Aufstellung Lohnbuchhaltung, • Erklärung für Sozialversicherungsverbindlichkeit, • Saldo Lohnverrechnungskonto ist null! • Durchsicht sonstige betriebliche Erträge, • Abstimmung Personalaufwand mit Lohnjournal, • Durchsicht Aufwandskonten bezüglich Inhalt u. Vollständigkeit, • Analyse größerer Abweichungen gegenüber dem Vorjahr und Erläuterung der Differenz. • Nur für Unternehmen bestimmter Rechtsformen und Größenklassen.

Abbildung 26: Checkliste Jahresabschlussarbeiten5

8.2

Inventurdifferenzen

Die Inventur als wichtigste Voraussetzung zur Erstellung des Jahresabschlusses muss sorgfältig vorbereitet und durchgeführt werden, um die Buchbestände aus dem Rechnungswesen mit den Ist-Beständen von Vermögen und Schulden der körperlichen Bestandsaufnahme und der Buchinventur abgleichen zu können. Werden Differenzen festgestellt, muss die Ursache dafür gefunden werden. Generell können Inventurdifferenzen durch Buchungsfehler, wie Doppelbuchungen und Buchungen auf falschen Konten und noch nicht erfasste Wertänderungen wie z. B. noch nicht gebuchte Sachverhalte wie Abschreibungen, Wertänderungen durch Beachten des Niederstwertprinzips beim Vermögen bzw. des Höchstwertprinzips bei den Schulden, Rückstellungen usw. und Schwund oder Diebstahl entstehen. Können die Inventurdifferenzen nicht aufgeklärt werden, sind die entsprechenden Bestände buchhalterisch zu berichtigen und es ist Sorge dafür zu tragen, dass solche Fehler in Zukunft vermieden werden.

5

http://www.bwr-media.de/themen/steuern/umsatzsteuer/03184_grosse-checkliste-vorbereitung-auf-denjahresabschluss-2008.php; vom 19.8.2009

134

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

Ursachen für InventurBerichtigung differenzen Doppelbuchungen Storno der Doppelbuchung Buchen auf falschen Storno der FalschbuKonten chung, Neubuchung auf richtigem Konto Noch nicht gebuchte Nachbuchung Belege Diebstahl

Schwund

Wertänderung durch Niederstwertprinzip Wertänderung durch Höchstwertprinzip Noch nicht erfasste Abschreibungen

Beispiel Rechnung an Kunden doppelt gebucht Hilfsstoffe als Rohstoffe gebucht, Tankquittungen als Betriebsstoffe

Lieferung eines Kreditoren noch nicht erfasst, da noch keine Rechnung vorliegt Ausgleich des Verlus- Im Lager fehlen 10 Packungseinheites oder Nachbuten Ware chung Differenz nachbuDurch Wiegen eines Rohstoffes chen wurde ein Gewichtsverlust durch Verdunsten festgestellt Differenz nachbuNiedrigere Börsen- oder Marktpreise chen für Vorräte Differenz nachbuKursänderungen bei Auslandsverchen bindlichkeiten Buchen der Abschrei- Abschreibung für im Dezember gebungen kaufte Gegenstände des Sachanlagevermögens nicht berechnet und gebucht; ein Kunde hat trotz mehrfacher Mahnung nicht gezahlt Tabelle 8: Inventurdifferenzen

AUFGABE 8.1: Auf welchen Konten können zu hohe bzw. zu niedrige Kassenbestände gebucht werden? Welche Maßnahmen sind zu ergreifen, damit es nicht zu Diebstahl im Unternehmen kommt? Wie können Doppelbuchungen vermieden werden? Bilden Sie die Buchungssätze zu den in Tabelle 8: Inventurdifferenzen aufgeführten Beispielen. Die Aufklärung von Inventurdifferenzen ist ein wichtiger Beitrag im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten, um zu gewährleisten, dass die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung eingehalten werden. Bei prüfungspflichtigen Unternehmen gehört die Beobachtung der Inventur zu den Aufgaben des Jahresabschlussprüfers. Die Buchungen zum Jahresabschluss stellen regelmäßig einen Schwerpunkt der gesetzlichen oder auch freiwilligen Jahresabschlussprüfung dar.

135

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

8.3

Zeitliche Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen

Der Erfolg des Unternehmens muss periodengerecht ermittelt werden. Das folgt aus dem § 242 (2) HGB: Er hat für den Schluss eines jeden Geschäftsjahrs eine

Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs (Gewinnund Verlustrechnung) aufzustellen. Daraus ergeben sich zwei Forderungen an die Gewinn- und Verlustrechnung. Zum einen muss die GuV alle Aufwendungen und Erträge erfassen, unabhängig von Zahlungen, es geht um die Vollständigkeit und zum anderen darf die GuV nur die Aufwendungen und Erträge des abzuschließenden Geschäftsjahres erfassen. Bereits getätigte und gebuchte Vorauszahlungen für spätere Geschäftsjahre dürfen den Erfolg des abzuschließenden Jahres nicht beeinflussen. Es muss eine Durchsicht der vorläufigen GuV erfolgen, um folgende Fragen beantworten zu können: 1. Sind in der GuV nur das abzuschließende Geschäftsjahr betreffende Aufwendungen und Erträge enthalten? 2. Sind bereits alle das Geschäftsjahr betreffende Aufwendungen und Erträge erfasst worden? Dazu dienen die in der Tabelle 9 dargestellten vier Konten. Konto

Sachverhalt

Buchungssatz (allgemein)

Beispiele

Aktive Rechnungsabgrenzung

Im Voraus bezahlter Aufwand für nachfolgende Geschäftsjahre

ARA an Aufwandskonto

Passive Rechnungsabgrenzung Sonstige Forderungen

Im Voraus vereinnahmte Erträge nachfolgender Geschäftsjahre Noch nicht erhaltene Erträge des Geschäftsjahres

Sonstige Verbindlichkeiten

Noch nicht bezahlte Aufwendungen des Geschäftsjahres

Ertragskonto an PRA Sonstige Forderungen an Ertragskonto Aufwandskonto an sonstige Verbindlichkeiten

Mietvorauszahlungen, Jahresprämien für Versicherungen, Zinsvorauszahlungen, Zahlung von Jahresabonnements für Literatur Erhaltene Miet-, Zinszahlungen für das neue Geschäftsjahr Mieteinnahmen, Provisionseinnahmen usw. für Dezember stehen noch aus Darlehenszinsen wurden noch nicht gezahlt

Tabelle 9: Konten zur zeitlichen Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen

136

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

Die in der Tabelle 9 aufgeführten vier Konten lassen sich in zwei Kategorien unterteilen und zwar in die transitorischen und die antizipativen Posten der Jahresabgrenzung, die in der Abbildung 27 dargestellt sind. zeitliche Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen

transitorisch ARA PRA

antizipativ sonstige Forderungen sonstige Verbindlichkeiten

Abbildung 27: Transitorische und antizipative zeitliche Abgrenzung

Die transitorischen Posten der zeitlichen Abgrenzung ermöglichen es, dass die Aufwendungen und Erträge immer im wirtschaftlich dazugehörigen Jahr in der GuV ausgewiesen werden, auch wenn die entsprechenden Zahlungen bereits eher erfolgten. „Transire“ bedeutet im Lateinischen hinübergehen, antizipativ bedeutet vorziehen. Mithilfe der antizipativen Posten werden also Aufwendungen und Erträge erfasst, auch wenn noch keine Zahlungen im Geschäftsjahr erfolgten. Aktive Rechnungsabgrenzung Im § 250 (1) HGB heißt es: Als Rechnungsabgrenzungsposten sind auf der Aktiv-

seite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Der § 250 (3) HGB geht auf eine weitere mögliche Bildung aktiver Rechnungsabgrenzungsposten ein: Ist der Erfüllungsbetrag einer Verbindlichkeit höher als der Ausgabebetrag, so darf der Unterschiedsbetrag in den Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite aufgenommen werden. Der Unterschiedsbetrag ist durch planmäßige jährliche Abschreibungen zu tilgen, die auf die gesamte Laufzeit der Verbindlichkeit verteilt werden können. Im Voraus gezahlter und gebuchter Aufwand kann dabei ganz oder nur teilweise dem neuen Geschäftsjahr zuzurechnen sein. Mit einer Bezahlung im Voraus hat das Unternehmen eine Forderung an denjenigen, der die Zahlung erhalten hat. Die entsprechend bezahlte Leistung kann eingefordert werden. Wurde wie im Beispiel 1 eine Jahresprämie für eine Versicherung bezahlt, besteht Versicherungsschutz für ein gesamtes Jahr und kann eingefordert werden.

137

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

Beispiel 1: Zum 1. November 01 wurde ein Vertrag über eine Transportversicherung abgeschlossen, um das Risiko zu mindern, dass beim Transport der Waren auf eigene Gefahr Schäden durch Fahrzeugunfall, Feuer, Einbruch in das geparkte Fahrzeug oder Diebstahl des Wagens mit seiner Ladung entstehen können. Die Jahresprämie beträgt 4.320 Euro einschließlich Versicherungssteuer und wurde per Lastschrift am 01.11.01 vom Bankkonto abgebucht. Folgende Buchungen sind notwendig: 01.11.01: Bezahlung der Versicherung über das Bankkonto Betriebl. Versicherungen

an

Bank

4.320

Der Jahresbeitrag dieser Versicherung beträgt für 12 Monate 4.320 Euro, also monatlich 360 Euro. Durch das Buchen der gesamten Jahresprämie auf das Konto betriebliche Versicherungen wurde der Versicherungsaufwand auch für die Monate Januar bis Oktober des Jahres 02 auf einem Aufwandskonto erfasst, welches zum Bilanzstichtag über die GuV abgeschlossen wird und somit für das abzuschließende Jahr einen zu hohen Betrag ausweisen würde. Deshalb werden die das neue Geschäftsjahr betreffenden Aufwendungen zum 31.12.01 in Höhe von 3.600 Euro (10 Monate zu je 360 Euro) aktiv abgegrenzt. 31.12.01: Abgrenzung des Versicherungsaufwandes für die Monate Januar bis Oktober des nächsten Jahres 02 Aktive Rechnungsabgrenzung

an

Betriebl. Versicherungen

3.600

Damit enthält das Konto betriebliche Versicherungen im Jahre 01 die Versicherungsprämien für die Monate November und Dezember und kann nun über GuV periodengerecht abgeschlossen werden. Durch Auflösung des Kontos Aktive Rechnungsabgrenzung im nachfolgenden Geschäftsjahr 02, also zum 01.01.02 gelangen die Versicherungsaufwendungen für die Monate Januar 02 bis Oktober 02 zeitgerecht als Aufwand in das Jahr 02. Dabei ist zu entscheiden, ob der Versicherungsaufwand mit einer Buchung oder monatlich erfasst werden soll. 01.01.02: Auflösung des Kontos Aktive Rechnungsabgrenzung in einem Betrag oder jeweils zum 1. eines Monates Betriebl. Versicherungen

an

Aktive Rechnungsabgr.

(oder zum 01. eines jeden Monats 360 Euro)

3.600

138

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

Erfassen Sie die vorangegangenen Geschäftsfälle für das abzuschließende und das neue Geschäftsjahr auf T-Konten!

Eine direkte Abgrenzung der Vorauszahlung des Versicherungsaufwandes bei Bezahlung am 01.11.01 empfiehlt sich nicht. Natürlich bereitet man entsprechende Buchungen zur zeitlichen Jahresabgrenzung sofort vor und listet sie dann zum Datum des Bilanzstichtages auf. Bei Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuern wird diese komplett als Vorsteuer gezogen Passive Rechnungsabgrenzung Erträge, die im abzuschließenden Geschäftsjahr bereits als Geldeinnahme gebucht wurden, aber ganz oder teilweise dem nächsten Geschäftsjahr als Ertrag zuzurechnen sind, werden durch Buchung als Passive Rechnungsabgrenzungsposten periodengerecht erfasst. Typisch für solche Sachverhalte sind im Voraus vereinnahmte Mieten, Pachten und Zinsen. Im § 250 (2) HGB heißt es dazu: Auf der Passivseite

sind als Rechnungsabgrenzungsposten Einnahmen vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Mit der Vereinnahmung des Geldes besteht eine Leistungsverbindlichkeit. Beispiel 2: Die Müller & Thurgau GmbH gewährte dem Kunden Winzerverein Frankonia zum 01.12.01 ein Darlehen, welches am Ende der Laufzeit in einer Summe zurückzuzahlen ist. Dafür sind vom Winzerverein im Voraus Halbjahreszinsen zu zahlen und zwar jeweils 600 Euro bis spätestens zum 30. November und 30. Mai. Sollte keine Zinszahlung erfolgen, wird das Darlehen sofort fällig. Die erste Zinszahlung erfolgte am 25. November 01 und wurde dem Bankkonto der Müller & Thurgau GmbH gut geschrieben. Der Betrag von 600 Euro umfasst die Zinszahlungen für die Monate Dezember 01 bis Mai 02 von je 100 Euro und muss für die Monate Januar bis Mai in Höhe von 500 Euro abgegrenzt werden. Es sind folgende Buchungen notwendig:

139

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

25.11.01: Geldeinnahme für Darlehenszinsen in Höhe von 600 Euro Bank

an

Zinserträge

600

31.12.01: Abgrenzung der im Voraus erhaltenen Zinsen für Januar bis Mai 02 Zinserträge

an

Passive Rechnungsabgr.

500

Damit sind auf dem Konto Zinserträge nur die Zinsen für den Monat Dezember 01 als Ertrag und somit periodengerecht in entsprechender Höhe von 100 Euro erfasst. 01.01.02: Auflösung der Passiven Rechnungsabgrenzung Passive Rechnungsabgrenzungan

Zinserträge

500

(oder zum jeweiligen Monatsersten je 100 Euro) So sind die vom Winzerverein Frankonia gezahlten Zinsen wirtschaftlich richtig den beiden Geschäftsjahren 01 und 02 zugeordnet. Erfassen Sie die vorangegangenen Geschäftsfälle für das abzuschließende und das neue Geschäftsjahr auf T-Konten!

AUFGABE 8.2: Buchen Sie die Beispiele 1 und 2 aus Sicht der Geschäftspartner, also der Versicherung bzw. dem Winzerverein Frankonia. Sonstige Forderungen Erträge aus Verträgen über Vermietung und Verpachtung, Darlehensgewährung oder Provisionsgeschäfte werden von Unternehmen, die sich nicht ausschließlich wirtschaftlich in solchen Geschäftsbereichen betätigen, in der Regel nicht als Forderung gebucht und müssen deshalb zum Jahresende auch dann erfasst werden, wenn sie noch zu keiner Geldeinnahme geführt haben. Ansonsten wäre der Grundsatz der Vollständigkeit nicht erfüllt und es würde außerdem ein Verstoß gegen

140

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

den § 252 (1) Satz 5 HGB vorliegen: Aufwendungen und Erträge des Geschäfts-

jahrs sind unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluss zu berücksichtigen. Beispiel 3: Bei der Durchsicht der Kontoauszüge konnte für den Monat Dezember noch kein Geldeingang aus einem Provisionsvertrag mit der Steigerwald Quelle festgestellt werden. Neben einem monatlich vereinbarten Festbetrag in Höhe von netto 200 Euro soll eine erfolgsabhängige Zahlung immer erst vier Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres erfolgen. Der Ertrag von 200 Euro ist zum 31.12.01 zu erfassen, auch wenn die Steigerwald Quelle noch nicht gezahlt hat. 31.12.01: Erfassung des vereinbarten Ertrages von 200 Euro als Ertrag im Monat Dezember Sonstige Forderungen

238

an

Provisionserträge Umsatzsteuer

200 38

Damit ist in der GuV des abzuschließenden Jahres auch der Provisionsertrag Dezember erfasst. Provisionserträge unterliegen der Umsatzsteuer. Der Saldo des Kontos Sonstige Forderungen wird über das SBK des Jahres 01 abgeschlossen und erscheint als Anfangsbestand in der Eröffnungsbilanz des Jahres 02. Von der Steigerwald Quelle wird ein Betrag von 476 Euro am 10. Januar 02 dem Bankkonto der Müller & Thurgau GmbH gut geschrieben. Die Steigerwald Quelle entschuldigt sich für die verspätete Zahlung für den Monat Dezember. 10.01.02: Erfassung der Zahlung des geforderten Betrages. Bank

476

an

Sonstige Forderungen Provisionserträge Umsatzsteuer

238 200 38

Mit der Buchung des noch nicht erhaltenen Provisionsertrages des Monates Dezember als Sonstige Forderung im Jahr 01 und dem Ausgleich dieser Forderung bei Gutschrift auf dem Konto im nächsten Jahr ist dieser Vorgang periodengerecht erfasst worden. Erfassen Sie die vorangegangenen Geschäftsfälle für das abzuschließende und das neue Geschäftsjahr auf T-Konten!

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

141

Sonstige Verbindlichkeiten Gerade zum Jahresende hin kann es sein, dass die Liquidität nicht ausreicht, um allen Verpflichtungen aus laufenden Verträgen wie z. B. Miet- und Pacht-, Wartungs- oder Leasingverträgen nachzukommen. Diese noch nicht bezahlten Aufwendungen müssen zum Bilanzstichtag in der Buchführung erfasst werden, weil sie Aufwand des abzuschließenden Geschäftsjahres sind, worauf im § 252 (1) Satz 5 HGB hingewiesen wird. Beispiel 4: Den vierteljährlich nachträglich zu zahlenden Betrag von 400 Euro netto für einen Wartungsvertrag für die Bürotechnik hat die Müller & Thurgau GmbH bis zum 31.12.01 noch nicht gezahlt, weil noch keine Rechnung vorlag. Trotzdem muss der Aufwand erfasst werden. Die Vorsteuer darf nach § 15 (1) UStG aber erst mit Vorliegen der Rechnung geltend gemacht werden. 31.12.01: Erfassen des Aufwandes für Wartungsarbeiten des letzten Quartals des Jahres 01. Wartungskosten 400 VSt im Folgejahr abziehb. 76

an an

Sonst. Verbindlichkeiten 476

Am 12. Januar des nachfolgenden Jahres wird die nun erhaltene Rechnung über das Bankkonto beglichen. Damit wird die Vorsteuer abzugsfähig. 12.01.02: Buchung der Bezahlung des Wartungsaufwandes des letzten Quartals 01 über das Bankkonto und Buchung der nun abziehbaren Vorsteuer. Sonst. Verbindlichkeiten 476 Vorsteuer 76

an an

Bank 476 VSt im Folgejahr abziehb. 76

Der Wartungsaufwand wurde somit periodengerecht im Geschäftsjahr 01 gebucht und die entsprechende Bezahlung zum tatsächlichen Zahlungszeitpunkt im Jahre 02. Die Vorsteuer wird erst mit Vorliegen einer Rechnung abzugsfähig.

142

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

Erfassen Sie die vorangegangenen Geschäftsfälle für das abzuschließende und das neue Geschäftsjahr auf T-Konten!

AUFGABE 8.3: Bilden Sie die Buchungen für die Geschäftspartner der Müller & Thurgau GmbH aus den Beispielen 3 und 4. AUFGABE 8.4: Bilden Sie die Buchungssätze zu den innerbetrieblichen Informationen der Müller& Thurgau GmbH. Innerbetriebliche Information

1. Am 31.12.01 werden aus der im Voraus bezahlten Gesamtmiete von 180.000,- Euro anteilig für Dezember 15.000,- Euro in den Mietaufwand umgebucht. 2. Das im Gesamtposten enthaltene Damnum wird jeweils zum Monatsende in Höhe von 1.931,EUR aufgelöst.

Innerbetriebliche Information

1. Aus dem passiven Rechnungsabgrenzungsposten werden betriebliche Mieteinnahmen (Grundstückerträge) für das lfd. Wirtschaftsjahr in Höhe von 3.000,- Euro aufgelöst. 2. Der Rechnungsabgrenzungsposten wird für die Mietvorauszahlung 12/01 in Höhe von 3.307,Euro aufgelöst und als Grundstücksertrag gebucht.

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

143

AUFGABE 8.5: Ordnen Sie die Begriffe Aufwand und Ausgabe bzw. Ertrag und Einnahme richtig für die einzelnen Sachverhalte entweder dem abzuschließendem oder dem neuen Geschäftsjahr zu. Bilden Sie die Buchungssätze zum Bilanzstichtag 31.12. und zu den jeweiligen Zahlungen. Sachverhalt

Vorgang abzuschlieneues GJ ßendes GJ

Buchung zum 31.12. bei Zahlung

Im Voraus bezahlter Aufwand Im Voraus vereinnahmter Ertrag Noch nicht gezahlter Aufwand Noch nicht erhaltener Ertrag Tabelle 10: Übersicht zur zeitlichen Abgrenzung

8.4

Rückstellungen

Um den Erfolg eines Unternehmens periodengerecht ermitteln zu können, müssen alle Aufwendungen des abzuschließenden Geschäftsjahres berücksichtigt werden, auch solche, die zwar ihre Ursache im Geschäftsjahr haben, aber deren Höhe und/oder Zahlungszeitpunkt noch ungewiss sind. Damit hat das Unternehmen für bestimmte Aufwendungen des abzuschließenden Jahres ungewisse Verbindlichkeiten, die berechnet oder geschätzt und in Form von Rückstellungen passiviert werden. Die Ungewissheit von Höhe und/oder Fälligkeit unterscheidet die Rückstellungen von den Sonstigen Verbindlichkeiten. Der § 249 (1) HGB stellt ein Gebot dar: Rückstellungen sind für ungewisse Ver-

bindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Ferner sind Rückstellungen zu bilden für 1. im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden, 2. Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden. Die Bildung von Rückstellungen folgt aus dem Vorsichtsprinzip und dem Grundsatz der Periodenabgrenzung. Rückstellungen werden für Aufwendungen gebildet,

144

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

die den Gewinn mindern und somit zugleich Auswirkungen auf die Ertragssteuern haben und auf die Liquidität des Unternehmens. Die Höhe der Rückstellung ist entweder zu berechnen oder wie im § 253 (1) Satz 2 HGB angegeben, sind Rück-

stellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen. Zur Erfassung von Rückstellungen ist immer ein Aufwandskonto im Soll zu buchen und ein entsprechendes Rückstellungskonto im Haben. Der Buchungssatz lautet im Allgemeinen: Aufwandskonto

an

Rückstellungskonto

Nach § 266 (2) HGB sind Rückstellungen auf der Passivseite der Bilanz auszuweisen unter:

B. Rückstellungen: 1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen; 2. Steuerrückstellungen; 3. sonstige Rückstellungen. Damit sind mindestens drei Rückstellungskonten zu bilden. Je nach verwendetem Kontenrahmen sind bereits weitere spezielle Rückstellungskonten vorhanden, die den drei Bilanzpositionen zugeordnet werden. Für die speziellen Zwecke des Unternehmens können neue Rückstellungskonten gebildet werden.

AUFGABE 8.6: Verschaffen Sie sich anhand von Kontenrahmen einen Überblick darüber, welche Rückstellungsarten gebildet werden können. Überlegen Sie sich, wie die Berechnung bzw. Schätzung der Höhe der Rückstellung erfolgt. Vergleichen Sie dazu auch Angaben in Geschäftsberichten börsennotierter Unternehmen. Rückstellungsart Kontenrahmen aus Geschäftsberichten

Grundlage für Berechnung, Schätzung

Der Gesetzgeber schreibt im § 249 (2) HGB weiterhin vor: Für andere als die in

Absatz 1 bezeichneten Zwecke dürfen Rückstellungen nicht gebildet werden. Rückstellungen dürfen nur aufgelöst werden, soweit der Grund hierfür entfallen ist.

145

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

Der Grund für das Entfallen einer Rückstellung ist im Wegfall der Ungewissheit zu sehen, in der Regel also mit der Zahlung. Dabei sind drei Möglichkeiten gegeben:

a) Möglichkeit: Der Rückstellungsbetrag entspricht dem Zahlungsbetrag. Rückstellungskonto

an

Bank

b) Möglichkeit: Der Rückstellungsbetrag ist kleiner als die Zahlung, es muss ein zusätzlicher Aufwand gebucht werden. Für Steuern gibt es dafür spezielle Konten Steuernachzahlungen früherer Jahre. Da die Ursache für die Bildung der Rückstellung in einem bereits abgeschlossenen Geschäftsjahr liegt, ist der zusätzliche Aufwand als periodenfremder Aufwand zu erfassen. Rückstellungskonto Periodenfremder Aufwand

an

Bank

c) Möglichkeit: Der Rückstellungsbetrag ist größer als der Zahlungsbetrag. Es ergibt sich ein Ertrag, der auf dem Konto Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen zu erfassen ist. Damit wird auch ersichtlich, dass bewusst zu hoch berechnete oder geschätzte Rückstellungen zwar in dem einen Jahr als Aufwand den Gewinn mindern, bei Auflösung im anderen Jahr aber als Ertrag den Gewinn erhöhen und es somit nur zu einer Gewinn- und Liquiditätsverschiebung gekommen ist. Rückstellungskonto

an an

Bank Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen

Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH hat für das Jahr 01 eine Gewerbesteuerrückstellung in Höhe von 19.786 Euro (Abbildung 28) berechnet. Dafür ist zum 31.12.01 eine Rückstellung zu buchen. 31.12.01: Gewerbesteuer

an

Steuerrückstellungen

19.786

Damit ist der Steueraufwand aus Gewerbesteuer für das Jahr 01 periodengerecht diesem Geschäftsjahr zugeordnet. Das Konto Steuerrückstellungen wird über das SBK abgeschlossen. Der Saldo erscheint in der Schlussbilanz und in der Eröffnungsbilanz des Jahres 02 und somit als Anfangsbestand auf dem Konto Steuerrückstellungen des Jahres 02.

146

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

Gewerbesteuer 01 in Euro Müller & Thurgau GmbH

Finanzamt: Würzburg Steuernummer: 12345676

Kurzberechnung der Gewerbesteuer Gewerbeertrag Vorläufiger Jahresüberschuss (+) / Jahresfehlbetrag (–) + nicht abziehbare Aufwendungen – steuerfreie inländische Vermögensmehrungen

1.479.028 637.176 1.140

=

Zwischensumme

2.115.064



Spenden, die das körperschaftssteuerpflichtige. Einkommen erhöht haben

=

Gewinn (+) / Verlust (-) gemäß § 7 GewStG

+ –

Summe der Hinzurechnungen Summe der Kürzungen

=

Gewerbeertrag (+) / Gewerbeverlust (–) abgerundet auf volle 100 EUR steuerpflichtiger Gewerbeertrag

=

3.000 2.112.064 53.103 6.056 2.159.111 2.159.100 2.159.100

Gewerbesteuer-Rückstellung/Aktivierung Steuermessbetrag nach dem Gewerbeertrag 2.159.100 x 3,50 v. H. =

75.568

Gewerbesteuerschuld (75.568 x 420,00 v. H.)

317.386



Gewerbesteuer-Vorauszahlungen laut Gewinn- und Verlustrechnung

297.600

=

berechnete Gewerbesteuer-Rückstellung (+) / Aktivierung (–)

19.786

Abbildung 28: Ermittlung der Gewerbesteuerrückstellung für die Müller & Thurgau GmbH 01

Den Gewerbesteuerbescheid erhält die GmbH Ende Mai des Jahres 02 und überweist per Bank fristgemäß zum 30. Juni 02: a) den berechneten Betrag von 19.786 Euro. Steuerrückstellungen

an

Bank

19.786

b) einen im Gewerbesteuerbescheid ausgewiesenen höheren Betrag von 20.342 Euro. Steuerrückstellungen Steuernachzahlung

19.786 556

an

Bank

20.342

Statt des Kontos „Steuernachzahlungen“ kann auch das Konto „periodenfremder Aufwand“ im Soll gebucht werden.

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

147

c) einen im Gewerbesteuerbescheid ausgewiesenen niedrigeren Betrag von 19.518 Euro. Steuerrückstellungen

19.786

an an

Bank 19.518 Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen 268

In jedem Fall wird die Steuerrückstellung aufgelöst, denn durch den Steuerbescheid ist das Merkmal der Ungewissheit für eine Rückstellung nicht mehr gegeben. Betrag und Fälligkeit sind nun genau bekannt.

AUFGABE 8.7: Überlegen Sie sich, welche Rückstellungsarten die Müller & Thurgau GmbH noch im Jahresabschluss berücksichtigen muss und wie diese berechnet bzw. nach vernünftigen kaufmännischen Erwägungen geschätzt werden können. AUFGABE 8.8: Buchen Sie den Beleg zur Körperschaftsteuerrückstellung der Müller & Thurgau GmbH im Anhang! AUFGABE 8.9: Entscheiden Sie, ob die nachfolgenden Sachverhalte die Bildung von Rückstellungen nach sich ziehen: a. Unter den bereits unterschriebenen Verträgen für das nächste Geschäftsjahr existiert u. a. ein Vertrag über die Lieferung von braunen Weinflaschen an die Gebietswinzergenossenschaft und zwar über die vierteljährliche Lieferung von 500.000 braunen Weinflaschen zu je 0,25 Euro pro Stück. Allerdings hat die Nachkalkulation gezeigt, dass dieser Stückpreis nach der Vollkostenrechnung nicht kostendeckend ist, sondern einen Verlust von 1,5 Cent pro Flasche bedeutet. Bei der Gestaltung der neuen Preisliste für die anderen Kunden wurde nicht nur der Verlust berücksichtigt, sondern auch ein durchschnittlicher Gewinn von 10 %. b. Ein im Jahr 01 begonnener Prozess gegen die Alpha OHG auf Schadenersatz wegen mangelhafter Lieferung wird im Jahr 02 wahrscheinlich verloren gehen. Es werden Gerichtskosten in Höhe von 4.500 € erwartet. c. Der Wartungsvertrag für einen Glasschweißautomaten verpflichtet den Hersteller des Gerätes spätestens im Dezember eines jeden Jahres notwendige Wartungsarbeiten vorzunehmen. Der hohe Auftragseingang im letzten Quartal des Jahres 01 veranlasst die Geschäftsleitung, diese Arbeiten auf die Zeit vom 15. Bis 30.04.02 zu verlegen. Das Wartungsunternehmen stimmt dem zu. Langfristige Rückstellungen: Für langfristige Rückstellungen wie für Pensionen u. ä. ist nach § 253 (2) HGB zu beachten: Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von

148

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

mehr als einem Jahr sind mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz abzuzinsen, der sich im Falle von Rückstellungen für Altersvorsorgeverpflichtungen aus den vergangenen zehn Geschäftsjahren und im Falle von sonstigen Rückstellungen aus den vergangenen sieben Geschäftsjahren ergibt. Um den Berechnungsaufwand zu minimieren bzw. um eine bessere Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse verschiedener Unternehmen zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber im § 253 (2) Satz 2 HGB eingefügt: Abweichend von Satz 1 dürfen Rück-

stellungen für Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen pauschal mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz abgezinst werden, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für auf Rentenverpflichtungen beruhende Verbindlichkeiten, für die eine Gegenleistung nicht mehr zu erwarten ist. Der nach den Sätzen 1 und 2 anzuwendende Abzinsungszinssatz wird von der Deutschen Bundesbank nach Maßgabe einer Rechtsverordnung ermittelt und monatlich bekannt gegeben. AUFGABE 8.10: Verschaffen Sie sich einen Überblick über die nach § 253 (2) Satz 1 und Satz 2 HGB geltenden unterschiedlichen Zinssätze.

8.5

Bewertung von Forderungen

Die kritische Durchsicht der Offenen Postenliste der Debitoren ist eine ständige Aufgabe, um bei Zahlungsverzug rechtzeitig Maßnahmen ergreifen zu können. Zum Bilanzstichtag wird diese Aufgabe noch wichtiger, geht es doch um die Einschätzung der Werthaltigkeit der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, die auf der Aktivseite der Bilanz als Vermögen ausgewiesen werden. Generelle Bewertungskriterien und Maßstäbe werden im Abschnitt 9.3 erläutert. Die Einteilung und Bewertung von Forderungen ist in der Tabelle 11 zusammengefasst. Art der Forderung einwandfrei zweifelhaft

uneinbringlich

Merkmal Zahlungsziele noch nicht überschritten Zahlungsziele überschritten, kein Reagieren auf Mahnungen Forderungsausfall steht fest

Wert am 31.12. Nennbetrag Wahrscheinlicher Wert

Null

Maßnahme (Pauschalwertberichtigung) Geschätzten Ausfall netto abschreiben

Forderung abschreiben mit USt-Korrektur

Tabelle 11: Einteilung der Forderungen zum Jahresende

149

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

Uneinbringliche Forderungen Als uneinbringlich wird eine Forderung bezeichnet, deren Ausfall fest steht, weil z. B. das Insolvenzverfahren abgeschlossen oder mangels Masse erst gar nicht durchgeführt wurde, bei erfolgloser Pfändung oder Verjährung der Forderung.

AUFGABE 8.11: Welche Maßnahmen können ergriffen werden, damit der Anteil an uneinbringlichen und zweifelhaften Forderungen möglichst gering ist? Da eine uneinbringliche Forderung keinen Vermögenswert mehr darstellt, ist sie voll abzuschreiben. Die im Forderungsbetrag enthaltene Umsatzsteuer wird dabei nach § 17 (2) UStG berichtigt „…wenn 1. das vereinbarte Entgelt für eine steuer-

pflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen.“ Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH hatte im September dieses Jahres eine Lieferung an die BioSaft Ltd. mit Sitz in Frankfurt/Oder (einen neuen Kunden) getätigt. Die Rechnung beläuft sich auf 28.900 Euro netto zuzüglich 19 % USt und war am 10. Oktober fällig. Auf Mahnungen reagierte der Kunde nicht. Es wurde ein Anwalt hinzugezogen, doch die BioSaft Ltd. ist unter der angegebenen Adresse nicht bekannt und auch nicht ins Handelsregister eingetragen. Telefon- und Internetanschlüsse funktionieren nicht mehr. Der Gesellschafter Müller informierte die Staatsanwaltschaft, Abteilung Wirtschaftskriminalität über die Recherche des Rechtsanwaltes und gibt die Anweisung ans Rechnungswesen, diese Forderung abzuschreiben. Forderungsverlust Umsatzsteuer

28.900 5.491

an

Forderungen gegen BioSaft Ltd.

34.391

Damit bucht die Müller & Thurgau GmbH einen Aufwand genau in Höhe des im September aufgezeichneten Ertrages. Erfassen Sie die vorangegangenen Geschäftsfälle auf T-Konten!

150

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

Zweifelhafte Forderungen Wurden zum Bilanzstichtag Forderungen festgestellt, deren Zahlungsziele bereits überschritten sind, ist einzuschätzen, in wie weit der Kunde doch noch zahlen wird. Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, die zum einen vom Unternehmen und vom Kunden beeinflussbar sind, z. T. aber auch nicht. Solche Forderungen können auf das Konto Zweifelhafte Forderungen umgebucht werden. In der Debitorenbuchhaltung werden für diese Kundenkonten die Mahnungen erstellt, Liefersperren eingerichtet usw. Der nach vernünftigen kaufmännischen Erwägungen geschätzte Ausfallbetrag einer zweifelhaften Forderung wird abgeschrieben. Die Abschreibung erfolgt dabei vom Nettobetrag der Forderung und wird i.R. indirekt über das Wertberichtigungskonto Einzelwertberichtigung auf Forderungen (EWB) vollzogen. Das hat den Vorteil, dass in der Buchführung immer die volle Höhe der Forderung und auch der Abschreibungsbetrag auf diese Forderung erkennbar sind. Der Abschreibungsbetrag wird auf dem Aufwandskonto Einstellung in EWB gebucht. Beispiel: Der Debitor Weinkellerei Josef Huber hat eine am 15. Dezember fällige Rechnung über netto 6.450 Euro nicht bezahlt. Er hat auf die Mahnung nicht reagiert und ist auch telefonisch nicht zu erreichen. Bisher wurde jede Rechnung bezahlt, wenn auch in den letzten zwei Monaten mit immer größerer Verzögerung. Es wird deshalb davon ausgegangen, dass sich die Liquiditätsprobleme des Kunden eher noch vergrößert haben. Deshalb wird ein Ausfall von einem Drittel der Forderung geschätzt. Der Wertberichtigungsbetrag wird von der Nettoforderung berechnet: 1/3 von 6.450 Euro entspricht einem Betrag von 2.150 Euro. 31.12.01: Einstellung in EWB

Ertragswirksam in der GuV

2.150

an

EWB auf Forderungen gg. Weinkellerei Huber 2.150

Bestandskonto der Bilanz

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

151

Für jede einzeln wertberichtigte Forderung wird ein spezielles Konto EWB zu Forderungen in der Buchführung eingerichtet, um eine eindeutige Zuordnung der Abschreibungsbeträge und der späteren Zahlungen vorzunehmen. Das Aufwandskonto Einstellung in EWB wird zum 31.12. über GuV abgeschlossen. Das passive Bestandskonto EWB zu Forderungen wird über SBK abgeschlossen und somit steht im neuen Jahr der Betrag von 2.150 Euro als Anfangsbestand auf diesem Konto. Erfassen Sie die vorangegangenen Geschäftsfälle auf T-Konten!

Von der Weinkellerei Josef Huber sollen im Jahre 02 folgende Zahlungen eingehen: a) Entsprechend einer im Januar abgeschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung wird zum jeweiligen Monatsende hin ein Betrag von 1.000 Euro gezahlt. b) Es erfolgte eine Bankgutschrift von 3.000 Euro zum 1. Februar, danach keine weitere Zahlung. Im Mai wurde die Weinkellerei geschlossen. c) Ein angekündigter Zahlungseingang konnte nicht festgestellt werden. Dafür war in den Mitteilungen des Amtsgerichtes zu lesen, dass die Weinkellerei Josef Huber einen Insolvenzantrag gestellt hat, der mangels Masse abgelehnt wurde. Fall a) Der monatliche Geldeingang von 1.000 Euro wird bei Gutschrift auf dem Bankkonto zum jeweiligen Monatsende erfasst. Bank

1.000,00 an

Forderungen gg. Weinkellerei Huber

1.000,00

Die Restzahlung Ende August 02 in Höhe von 675,50 Euro wird ebenso gebucht. Bank

675,50 an

Forderungen gg. Weinkellerei Huber

675,50

152

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

Mit dieser letzten Zahlung ist die Forderung in Höhe von 7.675,50 Euro beglichen. Eventuell vereinbarte Zinszahlungen wegen verspäteter Zahlung werden als Zinsen und ähnliche Erträge gebucht. Mit dem Ausgleich der Forderung wird auch die Wertberichtigung auf diese Forderung aufgelöst und zwar als Ertrag. EWB auf Forderungen Weinkellerei Huber

2.150,00 an

Erträge aus der Herabsetzung der EWB auf Forderungen 2.150,00

Damit sind alle erforderlichen Buchungen abgeschlossen. Der im Jahr 01 als Aufwand gebuchte geschätzte Ausfall in Höhe von 2.150 Euro wird bei vollständiger Zahlung des Kunden im Jahr 02 ein Ertrag in gleicher Höhe. Erfassen Sie die vorangegangenen Geschäftsfälle auf T-Konten!

Fall b) Zahlungseingang am 01.02.02: von 3.000 Euro als erste und einzige Zahlung: Bank

3.000

an

Forderungen gg. Weinkellerei Huber

3.000

Berechnung des Ausfalles: Bruttobetrag

Nettobetrag

USt

Forderung

7.675,50

6.450,00

1.225,50

Geldeingang

3.000,00

2.521,01

478,99

Auflösung EWB

2.150,00

2.150,00

Ausfall

2.525,50

1.778,99

746,51

153

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

Der gesamte Ausfall der Forderung setzt sich zusammen aus einem Aufwand in Höhe des Nettobetrages von 1.778,99 Euro und der USt-Korrektur in Höhe von 746,51 Euro. Die ausgefallene Restforderung in Höhe von 4.675,50 Euro (inkl. USt) wird aufwandswirksam aufgelöst und die Umsatzsteuer korrigiert. Forderungsverlust Umsatzsteuer

3.928,99 746,51 an

Forderungen gg. Weinkellerei Huber

4.675,50

Die Einzelwertberichtigung wird ertragswirksam aufgelöst. EWB auf Forderungen Weinkellerei Huber

2.150,00 an

Erträge aus der Herabsetzung der EWB auf Forderungen 2.150,00

Damit wird im Saldo der Forderungsverlust erfasst und die USt. Korrigiert. Erfassen Sie die vorangegangenen Geschäftsfälle auf T-Konten!

Fall c) Es erfolgt keinerlei Zahlung von der Weinkellerei Josef Huber. Damit wird diese Forderung uneinbringlich und ist abzuschreiben. Berechnung des Ausfalls. Forderung Geldeingang Auflösung EWB Ausfall

Bruttobetrag 7.675,50 0 2.150,00 5.525,50

Nettobetrag 6.450,00 0 2.150,00 4.300,00

USt 1.225,50 0 1.225,50

154

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

Forderungsverlust Umsatzsteuer

6.450,00 1.225,50 an

Forderungen gg. Weinkellerei Huber

7.675,50

Die Einzelwertberichtigung wird ertragswirksam aufgelöst. EWB auf Forderungen Weinkellerei Huber

2.150,00 an

Erträge aus der Herabsetzung der EWB auf Forderungen 2.150,00

Damit wird im Saldo der Forderungsverlust erfasst und die USt. Korrigiert. Erfassen Sie die vorangegangenen Geschäftsfälle auf T-Konten!

Pauschalwertberichtigung auf Forderungen Im Bestand der einwandfreien Forderungen zum Bilanzstichtag können sich durchaus Forderungen befinden, die im nachfolgenden Geschäftsjahr zu keinem Geldeingang führen. Aus der betrieblichen Erfahrung und durch den Nachweis der entsprechenden Sachverhalte in der Buchführung lässt sich ein Prozentsatz bestimmen, der das allgemeine Ausfallrisiko der Forderungen berücksichtigt. Dieser durchschnittliche Ausfallprozentsatz der letzten drei bis fünf Jahre wird dann auf den Nettobestand der einwandfreien Forderungen bezogen und in Form einer indirekten Abschreibung auf dem Konto Pauschalwertberichtigung auf Forderungen (PWB) erfasst. Einstellung in Pauschalwertberichtigung

Ertragswirksam in der GuV

an

Pauschalwertberichtigung zu Forderungen

Bestandskonto der Bilanz

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

155

Das Konto Einstellung in Pauschalwertberichtigung ist ein Aufwandskonto und wird über GuV abgeschlossen. Der Saldo des passiven Bestandskontos Pauschalwertberichtigung zu Forderungen erscheint im SBK und damit über das EBK als Anfangsbestand im nächsten Jahr auf dem Konto PWB zu Forderungen. Fallen dann in dem neuen Geschäftsjahr Forderungen aus, werden sie direkt abgeschrieben. Das Konto PWB zu Forderungen wird zum nächsten Bilanzstichtag an den neuen Forderungsbestand und/oder den neuen Ausfallprozentsatz angepasst. Damit ergeben sich die in der Tabelle 12 dargestellten Möglichkeiten. Benötigte PWB größer als Anfangsbestand Ursache

höherer Forderungsbestand und/oder höherer Ausfallprozentsatz PWB erhöhen Einstellung in PWB an PWB auf Forderungen

Maßnahme Buchungssatz

Auswirkung auf den Erfolg

Aufwandskonto Einstellung in PWB mindert den Erfolg

Benötigte Pauschalwertberichtigung kleiner als Anfangsbestand niedrigerer Forderungsbestand und/oder niedrigerer Ausfallprozentsatz PWB herabsetzen PWB zu Forderungen an Erträge aus der Herabsetzung von Wertberichtigungen auf Forderungen Ertragskonto Erträge aus Herabsetzung Wertberichtigungen auf Forderungen erhöht den Erfolg

Tabelle 12: Anpassung der Pauschalwertberichtigung

Ein Beispiel zur Berechnung der PWB mit Erläuterungen soll die Anwendung von in der Praxis verwendeten Excel-Tabellen6 zeigen (siehe Abbildung 29). Der so berechnete Ausfallprozentsatz wird auf den Bestand der Forderungen angewendet. Die notwendige Höhe der PWB wird mit dem bereits auf dem Konto PWB auf Forderungen vorhandenem Anfangsbestand verglichen.

6

Buchen, Bilanzieren und Steuern sparen von A bis Z, Verlag Praktisches Wissen GmbH

156

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

AUFGABE 8.12: Ergänzen Sie die Informationen zu den angegebenen Konten! Konto

Art des Kontos

Kontonummer im SKR 04

Einzelwertberichtigung auf Forderungen Pauschalwertberichtigung auf Forderungen Einstellung in die EWB auf Forderungen Einstellung in die PWB auf Forderungen Forderungsverlust Erträge aus der Herabsetzung der PWB auf Forderungen Erträge aus der Herabsetzung der EWB auf Forderungen Erträge aus abgeschriebenen Forderungen AUFGABE 8.13: Schauen Sie sich in der DATEV-Software das Berechnungsschema zur Pauschalwertberichtigung an und berechnen und buchen Sie diese für den Jahresabschluss der Müller & Thurgau GmbH. AUFGABE 8.14: Die Franken Brunnen GmbH hat am Bilanzstichtag 31.12.01 Forderungen aus Warenlieferungen i. H. v. 464.100 Euro inkl. 19 % USt. Eine Forderung i. H. v. brutto 59.500 Euro ist trotz mehrfacher Mahnung bis zum Bilanzstichtag nicht eingegangen. Die GmbH führt eine Einzelwertberichtigung i. H. v. 20 % durch. In den vergangenen Jahren sind 1,5 % des wirtschaftlichen Umsatzes aus Zielverkäufen nicht bezahlt worden. Bestimmen Sie die Höhe der Abschreibung auf den Forderungsbestand der GmbH. Führen Sie zuerst die Einzelwertberichtigung durch und nehmen Sie die erforderlichen Buchungen vor. Berechnen und buchen Sie dann die Pauschalwertberichtigung, wenn der Anfangsbestand auf dem Konto PWB a) 2.150 Euro bzw. b) 6. 300 Euro beträgt.

Im Beispiel gehen die Forderungen i.d.R. innerhalb von 2 Mon. ein. Der aktuelle Zinssatz des Kontokorrents liegt bei 9%.

Im Beispiel werden 20 % einer Warengruppe, die 5 % der Umsätze ausmacht, reklamiert. Die Wertminderung des Postens liegt bei 50 %.

Im Beispiel müssen 30 % der Umsätze angemahnt werden mit einem Aufwand von 1 % der Nettowerte.

Im Beispiel werden 50 % der Umsätze mit Skontoabzug 2 % gezahlt.

Anzusetzen sind die Durchschnittswerte aus den vergangenen Geschäftsjahre, die entsprechend hochgerechnet werden.

Abbildung 29: Formblatt zur Berechnung der Pauschalwertberichtigung

In vielen Fällen lohnt sich eine detaillierte Forderungsanalyse, um die pauschale Wertberichtigung nachzuweisen.

4,75%

Pauschalwertberichtigung auf die gesamten Nettoforderungen

2 Monate

0,50%

0,30%

1,00%

2,20%

Gesamtwertberichtgung

0,75%

50,00%

Zinsverlust (% der Nettoumsätze ohne Barverkäufe, die nach Ablauf der Skontofrist innerhalb von durchschnittlich X Monaten bezahlt werden, der Überziehungszinssatz beträgt Y % p.a.)

10,00%

Änderungsbedarf zum Vorjahr

9,00%

5,00%

Retouren (%-Anteil der Warengruppe am Gesamtumsatz, %-Anteil der Retouren in der Warengruppe)

30,00%

Mahn-, Prozess- und Einziehungskosten (% der Umsatzerlöse ohne Barerlöse)

1,00%

2,00%

50,00%

Vorjahr bzw. aktuelle Neuwerte

Preisnachlässe (% der Umsatzerlöse, bei denen Skonto gezogen wird)

50,00%

Wertminderung bzw. Zinssatz 2,00%

20,00%

Anteil am Gruppenumsatz bzw. Monate

Allgemeines Ausfallrisiko (% der Nettoerlöse ohne Barverkäufe)

Risiken zur Wertberichtigung

betroffener Umsatz-anteil am Gesamt-umsatz

Pauschalwertberichtigung auf die Forderungen

Mit der Pauschalwertberichtigung können Sie an einzelnen Forderungen noch nicht zuordenbare Ausfallrisiken, Erlösschmälerungen (Skonti), Zinsverluste wegen verspäteter Zahlung und Mahnkosten innerhalb des gesamten Forderungsbestandes berücksichtigen. AIs Maßstab dieses pauschalen Risikos gilt der Nettoumsatz des gesamten Jahres abzüglich der einzelwertberichtigten Forderungen und Barumsätze. Bei Betriebsprüfungen bleiben bis zu 1% Wertberichtigung auf die ausstehenden Forderungen auch ohne Nachweis unbeanstandet oder der Ansatz wird generell verworfen

8 VORBEREITENDE ABSCHLUSSBUCHUNGEN

157

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

159

9 Gesetzliche und rechtsformabhängige Regelungen zum Jahresabschluss 9.1

Gesetzliche Verpflichtung zur Erstellung des Jahresabschlusses

Nach § 242 (1) HGB hat jeder Kaufmann zu Beginn seines Handelsgewerbes und

für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluss (Eröffnungsbilanz, Bilanz) aufzustellen. Im Absatz 2 heißt es weiter: Er hat für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres (Gewinn- und Verlustrechnung) aufzustellen. Damit besteht jeder Jahresabschluss zum einen aus der Bilanz und zum anderen aus der Gewinn- und Verlustrechnung. Abschluss nach § 242 HGB für alle Kaufleute

Bilanz Verhältnis von Vermögen und Schulden

Gewinn- und Verlustrechnung Gegenüberstellung von Aufwendungen und Erträgen

Abbildung 30: Jahresabschluss eines Kaufmanns nach § 242 HGB

Die drei Gesellschafter der Müller & Thurgau GmbH haben aber noch rechtsformund größenabhängige handelsrechtliche Regelungen zum Jahresabschluss zu beachten. Dazu wird im § 264 (1) HGB ausgeführt: Die gesetzlichen Vertreter einer

Kapitalgesellschaft haben den Jahresabschluss (§ 242) um einen Anhang zu erweitern, der mit der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung eine Einheit bildet, sowie einen Lagebericht aufzustellen. Der Jahresabschluss und der Lagebericht sind von den gesetzlichen Vertretern in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen. Bei einer kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaft ist der Jahresabschluss um eine Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel zu erweitern, auch eine Segmentberichterstattung kann erstellt werden.

160

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

Kleine Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 1) brauchen den Lagebericht nicht aufzustellen; sie dürfen den Jahresabschluss auch später aufstellen, wenn dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entspricht, jedoch innerhalb der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres. Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a HGB) brauchen den Jahresabschluss nicht um einen Anhang zu erweitern, wenn sie die Voraussetzungen des § 264 (1) HGB erfüllen. AUFGABE 9.1: Ist die Müller & Thurgau GmbH verpflichtet, Anhang und Lagebericht aufzustellen? Wann muss der Jahresabschluss aufgestellt werden und wann veröffentlicht werden? Der § 284 HGB ist überschrieben mit: Erläuterung der Bilanz und der Gewinnund Verlustrechnung. Aus dieser Überschrift geht die Aufgabe des Anhanges deutlich hervor. Im § 284 (1) HGB heißt es dann: In den Anhang sind diejenigen An-

gaben aufzunehmen, die zu den einzelnen Posten der Bilanz oder der Gewinnund Verlustrechnung vorgeschrieben sind (oder) in Ausübung eines Wahlrechts nicht in die Bilanz oder in die Gewinn- und Verlustrechnung aufgenommen wurden. Üblich ist es, den Anlagenspiegel (siehe Beispiel im Anhang), der die Veränderungen des Anlagevermögens vom Beginn bis zum Ende des Geschäftsjahres aufzeigt, die Altersstruktur und Zusammensetzung der Forderungen und Verbindlichkeiten, einen Rückstellungsspiegel und die Veränderungen des Eigenkapitals im Anhang näher zu erläutern. Der § 284 (2) HGB listet weitere notwendige Angaben auf: Im Anhang müssen:

1. die auf die Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden angegeben werden; 2. Abweichungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden angegeben und begründet werden; deren Einfluss auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ist gesondert darzustellen; 3. bei Anwendung einer Bewertungsmethode nach §240 (4), § 256 Satz 1 die Unterschiedsbeträge pauschal für die jeweilige Gruppe ausgewiesen werden, wenn die Bewertung im Vergleich zu einer Bewertung auf der Grundlage des letzten vor dem Abschlussstichtag bekannten Börsenkurses oder Marktpreises einen erheblichen Unterschiede aufweist; 4. Angaben über die Einbeziehung von Zinsen für Fremdkapital in die Herstellungskosten gemacht werden. Der § 284 (3) HGB verlangt die Darstellung der Entwicklung des Anlagevermögens mit den Angaben wie sie in Abbildung 31 dargestellt sind.

161

Buchwert 31.12. des Vorjahres

Buchwert 31.12.

Abschreibungen vom 01.01 bis 31.12.

Zuschreibungen vom 01.01 bis 31.12.

Kumulierte. Abschreibungen 31.12.

Umbuchungen des Jahres

Abgänge des Jahres

Zugänge des Jahres

Anschaffungs-/Herstellungskosten 01.01.

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

Sachanlagen 1. Grundstücke 2. TA/Maschinen 3. …. Summe SAV Finanzanlagen 1. Beteiligungen 2. Wertpapiere 3. …. Summe FAV Summe AV Abbildung 31: Anlagespiegel

Zu beachten sind auch die sonstigen Pflichtangaben nach § 285 HGB, wobei größenabhängige Erleichterungen nach § 288 HGB in Anspruch genommen werden können. Ausführungen zum Mindestinhalt des Lageberichts enthält der § 289 HGB. Die ersten beiden Absätze dieses Paragraphen enthalten die wichtigsten Bestandteile. Im § 289 (1) heißt es: Im Lagebericht sind der Geschäftsverlauf einschließlich des

Geschäftsergebnisses und die Lage der Kapitalgesellschaft so darzustellen, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird. Er hat eine ausgewogene und umfassende, dem Umfang und der Komplexität der Geschäftstätigkeit entsprechende Analyse des Geschäftsverlaufs und der Lage der Gesell-

162

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

schaft zu enthalten. In die Analyse sind die für die Geschäftstätigkeit bedeutsamsten finanziellen Leistungsindikatoren einzubeziehen und unter Bezugnahme auf die im Jahresabschluss ausgewiesenen Beträge und Angaben zu erläutern. Ferner ist im Lagebericht die voraussichtliche Entwicklung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken zu beurteilen und zu erläutern; zugrunde liegende Annahmen sind anzugeben. Der § 289 (2) HGB verlangt: Der Lagebericht soll auch eingehen auf:

1. a) die Risikomanagementziele und -methoden der Gesellschaft einschließlich ihrer Methoden zur Absicherung aller wichtigen Arten von Transaktionen, die im Rahmen der Bilanzierung von Sicherungsgeschäften erfasst werden, sowie b) die Preisänderungs-, Ausfall- und Liquiditätsrisiken sowie die Risiken aus Zahlungsstromschwankungen, denen die Gesellschaft ausgesetzt ist, jeweils in Bezug auf die Verwendung von Finanzinstrumenten durch die Gesellschaft und sofern dies für die Beurteilung der Lage oder der voraussichtlichen Entwicklung von Belang ist; 2. den Bereich Forschung und Entwicklung; 3. bestehende Zweigniederlassungen der Gesellschaft; Nach § 289 (3) HGB müssen in den Lagebericht von großen Kapitalgesellschaften, Aktiengesellschaften sowie Kommanditgesellschaften auf Aktien, die einen organisierten Markt in Anspruch nehmen, weitere Informationen, wie Informationen über Umwelt- und Arbeitnehmerbelange, soweit sie für das Verständnis des Geschäftsverlaufs oder der Lage von Bedeutung sind, aufgenommen werden. Kapitalmarktorientierte Gesellschaften müssen außerdem das interne Kontroll- und Risikomanagementsystem in Hinblick auf den Rechnungslegungsprozess beschreiben (§ 289 (4) HGB). Ob ein Unternehmen den Jahresabschluss offen zu legen und prüfen zu lassen hat, wird in den §§ 325 und 316 HGB und für Personengesellschaften im Publizitätsgesetz geregelt.

AUFGABE 9.2: Vergleichen Sie den Anhang der Müller & Thurgau GmbH mit dem Anhang aus dem Geschäftsbericht eines DAX-Unternehmens der Branche. AUFGABE 9.3: Stellen Sie aus den Geschäftsberichten von zwei börsennotierten Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen (industrielle Fertigung sowie Handel oder Touristik) die folgenden Informationen vergleichend zusammen:

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

Industrielles Unternehmen

163

Unternehmen Handel oder Touristik

Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bildes Analyse des Geschäftsverlaufes und der Lage der Gesellschaft Finanzielle Leistungsindikatoren Voraussichtliche Entwicklung Risiken Chancen Risikomanagementziele und -methoden Preisänderungs-, Ausfall- und Liquiditätsrisiken Forschung und Entwicklung Zweigniederlassungen Vergütungssystem Nichtfinanzielle Leistungsindikatoren Zusammensetzung des Eigenkapitals und der damit zusammenhängenden Rechte und Pflichten Internes Kontroll- und Risikomanagementsystem

AUFGABE 9.4: Stellen Sie branchenabhängige Gemeinsamkeiten und Unterschiede heraus. AUFGABE 9.5: Lesen Sie die § 325 und 316 HGB. Muss die Müller & Thurgau GmbH den Jahresabschluss offen legen? Besteht für den Jahresabschluss eine Prüfungspflicht nach HGB?

164

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

Verschaffen Sie sich einen Überblick über das Publizitätsgesetz. Auf welche Unternehmen wird es angewendet? Nennen Sie ein konkretes Unternehmen, welches nach dem Publizitätsgesetz den Jahresabschluss offen zu legen hat. Neben den Fragen, aus welchen Bestandteilen der vollständige Jahresabschluss der Gesellschaft besteht und ob dieser prüfungspflichtig und offenlegungspflichtig ist, müssen noch die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften zur Gliederung von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung beachtet werden, die in den §§ 266ff und 275ff HGB enthalten sind, die wiederum nur für Kapitalgesellschaften verbindlich geregelt sind und zudem größenabhängig zur Anwendung kommen.

AUFGABE 9.6: Lesen Sie die §§ 266 und 275 HGB vollständig. Welches Gliederungsschema zur Bilanz hat die Müller & Thurgau GmbH zu verwenden? Verschaffen Sie sich einen Überblick darüber, wie die einzelnen Bestandskonten aus der Buchführung zu den Bilanzpositionen verdichtet werden. Nutzen Sie dazu den Kontennachweis zur Bilanz im Anhang. Worin besteht der Unterschied in der Gliederung der GuV nach dem Umsatzkostenverfahren und nach dem Gesamtkostenverfahren?

9.2

Funktionen des Jahresabschlusses

Die im Kapitel 1 beschriebenen Aufgaben und Funktionen der Buchführung gelten in besonderem Maße für den Jahresabschluss und werden deshalb hier nochmals im Überblick dargestellt. Dokumentation: des Geschäftsverlaufes durch Darstellung der Veränderungen der Bilanzpositionen vom Beginn bis zum Schluss des Geschäftsjahres und der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres im Vergleich zum Vorjahr, Erläuterungen in Anhang und Lagebericht. Rechenschaftslegung und Information: vor allem gegenüber den Gläubigern bezüglich der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage. Kontrolle: der Verwendung des eingesetzten Kapitals. Entscheidungshilfe: insbesondere bei der Gewinnverwendung. Diesen Funktionen kann der Jahresabschluss nur nachkommen, wenn der § 246 HGB, der die Vollständigkeit und das Verrechnungsverbot beinhaltet, beachtet wird. Im § 246 (1) HGB wird verlangt: Der Jahresabschluss hat sämtliche

Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten sowie Aufwendungen und Erträge zu enthalten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Vermögensgegenstände sind in der Bilanz des Eigentümers aufzunehmen; ist ein

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

165

Vermögensgegenstand nicht dem Eigentümer, sondern einem anderen wirtschaftlich zuzurechnen, hat dieser ihn in seiner Bilanz auszuweisen. Schulden sind in die Bilanz des Schuldners aufzunehmen. Der Unterschiedsbetrag, um den die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens abzüglich der Schulden im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt (entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert), gilt als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand. Vollständigkeit wird bereits nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchhaltung wie im Kapitel 1 beschrieben, verlangt. Bei Bilanzdelikten7 wird am häufigsten gegen diesen Grundsatz verstoßen, indem z. B. Aufwendungen nicht gebucht werden, um einen Verlust zu kaschieren, Erträge nicht gebucht werden, um nur einen geringen Gewinn auszuweisen oder bei der Inventur nicht alle Vermögensgegenstände aufgenommen werden, um nicht den vollen Vermögenszuwachs ausweisen zu müssen. Wenn nicht alle Geschäftsfälle ordnungsgemäß erfasst werden, kann der Jahresabschluss das Vollständigkeitsgebot nicht erfüllen. Insbesondere bei Miet- und Leasingverträgen ist genau zu prüfen, wem der Vermögenswert bilanzmäßig zugeordnet wird.8 Generell gilt, wem der Vermögenswert wirtschaftlich zugerechnet wird, der hat ihn zu bilanzieren.

AUFGABE 9.7: Die Müller & Thurgau GmbH hat eine Spezialmaschine für die Produktion bestellt. Es soll noch geklärt werden, ob diese über ein Darlehen der Hausbank finanziert wird oder ob ein entsprechender Leasingvertrag abgeschlossen werden soll. Welche Art des Leasings liegt vor? Welche Auswirkungen auf Bilanz und GuV haben die Finanzierungsentscheidungen? Gibt es einen Unterschied, wenn es sich beim Leasing um keine Spezialmaschine handeln würde? Wovon hängt dann die Zuordnung beim Leasinggeber bzw. Leasingnehmer ab? Lesen Sie dazu den Leasingerlass. AUFGABE 9.8: Die Müller & Thurgau GmbH steht in Übernahmeverhandlungen mit der Unterfränkischen Bergbau AG. Eine Bewertung von Vermögen und Schulden der Unterfränkischen Bergbau AG wurde bereits einvernehmlich durchgeführt. Der Kaufpreis, den die Unterfränkische Bergbau AG verlangt, liegt im Hinblick darauf, dass es drei weitere Mitwettbewerber bei der Übernahme gibt, um 1,2 Millionen Euro über der Summe aus Vermögen abzüglich der Schulden. Wie ist gegebenenfalls dieser Betrag zu bilanzieren? Wie müssen noch nicht gezahlte Rech-

7

Vgl. Keppert, Th.; Brandstetter, W.: Bilanzdelikte, Wien 2008 oder: speziell Hofmann, St.: Früherkennung von Bilanzdelikten: Die Com Road AG als Fallbeispiel, KSIdigital 02.2005.066. 2005 8 Für die Zuordnung beim Leasing siehe BMF-Erlass vom 19.04.1971

166

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

nungen der Müller & Thurgau GmbH an die Unterfränkische Bergbau AG im Zusammenhang mit dem Kauf berücksichtigt werden? Nach § 246 (2) HGB muss auf Folgendes geachtet werden: Posten der Aktivseite

dürfen nicht mit Posten der Passivseite, Aufwendungen nicht mit Erträgen, Grundstücksrechte nicht mit Grundstückslasten verrechnet werden. Vermögensgegenstände, die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind und ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen, sind mit diesen Schulden zu verrechnen; entsprechend ist mit den zugehörigen Aufwendungen und Erträgen aus der Abzinsung und aus dem zu verrechnenden Vermögen zu verfahren. AUFGABE 9.9: Was ist Sinn dieser Festlegungen? Was könnte bei Nichtbeachtung der Regelungen passieren?

9.3

Bewertungsgrundsätze und Bewertungsmaßstäbe

Der Gesetzgeber hat Bewertungsvorschriften erlassen, um bei der während der Inventurarbeiten und der endgültigen Erstellung des Jahresabschlusses vorzunehmenden Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden des Unternehmens willkürliche Über- oder Unterbewertungen zu verhindern. Die handelsrechtlichen Vorschriften der § 252 bis 256 HGB dienen der Kapitalerhaltung und somit in erster Linie dem Schutz der Gläubiger. Die steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften der § 5 bis 7 EStG dienen der Ermittlung des zu versteuernden Gewinnes nach einheitlichen Regeln und sollen das Steueraufkommen des Staates gewährleisten. Bewertungsvorschriften

Handelsrecht Kapitalerhaltung Schutz der Gläubiger

Steuerrecht Ermittlung des Gewinns gerechte Besteuerung

Abbildung 32: Ziele der Bewertungsvorschriften

Der § 252 (1) HGB enthält für alle Kaufleute verbindliche Regelungen:

1. Die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahrs müssen mit denen der Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahrs übereinstimmen.

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

167

Dieser Grundsatz der Bilanzidentität wird in der Buchhaltung angewendet. Die Schlussbilanz des Jahres ist die Eröffnungsbilanz des nachfolgenden Jahres.

2. Bei der Bewertung ist von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen. Der Grundsatz der Unternehmensfortführung wird auch als Going-concern-Prinzip bezeichnet. Dadurch dürfen z. B. bei der Bewertung des Anlagevermögens keine Einzelveräußerungswerte angesetzt werden, sondern als Wertmaßstab gelten die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

3. Die Vermögensgegenstände und Schulden sind zum Abschlussstichtag einzeln zu bewerten. Nach dem Grundsatz der Einzelbewertung müssen Vermögensgegenstände und Schuldpositionen grundsätzlich einzeln bewertet werden und dürfen auch nicht miteinander verrechnet werden. Wegen der Vielzahl an Vermögenspositionen gerade im Bereich der Vorräte sind allerdings Bewertungsvereinfachungsverfahren wie z. B. Verbrauchsfolgeverfahren oder Durchschnittsbewertung zugelassen. Mit der Bildung von Bewertungseinheiten beschäftigt sich der § 254 HGB.

4. Es ist vorsichtig zu bewerten, namentlich sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind; Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind. Das Vorsichtsprinzip ist das wichtigste handelsrechtliche Bewertungsprinzip. Die Anwendung führt zu einem vorsichtigen Ausweis des Vermögens und einer Berücksichtigung aller Risiken, z. B. durch Rückstellungen und Wertberichtigungen auf Forderungen. Das im Vorsichtsprinzip enthaltene Realisationsprinzip verlangt, dass Gewinne tatsächlich durch Umsätze realisiert sein müssen, ehe sie buchhalterisch erfasst werden dürfen. Nach dem Wertaufhellungsprinzip dürfen Informationen, die den Jahresabschluss beeinflussen, auch dann berücksichtigt werden, wenn sie erst nach dem Bilanzstichtag aber noch vor der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt werden, wie das z. B. bei Wertberichtigungen von Forderungen der Fall sein kann. Das Vorsichtsprinzip soll verhindern, dass durch zu hohe Gewinnausschüttungen das Eigenkapital und somit die Haftungssubstanz gegenüber den Gläubigern unzulässig reduziert wird.

168

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

5. Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs sind unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluss zu berücksichtigen. Der Grundsatz der Periodenabgrenzung dient der zeitraumrichtigen Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen unabhängig von den tatsächlichen Zahlungsströmen. Durch entsprechende Buchungen auf den Konten Aktive und Passive Rechnungsabgrenzung, Sonstige Forderungen und Sonstige Verbindlichkeiten und Rückstellungen wird ein periodengerechter Erfolg des Geschäftsjahres ermittelt.

6. Die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden sind beizubehalten. Der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit unterteilt sich in materielle und formelle Bilanzkontinuität. Materielle Bilanzkontinuität verlangt die Beibehaltung einmal gewählter Bewertungs- und Abschreibungsmethoden, um so eine Vergleichbarkeit aufeinander folgender Jahresabschlüsse zu gewährleisten. Die formelle Bilanzkontinuität gewährleistet eine einheitliche und somit über längere Zeiträume vergleichbare Gliederung des Jahresabschlusses, insbesondere von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung. Für die Buchführung bedeutet das eine einheitliche Kontenzuordnung zu den Bilanz- und GuV-Positionen.

AUFGABE 9.10: Vervollständigen Sie folgende Tabelle! Bewertungsgrundsatz nach § 252 (1) HGB Bilanzidentität Unternehmensfortführung Einzelbewertung Vorsichtsprinzip Realisationsprinzip Wertaufhellungsprinzip Periodenabgrenzung Bewertungsstetigkeit Materiell Formell

Beispiel

Ausnahmefall nach § 252 (2) HGB

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

169

Im § 252 (2) HGB wird darauf eingegangen, dass sich im Laufe der Geschäftstätigkeit Situationen ergeben können, die ein Festhalten an obigen Bewertungsgrundsätzen nicht mehr sinnvoll erscheinen lassen. Deshalb wird die Möglichkeit gegeben: Von den Grundsätzen des Absatzes 1 darf nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden. Im Anhang ist auf solche Abweichungen hinzuweisen. Der Umfang der Anschaffungs- und Herstellungskosten wird im § 255 HGB fest geschrieben und wurde bereits im Kapitel 6.4 an Beispielen erläutert, ebenso die Möglichkeiten der Abschreibungen. Der § 253 (3) HGB sagt noch einmal eindeutig: Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich

begrenzt ist, sind die Anschaffungs- oder die Herstellungskosten um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Der Plan muss die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann ... Ohne Rücksicht darauf, ob ihre Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens bei voraussichtlich dauernder Wertminderung außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen am Abschlussstichtag beizulegen ist. Bei Finanzanlagen können außerplanmäßige Abschreibungen auch bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung vorgenommen werden. Neben der Festlegung der Bewertungsmaßstäbe regelt obiger Paragraph auch die generelle Bewertung des Anlagevermögens nach dem Niederstwertprinzip, welches aus dem Vorsichtsprinzip resultiert. Bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung sind außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen. Schwierig ist bei Erstellung des Jahresabschlusses einschätzen zu können, ob solch eine Wertminderung von Dauer ist. Deshalb hat der Gesetzgeber mit dem BilMoG die außerplanmäßige Abschreibung von Finanzanlagen auch bei nicht dauernder Wertminderung zugelassen. Außerdem gilt der § 253 (5) HGB: Ein niedrigerer Wertansatz nach Absatz 3 Satz

3 oder 4 und Absatz 4 darf nicht beibehalten werden, wenn die Gründe dafür nicht mehr bestehen. Ein niedrigerer Wertansatz eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwertes ist beizubehalten. Damit besteht für alle Vermögensgegenstände außer dem Geschäfts- oder Firmenwert ein Wertaufholungsgebot, wenn die Gründe für die außerplanmäßigen Abschreibungen weggefallen sind. Zur Bewertung des Umlaufvermögens heißt es im § 253 (4) HGB: Bei Vermögens-

gegenständen des Umlaufvermögens sind Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit einem niedrigeren Wert anzusetzen, der sich aus einem Börsen- oder

170

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt. Ist ein Börsen- oder Marktpreis nicht festzustellen und übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Wert, der den Vermögensgegenständen am Abschlussstichtag beizulegen ist, so ist auf diesen Wert abzuschreiben. AUFGABE 9.11: Stellen Sie Börsen- oder Marktpreise für die Produkte der Müller & Thurgau GmbH, eines Mineralölkonzerns und eines Stromversorgers fest. Für welche Arten von Vorratsposten können generell Börsen- oder Marktpreise bestimmt werden? Werden bestimmte Vorratsposten nicht an einer Börse gehandelt oder existieren keine zugänglichen Informationen über entsprechende Marktpreise, gibt der § 255 (4) HGB eine Handlungsanweisung: Der beizulegende Zeitwert entspricht

dem Marktpreis. Soweit kein aktiver Markt besteht, anhand dessen sich der Marktpreis ermitteln lässt, ist der beizulegende Zeitwert mithilfe allgemein anerkannter Bewertungsmethoden zu bestimmen. Lässt sich der beizulegende Zeitwert weder nach Satz 1 noch nach Satz 2 ermitteln, sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gemäß § 253 Abs. 4 fortzuführen. Der zuletzt nach Satz 1 oder 2 ermittelte beizulegende Zeitwert gilt als Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Sinn des Satzes 3. Eine der allgemein anerkannten Bewertungsmethoden ist die retrograde Methode, bei der z. B. für unfertige und fertige Erzeugnisse und Leistungen die Herstellungskosten aus den geplanten Verkaufspreisen rückwärts ausgerechnet werden. Alle noch anfallenden Kosten des Verkaufes und der Herstellung werden vom geplanten Verkaufspreis abgezogen. Ein durchschnittlicher Gewinn darf ebenfalls berücksichtigt werden. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH hat am Bilanzstichtag 31.12.01 noch unfertige Erzeugnisse auf Lager, deren Herstellungskosten sich lt. Betriebsabrechnungsbogen auf 5.875 Euro pro Packungseinheit belaufen. Für die fertigen Erzeugnisse, in die die unfertigen Erzeugnisse eingehen sollen, rechnet die GmbH mit voraussichtlich erzielbaren Verkaufserlösen von 9.900 Euro pro Packungseinheit (PE). Die bis zur Umwandlung der unfertigen in die fertigen Erzeugnisse noch anfallenden Produktionskosten beziffert die GmbH auf 2.500 Euro pro PE. Weiterhin werden noch Verpackungskosten in Höhe von 750 Euro, Kosten für Ausgangsfrachten von 200 Euro und anteilige allgemeine Verwaltungskosten von 550 Euro jeweils pro PE anfallen. Die voraussichtlichen Erlösschmälerungen schätzt die GmbH auf 200 Euro pro PE. Der durchschnittliche Gewinn beträgt für diese Produktgruppe 10 % vom voraussichtlichen Verkaufserlös. Mit welchem Wert können diese unfertigen Erzeugnisse in der Bilanz bewertet werden?

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

Voraussichtlicher Verkaufserlös (pro PE)

171

9.900

- noch anfallende Produktionskosten

- 2.500

- Verpackungskosten

-

750

- Ausgangsfrachten

-

200

- anteilige allgemeine Verwaltungskosten

-

550

- voraussichtliche Erlösschmälerungen

-

200

- durchschnittlicher Gewinn bzgl. Verkaufserlös

-

990

= beizulegender Wert (pro PE)

= 4.710

Der ausgerechnete Wert von 4.710 Euro pro PE liegt unter den im Betriebsabrechnungsbogen ausgewiesenen 5.875 Euro pro PE. Nach § 253 (4) HGB werden die unfertigen Erzeugnisse der Müller & Thurgau GmbH mit dem niedrigeren Wert von 4.710 Euro pro PE bewertet. Die obige Berechnung gehört mit zu den Inventurunterlagen und ist 10 Jahre lang aufzubewahren. Insbesondere durch die Vielzahl der Vorratsposten ist die Bewertung zeitaufwendig, selbst wenn die Vorratsquote gering ist. Aus diesem Grund dürfen Bewertungsvereinfachungsverfahren angewendet werden, wie im § 256 HGB beschrieben:

Soweit es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht, kann für den Wertansatz gleichartiger Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens unterstellt werden, dass die zuerst oder dass die zuletzt angeschafften oder hergestellten Vermögensgegenstände zuerst verbraucht oder veräußert worden sind. § 240 Abs. 3 und 4 ist auch auf den Jahresabschluss anwendbar. Damit sind sogenannte Verbrauchsfolgeverfahren angesprochen. Nach § 256 HGB werden die beiden Verfahren LIFO und FIFO zugelassen. Verbrauchsfolgeverfahren Gleichartige Vermögensgegenstände werden gruppenweise zusammengefasst. Es wird eine bestimmte Folge des Verbrauchs oder der Veräußerung unterstellt, wobei die fiktive Verbrauchsfolge nicht mit der tatsächlichen übereinzustimmen braucht. LIFO-Verfahren (Last In – First Out): Die jeweils zuletzt beschafften oder hergestellten Bestände werden als zuerst verbraucht bzw. veräußert unterstellt. Daher sind die zuerst beschafften oder hergestellten Vorräte als am Lager vorhanden zu unterstellen und mit ihren Anschaffungskosten zu bewerten. Bei fallenden Preisen werden die Bestände am Bilanzstichtag mit höheren Werten als den Wiederbeschaffungskosten angesetzt, was zu einer Überbewertung führen würde. Bei steigenden Preisen ergeben sich entsprechend stille Reserven, da die Bestände zu Werten unter den Wiederbeschaffungskosten ausgewiesen werden.

172

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

FIFO-Verfahren (First In – First Out): Die jeweils ältesten Bestände werden als zuerst verbraucht bzw. veräußert unterstellt. Daher sind die zuletzt beschafften oder hergestellten Vorräte als am Lager vorhanden zu unterstellen und mit ihren Anschaffungskosten zu bewerten. Bei fallenden und steigenden Preisen ergibt sich eine umgekehrte Wirkung im Vergleich zum LIFO-Verfahren. Grundsätzlich kann man einfache und permanente LIFO- und FIFO-Verfahren unterscheiden. Eine weitere Vereinfachung bei der Bewertung ergibt sich aus dem § 240 (3) HGB:

Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe können, wenn sie regelmäßig ersetzt werden und ihr Gesamtwert für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist, mit einer gleich bleibenden Menge und einem gleich bleibenden Wert angesetzt werden, sofern ihr Bestand in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt. Jedoch ist in der Regel alle drei Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme durchzuführen. Damit ist die sogenannte Festbewertung angesprochen, die z. B. bei Schalungsteilen im Bau oder Geschirr im Hotel- und Gaststättengewerbe angewendet werden darf. Außerdem kann bei der Bewertung auf Durchschnittswerte zurückgegriffen werden, wie das im § 240 (4) HGB aufgeführt ist: Gleichartige Vermögensgegen-

stände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände und Schulden können jeweils zu einer Gruppe zusammengefasst und mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden. Es sind zwei Möglichkeiten der Durchschnittswertermittlung zu unterscheiden: •

Gewogener Durchschnitt: Am Ende des Geschäftsjahres wird aus den Anfangsbeständen und Zugängen während des Geschäftsjahres ein gewogener Durchschnitt gebildet, mit dem sowohl die Abgänge während des Geschäftsjahres als auch der Endbestand bewertet werden.



Gleitender gewogener Durchschnitt: Diese Methode ist eine Verfeinerung der gewogenen Durchschnittsmethode. Nach jedem Zugang wird ein neuer Durchschnitt errechnet, der zur Bewertung der Abgänge bis zum nächsten Zugang herangezogen wird.

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

Bewertung Festwert

Durchschnittswert Vebrauchsfolgeverf.

HGB Wirtschaftsgüter § 240 (3) AV, RHB-Stoffe

Voraussetzungen Regelm. Ersatz, Gesamtwert nachrangig, Inventur nach 3 Jahren § 240 (4) Vorräte, bewegli- Gleichartigkeit oder ches Vermögen, annähernde GleichSchulden wertigkeit § 256 Vorräte Gleichartigkeit

173

Wertansatz Gleich bleibender Wert für 3 Jahre

Periodischer oder gleitender gewog. Durchschnitt FIFO oder LIFO

Tabelle 13: Bewertungsvereinfachungen nach HGB

AUFGABE 9.12: Finden Sie Beispiele für die Anwendung der Bewertungsvereinfachung nach Tabelle 13. Beispiel: Für die Berechnung des periodischen und des permanenten Durchschnittswertes und zur Anwendung der Verbrauchsfolgeverfahren LIFO und FIFO dient das folgende Zahlenbeispiel: PERIODISCHE DURCHSCHNITTSWERTERMITTLUNG

Datum 01.01.

Anfangsbestand

10.03.

Vorgang

Einzelpreis

Wert (Euro)

150

10

1.500

+ Zugang

+ 350

16

5.600

15.05.

– Abgang

– 400

20.07.

+ Zugang

+ 300

15

4.500

25.09.

– Abgang

– 150

31.12.

= Endbestand Summe Durchschnittswert Bilanzwert

Menge (ME)

250 800

11.600

11.600 / 800 = 14,50 Euro/ME 250 ME x 14,50 Euro/ME = 3.625 Euro

Der Wert des Endbestandes in Höhe von 3.625 Euro ergibt sich aus dem Durchschnittswert von 14,50 Euro/ME multipliziert mit der Menge am 31.12.

174

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

PERMANENTE DURCHSCHNITTSWERTERMITTLUNG Datum

Vorgang

01.01.

Anfangsbestand

10.03.

Menge (ME)

Einzelpreis

Wert (Euro)

150

10,00

1.500

+ Zugang

+ 350

16,00

+ 5.600

= Bestand

= 500

= 14,20

= 7.100

– Abgang

– 400

14,20

– 5.680

= Bestand

= 100

14,20

= 1.420

+ Zugang

+ 300

15,00

+ 4.500

= Bestand

= 400

= 14,80

= 5.920

25.09.

– Abgang

– 150

14,80

– 2.220

31.12.

= Endbestand

= 250

14,80

= 3.700

15.05. 20.07.

Der Wert des Endbestandes in Höhe von 3.700 Euro ergibt sich aus dem gleitenden Durchschnittswert von 14,80 Euro multipliziert mit der Menge am 31.12. LIFO-VERFAHREN Datum

Vorgang

01.01.

Anfangsbestand

10.03. 20.07. 31.12.

Menge (ME)

Einzelpreis

Wert (Euro)

150

10

1.500

+ Zugang

+ 350

16

5.600

+ Zugang

+ 300

15

4.500

– Abgang

– 550

10 16

1.500 + 1.600

= Endbestand

Der Endbestand besteht aus dem Anfangsbestand + 100 ME aus dem Zugang vom 10.03.

250 150 100

= 3.100

Der Wert des Endbestandes in Höhe von 3.100 Euro ist die Basis für den Bilanzansatz.

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

175

FIFO VERFAHREN Datum

Vorgang

Menge (ME)

Einzelpreis

Wert

150

10

1.500

01.01.

Anfangsbestand

10.03.

+ Zugang

+ 350

16

5.600

20.07.

+ Zugang

+ 300

15

4.500

– Abgang

– 550

15

3.750

31.12.

= Endbestand

Der Endbestand stammt aus dem letzten Zugang

250 250

Der Wert des Endbestandes in Höhe von 3.750 Euro ist die Basis für den Bilanzansatz. Dem Vorsichtsprinzip folgend ist im Beispiel bei der erstmaligen Anwendung des Verfahrens der niedrigere Wert nach dem LIFO-Verfahren anzusetzen. Wenn ein niedrigerer Börsen- oder Marktpreis herangezogen werden kann, ist auf diesen abzuwerten (strenges Niederstwertprinzip im Umlaufvermögen nach § 253 (3) HGB). Es ist zu beachten, dass das einmal gewählte Bewertungsverfahren beizubehalten ist (Bewertungsstetigkeit nach § 252 (6) HGB). Welches der Verfahren zur Bewertung des Endbestandes herangezogen wird, ist im Anhang aufzuführen. Bezüglich der Bewertung von Fremdwährungsforderungen und Fremdwährungsschulden gibt der § 256a HGB an, wie zu verfahren ist: Auf fremde Währung lau-

tende Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten sind zum Devisenkassamittelkurs am Abschlussstichtag umzurechnen. Bei einer Restlaufzeit von einem Jahr oder weniger sind § 253 Abs. 1 Satz 1 und § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 nicht anzuwenden. Die Beträge werden i. d. R. beim erstmaligen Erfassen der Geschäftsfälle zum geltenden Devisenkassamittelkurs umgerechnet. Zum Bilanzstichtag ist nun zu prüfen, ob sich der Umrechnungskurs geändert hat. Die Fremdwährungsforderung und -schulden sind mit dem Wert anzusetzen, der sich aus dem Devisenkassamittelkurs zum 31.12. ergibt. Durch Kursänderungen verursachte Gewinne oder Verluste werden unmittelbar ergebniswirksam in der GuV erfasst. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH stellte am 18.12.01 einem Schweizer Kunden eine Rechnung über 120.000 CHF. Zahlungstermin ist der 10.01.02. Die Umrechnungs-Kurse lauten wie folgt: 18.12.01 31.12.01 Devisenkassamittelkurs 1 Euro =1,098 CHF 1,086 CHF Die Rechnung wird am 18.12.01 zum geltenden Umtauschkurs erfasst und in den Offenen Posten ausgewiesen:

176

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

Forderungen gegenüber Drittlandskunden CH:

109.289,61 Euro

Zum Bilanzstichtag ist der offene Posten mit dem geltenden Devisenkassamittelkurs zu bewerten: Forderungen gegenüber Drittlandskunden CH:

110.497,23 Euro

Der sich ergebende Differenzbetrag i. H. v. 1.207,62 Euro ist in diesem Fall als Ertrag aus Währungsumrechnungen zu erfassen. Das strenge Niederstwertprinzip gilt in diesem Zusammenhang nicht. Neben der notwendigen Umrechnung von Fremdwährungsverbindlichkeiten und -forderungen ist vor allem das Anschaffungskostenprinzip für das Vermögen nach § 253 (1) HGB zu beachten.

AUFGABEN 9.13: Führen Sie die entsprechenden Berechnungen zur Bewertung der im Folgenden aufgeführten Vermögensgegenstände bzw. Schuldpositionen der Müller & Thurgau GmbH durch: a) Die Anschaffungskosten eines Computers betrugen 8.000 Euro. Es wurden planmäßig Abschreibungen in Höhe von insgesamt 3.000 Euro vorgenommen. Durch eine Neuentwicklung auf dem Computermarkt sinkt der Wert auf 4.000 Euro. b) Der Gesellschafter Müller hat einen unbefristeten Mietvertrag über ein Lagergebäude abgeschlossen. Kann das Gebäude bilanziert werden? c) Die Abteilung „Fertigungsvorbereitung und Werkzeuge“ stellt für den neuen Lagerplatz eine Spezialregalanlage her. An Einzelkosten sind dabei angefallen: 2.500 € für Baustahl, 1.250 € für Bauholz; 3.125 € Einkaufspreis für Halterungen. Die zurechenbaren Materialgemeinkosten belaufen sich in der GmbH auf 23,8 %. An Fertigungslöhne fielen 3.575 € an. Es wird mit einen Fertigungsgemeinkostenzuschlagssatz (inkl. der anteiligen Abschreibungen) von 195 % gerechnet. Von den Verwaltungskosten der Periode in Höhe von insgesamt 35.650 € würden 2,5 % auf die Herstellung des Regals entfallen. Die Vertriebskosten werden i. d. R. mit 3,75 % bezogen auf die Herstellungskosten verkalkuliert. Mit welchen Wert kann das Lagerregal bilanziert werden? d) Der Geschäftsführer Thurgau erwarb mit Notarvertrag vom 01.07.01 einen Lagerplatz für Zwecke seines Unternehmens. Nutzen und Lasten gehen mit dem Datum des Notarvertrages auf die Müller & Thurgau GmbH über. Folgende Kosten sind entstanden: Kaufpreis Grundstück: 100.000 Übernommene Hypothekenschuld 30.000 Grundbuchkosten 700 Notarkosten, netto 1.000

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

177

Grunderwerbsteuer (an Ihrem Wohnort recherchieren!) __?__ Maklerhonorar, netto 8.000 Bodengutachten 3.000 Hypothekenzinsen für die übernommene Hypothekenschuld vom 01.01.01 bis 31.12.01 4.000 Vermittlungskosten für einen Zwischenkredit 100 Darlehenszinsen für den Zwischenkredit 500 Übernahme der vom Verkäufer geschuldeten Grundsteuer 600 Die Hypothekenschuld ist zu jedem Monatsende hin mit einer Annuität von 1.000 Euro abzuzahlen. Welche Kosten sind den Anschaffungskosten des Grundstückes hinzuzurechnen? e) Der Die M & T GmbH kauft am 01.07.01 eine Maschine für 178.500 Euro (brutto inkl. 19 % USt), wobei der Lieferant 8.880 Euro (netto) Rabatt gewährt. Die Maschine wird von einer Spedition geliefert, die dafür 1.080 Euro + 19 % USt berechnet. Zum Aufstellen der Maschine muss ein Fundament in der Werkshalle errichtet werden, das ein Bauunternehmen für 4.998 Euro (brutto) erstellt. Für die Montage der Maschine fallen noch einmal 3.600 Euro + 19 % USt an. Die Nutzungsdauer der Maschine beträgt 12 Jahre. Für die Finanzierung fallen Zinsen in Höhe von 375 Euro an, die vom Bankkonto abgebucht werden. Für die Maschine wird eine spezielle Betriebsunterbrechungsversicherung abgeschlossen. Der Jahresbeitrag in Höhe von 576 Euro wird am 15.07.01 abgebucht.

f)

1.

Wie hoch sind die Anschaffungskosten (AK) der Maschine?

2.

Wie hoch ist der Bilanzansatz der Maschine am 31.12.01 bei linearer Abschreibung?

Die Gesellschaft erwarb im Jahr 01 Aktien zur Einstellung in das Anlagevermögen zum Kurswert von 6,54 Euro/Aktie. Es wurden 10.000 Aktien erworben. Der Nennwert beträgt 1,00 Euro/Aktie. Bankspesen und Courtage belaufen sich auf 940 Euro. Zum 31.12.01 wird der Kurswert der Aktie mit 6,23 € festgelegt. Dieser Kursrückgang ist nicht nachhaltig. Erfassen Sie den Erwerb der Aktien! Diskutieren Sie Ansatz und Bewertung der Finanzanlage zum 31.12.01. Würde sich an der Bewertung etwas ändern, wenn die Aktien ins Umlaufvermögen eingestellt worden wären?

g) Ein Mitarbeiter in der Verwaltung erstellte ein neues betriebsgerechtes EDVProgramm zur Eigennutzung in der GmbH ab Oktober 01. Die Nutzungsdauer beträgt 3 Jahre. Die entstandenen Entwicklungskosten belaufen sich auf 20.000 Euro. Klären Sie Ansatz und Bewertung in der Bilanz.

178

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

h) Die Gesellschaft kauft am 01.01.01 das gesamte Unternehmen des Einzelkauf-

manns Riesling. Vom Kaufpreis entfielen auf die Kundendatei 200.000 Euro und auf Rechte zum Aufstellen von Automaten 100.000 Euro. Alle anderen Vermögenspositionen und Schuldposten sind bereits gebucht, nur die beiden obigen Positionen noch nicht. Wie sind die Kundendatei und die Rechte zum Aufstellen von Automaten in der Bilanz der Müller & Thurgau GmbH darzustellen? i)

Die M & T GmbH nutzt seit dem Jahr 01 eine Anlage zur Flaschenreinigung. Die AK betrugen 60.000 € (zuverlässig bestimmt). Die Nutzungsdauer beläuft sich auf 8 Jahre. Im Jahr 02 kam es zu einer Havarie, die die Leistungsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigte. Die GmbH entschied sich jedoch gegen eine vollständige Reparatur, da die Anlage nicht vollständige ausgelastet wurde. Die Wertminderung wurde mit 12.000 € beziffert. Zu Anfang des Jahres 05 entschied sich die GmbH aufgrund einer geänderten Auftragslage die Anlage wieder vollständig herrichten zu lassen und damit die ursprüngliche Leistungsfähigkeit wieder herzustellen. Erstellen Sie den Abschreibungsplan für die Anlage!

j)

Zum Bilanzstichtag 31.12.01 hat die Müller & Thurgau GmbH noch einen Bestand von 250 t Quarzsand auf Lager. Im Wirtschaftsjahr wurden folgende Einkäufe getätigt (am Jahresanfang war das Lager leer): 11.10.01 200 t 2.000 Euro/t 09.11.01 125 t 2.200 Euro/t 02.12.01 100 t 2.150 Euro/t Mit welchem Wert ist der Posten Quarzsand in der Bilanz nach LIFOVerfahren, FIFO-Verfahren und dem gewogenem Durchschnittswertverfahren anzusetzen, wenn der Marktpreis für den Quarzsand am 31.12.01 bei 2.070 Euro/t liegt?

k) Für die Sonderproduktion befinden sich zum 31.12.01 noch 6.000 t Kohle auf Lager. Der Anfangsbestand zum 01.01.01 beträgt 2.000 t, die mit 20 Euro/t angesetzt sind. Im Wirtschaftsjahr 01 sind folgende Zukäufe getätigt worden: 19.01.01 5.000 Tonnen 22 Euro/t 23.02.01 2.000 Tonnen 24 Euro/t 09.03.01 5.500 Tonnen 25 Euro/t. Mit welchem Wert ist der Posten Kohle in der Bilanz zum 31.12.01 nach FIFOVerfahren und dem gewogenem Durchschnittswertverfahren anzusetzen, wenn der Marktpreis für die Kohle am 31.12.01 bei 24,50 Euro/t liegt?

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

l)

179

Die Müller & Thurgau GmbH hat am Bilanzstichtag 31.12.01 noch 8.000 Stück unfertige Erzeugnisse auf Lager, deren Herstellungskosten sich lt. Betriebsabrechnungsbogen auf 6,00 Euro/Stück belaufen. Für die fertigen Erzeugnisse, in die die unfertigen Erzeugnisse eingehen sollen, rechnet die GmbH mit voraussichtlich erzielbaren Verkaufserlösen von 9,99 Euro pro Stück. Die bis zur Umwandlung der unfertigen in die fertigen Erzeugnisse noch anfallenden Produktionskosten beziffert die GmbH auf voraussichtlich 2,15 Euro/Stück. Weiterhin werden noch Verpackungskosten in Höhe von 0,57 Euro, Kosten für Ausgangsfrachten von 0,19 Euro und anteilige allgemeine Verwaltungskosten von 0,45 Euro jeweils pro Stück anfallen. Die voraussichtlichen Erlösschmälerungen schätzt die GmbH auf 0,20 Euro/Stück. die M & T GmbH kalkuliert mit einem durchschnittlichen Unternehmergewinn in Höhe von 8 % der voraussichtlichen Verkaufserlöse. Mit welchem Wert sind die unfertigen Erzeugnisse in der Bilanz der GmbH anzusetzen?

m) Die M & T GmbH hat im Januar 01 ein Darlehen von 500.000 Euro zu einem jährlichen Zinssatz von 7 % aufgenommen. Die Auszahlung beträgt nach Abzug eines Disagios von 30.000 Euro noch 470.000 Euro. Erfassen Sie die Aufnahme des Darlehens! 1.

2.

Wie sind die Kreditverbindlichkeiten und das Disagio bilanziell zu behandeln, wenn der Betrag des Darlehens von 500.000 Euro in einer Summe am 31.12.05 zurückzuzahlen ist? Die Zinsen sind jeweils am Jahresende fällig. Wie wären die Kreditverbindlichkeiten und das Disagio bilanziell zu behandeln, wenn es sich um ein Tilgungsdarlehen handeln würde, das jährlich mit 100.000 Euro zu tilgen ist?

n) Eine langjährige Forderung an einen ehemaligen Kunden in Russland beträgt zum 31.12. 01 noch 390.000 Rubel. Mit welchem Betrag ist diese Forderung in der Bilanz anzusetzen? o) Die Müller & Thurgau GmbH erwarb zum 01. Juli 01 alle Anteile der „Gutedel GmbH“. Als Kaufpreis wurden 97.500 Euro vereinbart. Der Zeitwert (=Verkehrswert) der Vermögensgegenstände der „Gutedel GmbH“ betrug 182.000 Euro, der Zeitwert der Schulden 109.500 Euro. Das Unternehmen wurde vollständig in die Müller & Thurgau GmbH integriert. 1. Berechnen Sie den Geschäfts- oder Firmenwert! 2. Wie ist der erworbene Firmenwert im Jahresabschluss zu behandeln? Eine zusammenfassende Übersicht über wichtige Begriffe und gesetzliche Regelungen im Rahmen der Bewertung gibt die Abbildung 33.

180

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

Abbildung 33: Prinzipien des Handelsrechts

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

9.4

9.4.1

181

Erfolgsverwendung bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften Einzelunternehmen

Beim Einzelunternehmen wird das Eigenkapitalkonto als variables Konto geführt. Die Konten Privateinlagen und Privatentnahmen werden zum Jahresabschluss auf das EK-Konto abgeschlossen und zeigen so, wie sich das Eigenkapital durch private Vorgänge verändert hat. Der Saldo des GuV-Kontos wird ebenfalls auf das EKKonto abgeschlossen und macht deutlich, ob durch die betriebliche Tätigkeit ein Gewinn oder ein Verlust erwirtschaftet wurde. H Eigenkapitalkonto Privatentnahmen Anfangsbestand Schlussbestand Privateinlagen Gewinn aus GuV Kontensumme Kontensumme

S

S

H Eigenkapitalkonto Privatentnahmen Anfangsbestand Privateinlagen Verlust aus GuV Schlussbestand Kontensumme Kontensumme

Sollte sich nach diesen Buchungen ein negatives Kapitalkonto ergeben, so ist es als nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag auszuweisen. Über die Verwendung des Gewinnes entscheidet der Unternehmer selbst. 9.4.2

Stille Gesellschaft

Die Einlage des stillen Gesellschafters wird als sonstige Verbindlichkeit erfasst. Nur bei der atypischen stillen Gesellschaft trägt die Einlage Eigenkapitalcharakter, ist aber getrennt von den sonstigen Kapitalkonten zu erfassen9. Dem stillen Gesellschafter steht nach § 231 HGB eine den Umständen nach angemessene Gewinnbeteiligung zu, deshalb müssen im Gesellschaftsvertrag eindeutige Regelungen enthalten sein. Neben einer Gewinnbeteiligung ist auch eine feste Verzinsung möglich, ebenso eine Verlustbeteiligung. Die Berechnung des Gewinnanteiles des stillen Gesellschafters hat entsprechend den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages zu erfolgen. Der stille Gesellschafter erhält den Jahresabschluss und darf ihn durch Einsichtnahme in die Bücher prüfen. Der Gewinnanteil ist dem stillen Gesellschafter auszuzahlen und auf dem Konto sonstige Verbindlichkeiten zu erfassen. Wenn allerdings die Einlage noch nicht

9

Nach den Empfehlungen der Bundessteuerberaterkammer zum Ausweis des Eigenkapitals in der Handelsbilanz der Personenhandelsgesellschaften, DStR, 1990, Beihefter Heft1/2, S. 8

182

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

voll eingezahlt wurde, wird der Gewinnanteil mit den noch ausstehenden Einlagen verrechnet. Der Buchungssatz bei Abschluss des GuV-Kontos umfasst also die Buchung auf das EK-Konto und die Buchung des Gewinnanteiles des stillen Gesellschafters auf das Konto sonstige Verbindlichkeiten gegenüber stillen Gesellschaftern bzw. die vorherige Verrechnung mit noch ausstehenden Einlagen. Buchungssatz GuV

an an

Eigenkapital Sonstige Verbindlichkeiten gegenüber stillen Gesellschaftern

Beispiel: Der Gesellschafter Josef Thurgau der Müller & Thurgau GmbH ist stiller Gesellschafter der Heckenwirtschaft Paul Burgund, die im Jahr 01 einen Gewinn von 64.557,80 Euro erwirtschaftete. Im Gesellschaftsvertrag ist festgelegt, dass Herr Thurgau einen Gewinnanteil von 5 % erhält. Zusätzlich erhält er eine 3%ige Verzinsung seiner stillen Einlage von 20.000 Euro, aber erst wenn diese voll eingezahlt ist. Herr Josef Thurgau hat bis zum 31.12.01 der Heckenwirtschaft Paul Burgund erst 17.000 Euro zur Verfügung gestellt. Damit entfällt für das Jahr 01 die Verzinsung der stillen Einlage. Berechnung des Gewinnanteils: 5 % vom Gewinn von 64.557,80 Euro = 3.227,89 Euro Da die stille Einlage noch nicht voll erbracht wurde, werden 3.000 Euro mit der noch ausstehenden Einlage verrechnet und nur die restlichen 227,89 Euro ausgezahlt. GuV

an an an

Eigenkapital Burgund 61.329,91 Ausstehende Einlage Thurgau 3.000,00 Sonstige Verbindlichkeiten Thurgau 227,89

Erfassen Sie die vorangegangenen Geschäftsfälle auf T-Konten!

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

183

Hinweis: Die Verteilung des Gewinnes kann auch über ein Gewinnverrechnungskonto erfolgen.

AUFGABE 9.14: Bilden Sie die Buchungssätze und nehmen Sie die Buchungen auf den entsprechenden Konten vor, wenn die Heckenwirtschaft Paul Burgund im Jahr 02 einen Gewinn von 53.486,32 Euro laut GuV erwirtschaftet hat. 9.4.3

Offene Handelsgesellschaft (OHG)

Im Jahresabschluss einer OHG kann das Eigenkapital aller Gesellschafter zusammengefasst ausgewiesen werden oder für jeden Gesellschafter einzeln10. Aber auf jeden Fall sind, wenn solche Konten im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurden, Festkapital und variables Kapital getrennt auszuweisen. In der Buchführung sind stets getrennte Konten für die Gesellschafter zu führen. Die Gewinnverteilung bei der OHG ist im § 121 HGB gesetzlich geregelt, in der Regel finden sich in den Gesellschaftsverträgen ergänzende und/oder davon abweichende Bestimmungen, wie in Abbildung 34 gezeigt wird. Die Berechnung der auf die einzelnen Gesellschafter entfallenden Beträge erfolgt mithilfe einer Gewinnverteilungstabelle. Unterjährige Entnahmen und Einlagen werden dabei verzinst. Die Bildung von Rücklagen muss entweder bereits im Gesellschaftsvertrag festgelegt sein oder erfolgt im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafter. Die Buchung der Gewinnanteile kann entweder direkt über das GuV-Konto erfolgen oder über ein Gewinnverteilungskonto. Die Privatkonten der Gesellschafter sind abzuschließen.

10

ebenda S. 8

184

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

Gewinnverteilung Gesetzlich § 121 HGB nachgiebiges Recht 4 % Verzinsung der Kapitalanteile

Vertraglich im Gesellschaftsvertrag

Restverteilung nach Köpfen

Besondere Regelungen möglich

Verlust nach Köpfen verteilt

Verlust auch nach Kapitalanteilen möglich

Oft höhere Verzinsung

Erfassung in BuchEntnahmen führung Gewinngutschrift auf § 122 HGB Kapitalkonten führt nachgiebiges Recht zu erhöhten Einlagen Bei Buchung des Gewinns über Privatkonten erfolgt Abschluss über Kapitalkonten Bei vereinbartem Festkapital besondere variable EKKonten für jeden Gesellschafter führen Verluste analog den Gewinnen buchen

Entnahme bis zu 4 % des zuletzt festgestellten Kapitalsaldos, unabhängig von Gewinnhöhe und Gewinngutschrift Darüber hinaus nur Entnahmen, wenn Gesellschaft dadurch nicht geschädigt wird Unterschiedliche vertragliche Regelungen, oftmals Festlegung von festen Beträgen

Abbildung 34: Gewinnverteilung bei der OHG11

Abschluss der Privatkonten für jeden Gesellschafter Kapital Gesellschafter A

an

Privatkonto Gesellschafter A

Buchung des Gewinnanteiles für die Gesellschafter: GuV

an an

Eigenkapital Gesellschafter A Eigenkapital Gesellschafter B

Sind feste Kapitalkonten vereinbart worden, erfolgen die Buchungen über die variablen Kapitalkonten. Beispiel: Der Gesellschafter Heinrich Müller der Müller & Thurgau GmbH ist außerdem auch Gesellschafter der Weinhandels OHG Rother & Müller. Der Gesellschafter Rother ist mit einem Kapital von 200.000 Euro und der Gesellschafter Müller mit 300.000 Euro beteiligt. Der im Jahr 01 erwirtschaftete Gewinn beträgt 250.000 Euro. Davon erhält Herr Rother eine Vorab-Vergütung für die Geschäftsführung in Höhe von 100.000 Euro. Herr Müller kann sich durch die Führung der GmbH überhaupt nicht mehr um die Geschäfte der OHG kümmern. Herr Rother 11

Vgl. Kresse, W.: Die neue Schule des Bilanzbuchhalters, Band 2, Stuttgart 2003, S. 71

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

185

hat am 01.07.01 eine Privatentnahme von 50.000 Euro getätigt und Müller hat am 01.10.01 eine weitere Einlage von 20.000 Euro erbracht. Nach Vertrag gelten ansonsten die gesetzlichen Regelungen. Es ergibt sich die nachfolgend dargestellte Gewinnverteilung: Gesellschafter Kapitalanteil 01.01.01 Gewinn-Vorab 4 % Kapitalverzinsung - bis 30.06. - bis 30.09. - bis 31.12. Rest nach Köpfen 250.000 – 100.000 – 19.200 = 130.800 : 2 = 65.400 Gewinnanteil +Einlage - Entnahme Kapitalanteil 31.12.01

Rother 200.000 100.000

Müller 300.000

Summe 500.000 100.000

4.000 1.500 1.500

6.000 3.000 3.200

19.200

65.400 172.400 - 50.000 322.400

65.400 77.600 20.000 397.600

130.800 250.000 20.000 - 50.000 720.000

Tabelle 14: Gewinnverteilung bei einer OHG

Notwendig sind folgende Buchungen zum 31.12.01: • Gewinn-Vorab für Herrn Rother für die Geschäftsführung: GuV

an

EK Rother

100.000,00

• Buchung der Verzinsung der Kapitalanteile, wobei Entnahmen und Einlagen berücksichtigt worden sind: GuV

an an

EK Rother EK Müller

7.000,00 12.200,00

EK Rother EK Müller

65.400,00 65.400,00

• Buchung der Restverteilung des Gewinnes: GuV

an an

Erfassen Sie die vorangegangen Geschäftsfälle auf T-Konten!

186

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

AUFGABE 9.15: Führen Sie für das Jahr 02 die Gewinnverteilung mit allen Buchungen auch auf den Konten durch. Der Jahresüberschuss beträgt 195.000 Euro. Jeder der beiden Gesellschafter führte Privatentnahmen durch, die in der Tabelle aufgeführt sind. Entnahmetag in 02 01.02. 01.04. 01.06. 01.10. 01.12. Privateinlage

Gesellschafter Rother 10.000 8.000 13.000 20.000 5.000 keine

Gesellschafter Müller 5.000 12.000 6.000 10.000 5.000 am 30.12.02 20.000

Was würde sich ändern, wenn die Gesellschaft eine KG mit Herrn Rother als Komplementär und Herrn Müller als Kommanditist wäre? 9.4.4

Kommanditgesellschaft (KG)

Im Unterschied zur OHG gibt es bei der KG unterschiedliche Arten von Gesellschaftern mit vor allem unterschiedlichen Haftungsverhältnissen. Außer dem voll haftenden Komplementär muss an der KG noch mindestens ein beschränkt haftender Kommanditist beteiligt sein. Komplementäre haben faktisch die gleichen Rechte und Pflichten wie die Gesellschafter einer OHG. Für die Kommanditisten ist ein festes EK-Konto einzurichten, unabhängig davon, ob die Einlage voll eingezahlt wurde. Nicht eingezahlte Einlagen sind auf dem Konto noch ausstehende Einlagen zu erfassen. Die Gewinnanteile der Kommanditisten werden zuerst gegen die noch ausstehenden Einlagen gebucht und dann als sonstige Verbindlichkeit gegenüber Kommanditisten ausgewiesen. Die Erfolgsverteilung erfolgt nach Gesellschaftsvertrag. Die gesetzliche Regelung nach § 167 HGB mit einer 4 %igen Kapitalverzinsung, einer Restverteilung vom

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

187

Gewinn in angemessenem Verhältnis und der Verteilung der Verluste in angemessenem Verhältnis birgt Konfliktpotenzial. Der Verlust eines Kommanditisten ist durch die bedungene Haftungssumme begrenzt. Beispiel: Heinrich Müller ist als Kommanditist an der Anders KG beteiligt. Komplementärin Anders hat zu Beginn des Jahres einen EK-Anteil von 200.000 Euro. Sie erhält vorab eine „Geschäftsführervergütung“ von 80.000 Euro. Müller als Kommanditist hat eine Haftungseinlage von 100.000 Euro übernommen und 80.000Euro davon eingezahlt. Der JÜ beträgt 180.000 Euro. Ein die Kapitalverzinsung übersteigender Gewinn soll im Verhältnis 3 : 1 auf die Gesellschafter verteilt werden. Das Privatkonto der Komplementärin Frau Anders betrug während des ganzen Jahres Null Euro. Gesellschafter Kapitalanteil 01.01.

Komplementär Anders 200.000

Gewinn-Vorab Kapitalverzinsung 4 % Rest 3:1 180.000 – 80.000 – 11.200 = 88.800 : 4 = 22.200 je Teil Gewinnanteil Kapitalanteil 31.12. Verbindl. gg. Kommand.

80.000 8.000 66.600

Kommanditist Müller (100.000) eingez. 80.000 3.200 22.200

154.600 354.600

25.400 100.000 5.400

Summe (300.000) 280.000 80.000 11.200 88.800

180.000 454.600 5.400

Tabelle 15: Gewinnverteilung bei einer Kommanditgesellschaft

Der Gewinnanteil des Kommanditisten Müller wird zuerst gegen die noch fehlenden 20.000 Euro ausstehende Einlagen verrechnet. Damit stehen ihm nur 5.400 Euro zur Auszahlung zu. Die Buchungssätze nach der Gewinnverteilungstabelle zum 31.12.: Gewinn-Vorab von 80.000 Euro für die Geschäftsführung durch Anders. GuV

an

EK Anders

80.000,00

Verzinsung der Kapitalanteile, verzinst wird nur das tatsächlich der Gesellschaft zur Verfügung gestellte Kapital. GuV

an an

EK Anders Noch ausstehende Einlagen Kdt. Müller

8.000,00 3.200,00

188

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

Restverteilung des Gewinnes nach der im Vertrag festgelegten Quote 3:1 GuV

an an an

EK Anders Noch ausstehende Einlagen Kdt. Müller Sonstige Verb. gg. Kdt. Müller

66.600,00 16.800,00 5.400,00

Erst bei der nächsten Gewinnverteilung wird Müller seinen gesamten Gewinnanteil ausgezahlt bekommen, da jetzt seine Einlage voll eingezahlt ist. Erfassen Sie die vorangegangenen Geschäftsfälle auf T-Konten!

AUFGABE 9.16: Führen Sie die Buchungen auch auf Konten für das Beispiel bei folgenden Änderungen im Jahr 02 durch: Der erwirtschaftete Jahresüberschuss beträgt 192.000 Euro. Frau Anders erhält weiterhin ein Geschäftsführer-Vorab. Sie hat jeweils zum Monatsersten eine Privatentnahme von 5.000 Euro getätigt.

9.5

Erfolgsverwendung bei Kapitalgesellschaften

Bei Kapitalgesellschaften wird das Eigenkapital stark differenziert ausgewiesen, wie es der § 266 (3) HGB verlangt:

I.

Gezeichnetes Kapital;

II. Kapitalrücklage; III. Gewinnrücklagen: 1. gesetzliche Rücklage; 2. Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen;

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

189

3. satzungsmäßige Rücklagen; 4. andere Gewinnrücklagen; IV. Gewinnvortrag/Verlustvortrag; V. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag. Das Gezeichnete Kapital ist das Kapital, auf das die Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft gegenüber den Gläubigern beschränkt ist. Nach § 272 (1) HGB ist es mit dem Nennbetrag anzusetzen. Weiterhin wird in diesem Paragraphen darauf eingegangen, wie zu verfahren ist, wenn das Gezeichnete Kapital noch nicht vollständig von den Gesellschaftern der Kapitalgesellschaft zur Verfügung gestellt wurde: Die nicht eingeforderten ausste-

henden Einlagen auf das gezeichnete Kapital sind von dem Posten „Gezeichnetes Kapital“ offen abzusetzen; der verbleibende Betrag ist als Posten „Eingefordertes Kapital“ in der Hauptspalte der Passivseite auszuweisen; der eingeforderte, aber noch nicht eingezahlte Betrag ist unter den Forderungen gesondert auszuweisen und entsprechend zu bezeichnen. Damit ist aus der Bilanz erkennbar, welche Haftungssumme tatsächlich den Gläubigern zur Verfügung stehen würde. Auf die persönliche Haftung der Gesellschafter, die ihre Einlage noch nicht voll erbracht haben, sei hingewiesen. Rücklagen werden gebildet, um die Haftungsbasis zu erhöhen, um die Produktionsbereitschaft auch in strukturellen Krisen zu erhalten, um Verluste auszugleichen und um zukünftige außergewöhnliche Belastungen, die durch notwendige Erneuerungen oder Umstellungen hervorgerufen werden, finanzieren zu können12. Die Rücklagen werden in Kapitalrücklagen und Gewinnrücklagen unterschieden, wobei der Name Gewinnrücklage bereits aussagt, dass diese nur aus erwirtschafteten Jahresüberschüssen gebildet werden, wie es im § 272 (3) HGB beschrieben wird: Als Gewinnrücklagen dürfen nur Beträge ausgewiesen werden, die im Geschäftsjahr oder in einem früheren Geschäftsjahr aus dem Ergebnis gebildet worden sind. Dazu gehören aus dem Ergebnis zu bildende gesetzliche oder auf Gesellschaftsvertrag oder Satzung beruhende Rücklagen und andere Gewinnrücklagen. Kenntnisse aus HGB, Aktiengesetz und GmbH-Gesetz, Satzungen und Gesellschaftsverträgen und den entsprechenden Gewinnverwendungsbeschlüssen der Gesellschaften sind also notwendig, um die Bildung und Auflösung von Rücklagen nachvollziehen zu können.

12

Vgl. Der neue Teismann, das Grundwissen des Kaufmanns, Schwann-Girardet, 2000, S. 251

190

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

Die Bildung von Kapitalrücklagen ist Gegenstand des § 272 (2) HGB:

Als Kapitalrücklage sind auszuweisen: 1. der Betrag, der bei der Ausgabe von Anteilen einschließlich von Bezugsanteilen über den Nennbetrag oder, falls ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, über den rechnerischen Wert hinaus erzielt wird; 2. der Betrag, der bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrechte und Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt wird; 3. der Betrag von Zuzahlungen, die Gesellschafter gegen Gewährung eines Vorzugs für ihre Anteile leisten; 4. der Betrag von anderen Zuzahlungen, die Gesellschafter in das Eigenkapital leisten. Kapitalrücklagen werden also durch von außen zufließendes Kapital gebildet.

AUFGABE 9.17: Verschaffen Sie sich einen Überblick über die Höhe und die Zusammensetzung des Eigenkapitals von DAX-Unternehmen. Schauen Sie sich dazu neben der Bilanz auch die im Anhang gegebenen Erläuterungen zur Bildung und Auflösung der Rücklagen an (Eigenkapitalspiegel). AUFGABE 9.18: Die Weinhandel AG hat nach aktienrechtlichen Vorschriften eine ordentliche Kapitalerhöhung vorgenommen. Im Jahr 01 wurden 10.000 Aktien zum Nominalwert von 5,00 Euro am Markt platziert. Der Erstausgabepreis der Aktien betrug 6,75 Euro. Alle Aktien konnten über die Konsortialbank verkauft werden. Die Gesamteinnahme wurde dem Konto der AG gutgeschrieben. Wie schlägt sich dies in der Bilanz nieder? Der § 268 (1) HGB erlaubt Kapitalgesellschaften Folgendes: Die Bilanz darf auch

unter Berücksichtigung der vollständigen oder teilweisen Verwendung des Jahresergebnisses aufgestellt werden. Wird die Bilanz unter Berücksichtigung der teilweisen Verwendung des Jahresergebnisses aufgestellt, so tritt an die Stelle der Posten "Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag" und "Gewinnvortrag/Verlust-vortrag" der Posten "Bilanzgewinn/Bilanzverlust"; ein vorhandener Gewinn- oder Verlustvortrag ist in den Posten "Bilanzgewinn/Bilanzverlust" einzubeziehen und in der Bilanz gesondert anzugeben. AUFGABE 9.19: Welcher Posten wird in den Geschäftsberichten bei DAXUnternehmen ausgewiesen, der Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag oder der Bilanzgewinn/Bilanzverlust? Der Jahresüberschuss (JÜ) bzw. der Jahresfehlbetrag (JF) sind das Ergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung. Um von diesen Größen zum Bilanzgewinn zu kommen, ist eine Ergebnisverwendungsrechnung notwendig (vgl. § 158 AktG):

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

191

Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag +/– Gewinnvortrag/Verlustvortrag aus dem Vorjahr + Entnahmen aus der Kapitalrücklage + Entnahmen aus Gewinnrücklagen a) gesetzliche Rücklage b) Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen c) satzungsmäßige Rücklagen d) andere Gewinnrücklagen ./. Einstellungen in Gewinnrücklagen a) gesetzliche Rücklage b) Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen c) satzungsmäßige Rücklagen d) andere Gewinnrücklagen = ./.

Bilanzgewinn/ Bilanzverlust Gewinnausschüttung

=

Gewinnvortrag/Verlustvortrag Abbildung 35: Vom Jahresüberschuss zum Bilanzgewinn

Beispiel: In einer Kapitalgesellschaft (AG) wurden folgende Ergebnisse erzielt: a)

JÜ von 500.000 Euro

b)

JF von 100.000 Euro

Aus dem Vorjahr existiert ein Verlustvortrag von 10.000 Euro. Im Gewinnfall ist eine satzungsmäßige Rücklage mit 40.000 Euro zu dotieren, in die anderen Gewinnrücklagen sollen 200.000 Euro eingestellt werden. Der Bilanzgewinn soll in Höhe von 200.000 Euro ausgeschüttet und der Rest vorgetragen werden. Im Verlustfall sollen die anderen Gewinnrücklagen so weit aufgelöst werden, dass ebenfalls eine Ausschüttung von 200.000 Euro möglich wird.

+/+ ./. ./. = ./. =

Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag Gewinnvortrag/Verlustvortrag Entnahmen aus Kapital-/Gewinnrücklagen Einstellung in andere Gewinnrücklagen satzungsmäßige Rücklagen Bilanzgewinn Gewinnausschüttung Gewinnvortrag/Verlustvortrag

Fall a) 500.000 – 10.000 – 200.000 – 40.000 250.000 – 200.000 50.000

Fall b) – 100.000 – 10.000 310.000

200.000 – 200.000

192

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

Kapitalgesellschaften optimieren ihren Jahresabschluss häufig so, dass den Gesellschaftern ein relativ vorhersehbares, ausschüttbares Ergebnis, nämlich der Bilanzgewinn in prognostizierter Höhe ausgewiesen wird und somit als Grundlage für den in der Gesellschafterversammlung zu fassenden Gewinnverwendungsbeschluss dient. Das zeigen die beiden Fälle a) und b) deutlich. Ein erwirtschafteter Jahresüberschuss wird zu einem beträchtlichen Teil in Rücklagen eingestellt bzw. als Gewinn in die nächsten Jahre vorgetragen. Aber auch im Verlustfall wird an die Gesellschafter ausgeschüttet, indem Rücklagen wieder aufgelöst werden. Im folgenden Beispiel soll gezeigt werden, wie Kapitalgesellschaften von der Möglichkeit Gebrauch machen können, das Eigenkapital in der Bilanz vor, nach teilweiser oder nach vollständiger Ergebnisverwendung zu bilanzieren (§ 268 (1) HGB). Beispiel: In der Kapitalgesellschaft aus dem vorherigen Beispiel wurde ein Jahresüberschuss von 500.000 Euro erzielt. Das Eigenkapital zu Beginn des Jahres soll folgende Bestandteile aufweisen: Gezeichnetes Kapital: 1.000.000 Euro Gewinnrücklagen: Gesetzliche Rücklage 100.000 Euro; satzungsmäßige Rücklage 100.000 Euro; andere Gewinnrücklagen 500.000 Euro.

Gezeichnetes Kapital Gewinnrücklagen Gesetzliche Rücklage Satzungsmäßige Rücklage Andere Gewinnrücklagen Verlustvortrag Vorjahr Jahresüberschuss Bilanzgewinn Gewinnvortrag Verbindlichkeiten Summe

vor Ergebnisver- nach teilweiser nach vollständiwendung Ergebnisverwen- ger Ergebnisverdung wendung 1.000.000 1.000.000 1.000.000 100.000 100.000 500.000 – 10.000 500.000

100.000 140.000 700.000

100.000 140.000 700.000

250.000

2.190.000

2.190.000

50.000 200.000 2.190.000

Tabelle 16: Darstellung des EK nach § 268 (1) HGB

Vor Ergebnisverwendung wird also der Jahresüberschuss ausgewiesen. Bei einer teilweisen Verwendung haben die Gesellschaftsorgane den Jahresüberschuss bereits dazu verwendet, um einen Ausgleich des Verlustvortrages aus dem Vorjahr vorzunehmen und in Rücklagen einzustellen. Im dritten Fall wird die Gewinnverwendung gezeigt, obwohl noch kein rechtsgültiger Gewinnverwendungsbeschluss

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

193

vorliegt. Der auszuschüttende Gewinn ist als Verbindlichkeit gegenüber den Gesellschaftern ausgewiesen, da er zur Auszahlung kommen wird. Nur selten werden die den beschließenden Organen vorgelegten Gewinnverwendungsvorschläge nicht bestätigt. Bei der buchhalterischen Darstellung ist bei teilweiser und vollständiger Ergebnisverwendung ein gesondertes Betriebsergebniskonto als Interimskonto einzurichten. Die einzelnen Vorgänge sollen für den Gewinnfall a) des obigen Beispiels gezeigt werden. Folgende Sachverhalte werden über das Betriebsergebniskonto gebucht: Abschluss des GuV-Kontos GuV

an

Betriebsergebniskonto

an

Verlustvortrag

500.000

Einbuchen des Verlustvortrages Betriebsergebniskonto

10.000

Bei teilweiser Gewinnverwendung wird nach der Rücklagenbildung noch der Bilanzgewinn ausgewiesen. Betriebsergebniskonto Betriebsergebniskonto Betriebsergebniskonto

an an an

Satzungsm. Rückl. Andere Gewinnrückl. Bilanzgewinn

40.000 200.000 250.000

Betriebsergebniskonto Mit dem Ausweis des Bilanzgewinnes ist das Betriebsergebniskonto ausgeglichen. Alle Eigenkapitalkonten werden über das SBK abgeschlossen. S Verlustvortrag Satzungsmäßige Rücklage Andere Gewinnrücklage Bilanzgewinn

Betriebsergebniskonto 10.000 GuV 40.000 200.000 250.000 500.000

H 500.000

500.000

AUFGABE 9.20: Führen Sie die Buchungen für den Verlustfall b) auf dem Betriebsergebniskonto durch. Bilden Sie vorher die Buchungssätze. Nutzen Sie folgendes T-Konto zur Darstellung:

194

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

S

Betriebsergebniskonto

H

Bei Bilanzierung nach einer vollständigen Gewinnverwendung werden statt der obigen letzten Buchung des Bilanzgewinnes der Gewinnvortrag für das nächste Jahr und die auszuzahlenden Gewinnanteile gebucht. Betriebsergebniskonto Betriebsergebniskonto

an an

Gewinnvortrag Verb. gg Gesellschaftern

50.000,00 200.000,00

Damit verändert sich auch das Betriebsergebniskonto. S Verlustvortrag Satzungsmäßige Rücklage Andere Gewinnrücklage Gewinnvortrag Verb. gg. Gesellschafter

Betriebsergebniskonto 10.000 GuV 40.000 200.000 50.000 200.000 500.000

H 500.000

500.000

AUFGABE 9.21: Führen Sie die Buchungen für den Verlustfall b) auf dem Betriebsergebniskonto durch. Bilden Sie vorher die Buchungssätze. Nutzen Sie folgendes T-Konto zur Darstellung: S

9.5.1

Betriebsergebniskonto

H

Besonderheiten bei der GmbH13

Die Gesamtsumme der Stammeinlagen, zu denen sich die Gesellschafter einer GmbH verpflichtet haben, bildet das Stammkapital nach § 5 GmbH-Gesetz, welches auf den Konten Stammkapital der einzelnen Gesellschafter gebucht und in der Bilanz in einer Summe als Gezeichnetes Kapital ausgewiesen wird. Noch nicht 13

Vgl. ebenda S. 258 ff und Kresse, W.: Die neue Schule des Bilanzbuchhalters, Band 2, Stuttgart 2003, S. 79 ff

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

195

eingezahlte Beträge sind als Ausstehende Einlagen auf das Stammkapital zu erfassen (§ 42 GmbHG, § 272 (1) HGB). Eine Erhöhung oder Herabsetzung des Stammkapitals kann nur durch einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss erfolgen, wobei gesetzliche Fristen einzuhalten sind (§ 55 GmbHG). Die Erstellung des Jahresabschlusses hat unter Beachtung der Formvorschriften der § 266 HGB zur Bilanz und § 275 HGB zur Gewinn- und Verlustrechnung zu erfolgen. Größenabhängige Erleichterungen können in Anspruch genommen werden. Auf der Passivseite der Bilanz auszuweisende freie oder zweckbestimmte Rücklagen werden nach GmbH-Gesetz nicht verlangt. Sie werden zur Risikovorsorge oder für bestimmte Sonderzwecke gebildet, wobei der Zweck in der Bezeichnung nicht zum Ausdruck kommen muss. Es reicht ein Ausweis unter den Gewinnrücklagen. Nach § 42a GmbHG hat die Gesellschafterversammlung den Jahresabschluss festzustellen und über die Verwendung des Gewinnes zu entscheiden (§ 29 GmbHG). Die Frist darf 8 Monate bzw. bei einer kleinen GmbH 11 Monate nach Schluss des Geschäftsjahres nicht übersteigen. Besteht in der GmbH ein Aufsichtsrat, so hat dieser einen Bericht zum Jahresabschluss zu erstellen und der Gesellschafterversammlung vorzulegen. Ist die GmbH prüfungspflichtig, so ist der Bericht des Abschlussprüfers ebenfalls der Gesellschafterversammlung bekannt zu geben. Wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, haben die Gesellschafter einer GmbH Anspruch auf den Gewinn, der sich aus dem Jahresabschluss ergibt (§ 29 GmbHG). Die Verteilung erfolgt nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile. Das Gläubigerschutzprinzip findet seinen Niederschlag auch im GmbHG und bestimmt im § 30 (1) GmbHG, dass das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden darf. Weist der Jahresabschluss einen Verlust auf, so ist dieser zunächst gegen die Rücklagen zu buchen. Kann der Verlust nicht durch die Rücklagen gedeckt werden, so ist er als Verlustvortrag zu erfassen. Erreicht der Verlustvortrag die Hälfte des Stammkapitals, so haben die Geschäftsführer unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einzuberufen (§ 49 (3) GmbHG). Entweder wird durch einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss das Stammkapital herabgesetzt, wobei aber die gesetzliche Mindesthöhe beachtet werden muss oder die Gesellschafter beschließen, den Verlust durch Nachschüsse auszugleichen. Ergibt sich nach diesen Maßnahmen noch immer eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit, so haben die Geschäftsführer unverzüglich den Insolvenzantrag zu stellen (§ 64 GmbHG).

196

9.5.2

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

Besonderheiten bei der Aktiengesellschaft14

Bei der Aktiengesellschaft sind die Aufgaben der drei Organe Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung auch in Hinsicht auf die Rechnungslegung zu unterscheiden. Der Vorstand hat nach § 264 HGB den Jahresabschluss und den Lagebericht innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres zu erstellen und wenn die AG eine mittelgroße oder große Kapitalgesellschaft ist, dem Abschlussprüfer vorzulegen, der von der Hauptversammlung noch vor Abschluss des Geschäftsjahres bestellt wurde (§ 316 ff HGB). Der Abschlussprüfer nimmt die gesetzlich vorgeschriebene oder auch eine nach Satzung vorgeschriebene freiwillige Prüfung des Jahresabschlusses vor, erstellt dazu einen Bericht und erteilt bei keinen wesentlichen Beanstandungen einen Bestätigungsvermerk. Diesen Prüfungsbericht des Abschlussprüfers, den Jahresabschluss, den Lagebericht und einen Gewinnverwendungsvorschlag hat der Vorstand dem Aufsichtsrat vorzulegen (§ 171 AktG). Der Aufsichtsrat hat zum Prüfungsbericht des Abschlussprüfers eine Stellungnahme abzugeben und dem Vorstand und der Hauptversammlung über die Prüfung der ihm vorgelegten Dokumente einen Bericht abzugeben. Wenn der Aufsichtsrat den Jahresabschluss billigt, so ist er nach § 172 AktG festgestellt. Diese Aufgabe können Aufsichtsrat und Vorstand auch auf die Hauptversammlung übertragen. Der Vorstand hat die Hauptversammlung zur Entgegennahme des festgestellten Jahresabschlusses und des Lageberichtes einzuberufen. Außerdem muss die Hauptversammlung über den Gewinnverwendungsvorschlag abstimmen. Im § 175 (1) AktG heißt es dazu: Unverzüglich nach Eingang des Berichts des Auf-

sichtsrats hat der Vorstand die Hauptversammlung zur Entgegennahme des festgestellten Jahresabschlusses und des Lageberichts, eines vom Aufsichtsrat gebilligten Einzelabschlusses nach § 325 Abs. 2a des Handelsgesetzbuchs sowie zur Beschlussfassung über die Verwendung eines Bilanzgewinns,… einzuberufen. Die Hauptversammlung hat in den ersten acht Monaten des Geschäftsjahrs stattzufinden. Damit ist vom Gesetzgeber die Zeit vorgegeben, in der der Jahresabschluss erstellt, geprüft und festgestellt werden muss. Damit die Aktionäre sich auf die in der Hauptversammlung zu treffenden Entscheidungen hinsichtlich der Beschlussfassung vorher informieren können, ist im § 175 (2) AktG weiterhin festgelegt: Der

Jahresabschluss, ein vom Aufsichtsrat gebilligter Einzelabschluss nach § 325 Abs. 2a des Handelsgesetzbuchs, der Lagebericht, der Bericht des Aufsichtsrats, der Vorschlag des Vorstands für die Verwendung des Bilanzgewinns sind von der Einberufung an in dem Geschäftsraum der Gesellschaft zur Einsicht durch die

14

Vgl. ebenda

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

197

Aktionäre auszulegen. Auf Verlangen ist jedem Aktionär unverzüglich eine Abschrift der Vorlagen zu erteilen.… Die Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 3 entfallen, wenn die dort bezeichneten Dokumente für denselben Zeitraum über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich sind. AUFGABE 9.22: Informieren Sie sich darüber, in welcher Form bei verschiedenen DAX-Unternehmen zur Hauptversammlung eingeladen wird und wie die benötigten Dokumente zur Verfügung gestellt werden. Die Entscheidungen über Gewinn- und Kapitalrücklagen obliegen in erster Linie dem Vorstand und dem Aufsichtsrat, wobei die gesetzlichen (§ 150 AktG) und satzungsmäßigen Vorschriften zu beachten sind. Einstellungen in die Kapitalrücklagen und in die Gewinnrücklagen aufgrund gesetzlicher oder satzungsmäßiger Vorschriften und deren Auflösung oder die Entnahmen aus den Rücklagen sind bereits bei der Aufstellung der Bilanz durch Vorstand und Aufsichtsrat vorzunehmen. In der Hauptversammlung wird über die Verwendung des Bilanzgewinnes entschieden, Teile davon können in andere Gewinnrücklagen eingestellt werden. Allerdings ist der § 254 (1) AktG zu beachten, der Aussagen zur Anfechtung des Beschlusses über die Verwendung des Bilanzgewinns enthält: Der Beschluss über die

Verwendung des Bilanzgewinns kann außer nach § 243 auch angefochten werden, wenn die Hauptversammlung aus dem Bilanzgewinn Beträge in Gewinnrücklagen einstellt oder als Gewinn vorträgt, die nicht nach Gesetz oder Satzung von der Verteilung unter die Aktionäre ausgeschlossen sind, obwohl die Einstellung oder der Gewinnvortrag bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung nicht notwendig ist, um die Lebens- und Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft für einen hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Notwendigkeiten übersehbaren Zeitraum zu sichern und dadurch unter die Aktionäre kein Gewinn in Höhe von mindestens vier vom Hundert des Grundkapitals abzüglich von noch nicht eingeforderten Einlagen verteilt werden kann.

198

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

Verwendung von Gesetzlicher Rücklage und Kapitalrücklagen Gesetzliche Rücklage und Kapitalrücklagen übersteigen nicht 10 % oder den in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkapitals (§ 150 AktG) Eingeschränkte Verwendungserlaubnis für den Gesamtbetrag der Rücklagen: Ausgleich eines Jahresfehlbetrages, soweit nicht durch Gewinnvortrag aus dem Vorjahr gedeckt und nicht durch Auflösung anderer Gewinnrücklagen ausgleichbar. Ausgleich eines Verlustvortrages aus dem Vorjahr, soweit nicht durch einen Jahresüberschuss gedeckt und nicht durch Auflösung anderer Gewinnrücklagen ausgleichbar.

Gesetzliche Rücklage und Kapitalrücklagen übersteigen 10 % oder den in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkapitals (§ 150 AktG) Erweiterte Verwendungserlaubnis für obige Grenze übersteigenden Betrag der Rücklagen: Ausgleich eines Jahresfehlbetrages, soweit nicht durch Gewinnvortrag aus dem Vorjahr gedeckt. Ausgleich eines Verlustvortrages aus dem Vorjahr, soweit nicht durch einen Jahresüberschuss gedeckt. Verwendung zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach §§ 207 bis 220 AktG.

Tabelle 17: Verwendung von gesetzlicher Rücklage und Kapitalrücklagen15

Damit ist eine gesetzliche Grenze für die Thesaurierung von Gewinnen bei Aktiengesellschaften gesetzt. Zu beachten ist auch, dass der Jahresüberschuss durch erfolgsabhängige Größen beeinflusst wird, wie das in Abbildung 36 gezeigt wird.

./. ./. ./. ./.

Vorläufiger Jahresüberschuss Vorstandstantiemen Aufsichtsratstantiemen Körperschaftsteuer Gewerbesteuer

=

Endgültiger Jahresüberschuss Abbildung 36: Vom vorläufigen zum endgültigen Jahresüberschuss

Die Körperschaftsteuer z. B. ist aber von der Ausschüttungsstrategie abhängig und muss bei einer Beschlussfassung der Hauptversammlung entgegen dem unterbreiteten Vorschlag korrigiert werden. Alle mit der Entscheidung der Hauptversammlung über die Gewinnverwendung verbundenen Buchungen werden deshalb im laufenden Geschäftsjahr getätigt. Es findet keine Korrektur des festgestellten Jahresabschlusses statt.

15

Vgl. Kresse, W.: Die neue Schule des Bilanzbuchhalters, Band 2, Stuttgart 2003, S.83

9 GESETZLICHE UND RECHTSFORMABHÄNGIGE REGELUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS

199

Die Abbildung 37 zeigt zusammenfassend die Kompetenzen von Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung bei den Entscheidungen zur Gewinnverwendung. JAHRESÜBERSCHUSS + Gewinnvortrag des Vorjahres ./. Verlustvortrag des Vorjahres + Entnahmen aus Kapitalrücklagen + Entnahmen aus Gewinnrücklagen ./. Einstellungen in Gewinnrücklagen = BILANZGEWINN ./. Einstellungen in Gewinnrücklagen ./. Gewinnvortrag = AUSSCHÜTTUNG

Kompetenz von Vorstand und Aufsichtsrat vor Feststellung des Jahresabschlusses Kompetenz der Hauptversammlung nach Feststellung des Jahresabschlusses

Abbildung 37: Kompetenzen bei der Gewinnverwendung

AUFGABE 9.23: Recherchieren Sie, ob die Hauptversammlungsbeschlüsse bei den DAX-Unternehmen immer dem Gewinnvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat gefolgt sind oder inwieweit sie davon abweichen.

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

201

10 Auswertung des Jahresabschlusses 10.1 Grundlagen Die Auswertung des Jahresabschlusses erfolgt durch eine Bilanzanalyse. Hierbei werden die Informationen des Jahresabschlusses, also mindestens der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung und größen- und rechtsformabhängig auch von allen anderen Bestandteilen des Jahresabschlusses wie z. B. Anhang und Lagebericht so aufbereitet, dass ein aussagefähiges Bild über die wirtschaftliche Lage, insbesondere über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens entsteht. Die Interessenten einer Jahresabschlussanalyse lassen sich wie folgt einteilen: 1. interne Interessenten (Mitglieder der Unternehmensleitung), 2. externe Interessenten.

AUFGABE 10.1: Überlegen Sie, welche Informationen die in der Tabelle angegebenen Interessenten einer Bilanzanalyse entnehmen möchten und prüfen Sie danach, ob aus dem Jahresabschluss der Müller & Thurgau GmbH alle diese Informationen zu entnehmen sind. Jahresabschlussinteressenten Geschäftsführung

Informationen

Gesellschafter/Eigentümer Potenzielle Anleger Mitarbeiter Banken Lieferanten Kunden Gewerkschaften Interessierte Öffentlichkeit Tabelle 18: Interessenten des Jahresabschlusses

202

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Insbesondere sind folgende Probleme bei einer Bilanzanalyse zu beachten: • Die Rechnungslegungsvorschriften, vor allem das Vorsichtsprinzip beeinflussen die Darstellung der wirtschaftlichen Lage. • Ansatz- und Bewertungswahlrechte verfälschen das Ergebnis. • Die Angaben im Jahresabschluss sind unvollständig. Es fehlen z. B. Angaben über Auftragsbestände, Kreditsicherheiten, schwebende Geschäfte usw. • Es werden nur quantitative Angaben dargestellt, qualitative Angaben fehlen. • Die Daten der Bilanz sind zeitpunktbezogen. • Die Daten besitzen Vergangenheitscharakter, es mangelt an Zukunftsbezogenheit.

AUFGABE 10.2: Finden Sie Beispiele, die belegen, dass einer Bilanzanalyse Grenzen gesetzt sind. Zur Beurteilung der ausgewiesenen Daten und der auf dieser Grundlage berechneten Kennzahlen ist außerdem ein Vergleichsmaßstab notwendig. Folgende Möglichkeiten werden in der Literatur diskutiert: 1. Soll-Ist-Vergleich, 2. Branchenvergleich, 3. Zeitvergleich.

AUFGABE 10.3: Welche Vorteile bieten die oben angegebenen Vergleichsmaßstäbe?

10.2 Erstellung der Strukturbilanz Da die Daten der Bilanz nicht unmittelbar dazu geeignet sind, eine aussagefähige Analyse durchzuführen, muss die vorliegende Bilanz bereinigt und aufbereitet werden. Das Ergebnis ist die Strukturbilanz. Hauptziel ist eine Darstellung der Jahresabschlusspositionen in jeweils zwei Kategorien: Aktivseite:

Anlage- und Umlaufvermögen, nach der Liquidität geordnet;

Passivseite: Eigen- und Fremdkapital nach den Rückzahlungsfristen geordnet. Zu diesem Zweck sind einige Umgliederungen notwendig. Gliederungskriterien sind für das Vermögen die Liquiditätsnähe und für das Kapital die Fristigkeit. Teilweise sind neue Bewertungen vorzunehmen.

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

203

Neuaufbau der Aktivseite: Die Aktivseite ist zu verringern um • ausstehende Einlagen (sofern sie eingefordert sind), • derivativen Firmenwert, • aktiviertes Disagio, • aktivierte latente Steuern. Die Summe dieser Werte ist anschließend beim Eigenkapital abzuziehen, um die Bilanzsummengleichheit zu wahren. Die aktiven Rechnungsabgrenzungsposten mit Ausnahme des Disagios sind dem Umlaufvermögen (Forderungen und Sonstige Vermögensgegenstände) hinzuzurechnen (Umgliederung). Im Anlagevermögen enthaltene geleistete Anzahlungen werden in die sonstigen Forderungen und Vermögensgegenstände umgegliedert. Aus den Verbindlichkeiten werden erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen herausgelöst und von den Vorräten abgezogen. Mögliche Neubewertungen der Aktivseite: Im Wesentlichen sind hier die stillen Rücklagen/Reserven des Unternehmens aufzudecken, um die Vermögenslage realistischer darzustellen. Bei Aufdeckung der stillen Reserven sind diese dem Eigenkapital hinzuzurechnen, um wiederum die Bilanzwaage zu wahren. Neuaufbau der Passivseite: Der Jahresüberschuss ist aufzuteilen. Der Teil, der in die Gewinnrücklagen eingestellt wird, bleibt im Eigenkapital enthalten. Der Teil, der ausgeschüttet werden soll, wird dem kurzfristigen Fremdkapital hinzugerechnet. Das Fremdkapital (FK) ist hinsichtlich seiner Fristigkeit zu gliedern in: • kurzfristiges Fremdkapital mit einer Laufzeit kleiner als 1 Jahr, • mittelfristiges Fremdkapital mit einer Laufzeit von 1 bis 5 Jahre und • langfristiges Fremdkapital mit einer Laufzeit über 5 Jahre. In Höhe der unterlassenen Pensionsrückstellungen ist eine Umgliederung vom Eigenkapital in das langfristige Fremdkapital vorzunehmen. Passive Rechnungsabgrenzungsposten sind im kurzfristigen Fremdkapital zu berücksichtigen. Bezüglich der passiven latenten Steuern gibt es keine einheitliche Auffassung in der Literatur darüber, ob sie dem Eigen- oder Fremdkapital zugerechnet werden sollen. Aus den Verbindlichkeiten werden erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen herausgelöst und den Vorräten zugerechnet.

204

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Die Korrekturbilanz ist somit wie folgt zu erstellen: Anlagevermögen: Anlagevermögen lt. veröffentlichter Bilanz ./.

ausstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital (sofern eingefordert)

./.

aktivierter derivativer Firmenwert

./.

geleistete Anzahlungen für Anlagen im Bau

+

stille Rücklagen/Reserven des Anlagevermögens

=

korrigiertes Anlagevermögen

Umlaufvermögen: Umlaufvermögen lt. veröffentlichter Bilanz ./.

erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen

+

geleistete Anzahlungen für Anlagen im Bau

+

stille Rücklagen/Reserven des Umlaufvermögens

+

Rechnungsabgrenzungsposten

=

korrigiertes Umlaufvermögen

Auch die weiteren Positionen, die beim Vermögen abgezogen werden wie Disagio und Aktive latente Steuern, müssen beim Eigenkapital in Abzug gebracht werden. Eigenkapital: Eigenkapital lt. veröffentlichter Bilanz ./.

ausstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital (sofern eingefordert)

./.

Jahresüberschussanteil der ausgeschüttet werden soll

./.

derivativer Firmenwert

./.

Disagio

./.

aktive latente Steuern

./.

unterlassene Pensionsrückstellungen

+

stille Reserven/Rücklagen des Anlagevermögens

+

stille Reserven/Rücklagen des Umlaufvermögens

=

korrigiertes Eigenkapital

205

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Fremdkapital: langfristiges Fremdkapital (Laufzeit > 5 Jahre) einschließlich •

Pensionsrückstellungen (lt. veröffentlichter Bilanz)



unterlassene Pensionsrückstellungen

+

mittelfristiges Fremdkapital (Laufzeit 1 bis 5 Jahre),

+

kurzfristiges Fremdkapital (Laufzeit < 1 Jahr) einschließlich: •

Steuerrückstellungen



sonstige Rückstellungen



Anteil des Jahresüberschusses, der ausgeschüttet wird



passiver Rechnungsabgrenzungsposten

./. =

erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen

korrigiertes und neu gegliedertes Fremdkapital

Die Strukturbilanz erhält somit im Wesentlichen folgendes Aussehen: Strukturbilanz Aktivseite Sachanlagen Finanzanlagen Summe Anlagevermögen Vorräte Forderungen u. sonst. VG Flüssige Mittel Summe Umlaufvermögen

Passivseite Eigenkapital

Langfristiges Fremdkapital Mittelfristiges Fremdkapital Kurzfristiges Fremdkapital Summe Fremdkapital

Abbildung 38: Grundstruktur einer Strukturbilanz

10.3 Aufbereitung der GuV-Rechnung Zur Analyse des Unternehmenserfolges wird das Jahresergebnis in seine verschiedenen Bestandteile aufgeteilt. Eine Aufteilung in Betriebsergebnis und neutrales Ergebnis ist i.d.R. nur bei einer internen Analyse möglich, da hierbei auf die Kostenrechnung bzw. auf die Abgrenzungsrechnung zwischen Buchführung und Kostenrechnung zurückgegriffen werden muss.

206

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Bei einer externen Analyse ist die im § 275 HGB vorgegebene Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung eine wertvolle Hilfe bei der Auswertung. Der direkte Ausweis des Betriebsergebnisses und des Finanzergebnisses ist nicht vorgesehen, lässt sich aus den Positionen 1 bis 8 (Betriebliche Tätigkeit) sowie 9 bis 13 (Finanzergebnis) gemäß § 275 (2) HGB mit geringem Aufwand ermitteln. Bei einem Branchenvergleich ist auf die Unterschiede zwischen Gesamtkostenverfahren und Umsatzkostenverfahren zu achten.

AUFGABE 10.4: Erstellen Sie die Strukturbilanz der Müller & Thurgau GmbH (Bilanz im Anhang)! Gewinngrößen: Die Analyse des Unternehmenserfolges erfolgt häufig unter Einbeziehung oder Ausschluss von Ertragsteuern, Zinszahlungen und Abschreibung. Die international verbreiteten Gewinngrößen EBT, EBIT und EBITDA bilden die Basis für den Vergleich von Jahresabschlüssen, unabhängig von nationalen Steuerregelungen und von der Finanzierung des Vermögens. EBT (earnings before taxes): Das Jahresergebnis wird um die gewinnabhängigen Steuern bereinigt. Sinnvoll ist diese Größe bei rechtsform- und steuersystemübergreifenden Vergleichen. Oftmals findet auch noch eine Bereinigung um außerordentliche Ergebnisbestandteile statt. Das EBT ist nach deutschem Verständnis mit dem „Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit“ gleichzusetzen. EBIT (earnings before interests and taxes): Aufbauend auf dem EBT wird das Ergebnis zusätzlich um Zinseffekte korrigiert. Die operative Ertragskraft vor Steuern steht oftmals im Mittelpunkt von Analysen, da sie für Renditebetrachtungen besser geeignet ist, denn es ist eine von der Kapitalstruktur unabhängige Größe. EBITDA (earnings before interests, taxes, depreciation and amortization): Aufbauend auf dem EBIT werden zusätzlich die Abschreibungen auf Sachanlagen und den derivativen Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill) einbezogen. Damit wird das Ergebnis unabhängiger davon, ob ein Unternehmen sein Vermögen selbst aktiviert hat oder Vermögenswerte mietet bzw. least. Die Vergleichbarkeit von Abschlüssen wird somit verbessert.

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

207

10.4 Bildung von Kennzahlen Neben der Verwendung von absoluten Werten, die sich unmittelbar bzw. durch Summen- oder Differenzenbildung aus den Angaben des Jahresabschlusses ergeben, wird für eine Bilanzanalyse eine Vielzahl von relativen Kennzahlen gebildet. Zu beachten ist, dass die einzelnen Kennzahlen nicht isoliert betrachtet werden können. Vielmehr ist das Gesamtbild entscheidend. Weiterhin sind die Ursachen für die Entwicklung einzelner Kennzahlen zu berücksichtigen, ehe ein Urteil über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens getroffen werden kann. Die im Folgenden vorgestellte Auswahl an Kennzahlen wird anhand eines Beispiels berechnet und erläutert. Auf ausführliche Erläuterungen der Aussagekraft und Bedeutung der einzelnen Kennzahlen wird im Folgenden verzichtet und auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen. Kennzahlen

Vermögensaufbau Vermögensaufbau Umschlagskoeffizienten Kapitalquoten Kapitalstruktur Umschlagskoeffizienten horizontale Bilanzkennziffern

Finanzlage Finanzierungspotenzial Ergebnisentwicklung Ertragskraft

Kostenstruktur Rentabilität Indizes und Quoten

Wachstum

Personalproduktivität Wachstumselastizität

Abbildung 39: Übersicht typischer Auswertungsbereiche der Kennzahlenanalyse

208

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

10.4.1

Analyse der Vermögenslage

Die Analyse der Vermögenslage verdeutlicht die Art und Zusammensetzung des Vermögens (Kennzahlen der Vermögensintensität) und die Dauer der Vermögensbindung (Umschlagskoeffizienten). Außerdem werden Erkenntnisse über die Investitions- und Abschreibungspolitik gewonnen. Anlagenintensität =

Anlagevermögen Gesamtvermögen

x 100

Diese Kennzahl gibt Auskunft über die Ausstattung des Unternehmens mit Anlagevermögen. Anhand der Anlageintensität lässt sich die Beweglichkeit und Reaktionsfähigkeit des Unternehmens auf Veränderungen des Marktes beurteilen. Sie ist jedoch branchenabhängig und nur im Vergleich mit anderen Unternehmen der gleichen Branche zu interpretieren. Eine vergleichsweise hohe Anlageintensität wird demzufolge eher als negativ betrachtet, da das bestehende Anlagevermögen kurzfristig nicht geändert werden kann. Beeinflusst wird die Kennzahl jedoch auch vom häufig zyklischen Investitionsverhalten der Unternehmen. Sie muss also immer im Gesamtzusammenhang der Unternehmensentwicklung gesehen werden. Umlaufintensität =

Umlaufvermögen Gesamtvermögen

x 100

Als reziproker Wert zur Anlageintensität ermöglicht diese Kennzahl eine Analyse des Umlaufvermögens. Auch diese Kennzahl ist im Wesentlichen durch die Branche geprägt. Im Allgemeinen gilt, dass die Kennziffer unter dem Branchendurchschnitt liegen oder einen sinkenden Trend im Zeitvergleich ausweisen sollte. Die zu hohe Bindung von Kapitel im Umlaufvermögen wird eher als negatives Merkmal angesehen. Vorratsquote

=

Vorräte Gesamtvermögen

x 100

Die Vorratsquote wird in Unternehmen, deren Geschäftstätigkeit vor allem durch den Handel oder durch die Verarbeitung von Vorräten geprägt ist als Ergänzung ermittelt. Die Kennzahlen der Umschlagshäufigkeit bzw. der Umschlagsdauer beziehen die Umsatzerlöse in die Betrachtung mit ein. Umschlagshäufigkeit der Vorräte

=

Materialaufwand ∅-Bestand an Vorräten

Umschlagsdauer der Vorräte

=

∅-Bestand an Vorräten x 360 Materialaufwand

209

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Die Umschlagskennzahlen der Vorräte dienen in erster Linie der Beurteilung des effizienten Einsatzes der Vorräte. Die Umschlagshäufigkeiten sollten möglichst hoch, die Umschlagsdauern möglichst kurz sein. In vielen Branchen, insbesondere im Einzel- und Großhandel, wird hier mit konkreten Zielvorgaben gearbeitet, die nach Warengruppen differenziert werden. (Hinweis: Für die Berechnung der Umschlagskennziffern sind Durchschnittswerte heranzuziehen. Diese werden als einfacher Durchschnitt aus den Anfangs- und Schlussbeständen ermittelt.) Forderungsquote

=

Forderungen Gesamtvermögen

x 100

Die Forderungsquote wird in Unternehmen berechnet, deren Geschäftstätigkeit vor allem durch Rechnungslegung mit Zahlungsziel geprägt ist. Kundenzahlungsziel

=

∅-Bestand an Forderungen x 360 Umsatzerlöse

Die Umschlagskenngrößen der Forderungen (auch Debitorenlaufzeit) werden herangezogen, um das Zahlungsverhalten der Kunden zu beurteilen, aber auch, um die Fähigkeit des Managements einzuschätzen, das Forderungsmanagement zu beherrschen. Positiv gesehen wird ein möglichst kurzes Kundenzahlungsziel, das nicht wesentlich über dem vereinbarten Zahlungszielen liegt. Weitere Umschlagskennzahlen: Umschlagshäufigkeit = Gesamtvermögen

Umschlagshäufigkeit des AV =

Umsatzerlöse Gesamtvermögen Abschreibung des GJ + Abgänge Anlagevermögen

Diese Kennzahlen dienen der Beurteilung des wirtschaftlichen Einsatzes des Vermögens. Je höher die Kennziffern sind, umso rationeller wird das Vermögen eingesetzt. Eine Steigerung der Werte wird als Hinweis auf eine höhere Rentabilität gesehen. Kennzahlen zur Investitions- und Abschreibungspolitik Die Kennzahlen der Investitions- und Abschreibungspolitik ermöglichen die Bewertung des Zustandes des Anlagevermögens. Als Faustregel gilt, dass die Investitionssumme in das Anlagevermögen mindestens der Abschreibungshöhe entsprechen sollte. Investitionsquote

=

Nettoinvestitionen in Sachanlagen Sachanlageverm. zu Beginn des GJ

x 100

210

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Investitionsdeckung

=

Jahresabschreibung auf Sachanlagen Nettoinvestitionen bei Sachanlagen

x 100

Die Investitionsquote und die Investitionsdeckung sind Indikatoren für die Wettbewerbsfähigkeit und das Unternehmenswachstum, insbesondere wenn über das Abschreibungsvolumen hinaus investiert wurde (Investitionsdeckung > 100 %). Die Investitionssumme ist die Differenz aus Zugängen zu AHK und den Abgängen zum Restbuchwert.

Anlagenabnutzungsgrad =

kumulierte Abschreibungen auf Sachanlagen Sachanlagevermögen zu AHK am Ende des Geschäftsjahres

x 100

Diese Kenngröße hilft die Altersstruktur des Sachanlagevermögens zu beurteilen. Sie gibt damit Hinweise auf die Modernität oder Überalterung des Anlagevermögens und damit auch Hinweise auf den aktuellen oder in naher Zukunft bestehenden Investitionsbedarf.

Abschreibungsquote des GJ =

Jahresabschreibung auf Sachanlagen Sachanlagevermögen zu AHK am Ende des Geschäftsjahres

x 100

Die Abschreibungsquote gibt Auskunft über die Abschreibungspolitik des Unternehmens. Sie kann als durchschnittlicher Abschreibungssatz interpretiert werden (lineare Abschreibung unterstellt) und gibt Auskunft über die durchschnittliche Nutzungsdauer des Anlagevermögens. Sie muss dafür jedoch für jede Kategorie des Anlagevermögens separat ermittelt werden. 10.4.2

Analyse der Finanzlage

Bestandsorientierte Kennzahlen Die Analyse der Finanzlage zeigt im Wesentlichen die Kapitalstruktur und Liquiditätssituation des Unternehmens. Es soll festgestellt werden, inwieweit das Unternehmen fähig sein wird, zu jedem Zeitpunkt den fälligen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Die Zusammensetzung des Kapitals hinsichtlich seiner Sicherheit und Fristigkeit wird analysiert. Eigenkapitalquote =

Eigenkapital Gesamtkapital

x 100

Die Eigenkapitalquote zählt zu den wichtigsten Kennzahlen, die im Fokus jeder Jahresabschlussanalyse steht. Sie gibt Auskunft über die finanzielle Unabhängigkeit

211

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

des Unternehmens und die Kraft aus eigenen Mittel zu wachsen. Das Eigenkapital dient als Haftungsgrundlage für weitere Finanzierungen (Kreditwürdigkeit) und steht unbefristet zur Verfügung. Sie sollte demzufolge möglichst hoch sein. Das Eigenkapital muss nicht getilgt werden, führt also nicht unmittelbar zu Liquiditätsabflüssen. Die Eigenkapitalgeber (Shareholder) erwarten jedoch eine hohe Verzinsung ihres Kapitals, da sie das unternehmerische Risiko tragen und regelmäßige Ausschüttungen auf den erwirtschafteten Gewinn, die die Liquidität belasten. Fremdkapitalquote =

Fremdkapital Gesamtkapital

x 100

Die Fremdkapitalquote (auch als Anspannungsgrad I bezeichnet) zeigt die Abhängigkeit des Unternehmens von Fremdkapitalgebern. Eine hohe Fremdkapitalquote bedeutet für ein Unternehmen häufig eine hohe Zinsbelastung. Anteil des kurzfristigen FK

=

kurzfristiges Fremdkapital Gesamtkapital

x 100

Anteil des langfristigen FK

=

langfristiges Fremdkapital Gesamtkapital

x 100

Aus der Struktur des Fremdkapitals (Fristigkeiten) können Rückschlüsse auf künftige Liquiditätsbelastungen durch Tilgungen gezogen werden. Verschuldungsgrad

=

Fremdkapital Eigenkapital

Die Frage nach einem optimalen Verhältnis von Fremd- und Eigenkapital (Verschuldungsgrad) ist Gegenstand der Leverage-Analyse. Mit steigendem Verschuldungsgrad steigt bei gleichem Unternehmensergebnis die Verzinsung des Eigenkapitals. Gleichzeitig steigen die Gefahr der Überschuldung und die Zinsbelastung. Aus Rentabilitätsgesichtspunkten lässt sich ein optimaler Verschuldungsgrad bestimmen. Dieser liegt dann vor, wenn die Rentabilität des eingesetzten Eigenkapitals ihr Maximum erreicht. Voraussetzung für einen positiven Leverage-Effekt ist, dass die Gesamtkapitalrentabilität des Unternehmens über dem Fremdkapitalzinssatz liegt. Umschlagsdauer der Verbindl.

=

∅-Bestand an Verbindlichkeiten x 360 Materialaufwand

Diese Umschlagskenngröße (auch Kreditorenlaufzeit) gibt dem Analysten Auskunft über das Zahlungsverhalten des Unternehmens, inwiefern es in der Lage ist die kurzfristigen Verbindlichkeiten pünktlich zu begleichen (Anzahl der Tage zwischen Rechnungseingang und Bezahlung). Das Debitorenziel sollte kürzer sein, als

212

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

dieser Wert. Die Kreditorenlaufzeit sollte die Inanspruchnahme von skontozahlungen ermöglichen. Kennzahlen der Fristenkongruenz Ein finanzielles Gleichgewicht ist im Unternehmen gegeben, wenn die Bindungsfristen der Posten der Aktivseite denen der Passivseite entsprechen. Folgende zwei Kennzahlen sind zu bilden, wobei sie nachstehend genannte Werte erreichen sollten. langfristiges Vermögen langfristiges Kapital

< 1

kurzfristiges Vermögen kurzfristiges Kapital

> 1

Das Anlagevermögen sollte zu mindestens 100 % durch langfristiges Kapital (Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) finanziert sein, um die Fristenkongruenz der Finanzierung sicherzustellen (Goldene Bilanzregel). Deckungsgrade Die Fristenkongruenz wird durch die Deckungsgrade angezeigt. Deckungsgrad A

=

Eigenkapital Anlagevermögen

x 100

Der Deckungsgrad A (auch Anlagegendeckung I) gibt Auskunft über die Finanzierung des Anlagevermögens mit Eigenkapital. Die Kennzahl wird vor allem im Branchen- und Unternehmensvergleich herangezogen. Deckungsgrad B

=

EK + langfristiges FK Anlagevermögen

x 100

Der Deckungsgrad B (auch Anlagegendeckung II) ist eine Kernkennzahl, die im Wesentlichen die Einhaltung der goldenen Bilanzregel ausdrückt. Ihr Wert muss mindestens 100 % betragen. Werte unter 100 % sind kritisch anzusehen, da im Extremfall Anlagevermögen veräußert werden müsste, um kurzfristige Verbindlichkeiten zu tilgen und um liquide zu bleiben. Deckungsgrad C =

EK + mittel- u. langfristiges FK AV + langfristiges UV

x 100

Ergänzend wird der Deckungsgrad C (auch Anlagegendeckung III) herangezogen, wenn die Unternehmen über einen betriebsnotwendigen Bestand an Vorräten (langfristiges Umlaufvermögen) verfügen müssen, der mittelfristig über Betriebsmittelkredite finanziert wird.

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

213

Liquiditätskennzahlen Die Liquiditätskennzahlen werden genutzt, um die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens zu beurteilen. Liquidität 1. Grades

=

flüssige Mittel kurzfristiges FK

x 100

Die Liquidität 1. Grades (auch Barliquidität) drückt die Fähigkeit aus, die kurzfristigen Verbindlichkeiten sofort mit den vorhandenen Geldmitteln zu begleichen. Sie wird insbesondere für Branchen- und Unternehmensvergleiche herangezogen. Liquidität 2. Grades

=

flüssige Mittel + Forderungen kurzfristiges FK

x 100

Die Liquidität 2. Grades (auch Inkassoliquidität) bildet im Wesentlichen die Fristenkongruenz der Finanzierung ab. Vergleichbare Kundenzahlungsziele und Zahlungsziele bei den Verbindlichkeiten vorausgesetzt, liegt ein kontinuierlicher Mittelzufluss und Mittelabfluss vor. Die Liquidität 2. Grades sollte daher 100 % betragen. Liquidität 3. Grades

=

Umlaufvermögen kurzfristiges FK

x 100

Die Liquidität 3. Grades (auch Umlaufliquidität) gilt als Indikator in Frühwarnsystemen, die auf Liquiditätsprobleme und eine mögliche Insolvenzgefahr hinweisen. Der Wert für diese Kennzahl sollte in produzierenden Unternehmen mindestens 200 % erreichen, damit die Liquidität langfristig gesichert ist. Weitere Liquiditätskennzahlen: Zur Analyse der Liquiditätssituation können auch absolute Wertangaben herangezogen werden: Nettoumlaufvermögen = Umlaufvermögen ./. kurzfristiges Fremdkapital

Diese Kennzahl (auch Net Working Capital) wird im internationalen Vergleich häufig zur Beurteilung der Liquiditätslage herangezogen. Effektivverschuldung I = Gesamtverbindlichkeiten ./. monetäres UV (wobei: monetäres UV = UV ./. Vorräte) Effektivverschuldung II = Effektivverschuldung I + sonstige finanzielle Verpflichtungen (Haftungsverhältnisse)

Die Aussagekraft aller bestandsorientierten Kennzahlen ist eingeschränkt, da sie dynamische Faktoren, die die aktuelle Lage des Unternehmens zum Analysezeit-

214

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

punkt beeinflussen, nur unzureichend berücksichtigen. Im Rahmen der Bilanzpolitik werden häufig Maßnahmen ergriffen, um insbesondere die Liquiditätskennzahlen zu gestalten. 10.4.3

Stromgrößenorientierte Kennzahlen

Grundlage für diese Betrachtung bilden zeitraumbezogene Daten des Geschäftsjahres. Cashflow-Analyse Der Cashflow ist eine Kennzahl, die den Umsatzüberschuss widerspiegelt. Es werden nur die finanzwirksamen Erträge und Aufwendungen einander gegenübergestellt, d. h. der in der GuV ermittelte Jahresüberschuss/-fehlbetrag muss um die finanzunwirksamen Erträge vermindert und um die finanzunwirksamen Aufwendungen erhöht werden: Vereinfachte Cashflow-Berechnung (indirekte Methode): Jahresüberschuss/-fehlbetrag +

Abschreibungen



Zuschreibungen

+

Erhöhung von langfristigen Rückstellungen



Verminderungen von langfristigen Rückstellungen

=

Cashflow (vereinfacht)

Der Cashflow bietet annähernde Aussagen über das Liquiditätspotenzial sowie über den Innenfinanzierungsspielraum. Der Cashflow steht dem Unternehmen zur Tilgung bestehender Darlehen, zur Investition und für Ausschüttungen (bzw. Privatentnahmen bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften) zur Verfügung. Cashflow-Kennzahlen: Überschussniveau =

Cashflow Umsatzerlöse

x 100

Das Überschussniveau ist eine Kennzahl, die die Fähigkeit ausdrückt mit den Umsätzen einen positiven Cashflow zu erwirtschaften. Es kann insbesondere in Verlustjahren herangezogen werden, um die Ertragswirtschaftlichkeit auch im Zeitvergleich zu beurteilen. Dynamischer Verschuldungsgrad

=

Fremdkapital Cashflow

215

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Der dynamische Verschuldungsgrad zeigt an, in wie vielen Jahren die aktuellen Verbindlichkeiten aus dem Cashflow getilgt werden können (Schuldentilgungsdauer). Er ist damit ein wesentlicher Indikator zur Beurteilung der Finanzierung des Unternehmens insbesondere bei steigenden Verbindlichkeiten und Kreditaufnahmen in Wachstumsphasen. Innenfinanzierungsgrad =

Cashflow Nettoinvestitionen

x 100

Der Innenfinanzierungsgrad gibt Auskunft darüber, welcher Anteil der Investitionen allein durch den Cashflow finanziert werden kann. Er ergänzt damit die Kennzahlen zur Investitionsanalyse. Ein Wert der unter 100 % liegt gibt Hinweise auf zukünftige Belastungen durch Außenfinanzierungen (Zins- und Tilgungszahlungen). 10.4.4

Analyse der Ertragslage

Zur Analyse der Ertragslage wird der Gesamterfolg in Teilergebnisse aufgespalten. Der Gesamterfolg setzt sich zusammen aus dem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (Posten 1 bis 8 der GuV nach GKV) und dem Finanzergebnis (Posten 9 bis 13 der GuV nach GKV). Außerdem beeinflussen die Steuern den Gesamterfolg. Durch eine Analyse der Aufwands- und Ertragsstruktur lassen sich die Komponenten des Erfolgs detailliert nachweisen. Die Gesamtleistung setzt sich zusammen aus den Umsatzerlösen, den Bestandsänderungen, den aktivierten Eigenleistungen und den sonstigen betrieblichen Erträgen. Werden diese Bestandteile jeweils zur Gesamtleistung ins Verhältnis gesetzt, erhält man ein Bild über die Ertragsstruktur. Zusätzlich können Produktivitätskennzahlen gebildet werden: =

Umsatzerlöse Ø Arbeitnehmerzahl

Arbeitsproduktivität =

Gesamtleistung Ø Arbeitnehmerzahl

x 100

Personalintensität =

Gesamtpersonalkosten Gesamtleistung

x 100

Materialintensität =

Materialaufwand Gesamtleistung

x 100

Umsatzquote

216

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Abschreibungsintensität =

Abschreibungen Gesamtleistung

x 100

Zinsaufwandsintensität =

Zinsaufwand Gesamtleistung

x 100

Diese Kenngrößen dienen sowohl dem externen Vergleich bezogen auf Branchenkenngrößen als auch dem internen Vergleich über mehrere Jahre hinweg. Hier können vom Management konkrete Zielvorgaben entwickelt werden, deren Erreichen gut überprüfbar ist. Eine andere Möglichkeit, die Aufwandsstruktur sichtbar zu machen, besteht darin, die einzelnen Aufwandsarten jeweils dem Gesamtaufwand gegenüberzustellen. Hinsichtlich der Aufwendungen sind weitere Untersuchungen möglich. So lässt sich z. B. bei einer detaillierteren Untersuchung der Personalkosten das Lohnniveau bestimmen. Es sagt aus, wie viel Personalkosten im Durchschnitt von einem Arbeitnehmer verursacht werden. Lohnniveau

=

Gesamtpersonalkosten Ø Arbeitnehmerzahl

Rentabilitätskennzahlen: Kernbestandteil jeder Jahresabschlussanalyse ist die Bestimmung von Rentabilitätskennzahlen, die zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens notwendig sind. Zur Beurteilung des Kapitaleinsatzes werden folgende Kennzahlen bestimmt: Eigenkapitalrentabilität =

Jahresüberschuss Ø Eigenkapital

x 100

Die Eigenkapitalrentabilität drückt die Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals aus und ist damit eine wichtige Kenngröße für die Investoren (Shareholder). Deren Erwartungen an die Verzinsung des Kapitals müssen damit erfüllt werden. Gesamtkapitalrentabilität =

Jahresüberschuss + FK-Zinsen Ø Gesamtkapital

x 100

Die Gesamtkapitalrentabilität zeigt die Verzinsung des gesamten eingesetzten Kapitals. Der Jahresüberschuss muss daher um die gezahlten Zinsen für das Fremdkapital korrigiert werden. Solange die Gesamtkapitalrentabilität größer ist als der Fremdkapitalzins, wirkt eine höhere Fremdkapitalquote steigernd auf die Eigenkapitalrentabilität (sogenannter Leverage-Effekt).

217

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Die beiden Rentabilitätskennzahlen werden häufig statt mit dem Jahresüberschuss mit dem Jahresergebnis vor Steuern gebildet. Auch der Ansatz von durchschnittlichem Eigen- und Gesamtkapital findet Anwendung. Die Umsatzrentabilität lässt sich ermitteln: Umsatzrentabilität =

Betriebsergebnis Umsatzerlöse

x 100

Sie stellt dar, wie ertragswirtschaftlich das Unternehmen arbeitet. Für alle Rentabilitätskennzahlen gilt, dass sie insbesondere im Zeit- und Branchenvergleich an Aussagekraft gewinnen. Es gilt der Grundsatz, dass möglichst hohe und wachsende Werte erreicht werden müssen. In der Literatur hin- und wieder zu findende Vergleichs- oder Richtgrößen sind jedoch mit Vorsicht zu betrachten, da sie die Branchen- und Unternehmensbesonderheiten nicht berücksichtigen. 10.4.5

Bewegungsbilanz und Kapitalflussrechnung

Die Bewegungsbilanz wird aus den Differenzen der einzelnen Bilanzposten zweier aufeinanderfolgender Jahresbilanzen gebildet. Dabei wird, wie im folgenden, vereinfachten Schema dargestellt (Tabelle 19), die Mittelherkunft und die Mittelverwendung abgebildet. Mittelverwendung Investitionen = Zunahme von Aktivposten Definanzierung = Abnahme von Passivposten

Mittelherkunft Finanzierung = Zunahme von Passivposten Desinvestitionen = Abnahme von Aktivposten

Tabelle 19: Vereinfachtes Schema der Bewegungsbilanz

Spezielle Fondsrechnungen können angeschlossen werden. Dazu erfolgt eine nochmalige Umgruppierung des Datenmaterials. Sachlich zusammenhängende Bilanzposten werden in einem Fonds zusammengefasst. Das können z. B. sein: • Zahlungsmittel, • liquide Mittel (Zahlungsmittel + Wertpapiere), • Geldvermögen (Zahlungsmittel + Wertpapiere + Forderungen), • Umlaufvermögen (Zahlungsmittel + Wertpapiere + Forderungen + Vorräte),

218

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

• Nettoumlaufvermögen (Umlaufvermögen ./. kurzfristiges Fremdkapital), • Nettogeldvermögen (Geldvermögen ./. kurzfristiges Fremdkapital). Ein detailliertes Schema zur Bewegungsbilanz, in dem weitere Posten berücksichtigt sind, ist in der Tabelle 20 abgebildet. Mittelverwendung (Kapitalverwendung)

Mittelherkunft (Kapitalherkunft)

1. Vermögensmehrungen 1. Finanzierung a. Mehrung des Anlagevermögens a. Eigenfinanzierung durch Erhöhung b. Mehrung des allgemeinen Umlaufverdes Gezeichneten Kapitals und der mögens Kapitalrücklage c. Mehrung des Umlaufvermögens zur b. Fremdfinanzierung Erhöhung der Zahlungsfähigkeit • Erhöhung des Fremdkapitals Erwerb von Wertpapieren c. Selbstfinanzierung Bankguthaben • Erhöhung der Gewinnrücklagen Kasse • Erhöhung des Gewinnvortrags 2. Umfinanzierung 2. Kapitalminderung a. Minderung des Eigenkapitals a. Minderung des Anlagevermögens b. Minderung des sonstigen Umlaufb. Minderung des Fremdkapitals • durch Abbau von Verbindlichkeiten vermögens (außer Zahlungsmittel) • durch auszuschüttenden Bilanzgec. Minderung der Zahlungsmittel winn (Bank, Kasse) d. Finanzierung aus Abschreibung Tabelle 20: Bewegungsbilanz mit Fondspositionen

Die Kapitalflussrechnung verdeutlicht, welche Mittelbewegungen im Unternehmen stattgefunden haben, d. h. woher die Mittel des Unternehmens gekommen sind und wofür sie verwendet wurden. Dabei werden die Mittelzuflüsse und die Mittelabflüsse eingeteilt in die eigentliche betriebliche Tätigkeit, in die Investitionstätigkeit und die Finanzierungstätigkeit. Kapitalmarktorientierte Unternehmen haben entsprechend § 264 (1) HGB eine Kapitalflussrechnung als Bestandteil des Jahresabschlusses zu erstellen. Auch zu einem Konzernabschluss gehört nach § 297 (1) HGB die Kapitalflussrechnung. Die Kapitalflussrechnung wird entweder nach der direkten Methode oder der indirekten Methode aufgestellt. Bei der direkten Methode werden alle Einzahlungen und Auszahlungen unmittelbar aus dem Zahlenwerk des Unternehmens ermittelt. Diese Methode ist daher nur intern anwendbar, da ein Einblick in die betrieblichen Zahlungsmittelströme erforderlich ist.

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

219

Bei der indirekten Methode werden die Einzahlungen und Auszahlungen aus den Aufwendungen und Erträgen sowie den Veränderungen der Aktiva und der Passiva der Bilanz abgeleitet. Diese Methode eignet sich demzufolge auch für den externen Analysten, der die Werte aus den veröffentlichten Geschäftsberichten entnehmen kann. Ein vom Deutschen Standardisierungsrat (DSR 21) empfohlenes Berechnungsschema für die indirekte Methode ist in nachfolgender Tabelle dargestellt. 1. 2. 3. 4. 5.

+/– +/– +/– +/–

6. +/– 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.

+/– +/–

19. 20. 21. 22. 23. 24.

./.

25.

./.

26. 27. 28. 29. 30.

+

./. +/– +/– ./. + +/– =

./. +

+

./. +

./. +

./. + + =

Periodenergebnis Abschreibungen/Zuschreibungen auf das Anlagevermögen Zunahme/Abnahme der Rückstellungen sonstige zahlungsunwirksame Aufwendungen/Erträge Abnahme/Zunahme der Vorräte, Forderungen aLL sowie anderer Aktiva, die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind Zunahme/Abnahme der Verbindlichkeiten aLL sowie anderer Passiva, die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind Verlust/Gewinn aus dem Abgang von Anlagevermögen Zinsaufwendungen/Zinserträge Sonstige Beteiligungserträge Aufwendungen/Erträge aus außerordentlichen Posten Ertragsteueraufwand/-ertrag Einzahlungen aus außerordentlichen Posten Auszahlungen aus außerordentlichen Posten Ertragsteuerzahlungen Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit (Summe aus 1 bis 14) Einzahlungen aus Abgängen des Sachanlagevermögens Auszahlungen für Investitionen in das immaterielle Anlagevermögen Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Sachanlagevermögens, Einzahlungen aus Abgängen des immateriellen Anlagevermögens Auszahlungen für Investitionen in das Sachanlagevermögen Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Finanzanlagevermögens Auszahlungen für Investitionen in das Finanzanlagevermögen Einzahlungen aus Abgängen aus dem Konsolidierungskreis Auszahlungen für Zugänge zum Konsolidierungskreis Einzahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition Auszahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition Einzahlungen aus außerordentlichen Posten Auszahlungen aus außerordentlichen Posten Erhaltene Zinsen Erhaltene Dividenden Cashflow aus der Investitionstätigkeit (Summe aus 16 bis 29)

220

31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43.

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen von Gesellschaftern des Mutterunternehmens + Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen von anderen Gesellschaftern ./. Auszahlungen aus Eigenkapitalherabsetzungen an Gesellschafter des Mutterunternehmens ./. Auszahlungen aus Eigenkapitalherabsetzungen an andere Gesellschafter

+ Einzahlungen aus der Begebung von Anleihen und der Aufnahme von (Finanz-) Krediten

./. Auszahlungen aus der Tilgung von Anleihen und (Finanz-) Krediten + Einzahlungen aus außerordentlichen Posten ./. Auszahlungen aus außerordentlichen Posten

./. Gezahlte Zinsen ./. Gezahlte Dividenden an Gesellschafter des Mutterunternehmens ./. Gezahlte Dividenden an andere Gesellschafter

= Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit (Summe aus 31 bis 41) Zahlungswirksame Veränderungen des Finanzmittelfonds (Summe aus 15, 30 und 42) 44. +/– Wechselkurs- und bewertungsbedingte Änderungen des Finanzmittelfonds +/– Konsolidierungskreisbedingte Änderungen des Finanzmittelfonds 45. + Finanzmittelfonds am Anfang der Periode 46. = Finanzmittelfonds am Ende der Periode (Summe aus 43 bis 45) Tabelle 21: Schema zur Kapitalflussrechnung nach DRS 2116

Die Kapitalflussrechnung gibt Auskunft über die Mittelherkunft und Mittelverwendung im Unternehmen und ergänzt damit die Informationen aus der Bilanz und GuV um die strömungsgrößenorientierte Betrachtung.

AUFGABE 10.5: Erstellen Sie eine Kapitalflussrechnung und eine Bewegungsbilanz für die Müller & Thurgau GmbH! AUFGABE 10.6: Analysieren Sie Kapitalflussrechnungen börsennotierter Unternehmen verschiedener Branchen!

10.5 Das RoI - Kennzahlensystem Neben dem bisher vorgestellten Vorgehen der Kennzahlenermittlung und Interpretation hat sich eine Reihe von sogenannten Kennzahlensystemen herausgebildet, die die isolierte Betrachtung einzelner Kennzahlen ergänzen und vor allem die Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen den Kennzahlen untersuchen.

16

Empfehlungen des Deutschen Standardisierungsrates (DRS 21)

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

221

Eines der am weitesten verbreitete ist das RoI-Kennzahlensystem (auch RoI-Baum oder DuPont-System). Mit RoI wird der „Return on Investment“ bezeichnet. Er spiegelt im Endeffekt die Relation RoI =

Betriebsergebnis vor Zinsen Betriebsnotwendiges Vermögen

wider. Der RoI ist vergleichbar mit der Gesamtkapitalrentabilität. An die Stelle des Gesamtkapitals tritt die Größe „Betriebsnotwendiges Vermögen“, dieses wird aus dem Gesamtvermögen abgeleitet und stellt das Vermögen dar, welches für die betriebliche Tätigkeit erforderlich ist. Die Basisgrößen lassen sich wie folgt umformen:

RoI =

Umsatzrentabilität

=

Betriebsergebnis vor Zinsen Umsatzerlöse

Umschlagshäufigkeit des Betriebsnotw. Vermögens

=

Umsatzerlöse Betriebsnotw. Vermögen

Die Umsatzrentabilität wurde bereits vorgestellt. An die Stelle der Umschlagshäufigkeit des betriebsnotwendigen Vermögens kann der Kapitalumschlag (betriebsnotwendiges Kapital) gesetzt werden. Die Abbildung 40 zeigt eine übersichtliche Darstellung der Zusammensetzung des RoI und macht damit gleichzeitig Beeinflussungsmöglichkeiten der Einzelgrößen sichtbar. Die weitere Aufgliederung der Größen Umsatzrentabilität und Kapitalumschlag macht deren Entstehung aus einzelnen Bilanzgrößen und GuV-Werten deutlich. Der Berechnungsbaum erlaubt nun die Analyse von Stellgrößen, die die Zielgröße RoI beeinflussen. Das Management kann so konkrete Vorgaben für einzelne Werte festlegen, die als Steuerungsgrößen unmittelbaren Einfluss auf die Kapitalrentabilität haben.

222

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Return on Investment

Umsatzrentabilität

Betriebsergebnis

Gesamtleistung (inkl. sonst. betrieblicher Erträge)

:

./.

Kapitalumschlag

x

Umsatz

Betriebliche Aufwendungen

x

Umsatz

Anlage-vermögen

Materialaufwand

IVG

:

durchschnittlich investiertes Gesamtkapital

+

Umlaufvermögen

Vorräte

+

+

+

Personalaufwand

Sachanlagen

Forderungen + sonstige VG, RAP

+

+

+

Abschreibungen

Finanzanlagen

Geldwerte

+ Sonstige betriebl. Aufwend.

Abbildung 40: Return on Investment

10.6 Kapitalmarktorientierte Kennzahlen Für kapitalmarktorientierte Unternehmen wurden zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage neben den klassischen Kennzahlen und Kennzahlensystemen eine Anzahl weiterer Kenngrößen entwickelt. Die Definitionen und Erläuterungen zu den nachfolgenden Kennzahlen beruhen im Wesentlichen auf Ausführungen von Scheffler 201117.

17

Scheffler, E.: IFRS-Kennzahlen-Dictionary – IFRS Ratios, München 2011

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

223

Gewinn/Ergebnis je Aktie Die Kennzahl „Gewinn je Aktie“ (earning per share, Abk.: EPS) ist für die IFRSRechnungslegung standardmäßig festgelegt (IAS 33). Soweit deutsche Unternehmen nach HGB bilanzieren können sie freiwillig das Ergebnis je Aktie veröffentlichen: Gewinn je Aktie =

Jahresüberschuss x Nennwert je Aktie Ø gezeichnetes Kapital

Durch die Analyse dieser Kennzahl, im Zeitverlauf oder im Vergleich werden Rückschlüsse auf die Ertragskraft des Unternehmens gezogen. Die Kennzahl muss jedoch im Gesamtkontext einer Bilanzanalyse gesehen werden. Isoliert betrachtet ist sie wenig aussagefähig. Darüber hinaus wird das Ergebnis je Stammaktie ermittelt. Etwaige Vorzugsaktien bleiben außer Ansatz, sodass Vorzugsdividenden vom Jahresergebnis zu kürzen sind. Das Ergebnis je Aktie soll ein Maßstab für die Beteiligung jeder Stammaktie an der Ertragskraft des Unternehmens sein. Beim Konzern ist von den Stammaktionären des Mutterunternehmens und dem ihnen zuzurechnenden Konzernergebnis auszugehen. Das Konzernergebnis ist ggf. um die Vorzugsdividenden zu kürzen. Es wird zwischen dem unverwässerten und dem verwässerten Ergebnis je Aktie unterschieden. Unverwässertes Ergebnis je Aktie =

Konzernergebnis – Vorzugsdividenden Ø Anzahl Stammaktien

Beim unverwässerten Ergebnis je Aktie wird im Zähler das Konzernergebnis um etwaige Dividenden an Vorzugsaktionäre gekürzt und im Nenner die gewichtete durchschnittliche Anzahl der während der Rechnungsperiode im Umlauf gewesenen Stammaktien (= ausstehende Stammaktien) angesetzt. Beispiel: Der Jahresüberschuss des Unternehmens beträgt 125.000 Euro. Es existieren zwei Aktiengattungen. Im Berichtszeitraum waren 10.000 Stammaktien und 2.000 Vorzugsaktien ausgegeben. Auf die Stammaktien wird eine Dividende von 4,60 Euro und auf die Vorzugaktien eine Dividende in Höhe von 7,50 Euro ausgezahlt. Die Berechnung der Kennzahl erfolgt wie folgt: Im ersten Schritt wird der nicht ausgeschüttete Gewinn pro Aktie bestimmt: 125.000 Euro – (10.000 x 4,60 Euro) – (2. 000 x 7,50 Euro) = 64.000 / 12.000 = 5,00 Euro pro Aktie

224

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Im zweiten Schritt wird das Ergebnis je Aktie bestimmt: Unverwässertes Ergebnis je Stammaktie: 5,00 Euro + 4,60 Euro = 9,60 Euro/Aktie Unverwässertes Ergebnis je Vorzugsaktie: 5,00 Euro + 7,50 Euro = 12,50 Euro/Aktie.

Verwässertes Ergebnis je Aktie =

Konzernergebnis – Vorzugsdividenden + Zinsaufwand f. potenzielle Stammaktien Ø Anzahl ausstehender und potenzieller Stammaktien

Sind in einem Unternehmen neben den ausgegebenen Aktien potenzielle Aktien ausstehend, ist das Verwässerte Ergebnis je Aktie anzugeben. Dieses schließt auch potenzielle Stammaktien ein, die sich aus Optionen oder aus der Umwandlung von Wandelanleihen ergeben, die den Inhabern Bezugsrechte auf Stammaktien einräumen. Dabei ist das Konzernergebnis um die Nach-Steuer-Aufwendungen für die potenziellen Stammaktien zu erhöhen, z. B. Nach-Steuer-Beträge der Zinsaufwendungen für Wandelanleihen. Beispiel: Der Jahresüberschuss des Unternehmens beträgt 270.000 Euro. Im Berichtszeitraum waren 300.000 Stammaktien sowie 1.000 Anleihen im Nominalwert von je 1.000 Euro ausgegeben. Die Anleihen werden mit 6 % verzinst und können jeweils in 100 Aktien der Gesellschaft gewandelt werden. Der Steuersatz der Gesellschaft beträgt 30 %. Das unverwässerte Ergebnis je Aktie beträgt: 270.000 Euro / 300.000 = 0,90 Euro/Aktie. Das verwässerte Ergebnis wird unter der Annahme bestimmt, dass die Anleihen zu Beginn des Berichtsjahres in insgesamt 100.000 Aktien umgewandelt worden wären (verwässerte Anzahl an Aktien). Der Jahresüberschuss ist nun um die für die Anleihen angefallenen Zinsen unter Berücksichtigung der Steuern zu korrigieren: 1.000 Euro • 1.000 Stück • 6 % (1 – 0,3) = 42.000 Euro Das verwässerte Ergebnis beträgt demzufolge 312.000 Euro. Das verwässerter Ergebnis je Aktie beläuft sich auf: 312.000 Euro / (300.000 Stück + 100.000 Stück) = 0,78 Euro/Aktie Der Unterschied zwischen dem unverwässerten und dem verwässerten Ergebnis je Aktie zeigt den Einfluss von Aktienoptionsplänen und von Maßnahmen der Eigenkapitalbeschaffung.

225

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Kennzahlenvarianten zum Ergebnis je Aktie legen als Ergebnis das EBITDA oder den operativen Cashflow zugrunde. Diese Varianten verbessern die Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Im ersten Fall wird als Beispiel von der verwässerten Anzahl der Stammaktien ausgegangen. Hiermit wird das operative Ergebnis je Aktie ermittelt, und zwar unabhängig von der Kapitalstruktur, Steuergesetzen und unterschiedlichen Abschreibungspolitiken.

Ergebnis je Aktie =

EBITDA Ø Anzahl ausstehender und potenzieller Stammaktien

Geht man dagegen vom operativen Cashflow aus, ist die Kennzahl unabhängig von den angewandten Rechnungslegungsgrundsätzen und ergänzt insoweit die Kennzahl „Ergebnis je Aktie“.

Ergebnis je Aktie =

Operativer Cashflow Ø Anzahl ausstehender und potenzieller Stammaktien

Kennzahlen zur Gewinnausschüttung Maßgeblich für mögliche Gewinnausschüttungen eines Unternehmens ist sein Jahres- oder Einzelabschluss. Dementsprechend ergeben sich die Gewinnansprüche der Aktionäre des Mutterunternehmens allein aus dessen Einzelabschluss. Dennoch ist die auf den Konzern-Jahresüberschuss bezogene Ausschüttungsquote interessant, weil die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Mutterunternehmens im Wesentlichen durch den Konzernabschluss abgebildet wird. Die Kennzahl lässt z. B. erkennen, ob mehr oder weniger Gewinn an die Aktionäre des Mutterunternehmens ausgeschüttet wird, als der Konzern insgesamt erzielt hat. Ausschüttungsquoten Die Ausschüttungsquote zeigt, welcher Teil des Jahresüberschusses an die Unternehmenseigentümer ausgeschüttet wird. Der Restanteil, der als Gewinnvortrag bzw. Zuführung zu den Gewinnrücklagen im Unternehmen thesauriert wird, ist ein Ausdruck der Selbstfinanzierung des Unternehmens. Ausschüttungsquote

=

Dividendenausschüttung Jahresüberschuss

x 100

226

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Kennzahl ist prinzipiell aus dem Jahresabschluss abzuleiten, der für die Gewinnausschüttung maßgeblich ist. Nachrichtlich kann die Ausschüttungsquote auf das Konzernergebnis und die Dividende an die Stammaktionäre des Mutterunternehmens bezogen werden. Dividende je Aktie Die Dividende wird auf Grundlage eines Hauptversammlungsbeschlusses festgelegt und an die Aktionäre ausgeschüttet. Die Höhe der Ausschüttung hängt sowohl von der Ertragskraft als auch den konjunkturellen Erwartungen ab. Sie wird maßgeblich durch die Ausschüttungspolitik des Unternehmens bestimmt. Die Kennzahl kann auf sämtliche Aktiengattungen oder auch nur auf die Stammaktien bezogen werden. Sie verdeutlicht den Gewinnanteil, der den einzelnen Aktionären zufließt und ist damit neben den Kurssteigerungen entscheidend für die Rendite ihres Kapitaleinsatzes. Dividende je Aktie =

Ausgeschüttete Dividende Anzahl (Stamm-)Aktien

Dividendenrendite Die Kennzahl gibt Aufschluss über die Verzinsung des zum Börsenwert angesetzten Aktienkapitals und über die Rendite des Aktienbesitzes. Dividendenrendite

=

Dividende je Aktie Börsenkurs der Aktie

x 100

Marktkapitalisierung Der Marktwert des Unternehmens (Marktkapitalisierung) gibt den aktuellen Wert des Unternehmens an den Finanzmärkten an. Er spiegelt sich in folgenden Kennzahlen wider: Börsenwert des Unternehmens Der aktuelle Marktwert oder Börsenwert des Eigenkapitals ergibt sich aus der Multiplikation der Anzahl der Aktien mit ihrem Börsenkurs. Hierbei sind sowohl die Stamm- als auch die Vorzugsaktien zu berücksichtigen. Börsenwert = Anzahl Aktien x Börsenkurs

Die Differenz zwischen dem höheren Börsenwert und dem Bilanzwert des Eigenkapitals kann als Mehrwert für stille Reserven und einen Geschäfts- oder Firmenwert gedeutet werden. Die Differenz stellt gewissermaßen das Aufgeld für positive Zukunftsaussichten dar.

227

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Bilanzkurs Ausgangspunkt ist entweder das bilanzielle Eigenkapital laut Jahresabschluss des Mutterunternehmens oder das den Gesellschaftern des Mutterunternehmens zuzurechnende Eigenkapital des Konzerns. Der Quotient von bilanziellem Eigenkapital und dem gezeichneten Kapital ergibt den Bilanzkurs der Aktie. Er gibt ähnlich dem Börsenwert Hinweise auf stille Reserven und einen Geschäfts- oder Firmenwert. Bilanzkurs =

Bilanzielles Eigenkapital Gezeichnetes Kapital

x 100

Buchwert je Aktie Der Quotient von bilanziellem Eigenkapital und der Anzahl der ausgegebenen Aktien ergibt den Buchwert je Aktie, der dem Börsenkurs der Aktie gegenübergestellt wird. Dieser liegt in der Regel deutlich über diesem Wert, da er die Erwartungen des Marktes in den Erfolg des Unternehmens widerspiegelt. Buchwert je Aktie =

Bilanzielles Eigenkapital Anzahl der Aktien

Kurs-Gewinn-Verhältnis Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) spielt im Zusammenhang mit Unternehmensanalysen und Prognosebetrachtungen eine große Rolle. Es ist leicht zu ermitteln und findet daher verbreitet Anwendung. Für Anlageempfehlungen wird das KGV auf der Basis der Gewinnerwartung des laufenden Jahres gebildet. Die Entwicklung des prognostizierten KGV ist dabei unbedingt zu betrachten. Das KGV ist aufgrund der Spielräume bei der Ergebnisermittlung kritisch zu betrachten und wird in vielen Analysen durch das Kurs-Cashflow-Verhältnis ergänzt. In der Praxis wird der Wert mit branchendurchschnittlichen KGV´s verglichen, um eine Beurteilung des Unternehmens zu ermöglichen. Kurs-Gewinn-Verhältnis

=

Börsenkurs je Aktie Ergebnis je Aktie

Dynamisches Kurs-Gewinn-Verhältnis Das dynamische KGV setzt das KGV ins Verhältnis zur erwarteten durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR - Compound Annual Growth Rate) des Gewinns. Mit dieser Dynamisierung, die teils aus der Vergangenheitsentwicklung, teils aus Unternehmens- und Branchenprognosen abgeleitet wird, soll auf die künftige Gewinnentwicklung abgestellt werden.

228

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Dynamisches KGV =

KGV Ø Jährliche Wachstumsrate des Gewinns

Bei einem dynamischen KGV von 1 wäre das Unternehmen zutreffend bewertet; bei einem dynamischen KGV von über 1 gilt das Unternehmen tendenziell als überbewertet, bei einem von unter 1 als unterbewertet. Das dynamische KGV eignet sich besonders zur Beurteilung schnell expandierender Unternehmen. Kurs-Cashflow-Verhältnis Das Kurs-Cashflow-Verhältnis ist eine komplementäre Kennzahl zum Kurs-Gewinn-Verhältnis. Es beschreibt mit einem Wievielfachen des Cashflows eine Aktie an der Börse bewertet wird. Die Kennzahl findet vor allem dann Anwendung wenn aufgrund von Verlusten kein KGV ermittelt werden kann. Kurs-Cashflow-Verhältnis =

Börsenwert Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit

10.7 Beispiel zur Kennzahlenanalyse Für eine Gesamtauswertung mit Hilfe von Kennzahlen soll das nachfolgende Beispiel herangezogen werden. Es handelt sich um ein mittelständisches Industrieunternehmen in der Rechtsform Aktiengesellschaft. Die Gesellschaft ist nicht börsennotiert. Alle Aktien befinden sich in Privatbesitz. Die Anzahl der Stammaktien beträgt 500.000 Stück. In den Jahren 01 und Jahr 02 wurde jeweils eine Dividende in Höhe von 10 Cent pro Aktie gezahlt. Eine Ausschüttung in gleicher Höhe ist für das Jahr 03 vorgesehen. Die Anzahl der durchschnittlich im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer stieg von 29 im Jahr 01 auf 30 im Jahr 02 und auf 31 im Jahr 03. Die Anlagenabgänge erfolgten in allen Geschäftsjahren mit einem Restbuchwert von null Euro. Folgende, teilweise bereits aufbereitete und korrigierte Bilanz und GuV liegen vor:

229

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Jahresabschlussbilanz (Alle Angaben in T-Euro) AKTIVA Jahr 03 Anlagevermögen immaterielles AV 25 Sachanlagen 1.930 Finanzanlagen 300 Umlaufvermögen Vorräte Forderungen Wertpapiere Zahlungsmittel

Jahr 02 20 1.840 200

420 300 50 280

Jahr 01 Eigenkapital 10 gez. Kapital 1.880 Kapitalrücklage 150 Gewinnrücklage Jahresüberschuss

580 310 50 285

Rechnungsabgrenzungsposten Aktive RAP 30

450 Rückstellungen 250 Pensionsrückst. 50 Sonstige Rückst. 130 Fremdkapital Darlehen (LZ 8a) 50 Darlehen (LZ 3a) Verbindl. aLL Sonstige kurzfr. 10 Vebindlichkeit

40

Aktive Latente Steuern 20

15

3.355

3.340

2.980

Jahr 03

PASSIVA Jahr Jahr 02 01

500 200 900 200

500 200 800 150

500 200 750 100

100 60

90 70

80 50

650 300 270

750 350 225

800 200 170

175

205

130

3.355

3.340

2.980

Entwicklung des Anlagevermögens:

Jahr 03 Immat. AV Sach-AV Finanz-AV Jahr 02 Immat. AV Sach-AV Finanz-AV Jahr 01 Immat. AV Sach-AV Finanz-AV

Hist. AHK am 01.01

Abgänge AHK

Kumulierte Abschreibung

Jahresabschreibung

Zugänge AHK

RBW 01.01

RBW 31.12

25 2.880 200

10 680 120

270 30

5 1.360 -

5 590 20

20 1.840 200

25 1.930 300

10 2.660 150

15 660 50

440 -

1.040 -

5 700 -

10 1.880 150

20 1.840 200

2.400 100

10 630 50

370 -

780 -

550 -

1.800 100

10 1.880 150

230

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Gewinn- und Verlustrechnung nach Gesamtkostenverfahren (in T-Euro) Umsatzerlöse Bestandsänderungen an fertigen u. unfertigen Erzeugnissen Andere aktivierte Eigenleistungen Sonstige betriebliche Erträge

Materialaufwand Personalaufwand Abschreibungen sonstige betriebliche Aufwendungen Zinsen und ähnliche Erträge Zinsen und ähnliche Aufwendungen Steuern vom Einkommen und Ertrag Ergebnis nach Steuern

Sonstige Steuern Jahresüberschuss

Jahr 03 6.500

Jahr 02 5.970

Jahr 01 6.060

- 140

205

80

20

50

15

75

80

65

2.510

2.500

2.480

2.370

2.300

2.470

615

705

550

610

505

520

10

15

10

60

75

55

85

70

40

215

165

115

15

15

15

200

150

100

Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens in den abgelaufenen Geschäftsjahren ist zu analysieren. Dazu ist zunächst eine Strukturbilanz zu erstellen. Es sind folgende Kennzahlen für die drei Geschäftsjahre zu bilden und in ihrer Entwicklung zu interpretieren (Kennzahlen die Durchschnittswerte erfordern, sind im Jahr 01 mit dem Bestandswert zur berechnen): -

Anlagenintensität Umschlagshäufigkeit der Vorräte Kundenzahlungsziel Eigenkapitalquote Liquidität 1., 2. und 3. Grades Cashflow Dynamischer Verschuldungsgrad Personalintensität Arbeitsproduktivität Eigenkapitalrentabilität Gewinn je Aktie

-

Vorratsquote Forderungsquote Anlagenabnutzungsgrad Deckungsgrad A und B Nettoumlaufvermögen Überschussniveau Innenfinanzierungsgrad Materialintensität Umsatzrentabilität Gesamtkapitalrentabilität Dividendenrentabilität

Außerdem sollen die Gesamtleistung, das Betriebsergebnis sowie das EBIT und das EBITDA bestimmt werden. Es ist die Bewegungsbilanz für das Jahr 03 und die Kapitalflussrechnung für die Jahre 03 und 02 zu erstellen.

231

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Lösungshinweise: Strukturbilanz (Alle Angaben in T-Euro) AKTIVA

PASSIVA Jahr 03 Jahr 02 Jahr 01

Jahr 03 Jahr 02 Jahr 01 Anlagevermögen

Eigenkapital 2.255

2.060

2.040

Umlaufvermögen Vorräte Forderungen Liquide Mittel

1.730

1.585

1.490

Fremdkapital 1.080 1.265 930 420 580 450 330 350 300 330 335 180 3.335

3.325

FK langfristig FK mittelfristig FK kurzfristig

2.970

1.605 1.740 1.480 750 840 880 300 350 200 555 550 400 3.335

3.325

2.970

Die Berechnung der Kennzahlen wird in der nachfolgenden Übersicht abgebildet. Im Berichtsjahr 03 wird zur Nachvollziehbarkeit die Formel mit den Werten angegeben. Beurteilen Sie jeweils den Trend der Kennzahlenentwicklung! Kennzahl Anlagenintensität = Vorratsquote = Umschlagshäufigk. d. Vorräte = Forderungsquote = Kundenzahlungsziel = Anlagenabnutzungsgrad = Eigenkapitalquote = Deckungsgrad A = Deckungsgrad B = Liquidität 1. Grades =

Jahr 03

Jahr 02

Jahr 01

2.255 • 100 % 3.335

= 67,6 % = 62,0 % = 68,7 %

430 • 100% 3.335

= 12,6 % = 17,4 % = 15,2 %

2.510 (580 + 420)/2 330 • 100% 3.335 (350 + 330)/2 • 360 6.500 1.360 • 100% 2.880 + 680 + 270 1.730 • 100% 3.335 1.730 • 100% 2.255

= 5,0

= 4,9

= 5,5

= 9,9 % = 10,5 % = 10,7 % = 18,8 d

= 19,6 d

= 17,8 d

= 41,3 % = 36,1 % = 29,36 % = 51,9 % = 47,7 % = 50,2 % = 76,7 % = 76,9 % = 73,0 %

(1.730+750) • 100% = 110,0 % = 117,7 % = 116,2 % 2.255 330 • 100% 555

= 59,5 % = 60,9 % = 45,0%

Trend

232

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Kennzahl

Jahr 03

Liquidität 2. Grades = Liquidität 3. Grades =

(330+330) • 100% 555 (420+660) • 100% 555

Jahr 02

Jahr 01

= 118,9 % = 124,5 % = 120,0 % = 194,6 % = 230,0 % = 232,5 %

Nettoumlaufvermögen

1080 – 555 =

525

=

715

=

530

Cashflow

200+615+10 =

825

=

865

=

730

Gesamtleistung 6.500 - 140+20+75 = 6.455

= 6.3.05

= 6.220

Betriebsergebnis

=

335

=

280

=

185

EBIT

200+15+85+60 =

355

=

295

=

200

EBITDA

EBIT + 616 =

965

= 1.000

=

750

Überschussniveau = Dyn. Verschuldungsgrad = Innenfinanzierungsgrad = Eigenkapitalrentabilität = Gesamtkapitalrentabilität = Umsatzrentabilität = Arbeitsproduktivität = Materialintensität = Personalintensität = Gewinn je Aktie = Ausschüttungsquote =

825 • 100% 6.500 1.605 –330 825 825 810 1.730 • 100% 200 (200+60) • 100% 200 335 • 100% 6.500 6.455 31 2.510 • 100% 6.455 2.370 • 100% 6.455 200 500.000 50 • 100% 200

Trend

= 12,7 % = 14,5 % = 12,0 % = 1,5 a

= 1,6 a

= 1,8 a

=101,9 % = 119,3 % = 105,8 % = 12,1 % =

9,8 % = 13,4 %

=

7,8 % =

7,1 % = 10,4 %

=

5,2 % =

4,7 % =

= 208,2

= 210,2

3,1 %

= 214,5

= 38.9 % = 39,7 % = 39,9 % = 36,7 % = 36,5 % = 39,7 % =

0,40 =

0,30

=

0,20

= 25,0 % = 33,3 % = 50,0 %

Zusammenfassende Beurteilung der Kennzahlen Betrachtet man die Unternehmenssituation statistisch, ergibt sich ein positives Bild. Die Anlagendeckung ist positiv. Das Anlagevermögen war im Berichtsjahr zu 76,7 % durch Eigenkapital und der übrige Teil durch langfristiges (Fremd-)Kapital gedeckt. Der Deckungsgrad A ist gegenüber den Vorjahren gesunken, übersteigt

233

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

aber den Mindestwert von 100 %. Deutlich verschlechtert hat sich die Kenngröße Anlagenabnutzungsgrad. Hier wird deutlich, dass in den kommenden Perioden mit einem erhöhten Investitionsbedarf zu rechnen ist. Auch die Liquiditätssituation hat sich im Laufe der Jahre leicht verschlechtert. Die Liquidität 2. Grades erreicht im Berichtsjahr 118 %, d. h. die flüssigen Mittel und die Forderungen reichen aus, um das kurzfristige Fremdkapital abzudecken. Die Liquidität 3. Grades überschreitet in den beiden Vorjahren die angestrebte Grenze von 200 %, wobei im Berichtsjahr diese Grenze leicht unterschritten wird. Diese Kenngröße als Insolvenzfrüherkennungsmerkmal muss weiter beobachtet werden. Diese Entwicklung der Umsatzrentabilität ist positiv zu beurteilen. Sie hat sich kontinuierlich verbessert. Die Eigenkapital- und die Gesamtkapitalrentabilität sind allerding rückläufig. Dynamisch betrachtet wird eine leichte Verschlechterung der Unternehmenssituation deutlich. Das Unternehmen konnte zwar die Umsätze erhöhen und die Vorräte abbauen. Die Umschlagshäufigkeit der Vorräte ist zunächst gesunken, hat sich im Berichtjahr wieder geringfügig verbessert. Auch die Arbeitsproduktivität und die Umsatzquote pro Arbeitnehmer sind gesunken. Die Personalintensität ist leicht gesunken, d. h. die Produktion ist bezogen auf die Personalkosten gesunken. Die Materialintensität ist im Berichtsjahr gegenüber dem Vorjahr von 39,7 % auf 38,9 % gesunken. Mögliche Ursachen sind der Einsatz billigeren Materials oder Einsparungen im Materialverbrauch. Der Gewinn ist deutlich gestiegen, das ist auf Einsparungen in allen Kostenbereichen zurückzuführen. Die wesentlichen Veränderungen der Bilanzpositionen werden noch einmal in mit der Bewegungsbilanz gezeigt: Bewegungsbilanz Jahr 03 (Alle Angaben in T-Euro) MITELVERWENDUNG INVESTITION AV immaterielles AV Sachanlagen Finanzanlagen Aktive Latente Steuern DEFINANZIERUNG FK Sonstige Rückst. Darlehen (LZ 8a) Darlehen (LZ 3a) Sonstige kurzfr. Verbindl.

MITTELHERKUNFT 5 90 100 5

FINANZIERUNG EK Gewinnrücklage Jahresüberschuss FK Pensionsrückst. Verbindlichkeiten aLL

100 50 10 45

10 100 50 30

DEINVESTITION UV Vorräte Forderungen Zahlungsmittel Aktive RAP

160 10 5 10

390

390

234

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Der Cashflow schwankt in den betrachteten Jahren. Er reicht jedoch aus um die Investitionen zu bezahlen. Die genauere Betrachtung der Cashflows wird mit der Kapitalflussrechnung verdeutlicht. Diese zeigt, dass das Unternehmen in der Lage ist aus der laufenden Geschäftstätigkeit Überschüsse zu erwirtschaften, die sowohl für die Finanzierung der Investitionen als auch für Tilgungen und Dividenden genutzt werden konnten. Deutlich wird jedoch auch, dass sich die Liquiditätssituation nicht wesentlich verbessern konnte. KAPITALFLUSSRECHNUNG (Alle Angaben in T-Euro) Jahresüberschuss Abschreibungen Veränderung langfristiger Rückstellungen BRUTTOCASHFLOW Veränderung der Vorräte Veränderung der Forderungen aLL Veränderung der Verbindlichkeiten aLL Veränderung der kurzfristiger Rückstellungen Veränderung der sonstigen Verbindlichkeiten Veränderung der RAP Veränderung lat. Steuern CASHFLOW AUS OPERATIVER GESCHÄFTSTÄTIGKEIT

Jahr 03 200 615 10 825 160 10 45 -10 -30 10 -5 1.005

Jahr 02 150 705 10 865 -130 -60 55 20 75 10 -5 830

Investitionen in IVG Investitionen in Sachanlagen Investitionen in Finanzanlagen CASHFLOW AUS INVESTITIONSTÄTIGKEIT

-10 -680 -120 -810

-15 -660 -50 -725

Dividendenzahlungen Aufnahme/Tilgung von Anleihen und langfristigen Krediten CAHSFLOW AUS FINANZIERUNG

-50 -150 -200

-50 100 50

Veränderung liquide Mittel

-5

155

Fondsänderungsnachweis: Stand liquide Mittel und Wertpapiere per 1. Januar Stand liquide Mittel und Wertpapiere per 31. Dezember Veränderung

335 330 -5

180 335 155

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

235

AUFGABE 10.7: Ziehen Sie zur Auswertung obigen Jahresabschlusses auch die folgenden Planzahlen für das Berichtsjahr heran. Ändert sich dadurch an der generellen Beurteilung der wirtschaftlichen Lage etwas? Planbilanz 04 (Alle Angaben in T-Euro) AKTIVA Anlagevermögen immaterielles AV Sachanlagen Finanzanlagen Umlaufvermögen Vorräte Forderungen Wertpapiere Zahlungsmittel Rechnungsabgrenzungsposten Aktive RAP Aktive Latente Steuern

PASSIVA 30 1.990 310

Eigenkapital gez. Kapital Kapitalrücklage Gewinnrücklage Jahresüberschuss

430 Rückstellungen 250 Pensionsrückst. 50 Sonstige Rückst. 300 Fremdkapital Darlehen (LZ 8a) 40 Darlehen (LZ 3a) Verbindl. aLL Sonstige kurzfr. 25 Vebindlichkeit 3.425

500 200 1.050 300

110 55

550 250 225 185 3.425

Plan-Gewinn- und Verlustrechnung Jahr 04 (in T-Euro) Umsatzerlöse Bestandsänderungen an fertigen u. unfertigen Erzeugnissen Andere aktivierte Eigenleistungen Sonstige betriebliche Erträge

Materialaufwand Personalaufwand Abschreibungen sonstige betriebliche Aufwendungen Zinsen und ähnliche Erträge Zinsen und ähnliche Aufwendungen Steuern vom Einkommen und Ertrag Ergebnis nach Steuern

Sonstige Steuern Jahresüberschuss

7.000 - 100 30 55 2.800 2.450 605 640 10 55 130 315 15 300

236

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

AUFGABE 10.8: Führen Sie einen Branchenvergleich mit den in der Tabelle gegebenen Kennzahlen durch. Kennzahl

Anlagenintensität Vorratsquote

Branchendurchschnittswert von bis 49 % 72 % 5%

19 %

9

15,5

5%

10 %

19 Tage

32 Tage

Eigenkapitalquote

39 %

85 %

Gesamtkapitalrentabilität

15 %

32 %

Liquidität 2. Grades

95 %

130 %

Liquidität 3. Grades

155 %

350 %

Deckungsgrad A

72 %

92 %

Deckungsgrad B

95 %

160 %

210 T€

295 T€

Personalintensität

21 %

31 %

Materialintensität

32 %

41 %

Umschlagshäufigkeit der Vorräte Forderungsquote Kundenziel

Umsatzquote

Ist-Wert

AUFGABE 10.9: Werten Sie den Jahresabschluss der Müller & Thurgau GmbH aus! Stellen Sie dazu zuerst fest, welche der Posten aus Bilanz und GuV sich gegenüber dem Vorjahr geändert haben. Entscheiden Sie sich dann für relevante Kennzahlen. Vergleichen Sie diese anschließend mit den Angaben zum Unternehmen im Anhang. AUFGABE 10.10: Verschaffen Sie sich einen Überblick darüber, welche Kennzahlen in den Buchführungsprogrammen der DATEV und im Lexware-Programm zur Anwendung kommen! AUFGABE 10.11: Werten Sie den Geschäftsbericht eines DAX- Unternehmens aus!

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

237

10.8 Vorbereitung auf das Rating im Unternehmen18 10.8.1

Systematisierung des Ratings

Ursprünge Schon 1849 bewertete die Bradstreet's Improved Commercial Agency die Bonität der Schuldner von Warenkrediten mit dem Commercial Credit-Rating. Dies kann als Vorläufer des heutigen Credit Rating gesehen werden. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Erschließung der USA durch Eisenbahnlinien vor allem mit Anleihen amerikanischer Eisenbahngesellschaften finanziert. Die Emission von Anleihen stieg immens und mit ihr wuchs der anonyme Kapitalmarkt. Eine Risikoeinschätzung der Emittenten war jedoch schwierig. Um sich vor Betrügereien und Insolvenzen zu schützen, bedienten sich die Investoren der Hilfe von Bewertungsspezialisten. Im Jahr 1900 erfolgte die Gründung von John Moody & Company. Bereits 1909 wurde von John Moody ein Ratingsystem eingeführt, das sich der noch heute gebräuchlichen und auch von anderen Agenturen übernommenen Skala von Aaa bis C bediente. Nachdem anfangs nur Eisenbahnanleihen bewertet wurden, folgten später auch Anleihen von Industrie- und Versorgungsunternehmen und Obligationen der öffentlichen Hand. 1922 wurde von Fitch Investors Services das Rating auf alle Emittenten, auch die privaten ausgedehnt. 1941 kam es zum Zusammenschluss der Standard & Poor's Corporation, die neben Moody's Investors Service noch heute zu den weltweit führenden und anerkannten Ratingagenturen zählt. Seit 1970 wächst die Zahl der Agenturen, denn die Bedeutung der Ratings für den anonymen internationalen Kapitalmarkt stieg bis heute. Im Zusammenhang mit der Finanzkrise wird zunehmend über eine Aufsicht über die Ratingagenturen diskutiert, eine qualitativ vergleichbare und vor allem unabhängige Bewertung zu gewährleisten. 10.8.2

Definition des Begriffes Rating

Der Begriff Rating stammt aus dem angloamerikanischen Sprachgebrauch und bedeutet so viel wie Bewertung. Bei einem Rating wird ein Untersuchungsobjekt hinsichtlich einer bestimmten Zielsetzung bewertet und in eine ordinale Rangordnung gebracht. Es geht um die Erstellung von Prognosen und die Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten. Dazu wird eine Fülle von Fakten und komplexen Zusammenhängen zu einer Art Kennzahl komprimiert und anhand von Symbolen in eine internationale Finanzsprache übersetzt, wie in Tabelle 22 dargestellt.

18

Dieser Beitrag ist eine gekürzte und aktualisierte Fassung der entsprechenden Kapitel aus: HUNDT/NEITZ/GRABAU „Rating als Chance für KMU“, München 2003.

238

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Während eine Bilanzanalyse vergangenheitsorientiert ist und bei einer Unternehmensbewertung der wirtschaftliche Wert eines Unternehmens ermittelt wird, erhält man am Ende des Ratingverfahrens eine Aussage über die zukünftige Fähigkeit eines Unternehmens zur Tilgung und Verzinsung seiner Schulden, oder anders ausgedrückt, eine unabhängige Meinung über die künftige Fähigkeit und rechtliche Bindung eines Kreditnehmers oder Emittenten zur termingerechten Erfüllung von Zins- und Tilgungsverpflichtungen. Beschreibung

Standard & Poor´s

Moody´s

EDF in %

Ausgezeichnete Bonität

AAA, AA+

Aaa, Aa1

0,01 0,02

AA

Aa2

0,03

AA-

Aa3

0,04

A+

A1

0,05

Sehr gute Bonität

Überdurchschnittliche A Bonität A-

A2

0,07

A3

0,08

Gute Bonität

BBB+

Baa1

0,12

Durchschnittliche Bonität

BBB

Baa2

0,30

BBB-

Baa3

0,40

BB+

Ba1

0,90

Unterdurchschnittliche Bonität

BB

Ba2

1,30

Schwache Bonität

BB-

Ba3

3,00

Sehr schwache Bonität

B+

B1

4,40

Bildung einer EWB ist notwendig

B

B2

6,70

Zahlungsunfähigkeit

B-, C

B3, Caa-C 10,00

Ihre Hausbank

Tabelle 22: Ratingskalen von S&P, Moody´s, im Vergleich19

AUFGABE 10.12: Recherchieren Sie, wie die Ratingskala Ihrer Hausbank aussieht!

19

Quelle: http://www.iww.de/mbp/archiv/finanzierung-und-rating-die-unterschiedlichen-ratingskalen-derbanken-f12018 vom 19.8.2013

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

10.8.3

239

Internes versus externes Rating

Externe und interne Ratings dürfen nicht als Gegensatz gesehen werden, sondern ergänzen einander. Ratings können entweder durch Kreditinstitute erstellt werden, dann spricht man vom internen Rating. Oder das Unternehmen beauftragt eine unabhängige Ratingagentur. Unabhängig bedeutet, dass keine Geschäftsbeziehungen (z. B. ein eingeräumter Kredit) bestehen und sich der Kontakt auf die Vergabe und Überwachung des Ratings beschränkt. Dann handelt es sich um ein externes Rating. Bei beiden Verfahren werden Bonität und Schuldendienstfähigkeit eines Kreditnehmers beurteilt und er wird in eine Risikoklasse eingestuft.

Externes Rating -

Standardverfahren Bonitäts- und Risikogewichte von externen Ratingagenturen (Länderrisikogewichte von Exportversicherungsagenturen)

-

Zulassung der Rating- und Exportversicherungsagenturen durch die Aufsicht

-

Sicherheiten: definierte finanzielle Sicherheiten

-

Datenhistorie: nein

-

Ziel: Schaffung eines „Notausgangs“ für kleine, lokal tätige Institute

Internes Rating (IRB-Ansätze) 4 berücksichtigte Risikoparameter Ausfallwahrscheinlichkeit der Ratingklasse (PD) - Forderungsbetrag bei Ausfall (EAD) - Verlust bei Ausfall (LGD) - Restlaufzeit (M) Basisverfahren - Schätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit - restliche Parameter durch aufsichtsrechtliche Standardschätzungen vorgegeben - Sicherheiten: Finanzielle Sicherheiten zzgl. Immobilien - Datenhistorie: für PD 5 Jahre Fortgeschrittenes Verfahren - Banken, die über detaillierte Messmethoden und umfassende Datenhistorien verfügen, können die Risikoparameter auf Basis des eigenen Kreditportfolios bestimmen - Sicherheiten: sämtliche Sicherheiten - Datenhistorie: für PD 5 Jahre, für EAD und LGD 7 Jahre. -

Erhöhung der Datenanforderungen/Komplexität Voraussichtliche Verringerung des Kapitalverbrauchs Abbildung 41: Ratingverfahren nach Basel II

Die Abbildung 41 beinhaltet eine Übersicht zum externen und internen Rating und zeigt bereits einige Unterschiede auf. Gemäß dem Konsultationspapier vom Januar 2001 sollten die Banken im Laufe der Zeit vom Standardansatz über den IRBBasisansatz zum fortgeschrittenen IRB-Ansatz übergehen. Ermöglicht wird dies

240

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

durch die wachsende Kompetenz der Banken im Risikomanagementprozess. Das interne Rating wird im Zusammenhang mit jeder Kreditvergabe durch die Bank erstellt. Die Unternehmensgröße bzw. das Kreditvolumen spielen keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Es ist die Beurteilungsgrundlage für die Kreditentscheidung und die Ermittlung von Kreditmargen. Im globalen Regulierungsrahmen für widerstandsfähigere Banken und Bankensysteme nach Basel III wurden neue Eigenkapitalanforderungen und Eigenkapitaldefinitionen vereinbart, so dass die Banken selbst verpflichtet sind, bis Ende 2022 entsprechend hartes Kernkapital und Kapitalerhaltungspuffer aufzubauen. Das zwingt die Banken die eigenen Risiken bei der Kreditvergabe zu optimieren.20 Grundsätzlich müssen beim Rating aber – bei allen Unterschieden im Detail – mindestens die folgenden Kriterien für die Risikoeinschätzung eines Kreditnehmers berücksichtigt werden: 1. Vergangene und prognostizierte Fähigkeit, Erträge zu erwirtschaften, um Kredite zurückzuzahlen und anderen Finanzbedarf zu decken, wie zum Beispiel Kapitalaufwand für das laufende Geschäft und zur Erhaltung des Cashflows. 2. Kapitalstruktur und die Wahrscheinlichkeit, dass unvorhergesehene Umstände die Kapitaldecke aufzehren könnten und dies zur Zahlungsunfähigkeit führt. 3. Finanzielle Flexibilität in Abhängigkeit vom Zugang zu Fremd- und Eigenkapitalmärkten, um zusätzliche Mittel erlangen zu können. 4. Grad der Fremdfinanzierung und die Auswirkungen von Nachfrageschwankungen auf Rentabilität und Cashflow. 5. Qualität der Einkünfte, d. h. der Grad, zu dem die Einkünfte und der Cashflow des Kreditnehmers aus dem Kerngeschäft und nicht aus einmaligen Quellen stammen. 6. Position innerhalb der Volkswirtschaft und zukünftige Aussichten. 7. Risikocharakteristik des Landes, in dem ein Unternehmen seine Geschäfte betreibt, deren Auswirkungen auf die Schuldendienstfähigkeit des Kreditnehmers einschließlich des Transfer-Risikos, wenn sich der Sitz des Kreditnehmers in einem anderen Land befindet und er eventuell keine Fremdwährung zur Bedienung seiner Verbindlichkeiten beschaffen kann. 8. Qualität und rechtzeitige Verfügbarkeit von Informationen über den Kreditnehmer, einschließlich Verfügbarkeit testierter Jahresabschlüsse, die anzuwendenden Rechnungslegungsstandards und Einhaltung dieser Standards.

20

Vgl. Sagner-Kaiser, K.: Basel III und die ausstehende nationale Umsetzung, Vortrag BVBC-Kongress 2013, Bad Soden

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

241

9. Stärke und Fähigkeit des Managements, auf veränderte Bedingungen effektiv zu reagieren und Ressourcen einzusetzen, sowie Grad der Risikobereitschaft vs. Risikoaversität.21 Das interne Rating ist Bestandteil der Kunde-Bank-Beziehung und hat keine öffentliche Wirkung. Es ist stark standardisiert und bilanz-/vergangenheitsorientiert und durch die hohe Anzahl an Kunden ein Massenprodukt. Die Kosten hierfür sind in den Zinsen und Kreditbearbeitungskosten bereits enthalten. Die Banken haben durch die meist langjährigen Geschäftsbeziehungen einen Informationsvorteil gegenüber den externen Agenturen. Die Kontoführung unterliegt einer laufenden Beobachtung und kann deshalb als Frühwarnsystem zur rechtzeitigen Erkennung von Zahlungsschwierigkeiten bei kreditnehmenden Firmenkunden gesehen werden. Das Ratingurteil einer Bank ist heute noch nicht mit dem einer anderen vergleichbar, da erst im Zuge von Basel II an einem allgemeinen Standard zur Ausgestaltung und Durchführung interner Ratingsysteme gearbeitet wurde und auch die Transparenz noch erhöht werden muss. Wie gehen Kreditinstitute beim Rating vor? Die Deutsche Bank beispielsweise beurteilt die finanziellen Verhältnisse anhand zentraler Kennzahlen aus Bilanz und GuV sowie einer Einschätzung der Finanz- und Liquiditätssituation mithilfe einer bankeinheitlichen Bilanzgliederung. Die Schuldendienstfähigkeit des Unternehmens steht im Mittelpunkt. Die Managementqualität wird anhand der persönlichen und fachlichen Qualifikation der ersten und zweiten Führungsebene beurteilt. Bei der Bewertung der Aspekte Qualität des Produktangebots, Vertriebsstärke, Marktbedeutung und Konkurrenz, Abhängigkeiten auf der Abnehmer- und Lieferantenseite sowie mittel- und langfristige Branchenaussichten findet die SWOT-Analyse Verwendung. Das Unternehmen sollte der Bank für die Durchführung des Ratingprozesses mindestens folgendes bereitstellen: 1. Darstellung der Unternehmensstrategie, 2. detaillierte Präsentation der einzelnen Geschäftsbereiche mit einer Aufgliederung nach Segmenten, Produkten, Regionen etc., 3. Unterlagen zur Unternehmensorganisation, 4. Geschäftsberichte und (testierte) Jahresabschlüsse der vergangenen drei Jahre, 5. aktuelle Zwischenzahlen, 6. mittel-/langfristige Planung (GuV, Bilanz, Cashflow)22.

21 22

Die neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung, Übersetzung der deutschen Bundesbank, 2001, S.54 DEUTSCHE BANK AG, (2001) S. 17.

242

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Eine wichtige Aussage trifft die Deutsche Bank in ihrer Ratingbroschüre: „Bei der

Bewertung eines Unternehmens (...) werden weiterhin Hard Facts die entscheidende Rolle spielen.“23 Dies steht im Gegensatz zum externen Rating, bei denen die weichen, also qualitativen Faktoren oft eine größere Rolle spielen. Unterschiede zum internen Rating lassen sich noch in weiteren Punkten finden: Das Unternehmen wendet sich an eine Ratingagentur und schließt mit dieser einen Vertrag. Durch das externe Rating wird der Zugang zum Kapitalmarkt ermöglicht, es ist planungs- und zukunftsorientiert. Ein externes Rating verursacht zusätzliche Kosten. Neben den externen Kosten, wie Gebühren für die Agentur und gegebenenfalls für einen Berater, fallen auch interne Kosten, so z. B. für die Vorbereitung und die Bereitstellung von Unterlagen oder Mitarbeitern, an. Wichtige Aspekte der Gemeinsamkeiten und Unterschiede von externem und internem Rating sind in der Tabelle 23 zusammengefasst. Kriterium Wer veranlasst das Rating?

Bankinternes Rating Die Bank erstellt im Zusammenhang mit jeder Kreditvergabe ein Rating. Wer beurteilt die Bo- Die Bank im Rahmen jeder Krenität? ditbeziehung; insofern besteht eine das Rating beeinflussende Geschäftsbeziehung. Wozu dient das Ra- Als Beurteilungsgrundlage für ting? die Kreditgewährung und die Ermittlung von Kreditmargen.

Externes Rating Das zu ratende Unternehmen schließt einen Vertrag mit einer Ratingagentur. Eine unabhängige Ratingagentur, dadurch ist die Sichtweise eines neutralen Dritten gegeben. Es wird der Zugang zum Kapitalmarkt ermöglicht und die finanzielle Flexibilität des Unternehmens verbessert sich. Für welche Finanzie- Klassische Kreditfinanzierung. Zugangsvoraussetzungen zu rungsinstrumente ist fremdkapitalmarktorientierten das Rating geeignet? Finanzierungsquellen. Wer ist der Adressat Die Bank selbst, unter anderem Investoren im Zusammenhang des Ratings? im Zusammenhang mit der mit der Steuerung ihres AnlaSteuerung ihres Kreditportfogenportfolios (z. B. Anleihen, lios. CP-Programme). Wie ist die AußenReine bankinterne Beurteilung, Rating wird international bewirkung bzw. der keine Öffentlichkeitswirkung. kannt gemacht; möglicher WerMarketingeffekt? beeffekt. Wie ist die VorgeDurch Vielzahl der Kunden Einzelanfertigung, stark plahensweise? zwangsläufig Massenprodukt, nungs-/zukunftsorientiert; wichdaher stark standardisiert und tig: Geschäftsrisiko, künftiger bilanzvergangenheitsbezogen. Cashflow. Tabelle 23: Unterschiede zwischen bankinternem und externem Rating

23

Vgl. DEUTSCHE BANK AG, Frankfurt 2001, S. 18

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

10.8.4

243

Wesenselemente des Ratings

Ratings sollen helfen, Informationsasymmetrien zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmern zu reduzieren und eine Vorauswahl und Beurteilung von Kreditentscheidungen erleichtern. Die asymmetrische Informationsverteilung beruht auf einem Informationsdefizit des Geldgebers hinsichtlich des Kreditrisikos auf Unternehmensseite und einem unterschiedlichen Kenntnisstand zwischen Kapitalgeber und -nehmer. Ein Rating erhöht die Transparenz und senkt so die Transaktionskosten der Finanzierung. Potenzielle Kreditverluste können besser abgeschätzt werden. Die Effizienz von Entscheidungen wird auch durch die Verdichtung des Urteils auf ein Symbol verbessert, denn dieses Symbol verkürzt den Leseaufwand gegenüber ausführlichen Analysetexten, dient der Übersichtlichkeit und leichteren Kommunizierbarkeit.

Qualitative Analyse Management/Strategie Finanzielle Flexibilität Quantitativ Analyse Geschäfts-/WP-Berichte Ergebnisanalyse Finanzplanung

Unternehmensrisiko

RATING

global/national

Branchenanalyse

Rechtliche Rahmenbedingungen global/national Analyse des Herkunftslandes

Länderrisiko

Wettbewerbstrends

Branchenrisiko

Marktposition

Abbildung 42: Die Beurteilungskriterien der Ratinganalyse

244

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Ratings können nie positiver ausfallen als die festgestellten Tatsachen und Potenziale eines Unternehmens. Ihre Qualität stellt sich erst ex post als gut oder schlecht heraus. Ein weiteres Wesenselement ist die zwingende ganzheitliche Betrachtung eines Unternehmens. Nicht nur Bestandskraft sichernde Faktoren sind zu identifizieren, sondern auch alle potenziellen Krisensymptome. Abbildung 42 zeigt noch einmal, dass neben dem Unternehmensrisiko auch Kriterien zum Länder- und Branchenrisiko untersucht werden. Beim Rating wird auf eine konservative Finanzplanung, Nachhaltigkeit der Ertragskraft und die Gesamtkapitalrentabilität geachtet. Ein Unternehmer oder Manager dagegen legt Wert auf die Eigenkapitalrentabilität, den absoluten Gewinn und den Shareholder-Value. Er will Marktanteile ausdehnen. Der Ratinganalyst hingegen untersucht, ob dieses Wachstum auch finanzierbar ist. Wie das Rating als Instrument eingesetzt werden kann, zeigt die Abbildung 43.

Mitarbeiter

Kunden Mitarbeiter binden und gewinnen

Investoren

erfolgreich an die Börse gehen

EK-Akquisition erleichtern

Kunden gewinnen und binden

Unternehmen Kapitalversorgung sicherstellen Konditionen

Beteiligungen

Zulieferer gute Lieferkonditionen verhandeln

Produkte platzieren

Absatzfinanzierung

aussagekräftige Unternehmensdaten

Banken

Medien und Analysten

Abbildung 43: Die Bedeutung des Ratings für Stakeholder

AUFGABE 10.13: Verschaffen Sie sich einen Überblick darüber, welche Benotung die DAX-Unternehmen derzeitig von Ratingagenturen erhalten haben. 10.8.5

Vorbereitung auf das Rating

Nicht nur, wenn die Entscheidung für ein externes Rating gefallen ist, wenn man also praktisch von außen dazu gezwungen wird, ist eine sorgfältige Vorbereitung auf einen Bewertungsprozess, wie ihn das Rating darstellt, notwendig. Im Gegenteil, eine umfassende und ausgewogene Bestandsaufnahme der Erfolgspotenziale,

245

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

der Stärken und Schwächen, der Innovationsfähigkeit und der strategischen Planung für die Zukunftssicherung sind notwendig, nicht nur in Krisenzeiten. Nur wer sein Unternehmen konsequent strategisch durchleuchtet, es einem Fitness-Check unterzieht und auf Zukunftskurs trimmt, erfüllt zugleich alle Kriterien, die im externen oder internen Rating abgeprüft werden. 10.8.6

Vorbereitung innerhalb des Unternehmens

Die wichtigste Vorbereitung ist das Erlangen von Kenntnissen über Bewertungskriterien des internen und externen Ratings. Entscheidet sich ein Unternehmen für die Durchführung eines externen Ratings oder steht ein Rating durch ein Kreditinstitut an, sollte – neben der Bestimmung von Mitarbeitern, die als feste Ansprechpartner während des Ratings dienen – eine Ratingstrategie entwickelt werden. Die Bestandteile einer Ratingstrategie werden in Abbildung 44 gezeigt und anschließend erläutert.

Rating-Strategie Transparenz und Kommunikation

Optimierung der Finanzierung

Chancen- und Risikomanagement

• Bücher offenlegen • Bilanzpositionen erläutern • GuV erläutern • 2-Jahres Plan mit Umsatz- und Ertragsprognosen • Liquiditätsplanung

• Bilanzsumme verbessern durch - Bilanzpolitik - Finanzplanung - Finanzierungs-alternativen - Reduzierung Umlaufvermögen • Eigenkapital aufstocken

• Chancen-, Risikenbetrachtung in Steuerungsinstrumente einbinden • relevante Segmente identifizieren • Kennzahlen erfassen und transparent machen • Risiko-Management-System optimieren

Nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes • Erfolgspotentiale verstärken • Verschuldungsgrad senken • operative Werttreiber managen • wertorientierte Unternehmensstrategie

Abbildung 44: Bestandteile einer Ratingstrategie

• Zielsetzung Wer soll mit dem Rating erreicht werden bzw. wer soll es erstellen? • Welche Ratingstufe wird angestrebt? Die „höchste“ Ratingstufe ist nicht gleichbedeutend mit der für das Unternehmen „besten“ Einstufung. Eine hohe Ratingstufe bedeutet hohe Eigenkapitalreserven

246

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

und auch, den Umfang von Risiken einzuschränken. Damit können jedoch bestimmte Chancen nicht genutzt und notwendige Investitionen vielleicht nicht getätigt werden. Zwangsläufig kommt es im Laufe der Zeit zu einem schlechteren Rating. • Erstellung einer Ersteinschätzung des eigenen Ratings und die Identifikation kritischer Ratingkriterien Die Kenntnis der maßgeblichen Ratingkriterien, wie bspw. das Branchenrating, die Erfolgspotenziale des Unternehmens und die unternehmensspezifischen Risiken, ist Voraussetzung für die Optimierung des Ratings und damit verbunden der Finanzierungskosten. Außerdem gilt es, sich bereits im Vorfeld eines Ratings mit den wichtigsten Beurteilungskriterien auseinanderzusetzen. In der Abbildung 45 sind beispielhaft für die Beurteilungskriterien Branche, Markt jeweils die Fragen Warum? Was? und Wie? aufgeführt. Beurteilungskriterium: Branche und Markt WARUM? Branchenentwicklung und Entwicklung im relevanten Markt kennen und daraus Entwicklungschancen und Risiken ableiten. WAS? • Branchenberichte/Entwicklung der Absatzgebiete • Konjunkturabhängigkeit/Verhalten der Nachfrager • Kunden- und Lieferantenstruktur/Konkurrenzintensität • Verlagerung von Risikofaktoren auf Lieferanten • Verdrängungswettbewerb über Preis oder Qualität • Export-/Importrisiken/Umweltschutz • Produkt und Sortiment; Produktlebenszyklen • Lagerbestandsanalyse/Leistungsstandards WIE? • Branchenberichte und Marktanalysen • Vorlage von Unterlagen und Auswertungen • Befragung Abbildung 45: Wichtige Rating-Beurteilungskriterien

AUFGABE 10.14: Erarbeiten Sie eine Ratingstrategie für die Müller & Thurgau GmbH. Welche Unterlagen vorzubereiten, zu beschaffen oder zu erstellen sind, wird bei den einzelnen Kreditinstituten bzw. Ratingagenturen festgelegt. Hier eine Auflistung der im Allgemeinen notwendigen Unterlagen: • Jahresabschlüsse mindestens der letzten drei Jahre, ggf. unterjährige Zahlen wie die monatliche BWA, Geschäftsberichte, • Unternehmensstrategie, Businesspläne, Unternehmensziele,

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

247

• Planzahlen, Unternehmensplanung für das laufende Jahr und für die Folgejahre, • Übersicht über Geschäftsbereiche, Produktionsstätten und Standorte, • Kunden- und Lieferantenstruktur, • Übersicht über maßgebliche Mitwettbewerber, • Gesellschaftsstruktur, Organigramme, Handelsregisterauszug, • Satzung, Grundsätze, Zielvereinbarungen, • Firmen- und Produktpräsentation, • Auszeichnungen, Preise, Pressespiegel.

AUFGABE 10.15: Informieren Sie sich, welche Unterlagen und Informationen aus den DATEV-Programmen für ein durchzuführendes Rating zusammengestellt werden können. Welche wesentlichen Kriterien werden beim Ratingsystem der DATEV verwendet? 10.8.7

Das eigene Rating

Dazu haben GLEISSNER/FÜSER24 ein Verfahren zum Rating für kleine und mittlere Unternehmen entwickelt. Das Ergebnis dieses Ratings gibt dem Unternehmen einen Anhaltspunkt, wie es momentan geratet werden würde und gibt Auskunft, in welchen Bewertungsbereichen Schwachpunkte liegen, die in Vorbereitung eines Ratings zu verbessern sind. Für den Ratingansatz für KMU haben GLEISSNER/FÜSER die einzelnen Kriterien in vier Gruppen eingeteilt, für die jeweils ein Teilrating bestimmt wird: • Branchenrating, • Finanzrating, • Erfolgspotenzial, • Risiken. Diese Gliederung ist der üblichen von Ratingagenturen und Banken eingesetzten ähnlich und somit für die Praxis des eigenen Ratings und für einen Vergleich mit dem Rating durch Dritte gut geeignet. Die vier Ratingbereiche beschreiben das sogenannte Corporate-Rating, das als Maßstab für die Ausfallwahrscheinlichkeit

24

Vgl. Gleißner, W.; Füser, K.: Leitfaden Rating Basel II – Strategien für den Mittelstand, München 2002, S.204f.

248

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

herangezogen wird. Dieses Corporate-Rating wird erweitert zum sogenannten Credit-Rating der Kreditinstitute, das neben der Ausfallwahrscheinlichkeit auch die Konsequenzen für die finanzierende Bank, also die Wahrscheinlichkeit und die Höhe des Kreditausfalls bewertet. Zusätzlich werden die Sicherheiten des Unternehmens, die im Insolvenzfall zu verwerten wären, einbezogen. Im vorgestellten Ratingansatz für das eigene Rating wird in Anlehnung an die bereits erläuterten Ratingstufen eine 7-stufige Skala genutzt (Tabelle 24). Ratingstufen AAA AA A BBB BB B CCC

Beschreibung höchste Bonität, sehr geringes Ausfallrisiko hohe Bonität, kaum erhöhtes Ausfallrisiko überdurchschnittliche Bonität, etwas erhöhtes Risiko noch gute Bonität, mittleres Risiko vertretbare Bonität, erhöhtes Risiko schlechte Bonität, hohes Risiko geringste Bonität, höchstes Risiko Tabelle 24: Ratingstufen für das eigene Rating

Die Ratingbewertungen der vier Kriteriengruppen werden in Form von einfachen Fragekatalogen und bei der Ermittlung von ausgewählten Kennzahlen ermittelt. Die Ergebnisse der Teilbewertungen werden zu einem Gesamtergebnis zusammengefasst. In dieses fließt die Risikobewertung als Maximalwert ein. Die Bewertungen der Erfolgspotenziale und des Branchen- und Finanzratings werden zu einem Gesamtwert „Zukunftspotenzial“ verdichtet. In der Tabelle 25 wird gezeigt, welche Kombinationen sich aus Maximalrisiko und Zukunftspotenzialen ergeben. Bei den Bewertungen B – schlechte Bonität und hohes Risiko – und CCC – geringste Bonität und höchstes Risiko – ergibt sich dringender Handlungsbedarf für das Unternehmen. Die das Rating negativ beeinflussenden Faktoren müssen identifiziert werden. Dann ist zu überlegen, wie diese Faktoren verbessert werden können, um in den Bereich eines guten Zukunftspotenzials zu gelangen.

Maximalrisiko

Rating 1 2 3 4 5

1 AAA/AA A BBB BB B

Zukunftspotenziale 2 3 4 A BBB BB BBB BB B BB BB B BB B CCC B CCC CCC

Tabelle 25: Rating in Abhängigkeit von Risiko und Potenzial

5 CCC CCC CCC CCC CCC

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

249

Nachfolgend wird der Weg zum eigenen Rating beschrieben: Risiko Bei der Risikobewertung wird nach fünf Risikoklassen unterschieden, die wie folgt definiert wurden: 1 – unbedeutendes Risiko, das weder Jahresabschluss noch Unternehmenswert spürbar beeinflusst, 2 – mittlere Risiken, die eine spürbare Beeinträchtigung des Jahresabschlusses bewirken, 3 – bedeutende Risiken, die den Jahresabschluss stark beeinflussen oder zu einer spürbaren Reduzierung des Unternehmenswertes führen, 4 – schwerwiegende Risiken, die zu einem Jahresfehlbetrag führen können und den Unternehmenswert erheblich reduzieren, 5 – bestandsgefährdende Risiken, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit den Fortbestand des Unternehmens gefährden. Zur Ermittlung des Risikowertes wird eine Reihe von Fragepunkten mit 1 bis 5 bewertet. Aus der Summe der Antworten werden ein Mittelwert und der maximale Risikowert ermittelt. Der Maximalwert geht in die weitere Betrachtung ein. Branchenrating Analog der Bewertung der Risiken wird ein Branchenwert ermittelt. Dabei muss die allgemeine Situation in der Branche und nicht die spezifische Situation des Unternehmens betrachtet werden. Es werden wiederum fünf Bewertungsklassen eingeführt, mit denen eine Reihe von Bewertungspunkten eingeschätzt wird. 1 – sehr günstige Situation der Branche, 2 – überdurchschnittlich gute Situation der Branche, 3 – durchschnittlich im Vergleich zu anderen Branchen, 4 – eher ungünstig im Vergleich zu anderen Branchen, 5 – sehr ungünstig im Vergleich zu anderen Branchen. Aus der Anzahl der Antworten je Bewertung werden der Durchschnitts- und der Maximalwert errechnet. Der Durchschnittswert wird weiter genutzt.

250

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Finanzrating Im Rahmen des Finanzratings erfolgen zum einen eine qualitative Bewertung der Bankbeziehung und zum anderen eine quantitative Auswertung einer Reihe von Finanzkennzahlen. Analog zu den Bewertungskennzahlen des Branchenratings (siehe oben) wird die Qualität der Bankbeziehung eingeschätzt. Bei den Kennzahlen erfolgt eine Abstufung in Abhängigkeit der Kennzahlendefinition und im Rahmen fest vorgegebener Bandbreiten. Die Berechnung der einzelnen Kennzahlen ist im Folgenden dargestellt. Hier erfolgt wie beim Rating im Allgemeinen die Auswertung von drei aufeinanderfolgenden Jahren. Dies dient der Stabilisierung und Glättung des Ergebnisses. Es lassen sich Tendenzen ableiten (Abbildung 47). Für die Kennzahlen sind in den einzelnen Branchen spezifische Durchschnittswerte angegeben, die anhand statistischer Daten in regelmäßigen Abständen aktualisiert werden. Die Basisgrößen EBIT und EBITDA berechnen sich wie folgt: EBIT

= Jahresüberschuss + Einkommen- und Ertragsteuern

EBITDA = Jahresüberschuss + Einkommen- und Ertragsteuern + AfA Erfolgspotenziale Die Beurteilung der Erfolgspotenziale des Unternehmens erfolgt analog dem Branchenrating mit jeweils fünf Kriterien. Zusammenfassung zum eigenen Rating Die Resultate der Teilratings Branchenrating, Finanzrating und Beurteilung der Erfolgspotenziale werden zum branchen- bzw. finanzbezogenen „Zukunftspotenzial“ verdichtet. Die Berechnung erfolgt, wie Abbildung 46 aufzeigt:

251

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

(Nach Gleißner/Füser)

Rating Auswertung Ergebnis Erfolgspotentiale (Durchschnittswert) Bewertung

x

0,30

=

0,20

=

x

0,10

=

x

0,40

=

Ergebnis Brachenrating (Durchschnittswert) Bewertung

x

Ergebnis Finanzrating (Durchschnittswert) Bankbeziehung Bewertung Finanzielle Kennzahlen Bewertung

Gesamtbewertung der Potenziale

Abbildung 46: Berechnung des Zukunftspotenzials

Zur Ableitung des eigenen Endergebnisses gilt es abschließend, die Ergebnisse aus der Risikobewertung mit dem Wert des Zukunftspotenzials zu verknüpfen. Dazu dient die in Tabelle 26 gewählte Matrix mit dem Maximalrisiko in Spalte 1 und dem Wert Zukunftspotenzial in der Kopfzeile. Der so ermittelte Wert dient dem Unternehmen als Vergleichsmaßstab zur Interpretation interner oder externer Ratingwerte. Vom Corporate Rating zum Credit Rating Die bisherige Betrachtung des eigenen Ratings berücksichtigt nur die Unternehmensseite. Im Rahmen des erweiterten eigenen Ratingansatzes geht es um die Besicherung des Bankengagements mit werthaltigen Sicherheiten. Die Bewertung der Sicherheiten ist seit einiger Zeit einer der Hauptpunkte bei der Kreditentscheidung für KMU – ohne Sicherheiten geht gar nichts. Im von GLEISSNER/ FÜSER entwickelten Ansatz erfolgt eine Bewertung der Sicherheitenklassen mit Noten von 1 bis 6 (Tabelle 26). Die Kopplung mit dem Ratingergebnis ergibt eine Risikomatrix aus Rating und Sicherheitsklasse.

252

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Abbildung 47: Ermittlung der Finanzkennzahlen

253

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

BBB

1 2

AAA/ AA/A 1 1

Rating BB

1 1

2 2

3 4

4 5

3

1

2

3

4

5

4

1

2

3

4

5

5

1

2

4

5

6

6

1

2

4

5

6

Sicherheitsklasse Obligo voll besichert unter 100 % besichert Obligo bis unter 75 % abgesichert Obligo bis 50 % abgesichert Obligo bis unter 25 % abgesichert ungenügend – keine werthaltigen Sicherheiten

B

CCC

Tabelle 26: Risikomatrix aus Sicherheitsklasse und Rating

Nutzung des vorgestellten Ratingsystems Das vorgestellte System ist hervorragend geeignet, eine eigene Einschätzung des Unternehmens vorzunehmen. Die mit diesem System gewonnenen Daten können jedem Unternehmer dazu dienen, seine eigenen Schwachpunkte zu erkennen und daraus Rückschlüsse auf seine Strategie zur Verbesserung des Ratings zu ziehen. Dazu werden die in den einzelnen Ratingbereichen erzielten Teilergebnisse kritisch hinterfragt und die Werte ermittelt, die das Rating maßgeblich beeinflussen. Neben den ermittelten Durchschnittswerten sind insbesondere die Maximal- und Minimalwerte zu betrachten. Es ist zu analysieren, wie stabil der Ratingwert bei Veränderungen einzelner Faktoren ist und inwiefern die kritischen Faktoren durch die eigene Handlungsweise zu beeinflussen sind. Hier sind letztendlich die Ansatzpunkte für die unternehmensspezifische Handlungsstrategie zu entwickeln. Noch schneller erhält man eine Einstufung des eigenen Unternehmens entsprechend der Ratingsymbole bei der Nutzung des sog. „Quickraters“. Dazu werden von Gleißner/Füser nur die wichtigsten Kriterien aus den vier Beurteilungsbestandteilen des eigenen Ratings in einer Excel-Tabelle zusammengefasst. Kernstück bildet das Finanzrating mit den aus Abbildung 49 erkennbaren Kennzahlen. Durch die einprägsame grafische Aufbereitung der Ergebnisse (Abbildung 48) sind die Stärken und Schwächen des Unternehmens gut erkennbar.

254

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Abbildung 48: Grafische Darstellung des Gesamtergebnisses des Quickraters

AUFGABE 10.16: Führen Sie das Quickrating nach Gleißner/Füser für die Müller & Thurgau GmbH durch. Wo liegen die Stärken und Schwächen des Unternehmens? AUFGABE 10.17: Bewerten Sie ein DAX-Unternehmen mit dem Quickrater und vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem der Ratingnote der externen Ratingagentur.

10 AUSWERTUNG DES JAHRESABSCHLUSSES

Abbildung 49: Finanzkennzahlen des Quick-Raters (beispielhaft)

255

256

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

257

11 Jahresabschlüsse nach internationalem Recht 11.1 Notwendigkeit der Erstellung internationaler Abschlüsse Ein deutscher HGB-Abschluss hatte lange Zeit international einen eher schlechten Ruf. Das hing vor allem mit den folgenden Problemen zusammen: • Langwierige Gesetzgebungsprozesse lassen notwendige Anpassungen an die wirtschaftliche Entwicklung nur zeitversetzt zu. • Eine Überbetonung der juristischen gegenüber den wirtschaftlichen Aspekten und teilweise fehlende Erfahrungen in der Bilanzierungspraxis der Politiker und Beamten, die die gesetzlichen Vorschriften erarbeiten, führen zu Auslegungsproblemen der Gesetze. • Das Vorsichts- und Gläubigerschutzprinzip, das Gläubiger eher täuscht als schützt, und die sich daraus ergebenden Ansatz- und Bewertungswahlrechte lassen eine Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen nur eingeschränkt zu. Es führt eher dazu, dass sich das Unternehmen schlechter darstellt und Informationen zurückhält und steht damit im Konflikt zu dem Bestreben der Investoren und Kapitalgebern, die tatsächliche Situation einschätzen zu können. Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) hat der deutsche Gesetzgeber einen wichtigen Schritt zur Internationalisierung der deutschen Rechnungslegung getan, ohne dabei die traditionelle deutsche Sichtweise ganz aufzugeben. Damit folgt die deutsche Seite auch den jahrzehntelangen Bemühungen um einheitliche Rechnungslegungsstandards in Europa und weltweit. Seit 1965 bemüht man sich in der Europäischen Union, ein einheitliches Bilanzrecht zu schaffen. Nach langwierigen Beratungen wurden z. B. folgende Richtlinien und Verordnungen verabschiedet: • EU-Richtlinie vom 25. Juli 1978 mit der Zielsetzung, die Jahresabschlüsse von Kapitalgesellschaften in der EU zu vereinheitlichen, • EU-Richtlinie vom 13. Juni 1983 mit der Zielsetzung, die Konzernabschlüsse von Kapitalgesellschaften in der EU zu vereinheitlichen, • EU-Richtlinie vom 31. Dezember 1987 mit der Zielsetzung, die Prüfung von Jahres- und Konzernabschlüssen in der EU zu harmonisieren, • Bankbilanzrichtlinie vom 08. Dezember 1986, • GmbH & Co KG-Richtlinie vom 08. November 1990,

258

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

• Versicherungsbilanzrichtlinie vom 19. Dezember 1991, • Verordnung 1606/2002 vom 19. Juli 2002 zur Anwendung der IFRS im Konzernabschluss kapitalmarktorientierter Unternehmen ab 01. Januar 2005. In der Verordnung 1606/2002 wird festgelegt, dass börsennotierte Unternehmen, deren Anteile in der EU gehandelt werden, zwingend einen Konzernabschluss nach IFRS aufzustellen haben. Für den Einzelabschluss besteht ein Wahlrecht. In der Tabelle 27 sind die in der EU vorherrschenden Rechtssysteme aufgeführt. EU-Länder

Rechtssystem Kontinentaleuropäi- Code sche Länder (vor al- Law lem Deutschland, Frankreich und Italien) Angelsächsische Case Law Länder (vor allem Großbritannien und Irland)

Wahlrechte zahlreiche

Handels- und Steuerbilanz Maßgeblichkeit der Handels für die Steuerbilanz

nur wenige

kein Zusammenhang, Handelsbilanz ist unabhängig von der steuerlichen Gewinnermittlung

Zielsetzung Gläubigerschutz, Vorsichtsprinzip

objektive Rechnungslegung, Entscheidungshilfen bieten

Tabelle 27: Unterschiede der Rechtssysteme Code Law und Case Law

Daher war es nur möglich, Richtlinien zu erlassen, die von allen EU-Ländern akzeptiert werden konnten, sodass den Einzelstaaten noch Wahlrechte bei der Umsetzung der Richtlinien in nationales Recht eingeräumt wurden. Auf den ersten Blick sieht die sog. Generalnorm, die in den § 264 (2) HGB übernommen wurde, sehr anspruchsvoll aus: Der Jahresabschluss soll ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft vermitteln. Tatsächlich hat der deutsche Gesetzgeber dieser Generalnorm (true and fair view) vorangestellt: „unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“ und stellt damit wieder die Beziehung zum deutschen Handels- und auch Steuerrecht her. Die Harmonisierung des Bilanzrechts innerhalb der EU erfolgte vor allem durch die Richtlinien zum Jahres- und Konzernabschluss. Wegen der unterschiedlichen

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

259

Rechtssysteme des Code Law und des Case Law sind die Richtlinien in den einzelnen EU-Ländern unterschiedlich umgesetzt worden. Deutschland hat die sog. Generalnorm (true and fair view) durch den Hinweis auf die GoB stark abgeschwächt. Nach Untersuchungen können die Mindestwerte des Gewinns in wichtigen EUStaaten bei denselben zugrunde liegenden Sachverhalten zwischen 20 und 200 und die Höchstwerte zwischen 140 und 170 liegen. Die Unterschiede im Gewinnausweis europäischer Unternehmen kommen deutlich in einer Simulationsstudie von Touche Ross Europe25 zum Ausdruck (Tabelle 28). Gewinnausweis in Mill. Euro EU-Land Belgien Deutschland Frankreich Großbritannien Italien Niederlande Spanien

Spannweite 90 – 200 20 – 140 120 – 160 170 – 200 160 – 200 70 – 160 120 – 200

Mindestwert 90 20 120 170 160 70 120

Gängige Praxis 130 130 150 150 170 140 125

Höchstwert 200 140 160 200 200 160 200

Tabelle 28: Bilanzierungsspielräume in einzelnen EU-Ländern

Daher sind Jahresabschlüsse in den einzelnen EU-Ländern trotz Harmonisierung nicht vergleichbar. Seit Beginn der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts hat das internationale Bilanzrecht auch für deutsche Unternehmen eine große Bedeutung erlangt. Die Hauptgründe liegen in der Globalisierung der Kapitalmärkte und den dadurch bedingten weltweiten Harmonisierungsbestrebungen des Bilanzrechts. Nachdem zunächst vor allem US-GAAP-Abschlüsse angestrebt wurden, um den Zugang zur New York Stock Exchange (NYSE) zu erreichen, setzten sich in den Folgejahren mit ihrer zunehmenden Akzeptanz auf den Märkten IAS/IFRS-Abschlüsse stärker durch. Der Übergang auf das internationale Bilanzrecht erfolgte – historisch gesehen – in vier Formen: • Zunächst durch duale Abschlüsse, in denen versucht wurde, sowohl nationales als auch internationales Bilanzrecht zu berücksichtigen. • dann folgten HGB-Abschlüsse mit Überleitungen und • schließlich Parallelabschlüsse.

25

Vgl. Simmonds, A.; Azières, O., Accounting for Europe – success by 2000 AD, London 1989, S. 36.

260

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

• Seit 1998 können befreiende US-GAAP bzw. IFRS-Konzernabschlüsse erstellt werden. Ein HGB-Konzernabschluss wird dann nicht mehr verlangt. US-GAAP-Abschlüsse erleichtern nach wie vor den Zugang zur NYSE, obwohl seit November 2007 auch IFRS-Abschlüsse akzeptiert werden. Damit verringern sich die Kosten für die Unternehmen. Gleichzeitig ist ein hoher Qualitätsstandard der Abschlüsse sichergestellt. Die IFRS sind für europäische Unternehmen interessanter, da die europäischen Länder große Einflussmöglichkeiten auf das IFRSBilanzrecht haben, die Einführungskosten geringer sind und die Anpassung an nationale Normen einfacher ist. Die EU-Kommission unterstützt die Anwendung des IFRS-Bilanzrechts.

11.2 Überblick über die International Financial Reporting Standards (IFRS) 11.2.1

Zielsetzung und Rechnungslegungsphilosophie der IFRS

Die IFRS sind ein Regelwerk für die Rechenschaftslegung von Unternehmen. Die Zielstellung liegt in der 1. Internationalen Harmonisierung der Rechnungslegung. Die durch spezifische nationale Regelungen hervorgerufenen Verständnisprobleme und Interpretationsschwierigkeiten bei den nationalen Jahresabschlüssen sollen überwunden werden. Die IFRS stehen als multinational entwickelte Standards dafür zur Verfügung. An ihrer Entwicklung sind mehr als 150 Institutionen aus über 100 Ländern beteiligt. Sie werden von internationalen‚ Institutionen, nationalen Standardsettern, bilanzierenden Unternehmen und der Wissenschaft inzwischen als Weltstandard akzeptiert. 2. Bereitstellung von Informationen für Investoren. Die IFRS stellen Informationen für potenzielle und vorhandene Investoren zur Verfügung. In diesem Bestreben stehen sie mit der US-amerikanischen Rechnungslegung (US-GAAP) im Einklang, was ihre zunehmende Akzeptanz nicht zuletzt auch unterstützt hat. Der Schutz der Gläubiger spielt eine eher untergeordnete Rolle. Die Entwickler der Standards gehen davon aus, dass ein Investor auf der Basis eines IFRS-konformen Abschlusses seine Entscheidung „Kapitalanteile kaufen, halten oder verkaufen“ besser treffen kann. Die IFRS verfolgen dabei keine grundsätzlich neue Rechnungslegungsphilosophie. Es geht um die Verbesserung und Harmonisierung der weltweiten Rechnungslegung. Auch wenn eine Vielzahl von Regelungen aus den angelsächsisch geprägten

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

261

Rechnungslegungsnormen übernommen wurden, muss das Buchen und Bilanzieren nicht komplett neu gelernt werden. Es gibt sowohl kleine aber auch grundsätzliche Unterschiede zum HGB, die es zu verstehen und dann zu beachten gilt. Die Grundlage der Buchführung bildet auch im Rahmen der IFRS die doppelte Buchführung (auch: kaufmännische Buchführung oder Doppik). Die Grundlagen der IFRS-Bilanzierung weichen also nicht vom bisher Gewohnten ab. Es geht auch im IFRS-Abschluss in erster Linie um die Informationsfunktion für unternehmensexterne Interessengruppen. Auch die Funktion der Schuldendeckungskontrolle wird dem IFRS-Abschluss und dem HGB-Abschluss zugeordnet. Darauf wird bereits im Vorwort zum Rahmenkonzept verwiesen. Selbst die Ausschüttungsbemessungsfunktion findet im Rahmenkonzept Berücksichtigung. Durch einen IFRSkonformen Jahresabschluss sind „ausschüttbare Gewinne und Dividenden zu bestimmen“. Es werden mit den IFRS in der Summe ergänzende, abgewandelte Regeln und Verfahren sowie Begriffe entwickelt, deren Kenntnis einen reibungslosen Übergang von der HGB- zur IFRS-Bilanzierung ermöglichen. Auffällig ist an dieser Stelle im Vergleich zu den Regeln des HGB die große Vielzahl der Einzelregeln, die zum einen der Philosophie geschuldet sind für jeden Bilanzierungstatbestand eine Regelung zu treffen. Zum anderen führen die unterschiedlichen internationalen Herangehensweisen an die Rechnungslegung und die daraus resultierenden Kompromisse zu einer großen Zahl von Standards und Einzelregeln. Das Ziel der Standardsetter, verständliche, leicht anwendbare und in ihrer Anzahl im Vergleich zu den US-GAAP überschaubare Standards zu wickeln, besteht trotzdem nach wie vor. 11.2.2

Organisation der International Financial Reporting Standards Foundation

Die wichtigsten Organe der International Financial Reporting Standards Foundation (IFRS-F) – einer unabhängigen juristischen Person mit Sitz in Delaware USA – sind die Trustees und der International Accouting Standards Board (IASB). Getragen wird die IFRS-F von mit der Rechnungslegung befassten Berufsverbänden, die Mitglied in der International Federation of Accountants (IFAC) sind. Die deutsche Seite wird durch das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee e. V. (DRSC) vertreten. Das Monitoring Board als Überwachungsgremium der IFRS-F dient vor allem dazu, die formelle Zusammenarbeit mit nationalen Kapitalmarktbehörden zu organisieren. Die öffentliche Rechenschaftspflicht der IFRS-F soll verbessert werden, ohne die Unabhängigkeit des Standardsetzungsprozesses einzuschränken.

262

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Der Nominierungsprozess für Treuhänder wird unterstützt und die Treuhänder werden in ihrer Arbeit beraten und überwacht. Die Gruppe der Trustees umfasst derzeit 22 Mitglieder aus unterschiedlichen geografischen Regionen der Welt mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund. Diese ernennen die Mitglieder des Board (IASB), des International Financial Reporting Standards Interpretations Committee (IFRSIC) und des IFRS Advisory Council (IFRSAC) und überwachen die Effizienz und Finanzierung der gesamten Organisation. Sie bewilligen das jährliche Budget und die Finanzierungsgrundlagen. Der IASB ist der eigentliche unabhängige Standardsetter mit Sitz in London (GB). Er wird derzeit von 16 hochqualifizierten Fachleuten gebildet und führt in Zusammenarbeit mit zwei Direktoren und entsprechendem Personal die Geschäfte der IFRS Foundation. Hauptaufgabe des Board ist die Entwicklung und Verabschiedung neuer Standards sowie die Überarbeitung bisheriger IAS/IFRS. Der Board arbeitet dabei eng mit nationalen Standardsettern zusammen und treibt so die Konvergenz der internationalen zu den nationalen Regelungen voran. Die Arbeit des IASB ist grundsätzlich öffentlich. Die Kernaufgaben des IASB umfassen folgende Punkte: • Der IASB trägt die fachliche Verantwortung für die Erstellung und die Herausgabe von IAS, IFRS und Standardentwürfen (exposure draft) sowie die endgültige Verabschiedung von Interpretationen des IFRSIC. • Der Board veröffentlicht Standardentwürfe zu allen Projekten und bei großen Projekten auch Diskussionspapiere zur Kommentierung durch die Öffentlichkeit. • Der IASB legt das Arbeitsprogramm fest und bestimmt die zu bearbeitenden Projekte. • Er stellt sicher, dass Stellungnahmen, die innerhalb angemessener Zeit zu vom Board veröffentlichten Papieren eingegangen sind, adäquat berücksichtigt werden. Bei großen Projekten, beim Arbeitsprogramm oder bei der Festlegung der Schwerpunkte seiner Arbeit bezieht er das IFRS Advisory Council (IFRSAC) beratend ein. • Der IASB veranstaltet öffentliche Anhörungen zu ausgewählten Projekten. • Der IASB entscheidet über die Durchführung von Field Tests, die die Anwendbarkeit der vorgeschlagenen Standards überprüfen. Das International Financial Reporting Standards Interpretations Committee (IFRSIC) wurde zur Erörterung offener Rechnungslegungsfragen und zur Verabschiedung

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

263

entsprechender Interpretations gebildet.26 Es hat derzeit 14 Mitglieder, die von den Treuhändern eingesetzt werden. Alle fachlichen Entscheidungen werden dabei in Sitzungen getroffen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind. Folgende Aufgaben werden vom IFRSIC gelöst: • Das IFRSIC interpretiert die Anwendung der IAS und IFRS und leistet unter Berücksichtigung der Vorschriften des Rahmenkonzepts Hilfestellung in Fragen der Rechnungslegung, die nicht explizit in den IAS und IFRS behandelt werden. • Das IFRSIC arbeitet dabei eng mit den nationalen Standardsettern zusammen, um die Konvergenz der nationalen Rechnungslegungsnormen und der IFRS voranzutreiben und eine hohe Qualität der verabschiedeten Vorschriften sicherzustellen. • Darüber hinaus veröffentlicht das IFRSIC Entwürfe von Interpretationen (Draft Interpretations), zu denen die Öffentlichkeit Stellung nehmen kann. • Das IFRSIC berichtet an den IASB und muss vor der Verabschiedung der endgültigen Interpretationen den Regelungen zustimmen. Das IFRS Advisory Council (IFRSAC) berät den Board regelmäßig in allen Fachfragen. Die Mitglieder des IFRSAC haben verschiedenste berufliche und geografische Hintergründe. Das Council vereint insbesondere Abschlussadressaten, Ersteller der Abschlüsse, Finanzanalysten, Wissenschaftler, Wirtschaftsprüfer, Aufsichtsbehörden und Rechnungslegungsinstitutionen und stellt damit ein Forum für eine Vielzahl von an Rechnungslegung Interessierten bzw. von ihr betroffenen Parteien dar. Das IFRSAC berät den IASB in Fragen des Arbeitsprogramms, im Hinblick auf die Bestimmung von Schwerpunkten bei dessen Tätigkeit und hinsichtlich des Zeitplans bei Projekten. Ihm kommt insbesondere dadurch Bedeutung zu, dass es den IASB über die Ansichten der im IFRSAC vertretenen Organisationen und Personen zu bedeutenden Standardsetzungsprojekten informiert. Im Vorfeld der Entscheidungen zu großen Projekten hat der Board und bei Vorschlägen zur Änderung der Satzung haben die Trustees das IFRSAC zu konsultieren. Weiterhin ist es Aufgabe des IFRSAC, den IASB bei der weltweiten Verbreitung der IFRS zu unterstützen. Die nachfolgende Abbildung 50 zeigt zusammenfassend die Struktur der IFRSOrganisation und die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Organisationen27.

26 27

Vgl. Hierzu die aktuellen Internetseiten „www.drsc.de“ Vgl. www.ifrs.org/The-oganisation/pages/Who-we-are.aspx

264

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Monitoring Board Vertreter öffentlicher Kapitalmarktbehörden

ernennt, überwacht

berichtet an

Treuhänder der IFRS Foundation ernennen

informiert

IFRS Advisory Council

(Kontrollfunktion) beaufsichtigen, prüfen die Wirksamkeit, ernennen und finanzieren

informiert

IFRS-Foundation International Accounting Standards Board (IASB) (IFRS, IFRS für KMU)

gibt strategische Empfehlungen

IFRS Interpretations Committee (IFRIC)

Unterstützende Abteilungen der IFRS Foundation Abbildung 50: Organisation des IFRS Foundation

11.2.3

Verfahren der Entwicklung von IAS/IFRS-Standards

Die wichtigsten IAS-Vorschriften sind die sog. Standards. Für die Revision eines IAS-Standards und für den Entwurf neuer IFRS ist ein formalisiertes Verfahren, der standard setting process oder due process, vorgesehen. Dieser erfolgt in mehreren Schritten: Am Anfang dieses Standardisierungsprozesses steht als Diskussionspapier ein Draft Statement of Principles. Dieses Diskussionspapier steht mindestens vier Monate zur öffentlichen Diskussion. Die interessierte Fachöffentlichkeit hat dann Gelegenheit, dieses Papier in einem comment letter zu kommentieren. Anschließend folgt auf Basis der eingegangenen Stellungnahmen ein Entwurf des späteren Standards (Exposure Draft), der wiederum zur Kommentierung veröffentlicht wird. Nach Auswertung und Prüfung der zu dem Exposure Draft eingegangenen Stellungnahmen erfolgt dann die Verabschiedung des endgültigen Standards. Gegebenenfalls erfolgt bei sehr starken Einwendungen teilweise eine überarbeitete Entwurfsfassung (re-exposure), bevor der endgültige Standard verabschiedet wird28.

28

Vgl. Lüdenbach, N.: IAS/IFRS, 6. Auflage, Freiburg i.Br. 2010

265

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Der Ablauf des Entwicklungsprozesses wird in Abbildung 51 schematisch dargestellt29.

RESEARCH Diskussionspapier (DSP) optional

umfangreiche Vor-Ort-Aktivitäten

ÖFFENTLICHE KONSULTATION

Vorschlag Beitrag zum Prozess der Standardfestlegung

Standardentwurf (ED) Veröffentlichtung der IFRS

ÖFFENTLICHE KONSULTATION

Feedback Statement

Überprüfung durch den IASB nach der Umsetzung

Abbildung 51: Der Ablauf des Standardentwicklungsprozesses

11.2.4

Die Vorschriften der IFRS im Überblick

Das Rechnungslegungswerk der IAS/IFRS setzt sich aus vier Gruppen von Regelungen zusammen: • Vorwort (preface). Das Vorwort legt die Aufgaben und Ziele des IASB, den Anwendungsbereich der International Financial Reporting Standards (IFRS), das formelle Verfahren zur Entwicklung der IFRS und der Interpretationen sowie die Verfahrensweisen bezüglich Zeitpunkt des Inkrafttretens, Aussehen und Sprache der IFRS dar. • Rahmenkonzept (framework). Das Rahmenkonzept des IASB beschreibt die grundlegenden Konzepte, nach denen Jahresabschlüsse aufzustellen sind. Es dient dem Board als Hilfe bei der Entwicklung von Rechnungslegungsvorschriften und bei der Klärung von bilanziellen Sachverhalten, die nicht 29

Vgl. www.ifrs.org/The-oganisation/pages/Who-we-are.aspx

266

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

direkt in einem IAS oder IFRS oder einer Interpretation angesprochen werden. Hier werden Grundlagen der Rechnungslegung geregelt. Dieser Teil entspricht mit seinen allgemeinen Regelungen eher dem Code Law und enthält: • Ziele der Finanzberichtserstattung, • Grundprinzipien der Rechnungslegung, • qualitative Merkmale entscheidungsnützlicher Finanzinformationen • Bestandteile des Jahresabschlusses, • Definition, Ansatz und Bewertung der Elemente, aus denen sich Abschlüsse zusammensetzen, • Eigenkapital und Kapitalerhaltungskonzept. • Standards. Sie bilden den Hauptbestandteil der IFRS und regeln die Bilanzierung spezieller Sachverhalte. • Interpretations. Sie regeln Unklarheiten und offene Fragen bei bestimmten Standards. Insofern stellen die Interpretations Auslegungen und Ergänzungen von Standards dar. Interpretationen sind Teil der verpflichtend anzuwendenden Verlautbarungen des IASB. Abschlüsse dürfen nur als in Übereinstimmung mit den IFRS stehend bezeichnet werden, wenn sämtliche Vorschriften jedes einzelnen Standards und jeder maßgeblichen Interpretation befolgt werden. Die Vorschriften werden vom Framework über die Standards zu den Interpretations immer spezieller, wie die folgende Abbildung 52 zeigt. 11.2.5

Aufbau der IAS/IFRS am Beispiel IAS 1

In den IAS/IFRS-Standards sind wichtige Einzelfragen der externen Rechnungslegung umfassend geregelt. Ein Standard besteht häufig aus mehr als 100 Paragraphen. Der Aufbau der Standards folgt einer einheitlichen Struktur. Nach dem Inhaltsverzeichnis folgt eine Einführung in den Standard, dann der Standard im eigentlichen Sinne mit grundlegenden Punkten: • Zielsetzung des Standards, • Grundprinzipien, • Anwendungsbereich, • Begriffsdefinition,

267

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

• Bilanzansatz, • Erst- und Folgebewertung, • Erforderliche Angaben, • Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsregeln. Es folgt der Anhang, der zur Veranschaulichung des Standards dient und erläuternde Informationen und Beispiele u.ä. enthalten kann.

House of IFRS

Regelungslücken

Vorwort zu Teilen der Rechnungslegungsliteratur

sonstige rechnungslegungsrelevante Verlautbarungen

IAS 8.12

Verlautbarungen von StanAnerkannte BranchenpraktiIAS 8.11 dardsettern (wenn konsistent ken mit Literaturmeinungen mit IAS 8.11) (wenn konsistent mit IAS 8.11)

Verbindlichkeitsgrad

Regelungen des IASB

Einzelne Ansatz- und Bewertungskriterien des Rahmenkonzepts als allgemeine Grundlagen vorherrschende Rechnungslegungspraktiken in der Industrie

IAS 8.11

Fallanalogien zu Standards und Interpretationen Fallanalogien zu Standards und Interpretationen Standards (IAS/IFRS)

Interpretations (IFRIC/SIC)

Fair-Presentation (Overriding Principle)

IAS 8.7 IAS 8.9 IAS 8.11 IAS 1.15

Abbildung 52: Rangfolge der IAS/IFRS-Vorschriften

Die vorgeschlagenen Regelungen zur Erst- und Folgebewertung sind in den Standards nicht immer einheitlich. Bei einigen Standards werden zwei unterschiedliche Regelungen zur Wahl gestellt: • die Benchmark-Methode (= wichtigere, empfohlene Regelung) und • die alternativ zulässige Methode. Das internationale Ziel besteht darin, diese Wahlrechte auf ein Minimum zu reduzieren. Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Standards regelmäßig überarbeitet werden und in Neufassungen veröffentlicht werden. Die aktuell geltenden

268

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Texte werden auf den Internetseiten der IFRS-Foundation (www.ifrs.org) veröffentlicht. Die Übersetzungen ins Deutsche findet man u. a. auf den Seiten des DRSC (www.drsc.de) und weiteren Fachportalen. Zu den nachfolgenden Ausführungen wurden die Veröffentlichungen des IFRS Portals genutzt (siehe www.ifrs-portal.com).30 Der Aufbau der Standards soll anhand des IAS 1 vorgestellt und erläutert werden. Gleichzeitig wird dabei auf wesentliche Elemente und Inhalte des Jahresabschlusses nach IFRS eingegangen. Im IAS 1 sind vor allem die Ziele und Bestandteile des Abschlusses und wichtige allgemeine Grundsätze geregelt. Der IAS 1 enthält grundlegende Vorschriften, die nicht immer mit dem Framework übereinstimmen. Er ist in 140 Paragraphen wie folgt gegliedert (gekürzt): ZIELSETZUNG ANWENDUNGSBEREICH DEFINITIONEN ABSCHLUSS Zweck des Abschlusses Vollständiger Abschluss Allgemeine Merkmale

Paragraphen 1 2–6 7–8 9 – 46 9 10 – 14 15 – 46

Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bildes und Übereinstimmung mit den IFRS Unternehmensfortführung Konzept der Periodenabgrenzung Wesentlichkeit und Zusammenfassung von Posten Saldierung von Posten Häufigkeit der Berichterstattung Vergleichsinformationen Darstellungsstetigkeit

15 – 24 25 – 26 27 – 28 29 – 31 32 – 35 36 – 37 36 – 44 45 – 46

STRUKTUR UND INHALT 47 – 138 Einführung 47 – 48 Bezeichnung des Abschlusses 49 – 53 Bilanz 54 – 80 Darstellung von Gewinn oder Verlust und sonstigem Ergebnis 81A – 105 Eigenkapitalveränderungsrechnung 106 – 110 Kapitalflussrechnung 111 Anhangangaben 112 – 138 30

Quelle: http://www.ifrs-portal.com/Publikationen/IFRS_Texte.htm

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

ÜBERGANGSVORSCHRIFTEN UND ZEITPUNKT DES INKRAFTTRETENS RÜCKNAHME VON IAS 1 (ÜBERARBEITET 2003)

269

139 140

Im Paragraphen 9 des Standards (Zweck des Abschlusses IAS 1.9) heißt es: „…Die

Zielsetzung eines allgemeinen Abschlusses ist es, Informationen über die Vermögens- und Finanzlage, die Ertragskraft und die Cashflows eines Unternehmens bereitzustellen, die für ein breites Spektrum von Adressaten nützlich sind, um wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen. Ein Abschluss legt ebenfalls Rechenschaft über die Ergebnisse der Verwaltung des dem Management anvertrauten Vermögens. Um diese Zielsetzung zu erfüllen, liefert ein Abschluss Informationen über (a) Vermögenswerte, (b )Schulden, (c) Eigenkapital, (d) Erträge und Aufwendungen, einschließlich der Gewinne und Verluste aus der Veräußerung langfristiger Vermögenswerte und aus Wertänderungen, (e) Kaitalzuführungen von Eigentümern und Ausschüttungen an Eigentümer und (f) Cashflows eines Unternehmens. Diese Informationen helfen den Adressaten zusammen mit den anderen Informationen im Anhang, die künftigen Cashflows des Unternehmens sowie insbesondere Zeitpunkt und Sicherheit des Entstehens vorauszusagen.“ Ein vollständiger IFRS-Abschluss besteht nach IAS 1.10 aus folgenden Bestandteilen: a) einer Bilanz zum Abschlussstichtag; b) einer Darstellung von Gewinn oder Verlust und sonstigem Ergebnis („Gesamtergebnisrechnung”) für die Periode; c) einer Eigenkapitalveränderungsrechnung für die Periode; d) einer Kapitalflussrechnung für die Periode; e) dem Anhang, der eine zusammenfassende Darstellung der wesentlichen Rechnungslegungsmethoden und sonstige Erläuterungen enthält; ea) Vergleichsinformationen hinsichtlich der vorangegangenen Periode, so wie in den Paragraphen 38 und 38A spezifiziert; und f) einer Bilanz zu Beginn der vorangegangenen Periode, wenn ein Unternehmen eine Rechnungslegungsmethode rückwirkend anwendet oder Posten im Abschluss rückwirkend anpasst oder Posten im Abschluss rückwirkend gemäß den Paragraphen 40A – 40D umgliedert. Ein Unternehmen kann für diese Bestandteile andere Bezeichnungen als die in diesem Standard vorgesehenen Begriffe verwenden. So kann ein Unternehmen beispielsweise die Bezeichnung „Gesamtergebnisrechnung” anstatt „Darstellung von Gewinn oder Verlust und sonstigem Ergebnis” verwenden (IAS 1.10).

270

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Laut IAS 1.13 wird den Unternehmen empfohlen, den Bericht über die Unternehmenslage durch das Management zu veröffentlichen, der die wesentlichen Merkmale der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens sowie die wichtigsten Unsicherheiten beschreibt und erläutert, denen sich das Unternehmen gegenübersieht. IAS 1.14 ermutigt Unternehmen, zusätzlich Umweltberichte und Wertschöpfungsrechnungen zu veröffentlichen, insbesondere in Branchen, in denen Umweltfaktoren von Bedeutung sind. 11.2.6

Das Rahmenkonzept (framework)

Das Rahmenkonzept (framework) der IFRS enthält die für die Aufstellung und Darstellung von Abschlüssen nach internationalen Regeln grundlegenden Überlegungen und Konzepte. Es ist im Groben mit den GoB der deutschen Rechnungslegung nach HGB vergleichbar. Es geht inhaltlich jedoch deutlich darüber hinaus. Es werden auch Definitionen der Abschlussposten sowie grundsätzliche Bewertungskonzepte geregelt Das Rahmenkonzept umfasst insgesamt 110 Paragraphen mit Grundsätzen zu folgenden Themen: Paragraphen EINFÜHRUNG 1 – 11 Zweck und Status des Framework 1–4 Anwendungsbereich 5–8 Adressaten und ihre Informationsbedürfnisse 9 – 11 DIE ZIELSETZUNG VON ABSCHLÜSSEN 12 – 21 Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie Veränderungen in der Vermögens- und Finanzlage 15 – 21 Anhang und ergänzende Übersichten 21 ZUGRUNDE LIEGENDE ANNAHMEN: 22 – 23 Periodenabgrenzung (F.22), Unternehmensfortführung (F.23) 24 – 46 QUALITATIVE ANFORDERUNGEN AN DEN ABSCHLUSS Verständlichkeit 25 Relevanz 26 – 30 Wesentlichkeit 29 – 30 Verlässlichkeit 31 – 38 Glaubwürdige Darstellung (F.33 – F.34), Wirtschaftliche Betrachtungsweise (F.35), Neutralität (F.36), Vorsicht (F.37), Vollständigkeit (F.38), Vergleichbarkeit 39 – 42 Beschränkungen für relevante und verlässliche Informationen 43 – 45

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271

Zeitnähe (F.43), Abwägung von Nutzen und Kosten (F.44), Abwägung vor qualitativen Anforderungen an den Abschluss (F.45), Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes 46 DIE ABSCHLUSSPOSTEN 47 – 81 Vermögens- und Finanzlage 49 – 52 Vermögenswerte 53 – 59 Schulden 60 – 64 Eigenkapital 65 – 68 Ertragskraft 69 – 73 Erträge 74 – 77 Aufwendungen 78 – 80 Kapitalerhaltungsanpassungen 81 ERFASSUNG VON ABSCHLUSSPOSTEN 82 - 98 Die Wahrscheinlichkeit eines künftigen wirtschaftlichen Nutzens 85 Verlässlichkeit der Bewertung 86 – 88 Ansatz von Vermögenswerten 89 – 90 Ansatz von Schulden 91 Erfassung von Erträgen 92 – 93 Erfassung von Aufwendungen 94 – 98 BEWERTUNG DER ABSCHLUSSPOSTEN 99 – 101 102 – 110 KAPITAL- UND KAPITALERHALTUNGSKONZEPTE Kapitalkonzepte 102 – 103 Kapitalerhaltungskonzepte und Gewinnermittlung 104 – 110 Basierend auf der geltenden Textfassung werden an dieser Stelle einige der Begriffsdefinitionen erläutert. Adressaten und ihre Informationsbedürfnisse: Das Framework nennt im F.9 folgende Adressaten (user) für die Abschlüsse: • Investoren (investors), • Arbeitnehmer (employees), • Kreditgeber (lenders), • Lieferanten und andere Gläubiger (suppliers and other trade creditors), • Kunden (customer), • Regierungen und ihre Institutionen (governments and their agencies) und • die Öffentlichkeit (public).

272

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Die IFRS wenden sich demzufolge nicht nur oder überwiegend an die Investoren, denn die nach den IFRS aufgestellten Jahresabschlüsse sollen den gemeinsamen Bedürfnissen der meisten Adressaten gerecht werden. Auch das im Vorwort zum Rahmenkonzept aufgeführte breite Spektrum möglicher Entscheidungen auf der Basis des Jahresabschlusses zeigt, dass es den IFRS nicht nur um die Investoren geht. Selbstverständlich können die notwendigen Informationen nicht im gleichen Maße erfüllt werden, da selbst innerhalb der Interessentengruppen durchaus individuell geprägte Informationsbedürfnisse bestehen dürften. Der IASB geht jedoch davon aus, dass fast alle Informationsbedürfnisse aus einem zweckentsprechend aufgestellten Jahresabschluss zu decken sind. (Vorwort zum Rahmenkonzept, F.9, 10 und 15). Ziele des Jahresabschlusses: Im F.12 bis 21 werden die Ziele der Finanzberichterstattung definiert: • die finanzielle Lage (financial position), • die Leistung (performance), • die Veränderungen der finanziellen Lage (changes in financial position), • die Leistungen des Managements (results of the stewardship of management) und • die Verantwortlichkeit des Managements für die ihm anvertrauten Güter (accountability of management for the resources entrusted to it). Abbildung 53 verdeutlicht die Zielstellungen und setzt sie in Zusammenhang zu den Bestandteilen des Abschlusses, mit denen sie erreicht werden. Die Begriffe „finanzielle Lage“ und „Leistung“ werden in der offiziellen deutschen Übersetzung als „Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“ zusammengefasst. Ein zentrales Bedürfnis der Adressaten ist die Prognose der zukünftigen Unternehmenslage aus den historischen Informationen der Jahresabschlüsse (F.28). Diesen sollen die Abschlüsse durch den Zusammenhang von Bilanz und Erfolgsrechnung gerecht werden (F.19, F.20).

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Ziele des Jahresabschlusses Bereitstellung von Informationen über die Vermögens und Finanzlage Liquidität Solvenz

Ertragslage Ertragskraft Profitabilität Performance

Veränderungen der Vermögens- und Finanzlage

vorallem allem durch vor durch

Bilanz

GuV

Flussrechnungen

Abbildung 53: Zielsetzung des IFRS Abschlusses31

Grundprinzipien: Die Rechnungslegung nach IFRS wird von den zwei Grundprinzipien Periodenabgrenzung (F.22) und Unternehmensfortführung (F.23) geprägt. Die Periodenabgrenzung entspricht in ihrer Ausprägung im Prinzip den in Deutschland im HGB gestellten Anforderungen des kaufmännischen Rechnungswesens. Bei der Aufstellung der Abschlüsse wird von der Unternehmensfortführung (going concern) für den absehbaren Zeitraum ausgegangen. Wenn besondere Annahmen dafür sprechen, dass das Unternehmen keinen Fortbestand haben wird oder den Umfang seiner Tätigkeit wesentlich einschränken wird, ist der Abschluss nach anderen Kriterien als den in den IFRS genannten aufzustellen (F.23, siehe auch IAS 1.25 und 1.26). Demnach ist von einer positiven Fortführungsprognose von mindestens 12 Monaten auszugehen. Qualitative Anforderungen an den Abschluss: Die im Folgenden dargestellten Anforderungen sollen zusammen mit den Regeln in den einzelnen Standards ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermitteln (F.46). Damit wird deutlich, dass die Anforderungen des Rahmenkonzeptes allein nicht ausreichend sind, um einen qualitativ hochwertigen Jahresabschluss aufzustellen. Die nachrangige Verbindlichkeit des Rahmenkonzeptes soll die Bilanzersteller jedoch bei in den Standards nicht 31

Vgl. Tanski, J.S.: Internationale Rechnungslegung – IFRS/IAS Schritt für Schritt, München 2010, S.38

274

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ausreichend geregelten Sachverhalten unterstützten. Das Rahmenkonzept unterscheidet dabei in • die eigentlichen qualitativen Anforderungen (F.25 bis F.42) und • die beschränkenden für relevante und verlässliche Informationen (F.43 bis F.46) (Nebenbedingungen hinsichtlich dieser Qualitätsanforderungen). Damit werden sowohl die generellen Anforderungen an die Qualität eines Jahresabschlusses beschrieben als auch davon getrennt die Grenzen der sinnvoll erreichbaren Qualität aufgezeigt. Die zweite Gruppe wird auch als qualitative Nebenbedingung bezeichnet. Beide Teile sind allerdings gleichwertig. Ein Überblick über die qualitativen Anforderungen ist in Abbildung 54 ersichtlich.

Qualtitative Anforderungen an den Abschluss Verständlichkeit

Relevanz (relevance)

(understandability)

Verlässlichkeit (reliability)

- Wesentlichkeit

• Glaubwürdige Darstellung (faithful representation) • Wirtschaftliche Betrachtungsweise (substance over form) • Neutralität (neutrality) • Vorsicht (prudence) • Vollständigkeit (completeness)

(materiatility)

Vergleichbarkeit (comparability)

Abbildung 54: Qualitative Anforderungen an einen IFRS-Abschluss

Verständlichkeit (understandability): Im Rahmenkonzept der IFRS wird die Verständlichkeit an erste Stelle der Anforderungen gesetzt (F.25). Es wird dabei unterstellt, dass der Bilanznutzer über angemessene Kenntnisse verfügt und sorgfältig liest. Nach den Vorstellungen des IASB muss der Abschluss nur für entsprechend vorgebildete und gewissenhaft arbeitende Nutzer verständlich sein.

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

275

Relevanz (relevance): Diese ist notwendig, um aus einem Jahresabschluss die für wirtschaftliche Entscheidungen notwendigen Informationen entnehmen zu können (F.26). Das Spektrum möglicher Entscheidungen ist im Vorwort zum Rahmenkonzept aufgezeigt. Es geht darum, dass es generell unzulässig ist, mit Hinweis auf eine vermeintlich fehlende Relevanz für Entscheidungsträger von der Darstellung wirtschaftlicher Sachverhalte im Jahresabschluss abzusehen. Diese Forderung führt daher eher zu einer umfassenden Offenlegung, da die Informationsbedürfnisse der Gesamtheit der Bilanzleser nicht abgrenzbar sind. Wesentlichkeit (materiality): Diese ist als ergänzende Forderung zur Relevanz zu betrachten. Es werden alle Informationen als wesentlich betrachtet, die die Entscheidung eines Bilanznutzers beeinflussen (F.30). Unwesentliche Informationen beeinflussen demzufolge Entscheidungen nicht. Das Fehlen oder die unrichtige Darstellung von unwesentlichen Informationen ist für den Bilanznutzer nicht relevant. Die Wesentlichkeit darf aber unter Beachtung der Vollständigkeit (F.38) nicht zum Weglassen (vermeintlich) unwesentlicher Informationen führen. Bei der Bewertung kann die Relevanz weiterhin gegeben sein, wenn bei einem Vermögensgegenstand eine unwesentliche Wertänderung nicht berücksichtigt wird. Es ist zu beachten, dass diese Regelung lediglich eine Vereinfachung bspw. für unbedeutende, selten auftretende Sachverhalte schaffen soll. Verlässlichkeit (reliability): Die Verlässlichkeit des Jahresabschlusses (F.31) ist eine Grundforderung an den Jahresabschluss. Abschlüsse sind für Entscheidungsträger nur dann nützlich, wenn sie zuverlässige Informationen liefern, auch wenn dieses Qualitätskriterium (ähnlich wie die Relevanz) nur schwer gemessen oder bewertet werden kann. Ergänzend zum Begriff der Verlässlichkeit werden im Rahmenkonzept weitere Merkmale aufgeführt, die die Verlässlichkeit der Abschlussinformationen bestätigen können. • Glaubwürdige Darstellung (faithful representation): Ein Jahresabschluss ist dann glaubwürdig, wenn seine Darstellung frei von bewussten Einflüssen bzw. Veränderungen durch den Bilanzersteller ist (Ausschluss sog. Bilanzpolitik), sofern diese Eingriffe nicht durch Wahlrechte innerhalb der Standards gedeckt sind (F.33, F.34). • Wirtschaftliche Betrachtungsweise (substance over form): Ein weiteres Merkmal für die Verlässlichkeit wird mit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise definiert (F.35). Geschäftsfälle werden nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt und nur nachrangig nach ihrem rechtlichen Zustand bewertet. So hat bspw. eine rechtlich einwandfreie Forderung bei Insolvenz des Debitors keinen wirtschaftlichen Gehalt und ist auszubuchen.

276

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

• Neutralität (neutrality): Die Verlässlichkeit eines Jahresabschlusses wird durch die Forderung nach Neutralität gefestigt (F.36). Sie verbietet (wie bereits die glaubwürdige Darstellung) die bilanzpolitische Gestaltung des Jahresabschlusses mit dem Ziel, ein dem Bilanzaufsteller genehmes Bild des bilanzierenden Unternehmens zu zeigen. • Vorsicht (prudence): Die Vorsicht soll ebenfalls die Verlässlichkeit der Abschlussinformationen erhöhen (F.37). Unsicherheiten sind bei der Bilanzierung und Bewertung durch gründliche Analysen zu berücksichtigen. Das stellt sicher, dass der Erfolg und das Vermögen möglichst korrekt ausgewiesen werden. • Vollständigkeit (completeness): Diese stellt eine Konkretisierung der Verlässlichkeit dar (F.38). Es dürfen keine Informationen weggelassen werden. Vergleichbarkeit: (comparability): Die qualitative Anforderung ist in den Paragraphen F.39 bis F.42 geregelt. Die Vergleichbarkeit soll sowohl interne Betriebsvergleiche (Zeitvergleich über mehrere Perioden) als auch externe Betriebsvergleiche (zwischenbetrieblicher Vergleich, Benchmarking mit anderen Unternehmen) ermöglichen. Die Vergleichbarkeit wird hergestellt durch: • einheitliche bzw. stetige Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden für vergleichbare Geschäftsfälle, Grundsatz der Stetigkeit (consistency), • Information über die zugrunde gelegten Methoden, • Information über eine gegebenenfalls notwendig gewordene Veränderung dieser Methoden und • Angaben im Jahresabschluss über vorangegangene Perioden. Im Rahmenkonzept sind drei weitere qualitative Anforderungen aufgeführt, die einen einschränkenden Charakter haben. Zeitnähe (timeliness): Wirtschaftliche Entscheidungen müssen möglichst schnell und zeitgerecht getroffen werden, wozu aktuelle und zeitnahe Informationen notwendig sind. Ein zu spät aufgestellter und veröffentlichter Jahresabschluss führt dazu, dass die Informationen an Relevanz verlieren. Die schnelle, also zeitlich nah am Bilanzstichtag liegende Veröffentlichung wird daher zu den Qualitätskriterien für einen Jahresabschluss (F.43). Das Kriterium „Zeitnähe“ kann jedoch auch im Widerspruch zu anderen Kriterien stehen, wenn durch eine längere und gründlichere Bearbeitung bessere und verlässlichere Informationen im Abschluss geboten werden könnten. Es gilt hier abzuwägen zwischen Genauigkeit und Schnelligkeit. Abwägung von Nutzen und Kosten (balance between benefit and cost): Mit diesem Grundsatz wird durch das IASB geregelt, dass es nicht sinnvoll ist, eine Jahresabschlussinformation zu höheren Kosten als deren späteren Nutzen zu erstellen

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

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(F.44). Das Abwägen eines schwer quantifizierbaren Nutzens mit den ebenfalls nicht einfach feststellbaren Kosten der konkreten Informationsbereitstellung obliegt dem Bilanzersteller. Abwägung der qualitativen Anforderungen (balance between qualitative characteristics): Das Rahmenkonzept überlässt es der fachkundigen Beurteilung des Bilanzerstellers (bei einem in der Praxis) auftretenden Widerstreit zwischen den verschiedenen Qualitätsanforderungen abzuwägen (F.45). Das Ziel des Rahmenkonzeptes besteht in der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Unternehmenslage, durch die Einhaltung der vorgenannten Qualitätsanforderungen (F.46).

11.3 Zielsetzung und Gliederung des Abschlusses nach HGB und IFRS 11.3.1

Unterschiede in der Zielsetzung des Abschlusses

Unterschiede zwischen den Rechnungslegungssystemen ergeben sich vor allem aus den grundlegenden Zielstellungen der Jahresabschlusserstellung und den damit verbundenen Adressaten, wie in der Tabelle 29 gezeigt wird. Einhergehend damit unterscheiden sich die vorrangig anzuwendenden Prinzipien32. Zielgruppe Ziel

Vorsichtsprinzip Periodengerechte Erfolgsermittlung Veröffentlichung

HGB-Abschluss vor allem Gläubiger Erhaltung der Haftungssubstanz, daher Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns, Bereitstellung von Informationen für Investoren ist vorrangig ist nachrangig

IFRS-Abschluss vor allem Anteilseigner Bereitstellung von Informationen für Investoren, true and

fair view, fair presentation ist nachrangig ist vorrangig

spätestens 12 Monate nach dem spätestens nach 6 Monaten Abschlussstichtag

Tabelle 29: Unterschiede zwischen HGB- und IFRS Abschluss

32

Teilweise in Anlehnung an: Buchholz, R.: Internationale Rechnungslegung, Bielefeld 2008, S. 24

278

11.3.2

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Unterschiede in der Bilanzgliederung

Für eine HGB-Bilanz ist für Kapitalgesellschaften die Gliederung nach § 266 HGB exakt vorgeschrieben. Eine Gliederungsvorschrift oder Reihenfolge der Posten der IFRS-Bilanz ist in den Standards ausdrücklich nicht vorgesehen (IAS 1.57). Der Standard IAS 1 enthält in den Paragraphen 54 bis 80 Mindestangaben, die in der Bilanz bzw. teilweise auch im Anhang zu machen sind. Laut Paragraphen 38 bis 44 sind Vergleichsinformationen hinsichtlich der vorangegangenen Periode für alle quantitativen Informationen, also auch für alle Bilanzposten anzugeben. Laut IAS 1 ist die Bilanz spätestens nach sechs Monaten zu veröffentlichen. In der Literatur werden Gliederungsschemata für die IFRS-Bilanz vorgeschlagen, die sich an den inhaltlichen Anforderungen des IAS 1 orientieren (Tabelle 30). AKTIVA ANLAGEVERMÖGEN

PASSIVA EIGENKAPITAL

(non current assets)

(shareholders equity)

Immaterielle Vermögenswerte Sachanlagen Finanzimmobilien at-equity Finanzanlagen Aktive latente Steuern

Eingezahltes Kapital Rücklagen Minderheitenanteile LANGFRISTIGE SCHULDEN

(non current liabilities)

UMLAUFVERMÖGEN

Langfristige finanzielle Verbindlichkeiten Langfristige Rückstellungen Passive latente Steuern

(current assets) Vorräte Forderungen aLL Sonstige kurzfristige Forderungen Übrige finanzielle Forderungen Steuerforderungen Übrige nicht-finanzielle Forderungen Zahlungsmittel SUMME VERMÖGENSWERTE

KURZFRISTIGE SCHULDEN

(current liabilities) Kurzfristige Verbindlichkeiten aLL Sonstige Verbindlichkeiten Übrige kurzfristige finanzielle Verbindlichkeiten Kurzfristige Rückstellungen SUMME EIGENKAPITAL UND SCHULDEN

Tabelle 30: Bilanzgliederungsvorschlag von Petersen33

33

Vgl. Petersen, K. et al: IFRS Praxishandbuch 2016, 11. Auflage, München 2015, S. 33

279

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Das deutsche HGB-Schema und auch die IFRS-Empfehlung sehen eine Gliederung der Aktiva nach zunehmender Liquidierbarkeit und der Passiva nach abnehmender Fristigkeit vor. § 266 (1) HGB schreibt für die Bilanz eine Kontoform vor. Die IFRS-Vorschriften eröffnen die Möglichkeit, die Bilanz sowohl in Konto- als auch in Staffelform aufzustellen. Zusammenfassend kann festgestellt werden: Die Bilanzgliederung nach HGB und IFRS unterscheidet sich kaum. Der International Accounting Standard 1 lässt im Unterschied zu § 266 HGB mehr Freiheiten zu und enthält keine Mindestgliederung. Besonderer Wert wird im internationalen Abschluss auf den Ausweis von latenten Steuern und auf die Untergliederung des Eigenkapitals gelegt. IFRSBilanzen haben, wie nach HGB, Zahlen für mindestens zwei Zeitpunkte zu enthalten (IAS 1.38). 11.3.3

Unterschiede in der GuV-Rechnungs-Gliederung

Wie bei der Bilanzgliederung, so gibt es auch bei der Gliederung der GuV kaum Unterschiede zwischen HGB und IFRS. Der Standard IAS 1 enthält in den Paragraphen 81 bis 105 eine Reihe von Mindestinformationen, die eine Gesamtergebnisrechnung zu enthalten hat. Wie nach § 275 (1) HGB so ist auch nach IFRS das Gesamtkostenverfahren (IAS 1.02) oder das Umsatzkostenverfahren (IAS 1.103) zulässig. Die Mindestgliederungspunkte für das Gesamtkostenverfahren (IAS 1.102) zeigt Tabelle 31. Die Gliederungsanforderungen für das Umsatzkostenverfahren (IAS 1.103) werden in Tabelle 32 zusammengefasst. Umsatzerlöse Sonstige Erträge Veränderung des Bestands an Fertigerzeugnissen und unfertigen Erzeugnissen Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Aufwendungen für Leistungen an Arbeitnehmer Aufwand für planmäßige Abschreibungen Andere Aufwendungen Gesamtaufwand Gewinn vor Steuern

X X X X X X X (X) X

Tabelle 31: IFRS-Gliederungsvorschlag der GuV-Rechnung nach dem Gesamtkostenverfahren (IAS 1.102)

280

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Umsatzerlöse Umsatzkosten Bruttogewinn Sonstige Erträge Vertriebskosten Verwaltungsaufwendungen Andere Aufwendungen Gewinn vor Steuern

X (X) X X (X) (X) (X) X

Tabelle 32: IFRS-Gliederungsvorschlag der GuV-Rechnung nach dem Umsatzkostenverfahren (IAS 1.103)

Es bleibt dem jeweiligen Unternehmen überlassen, welche Form gewählt wird. Dies hängt von den historischen und branchenbezogenen Faktoren und der Art des Unternehmens ab. Der Standard verpflichtet das Management zur Wahl des Verfahrens, dessen Informationen zuverlässiger und relevanter sind (IAS 1.105) Außerdem muss die GuV-Rechnung die Zahlen für mindestens zwei Zeitabschnitte enthalten. Die in Klammern gesetzten Posten stellen Aufwendungen dar und werden in der Staffelrechnung in Abzug gebracht. Gemäß IAS 1.82 und 82A sind alle in den einzelnen IFRS vorgeschriebenen Posten verpflichtend in die Ergebnisdarstellung aufzunehmen. Unter Berücksichtigung ausgewählter weiterer Posten, die zur Gesamtergebnisrechnung zählen, ergibt sich folgendes beispielhaftes Berechnungsschema (Tabelle 33):

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

281

Gesamtergebnisrechnung Gesamtkostenverfahren Umsatzkostenverfahren Umsatzerlöse Umsatzerlöse Bestandsveränderungen Umsatzkosten Aktivierte Eigenleistungen Bruttoergebnis vom Umsatz Sonstige betriebliche Erträge Vertriebskosten Materialaufwand Allgemeine Verwaltungskosten Personalaufwand Sonstige betriebliche Erträge Abschreibungen Sonstige betriebliche Aufwendungen Sonstige betriebliche Aufwendungen Betriebserfolg Betriebserfolg Gewinn oder Verlust aus Beteiligungen, die nach der Equity-Methode bilanziert werden Finanzerträge Finanzierungsaufwendungen Gewinne oder Verluste aus der Reklassifizierung von Finanzinstrumenten gemäß IFRS 9 Jahreserfolg vor Steuern Steueraufwendungen Jahreserfolg Sonstiges Gesamtergebnis aus Beteiligungen, die nach der Equity-Methode bilanziert werden Erträge aus der Neubewertung von Anlagevermögen Ergebnis aus der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert von Finanzinstrumenten Versicherungsmathematische Gewinne bzw. Verluste Gewinne und Verluste aus der Währungsumrechnung von ausländischen Beteiligungen Sonstiges Gesamtergebnis vor Steuern Steueraufwendungen Sonstiges Gesamtergebnis Gesamtergebnis

Tabelle 33: Schematische Darstellung der Gesamtergebnisrechnung nach IFRS

11.3.4

Weitere Bestandteile des Abschlusses

Ein deutscher Einzelabschluss einer Kapitalgesellschaft besteht laut § 264 (1) HGB aus Bilanz, GuV-Rechnung, Anhang und Lagebericht. Laut § 297 (1) Satz 1 HGB besteht der Konzernabschluss aus der Konzernbilanz, der Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung, dem Konzernanhang, der Kapitalflussrechnung und dem Eigenkapitalspiegel. Dieser kann nach § 297 (1) Satz 2 um eine Segmentberichterstattung erweitert werden. Die Veränderungen des Eigenkapitals sind im IFRSAbschluss in einer besonderen Übersicht zu zeigen. Ferner ist der Abschluss eines prüfungspflichtigen Unternehmens um einen Bestätigungsvermerk (Bericht der Abschlussprüfer) zu ergänzen.

282

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

AUFGABE 11.1: Welche Veränderungen am Jahresabschluss der Müller & Thurgau GmbH sind notwendig, wenn das Unternehmen einen Jahresabschluss nach IFRS aufstellen würde? Vergleichen Sie dazu auch den SKR 04 mit dem SKR 04 für IFRSAbschlüsse! 11.3.5

Standardübergreifende Regeln der IFRS

An dieser Stelle soll auf eine Reihe von übergreifenden Begriffsdefinitionen und Bilanzierungs- und Bewertungsregeln eingegangen werden. Das bereits ausführlich dargestellte Rahmenkonzept befasst sich in den Paragraphen 47 bis 81 mit der Definition der Posten eines IFRS-Abschlusses und der Erfassung der Posten (F.82 bis F.98) – Bilanzierung dem Grunde nach sowie deren Bewertung (F.99 bis F.101) – Bilanzierung der Höhe nach. Einen Überblick zur Definition der Posten nach dem Rahmenkonzept, auf die im Folgenden eingegangen wird, gibt Abbildung 55. Definition der Posten (F.47 bis 81) Darstellung der Vermögens- und Finanzlage in der Bilanz (F.49 bis 68)

Darstellung der Performance/ Ertragslage in der GuV (F.69 bis 80)

Vermögenswerte (F.53 is 59)

Erträge (F.74 bis 77)

Schulden (F.60 bis 64)

Aufwendungen (F.78 bis 80)

Eigenkapital (F.65 bis 68)

Abbildung 55: Definition der Posten im Rahmenkonzept der IFRS34

Es sei hier nochmals darauf hingewiesen, dass die Definitionen der einzelnen Standards jeweils vorrangig anzuwenden sind. Das Rahmenkonzept bietet aber gleichzeitig einen Einblick in die äußerst komplexe Begriffswelt der IFRS. Vermögenswerte (assets): Wenn die folgenden Kriterien erfüllt sind (F.49 und F.53 bis F.59) handelt es sich um einen Vermögenswert:

34

Vgl. Tanski, J.S.: Internationale Rechnungslegung – IFRS/IAS Schritt für Schritt, München, 2010, S.49

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

283

• Ein Vermögenswert ist eine Ressource, die aufgrund von Ereignissen der Vergangenheit in der Verfügungsmacht des Unternehmens steht. Das können materielle oder immaterielle Güter einschließlich Finanzgüter sein. • Das Unternehmen verfügt über die tatsächliche wirtschaftliche Verfügungsmacht über diese Ressource, das bedingt nicht notwendigerweise auch das rechtliche Eigentum. • Es wird erwartet, dass durch diese Ressource dem Unternehmen künftiger wirtschaftlicher Nutzen zufließt. • Dieser Nutzen liegt im Potenzial der Ressource, direkt oder indirekt zum Zufluss von Zahlungsmitteln oder Zahlungsmitteläquivalenten beizutragen. (z. B. bei Forderungen durch unmittelbaren Geldzufluss oder z. B. bei Maschinen durch Gebrauch zur Herstellung von Absatzgütern). Diese Kriterien sind die Voraussetzung für die Bilanzierungsfähigkeit eines Postens. Sind diese Kriterien bei einem Wert von Anfang an nicht gegeben, so darf keine Aktivierung erfolgen; entfällt mindestens ein Kriterium nach einer Aktivierung, muss dieser Wert wieder ausgebucht werden. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH besitzt eine Anlage, die aus umwelttechnischen Gründen nicht mehr in der Produktion eingesetzt werden darf. Auch als Reserveanlage ist sie aus diesem Grund nicht nutzbar. Ebenso ist kein Erlös beim Verkauf zu erwarten. Da die Anlage dauerhaft nicht mehr genutzt wird und ein künftiger wirtschaftlicher Nutzen bei ihrem Abgang nicht erwartet ist, ist sie aus der Bilanz (gegebenenfalls nach Abschreibung eines Restwertes) auszubuchen (siehe auch IAS 16.67). Schulden (liabilities): Eine Schuld hat die folgenden Kriterien zu erfüllen (F.49 und F.60 bis F.64, siehe auch IAS 37.10): • Eine Schuld ist eine gegenwärtige Verpflichtung für das Unternehmen, die aufgrund von Ereignissen der Vergangenheit entsteht. • Diese Verpflichtung führt bei der Erfüllung zu einem Abfluss von Ressourcen mit wirtschaftlichem Nutzen (z. B. Zahlung flüssiger Mittel, Übertragung von Vermögenswerten, Erbringung von Dienstleistungen, Verringerung von Forderungen). • Diese Verpflichtung muss gegenüber einem Dritten außerhalb des Unternehmens bestehen. • Die Art der Verpflichtung ist unerheblich; es kann sich um einen rechtlichen Zwang (aufgrund von Vertrag oder Gesetz) oder um eine freiwillige Pflicht oder Übung (z. B. übliche Kulanzleistungen) handeln.

284

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Für die Feststellung einer Schuld ist es unerheblich, ob der Erfüllungsbetrag bereits feststeht (z. B. Kreditverbindlichkeit, Lieferantenverbindlichkeiten) oder durch Schätzung ermittelt werden muss (z. B. Rückstellung für Gewährleistung, Altersvorsorgerückstellung). Im IAS 37.10 finden sich weitere Definitionskriterien. Eigenkapital (equity): Das Eigenkapital des Unternehmens ist der nach Abzug aller Schulden verbleibende Restbetrag des Vermögens (F.49 und F.65 bis F.68). Es existieren auch in den internationalen Standards keine weiteren Kriterien für das Eigenkapital. Eine Unterteilung des Eigenkapitals (Grundkapital, Kapitalrücklagen, Gewinnrücklagen etc.) ist zulässig. Die Erstellung der Gewinn- und Verlustrechnung dient der Ermittlung des Gewinns durch Gegenüberstellung von Erträgen und Aufwendungen. Dieser Gewinn dient als Maßstab für die Beurteilung der Ertragslage (Performance) eines Unternehmens F.69). Erträge (income): Folgende Punkte sind für einen Ertrag zu erfüllen (F.70 und F.74 bis F.77): •

Sie stellen eine Zunahme des wirtschaftlichen Nutzens in der Berichtsperiode dar.



Diese Nutzenzunahme zeigt sich in Form von Zuflüssen oder der Erhöhung von Vermögenswerten oder der Abnahme von Schulden, die zu einer Erhöhung des Eigenkapitals führen, die nicht durch eine Einlage der Anteilseigner entstanden ist.

Die Erträge umfassen zwei Arten: • Erlöse (revenue): fallen im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit an. Sie haben verschiedene Bezeichnungen: Umsatzerlöse (sales), Dienstleistungsentgelte (fees), Zinsen (interest), Dividendenerträge (dividends), Lizenzerträge (royalties) und Mieten/Pachten (rent). • Andere Erträge (gains): Dazu zählen u. a. Wertsteigerungen, Neubewertungen oder Erträge aus der Veräußerung langfristiger Vermögenswerten. Sie basieren auf gewöhnlichen oder außergewöhnlichen Geschäftsfällen. Aufwendungen (expenses): Ein Aufwand erfüllt die folgenden Kriterien: (F.70 und F.78 bis F.80): • Aufwand stellt eine Abnahme des wirtschaftlichen Nutzens in der Berichtsperiode dar.

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

285

• Diese Nutzenabnahme zeigt sich in Form von Abflüssen oder der Verminderung von Vermögenswerten oder der Erhöhung von Schulden, die zu einer Abnahme des Eigenkapitals führen, welche nicht auf Ausschüttungen an die Anteilseigner zurückzuführen ist. Die Differenz der Erträge und der Aufwendungen ist der Gewinn (profit). Der Gewinn dient als Maßstab für die Performance/Ertragskraft (F.69). Diese Definitionen der Posten des Jahresabschlusses (F.47 bis F.81) stellen zunächst allgemeine Regeln über deren zulässigen Inhalt auf. Sie beinhalten noch keine Aussagen über die konkreten Ansatzvoraussetzungen. Die Bilanzierungsfähigkeit der Posten wird in den Paragraphen F.82 bis F.98 geregelt. Es geht um die konkrete Prüfung der Fragen, ob im Einzelfall ein Ansatz (recognition) im Jahresabschluss notwendig oder zulässig ist. Das Rahmenkonzept unterscheidet dabei allgemeine Voraussetzungen und spezielle Voraussetzungen für die einzelnen Bilanzposten (Abbildung 56). Die Erfassung eines Jahresabschlusspostens ist an zwei Voraussetzungen gebunden (F.85 und F.86): • Wahrscheinlichkeit des künftigen wirtschaftlichen Nutzens (probability of future economic benefit): Der Zu- oder Abfluss eines wirtschaftlichen Nutzens muss wahrscheinlich sein (F.85). Der Wahrscheinlichkeitsbegriff ist im Rahmenkonzept nur unkonkret definiert. Es gibt nur Anhaltspunkte für deren Beurteilung. Es wird auf substanzielle Hinweise verwiesen. Bei einem Nutzenabfluss sollte aufgrund des Vorsichtsgedankens aber bereits eine geringere Wahrscheinlichkeit für eine Erfassung ausreichend sein. • Verlässlichkeit der Bewertung (reliability of measurement): Die anzusetzenden Posten müssen verlässlich bewertet werden (F.86). Bereits in F.31 bis F.38 wurde die Verlässlichkeit beschrieben, worauf im F.86 verwiesen wird. Ergänzend wird im Rahmenkonzept festgestellt, dass eine Schätzung (estimate) von vielen Werten in der Bilanz notwendig ist. Sofern diese Schätzung als hinreichend genau eingestuft wird, soll die Verlässlichkeit der Bewertung nicht beeinträchtigt werden. Eine exakte Definition was unter einer „hinreichend genauen Schätzung“ zu verstehen ist unterbleibt hier jedoch. Die Wahrscheinlichkeit und die Verlässlichkeit sind getrennt voneinander zu ermitteln. Für die Erfassung eines Postens im Abschluss müssen beide Kriterien gleichzeitig gegeben sein. Ist keines oder nur eines der beiden Kriterien erfüllt, so ist die Erfassung im Jahresabschluss ausgeschlossen.

286

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Erfassung der Posten (F.82 bis F.98) Allgemeine Voraussetzungen (F.82 bis F.88) Wahrscheinlichkeit des künftigen Nutzenzuflusses

Spezielle Voraussetzungen (F.89 bis F.98) Vermögenswerte Schulden

Verlässlich der Bewertung

Erträge Aufwendungen

Abbildung 56: Erfassung der Posten nach IFRS-Rahmenkonzept35

Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH hat eine Forderung in Höhe von 5.500 Euro aus Umsatzerlösen an die Weinkellerei Erwin Huber, diese hat jedoch Insolvenz beantragt. Der Wert der Forderung kann verlässlich ermittelt werden. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass die Forderung beglichen wird. Die Forderung darf daher nicht als Vermögenswert ausgewiesen werden. Eine bereits aktivierte Forderung muss abgeschrieben werden. Ein Wert, der aufgrund der unzureichenden Wahrscheinlichkeit des Nutzenflusses oder der ungenügenden Verlässlichkeit der Wertermittlung nicht erfasst werden darf, kann eine Angabe im Anhang notwendig oder sinnvoll machen. Beispiel: Müller & Thurgau GmbH wird von der Gebietswinzergenossenschaft auf Schadenersatz wegen mangelhafter Lieferung verklagt. Die Klage wird wahrscheinlich nicht erfolgreich werden (gängige Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen). Es besteht einerseits eine gegenwärtige Verpflichtung, aber andererseits ist der Ressourcenabfluss nicht wahrscheinlich. In der Bilanz darf daher keine Rückstellung ausgewiesen werden. Im Anhang muss aber über eine Eventualverbindlichkeit berichtet werden (siehe auch IAS 37). Die Anwendung der beiden Kriterien Wahrscheinlichkeit und Verlässlichkeit auf die Erfassung der Vermögenswerte und Schulden, Erträge und Aufwendungen wird in den Paragraphen F.89 bis F.98 geregelt.

35

Vgl. Tanski, J.S.: Internationale Rechnungslegung – I FRS/IAS Schritt für Schritt, München, 2010, S.51

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

287

Die für die periodengerechte Erfolgsermittlung im deutschen Handelsrecht eingeführten Rechnungsabgrenzungsposten sind in dieser Form in den IFRS nicht bekannt. Einer Periode zuzurechnende Aufwendungen, welche • noch nicht bezahlt sind, sind als accrued expense unter den Verbindlichkeiten zu passivieren, • im Voraus bezahlt werden, sind als prepaid expense als Vermögenswert zu aktivieren. Zu beachten sind u. U. spezifische Ausweisregeln für bestimmte Geschäftsfälle. Fallen Aufwendungen über mehrere Perioden an und lässt sich die Verbindung zu den Erlösen nicht oder nur grob herstellen, so ist der Aufwand mit einem systematischen (planmäßig-methodischen) und vernünftigen (dem Zweck sinnvoll entsprechenden) Verteilungsverfahren den Perioden zuzuordnen (F.96). Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH hat einen Kredit mit 10jähriger Laufzeit aufgenommen, der unter Abzug von 5 % Disagio ausbezahlt wird. Das Disagio ist systematisch über die Laufzeit des Kredits zu verteilen und in jedem Jahr anteilig als Aufwand zu erfassen (siehe auch IAS 23.6). Wenn feststeht, dass ein Posten alle Voraussetzungen für seine Erfassung erfüllt, muss sein Wert bestimmt werden. D. h. die Bewertung (measurement) und Bestimmung des anzusetzenden Geldbetrags (F.99) ist vorzunehmen. Das Rahmenkonzept sieht vier Wertdefinitionen gegeben (F.100): • Historische Anschaffungs- oder Herstellungskosten (historical cost): Geldwert im Zeitpunkt des Erwerbs bzw. des Zugangs eines Postens, • Tageswert (current cost): Geldwert, der im Zeitpunkt der Bilanzierung für den Erwerb eines gleichartigen Vermögenswertes oder zur Begleichung einer Verbindlichkeit anzusetzen ist, • Veräußerungswert (realisable value): der Wert, der im Zeitpunkt der Bilanzierung für die Veräußerung eines Vermögenswertes zu erzielen wäre oder zur Begleichung einer Schuld anzusetzen ist, • Barwert (present value): auf den heutigen Wert abgezinster (diskontierter) Wert aus einem zukünftigen Verkauf eines Vermögenswertes oder diskontierter Wert einer zukünftigen Begleichung einer Schuld. Die Wertkategorien des Rahmenkonzeptes zeigt Abbildung 57. Weitere Wertkategorien werden in den einzelnen Standards beschrieben.

288

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Wertkategorien (F.99 bis F.101)

Orientierung am Beschaffungsmarkt

Historische AHK (historical cost)

Orientierung am Absatzmarkt

Tageswert (current cost)

Vergangenheitsbezug

Veräußerungswert (realisable value)

Gegenwartsbezug

Barwert (present value)

Zukunftsbezug

Abbildung 57: Wertkategorien im IFRS-Rahmenkonzept36

Standardübergreifende Regeln Neben diesen im Rahmenkonzept definierten Begriffen und Regelungen gibt es in den IFRS eine Reihe von Regelungen, die übergreifend für ähnliche Bilanzierungsfälle in mehreren Standards auftauchen und grundsätzlich gleich oder ähnlich standardisiert sind (z. B. Anschaffungskostenmodell, Herstellungskostenmodell). Andere sind in einem eigenen Standard definiert, betreffen in ihrer Anwendung jedoch mehrere Bilanzposten (impairment test). Zugangsbewertung Für die Zugangsbewertung sehen die IFRS verschiedene Modelle vor: • Anschaffungskostenmodell, • Herstellungskostenmodell, • Neubewertungsmodell. Besonderheiten bei der Erstbewertung wie Zuschüsse der öffentlichen Hand (IAS 20), Fremdkapitalkosten (IAS 23) oder Tauschgeschäfte (IAS 16, IAS 38, IAS 40) werden in gesonderten Standards oder speziellen Paragraphen innerhalb dieser geregelt.

36

Vgl. Tanski, J.S.: Internationale Rechnungslegung – IFRS/IAS Schritt für Schritt, München, 2010, S.55

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

289

Anschaffungskosten (cost model): Das Anschaffungskostenmodell ist eines der grundlegenden Modelle der IFRS. Im Wesentlichen stimmen die Regelungen mit denen des deutschen Handelsrechts (§ 255 (1) HGB) überein. Zu den Anschaffungskosten zählen grundsätzlich folgende Positionen:

+ ./.

Anschaffungspreis Anschaffungsnebenkosten Anschaffungspreisminderungen

= +

Anschaffungskosten nachträgliche Anschaffungskosten

(purchase price, Nettopreis)

(incidentals) (reductions) (subsequent expenditure)

Anschaffungsnebenkosten sind bspw. Transportkosten und -versicherungen, Zölle, Vermittlungsprovisionen. Zu den Anschaffungspreisminderungen zählen Rabatte, Skonti u. ä. Weitere detaillierte Regeln finden sich u. a. in den Standards IAS 2 (Vorräte), IAS 16 (Sachanlagen) und IAS 39 (Finanzanlagen). Herstellungskosten: Diese beziehen sich auf Sachanlagen (IAS 16: cost of a selfconstractet asset) und Vorratsposten (IAS 2: cost of conversion). Auch hier gibt es zunächst keine wesentlichen Unterschiede zu den HBG-Regeln. Eine Auflistung von Herstellungskostenbestandteilen für Sachanlagen unterbleibt im IAS 16. In IAS 16.16 (b) wird ausgeführt, dass alle direkt zurechenbaren Kosten, die anfallen um den Vermögenswert zum Standort und in den erforderlichen betriebsbereiten Zustand zu bringen, zu aktivieren sind. Im Einzelnen sind in die Bewertung der Vorräte nach IAS 2.12 die folgenden Kosten einzubeziehen: • Materialeinzelkosten, • Fertigungseinzelkosten, • Sonderkosten der Fertigung und Beschaffung, • anteilige Material- und Fertigungsgemeinkosten, • zuordenbare Abschreibungsbeträge. Verwaltungskosten, Kosten für freiwillige soziale Leistungen bzw. Einrichtungen sowie für betriebliche Altersversorgung sind anzusetzen, sofern diese Aufwendungen produktionsbezogen sind. Die Einbeziehung von Fremdkapitalzinsen gilt nur

290

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

für Fremdkapitalkosten, die direkt dem Erwerb, dem Bau oder der Herstellung eines qualifizierten Vermögenswerts zugeordnet werden können. Diese Kostenarten sind als Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivieren (IAS 23.8). Bei den fixen Kosten der Produktion ist zu beachten, dass sie sich auf eine normale Kapazitätsauslastung beziehen müssen (IAS 2.13). Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH stellte im abgelaufenen Geschäftsjahr Weinspezialballons her. Es wurden 65.000 Stück produziert, wovon 64.000 Stück verkauft wurden. Die Materialeinzelkosten betragen 2,00 Euro pro Stück. Zusätzlich sind 15 % Materialgemeinkosten zu verrechnen. Die Fertigungseinzelkosten betragen 3,50 Euro pro Stück. Zusätzlich sind 200 % Fertigungsgemeinkosten inkl. Abschreibungen zu verrechnen. Sondereinzelkosten der Fertigung sind 0,50 Euro pro Stück angefallen. Die herstellungsbezogenen Verwaltungsgemeinkosten betragen 4 % und die nicht herstellungsbezogenen Verwaltungsgemeinkosten betragen 6 %. Die Vertriebseinzelkosten liegen bei 1,30 Euro pro Stück. Wie ist der Bestand nach IFRS zu bewerten? Materialeinzelkosten Materialgemeinkosten Fertigungseinzelkosten Fertigungsgemeinkosten Sondereinzelkosten der Fertigung Herstellungskosten Verwaltungs-GK herstellungsbezogen 4 % Verwaltungs-GK nicht herstellungsbezogen 6 % Vertriebseinzelkosten (1,30 Euro/Stück) Wert pro Stück Lagerbestandswert ( x 1.000)

2,00 0,30 3,50 7,00 0,50 13.30 0,53 Verbot Verbot 13,83 13.830,00 Euro

Folgebewertung Für die Folgebewertung haben die IFRS folgende Modelle vorgesehen: • planmäßige Abschreibung auf Basis der Anschaffungs-/Herstellkosten (cost model), • außerplanmäßige Abschreibung, • Wertaufholungen, • Neubewertungsmodel (revaluation model).

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

291

Planmäßige Abschreibungen: Die Abschreibungsdauer wird gemäß den tatsächlichen Verhältnissen (unabhängig von steuerlichen Abschreibungsvorschriften) festgelegt. Bei der Bestimmung der Abschreibungswerte finden Restbuchwerte Berücksichtigung (IAS 16.51). Die Abschreibungsmethode ist entsprechend dem tatsächlichen Nutzungsverlauf zu wählen. In der Regel wird linear abgeschrieben, zulässig sind aber auch degressive und leistungsbezogene Methoden (IAS 16.60 und IAS 16.61). Es besteht die Pflicht zur regelmäßigen Überprüfung der Nutzungsdauer und des Restwertes. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwarb am 01.01.01 eine Anlage zur Flaschenherstellung zu Anschaffungskosten von 55.000 Euro. Die Nutzungsdauer beträgt 10 Jahre. Der Restwert am Ende der Nutzungsdauer wird auf 10.000 Euro geschätzt. AfA - Betrag =

(55.000 – 10.000) Euro 10 Jahre

=

4.500 Euro/Jahr

Am Ende der 10jährigen Nutzungsdauer wird der Buchwert nach kumulierten Abschreibungen den geschätzten Restwert von 10.000 Euro erreichen. Außerplanmäßige Abschreibungen: Diese spielen in den IFRS eine bedeutende Rolle, da nach IAS 36 die Verpflichtung besteht, regelmäßig Wertminderungen mit dem sog. Werthaltigkeitstest/Impairment Test festzustellen und zu behandeln. Der Werthaltigkeitstest ist anzuwenden für Sachanlagen, IVG, Goodwill, Anteile an Unternehmen, Tochterunternehmen, Joint Ventures, Assoziierte Unternehmen. Bei Vorräten, langfristigen Fertigungsaufträgen, finanziellen Vermögenswerten (IAS 32) sowie Anlageliegenschaften (IAS 40) ist kein Impairment Test durchzuführen. Das schematische Vorgehen beim Werthaltigkeitstest zeigt Abbildung 58. Der erzielbare Wert (recoverable amount) wird durch den Vergleich vom Barwert der geschätzten künftigen Netto-Cashflows aus dem Gebrauch (value in use) und dem Nettoveräußerungswert aus der Verwertung (net selling price) bestimmt. Der höhere der beiden Werte ist der erzielbare Wert, der zum Vergleich herangezogen wird. Auf diesen ist abzuschreiben, wenn er niedriger ist als der Buchwert.

292

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Gibt es Hinweise auf Wertminderungen

nein

Ja Bestimmung des

recoverable amount Ja Vergleich recoverable nein ammount < Buchwert Ja Abschreibung auf den recoverable ammount

Überprüfung der planmäßigen Abschreibung

Keine bilanziellen Konsquenen

Abbildung 58: Ablauf eines Impairment Tests 37

Das Management hat im Einzelfall zu prüfen, ob Wertminderungsindikatoren vorliegen. Dabei wird in externe und interne Indikatoren unterschieden, die beispielhaft in Tabelle 34 zusammengefasst sind (IAS 36.12). Wenn die Gründe für Wertminderungen in den Vorperioden wegfallen, hat eine Zuschreibung aufgrund der Wertaufholung stattzufinden. Im Prinzip wird der Impairment Test mit umgekehrten Vorzeichen durchgeführt. Die Obergrenze der Zuschreibung liegt bei planmäßiger Abschreibung bei dem Wert, der bei planmäßiger Abschreibung ohne Wertminderungen bestanden hätte. Die fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten dürfen nicht überschritten werden (IAS 36.117). Ein höherer Wert setzt die Anwendung der Neubewertungsmethode nach entsprechendem Standard (IAS 16) voraus. Ein Goodwill darf nicht zugeschrieben werden.

37

Vgl. Petersen, K. et al: IFRS Praxishandbuch 2016, 11. Auflage, München 2015, S. 55

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Qualitative Indikatoren einer Wertminderung Externe Indikatoren Interne Indikatoren • Stärker gesunkener Wert des Vermö• Substanzielle Hinweise auf Überaltegenswertes als dies durch Zeitablauf rung oder physische Beschädigung des oder gewöhnliche Nutzung zu erwarasset. ten wäre. • Eingetretene oder erwartete signifikant • Eingetretene oder erwartete signifikant nachteilige Veränderung hinsichtlich nachteilige Veränderungen im techniUmfang oder Art und Weise des Einsatschen, marktbezogenen ökonomischen zes des asset (z. B. Planung von Einsteloder gesetzlichen Umfeld des Unterlung oder Restrukturierung des betroffenehmens oder in Bezug auf den Markt, nen Bereichs, vorzeitiger Abgang). für den der Vermögenswert bestimmt • Substanzielle Hinweise auf eine verist. minderte Ertragskraft des asset, z. B. • Gestiegene Marktzinssätze oder andere - Ausgaben für Kauf, Unterhaltung des Marktrenditen mit Auswirkung auf den asset größer als ursprünglich geplant, - Einzahlungen/Gewinne aus der NutAbzinsungssatz für die Berechnung des zung des asset geringer als ursprüngNutzungswertes. lich erwartet, • Buchwert des Nettovermögens des UnRückgang der geplanten Netto-Cashternehmens ist größer als seine flows oder der betrieblichen ErgebMarktkapitalisierung. nisse, - erwartete betriebliche Verluste oder Netto-Cashflows in Bezug auf den Vermögenswert, wenn die gegenwärtigen Zahlen für die Berichtsperiode mit den veranschlagten Zahlen für die Zukunft zusammengefasst werden.

Tabelle 34: Externe und interne Wertminderungsindikatoren (IAS 36.12ff)38

38

Vgl. Petersen, K. et al: IFRS Praxishandbuch 2016, 11. Auflage, München 2015, S. 56

294

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Gibt es Hinweise auf Werterhöhungen

nein

Ja Bestimmung des

recoverable amount Ja Vergleich recoverable nein ammount > Buchwert Ja Zuschreibung auf niedrigeren Wert aus recoverable ammount und Buchwert aus fortgeführten AHK

Überprüfung der planmäßigen Abschreibung

Keine bilanziellen Konsquenen

Abbildung 59: Ablauf eines Wertaufholungstests 39

Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH hat zu Anfang des Jahres 01 eine Glasfertigungsmaschine zu Anschaffungskosten von 200.000 Euro erworben, um den gestiegenen Bedarf an farbigen Weinflaschen zu decken. Die Glasfertigungsmaschine wird linear über eine Nutzungsdauer von 10 Jahren abgeschrieben. Der modische Trend zu neuen Flaschenformen und -farben war nur von kurzer Dauer. Im Jahr 03 sinkt die Nachfrage rapide. Die Maschine ist nur zu einem Bruchteil ausgelastet. Der Wert der Glasfertigungsmaschine fällt daher auf 40.000 Euro. Im Jahr 04 steigt die Nachfrage nach diesen Flaschen vor allem auf dem asiatischen Markt sprunghaft an. Der Marktwert der Glasfertigungsmaschine steigt auf 120.000 Euro. Es ist sind die Bilanzen für 03 und 04 nach IFRS zu erstellen. Mit welchem Wert wird die Glasfertigungsmaschine 03 und 04 angesetzt? Planmäßige Abschreibung: Abschreibungsbetrag: 100.000 : 10 Jahre = 10.000 31.12.01: 100.000 - 10.000 Euro = 90.000 31.12.02: 90.000 - 10.000 Euro = 80.000 31.12.03: 80.000 - 10.000 Euro = 70.000.

39

Vgl. Petersen, K. et al: IFRS Praxishandbuch 2016, 11. Auflage, München 2015, S. 59

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

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Es liegen Indikatoren für eine Wertminderung vor. Die Bestimmung des erzielbaren Wertes (höherer Wert aus Nettoveräußerungspreis oder Nutzwert) ergibt 40.000 Euro. Zum 31.12.03 erfolgt eine außerplanmäßige Abschreibung auf 40.000 Euro. Im Folgejahr 04 liegen Indikatoren für eine Werterhöhung vor, die Bestimmung des erzielen Wertes (höherer Wert aus Nettoveräußerungspreis oder Nutzwert) ergibt 120.000 Euro. Es erfolgt eine Zuschreibung auf die fortgeführten AHK in Höhe von 60.000 Euro. Neubewertungsmodell Diese Modell wird auch als alternativ zulässige Methode bei der Bewertung von Sachanlagen bezeichnet (allowed alternativ treatment, IAS 16.31 bis 42). Die Neubewertung erfolgt nach IAS 16.31ff zum beizulegenden Zeitwert (fair value) am Tag der Neubewertung. Wenn dieser Wert höher ist als der Buchwert, erfolgt der Ansatz zu diesem Wert (auch wenn er über den historischen AHK liegt). Die Werterhöhung wird erfolgsneutral in eine Neubewertungsrücklage (revaluation surplus, Teil des EK) eingestellt (IAS 16.39). IAS 16.36 schreibt vor, dass die Neubewertung immer für eine ganze Gruppe von Anlagegütern erfolgen muss (unbebaute Grundstücke, Grundstücke und Gebäude, Maschinen und technische Anlagen, Schiffe, Flugzeuge, Kraftfahrzeuge, Betriebsausstattung, Büroausstattung). Damit werden eine selektive Neubewertung und die Vermischung von fortgeführten AHK und Neubewertung verhindert (IAS 16.38). Bei einer sich ergebenden Wertminderung erfolgt eine aufwandwirksame Erfassung im sonstigen Ergebnis. Eine aus möglichen früheren Werterhöhungen stammende Neubewertungsrücklage ist dabei aufzulösen. Bei späteren Wertminderungen (Abschreibung) erfolgt zunächst die anteilige Auflösung der Neubewertungsrücklage, dann die Erfassung im Aufwand als Abschreibung. Die Anwendung der Neubewertungsmethode ist in hinreichend regelmäßigen Abständen vorzunehmen, um sicherzustellen, dass der Buchwert nicht wesentlich von dem abweicht, der unter Verwendung des beizulegenden Zeitwerts zum Bilanzstichtag ermittelt werden würde (IAS 16.34). Die Häufigkeit der Neubewertungen hängt von den Schwankungen der Zeitwerte der betreffenden Gruppe von Sachanlagen ab. Der Bruttobuchwert der Anlage kann unter Bezugnahme auf beobachtbare Marktdaten bestimmt werden (IAS 16.35).

296

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwarb am 01.01.01 eine Anlage zur Verpackung von Glasbehältern für 45.000 Euro. Die Nutzungsdauer wird mit 15 Jahren angesetzt und es wird linear abgeschrieben. Die GmbH entschied sich im Jahr 03, die Gruppe des Anlagevermögens der Neubewertung zu unterziehen. Am 31.12.03 wurde die Verpackungsanlage mittels eines Gutachtens bewertet, der fair value beträgt 60.000 Euro. Wie ist die Anlage am 31.12.03 zu bewerten? Wie sieht die Bewertung in den Folgejahren aus? Der Buchwert der Verpackungsanlage beträgt zum 31.12.2003: 36.000 (Anschaffungskosten minus planmäßige Abschreibungen der Jahre 01, 02, 03). Die Wertsteigerung (Differenz aus 60.000 – 36.000 = 24.000) wird in die Neubewertungsrücklage eingestellt. Im nächsten Geschäftsjahr erfolgen die Abschreibungen vom Neubewertungsbetrag. Bei einer verbleibenden Restnutzungsdauer von 12 Jahren beträgt die jährliche Abschreibung: 60.000 : 12 a = 5.000 Euro/a. (Ohne die Neubewertung würden die jährlichen Abschreibungen nur 3.000 Euro betragen). Ein Teil der Neubewertungsrücklage (24.000 : 12 a = 2.000 Euro/a) wird durch die Nutzung realisiert, so dass eine Umbuchung in die Gewinnrücklagen (reserves) erfolgt. 3.000 Euro werden als Abschreibungsaufwand verbucht. Als weitere Option sieht der IAS 16.35 die proportionale Veränderung des Buchwertes als Bewertungsmaßstab vor. Diese wird in der Regel bei Anlagen genutzt, bei denen für die Neubewertung der kostenbasierte Ansatz nach IFRS 13.B8 und B9 herangezogen wird, also der Wert, den eine gleichwertige Anlage auf dem Markt kostet. Es wird eine proportionale Berechnung des Buchwertes („Berichtung für Veralterung“) vorgenommen. Beispiel: In der Müller & Thurgau GmbH beträgt der Restbuchwert einer Fertigungsmaschine 25.000 Euro. (Die Maschine wurde Anfang 01 für 40.000 Euro angeschafft, die Nutzungsdauer beträgt 8 Jahre, lineare Abschreibung). Die GmbH entschied sich im Jahr 03, diese Gruppe des Anlagevermögens der Neubewertung zu unterziehen. Ende 03 betragen die Wiederbeschaffungsneukosten der Fertigungsmaschine 50.000 Euro. Die kumulierten Abschreibungen aus den Anschaffungskosten belaufen sich 03 auf 15.000 Euro.

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

297

Da der fair value um 25 % gestiegen ist (von 40.000 auf 50.000), sind die kumulierten Abschreibungen auch um 25 % anzupassen. Sie betragen somit 18.750 Euro (15.000 x 1,25). Die Fertigungsmaschine ist zum fair value aus den fortgeführten Wiederbeschaffungsneukosten der Maschine Ende 03 mit 31.250 Euro (50.000 - 18.750) anzusetzen. Es erfolgt eine Aufwertung um 6.250 Euro, die erfolgsneutral in die Neubewertungsrücklage eizustellen ist. Damit verdeutlichen die beiden Beispiele das in IAS 16.35 und a) und b) mögliche Vorgehen bei der Anpassung der Buchwerte an den Neubewertungswert.

11.4 Die Bilanzierung der Aktiva nach HGB und IFRS In diesem Abschnitt werden Ansatz und Ausweis, Zugangsbewertung und Folgebewertung wesentlicher Bilanzpositionen der Aktivseite nach den Bilanzierungsgrundsätzen und Maßstäben des HGB und der IFRS in teilweise tabellarischer Form gegenübergestellt und anhand von Beispielen erläutert. 11.4.1

Immaterielle Vermögenswerte (IVW)

Ansatz und Ausweis Bei der Bilanzierung der immateriellen Vermögenswerte wird sowohl im HGB als auch in den IFRS nach entgeltlich erworbenen und selbst geschaffenen Vermögenswerten unterschieden. Ein selbst geschaffener Geschäfts- oder Firmenwert unterliegt dem Ansatzverbot (IAS 38.48). Ebenso gilt ein Aktivierungsverbot laut IAS 38.63 auch für selbst geschaffene Markennamen, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten sowie ihrem Wesen nach ähnliche Rechte und Werte. In nachfolgender Übersicht sind die Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede im Ansatz und Ausweis zusammengefasst (Tabelle 35). Besondere Regeln gelten für IVW die durch Entwicklungsaktivitäten im Unternehmen entstanden sind, wie Tabelle 36 verdeutlicht. Da die Abgrenzung von Forschungs- und Entwicklungskosten dem Management obliegt, bieten sich hier Bilanzierungsspielräume an, insbesondere, wenn eine Aktivierung nicht gewünscht ist und die Abgrenzung nicht vorgenommen wird.

298

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

HGB Nach den GoB sind immaterielle Vermögensgegenstände • unkörperliche wirtschaftliche Güter, • die selbstständig verkehrsfähig sind, • einen wirtschaftlichen Wert aufweisen und • selbstständig bewertet werden können. Entgeltlich erworbene Vermögensgegenstände: • Aktivierungsgebot bei Vorliegen eines Vermögensgegenstands (§ 246 (1) HGB) Selbst erstellte Vermögenswerte: • Anlagevermögen: Aktivierungswahlrecht (§ 248 (2) HGB). • Umlaufvermögen: Aktivierungsgebot bei Vorliegen eines Vermögensgegenstands (§ 246 (1) HGB).

IFRS Laut IAS 38.8 ist ein immaterieller Vermögensgegenstand • ein identifizierbarer, • nicht monetärer Vermögenswert ohne physische Substanz.

Für entgeltlich erworbene und selbst erstellte Vermögenswerte gilt ein Aktivierungsgebot nach IAS 38.18, wenn der Posten der Definition als IVW entspricht und die Ansatzkriterien gemäß IAS 38.21 – 23 erfüllt sind • Identifizierbarkeit (IAS 38.11 – 12), • Beherrschung, d. h. die Möglichkeit zur Nutzung und zum Ausschluss Dritter von der Nutzung (IAS 38.13 – 16), • künftiger wirtschaftlicher Nutzen, durch Erlöse aus Verkauf, Kosteneinsparungen oder Vorteilen aus Eigenverwendung IAS 38.17), • Wahrscheinlichkeit des Nutenzuflusses (IAS 38.21a), • zuverlässige Ermittlung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten (IAS 38.21b). Ausweis von immateriellen Vermögensgegenständen/-werten HGB IFRS Untergliederung nach § 266 (2) HGB in: Laut IAS 1.54 ist ein eigenständiger Bi1. Selbst geschaffene gewerbliche Schutz- lanzposten vorgeschrieben. rechte und ähnliche Rechte und Werte IAS 38.119 gibt eine mögliche Gliede2. entgeltlich erworbene Konzessionen, rung vor. gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten; 3. Geschäfts- oder Firmenwert; 4. geleistete Anzahlungen. Tabelle 35: Definition, Ansatz und Ausweis von IVG nach HGB und IVW nach IFRS

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

299

Sonderregelungen für Forschungs- und Entwicklungskosten HGB Laut § 248 (2) HGB besteht grundsätzlich ein Aktivierungswahlrecht für selbstgeschaffene IVG und ein Aktivierungsverbot der Forschungskosten. IFRS Forschung = eigenständige und planmäßige Suche mit der Aussicht, zu neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen zu gelangen (IAS 38.8). In der Forschungsphase besteht nach IAS 38.54 Aktivierungsverbot. Die Aufwendungen sind als Periodenaufwand in der GuV-Rechnung zu erfassen. Entwicklung = Anwendung von Forschungsergebnissen oder von anderem Wissen auf einen Plan oder Entwurf für die Produktion von neuen oder beträchtlich verbesserten Materialien, Vorrichtungen, Produkten oder Verfahren, Systemen oder Dienstleistungen. Die Entwicklung findet dabei vor Aufnahme der kommerziellen Produktion oder Nutzung statt (IAS 38.8). In der Entwicklungsphase besteht Aktivierungspflicht, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: (IAS 38.57): • technische Realisierbarkeit der Fertigstellung zur internen Nutzung oder zum Verkauf, • Absicht zur Fertigstellung, zur Nutzung bzw. zum Verkauf, • Fähigkeit, den immateriellen Vermögensgegenstand zu nutzen oder zu veräußern, • voraussichtlicher künftiger wirtschaftlicher Nutzen (siehe auch IAS 38.21a), • Verfügbarkeit adäquater technischer, finanzieller und sonstiger Ressourcen, um die Entwicklung abzuschließen, • Fähigkeit, während der Entwicklung die zurechenbaren Ausgaben zuverlässig zu bewerten (siehe auch IAS 38.21b). Laut IAS 38.53 besteht ein Aktivierungsverbot, wenn die Forschungsphase nicht von der Entwicklungsphase getrennt werden kann. Tabelle 36: Sonderregelungen für Forschungs- und Entwicklungskosten nach HGB und IFRS

Bewertung Sowohl nach HGB als auch nach IFRS sind immaterielle Vermögenswerte im Zeitpunkt des Zugangs zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten. Der Zufluss zukünftigen wirtschaftlichen Nutzens (abgezinster Netto-Cashflow) muss nachgewiesen werden und bildet die Wertobergrenze, die Regeln des IAS 38 sind dabei anzuwenden (IAS 38.60). Die Folgebewertung hat grundsätzlich zu fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten zu erfolgen. Unterschiede zwischen HGB einerseits und IFRS andererseits liegen in der Schätzung der Nutzungsdauer, in der Abschreibungsmethode, der Festlegung eines Restwertes und dem Abschreibungsbeginn. Für außerplanmäßige Abschreibungen gibt es nach IFRS den sog. Impairment Test (= Werthaltigkeitstest).

300

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Die Folgebewertung nach IFRS erfolgt entweder nach dem Anschaffungskostenmodell (IAS 38.74) oder dem Neubewertungsmodell (IAS 38.75ff). Planmäßige Abschreibung (amortisation): Im HGB gibt es keine expliziten Regelungen für die Nutzungsdauer und Abschreibungsmethode (§ 253 (2) und (3) HGB). Nach IFRS erfolgt die Festlegung der Nutzungsdauer nach bestmöglicher Schätzung (IAS 38.88ff). Die Abschreibungsmethode wird entsprechend dem tatsächlichen Nutzungsverlauf, im Zweifel linear festgelegt (IAS 38.97). Für den Restwert gilt, dass er mit Null angesetzt wird, es sei denn, dass sich ein Dritter zum Erwerb am Ende der Nutzungsdauer vertraglich verpflichtet hat oder ein aktiver Markt für den Vermögenswert besteht (IAS 38.100). Abschreibungsbeginn ist ab der Verwendbarkeit des Vermögensgegenstands (IAS 38.97). Eine jährliche Überprüfung der Nutzungsdauer und Abschreibungsmethode (IAS 38.104) hat zu erfolgen. Außerplanmäßige Abschreibungen: Bedingung für eine außerplanmäßige Abschreibung nach HGB ist eine dauerhafte Wertminderung (§ 253 (2) HGB). Nach IFRS hat nur nach einem Impairment Tess nach IAS 36 eine Wertberichtigung auf einen niedrigeren beizulegenden Wert zu erfolgen. Maßstab: künftige BruttoCashflows aus der Nutzung des intangible assets zuzüglich eines möglichen Restwerts aus der Veräußerung. Laut IAS 38.104 muss jährlich geprüft werden, ob die Abschreibungsdauer und die Methode zu ändern sind. Für Zuschreibungen gilt das Wertaufholungsgebot sowohl nach HGB als auch nach IFRS (IAS 36). Beispiel: Die Müller Thurgau entwickelte ein neues innovatives Verschlusssystem für Weinflaschen, das ohne den begrenzt verfügbaren Kork auskommt. Die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen der Jahre 01, 02 und 03 belaufen sich jährlich auf jeweils 25.000 Euro. Im Jahr 01 handelte es sich ausschließlich um Forschungskosten und in den Jahren 02 und 03 um Entwicklungskosten. Für die GmbH bieten sich zwei Möglichkeiten an: a) Das Unternehmen kann die gesamten 75.000 Euro mit der Begründung als Aufwand erfassen, dass keine klare Trennung zwischen Forschungs- und Entwicklungskosten möglich ist. b) Wenn eine klare Trennung zwischen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen erfolgt, werden die Aufwendungen in den Jahren 02 und 03 mit insgesamt 50.000 Euro aktiviert und über die Nutzungsdauer abgeschrieben.

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

301

Sonderproblem Goodwill (IFRS 3) Unterschiedliche Regelungen gibt es beim sog. derivativen (entgeltlich erworbenen) Firmenwert. Dieser entsteht, wenn bei einem Unternehmenserwerb der Kaufpreis über der Differenz aus dem fair value der Vermögensgegenstände und den Schulden liegt. Dieser positive Unterschiedsbetrag ist nach IFRS zu aktivieren. Die übernommenen Vermögenswerte und Schulden sind zu bewerten (Neubewertung) und mit diesem Wert in die Bilanz aufzunehmen. Beim Erwerb von Anteilen an einem Unternehmen wird die Methode der vollständigen Neubewertung angewandt. Das heißt, die Neubewertung bezieht das gesamte Vermögen des Unternehmens ein, nicht nur die erworbenen prozentualen Anteile an den einzelnen Posten. Es werden sämtliche stillen Reserven aufgedeckt. Der Ausweis in der Bilanz hat nach den Standards zur Konzernrechnungslegung zu erfolgen. Bilanzierung des derivativen Goodwills bzw. Firmenwerts HGB Laut § 246 (1) HGB Aktivierungsgebot als zeitlich begrenzter Vermögenswert. Planmäßige Abschreibung über die voraussichtliche tatsächliche Nutzungsdauer. Zuschreibungsverbot.

IFRS Aktivierungspflicht. Zuordnung der Kosten des Erwerbs auf die einzelnen Vermögensgegenstände (allocation the cost of combination) zum jeweiligen fair value (IFRS 3.10 und IFRS 3.18) jährlicher Werthaltigkeitstest (impairment only approach).

Tabelle 37: Bilanzierung des Goodwill nach HGB und IFRS

Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwirbt alle Anteile der Elbing GmbH mit

folgenden Bilanzpositionen (alle Werte in Euro): AV: 225.000, IVW: 25.000, UV: 200.000, EK: 150.000, Verbindlichkeiten: 300.000. Der Kaufpreis beträgt 255.000 Euro. Die Bewertung der Vermögenswerte ergab folgende beizulegende Zeitwerte: AV: 240.000, IVW: 50.000, UV: 210.000. (Auf die Behandlung der latenten Steuern soll hier zunächst verzichtet werden). Der Goodwill ergibt sich aus dem Kaufpreisüberschuss abzüglich der Fair-ValueAnpassungen auf die beizulegenden Zeitwerte der Vermögenswerte:

302

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Kosten der Übernahme –

255.000

Eigenkapital der Akquisition

=

– 150.000

Kaufpreisüberschuss

= 105.000

Fair-Value-Anpassung AV

– 15.000

Fair-Value-Anpassung IVW

– 25.000

Fair-Value-Anpassung UV

– 10.000



Fair-Value-Anpassung gesamt

– 50.000

=

verbleibender Goodwill

= 55.000

AUFGABE 11.2: Die Müller & Thurgau GmbH entwickelte im Jahr 01 einen neuen Kunststoffweinbehälter der den hohen Ansprüchen der Winzer gerecht werden soll. Die Entwicklung soll selbst genutzt werden. Das Management schätzt die Nutzungsdauer auf 5 Jahre ein. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 01 sind folgende Aufwendungen angefallen (alle Werte in Euro). Nr.

Sachverhalt

Datum

Wert

1

Angewandte Forschung

15.01.

43.500

2

Suche nach alternativen Methoden

25.02.

18.200

3

Suche nach Materialalternativen

10.03.

32.500

4

Entwurf und Konstruktion eines Prototypen

06.05.

56.000

5

Entwurf von Werkzeugen und Anlagen

31.08.

81.500

6

Test des Prototypen

24.10.

55.700

7

Ausgaben für die Patentierung

10.11.

15.000

Nach erfolgreichen Tests und der Markteinführung wird die Produktion in 02 beginnen. Das Management schätzt die Absatzentwicklung und den Kostenverlauf wie folgt ein: 02 200.000 4,00

03 04 300.000 600.000 4,00 3,50

05 500.000 3,50

06 400.000 3,00

Absatz in Stück Preis pro Stück Produktionsauszahlun4,50 3,80 3,20 3,00 2,80 gen pro Stück Die geschätzten Zahlungsströme beziehen sich vereinfachend auf das Jahresende. Es wird mit einem Kalkulationszinssatz von 10 % gerechnet.

a) Wann beginnt die Entwicklungsphase i. S. v. IAS 38 für den Weinbehälter? b) Sind die Entwicklungskosten im Jahresabschluss 01 zu aktivieren? (Begründung!)

303

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

c) In welcher Höhe sind sie zu aktivieren? (Latente Steuern sind nicht zu berücksichtigen.) AUFGABE 11.2: Die Müller & Thurgau GmbH erwirbt zum 31.12.01 70 % der Kapitalanteile der „Sklo AG“ (Kristallglasherstellung) für eine Gegenleistung von 200.000 Euro. Für die „Sklo AG“ liegen zum Erwerbszeitpunkt folgende Daten vor (in Euro):

Diverse Aktiva Diverse Schulden Eigenkapital

Buchwert 450.000 300.000 150.000

Fair Value 520.000 300.000 ?

Bestimmen Sie den Wert des zu bilanzierenden Goodwills für die Müller & Thurgau GmbH und der Minderheitenanteile nach der Neubewertungsmethode im Rahmen der Konzernbilanz zum 31.12.01! 11.4.2

Sachanlagen

Ansatz und Ausweis Hinsichtlich der Aktivierungspflicht und des Ausweises von Sachanlagen gibt es nur geringe Unterschiede zwischen HGB und IFRS wie die folgende Übersicht zeigt (Tabelle 38): HGB

IFRS

Ansatz Laut § 247 (2) HGB sind alle materiellen Laut IAS 16.6 sind alle materiellen VermöGegenstände, die dazu bestimmt sind, dau- genswerte, die ein Unternehmen für Zweernd dem Unternehmen zu dienen, anzu- cke der Herstellung oder der Lieferung von setzen. Gütern und Dienstleistungen, zur Vermietung an Dritte oder für Verwaltungszwecke besitzt und die erwartungsgemäß länger als eine Periode genutzt werden, anzusetzen. Laut IAS16.7 müssen zwei VoraussetzunAusnahmen: Geringwertige Vermögensgegenstände mit gen vorliegen: AHK < 250 ‚Euro oder einer kurzlebigen a) Künftiger wirtschaftlicher Nutzenzufluss liegt mit > 50 % WahrscheinlichNutzungsdauer müssen nicht als Zugang keit vor und erfasst werden, sondern dürfen sofort als b) AHK können verlässlich ermittelt werAufwand gebucht werden. den. GWG mit AHK bis 800 Euro werden im Jahr der Anschaffung voll abgeschrieben. GWG: AHK 250 Euro bis 1000 Euro können in einen Sammelposten eingestellt werden (siehe Kapitel 6.4.4.)

304

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HGB

IFRS

Ausweis Laut § 266 (2) HGB Laut IAS 1.54 sind Sachanlagen als eigen1. Grundstücke, grundstücksgleiche ständiger Bilanzposten unter den non-Current Assets auszuweisen. Rechte und Bauten einschließlich der Für die weitere Aufgliederung bieten sich Bauten auf fremden Grundstücken, die Einzelposten gemäß IAS 16.37 an: 2. technische Anlagen und Maschinen, 3. andere Anlagen, Betriebs- und Gea) unbebaute Grundstücke schäftsausstattung, b) Grundtücke und Gebäude 4. geleistete Anzahlungen und Anlagen im c) Maschinen und technische Anlagen d) Schiffe Bau. e) Flugzeuge f) Kraftfahrzeuge g) Betriebsausstattung h) Büroausstattung i) Fruchtragende Pflanzen Tabelle 38: Ansatz und Ausweis von Sachanlagen nach HGB und IFRS

Bewertung Im Zeitpunkt des Zugangs sind Sachanlagen zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten (IAS 16.15). Bestandteile der Anschaffungskosten können bzw. müssen nach internationalem Recht bei qualifizierten Wirtschaftsgütern auch die Fremdkapitalkosten sein. Die Anschaffungskosten setzen sich wie in folgender Übersicht (Tabelle 39) dargestellt zusammen: Anschaffungspreis

(purchase price) + Anschaffungsnebenkosten

(incidentals)

= unmittelbare Gegenleistung für den Erwerb, in der Regel Rechnungspreis ohne abzugsfähige Vorsteuer. = direkt zurechenbare Kosten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb entstehen, z. B. Eingangsfrachten, Transportversicherung, Zoll, Vermittlungsprovisionen, Entladekosten.

./. Anschaffungspreisminderungen

(reductions)

= Rabatte, Skonti, Boni

= Anschaffungskosten + nachträgliche Anschaffungskosten Tabelle 39: Ermittlung von Anschaffungskosten

Bei den Fremdkapitalkosten (IAS 23) im Zusammenhang mit der Anschaffung von Sachanlagen besteht bei sog. qualifizierten Vermögenswerten ein Ansatzgebot.

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

305

Fremdkapitalkosten HGB: Aktivierungswahlrecht, soweit die Kosten auf den Zeitraum der Herstellung entfallen (§ 255 (3) HGB) IFRS: Aktivierungsgebot sofern es um einen qualifizierten Vermögenswert gemäß IAS 23 handelt. Ein qualifizierter Vermögenswert (qualifying asset) liegt vor, wenn • für dessen Anschaffung oder Herstellung ein beträchtlicher Zeitraum erforderlich ist, um ihn in seinen beabsichtigten gebrauchs- oder verkaufsfähigen Zustand zu versetzen (IAS23.5) • Wenn es sich um Vorräte handelt, die in großen Stückzahlen wiederholt hergestellt werden, brauchen Fremdkapitalkosten nicht angesetzt zu werden (IAS 23.4). Tabelle 40: Ansatz von Fremdkapitalkosten im Rahmen von AK nach HGB und IFRS

Herstellungskosten sind laut § 255 (2) HGB Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und Inanspruchnahme von Diensten, für • die Herstellung eines Vermögensgegenstands, • seine Erweiterung oder • eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Die Herstellungskosten enthalten nach HGB einige Wahlrechte (Verwaltungskosten, Fremdkapitalzinsen). Nach IFRS werden die Herstellungskosten (cost of self constructed asset) analog bestimmt. Es sind grundsätzlich Vollkosten anzusetzen. Eine Besonderheit liegt darin, dass Abbruch- und Entsorgungskosten, Rekultivierungskosten am Ende der Nutzungsdauer zu den AHK zählen (IAS 16.16(c)), ggf. erfolgt eine spätere Aktivierung, wenn diese erst später bekannt oder verursacht werden. Parallel dazu wird eine Rückstellung nach IAS 37 gebildet. Die geschätzten Kosten sind auf den aktuellen Wert abgezinst anzusetzen (IAS 16.23). Sonderregelungen zur Bewertungsvereinfachungen wie im HGB mit der Festwertbewertung oder für GWG wie im deutschen Steuerrecht sind im internationalen Bilanzrecht nicht vorgesehen.

306

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Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH schafft in 01 eine neue Anlage zur manuellen Fertigung von Spezialglasbehältern an. Diese soll Anfang 02 einsatzbereit sein. Da es aufgrund von spezifischen Anforderungen keine Standardanlage gibt, werden einzelne Komponenten erworben und selbst aufgebaut. Die in 01 gelieferten Komponenten kosten 40.000 Euro. Die Kosten für die Konfiguration und Montage betragen 15.000 Euro. Die zurechenbaren Material-, Fertigungs- und Verwaltungsgemeinkosten belaufen sich auf 3.500 Euro. Für die Anschaffung wird ein Kredit aufgenommen. Die Fremdkapitalzinsen belaufen sich bis zur Fertigstellung auf 1.000 Euro. Es handelt sich um einen qualifizierten Vermögenswert. Die Herstellungskosten bei der Bilanzerstellung zum 31.12.01 setzten sich nach IFRS so zusammen (alle Werte in Euro): Materialeinzelkosten Fertigungseinzelkosten Anteilige Gemeinkosten Fremdkapitalzinsen Herstellungskosten

40.000 15.000 3.500 1.000 59.500

Folgebewertung Planmäßige Abschreibungen orientieren sich in Deutschland an den steuerrechtlich zulässigen Nutzungsdauern und Methoden, während im internationalen Recht tatsächliche Nutzungsdauern (in der Regel längere) und überwiegend lineare Abschreibungen üblich sind. Außerplanmäßige Abschreibungen sind laut HGB nur bei voraussichtlich dauernder Wertminderung vorzunehmen. Im internationalen Recht ist kein zeitlicher Aspekt vorgesehen. Laut HGB und IFRS besteht Zuschreibungspflicht. Die wesentlichen Regelungen zur Folgebewertung von Sachanlagen nach dem Anschaffungskostenmodell IAS 16.30 fast die Tabelle 41 vergleichend zum HGB zusammen.

307

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HGB

IFRS Planmäßige Abschreibungen

Abschreibungsdauer: gemäß den tatsächlichen Verhältnissen, unabhängig von steuerlichen Abschreibungstabel• len, Berücksichtigung von Restbuchwerten (vgl. IAS 16.51). Abschreibungsmethode: entsprechend • dem tatsächlichen Nutzungsverlauf, in der Regel linear, zulässig sind auch degressive und leistungsbezogene Methoden (IAS 16.60 und 62). • Die Methode ist regelmäßig zu überprüfen (IAS 16.61). Außerplanmäßige Abschreibung Es gilt das gemilderte Niederstwertprinzip: Feststellung und Behandlung einer WertBei vorübergehender Wertminderung Ab- minderung gemäß IAS 36 in der Regel schreibungsverbot, Wahlrecht bei Finanz- nach dem sog. Impairment Test: geschätzte künftige Netto-Cashflows aus anlagen; bei dauernder Wertminderung Abschreibungspflicht auf einen niedrigeren dem Gebrauch bzw. der Verwertung. Zeitwert (§ 253 (3) HGB). •

Keine explizite Regelung der Nutzungs- • dauer und Abschreibungsmethode. In der Praxis erfolgt die Festlegung der Nutzungsdauer aufgrund von AfA-Tabellen. Die Abschreibungsmethode richtet sich • häufig nach der steuerrechtlich zulässigen Methode.

Zuschreibung Gebot, fortgeführte AHK als Obergrenze Gebot, fortgeführte AHK als Obergrenze (§ 253 (5) HGB). (IAS 36.117). Tabelle 41: Abschreibungen und Zuschreibungen bei Sachanlagen nach HGB und IFRS

AUFGABE 11.3: Bestimmen Sie die Herstellungskosten für folgenden Glasschmelzofen der Müller & Thurgau GmbH zum 01.01.01 und den Buchwert zum 31.12.01 (alle Werte in Euro)! Projektierungs- und Entwurfskosten

15.000

Material- und Herstellungsaufwendungen

650.000

Kosten für Testaufbauten Geschätzte Kosten für die Demontage und ordnungsgemäße Entsorgung nach Ende der Betriebszeit (Erwartete Nutzungsdauer: 20 Jahre) Zinskosten für die lfd. Inanspruchnahme des Kontokorrentkredites während der Bauzeit

12.000 30.000 3.000

Es wird mit einem langfristigen Diskontierungszinssatz von 6 % p. a. gerechnet.

308

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AUFGABE 11.4: Die Müller & Thurgau GmbH hat eine Glaspolieranlage zu Anschaffungskosten in Höhe von 60.000 Euro mit einer Nutzungsdauer von 10 Jahren und einem degressiven Nutzenverlauf (25 % degressive Abschreibung) aktiviert. Zu Beginn des vierten Jahres stellt das Unternehmen fest, dass die tatsächliche ND voraussichtlich nur 8 Jahre beträgt und ab dem vierten Nutzungsjahr eine lineare Abschreibung den erwarteten Nutzungsverlauf am besten abbildet. Der erzielbare Ertrag (Vergleich aus Nettoveräußerungspreis und Nutzenwert) liegt zum gleichen Zeitpunkt bei a) 27.500 Euro und b) 22.500 Euro. Bestimmen Sie den Wert der Glaspolieranlage am 31.12. des vierten Jahres nach IFRS! 11.4.3

Vorräte

Ansatz und Ausweis Als Vorräte sind bei Handels- und Produktionsunternehmen alle Vermögensgegenstände anzusetzen, die • zum Verkauf im normalen Geschäftsgang gehalten werden, • sich noch in der Produktion für einen solchen Verkauf befinden und • dazu bestimmt sind, bei der Herstellung oder der Erbringung von Dienstleistungen verbraucht zu werden (IAS 2.6). Die Untergliederung hat folgendermaßen zu erfolgen: HGB Laut § 266 (2) HGB ist folgende Gliederung vorgeschrieben: • Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe; • unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen; • fertige Erzeugnisse und Waren; • geleistete Anzahlungen (auf RHB-Stoffe); • evtl. abzüglich erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen laut § 268 (5) HGB.

IFRS Eine Gliederung ist nicht explizit vorgeschrieben. IAS 1.78 nennt lediglich eine verbreitete Untergliederung in: • Handelswaren, • Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, • unfertige Erzeugnisse und Fertigerzeugnisse, Vorräte bei Dienstleistungsunternehmen sind als “unfertige Leistungen” auszuweisen.

Tabelle 42: Untergliederung von Vorräten nach HGB und IFRS

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

309

Für den Ansatz von Vorräten bestehen folgende Voraussetzungen: HGB Es muss ein Vermögensgegenstand vorliegen.

IFRS Es muss ein sog. „asset“ vorliegen. Außerdem muss die Möglichkeit gegeben sein, die AHK zuverlässig zu bestimmen. Schließlich muss ein wahrscheinlicher Nutzenzufluss gegeben sein. Erhaltene Anzahlungen sind als Verbindlichkeiten zu passivieren.

Tabelle 43: Voraussetzungen für den Ansatz von Vorräten nach HGB und IFRS

Bewertung Zugangsbewertung: Im Zeitpunkt des Zugangs sind Vorräte grundsätzlich zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten. Grundsätzlich hat bei allen Vorräten, die nicht austauschbar sind, und bei allen Erzeugnissen, Waren oder Leistungen, die für spezielle Projekte hergestellt werden und ausgesondert werden, eine Einzelzuordnung ihrer AHK zu erfolgen (IAS 2.23). Die Retrograde Methode und die Durchschnittsbewertung sind möglich. Im Unterschied zum HGB ist nach IFRS bei der Bewertung auch die Standardkostenmethode zugelassen. Dagegen wird die Festbewertung laut IFRS nicht anerkannt (Tabelle 44). HGB IFRS Retrograde und Standardkostenmethode Als Vereinfachung zur Feststellung der AHK Als Vereinfachung ist zugelassen: sind nach § 255 (4) HGB allgemein aner- • Die Standardkostenmethode. Standardkannte Bewertungsmethoden zu nutzen, kosten ergeben sich auf der Basis norwie die retrograde Methode: Hierbei wermalisierter Materialverbräuche, Arden die AHK durch Abzug einer angemesbeitseinsätze sowie normalisierter Leissen prozentualen Bruttogewinnspanne vom tungsfähigkeit und Kapitalauslastung. Verkaufspreis der Vorräte ermittelt. Diese Sie sind regelmäßig zu überprüfen und Methode kann auf rasch wechselnde Vor– falls notwendig – an die aktuellen ratsgruppen angewendet werden, die ähnliGegebenheiten anzupassen (IAS 2.21). che, feste Margen aufweisen (EStR 6.8). • Die retrograde Methode, wenn die ErDie Standardkostenmethode ist nicht zugegebnisse den tatsächlichen nahe komlassen. men (IAS 2.22 i. V. m. IAS 2.21). Tabelle 44: Verfahren der Zugangsbewertung von Vorräten nach HGB und IFRS

310

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Folgebewertung Da die Einzelbewertung von Vorräten sehr aufwendig und in der Regel schwer durchzuführen ist (z. B. bei der gemischten Lagerung der verschiedenen Sendungen gleichartiger Vorräte oder bei der Massenfertigung von Produkten) sind Bewertungsvereinfachungen vorgesehen. Die zulässigen Methoden der Bewertungsvereinfachung sind in folgender Übersicht zusammengefasst (Tabelle 45). HGB

IFRS

Festbewertung Laut § 240 (3) HGB ist die Festbewertung Die Festbewertung ist nicht zulässig, da zulässig: bei der Festbewertung ein Mindestbestand Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe können mit der Vorräte auf Dauer mit festen und meist gleichbleibenden Mengen und gleichbleiniedrigeren Preisen bewertet wird. Das benden Werten angesetzt werden. führt oft zur Bildung stiller Reserven, die Dann ist nur alle drei Jahre eine körperliche den objektiven Vermögensausweis beeinBestandsaufnahme erforderlich. trächtigen. Durchschnittsbewertung Zulässig laut § 240 (4) HGB. Zulässig laut IAS 2.25. Gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens können jeweils zu einer Gruppe zusammengefasst und mit dem gewogenen Durchschnitt angesetzt werden. Es sind zwei Möglichkeiten der Durchschnittswertermittlung zu unterscheiden: • Gewogener Durchschnitt • Gleitender gewogener Durchschnitt Verbrauchsfolgeverfahren Gleichartige Güter werden gruppenweise zusammengefasst und es wird eine bestimmte Folge des Verbrauchs oder der Veräußerung unterstellt, wobei die fiktive Verbrauchsfolge nicht mit der tatsächlichen Folge übereinzustimmen braucht. Laut § 256 HGB ist die Bewertung nach Laut IAS 2.25 ist das FIFO-Verfahren anzuLIFO und FIFO anerkannt. wenden. Tabelle 45: Bewertungsvereinfachungsverfahren nach HGB und IFRS

Für die Folgebewertung des gesamten Umlaufvermögens gilt nach HGB das strenge Niederstwertprinzip, das zu einem Imparitätsprinzip führt. Noch nicht realisierte Gewinne dürfen nicht ausgewiesen werden, während noch nicht realisierte Verluste auszuweisen sind. Nach IAS 2.28 bis 33 gilt als Grundsatz für Erzeugnisse und Waren das absatzmarktorientierte Niederstwertprinzip, d. h., Vorräte sind mit dem niedrigeren Wert aus AHK und Nettoveräußerungswert anzusetzen. Der Nettoveräußerungswert ergibt sich durch die retrograde Kalkulation:

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

./. ./.

geschätzter Verkaufspreis zum Bewertungsstichtag geschätzte noch anfallende Kosten der Fertigstellung geschätzte notwendige Vertriebs- und Verkaufskosten

=

geschätzter Nettoveräußerungswert

311

Bei den Vergleichswerten sind zu prüfen: • current replacement cost (Wiederbeschaffungs- oder Wiederherstellungskosten), • net realizable value (Nettoveräußerungswert), • net realizable value reduced by an allowance for an approximately normal profit margin (Nettoveräußerungserlös abzüglich übliche Gewinnmarge). Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe werden nicht unter ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten bilanziert, wenn das aus diesen Stoffen herzustellende Fertigprodukt mindestens zu seinen Herstellungskosten verkauft werden kann (IAS 2.32). Eine Bewertung zu gesunkenen Wiederbeschaffungswerten kommt nur in Betracht, wenn ebenfalls verminderte Absatzpreise erwartet werden. Nach HGB und IFRS sind Zuschreibungen bis maximal zu den AHK Pflicht, wenn der Grund für eine frühere Wertminderung entfallen ist und der Nettoveräußerungswert gestiegen ist. Eine Zusammenfassung zu den Bewertungsvorschriften der Vorräte nach IFRS zeigt Abbildung 60. Beispiel: Bei der Müller & Thurgau GmbH betragen die Herstellkosten für einen „Spezialglasballon für Showzwecke“ zum Bilanzstichtag 31.12.01. 2.000 Euro. Die Auslieferung an den Kunden erfolgt im April 02, dafür fallen noch Aufwendungen für Verpackung und Transport von 175 Euro an. Der im Kaufvertrag vereinbarte Festpreis beträgt: a) 2.200 Euro und b) 2.000 Euro. Wie ist der Spezialglasballon am 31.12.01 zu bewerten? a) Zu Herstellungskosten von 2.000 Euro, da der net realizable value mit 2.025 Euro höher ist als die Herstellungskosten. b) Zum Nettoveräußerungswert von 1.825 Euro (2.000 Euro ./. 175 Euro), da der net realizable value unter den Herstellungskosten liegt. In diesem Fall besteht eine Abschreibungspflicht.

312

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Zugegangene oder hergestellte Vorräte

Vorräte sind regelmäßig austauschbar oder projektgebunden ja

nein

Sammelbewertung (IAS 2.25)

Einzelbewertung der Vorräte (IAS 2.23)

Durchschnittsbewertung

Wahlrecht FiFo-Bewertung

Bei entsprechender Wertminderung außerplanmäßige Abschreibung auf den Nettoveräußerungswert (IAS 2.28) Jährliche Prüfung auf Zuschreibung dieser Vorräte (IAS 2.33) Abbildung 60: Folgebewertung der Vorräte nach IFRS40

Beispiel: Zur Bewertung des Vorratsvermögens der Müller & Thurgau GmbH nach IFRS liegen zum 31.12.01 folgende Informationen vor: Aktivierte HK

Kalkulierter Verkaufspreis 29,00

Noch anfallende Kosten HK Vertrieb 2,00

Fertigerzeugnis I

25,00

Unfertiges Erzeugnis II

17,00

16,00

1,00

1,00

Unfertiges Erzeugnis III

22,00

31,00

4,00

1,00

Unfertiges Erzeugnis IV

9,00

11,00

2,00

1,00

Die einzelnen Vorratspositionen sind zu bewerten. Der Nettoveräußerungswert wird bestimmt und mit den Herstellkosten vergleichen. Liegt dieser unterhalb der HK wird auf den Nettoveräußerungswert abgeschrieben.

40

Vgl. Tanski, J.S.: Internationale Rechnungslegung – IFRS/IAS Schritt für Schritt, München, 2010, S.80

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Aktivierte HK

Nettoveräußerungswert

Abschreibung

313

Bilanzansatz

Fertigerzeugnis I

25,00

27,00

0,00

25,00

Unfertiges Erzeugnis II

17,00

14,00

3,00

14,00

Unfertiges Erzeugnis III

22,00

26,00

0,00

22,00

Unfertiges Erzeugnis IV

9,00

8,00

2,00

8,00

AUFGABE 11.5: Die Müller & Thurgau GmbH plant in 02 die Herstellung eines neuen Produkts. Von den hierfür benötigten Rohstoffen wurden bereits in 01 500 Einheiten zu je 50 Euro eingekauft. Die Herstellungskosten des neuen Produkts werden voraussichtlich 90 Euro/Stück (50 Euro für Rohstoffe + 40 Euro weitere Aufwendungen) betragen. Am 31.12.01 betragen die Wiederbeschaffungskosten des Rohstoffes nur noch 30 Euro/Stück. Der voraussichtliche Nettoveräußerungswert des Fertigprodukts sinkt auf Grund der Veränderung des Rohstoffmarkts auf 80 Euro/Stück. Wie ist der Rohstoffposten am 31.12.01zu bewerten? AUFGABE 11.6: Die Müller & Thurgau GmbH hat am Ende des Jahres 01 drei verschiedene Glasbehälter (Handelsware) im Lager. Die Anschaffungskosten, die Verkaufspreise und die anteiligen noch anfallenden Vertriebskosten sind wie folgt festgestellt worden (alle Werte in Euro): Anschaffungskosten (AK) Verkaufspreise Vertriebskosten

Sorte A 60,00 70,00 14,00

Sorte B 80,00 90,00 18,00

Sorte C 100,00 140,00 12,00

Ende 01 ist der Wiederbeschaffungswert je Stück für die Sorten A und B um 20 % gesunken. Bei Sorte B stieg der Wiederbeschaffungswert um 10 % je Stück. Die Verkaufspreise bleiben unverändert. Die Müller & Thurgau GmbH plant mit einer Gewinnmarge von 15 % des Verkaufspreises. Bestimmen Sie die Wertansätze für die Vorräte nach IFRS zum Ende des Jahres 01.

314

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

11.4.4

Beteiligungen, Wertpapiere und Finanzanlagen,

Die Internationalen Rechnungslegungsstandards enthalten eine Vielzahl von Regelungen zu Beteiligungen, Wertpapieren und Finanzanlagen (sog. Finanzinstrumenten), die nach verschiedenen Kriterien eingeteilt werden. Es wird nach Beteiligungen im Eigenkapital (Equity-Beteiligungen) und übrigen Finanzanlagen unterschieden: • Anteile an Tochterunternehmen – Das Unternehmen übt die Kontrolle/Beherrschung (control) über die Finanz- und Geschäftspolitik aus (IAS 27 und IFRS 10.5 bis 9). • Anteile an assoziierten Unternehmen – Das Unternehmen übt maßgeblichen Einfluss auf das Unternehmen aus, das aber kein Tochterunternehmen gemäß IFRS 10 und kein Gemeinschaftsunternehmen nach IFRS 11 ist. Der maßgebliche Einfluss wird dann vermutet, wenn das Unternehmen über mehr als 20 % der Stimmrechte verfügt. • Gemeinschaftsunternehmen (joint venture) sind vertragliche Vereinbarungen über die wirtschaftliche Tätigkeit unter gemeinschaftlicher Führung (IFRS 11). • Die übrigen Finanzinstrumente sind dadurch geprägt, dass weder eine Kontrolle noch eine Beherrschungsmöglichkeit besteht. Für deren Bewertung gelten die Regeln für Finanzinstrumente (IFRS 9). Einen Überblick zu den Finanzanlagen nach HGB und den Equity-Beteiligungen nach IFRS gibt folgende Tabelle 46. Den übrigen Finanzinstrumenten widmet sich das nachfolgende Kapitel.

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

315

Ansatz und Ausweis HGB Untergliederung nach § 266 (2) HGB: Anlagevermögen III. Finanzanlagen 1. Anteile an verbundenen Unternehmen 2. Ausleihungen an verb. Unternehmen 3. Beteiligungen 4. Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht 5. Wertpapiere des Anlagevermögens 6. sonstige Ausleihungen Umlaufvermögen III. Wertpapiere 1. Anteile an verbundenen Unternehmen 2. sonstige Wertpapiere Die Abgrenzung von Wertpapieren des Anlage- und Umlaufvermögens ist nicht präzise. Es kommt nicht auf die Beteiligungsabsicht an, sondern nur auf die dauernde oder vorüberg. Anlage flüssiger Mittel.

IFRS Wesentliche Equity-Beteiligung sind: • Anteile an Tochterunternehmen (IAS 27 (2011), IFRS 10) • Anteile an assoziierten Unternehmen (IAS 28 (2011)) • Anteile an Gemeinschaftsunternehmen (IFRS 11)

Tabelle 46: Ansatz und Ausweis von Finanzanlagen nach HGB und IFRS

Bewertung Nach HGB gelten für die Bewertung von Finanzanlagen und Wertpapieren des Anlage- und Umlaufvermögens folgende Regelungen (Tabelle 49). Anlass Zugangsbewertung vorübergehende Wertminderung dauerhafte Wertminderung

Zuschreibung

Anlagevermögen Umlaufvermögen zu Anschaffungskosten einschließlich Transaktionskosten Abschreibungswahlrecht gemäß Pflicht zur außerplanmäßigen Ab§ 253 (3) Satz 6 HGB schreibung auf einen niedrigeren Stichtagswert gemäß Pflicht zur außerplanmäßigen Abschreibung auf einen niedrige- § 253 (4) HGB. ren beizulegenden Wert am Bilanzstichtag nach § 253 (3) Satz 5 HGB. • Wertaufholungsgebot wenn die Gründe für eine in früheren Perioden vorgenommene Wertberichtigung entfallen (§ 253 (5) HGB). • Anschaffungskosten sind die absolute Bewertungsobergrenze. • Unrealisierte Gewinne, die sich aus einem höheren Börsen- oder Marktpreis zum Stichtag ergeben, dürfen nicht ausgewiesen werden.

Tabelle 47: Bewertungsgrundsätze für Finanzanlagen und Wertpapiere nach HGB

316

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Nach IFRS 27 sind die Equity-Beteiligungen im Einzelabschluss zu Anschaffungskosten oder entsprechenden Regeln des IFRS 9 oder anhand der in IAS 28 beschriebenen Equity-Methode zu bewerten. Anteile an Tochterunternehmen Anteile an Gemeinschaftsunternehmen

Anteile an assoziierten Unternehmen

Beteiligungen Wahlrecht zur Bewertung zu Anschaffungskosten, gemäß IFRS 9 oder gemäß IAS 28 (IAS 27.10). Bewertung mit der Equity-Methode nach IAS 28 (IFRS 11.24), wenn das Unternehmen an der gemeinsamen Führung beteiligt ist oder maßgeblichen Einfluss ausübt, ansonsten als Finanzinstrument nach IFRS 9. Bewertung mit der Equity-Methode nach IAS 28.

Tabelle 48: Bewertung von Ausleihungen und Beteiligungen nach IFRS

Auf weitere Besonderheiten der Bewertung von Gemeinsamen Vereinbarungen (IFRS 11) und Einbeziehung der Beteiligungen in den Einzel- und Konzernabschluss soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden. 11.4.5

Finanzinstrumente

Regelungen zu Ansatz, Ausweis und Bewertung der Finanzinstrumente befinden sich in folgenden Standards IAS 32 – Darstellung, IAS 39 – Ansatz und Bewertung, IFSR 9 – Finanzinstrumente und IFRS 7 – Angaben. Die Definition des Begriffes Finanzinstrument ist sehr weit gefasst. Als Finanzinstrument wird ein Vertrag bezeichnet, der bei einem Unternehmen zu einem finanziellen Vermögenswert (financial asset) und bei dem anderen zu einer finanziellen Schuld (financial liability) oder zu einem Eigenkapitalinstrument (equity instrument) führt, also sowohl Aktiv- als auch Passivpositionen. Finanzielle Vermögenswerte umfassen nach IAS 32.11: •

flüssige Mittel,



ein Eigenkapitalinstrument eines anderen Unternehmens,



ein vertragliches Recht darauf, •

flüssige Mittel oder andere finanzielle Vermögenswerte von einem anderen Unternehmen zu erhalten; oder



finanzielle Vermögenswerte oder finanzielle Verbindlichkeiten mit einem anderen Unternehmen zu potenziell vorteilhaften Bedingungen zu tauschen; oder

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT



317

einen Vertrag der in eigene Eigenkapitalinstrumenten des Unternehmens erfüllt wird oder werden kann.

Finanzielle Verbindlichkeiten/Schulden (financial liabilities) umfassen eine vertragliche Verpflichtung, •

einem anderen Unternehmen flüssige Mittel oder einen anderen finanziellen Vermögenswert zu liefern (bspw. Lieferantenverbindlichkeiten),



mit einem anderen Unternehmen finanzielle Vermögenswerte oder finanzielle Verbindlichkeiten zu potenziell nachteiligen Bedingungen auszutauschen (bspw. Darlehen, Anleihen),



einen Vertrag, der in eigenen Eigenkapitalinstrumenten des Unternehmens erfüllt wird oder werden kann (bspw. Rechte, Optionen, Optionsscheine).

Eigenkapitalinstrumente (equity instruments) sind: •

Verträge, die einen Residualanspruch an Vermögenswerten nach Abzug aller Schulden begründen. Darunter fallen beispielsweise Eigenkapitaltitel wie Stamm- und Vorzugsaktien und GmbH-Anteile.

Zu den Finanzinstrumenten zählen neben den originären Instrumenten (u. a. Forderungen, Verbindlichkeiten) auch die derivativen Finanzinstrumente wie Optionen, Termingeschäfte und Sicherungsgeschäfte. Die Bewertung der Finanzinstrumente ist im IFRS 9 geregelt. Die Einteilung erfolgt in finanzielle Vermögenswerte IFRS 9.4.1 und finanzielle Verbindlichkeiten IFRS 9.4.2: Die Klassifizierung der finanziellen Vermögenswerte erfolgt nach IFRS 9.4.1.1 auf der Grundlage a) des Geschäftsmodells des Unternehmens zur Steuerung finanzieller Vermögenswerte und b) der Eigenschaften der vertraglichen Zahlungsströme des finanziellen Vermögenswerts. Die Klassifizierung bildet die Basis für die Bewertung der finanziellen Vermögenswerte (IFRS 9.4.1.2 bis 5). Der Standard unterscheidet dabei drei Gruppen: • finanzielle Vermögenswert die zu fortgeführten Anschaffungskosten, • finanzielle Vermögenswerte die erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert, • finanzielle Vermögenswerte die erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden.

318

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Ein finanzieller Vermögenswert, der nicht zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert im sonstigen Ergebnis bewertet wird, ist erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Allerdings kann ein Unternehmen beim erstmaligen Ansatz bestimmter Finanzinvestitionen in Eigenkapitalinstrumente, die ansonsten erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet worden wären, unwiderruflich die Wahl treffen, im Rahmen der Folgebewertung die Änderungen des beizulegenden Zeitwerts im sonstigen Ergebnis zu erfassen (IFRS 9.4.1.5). Es ist vorgesehen, dass ein Unternehmen einen finanziellen Vermögenswert beim erstmaligen Ansatz unwiderruflich als erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet ansetzt, wenn dadurch Inkongruenzen bei der Bewertung oder beim Ansatz (sog „Rechnungslegungsanomalie“), die entstehen, wenn die Bewertung von Vermögenswerten oder Verbindlichkeiten oder die Erfassung von daraus resultierenden Gewinnen und Verlusten auf unterschiedlicher Grundlage erfolgen, beseitigt oder signifikant verringert werden. Finanzielle Verbindlichkeiten sind mit Ausnahmen zu fortgeführten Anschaffungskosten zu bewerten (IFRS 9.4.2.1). Auf diese Ausnahmen soll ebenso wie auf die Bewertung von eingebetteten Derivaten (IFRS 9.3) im Rahmen dieses Buches nicht weiter eingegangen werden. Der IFRS 9 definiert die Möglichkeiten der Reklassifizierung von finanziellen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten im Paragraph IFRS 9.4.4 wie folgt: • Nur wenn ein Unternehmen sein Geschäftsmodell zur Steuerung finanzieller Vermögenswerte ändert, hat es eine Reklassifizierung aller betroffenen finanziellen Vermögenswerte gemäß den Paragraphen 4.1.1 bis 4.1.4 vorzunehmen. • Ein Unternehmen darf eine finanzielle Verbindlichkeit nicht reklassifizieren (IFRS 4.4.2). Die Zuordnung zu den einzelnen Klassen erfolgt beim erstmaligen Ansatz (Zeitpunkt des Zugangs) und kann später nur unter strenger Einhaltung der definierten Bedingungen geändert werden. Bewertung von Finanzinstrumenten: Die Zugangsbewertung erfolgt zum beizulegenden Zeitwert (IFRS 9.5.1.1). Bei finanziellen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, die nicht erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden, sind die anfallenden Transaktionskosten zu berücksichtigen.

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

319

Die Folgebewertung ergibt sich grundsätzlich aus der sich aus dem Geschäftsmodell des Unternehmens und den Eigenschaften des Instruments ergebenden Klassifizierung. Eine planmäßige Abschreibung der Finanzinstrumente ist nicht vorgesehen. Die Finanzinstrumente sind auf Wertänderungen zu prüfen. Insbesondere sind erwartete Kreditverluste (Kreditausfallrisiko) zu erfassen (IFRS 9.5.5) und Wertberichtigungen zu ermitteln. Die Wertänderungsvorschriften sind vor allem dann anzuwenden, wenn sich das Kreditausfallrisiko signifikant erhöht hat (IFRS 9.5.5.3). Die Wertänderungen sind i.d.R. erfolgswirksam zu erfassen. Bei Instrumenten, die erfolgsneutral bewertet werden, ist die Wertberichtigung ebenso erfolgsneutral im sonstigen Ergebnis zu erfassen (IFRS 9.5.5.3). Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten (IFRS 9.4.1.2) Die Klassifizierung von Vermögenswerten als „zu fortgeführten Anschaffungskosten zu bewerten“ setzt die Erfüllung folgender Bedingungen voraus: a) der finanzielle Vermögenswert wird im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten, dessen Zielsetzung darin besteht, finanzielle Vermögenswerte zur Vereinnahmung der vertraglichen Zahlungsströme zu halten, und b) die Vertragsbedingungen des finanziellen Vermögenswerts führen zu festgelegten Zeitpunkten zu Zahlungsströmen, die ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen. Im IFRS 9.B4.1.1 bis B4.1.26 sind weitere Leitlinien dazu vorgegeben. Die Regeln zur Zugangs- und Folgebewertung sind in der nachfolgenden Tabelle 49 zusammengefasst dargestellt.

320

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Zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertete finanzielle Vermögenswerte Bewertungsgrundsatz Zugangsbewertung

Laut IFRS 9.4.1.2. erfolgt die Bewertung zu jedem Stichtag zu fortgeführten Anschaffungskosten (amortized costs). Zugangsbewertung nach IFRS 9.5.1: • Ansatz im Zeitpunkt des Zugangs zum beizulegenden Zeitwert (Transaktionspreis) einschl. aller Nebenkosten (Transaktionskosten). • Eine sich evtl. ergebende Differenz zwischen Anschaffungskosten und Nominalwert der Papiere ist über die Laufzeit zu verteilen. Folgebewertung fortgeführte Anschaffungskosten unter Berücksichtigung der Effektivzinsmethode (IFRS 9.5.4.1). • Bei der Bewertung entstehende Gewinne oder Verluste sind erfolgswirksam zu erfassen (IFRS 9.7.2) Wertminderung • Erfassung der Wertminderung gemäß IFRS 9.5.5.3 ff, • Kreditverluste sind nach IFRS 9.5.5.17ff zu bemessen, • erfolgswirksame Erfassung des Wertminderungsaufwandes bzw. des Wertaufholungsertrags (IFRS 9.5.5.8), • Wertberichtigung in Höhe des über die Laufzeit erwarteten Kreditverlustes am Ende jeden Geschäftsjahres, wenn sich das Ausfallrisiko signifikant (IFRS 9.5.5.9ff) erhöht hat. Tabelle 49: Zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertete Finanzinstrumente nach IFRS 9

Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwarb am 01.01.01 eine Anleihe über 100.000 Euro zu einem Kurs von 95 % und einem nachschüssigen Nominalzins von 6 % p.a. Die Endfälligkeit des Wertpapiers ist am 31.12.04. Die GmbH beabsichtigt dieses Anleihe bis zur Endfälligkeit zu halten und verfügt über die notwendige Fähigkeit (Vorhandensein ausreichender finanzieller Ressourcen). Nach der Effektivzinsmethode ist das Wertpapier zu den einzelnen Bilanzstichtagen so zu bewerten, dass sich über die gesamte Laufzeit des Wertpapiers ein konstanter Effektivzins ergibt. Hierzu ist der interne Zinssatz der Zahlungsreihe des Wertpapiers mittels Näherungsverfahren zu bestimmen (Methode des internen Zinsfußes). Der Effektivzinssatz beträgt näherungsweise 7,49259 %. Wenn während der Laufzeit keine Anhaltspunkte für eine Wertminderung vorliegen, ergibt sich zu den einzelnen Bilanzstichtagen folgende Bewertung nach der Effektivzinsmethode:

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Jahr 31.12.01 31.12.02 31.12.03 31.12.04

Zinseinzahlung 6.000 6.000 6.000 6.000

Zinserträge für GuV

Zuschreibung

7.117,96

1.117,96

7.201,72

1.201,72

7.291,77

1.291,77

7.388,55

1.388,55

Bilanzansatz der Anleihe 96.117,96 97.319,78 98.611,45 100.000,00

Der Effektivzins beträgt im Beispiel 7,49259 %. Die erfolgswirksamen Zinserträge errechnen sich nach der Effektivzinsmethode aus dem Wert der Anleihe zum Jahresanfang multipliziert mit dem Effektivzinssatz. Einzahlungswirksam sind die Zinszahlungen des Emittenten der Anleihe (100.000 x 6 %). Zinserträge abzüglich der Zinszahlungen ergeben die jährlichen Zuschreibungen auf das Wertpapier für den Bilanzansatz am Jahresende.

AUFGABE :11.7: Die Müller & Thurgau GmbH plant für das Folgejahr 02 den Erwerb einer weiteren Anleihe über 250.000 Euro, die zu einem Kurs von 94 % und einem nachschüssigen Nominalzins von 5,5 % p.a. angeboten wird. Die Endfälligkeit des Wertpapiers ist am 31.12.05. Die GmbH beabsichtigt diese Anleihe bis zur Endfälligkeit zu halten und verfügt über ausreichende finanzielle Mittel dafür. Zu bestimmen sind die zu erwartenden Zinseinzahlungen und Bilanzwerte für die 4 Jahre. Der Effektivzinssatz wurde bereits finanzmathematisch mit 6,72077 % ermittelt. Erfolgsneutrale Bewertung zum beizulegenden Zeitwert (IFRS 9.4.1.2A) Ein finanzieller Vermögenswert ist erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert im sonstigen Ergebnis zu bewerten, wenn beide folgenden Bedingungen erfüllt sind: a) der finanzielle Vermögenswert wird im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten, dessen Zielsetzung sowohl in der Vereinnahmung der vertraglichen Zahlungsströme als auch in dem Verkauf finanzieller Vermögenswerte besteht, und b) die Vertragsbedingungen des finanziellen Vermögenswerts führen zu festgelegten Zeitpunkten zu Zahlungsströmen, die ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen. Im IFRS 9.B4.1.1 bis B4.1.26 sind weitere Leitlinien dazu vorgeben. Die Regeln zur Zugangs- und Folgebewertung sind in der nachfolgenden Tabelle 50 zusammengefasst dargestellt.

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Erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete Finanzinstrumente Bewertungsgrund- Die Bewertung erfolgt zu jedem Stichtag erfolgsneutral zum beizulesatz genden Zeitwert (fair value, IFRS 9.4.1.2A). Zugangsbewer• Klassifizierung aufgrund des Geschäftsmodels des Unternehmens tung und der Eigenschaften des Vermögenswertes nach IFRS 9.4.1.2A, • Möglichkeit der unwiderruflichen Klassifizierung von Eigenkapitalinstrumenten nach IFRS 9.5.7.5, wenn sie nicht zu Handelszwecken gehalten werden, • Bewertung zum beizulegenden Zeitwert, • zuzüglich der Transaktionskosten (IFRS 9.5.1.1). Folgebewertung • Wertänderungen werden erfolgsneutral im sonstigen Ergebnis erfasst (IFRS 9.5.7.10), • bilanziell gehen diese in das Eigenkapital in die „Rücklage aus der Marktbewertung von Wertpapieren“ ein; bis zur Ausbuchung des Instruments,

Wertminderung

• Dividendenzahlungen bei Eigenkapitalinstrumenten werden erfolgswirksam erfasst, wenn ein Rechtsanspruch besteht (IFRS 9.5.7.6), • bei Ausbuchung oder Reklassifizierung erfolgt eine Umgliederung des kumulierten Ergebnisses aus dem Eigenkapital in den Gewinn oder Verlust (IFRS 1.82). • Es gelten die Regeln wie für Finanzinstrumente, die zu fortgeführten Anschaffungskosten klassifiziert sind (Tabelle 50), mit Ausnahme der Eigenkapitalinstrumente.

Tabelle 50: Erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete Finanzinstrumente nach IFRS 9

Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwirbt am 25.09.01 eine Schuldverschreibung zu einem Kurs von 80.000 Euro mit einer Restlaufzeit von 5 Jahren. Die GmbH bezweckt eine kurzfristige Anlage überschüssiger Liquidität, da die Mittel zur Finanzierung einer im Jahr 02 geplanten Investition wieder benötigt werden. Am 31.12.01 liegt der Kurswert bei 83.000 Euro. Am 20.05.02 verkauft die GmbH die Schuldverschreibung zu einem Kurs von 83.600 Euro. Eine Zinszahlung fand im Zeitraum nicht statt. Signifikante Änderungen des Kreditrisikos waren nicht zu verzeichnen. Wie ist diese Finanzanlage am 31.12.01 und beim Verkauf zu behandeln (auf steuerliche Gesichtspunkte wird nicht eingegangen)?

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Es liegt ein erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert zu bewertender finanzieller Vermögenswert vor. Die Voraussetzung für die entsprechende Klassifizierung nach IFRS 9.4.1.2A sind erfüllt. Beim Kauf am 25.09.01 ist der finanzielle Vermögenswert mit seinen Anschaffungskosten zu erfassen. Zum Bilanzstichtag 31.12.01 wird die Schuldverschreibung zum Zeitwert angesetzt. Die Wertsteigerung wird erfolgsneutral in die „Bewertungsergebnisse aus zur Veräußerung verfügbaren finanziellen Vermögenswerten” erfasst und in der Eigenkapitalposition „Rücklagen aus der Bewertung von Finanzinstrumenten“ ausgewiesen. Der Aktivposten wird entsprechend erhöht um 3.000 Euro. Die erfolgsneutrale Bewertungsrücklage wird im Zeitpunkt der Veräußerung in den Gewinn umgegliedert. Der noch nicht realisierte Gewinn aus 01 wird damit im Mai 02 erfolgswirksam (gewinnerhöhend) aufgelöst. Bei der Veräußerung am 20.05.02 ist der Liquiditätszufluss zu erfassen. Die erneute Wertsteigerung um 600 Euro wird wiederum unter den sonstigen finanziellen Erträgen gebucht. Erfolgswirksame Bewertung zum beizulegenden Zeitwert (IFRS 9.4.1.4) Ein finanzieller Vermögenswert ist erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert im sonstigen Ergebnis zu bewerten, wenn er nicht gemäß Paragraph 4.1.2 zu fortgeführten Anschaffungskosten oder gemäß Paragraph 4.1.2A erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert im sonstigen Ergebnis bewertet wird. Die Regeln zur Zugangs- und Folgebewertung sind in der nachfolgenden Tabelle 51 zusammengefasst dargestellt. Erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertete Finanzinstrumente Bewertungsrundsatz Zugangsbewertung Folgebewertung

Wertminderung

Zuschreibung

Die Bewertung erfolgt zu jedem Stichtag erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert (fair value, IFRS 9.4.1.4). • Bewertung zum beizulegenden Zeitwert (Transaktionspreis), • ohne Transaktionskosten (IFRS 9.5.1.1). • Bewertung erfolgt zum beizulegenden Zeitwert, • Gewinne und Verluste werden erfolgswirksam erfasst (IFRS 9.5.7.1), • Dividenden sind erfolgswirksam zu erfassen, sobald der Rechtsanspruch darauf besteht. Wertminderungen müssen unabhängig davon, ob sie vorübergehender oder dauerhafter Natur sind, vorgenommen werden. Unrealisierte Verluste sind erfolgswirksam zu erfassen. Bei Wertsteigerungen ist eine Wertaufholung auf den höheren fair value vorzunehmen. Unrealisierte Gewinne sind erfolgswirksam zu erfassen.

Tabelle 51: Erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertete Finanzinstrumente nach IFRS 9

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Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH erwarb am 10.10.01 200 Stück Aktien der „Wein AG“ zum Preis von 50 Euro/Stück. Die GmbH beabsichtigt eine mittelfristige Anlage und hat die Aktie als „erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten“ klassifiziert. Am 31.12.01 betrug der Marktwert der Aktien 65 Euro/ Stück. Das Management entscheidet sich im Juli 02 zum Verkauf der Aktien. Der Verkaufspreis beträgt 80 Euro/Stück (auf latente Steuern wird an dieser Stelle nicht eingegangen). Die Wertpapiere müssen nach IFRS 9 zum fair value am Bilanzstichtag bewertet werden. Die Wertsteigerung in Höhe von 3.000 Euro ist als sonstiger finanzieller Ertrag zu erfassen. Der Aktivposten Wertpapier „Wein-AG“ wird entsprechend erhöht auf 13.000 Euro. Die weitere Wertsteigerung um 3.000 Euro bis zum Veräußerungstag wird mit dem Verkauf ergebniswirksam erfasst.

AUFGABE 11.8: Die Müller & Thurgau GmbH erwirbt am 04.05.01 1.000 Aktien zu Anschaffungskosten von 75,50 Euro. Die Aktie steigt bis zum Bilanzichtag auf einen Kurswert von 88,60 Euro. Welche Möglichkeiten hat die GmbH bei der Bewertung des Aktienpakets? Nehmen Sie die Bewertung zum 31.12.01 vor (ohne Steuerabgrenzung). Bei einer Gegenüberstellung von HGB und IFRS ist festzustellen, dass die international anerkannten Rechnungslegungsvorschriften eine marktgerechte Bewertung der Finanzinvestitionen zulassen, während im deutschen Handelsrecht das Anschaffungskostenprinzip gilt. Forderungen Nach HGB gehören zu den Forderungen auch sonstige Vermögensgegenstände. Für den Ansatz ist es erforderlich, dass ein Ertrag realisiert wurde. Eine Realisierbarkeit – wie nach IFRS – genügt nicht. Die Forderungen sind nach HGB in vier Gruppen zu unterteilen. Dabei ist die Fristigkeit nicht auf ein Jahr begrenzt. Laut IFRS dürfen im Umlaufvermögen (current assets) nur Forderungen mit der maximalen Fristigkeit eines operating cycle bzw. eines Jahres ausgewiesen werden. Es werden nur trade and other receivables unterteilt (Tabelle 52).

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HGB Das HGB schreibt folgende Gliederung vor (§ 266 (2) HGB): II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände: 1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. (Sie entstehen aus typischen Geschäften eines Unternehmens und beruhen auf Kauf-, Werk- und Werklieferungsverträgen), 2. Forderungen gegen verbundene Unternehmen, 3. Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. 4. Sonstige Vermögensgegenstände Die Forderungen unter 2. und 3. sind separat auszuweisen, um das Ausmaß der finanziellen Verflechtung mit anderen Unternehmen offenzulegen. Der Ausweis unter diesen Positionen geht dem Ausweis unter anderen Positionen grundsätzlich vor. Sonstige Vermögensgegenstände sind forderungsähnliche Wirtschaftsgüter aufgrund sonstiger nicht betriebstypischer Leistungen, wie Gerichtskostenmarken, Genossenschaftsanteile, die unter keiner anderen Gliederungsposition untergebracht werden können, Gehaltsvorschüsse, Steuererstattungs- oder Schadenersatzansprüche, antizipative aktive Rechnungsabgrenzungsposten, d. h. Forderungen auf Erträge, die in das alte Jahr gehören. Der Betrag der Forderungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr ist bei jedem gesondert ausgewiesenen Posten zu vermerken. IFRS Erfassung unter den current assets , nach IAS 1.78 (b) gilt: Forderungen werden in Beträge, die von Handelskunden, nahestehenden Unternehmen und Personen gefordert werden, sowie in Vorauszahlungen und sonstige Beträge gegliedert. Forderungen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr gehören zu den non current assets als long-term investments. Tabelle 52: Untergliederung der Forderungen nach HGB und IFRS

Forderungsbewertung Forderungen werden zum Nominalwert, d. h. zum Rechnungsbetrag angesetzt. In der Folgebewertung sind Einzel- und Pauschalwertberichtigungen zu berücksichtigen, nach HGB eher vorsichtig, d. h. im Zweifel zu hoch, nach IFRS möglichst realistisch. Die prinzipielle Bewertung einzelner Forderungen unterscheidet sich nicht. Uneinbringlichen Forderungen sind abzuschreiben. Für jede einzelne zweifelhafte Forderung ist eine Einzelwertberichtigung zu begründen, zu bewerten und zu buchen (siehe Kapitel 8.5). Die IFRS lassen nur eine pauschalisierte Einzelwertberichtigung zu (IFRS 9.5.5.15).

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Bei Forderungen mit einer festen Laufzeit von über einem Jahr erfolgt die Bewertung nach IFRS zu fortgeführten AHK unter Anwendung der Effektivzinsmethode (IFRS 9.5.4.1). Als Zinssatz wird, sofern kein fester Zins vereinbart ist, ein Marktzinssatz herangezogen, um den Barwert zu ermitteln. Fremdwährungsforderungen sind nach HGB mit dem jeweils niedrigsten Kurs, nach IFRS mit dem Geldkurs am Stichtag umzurechnen. HGB Die Höhe der Pauschalwertberichtigung ergibt sich aufgrund der Erfahrungen mit Forderungsausfällen in einem längeren Zeitraum; erkennbare künftige Risiken sind zu berücksichtigen.

IFRS Pauschalwertberichtigungen sind grundsätzlich nicht vorgesehen. Es sind jedoch „pauschalierte“ Einzelwertberichtigungen zulässig bei einer großen Anzahl unwesentlicher Einzelforderungen. Bei objektiven Anzeichen für eine Wertminderung ist eine Einzelwertberichtigung vorzunehmen (IFRS 9.5.5.15). Eine genaue Methode ist nicht vorgeschrieben. Die IFRS legen jedoch besonderen Wert auf eine realistische Schätzung des voraussichtlichen Wertberichtigungsbedarfs.

Tabelle 53: Ermittlung von Pauschalwertberichtigungen nach HGB und IFRS

Liquide Mittel Laut § 266 (2) HGB gehören zu den liquiden Mitteln Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks. Im weiteren Sinne zählt man dazu auch Wertpapiere, die eine Fristigkeit von maximal drei Monaten haben. Im Gliederungsschema erscheinen sie unter der gesonderten Position III.2. Im Internationalen Recht spricht man von cash and cash equivalents. Ein ausführlicher Nachweis der liquiden Mittel erfolgt durch die Kapitalflussrechnung (IAS 7). Bei den liquiden Mitteln in Form von ausländischen Zahlungsmitteln und Bankguthaben ist laut IFRS in jedem Fall der Kurs am Bilanzstichtag zu berücksichtigen. Das gilt auch für kurzfristige Wertpapiere, während laut HGB das strenge Niederstwertprinzip gilt.

AUFGABE 11.9: Welche Möglichkeit wurde zur Bewertung von Finanzanlagen nach IFRS aufgrund der Finanzkrise geschaffen?

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11.5 Die Bilanzierung der Passiva nach HGB und IFRS 11.5.1

Bilanzierung des Eigenkapitals nach HGB und IFRS

Überblick Bezüglich des Eigenkapitals (equity) gibt es in der Rechnungslegung eine Vielzahl von Vorschriften bezüglich Ansatz, Ausweis und Bewertung (Tabelle 54). Das Hauptkennzeichen bei der Charakterisierung von Eigenkapitalinstrumenten nach IFRS ist das Fehlen einer vertraglichen Rückzahlungsverpflichtung (IAS 32.16 und17). HGB § 266 (3) HGB Bilanzausweis unter A. § 268 (1) HGB Ergebnisausweis. § 268 (3) HGB „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“. § 272 HGB Eigenkapitalvorschriften im Einzelnen. § 71 (1) AktG Eigene Anteile. § 182 ff. AktG Kapitalerhöhung. § 337 HGB Sondervorschriften für Genossenschaften.

IFRS Rahmenkonzept (F.49(c) Definition, F.65 bis F.68 Bilanzausweisvorschriften). IAS 1.54 (r) Bilanzausweis. IAS 1.78 (e) Gliederung in Gruppen IAS 1.106ff Veränderungen des Eigenkapitals.

Tabelle 54: Vorschriften zum Eigenkapital nach HGB und IFRS

Kapitalgesellschaften haben das Eigenkapital nach HGB stark untergliedert auszuweisen. Nach IFRS ist das Eigenkapital in Gezeichnetes Kapital und Rücklagen aufzuteilen (IAS 1.78 (c)). Das Gezeichnete Kapital kann nach weiteren Kategorien untergliedert werden (bspw. eingezahlt, nicht eingezahlt, eingefordert, nach Aktiengattungen, Absetzung eigener Anteile), wobei für die Gruppen weitere Untergliederungen vorgesehen sind. Insbesondere sind die Neubewertungsrücklage (revaluation surplus) und die Beträge aus der erfolgsneutralen Bewertung zum beizulegenden Zeitwert und die Rücklage aus Währungsumrechnungen auszuweisen (Tabelle 55).

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HGB § 266 (3) HGB schreibt für Kapitalgesellschaften folgenden Ausweis vor: I. Gezeichnetes Kapital II. Kapitalrücklage III. Gewinnrücklagen 1. gesetzliche Rücklage 2. Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen; 3. satzungsmäßige Rücklagen 4. andere Gewinnrücklagen IV. Gewinn/Verlustvortrag V. Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag

IFRS Die Untergliederung und der Detaillierungsgrad des Eigenkapitals ergeben sich aus den Regelungen einzelner Standards (IAS 1.78): • Gezeichnetes Kapital (issued capi-

tal/shares) • Kapitalrücklagen (share premium) • Gewinnrücklagen (retained reserve) - Ergebnisvorträge (accumulated pro-

fits/loses) - Periodenergebnis (net profit/loss) • Rücklagen aus GuV-neutralen Bewertungsvorgängen - Neubewertungsbeträge (revaluation

surplus) - Währungsumrechnungsdifferenzen

(translation adjustments) - Kumulierte Gewinne oder Verluste aus der Bewertung von Finanzinstrumenten (cumulative gains/losses on

financial instruments) - Versicherungsmathematische Gewinne oder Verluste (actuarial

gains/lasses) Tabelle 55: Untergliederung des Eigenkapitals in der Bilanz nach HGB und IFRS

Rücklagen werden unterschieden in Kapitalrücklagen und Gewinnrücklagen. Die Rücklagenbildung ist abhängig von der Rechtsform und wird vor allem durch Satzung und Gesellschaftsvertrag des Unternehmens bestimmt. Gewinnrücklagen (retained earnings) werden aus erwirtschafteten Jahresüberschüssen gebildet. Für die Auflösung und Einstellung in Gewinnrücklagen ist ein entsprechender Beschluss der Organe der Gesellschaften notwendig. Häufig wird eine detaillierte Aufgliederung in der IFRS-Bilanz nicht vorgenommen. Sofern es ein Standard nicht ausdrücklich fordert genügen entsprechende Angaben im Anhang. Die Kapitalrücklagen (additional paid-in capital) entstehen durch eine Reihe von Geschäftsfällen. Im HGB wird deren Ausweis im § 272 (2) geregelt. Folgende Tabelle zeigt eine Übersicht zur Entstehung und Behandlung nach IFRS und HGB (Tabelle 56).

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§ 272 (2) HGB 1. Agiobeträge bei der Ausgabe von Anteilen und Bezugsrechten. 2. Agiobeträge bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen. 3. Zuzahlungen, die Gesellschafter in das Eigenkapital leisten. 4. Zuzahlungen, die Gesellschafter gegen Gewährung eines Vorzugs für ihre Anteile leisten

329

IFRS 1. Agiobeträge bei der Ausgabe von Anteilen. 2. Gewinn aus dem Wiederverkauf eigener Aktien. 3. Detachable Stock Warrants = Obligationären gewährte Rechte zum Bezug von Capital Stock. 4. Donated Capital = Gegenwert von dem Unternehmen geschenkten Vermögensgegenständen. 5. Mehrbetrag aus der Neufestsetzung des Kapitals bei einer rechtlichen Neuorganisation. abzüglich: 1. Disagio bei der Ausgabe von Aktien. 2. Verlust aus dem Wiederverkauf eigener Aktien. 3. Minderbetrag aus der Neufestsetzung des Kapitals bei einer rechtlichen Neuorganisation.

Tabelle 56: Bestandteile der Kapitalrücklagen nach HGB und IFRS

Gewinn bzw. Verlust Der Erfolg des Unternehmens kann in voller Höhe auf der Passivseite der Bilanz auch unter dem Eigenkapital ausgewiesen werden. Ein vorgetragener Erfolg des Vorjahres steht dabei über dem im Geschäftsjahr erwirtschafteten Erfolg, wie es im § 266 (3) HGB gezeigt wird: IV. Gewinn/Verlustvortrag, V. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag. Im Handelsrecht nach HGB gibt es drei Möglichkeiten des Ergebnisausweises: vor Gewinnverwendung, nach teilweiser und nach vollständiger Gewinnverwendung. Üblich ist der Ausweis nach teilweiser Gewinnverwendung, (Abschnitt 9.5). Nach IFRS ist ein Ausweis nach teilweiser oder vollständiger Gewinnverwendung ebenfalls möglich. Eigenkapitalspiegel/Eigenkapitalveränderungsrechnung Nach dem HGB ist ein besonderer Eigenkapitalspiegel, der die Veränderungen während des Jahres und im Vergleich zum Vorjahr zeigt, nicht vorgesehen. Solche Vorschriften gibt es nur im AktG. Dagegen muss entsprechend IAS 1.106ff. eine differenzierte Darstellung der Entwicklung von Gezeichnetem Kapital, Kapitalrücklagen, Gewinnrücklagen, Bilanzgewinn und der Summe des Eigenkapitals erfolgen. Der Eigenkapitalspiegel zeigt die Überleitung vom Periodenanfang zum Periodenende für jede Eigenkapitalposition. Das Periodenergebnis ist zu untergliedern in die Anteile für Anteilseigner und Minderheitengesellschafter.

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Effekte aus der retrospektiven Anwendung oder der Anpassungen gemäß IAS 8 sind für jede Eigenkapitalposition auszuweisen. Der Eigenkapitalspiegel zeigt die Entwicklung der Einzelposten des Eigenkapitals. Es sind mindestens • gezeichnetes Kapital, • Kapitalrücklage, • Gewinnrücklagen, • Jahresergebnis, • Neubewertungsrücklage, • Bewertungsergebnisse von Finanzinstrumenten, • Währungsumrechnungsdifferenzen • für jeden Eigenkapitalposten die Änderungen, die sich durch Änderungen der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden oder Fehlerberichtigungen nach IAS 8 ergeben • sowie das gesamte Eigenkapital in seiner Entwicklung auszuweisen. Ein vereinfachtes Beispiel verdeutlicht eine Eigenkapitalveränderungsrechnung. Eigenkapitalposition Saldo 31.12.01 Änderungen von Bilanzierungs-/Bewertungsmethoden (IAS 8) Anpassung 31.12.01 Kapitalerhöhung Jahresüberschuss Währungsumrechnungsdifferenz Dividendenausschüttungen Auflösung Neubewertungsrücklage Saldo 31.12.02

NeubewerKapitalrückGewinntungsrücklage (Agio) rücklagen lage 2.500 350 100 750

Gez. Kapital

2.500 400

350 100

100

450

60

3.700

- 120

- 120

640 560

4.240 500 180

70

70

- 190

- 190

- 40 2.900

Gesamt

- 40 1.070

Abbildung 61: Beispiel für eine Eigenkapitalveränderungsrechnung

4.480

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AUFGABE 11.10: Vergleichen Sie die Angaben zum Eigenkapital in Geschäftsberichten von Unternehmen, die nach HGB und IFRS bilanzieren miteinander. 11.5.2

Rückstellungen nach HGB und IFRS

Rückstellungen sind ungewisse Schulden. Laut HGB gilt die zentrale Rückstellungsvorschrift im § 249. Danach kann man zwei Rückstellungsgruppen unterscheiden: • Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (z. B. Pensionsverpflichtungen, Steuerschulden, Schadenersatzleistungen), • Rückstellungen für noch nicht entstandene Verpflichtungen (Drohverlustrückstellungen, Garantierückstellungen). Laut Gliederungsschema der Bilanz gemäß § 266 (3) HGB sind Rückstellungen in drei Gruppen zu unterteilen: 1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen, 2. Steuerrückstellungen, 3. sonstige Rückstellungen. Die sonstigen Rückstellungen sind gemäß § 285 Nr.12 HGB im Anhang zu erläutern, wenn sie einen nicht unerheblichen Umfang haben. Eine Rückstellung (provision) nach IAS 37.14 ist geprägt durch: • das Vorliegen einer gegenwärtigen Verpflichtung aus einem Ereignis der Vergangenheit, • den wahrscheinlichen Abfluss von Ressourcen mit wirtschaftlichem Nutzen zur Erfüllung dieser Verpflichtung, • die Möglichkeit einer zuverlässigen Schätzung der Höhe der Verpflichtung. IAS 37.20 weist ausdrücklich darauf hin, dass nur Außenverpflichtungen ansatzfähig sind: Eine Verpflichtung betrifft immer eine andere Partei, gegenüber der die

Verpflichtung besteht. Aufwandsrückstellungen (z. B. für unterlassene Instandhaltungen oder für Großreparaturen) dürfen grundsätzlich nicht gebildet werden. Das Vorliegen einer ausschließlich rechtlich begründeten Verpflichtung ist dabei nicht zwingend erforderlich. Es ist ausreichend, dass zumindest eine faktische Verpflichtung vorliegt. Diese besteht bspw., wenn das Unternehmen durch sein bisheriges Verhalten, öffentlich

332

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angekündigte Maßnahmen oder ausreichend spezifizierte Aussagen anderen Parteien die Übernahme gewisser Verpflichtungen angedeutet hat und das Unternehmen dadurch bei den anderen Parteien auch die gerechtfertigte Erwartung geweckt hat, dass es diesen Verpflichtungen nachkommt (IAS 37.10). So sind z. B. Garantierückstellungen auch für Gewährleistungen zu bilden, welche nach Ablauf des gesetzlichen Gewährleistungszeitraums erbracht werden, sofern das Unternehmen diese Gewährleistungen aus Kulanzgründen in der Vergangenheit erbracht hat und das Unternehmen bislang durch Ankündigungen oder sein Verhalten bei den Abnehmern den Eindruck erweckt hat, diese Leistungen auch in der Zukunft zu erbringen (Verpflichtungsrückstellungen). Die Rückstellungen sind einerseits von den Verbindlichkeiten und andererseits von den Eventualschulden abzugrenzen. Im Vergleich zu Verbindlichkeiten sind Rückstellungen durch eine Unsicherheit hinsichtlich Zeitpunkt und/oder Höhe der künftig erforderlichen Ausgaben geprägt. Im Unterschied zum HGB werden Verpflichtungen, die auf bereits vollzogenen Liefer- oder Leistungsbeziehungen der Vergangenheit beruhen, die sich durch eine wesentlich höhere Sicherheit bezüglich Betrag und Erfüllungszeitpunkt auszeichnen, unter den Verbindlichkeiten als sogenannte abgegrenzte Verbindlichkeiten (IAS 37.11) oder accruals ausgewiesen (Verpflichtungen aus ausstehendem Urlaub der Mitarbeiter oder ausstehendem Urlaubsgeld, Verpflichtungen aus Tantiemen oder Boni). Für sog. Drohverlustrückstellungen nach IAS 37.66ff. ist Voraussetzung ein belastender Vertrag (onerous contract), bei dem die unvermeidbaren Kosten aus der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen höher als der erwartete wirtschaftliche Nutzen sind (IAS 37.10). Allerdings darf keine Möglichkeit bestehen, den Vertrag einseitig zu kündigen und durch die Kündigung dürfen keine Kosten entstehen. Es müssen mehr Gründe für als gegen eine Inanspruchnahme sprechen (more likely than not). Ist die Verpflichtung jedoch nicht unwahrscheinlich (remote), so ist eine Eventualverbindlichkeit (contingent liability) auszuweisen, zu der entsprechende Anhangangaben zu machen sind (IAS 37.23). Die IFRS unterteilen hinsichtlich des Betrags und/oder des zeitlichen Anfalls unsichere Verpflichtungen in drei Kategorien: • accruals oder accrued liabilities (bestandssichere Verpflichtungen), • provisions (bestandsunsichere Verpflichtungen - passivierungspflichtige Rückstellungen),

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

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• contingent liabilities (bestandsunsichere Verpflichtungen – nicht ansatzfähige, lediglich offenzulegende Eventualverpflichtungen).

Anhang

Ausweis

Verbot

Ansatzpflicht

Die Grundregeln zur Bildung von Rückstellungen nach HGB und IFRS fasst Tabelle 57 zusammen. HGB

IFRS

§ 249 (1) HGB • ungewisse Verbindlichkeiten, • drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, • unterlassene Instandhaltungen, die innerhalb von drei Monaten nachgeholt werden, • für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt wird • Gewährleistungen ohne rechtliche Verpflichtungen § 249 (2) HGB: Rückstellungen für allgemeine Risiken, wie Unternehmer-, Forschungs- und Umweltrisiken § 266 (3) HGB: B. Rückstellungen: (als eigenständige Gruppe innerhalb der Passiva) 1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen; 2. Steuerrückstellungen; 3. sonstige Rückstellungen. Haftungsverhältnisse bzw. Eventualverbindlichkeiten laut § 251 HGB

IAS 37 Außenverpflichtungen aufgrund eines Ereignisses der Vergangenheit, Abfluss von Ressourcen ist zu mehr als 50 % wahrscheinlich, eine Schätzung ist zuverlässig möglich.

Entsprechend HGB

Nach zunehmender Ungewissheit:

accruals = other Liabilities provisions = Rückstellungen, aber Ungewissheit < 50 % bzw. Gewissheit > 50 % Zuordnung zu kurzfristigen und langfristigen Schulden (liabilities) contingent liabilities = Eventualverbindlichkeiten (Gewissheit < 50 %)

Tabelle 57: Ansatz und Ausweis von Rückstellungen nach HGB und IFRS

Bewertung Nach § 253 (1) HGB sind Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen. Im Abs. 2 heißt es: Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr sind mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz. Die Grundregeln zur Bildung von Rückstellungen nach HGB und IFRS fasst Tabelle 58 zusammen.

einzelne Risiken

kollektive Risiken

Bandbreite

Grundsatz

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HGB • Bewertung der Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages (§ 253 (1) HGB). • Rückstellungen mit einer Laufzeit von länger als einem Jahr sind entsprechend ihrer Laufzeit mit einem durchschnittlichen Marktzins abzuzinsen (§253 (2) HGB. Laut GoB erfolgt der Ansatz des Wertes an der oberen Grenze des Schätzrahmens. Bei sog. kollektiven Risiken, z. B. Garantieleistungen, der statistische Erwartungswert.

IFRS Bestmögliche Schätzung der Ausgabe, die zur Erfüllung der gegenwärtigen Verpflichtung zum Bilanzstichtag erforderlich ist (IAS 37.36).

Ansatz des wahrscheinlichsten Wertes, bei gleich wahrscheinlichen Werten nach IFRS Ansatz des Erwartungswertes (IAS 37.39). Bei wesentlicher Abweichung des angesetzten Wertes vom höchsten Bandbreitenwert, Angabepflicht der maximalen Belastung im Anhang. Kollektive Risiken ergeben sich z. B. bei Garantierückstellungen: Für eine größere Anzahl ähnlicher Geschäftsvorfälle ergibt sich eine Wahrscheinlichkeitsverteilung möglicher Erfüllungsbeträge. Hier ist in allen Rechnungslegungssystemen der statische Erwartungswert anzusetzen. Beispiel: Umsatzerlöse im Geschäftsjahr 300 Mio. Euro. Aufgrund der letzten fünf Jahre ergaben sich durchschnittlich Garantieleistungen in Höhe von 2,5 % der Umsatzerlöse, sodass 2,5 % von 300 Mio. = 7,5 Mio. Euro Garantierückstellungen auszuweisen sind. Bei einzelnen Verpflichtungen ist grundsätzlich das wahrscheinlichste Ereignis als die bestmögliche Schätzung der Schuld heranzuziehen (IAS 37.40). Sollten andere mögliche Ereignisse zum größten Teil oberhalb oder unterhalb des Wertes mit der höchsten Wahrscheinlichkeit liegen, ist ein höherer bzw. geringerer Betrag anzusetzen (bestmögliche Schätzung). I. d. R. wählt man in diesen Fällen den Medianwert der Verpflichtung.

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Abzinsung

Drohverlustrückstellungen

HGB

335

IFRS

Absatzgeschäfte Vertragliche Verpflichtung, Waren zu einem bestimmten (zu niedrigen) Preis zu liefern. Ermittlung des sich ergebenden Verlustes: Entstehende Kosten abzüglich vereinbarter Erlöse Als Kosten sind grundsätzlich die Selbst- Sämtliche auftragsbezogene fixen und kosten anzusetzen, d. h. einschließlich variablen Kosten, ohne F & E-Kosten, Verwaltungs-, Vertriebskosten und evtl. allgemeine Verwaltungs- und Vertriebsauch Forschungs- und Entwicklungskos- gemeinkosten. ten (F & E). Beschaffungsgeschäfte Vertragliche Verpflichtung Leistungen zu einem bestimmten (zu hohen) Preis abzunehmen. Ermittlung des sich ergebenden Verlustes: Vereinbarte Preise für die Leistungen abzüglich voraussichtlicher Marktpreise im Zeitpunkt der Leistung. Bewertung der zu beschaffenden Waren IFRS: nach dem strengen Niederstwertprinzip. lower of cost and net realizable value Bei einer Restlaufzeit > 1 Jahr mit dem Laut IAS 37.45 ist bei einer wesentlidurchschnittlichen Marktzinssatz der chen Wirkung des Zinseffektes im Zuletzten 10 Jahre (253 (2) HGB) abzinsammenhang mit der Erfüllung der Versen. pflichtung eine Rückstellung in Höhe Bei Rückstellungen für Pensionen kann des Barwertes der erwarteten Ausgaben eine Restlaufzeit von 15 Jahren angeanzusetzen. nommen werden. Tabelle 58: Bewertung von Rückstellungen nach HGB und IFRS

Beispiel 1: Die Müller & Thurgau GmbH hat einen Rechtsstreit mit einem Konkurrenten, der ihr die Verletzung von Patenten vorwirft und Schadenersatzforderungen in Höhe von 1 Mio. Euro in Rechnung stellt. Der hinzugezogene Patentanwalt bestätigt, dass in der Tat eine Patentverletzung vorliegt, und gibt die wahrscheinliche Inanspruchnahme an: a) zwischen mindestens 500.000 Euro und maximal 800.000 Euro, b) zwischen mindestens 500.000 Euro und max. 800.000 Euro, wahrscheinlich 700.000 Euro. c) Der Patentanwalt vermutet, dass sich der Anspruch möglicherweise abwenden ließe. Das muss noch eingehend geprüft werden. Falls sich der Anspruch bestätigt, wird sich der Schadenersatz auf 400.000 Euro belaufen. Wie ist dieser Vorgang unter a) bis c) bilanziell zu behandeln? a) Nach HGB sind 800.000 Euro anzusetzen. Nach IFRS ist der Erwartungswert, hier der Mittelwert in Höhe von 650.000 Euro anzusetzen.

336

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

b) Nach HGB bleibt es bei dem Wert von 800.000 Euro. Nach IFRS ist der wahrscheinliche Wert von 700.000 Euro anzusetzen. c) Obwohl sich der Anspruch möglicherweise abwenden lässt, ist nach HGB eine Rückstellung in Höhe von 400.000 Euro zu bilden. Nach IFRS allerdings dürfen nur Rückstellungen angesetzt werden, wenn mit mehr als 50 %iger Wahrscheinlichkeit mit dem Abfluss von Ressourcen zu rechnen ist. Beispiel 2: Ein Tochterunternehmen der Müller & Thurgau GmbH stellt Edelstahltanks für das Weinkeltern her und gibt die Gewährleistung, dass die anfallenden Reparaturen innerhalb des ersten Jahres übernommen werden. Das Unternehmen hat aus Daten der Vergangenheit folgende Wahrscheinlichkeiten für unterschiedliche Reparaturfälle ermittelt: Reparaturkosten [Euro] Wahrscheinlichkeit

100

300

500

800

1.000

15 %

10 %

5%

3%

1%

Der Erwartungswert der Verpflichtung ist für die Bildung einer Rückstellung mittels gewogenem Durchschnittsbetrag zu bestimmen: 15 % x 100 + 10 % x 300 + 5 % x 500 + 3 % x 800 + 1 % x 1.000 = 104 Euro.

Dementsprechend ist pro verkauftem Edelstahltank eine Rückstellung für Gewährleistungsverpflichtung in Höhe von 104 Euro zu erfassen. Beispiel 3: Neben den Standardedelstahltanks stellt das Tochterunternehmen der Müller & Thurgau GmbH auch Großtankanlagen in Einzelfertigung her und ist für 1 Jahr verpflichtet schwerwiegende Fehler in der Funktionsweise der Anlagen zu beheben. Folgende alternative Möglichkeiten der Reparaturkosten ergeben sich bei den zu erwarteten Fehlern: Kosten der Reparatur [Euro] Wahrscheinlichkeit

25.000

40.000

35 %

25 %

100.000 250.000 750.000 20 %

15 %

5%

Ein Reparaturbetrag von 25.000 Euro ist der Wahrscheinlichste. Es ist jedoch ein höherer Rückstellungsbetrag anzusetzen, da mit einer Wahrscheinlichkeit von 65 % ein höherer Verlust als 25.000 Euro eintreten wird. Der Medianwert der Wahrscheinlichkeitsverteilung ist als Rückstellungsbetrag zu wählen; dieser beträgt ca. 40.000 Euro. Das Risiko eines höheren Verlusts beläuft sich auf 40 % und die Chance eines geringeren Verlustbetrags auf 35 % (Median: mit einer Wahrscheinlichkeit von jeweils weniger als 50 % tritt ein höherer oder ein geringerer Betrag ein).

337

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

AUFGABE 11.11: Die Müller & Thurgau GmbH hat im September 500 Stück der Spezialweinbehälter zu einem Festpreis von 200 Euro pro Stück eingekauft. Die Waren sind erst im März des folgenden Jahres lieferbar. Am 31.12. ist der Marktpreis auf 160 Euro gesunken. Der Kaufvertrag kann nicht gekündigt werden. Die Müller & Thurgau GmbH geht davon aus, dass sie die Waren zu einem Preis von 207 Euro pro Stück verkaufen kann. Der übliche Gewinnaufschlag beträgt 15 %. Führen Sie die Bewertung der Drohverlustrückstellung durch. AUFGABE 11.12: Eine Tochter der Müller & Thurgau GmbH hat im Oktober 01 eine Großtankanlage für 500.000 Euro geliefert. Es wird mit folgender Wahrscheinlichkeit von Reparaturen im Folgejahr gerechnet, für die es eine Garantieverpflichtung gibt. Kosten der Reparatur Wahrscheinlichkeit

15.000

25.000

40.000

50.000

75.000

38 %

28 %

18 %

12 %

4%

In welcher Höhe ist bei der Tochter der Müller & Thurgau GmbH am 31.12.01 eine Garantierückstellung zu bilden? Unter welchen Voraussetzungen ist dieser Vorgang auch bei der Müller & Thurgau GmbH im Jahresabschluss zu berücksichtigen? AUFGABE 11.13: Die Müller & Thurgau GmbH hat folgende Informationen zusammengetragen und überlegt, inwiefern diese im Jahresabschluss zu berücksichtigen sind (alle Werte in Euro): 1. anstehende Großreparatur der Anlagen 2. unterlassene Instandhaltungsarbeiten, die in den ersten 3 Monaten des Folgejahres nachgeholt werden 3. ausstehende Rechnungen für bereits erhaltene Lieferungen 4. ausstehende Urlaubsansprüche der Mitarbeiter 5. Garantieverpflichtungen und Nacharbeiten bei Kunden

100.000 27.770 20.000 6.000 30.000

Beurteilen Sie diese Sachverhalte nach HGB und IFRS in Bezug auf den Bilanzausweis! 11.5.3

Verbindlichkeiten nach HGB und IFRS

Im deutschen HGB sind Regelungen zu den Verbindlichkeiten in den §§ 250, 253, 266 und 285 enthalten. Die IFRS enthalten keinen eigenen Standard für Verbindlichkeiten. Wesentliche Regelungen sind im Rahmenkonzept und in den Standards IAS 1 (Darstellung),

338

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

IAS 21 (Wechselkursänderungen) und IAS 37 (Rückstellungen, Eventualverbindlichkeiten) sowie in den Standards zu Finanzinstrumenten enthalten (IAS 32, IIFRS 7; IFRS 9). Auf die Bildung von Rückstellungen wurde im Kapitel 11.5.2 eingegangen. Die wesentlichen Regelungen zum Ansatz und zur Gliederung von Verbindlichkeiten sind in der Tabelle 59 zusammengefasst. HGB

IFRS

Ansatz Am Bilanzstichtag sind alle dem Grunde, Auszuweisen ist die gegenwärtige Verder Höhe und der Fälligkeit nach feststepflichtung des Unternehmens aus verganhenden Verpflichtungen gegenüber einem genen Ereignissen, deren Tilgung zum AbDritten auszuweisen. fluss der mit einem wirtschaftlichen Nutzen verbundenen Ressourcen führt (F.49b). Ausweis Laut HGB handelt es sich einen eigenstän- Verbindlichkeiten werden zusammen mit digen Bilanzposten laut § 266 (3) HGB: den Rückstellungen und passiven RechC. Verbindlichkeiten nungsabgrenzungsposten unter den „Liabilities“ ausgewiesen (F.60 – 64). Gliederung Die Untergliederung erfolgt vor allem nach Die Hauptgliederung hat nach der Fristigder Art der Gläubiger: keit zu erfolgen (IAS 1.60): Kurzfristige Verbindlichkeiten (current lia• Anleihen, davon konvertibel • Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinsti- bilities) = Fälligkeit innerhalb eines operating cycle bzw. innerhalb eines Jahres, tuten z. B. (IAS 1.69): • Erhaltene Anzahlungen auf Best. • Verbindlichkeiten aLL, • Verbindlichkeiten aLL • Verbindlichkeiten aus der Annahme ge- • Kontokorrentkredite, • Ertragsteuern, zogener Wechsel und der Ausstellung • Dividendenverbindlichkeiten, eigener Wechsel • Verbindlichkeiten gegenüber verbunde- • Anzahlungen auf Bestellungen, zu deren Tilgung Vermögenswerte eingesetzt nen Unternehmen werden, die als current assets einzustu• Verbindlichkeiten gegenüber Unternehfen sind. men, mit denen ein BeteiligungsverhältLangfristige Verbindlichkeiten (non-current nis besteht liabilities, long term debts): • Sonstige Verbindlichkeiten, • Andere Schulden - davon aus Steuern, - davon im Rahmen der soz. Sicherheit • Ausnahmen: der kurzfristiger Anteil an langfristigen Verbindlichkeiten, wenn Bei jedem Posten sind in einem sog. Verdas Unternehmen beabsichtigt, die Verbindlichkeitenspiegel anzugeben: pflichtung langfristig zu finanzieren, insRestlaufzeit bis zu einem Jahr und Restlaufbesondere, wenn sie zur Refinanzierung zeit über fünf Jahre, Sicherung durch Pfandansteht. rechte oder ähnliche Rechte. Tabelle 59: Ansatz, Ausweis und Gliederung von Verbindlichkeiten nach HGB und IFRS

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

339

Bewertung Nach dem HGB sind Verbindlichkeiten zu den Anschaffungskosten (Nennwert) oder zum Erfüllungsbetrag anzusetzen. Eine Abzinsung ist für langfristige Verbindlichkeiten vorzunehmen. Für das Disagio besteht ein Wahlrecht zwischen Aktivierung und sofortiger erfolgswirksamer Abschreibung. Für Währungsschulden gilt das Höchstwertprinzip. Es sind nur höhere Kurse als zum Zeitpunkt der Entstehung der Schuld zu berücksichtigen. Eine Ausnahme bilden die kurzfristigen Fremdwährungsverbindlichkeiten (§ 256a HGB). Der erstmalige Ansatz von Verbindlichkeiten erfolgt nach IFRS zum beizulegenden Zeitwert, der der erhaltenen Gegenleistung entspricht (IFRS 9.5.1.1). Sofern ein Darlehen unter Abzug eines Disagios vereinnahmt wurde, wird es in Höhe des Auszahlungsbetrages passiviert. Die Aktivierung eines Disagios oder Agios ist unzulässig. In der Folgebewertung wird eine schrittweise Aufzinsung bis zum Rückzahlungsbetrag (Effektivzinsmethode) vorgenommen. Langfristige Schulden sind nach IFRS abzuzinsen und jährlich entsprechend zuzuschreiben. Es wird grundsätzlich zum jeweiligen Barwert bilanziert. Bei Währungsschulden gilt der Kurs am Bilanzstichtag. Die Grundsätze der Behandlung der Verbindlichkeiten nach HGB und IFRS fasst Tabelle 60 zusammen: HGB

IFRS

Grundsatz Der Ansatz von Verbindlichkeiten erfolgt Langfristige (zinslose) Schulden sind zum zum Zugangswert bzw. einem höheren Barwert anzusetzen, also abzuzinsen. Rückzahlungsbetrag. Kurzfristige Verbindlichkeiten sind zum Eine Abzinsung von Verbindlichkeiten in- Rückzahlungsbetrag zu bewerten. Hier folge von Unverzinslichkeit oder Niedrig- kommt eine Abzinsung nicht in Betracht. verzinslichkeit ist grundsätzlich unzulässig, Abgezinste langfristige Verbindlichkeiten sodass ein Barwertansatz nicht in Betracht sind jährlich zuzuschreiben und zwar bis kommt. Im Rahmen der Folgebewertung zur aktuellen Differenz zwischen Barwert sind Verbindlichkeiten um Tilgungen zu und Rückzahlungsbetrag. vermindern. Behandlung eines Disagios bzw. Agios Entweder erfolgt eine erfolgswirksame Ver- Es besteht ein Aktivierungsverbot für ein rechnung im Jahr des Zugangs oder es wird Disagio bzw. Agio. ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten Die Verbindlichkeit wird jährlich schrittaktiviert und über die Laufzeit der Verbind- weise um das anteilige Disagio erhöht lichkeit (meistens linear; andere Verteilun- bzw. um das Agio vermindert (Effektivzinsgen sind ebenfalls möglich, soweit sie den methode) (IFRS 9.5.3.1 i. V. m. IFRS GoB entsprechen) abgeschrieben. 9.5.3). Bei einem Agio ist die Verbindlichkeit mit dem Nennbetrag plus Agio anzusetzen.

340

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

HGB

IFRS

Fremdwährungsverbindlichkeiten Die Umrechnung erfolgt mit dem Devisen- Die Umrechnung erfolgt immer mit dem kassamittelkurs, der bei der Erstbuchung Briefkurs am Bilanzstichtag. maßgeblich war. Der § 256a Satz 1 HGB Nicht realisierte Gewinne und Verluste verlangt im Rahmen der Folgebewertung aus Kursschwankungen sind erfolgswirkeine strenge Umrechnung am Abschlusssam zu erfassen (IAS 21.21 ff). stichtag zum Devisenkassamittelkurs. Tabelle 60: Bewertung von Verbindlichkeiten nach HGB und IFRS

Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH hat am 01.01.01 ein endfälliges Darlehen in Höhe von 100.000 Euro aufgenommen (Laufzeit 5 Jahre). Dieses wurde zu 95 % ausgezahlt (Disagio: 5.000 Euro). Der vereinbarte Zins von 6 % p.a. ist nachschüssig zu entrichten. Der Effektivzinssatz wird mit 6,19323 % angegeben. Zu bestimmen sind die Bilanzansätze für die Jahre 01 bis 05. Die Anschaffungskosten belaufen sich auf 95.000 Euro. Die fortgeführten Anschaffungskosten sind nach der Effektivzinsmethode zu bestimmen: Jahr

Zinszahlung

Zinsaufwand für GuV

Zuschreibung

Bilanzansatz der Anleihe

31.12.01 31.12.02 31.12.03 31.12.04 31.12.05

5.000 5.000 5.000 5.000 5.000

5.883,57

883,57

95.883,57

5.938,29

938,29

96.821,86

5.996,40

996,40

97.818,26

6.058,11

1.058,11

98.876,37

6.123,64

1.123,64

100.000,00

AUFGABE 11.14: Die Müller & Thurgau GmbH beabsichtigt Anfang 02 ein Darlehen über 150.000 Euro aufzunehmen. Der Darlehensgeber bietet dieses zu einem Auszahlungskurs von 97 % und einem nachschüssigen Nominalzins von 6,5 % p.a. an. Die Endfälligkeit des Wertpapiers ist am 31.12.05. Der Effektivzinssatz wurde bereits finanzmathematisch mit 7,39357 % ermittelt. Bestimmen Sie die zu erwartenden Bilanzwerte für die Jahre 02 bis 05!

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

341

11.6 Die Bilanzierung weiterer Geschäftsvorgänge nach IFRS 11.6.1

Erlöse aus Verträge mit Kunden

Die Grundprinzipien der Ergebnisrechnung nach IFRS wurden im Kapitel 11.4.3 vorgestellt. Das Gesamtergebnis setzt sich nach IAS 1 aus dem Gewinn/Verlust der betrieblichen Tätigkeit und dem sonstigen Ergebnis zusammen. Der Mindestausweis nach IAS 1.82 ist in Tabelle 33 dargestellt. Von wesentlicher Bedeutung für das Ergebnis ist die Frage nach dem Zeitpunkt der Erlösrealisation und des Aufwands. Voraussetzung für die Erfassung von Erlösen ist die Zunahme des wirtschaftlichen Nutzens während der Bilanzierungsperiode in Form von Zuflüssen oder Wertsteigerungen von Vermögenswerten oder einer Verringerung von Schulden durch die sich das Eigenkapital unabhängig von Einlagen der Eigentümer erhöht. Dies muss sich verlässlich ermitteln lassen. Dies ist nicht sichergestellt bzw. zweifelhaft, wenn der belieferte Kunde zum Lieferzeitpunkt zahlungsunfähig ist oder wenn dem Kunden Rückgaberechte eingeräumt werden. Die Rücknahmewahrscheinlichkeit muss verlässlich geschätzt und der Ertrag dahingehend angepasst werden. Nach deutschem Recht sind in der Handelsbilanz gemäß § 277 (1) HGB Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen nach Abzug von Erlösschmälerungen und Umsatzsteuer als Umsatzerlöse auszuweisen. Nach dem Realisationsprinzip sind Gewinne nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert wurden (§ 252 (1) Nr. 4 HGB). Demnach sind Erträge aus Lieferungs- und Leistungsgeschäften als realisiert anzusehen, wenn der Lieferant den betreffenden Vermögensgegenstand vertragsgemäß übergeben hat, die Gefahr übergegangen und dadurch ein Anspruch auf Gegenleistung entstanden ist. Bei Erlösen aus Verträgen mit Kunden ist nach IFRS 15 anhand des 5 SchritteModells immer zu klären, zu welchen Zeitpunkt oder über welchen Zeitraum und in welcher Höhe Umsatzerlöse vorliegen (siehe Abbildung 62).

342

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Schritt 1

Schritt 2

Identifizierung des Vertrags

Identifizierung der Leistungsverpflichtung

Schritt 3 Bestimmung der Gegenleistung

Schritt 4

Schritt 5

Aufteilung der Gegenleistung

Erfassung der Umsatzerlöse

Abbildung 62: Fünf-Schritte Modell des IFRS 15

Ein Vertrag mit einem Kunden ist nur dann bilanziell zu erfassen, wenn die fünf Kriterien entsprechend IFRS 15.9 erfüllt sind: • schriftliche, mündliche o. ä. Zustimmung zum Vertrag und Zusage zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen, • Identifizierung der Rechte der Vertragspartner hinsichtlich der zu übertragenden Güter oder Dienstleistungen, • die Zahlungsbedingungen, • die wirtschaftliche Substanz des Vertrages, d. h. das Risiko, der Zeitpunkt oder die Höhe der künftigen Zahlungsströme des Unternehmens wird sich in Folge des Vertrages voraussichtlich ändern, • Wahrscheinlichkeit des Erhaltes der Gegenleistung. Der Schritt 2, die Identifikation der vertraglichen Leistungsverpflichtung, ist in Abbildung 63 dargestellt. Kriterium 1:

Kriterium 2:

Das Gut oder die Dienstleistung beIm konkreten Vertrag ist die Zusage sitzt die Eigenschaft, dass der Kunde des Unternehmens für den Übergang es/sie eigenständig oder zusammen und des Gutes oder der Dienstleistung auf mit anderen, für ihn stets verfügbaren den Kunden separat von anderen ZuRessourcen nutzen kann. sagen in dem Vertrag identifizierbar. ja

Unterscheidbare Leistungsverpflichtung

nein Nicht unterscheidbare Leistungsverpflichtung – Zusammenfassung mit anderen Gütern und Dienstleistungen

Abbildung 63: Identifikation der Leistung nach IFRS 15

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

343

Beispiel: Die Spezialanlagenbau GmbH (ein Unternehmen an dem die Müller & Thurgau GmbH beteiligt ist) hat einen Vertrag über die Komplettausrüstung einer Glasfabrik abgeschlossen, wozu eine Vielzahl verschiedener Güter und Dienstleistungen erforderlich ist. Im Allgemeinen erfüllen diese das Kriterium 1, da der Kunde einen Nutzen bspw. aus jedem einzelnen Anlagenelement (Glaswannen, Heizelemente, Transporteinheiten) in Verbindung mit anderen unmittelbar verfügbaren Ressourcen ziehen kann. Kriterium 2 wird jedoch nicht für jede Glaswanne und jedes Heizelement erfüllt, da die Spezialanlagenbau GmbH die vertragliche Zusage gegeben hat, die einzelnen Güter und Dienstleistungen zum Gesamtgut „Glasfabrik“ zusammenzuführen. Die für die Ausrüstung der Glasfabrik eingesetzten Güter und Dienstleistungen werden folglich als eine Leistungsverpflichtung bilanziert. Umsatzerlöse sind entweder zu einem Zeitpunkt oder über einen Zeitraum zu erfassen. Bei der Erfassung über einen Zeitraum ist der Leistungsfortschritt (POCMethode) zu bestimmen. Die Methode zur Schätzung des Leistungsfortschrittes kann sich ändern. Die Erfassung der Umsatzerlöse kann möglicherweise vorgezogen oder aufgeschoben werden, wie z. B. bei Mehrkomponentengeschäften und variablen Kaufpreisbestandteilen. Damit sind im Schritt 3 bei der Bestimmung der Gegenleistung, als der Betrag, auf den ein Unternehmen im Gegenzug für die Übertragung von Gütern und Dienstleistungen an einen Kunden erwartungsgemäß Anspruch hat, mehrere Einflussfaktoren zu berücksichtigen: Variable Kaufpreisbestandteile • Unternehmen unterliegen bei der Schätzung der erwarteten Höhe der variablen Kaufpreisbestandteile (z. B. Rabatte, Gutschriften, Preiszugeständnisse, Retouren oder Leistungsprämien/Konventionalstrafen) der Beschränkung, dass eine künftige Korrektur erfasster Umsatzerlöse nach unten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auftreten darf. • Die Schätzung der Höhe des variablen Kaufpreisbestandteils kann Auswirkungen auf den Zeitpunkt der Umsatzerfassung haben. Entgelt an einen Kunden • Unternehmen müssen bestimmen, ob Entgelte an einen Kunden eine Minderung der Gegenleistung, ein Entgelt für ein unterscheidbares Gut bzw. eine unterscheidbare Dienstleistung oder eine Kombination aus beidem darstellen.

344

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Unbare Gegenleistung • Eine unbare Gegenleistung wird zum beizulegenden Zeitwert bewertet, wenn dieser angemessen geschätzt werden kann. • Ist dies nicht der Fall, verwendet ein Unternehmen den Einzelveräußerungspreis des Gutes oder der Gegenleistung, der im Tausch für die unbare Gegenleistung zugesagt wurde. Wesentliche Finanzierungskomponenten Bei Verträgen mit einer wesentlichen Finanzierungskomponente passen Unternehmen den zugesagten Betrag der Gegenleistung um den Zinseffekt an. Ziel ist es, die Umsatzerlöse in der Höhe zu erfassen, die den Barverkaufspreis zu dem Zeitpunkt widerspiegelt, an dem die Kontrolle über das Gut oder die Dienstleistung auf den Kunden übergeht. Der verwendete Diskontierungssatz entspricht dem Zinssatz, der in einer separaten Finanzierungstransaktion zwischen dem Unternehmen und dem Kunden verwendet werden würde. Beispiel: Die Spezialanlagenbau GmbH hat einen Vertrag zur Übertragung einer Komplettanlage an einen Kunden für eine Gegenleistung von 1 Mio. Euro abgeschlossen. Gemäß den Vertragsbedingungen erfolgt die Zahlung zwei Jahre vor der Übertragung der Anlage an den Kunden. Unter Berücksichtigung der im IFRS 15 genannten Indikatoren gelangt die Spezialanlagenbau GmbH zu dem Schluss, dass der Vertrag eine wesentliche Finanzierungskomponente enthält. Eine Verbindlichkeit von 1 Mio. Euro wird bei Erhalt der Gegenleistung passiviert. Zinsaufwendungen werden über den Zweijahreszeitraum erfasst, basierend auf dem Zinssatz, der in einer separaten Finanzierungstransaktion zwischen der Spezialanlagenbau GmbH und dem Kunden verwendet werden würde. Umsatzerlöse von 1 Mio. Euro + der Zinsaufwendungen werden beim Übergang der Kontrolle über die Anlage auf den Kunden erfasst. Der vierte Schritt, die Aufteilung der Gegenleistung auf die Leistungsverpflichtung, wird in der folgenden Abbildung 64 dargestellt.

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

345

Aufteilung basierend auf relativen Einzelveräußerungspreisen Leistungsverpflichtung 1

Leistungsverpflichtung 2

Leistungsverpflichtung 3

Bestimmung der Einzelveräußerungspreise Gibt es einen beobachtbaren Preis? nein

ja Verwendung des beobachtbaren Preises

Schätzung des Preises

Residualwertmethode Ableitung vom Markt mittels Anpassung

nur wenn der Einzelveräußerungspreis stark variiert oder dessen Schätzung mit einem Hohen Maß an Unsicherheit verbunden ist.

Erwartete Kosten zuzüglich einer Marge

Abbildung 64: Aufteilung der Leistungsverpflichtung nach IFRS 15

Bei Erfüllung der Leistungsverpflichtung durch Übergang der Verfügungsgewalt über ein Gut oder über eine Dienstleistung auf den Kunden erfolgt Schritt 5, die Erfassung der Umsatzerlöse (IFRS 15.31ff). Der Übergang der Verfügungsgewalt ist gleichbedeutend mit der Kontrolle, d. h. der Möglichkeit über die Verwendung des Gutes oder der Dienstleistung zu bestimmen und dabei den wesentlichen Nutzen selbst zu vereinnahmen. Abbildung 65 zeigt den Kontrollübergang über einen Zeitraum. Der Leistungsfortschritt der vom Unternehmen erbrachten Leistung ist dabei entweder über eine Output-Methode (z. B. produzierte Einheiten) oder eine InputMethode (z. B. angefallene Kosten oder geleistete Arbeitsstunden) zu bestimmen. Die Behandlung der Kosten der Erlangung eines Vertrages (IFRS 15.91 – 94) und der Kosten der Erfüllung eines Vertrages (IFRS 15.95ff) wird im Standard einheitlich geregelt. Abbildung 66 zeigt sowohl Beispiele für Kosten, die bei der Erfüllung dieser Kriterien aktiviert werden können, als auch Beispiele für Kosten, die sofort aufwandswirksam zu erfassen sind.

346

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

1

Der Kunde erhält und verbraucht den Nutzen gleichzeitig mit der Leistungserbringung durch das Unternehmen.

Wiederkehrende Dienstleistung

Herstellung eines Vermögenswerts am Standort des Kunden

2

Durch die Leistung des Unternehmens wird ein Vermögenswert hergestellt oder verbessert, der durch den Kunden während der Leistungserbringung kontrolliert wird.

3

Die Leistung des Unternehmens führt zu einem Vermögenswert ohne alternative Nutzung für das Unternehmen und das Unternehmen verfügt über ein durchsetzbares Recht auf Zahlung für die bis dato ausgeführte Leistung.

Herstellung eines spezialisierten Vermögenswerts, den ausschließlich der Kunde nutzen kann (und ein entsprechendes Recht auf Zahlung)

Abbildung 65: Kontrollübergang über einen Zeitraum nach IFRS 15

Aktivierungsfähige Kosten, sofern die genannte Kriterien erfüllt sind

Kosten, die sofort als Aufwand zu erfassen sind

Personalkosten – z. B. Arbeitslöhne

Verwaltungsgemeinkosten – wenn sie nicht gemäß dem Vertrag explizit in Rechnung gestellt werden können

Materialeinzelkosten – z. B. RHB

Kosten, die im Zusammenhang mit bereits erfüllten Leistungsverpflichtungen stehen

Kosten die im direkten Zusammenhang mit dem Vertrag stehen – bspw. Aufwendungen für planmäßige Abschreibungen und Amortisationen

Kosten für nicht kalkulierte Materialabfälle, Personalgemeinkosten oder andere Vertragskosten

Kosten, die dem Kunden gemäß Vertrag explizit in Rechnung gestellt werden können

Kosten, die nicht eindeutig mit noch nicht erfüllten Leistungsverpflichtungen im Zusammenhang stehen

Abbildung 66: Kontrollübergang über einen Zeitraum nach IFRS 15

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

347

Der IFRS 15 gilt ab dem 01.01.2018 und ersetzt den IAS 11 Fertigungsaufträge und den IAS 17 Umsatzerlöse, IFRIC 13, IFRIC 15, IFRIC 18 und SIC 31. Beispiel: Für einen Großauftrag über insgesamt 120.000 Euro liegen folgende Informationen zu den Ist-Kosten und den erwarteten Gesamtkosten vor. Diese steigen aufgrund von Markttendenzen von Jahr zu Jahr an. Jahr

Ist-Kosten

01 02 03

am jeweiligen Bilanzstichtag erwartete Gesamtkosten 100.000 120.000 110.000 erreichter Ist-Wert

40.000 20.000 50.000

Kumulierte Ist-Kosten 40.000 60.000 110.000

Leistungsfortschritt 40,00 % 50,00 % 100,00 %

Die Bewertung des Auftrages für die Bilanzen der Jahre 01 bis 03 ergibt folgende Werte: Jahr 01 02 03

Kumulierte Ist-Kosten 40.000 60.000 110.000

Leistungsfortschritt 40,00 % 50,00 % 100,00 %

Erlöse des Jahres 48.000 12.000 60.000

Gewinn des Jahres 8.000 – 8.000 10.000

Bilanzausweis 48.000 60.000 120.000

Die Änderung der geschätzten Gesamtkosten führt zu einem negativen Ergebnis im Jahr 02, das erfolgswirksam in der jeweiligen Periode zu erfassen ist (IAS 11.36, siehe auch IAS 8).

AUFGABE 11.15: Die Spezialanlagenbau GmbH plant die Fertigung einer Glasproduktionsanlage, die sich insgesamt über 3 Geschäftsjahre erstreckt. Der geplante Gesamtaufwand wird auf 600.000 Euro geschätzt. Die vereinbarten Erlöse sollen 800.000 Euro erreichen (Festpreisvertrag mit der Müller & Thurgau GmbH). Es wird zunächst ein Gesamtgewinn von 200.000 Euro erwartet. Die Kosten können zuverlässig bestimmt werden und folgende Plan- und Ist-Kostendaten liegen jeweils am Ende der Abrechnungsperioden vor. Plankosten Ist-Kosten

01 100.000 50.000

02 250.000 250.000

03 250.000 350.000

Summe 600.000 650.000

Der Grad des Leistungsfortschritts ist aus dem Verhältnis von kumulierten Ist-Kosten zu erwarteten Gesamtkosten (cost-to-cost method) ermittelt worden. Wie hoch sind der zuzurechnende Erlös sowie der Gewinn in den einzelnen Geschäftsjahren auszuweisen? Wie hoch ist der jeweilige Bilanzausweis?

348

11.6.2

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Rechnungsabgrenzungen

Die IFRS enthalten keine Hinweise auf den Ansatz von Rechnungsabgrenzungsposten so wie sie das HGB kennt. Zur zeitlichen Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen wird nicht nach antizipativen und transitorischen Posten differenziert. Das Prinzip der Periodenabgrenzung (accrual principle) zählt jedoch zu den Grundprinzipien der IFRS und wird neben dem Rahmenkonzept (F.95) in einzelnen Standards konkretisiert (z. B. IAS 1, IAS 18). Das deutsche HGB schreibt in § 252 (1) Nr. 5 vor: Aufwendungen und Erträge des

Geschäftsjahrs sind unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluss zu berücksichtigen. Dieses gilt entsprechend auch nach IAS 1.27 und 28. Zwischen HGB- und IFRS-Bilanzierung gibt es folgende Unterschiede: HGB Es erfolgt eine klare Trennung zwischen transitorischen und antizipativen Posten.

IFRS Es erfolgt keine Differenzierung zwischen transitorischen und antizipativen Posten. Rechnungsabgrenzungsposten sind nicht als eigenständiges Abschlusselement vorgesehen. Vorausbezahlter Aufwand oder Ertrag Nur transitorische Posten werden laut HBG Der Ausweis von transitorischen Posten erfolgt unter prepaid expenses, other receivaunter Rechnungsabgrenzungsposten bles, other liabilities, deferred credits. ausgewiesen. Noch nicht erfasste Aufwendungen oder Erträge Antizipative Posten gehören zum Posten Der Ausweis von antizipativen Posten erSonstige Forderungen bzw. Verbindlichkei- folgt z. B. unter accrued expenses, accrued revenue. ten. Disagio, Agio, latente Steuern Wahlrecht: § 250 (3) HGB für Disagio und Für ein Disagio besteht Aktivierungsverbot. § 274 (1) HGB für aktive latente Steuern im Für latente Steuern besteht ein AktivierungsEinzelabschuss, Gebot für passive latente gebot. Steuern Tabelle 61: Unterschiede der Bilanzierung von Rechnungsabgrenzungsposten nach HGB und IFRS

349

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

11.6.3

Leasing

Die Bilanzierung von Leasingverhältnissen orientiert sich im deutschen Recht i.d.R. nach steuerrechtlichen Leasingerlassen41. Obwohl die IFRS handelsrechtliche Rechnungslegungen sind, sind die Zuordnungen der Leasingverhältnisse ähnlich geregelt (IAS 17). Für Geschäftsjahre, die ab dem 01.01.2019 beginnen, wird der Standard IFRS 16 Gültigkeit erhalten. Leasing wird definiert als eine Vereinbarung bei dem der Leasinggeber (lessor) dem Leasingnehmer (lessee) gegen Mietzahlung das Recht zur Nutzung eines Vermögensgegenstandes für einen vereinbarten Zeitraum überträgt (IAS 17.4). Die Einteilung der Leasingverhältnisse erfolgt in: • Finanzierungsleasing (finance lease) – alle wesentlichen Chancen und Risiken aus dem Leasinggegenstand werden auf den Leasingnehmer übertragen Die Bilanzierung erfolgt beim Leasingnehmer. • Operating Leasing (operating lease) – alle übrigen Fälle rung erfolgt beim Leasinggeber.

Die Bilanzie-

Die Zuordnung ergibt sich aus dem jeweiligen Leasingvertrag. Entscheidend ist der sich daraus ergebende wirtschaftliche Sachverhalt. Wirtschaftlich stellt das finance lease einen Finanzkauf dar. Abgrenzungsmerkmale zum operating lease bestehen in folgenden Punkten: • Es erfolgt eine Übertragung des Eigentums am Ende der Laufzeit. • Der Leasingvertrag enthält eine Kaufoption zu einem Preis der unter dem fair value liegt. • Die Grundmietzeit umfasst den größten Teil der wirtschaftlichen Nutzungsdauer (> 75%) des Objektes. • Der Barwert der Mindestleasingzahlungen ist größer oder gleich dem Zeitwert des Objektes bei Vertragsbeginn. • Der Leasinggegenstand ist ohne wesentliche Änderungen nur vom Leasingnehmer zu nutzen (Spezialleasing). Wenn eine dieser Bedingungen erfüllt ist, wird der Vertag als finance lease eingestuft. Alle Verträge, die diese Bedingungen nicht erfüllen, fallen unter das operating

lease.

41

Vgl. u. a. BMF-Schreiben vom 19.04.71 BStBl 71 1, S.264, BMF-Schreiben vom 21.03.72 BStBl 72 1, S.188

350

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Beim finance lease aktiviert der Leasingnehmer den Leasinggegenstand zum beizulegenden Zeitwert (abzüglich Zulagen und Steuergutschriften des Leasinggebers) bzw. zum niedrigeren Barwert der Mindestleasingzahlung (Summe aus den über die Laufzeit zu leistenden Grundmietzahlungen + Kaufpreiszahlung am Ende bei einer günstigen Kaufoption) und weist eine Verbindlichkeit in gleicher Höhe aus. Die Abzinsung erfolgt zum Leasingzinsfuß (implicit rate), sollte dieser dem Leasingnehmer nicht bekannt sein, zum vergleichbaren Zinssatz einer Kreditfinanzierung des Leasinggutes. Der Zinssatz kann dann finanzmathematisch bestimmt werden, wenn die Zahlungsflüsse (Kauf des Leasinggutes, Raten des Leasingnehmers und Zahlung des erwarteten Restwertes) beim Leasinggeber bekannt sind. Das Leasinggut wird über die Leasingdauer abgeschrieben. Die Leasingraten werden in einen Zins- und einen Tilgungsanteil aufgeteilt. Beim Leasinggeber erfolgt die Bilanzierung als Forderung sowie eine Aufteilung der Zahlungen in einen Zins-, Kosten- und Tilgungsanteil. Zinsen und Kosten sind Betriebseinnahmen, die Tilgungen mindern die Forderung. Beispiel: Die Müller & Thurgau GmbH least am 01.01.01 eine Anlage, deren Anschaffungskosten 40.000 Euro betragen hätten. Die Nutzungsdauer der Anlage beträgt fünf Jahre. Der Leasingvertrag wird mit einer Laufzeit von vier Jahren abgeschlossen. Der geschätzte (nicht garantierte) Restwert der Anlage nach vier Jahren beträgt 2.500 Euro. Es besteht keine Kaufoption. Die Leasingraten sind einmal pro Jahr nachschüssig in Höhe von 11.200 Euro zu zahlen. Nach den vertraglichen Vereinbarungen handelt es sich um Finanzierungsleasing. Aus Sicht des Leasinggebers ergibt sich folgende Zahlungsreihe: – 40.000 Euro (Bezahlung der Anlage 01.01.01), 11.200, 11.200, 11.200, 11.200 Euro (Raten des Leasingnehmers M & T GmbH jeweils zum Jahresende 01, 02, 03 und 04) und 2.500 Euro (fiktive Zahlung für bekannten Restwert Ende 04). Der daraus errechnete interne Zinssatz beträgt ca. 6,83238 % (Ermittelt mit der Methode des internen Zinsfußes). Die Berechnung des Barwerts der während der Grundmietzeit zu leistenden Leasingzahlungen ergibt 38.080,76 Euro. Die vier Leasingraten á 11.200 Euro werden mit dem ermittelten Zinssatz abgezinst. Dieser Barwert ist beim Leasingnehmer als Leasingverbindlichkeit anzusetzen und als Anschaffungskosten der Anlage zu aktivieren. Im Zeitraum von vier Jahren wird die Leasingverbindlichkeit getilgt. Die Anschaffungskosten werden über 4 Jahre linear abgeschrieben (38.080,76 / 4 = 9.520,19 Euro pro Jahr). Die folgende Tabelle zeigt die Werteentwicklung:

351

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Jahr

Abschreibung

Verbindlichkeit 38.080,79

Zinsaufwand

Tilgung

01.01.01

Wert der Anlage 38.080,76

31.12.01

28.560,57

9.520,19

29.482,59

2.601,82

8.598,18

31.12.02

19.040,38

9.520,19

20.296,95

2.014,36

9.185,64

31.12.03

9.520,19

9.520,19

10.483,71

1.386,76

9.813,24

31.12.04

0,00

9.520,19

0,00

716,29

10.483,71

Beim Operating Leasing (operate lease) erfolgt beim Leasingnehmer die Verbuchung der Raten als Aufwand. Beim Leasinggeber wird der Leasinggegenstand zu Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten aktiviert. Es wird über die wirtschaftliche Nutzungsdauer abgeschrieben. Die Erlöse werden unabhängig vom Zahlungszufluss über die Leasinglaufzeit linear aufgeteilt – ggf. erfolgt eine periodengerechte Abgrenzung. Sale-and-lease-back-Transaktionen liegen vor, wenn der vormals rechtliche Eigentümer des Vermögenswerts diesen veräußert und anschließend vom neuen rechtlichen Eigentümer zurück least. Es ist in Abhängigkeit der jeweiligen Ausgestaltung der Transaktion zu prüfen, ob und inwieweit – neben dem rechtlichen Eigentum – auch das wirtschaftliche Eigentum auf den Leasinggeber übergegangen ist. Daraus ergibt sich die Zuordnung zu den Leasing-Kategorien. Die Tabelle 62 gibt die einzelnen Fallgestaltungen des Sale-and-Lease-back sowie deren bilanzielle Behandlung nach IAS 17 wieder. Nachdem der Leasingnehmer nach IFRS 16 überprüft hat, • ob in der vertraglichen Vereinbarung ein identifizierbarer Vermögenswert vorliegt, • der Leasinggeber über kein substanzielles Austauschrecht verfügt, • er selbst hinsichtlich des Vermögenswertes ein Nutzungsrecht hat und • ihm im Wesentlichen der gesamte wirtschaftliche Nutzen zufließt, muss gemäß IFRS 16.12 zusätzlich überprüft werden, ob es sich um einen Leasingoder einen Dienstleistungsvertrag handelt. Jedoch räumt der IFRS 16 dem Leasingnehmer ein Wahlrecht ein, wonach der Leasingnehmer selbst entscheiden kann, ob er für jede Leasingverhältnisklasse insgesamt die Leasing- und Dienstleistungskomponenten aktiviert. Nach IFRS 16.22 wird das Vertragsverhältnis mit Laufzeitbeginn in der Bilanz erfasst. Dabei werden nach einem einheitlichen Modell auf Grundlage des sogenannten „Right-of-Use“-Ansatzes in gleicher Höhe das Nutzungsrecht am Vermögenswert aktiviert und die Leasingverbindlichkeit passiviert.

352

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

Sale-and-Leaseback führt zu einem FinanzierungsLeasing Gewinne aus dem Sale-and-Leaseback sind als abgegrenzte Verbindlichkeit auszuweisen und über den Leasingzeitraum aufzulösen (IAS 17.59 Satz 2); sofortige erfolgswirksame Erfassung von Verlusten aus einem Sale-andLease-back, die auf Wertminderungen zurückzuführen sind (IAS 17.63)

Sale-and-Lease-back führt zu einem Operating-Leasing Veräußerungspreis = Zeitwert sofortige erfolgswirksame Erfassung von Gewinnen und Verlusten aus einem Sale-andLease-back (IAS 17.61 Satz 1)

Veräußerungspreis > Zeitwert Ausweis des Differenzbetrages zwischen Veräußerungspreis und beizulegendem Zeitwert als abgegrenzte Verbindlichkeit und Auflösung über den Leasingzeitraum; sofortige erfolgswirksame Erfassung der danach verbleibenden Gewinne und Verluste (IAS 17.61 Satz 3)

Veräußerungspreis < Zeitwert sofortige erfolgswirksame Erfassung von Gewinnen aus einem Sale-andLease-back; Verluste: Ausweis des Differenzbetrages zwischen beizulegendem Zeitwert und Veräußerungspreis als abgegrenzte Forderung und Auflösung über den Leasingzeitraum nur bei Ausgleich dieses Verlustes durch günstige Leasingraten; andernfalls sofortige erfolgswirksame Erfassung der Verluste (IAS 17.61 Satz 2)

Tabelle 62: Behandlung von Sale-and-Lease-back-Transaktionen nach IAS 17

Die Leasingverbindlichkeit wird nach IFRS 16.26 in Höhe des Barwertes der zu leistenden Leasingzahlungen, die während der Vertragslaufzeit und nicht zu Vertragsbeginn gezahlt werden, bilanziert. Die Leasingzahlungen werden gemäß IFRS 16.27 nach der Effektivzinsmethode bewertet. Sofern der dafür benötigte Zinssatz nicht bestimmbar ist, ist der Grenzfremdkapitalzins des Leasingnehmers anzuwenden, da eine Anpassung des Zinssatzes nach IFRS 16.40 nur in Ausnahmefällen stattfindet. In diesem Fall ergibt sich ein während des Zeitverlaufs abnehmender Zinsaufwand, da die Leasingverbindlichkeit aufzuzinsen und der Buchwert um die geleistete Leasingzahlung zu kürzen ist.

353

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Right of leased asset (Recht zur Nutzung)

Leasinggeber

Leasingnehmer

Duales Risk-andRewards-Modell ja

„Einheitliches“ Right-of-Use-Modell

Analog IAS 17

Finance Lease

Consideration (Zahlung der Leasingraten)

Analog IAS 17

Operating Lease

NEU IFRS 16

Right-of-UseModell: Nutzungsrecht + Leasingverbindlichkeit

Analog IAS 17

Operating-LeaseModell: Kurzfristmiete und Small Tickets

Abbildung 67: Darstellung des Right-of-use-Ansatzes nach IFRS 16

Die Bewertung des Nutzungsrechtes unter Berücksichtigung von diversen Anschaffungskosten knüpft unmittelbar an die Bewertung der Leasingverbindlichkeit an, da beide Werte gemäß IFRS 16.24 im ersten Jahr in gleicher Höhe bilanziert werden. In der GuV-Darstellung wird das Nutzungsrecht nach IFRS 16.31 und 16.38 linear abgeschrieben. Der IASB räumt mit dem IFRS 16.5 dem Leasingnehmer zusätzlich für die Bilanzierung von Leasingverhältnissen zwei Wahlrechte ein: • bei der Bilanzierung von kurz laufenden Leasingvereinbarungen (zwölf Monate, ohne Verlängerungsoption) und • bei der Bilanzierung von Leasingvereinbarungen mit einem geringwertigen Vermögenswert (5.000 USD, Neupreis). Für den Ausweis von Leasingverhältnissen in der Bilanz verfügt der Leasingnehmer gemäß IFRS 16.47 über ein Wahlrecht, das ihm erlaubt, den Vermögenswert aus einer Leasingvereinbarung als gesonderten Posten zu bilanzieren oder alternativ im Anhang des Jahresabschlusses offenzulegen. Entscheidet sich der Leasingnehmer dahingehend, dass kein gesonderter Ausweis in der Bilanz erfolgt, ist das Nutzungsrecht am Vermögenswert im Anhang dem Bilanzposten zuzuordnen, in welchem der Leasinggegenstand bei einem Erwerb ausgewiesen worden wäre. Im Falle, dass der Vermögenswert in der Bilanz ausgewiesen wird, ist im Anhang vom Leasingnehmer offenzulegen, welche Bilanzpositionen Leasing-Vermögenswerte enthalten. Gleiches gilt für den Ausweis der Leasingverbindlichkeit. Diese kann ebenfalls gesondert bilanziert oder im Anhang offengelegt werden. Dagegen ist

354

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dem Leasingnehmer nach IFRS 16.49 in der GuV-Darstellung das Zusammenfassen von Abschreibungen des Nutzungsrechts und der Zinsaufwendungen aus der Aufzinsung der Leasingverbindlichkeit nicht gestattet. Mit den Richtlinien IFRS 16.51 und IFRS 16.89 setzt der IASB für Leasingnehmer und Leasinggeber umfangreiche Vorschriften zu Pflichtangaben, die den Interessenten von Jahresabschlüssen eine bessere Übersicht und Einschätzung der Auswirkung von Leasingverhältnissen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der betreffenden Unternehmen ermöglichen sollen.Der IFRS 16 ersetzt ab 1.1.2019 den IAS 17.

AUFGABE 11.16: Die Müller & Thurgau GmbH entscheidet sich zum 01.01.02 einen LKW an einen Leasinggeber zu verkaufen und least diesen LKW zum gleichen Zeitpunkt für einen Zeitraum von 6 Jahren zurück. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer des LKW beträgt zum 01.01.02 noch 8 Jahre. Die Müller & Thurgau GmbH hat in jedem Jahr eine Leasingrate von 19.000 Euro, jeweils nachschüssig, zu entrichten. Der beizulegende Zeitwert des LKW und damit der Verkaufspreis des LKW am 01.01.02 beträgt 105.000 Euro, der Buchwert in der Bilanz der GmbH zum 31.12.02 92.000 Euro. Es besteht keine Kauf- oder Mietverlängerungsoption für den Leasingnehmer am Ende der Grundmietzeit. Informationen zu den Verkaufsabsichten des Leasinggebers liegen ebenso nicht vor. Der übliche Fremdkapitalzinssatz des Leasingnehmers ist 6% p. a. a) Klassifizieren Sie das Leasingverhältnis nach IFRS! b) Welche Auswirkungen ergeben sich auf die Bilanz und das Ergebnis nach IFRS im vorliegenden Falle? 11.6.4

Bilanzierung latenter Steuern nach HGB und IFRS

Der Begriff latente Steuern lässt sich aus der wörtliche Bedeutung von latent ableiten: „vorhanden, aber noch nicht in Erscheinung getreten“. Latente Steuern sind somit Steuern, die sich aufgrund von handelsrechtlichen Bilanzierungen ergeben, die jedoch laut steuerrechtlicher bilanzieller Darstellung noch nicht anfallen. Aufgabe der latenten Steuern ist es, einen Zusammenhang zwischen den beiden Rechenwerken herzustellen, sodass im handelsrechtlichen Abschluss ein Steueraufwand ausgewiesen wird, der mit dem steuerrechtlichen Ergebnis korrespondiert. Daher enthalten alle Bilanzierungssysteme Regelungen für latente Steuern: §§ 274 und 306 HGB und IAS 12.

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355

Latente Steuern ergeben sich durch unterschiedliche Bilanzierungen in der Handels- und Steuerbilanz, die zu Ergebnisdifferenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz führen. Sie sind in der Handelsbilanz (= IFRS-Bilanz) auszuweisen, damit der Steueraufwand dem handelsrechtlichen Ergebnis entspricht. Es werden die Posten • aktive latente Steuern und • passive latente Steuern gebildet. Aktive latente Steuern entstehen, wenn das Handelsergebnis kleiner ist als das Steuerergebnis. Der in der Steuerbilanz ausgewiesene Steueraufwand ist demzufolge größer als der Steueraufwand nach Handelsbilanzergebnis. Der tatsächliche Steueraufwand wird in der Handelsbilanz ausgewiesen und für die Differenz ein Aktivposten „aktive latente Steuern“ gebildet, der eine fiktive Forderung darstellt. Aktive latente Steuern entstehen wenn: • Handelsbilanz-Aktiva < Steuerbilanz-Aktiva z. B. außerplanmäßige AfA auf Vorräte, die höher ist als die steuerliche Teilwertabschreibung • Handelsbilanz > Steuerbilanz-Passiva z. B. Restrukturierungsrückstellungen nach Handelsrecht, die steuerlich nicht zulässig sind • durch steuerliche Verlustvorträge falls es wahrscheinlich erscheint, dass diese mit künftigen Gewinnen verrechnet werden können, Darstellung als Vermögenswert (IAS12.34). Passive latente Steuern entstehen, wenn das Handelsergebnis größer ist als das Steuerergebnis. Der in der Steuerbilanz ausgewiesene Steueraufwand ist demzufolge kleiner als der Steueraufwand nach Handelsbilanzergebnis. Der tatsächliche Steueraufwand wird in der Handelsbilanz ausgewiesen und für die Differenz ein Passivposten „passive latente Steuern“ gebildet, der eine fiktive Verbindlichkeit ist. Passive latente Steuern entstehen wenn: • Handelsbilanz-Aktiva > Steuerbilanz-Aktiva z. B. der Wert eines Gebäudes in der Handelsbilanz ist höher als der Wert in der Steuerbilanz, abnutzbare Gegenstände des AV: Abschreibung nach IFRS linear; steuerlich degressiv,

356

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• Handelsbilanz-Passiva < Steuerbilanz-Passiva z. B. Fremdwährungsverbindlichkeiten liegen aufgrund günstiger Wechselkursentwicklung unter den Anschaffungskosten, Rückstellungen für unterlassen Instandhaltungen, die innerhalb der ersten drei Monate nachgeholt werden (nach IAS 37 Ansatzverbotfür IFRS-Abschlüsse). Die Abbildung 68 verdeutlicht diese Zusammenhänge grafisch. HB-EK = Steuer-EK temporäre Differenz

HB-EK< StB-EK

HB-EK > StB-EK

aktive Steuerabgrenzung

passive Steuerabgrenzung

HB-EK = Steuer-EK

nichttemporäre Differenz

keine Steuerabgrenzung

Abbildung 68: Entstehung latenter Steuern

Das Temporary-Konzept ist bilanzorientiert. Es werden zeitlich begrenzte und quasi-permanente Differenzen berücksichtigt. Als temporäre Differenzen werden Unterschiedsbeträge zwischen dem Buchwert eines Vermögenswerte oder einer Schuld in der Bilanz und seiner/ihrer steuerlichen Basis angesehen. Sie können entweder a) zu versteuernde temporäre Differenzen sein, die temporäre Unterschiede darstellen, die zu steuerpflichtigen Beträgen bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (steuerlichen Verlustes) zukünftiger Perioden führen, wenn der Buchwert des Vermögenswerts realisiert oder der Schuld erfüllt wird; oder b) abzugsfähige temporäre Differenzen sein, die temporäre Unterschiede darstellen, die zu Beträgen führen, die bei der Ermittlung des zu versteuernden Ergebnisses (steuerlichen Verlustes) zukünftiger Perioden abzugsfähig sind, wenn der Buchwert des Vermögenswertes realisiert oder eine Schuld erfüllt wird (IAS 12.5). Gemäß IAS 12.15 sind für alle zu versteuernden temporären Differenzen latente Steuern abzugrenzen. Die Ausnahmen beim Goodwill und beim erstmaligen Ansatz von Vermögenswerten oder Schulden sind in IAS 12.21 und 22 geregelt.

11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

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Temporäre Differenzen resultieren aus unterschiedlichen Wertansätzen eines Vermögenswertes oder einer Schuld in der Handels- und Steuerbilanz. Temporary differences ergeben sich, wenn die folgenden beiden Voraussetzungen vorliegen: • Die unterschiedlichen Wertansätze gleichen sich im Zeitablauf entweder automatisch oder durch unternehmerische Dispositionen aus. • Die unterschiedlichen Wertansätze wirken sich auf den ertragsteuerlichen Gewinn aus. Methode der Steuerabgrenzung Im Vordergrund steht der richtige Vermögens- und Schuldenausweis. Als passive latente Steuern sind Verbindlichkeiten gegenüber dem Fiskus auszuweisen. Als aktive latente Steuern sind Forderungen gegenüber dem Fiskus zu zeigen. Für die Berechnung der latenten Steuern werden künftige Steuersätze zugrunde gelegt, die zum Zeitpunkt der Umkehr der Differenz zwischen Handels- und Steuerbilanz voraussichtlich gelten werden. Zwischen HGB und IFRS gibt es sowohl beim Ansatz als auch bei der Bewertung der latenten Steuern Unterschiede (siehe Tabelle 63). Grundsätzlich sind diese getrennt von den anderen Vermögens- und Schuldposten, insbesondere von den tatsächlichen Steuerverbindlichkeiten bzw. Erstattungsansprüchen auszuweisen.

Abgrenzungskonzept Methode der Steuerabgrenzung

Aktive latente Steuern

HGB IFRS Temporary-Konzept, d. h., sämtliche Ansatz- und Bewertungsdifferenzen von Vermögensgegenständen und Schulden zwischen HB und StB werden bei der Ermittlung latenter Steuern berücksichtigt. Die Methode ist gesetzlich Nur die liability method ist zulässig. nicht festgelegt worden. Nach Die Bewertung hat daher mit dem herrschender Auffassung ist die Steuersatz, der im Jahr der Umkehrung der Latenzen gelten wird, zu erliability method anzuwenden folgen (IAS 12.47). (§ 274 (2) HGB). Im Einzelabschluss besteht ein Behandlung als ein Asset. Es besteht Aktivierungswahlrecht Bilanzansatzpflicht, soweit die Wahr(§ 274 (1) HGB). scheinlichkeit des künftigen NutzenIm Konzernabschluss besteht zuflusses more likely than not (>50%) laut § 306 HGB ein Ansatzge- ist. Der Ausweis erfolgt unter dem Posten bot. Nach HGB gibt es keine geson- deferred tax assets (eine Forderung derte Regelung zur Fristigkeits- aufgrund der bisher zu hohen effektidarstellung. Der Ausweis erven Steuerzahlungen im Vergleich folgt unter D. Aktive latente zum fiktiven Steueraufwand). Steuern.

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11 JAHRESABSCHLÜSSE NACH INTERNATIONALEM RECHT

HGB

Passive latente Steuern

Ausweis unter E. Passive latente Steuern. Sowohl im Einzel- als auch im Konzernabschluss besteht Bilanzansatzpflicht (§§ 274 (1) und 306 HGB). Es gibt keine gesonderte Regelung zur Fristigkeitsdarstellung.

ZusatzAngaben

Steuerliche Ver- Steuerliche Verlustvorträge sind bei der Berechnung aktiver lalustvorträge tenter Steuern in Höhe der innerhalb der nächsten fünf Jahre zu erwartenden Verlustverrechnung zu berücksichtigen (§ 274 (1) HGB).

IFRS In Abhängigkeit von der Fristigkeit sind die deferred tax assets entweder unter current assets oder non-current assets auszuweisen (IAS 12.7). An jedem Bilanzstichtag ist ein Werthaltigkeitstest durchzuführen: Wenn die Wahrscheinlichkeit der Realisierbarkeit weniger als 50 % beträgt, ist eine teilweise oder vollständige Wertberichtigung notwendig. Behandlung als liability. Es besteht Bilanzansatzpflicht. Der Ausweis hat unter dem Posten defered tax liability zu erfolgen (eine Verbindlichkeit aufgrund der bisher zu niedrigen effektiven Steuerzahlungen im Vergleich zum fiktiven Steueraufwand). In Abhängigkeit von der Fristigkeit erfolgt der Ausweis entweder unter current liabilities oder long-term debts. Es gibt umfangreiche Erläuterungsvorschriften zu den latenten Steuern (IAS 12.79ff): Wesentliche Bestandteile des Steueraufwands. Überleitungsrechnung vom erwarteten zum tatsächlichen ausgewiesenen Steueraufwand. Detailinformationen zu den Arten von temporären Differenzen. Es gilt eine Abgrenzungspflicht, da Verlustvorträge einen künftigen steuerlichen Vorteil darstellen, soweit zukünftiges zu versteuerndes Einkommen zur Nutzung des Vorteils zur Verfügung steht (IAS 12.34).

Tabelle 63: Unterschiede bei der Bilanzierung von latenten Steuern nach HGB und IFRS

Beispiel: Für die Müller & Thurgau GmbH sind zum Bilanzstichtag die folgenden Sachverhalte nach IFRS zu bewerten. Es wird ein Steuersatz von 30 % zugrunde gelegt.

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1. Sachverhalt Die GmbH schreibt das vor 15 Jahren für 500.000 Euro erworbene Fabrikgebäude entsprechend den steuerrechtlichen Vorschriften über 25 Jahre zu jeweils jährlich 4 % ab. Die geschätzte wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer beträgt nach IFRS 50 Jahre. Lösungsansatz: In der IFRS-Bilanz ist das Verwaltungsgebäude so zu bewerten, als ob es schon immer nach IFRS bilanziert worden wäre. Dies bedeutet, dass die planmäßigen kumulierten Abschreibungen angepasst werden müssen, d. h. die Abschreibungsdauer erhöht sich von 25 auf 50 Jahre. Der Buchwert in der IFRS-Bilanz beträgt demnach 350.000 Euro (Abschreibung pro Jahr 10.000 Euro; 500.000 ./. 15 x 10.000). Die Anpassung des Buchwertes um 150.000 Euro erfolgt über eine Erhöhung der Gewinnrücklagen. Steuerlich wurden 15 x 4 % = 60 % von 500.000 Euro abgeschrieben der steuerliche Buchwert beträgt demzufolge 300.00 Euro Der IFRS-Buchwert des Gebäudes ist also höher als der Buchwert in der Steuerbilanz. Es müssen passive latente Steuern in Höhe von 45.000 Euro (30 % von 150.000 Euro) erfasst werden. 2. Sachverhalt Es wurde am 01.01.01 eine Produktionsmaschine für 180.000 Euro angeschafft. In der IFRS-Bilanz wird die Maschine über 4 Jahre und in der Steuerbilanz über 6 Jahre abgeschrieben. Lösungsansatz: Die Maschine wird in der IFRS-Bilanz mit 45.000 Euro und in der Steuerbilanz mit 30.000 Euro pro Jahr abgeschrieben. Da der IFRS-Buchwert der Maschine kleiner als Buchwert der Steuerbilanz ist, müssen aktive latente Steuern in Höhe von 6.000 Euro (30 % von 9.000 Euro) gebildet werden. 3. Sachverhalt Die am 15.09.01 für 40.000 Euro gekauften Wertpapiere, die als „erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten“ klassifiziert wurden, haben am 31.12.01 einen Marktwert von 50.000 Euro. Die Veränderungen der Werte sollen erfolgsneutral berücksichtigt werden. Lösungsansatz Die Folgebewertung hat nach IFRS „erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten“ zu erfolgen. In der Steuerbilanz stellen die Anschaffungskosten den Höchstwert dar. D. h. die Wertpapiere werden in der IFRS-Bilanz mit 50.000 Euro und in der Steuerbilanz mit 40.000 Euro bewertet. Der IFRSBuchwert der Wertpapiere ist also höher als der Buchwert in der Steuerbilanz. Es

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müssen passive latente Steuern in Höhe von 3.000 Euro (30 % von 10.000 Euro) erfasst werden. 4. Sachverhalt Im Jahr 01 sind Entwicklungskosten von 40.000 Euro entstanden. Diese wurden handels- und steuerrechtlich als Aufwand verbucht. Nach IAS 38 erfüllen die Entwicklungskosten die Kriterien für den Ansatz als immaterieller Vermögenswert (IVW). Die Nutzungsdauer des immateriellen Vermögenswerts beträgt 4 Jahre. Lösungsansatz: Die Entwicklungskosten werden nach IFRS aktiviert und über die Nutzungsdauer von 4 Jahren abgeschrieben, d. h. mit jährlich 10.000 Euro. Der Bilanzansatz zum 31.12.01 erfolgt mit 30.000 Euro. In der Steuerbilanz wird der Aufwand komplett erfasst. Die IFRS-Aktiva sind also größer als die StB-Aktiva. Es werden passive latente Steuern in Höhe von 9.000 Euro (30 % von 30.000 Euro) gebildet. 5. Sachverhalt In den Jahren 01 bis 04 betragen die Erfolge in der Handels- und Steuerbilanz zunächst jeweils 400.000 Euro. Der einzige Unterschied zwischen der Handels- und Steuerbilanz betrifft die Abschreibung einer Maschine, die im Januar des Jahres 01 angeschafft wird. Handelsrechtlich wird die Maschine wie folgt degressiv abgeschrieben: 60.000 Euro in 01, 50.000 Euro in 02, 30.000 Euro in 03, 20.000 Euro in 04. Steuerrechtlich erfolgt die Abschreibung linear. Der Steuersatz beträgt 30 %. Für die einzelnen Jahre sind die laufenden Steueraufwendungen und die latenten Steuern zu ermitteln. Lösungsansatz:

01

02

03

Ergebnis vor Abschreibung

400.000

400.000

400.000

400.000 1.600.000

Ergebnis HB

340.000

350.000

370.000

380.000 1.440.000

Ergebnis StB

360.000

360.000

360.000

360.000 1.440.000

zeitliche Differenz

- 20.000

- 10.000 +10.000 +20.000

fiktiver Steueraufwand

102.000

105.000

111.000

114.000

432.000

108.000

108.000

108.000

108.000

432.000

6.000

3.000

tatsächlicher Steueraufwand aktive latente Steuern an latenter Steuerertrag latenter Steueraufwand an aktive latente Steuern

04

Summe

0

+ 9.000 3.000

6.000

- 9.000

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361

AUFGABE 11.17 Nehmen Sie die Bewertung aus nachfolgend aufgeführten Beispielen und Aufgaben und der Berücksichtigung von latenten Steuern vor (Steuersatz 30 %): Beispiel S.301, Beispiel S.324, Beispiel S.322, Aufgabe 11.1, Aufgabe 11.8, Aufgabe 11.9. AUFGABE 11.18: Für die in Aufgabe 9.19 zum Jahresende noch zu lösenden Bilanzierungsaufgaben sind unter dem Aspekt der Aufstellung eines Jahresabschlusses nach IFRS die latenten Steuern zu berechnen. AUFGABE 11.19: Die Müller & Thurgau GmbH erfasst zum 31.12.01 eine Wertminderung auf ein unbebautes Grundstück nach IAS 36 (Anschaffungskosten: 100.000 Euro; erzielbarer Betrag zum 31.12.01: 40.000 Euro). (Ertragssteuersatz 30 %). Steuerlich ist eine Abschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG wegen der voraussichtlich fehlenden Dauerhaftigkeit der Wertminderung nicht möglich. Zum 31.12.05 ist der Grund für die Wertminderung entfallen. Das Ergebnis vor Steuern und vor Wertminderung bzw. vor Wertaufholung beträgt sowohl in 02 als auch 05 jeweils 500.000 Euro. Bestimmen Sie die latenten Steuern! AUFGABE 11.20: Verschaffen Sie sich einen Überblick zu den im Kontenrahmen „DATEV-Kontenrahmen nach IFRS/IAS (SKR 04)“ verwendeten Konten und bilden Sie die Buchungssätze zu allen im Kapitel 11 aufgeführten Beispielen und Übungsaufgaben die Buchungsätze.

LITERATURVERZEICHNIS

363

Literaturverzeichnis Die folgenden Literaturquellen sind bei der Erstellung dieses Buches genutzt worden: Blödtner, W.; Bilke, K.; Heinig, R.: Fallsammlung Buchführung, Bilanzen Berichtigungstechnik, 11. Auflage, Herne/Berlin 2015 Bolin, M.; Ditges, J.; Arendt, U.: Internationales Rechnungslegung nach IFRS, 4. Auflage, Herne 2013 Bussiek, J.; Ehrmann, H.: Buchführung, 9. Auflage, Ludwigshafen 2010 Coennenberg, A. G.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 24. Auflage, Stuttgart 2016 Deutsche Bank AG: Rating – Fitnesscheck für ihr Unternehmen, Deutsche Bank AG Frankfurt am Main 2001 Döring, U.; Buchholz, R.: Buchhaltung und Jahresabschluss, 14. Auflage, Berlin 2015 Federmann, R.: Bilanzierung nach Handelsrecht, Steuerrecht und IAS/IFRS, 12. Auflage, Berlin 2010 Fricke, F.; Rube, K.-H.: Betriebswirtschaftslehre, 4. Auflage, München 2001 Gleißner, W.; Füser, K.: Leitfaden Rating Basel II: Rating – Strategien für den Mittelstand, München 2002 Hoffmann, W.-D. (Hrsg); Lüdenbach, N. (Hrsg.): IAS/IFRS-Texte 2016/2017, 9. Auflage, Herne 2016 Hofmann, St.: Die Früherkennung von Bilanzdelikten: Die Com Road AG als Fallbeispiel, KSIdigital 02.2005.066, 2005 Hundt, I.; Neitz, B.; Grabau, F.-R.: Rating als Chance für Kleine und mittlere Unternehmen, München 2003 Jaspers, W.: Stichprobeninventur in der Praxis, Wiesbaden 2004 Keppert, Th.; Brandstetter, W.: Bilanzdelikte, Wien 2008 Kirsch, H.: Einführung in die Internationale Rechnungslegung nach IFRS, 10. Auflage, Herne 2015 Kirsch, H.: Übungen zur Internationalen Rechnungslegung nach IFRS, 7. Auflage, Herne 2015 Kresse, W.: Die neue Schule des Bilanzbuchalters, Band 1, 11. Auflage, Stuttgart 2004 Kresse, W.: Die neue Schule des Bilanzbuchalters, Band 2, 10. Auflage, Stuttgart 2003 Lüdenbach, N. IFRS – Der Ratgeber zur erfolgreichen Anwendung von IFRS, 6. Auflage, Freiburg i.Br. 2010 o.V.: Buchen, Bilanzieren und Steuern sparen, Lexikon von A bis Z, Inventur (1005) o.V.: Der neue Teismann, das Grundwissen des Kaufmanns, Düsseldorf, 2000

364

LITERATURVERZEICHNIS

o.V.: International Financial Reporting Standards – IDW-Textausgabe, 9. Auflage, Düsseldorf 2016 Petersen, K. (Hrsg.) et al: IFRS Praxishandbuch 2016, 11. Auflage, München 2015 Scheffler, E.: IFRS-Kennzahlen-Dictionary – IFRS Ratios, München 2011 Schmolke, S.; Deitermann, M.; Rückwart W.-D.: Industrielles Rechnungswesen IKR, 46. Auflage, Darmstadt 2017 Simmonds, A.; Azières, O.: Accounting for Europe – success by 2000 AD, London 1989, S. 36. Tanski, J. S.: Internationale Rechnungslegungsstandards – IFRS/IAS Schritt für Schritt, 3. Auflage, München 2010 Weber, M.: 5 vor IFRS-Grundlagen, 2. Auflage, Herne 2013 Wöhe, G.; Kußmaul, H.: Grundzüge der Buchführung und Bilanztechnik, 9. Auflage, München, 2015 Wünsche, M.: Prüfungsvorbereitung Bilanzbuchhalter, 7. Auflage, Wiesbaden 2016 Zschenderlein, 0.: Kompakttraining Buchführung, 9. Auflage, Ludwigshafen 2017

ANHANG

Anhang

Vorstellung der Müller & Thurgau GmbH • • • •

Name der Gesellschaft: Sitz: Rechtsform: Beschäftigtenzahl:

• • • • •

Gezeichnetes Kapital: Branche: Bilanzsumme: Wirtschaftsjahr Umsatz:

Müller & Thurgau GmbH Würzburg GmbH 3 Geschäftsführer 7 Angestellte 31 Arbeitnehmer 400.000 € Fertigung in der Glasindustrie ca. 4,5 Mio. € = Kalenderjahr ca. 9 Mio. €

JAHRESABSCHLUSS zum 31. Dezember 02 Müller & Thurgau GmbH Glasfertigung Bocksbeutelstr. 1 97070 Würzburg

Finanzamt:

Würzburg

Steuer-Nr.: 12345676

365

366

ANHANG

ANHANG

367

368

ANHANG

GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG vom 01.01.02 bis 31.12.02 Müller & Thurgau GmbH Glasfertigung, Würzburg Euro

Geschäftsjahr Euro

1. Umsatzerlöse 2. Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen 3. Gesamtleistung

%

Vorjahr Euro

8.836.457,09

100,57

8.593.881,40

50.420,50

0,57

1.289.220,00

8.786.036,59

100,00

7.304.661,40

4. sonstige betriebliche Erträge a) ordentl. betriebl. Erträge aa) Grundstückserträge b) Erträge aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens und aus Zuschreibungen zu Gegenständen des Anlagevermögens

75.640,00

0,00

75.640,00

75.640,00

0,86

66.805,72

3.470.976,26

39,51

2.779.608,43

2.323.787,07

26,45

451.252,35

212.487,68

2,42

161.002,06

5. Materialaufwand a) Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren 6. Personalaufwand a) Löhne und Gehälter b) soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und für Unterstützung - davon für Altersversorgung Euro 52.000,00 (Euro 52.000,00)

1.923.234,72

400.552,35

7. Abschreibungen a) auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen sowie auf aktivierte Aufwendungen für die IngangSetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs

369

ANHANG

8. sonstige betriebliche Aufwendungen a) ordentliche betriebl. Aufwendungen aa) Raumkosten ab) Versicherungen, Beiträge und Abgaben ac) Reparaturen und Instandhaltungen ad) Fahrzeugkosten ae) Werbe- und Reisekosten af) Kosten der Warenabgabe ag) verschiedene betriebliche Kosten b) sonstige Aufwendungen im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

305.193,36

292.437,00

40.000,00 92.159,67 62.373,05 638,66 0,00 78.418,07

40.850,00 121.378,14 55.763,44 0,00 63.025,20 106.919,72

3.000,00

581.782,81

6,62

5.500,00

9. Erträge aus Beteiligungen

1.200,00

0,01

1.000,00

10. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzvermögens

8.000,00

0,09

8.000,00

11. sonstige Zinsen und ähnliche Erträge

4.281,00

0,05

5.177,00

12. Zinsen und ähnliche Aufwendungen

169.610,00

1,93

167.753,00

2.116.513,77

24,09

1.218.802,78

13. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit 14. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag 15. sonstige Steuern 16. Jahresüberschuss

651.619,49 3.500,00

447.439,77 655.119,49

7,46

3.250,00

1.461.394,28

16,63

768.113,01

370

ANHANG

371

ANHANG

KONTENNACHWEIS zur BILANZ zum 31.12.02 Müller & Thurgau GmbH Glasfertigung, Würzburg AKTIVA Euro Konto Bezeichnung

230 235 240 350 395

Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken Bauten auf eigenen Grundstücken Grundstückswert bebauter Grundstücke Geschäftsbauten Fabrikbauten Hof- und Wegebefestigungen

154.610,00 305.000,00 1.370.833,00 88.267,00 17.298,00

technische Anlagen und Maschinen 440 Maschinen

510 520 540 560 650 670 675 690

andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung Andere Anlagen PKW LKW Sonstige Transportmittel Büroeinrichtung Geringwertige Wirtschaftsgüter Geringwertige WG Sammelposten Sonstige Betriebs- und Geschäftsausstatt.

17.308,00 5.885,00 60.014,00 36.958,00 36.660,00 0,00 3.639,00 20.160,00

Beteiligungen 820 Beteiligungen Wertpapiere des Anlagevermögens 920 Festverzinsliche Wertpapiere Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 1000 Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen 1050 unfertige Erzeugnisse 1080 unfertige Leistungen

50.000,00 145.460,00

fertige Erzeugnisse und Waren 1140 Waren Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 1200 Forderungen aus Lieferungen u. Leistung 1210 Forderungen aus Lieferungen u. Leistung

2.000,00 0,00

Geschäftsjahr Euro

Vorjahr Euro

1.936.008,00

161.053,00 305.000,00 1.420.833,00 91.467,00 19.632,00

615.536,00

676.667,00

180.624,00

28.253,00 14.714,00 78.739,00 42.708,00 41.904,00 0,00 0,00 25.786,00

60.000,00

60.000,00

351.000,00

351.000,00

155.000,00

275.000,00

195.460,00

99.820,50 146.060,00

90.000,00

40.588,00

2.000,00

37.233,10 24.417,10

372

ANHANG

sonstige Vermögensgegenstände 1345 Forderungen gegen Personal (g. 1 Jahr) 1450 Körperschaftsteuerrückforderung 3840 Umsatzsteuer laufendes Jahr

54.080,00 2.151,71 0,00 56.231,71

52.000,00 0,00 120,76

davon mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr Euro 54.080,00 (Euro 52.000,00) 1345 Forderungen gegen Personal (g. 1 Jahr) Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks 1600 Kasse 1700 Postbank 1800 Raiffeisenbank Würzburg 1810 HypoVereinsbank Rechnungsabgrenzungsposten 1900 Aktive Rechnungsabgrenzung 1940 Damnum/Disagio

´ 4.448,69 822.156,43 344.344,23 466.733,09 1.637.682,44

2.206,30 590.356,54 961.822,69 0,00

202.154,00

180.000,00 23.161,00

5.481.696,15

5.750.541,99

180.000,00 22.154,00

davon Disagio Euro 22.154,00 (Euro 23.161,00) 1940 Damnum/Disagio Summe Aktiva

373

ANHANG

PASSIVA Euro Konto Bezeichnung

2900

Gezeichnetes Kapital Gezeichnetes Kapital

andere Gewinnrücklagen 2960 andere Gewinnrücklagen Gewinnvortrag 2970 Gewinnvortrag vor Verwendung Jahresüberschuss Jahresüberschuss

2981

Sonderposten mit Rücklageanteil SoPo mit Rücklageanteil § 6b EStG

Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen 3010 Pensionsrückstellungen

3030 3035 3040

Steuerrückstellungen Gewerbesteuerrückstellung Gewerbesteuerrückstellung § 4 Abs. 5b Körperschaftsteuerrückstellung

3095

sonstige Rückstellungen Rückstellungen für Abschluss u. Prüfung

1810 3151 3160 3170 3171

Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten HypoVereinsbank Verbindlichkeiten Kreditinstitut (b.1J) Verbindlichkeiten Kreditinstitut(1-5j) Verbindlichkeiten Kreditinstitut (g.5j) Verbindlichkeiten Kreditinstitut

davon mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr Euro 483.360,00 (Euro 124.030,21) 1810 HypoVereinsbank 3151 Verbindlichkeiten Kreditinstitut (b.1J) davon mit einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren Euro 900.000,00 (Euro 2.216.720,00) 3170 Verbindlichkeiten Kreditinstitut (g. 5J) 3171 Verbindlichkeiten Kreditinstitut

0,00 19.786,00 0,00

0,00 483.360,00 566.630,00 900.000,00 0,00

Geschäftsjahr Euro

Vorjahr Euro

400.000,00

400.000,00

24.500,00

24.500,00

768.113,01

0,00

1.461.394,28

768.113,01

23.500,00

23.500,00

344.446,00

292.446,00

19.786,00

156.258,00 0,00 137.241,77

40.000,00

30.000,00

1.949.990,00

124.030,21 0,00 566.630,00 900.00,00 1.316.720,00

374

ANHANG

erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen 3284 erhaltene Anzahlungen (1 – 5 Jahre) Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 3300 Verbindlichk. aus Lieferungen u. Leistung 3310 Verbindlichk. aus Lieferungen u. Leistung

0,00

300.000,00 5.400,00

305.400,00

500.000,00 186.360,00

68.930,86

42.850,00 61.190,00 0,00

75.636,00

75.640,00

5.481.696,15

5.750.541,99

davon mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr Euro 305.400,00 (Euro 686.360,00) 3300 Verbindlichk. Lohn- und Kirchensteuer 3741 Verbindlichk. soziale Sicherheit (b. 1J) 3840 Umsatzsteuer laufendes Jahr sonstige Verbindlichkeiten 3730 Verbindlichk. Lohn- und Kirchensteuer 3741 Verbindlichk. soziale Sicherheit (b. 1J) 3840 Umsatzsteuer laufendes Jahr

42.850,00 0,00 26.080,86

davon aus Steuern Euro 68.930,86 (Euro 42.850,00) 3730 Verbindlichk. Lohn- und Kirchensteuer 3840 Verbindlichk. laufendes Jahr davon im Rahmen der sozialen Sicherheit Euro 0,00 (Euro 61.190,00) 3741 Verbindlichk. soziale Sicherheit (b. 1 J) davon mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr Euro 68.930,86 (Euro 104.040,00) 3730 Verbindlichk. Lohn- und Kirchensteuer 3741 Verbindlichk. soziale Sicherheit (b. 1 J) 3840 Umsatzsteuer laufendes Jahr Rechnungsabgrenzungsposten 3900 Passive Rechnungsabgrenzung

Summe Passiva

375

ANHANG

KOSTENNACHWEIS GuV vom 01.01.02 bis 31.12.02 Müller & Thurgau GmbH Glasfertigung, Würzburg Euro

Geschäftsjahr Euro

Konto Bezeichnung

4120 4125 4400 4705 4736

Umsatzerlöse Steuerfreie Umsätze § 4 Nr. 1a UStG Steuerfreie EG-Lieferungen § 4, 1b UStG Erlöse 19 % USt Erlösschmälerungen steuerfrei § 4 Nr. 1a Gewährte Skonti 19 % USt

Verminderung des Bestands an Fertigen und unfertigen Erzeugnissen 4800 Bestandsveränderung fertige Erzeugnisse 4810 Bestandsveränderung unfertige Erzeugn. 4815 Bestandsveränderung unfertige Leistung

550.000,00 560.000,00 7.826.740,30 16.500,0016.800,0066.983,21-

0,00 49,820,50600,00-

Grundstückserträge 4860 Grundstückserträge Erträge aus dem Abgang von GegenStänden des Anlagevermögens und aus Zuschreibungen zu Gegenständen des Anlagevermögens 4845 Erlöse Sachanlageverkäufe 19 % USt 4855 Abgänge Sachanlagen Restbuchwert

5100 5400 5736 5880

Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren Einkauf Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Wareneingang 19 % Vorsteuer erhaltene Skonti 19 % Vorsteuer Bestandsveränderung RHB-Stoffe/Waren

0,00 0,00

305.268,933.081.085,7368.067,24 152.688,84-

Löhne und Gehälter 6020 Gehälter

6110 6120 6130 6140

soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und für Unterstützung Gesetzliche Sozialaufwendungen Beiträge zur Berufsgenossenschaft Freiwillige soziale Aufwendung LSt-frei Aufwendungen für Altersversorgung

davon für Altersversorgung Euro 52.000,00(Euro 52.000,00-) 6140 Aufwendungen für Altersversorgung

316.440,0030.000,002.112,3552.000,00-

Vorjahr Euro

8.836.457,09

600.000,00 600.000,00 7.461.138.83 4.500,0016.875,0045.882,43-

50.420,50-

85.360,00 900.580,00474.000,00-

75.640,00

75.640,00

0,00

66.806,72 1,00-

3.470.976,26-

485.504,22412.943,25126.050,40 2.007.211,36-

1.923.234,72-

1.996.992,00-

400.552,35-

367.140,0030.000,002.112,3552.000,00-

376

ANHANG

Abschreibungen

6220 6221 6222 6260 6264

6310 6325

auf immaterielle VermögensgegenStände des Anlagevermögens und Sachanlagen sowie auf aktivierte Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebes Abschreibungen auf Sachanlagen Abschreibungen auf Gebäude Abschreibungen auf Kfz Sofortabschreibung GWG Abschreibung Sammelposten GWG Raumkosten Miete, unbewegliche Wirtschaftsgüter Gas, Strom Wasser

Versicherungen, Beiträge und Abgaben 6400 Versicherungen 6420 Beiträge

115.846,0061.977,0033.304,00450,00910,68-

212.487,68-

156.241,720,00 0,00 4.760,340,00

192.758,36112.437,00-

305.193,36-

180.000,00112.437,00-

34.000,006.000,00-

40.000,00-

34.850,006.000,00-

92.159,67-

84.033,6037.344,54-

6450 6470

Reparaturen und Instandhaltungen Reparatur u. Instandhaltung von Bauten Reparatur/Instandh. Betriebs- u. Gesch.

82.680,689.478,99-

6520 6530 6540

Fahrzeugkosten Kfz-Versicherungen Laufende Kfz-Betriebskosten Kfz-Reparaturen

22.000,0027.515,9112.857,14-

62.373,05-

22.150,0025.210,088.403,36-

6640 6645

Werbe- und Reisekosten Bewirtungskosten Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben

447,06191,60-

638,66-

0,00 0,00

6790

Kosten der Warenabgabe Aufwand für Gewährleistungen

0,00

63.025,20-

6805 6815 6820 6825 6827 6835 6840

verschiedene betriebliche Kosten Telefon Bürobedarf Zeitschriften, Bücher Rechts- und Beratungskosten Abschluss- und Prüfungskosten Mieten für Einrichtungen bewegliche WG Mietleasing bewegliche Wirtschaftsgüter

78.418,07-

16.848,7412.672,262.243,0427.983,2134.416,113.479,049.277,32-

sonstige Aufwendungen im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit 6391 Zuwdg. Spenden wissensch./kult. Zweck

3.000,00-

5.500,00-

Erträge aus Bestellungen Erträge aus Beteiligungen z. T. steuerfrei

1.200,00

1.000,00

7005

24.453,774.285,712.243,042.773,1141.092,443.570,000,00

377

ANHANG

Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens 7010 Erträge Wertpapiere/Ausleihungen FAV

7110

sonstige Zinsen und ähnliche Erträge Sonstiger Zinsertrag

7310 7320

Zinsen und ähnliche Aufwendungen Zinsaufwendungen f. kfr. Verbindlichk. Zinsaufwendungen f. lfr. Verbindlichk.

6.121,00163,489,00-

7600 7608 7610 7632 7634 7635 7638

Steuern vom Einkommen und vom Ertrag Körperschaftsteuer Solidaritätszuschlag Gewerbesteuer Kapitalertragsteuer SolZ auf Kapitalertragsteuer Zinsabschlagsteuer SolZ auf Zinsabschlagsteuer

314.169,0017.279,29317.386,00240,0013,202.400,00132,00-

7685

sonstige Steuern Kfz-Steuern Jahresüberschuss Jahresüberschuss

8.000,00

8.000,00

4.281,00

5.177,00

169.610,00-

2.250,00165.503,00-

651.619,49-

238.087,0013.094,77196.258,000,00 0,00 0,00 0,00

3.500,00-

3.250,00-

1.461.394,28

768.113,01

378

ANHANG

KENNZAHLEN zum 31.12.02 Müller & Thurgau GmbH Glasfertigung, Würzburg Euro

Geschäftsjahr Wert

Vorjahr Wert

A. KENNZAHLEN ZUR VERMÖGENS- UND KAPITALSTRUKTUR Anlagevermögen x 100 Gesamtvermögen

3.143.168,00 5.481.696,15 Anlageintensität in %

Eigenkapital x 100 Gesamtkapital

57,34

3.317,756,00 5.750.541,99 57,69

48,84

3.317.756,00 5.750.541,99 57,69

104,73

4.534.428,98 1.216.113,01 372,86

85,19

1.216.113,01 3.317.756,00 36,65

124,78

3.725.279,01 3.317.756,00 112,28

1.166.506,42

4.534.428,98 1.554.385,53 2.980.043,45

165,32

1.616.156,49 1.313.569,98 123,04

2.677.507,29 5.481.696,15 Eigenkapitalanteil in %

Fremdkapital x 100 Eigenkapital

2.804.188,86 2.677.507,29 Verschuldungsgrad in %

B. KENNZAHLEN ZUR FINANZ- UND LIQUIDITÄTSSTRUKTUR 2.677.507,29 3.143.168,00

Eigenkapital x 100 Anlagevermögen Anlagendeckung I in % Eigenkapital + Langfr. Fremdkapital x 100 Anlagevermögen Anlagendeckung II in %

3.921.953,29 3.143.168,00

Fremdkapital - Flüssige Mittel

2.804.188,86 1.637.662,44 Nettoverschuldung

Flüssige Mittel + Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände bis 1 Jahr x 100 Kurzfristiges Fremdkapital Liquidität 2. Grades in %

1.641.834,15 993.112,86

379

ANHANG

C. KENNZAHLEN ZUR RENTABILITÄT Gesamtleistung

8.786.036,59

7.304.661,40

– Materialaufwand/Wareneinsatz

3.470.976,26

2.779.608,43

= Rohgewinn I

5.315.060,33

4.525.052,97

= Rohgewinn II

5.315.060,33

4.525.052,97

– Übrige Kosten

3.118.557,56

3.292.889,91

= Ordentlicher Betriebserfolg

2.196.502,77

1.232.183,06

= Ordentliches Betriebsergebnis

2.196.502,77

1.232.183,06

83.489,00-

83.436,00-

2.113.013,77

1.148.747,06

0,00

66.805,72

2.113.013,77

1.215.552,78

651.619,49

447.439,77

1.461.394,28

788.113,01

54,58

768.113,01 1.216.113,01 63,16

78,92

1.215.552,78 1.216.113,01 99,95

+ Ordentliches Finanz- und sonstiges neutrales Ergebnis = Ordentliches Ergebnis + Nicht ordentliches betriebliches Ergebnis = Ergebnis vor Steuern vom Einkommen und Ertrag – Steuern vom Einkommen und Ertrag = Jahresüberschuss

Jahresüberschuss x 100 Eigenkapital Eigenkapitalrentabilität in %

1.461.394,28 2.677.507,29

Jahresüberschuss + EE-Steuern x 100 Eigenkapital Eigenkapitalrentabilität vor Steuern in %

2.113.013,77 2.677.507,29

Jahresüberschuss + Fremdkapitalzinsen + EE-Steuern x 100 . Gesamtkapital Gesamtkapitalrentabilität vor Zinsen und Steuern in % Jahresüberschuss x 100 Gesamtleistung

2.282.623,77 5.481.696,15

1.383.305,78 5.750.541,99 41,64

24,06

16,63

768.113,01 7.304.661,40 10,52

25,00

1.232.183,06 7.304.661,40 16,87

125,13

4.525.052,97 2.779.608,43 162,79

60,49

4.525.052,97 7.304.661,40 61,95

1.461.394,28 8.786.036,59 Umsatzrentabilität I in %

Ordentliches Betriebsergebnis x 100 Gesamtleistung Umsatzrentabilität II in %

2.196.502,77 8.786.036,59

Rohgewinn x 100 . Materialaufw./Wareneinsatz

5.315.060,33 3.470.976,26 Aufschlagsatz in %

Rohgewinn x 100 Gesamtleistung

5.315.060,33 8.786.036,59 Handelsspanne in %

380

ANHANG

D. CASHFLOW-KENNZAHLEN Ordentliches Betriebsergebnis + Ordentliche Abschreibungen auf das Anlagevermögen, soweit in den übrigen Kosten enthalten + Erhöhung Pensionsrückstellungen = Betriebsbedingter Cashflow

2.196.502,77

1.232.183,06

2.12.487,68 52.000,00

161.002,06 52.000,00 1.445185,12

Ordentliches Betriebsergebnis + Ordentliche Abschreibungen auf das Anlagevermögen, soweit in den übrigen Kosten enthalten + Erhöhung Pensionsrückstellungen = Ordentlicher Cashflow

2.113.013,77

1.448.747,06

212.487,68 52.000,00 2.377.501,45

161.002,06 52.000,00 1.361.749,12

Ordentlicher Cashflow x 100 Eigenkapital Eigenkapitalrentabilität in % bezogen auf Cashflow

2.377.501,45 2.677.507,29 88,80

1.361.749,12 1.216.113,01 111,98

27,06

1.361.749,12 7.304.661,40 18,64

Ordentlicher Cashflow x 100 Gesamtleistung Umsatzrentabilität in % bezogen auf Cashflow Nettoverschuldung . Ordentlicher Cashflow Nettoverschuldung in Jahren bezogen auf Cashflow

2.460.990,45

2.377.501,45 8.786.036,59

1.166.506,42 2.377.501,45

2.980.043,45 1.361.749,12 0,49

2.19

3,78

7.304.661,40 2.448.244,35 2,98

1,61

8.593.881,40 5.750.541,99 1,49

0

61.650,20 8.593.881,40 3

32

686.360,00 2.779.608,43 89

E. KENNZAHLEN ZUR PRODUKTIVITÄT Gesamtleistung Personalkosten

8.788.036,59 2.323.787,07 Umsatz je 1 Euro Personalkosten

Umsatz Gesamtkapital Umschlagshäufigkeit des Gesamtkapitals

8.836.457,09 5.481.696,15

Forderungen aLL x 360 Tage Umsatz Zielgewährung an Kunden (in Tagen)

2.000,00 8.836.457,09

Verbindlichkeiten und Wechsel aLL x 360 Tage Umsatz Zielgewährung von Lieferanten (in Tagen)

305.400,00 3.470.976,26

Unfertige und fertige Erzeugnisse, Leistungen und Waren x 360 Tage . Umsatz Reichweite der Erzeugnisse, Leistungen und Waren (in Tagen) RHB-Stoffe und Waren x 360 Tage Materialaufwand Reichweite der RHB-Stoffe und Waren (in Tagen)

285.460,00 8.836.457,09

286.468,50 8.593.881,40 12

245.000,00 3.470.976,26

12 315.558,00 2.779.608,43

25

41

ANHANG

381

Anhang und Lagebericht der Müller & Thurgau GmbH Müller & Thurgau GmbH Glasfertigung Bocksbeutelstr. 1 97070 Würzburg

Allgemeine Angaben Der Jahresabschluss der Müller & Thurgau GmbH wurde auf der Grundlage der neuen Rechnungslegungsvorschriften des Handelsgesetzbuchs aufgestellt. Angaben, die wahlweise in der Bilanz gemacht werden können, sind insgesamt im Anhang aufgeführt. Soweit Wahlrechte für Angaben in der Bilanz oder im Anhang ausgeübt werden können, wurde der Vermerk in der Bilanz gewählt. Für die Gewinn- und Verlustrechnung wurde das Gesamtkostenverfahren gewählt. Nach den in § 267 HGB angegebenen Größenklassen ist die Gesellschaft eine mittlere Kapitalgesellschaft. Angaben zur Bilanzierung und Bewertung einschließlich der Vornahme steuerrechtlicher Maßnahmen Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze Der Jahresabschluss der Müller & Thurgau GmbH wurde auf der Grundlage der neuen Rechnungslegungsvorschriften des Handelsgesetzbuchs aufgestellt. Ergänzend zu diesen Vorschriften waren die Regelungen des GmbH-Gesetzes zu beachten. Erworbene immaterielle Anlagewerte wurden zu Anschaffungskosten angesetzt und sofern sie der Abnutzung unterlegen, um planmäßige Abschreibungen vermindert. Das Sachanlagevermögen wurde zu Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten angesetzt und soweit abnutzbar, um planmäßige Abschreibungen vermindert. In die Herstellungskosten wurden neben den unmittelbar zurechenbaren Kosten auch notwendige Gemeinkosten und durch die Fertigung veranlasste Abschreibungen einbezogen. Die planmäßigen Abschreibungen wurden nach der voraussichtlichen Nutzungsdauer der Vermögensgegenstände und entsprechend den steuerlichen Vorschriften linear und degressiv vorgenommen. Der Übergang von der degressiven zur linearen Abschreibung erfolgt in den Fällen, in denen dies zu einer höheren Jahresabschreibung führt. Bewegliche Gegenstände des Anlagevermögens bis zu einem Wert von 150 Euro wurden im Jahr des Zugangs aktiviert und planmäßig abgeschrieben. Die Finanzanlagen wurden wie folgt angesetzt und bewertet: -

Beteiligungen zu Anschaffungskosten

-

Anteile an verbundenen Unternehmen zu Anschaffungskosten

-

Ausleihungen zum Nennwert

-

Unverzinsliche und niedrig verzinsliche Ausleihungen zum Barwert

-

Sonstige Wertpapiere zu Anschaffungskosten.

Soweit erforderlich, wurde der am Bilanzstichtag vorliegende niedrigere Wert angesetzt. Die Vorräte wurden zu Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten angesetzt. Sofern die Tageswerte am Bilanzstichtag niedriger waren, wurden diese angesetzt.

382

ANHANG

Forderungen und Wertpapiere wurden unter Berücksichtigung aller erkennbaren Risiken bewertet. Für ungewisse Verbindlichkeiten aus Pensionsverpflichtungen wurden Rückstellungen gebildet. Die Rückstellungsbildung wurde auf der Basis versicherungsmathematischer Berechnungen entsprechend den steuerlichen Regelungen nach dem Teilwertverfahren durchgeführt. Die Steuerrückstellungen beinhalten die das Geschäftsjahr betreffenden, noch nicht veranlagten Steuern. Die sonstigen Rückstellungen wurden für alle weiteren ungewissen Verbindlichkeiten gebildet. Dabei wurden alle erkennbaren Risiken berücksichtigt. Verbindlichkeiten wurden zum Rückzahlungsbetrag angesetzt. Sofern die Tageswerte über den Rückzahlungsbeträgen lagen, wurden die Verbindlichkeiten zum höheren Tageswert angesetzt. Ein grundlegender Wechsel von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden gegenüber dem Vorjahr fand nicht statt. Besondere Angaben zu Bewertungsvereinfachungen Zur Bewertung des Vorratsvermögens wurde gemäß § 240 Abs. 4 HGB das Durchschnittswertverfahren angewandt. Zwischen den Werten dieses Verfahrens und den auf der Grundlage von Marktpreisen festgelegten Werten ergaben sich wesentliche Unterschiede, die an dieser Stelle angegeben werden. Besondere Angaben zu Bewertungsvereinfachungen Zur Bewertung des Vorratsvermögens wurde gemäß § 256 HGB Verbrauchsfolgeverfahren angewandt. Zwischen den im Einzelfall angewandten Verfahren und den auf der Grundlage von Marktpreisen festgelegten Werten ergaben sich wesentliche Unterschiede, die an dieser Stelle angegeben werden. Außerplanmäßige Abschreibungen auf das Anlagevermögen Auf Gegenstände des Anlagevermögens wurden außerplanmäßige Abschreibungen in Höhe von 0 Euro vorgenommen. Abschreibungen auf den niedrigeren zukünftigen Wert bei Gegenständen des Umlaufvermögens Zur Verhinderung von zukünftigen Wertschwankungen wurden auf Gegenstände des Umlaufvermögens Abschreibungen auf den niedrigeren zukünftigen Wert vorgenommen. Die Abschreibungen betragen 0 Euro. Unterlassene Zuschreibungen Grundsätzlich wird der niedrigere Wert bei Vermögensgegenständen auch dann beibehalten, wenn die Gründe der vorgenommenen außerplanmäßigen Abschreibungen weggefallen sind. Der Betrag, der im Geschäftsjahr unterlassenen Zuschreibungen, beläuft sich auf 0 Euro. Angaben und Erläuterungen zu einzelnen Posten der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung Bruttoanlagenspiegel Die Aufgliederung und Entwicklung der Anlagenwerte ist aus dem Anlagenspiegel zu entnehmen. Geschäftsjahresabschreibung Die Geschäftsjahresabschreibung je Posten der Bilanz ist aus dem Anlagenspiegel zu entnehmen. Die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter wird als Zugang und Abgang ausgewiesen. Die Geschäftsjahresabschreibung enthält damit diese Beträge nicht. Der Betrag der in den kumulierten Abschreibungsbeträgen nicht enthaltenen Sofortabschreibungen beläuft sich auf: Aktivierte Disagiobeträge In die Rechnungsabgrenzungsposten wurde ein Disagiobetrag in Höhe von 22.154 Euro eingestellt.

383

ANHANG

Sonderposten mit Rücklageanteil Nachfolgend werden die Vorschriften und Werte der einzelnen Sonderposten mit Rücklageanteil angegeben: Sonderposten mit Rücklageanteil § 6 b EStG

23.500

Euro

Sonderposten mit Rücklageanteil Die folgende Darstellung zeigt die Entwicklung des Sonderpostens mit Rücklageanteil im Jahr 02: Vortrag

23.500 Euro

Auflösung

0 Euro

Einstellung

0 Euro

Stand 31.12.02

23.500 Euro

Auflösung von Sonderposten mit Rücklageanteil Die Erträge aus der Auflösung von Sonderposten mit Rücklageanteil betragen 0 Euro. Einstellung von Sonderposten mit Rücklageanteil Die Aufwendungen aus der Einstellung in Sonderposten mit Rücklageanteil betragen 0 Euro. Angaben und Erläuterungen zu Rückstellungen Im Posten sonstige Rückstellungen sind die nachfolgenden nicht unerheblichen Rückstellungsarten enthalten. Die Pensionsrückstellungen decken die erteilten Versorgungszusagen im vollen Umfang. Betrag der Verbindlichkeiten und Sicherungsrechte mit einer Restlaufzeit von mehr als 5 Jahren Der Gesamtbetrag der bilanzierten Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als 5 Jahren beträgt 900.000,00 Euro. Der Gesamtbetrag der bilanzierten Verbindlichkeiten, die durch Pfandrechte oder ähnliche Rechte gesichert sind, beträgt 0 Euro. Die nachfolgenden Sicherungsarten und Sicherungsformen sind mit den Verbindlichkeiten verbunden: Erläuterung der außerordentlichen Erträge Beim ausgewiesenen Betrag der außerordentlichen Erträge handelte es sich im Einzelnen um: Erläuterung der außerordentlichen Aufwendungen Beim ausgewiesenen Betrag der außerordentlichen Aufwendungen handelte es sich im Einzelnen um: Erläuterung der periodenfremden Erträge In der Erfolgsrechnung sind periodenfremde Erträge in Höhe von 0 Euro enthalten. Steuern vom Einkommen und Ertrag Die Steuern betreffen ausschließlich das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Gewinnvortrag Der Jahresabschluss wurde nach teilweiser Gewinnverwendung aufgestellt. In den Jahresabschluss 02 wurde ein Gewinnvortrag von 768.113,01 Euro einbezogen. Vorschlag zur Ergebnisverwendung Die Geschäftsführung schlägt in Übereinstimmung mit den Gesellschaftern die folgende Ergebnisverwendung vor: Der Jahresüberschuss beträgt 1.461.394,28 Euro.

384

ANHANG

Einschließlich des zu berücksichtigenden Gewinnvortrags ergibt sich ein Betrag von 2.229.507,20 Euro, der zu verwenden ist. In die Rücklagen werden 0 Euro eingestellt. Zur Ausschüttung ist ein Betrag von 0 Euro vorgesehen. Auf neue Rechnung werden 2.229.507,20 Euro vorgetragen. Beschluss über die Verwendung des Ergebnisses Auf der Gesellschaftsversammlung vom 28.02.03 wurde der Vorschlag der Geschäftsführung zur Ergebnisverwendung angenommen. Gesonderter Ausweis zusätzlicher Posten Die nachfolgenden Angaben vervollständigen die in der Form der kleinen Kapitalgesellschaft erstellte Bilanz. Sonstige Pflichtangaben Angaben zur Vermittlung eines besseren Einblicks in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage Die nachfolgenden, zusätzlichen Angaben sind bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage zu beachten: Namen der Geschäftsführer Während des abgelaufenen Geschäftsjahrs wurden die Geschäfte des Unternehmens durch folgende Personen geführt: Erster Geschäftsführer:

Heinrich Müller

Weitere Geschäftsführer:

Josef Thurgau Willi Winzer

Vergütungen der Geschäftsführer Als Vergütung für die geleisteten Tätigkeiten im Berichtsjahr wurden 357.904,32 Euro gewährt. Gewährte Bezüge, die noch in keinem Jahresabschluss angegeben worden sind Für Leistungen früherer Jahre, die erst in diesem Geschäftsjahr abgerechnet wurden, waren 0 Euro abzurechnen. Gewährte Bezüge für frühere Geschäftsführer bzw. deren Hinterbliebenen Früheren Geschäftsführern sowie deren Hinterbliebenen wurden 0 Euro gewährt. Diesen gewährten Bezügen stehen keine Gegenleistungen im Geschäftsjahr gegenüber. Gebildete Rückstellungen für frühere Geschäftsführer Die Pensionsverpflichtungen gegenüber früheren Geschäftsführern und deren Hinterbliebenen sind voll durch Rückstellungen abgedeckt. Die Rückstellungen betragen 0 Euro. Die für frühere Geschäftsführer sowie deren Hinterbliebenen gebildeten Rückstellungen betragen 0 Euro. Der zurückgestellte Betrag betrifft laufende Pensionen sowie Anwartschaften auf Pensionen. Zur Rückstellungsbildung wurden die steuerlichen Vorschriften beachtet. Bestehende Verpflichtungen früherer Mitglieder ohne Rückstellungsdeckung Nicht durch Rückstellungen gedeckt ist ein Betrag von 0 Euro. Durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahrs beschäftigten Arbeitnehmer Die nachfolgenden Arbeitnehmergruppen waren während des Geschäftsjahrs im Unternehmen beschäftigt.

385

ANHANG

Arbeitsnehmergruppen

Zahl

Arbeiter

20

Angestellte

10

leitende Angestellte

0

vollzeitbeschäftigte Mitarbeiter

30

teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter

0

Die Gesamtzahl der durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer beträgt damit 30. Personalaufwand Der Personalaufwand des Geschäftsjahrs beträgt 1.923.234,72 Euro und gliedert sich wie folgt: a) Löhne und Gehälter

1.923.234,72 Euro

b) soziale Abgaben und Aufwendungen für die Altersversorgung und Unterstützung

400.552,35 Euro

davon für Altersversorgung

52.000,00 Euro

LAGEBERICHT Geschäftsverlauf und Lage der Gesellschaft Zum Geschäftsverlauf und zur Lage der Gesellschaft wird im Einzelnen ausgeführt: Die Gesamtkonjunktur in der Bundesrepublik Deutschland war im Berichtsjahr mäßig. Für unser Unternehmen verlief das abgelaufene Geschäftsjahr erfolgreich, jedoch von den Erträgen her schlechter als das Vorjahr. Dennoch ist das Ergebnis, auf Grund der hohen Forderungsausfälle im letzten Jahr höher. Nach Steuern können wir ein Jahresergebnis von 1.461.394 Euro ausweisen. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem Zuwachs um rd. 90,26 %. Wesentliche Einflüsse auf unser Ergebnis gingen von der guten Weinernte 01 aus. Wir rechnen für das laufende Jahr mit einer positiven Ergebnisentwicklung. Die Entwicklung der Beschaffungsmarktpreise war durch einen positiven Preisverlauf am Rohstoffmarkt gekennzeichnet. Der Schwerpunkt unserer Tätigkeit lag in der Produktion. Unsere Gesamtleistung stieg von 7.304.662 Euro um 20,28 % auf 8.786.036 Euro. Die Auftragslage hat sich gegenüber dem Vorjahr verbessert. Maßgebend dafür waren die ansteigende Konjunktur und die gute Weinernte. Unsere Umsatzerlöse stiegen von 8.785.655 Euro um 0,58 % auf 8.836.457 Euro. Unsere Wettbewerbsposition bei Weinflaschen konnten wir halten. Der Auftragsbestand lag unter dem vergleichbaren Wert des Vorjahreszeitraums. Unsere Vermögensstruktur zum 31.12.02 ist durch einen Anteil vom Anlagevermögen an der Bilanzsumme von 54,08 % gekennzeichnet. 8 % der Bilanzsumme entfallen auf die Vorräte. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände haben zum 31.12.02 einen Anteil von 1 %. Wertpapiere und flüssige Mittel umfassen 30 %.

386

ANHANG

Unsere Kapitalstruktur zum 31.12.02 ist durch einen Anteil vom Eigenkapital an der Bilanzsumme von 48,84 % gekennzeichnet. 35,42 % der Bilanzsumme entfallen auf kurzfristiges Fremdkapital. Das Anlagevermögen ist mit 53,85 % durch Eigenkapital und langfristiges Fremdkapital gedeckt. Wir haben im abgelaufenen Geschäftsjahr Investitionen in Höhe von 121.195 Euro getätigt. Diesen Investitionen stehen Abschreibungen und Abgänge in Höhe von 212.488 Euro gegenüber. Den Schwerpunkt unserer Investitionstätigkeit bildete die Beschaffung von Anlagevermögen. Die Finanzierung der Investitionen erfolgte weitgehend aus eigenen Mitteln. Im abgelaufenen Geschäftsjahr konnten wir einen Cash Flow in Höhe von 2.178.172 Euro erzielen. Die Liquiditätslage unseres Unternehmens war im Berichtsjahr positiv, so dass ein großer Teil des Fremdkapitals zurückgezahlt werden konnte. Wir rechnen damit, künftig unsere finanziellen Verpflichtungen voll erfüllen zu können. Die Zahl unserer Mitarbeiter hat sich im Verlauf des Geschäftsjahres nicht geändert. Zum Jahresende waren insgesamt 30 Mitarbeiter in unserem Unternehmen tätig. Die Geschäftsführung spricht an dieser Stelle allen Betriebsangehörigen und dem Betriebsrat Dank und Anerkennung für die im abgelaufenen Geschäftsjahr geleistete Arbeit aus. Vorgänge von besonderer Bedeutung nach Schluss des Geschäftsjahrs Seit dem Bilanzstichtag haben sich die geschäftlichen Aktivitäten entsprechend den Planungen in gewohnten Rahmen entwickelt. Vorgänge von besonderer Bedeutung haben sich nach Schluss des Geschäftsjahres nicht ergeben. Die voraussichtliche Entwicklung der Gesellschaft Zur voraussichtlichen Entwicklung der Gesellschaft wird im Einzelnen ausgeführt: Für das Jahr 03 rechnen wir bei einer anhaltend stabilen Nachfrage und insgesamt mit dem gleichen Jahresergebnis wie 02. Unsere Kapazitäten waren in den ersten 2 Monaten des laufenden Jahres ausgelastet. Die Umsatzentwicklung der ersten 2 Monate des Jahres 03 verlief zufriedenstellend. Für das Gesamtjahr 03 erwarten wir aufgrund der voraussichtlich sich nicht verbessernden Konjunktur keinen Umsatzzuwachs gegenüber dem Vorjahr. In den ersten 2 Monaten lag unser Auftragseingang bei dem vergleichbaren Wert des Vorjahrs. Insgesamt erwarten wir keinen Zuwachs unseres Auftragsbestands. Für die kommenden 5 Jahre haben wir Investitionen mit einem Umfang von insgesamt 1.000.000,00 Euro geplant, die weitestgehend in die Modernisierung und nicht in die Erweiterung der Produktionsanlagen fließen. Für das Jahr 03 werden wir ein Investitionsvolumen von rd. 150.000 Euro einsetzen. Unsere Investitionstätigkeit wird sich auf die Beschaffung und Erneuerung von Anlagevermögen konzentrieren. Die Investitionsmaßnahmen werden aus eigenen Mitteln finanziert. Mit 30 Mitarbeitern per 31.12.02 waren in unserem Unternehmen ebenso viele Mitarbeiter als zum vergleichbaren Vorjahreszeitpunkt beschäftigt. Bis zum Ende dieses Jahres erwarten wir keine Veränderungen bei den Mitarbeiterzahlen. Der Bereich Forschung und Entwicklung Die Müller & Thurgau GmbH hat keinen eigenen Forschungs- und Entwicklungsbereich, so dass hierfür keine Aufwendungen entstanden sind.

ANHANG

387

1. MIDIAS Kurzbericht zur Gesamtlage 2 Jahre Berichtszeitraum:

vom 01.01.02

bis 31.12.02

Vergleichszeitraum:

vom 01.01.01

bis 31.12.01

1.1 ERFOLGSLAGE Das Ergebnis der GuV ist von 768.115 Euro um 90,26 % auf 1.461.393 Euro gestiegen. Zusätzlich Steuern vom Einkommen und vom Ertrag sowie Zinsaufwendungen ergibt sich ein weiterhin positiver Erfolg, der von 1.383.308 Euro um 65,01 % auf 2.282.622 Euro gesteigert werden konnte. Der positive Erfolg ist allein auf den ordentlichen Bereich und hier besonders auf den betrieblichen Bereich zurückzuführen. Der Erfolg im Vergleichszeitraum resultiert vor allem aus dem ordentlichen und hier aus dem Betriebsbereich. Die Gesamtkapitalrendite, die als Verhältnis des Erfolgs zur Bilanzsumme errechnet wird, liegt mit 41,64 % über dem Wert im Vergleichszeitraum von 24,06 %. Die Aufgliederung der Erfolgsbestandteile im Berichts- und Vergleichszeitraum sowie deren prozentuale und absolute Änderung zeigt folgendes Schaubild:

388

ANHANG

1.2 FINANZLAGE 1.2.1. Mittelherkunft und -verwendung Per Saldo liegt eine Eigenmittelmehrung vor, die sowohl in den Vermögensaufbau investiert sowie für den Kapitaldienst verwendet wurde. Bei getrennter Betrachtung resultiert die Mittelherkunft weit überwiegend aus dem Cashflow vor Steuern und Zinsen, außerdem trägt noch Fremdmittelaufnahme in geringem Umfang dazu bei. Der überwiegende Teil der Mittelverwendung diente dem Kapitaldienst. Außerdem wurde ein wesentlicher Teil für Steuerzahlungen verwendet, der Restbetrag wurde in den Vermögensaufbau investiert. Bei dynamischer Betrachtung muss der Cashflow vor Steuern und Zinsen von 2.178.172 Euro rd. 1,29-mal erwirtschaftet werden, um das Fremdkapital von 2.804.190 Euro vollständig zurückzuzahlen. Die einzelnen Zahlungsströme sowie deren prozentuale Anteile am gesamten Finanzfluss zeigt folgendes Schaubild: MITTELVERWENDUNG

MITTELHERKUNFT

*) Die Tilgung der Bankkredite betrifft mit 124.030 Euro die Rückführung der Kontokorrentkredite. 1.2.2. Kapitalstruktur Das Eigenkapital hat sich von 1.216.115 Euro auf 2.677.506 Euro erhöht. Bei gefallener Bilanzsumme ist damit die Eigenkapitalquote von 21,15 % auf 48,84 % gestiegen. Bei insgesamt gesunkenem Fremdkapital haben sich die Anteile des mittel- und des kurzfristigen Fremdkapitals erhöht, der Schwerpunkt liegt nach wie vor im langfristigen Bereich. Innerhalb der langfristigen Verbindlichkeiten haben weiter die Kreditinstitute den größten Anteil.

389

ANHANG

Die Betrachtung der Verbindlichkeiten (außer Rückstellungen) nach Gläubigergruppen zeigt eine relativ höhere Beanspruchung der Kreditinstitute. Nach wie vor sind die Kreditinstitute Hauptgläubiger des Unternehmens. Im Einzelnen zeigt die Kapitalstruktur folgendes Bild: Kennzahlen zur Kapitalstruktur

Berichtszeitraum

Vergleichszeitraum

Euro oder in %

Euro oder in %

Eigenkapital ohne Bilanzgewinn x 100 Bilanzsumme = Eigenkapitalanteil ohne Bilanzgewinn

448.000 5.481.696 8,17

448.000 5.750.544 7,79

Eigenkapital mit Bilanzgewinn x100 Bilanzsumme = Eigenkapitalanteil mit Bilanzgewinn

2.677.506 5.481.696 48,84

1.216.115 5.750.544 21,15

langfristiges Kapital x 100 Anlagevermögen

1.692.446 3.143.168 53,85

2.957.165 3.317.756 89.13

2.804,190

4.534.429

Anteil Rückstellungen

14,42

13,58

Anteil Kreditinstitute

69,54

64,12

Anteil Lieferanten

10,89

15,14

5,16

7,16

Anteil kurzfristig

35,42

28,97

Anteil mittelfristig

20,21

15,70

Anteil langfristig

44,38

55,34

= Anlagedeckungsgrad FREMDKAPITAL Struktur nach Kapitalgebern:

Anteil Andere Struktur nach Laufzeiten:

390

ANHANG

Körperschaftsteuer 02 in Euro Müller & Thurgau GmbH

Finanzamt: Würzburg Steuernummer: 12345676

Kurzberechnung Ermittlung des zu versteuernden Einkommens Vorläufiger Jahresüberschuss (+) / Jahresfehlbetrag (-)

1.479.028

+ nicht abziehbare Aufwendungen

637.176

– steuerfreie inländische Vermögensmehrungen

1.140

= Summe der Einkünfte

2.115.064

– abziehbare Spenden

3.000

= zu versteuerndes Einkommen

2.112.064

Ermittlung der Körperschaftsteuer-Rückstellung/Aktivierung 15,00 v.H. aus Einkommensteil in Höhe von 2.112.064 (gemäß § 23 Abs. 1 KStG)

316.809

=

Tarifbelastung

316.809

+

Änderung der Körperschaftsteuer

=

festzusetzende Körperschaftsteuer



anzurechnende inländische Steuern

0 316.809 2.640

= verbleibende Körperschaftsteuer –

Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen lt. Gewinn- und Verlustrechnung

314.169 314.169

= berechnete Körperschaftsteuer-Rückstellung (+) / Aktivierung (–)

– 1.831

= Körperschaftsteuer-Nachzahlung (+) / Erstattung (–)

– 1.831

Ermittlung der Solidaritätszuschlag-Rückstellung/Aktivierung Bemessungsgrundlage (= festzusetzende Körperschaftsteuer) = > festzusetzender Solidaritätszuschlag (5,50 % der Bemessungsgrundlage) –

anzurechnender SolZ auf Kapitalertragsteuer und Zinsabschlagsteuer

316.809 17.424 145

= verbleibender Solidaritätszuschlag

17.279



17.600

SolZ-Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer lt. Gewinn- und Verlustrechnung

= berechnete Solidaritätszuschlag-Rückstellung (+) / Aktivierung (–)

– 321

Ermittlung der Solidaritätszuschlag-Nachzahlung/Erstattung (centgenau) Bemessungsgrundlage (= festzusetzende Körperschaftsteuer) = > festzusetzender Solidaritätszuschlag (5,50 % der Bemessungsgrundlage) –

anzurechnender SolZ auf Kapitalertragsteuer und Zinsabschlagsteuer



SolZ-Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer lt. Gewinn- und Verlustr.

=

Solidaritätszuschlag-Nachzahlung (+) / Erstattung (–)

316.809 17.424,49 145,20 17.600,00 – 320,71

391

ANHANG

Auszug dem Kontenplan der Müller & Thurgau GmbH (nach SKR 04) Konto Bezeichnung KONTENKLASSE 0 230 Bauten auf eigenen Grundstücken 235 Grundstückswert bebauter Grundstücke 240 Geschäftsbauten 350 Fabrikbauten 395 Hof- und Wegebefestigungen 440 Maschinen 510 Andere Anlagen 520 PKW 540 LKW 560 Sonstige Transportmittel 650 Büroeinrichtung 670 Geringwertige Wirtschaftsgüter 675 Geringwertige WG Sammelposten 690 Sonstige BGA 820 Beteiligungen 920 Festverzinsliche Wertpapiere Konto 1000 1050 1080 1100 1140 1200 1210 1246 1248 1345 1401 1406 1460 1600 1700 1800 1810 1900 1940

Bezeichnung KONTENKLASSE 1 Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (Bestand) Unfertige Erzeugnisse Unfertige Leistungen Fertige Erzeugnisse und Waren Waren (Bestand) Forderungen aus Lieferungen u. Leistung Forderungen aus Lieferungen u. Leistung Einzelwertberichtigung auf Forderungen (Restlaufzeit bis 1a) Pauschalwertberichtigung auf Forderungen (Restlaufzeit bis 1a) Forderungen gegen Personal (> 1a) Abziehbare Vorsteuer 7 % Abziehbare Vorsteuer 19 % Geldtransit Kasse Postbank Bank Bank 1 Aktive Rechnungsabgrenzung Damnum/Disagio

Konto 2000 2100 2900 2960 2970 2981

Bezeichnung KONTENKLASSE 2 Eigenkapital Vollhafter / Einzelunternehmer Privat Gezeichnetes Kapital Andere Gewinnrücklagen Gewinnvortrag vor Verwendung SoPo mit Rücklageanteil § 6b EStG

Konto Bezeichnung KONTENKLASSE 3 3010 Pensionsrückstellungen 3030 Gewerbesteuerrückstellung 3040 Körperschaftsteuerrückstellung 3095 Rückstellungen für Abschluss u. Prüfung 3150 Verbindl. gg. Kreditinstitut 3151 Verbindl. gg. Kreditinstitut bis 1a 3160 Verbindl. gg. Kreditinstitut (1-5a) 3170 Verbindl. gg. Kreditinstitut (> 5a) 3284 Erhaltene Anzahlungen (1-5a) 3300 Verbindl. aus Lieferungen u. Leistungen 3310 Verbindl. aus Lieferungen u. Leistungen 3730 Verbindl. aus Lohn- und Kirchensteuer 3741 Verbindl. im Rahmen der Sozialen Sicherheit (b. 1a) 3770 Verbindl. aus Vermögensbildung 3806 Umsatzsteuer 19 % 3820 Umsatzsteuervorauszahlungen 3840 Umsatzsteuer laufendes Jahr 3841 Umsatzsteuer Vorjahr 3900 Passive Rechnungsabgrenzung 3950 Abgrenzung unterjährige AfA für BWA Konto 4120 4125 4400 4605

Bezeichnung KONTENKLASSE 4 Steuerfr. Umsätze § 4 Nr. 1a UStG Steuerfr. EG-Lieferungen, § 4 Nr. 1a Erlöse 19 % USt Entnahmen von Gegenständen

4705 Erlösschmälerungen steuerfreie § 4 Nr. 1a

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ANHANG

Konto Bezeichnung 4720 Erlösschmälerungen 19 % USt 4724 Erlösschmälerungen steuerfreie EGLieferungen 4730 Gewährte Skonti 4736 Gewährte Skonti 19 % USt 4760 Gewährte Boni 19 % USt 4790 Gewährte Rabatte 19 % USt 4800 Bestandsveränd. fertige Erzeugnisse 4810 Bestandsveränd. unfertige Erzeugn. 4815 Bestandsveränd. unfertige Leistung 4845 Erlöse aus dem Verkäufen von Sachanlagevermögen (bei Buchgewinn) Anlagenabgang zum Restbuchwert 4855 (bei Buchgewinn) Grundstückserträge 4860 Erträge aus der Herabsetzung von 4920 PWB zu Forderungen Erträge aus der Herabsetzung von 4923 EWB zu Forderungen Verrechnete Sachbezüge Kfz-Gestel4947 lung 19 % USt Konto 5000 5100 5400 5700 5720 5730 5736 5760 5790 5880

Konto 6010 6020 6072 6080 6110 6120 6310 6220 6221

Bezeichnung KONTENKLASSE 5 Aufwand für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und Waren Einkauf Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Wareneingang 19 % Vorsteuer Nachlässe Nachlässe 19 % VSt Erhaltene Skonti Erhaltene Skonti 19 % VSt Erhaltene Boni 19 % VSt Erhalten Rabatte 19 % Bestandsveränderung RHB-Stoffe und bezogene Waren Bezeichnung KONTENKLASSE 6 Löhne Gehälter Sachzuwendungen Vermögenswirksame Leistungen Gesetzliche Sozialaufwendungen Beiträge zur Berufsgenossenschaft Miete, unbewegliche Wirtschaftsgüter Abschreibungen auf Sachanlangen Abschreibungen auf Gebäude

Konto 6222 6320 6325 6400 6420 6450 6470 6520 6530 6540 6800 6805 6815 6820 6835 6885

6895 6920 6923 6976 Konto 7110 7310 7320 7600 7608 7610 7685

Bezeichnung Abschreibungen auf Kfz Heizung Gas, Strom, Wasser Versicherungen Beiträge Reparatur u. Instandhaltung von Bauten Reparatur/Instandhaltung BGA Kfz-Versicherungen Laufende Kfz-Betriebskosten Kfz-Reparaturen Porto Telefon Bürobedarf Zeitschriften, Bücher Mieten für Einrichtungen bewegliche Wirtschaftsgüter Erlöse aus den Verkäufen von Sachanlagevermögen (bei Buchverlust) Anlagenabgang zum Restbuchwert (bei Buchverlust) Einstellung in die Pauschalwertberichtigung auf Forderungen Einstellung in die Einzelwertberichtigung auf Forderungen Kalkulatorische Abschreibungen Bezeichnung KONTENKLASSE 7 Sonstiger Zinsertrag Zinsaufwendungen für kfr. Verbindlichkeit. Zinsaufwendungen für lfr. Verbindlichkeit. Körperschaftsteuer Solidaritätszuschlag Gewerbesteuer Kfz-Steuern