Die Gewinnermittlung nach dem Richtlinienvorschlag über eine Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage: Vergleich mit der Gewinnermittlung nach dem HGB, EStG und den IFRS 9783504384418

Die Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer- Bemessungsgrundlage (GKKB) ist ein umfassendes Harmonisierungsprojekt.

168 28 1MB

German Pages 386 Year 2015

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Table of contents :
Geleitwort
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Einführung
A. Der GKKB-Richtlinienentwurf
B. Frühere Richtlinienentwürfe
C. Der Umfang dieser Arbeit
1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung der körperschaftsteuerlichen Gewinnermittlung
A. Europarechtliche Rahmenbedingungen
B. Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen
C. Zusammenfassung Kapitel 1
2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung
A. Leistungsfähigkeitsprinzip
B. Neutralität der Besteuerung
C. Objektivität und Vollständigkeit
D. Verhältnismäßigkeit von Kosten und Nutzen
E. Zusammenfassende Beurteilung Kapitel 2
3. Kapitel: Ziele der GKKB und Verwirklichung dieser Ziele durch die Harmonisierung der Gewinnermittlung
A. Senkung der Befolgungskosten
B. Fairer und transparenter Steuerwettbewerb
C. Einfachheit
D. Vereinheitlichung der Verrechnungspreise
E. Vermeidung von Doppelbesteuerung
F. Verlustausgleich
G. Erleichterung von Umstrukturierungen
H. Zusammenfassung Kapitel 3
4. Kapitel: Grundlagen der Gewinnermittlung nach dem GKKB-RLV im Vergleich zur Gewinnermittlung nach dem EStG, HGB und den IFRS
A. Grundzüge der Gewinnermittlung nach dem GKKB-RLV
B. Allgemeine Grundprinzipien der GKKB
5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung der Regeln über die harmonisierte Bemessungsgrundlage
A. Entwicklung des GKKB-RLV
B. Weiterentwicklung des GKKB-RLV
C. Auslegung der GKKB-Richtlinie
D. Ausdrückliche Vorgaben für die Auslegung
6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln des GKKB-RLV im Vergleich zum EStG, HGB und den IFRS
A. Wirtschaftsgüter
B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten
C. Gewinn- und Verlustrealisierung
D. Rechnungsabgrenzungsposten
E. Aufhellende Ereignisse
F. Zusammenfassung Kapitel 6
Zusammenfassung der Ergebnisse
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
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Die Gewinnermittlung nach dem Richtlinienvorschlag über eine Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage: Vergleich mit der Gewinnermittlung nach dem HGB, EStG und den IFRS
 9783504384418

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Eggert Die Gewinnermittlung nach dem Richtlinienvorschlag über eine Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage

Rechtsordnung und Steuerwesen Band 48 Schriftenreihe begründet von Brigitte Knobbe-Keuk herausgegeben von Wolfgang Schön und Rainer Hüttemann

Die Gewinnermittlung nach dem Richtlinienvorschlag über eine Gemeinsame Konsolidierte KörperschaftsteuerBemessungsgrundlage Vergleich mit der Gewinnermittlung nach dem HGB, EStG und den IFRS

von

Dr. jur. Andreas Eggert

2015

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-64247-1 ©2015 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung nach einem Entwurf von: Jan P. Lichtenford Druck und Verarbeitung: Betz, Darmstadt Printed in Germany

Meinen Eltern

.

Geleitwort Zu dieser Schriftenreihe Seit Brigitte Knobbe-Keuk im Jahre 1986 diese Schriftenreihe in der Nachfolge von Werner Flume begründet hat, sind mehr als 40 Bände er­ schienen, in deren thematischen Mittelpunkt die Frage nach dem Ver­ hältnis zwischen dem Steuerrecht und der allgemeinen Rechtsordnung gestellt ist. Die Entwicklung der Reihe hat gezeigt, dass die vielfältigen Verflechtungen des Steuerrechts mit anderen Rechtsgebieten den ge­ wählten Zuschnitt eindrucksvoll gerechtfertigt haben. Die publizierten Arbeiten nehmen Bezüge zum allgemeinen Zivilrecht, zum Gesellschafts­ recht, zum Bilanzrecht und zu den Wirtschaftswissenschaften ebenso in den Blick wie die Rahmenbedingungen des Verfassungsrechts, des Euro­ parechts und des Internationalen Rechts. Strafrechtliche Zusammenhän­ ge unserer Steuerrechtsordnung werden ebenso beleuchtet wie verfah­ rensrechtliche Implikationen der Besteuerungspraxis. Der Erkenntnis der Begründerin der Schriftenreihe, dass in den juristi­ schen Fragestellungen aus dem Bereich des Steuerwesens Fragestellun­ gen aus den Teilgebieten der allgemeinen Rechtsordnung zusammentref­ fen, muss besonders Nachdruck in einer Zeit verliehen werden, in der die innere Stabilität unserer Besteuerungsordnung in hohem Maße gefährdet ist und der Wunsch, aus der eigenen Systematik des Steuerrechts heraus feste Leitlinien für Rechtspolitik und Rechtsanwendung zu gewinnen, hinter den fiskalischen Zwängen der öffentlichen Hand und dem Ge­ staltungswillen der Steuerpolitik immer weiter zurücktritt. Die Veranke­ rung des Steuerrechts in der allgemeinen Rechtsordnung dient daher auch den Anliegen der Rechtssicherheit und Rationalität unseres Steuer­ rechts. Darüber hinaus kann durch die Anlehnung an die der Privatauto­ nomie verpflichtete Zivilrechtsordnung sowie durch die Verwirklichung verfassungsrechtlicher und europarechtlicher Freiheitsgewährungen dem Steuerwesen ein Stück rechtsstaatlicher Liberalität zurückgegeben wer­ den. Die Herausgeber wünschen daher, dass die Schriftenreihe in ihrer Gesamtheit einen Beitrag zur Kultur unserer Steuerrechtsordnung zu leisten vermag. München und Bonn, im Oktober 2011 Wolfgang Schön

Rainer Hüttemann

VII

Geleitwort

Zu dieser Schrift Das europäische Projekt einer „Gemeinsamen konsolidierten Körper­ schaftsteuer-Bemessungsgrundlage“ (GKKB) gehört zu den großen steuer­ politischen Herausforderungen der Gegenwart. Das Konzept einer euro­ paweit einheitlichen Bemessung des Konzerngewinns wird seit mehr als einem Jahrzehnt kontrovers diskutiert. Politisch besonders heikel sind dabei die Konsolidierung grenzüberschreitender Geschäfte sowie die Auswahl der Berechnungsformel, die über die Anteile der beteiligten Staaten am gemeinsamen Steueraufkommen entscheidet. Weniger politisch aufgeladen erscheint demgegenüber eine europa­ weit einheitliche Berechnung von Unternehmensgewinnen. Daher wird vielfach die Festlegung gemeinsamer Regeln über die Berechnung des steuerpflichtigen Unternehmenseinkommens als ebenso realistischer wie bedeutsamer erster Schritt einer Harmonisierung der Unterneh­ mensbesteuerung in den Blick genommen. Der im Jahre 2011 vorgelegte Richtlinienvorschlag zur GKKB, der seither vielfältig fortentwickelt wor­ den ist, enthält bereits umfangreiche Grundregeln einer eigenständigen europarechtlichen Gewinnermittlung für Konzerne. Vor diesem Hintergrund bietet die preisgekrönte Arbeit von Andreas ­Eggert erstmals eine tiefdringende Auseinandersetzung mit den Prinzipi­ en und Anwendungsfragen der steuerlichen Rechnungslegung nach dem Richtlinienvorschlag zur GKKB. Sein weitgreifender und zugleich syste­ matischer Blick richtet sich sowohl auf die methodischen und systema­ tischen Grundlinien steuerlicher Gewinnermittlung als auch auf eine Vielzahl bedeutsamer Einzelfragen über Ansatz und Bewertung von Ver­ mögenspositionen. Dabei sucht er den Abgleich sowohl mit den Inter­ national Accounting Standards als der wesentlichen Quelle für globale Finanzmarktinformation als auch mit dem HGB und dem EStG als zen­ tralen Kodifikationen handels- und steuerrechtlicher Gewinnermittlung nach deutschem Recht. In klarer Gedankenführung werden Grundfragen der Auslegung und Lückenfüllung beantwortet und konzise Vorschläge zur künftigen Praxis der Ergebnisermittlung vorgestellt. Die Dissertation von Andreas Eggert bietet wirkliche Grundlagenarbeit für die Gestaltung und Anwendung eines künftigen europäischen Steuer­ bilanzrechts. Sie verdient eine interessierte Aufnahme durch Wissen­ schaft und Praxis des Unternehmenssteuerrechts.

München und Bonn, im Januar 2015 Wolfgang Schön

VIII

Rainer Hüttemann

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2014 von der Juristi­ schen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München als Dis­ sertation angenommen. Sie entstand während meiner Tätigkeit als wis­ senschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen in München. Mein besonderer Dank gilt meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön, für die stete Begleitung und Förderung dieser Arbeit sowie die gewährte Möglichkeit, in großer Freiheit zu promovie­ ren. Frau Prof. Dr. Monika Jachmann danke ich für die äußerst rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Bei Herrn Prof. Dr. Rainer Hüttemann bedanke ich mich für die Aufnahme in diese Schriftenreihe und die An­ merkungen zu dieser Arbeit. Frau Chiara Balbinot danke ich für die Durchsicht des Manuskripts und zahlreiche wertvolle Anregungen. Die Max-Planck-Gesellschaft und die Deutsche Steuerjuristische Gesell­ schaft haben diese Veröffentlichung durch jeweils sehr großzügige Druck­ kostenzuschüsse gefördert, hierfür vielen Dank. Meiner Frau danke ich von Herzen für ihre gesamte Unterstützung. Mei­ ne Eltern haben meine Ausbildung ermöglicht, diese Arbeit ist ihnen in Dankbarkeit gewidmet. München, im Januar 2015

Andreas Eggert

IX

Inhaltsübersicht Seite

Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII

Einführung A. Der GKKB-Richtlinienentwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Frühere Richtlinienentwürfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 C. Der Umfang dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung der körperschaftsteuerlichen Gewinnermittlung A. Europarechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 B. Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . 38 C. Zusammenfassung Kapitel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung A. Leistungsfähigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 B. Neutralität der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 C. Objektivität und Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 D. Verhältnismäßigkeit von Kosten und Nutzen . . . . . . . . . . . . . . . 66 E. Zusammenfassende Beurteilung Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

3. Kapitel: Ziele der GKKB und Verwirklichung dieser Ziele durch die Harmonisierung der Gewinnermittlung A. Senkung der Befolgungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 B. Fairer und transparenter Steuerwettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 C. Einfachheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 XI

Inhaltsübersicht

D. Vereinheitlichung der Verrechnungspreise . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 E. Vermeidung von Doppelbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 F. Verlustausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 G. Erleichterung von Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 H. Zusammenfassung Kapitel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 4. Kapitel: Grundlagen der Gewinnermittlung nach dem GKKB-RLV im Vergleich zur Gewinnermittlung nach dem EStG, HGB und den IFRS A. Grundzüge der Gewinnermittlung nach dem GKKB-RLV . . . . . . 95 B. Allgemeine Grundprinzipien der GKKB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101



5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung der Regeln über die harmonisierte Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . 117

A. Entwicklung des GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 B. Weiterentwicklung des GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 C. Auslegung der GKKB-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 D. Ausdrückliche Vorgaben für die Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln des GKKB-RLV im Vergleich zum EStG, HGB und den IFRS A. Wirtschaftsgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten . . . . 251 C. Gewinn- und Verlustrealisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 D. Rechnungsabgrenzungsposten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 E. Aufhellende Ereignisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 F. Zusammenfassung Kapitel 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . 331 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 XII

Inhaltsverzeichnis Seite

Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI

Einführung A. Der GKKB-Richtlinienentwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Frühere Richtlinienentwürfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 C. Der Umfang dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung der körperschaftsteuerlichen Gewinnermittlung A. Europarechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 I. Kompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1. Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung . . . . . . . . . . . . 7 2. Subsidiaritätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 a) Zielrichtungen des Subsidiaritätsgrundsatzes . . . . . . . . 9 b) Stellungnahmen der nationalen Parlamente . . . . . . . . . 11 c) Zusammenfassende Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 4. Delegierte Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 II. Höherrangiges Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1. Grundrechte der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . 18 a) Gleichheitssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 aa) Rechtsprechung des EuGH zum Gleichheitssatz . . . 19 bb) Leistungsfähigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 cc) Gebot der Folgerichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 (1) Rechtsprechung des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 (2) Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 (3) Zukünftige Entwicklung des europäischen Gebots der Folgerichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 b) Einzelne gleichheitsrechtliche Fragen . . . . . . . . . . . . . . 28 aa) Harmonisierung der Bemessungsgrundlage nur für Körperschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 (1) Verschiedene Gesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 XIII

Inhaltsverzeichnis

(2) Kompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 bb) Option . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 cc) Typisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 dd) Auslegung und Umsetzung der GKKB-Richtlinie . . 33 ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 c) Diskriminierungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 d) Übermaßverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 e) Vertrauensschutz und Rechtssicherheit . . . . . . . . . . . . . 36 2. Grundfreiheiten der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . 37 B. Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . 38 I. Vorrang des Unionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 II. Divergierende Gewinnermittlungssysteme . . . . . . . . . . . . . . 39 C. Zusammenfassung Kapitel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung A. Leistungsfähigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 I. Zeitpunkt der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 1. Realisationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2. True and fair view . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 3. Cash flow-Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 II. Symmetrische oder asymmetrische Gewinnermittlung . . . . 47 1. Prinzip der unternehmensschonenden Besteuerung . . . . . 48 2. Entscheidend ist die Verlustberücksichtigung . . . . . . . . . . 50 a) Imparitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 b) True and fair view . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 III. Sofortiger Verlustabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 B. Neutralität der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 I. Investitionsneutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 II. Risikoneutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 III. Der Fiskus als stiller Teilhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 IV. Realisationsprinzip und fair view . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 V. Durchbrechung des Neutralitätsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . 61 VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 C. Objektivität und Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 I. Objektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 1. Gestaltungsresistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2. Abgrenzung zum originären Geschäftswert . . . . . . . . . . . . 63 II. Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 III. Realisationsprinzip und fair view . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 XIV

Inhaltsverzeichnis

D. Verhältnismäßigkeit von Kosten und Nutzen . . . . . . . . . . . . . . . 66 E. Zusammenfassende Beurteilung Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

3. Kapitel: Ziele der GKKB und Verwirklichung dieser Ziele durch die Harmonisierung der Gewinnermittlung A. Senkung der Befolgungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 I. Option . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 II. Kriterien für eine günstige Gewinnermittlung . . . . . . . . . . . 72 B. Fairer und transparenter Steuerwettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 I. Keine Harmonisierung der Steuersätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 II. Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 III. Fairness . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 IV. Zusammenfassende Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 C. Einfachheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 I. Sachgerechte Typisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 II. Verhältnis der Einfachheit zu den übrigen Prinzipien und Zielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 III. Prinzipienorientierung oder Detailregelungen . . . . . . . . . . . . 87 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 D. Vereinheitlichung der Verrechnungspreise . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 E. Vermeidung von Doppelbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 F. Verlustausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 G. Erleichterung von Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 H. Zusammenfassung Kapitel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

4. Kapitel: Grundlagen der Gewinnermittlung nach dem GKKB-RLV im Vergleich zur Gewinnermittlung nach dem EStG, HGB und den IFRS A. Grundzüge der Gewinnermittlung nach dem GKKB-RLV . . . . . . 95 I. Bemessungsgrundlage, Gewinn und Verlust . . . . . . . . . . . . . 95 II. Originäre steuerliche Gewinnermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . 96 III. Gewinn- und Verlustrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Umsatzorientierung der Gewinn- und Verlustrechnung . . 96 2. Aufwand und Ertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 3. Dokumentationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 4. Erstellung einer GKKB-Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 IV. Begriffliche Unklarheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 XV

Inhaltsverzeichnis

B. Allgemeine Grundprinzipien der GKKB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 I. Realisationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1. Realisationsprinzip nach dem GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . 101 2. Kompromissvorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 II. Vorsichtsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 III. Einzelerfassung/Saldierungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 IV. Periodenabgrenzung und Stichtagsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . 105 V. Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 VI. Identität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 VII. Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 VIII. Bewertungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. Going concern-Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. Vorsichtsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3. Zusammenfassende Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 IX. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 X. Die begrenzten Möglichkeiten des Steuergesetzgebers . . . . . 113 XI. Zusammenfassende Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116



5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung der Regeln über die harmonisierte Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . 117

A. Entwicklung des GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 I. Maßgeblichkeit der GoB der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . 119 1. Einzelabschlüsse sind inhaltlich kaum harmonisiert . . . . 119 2. Auswirkungen der GKKB auf die Handelsbilanzen . . . . . . 120 II. Maßgeblichkeit der IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 1. IAS-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 a) Maßgeblichkeit des Konzernabschlusses . . . . . . . . . . . . 123 b) Maßgeblichkeit des IFRS-Einzelabschlusses . . . . . . . . . 123 c) Gesetzgebungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 2. IFRS und die Prinzipien und Ziele der steuerlichen Gewinnermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 a) Informationsfunktion der IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 b) Wesentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 c) Wirtschaftliche Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 d) Einfachheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 B. Weiterentwicklung des GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 I. Weiterentwicklung anhand des Bilanz- und Bilanzsteuerrechts der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 XVI

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II. Weiterentwicklung anhand der IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 C. Auslegung der GKKB-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 I. Autonome Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 1. Systematische, grammatikalische und historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 2. Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 a) Fiskalzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 b) Auslegung anhand der Grundprinzipien der GKKB . . . . 139 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 II. Rückgriff auf Quellen außerhalb der GKKB-Richtlinie . . . . . 141 1. Rückgriff auf das Bilanz- und Bilanzsteuerrecht der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 a) Explizite Verweise auf das Recht der Mitgliedstaaten . . 141 b) Rechtsvergleichende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 c) Überleitungsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 2. Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . 145 3. Rückgriff auf die IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 a) Voraussetzung für den Rückgriff auf die IFRS . . . . . . . . 147 b) Kontrolle der Überleitungsrechnung anhand der IFRS . 148 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 4. Rückgriff auf die EU-Bilanz-RL und die Vierte Bilanz-RL 148 a) Inhaltliche Offenheit der EU-Bilanz-RL und der Vierten Bilanz-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 b) Auslegung der Vierten Bilanz-RL durch den EuGH . . . . 150 aa) EuGH-Urteil vom 27.6.1996 (Tomberger) . . . . . . . . . 150 bb) EuGH-Urteil vom 14.9.1999 (DE + ES) . . . . . . . . . . . 150 cc) EuGH-Urteil vom 7.1.2003 (BIAO) . . . . . . . . . . . . . . 151 dd) EuGH-Urteil vom 3.10.2013 (GIMLE SA) . . . . . . . . . 152 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 III. Zusammenfassende Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 D. Ausdrückliche Vorgaben für die Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln des GKKB-RLV im Vergleich zum EStG, HGB und den IFRS A. Wirtschaftsgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 I. Die Definition des Wirtschaftsguts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 1. Wirtschaftsgüter nach dem EStG und Vermögens­gegen­­­stände nach dem HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 a) Einzelne Bewertbarkeit/Greifbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . 161 b) Verkehrsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 XVII

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c) Nutzen über den Bilanzstichtag hinaus . . . . . . . . . . . . . 164 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 2. Vermögenswerte nach den IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 a) Verfügungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 b) Zukünftiger wirtschaftlicher Nutzen . . . . . . . . . . . . . . . 166 c) Zuverlässige Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 3. Wirtschaftsgüter nach dem GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . . . 168 a) Anforderungen nach dem GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . . . 168 b) Arbeitsgruppe GKKB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 c) Rückgriff auf das Recht der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . 170 d) Übernahme von Kriterien der IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 e) Klarstellungskompetenz der Kommission . . . . . . . . . . . 171 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 II. Kategorien von Wirtschaftsgütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 1. Anlagevermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 a) Allgemeine Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 aa) Anlagevermögen nach dem HGB und EStG . . . . . . . 173 bb) Anlagevermögen nach den IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . 173 cc) Anlagevermögen nach dem GKKB-RLV . . . . . . . . . . 174 dd) Register des Anlagevermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 b) Immaterielles Anlagevermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 aa) Immaterielles Anlagevermögen nach dem HGB und EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 (1) Definition des immateriellen Anlagevermögens . . . 176 (2) Aktivierungswahlrecht und Aktivierungsverbot . . . 178 (3) Forschung und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 bb) Immaterielles Anlagevermögen nach den IFRS . . . . 180 (1) Definition des immateriellen Anlagevermögens . . . 181 (2) Aktivierungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (3) Forschung und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 cc) Immaterielles Anlagevermögen nach dem GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (1) Definition des immateriellen Anlagevermögens . . . 184 (2) Geschäfts- oder Firmenwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (3) Aktivierungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (4) Entgeltlicher Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (5) Kritik am Aktivierungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (6) Rechtfertigung des Aktivierungsverbots . . . . . . . . . . 188 dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 c) Sachanlagen, die der Forschung und Entwicklung dienen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 aa) Beeinträchtigung grundlegender Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . 191 XVIII

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bb) Rechtfertigung des Sofortabzugs . . . . . . . . . . . . . . . . 192 cc) Eingriff in die Hoheit der Mitgliedstaaten . . . . . . . . 194 dd) Die Definition von Forschung und Entwicklung . . . 195 ee) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 2. Umlaufvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 a) Umlaufvermögen nach dem HGB und EStG . . . . . . . . . 197 b) Vorräte nach den IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 c) Umlaufvermögen nach dem GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . 197 III. Zurechnung von Wirtschaftsgütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 1. Zurechnung von Wirtschaftsgütern nach dem HGB und EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 2. Zurechnung von Vermögenswerten nach den IFRS . . . . . . 199 3. Zurechnung von Wirtschaftsgütern nach dem GKKB-RLV 201 4. Zusammenfassende Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 IV. Zugangsbewertung von Wirtschaftsgütern . . . . . . . . . . . . . . . 202 1. Anschaffungs- und Herstellungskosten . . . . . . . . . . . . . . . 203 a) Anschaffungs- und Herstellungskosten nach dem HGB und EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 aa) Finalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 (1) Keine kausale Werterhöhung erforderlich . . . . . . . . . 204 (2) Abbruchkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 bb) Gemeinkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 cc) Öffentliche Investitionszuschüsse . . . . . . . . . . . . . . . 207 dd) Anschaffungskosten nach dem HGB und EStG . . . . 209 ee) Herstellungskosten nach dem HGB und EStG . . . . . 211 (1) Steuerlicher Aktivierungszwang . . . . . . . . . . . . . . . . 212 (2) Verbot der Überbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 (3) Geringe Kapazitätsauslastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (4) Forschungs- und Entwicklungskosten . . . . . . . . . . . . 214 (5) Bauzeitzinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 (6) Nachträgliche Herstellungskosten . . . . . . . . . . . . . . 215 ff) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 b) Anschaffungs- und Herstellungskosten nach den IFRS . 216 aa) Finalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 bb) Nebenkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 cc) Gemeinkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 dd) Fremdkapitalkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 ee) Öffentliche Investitionszuschüsse . . . . . . . . . . . . . . . 220 ff) Rückbau- und Wiederherstellungsverpflichtungen . 221 gg) Anschaffungskosten nach den IFRS . . . . . . . . . . . . . 222 hh) Herstellungskosten nach den IFRS . . . . . . . . . . . . . . 222 (1) Produktionsgemeinkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 (2) Geringe Kapazitätsauslastung/verschwendete Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 XIX

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(3) Forschungs- und Entwicklungskosten . . . . . . . . . . . . 224 ii) Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 jj) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 c) Anschaffungs- und Herstellungskosten nach dem GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 aa) Bewertung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 bb) Finalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 cc) Abgrenzung von Anschaffungs- und Herstellungskosten nach dem GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 dd) Anschaffungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 ee) Herstellungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 (1) Entwicklung von Anlagevermögen . . . . . . . . . . . . . . 231 (2) Entwicklung von Vorräten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 (3) Vergleich mit dem HGB, EStG und den IFRS . . . . . . 232 (4) Fehlende Definition für Forschung und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 ff) Ansatz indirekter Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 (1) Wahlrecht für Vorräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 (a) Bedeutung des Wahlrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 (b) Einheitlichkeit, Vollständigkeit, Objektivität und Neutralität der Gewinnermittlung . . . . . . . . 235 (2) Umfang der indirekten Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 (3) Abgrenzung von direkten und indirekten Kosten . . . 238 (4) Zusammenfassende Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . 239 gg) Gefahr von Überbewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 hh) Öffentliche Investitionszuschüsse . . . . . . . . . . . . . . . 241 ii) Fremdkapitalkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 jj) Verbesserungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 (1) Vorgaben des GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 (2) Vergleich mit dem HGB, EStG und den IFRS . . . . . . 246 (3) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 2. Marktpreis und beizulegender Zeitwert . . . . . . . . . . . . . . . 250 B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten . . . . 251 I. Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 1. Verbindlichkeiten nach dem HGB, EStG und den IFRS . . . 251 2. Verbindlichkeiten nach dem GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . . 252 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 II. Abschreibung von Anlagevermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 1. Unselbständige Teile von Wirtschaftsgütern . . . . . . . . . . . 254 a) Unselbständige Teile von Wirtschaftsgütern nach dem HGB und EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 XX

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b) Komponentenansatz nach den IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . 256 c) Unselbständige Teile von Wirtschaftsgütern nach dem GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 aa) Gebäudeteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 bb) Verbesserungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 d) Zusammenfassende Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 2. Abschreibung nach dem HGB und EStG . . . . . . . . . . . . . . 259 a) Geringwertigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 b) Planmäßige Abschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 aa) Sammelposten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 bb) Verbesserungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 cc) Geschäfts- oder Firmenwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 c) Außerplanmäßige Abschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 3. Abschreibung nach den IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 a) Geringwertigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 b) Planmäßige Abschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 aa) Anschaffungskostenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 bb) Neubewertungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 c) Impairment Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 4. Abschreibung nach dem GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 a) Geringwertigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 b) Planmäßige Abschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 aa) Lineare Abschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 bb) Gebäude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 cc) Langlebige Sachanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 dd) Immaterielle Wirtschaftsgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 (1) Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 (2) Wirtschaftliche Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 ee) Verbesserungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 ff) Sammelposten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 (1) Funktionsweise des Sammelpostens . . . . . . . . . . . . . 277 (2) Rechtfertigung der Poolabschreibung . . . . . . . . . . . . 278 gg) Mittellebige Sachanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 hh) Kurzlebige Sachanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 ii) Jahr der Anschaffung/Veräußerung . . . . . . . . . . . . . . 282 jj) Tatsächliche Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 kk) Latente Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 c) Sonderabschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 aa) Maßgeblicher Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 bb) Dauerhafte Wertminderung/Wertaufholung . . . . . . . 285 cc) Systematik der Abschreibungsregeln . . . . . . . . . . . . 285 XXI

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dd) Vergleich mit dem HGB, EStG und den IFRS . . . . . . 286 ee) Vereinbarkeit der Beschränkung der Sonderab­ schreibungen mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip . 286 ff) Weitere Einschränkung der Sonderabschreibung . . . 288 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 III. Folgebewertung von Vorräten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 1. Vereinfachung der Folgebewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 2. Niederstwertprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 IV. Folgebewertung von Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 V. Rückstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 1. Rückstellungen nach dem HGB und EStG . . . . . . . . . . . . . 293 a) Rückstellungen in der Handelsbilanz . . . . . . . . . . . . . . . 293 b) Besonderheiten für die Steuerbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . 294 c) Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme . . . . . . . . . . . 295 d) Rechtliche und wirtschaftliche Verursachung . . . . . . . 295 e) Bewertung von Rückstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 2. Rückstellungen nach den IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 a) Ansatz dem Grunde nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 b) Rückbau- und Wiederherstellungsverpflichtungen . . . . 299 c) Bewertung von Rückstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 3. Rückstellungen nach dem GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . . . . 300 a) Ansatz dem Grunde nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 b) Rückbau- und Wiederherstellungsverpflichtungen . . . . 302 c) Bewertung von Rückstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 4. Zusammenfassende Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 C. Gewinn- und Verlustrealisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 I. Schwebende Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 1. Schwebende Geschäfte nach dem HGB und EStG . . . . . . . 307 2. Schwebende Geschäfte nach den IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . 308 3. Schwebende Geschäfte nach dem GKKB-RLV . . . . . . . . . . 309 a) Vorgaben des GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 b) Vergleich mit dem HGB, EStG und den IFRS . . . . . . . . . 311 II. Fertigungsaufträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 1. Fertigungsaufträge nach dem EStG und HGB . . . . . . . . . . 312 2. Fertigungsaufträge nach den IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 3. Verträge mit langer Laufzeit nach dem GKKB-RLV . . . . . . 314 a) Auslegung von Art. 24 GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 b) Kritik an Art. 24 GKKB-RLV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 III. Steuerbefreiung für Ersatzwirtschaftsgüter . . . . . . . . . . . . . . 318 1. Einzeln abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter . . . . . . . . . . 318 2. Wirtschaftsgüter des Sammelpostens . . . . . . . . . . . . . . . . . 321

XXII

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D. Rechnungsabgrenzungsposten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 I. Rechnungsabgrenzungsposten und Anzahlungen nach dem HGB und EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 II. Rechnungsabgrenzungsposten nach den IFRS . . . . . . . . . . . . 323 III. Rechnungsabgrenzungsposten nach dem GKKB-RLV . . . . . . 324 IV. Zusammenfassende Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 E. Aufhellende Ereignisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 I. Aufhellende Ereignisse nach dem HGB, EStG und den IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 II. Aufhellungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 III. Übertragung auf die GKKB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 F. Zusammenfassung Kapitel 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329

Zusammenfassung der Ergebnisse 1. Höherrangiges Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 2. Beschränkung auf die Harmonisierung der Gewinnermittlung . 331 3. Option . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 4. Keine Alternative zur Aufgabe des Maßgeblichkeitsprinzips . . 331 5. Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung . . . . . . . . . . . . . 332 6. Realisationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 7. Negative Auswirkungen auf die Handelsbilanzen . . . . . . . . . . . 332 8. Formale Vorgaben für die Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 9. Ergänzungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 10. Änderungsvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361

XXIII

Einführung

A. Der GKKB-Richtlinienentwurf Am 16.3.2011 veröffentlichte die Europäische Kommission den Richtli­ nienvorschlag über eine Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteu­ er-Bemessungsgrundlage (GKKB).1 In dieser Arbeit soll die Gewinner­ mittlung nach dem Richtlinienvorschlag über die GKKB (GKKB-RLV) dargestellt und mit der Gewinnermittlung nach dem deutschen Bilanzund Bilanzsteuerrecht sowie den IFRS verglichen werden. Dem GKKB-RLV gingen zehnjährige Vorarbeiten voraus. Im Jahr 2001 er­ klärte die Kommission erstmals ihr Ziel, eine harmonisierte konsolidier­ te Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage zu schaffen.2 In den Jahren 2004 bis 2008 hat die von der Kommission eingesetzte Arbeitsgruppe zur GKKB (Arbeitsgruppe GKKB) in zahlreichen Veröffentlichungen Grund­ züge und einzelne Regelungen einer möglichen harmonisierten Körper­ schaftsteuer-Bemessungsgrundlage herausgearbeitet.3 Der GKKB-RLV wurde nach seiner Veröffentlichung sehr unterschiedlich aufgenommen. Einige Mitgliedstaaten sind generell gegen die Harmonisierung auf dem Gebiet der Unternehmensbesteuerung,4 andere stehen dem Entwurf grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber.5 Unter den Ratspräsidentschaf­ ten von Dänemark,6 Irland,7 Litauen8 und Griechenland9 wurden jeweils Kompromissvorschläge zur GKKB erarbeitet. Diese Vorschläge sind zwar nicht rechtlich verbindlich, sie zeigen aber, welchen Änderungsbedarf viele Mitgliedstaaten sehen und in welche Richtung sich der Richtlinien­ vorschlag in Zukunft entwickeln könnte. 1 KOM(2011) 121/4. 2 Mitteilung der Kommission, Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körper­ schaftsteuer-Bemessungsgrundlage, v. 23.10.2001, KOM(2001) 582 end. 3 Die umfangreichste Veröffentlichung ist: Arbeitsgruppe GKKB, GKKB: mögliche Elemente der technischen Ausgestaltung, Sitzung v. 27.9. und 28.9.2007, CCCTB/ WP057\doc\de. 4 So z.B. das Vereinigte Königreich (Gilleard, International Tax Review 2011, July/Au­ gust, S. 19, 22) und Bulgarien (Djankov, Interview mit Die Zeit, v. 29.11.2012, Nr. 49, S. 32). 5 So zum Beispiel Deutschland und Frankreich, Grünbuch der Deutsch-Französischen Zusammenarbeit, Konvergenzpunkte bei der Unternehmensbesteuerung, v. 1.2.2012, S. 3. 6 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 4.4.2012. 7 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 2.5.2013, hierzu ausführlich Scheffler/Köstler, DStR 2013, S. 2190 und S. 2235 8 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013, hierzu ausführ­ lich Scheffler/Köstler, DStR 2014, S. 664. 9 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 26.5.2014.

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Einführung

Durch die GKKB soll ein einheitliches Körperschaftsteuersystem für ganz Europa geschaffen werden. Die GKKB soll allen Körperschaften of­ fen stehen und nicht nur solchen, die grenzüberschreitend tätig sind. Da­ bei beschränkt sich der GKKB-RLV auf die Harmonisierung der Bemes­ sungsgrundlage und überlässt die Bestimmung der Höhe der Steuersätze den Mitgliedstaaten. Wichtigstes Ziel der GKKB ist die Beseitigung von steuerlichen Hindernissen für den Binnenmarkt.10 Die zum Teil stark di­ vergierende Unternehmensbesteuerung der Mitgliedstaaten wird schon lange als Hemmnis für den Binnenmarkt gesehen.11 Die Harmonisierung der Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage könnte ein wichtiger Schritt sein, um dieses Hemmnis zu beseitigen. Besondere Bedeutung hat dabei die Senkung der hohen steuerlichen Befolgungskosten von Körper­ schaften und Unternehmensgruppen, die in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind.12 Daneben soll durch die GKKB der schädliche Steuerwettbe­ werb zwischen den Mitgliedstaaten beseitigt werden.13 In letzter Zeit ist noch ein drittes Ziel hinzugekommen; die GKKB soll auch zur Bewälti­ gung der Staatsschuldenkrise beitragen.14 Um diese Ziele zu erreichen, sieht der GKKB-RLV nicht nur die Harmo­ nisierung der Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage selbst vor. Als sogenannte „große Lösung“ soll auch die europaweite Konsolidierung und anschließende formelmäßige Aufteilung der Bemessungsgrundlagen innerhalb einer Gruppe eingeführt werden. Alternativ wäre auch eine „kleine Lösung“ möglich, bestehend aus einer gemeinsamen Körper­ schaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKB) ohne Konsolidierung und Auf­ teilung.15 Denkbar wäre auch eine dritte mittlere Lösung, bestehend aus 10 Dieses Ziel wurde von der Kommission von Anfang an in den Vordergrund gestellt und ist auch gegenwärtig vorrangiges Ziel, Mitteilung der Kommission, Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage, v. 23.10.2001, KOM(2001) 582 end., S. 11 ff.; GKKB-RLV, S. 12 ff. 11 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament, Leitlinien zur Unternehmensbesteuerung v. 18.5.1990, SEK(90) 6101 end., 6128/90, abge­ druckt in BR-Drucksache 360/90. 12 Dazu Commission Staff Working Paper, European Tax Survey, v. 10.9.2004, SEC(2004) 1128/2, S. 36 ff. 13 Auch dieses Ziel wurde bereits in der ersten Kommunikation der Kommission ge­ nannt und beibehalten. Es hat gegenüber der Förderung des Binnenmarktes aber untergeordnete Bedeutung: Mitteilung der Kommission, Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage, v. 23.10.2001, KOM(2001) 582 end., S. 6; GKKB-RLV, S. 4. 14 Während im Jahreswachstumsbericht der Kommission (Mitteilung v. 12.1.2011, KOM(2011) 11 end., S. 9) vor allem der wachstumsfördernde Aspekt der GKKB her­ vorgehoben wird, ist das deutsch-französische Grünbuch spezifischer und hebt die Bedeutung der GKKB für die Koordinierung der Steuerpolitik in der EU hervor (Grünbuch der Deutsch-Französischen Zusammenarbeit, Konvergenzpunkte bei der Unternehmensbesteuerung, S. 3). 15 Herzig/Kuhr, StuW 2011, S. 305; Lenz/Rautenstrauch, DB 2011, S. 726, 727; Riedel, Handelsblatt v. 11.5.2011, S. 18.

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A. Der GKKB-Richtlinienentwurf

Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlage und grenzüberschreitendem Verlustausgleich ohne (vollständige) Konsolidierung und Aufteilung.16 Neben der Harmonisierung des materiellen Rechts sieht der GKKB-RLV auch eine Vereinheitlichung des Veranlagungsverfahrens vor. Danach wird eine Hauptsteuerbehörde für die Veranlagung der gesamten Gruppe zuständig sein. Eine Besonderheit der GKKB liegt darin, dass sie optional sein soll, das heißt, die Körperschaften haben ein Wahlrecht, ob sie der GKKB oder dem Körperschaftsteuerrecht der Mitgliedstaaten unterfallen möchten. Die GKKB beruht auf einer herkömmlichen Gewinn- und Ver­ lustrechnung. Neue Konzepte der Gewinnermittlung, die vor allem die ungleiche steuerliche Behandlung von Fremd- und Eigenkapital beseiti­ gen sollen, wie zum Beispiel die fiktive Eigenkapitalverzinsung oder ein Abzugsverbot für Zinsen,17 sind nicht in den GKKB-RLV eingeflossen. Eine echte Neuerung wäre jedoch die Aufgabe des Maßgeblichkeitsprin­ zips. Derzeit gibt es in allen Mitgliedstaaten der EU mit Ausnahme Po­ lens eine Verbindung zwischen der Handelsbilanz und der steuerlichen Gewinnermittlung.18 Die Gewinnermittlung nach dem GKKB-RLV soll dagegen vollkommen autonom erfolgen. Die GKKB bietet die Chance, die steuerliche Gewinnermittlung von Grund auf neu zu ordnen. Dies ist eine faszinierende Möglichkeit, die wohl nur im Rahmen der europäischen Einigung besteht. Eine grundle­ gende Reform der steuerlichen Gewinnermittlung in Deutschland ist nicht absehbar, obwohl das deutsche Steuerrecht unter permanenter Kri­ tik aus Praxis, Politik und Wissenschaft steht, es sei zu kompliziert und von zu vielen unsystematischen Ausnahmen durchsetzt.19 Durch die GKKB kann für den Teilbereich der Körperschaftsteuer der Reset-Knopf gedrückt werden, um möglichst einfache und systematische Regeln für die steuerliche Gewinnermittlung zu schaffen. Im Zuge dieser Neuord­ nung könnte auf viele Sonderregeln verzichtet und so ein System geschaf­ fen werden, das einfacher und gerechter ist als das gegenwärtige deutsche Körperschaftsteuerrecht. Ob es für Deutschland zu der gewünschten Neuordnung und Vereinfachung kommt, hängt stark davon ab, ob die GKKB auch Ausgangspunkt für die Bemessung der Gewerbesteuer sein wird. Der GKKB-RLV selbst trifft keine Regelung zur Gewerbesteuer.20 Es stünde der Bundesrepublik aber frei, von sich aus die GKKB für die Be­ messung der Gewerbesteuer heranzuziehen.21 16 Spengel, in Schön u.a. (Hrsg.), A CCCTB for Europe, S. 1, 29; Röder, 4 World Tax Journal 2012, S. 125, 144 ff. 17 Dazu ausführlich Schön, in Schön (Hrsg.), Eigenkapital und Fremdkapital, S. 1, 86 ff. 18 Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 19, Fig. 1; Spengel/Ortmann-Babel/Zinn/Matenaer, DB 2013, Beilage Nr. 2 zu Heft 8, S. 1, 3. 19 Kirchhof, DStJG Bd. 21 1998, S. 9, 17 f. (m.w.N.). 20 GKKB-RLV, Anhang II. 21 Förster/Krauß, IStR 2011, S. 607, 614; Lenz/Rautenstrauch, DB 2011, S. 726, 730.

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Einführung

B. Frühere Richtlinienentwürfe Der GKKB-RLV ist nicht der erste Versuch, die Unternehmensbesteue­ rung in Europa zu harmonisieren. Bereits im Jahr 1975 erstellte die Kommission einen Richtlinienvorschlag zur Harmonisierung der Körper­ schaftsteuersysteme und zur Regelung der Quellensteuer auf Di­ vi­ denden.22 Dieser Vorschlag enthielt zwar in Art. 3 Vorgaben für den Kör­ perschaftsteuersatz, der sich zwischen 45 % und 55 % bewegen sollte (mit Steuergutschrift beim Gesellschafter), regelte aber die steuerliche Gewinnermittlung nicht. 1988 wurde von der Kommission ein Vorent­ wurf für eine „Richtlinie über die Harmonisierung der steuerlichen Ge­ winnermittlungsvorschriften“ entwickelt.23 In diesem Vorentwurf sollte die gesamte steuerliche Gewinnermittlung aller Unternehmen harmoni­ siert werden; die Festsetzung der Steuersätze sollte dagegen den Mitglied­ staaten überlassen bleiben. Ziel war es, die steuerliche Bemessungs­ grundlage der Unternehmen vollständig zu harmonisieren und keine abweichenden „Anreizmaßnahmen“ zuzulassen.24 Wie der GKKB-RLV sah dieser Vorentwurf keine Maßgeblichkeit der Handelsbilanz vor.25 Der Vorentwurf wurde jedoch bald nicht mehr verfolgt.26 Mit Mitteilung vom 18.5.1990 zog die Kommission auch den Richtlinienvorschlag von 1975 zurück. Sie gelangte zu der Auffassung, dass die Koordinierung und An­ näherung der Steuerpolitik der Mitgliedstaaten besser mit dem Grund­ satz der Subsidiarität zu vereinbaren sei als eine systematische Harmoni­ sierung.27 Mit dem GKKB-RLV weicht die Kommission wieder von der Position aus dem Jahr 1990 ab und möchte doch einen Teilbereich der Unternehmensbesteuerung systematisch harmonisieren. Dabei geht sie jedoch wegen der Beschränkung auf Körperschaften anders als in den 1980er Jahren nicht so weit, die gesamte Unternehmensbesteuerung har­ monisieren zu wollen.

C. Der Umfang dieser Arbeit Der Fokus dieser Arbeit soll auf den grundlegenden Prinzipien der GKKB sowie den zentralen Einzelfragen der steuerlichen Gewinnermittlung lie­ gen. Die Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital soll nicht erörtert 22 Vorschlag vom 1.8.1975, ABl. C 253, 5.11.1975, S. 2 ff. 23 Vorentwurf der EG-Kommission, März 1988, abgedruckt in DB 1988, Beilage Nr. 18, zu Heft 45, mit Anmerkungen von Kreile. 24 Vorentwurf A.II.4. 25 In der Literatur wurde die Maßgeblichkeit der Vierten Bilanz-RL angedacht, Kreile, DB 1988, Beilage Nr. 18, zu Heft 45, S. 3. 26 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 17. 27 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament, Leitlinien zur Unternehmensbesteuerung v. 18.5.1990, SEK(90) 6101 end., 6128/90, abge­ druckt in BR-Drucksache 360/90, dort S. 10.

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C. Der Umfang dieser Arbeit

werden, weil der GKKB-RLV hierfür keine eigenständige Lösung anbietet. Traditionell gibt es im Bilanzsteuerrecht zwei Ebenen der Gewinnermitt­ lung: die Steuerbilanz und die außerbilanziellen Korrekturen. Nach dem GKKB-RLV wird die Bemessungsgrundlage durch eine Gewinn- und Ver­ lustrechnung ermittelt, weswegen es keine Steuerbilanz und keine for­ male Trennung der beiden Ebenen gibt.28 Dennoch soll der Schwerpunkt dieser Untersuchung auf den klassischen bilanziellen Gewinnermitt­ lungsregeln liegen, der Gewinnermittlung im engeren Sinne. Mit Gewinnermittlung im engeren Sinne sind Regelungen für Geschäfts­ vorfälle gemeint, die bilanziell erfasst werden. Nur diese Regeln lassen sich mit der Bilanzierung nach dem HGB und den IFRS vergleichen. Dazu gehören vor allem die Definition von Wirtschaftsgütern, die Zugangsbe­ wertung, die Abschreibung, Rückstellungen sowie die Gewinn- und Verlustrealisierung. Außerbilanzielle Korrekturen wie die Unterkapitali­ sierungsregeln,29 die Hinzurechnungsbesteuerung,30 die Min­dest­be­steue­ rung31 oder der Verlustuntergang bei Beteiligungswechseln32 sind so kom­ plex, dass sie einer eigenständigen Betrachtung bedürfen. Auch die verdeckte Gewinnausschüttung sowie Transaktionen zwischen naheste­ henden Unternehmen und Personen insbesondere die Problematik der Verrechnungspreise sollen nicht näher besprochen werden, um den Rah­ men der Arbeit nicht zu sprengen. Die Regeln zu Beteiligungen werden nicht vertieft, denn die steuerliche Behandlung von Beteiligungen nach dem GKKB-RLV weicht sehr stark von der bilanziellen Behandlung nach dem HGB und den IFRS ab.33 Einer eigenständigen Betrachtung bedürfen auch die Regeln zu den Finanzins­ trumenten des Handelsbestandes34 und den Sicherungsgeschäften35, da diese vor allem Finanzinstitute betreffen und zahlreiche Besonderheiten gelten. Der Eintritt in und der Austritt aus dem GKKB-System können 28 Herzig, IStR 2011, S. 662, 663. 29 Art. 81 GKKB-RLV sieht unter bestimmten Voraussetzungen die Nichtanerken­ nung von Zinsabzügen vor, kommt aber nur für Zinszahlungen in Betracht, die in Drittstaaten fließen. Nach dem Vorschlag der dänischen Ratspräsidentschaft soll dagegen in Art. 14a GKKB-RLV eine allgemeine Zinsschranke aufgenommen wer­ den, Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 4.4.2012. 30 Vorgesehen in Art. 82 GKKB-RLV. 31 Soll nach dem Vorschlag der dänischen Ratspräsidentschaft in Art. 43 GKKB-RLV aufgenommen werden, Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 4.4.2012. 32 Der Kompromissvorschlag der griechischen Ratspräsidentschaft enthält hierzu eine Regelung, Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 26.5.2014, Art. 43 Abs. 3. 33 Zur Behandlung von Anteilen an transparenten Unternehmen im Rahmen der GKKB, Eggert, ISR 2013, S. 304. 34 Art. 23 GKKB-RLV. 35 Art. 28 GKKB-RLV.

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Einführung

nur zusammen mit der Aufteilung und Konsolidierung behandelt werden und sind deswegen nicht Gegenstand dieser Arbeit. Das Gleiche gilt für Regeln zu Umstrukturierungen in Kapitel VIII GKKB-RLV. Auch das Ge­ meinnützigkeitsrecht36 wird nicht behandelt.

36 Art. 16 GKKB-RLV.

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung der körperschaftsteuerlichen Gewinn­ ermittlung Der Rahmen, innerhalb dessen die GKKB-Richtlinie ausgestaltet und er­ lassen werden kann, ergibt sich aus dem europäischen Primärrecht. Das Verfassungsrecht der Mitgliedstaaten wird dagegen vor allem bei der Um­ setzung der Richtlinie in nationales Recht eine Rolle spielen.

A. Europarechtliche Rahmenbedingungen Europarechtlich muss die EU die Kompetenz zum Erlass der Richtlinie haben. Zudem darf die Richtlinie nicht höherrangigem Recht in Form der Grundrechte und der Grundfreiheiten widersprechen.

I. Kompetenz Die EU hat die Kompetenz zum Erlass einer Richtlinie, wenn sie diese auf eine bestimmte Ermächtigungsgrundlage stützen kann (Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung), und wenn die Grundsätze der Subsidia­ rität und der Verhältnismäßigkeit gewahrt sind. 1. Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung Nach dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 Abs. 2 EUV) darf die Union nur Aufgaben wahrnehmen, die ihr durch die Verträ­ ge zugewiesen sind. Die Kommission stützt den GKKB-RLV auf Art. 115 AEUV. Dies ist die einzige denkbare Ermächtigungsgrundlage,37 da Art. 114 AEUV wegen der Bereichsausnahme für Steuern nach Abs. 2 nicht in Betracht kommt und es im Gegensatz zu den indirekten Steuern (Art.

37 Der Sejms der Republik Polen schließt aus Art. 113 AEUV, dass die Union keine Kompetenz zur Harmonisierung der direkten Steuern hat, Stellungnahme vom 18.5.2011, KOM(2011) 0121 – C7-0092/2011 – 2011/0058 (CNS), S. 4. Einige Frakti­ onen der Zweiten Kammer der Generalstaaten der Niederlande halten Art. 115 AEUV grundsätzlich nicht für die richtige Rechtsgrundlage zur Harmonisierung der direkten Steuern; ohne Begründung, Stellungnahme vom 3.5.2011, S. 4. Beide Auf­ fassungen stimmen nicht mit der ganz herrschenden Auffassung im Schrifttum und der herrschenden Praxis überein, wonach Art. 115 AEUV gerade im Bereich der di­ rekten Steuern seine Bedeutung hat, Kahl, in Calliess/Ruffert (Hrsg.), AEUV, Art. 115, Rz. 12; Tietje, in Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), AEUV, Art. 115, Rz. 4; Schön, 9 EC Tax Review 2000, S. 90, 101; ders., in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maß­ geblichkeit, S. 1, 115 jeweils m.w.N.

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung

113 AEUV) keine spezielle Kompetenz zur Harmonisierung der direkten Steuern gibt. Art. 115 AEUV erlaubt die Angleichung derjenigen Rechts- und Verwal­ tungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die sich unmittelbar auf die Er­ richtung oder das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken. Welche Anforderungen im Einzelnen an das Kriterium der Unmittelbarkeit zu stellen sind, ist nicht endgültig geklärt. Einigkeit herrscht darüber, dass die Unmittelbarkeit nicht als strenge Kausalität im Sinne einer conditio sine qua non verstanden werden kann. Eine solche Kausalität könnte häufig nicht bewiesen oder widerlegt werden, da der Binnenmarkt durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird, deren Zusammenspiel im Einzelnen häufig nicht genau nachvollzogen werden kann.38 Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es ausreichend, wenn die mitgliedstaatli­ chen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geeignet sind, den Wettbe­ werb zu verzerren oder das Funktionieren des gemeinsamen Marktes zu beeinträchtigen.39 Teilweise wird es als ausreichend erachtet, wenn die betroffenen Vorschriften oder die Abwesenheit solcher Vorschriften sich spürbar auf den Binnenmarkt auswirken.40 Nach anderer Auffassung ge­ nügt eine bloße Spürbarkeit nicht, sondern es bedarf entweder einer Be­ einträchtigung der Ausübung der Grundfreiheiten oder einer Wettbe­ werbsverfälschung.41 Welche Anforderungen genau an die Unmittelbarkeit zu stellen sind, kann hier offen bleiben, da die Unmittelbarkeit nach beiden Auffassun­ gen gegeben ist. Die divergierenden Steuersysteme von bald 28 Mitglied­ staaten beeinträchtigen die Ausübung der Grundfreiheiten, weil eine grenzüberschreitende Tätigkeit der Körperschaften zumeist mit wesent­ lich höheren Befolgungskosten verbunden ist als eine rein nationale Tätigkeit. Dadurch werden viele Körperschaften von einer grenzüber­ schreitenden Tätigkeit abgeschreckt.42 Auch kommt es zu Wettbewerbs­ verzerrungen, zum Beispiel durch Doppelbesteuerung.43 Zu beachten ist weiter, dass der Unionsgesetzgeber bei der Frage, ob eine unmittelbare Beeinträchtigung gegeben ist, eine Einschätzungsprärogative hat.44 Da­

38 Tietje, in Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), AEUV, Art 115, Rz. 20. 39 EuGH v. 16.12.1976, Rs. 33/76 (Rewe), Slg. 1976, 1989. 40 Leible/Schröder, in Streinz (Hrsg.), AEUV, Art. 115, Rz. 8; Kahl, in Calliess/Ruffert (Hrsg.), AEUV, Art. 115, Rz. 7. 41 Tietje, in Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), AEUV, Art 115, Rz. 22. 42 Commission Staff Working Document, Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, S. 14 f.; Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 65. 43 Commission Staff Working Document, Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, S. 11; Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 65. 44 Leible/Schröder, in Streinz (Hrsg.), AEUV, Art. 115, Rz. 12 m.w.N.

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A. Europarechtliche Rahmenbedingungen

durch ist die Nachprüfung durch den EuGH ohnehin nur eingeschränkt möglich.45 Da Art. 115 AEUV Einstimmigkeit im Rat vorsieht und einige Mitglied­ staaten strikt gegen die GKKB sind, ist die politische Umsetzung des GKKB-RLV in der gesamten Union wohl unrealistisch. Aussichtsreicher ist die Verwirklichung im Wege der verstärkten Zusammenarbeit nach Art. 20 EUV, Art. 326 ff. AEUV. Gemäß Art. 20 Abs. 2 S. 1 EUV müssen mindestens neun Mitgliedstaaten an der verstärkten Zusammenarbeit beteiligt sein. Auch die Finanztransaktionssteuer soll in elf Mitgliedstaa­ ten im Wege der verstärkten Zusammenarbeit eingeführt werden.46 2. Subsidiaritätsprinzip Nach Art. 5 Abs. 3 EUV darf die Union in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig werden, wenn die Mit­ gliedstaaten die angestrebten Ziele weder auf zentraler noch auf regiona­ ler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklichen können (negatives Kri­ terium), sondern diese Ziele auf Unionsebene besser verwirklicht werden können (positives Kriterium).47 Hier ist eine einzelaktsbezogene Subsi­ diaritätsprüfung nach Art. 5 Abs. 3 EUV erforderlich, weil der GKKB-RLV das Funktionieren des Binnenmarktes und damit eine geteilte Zuständig­ keit nach Art. 4 Abs. 2 lit. a) AEUV betrifft. Nach Art. 3 Abs. 3 S. 1 EUV errichtet die Union einen Binnenmarkt. Ziel ist „eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft“ (Art. 3 Abs. 3 S. 2 EUV). Da­ mit spielen für die Regeln zur Errichtung des Binnenmarkts ökonomi­ sche Effizienzüberlegungen eine größere Rolle, als dies im deutschen Recht üblicherweise der Fall ist.48 a) Zielrichtungen des Subsidiaritätsgrundsatzes Im Gegensatz zur Frage der Unmittelbarkeit im Rahmen von Art. 115 AEUV kommt es für die Subsidiaritätsprüfung nicht nur darauf an, dass eine Beeinträchtigung des Binnenmarktes vorliegt, sondern vor allem darauf, ob diese Beeinträchtigung nur auf Ebene der Union wirksam be­ seitigt werden kann.49 Das Subsidiaritätsprinzip hat zwei verschiedene Zielrichtungen: Juristisch ist es Tatbestandsvoraussetzung für die Kom­ 45 Art. 26 Abs. 1 AEUV wird teilweise so verstanden, dass schon bei der Frage, ob eine Einzelermächtigung vorliegt, eine Erforderlichkeitsprüfung vorzunehmen ist, Tietje, in Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), AEUV, Art 115, Rz. 27. Um eine Doppelprü­ fung zu vermeiden, soll hier erst im Rahmen der Verhältnismäßigkeit auf die Erfor­ derlichkeit eingegangen werden. 46 EuZW 2012, S. 883. 47 Callies, in Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV, Art. 5, Rz. 5. 48 Vgl. Purnhagen, in Mathis (Hrsg.), Law and Economics in Europe, S. 3, 21. 49 Schön, 9 EC Tax Review 2000, S. 90, 103.

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung

petenzen der EU. Zugleich ist es eine Leitlinie für den politischen Dis­ kurs.50 Die Justiziabilität des Subsidiaritätsprinzips ist mittlerweile unbestrit­ ten, da Art. 8 des Protokolls (Nr. 2)51 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV für den Fall vorsieht, dass das Subsidiaritätsprinzip verletzt wird.52 Die Kontrolle durch den EuGH ist aber sehr zurückhal­ tend. Bisher hat der EuGH noch keinen Rechtsakt der Union wegen eines Verstoßes gegen das Subsidiaritätsprinzip für unwirksam erklärt.53 Diese Zurückhaltung ist angemessen, da es sich bei der Frage, ob die Union ef­ fektiver tätig werden kann als die Mitgliedstaaten, um eine sehr komple­ xe Prognoseentscheidung handelt. Entsprechend steht dem Unionsge­ setzgeber ein Einschätzungsspielraum zu.54 Die politische Dimension des Subsidiaritätsprinzips zeigt sich vor allem in der Präventivkontrolle nach dem Verfahren nach Art. 5 Abs. 3 S. 2 AEUV in Verbindung mit den Art. 2 bis 7 des Protokolls (Nr. 2).55 Danach muss die Kommission rechtfertigen, dass sie überhaupt tätig wird. Dieses Verfahren spiegelt die politische Leitlinie wider, nach der Probleme im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt grundsätzlich auf der Ebene der Mitgliedstaaten gelöst werden sollen und Harmonisierung so zurückhal­ tend wie möglich zu erfolgen hat.56 Dank dieses Verfahrens bekommt die politische Diskussion einen entsprechenden Ausgangspunkt und eine entsprechende Richtung. Im Fall eines Richtlinienvorhabens nach Art. 115 AEUV werden die rechtlichen Interessen der Mitgliedstaaten vor al­ lem durch das Erfordernis einer einstimmigen Entscheidung im Rat ge­ schützt. Daher ist die rechtliche Bedeutung des Grundsatzes der Subsi­ diarität in diesem Fall besonders eingeschränkt. Er spielt hier vor allem als politische Leitlinie eine Rolle.57

50 Bast, in Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), EUV, Art. 5, Rz. 49. 51 EU-Subsidiaritätsprotokoll, v. 13.12.2007, ABl. C 306, 17.12.2007, S. 148, konsoli­ dierte Fassung ABl. C 83, 30.3.2010, S. 206. 52 Streinz, in Streinz (Hrsg.), EUV, Art. 5, Rz. 38; Bast, in Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), EUV, Art. 5, Rz. 58. 53 Temme/Sporken/Okten, 18 International Transfer Pricing Journal 2011, S. 313, 324; Streinz, in Streinz (Hrsg.), EUV, Art. 5, Rz. 40. 54 Streinz, in Streinz (Hrsg.), EUV, Art. 5, Rz. 40; Bast, in Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), EUV, Art. 5, Rz. 58. 55 Vgl. Bast, in Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), EUV, Art. 5, Rz. 59; Streinz, in Streinz (Hrsg.), EUV, Art. 5, Rz. 33. 56 Craig/de Búrca, EU Law, S. 157. 57 Leible/Schröder, in Streinz (Hrsg.), AEUV, Art. 115, Rz. 17.

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A. Europarechtliche Rahmenbedingungen

b) Stellungnahmen der nationalen Parlamente Die Unterscheidung zwischen der politischen und der juristischen Di­ mension des Prinzips der Subsidiarität ist wichtig, um Stellungnahmen zur Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips richtig einordnen zu können. Im Rahmen der Beteiligung der nationalen Parlamente nach Art. 5 Abs. 3 S. 3 EUV und Art. 6 und 7 des Protokolls (Nr. 2) haben neun und damit ein Drittel der Parlamente begründete Stellungnahmen nach Art. 6 Abs. 1 des Protokolls (Nr. 2) abgegeben.58 Eine Überprüfung nach Art. 7 Abs. 2 des Protokolls (Nr. 2) ist gleichwohl nicht erforderlich, da nicht alle Par­ lamente beide möglichen Stimmen abgegeben haben. Insgesamt ergingen 13 (von 54 möglichen) Stimmen dafür, dass der GKKB-RLV nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist.59 Am häufigsten kritisieren die nationalen Parlamente in ihren Stellung­ nahmen, dass die Kommission nicht genügend quantitative und qualita­ tive Kennzahlen nach Art. 5 des Protokolls (Nr. 2) vorgelegt habe, um zu belegen, dass das verfolgte Ziel besser auf Unionsebene erreicht werden könne.60 Die Kommission versucht die Vorteile einer europäischen Rege­ lung durch Modelle und qualitative Methoden zu belegen. Der größte Vorteil einer europäischen Regelung läge danach in der Senkung der Be­ folgungskosten.61 Ausgangspunkt für alle Untersuchungen ist die Überle­ gung, dass Befolgungskosten im Gegensatz zu Steuerzahlungen in kei­ nem Fall einen gesamtwirtschaftlichen Nutzen haben, damit nicht zur ökonomischen Wohlfahrt beitragen und möglichst zu reduzieren sind („deadweight costs“).62 Die Kommission greift auf Berechnungen nach dem CORTAX Model zurück, die sowohl für den Fall einer optionalen GKB als auch einer optionalen GKKB in den meisten Szenarien Wohl­ fahrtsgewinne durch eine Senkung der Befolgungskosten vorhersagen, wobei die Vorteile im Fall einer GKKB größer ausfallen würden. Abgese­ hen davon wären die Auswirkungen auf die Beschäftigung, die Investitio­ nen und das Bruttoinlandsprodukt nach dem Modell eher negativ.63 Nach 58 Begründete Stellungnahmen der Parlamente Bulgariens v. 16.5.2011, Irlands v. 27.5.2011, Maltas v. 20.5.2011, der Niederlande v. 3.5.2011, Polens v. 18.5.2011, Rumäniens v. 31.5.2011, Schwedens v. 16.5.2011, der Slowakei v. 26.5.2011 und des Vereinigten Königreichs v. 16.5.2011, KOM(2011) 0121 – C7-0092/2011 – 2011/0058(CNS). 59 Zu diesen Stellungnahmen ausführlich: Szudoczky, in Weber (Hrsg.), CCCTB – Selected Issues, S. 93, 111 ff. 60 Stellungnahmen: Bulgarien, S. 4; Großbritannien, S. 8; Irland S. 4; Malta S. 6; Ru­ mänien, S. 4; Slowakei, S. 4. 61 Commission Staff Working Paper, Summary of the Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, SEC(2011) 315 final, S. 7. 62 Commission Staff Working Document, Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 10 und S. 40. 63 Commission Staff Working Document, Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 44 f.; eine weitere Untersuchung

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung

einer qualitativen Befragung würde die Zeit, die für die Befolgung von Steuervorschriften benötigt wird, im Fall einer GKKB um 8 % sinken, eine GKB hätte dagegen keine Auswirkungen oder geringe insgesamt leicht negative Effekte.64 Am signifikantesten sind die Ergebnisse einer qualitativen Befragung, die eine erhebliche Senkung des zeitlichen und finanziellen Aufwands für die Gründung einer Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat vorhersagt. Diese Kostensenkung wäre im Fall einer GKKB deutlich hö­ her als im Fall einer GKB.65 Zudem geht die Kommission in einer Ge­ samtbetrachtung davon aus, dass grenzüberschreitende Investitionen durch die Harmonisierung zunehmen würden, wobei dieser Effekt im Fall einer GKKB besonders stark ausgeprägt wäre.66 Die Kommission ist der Auffassung, dass Handlungen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ge­ eignet sind, die gegenwärtige Situation zu verbessern, da Steuerpflichtige immer noch mit 27 (aktuell 28) verschiedenen Steuerverwaltungen zu tun hätten.67 Zudem wären die Vorschriften über den grenzüberschreiten­ den Verlustausgleich und die Steuerbefreiung für Umstrukturierungen wirkungslos und könnten Marktverzerrungen hervorrufen, falls jeder Mitgliedstaat sein eigenes System anwendete.68 Die Begründung der Kommission ist insbesondere im Hinblick auf die Alternative einer Teilharmonisierung in Verbindung mit Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten sehr knapp.69 Allerdings kann die Konsolidie­ rung und Aufteilung im Rahmen der GKKB wohl nur gelingen, wenn sie auf einer einheitlichen europäischen Regelung beruht. Dies liegt vor al­ lem daran, dass eine Konsolidierung und Aufteilung für die Mitgliedstaa­ ten nur akzeptabel ist, wenn die Ermittlung der Bemessungsgrundlage vollständig harmonisiert ist. Andernfalls könnten einzelne Mitgliedstaa­ ten steuerliche Begünstigungen einführen, die Zulasten des Steuerauf­ kommens anderer Mitgliedstaaten gingen, und sich so Standortvorteile kommt zu einem ähnlichen Ergebnis, betont aber noch stärker die Verschiebungen, die sich aus der Aufteilung der Bemessungsgrundlage ergeben würden, Cline/Neubig/Phillips/Sanger/Walsh, CCCTB Study, S. 60. 64 Commission Staff Working Document, Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 33. Im GKKB-RLV wird auf S. 6 davon gesprochen, dass durch die Einführung einer GKKB die Befolgungskosten um 7 % zurückgingen. Woher diese Zahl stammt, ist unklar. Im Impact Assessment der Kommission taucht sie zumindest nicht auf. 65 Commission Staff Working Document, Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 34 f. 66 Commission Staff Working Document, Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 46. 67 Commission Staff Working Document, Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 15. 68 GKKB-RLV, S. 10. 69 Szudoczky, in Weber (Hrsg.), CCCTB – Selected Issues, S. 93, 110.

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A. Europarechtliche Rahmenbedingungen

verschaffen.70 Zu kritisieren ist, dass die Umstellungskosten, die die Ein­ führung des GKKB-Systems für die Steuerverwaltung und die Unterneh­ men mit sich bringt, von der Kommission nur kurz erwähnt werden, aber bisher nicht untersucht wurden,71 obwohl diese Kosten erheblich sein werden.72 Im Zusammenhang mit der vollständigen Harmonisierung der Gewinner­ mittlung wird auch vorgebracht, dass eine solch umfassende Regelung durch eine Richtlinie nicht möglich sei.73 Diese Auffassung ist jedoch nicht zutreffend. Die Verträge enthalten diesbezüglich keine Einschrän­ kung. Deshalb können auch Richtlinien, die auf Art. 115 AEUV gestützt werden, grundsätzlich so detailliert ausfallen, dass den Mitgliedstaaten nur noch eine Eins-zu-Eins-Umsetzung übrig bleibt.74 Um die Richtlinie insofern von der Verordnung abzugrenzen, wird teilweise gefordert, dass den Mitgliedstaaten ein Mindestmaß an Gestaltungsspielraum verbleiben muss.75 Da die Mitgliedstaaten auch in Zukunft den Steuersatz selbst fest­ legen können, verbleibt ihnen ein ausreichender Gestaltungsspielraum. Die Kommission betont, dass der GKKB-RLV vor allem deshalb mit dem Subsidiaritätsgrundsatz vereinbar sei, weil den Mitgliedstaaten die Fest­ setzung der Steuersätze verbliebe.76 Einige nationale Parlamente bemän­ geln dagegen, dass durch den GKKB-RLV zwar kein bestimmter Steuer­ satz vorgegeben werde, dafür aber indirekter Druck zur Anpassung der Steuersätze entstehe. Dies könne vor allem dann der Fall sein, wenn sich in einem Mitgliedstaat entweder die Höhe der Bemessungsgrundlage än­ dere oder der Anteil an der Bemessungsgrundlage sich durch die Konsoli­ dierung und Aufteilung verschöbe.77 Dieser indirekte Druck ist aber nicht mit einer Harmonisierung der Steuersätze vergleichbar, da es den Mit­ gliedstaaten im Fall einer Änderung des Steueraufkommens letztlich frei stünde, Einbußen in den Steuereinnahmen in Kauf zu nehmen oder den Steuersatz anzupassen.

70 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 118. 71 Commission Staff Working Document, Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 32 f. 72 Treidler/Grothe, StuW 2014, S. 175, 182; vgl. dazu auch die Untersuchung von Cline/Neubig/Phillips/Sanger/Walsh, CCCTB Study, S. 53, wonach organisatori­ sche Routine zu den Schlüsselressourcen jedes Unternehmens gehört. 73 Stellungnahme Maltas Fn. 58, S. 2 f. 74 Leible/Schröder, in Streinz (Hrsg.), AEUV, Art. 115, Rz. 15; Tietje, in Grabitz/Hilf/ Nettesheim (Hrsg.), AEUV, Art. 115, Rz. 31. 75 Hilf, EuR 1993, S. 1, 7. 76 Commission Staff Working Document, Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 16. 77 Stellungnahmen Fn. 58: Bulgarien S. 4; Malta, S. 3; Niederlande S. 2 f.; Rumänien, S. 5.

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung

Würde sich die Richtlinie auf die Harmonisierung der Gewinnermittlung beschränken, läge die Bestimmung der Höhe des Steueraufkommens noch stärker in der Hand der Mitgliedstaaten. Unterstellt man, dass die Steuerpflichtigen optimal informiert sind, würde eine Schmälerung der Bemessungsgrundlage durch die GKB und die entsprechende Erhöhung des Tarifs nicht zu einer Abwanderung der Steuerpflichtigen führen, weil es für sie nicht auf den Tarif als solchen ankommt, sondern auf die effek­ tive Steuerbelastung, wie sie sich aus dem Zusammenspiel von Bemes­ sungsgrundlage und Steuersatz ergibt. Das Steueraufkommen und damit auch die Steuerbelastung blieben aber insgesamt gleich hoch. Unterstellt man, dass die Steuerpflichtigen nicht optimal informiert sind und die Erhöhung des Steuersatzes für sie abschreckende Wirkung haben kann, wäre damit zumindest das Ziel des GKKB-RLV erreicht, den Steuerwett­ bewerb transparenter zu machen. c) Zusammenfassende Beurteilung Der GKKB-RLV ist in seiner gegenwärtigen Form mit dem Subsidiaritäts­ prinzip vereinbar. Zwar kann man im Einzelnen an der Überzeugungs­ kraft der Begründung der Kommission zweifeln, die Begründung ist aber zumindest so umfassend, dass die Frage, ob die verfolgten Ziele nur auf Ebene der Union wirksam erreicht werden können, in den Einschät­ zungsspielraum des Unionsgesetzgebers fällt. Die Stellungnahmen der nationalen Parlamente sind daher eher als politische Äußerung zu verste­ hen. Der EuGH würde die GKKB-Richtlinie wohl nicht wegen eines Ver­ stoßes gegen das Subsidiaritätsprinzip für nichtig erklären. Sollte dagegen nur die GKB als „kleine Lösung“ verwirklicht werden, müsste die Kommission genauer darlegen, weshalb eine vollständige Harmonisierung der Gewinnermittlung günstiger ist als eine punktuelle Harmonisierung, die womöglich mit weiteren Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten verbunden wäre.78 Im Fall einer GKB wären abweichende Regelungen durch die Mitgliedstaaten nicht grundsätzlich ausgeschlos­ sen. Dies wäre insbesondere für steuerliche Lenkungsnormen in Form von Subventionsnormen relevant.79 3. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach Art. 5 Abs. 4 AEUV ist wie das Subsidiaritätsprinzip eine Schutzvorschrift zu Gunsten der Mitglied­ staaten.80 Danach dürfen die Maßnahmen der Union inhaltlich wie for­ 78 Siehe auch Von Brocke/Rottenmoser, IWB 2011, S. 620, 626. 79 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 118. 80 EuGH v. 22.10.1998 , Rs. C-36–97 u. 37–97 (Kellinghusen), Slg. 1998, I-6337, Rz. 33 ff.; Streinz, in Streinz (Hrsg.), EUV, Art. 5 Rz. 41.

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A. Europarechtliche Rahmenbedingungen

mal nicht über das zur Erreichung der Ziele der Verträge erforderliche Maß hinausgehen. Es kommt darauf an, dass die gewählten Mittel zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet sind und das Maß des hier­ zu Erforderlichen nicht übersteigen.81 Liegt wie hier ein wirtschaftlicher Sachverhalt vor, der eine komplexe Abwägung erfordert, räumt der EuGH dem Unionsgesetzgeber ein sehr weites politisches Ermessen ein und be­ schränkt seine Verhältnismäßigkeitsprüfung auf die Frage, ob die gesetz­ geberische Maßnahme offensichtlich fehlerhaft ist, oder ob es zu Nach­ teilen für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer kommt, die zu den mit der Maßnahme verbundenen Vorteilen völlig außer Verhältnis stehen.82 Die Nationalversammlung Bulgariens hält den GKKB-RLV unter ande­ rem deshalb für unverhältnismäßig, weil durch die Einführung eines zweiten separaten Körperschaftsteuersystems zusätzliche zeitliche und finanzielle Belastungen auf die Mitgliedstaaten zukommen. Das System nach dem GKKB-RLV wäre vor allem deshalb eine Belastung für die Ver­ waltung, weil die steuerlichen Regelungen vollkommen von den Rech­ nungslegungsvorschriften getrennt würden.83 An dieser Stelle zeigt sich die Zweischneidigkeit der eingeräumten Option. Einerseits werden nur Unternehmen für die GKKB optieren, die sich steuerliche Vorteile erhof­ fen,84 was sicherstellt, dass kein Unternehmen durch die Einführung der GKKB in finanzielle Schwierigkeiten gerät und es dadurch zu Wohlfahrt­ seinbußen kommt. Die optionale GKKB ist auch ein weniger starker Ein­ griff in die Souveränitätsrechte der Mitgliedstaaten als eine zwingende Lösung.85 Andererseits bringt die Option für die Finanzverwaltungen und die Unternehmen erhebliche Kosten mit sich. Die Unternehmen müss­ ten im Hinblick auf die Option stets auch das andere Steuersystem im Auge behalten, was die Befolgungskosten erhöht.86 Es würde zu den Sorg­ faltspflichten der Geschäftsleitung gehören, regelmäßig die Vor- und Nachteile eines Eintritts oder Austritts in oder aus dem GKKB-System zu

81 EuGH v. 13.5.1997, Rs. C-233/94 (Deutschland/Parlament), Slg. 1997, I-2405, Rz. 54; EuGH v. 22.10.1998, Rs. C-36–97 u. 37–97 (Kellinghusen); Slg. 1998, I-6337, Rz. 33. 82 EuGH v. 13.5.1997, Rs. C-233/94 (Deutschland/Parlament), Slg. 1997, I-2441, Rz. 55 f.; EuGH v. 12.11.1996, Rs. C-84/94 (Vereinigtes Königreich/Rat), Slg. 1996, I-5755, Rz. 58. 83 Stellungnahme Bulgariens Fn. 58, S. 5. 84 Förster/Krauß, IStR 2011, S. 607, 615. 85 Schön, in Schön u.a. (Hrsg.), A CCCTB for Europe, S. 49, 67. Allerdings dürfte die Optionalität den Eingriff in die Souveränitätsrechte nur gering abschwächen, weil die nationalen Körperschaftsteuersysteme in einem Wettbewerb mit dem GKKB-System stünden, was zu Anpassungsdruck führen würde, Hey, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 93, 104. 86 Hey, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 93, 106.

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung

prüfen.87 Dazu kommen Unsicherheiten für die Entscheidungsfindung der Unternehmen.88 Nach dem CORTAX-Model lassen sich die ange­ strebten Wohlfahrtsgewinne sowohl im Fall einer GKB als auch einer GKKB am ehesten durch eine optionale Einführung verwirklichen.89 Da­ nach überwiegen die gesamtwirtschaftlichen Vorteile der Option deren Nachteile, weshalb die Option verhältnismäßig ist. Da auch sehr gute Gründe gegen die Option sprechen, wäre eine zwingende GKKB wohl ebenso verhältnismäßig. Der Unionsgesetzgeber hat insofern einen Er­ messensspielraum. Darüber hinaus würde nach den Untersuchungen der Kommission das Ziel, den Binnenmarkt zu fördern, durch eine optionale GKKB am besten verwirklicht, insbesondere weil dadurch die grenzüberschreitenden In­ vestitionen zunehmen würden.90 Sollte die GKKB-Richtlinie erlassen werden, bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Unionsgesetzge­ ber eine offensichtlich fehlerhafte Abwägung getroffen hat.91 Vielmehr ist davon auszugehen, dass die GKKB geeignet und erforderlich ist, den Bin­ nenmarkt zu fördern. Sollte statt einer GKKB nur eine GKB ohne Konso­ lidierung verwirklicht werden, wäre diese auch verhältnismäßig. Zwar wären die positiven Effekte für den Binnenmarkt womöglich geringer, insbesondere was die Förderung von grenzüberschreitenden Investitio­ nen angeht,92 aufgrund der fehlenden Konsolidierung und Aufteilung wäre aber auch die Eingriffsintensität hinsichtlich der Rechte der Mit­ gliedstaaten niedriger. 4. Delegierte Befugnisse Nach Art. 2, 14, 34, 42 GKKB-RLV hat die Kommission die Befugnis, Rechtsakte zur Klarstellung bestimmter Regelungen der GKKB-Richtlinie zu erlassen. Diese Rechtssetzung durch die Kommission wird als Komito­ logieverfahren bezeichnet und ist in Art. 290 AEUV geregelt. In Art. 127 ff. GKKB-RLV finden sich Vorschriften zur Ausübung und zum Wider­ 87 Cline/Neubig/Phillips/Sanger/Walsh, CCCTB Study, S. 49; Bünning/Möser, BB 2011, S. 2647, 2648. 88 So allgemein zur Wahl der Gesellschaftsform Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 41 f. 89 Commission Staff Working Document, Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 45. 90 Commission Staff Working Document, Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 46. 91 Das Ergebnis der Untersuchung von Cline/Neubig/Phillips/Sanger/Walsh, CCCTB Study, S. 60, wonach sich die Vor- und Nachteile der Einführung einer GKKB wahr­ scheinlich gegenseitig aufheben würden, steht dem nicht entgegen. Da das Ergebnis dieser Studie nicht eindeutig ungünstig ist, wäre die Entscheidung für die GKKB nicht offensichtlich fehlerhaft. 92 Commission Staff Working Document, Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 46.

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A. Europarechtliche Rahmenbedingungen

ruf dieser Befugnisse. Nach Art. 128 GKKB-RLV kann die Befugnisübertra­ gung vom Rat jederzeit widerrufen werden. Nach Art. 129 GKKB-RLV tritt ein delegierter Rechtsakt nicht in Kraft, wenn der Rat Einwände da­ gegen erhebt. Die Frist, um Einwände zu erheben, beträgt drei Monate. Der Rechtsakt kann früher in Kraft treten, wenn der Rat erklärt, keine Einwände erheben zu wollen. Anders als beim Erlass der Richtlinie ent­ scheidet der Rat in diesen Fällen nach Art. 290 Abs. 2 AEUV mit qualifi­ zierter Mehrheit. Nach Art. 290 Abs. 2 lit. b) AEUV wäre es auch möglich gewesen, dem Europäischen Parlament das Recht zu geben, Einwände zu erheben. Davon wurde jedoch kein Gebrauch gemacht. Das Parlament muss nach Art. 130 GKKB-RLV nur unterrichtet werden. Die Zulässigkeit der Delegation der Befugnisse an die Kommission rich­ tet sich nach Art. 290 AEUV. Nach Abs. 1 UA 1 dieser Vorschrift kann der Kommission die Befugnis übertragen werden, Rechtsakte ohne Gesetzes­ charakter mit allgemeiner Geltung zur Ergänzung oder Änderung be­ stimmter nicht wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzes zu erlassen. In Abs. 1 UA 2 S. 2 wird klargestellt, dass die wesentlichen As­ pekte eines Bereichs dem Gesetzgebungsakt vorbehalten sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind alle politischen Grundentscheidungen einer Materie wesentlich.93 Bei der Änderung von Rechtsakten darf die Parlamentsbeteiligung nicht dadurch ausgehöhlt werden, dass wesentli­ che Teile des Rechtsaktes geändert werden.94 Nach Art. 2 Abs. 3 und Art. 14 Abs. 3 GKKB-RLV hat die Kommission das Recht, die Anhänge zum GKKB-RLV zu ändern. Bei den Anhängen han­ delt es sich um Aufzählungen, die bestimmen, ob bestimmte Gesell­ schaftsformen oder Steuern der Mitgliedstaaten unter den Anwendungs­ bereich der GKKB fallen oder nicht. Diese Aufzählungen sind lediglich Klarstellungen über das Verhältnis des GKKB-RLV zum Recht der Mit­ gliedstaaten und betreffen keine politischen Grundentscheidungen des europäischen Körperschaftsteuerrechts, weshalb die Änderung der An­ hänge auch nicht die Gefahr birgt, dass das Beteiligungsrecht des Parla­ ments ausgehöhlt wird. In Art. 34 Abs. 5 und Art. 42 GKKB-RLV erhält die Kommission die Befugnis, klarstellende Regelungen zum wirtschaft­ lichen Eigentum, zum Leasing und zur Kategorisierung von Anlagever­ mögen zu erlassen. Auch diese Befugnisse haben nur ergänzenden Cha­ rakter und sind nicht geeignet, wesentliche Teile des GKKB-RLV zu ändern. Es gibt weitere Bereiche, in denen eine Befugnis zur Klarstellung durch die Kommission sinnvoll wäre. Dies gilt zum Beispiel für die Defi­ nition von Wirtschaftsgütern.95 Sollten die Befugnisse der Kommission 93 EuGH v. 27.10.1992, Rs. C-240/90 (Deutschland/Kommission), Slg. 1992, I-5383, Rz. 37; dazu Ruffert, in Calliess/Ruffert (Hrsg.), AEUV, Art. 290, Rz. 10. 94 EuGH v. 18.6.1996, Rs. C-303/94 (Parlament/Rat), Slg. 1996, I-2943, Rz. 23  ff. 95 Dazu unten 6. Kapitel:A.I.3.e).

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung

zum Erlass delegierter Rechtsakte erweitert werden, wäre es sinnvoll, dem Parlament doch ein Einwendungsrecht zu geben. Dadurch könnte eine stärkere demokratische Legitimation dieser Rechtsakte erreicht werden.

II. Höherrangiges Unionsrecht Die GKKB kann nur verwirklicht werden, wenn ihre Regeln nicht gegen primäres Unionsrecht verstoßen. Grenzen für den Gestaltungsspielraum des Unionsgesetzgebers können sich insbesondere aus den Grundrechten der Europäischen Union sowie aus den Grundfreiheiten ergeben. 1. Grundrechte der Europäischen Union Die Grundrechte der Europäischen Union ergeben sich aus drei verschie­ denen Rechtsquellen: der Charta der Grundrechte der Europäischen Uni­ on (GRCh), der gemeinsamen Verfassungsüberlieferung der Mitgliedstaa­ ten und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Im Zusammenhang mit Steuernormen sind insbesondere der allgemeine Gleichheitssatz, das Diskriminierungsverbot, das Übermaßverbot sowie die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit von Be­ deutung. Gemäß Art. 6 Abs. 1 EUV erkennt die Union die GRCh an. Nach Art. 6 Abs. 1 EUV ist die GRCh mit den Verträgen gleichrangig und damit euro­ päisches Primärrecht. Die GRCh bindet nach Art. 51 Abs. 1 GRCh die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union. Für die Mitglied­ staaten gilt sie nur bei Durchführung des Unionsrechts. Eine weitere Be­ schränkung des Gestaltungsspielraums des Unionsgesetzgebers kann sich aus der EMRK ergeben. Der Unionsgesetzgeber ist nach Art. 6 Abs. 3 Alt. 1 EUV verpflichtet, die Grundrechte gemäß der EMRK zu beachten.96 Sobald die Union nach Art. 6 Abs. 2 EUV der EMRK beigetreten ist, wird die EMRK eine Wirkung haben, die faktisch dem Primärrecht vergleich­ bar ist.97 Auch schon vor dem Beitritt der EU zur EMRK behält sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) theoretisch vor, Recht der Union zu prüfen, wenn es durch die Mitgliedstaaten umgesetzt wird, was hier der Fall wäre. Dabei beschränkt der EGMR die Prüfung auf offensichtliche Verstöße.98 Des Weiteren sind nach Art. 6 Abs. 3 Alt. 2 96 Es spielt insofern keine Rolle, dass der förmliche Beitritt der Union zur EMRK noch aussteht. 97 Völkerrechtliche Verträge wie die EMRK haben im Unionsrecht eine Stellung zwi­ schen Primär- und Sekundärrecht; Streinz/Michl, in Streinz (Hrsg.), EUV, Art. 6, Rz. 21. 98 EGMR v. 30.6.2005 (Bosphorus), 45036/98, Rz. 156.

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A. Europarechtliche Rahmenbedingungen

EUV die Grundrechte, wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungs­ überlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts. a) Gleichheitssatz Im Folgenden wird der europäische Gleichheitssatz dargestellt. Anschlie­ ßend wird erörtert, ob er spezifische steuerliche Ausprägungen hat. aa) Rechtsprechung des EuGH zum Gleichheitssatz Der EuGH hat schon 1977 geurteilt, dass der allgemeine Gleichheitssatz zu den Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts gehört.99 Mittlerweile ist der allgemeine Gleichheitssatz in Art. 20 GRCh kodifiziert. Zugleich ist der Gleichheitssatz Teil der gemeinsamen Verfassungsüberlieferun­ gen der Mitgliedstaaten, weshalb er nach Art. 52 Abs. 4 GRCh im Ein­ klang mit diesen Überlieferungen auszulegen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH verbietet es der Gleichheitssatz, vergleichba­ re Sachverhalte unterschiedlich zu behandeln, es sei denn, die Differen­ zierung ist objektiv gerechtfertigt.100 Später wurde diese Formel insofern ergänzt, als ein Gleichheitsverstoß auch dann vorliegt, wenn dieselbe Vorschrift auf unterschiedliche Situationen angewandt wird und diese Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt ist.101 Der allgemeine Gleichheitssatz hat im Steuerrecht der EU (noch) nicht die herausragende Bedeutung, die Art. 3 Abs. 1 GG für das deutsche Steu­ errecht hat. Das BVerfG erklärt Steuergesetze regelmäßig für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.102 Im Vergleich dazu ist die Rechtsprechung des EuGH und des EuG noch wenig ausdifferenziert103 und sehr zurückhal­ tend, wenn es um das europäische Sekundärrecht geht. Allgemein haben die europäischen Gerichte nur in sehr wenigen Fällen einen europäischen

99 EuGH v. 19.10.1977, Rs. 117/76 und 16/77 (Ruckdeschel), Slg. 1977, 1753, Rz. 7. 100 EuGH v. 19.10.1977, Rs. 117/76 und 16/77 (Ruckdeschel), Slg. 1977, 1753, Rz. 7; EuGH v. 25.11.1968, Rs. 201 und 202/85 (Klensch), Slg. 1986, 3477, Rz. 9; EuGH v. 12.3.1987, Rs. 215/85 (BALM), Slg. 1987, 1279, Rz. 23; EuGH v. 19.11.1998, Rs. C-85/97 (SFI), Slg. 1998, I-7447, Rz. 30. 101 EuGH v. 14.2.1995, C-279/93 (Schumacker), Slg. 1995, I-225, Rz. 30; EuGH v. 7.5.1998, Rs. C-390/96 (Lease Plan), Slg. 1998, I-2553, Rz. 34; EuGH v. 19.9.2000, C-156/98 (Deutschland/Kommission), Slg. 2000, I-6857, Rz. 84; EuGH v. 23.4.2009, Rs. C-460/07 (Puffer), Slg. 2009, I-3251, Rz. 52. 102 Beispielhaft zwei jüngere Entscheidungen: BVerfG v. 9.12.2008 - 2 BvL 1/07 u.a. (Entfernungspauschale), BVerfGE 122, S. 210; BVerfG v. 6.7.2010 – 2 BvL 13/09 u.a. (Arbeitszimmer), BVerfGE 126, S. 268. 103 Englisch, in Schön/Beck (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, S. 39, 40.

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung

Rechtsakt wegen eines Grundrechtsverstoßes für nichtig erklärt.104 Der EuGH hat bislang in keinem Fall eine steuerrechtliche Richtlinie der Union wegen eines Verstoßes gegen europäische Grundrechte für ungül­ tig erklärt.105 Im europäischen Mehrwertsteuerrecht gibt es durchaus Fäl­ le, in denen ein Grundrechtsverstoß nahe gelegen hätte.106 Noch ist unklar, welche Anforderungen der EuGH im Einzelnen an die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung stellt; insbesondere ist offen, inwieweit eine wertende Abwägung erforderlich ist. Zu diesen Fragen hat der EuGH sich im Zusammenhang mit dem Diskriminierungsverbot für Agrarmärkte nach Art. 40 Abs. 2 UA 2 AEUV geäußert. Die Problematik entspricht der Diskussion zur „neuen Formel“ des BVerfG.107 Teilweise lässt der EuGH sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung genü­ gen,108 was einer bloßen Willkürkontrolle entspricht.109 In anderen Urtei­ len verlangt er, dass die Ungleichbehandlung „in einem angemessenen Verhältnis zu den Erfordernissen des Marktes der Gemeinschaft“110 steht, oder dass sie „durch das Vorliegen objektiver Unterschiede von einigem Gewicht gerechtfertigt“ 111 ist, was für eine wertende Betrachtung spricht, die über eine Willkürkontrolle hinausgeht.112 Der Fall Seeling113 zeigt, dass der EuGH im Steuerrecht der EU zumindest bisher keine vollständige Prüfung vornimmt, ob eine Ungleichbehand­ lung geeignet und erforderlich ist. Nach dem Seeling-Urteil konnten Un­ ternehmer die Vorsteuerbeträge für die Herstellung eines gemischt ge­ nutzten Gebäudes nach Art. 17 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie114 in voller Höhe abziehen und erlangten dadurch gegenüber Nichtunter­ nehmern einen erheblichen Liquiditäts- und Zinsvorteil, der unter Gleichheitsgesichtspunkten fragwürdig war. Der EuGH rechtfertigte die­ 104 EuGH v. 18.10.1989, Rs. 374/87 (Orkem), Slg. 1989, 3283, Rz. 41; EuGH v. 5.10.1994, Rs. C-404/92 P (X), Slg. 1994, I- 4737, Rz. 23; EuGH v. 29.06.2010, Rs. C-550/09 (Devrimci), Slg. 2010, I-6213, Rz. 57; EuG v. 7.2.2002, Rs. T-211/00 (Kui­ jer), Slg. 2002, II-485, Rz. 74. 105 Englisch, in Schön/Beck (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, S. 39, 53; Zorn/Twardosz, DStR 2007, S. 2185, 2187. 106 Zorn/Twardosz, DStR 2007, S. 2185, 2187. 107 Z.B. verwendet in BVerfG v. 14.10.1997 - 1 BvL 5/89, BVerfGE 96, S. 315, 325; BVerfG v. 12.02.2003 - 2 BvR 709/99, BVerfGE 107, S. 257, 270; dazu auch Albers, JuS 2008, S. 945; Rossi, in Calliess/Ruffert (Hrsg.), GRCh, Art. 20, Rz. 26 f. 108 Z.B. EuGH v. 13.11.1990, Rs. C-370/88 (Marshall), Slg. 1990, I-4071, Rz. 24; EuGH v. 13.1.2005, Rs. C-126/04 (Heineken), Slg. 2005, I-331, Rz. 22. 109 Englisch, EuR 2009, S. 488, 495. 110 EuGH v. 15.7.1982, Rs. 245/81 (Edeka), Slg. 1982, 2745, Rz. 13. 111 EuGH v. 22.5.2003, Rs. C-462/99 (Connect Austria), Slg. 2003, I-5197, Rz. 115. 112 Rossi, in Calliess/Ruffert (Hrsg.), GRCh, Art. 20, Rz. 27; Englisch, EuR 2009, S. 488, 495. 113 EuGH v. 8.5.2003, Rs. C-269/00 (Seeling), Slg. 2003, I-4101. 114 Richtlinie 77/388/EWG nicht mehr in Kraft, galt bis: 31.12.2006.

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A. Europarechtliche Rahmenbedingungen

se Ungleichbehandlung in einem späteren Urteil mit der Wahrung der Steuerneutralität und der daraus resultierenden unterschiedlichen Stel­ lung von Unternehmern und Nichtunternehmern.115 Darauf, ob die da­ malige Regelung zur Wahrung der Steuerneutralität tatsächlich erforder­ lich war, ging der EuGH nicht ein. Die Neuregelung in Art. 168a MwStSystRL116 zeigt jedoch, dass die steuerliche Neutralität auch ohne eine Bevorzugung von Unternehmern gewährleistet werden konnte, die­ se Ungleichbehandlung also nicht erforderlich war.117 Der Gestaltungs­ spielraum des Unionsgesetzgebers bei der Harmonisierung der körper­ schaftlichen Gewinnermittlung wird davon abhängen, ob sich die Rechtsprechung des EuGH in Zukunft noch stärker hin zu einer Abwä­ gung entwickelt, oder ob – wie im Fall Seeling – ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung ausreicht. bb) Leistungsfähigkeitsprinzip Steuern dienen der allgemeinen Finanzierung der öffentlichen Hand. Demgemäß erhält der Steuerpflichtige keine besondere Gegenleistung für seine Steuerzahlung.118 Vor allem aus diesem Grund hat der Steuer­ pflichtige einen Anspruch darauf, dass sich alle Mitbürger gleichmäßig an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen.119 Als Maßstab für diese Belastungsgleichheit dient das Leistungsfähigkeitsprinzip, das weltweit Einfluss auf die Steuerpolitik hat.120 Es fällt auf, dass der EuGH in seinen Entscheidungen zum Steuerrecht nie vom Leistungsfähigkeitsprinzip als Grundsatz des europäischen Steu­ errechts spricht.121 Im oben genannten Fall Seeling mag dies nicht weiter verwundern, weil das Leistungsfähigkeitsprinzip international vor allem 115 EuGH v. 23.4.2009, Rs. C-460/07 (Puffer), Slg. 2009, I-3251, Rz. 46 und 56. 116 Richtlinie 2006/112/EG v. 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersys­ tem, ABl. L 347, 11.12.2006, S. 1, zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndRL 2013/61/ EU v. 17.12.2013, ABl. L 353, S. 5 117 So auch Englisch, in Schön/Beck (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuer­ rechts, S. 39, 55 f. 118 Vgl. § 3 Abs. 1 AO. 119 BVerfG v. 27.6.1991 - 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, S. 239, 268 f. 120 Lang/Englisch, in Amatucci (Hrsg.), International Tax Law, S. 251, 256; Schön, 1 World Tax Journal 2009, S. 67, 72. 121 In einigen Urteilen spricht der EuGH in der deutschen Fassung von „persönlicher Steuerkraft“ in der englischen Fassung von „ability to pay tax“. Dabei geht es dem EuGH aber in erster Linie nicht um das Leistungsfähigkeitsprinzip als solches, sondern darum, dass ein Quellenstaat die Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichti­ gen nicht bestimmen kann und aus diesem Grund eine Ungleichbehandlung zwi­ schen Gebietsansässigen und Nichtansässigen, was den Abzug persönlicher Aus­ gaben angeht, gerechtfertigt sein kann, z.B. EuGH, v. 14.2.1995, C-279/93 (Schumacker), Slg. 1995, I-225, Rz. 32; EuGH v. 14.9.1999, C-391/97 (Gschwind), Slg. 1999, I-5451, Rz. 22; EuGH v. 12. Juni 2003, C-234/01 (Gerritse), Slg. 2003, I-5933, Rz. 43. In EuGH v. 15.9.2011, C-240/10 (Schulz), Slg. 2011 I-08531, Rz. 37

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung

als Grundprinzip der direkten Besteuerung verstanden wird.122 Für Ent­ scheidungen aus dem Bereich der direkten Steuern ist es dagegen erstaun­ lich, dass der EuGH das Leistungsfähigkeitsprinzip nicht nennt. Dieses ist in den meisten Mitgliedstaaten tragendes Prinzip der direkten Besteu­ erung.123 In einigen Mitgliedstaaten wie Deutschland, Frankreich, Grie­ chenland, Italien, Spanien und Ungarn hat das Leistungsfähigkeitsprinzip sogar Verfassungsrang.124 Ausgehend vom Fall Schumacker125 hat der EuGH aus der Freizügigkeit der Arbeitnehmer die „Schumacker-Doktrin“ entwickelt, wonach Abzü­ ge aus persönlichen Gründen nicht nur Gebietsansässigen zustehen, son­ dern auch Personen, die ihr gesamtes oder nahezu ihr gesamtes Einkom­ men in einem Mitgliedstaat beziehen und in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind. Diese Doktrin hat zumindest Ähnlichkeit mit dem subjek­ tiven Leistungsfähigkeitsprinzip, wobei sie in Fällen nicht anwendbar ist, in denen das Einkommen zu ähnlich großen Teilen in zwei Mitgliedstaa­ ten erzielt wird oder das Einkommen aus mehr als zwei Mitgliedstaaten stammt.126 Für den Bereich der Körperschaftsteuer spielt die „Schuma­ cker-Doktrin“ jedoch keine Rolle. Körperschaften haben keine persönli­ chen Bedürfnisse wie natürliche Personen127 und werden steuerlich ge­ trennt von den dahinter stehenden natürlichen Personen behandelt. Sie benötigen kein sächliches Existenzminimum. Aus diesem Grund spielt das gesamte subjektive Nettoprinzip für die Körperschaftsteuer keine Rolle.128 Für die Besteuerung der Körperschaften kommt es allein auf das Leis­ tungsfähigkeitsprinzip in Form des objektiven Nettoprinzips an. Danach müssen alle Einnahmen und Ausgaben eines bestimmten Steuerpflichti­ gen bei der Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens vollständig und zusammen berücksichtigt werden. Dabei ist das objektive Netto­ prinzip für den Bereich der Ertragsteuern unmittelbarer Ausfluss des Gleichheitssatzes. Eine steuerliche Ungleichbehandlung liegt immer dann vor, wenn zwei Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit un­

spricht der EuGH von Leistungsfähigkeit als einem Prinzip, das dem deutschen Einkommensteuerrecht zu Grunde liegt. 122 Schön, 1 World Tax Journal 2009, S. 67, 72; Bardini, 38 Intertax 2010, S. 2. 123 Bardini, 38 Intertax 2010, S. 2. 124 Für Deutschland BVerfG v. 9.12.2008 - 2 BvL 1/07 u.a. (Entfernungspauschale), BVerfGE 122, S. 210, 231 m.w.N.; für die übrigen Staaten Nachweise in Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. I, S. 488 ff. 125 EuGH v. 14.2.1995, C-279/93 (Schumacker), Slg. 1995, I-225, Rz. 47. 126 Bardini, 38 Intertax 2010, S. 2, 5. 127 Schön, World Tax Journal 2009, S. 67, 75. 128 Frotscher, in Frotscher/Maas (Hrsg.), KStG, vor § 1, Rz. 3; Hey, DStR 2009, Beihef­ ter zu Heft 34, S. 109, 110.

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A. Europarechtliche Rahmenbedingungen

terschiedlich besteuert werden.129 Die Leistungsfähigkeit ergibt sich wie­ derum aus der Gegenüberstellung aller Einnahmen und Ausgaben eines Steuerpflichtigen und damit aus dem objektiven Nettoprinzip.130 Daher sind objektives Nettoprinzip und steuerliche Gleichheit nur terminolo­ gisch eine Differenz.131 Dies gilt zumindest immer dann, wenn sich der Gesetzgeber – wie im GKKB-RLV und allgemein im Körperschaftsteuer­ recht – dazu entschlossen hat, den Abzug von Betriebsausgaben grund­ sätzlich zuzulassen. Im Ergebnis macht es für die Körperschaftsteuer keinen Unterschied, dass der EuGH das Leistungsfähigkeitsprinzip nicht als solches benennt, weil eine konsequente Anwendung des Gleichheitssatzes ohnehin zur Verwirklichung des Leistungsfähigkeitsprinzips in Form des objektiven Nettoprinzips führt. Entscheidend ist vor allem, dass sich der EuGH in Zukunft im Fall von Ungleichbehandlungen nicht auf eine reine Willkür­ kontrolle beschränkt, sondern eine Abwägung trifft, ob die Ungleichbe­ handlung gerechtfertigt ist. cc) Gebot der Folgerichtigkeit Im deutschen Steuerrecht hat das Gebot der Folgerichtigkeit eine heraus­ ragende Bedeutung, die durch die jüngeren Urteile zur Entfernungspau­ schale132 und zum häuslichen Arbeitszimmer133 besonders hervorgehoben wurde. Im Europarecht ist dagegen fraglich, welche Bedeutung das Gebot der Folgerichtigkeit hat und welche Bedeutung es haben sollte. (1) Rechtsprechung des BVerfG In Deutschland ist die Meinung herrschend, Art. 3 Abs. 1 GG verlange vom Gesetzgeber eine folgerichtige und damit systemorientierte Steuer­ gesetzgebung. Danach muss der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Tatbestands die einmal getroffene Belastungsentschei­ dung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umsetzen. Durch­ bricht der Gesetzgeber die selbst gewählte Systematik, bedarf er hierfür eines sachlichen Grundes.134

129 Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. I, S. 322. 130 Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. II, S. 763. 131 So Bardini, 38 Intertax 2010, S. 2, 4. 132 BVerfG v. 9.12.2008 - 2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, S. 210. 133 BVerfG v. 6.7.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, S. 268. 134 BVerfG v. 21.6.2006 - 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, S. 164, 182; BVerfG v. 9.12.2008 - 2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, S. 210, 231; BVerfG v. 6.7.2010 – 2 BvL 13/09, BVerf­ GE 126, S. 268, 278; dazu Hey, DStR 2009, S. 2561, 2567; Hey, in Tipke/Lang (Hrsg.), § 3, Rz. 118.

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung

(2) Rechtsprechung des EuGH In der Rechtsprechung des EuGH taucht der Begriff der Folgerichtigkeit nicht auf.135 Große Bedeutung hat dagegen der ähnliche Begriff der Kohä­ renz. Kohärenz darf aber nicht mit der Folgerichtigkeit verwechselt wer­ den. Während die Folgerichtigkeit eine Anforderung an den Gesetzgeber ist, ist die Kohärenz in ihrer ursprünglichen Bedeutung ein Rechtferti­ gungsgrund für die abweichende Behandlung von grenzüberschreitenden gegenüber rein inländischen Sachverhalten.136 Ausführungen zur Kohä­ renz finden sich zum Beispiel für die grenzüberschreitende Verlustbe­ rücksichtigung, die sich auf die Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) auswirken kann. So muss ein Mitgliedstaat, der die Gewinne einer aus­ ländischen Betriebsstätte oder Tochtergesellschaft einer im Inland ansäs­ sigen (Mutter-)Gesellschaft von der Besteuerung im Inland freistellt, grundsätzlich auch Verluste der ausländischen Betriebsstätte oder Toch­ tergesellschaft nicht berücksichtigen.137 Der EuGH argumentiert, der Ausschluss der Verlustberücksichtigung könne erforderlich sein, um die Aufteilung der Besteuerungsbefugnis der Mitgliedstaaten zu wahren, weil die Nichtberücksichtigung der ausländischen Verluste nur das Spie­ gelbild der Nichtberücksichtigung der ausländischen Gewinne sei. Die Gewinne und Verluste seien „zwei Seiten derselben Medaille“.138 Diese Spiegelbildlichkeit zeigt, dass es sich um eine konsequente, in sich syste­ matische Regelung handelt. Der EuGH verlangt dabei nur, dass jeder Mitgliedstaat seine eigenen Re­ gelungen im Verhältnis von In- und Ausländern widerspruchsfrei ausge­ staltet. Widersprüche und Friktionen, die durch das Aufeinandertreffen verschiedener Steuersysteme entstehen, müssen dagegen hingenommen werden und können nur durch eine Harmonisierung der entsprechenden Regelungen beseitigt werden. Widersprüche innerhalb eines nationalen Steuersystems müssen im Lichte der Grundfreiheiten ebenso hingenom­ men werden, wenn sie inländische und grenzüberschreitende Sachverhal­ te gleichermaßen betreffen.139 Die Grundfreiheiten zielen in erster Linie auf Wettbewerbsgleichheit und weniger auf Belastungsgleichheit ab.140 Es 135 Kritisch zur Kontrolle der Folgerichtigkeit durch den EuGH Englisch, in Schön/ Beck (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, S. 39, 63. 136 Zuletzt EuGH v. 23.10.2008, C-157/07 (Wannsee-Seniorenheimstatt), Slg. 2008, I-8061, Rz. 43. Dazu ausführlich Kokott/Ost, EuZW 2011, S. 496, 500 ff. 137 EuGH v. 13.12.2005. C-446/03 (Marks & Spencer), Slg. 2005, I-10837, Rz. 43 ff.; EuGH v. 15.5.2008, C-414/06 (Lidl Belgium), Slg. 2008, I-3601, Rz. 42; EuGH v. 23.10.2008, C-157/07 (Wannsee-Seniorenheimstatt), Slg. 2008, I-8061, Rz. 43; EuGH v. 25.2.2010, C-337/08 (X Holding), Slg. 2010, I-1215, Rz. 40. 138 EuGH Marks & Spencer Fn. 137, Rz. 43 und 45. 139 Hey, StuW 2005, S. 317, 318. 140 Schön, in Lang/Schuch/Staringer (Hrsg.), Die Diskriminierungsverbote im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen S. 13, 20.

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A. Europarechtliche Rahmenbedingungen

sind verschiedene Vergleichsgruppen heranzuziehen. Während die Wett­ bewerbsgleichheit nur Steuerpflichtige in die Vergleichsgruppe einbe­ zieht, die zueinander im Wettbewerb stehen, bezieht sich die Belastungs­ gleichheit umfassend auf alle Steuerpflichtigen – unabhängig davon, ob sich diese in einer Konkurrenzsituation befinden oder nicht. Der EuGH leitet daher aus den Grundfreiheiten und dem daraus abgeleiteten Gebot der Kohärenz kein allgemeines „Systemoptimierungsgebot“141 ab. Die Prüfung der Systemgerechtigkeit einer Ungleichbehandlung im Rahmen der Grundfreiheiten ließe sich aber als Anknüpfungspunkt für eine allge­ meine Prüfung der Folgerichtigkeit einer Regelung im Rahmen des allge­ meinen Gleichheitssatzes heranziehen. Entsprechend zieht der EuGH die Kohärenz des Steuersystems nicht mehr nur als Rechtfertigungsgrund heran, sondern unterwirft in einigen Fällen die Gesetze der Mitgliedstaaten einer Kohärenzprüfung. Diese Prüfung darf aber nicht mit der Kohärenz als Rechtfertigungsgrund ver­ wechselt werden.142 Im Zusammenhang mit dem Glücksspielrecht hat der EuGH zum ersten Mal geprüft, ob die Norm eines Mitgliedstaates, die eine Grundfreiheit beschränkt, geeignet ist, ihren Regelungszweck in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen.143 Diese Kohärenz­ prüfung wurde in einem Fall auch auf eine Regelung zu den direkten Steuern angewandt. Diese Regelung stellte Gewinne aus Glücksspielen von inländischen öffentlichen oder gemeinnützigen Einrichtungen frei, galt aber nicht für vergleichbare ausländische Anbieter. Diese Beschrän­ kung der Dienstleistungsfreiheit war nicht dazu geeignet, kriminelle Handlungen zu verhindern und damit unverhältnismäßig. Das Ziel wur­ de nicht in kohärenter und systematischer Weise verfolgt.144 Diese Kohä­ renzprüfung ist der Prüfung der Folgerichtigkeit ähnlich, da der EuGH ebenso eine systematische Gesetzgebung verlangt, was zeigt, dass Kohä­ renz und Folgerichtigkeit verwandte Begriffe sind. Allerdings betrifft das Urteil des EuGH zur Kohärenz der direkten Steuern eine Lenkungssteuer und das damit verfolgte außersteuerliche Ziel. Eine allgemeine kohärente Umsetzung einer bestimmten Belastungsgrundentscheidung verlangt der EuGH nicht. Dies liegt daran, dass die Grundfreiheiten kein umfassendes Systemoptimierungsgebot sind. Die Kohärenzprüfung ließe sich aber auf den Bereich der harmonisierten direkten Steuern ausweiten, sodass der europäische Gesetzgeber verpflichtet ist, die getroffene Belastungsgrun­ dentscheidung insgesamt systematisch umzusetzen.

141 Eisenbarth/Hufeld, IStR 2010, S. 309, 311. 142 Kokott/Ost, EuZW 2011, S. 496, 502. 143 EuGH v. 6. 11. 2003, C-243/01 (Gambelli u.a.), Slg. 2003, I-13031, Rz. 67. 144 EuGH v. 6. 10. 2009, C-153/08 (Kommission/Spanien), Slg. 2009, I-9735, Rz. 38 u. 41.

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung

(3) Zukünftige Entwicklung des europäischen Gebots der Folgerichtigkeit Wegen der Strenge des BVerfG ist die Vorstellung unrealistisch, der EuGH müsse ein vergleichbares Schutzniveau erreichen wie das BVerfG.145 Es ist allerdings auch zweifelhaft, ob ein solches Schutzniveau überhaupt sinnvoll ist. Die Rechtsprechung des BVerfG wird teilweise kritisiert, weil sie dem Gesetzgeber zu wenig Gestaltungsspielraum lasse oder weil sie inkonsistent sei.146 In jedem Fall führen die grundsätzlich strengen Anforderungen dazu, dass das BVerfG regelmäßig an einem „Scheide­ weg“147 steht zwischen richterlicher Zurückhaltung,148 die dem Gesetzge­ ber einen weiten Gestaltungsspielraum lässt, und der Forderung nach ei­ ner folgerichtigen Besteuerung. Dadurch sind die Entscheidungen des BVerfG häufig schwer vorherzusagen, was die Rechtsunsicherheit er­ höht.149 Während das BVerfG zum Beispiel in den Entscheidungen zur Entfer­ nungspauschale150 und zum häuslichen Arbeitszimmer151 den Grundsatz der Folgerichtigkeit hervorhob, hat es in seiner Entscheidung zum zeitli­ chen Verbot von Jubiläumsrückstellungen152 den weiten Gestaltungs­ spielraum des Gesetzgebers betont, sich auf eine bloße Willkürkontrolle beschränkt und damit einen weniger strengen Prüfungsmaßstab angelegt. Derzeit ist unklar, ob diese niedrigere Kontrolldichte allgemein für das Bilanzsteuerrecht gilt oder nur für den spezifischen Fall der Rückstellun­ gen.153 Eine konsequent zurückhaltende Rechtsprechung des EuGH könnte hier womöglich für mehr Rechtssicherheit sorgen. Dafür würde der EuGH aber auch nicht jede systemwidrige Steuernorm aufheben. Ein gewisses Maß an Inkonsequenz in der Gesetzgebung könnte zumindest 145 Hey, StuW 2005, S. 317, 325; Englisch, in Schön/Beck (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, S. 39, 54. 146 Kischel, in BeckOK GG, Art. 3, Rz. 153 f.; Kischel, in Mellinghoff/Palm (Hrsg.), Gleichheit im Verfassungsstaat, S. 175, 176; Lepsius, JZ 2009, S. 260; zu den Gren­ zen der Konstitutionalisierung des Steuerrechts: Droege, StuW 2011, S. 105. 147 Hey, in Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 3, Rz. 100. 148 Judicial self-restraint, diese Zurückhaltung wird vor allem wegen des Gewalten­ teilungsgrundsatzes verlangt, dazu Sondervotum Böckenförde v. 22.6.1995 - 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, S. 121, 151; Kriele, in Handbuch des Staatsrechts V, § 110 Rn. 7 f. 149 Kischel, in Mellinghoff/Palm (Hrsg.), Gleichheit im Verfassungsstaat, S. 175, 175 f.; Kischel, in BeckOK GG, Art. 3, Rz. 143; Hey, DStR 2009, S. 2561, 2562; Röder, Das System der Verlustverrechnung, S. 136; Musil, in Schön/Röder (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II, S. 129, 137. 150 Siehe Fn. 102. 151 Siehe Fn. 102. 152 BVerfG v. 12.5.2009 - 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, S. 111. 153 Ist der Auffassung, dass die Entscheidung zu den Jubiläumsrückstellungen nicht verallgemeinert werden sollte: Hey, DStR 2009, S. 2561, 2566.

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A. Europarechtliche Rahmenbedingungen

durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht verhindert werden.154 Es wäre Aufgabe von Wissenschaft und Praxis, eine folgerichtige Gesetz­ gebung einzufordern, denn unabhängig von der genauen Kontrolldichte durch den EuGH ist eine folgerichtige Gesetzgebung ein rechtspoliti­ sches Ziel. Zudem ist die Gewinnermittlung nach dem GKKB-RLV womöglich von sich aus systematischer und folgerichtiger als die Gewinnermittlung nach dem EStG und KStG.155 Viele deutsche Regelungen, die die grundle­ gende Systematik der Unternehmensbesteuerung durchbrechen und des­ halb unter dem Gesichtspunkt der Folgerichtigkeit fragwürdig sind, ha­ ben keine Entsprechung im GKKB-RLV. Dies gilt zum Beispiel für die Zinsschranke nach § 4h EStG, § 8a KStG,156 die Mindestbesteuerung nach § 10d EStG157 oder den Untergang von Verlusten bei Beteiligungs­ wechsel nach § 8c Abs. 1 KStG.158 Allerdings sollen nach dem Vorschlag der dänischen Ratspräsidentschaft eine Zinsschranke und eine Mindest­ besteuerung aufgenommen werden.159 Sollten diese beiden Instrumente Bestandteil der Richtlinie werden, wäre das Argument der höheren Syste­ matik weit weniger überzeugend. Eine genauere Untersuchung der Gleichheitsgerechtigkeit des GKKB-RLV wird im Weiteren folgen. Womöglich würden die Steuerpflichtigen durch die Wahl der GKKB eine geringere Kontrolldichte bei der gerichtlichen Prüfung des Gleichheitssatzes gegen Gewinnermittlungsregelungen ein­ tauschen, die von sich aus systematischer und damit gleichheitsgerech­ ter sind. Dadurch würde die weniger strenge gerichtliche Kontrolle aus Sicht der Steuerpflichtigen unter Umständen ausgeglichen. Dazu kommt, dass spätere Änderungen des GKKB-Systems sehr viel aufwändiger und langsamer wären als Änderungen der nationalen Gesetze. Zunächst müsste die GKKB-Richtlinie einstimmig (Art. 115 AEUV) geändert wer­ den und dann müsste diese Änderung in allen Mitgliedstaaten in nationa­ les Recht umgesetzt werden. Dies wird als Nachteil gesehen, weil der europäische Gesetzgeber dadurch nur sehr langsam auf Veränderungen

154 Siehe zum deutschen Recht: Musil, in Schön/Röder (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II, S. 129, 146. 155 Englisch glaubt nicht, dass der europäische Gesetzgeber von sich aus rationaler oder sachgerechter handelt, als es die nationalen Gesetzgeber ohne verfassungs­ rechtliche Schranken würden, Englisch, in Schön/Beck (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, S. 39, 40; skeptisch auch Hey, StuW 2005, S. 317, 325. 156 Zur Kritik: Hey, BB 2007, S. 1303, 1305. 157 Zur Kritik: Hey, in Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 8, Rz. 67. 158 Hat § 8c Abs. 1 KStG dem BVerfG vorgelegt: FG Hamburg v. 4.4.2011 - 2 K 33/10, DStR 2011, S. 1172. 159 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 4.4.2012, Art. 14a und Art. 43 Abs. 2.

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung

reagieren kann,160 es hätte aber den Vorteil, dass Gesetzesänderungen, welche die ursprüngliche Systematik durchbrechen, sehr viel schwerer zu verwirklichen wären als nach nationalem Recht. dd) Zwischenergebnis Der europäische Gleichheitssatz hat bisher nur sehr begrenzt eine steuer­ rechtliche Ausprägung. Insbesondere das objektive Nettoprinzip und der Grundsatz der Folgerichtigkeit spielen in der Rechtsprechung des EuGH zumindest ausdrücklich keine Rolle. Es gibt aber Ansätze in der Recht­ sprechung des EuGH, anhand derer eine spezifische steuerliche Ausprä­ gung des Gleichheitssatzes entwickelt werden könnte. Das objektive Nettoprinzip würde sich aus einer konsequenten Verhältnismäßigkeits­ prüfung im Fall von steuerlichen Ungleichbehandlungen praktisch von selbst ergeben. Der Grundsatz der Kohärenz hat bereits Ähnlichkeit mit der Prüfung der Folgerichtigkeit. b) Einzelne gleichheitsrechtliche Fragen Im Folgenden sollen grundlegende gleichheitsrechtliche Fragen im Zu­ sammenhang mit dem GKKB-RLV erörtert werden. aa) Harmonisierung der Bemessungsgrundlage nur für Körperschaften Teilweise wird gefordert, der europäische Gesetzgeber solle wegen der Rechtsformneutralität der Besteuerung die Harmonisierung der Bemes­ sungsgrundlage auch auf Personengesellschaften und Einzelkaufleute er­ strecken, um die Ungleichbehandlungen bei der Gewinnermittlung zu beseitigen.161 (1) Verschiedene Gesetzgeber Der Gleichheitssatz gebietet eine möglichst rechtsformneutrale Besteue­ rung, da die Rechtsform grundsätzlich keine unterschiedliche Steuerbe­ lastung rechtfertigt.162 Nach § 8 Abs. 1 S. 1 KStG ermitteln Körperschaf­ ten ihren steuerlichen Gewinn grundsätzlich nach den Regeln des EStG. Dem Bundesgesetzgeber wäre es aus gleichheitsrechtlichen Gründen wo­

160 Cline/Neubig/Phillips/Sanger/Walsh, CCCTB Study, S. 51; allgemein kritisch zur Einstimmigkeit: Lang/Englisch, in Amatucci (Hrsg.), International Tax Law, S. 251, 254. 161 Herzig, FR 2012, S. 761, 762; Herzig, GKKB, S. 16; der Bundesrat hat sich für die Einbeziehung von Personengesellschaften ausgesprochen: Bundesrat-Drucksache 155/11(B)(2) v. 17.7.2011, S. 1. 162 Lang, StuW 1990, 107, 115 f.; Jachmann, DStJG Bd. 23 2000, 9, 41 f.; Hennrichs, in Tipke/Lang (Hrsg.), § 10, Rz. 4 ff.

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A. Europarechtliche Rahmenbedingungen

möglich verwehrt, parallele Gewinnermittlungssysteme einzuführen.163 Das BVerfG sieht jedoch in der Abschirmung der Vermögenssphäre der Kapitalgesellschaft von den Anteilseignern einen grundlegenden Unter­ schied zwischen der Besteuerung von Kapital- und Personengesellschaf­ ten, was einen hinreichenden sachlichen Grund für eine unterschiedliche steuerliche Behandlung gebe.164 Diese Fragestellung muss für die GKKB nicht entschieden werden, denn werden – wie hier – zwei verschiedene Gesetzgeber tätig, gilt der Gleichheitssatz nicht im Vergleich der unter­ schiedlichen Rechtsordnungen, sondern allein innerhalb des jeweiligen Rechtssystems.165 Folglich kann sich kein Steuerpflichtiger auf eine Un­ gleichbehandlung durch die deutschen oder europäischen Gewinnermitt­ lungsregeln berufen. Etwas anderes gilt für die Festlegung des Steuersat­ zes, da dieser allein durch den Bundesgesetzgeber bestimmt wird.166 (2) Kompetenz Eine umfassende Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlung wäre wegen der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßig­ keit problematisch. Das Tätigwerden der EU auf dem Gebiet der Gewinn­ ermittlung lässt sich vor allem mit der Senkung der Befolgungskosten bei grenzüberschreitender Tätigkeit begründen, was die Verwirklichung des Binnenmarkts fördern würde. Personenhandelsgesellschaften und vor al­ lem Einzelkaufleute werden aber regelmäßig nur in so geringem Umfang grenzüberschreitend tätig, dass sie divergierende Gewinnermittlungsre­ geln nicht tangieren. Es dürfte kaum nachzuweisen sein, dass die Harmo­ nisierung der Gewinnermittlung ihre Befolgungskosten senkt. Im Gegen­ teil, da sie weiter verpflichtet wären, ihre Handelsbilanz nach nationalem Recht oder internationalen Rechnungslegungsstandards aufzustellen, würden die Befolgungskosten für die meisten Personenhandelsgesell­ schaften und Einzelkaufleute wohl sogar steigen. Eine Harmonisierung der gesamten Unternehmensbesteuerung wäre deshalb nur schwer mit dem Subsidiaritätsgrundsatz zu vereinbaren, da es zur Beseitigung von steuerlichen Hindernissen im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr aus Sicht der meisten Einzelkaufleute und Personengesellschaften keiner vollständigen Harmonisierung der Gewinnermittlung bedarf.167 Diese 163 So Spengel, ZfCM Sonderheft 2/2004, S. 130, 131; Schön, in Schön (Hrsg.), Steuer­ liche Maßgeblichkeit, S. 1, 18. 164 BVerfG v. 21.6.2006 - 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, S. 164, 199; dazu Schön, in Schön u.a. (Hrsg.), A CCCTB for Europe, S. 49, 50 f. 165 Kube, IStR 2008, S. 305, 311; kritisch Schreiber StuW 2004, S. 212, 225; vgl. zum Föderalismus in der Bundesrepublik Dürig/Scholz, in Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 3 Abs. 1, Rz. 233 ff. 166 Dazu unten 1. Kapitel:B.II. 167 So im Ergebnis auch die Kommission: Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament, Leitlinien zur Unternehmensbesteuerung

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung

Problematik würde für die Unternehmen zwar durch die Option abgemil­ dert, aus Sicht der Mitgliedstaaten wäre aber auch die optionale umfas­ sende Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlung eine Be­ schränkung der Besteuerungshoheit, ohne dass dieser Beschränkung ein entsprechender Nutzen für den Binnenmarkt gegenüberstünde. Auch wegen der getrennten Besteuerung von Kapitalgesellschaft und Gesellschaftern ist der Eingriff in die Besteuerungshoheit der Mitglied­ staaten im Fall einer Beschränkung auf die Harmonisierung der Kör­ perschaftsteuer-Bemessungsgrundlage weniger schwer als im Fall einer umfassenden Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlung. Die Gefahr, dass die GKKB als Bemessungsgrundlage aus Sicht der Mitglied­ staaten zu schmal sein könnte, wird durch die Möglichkeit der Besteue­ rung der Gesellschafter teilweise wieder kompensiert. Desto schmäler die GKKB ausfällt, umso größer ist das ausschüttbare Vermögen der Kör­ perschaft, da weniger liquide Mittel zur Zahlung der Körperschaftsteuer aufgewandt werden müssen. Diese Kompensation funktioniert in der Re­ gel nur, wenn die einkommensteuerpflichtigen Gesellschafter im Inland ansässig sind und führt auch nur zu einem teilweisen Ausgleich. Zudem setzt sie voraus, dass vorhandene liquide Mittel tatsächlich ausgeschüt­ tet werden. Die prozentuale Höhe der Kompensation entspricht der Höhe des Einkommensteuersatzes für Kapitaleinkünfte. Im Fall der Harmoni­ sierung der Gewinnermittlung von Personengesellschaften und Einzel­ kaufleuten wäre Steuersubstrat, das nicht von der harmonisierten Be­ messungsgrundlage erfasst wird, dagegen in jedem Fall verloren. (3) Zwischenergebnis Da im Fall der GKKB jeweils verschiedene Gesetzgeber die Besteuerung der Körperschaften und der übrigen Unternehmen regeln würden, beste­ hen keine grundlegenden gleichheitsrechtlichen Bedenken gegen die Be­ schränkung der Harmonisierung der Bemessungsgrundlage auf Körper­ schaften. Dazu kommt, dass die EU womöglich keine Kompetenz für eine umfassende Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlung hätte. Die Problematik der divergierenden Gewinnermittlungssysteme ließe sich wohl nur auf Ebene der Mitgliedstaaten lösen, indem die Regeln der GKKB für die gesamte steuerliche Gewinnermittlung verbindlich umge­ setzt werden. Zum Beispiel könnten die Regeln der GKKB-Gewinner­ mittlung im allgemeinen Steuerbilanzrecht des EStG umgesetzt wer­ den.168 v. 18.5.1990, SEK(90) 6101 end., 6128/90, abgedruckt in BR-Drucksache 360/90, dort S. 2. 168 Müller-Gatermann/Möhlenbrock/Fehling, ISR 2012, S. 17, 23.

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A. Europarechtliche Rahmenbedingungen

bb) Option Die Option ist zweischneidig, was die Gleichbehandlung der Steuer­ pflichtigen angeht. Durch die Option steht die GKKB im Wettbewerb mit den nationalen Bemessungsgrundlagen, was dazu führen könnte, dass sie systematisch und folgerichtig ausgestaltet wird. Nach Art. 6 Abs. 1, 2 GKKB-RLV steht die Option allen Körperschaften zu und ist unabhängig von der Größe und einer grenzüberschreitenden Tätigkeit. Die Körper­ schaften würden voraussichtlich nicht für die GKKB optieren, wenn die Regelungen zum großen Teil unsystematisch und damit schwer zu hand­ haben wären. Die GKKB Vorschriften würden im Fall fehlender Folge­ richtigkeit praktisch irrelevant und könnten zumindest keinen größeren Schaden anrichten.169 Dies gilt allerdings nur, wenn die fehlende Syste­ matik alle Unternehmen gleichermaßen träfe. Wäre das GKKB-System unsystematisch, weil es bestimmte Unternehmen zum Beispiel wegen ihrer Größe oder ihrer Branche bevorzugt, würden vor allem die Körper­ schaften für die GKKB optieren, die von der fehlenden Systematik profi­ tierten. Dies wäre im Hinblick auf die Belastungsgleichheit sehr proble­ matisch und könnte zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Aus Gleichheitserwägungen gibt es aber auch grundlegende Bedenken ge­ gen die Option.170 Die Ungleichbehandlung verschiedener Körperschaf­ ten bedarf der Rechtfertigung. Die Ungleichbehandlung wird zwar da­ durch abgemildert, dass die Option für die GKKB jeder Körperschaft zusteht, es beseitigt sie aber nicht unbedingt, denn für viele kleine, rein national tätige Körperschaften dürfte sich die Umstellung auf die GKKB und die damit verbundenen Umstellungskosten nicht lohnen, denn sie profitieren weder von der europaweit einheitlichen Gewinnermittlung noch von der grenzüberschreitenden Verlustverrechnung oder dem Weg­ fall der konzerninternen Verrechnungspreisdokumentation.171 Andererseits ist zu bedenken, dass auch eine zwingende GKKB zu Un­ gleichbehandlungen führen würde. Es bestünde immer noch eine Un­ gleichbehandlung zwischen Einzelkaufleuten und Personengesellschaf­ ten einerseits und Körperschaften andererseits. Da die GKKB nur die Gewinnermittlung der Körperschaften harmonisiert, ist ihr eine Un­ gleichbehandlung inhärent, die sich durch die Option nicht grundlegend ändert. Diese Ungleichbehandlung resultiert letztlich daraus, dass ver­ schiedene Gesetzgeber tätig werden. Die Option sorgt vor allem dafür, 169 Sehr skeptisch, was die positive Wirkung dieses Steuerwettbewerbs angeht: Hey, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 93, 102 f. 170 Busse von Colbe, ZfbF 54, 2002, S. 159, 169; Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 18; Herzig, FR 2012, S. 761, 762. 171 Kritisch zu einer gemeinsamen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage nur für grenzüberschreitend tätige Körperschaften, Schön, 42 European Taxation 2002, S. 276, 286.

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung

dass die Trennlinie nicht strikt zwischen den Rechtsformen verläuft, sondern teilweise auch zwischen den Körperschaften. Wäre die GKKB für alle Körperschaften zwingend, gäbe es Anreize für Unternehmen, die Rechtsform zu wechseln, nur um der GKKB-Gewinnermittlung zu entge­ hen, was ineffizient wäre.172 Im Ergebnis sprechen aber die besseren Gründe gegen die Option. Diese kann gezielt zur Steuergestaltung genutzt werden. Vor allem für Konzer­ ne ergäbe sich eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten, um eine möglichst steuergünstige Struktur zu erreichen.173 Zwar ist die Gewinn­ ermittlung nach der GKKB für alle Mitglieder einer Gruppe zwingend, wenn entsprechend optiert wurde. Die starren und hohen Schwellenwer­ te für die Zugehörigkeit von Tochtergesellschaften zu einer Gruppe nach Art. 54 GKKB-RLV können aber leicht umgangen werden. Dadurch kön­ nen einzelne Tochtergesellschaften gezielt aus der Gruppe herausgehal­ ten werden, um bestimmte Vorteile der nationalen Gewinnermittlung zu nutzen, wie zum Beispiel besonders günstige Abschreibungsregelungen. Wäre die GKKB für alle Körperschaften zwingend, bestünden ungleich weniger Gestaltungsmöglichkeiten. Die Änderung der Rechtsform um die GKKB-Gewinnermittlung zu erreichen oder zu vermeiden, wäre er­ heblich aufwändiger und schwieriger als die bloße Ausübung der Option. Konzerne hätten keine Möglichkeit, den steuerlichen Gewinn für einzel­ ne Tochtergesellschaften nach nationalem Steuerrecht zu ermitteln. Dies würde unabhängig von der Rechtsform der Tochtergesellschaft gelten. Beteiligt sich die Mutter an einer Körperschaft, fällt diese unabhängig von ihrer Konzernzugehörigkeit unter die GKKB. Auch der Gewinn aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft würde nach den Regeln der GKKB ermittelt. Nach Art. 84 Abs. 1 GKKB-RLV müssen Steuerpflichtige ihren Anteil an den Einkünften einer transparenten Gesellschaft in ihre Steuerbemessungsgrundlage einbeziehen. Zu diesem Zweck wird der Ge­ winn des transparenten Unternehmens nach den Regeln der GKKB er­ mittelt.174 Konzerne hätten deswegen im Fall einer zwingenden GKKB bedeutend weniger Gestaltungsspielräume. Denkbar wäre es auch, die GKKB erst nach einer Übergangszeit zwingend vorzuschreiben. Dieser Zwang sollte aus Gründen der Belastungsgleichheit für alle Körperschaf­ ten unabhängig von ihrer Größe gelten, denn ein größenabhängiger Zwang würde zahlreiche Gestaltungsspielräume eröffnen.175 172 Hey, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 93, 100 f.; Herzig, GKKB, S. 16. 173 Schön, in Schön u.a. (Hrsg.), A CCCTB for Europe, S. 49, 67; Müller-Gatermann/ Möhlenbrock/Fehling, ISR 2012, S. 17, 22. 174 Hierzu ausführlich Eggert, ISR 2013, S. 304. 175 Das Europäische Parlament hat sich in einer Entschließung dafür ausgesprochen, dass die GKKB nach fünf Jahren für alle großen Unternehmen verpflichtend ist: Pressemitteilung vom 19.4.2012.

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A. Europarechtliche Rahmenbedingungen

cc) Typisierung Der GKKB-RLV zeichnet sich durch sehr starke Typisierungen vor allem im Bereich der Abschreibungen aus. Angesichts der riesigen Zahl von Lebenssachverhalten im Steuerrecht sind Typisierungen erforderlich, um das Steuerrecht praktikabel zu machen.176 Der EuGH hat sich bislang noch nicht explizit dazu geäußert, welchen gleichheitsrechtlichen Anfor­ derungen eine steuerliche Typisierung genügen muss.177 Unabhängig da­ von hat er aber die Geeignetheit und Erforderlichkeit von Typisierungen geprüft.178 Typisierungen sind unter Gleichheitsgesichtspunkten einer­ seits problematisch, weil verschiedene Sachverhalte gleich behandelt werden.179 Andererseits ermöglichen Typisierungen erst eine gleichmäßi­ ge Belastung der Steuerpflichtigen, weil Steuergesetze, die möglichst auf jeden Einzelfall eingingen, so kompliziert wären, dass sie praktisch in weiten Teilen unbeachtet blieben. Auch kann die Finanzverwaltung un­ möglich auf jeden Einzelfall genau eingehen und müsste daher ohne typi­ sierende Vorschriften häufig willkürlich entscheiden.180 Für die Gleich­ mäßigkeit des Besteuerungsverfahrens sind gewisse Typisierungen daher sogar erforderlich.181 Innerhalb dieses Spannungsfeldes sind die einzelnen Typisierungsvorschriften des GKKB-RLV zu prüfen. Die Typisierungen sind gleichheitsgerecht, wenn sie im Einzelfall geeignet und erforderlich sind, um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherzustellen. Dabei gilt der Satz von Tipke: „Durch Systematisierung und Typisierung läßt sich das Steuerrecht vereinfachen; aber ein einfaches Steuerrecht kann es nicht geben.“182 dd) Auslegung und Umsetzung der GKKB-Richtlinie Die meisten Entscheidungen des EuGH zum Gleichheitssatz im Steuer­ recht der EU betreffen nicht die Wirksamkeit des europäischen Sekun­ därrechts, sondern dessen Auslegung und die Frage, ob es zulässigerweise in nationales Recht umgesetzt wurde. Die Auslegung von Richtlinien zum Steuerrecht muss stets gleichheitsgerecht erfolgen.183 Dabei betont 176 So das BVerfG in ständiger Rechtsprechung, z.B. BVerfG v. 9.12.2008 - 2 BvL 1/07 u.a. (Entfernungspauschale), BVerfGE 122 - 2 BvL 1/07 u.a., S. 210, 232 m.w.N. 177 Englisch, in Schön/Beck (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, S. 39, 64. 178 EuGH v. 29.5.1997, Rs. C-63/96 (Skripalle), Slg. 1997, I-2847, Rz. 24; EuGH 19.9.2000, Rs. C-177/99 u.a. (Ampafrance), Slg. 2000, I-7013, Rz. 42; EuGH v. 29.4.2004, Rs. C-17/01 (Sudholz), Slg. 2004, I-4243, Rz. 46. 179 Ruppe, DStJG Bd. 21 1998, S. 29, 51; Friauf, DStJG Bd. 21 1998, S. 85, 86. 180 Isensee, StuW 1994, S. 3, 8. 181 Kirchhof, DStJG Bd. 21 1998, S. 9, 21 ff.; Hey, in Tipke/Lang (Hrsg.), § 3, Rz. 148; Lang/Englisch, in Amatucci (Hrsg.), International Tax Law, S. 251, 260. 182 Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. I, S. 357. 183 EuGH v. 27.11.2003, Rs. C-497/01 (Zita Modes Sàrl), Slg. 2003, I-14393, Rz. 34; EuGH v. 15.7.2004, Rs. C-321/02 (Harbs), Slg. 2004, I-7101, Rz. 28; EuGH v.

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung

der EuGH, dass Begriffe einer Norm des Unionsrechts, die insofern nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, autonom und einheitlich ausgelegt werden müssen, weil nur so die einheitliche An­ wendung des Unionsrechts und die Wahrung des Gleichheitssatzes ge­ währleistet werden können. Zudem müssen die Mitgliedstaaten stets den Gleichheitssatz berücksichtigen, wenn sie bei der Umsetzung von Richtlinien in nationales Recht oder bei der Anwendung dieses Rechts Ermessenspielräume haben.184 Wegen der Zurückhaltung des EuGH bei der Prüfung der Wirksamkeit von europäischem Sekundärrecht ist zu er­ warten, dass im Fall der Verwirklichung der GKKB-Richtlinie die meis­ ten Entscheidungen des EuGH zum Gleichheitssatz die Umsetzung und Auslegung dieser Richtlinie beträfen. ee) Zwischenergebnis Was die gleichheitsgerechte Ausgestaltung europäischer Steuernormen angeht, wird der Prüfungsmaßstab des EuGH voraussichtlich auch in Zu­ kunft weniger streng sein als der Maßstab, den das BVerfG zumeist an­ legt. Dies bedeutet aber nicht notwendig, dass die GKKB unsystemati­ scher wird, als es das deutsche Körperschafsteuerrecht derzeit ist. Sollte die GKKB optional eingeführt werden, wäre der europäische Gesetzgeber gezwungen, das System verständlich und handhabbar auszugestalten, wenn es eine praktische Relevanz haben soll. Damit ein Mindestmaß an Gleichheitsgerechtigkeit und Folgerichtigkeit im System der GKKB si­ chergestellt wird, ist es dennoch notwendig, dass der EuGH in Zukunft in jedem Fall abwägt, ob eine Ungleichbehandlung durch das Steuerrecht der Union geeignet und erforderlich ist, um das verfolgte Ziel zu errei­ chen und sich nicht auf eine reine Willkürkontrolle beschränkt. Eine sol­ che konsequente Kontrolle ist vor allem angesichts der geringeren demo­ kratischen Legitimation des europäischen Gesetzgebers erforderlich.185 Im Fall einer optionalen Ausgestaltung müsste der EuGH vor allem Sub­ ventionsnormen genau kontrollieren. Sollte die GKKB zwingend ausge­ staltet werden, wäre eine konsequente Kontrolle durch den EuGH wegen des fehlenden Wettbewerbs zwischen den Bemessungsgrundlagen noch wichtiger als im Fall der Option.

21.4.2005, Rs. C-25/03 (HE), Slg. 2005, I-3123, Rz. 72; EuGH v. 26. Mai 2005, C-43/04 (Finanzamt Arnsberg), Slg. 2005, I-4491, Rz. 24; EuGH v. 6.3.2008, C-98/07 (Højesteret), Slg. 2008, I-1281, Rz. 17. 184 EuGH v. 10.9.2002, Rs. C-141/00 (Kügler), Slg. 2002, I-6833, Rz. 56; EuGH v. 6.11.2003, C-45/01 (Dornier), Slg. 2003, I-12911, Rz. 69; EuGH v. 23.7.2005, Rs. C-498/03 (Kingscrest), Slg. 2005, I-4427, Rz. 52; EuGH v. 10.11.2011, Rs. C-259/10 und C-260/10 (Rank), Rz 29 ff. 185 Englisch, in Schön/Beck (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, S. 39, 54.

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A. Europarechtliche Rahmenbedingungen

c) Diskriminierungsverbot Die EMRK kennt keinen allgemeinen Gleichheitssatz, der Art. 20 GRCh oder Art. 3 Abs. 1 GG vergleichbar wäre,186 sondern lediglich ein Diskri­ minierungsverbot (Art. 14 EMRK) das bestimmt, dass Rechte und Frei­ heiten nach der Konvention ohne Diskriminierung zu gewährleisten sind. Dennoch prüft der EGMR Gleichheitsverstöße im Zusammenhang mit der Steuerpflicht. Bisher hat er sich aber nur in wenigen Fällen mit dem materiellen Steuerrecht befasst. Der EGMR geht davon aus, dass die Besteuerung in das Eigentumsrecht nach Art. 1 Abs. 1 des EMRK Zusatz­ protokolls eingreift, weil dem Betroffenen Eigentum in Höhe des zu ent­ richtenden Betrages genommen wird. Zwar ist ein solcher Eingriff nach Art. 1 Abs. 2 des EMRK Zusatzprotokolls grundsätzlich gerechtfertigt, er unterliegt aber gleichwohl der Kontrolle des EGMR. Wegen dieses Ein­ griffs in das Eigentumsrecht besteht ein ausreichender Anknüpfungs­ punkt für das Diskriminierungsverbot nach Art. 14 EMRK.187 Praktisch dürfte die EMRK jedoch kaum Auswirkungen auf die Harmonisierung der direkten Steuern haben. Da der jeweilige Gesetzgeber viel besser in der Lage ist, die jeweiligen ökonomischen und sozialen Gegebenheiten zu beurteilen, räumt ihm der EGMR in allen wirtschaftlichen und sozia­ len Fragen einen weiten Beurteilungsspielraum ein und beschränkt sich auf die Kontrolle evidenter Fehler.188 d) Übermaßverbot In Deutschland ergibt sich das Übermaßverbot der Besteuerung aus Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG.189 Für den Bereich des Unionsrechts schützt Art. 17 GRCh das Eigentumsrecht und Art. 15 GRCh die Berufs­ freiheit. Nach der überwiegenden Ansicht im Schrifttum schützt Art. 17 GRCh aber nicht das Vermögen als solches, weshalb hoheitliche Abga­ ben nicht in den Schutzbereich fallen.190 Nach anderer Auffassung liegt ein Eingriff in das Eigentumsrecht vor, weil der Bürger durch die Zahlung der Abgabe eine konkrete Eigentumsposition verliert.191 Die Rechtspre­ chung des EuGH ist dagegen unklar.192 Um die Frage, wie weit der Schutz­ 186 Meyer-Ladewig, in Meyer-Ladewig (Hrsg.), EMRK, Art. 14, Rz. 1, 5. 187 EGMR v. 23.10.1990, 17/1989/177/233 (Darby), Rz. 30 ff.; EGMR v. 29.4.2008, 13378/05 (Burden), Rz. 53. 188 EGMR v. 21.2.1986, 8793/79 (James), Rz. 46; EGMR v. 29.4.2008, 13378/05 (Bur­ den), Rz. 54. 189 Hey, in Tipke/Lang (Hrsg.), § 3, Rz. 180. 190 Streinz, in Streinz (Hrsg.), GRCh, Art. 17, Rz. 6; Calliess, in Calliess/Ruffert (Hrsg.), GRCh, Art. 17, Rz. 7; Jarass, NVwZ 2006, S. 1089, 1090. 191 Frenz, Hanbuch Europarecht Bd. 4, Rz. 2862. 192 Im Urteil v. 21.2.1991, Rs. C-143/88 und C-92/89 (Zuckerfabrik), Slg. 1991, I-415, Rz. 74 geht der EuGH davon aus, dass öffentliche Abgaben nicht gegen die Eigen­ tumsfreiheit verstoßen können; im Urteil vom 17.7.1997, Rs. C-248/95 und

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung

bereich von Art. 17 GRCh geht, beantworten zu können, muss auch die EMRK in den Blick genommen werden. Das Eigentumsrecht ist auch in Art. 1 Abs. 1 des EMRK Zusatzprotokoll geschützt. Nach Art. 52 Abs. 3 GRCh darf der Schutz des Eigentums nach der GRCh nicht hinter dem Schutz nach der EMRK zurück bleiben.193 Die Urteile des EGMR in den Fällen Darby und Burden,194 in denen er die Pflicht Steuern zu zahlen unter den Schutzbereich des Art. 1 Abs. 1 des EMRK Zusatzprotokoll gefasst hat, spricht dafür, dass Steuerpflichten unter den Schutzbereich von Art. 17 GRCh fallen. Nach dem Urteil des EuGH im Fall SAM Schiff­ fahrt195 fallen Steuern auch unter den Schutzbereich der Berufsfreiheit. Damit ergibt sich das Übermaßverbot in Europa auch aus der Eigentumsund der Berufsfreiheit. Tatsächlich dürfte es aber schwierig sein, nachzu­ weisen, dass eine Norm der GKKB-Richtlinie gegen das Übermaßverbot verstößt. Unverhältnismäßige Eingriffe in das Eigentumsrecht können sich nur aus einer Zusammenschau von Bemessungsgrundlage und Tarif ergeben,196 der Tarif wird aber gerade nicht im GKKB-RLV geregelt. Daher dürfte das Übermaßverbot praktisch keine Auswirkungen auf den Hand­ lungsspielraum des Unionsgesetzgebers haben. e) Vertrauensschutz und Rechtssicherheit Weiterhin hat der europäische Gesetzgeber die Prinzipien des Vertrauens­ schutzes und der Rechtssicherheit zu beachten. Diese würden aber weni­ ger bei Erlass der GKKB-Richtlinie eine Rolle spielen als bei späteren Än­ derungen. In den vom EuGH zu diesen Fragen entschiedenen Fällen ging es jeweils um das Vertrauen der Steuerpflichtigen in die bestehende Rechtslage.197 Die Rechtsprechung des EuGH zum Vertrauensschutz ist im Vergleich zur Rechtsprechung des BVerfG198 noch wenig ausdifferen­ ziert.

C-249/95 (SAM Schiffahrt), Slg. 1997, I-4475, Rz. 73 ff. prüft der EuGH dagegen die Verhältnismäßigkeit einer öffentlichen Abgabe im Hinblick auf die Berufs- und die Eigentumsfreiheit. 193 Das Eigentumsrecht nach Art. 17 GRCh soll nach der Vorstellung des Präsidiums des Europäischen Konvents mit Art. 1 des EMRK Zusatzprotokolls deckungs­ gleich sein, ABl. C 310, 16.12.2004, S. 424, 457. 194 Siehe Fn. 187. 195 Siehe Fn. 192. 196 So zum Übermaßverbot in Deutschland: BVerfG v. 18.1.2006 - 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, S. 97, 116. 197 EuGH v. 3.12.1998, Rs. C-35/90 (Belgocodex), Slg. 1998, I-8153, Rz. 23; EuGH v. 8.6.2000, Rs. C-396/98 (Schloßstraße), Slg. 2000, I-4279, Rz. 44. 198 Siehe die neueren Beschlüsse des BVerfG v. 7.7.2010 – 2 BvR 1738/05, BVerfGE 127, S. 61; und - 2 BvL 1/03 u.a., BVerfGE 127, S. 31.

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A. Europarechtliche Rahmenbedingungen

2. Grundfreiheiten der Europäischen Union Der EuGH hat mehrfach geäußert, dass auch die Gemeinschaftsorgane an die Grundfreiheiten gebunden sind.199 Da das Sekundärrecht im Bereich des Binnenmarktes gerade der Verwirklichung der Grundfreiheiten die­ nen soll, indem es Hemmnisse beseitigt, kommt ein Verstoß gegen die Grundfreiheiten vor allem in Betracht, wenn mit der sekundärrechtli­ chen Regelung auch Ziele verfolgt werden, die nicht unmittelbar das Funktionieren des Binnenmarkts betreffen. In den genannten Entschei­ dungen des EuGH wurden Einschränkungen des freien Warenverkehrs für verhältnismäßig erachtet zum Schutz der Pflanzen vor Schadorganis­ men, zum Schutz der Inhaber von Urheberrechten und zum Gesundheits­ schutz. Soweit ersichtlich hat der EuGH Sekundärrecht der Union noch nie wegen eines Verstoßes gegen die Grundfreiheiten für nichtig erklärt. Für die Körperschaftsteuer sind vor allem der freie Warenverkehr, die Dienstleistungsfreiheit, die Kapitalverkehrsfreiheit und die Niederlas­ sungsfreiheit relevant. Lenkungsnormen, die nicht unmittelbar der Ver­ wirklichung des Binnenmarktes dienen, finden sich vereinzelt auch im GKKB-RLV.200 Wegen der Grundfreiheiten dürfen grenzüberschreitend tätige Körperschaften durch die GKKB nicht schlechter behandelt werden als solche, die rein national tätig sind.201 Vorgaben für die Harmonisie­ rung der Gewinnermittlung können sich z.B. auch für den grenzüber­ schreitenden Verlustausgleich ergeben. Dies spielt allerdings keine Rolle, wenn der gesamte GKKB-RLV verwirklicht wird, denn aus der Konsoli­ dierung und Aufteilung ergibt sich automatisch ein grenzüberschreiten­ der Verlustausgleich. Etwas anderes gilt, wenn nur die Bemessungsgrund­ lage durch eine GKB harmonisiert wird. In diesem Fall müsste eine Regelung zum grenzüberschreitenden Verlustausgleich in Ausnahmefäl­ len in die Richtlinie aufgenommen werden.202 Nach der Rechtsprechung des EuGH folgt aus der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49, 54 AEUV, dass Verluste einer Tochtergesellschaft oder Betriebsstätte im europäi­ schen Ausland dann im Inland berücksichtigt werden müssen, wenn sie

199 Z.B. EuGH v. 29.2.1984, Rs. 37/83 (Rewe-Zentral), Slg. 1984, 1229, Rz. 18; EuGH v. 28.4.1998, Rs. C-200/96 (Metronome Musik), Slg. 1998, I-1953, Rz. 16; EuGH v. 4.12.2004, Rs. C-210/03 (Swedish Match), Slg. 2004, I-11893, Rz. 59. 200 So sind die Ausgaben für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Forschung und Entwicklung dienen, nach Art. 14 Abs. 1 lit. i), Art. 12 Abs. 1GKKB-RLV sofort abziehbar, wodurch Anreize für Forschungsausgaben geschaffen werden sollen. Diese Lenkungsnorm beeinträchtigt aber keine der genannten Grundfreiheiten, da sie sich auf grenzüberschreitende nicht anders als auf inländische Sachverhalte auswirkt. 201 Hey, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 93. 98. 202 Röder, 4 World Tax Journal 2012, S. 125, 144.

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung

final sind, das heißt, wenn eine Berücksichtigung im Land der Tochterge­ sellschaft oder Betriebsstätte endgültig ausgeschlossen ist.203

B. Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen I. Vorrang des Unionsrechts Nach der Auffassung des EuGH ist das Recht der Union eine eigenständi­ ge, vom Recht der Mitgliedstaaten unabhängige Rechtsordnung.204 Das BVerfG erkennt diesen Vorrang des Unionsrechts vor dem Recht der Mit­ gliedstaaten grundsätzlich an, leitet aus dem Grundgesetz aber in dreierlei Hinsicht Beschränkungen des Unionsgesetzgebers ab: Der Unionsgesetz­ geber darf wegen des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung, das sich aus Art. 23 Abs. 1 GG ergibt, nur im Rahmen seiner Kompetenzen handeln (sog. ultra-vires Kontrolle).205 Das Unionsrecht darf nicht gegen den Kern­ bestand des Grundgesetzes vorstoßen (Art. 23 Abs. 1 S. 3, 79 Abs. 3 GG). Sonstige Verstöße des europäischen Sekundärrechts gegen Grundrechte nach dem GG können nur relevant werden, wenn der Grundrechtsschutz der EU dauerhaft und wesentlich hinter den nationalen Grundrechts­ schutz zurückfällt (Solange-II-Urteil).206 Was die Ultra-vires-Kontrolle an­ geht, würde der Unionsgesetzgeber mit dem Erlass der GKKB-Richtlinie im Rahmen seiner Kompetenz nach Art. 115 GG handeln.207 Dazu kommt, dass das BVerfG sich bei der Frage, ob das Prinzip der begrenzten Einzeler­ mächtigung verletzt wurde, auf die Prüfung beschränkt, ob ein hinrei­ chend qualifizierter Verstoß vorliegt, der offensichtlich ist und bei dem es zu einer strukturell bedeutsamen Verschiebung des Kompetenzgefüges zu Lasten der Mitgliedstaaten kommen kann.208 Der unantastbare Kernbestand des nationalen Steuerrechts ergibt sich aus dem Demokratieprinzip und dem Wahlrecht zum Bundestag (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG). In seinem Urteil zum Lissabonvertrag hat das BVerfG betont, dass dem Bundestag aufgrund des Demokratieprinzips und des Wahlrechts das Budgetrecht verbleiben muss. Deshalb darf die Festle­ gung über Art und Höhe der den Bürger treffenden Abgaben nicht in we­ 203 EuGH v. 13.12.2005. C-446/03 (Marks & Spencer), Slg. 2005, I-10837; EuGH v. 15.5.2008, C-414/06 (Lidl Belgium), Slg. 2008, I-3601. 204 Ständige Rechtsprechung seit EuGH v. 5.2.1963, Rs. 26-62 (Gend & Loos), Slg. 1963, 3. 205 Die sog. Ultra-vires-Kontrolle, diese wurde vom BVerfG entwickelt im Kloppen­ burg-Beschluss, BVerfG v. 8.4.1987 - 2 BvR 687/85, BVerfGE 75, S. 223, 227 und 235 und im Maastricht-Urteil, BVerfG v. 12.10.1993 - 2 BvR 2134/92 u.a., BVerfGE 89, S. 155, 187 f. 206 BVerfG v. 22.10.1986 - 2 BvR 197/83, BVerfGE 73, S. 339, 386. 207 Siehe oben 1. Kapitel:A.I. 208 BVerfG v. 6.7.2010 - 2 BvR 2661/06 (Honeywell), BVerfGE 126, S. 286, 304.

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B. Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen

sentlichem Umfang auf die Union übertragen werden.209 Der GKKB-RLV verstößt nicht gegen diese Vorgaben. Soweit die Körperschaftsteuer den Bereich der Grundfreiheiten berührt, ist die EU handlungsbefugt, denn insofern hat der deutsche Gesetzgeber seine Souveränität bereits wirk­ sam auf die Ebene der EU übertragen.210 Die Besteuerung grenzüber­ schreitend tätiger Körperschaften hat zahlreiche Berührungspunkte mit den Grundfreiheiten. Entsprechend würde durch die Harmonisierung der Gewinnermittlung nicht in einen Bereich eingegriffen, der bisher allein dem Bundestag vorbehalten war. Dazu kommt, dass der Bundestag wei­ terhin für die Festlegung des Körperschaftsteuersatzes zuständig wäre, er also auch nach Erlass der GKKB-Richtlinie im Wesentlichen selbst über die Höhe der Einnahmen entscheiden könnte. Auch macht das Körper­ schaftsteueraufkommen nur einen relativ kleinen Teil des Gesamtsteu­ eraufkommens aus, betrifft also nicht das Budgetrecht als solches. Ein Absinken des Grundrechtsstandards der EU im Sinn des Solange-II-Ur­ teils liegt nicht vor. Der GKKB-RLV bewegt sich innerhalb der Vorgaben des BVerfG und verstößt deshalb nicht gegen das Grundgesetz. Weitere Bedeutung hat das Grundgesetz bei der Umsetzung eines Rechts­ akts der Union in nationales Recht, sofern die Mitgliedstaaten hier Er­ messensspielräume haben. In diesem Fall hat der Gesetzgeber eine „grundrechtsschonende Umsetzung“ zu wählen.211 Wahlrechte bei der Umsetzung der GKKB-Richtlinie werden sich vor allem für Bereiche er­ geben, zu denen die Richtlinie keine abschließende Regelung trifft. Dies gilt für die Festlegung der Steuersätze, aber auch für weite Teile des Ver­ fahrensrechts.

II. Divergierende Gewinnermittlungssysteme Mit Einführung der GKKB-Richtlinie würden in Deutschland erstmals zwei grundsätzlich unterschiedliche Systeme zur Ermittlung des steuerli­ chen Gewinns existieren. Es käme zu einer Ungleichbehandlung von Kör­ perschaften, die für die GKKB optiert haben, und sonstigen Körperschaf­ ten, Personengesellschaften und Einzelkaufleuten, die ihren Gewinn nach nationalen Regeln ermitteln. Durch die Festlegung der Steuersätze hat der Bundesgesetzgeber Einfluss darauf, wie stark die steuerlichen Auswirkun­ gen dieser Systeme divergieren. Was die Ungleichbehandlung von Körper­ schaften und den übrigen Unternehmern angeht, sieht das BVerfG in der steuerlichen Trennung der Körperschaft von der Sphäre der Anteilseigner einen grundlegenden Unterschied zwischen der Besteuerung von Körper­ 209 BVerfG v. 30.6.2009 - 2 BvE 2/08, BVerfGE 123, S. 267, 361. 210 Scholz, in Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 23, Rz. 37. 211 BVerfG v. 18.7.2005 - 2 BvR 2236/04 (Europäischer Haftbefehl), BVerfGE 113, S. 273, 300.

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1. Kapitel: Rahmenbedingungen der Harmonisierung

schaften einerseits sowie Einzelkaufleuten und Personenhandelsgesell­ schaften andererseits.212 Schon jetzt ist der Körperschaftsteuersatz gegen­ über dem Einkommensteuersatz unabhängig, weswegen es ausgeschlossen sein dürfte, dass einkommensteuerpflichtige Unternehmen sich hinsicht­ lich der Steuersätze auf eine Ungleichbehandlung gegenüber Körperschaf­ ten berufen könnten, die für die GKKB optiert haben. Sollte die Bemessungsgrundlage nach der GKKB-Richtlinie sehr viel schmäler ausfallen als nach dem deutschem Steuerrecht, wäre ein identi­ scher Körperschaftsteuersatz problematisch, da die Option zur GKKB für manche Körperschaften aus Kostengründen womöglich nicht in Betracht käme. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Kosten der Umstellung umso weniger ins Gewicht fielen, je günstiger und damit ungleicher die Besteuerung nach der GKKB wäre. Zumindest darf vom Gesetzgeber nicht verlangt werden, dass die Gesamtsteuerbelastung der Körperschaften un­ abhängig von der Wahl des Körperschaftsteuersystems ist. Zum einen könnte eine gleiche Gesamtbelastung und damit ein gleiches Steuerauf­ kommen praktisch kaum sichergestellt werden, weil nicht genau vorher­ gesagt werden kann, wie sich die Bemessungsgrundlagen zueinander ver­ halten. Auch Erfahrungen aus der Vergangenheit sind hier nur bedingt hilfreich, weil die jeweiligen Regeln sich ändern können und die verschie­ denen Systeme unterschiedlich stark auf konjunkturelle Entwicklungen reagieren können. Zudem könnte selbst eine Angleichung der Steuersätze mit dem Ziel das Gesamtaufkommen stabil zu halten, nicht verhindern, dass einzelne Körperschaften von der Wahl des GKKB-Systems besonders profitieren, weil die Gewinnermittlungsvorschriften für diese Körper­ schaft günstiger sind als für andere Körperschaften. Diese Problematik der Ungleichbehandlung bei den Körperschaftsteuersätzen ließe sich kom­ plett vermeiden, wenn die GKKB zwingend ausgestaltet würde.

C. Zusammenfassung Kapitel 1 Es ist festzuhalten, dass der Rahmen für die Harmonisierung der körper­ schaftsteuerlichen Gewinnermittlung in Europa vor allem durch den eu­ ropäischen Gleichheitssatz vorgegeben wird. Wie eng oder weit dieser Rahmen in der Praxis sein wird, hängt maßgeblich davon ab, wie sich die Rechtsprechung des EuGH zum Gleichheitssatz in Zukunft entwickeln wird. Im Übrigen hat der europäische Gesetzgeber einen großen Gestal­ tungsspielraum. Das Verfassungsrecht der Mitgliedstaaten wird immer dann eine Rolle spielen, wenn die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht einen Ermessensspielraum haben. Dies ist bei der Festlegung der Steuersätze und in weiten Teilen des Verwaltungs­ verfahrens der Fall. 212 BVerfG v. 21.6.2006 - 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, S. 164, 199.

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2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinn­ ermittlung Eine gerechte gleichmäßige Verteilung der Steuerlast setzt ein System voraus, das bestimmten Prinzipien folgt.213 Ohne tragende Prinzipien ist die Verteilung der Steuerlast beliebig und es lässt sich schon gar nicht von einem System sprechen. Eine Besteuerung ohne Prinzipien ist will­ kürlich.214 Ein System, das von Prinzipien getragen ist, besteht aus Fun­ damentalprinzipien und Subprinzipien, die sich widersprechen können.215 Im Fall von sich widersprechenden Prinzipien bedeutet Prinzipienorien­ tierung, dass die Durchbrechung eines Prinzips durch andere Prinzipien gerechtfertigt sein muss.216 Für die konkrete Ausgestaltung der steuerlichen Gewinnermittlung ist zu berücksichtigen, dass der Gewinn keine Tatsache ist, sondern eine Abstraktion, die bestimmte Ziele widerspiegelt.217 „Den“ richtigen Ge­ winn gibt es nicht. Die Regeln für die Abstraktion Gewinn müssen sich nach den Zielen der Gewinnermittlung richten.218 Es ist eine Vielzahl verschiedener Gewinnermittlungssysteme denkbar, von denen keines per se richtig oder falsch ist. Jedes dieser Systeme muss aber darauf aus­ gerichtet sein, die Vermögensentwicklung des Unternehmens möglichst realitätsgerecht wiederzugeben.219 In diesem Kapitel sollen grundlegende Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung dargestellt werden und es wird erörtert, auf welchen Prinzipien die Gewinnermittlung der GKKB beruhen sollte.

A. Leistungsfähigkeitsprinzip Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist nicht nur ein verfassungsrechtliches Prinzip, das aus dem Gleichheitsgrundsatz folgt, sondern auch eine poli­ tische Leitlinie, um die Steuergesetze gerecht auszugestalten.220 Steuer­ politisch ist das Leistungsfähigkeitsprinzip ein Fundamentalprinzip.221 213 Siehe Arbeitsgruppe GKKB, Allgemeine Besteuerungsgrundsätze, v. 23.11.2004, CCCTB/WP\001\Rev1\doc\de. 214 Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. I, S. 257. 215 Freedman/Macdonald, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 219, 221. 216 Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. I, S. 259. 217 Moxter, BB 2000, S. 2143, 2144; Freedman/Macdonald, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 219, 235; Schreiber, StuW 2002, S. 105, 109. 218 Moxter, BB 2000, S. 2143, 2144; Freedman/Macdonald, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 219, 237. 219 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 59. 220 Schön, 1 World Tax Journal 2009, S. 67, 72; Bardini, 38 Intertax 2010, S. 2. 221 Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. I, S. 484.

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2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung

Das Leistungsfähigkeitsprinzip bezweckt, dass die Steuerpflichtigen ent­ sprechend ihrer Zahlungsfähigkeit belastet werden (vertikale Steuerge­ rechtigkeit) und es soll sicherstellen, dass Steuerpflichtige mit gleicher Leistungsfähigkeit gleich belastet werden (horizontale Steuergerechtig­ keit).222 Es ist nicht nur ein Gerechtigkeitsmaßstab für die Gesamtsteuer­ belastung eines Steuerpflichtigen, sondern auch für die Verteilung dieser Belastung über die einzelnen Veranlagungszeiträume. Gerade die Regeln des Bilanzsteuerrechts beziehungsweise der steuerlichen Gewinnermitt­ lung wirken sich häufig nicht auf den Totalgewinn aus, den das Unter­ nehmen während seiner gesamten Existenz erwirtschaftet, sondern auf dessen Verteilung über die einzelnen Veranlagungszeiträume. Die strit­ tigsten Fragen des Bilanz- und Bilanzsteuerrechts wie die richtige Höhe von Abschreibungen oder die Zulässigkeit von Rückstellungen wirken sich allein auf die Verteilung des Totalgewinns über die einzelnen Perio­ den aus. Die richtige Periodenabgrenzung ist daher die zentrale Frage des Bilanz- und des Steuerbilanzrechts.223 Über die Totalperiode gesehen, müsste der Gewinn oder Verlust theoretisch nach allen Gewinnermitt­ lungssystemen gleich hoch sein.224 Die Frage der Periodenabgrenzung kann im Steuerrecht aber erhebliche Zinseffekte haben. Zudem können je nach Ausgestaltung der steuerlichen Gewinnermittlungsregeln die Steuerzahlungspflicht und der Zufluss von Liquidität aufgrund eines Un­ ternehmensgewinns zeitlich weit auseinanderfallen. Dieses zeitliche Auseinanderfallen kann beim Steuerpflichtigen zu Liquiditätsschwierig­ keiten führen. Die Problematik ist im englischen Ausdruck für Leis­ tungsfähigkeit „ability to pay“ bereits angelegt. Teilweise wird vertreten, die Ertragssteuern seien Abschnittssteuern, weswegen es nur auf eine gleichmäßige Besteuerung innerhalb einer Pe­ riode ankomme.225 Diese Auffassung ist nicht überzeugend.226 Sie geht an der Realität der Steuerpflichtigen vorbei. Für diese ist die Höhe des ge­ samten periodenübergreifenden Einkommens in aller Regel von genauso großer Bedeutung wie eine zutreffende Besteuerung bezogen auf die ein­ zelnen Abschnitte. Insbesondere für Unternehmen, bei denen sich häufig Perioden mit Gewinnen und Verlusten abwechseln, kommt es darauf an, dass der Totalgewinn anhand des Leistungsfähigkeitsprinzips ermittelt wird. Eine Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip setzt daher 222 Arbeitsgruppe GKKB, Allgemeine Besteuerungsgrundsätze, v. 23.11.2004, CCCTB/ WP\001\Rev1\doc\de, Rz. 4 f. Die Arbeitsgruppe ist aber skeptisch, inwieweit sich aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip konkrete Vorgaben für die Gewinnermittlung ergeben. 223 Weber-Grellet, DB 1994, S. 288, 289. 224 Schön, ZHR 1997, S. 133, 156; Mayer, DStR 2009, S. 129, 133. 225 So Schick, Der Verlustrücktrag, S. 13; Kirchhof, BB 2006, S. 71, 73; Dötsch, DStR 2008, S. 641, 642. 226 Dazu umfassend: Röder, Das System der Verlustverrechnung, S. 229 ff.

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A. Leistungsfähigkeitsprinzip

voraus, dass die Belastungsgleichheit nicht nur intraperiodisch, sondern auch interperiodisch verwirklicht wird.227 Betrachtet man die hier unter­ suchten steuerlichen Gewinnermittlungssysteme nach dem EStG und dem GKKB-RLV umgekehrt quasi von unten nach oben, so ist klar, dass diese nicht nur auf die intraperiodische Belastungsgleichheit ausgerichtet sind, sondern durch Instrumente wie Rückstellungen oder den Verlust­ vortrag vor allem auch die interperiodische Belastungsgleichheit sicher­ stellen sollen. Da sich der Gesetzgeber grundsätzlich dafür entschieden hat, den zutreffenden Totalgewinn zu besteuern, muss er diese Entschei­ dung folgerichtig umsetzen. Im Einzelnen ist es schwierig, aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip abzu­ leiten, zu welchem Zeitpunkt die Besteuerung ansetzen soll.228 Setzt die Besteuerung spät an, kommt dies einem Steuerstundungseffekt gleich, der den Steuerpflichtigen gegenüber anderen Steuerpflichtigen bevorteilt und deshalb unter dem Gesichtspunkt der Belastungsgleichheit nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit problematisch ist.229 Setzt die Besteue­ rung zu früh an, kann dies erhebliche Nachteile für die Liquidität eines Unternehmens haben.230 Diese Liquiditätsnachteile können eine Sonder­ last im Vergleich zu anderen Steuerpflichtigen sein.

I. Zeitpunkt der Besteuerung Im Bilanzrecht lassen sich sowohl Systeme finden, bei denen es eher zu einer frühen Gewinnauswirkung kommt, als auch solche, bei denen es eher zu einer späten Auswirkung kommt. Je nachdem an welchem dieser Systeme sich die steuerliche Gewinnermittlung orientiert, wird der Steu­ ertatbestand früher oder später verwirklicht. Für die steuerliche Gewinn­ ermittlung gibt es im Wesentlichen drei Methoden der zeitlichen Bemes­ sung von Erträgen und Aufwand. Neben den bilanziellen Methoden der Gewinnermittlung nach dem Realisationsprinzip und dem fair 227 Röder, Das System der Verlustverrechnung, S. 244. 228 Insofern weitgehend das Urteil des BVerfG v. 12.5.20092 - BvL 1/00 zum Verbot von Jubiläumsrückstellungen: „Jedenfalls betreffen Zulässigkeit oder Unzulässig­ keit einer Rückstellung ausschließlich den maßgeblichen Zeitpunkt der einkom­ mensteuerrechtlichen Berücksichtigung eines gewinnmindernden Aufwands, also das Wann, nicht das Ob der Besteuerung. Der maßgebliche Zeitpunkt lässt sich aber nicht mit Hilfe des Maßstabs wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit oder des ob­ jektiven Nettoprinzips bestimmen.” BVerfGE 123, S. 111, 125. Zur Kritik an die­ sem Urteil siehe oben 1. Kapitel:A.II.1.a)cc). 229 Weber-Grellet, DB 1994, S. 288, 291; Jachmann, DStJG Bd. 23 2000, S. 9, 56; Schulze-Osterloh, DStJG Bd. 23 2000, S. 67, 75; kritisch auch Kahle/Schulz, StuB 2011, S. 296, 300. 230 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 52; Schlotter, Teilwert­ abschreibung und Wertaufholung zwischen Steuerbilanz und Verfassungsrecht, S. 257.

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2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung

view-Grundsatz kommt eine reine cash flow-Besteuerung in Betracht. Die Frage, welches dieser drei grundlegenden Modelle sich für die steuer­ liche Gewinnermittlung am besten eignet, wurde in der Vergangenheit ausführlich diskutiert.231 Die cash flow-Besteuerung soll nur an dieser Stelle behandelt werden, weil sie für die Gewinnermittlung nach dem GKKB-RLV keine Rolle spielt. Die beiden bilanziellen Methoden werden sich durch das gesamte Kapitel 2 ziehen, weil beide Methoden für die Gewinnermittlung nach dem GKKB-RLV eine wichtige Rolle spielen. 1. Realisationsprinzip Das Realisationsprinzip ist das Grundprinzip der steuerlichen Gewinner­ mittlung in Europa.232 Es besagt, dass Wertsteigerungen und Wertverluste von Wirtschaftsgütern steuerlich erst berücksichtigt werden, wenn es zu einer Transaktion über diese Wirtschaftsgüter kommt. Verbindlichkeiten auf der Passivseite werden erst berücksichtigt, wenn sie rechtlich ent­ standen sind. Auf die eigentlichen Zahlungsflüsse kommt es nicht an.233 Im Fall von Wertverlusten und Verbindlichkeiten wird das Realisations­ prinzip durch Sonderabschreibungen, Bewertungen zum Niederstwert und Rückstellungen häufiger durchbrochen als im Fall von Wertsteige­ rungen. Das Realisationsprinzip wird kritisiert, weil es zu einer aufge­ schobenen Besteuerung von Wertsteigerungen und den entsprechenden Zinsvorteilen führt.234 Was den Zeitpunkt der Besteuerung angeht, hat die zeitliche Zuordnung nach dem Realisationsprinzip regelmäßig eine Mittelstellung zwischen einer Geldrechnung und einer Gewinnermitt­ lung nach dem true and fair view-Grundsatz. 2. True and fair view Der true and fair view-Ansatz ist international als Bilanzierungsprinzip weit verbreitet und spielt auch in den IFRS eine wichtige Rolle. Danach soll die Bilanz möglichst die tatsächlichen Verhältnisse des Unterneh­ mens wiedergeben.235 Besonders große Bedeutung kommt der fair view für die Bewertung zu. Auch Bewertungsfragen wirken sich im Ergebnis nur auf den Zeitpunkt der Besteuerung nicht auf die Höhe des Totalge­ winns aus, da Unter- und Überbewertungen entsprechende Gewinne und Verluste in der Periode der Veräußerung des Wirtschaftsguts zur Folge haben. Um den Adressaten ein möglichst aktuelles Bild von der Lage des 231 Z.B. Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 36 ff. und 61 ff. m.w.N. 232 Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 25. 233 Siehe § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB. 234 Z.B. Schizer, 73 New York University Law Review 1998, S. 1549, 1551 f.; Kirchhof, in FS Hommelhoff, S. 527, 528. 235 IASC-Framework 46; IAS 1.15.

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A. Leistungsfähigkeitsprinzip

Unternehmens zu geben, werden die Aktiva und Passiva nicht zu den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten, sondern zu den re­ gelmäßig aktualisierten Zeitwerten (sogenannter fair value) angesetzt. Im Standard IFRS 13, der ab 2013 gilt, wird der fair value einheitlich für die gesamten IFRS definiert. IFRS 13.9: „In diesem IFRS wird der beizulegende Zeitwert als der Preis definiert, der in einem geordneten Geschäftsvorfall zwischen Marktteil­ nehmern am Bemessungsstichtag für den Verkauf eines Vermögenswerts eingenommen beziehungsweise für die Übertragung einer Schuld gezahlt würde. “ Die Bilanzierung nach den IFRS soll einem weiten Adressatenkreis Infor­ mationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unterneh­ mens geben.236 Dieser Ansatz unterscheidet sich vor allem auf der Aktiv­ seite vom deutschen Handels- und Steuerbilanzrecht.237 Während in Deutschland nach dem Realisationsprinzip238 und dem damit verbunde­ nen Grundsatz vorsichtiger Bewertung239 Wertsteigerungen erst angesetzt werden dürfen, wenn sie realisiert sind, werden Wertsteigerungen in den IFRS aufgrund der fair value-Bewertung regelmäßig auch berücksichtigt, wenn es zu keiner Veräußerung kommt.240 Während sich das Realisati­ onsprinzip an Umsätzen orientiert, kommt es für die Periodenabgren­ zung nach den IFRS häufig auf die reine Wertsteigerung an.241 Eine Orien­ tierung an Umsätzen findet vor allem statt, wenn der Marktwert nicht verlässlich festgestellt werden kann.242 3. Cash flow-Besteuerung Eine cash flow-Besteuerung liegt vor, wenn die Bemessungsgrundlage nicht durch Periodenabgrenzung ermittelt wird, sondern durch Gegen­ überstellung der zugeflossenen Einnahmen mit den abgeflossenen Ausga­ ben. Die Ermittlung des Gewinns nach § 4 Abs. 3 EStG für Steuerpflich­ tige, die nicht verpflichtet sind, Handelsbücher zu führen, ist im Grundsatz eine solche cash flow-Rechnung. Die Befürworter einer cash flow-Besteuerung gehen davon aus, dass die Regeln einer solchen Geld­ 236 IASC-Framework 12. 237 Dies gilt nicht für den Bereich der Teilwertabschreibungen. Hier hat das deutsche Handels- und Steuerbilanzrecht Ähnlichkeit mit der IFRS Bilanzierung. 238 § 252 Abs. 1 Nr. 4 HS. 2 HGB. 239 Das Vorsichtsprinzip ist ein allgemeiner Grundsatz ordnungsgemäßer Buchfüh­ rung nach § 238 Abs. 1 S. 1 HGB (Winkeljohann/Büssow, in Beck’scher Bi­ lanz-Kommentar, § 252, Rz. 30) und wird in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB für die Bewer­ tung ausdrücklich genannt. 240 Z.B. IAS 16.31. 241 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 1, Rz. 105. 242 Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 42.

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2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung

rechnung im Vergleich zur Gewinnermittlung einfach und eindeutig wä­ ren.243 Jedoch wurde eine reine cash flow-Besteuerung gleich im ersten Arbeitspapier der Arbeitsgruppe GKKB verworfen, da sich Einnahmen und Ausgaben mit einer reinen Geldrechnung nicht korrekt zuordnen ließen und sie zu viele Manipulationsmöglichkeiten biete.244 Eine reine Zu- und Abflussrechnung ließe sich praktisch nicht verwirkli­ chen, weil sie die wirtschaftliche Realität nicht annähernd abbilden wür­ de. Einnahmen und Ausgaben stehen häufig nicht mit Geldflüssen im Zusammenhang, was zum Beispiel für die Aufrechnung, den Verzicht, den Tausch sowie die Abtretung der Fall ist. Umgekehrt führen Geldflüs­ se häufig nicht zu steuerlichem Aufwand oder Ertrag, was zum Beispiel für die Aus- und Rückzahlung einer Darlehensvaluta oder Einlagen und Entnahmen zutrifft.245 Zudem ist eine Zu- und Abflussrechnung anfällig für Manipulationen. So lassen sich durch Anzahlungen und Stundungen Geldflüsse zwischen den Perioden verschieben, was zum Beispiel genutzt werden kann, um Verlustvorträge zu vermeiden.246 Ein weiteres Problem einer Geldrechnung ist die Berücksichtigung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Diese müssten eigentlich als ab­ geflossene Geldmittel sofort abziehbar sein. Ein solcher Sofortabzug wäre aber mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip nicht vereinbar. Die steuerliche Leistungsfähigkeit vermindert sich durch den Erwerb von Wirtschaftsgü­ tern nicht, weil den abgeflossenen Geldmitteln ein entsprechendes Wirt­ schaftsgut gegenübersteht.247 Entsprechend ist in § 4 Abs. 3 S. 3 und S. 4 EStG geregelt, dass die Kosten für den Erwerb von Anlagevermögen nicht sofort abziehbar sind. Aufwendungen für Vorratsvermögen dürfen dage­ gen mit wenigen Ausnahmen (§ 4 Abs. 3 S. 4 EStG) sofort abgezogen wer­ den. Dies lässt sich allerdings nur dadurch rechtfertigen, dass § 4 Abs. 3 EStG vor allem Freiberufler und kleine Gewerbetreibende be­ trifft, die typischerweise kein großes Umlaufvermögen bilden.248 Deshalb müsste eine Zahlungsrechnung, die für alle Kapitalgesellschaften gilt, auch die „Aktivierung“ von Umlaufvermögen vorsehen.249 Eine Vereinfa­ 243 Weber-Grellet, DStR 1998, S. 1343, 1348; ders., BB 1999, S. 2659, 2666; Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 336 f.; Herzig/Hausen, DB 2004, S. 1, 4; Schreiber, StuW 2004, S. 212, 226; Kahle, WPg 2006, S. 1401, 1407. 244 Arbeitsgruppe GKKB, Allgemeine Besteuerungsgrundsätze, v. 23.11.2004, CCCTB/ WP\001\Rev1\doc\de, Rz. 23. 245 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 62; Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 341 ff. 246 Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 360 ff. Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 66 f. 247 Auch die Befürworter einer Zahlungsrechnung halten gewisse „periodisierende Elemente“ für erforderlich: Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 381 ff.; Weber-Grellet, DB 1999, S. 2659, 2666. 248 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 65. 249 Spengel, ZfCM Sonderheft 2/2004, S. 130, 136.

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A. Leistungsfähigkeitsprinzip

chung wird auch vom Verzicht auf Rückstellungen und Teilwertabschrei­ bungen erwartet, die in einer cash flow-Rechnung keinen Platz haben.250 Dieser Verzicht hängt allerdings nicht von der Orientierung an Zahlun­ gen ab. Schon eine konsequente Ausrichtung der steuerlichen Gewinner­ mittlung am Realisationsprinzip hätte zur Folge, dass Rückstellungen und Teilwertabschreibungen nicht mehr möglich wären. Sollte die GKKB optional eingeführt werden, verbietet sich eine reine cash flow-Besteuerung auch deshalb, weil diese nicht mit den Körper­ schaftsteuer-Bemessungsgrundlagen der Mitgliedstaaten vergleichbar wäre. Der sofortige Abzug von Ausgaben für langlebige Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens würde die Periodisierung der Gewinnermittlung weitgehend aufheben, wodurch die GKKB grundlegend anders funktio­ nieren würde als die nationalen Körperschafsteuersysteme. Derartige Un­ terschiede wären im Fall der optionalen GKKB untragbar, weil die kon­ kurrierenden Bemessungsgrundlagen nicht mehr vergleichbar wären. Vor allem der Austritt aus dem GKKB-System wäre für die Körperschaften mit unkalkulierbaren Risiken verbunden. Die fehlende Vergleichbarkeit der Bemessungsgrundlagen würde es den Mitgliedstaaten unmöglich ma­ chen, durch Anpassung der Steuersätze eine möglichst gleich hohe Kör­ perschaftsteuerbelastung unabhängig vom Körperschaftsteuersystem zu erreichen, da insbesondere Körperschaften mit großem Anlagevermögen durch Neuanschaffungen häufig eine negative GKKB hätten. Das Konzept cash flow-Besteuerung wurde von der Kommission zu Recht verworfen. Es ließe sich nicht in Reinform verwirklichen. Mischformen wie die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sind jedoch nicht einfa­ cher zu handhaben als Systeme, die konsequent auf eine Periodisierung ausgerichtet sind. Im Gegenteil, die Frage inwieweit im Einzelfall zu pe­ riodisieren ist, ist häufig schwer zu beantworten. Das entsprechende Re­ gelwerk wäre nicht eindeutiger als die Periodenabgrenzung und zudem manipulationsanfällig.

II. Symmetrische oder asymmetrische Gewinnermittlung Betrachtet man die Passivseite der Bilanz sowie die Berücksichtigung von Wertverlusten von Wirtschaftsgütern, zeigt sich, dass die Unterschiede zwischen der klassischen Handelsbilanz und der true and fair view hier geringer sind als auf der Aktivseite. Verluste werden nicht erst berück­ sichtigt, wenn sie realisiert sind. Durch außerplanmäßige Abschreibun­ gen (§ 253 Abs. 3 S. 3 und 4 HGB) wirken sie sich bereits aus, wenn sie eingetreten, aber noch nicht realisiert sind. Als Rückstellung (§ 249 HGB) werden sie bereits dann berücksichtigt, wenn sie wahrscheinlich, aber 250 Spengel, ZfCM Sonderheft 2/2004, S. 130, 136.

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2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung

noch nicht eingetreten sind.251 Diese unterschiedliche Behandlung von Aktiv- und Passivposten in der Handelsbilanz wird als Imparitätsprinzip bezeichnet.252 Nach § 5 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4, Nr. 2 S. 3 EStG gilt das Imparitätsprinzip grundsätzlich auch für das Steuerbilanzrecht. 1. Prinzip der unternehmensschonenden Besteuerung Teilweise wird verlangt, dass die Besteuerung unternehmensschonend erfolgen muss und deshalb eine spätere Besteuerung, die im Zweifel nach dem Vorsichts- und dem Imparitätsprinzip später ansetzt, verfassungs­ rechtlich geboten ist.253 Diese Auffassung geht zu weit. Sowohl eine frühe als auch eine späte Besteuerung kann unter Gleichheitsgesichtspunkten problematisch sein.254 Dem Gesetzgeber in dieser offenen Situation allge­ meine verfassungsrechtliche Vorgaben zu machen, engt dessen Gestal­ tungsspielraum ungerechtfertigt ein.255 Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn man die Eigentumsfreiheit mit in den Blick nimmt. Aus der Eigentumsfreiheit wird teilweise abgeleitet, dass die steuerlichen An­ satz- und Bewertungsvorschriften eigentumsschonend und damit vor­ sichtig auszugestalten seien.256 Ausgehend davon, dass die Kapitalmärkte nicht vollkommen funktionierten, und für unrealisierte Wertsteigerun­ gen nicht notwendigerweise Liquidität zur Verfügung stellen, könnte ein Steuerpflichtiger gezwungen sein, ein bestimmtes Wirtschaftsgut zu ver­ äußern, um seiner Steuerpflicht nachzukommen.257 Das Steuerbilanzrecht nimmt synthetisch das gesamte Betriebsvermögen eines Steuerpflichtigen in den Blick, während die Eigentumsgarantie pri­ mär bestimmte Eigentumspositionen schützt.258,259 Die Annahme, der 251 Vgl. das sog. „51-%-Urteil“ des BFH v. 1.8.1984 - I R 88/80, BStBl II 1985, S. 44, 46; sowie BFH v. 2.10.1992 - III R 54/91, BStBl II 1993, S. 153, 154. 252 Schulze-Osterloh, DStJG Bd. 23 2000, S. 67, 72; Hennrichs, DStJG Bd. 24 2001, S. 301, 317 f. 253 Englisch, in Schön/Beck (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, S. 39, 79. 254 Jachmann, DStJG Bd. 23 2000, S. 9, 56. 255 So wohl auch Schulze-Osterloh, DStJG Bd. 23 2000, S. 67, 73; Schön betont den Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers und hält sowohl eine am Vorsichtsprin­ zip als auch eine am True and Fair View-Ansatz orientierte steuerliche Gewinner­ mittlung für grundsätzlich zulässig: Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeb­ lichkeit, S. 1, 38, 119 f. 256 So Schlotter, Teilwertabschreibung und Wertaufholung zwischen Steuerbilanz und Verfassungsrecht, S. 257 ff.; Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermitt­ lung, S. 49. 257 Schlotter, Teilwertabschreibung und Wertaufholung zwischen Steuerbilanz und Verfassungsrecht, S. 257. 258 Schön, StuW 1995, S. 366, 372. 259 In Deutschland ist nicht ganz klar, inwieweit die Besteuerung überhaupt in die Eigentumsfreiheit eingreift. Früher galt nach der Rechtsprechung des BVerfG, dass die Eigentumsgarantie einzelne Vermögenspositionen nicht aber das Vermögen als

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A. Leistungsfähigkeitsprinzip

Steuerpflichtige müsse, um seiner Steuerpflicht nachzukommen, gerade das Wirtschaftsgut veräußern oder belasten, dessen Wertsteigerung die Steuerpflicht auslöst, ist regelmäßig eine Fiktion.260 Wegen des notwendi­ gen Festsetzungsverfahrens fallen die Verwirklichung des Steuertatbe­ standes und die Bezahlung der Steuer zeitlich auseinander. Vor allem aber aufgrund des synthetischen Charakters der steuerlichen Gewinnermitt­ lung ist die Eigentumsfreiheit kein geeigneter Maßstab, um im Detail festzulegen, wie der Gewinn zu periodisieren ist.261 So können zum Bei­ spiel Nachteile, die durch eine frühe Berücksichtigung von Wertsteige­ rungen entstehen, dadurch ausgeglichen werden, dass umgekehrt unrea­ lisierte Wertverluste frühzeitig berücksichtigt werden. Insgesamt gibt es in jedem Gewinnermittlungssystem eine Vielzahl von gegenläufigen Ef­ fekten, die es zusammengenommen zumeist unmöglich machen, die Auswirkung einer bestimmten Gewinnermittlungsvorschrift einem be­ stimmten Eigentumsobjekt zuzuordnen. Die Notwendigkeit von Teilwertabschreibungen wird teilweise damit be­ gründet, der Unternehmer könne ohne solche Abschreibungen gezwun­ gen sein, ein Wirtschaftsgut zu veräußern, dessen Teilwert gesunken ist, um die Wertminderung steuerlich geltend zu machen.262 Dem ist entge­ genzuhalten, dass die Wertminderung keine Steuerpflicht auslöst, für die der Steuerpflichtige Liquidität benötigt, weshalb kein Zwang zur Veräu­ ßerung besteht, sondern allenfalls ein Anreiz. Etwas anderes kann aller­ dings gelten, wenn die betriebliche Nutzbarkeit des Wirtschaftsguts ein­ geschränkt ist und mit dem Wirtschaftsgut nicht mehr die erwarteten Erträge erzielt werden können. solches schützt, z.B. BVerfG v. 20.7.1954 - 1 BvR 459/52 u.a., BVerfGE 4, S. 7. Nach dem Beschluss des BVerfG v. 18.1.2006 - 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, S. 97, 111 greifen die Ertragsteuern auf das bereits Erworbene und damit auf konkrete Rechtspositionen zu, weshalb der Schutzbereich eröffnet sei (zur Bedeutung dieses Beschlusses ausführlich: Röder, Das System der Verlustverrechnung, S. 155). Rückschlüsse für die Frage der eigentumsschonenden Besteuerung lassen sich aber auch aus dem Beschluss vom 18.1.2006 nicht ziehen, denn der Eingriff in die Eigentumsgarantie ist danach grundsätzlich durch das staatliche Finanzierungsin­ teresse gerechtfertigt, die Besteuerung darf nur „für den Regelfall nicht so weit gehen, dass der wirtschaftliche Erfolg grundlegend beeinträchtigt wird und damit nicht mehr angemessen zum Ausdruck kommt.“ Aus dieser vagen Vorgabe lassen sich keine konkreten Vorgaben für die Ausgestaltung das Steuerbilanzrechts ablei­ ten. 260 Schenk ist für die USA der Auffassung, dass tatsächliche Liquiditätsschwierigkei­ ten wegen der Besteuerung unrealisierter Gewinne die Ausnahme sind und vor allem solche Steuerpflichtigen treffen, die im Wesentlichen nur über ein unteilba­ res Wirtschaftsgut verfügen: Schenk, 57 Tax Law Review, 2004, S. 355, 363 f.; AA Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 49. 261 So für die gesamte steuerliche Gewinnermittlung Schön, StuW 1995, S. 366, 374; für die Gewinnrealisierung offen gelassen Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 23; Schön, BB 1997, S. 1333, 1340. 262 Mayr, in Schön u.a. (Hrsg.), A CCCTB for Europe, S. 85, 88.

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2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung

Dass sich aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip und der Eigentumsfreiheit nicht unmittelbar ableiten lässt, inwieweit die Liquidität des Steuer­ pflichtigen im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung berücksich­ tigt werden muss, bedeutet nicht, dass die Liquidität keine Rolle für die steuerliche Gewinnermittlung spielt. Der Gesetzgeber muss im Rahmen der Verhältnismäßigkeit auf die Liquidität der Steuerpflichtigen Rück­ sicht nehmen. Die Gesetzgebung kann aber nicht von vornherein in ein verfassungsrechtliches Korsett gezwungen werden, das abstrakt der Li­ quidität größere Bedeutung beimisst als der Vollständigkeit und Symme­ trie der Gewinnermittlung.263 Gleichwohl spricht der Gesichtspunkt der Liquidität gegen die Besteuerung unrealisierter Wertsteigerungen.264 Die notwendige Liquidität ließe sich nicht in jedem Fall durch Beleihung der entsprechenden Wirtschaftsgüter beschaffen.265 2. Entscheidend ist die Verlustberücksichtigung In der Handelsbilanz dient das Imparitätsprinzip in erster Linie der Aus­ schüttungsbemessung. Die asymmetrische Behandlung von Verlusten und Gewinnen dient dem Gläubigerschutz. Dieser Schutz hat vor allem Bedeutung, wenn die Gesellschafter nicht oder nur beschränkt für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften. Da die Gesellschafter recht­ mäßig ausgeschüttete Gewinne nicht zurückzahlen müssen (§ 172 Abs. 5 HGB, § 32 GmbHG, § 62 AktG), haben die Gläubiger der Gesell­ schaft ein Interesse daran, dass nur der „entziehbare“ oder „sichere“ Ge­ winn ausgeschüttet wird. Bestehen Unsicherheiten hinsichtlich der Höhe des Gewinns, ist insoweit ein niedrigerer Gewinn anzusetzen.266 a) Imparitätsprinzip Das Realisations- in Kombination mit dem Vorsichtsprinzip macht die Gewinnermittlung asymmetrisch, weil Verluste als Rückstellungen be­ reits berücksichtigt werden, wenn sie wahrscheinlich sind und Sonderab­ schreibungen vor der Realisierung zu steuerlichen Verlusten führen. Teil­ weise wird das Imparitätsprinzip wegen dieser Asymmetrie grundlegend in Frage gestellt. Diese sei nur im Hinblick auf den handelsrechtlichen Gläubigerschutz zu rechtfertigen und nicht mit dem Ziel des Steuerbi­ 263 Schlotter, Teilwertabschreibung und Wertaufholung zwischen Steuerbilanz und Verfassungsrecht, S. 285 ff. Schlotter betont aber, dass die Frage des Zeitpunkts der Besteuerung zusammen mit den Verlustausgleichsmechanismen betrachtet werden muss. 264 Freedman/Macdonald, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 219, 230. 265 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 48. 266 Moxter, in FS Clemm, S. 231 ff.; Drescher, Zur Zukunft des deutschen Maßgeb­ lichkeitsgrundsatzes, S. 454 ff.; Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblich­ keit, S. 1, 44 f; Weber-Grellet, DB 1994, S. 288, 289.

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A. Leistungsfähigkeitsprinzip

lanzrechts vereinbar, den „vollen“ und „richtigen“ Gewinn zu ermit­ teln.267 Tatsächlich ist das Imparitätsprinzip unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit und Belastungsgleichheit nicht unproblema­ tisch.268 Es schafft durch die Zulässigkeit von Rückstellungen und Teil­ wertabschreibungen eine Möglichkeit zur Innenfinanzierung,269 die Steu­ erpflichtigen nicht zusteht, welche ihr Einkommen nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG durch Abzug der Werbungskosten oder nach § 4 Abs. 3 EStG durch Überschussrechnung ermitteln.270 Die Kritiker des Imparitätsprinzips können aber nicht ausreichend erklä­ ren, wie unter Verzicht auf Rückstellungen und ohne einen umfassenden Verlustrücktrag oder einen sofortigen Verlustausgleich eine leistungsge­ rechte Ermittlung des Totalgewinns sichergestellt werden soll.271 Auch der Hinweis auf die Entscheidung des Großen Senates des BFH vom 3.2.1969,272 wonach der „volle Gewinn“ zu besteuern ist, hilft insofern nicht weiter, denn der volle Gewinn muss wiederum über die Totalperi­ ode richtig ermittelt werden. Macht ein Unternehmen zu Beginn seiner Lebensdauer Gewinne und am Ende Verluste, können diese Verluste end­ gültig nicht berücksichtigt werden, wenn es keinen umfassenden Ver­ lustrücktrag gibt. Durch das Imparitätsprinzip werden drohende oder noch nicht realisierte Verluste frühzeitig berücksichtigt, wodurch diese Problematik erheblich abgemildert wird.273 Die Ungleichbehandlung zwischen bilanzierenden und nichtbilanzieren­ den Steuerpflichtigen durch das Imparitätsprinzip kann teilweise da­ durch gerechtfertigt werden, dass bilanzierende Unternehmer, deren Tä­ tigkeit mit erheblichen Investitionen verbunden ist, typischerweise auch einem besonders hohen Verlustrisiko ausgesetzt sind, während zum Bei­ spiel Arbeitnehmer nur sehr selten Verluste erleiden.274 Dies gilt aber nicht in jedem Fall. So machen private Vermieter regelmäßig hohe Inves­ titionen und tragen große Risiken zum Beispiel bezüglich Schäden am Gebäude. 267 Weber-Grellet, DB 1994, S. 288, 291; ders., BB 1999, S. 2659, 2661; Wagner, DStR 1997, S. 517, 518 f.; Kort, FR 2001, S. 53, 56; Kirchhof, in FS Hommelhoff, S. 527, 536. 268 Wagner lehnt das Imparitätsprinzip aus diesem Grund ab, Wagner, BB 2002, S. 1885, 1892; siehe auch Jachmann, DStJG Bd. 23 2000, S. 9, 56; Kahle/Schulz, FR 2013, S. 49, 54 f. 269 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 39. 270 Weber-Grellet, DB 1994, S. 288, 289; Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 73. 271 Hennrichs, DStJG Bd. 24 2001, S. 301, 324; Schlotter, Teilwertabschreibung und Wertaufholung zwischen Steuerbilanz und Verfassungsrecht, S. 287. 272 BFH v. 3.2.1969 - GrS 2/68, BStBl II 1969, S. 291, 293. 273 Spengel, ZfCM Sonderheft 2/2004, S. 130, 137. 274 Siehe Moxter, DB 1997, S. 1477, 1478.

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2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung

Solange nach dem GKKB-RLV kein steuerlicher Verlustrücktrag möglich ist, sprechen gute Gründe für eine Beibehaltung des Imparitätsprinzips.275 Dies gilt erst recht, wenn entsprechend dem Vorschlag der dänischen Ratspräsidentschaft der Verlustvortrag zeitlich gestreckt wird.276 Um eine endgültige Nichtberücksichtigung von Verlusten und damit eine Verfälschung des Totalgewinns möglichst zu verhindern, ist es sinnvoll, den Unternehmensgewinn eher vorsichtig anzusetzen. Wie bei der Aus­ schüttungsbemessung geht es auch bei der steuerlichen Gewinnermitt­ lung um die Ermittlung des sicher „entziehbaren“ Gewinns.277 Ein weiteres Argument für das Imparitätsprinzip ist die Beweislast. Steu­ errecht ist Eingriffsrecht. Daher liegt die Beweislast im Zweifel beim Fis­ kus. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten erfüllt, führen Zweifel bezüglich gewinnerhöhender Tatsachen dazu, dass diese nicht berücksichtigt werden dürfen; Zweifel hinsichtlich gewinnmindernder Umstände führen dazu, dass nach § 162 Abs. 1 AO nach der größtmögli­ chen Wahrscheinlichkeit zu schätzen ist.278 Das Imparitätsprinzip, wo­ nach Erträge erst angesetzt werden dürfen, wenn sie realisiert sind, Auf­ wand als Rückstellung dagegen anzusetzen ist, sobald er wahrscheinlich ist, entspricht dieser Beweislastverteilung.279 b) True and fair view Eine symmetrische Gewinnermittlung ließe sich nicht nur durch eine konsequente Ausrichtung am Realisationsprinzip und damit dem Ver­ zicht auf Rückstellungen und Teilwertabschreibungen erreichen, son­ dern auch durch eine konsequent am true and fair view-Grundsatz aus­ gerichtete Gewinnermittlung, die unrealisierte Wertsteigerungen und Verluste sowie drohende Verluste berücksichtigt. Die hohe Volatilität vieler Marktpreise würde allerdings Probleme schaffen, wenn das Aktiv­ vermögen symmetrisch anhand des fair values bewertet würde. Die Fi­ nanzkrise hat gezeigt, dass Preise erheblich schwanken können. Dies gilt nicht nur für Finanzanlagen, sondern zum Beispiel auch für Immobili­ en.280 Diese Preisschwankungen wirken sich in zwei Richtungen aus. Ei­ nerseits kann das Steueraufkommen der Mitgliedstaaten in Krisenzeiten 275 Sprechen vom Imparitätsprinzip als second-best Lösung: Herzig/Kuhr, StuW 2011, S. 305, 310; siehe auch Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 53 f.; Spengel, FR 2009, S. 101, 106; Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 74; Kahle/Schulz, FR 2013, S. 49, 54 f. 276 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 4.4.2012, Art. 43 Abs. 2. 277 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 46. 278 Ausführlich Seer, in Tipke/Lang (Hrsg.), § 22, Rz. 190. 279 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 23 f.; siehe auch Gassner/Lang, 14. ÖJT Band III/1, S. 81. 280 Kommission, Alert Mechanism Report, COM(2012) 68 final, v. 14.2.2012, S. 4, Tab. 2 und S. 11.

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A. Leistungsfähigkeitsprinzip

im Fall einer fair value-Bewertung erheblich stärker zurückgehen als im Fall einer Gewinnermittlung, die sich am Realisationsprinzip orien­ tiert.281 Zum anderen besteht aus Sicht der Steuerpflichtigen die Gefahr, dass der Totalgewinn verzerrt wird. Steigen die Preise stark und fallen sie anschließend wieder, ergibt sich der zutreffende Gesamtgewinn nur, wenn man einen weitgehenden Verlustrücktrag zulässt, der auch verzinst wird.282 Im GKKB-RLV ist überhaupt kein Verlustrücktrag vorgesehen. Im deut­ schen Einkommensteuerrecht ist der Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 S. 1 EStG nur eingeschränkt möglich und unverzinslich. Ein Verlustvor­ trag, wie er in Art. 43 GKKB-RLV vorgesehen ist, stellt nicht in jedem Fall sicher, dass über die Totalperiode gesehen der zutreffende Gewinn be­ steuert wird.283 So kann es Fälle geben, in denen eine Körperschaft Verlus­ te hat und in den auf die Verluste folgenden Veranlagungszeiträumen keine ausreichenden Gewinne mehr macht, um den Verlustvortrag auf­ zubrauchen.284 Zudem ist der Verlustvortrag nach Art. 43 GKKB-RLV un­ verzinslich. Abgesehen vom fehlenden Verlustrücktrag wird die Proble­ matik der endgültigen Nichtberücksichtigung von Verlusten durch die GKKB im Vergleich zur bisherigen Rechtslage in Deutschland abgemil­ dert. Zum einen sieht die GKKB keine Mindestbesteuerung wie § 10d Abs. 2 EStG vor,285 zum anderen wird durch die Konsolidierung nach Art. 57 Abs. 1 GKKB-RLV ein grenzüberschreitender und gruppenweiter Verlustausgleich möglich, der häufig dazu führen wird, dass Verluste be­ reits im laufenden Steuerjahr berücksichtigt werden können und ein Ver­ lustvor- oder Verlustrücktrag überflüssig sind.

III. Sofortiger Verlustabzug In der betriebswirtschaftlichen Forschung wird teilweise gefordert, gene­ rell auf Rückstellungen zu verzichten und stattdessen einen sofortigen Verlustausgleich durch Zuschüsse und Steuerkredite zu ermöglichen.286 Es ist eine politische Entscheidung, ob einer Gewinnermittlung nach 281 Freedman/Macdonald, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 219, 231. 282 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 21 f. 283 Herzig/Kuhr, StuW 2011, S. 305, 310. 284 Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 53 f; vgl. auch Kahle/ Schulz, StuB 2011, S. 296, 300. 285 Siehe aber den Vorschlag der dänischen Ratspräsidentschaft zu einer Mindestbe­ steuerung: Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 4.4.2012, Art. 43 Abs. 2. 286 Kahle, Internationale Rechnungslegung und ihre Auswirkungen auf Handels- und Steuerbilanz, S. 213; Spengel, FR 2009, S. 101, 106; Kahle/Schulz, StuB 2011, S. 296, 302; Herzig/Kuhr, StuW 2011, S. 305, 310; offen gelassen Schneider, Steuer­ last und Steuerwirkung, S. 153 f.

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2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung

dem Imparitätsprinzip oder einem sofortigen Verlustausgleich der Vorzug zu geben ist. Für einen sofortigen Verlustausgleich spricht dessen Ein­ fachheit und Klarheit im Vergleich zu den streitanfälligen Sonderab­ schreibungen und Rückstellungen. Im Fall von progressiven Steuersätzen wäre der Verlustausgleich aller­ dings nur eingeschränkt zu verwirklichen.287 Dies ist im Fall der GKKB auf den ersten Blick nicht problematisch, da die Körperschaftsteuersätze in der EU nicht progressiv sind. In Großbritannien ist der Tarif allerdings abhängig von der Höhe des Unternehmensgewinns gestuft.288 Bereits in diesem Fall ist ein sofortiger Verlustausgleich problematisch, da es am Gewinn als Anknüpfungspunkt für die Höhe des Tarifs fehlt. Durch ei­ nen sofortigen Verlustausgleich könnten die Mitgliedstaaten in ihrer Freiheit eingeschränkt werden, den Tarifverlauf zu gestalten. Dies wider­ spricht dem Ziel des GKKB-RLV, die Festlegung der Steuersätze den Mit­ gliedstaaten zu überlassen.289 Zudem käme es zu einer Ungleichbehandlung gegenüber Steuerpflichti­ gen, die einkommensteuerpflichtig sind und weiterhin auf einen Ver­ lustrück- oder Verlustvortrag nach nationalem Recht angewiesen wären. Gegen einen sofortigen Verlustausgleich spricht auch, dass dieser wohl betrugsanfälliger wäre als das existierende System. Die Erfahrungen in der Umsatzsteuer zeigen, dass umfangreiche Steuererstattungen krimi­ nelles Verhalten herausfordern.290 Der Kampf gegen dieses Verhalten macht das Steuersystem dann wiederum komplizierter.291 Diese prakti­ schen Schwierigkeiten sind neben dem zu erwartenden niedrigeren Steu­ eraufkommen wohl der wichtigste Grund, weshalb der sofortige Ver­ lustausgleich weltweit die absolute Ausnahme ist.292

287 Schneider, Steuerlast und Steuerwirkung, S. 153. 288 Siehe Homepage des HM Revenue & Customs Office https://www.gov.uk/ government/publications/rates-and-allowances-corporation-tax/rates-and-allo wances-corporation-tax--2 (zuletzt abgerufen am 4.11.2014). 289 Vgl. GKKB-RLV, S. 4 290 Vgl. Kirchhof, DStR 2008, S. 1, 6. 291 Vgl. etwa die ständigen Änderungen in der Vorschrift des § 13b UStG, dazu Mößlang, in Sölch/Ringleb (Hrsg.), § 13b, Rz. 1; Zugmaier/Salder, DStR 2011, S. 895. 292 Ein sofortiger Verlustausgleich besteht zum Beispiel für Explorationskosten der norwegischen Ölindustrie. Dieser Verlustausgleich soll die Investitionsneutralität der Petroleum-Besteuerung sicherstellen. Die Investitionsneutralität hat wegen der hohen Verlustrisiken für die Exploration besondere Bedeutung. Siehe § 3 lit. c) Abs. 4 Gesetz über die Besteuerung von Unterwasser-Erdöl-Lagerstätten, etc. [Pet­ roleum Besteuerung] (Lov om skattlegging av undersjøiske petroleumsforekoms­ ter m.v. [petroleumsskatteloven]). Dazu Norwegian Petroleum Directorate, Facts 2012, abrufbar unter http://www.npd.no/en/Publications/Facts/Facts-2012/Chap­ ter-2/ (zuletzt abgerufen am 8.10.2014).

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B. Neutralität der Besteuerung

IV. Zusammenfassung Die Besteuerung der Unternehmen muss sich nach dem Grundsatz der Periodenabgrenzung richten, da eine reine Geldrechnung nicht realitäts­ gerecht wäre. Die Periodenabgrenzung kann entweder anhand einer Be­ wertung zu Zeitwerten oder nach dem Realisationsprinzip erfolgen. So­ lange die Verlustberücksichtigung im GKKB-RLV beschränkt ist, sprechen gute Gründe gegen die Besteuerung anhand des fair value und für die Gewinnermittlung nach dem Realisationsprinzip. Ansonsten besteht die Gefahr, dass ein unzutreffender Totalgewinn besteuert wird. Auch Ge­ sichtspunkte der Liquidität der Steuerpflichtigen sprechen gegen die Be­ steuerung zu Zeitwerten. Solange der steuerliche Verlustabzug nur einge­ schränkt möglich ist, sprechen gute Gründe für eine Beibehaltung des Imparitätsprinzips.293 Um eine endgültige Nichtberücksichtigung von Verlusten und damit eine Verfälschung des Totalgewinns möglichst zu verhindern, ist es sinnvoll, den Unternehmensgewinn eher vorsichtig an­ zusetzen. Wie bei der Ausschüttungsbemessung geht es auch bei der steuerlichen Gewinnermittlung um die Ermittlung des sicher „entzieh­ baren“ Gewinns.294

B. Neutralität der Besteuerung Neutralität der Besteuerung bedeutet, dass das Steuersystem für den Steuerpflichtigen keine Anreize schafft, bestimmte unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Ökonomen fordern regelmäßig, dass sich das Steuerrecht darauf beschränken soll, staatliche Einnahmen zu generie­ ren. Marktprozesse sollen dagegen möglichst nicht beeinflusst werden. Jede steuerliche Norm, die das Verhalten der Marktteilnehmer absicht­ lich oder unabsichtlich in eine bestimmte Richtung lenkt, birgt die Gefahr, dass Ressourcen ökonomisch sinnwidrig und damit ineffizient eingesetzt werden.295 Derartige Fehlallokationen führen zu Wohlfahrt­ seinbußen und werden auch als „deadweight loss“ bezeichnet.296 Die Neutralität der Besteuerung hat zur Folge, dass alle Marktteilnehmer un­ abhängig von der Art ihrer Tätigkeit und ihrer ökonomischen Präferen­ 293 Siehe auch Spengel, FR 2009, S. 101, 106. 294 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 46. 295 Arbeitsgruppe GKKB, Allgemeine Besteuerungsgrundsätze, v. 23.11.2004, CCCTB/ WP\001\Rev1\doc\de, Rz. 13; Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, S. 213 ff.; Homburg, Allgemeine Steuerlehre, Kapitel 5; Schön, in Schön u.a. (Hrsg.), A CCCTB for Europe, S. 49, 54; Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 69; Freedman/Macdonald, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 219, 227; Arbeitsgruppe GKKB, Allgemeine Besteuerungsgrundsätze, v. 23.11.2004, CCCTB/WP\001\Rev1\ doc\de, Rz. 13. 296 Ausführlich Musgrave, 49 Journal of Public Economics, 1992, S. 369; Schreiber/ Führich, 27 European Journal of Law and Economics 2009, S. 257, 258 f.

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2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung

zen gleichmäßig besteuert werden. Daher ist die Neutralität der Besteue­ rung mit der Belastungsgleichheit verwandt.297 Ein möglichst neutrales Steuersystem ist auch relativ kostengünstig, weil wenige Anreize zur Steuerplanung bestehen.298 Rechtspolitisch bedarf jede Durchbrechung der Neutralität durch eine Lenkungssteuer einer besonderen Rechtferti­ gung. Der Gedanke der Neutralität hat verschiedenste Ausprägungen er­ fahren.299 Im Folgenden sollen nur die Investitions- und Risikoneutralität besprochen werden.

I. Investitionsneutralität Für die steuerliche Gewinnermittlung kommt es vor allem auf die Inves­ titionsneutralität an, die bedeutet, dass das Steuersystem für die Steuer­ pflichtigen keine Anreize schafft, bestimmte Investitionen vorzuziehen oder zu meiden.300 Ob sich die einzelnen Gewinnermittlungsvorschriften auf die Investitionsentscheidungen auswirken, lässt sich nicht für alle Elemente der Gewinnermittlung einheitlich beantworten.301 Eine empiri­ sche Untersuchung hat ergeben, dass Regelungen über die planmäßige Abschreibung häufig eine Rolle bei Investitionsentscheidungen spielen, wohingegen die meisten Steuerpflichtigen die Möglichkeit von Rückstel­ lungen und Teilwertabschreibungen bei ihrer Investitionsplanung außer Betracht lassen.302 Auch hängen Investitionsentscheidungen von einer Vielzahl von Faktoren ab, unter denen steuerliche Anreize womöglich nur eine untergeordnete Rolle spielen.303 Dass die Steuerpflichtigen be­ stimmte Durchbrechungen der Investitionsneutralität womöglich gar nicht berücksichtigen, ist aus juristischer Sicht allerdings nur zweitran­ gig, denn die Neutralität der Besteuerung hat große Überschneidungen mit dem Gebot der Belastungsgleichheit und dieses gilt unabhängig da­ von, ob die Steuerpflichtigen sich über dessen Durchbrechung bewusst sind oder nicht.

297 Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. I, S. 255; Lang, StuW 1990, 107, 115; Schön, in Mellinghoff/Morgenthaler/Pfuhl (Hrsg.), Die Erneuerung des Verfassungsstaates, S. 143, 155; ders., 1 World Tax Journal 2009, S. 67, 95. Schulz, Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlung, S. 134 ff. 298 Wagner, BFuP 2005, S. 528, 531. 299 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 46. 300 Weitere Ausprägungen bei Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 26 ff. 301 Sind wegen der teilweise nicht vorhandenen Anreizwirkung skeptisch, ob die Ent­ scheidungsneutralität ein geeigneter Maßstab für die steuerliche Gewinnermitt­ lung ist: Kahle/Schulz, FR 2013, S. 49, 52 f. 302 Wagner, BB 2002, S. 1885, 1891 f.; siehe auch ders., BFuP 2000, S. 183, 196 ff., wo­ nach das Vorsichtsprinzip aus Sicht der Investoren einer „Lotterie“ gleichkomme. 303 Schneider, Steuerlast und Steuerwirkung, S. 138.

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B. Neutralität der Besteuerung

Gegen das Gebot der Investitionsneutralität verstößt zum Beispiel, dass Aufwendungen für die Herstellung eines immateriellen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens nach Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV sofort abgezogen werden können, weil diese Gegenstände nach Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV nicht zum Anlagevermögen zählen.304 Auf diese Wei­ se werden Investitionen in selbstgeschaffene immaterielle Wirtschafts­ güter gegenüber Investitionen in andere Wirtschaftsgüter steuerlich bevorzugt. Diese sofortige Abziehbarkeit dürfte bei den Investitionsent­ scheidungen der Steuerpflichtigen eine Rolle spielen, weil sie einer sofor­ tigen Abschreibung auf null gleichkommt. Für Forschungs- und Entwick­ lungskosten ist eine solche Lenkungswirkung wohl erwünscht.305 Gefördert wird aber zum Beispiel auch die Produktion von Filmen.306

II. Risikoneutralität Investitionsneutralität bedeutet auch, dass riskante Investitionen steuer­ lich nicht gegenüber risikoarmen Investitionen benachteiligt werden. Unternehmerische Innovationen sind zumeist mit hohen Chancen, aber auch Risiken verbunden.307 In der Regel gehen riskante unternehmeri­ sche Entscheidungen mit entsprechenden Gewinnmöglichkeiten einher. Daher ist unternehmerisches Risiko volkswirtschaftlich grundsätzlich erwünscht.308 Die steuerliche Gewinnermittlung sollte deshalb so ausge­ staltet sein, dass sie für den Steuerpflichtigen keinen Anreiz setzt, sich bei seinen unternehmerischen Entscheidungen besonders vorsichtig zu verhalten.309 Wichtig für die Risikoneutralität ist die zutreffende Besteu­ erung des Totalgewinns. Verallgemeinernd lässt sich sagen, dass riskante Geschäfte in der Regel mit stärkeren Schwankungen des Unternehmens­ ergebnisses verbunden sind. Werden mit einer riskanten Investition zunächst Gewinne und anschlie­ ßend Verluste erzielt, ist der Totalgewinn womöglich gleich hoch oder sogar niedriger als im Fall einer risikoarmen Investition mit gleichblei­ bendem (niedrigem) Ergebnis. Die Besteuerung – verteilt über die einzel­ nen Veranlagungszeiträume – führt aber zunächst häufig dazu, dass die

304 Zum deutschen Recht, Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 34. 305 Vgl. die besondere Betonung der Forschungs- und Entwicklungsförderung in Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV. 306 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 34. 307 Spengel u.a., Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, S. 44 f. 308 Schneider, Steuerlast und Steuerwirkung, S. 137; Röder, Das System der Verlust­ verrechnung, S. 412. 309 Schneider, Steuerlast und Steuerwirkung, S. 153 ff.; Schön, in Schön (Hrsg.), Steu­ erliche Maßgeblichkeit, S. 1, 51 f.

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2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung

Gesamtsteuerlast im Fall der riskanten Investition höher ist.310 Die Ent­ scheidungsneutralität ist deshalb nur gewährleistet, wenn Risiken und Verluste im Rahmen der Gewinnermittlung ausreichend berücksichtigt werden. Mittel um Risiken abzubilden sind Rückstellungen. Verluste werden steuerlich traditionell über Verlustrück- und Verlustvorträge be­ rücksichtigt. Da jedem Unternehmer die Möglichkeit des Scheiterns ei­ ner Investition bewusst sein dürfte, ist davon auszugehen, dass die Steu­ erpflichtigen zumindest die steuerlichen Folgen von Verlusten bei ihren Entscheidungen berücksichtigen.311 Das obige Beispiel spricht dafür, auch einen Verlustrücktrag zuzulassen, da ein Verlustvortrag in diesem Fall nicht ausreicht, um den zutreffenden Totalgewinn zu besteuern.312

III. Der Fiskus als stiller Teilhaber Teilweise soll die Wettbewerbsneutralität dadurch gewährleistet werden, dass der Fiskus als „Teilhaber“ am Unternehmensgewinn behandelt wird, der ähnlich einem Gesellschafter an Risiken und Erträgen des Un­ ternehmens gleichermaßen teilnimmt, und auf diese Weise keinen Ein­ fluss auf die Entscheidungen des Unternehmers bezüglich des einzuge­ henden Risikos nimmt.313 Folgt man diesem Ansatz, sollte sich die Besteuerung möglichst an den Regeln zur Ausschüttungsbemessung ori­ entieren und damit in Deutschland an der HGB-Bilanz modifiziert durch die Ausschüttungssperre nach § 268 Abs. 8 HGB. Diese Argumentation greift allerdings nicht in jedem Fall: Der Grund für die vorsichtige Bemes­ sung von Ausschüttungen liegt darin, dass die Gesellschafter nicht ver­ pflichtet sind, rechtmäßig ausgeschüttete Gewinne im Fall von späteren Verlusten zurückzuzahlen. Dieses unbedingte Recht, Ausschüttungen behalten zu dürfen, gilt nicht unbedingt für den Fiskus. Sieht eine Steuerrechtsordnung Verlustrückträge vor, muss der Fiskus Steuern zurückzahlen.314 Verlustvorträge dagegen ändern an der Ver­ gleichbarkeit des Fiskus mit einem Gesellschafter nichts, denn auch für 310 Röder, Das System der Verlustverrechnung, S. 410 f. 311 Schneider, Steuerlast und Steuerwirkung, S. 137 ff.; Schön, in Schön (Hrsg.), Steu­ erliche Maßgeblichkeit, S. 1, 34 Fn. 148. 312 Die Kommission spricht sich im GKKB-RLV gegen einen Verlustrücktrag aus, weil ein solcher zu komplex sei, GKKB-RLV, S. 14. 313 Döllerer, BB 1971, S. 1333, 1334; Moxter, BB 1997, S. 195; Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 51 ff.; Mayer, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maß­ geblichkeit, S. 147, 154 f.; Hüttemann, DStZ 2011, S. 507, 513; hierzu auch Schön, 68 Bulletin for International Taxation, 2014, S. 280, 282 f.; kritisch Wagner, DB 1998, S. 2073, 2074 f. Erstmals geäußert wird der Gedanke der Teilhaberschaft des Staates ähnlich einem stillen Gesellschafter im Urteil des PrOVGSt v. 2.7.1902 – Rep. V. A. 136/01, PrOVGStE Bd. 10, S. 294, 305. 314 Schulze-Osterloh, DStJG Bd. 23 2000, S. 67, 74 f.

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B. Neutralität der Besteuerung

einen Gesellschafter mindern zu hohe Ausschüttungen die Höhe späterer Ausschüttungen. Sind wie im GKKB-RLV keine Verlustrückträge vorge­ sehen oder sind sie wie in § 10d Abs. 1 EStG nur eingeschränkt möglich, ist die Position des Fiskus tatsächlich mit der eines stillen Teilhabers vergleichbar. Dies spricht dafür, die steuerliche Gewinnermittlung nach den gleichen Prinzipien wie die Ausschüttungsbemessung auszugestal­ ten. Eine gewisse Einschränkung gilt allerdings wegen des gruppenweiten Verlustausgleichs, der aufgrund der Konsolidierung nach Art. 57 Abs. 1 GKKB-RLV vorzunehmen ist. Der ausschüttbare Gewinn wird in der Regel anhand des Ergebnisses der einzelnen Gesellschaft bestimmt. Dadurch kann es zu Gewinnausschüttungen einzelner Konzerngesell­ schaften kommen, auch wenn die gesamte Gruppe einen Verlust erleidet. So müssen zum Beispiel in Deutschland Gewinne und Verluste von ver­ bundenen Unternehmen für die Bemessung der Gewinnausschüttung nicht verrechnet werden, solange kein Beherrschungs- oder Gewinnab­ führungsvertrag abgeschlossen wurde.315 Das heißt, einzelne Gesellschaf­ ten können Gewinne unabhängig davon ausschütten, ob verbundene Un­ ternehmen Verluste machen.316 Insofern stünde der Fiskus im Fall der GKKB schlechter als ein Gesellschafter.

IV. Realisationsprinzip und fair view Mit Blick auf die Neutralität der Besteuerung sprechen gute Gründe für eine Bilanzierung nach dem fair view-Grundsatz. Das Realisationsprin­ zip führt dazu, dass auf der Aktivseite der Steuerbilanz stille Reserven entstehen können. Die steuerlichen Nachteile, die durch die Aufdeckung solcher stiller Reserven im Fall der Veräußerung entstehen, schaffen ei­ nen Anreiz für die Unternehmen, vorhandenes Anlagevermögen zu be­ halten, obwohl die Veräußerung des alten und die Anschaffung neuen Anlagevermögens ökonomisch effizienter wäre (lock-in-Effekt).317 Um ökonomisch sinnvolle Anpassungen des Anlagevermögens möglichst nicht durch steuerliche Nachteile zu verhindern, können Steuerbefreiun­ gen für Ersatzwirtschaftsgüter vorgesehen werden.318 Diese Befreiungen machen das Steuerrecht jedoch komplizierter und verhindern den lockin-Effekt nicht in jedem Fall, da sie regelmäßig nur für bestimmte Wirt­ 315 Umkehrschluss aus § 302 Abs. 1 AktG. 316 Zu den Ausnahmen: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, AktG § 302, Rz. 6. 317 Schenk, 57 Tax Law Review, 2004, S. 355, 388 ff.; Freedman/Macdonald, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 219, 231; Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblich­ keit, S. 1, 37. 318 Zum Beispiel Art. 38 GKKB-RLV und § 6b EStG.

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2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung

schaftsgüter des Anlagevermögens gelten und an weitere Voraussetzun­ gen gebunden sind.319 Um den lock-in-Effekt von vornherein zu vermeiden, wird teilweise ge­ fordert, Wirtschaftsgüter zu Zeitwerten anzusetzen.320 Der lock-in-Effekt ließe sich jedoch nur ausschließen, wenn die bilanzierten Zeitwerte dem tatsächlichen Verkaufspreis entsprächen. Eine solche exakte Bewertung dürfte für Wirtschaftsgüter ohne aktiven Markt unmöglich sein. Regel­ mäßig können die fair values nur eine Annäherung an den Verkaufspreis sein. Nach den Vorstellungen des IASB sollen nicht finanzielle Wirt­ schaftsgüter nach dem „highest and best use“ Grundsatz bewertet wer­ den (IFRS 13.31), was bedeutet, dass besondere Umstände, die sich nega­ tiv auf den Kaufpreis auswirken, gar nicht berücksichtigt werden dürfen.321 Da der Verkaufspreis einerseits häufig nicht sicher festgestellt werden kann und andererseits zumindest nach den IFRS auch gar nicht allein ausschlaggebend ist, kann es auch im Fall einer fair value-Bewer­ tung zu stillen Reserven oder Verlusten kommen, obwohl das System nicht darauf angelegt ist.322 Daher verhindert die fair value-Bewertung nicht alle Konstellationen, in denen die Unternehmen aufgrund von stillen Reserven oder Verlusten ökonomisch ineffiziente Entscheidungen treffen. Zu ökonomischen Inef­ fizienzen kommt es nicht nur, wenn die Steuerpflichtigen bewusst zu niedrig bewerten, sondern auch, wenn sie sich nicht sicher sind, ob ihre Bewertung nach einer anerkannten Methode tatsächlich zutreffend ist und darauf verzichten, das Wirtschaftsgut am Markt anzubieten, um die Aufdeckung stiller Reserven in jedem Fall zu verhindern. Umgekehrt könnten die Steuerpflichtigen das Wirtschaftsgut veräußern, wenn der Verkaufspreis unter tatsächlichen Marktgegebenheiten ungünstiger ist als die Bewertung nach dem „highest and best use“ Grundsatz, um die entsprechenden Verluste steuerlich geltend zu machen. Wird das Realisationsprinzip im Fall von Wertverlusten konsequent um­ gesetzt, das heißt, es sind keine Sonderabschreibungen möglich, besteht für die Unternehmen ein steuerlicher Anreiz, Wirtschaftsgüter zu veräu­ ßern, deren Zeitwert unter die (fortgeführten) Anschaffungs- oder Her­ stellungskosten gefallen ist, um die entsprechenden Verluste zu realisie­ ren. Damit schafft eine konsequente Umsetzung des Realisationsprinzips Anreize, verlustbringende Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu ver­ 319 Das Steuerrecht „verheddere“ sich in Details: Kirchhof, in FS Hommelhoff, S. 527, 529. 320 Kirchhof, in FS Hommelhoff, S. 527, 529. 321 Zur Kritik an der Fiktion des „highest and best use“: Schildbach, in: Küting/Pfit­ zer/Weber (Hrsg.), IFRS und BilMoG, 2010, S. 295, 301. 322 Reuter/Küting, BB 2005, S. 706, 713.

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B. Neutralität der Besteuerung

äußern und gewinnbringende im Betriebsvermögen zu belassen, unab­ hängig davon, ob diese Entscheidungen ökonomisch effizient sind.323 In­ effiziente Anreize im Fall von Wertverlusten können jedoch durch die weitgehende Zulassung von Sonderabschreibungen verhindert werden. Ob die Bewertung nach dem Realisationsprinzip oder dem fair view-Grund­ satz neutraler ist, lässt sich nicht abstrakt sagen, sondern hängt von der Ausgestaltung der einzelnen Regeln ab. Durch die steuerliche Begünsti­ gung von Ersatzwirtschaftsgütern und Sonderabschreibungen lassen sich die Nachteile des Realisationsprinzips für die Neutralität abmildern. Ein­ deutig überlegen ist die true and fair view nur, wenn man von der zu­ meist unrealistischen Annahme ausgeht, die Zeitwerte entsprächen ge­ nau den Veräußerungspreisen.

V. Durchbrechung des Neutralitätsprinzips Die beste Begründung zur Durchbrechung der steuerlichen Neutralität ist der Ausgleich von Marktversagen. Kommt es unabhängig vom Steuer­ recht innerhalb einer Volkswirtschaft zu Verzerrungen oder Ineffizien­ zen, können diese unter Umständen durch gezielte steuerliche Anreize korrigiert werden.324 Ein typisches Gebiet, in dem Marktversagen durch steuerliche Anreize kompensiert werden kann, ist die Förderung von For­ schung und Entwicklung. Das Marktversagen in diesem Bereich ergibt sich daraus, dass die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung beim einzelnen Steuerpflichtigen anfallen, während der Nutzen aus dem gewonnen Wissen regelmäßig auch der Allgemeinheit zu Gute kommt.325

VI. Zusammenfassung Um unnötige ökonomische Fehlallokationen zu vermeiden, sollte die steuerliche Gewinnermittlung möglichst entscheidungsneutral ausge­ staltet sein. Eine wichtige Voraussetzung für eine möglichst neutrale Besteuerung ist die Folgerichtigkeit der Vorschriften. Ein in sich ge­ schlossenes System bietet weniger Anreiz dafür, unternehmerische Ent­ scheidungen allein aus steuerlichen Gründen zu treffen, als ein System voller innerer Widersprüche.326 Hieraus darf aber nicht geschlossen wer­ den, dass ein folgerichtiges Steuersystem vollkommen neutral wäre. Auch konsequente Belastungsentscheidungen können ökonomische Ent­ scheidungen verzerren. So schafft zum Beispiel jede prozentuale Ertrags­ 323 Schenk, 57 Tax Law Review 2004, S. 355, 383 ff. 324 Arbeitsgruppe GKKB, Allgemeine Besteuerungsgrundsätze, Sitzung v. 10.12.2004, CCCTB/WP\001\Rev1\doc\de, Rz. 13. 325 Spengel u.a., Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, S. 4 ff. 326 Siehe Vogel, StuW 1980, S. 206, 208 ff.

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2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung

besteuerung einen Anreiz, weniger zu arbeiten, um dafür mehr Freizeit zu genießen und Einkommen auszugeben, statt es zu investieren.327 Wirklich neutral dürfte nur eine Kopfsteuer sein.328

C. Objektivität und Vollständigkeit Um die Belastungsgleichheit zu gewährleisten, müssen die Regeln der steuerlichen Gewinnermittlung möglichst objektiv und vollständig sein.

I. Objektivität 1. Gestaltungsresistenz Die Gewinnermittlung ist objektiv, wenn sie gestaltungsresistent ist. Der Steuerpflichtige soll sich der Besteuerung nicht durch die Ausübung von Wahlrechten entziehen können, mit anderen Worten die Steuerlast soll „unausweichlich“ sein.329 Wahlrechte gefährden die Gleichmäßig­ keit der Besteuerung.330 Zwar stehen Wahlrechte allen Steuerpflichtigen zu, die den Tatbestand einer bestimmten Norm erfüllen, und führen da­ her theoretisch nicht zu mehr Ungleichheit als zwingende Normen, al­ lein dass die Steuerpflichtigen verschiedene Rechtsfolgen wählen, führt aber zu unterschiedlichen Belastungen.331 Insbesondere sind die Steuer­ pflichtigen unterschiedlich geschickt was die praktische Steuergestal­ tung angeht.332 Dies liegt vor allem an Größeneffekten, die sich auf die Rechtsfindungskosten auswirken. Tendenziell sind große Unternehmen hier gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen im Vorteil, denn die Kosten der steuerlichen Beratung relativieren sich angesichts der steuer­ lichen Auswirkung einer Gestaltung.333, 334 327 Musgrave, 49 Journal of Public Economics, S. 369, 373; Schön, 9 EC Tax Review 2000, S. 90, 92. 328 Roin, 89 Georgetown Law Journal, 2001, S. 543, 552; Schön in: Mellinghoff/Mor­ genthaler/Pfuhl (Hrsg.), Die Erneuerung des Verfassungsstaates, S. 156. 329 Vogel, StuW 1980, S. 206, 208; Kirchhof, DStJG Bd. 21 1998, S. 9, 26 f.; Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 19. 330 Grundlegend BFH v. 3.2.1969 - GrS 2/68, BStBl II 1969, S. 291, 293. 331 Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. I, S. 516 f. 332 Isensee, StuW 1994, S. 3, 8; Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 19. 333 Siehe allgemein zu Größeneffekten bei den Befolgungskosten Commission Staff Working Paper, European Tax Survey, v. 10.9.2004, SEC(2004) 1128/2, S. 22. 334 Das BVerfG scheint gegenüber dieser Problematik eher indifferent zu sein. Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Abfärberegelung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG stellt es fest, die Steuerpflichtigen hätten die Möglichkeit, der Abfärberegelung durch gesellschaftsrechtliche Gestaltung auszuweichen. Dabei geht es nicht auf die unterschiedlichen Fähigkeiten der Steuerpflichtigen ein (BVerfG v. 15.1.2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, S. 1, 51; BVerfG v. 26. 10. 2004 - 2 BvR 246/98, DStRE

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C. Objektivität und Vollständigkeit

Wahlrechte können vom Gesetz ausdrücklich eingeräumt werden oder sich rein faktisch aus Beurteilungsspielräumen ergeben. Während die HGB-Bilanzierung vor allem zahlreiche explizite Wahlrechte enthält,335 bieten die IFRS relativ wenige explizite Wahlrechte und viele faktische Beurteilungsspielräume.336 Hinsichtlich der unterschiedlichen Fähigkei­ ten der Steuerpflichtigen bei der Steuergestaltung können faktische Wahlrechte problematischer sein als explizite Wahlrechte, denn sie sind schwerer zu erkennen und ihre „Ausübung“ bedarf häufig größerer Erfah­ rung. Dies gilt zum Beispiel für faktische Wahlrechte bei der Bewertung von Wirtschaftsgütern. Hier sind Steuerpflichtige im Vorteil, die wissen, wie weit die Finanzverwaltung bestimmte Bewertungen noch akzeptiert, das heißt, wie weit der Steuerpflichtige gerade noch gehen kann. Zudem sind faktische Wahlrechte konfliktträchtiger als explizite Wahlrechte.337 Die Problematik der Wahlrechte spricht für eine steuerliche Gewinner­ mittlung, die möglichst wenige explizite Wahlrechte enthält, die bei der Bewertung möglichst auf Werte abstellt, die genau bezifferbar sind wie die Anschaffungskosten oder der Nominalwert, und deren Abschrei­ bungsregeln möglichst schematisch sind. 2. Abgrenzung zum originären Geschäftswert Objektivierung der Gewinnermittlungsregeln bedeutet die Beschränkung von subjektiven Ermessensspielräumen.338 Die Bemessungsgrundlage sollte möglichst wertungsfrei und nachprüfbar sein.339 Insbesondere darf die Grenze zwischen dem Wert der einzelnen Wirtschaftsgüter und dem Geschäfts- oder Firmenwert nicht verwischt werden.340 Ausgangspunkt der Gewinnermittlung nach dem HGB, dem EStG, den IFRS und dem GKKB-RLV ist der Grundsatz der Einzelbewertung.341 Solange das Unter­ 2005, S. 877, 879). Es wäre wünschenswert, dass die Rechtsprechung des EuGH im Fall der Umsetzung des GKKB-RLV bei der Frage der Gestaltungsmöglichkeiten stärker auf die tatsächlichen Kapazitäten der einzelnen Körperschaften einginge. 335 Z.B. § 248 Abs. 2 S. 1 HGB für den Ansatz selbstgeschaffener immaterieller Ver­ mögensgegenstände und § 255 Abs. 2 S. 3 HGB für die Berücksichtigung von Ge­ meinkosten bei den Herstellungskosten. 336 Dies lässt sich zum Beispiel anhand der Folgebewertung von Sachanlagen illus­ trieren: Zunächst haben die Unternehmen ein einfaches Wahlrecht zwischen dem Anschaffungskostenmodell (IAS 16.30) und dem Neubewertungsmodell (IAS 16.31), dazu Kahle, BFuP 2011, S. 455, 464 f. Wählen sie das Neubewertungsmo­ dell, müssen sie regelmäßig den beizulegenden Zeitwert ermitteln, was zu fakti­ schen Einschätzungsspielräumen führt, dazu Schildbach, BFuP 2003, S. 247, 255. Siehe auch Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 20; Reuter/ Küting, BB 2005, S. 706, 711. 337 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 53 f. 338 Moxter, BB 1979, S. 1102, 1104. 339 Freedman/Mcdonald, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 219, 228. 340 Moxter, BB 1979, S. 1102, 1107; ders., BB 2000, S. 2143, 2145. 341 § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB, § 5 Abs. 1 S. 1 EStG, IAS 1.29, Art. 9 Abs. 2 GKKB-RLV.

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2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung

nehmen fortgeführt wird, bildet die Summe des Wertes der Wirtschafts­ güter allerdings nicht den Effektivwert des Unternehmens. Die Differenz zwischen dem wirklichen Unternehmenswert (Effektivvermögen) und dem Wert der Wirtschaftsgüter ist der Geschäftswert. Ein positiver Ge­ schäftswert entsteht aus der Erwartung auf zukünftige Erträge. Der Ge­ schäftswert kann zum Beispiel in einem wertvollen Kundenstamm oder einer besonders fähigen Unternehmensleitung oder Belegschaft begrün­ det sein.342 Er kann sich auch aus allgemeinen Markterwartungen erge­ ben, die nichts mit dem konkreten Unternehmen zu tun haben. Da der Geschäftswert aus Erwartungen gebildet wird, ist er einer objektiven Be­ wertung nicht zugänglich, wenn er selbst geschaffen wurde. Selbst wenn man den Ansatz dem Grunde nach zuließe, könnte die Bewertung der Höhe nach für alle oben genannten Faktoren nicht anhand objektiver Kri­ terien vorgenommen werden. So ist es zum Beispiel ein sehr subjektives Urteil, ob ein Unternehmen eine besonders kompetente Geschäftslei­ tung hat, die den Geschäftswert erhöht. Da der originäre Geschäftswert nicht objektiv bestimmt werden kann,343 wird er in allen hier untersuch­ ten Gewinnermittlungsregeln nicht berücksichtigt,344 das heißt, diese lassen nie einen Rückschluss auf das Effektivvermögen zu.345

II. Vollständigkeit Um die Belastungsgleichheit durch eine möglichst wirklichkeitsnahe Er­ mittlung des steuerlichen Gewinns sicherzustellen, kommt es nicht nur auf die Gestaltungsresistenz und Objektivität der Bemessungsgrundlage an, sondern auch auf deren Vollständigkeit. Die Bemessungsgrundlage ist vollständig, wenn sämtliche Wirtschaftsgüter, Verbindlichkeiten sowie Rechnungsabgrenzungsposten346 berücksichtigt werden.347 Sie ist zum Beispiel beeinträchtigt, wenn selbstgeschaffene immaterielle Wirt­ schaftsgüter bei der Gewinnermittlung wegen Bewertungsunsicherhei­ ten überhaupt nicht angesetzt werden oder wenn eigentlich werthaltige Wirtschaftsgüter wegen schematischer Abschreibungsregelungen mit dem Erinnerungswert von 1 3 bewertet werden. Das heißt, eine mög­ lichst vollständige Bemessungsgrundlage liegt nur dann vor, wenn auch 342 Moxter, BB 2000, S. 2143; siehe auch schon RG v. 18.9.1908, RGZ 69, S. 199, 203. 343 Rückschlüsse ließen sich allenfalls aus einem Börsenkurs ziehen. Ob der Börsen­ kurs tatsächlich ein zuverlässiger Indikator für den Geschäftswert ist, wird aller­ dings wegen möglicher „Blasenbildung“ bezweifelt, siehe dazu Schildbach, BFuP 2003, S. 247, 255. 344 Siehe zu den IAS Moxter, BB 2000, S. 2143. 345 Winnefeld, Bilanz-Handbuch, Einführung, Rz. 25 ff. 346 Dazu unten 6. Kapitel:D. 347 Vgl. die Vorgabe in § 246 Abs. 1 S. 1 HGB, die allerdings nur gilt, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

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C. Objektivität und Vollständigkeit

tatsächlich schwierige Feststellungen wie der Ansatz und die Bewertung von selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgütern oder eine reali­ tätsgerechte Abschreibung vorgenommen werden, was wiederum zu zu­ mindest faktischen Beurteilungsspielräumen führt. Damit steht die For­ derung nach Vollständigkeit der Bemessungsgrundlage in einem gewissen Widerspruch zur Gestaltungsresistenz und Objektivität der Bilanz.348

III. Realisationsprinzip und fair view Die Vollständigkeit der steuerlichen Gewinnermittlung wird am besten verwirklicht, wenn zum fair value bewertet wird. Die Bildung stiller Re­ serven macht die Darstellung des Betriebsvermögens und damit auch die Gewinnermittlung unvollständig. Es kommt zu einer verspäteten steuer­ lichen Berücksichtigung von Wertsteigerungen, die sich tatsächlich schon in den Besteuerungszeiträumen vor der Veräußerung zugetragen haben.349 Im Ergebnis wären die Nachteile einer Bewertung zum fair value für die Objektivität der Besteuerung aber so gravierend, dass sich dieses Konzept nicht als allgemeine steuerliche Bewertungsregel eignet. Die Besonderheiten für Finanzinstrumente, die von Kreditinstituten zu Handelszwecken gehalten werden, sollen hier ausgeklammert werden. Teilweise wird die fair value-Bewertung auch für die reine Informations­ bilanz für ungeeignet gehalten.350 Diese Bewertung führe zu einer Über­ betonung der Relevanz zu Lasten der Verlässlichkeit.351 Nach Auffassung des IASB sind die Zeitwerte für die Adressaten relevanter als die Buch­ werte zu fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten, weshalb das IASB die geringere Verlässlichkeit der Zeitwertbewertung in Kauf nimmt.352 Die fair value-Bewertung der meisten Wirtschaftsgüter des An­ lagevermögens hat Ermessenspielräume zur Folge, die ungleich größer sind als die Spielräume bei der Bewertung zu fortgeführten Anschaffungsoder Herstellungskosten. Eine unmittelbare Bewertung ohne Schätzun­ gen ist nur möglich, wenn ein aktiver Markt für das Wirtschaftsgut vor­ handen ist.353 Schon bei der Frage, ob ein solcher Markt vorhanden ist, 348 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 72; bzgl. immaterieller Vermögensgegenstände: Moxter, BB 1979, S. 1102, 1108 f. 349 Kirchhof, in FS Hommelhoff, S. 527, 528 f. 350 Grundlegende Kritik an der Konzeption Schildbach, in: Küting/Pfitzer/Weber (Hrsg.), IFRS und BilMoG, 2010, S. 295 ff.; ders., ZfbF 2012, S. 5.2. Zur internatio­ nalen Diskussion: Langendijk/Swagerman/Verhoog (Hrsg.), Is Fair Value Fair?; Mackenzie u.a., Wiley IFRS 2014, S. 711. 351 Kußmaul/Weiler, KoR 2009, S. 163, 171. 352 Kußmaul/Weiler, KoR 2009, S. 163, 169. 353 Daran ändert für die IFRS auch die Einführung von IFRS 13 ab 2013 nichts. Dieser Standard spricht zwar nicht mehr von einem aktiven Markt sondern vom „principal market“ (IFRS 13.16), letztlich kommt es aber doch primär auf tatsächliche

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2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung

haben die Unternehmen erhebliche Einschätzungsspielräume, zumal unter Umständen mehrere Märkte in Frage kommen können.354 Noch viel größer sind die Einschätzungsspielräume, wenn kein aktiver Markt vorhanden ist, was für die allermeisten Güter der Fall ist.355 Ohne aktiven Markt ist der fair value eine Fiktion, die auf Schätzung der Unternehmen beruht.356 Schildbach spricht von „riesigen Spielräumen“ bei der Aus­ übung des entsprechenden Ermessens.357 Hier kann offen bleiben, ob der Informationsfunktion der Bilanz mit ei­ ner Bewertung zu den fortgeführten historischen Kosten tatsächlich bes­ ser gedient ist.358 Die vorgebrachten Bedenken sprechen aber in jedem Fall gegen eine allgemeine fair value-Bewertung im Steuerbilanzrecht. Die großen Ermessenspielräume, die regelmäßig mit der fair value-Be­ wertung einhergehen, sind nicht mit der steuerlichen Belastungsgleich­ heit vereinbar.359 Das Ziel der Unausweichlichkeit der Steuerlast würde durch die fair value-Bewertung weitgehend verfehlt, denn die gleichmä­ ßige Vollziehbarkeit der steuerlichen Normen wäre durch die Bewertung zu Zeitwerten erheblich beeinträchtigt. Die Steuerpflichtigen hätten re­ gelmäßig ein erhebliches finanzielles Interesse, die Zeitwerte zu niedrig anzusetzen. Zugleich wäre die Finanzverwaltung bei der Bewertung strukturell im Nachteil, weil häufig nur die Steuerpflichtigen über die notwendigen Informationen verfügen und diese der Finanzverwaltung vorenthalten könnten.360

D. Verhältnismäßigkeit von Kosten und Nutzen Die Ermittlung des Gewinns verlangt vom Unternehmer erhebliche Do­ kumentationsarbeiten. Die Kosten dieser Dokumentation müssen in ei­ nem angemessen Verhältnis zum Steueraufkommen stehen.361 Sowohl das HGB als auch die IFRS enthalten Regeln über den Umfang der Buchfüh­ rungspflicht. Nach § 238 Abs. 1 S. 2 HGB muss die Buchführung so be­ Transaktionen an (IRFS 13.18) und nur, wenn keine tatsächlichen Transaktionen als Vergleichsgrundlage vorhanden sind, soll die Transaktion fingiert werden (IFRS 13.21). Dazu Große, KoR 2011, S. 286, 288. 354 Kußmaul/Weiler, KoR 2009, S. 163, 170. 355 Schätzt, dass für 95 % aller Güter kein aktiver Markt besteht: Schildbach, in: Kü­ ting/Pfitzer/Weber (Hrsg.), IFRS und BilMoG, 2010, S. 295, 301. 356 Kußmaul/Weiler, KoR 2009, S. 163, 170; Küting, DB 2012, S. 1521, 1522. 357 Schildbach, ZfbF 2012, S. 522. 358 Empirische Untersuchungen kommen bei der Frage, ob eine am true and fair view-Grundsatz orientierte Bilanzierung zu qualitativ besseren Informationen führt als eine konservative Bilanz, zu keinem eindeutigen Ergebnis, Schildbach, IRZ 2007, S. 91, 95 f. 359 Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 224. 360 Schenk, 57 Tax Law Review 2004, S. 355, 367 ff. 361 Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 68.

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E. Zusammenfassende Beurteilung Kapitel 2

schaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemes­ sener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Nach § 238 Abs. 1 S. 3 HGB müssen sich die Geschäftsvorfälle in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. Diese Normen legen einerseits den Umfang der Buchführungs­ pflicht fest, begrenzen ihn aber zugleich, denn nicht jede Information, die für einen Dritten möglicherweise relevant sein könnte, muss in die Buch­ führung aufgenommen werden, sondern nur solche, die erforderlich sind, um einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Un­ ternehmens zu vermitteln. Vom Unternehmer kann daher nicht verlangt werden, jede vorhandene Information in die Buchführung aufzunehmen. Dies wäre praktisch nicht zu bewältigen. Wie die Aufzeichnungen im Ein­ zelnen aussehen müssen, ist eine Frage der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB); diese überlassen dem Unternehmer grundsätzlich die Wahl des Buchführungssystems, die Bücher müssen aber die Zwecke der Rechnungslegung erfüllen.362 Eine ähnliche Regelung findet sich in IASC-Framework 44, wonach bezüglich der Bereitstellung der Informatio­ nen eine Abwägung von Kosten und Nutzen zu treffen ist. Auch für die steuerliche Gewinnermittlung muss es hingenommen werden, dass der Gewinn ungenau ermittelt wird, obwohl die genauen Informationen im Unternehmen vorhanden wären, wenn die Bereitstellung dieser Informatio­ nen für die Gewinnermittlung unverhältnismäßig wäre.

E. Zusammenfassende Beurteilung Kapitel 2 Aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip und dem Grundsatz der Neutralität des Steuerrechts lässt sich kein bestimmtes Gewinnermittlungssystem ableiten. Zwischen den Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung bestehen unterschiedliche Wechselwirkungen, die zum Ausgleich ge­ bracht werden müssen. So stehen Objektivität und Vollständigkeit in ei­ nem gewissen Gegensatz zum Vorsichts- und dem damit verbundenen Imparitätsprinzip.363 Rückstellungen und Teilwertabschreibungen bieten zahlreiche explizite und implizite Wahlrechte, was Gestaltungsspielräu­ me eröffnet. Andererseits sorgen Rückstellungen und Teilwertabschrei­ bungen im Fall des beschränkten Verlustausgleichs dafür, dass der steuer­ liche Totalgewinn möglichst zutreffend ermittelt wird. Nach dem Vorsichtsprinzip werden Wertsteigerungen erst bei Realisierung berück­ sichtigt, was die Vollständigkeit der Bilanz beeinträchtigt und die Objek­ tivität stärkt. Gestaltungsresistente objektive Gewinnermittlungsregeln gehen daher teilweise zu Lasten der Vollständigkeit der Bemessungs­ grundlage. Andererseits setzt eine möglichst vollständige Bemessungs­ 362 Winkeljohann/Henckel, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 238, Rz. 90 f. 363 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 46.

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2. Kapitel: Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung

grundlage voraus, dass die entsprechenden Gewinnermittlungsregeln möglichst objektiv und damit gestaltungsresistent sind. Eine neutrale steuerliche Gewinnermittlung muss sowohl möglichst vollständig als auch objektiv sein, da sowohl eine unvollständige Gewinnermittlung als auch eine Bemessungsgrundlage, die nicht gestaltungsresistent ist, An­ reize für ökonomisch ineffiziente Gestaltungen schaffen. Es ist Sache des Gesetzgebers, für einen Ausgleich der widerstreitenden Prinzipien zu sorgen. Dabei hat er ein weites Ermessen. So kann er zum Bei­spiel im Spannungsfeld zwischen Objektivität und vollständiger Erfas­ sung der Leistungsfähigkeit eher die Objektivität oder die Vollständigkeit der Bemessungsgrundlage betonen. Die Belastungsgleichheit ist allerdings nur gewährleistet, wenn jeweils ein Mindestmaß an Objektivität und Vollständigkeit besteht. Die fair value-Bewertung stellt zwar die Vollstän­ digkeit stark in den Vordergrund, es kann jedoch nicht gesagt werden, sie ließe unabhängig von der konkreten Ausgestaltung die Objektivität voll­ kommen außer Acht. Daher ist die fair view für das Steuerrecht nicht von vornherein wegen Verstoßes gegen steuerliche Grundprinzipien ausge­ schlossen.364 Da die fair value-Bewertung jedoch die Vollständigkeit stark zu Lasten der Objektivität betont, eignet sich das Realisationsprinzip bes­ ser als Grundprinzip der steuerlichen Gewinnermittlung. Für die GKKB hat der Grundsatz der Objektivität wohl noch größere Be­ deutung als für die steuerliche Gewinnermittlung in den Mitgliedstaa­ ten. Die Gewinnermittlung der GKKB wäre eine vollständige Neurege­ lung, die sich nicht auf hergebrachte Traditionen und eine gefestigte Rechtsprechung stützen könnte. Anders als in den meisten Mitgliedstaa­ ten365 gilt das förmliche Maßgeblichkeitsprinzip nach dem GKKB-RLV nicht, weshalb die GKKB nicht auf die Handelsbilanz aufbauen könnte. Für die Auslegung der GKKB-Richtlinie und die Ausfüllung von Rege­ lungslücken gäbe es viel weniger Material, auf das im Fall von Regelungs­ unklarheiten zurückgegriffen werden könnte. Unklarheiten und Ein­ schätzungsspielräume in den Regeln der steuerlichen Gewinnermittlung würden deshalb im Fall der GKKB zu viel größerer Rechtsunsicherheit führen als in den Mitgliedstaaten. Da die Gewinnermittlung nach dem Realisationsprinzip objektiver ist als nach dem true and fair view-Grund­ satz und auch eine cash flow-Besteuerung periodisieren muss und so zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führt, ist dem Realisationsprinzip für die GKKB der Vorzug zu geben. Weil die interperiodische Verlustverrech­ nung nach dem GKKB-RLV nur begrenzt möglich ist, sollte es imparitäti­ sche Ausnahmen vom Realisationsprinzip für drohenden Aufwand und unrealisierte Wertminderungen geben. Der begrenzte Verlustausgleich spricht auch dafür, vorsichtig zu bewerten. 364 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 52 ff. 365 Dazu Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 19 f.

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3. Kapitel: Ziele der GKKB und Verwirklichung dieser Ziele durch die Harmonisierung der Gewinn­ermittlung Im Folgenden soll erörtert werden, inwieweit sich die Ziele, die durch die GKKB erreicht werden sollen, bereits durch die Harmonisierung der Be­ messungsgrundlage verwirklichen lassen. Nach der Begründung der Kommission zum GKKB-RLV hat die GKKB folgende spezifische Ziele: 1. Senkung der Befolgungskosten366 2. Ermöglichung eines fairen und transparenten Wettbewerbs bei den Steuersätzen367 3. Abmilderung der Problematik der Verrechnungspreise368 4. Vermeidung von Doppelbesteuerung innerhalb der EU369 5. Ermöglichung eines vollständigen grenzüberschreitenden Verlustaus­ gleichs370 6. Erleichterung von grenzüberschreitenden Umstrukturierungen371 Allgemeines Ziel der GKKB ist die Förderung des Binnenmarktes durch Vereinfachung und Steigerung der Effizienz des Körperschaftsteuersys­ tems.372

A. Senkung der Befolgungskosten Befolgungskosten führen zu Wohlfahrtsverlusten. Den Befolgungskosten der Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung steht keine Verwendung dieser Mittel durch die Öffentliche Hand gegenüber, die diese Kosten wohlfahrtsökonomisch ausgleichen könnte. Der englische Ausdruck „deadweight costs“373 beschreibt diese Problematik sehr plastisch. Im Be­ reich der Körperschaftsteuer ist das Verhältnis von Befolgungskosten und 366 GKKB-RLV, S. 4. 367 GKKB-RLV, S. 4. 368 Commission Staff Working Document, Impact COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 12 f. 369 Commission Staff Working Document, Impact COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 16. 370 Commission Staff Working Document, Impact COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 13. 371 Commission Staff Working Document, Impact COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 11, 13. 372 Commission Staff Working Document, Impact COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 16. 373 Commission Staff Working Document, Impact COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 10.

Assessment, v. 16.3.2011, Assessment, v. 16.3.2011, Assessment, v. 16.3.2011, Assessment, v. 16.3.2011, Assessment, v. 16.3.2011, Assessment, v. 16.3.2011,

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3. Kapitel: Ziele der GKKB

Steueraufkommen besonders ungünstig. So sollen die Befolgungskosten bei kleinen und mittleren Körperschaften bis zu 30 % des Steueraufkom­ mens ausmachen.374 In Deutschland steht einem relativ niedrigen Anteil am Gesamtsteueraufkommen der Körperschaftsteuer von zuletzt ca. 3 %375 ein hoher Befolgungsaufwand gegenüber. Dieses Missverhältnis zeigt sich schon daran, dass der Anteil der Körperschafsteuer in der steu­ errechtlichen Literatur 3 % bei weitem übersteigt und auch in der Steu­ erberatung hat die Körperschaftsteuer einen erheblich höheren Anteil als 3 %. Dieses ungünstige Verhältnis macht eine Senkung der Befolgungs­ kosten besonders dringlich. Wie bereits ausgeführt, haben verschiedene empirische Studien ergeben, dass sowohl die Verwirklichung der GKB als auch der GKKB für die Kör­ perschaften zur Senkung der Befolgungskosten führen würde, wobei die Auswirkungen im Fall einer GKKB erheblich größer wären.376 Daraus kann man schließen, dass die divergierenden Gewinnermittlungssyste­ me für sich genommen zu relativ geringen deadweight costs führen. We­ sentlich größeres Einsparpotential bietet vor allem die Reduzierung der Verrechnungspreisdokumentation.377 Die Befolgungskosten können auch durch die Beschränkung auf eine einzige europaweite Steuererklärung so­ wie auf eine für ganz Europa zuständige Steuerbehörde gesenkt werden.378 Die Befolgungskosten für die Besteuerung in Deutschland dürften aller­ dings nur sinken, wenn die GKKB auch Grundlage für die Erhebung der Gewerbesteuer wird.379

I. Option Die Option wird unter dem Gesichtspunkt der Befolgungskosten stark kritisiert. Für die Steuerpflichtigen wäre die optionale Einführung der GKKB zumeist mit höheren Befolgungskosten verbunden, weil sie die

374 Commission Staff Working Paper, European Tax Survey, v. 10.9.2004, SEC(2004) 1128/2, S. 22. 375 BMF - Referat I A 6, Steuereinnahmen nach Steuergruppen/IST-Ergebnisse, abruf­ bar unter http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/ Themen/Steuern/Steuerschaetzungen_und_Steuereinnahmen/2014-02-13-steuer­ einnahmen-nach-steuergruppen-2009-2013.pdf?__blob=publicationFile&v=9 (zu­ letzt abgerufen am 4.11.2014). 376 Oben 1. Kapitel:A.I.2.b). 377 Siehe Commission Staff Working Document, Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 35. 378 Siehe Commission Staff Working Document, Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 33. 379 Förster/Krauß, IStR 2011, S. 607, 614; Lenz/Rautenstrauch, DB 2011, S. 726, 730; Herzig, FR 2012, S. 761, 762; Scheffler/Schöpfel/Köstler/Binder, StuW 2013, S. 28, 38.

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A. Senkung der Befolgungskosten

Gestaltungsmöglichkeiten erhöht.380 Egal, ob sie sich für oder gegen die GKKB entscheiden, sie müssten stets prüfen, ob diese Entscheidung noch die günstigere ist und deswegen zwei parallele Gewinnermittlungen vor­ nehmen.381 Dass die Option nach Art. 105 Abs. 1 GKKB-RLV für fünf Jah­ re bindend ist, mildert diese Problematik für Unternehmen nicht ab, die nicht optiert haben. Der Eintritt in das System ist jedes Jahr möglich und muss wegen der Bindung noch genauer geprüft und überdacht werden. Für Konzerne kommt hinzu, dass sie die gesamte Konzernstruktur unter dem Blickwinkel der GKKB gestalten müssen. Dabei geht es nicht nur um gezieltes Rosinenpicken nach der günstigsten Besteuerungsregel, sondern auch um steuerliche Planungssicherheit bei Beteiligungswech­ seln. Für die Steuerpflichtigen würden diese höheren Befolgungskosten wohl häufig durch die vermehrten Gestaltungsmöglichkeiten kompen­ siert. Dies ist aber aus Sicht der Wohlfahrtsökonomie kein Argument für die Option, da die höheren Befolgungskosten trotz eines solchen Aus­ gleichs in jedem Fall zu den deadweigt costs gehörten. Die Option würde die Kosten für die Finanzverwaltung erhöhen, wobei die genauen Auswirkungen vom Steuersystem der Mitgliedstaaten ab­ hängen. Im Falle einer optionalen GKKB oder GKB müssten die Verwal­ tungen parallel mit zwei verschiedenen Körperschaftsteuersystemen ar­ beiten, was zu erhöhten Kosten führen würde.382 Für Deutschland darf der Unterschied zwischen einer optionalen und einer zwingenden GKKB für die Verwaltungskosten jedoch auch nicht überschätzt werden. In Deutschland spielen Einzelunternehmer und Personengesellschaften nach wie vor eine wichtige Rolle im Wirtschaftsleben. Bezüglich dieser Steuerpflichtigen müsste die Finanzverwaltung ohnehin das herkömmli­ che nationale Bilanzsteuerrecht anwenden. Da die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 KStG im Grundsatz nach den gleichen Regeln ermittelt wird, dürfte sich der Mehraufwand durch die Option für die deutsche Finanzverwaltung noch einigermaßen in Grenzen halten, da unabhängig von der Option zwei Gewinnermittlungs­ systeme verwaltet werden müssten. Der Mehraufwand für die deutsche Verwaltung lässt sich im Moment ohnehin nicht wirklich abschätzen, da vollkommen unklar ist, ob die GKKB auch Ausgangspunkt für die Bestimmung des Steuermessbetrags der Gewerbesteuer wird.383 Sollte dies nicht der Fall sein und weiterhin 380 Hey, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 93, 106; Bundesrat, Bundesrat-Drucksache 155/11(B)(2) v. 17.7.2011, S. 2; Herzig, GKKB, S. 15. 381 Müller-Gatermann/Möhlenbrock/Fehling, ISR 2012, S. 17, 22. 382 Siehe Commission Staff Working Document, Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 32. 383 Ausführlich zum Verhältnis der GKKB zur Gewerbesteuer: Scheffler/Schöpfel/ Köstler/Binder, StuW 2013, S. 28.

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3. Kapitel: Ziele der GKKB

der Gewinn nach dem deutschem Körperschaftsteuergesetz Ausgangs­ punkt für die Bestimmung des Gewerbeertrags sein, würde die Option den Verwaltungsaufwand in Deutschland im Vergleich zu einer zwingen­ den GKKB sogar verringern, weil wenigstens für alle Körperschaften, die nicht optieren, keine zweifache Gewinnermittlung erforderlich wäre. In Mitgliedstaaten, in denen vor allem Körperschaften am Markt tätig sind oder in denen die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer nach au­ tonomen Regeln ermittelt wird, sind die Auswirkungen der Option dage­ gen eindeutig negativ, letztere Staaten müssten sogar drei Gewinnermitt­ lungssysteme zugleich anwenden.

II. Kriterien für eine günstige Gewinnermittlung Zur Klärung der Frage, wie die harmonisierten Steuerregeln ausgestaltet sein müssen, um die Befolgungskosten zu senken, hilft ein Blick auf die Mehrwertsteuer, der bisher einzigen weitgehend harmonisierten Steu­ er.384 Die European Tax Survey der Europäischen Kommission hat ergeben, dass europäische Unternehmen hinsichtlich europäischer Tochtergesell­ schaften anteilig genauso hohe Befolgungskosten für die Mehrwertsteuer wie für die Ertragsteuern haben. Dazu stellt die Studie fest: „A priori one could have expected that the share of foreign compliance costs would be lower for VAT compliance given the large degree of harmonization of VAT legislation already achieved within the EU. For a company that sells products and services abroad, VAT compliance costs abroad consist mainly of filling in and sending the returns. However, there are also VAT procedures which are complicated for companies. An example is the refunding procedure of VAT on inputs incurred in other EU countries.“ 385 Es ist fraglich, inwieweit sich aus diesem Befund Rückschlüsse auf die Körperschaftsteuer ziehen lassen. Die Mehrwertsteuer verfügt über eini­ ge Besonderheiten. Neben dem genannten allgemein relativ hohen Doku­ mentationsaufwand für die Steueranmeldungen dürfte auch eine Rolle spielen, dass mit dem Wegfall der innereuropäischen Grenzen die um­ satzsteuerlichen Grenzen mit dem entsprechenden Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand quasi in die Unternehmen hinein verlagert wurden, was die innereuropäische Leistung teilweise schwieriger hand­ habbar macht als die Leistung über die EU-Grenze.386 Der Vereinfa­ chungseffekt für grenzüberschreitende Transaktionen durch die Harmo­ 384 Dazu Kahle/Lipp, DStR 2013, S. 1205. 385 Commission Staff Working Paper, European Tax Survey, v. 10.9.2004, SEC(2004) 1128/2, S. 26. 386 Siehe Jakob, Umsatzsteuer, S. 160; Widmann, BB 2009, S. 927, 928.

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B. Fairer und transparenter Steuerwettbewerb

nisierung der Mehrwertsteuer darf aber auch nicht unterschätzt werden. Nach der Aussage von Praktikern vereinfacht die Harmonisierung die Beantwortung von Fragen zur Mehrwertsteuer ganz erheblich, weil alle Beteiligten über eine gemeinsame Sprache verfügen und das Mehrwert­ steuerrecht in allen Mitgliedstaaten der gleichen Grundstruktur folgt. Mit Unterschieden in den Details vor allem in Verwaltungsfragen kann dank dieser gemeinsamen Ausgangsbasis besser umgegangen werden. Die Erfahrungen mit der Mehrwertsteuer sprechen dafür, dass eine Sen­ kung der Befolgungskosten nur möglich ist, wenn die harmonisierten Re­ geln und die dazugehörigen Verfahren möglichst einfach ausgestaltet sind. Es könnte allerdings auch sein, dass eine Senkung der Befolgungs­ kosten durch Harmonisierung der materiellen Vorschriften allgemein sehr schwierig zu erreichen ist, weil die harmonisierten Vorschriften in­ nerhalb verschiedener Rechtssysteme und Handelskulturen angewendet werden. Die gleichen Regelungen werden womöglich sehr unterschied­ lich interpretiert und umgesetzt, wodurch die praktische Anwendung sehr stark divergieren kann.387 Neben dem Vergleich mit der Mehrwertsteuer lässt sich auch abstrakt herleiten, wie steuerliche Gewinnermittlungsvorschriften ausgestaltet sein müssen, damit die Befolgungskosten möglichst niedrig sind. Eine möglichst folgerichtige gestaltungsresistente steuerliche Gewinnermitt­ lung trägt zur Senkung der Befolgungskosten bei, da die Regelungen nach­ vollziehbar sind und geringe Anreize bestehen, aufwändige Steuergestal­ tungen durchzuführen. Einfache Vorschriften können die Befolgungskosten senken, indem sie die unternehmensinternen Informationskosten redu­ zieren und weniger externer Beratungsbedarf entsteht. Dies gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Normen, die wichtige Details nicht regeln, kön­ nen zu Rechtsunsicherheit führen. Ungenauigkeit oder Lücken im Gesetz werden häufig durch richterliche Rechtsfortbildung geschlossen. In den meist sehr langen Zeiträumen bis zum Erlass eines entsprechenden höch­ strichterlichen Urteils bestehen Planungsunsicherheiten. Diese erhöhen den Beratungsbedarf und damit die Befolgungskosten.

B. Fairer und transparenter Steuerwettbewerb Durch die Einführung der GKKB möchte die Kommission den Steuerwett­ bewerb auf die Steuersätze beschränken. Sie geht davon aus, dass der Wett­ bewerb am fairsten und transparentesten ist, wenn die Bemessungsgrund­ lage einheitlich ermittelt wird.388 Im Fall der gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage als „großer“ Lösung verbieten 387 Cline/Neubig/Phillips/Sanger/Walsh, CCCTB Study, S. 48. 388 Begründung GKKB-RLV, S. 4.

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3. Kapitel: Ziele der GKKB

sich Umsetzungsspielräume der Mitgliedstaaten bei der Regelung der Be­ messungsgrundlage ohnehin generell, da sonst die Gefahr bestünde, dass die Konsolidierung und gleichmäßige Verteilung der Steuerbemessungs­ grundlage zu Gunsten einzelner Mitgliedstaaten verzerrt werden.389 So würde zum Beispiel eine Sonderregelung eines Mitgliedstaates, die den Abzug von Aufwendungen erweitert, an der formelmäßigen Auftei­ lung der Bemessungsgrundlage nach Art. 86 GKKB-RLV anhand der Fak­ toren Umsatz, Lohnsumme und Vermögenswerte nichts ändern, wo­ durch die Reduzierung der Bemessungsgrundlage anteilig zu Lasten aller Mitgliedstaaten ginge, in denen die Gruppe steuerpflichtig ist. Ein Mit­ gliedstaat könnte sich durch eine Sonderregelung einen Wettbewerbsvor­ teil auf Kosten der übrigen Mitgliedstaaten verschaffen. Sonderregelun­ gen der Mitgliedstaaten wären allenfalls denkbar, wenn sie nicht an die Bemessungsgrundlage, sondern erst an die Steuerschuld anknüpfen, zum Beispiel in Form von tax credits.390 Derartige Vergünstigungen stünden aber im Widerspruch zum Ziel der Kommission, den Steuerwettbewerb auf die Steuersätze zu beschränken.

I. Keine Harmonisierung der Steuersätze Teilweise wird von der GKKB erhofft, sie könne den Steuersenkungs­ wettlauf (race-to-the-bottom) in Europa womöglich beenden391 oder zu­ mindest bremsen.392 Bisherige Versuche schädlichen Steuerwettbewerb bei den Unternehmenssteuern durch einen europäischen Code of Conduct393 zu verhindern, der nur eine politische Verpflichtung begründet, haben sich als sehr mühselig und häufig wenig erfolgreich erwiesen.394 Ob die GKKB hier effektiver wäre, ist allerdings fraglich, da die Mitglied­ staaten weiter über die Steuersätze bestimmen könnten.395 Im GKKB-RLV ist kein Mindeststeuersatz für die Mitgliedstaaten vorgesehen. Art. 73 Abs. 1 lit. a) und Art. 81 Abs. 1 lit. a) GKKB-RLV enthalten zwar einen Mindeststeuersatz, der Voraussetzung dafür ist, dass das Schachtelprivi­ leg für Konzerne greift und grenzüberschreitende Zinszahlungen an ein 389 McLure, 56 Bulletin for International Taxation, 2002, S. 586, 597; Schreiber, StuW 2004, S. 212, 218; Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1 118; ders., in Schön u.a. (Hrsg.), A CCCTB for Europe, S. 49, 73. 390 Schön, in Schön u.a. (Hrsg.), A CCCTB for Europe, S. 49, 73. 391 Stellungnahme der Zweiten Kammer der Generalstaaten der Niederlande v. 3.5.2011, KOM(2011) 0121 – C7-0092/2011 – 2011/0058(CNS), S. 4. 392 Siehe Schäfer, Börsen-Zeitung v. 3.3.2011, S. 7; so auch für die Schweiz, Baur/ Daepp/Jeitziner, Die Volkswirtschaft, März 2010, S. 58, 60. 393 Conclusions of the Ecofin Council Meeting, v. 1.12.1997, concerning taxation po­ licy (98/C 2/01). 394 Schäfer, Börsen-Zeitung v. 3.3.2011, S. 7. 395 Schäfer, Börsen-Zeitung v. 3.3.2011, S. 7.

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B. Fairer und transparenter Steuerwettbewerb

verbundenes Unternehmen als Aufwand abgezogen werden können, die­ ser Mindeststeuersatz gilt aber nur in Bezug auf Drittstaaten. Konsequen­ terweise spricht die Kommission im GKKB-RLV auch nicht davon, den Steuersenkungswettlauf zu verhindern. Ziel des GKKB-RLV sei es viel­ mehr, den steuerlichen Wettbewerb fairer und transparenter zu ma­ chen.396 Die Bedeutung der Höhe der Steuersätze für den Steuerwettbewerb darf nicht unterschätzt werden. Eine Studie der Kommission hat ergeben, dass die großen Divergenzen in der effektiven Steuerbelastung von Kör­ perschaften in Europa zum großen Teil aus den unterschiedlichen Steuer­ sätzen resultieren.397 Andererseits dürfte es für die Mitgliedstaaten in Zukunft faktische Zwänge geben, die es nicht zulassen, die Körperschaft­ steuersätze in absehbarer Zeit deutlich zu senken. Die im Jahr 2009 be­ ginnende Staatsschuldenkrise in Europa hat dazu geführt, dass zumindest die Euro-Länder ihre Haushalte gegenseitig stärker kontrollieren werden. Für alle Mitgliedstaaten gilt, dass die Staatsschuldenkrise, die es den Eu­ ro-Ländern Griechenland, Italien, Irland, Portugal, Spanien und Zypern schwer oder gar unmöglich gemacht hat, sich am Kapitalmarkt zu finan­ zieren, einen erheblichen faktischen Angleichungsdruck geschaffen hat. Die genannten Mitgliedstaaten sind gezwungen, ihre Staatsschulden zu reduzieren, weshalb sie für niedrige Körperschaftsteuersätze unter Recht­ fertigungsdruck geraten können. Die übrigen Mitgliedstaaten sind ange­ halten, ihre Steuersätze ebenfalls nicht über Gebühr zu senken, um die Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedstaaten in der Krise nicht weiter zu beeinträchtigen.398 Da die wirtschaftlichen Ungleichgewichte, die zu der europäischen Finanzkrise geführt haben, noch auf längere Zeit bestehen dürften, wird dieser faktische Angleichungsdruck zumindest mittelfris­ tig nicht nachlassen. Allerdings hat sich Irland trotz erheblichem Druck von außen bisher geweigert, den sehr niedrigen Körperschaftsteuersatz von 12,5 % anzuheben.399 Der Krisenstaat Zypern hat seinen Körper­ schaftsteuersatz dagegen 2013 von 10 % auf 12,5 % angehoben. Womög­ 396 GKKB-RLV, S. 4. 397 Arbeitsdokument der Kommission: Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt, v. 23.10.2001, COM(2001) 582 end., SEK(2001) 1681, S. 6 ff. 398 Um die hohen deutschen Exportüberschüsse entstand eine besondere Diskussion, wobei zur Stärkung der deutschen Binnennachfrage von der damaligen französi­ schen Finanzministerin sogar Steuersenkungen gefordert wurden. Dabei dürfte Lagarde aber wohl eher an die Einkommensteuer als an die Körperschaftsteuer gedacht haben, denn sie kritisierte zugleich, dass das Lohnniveau zu niedrig sei, siehe Uterwedde, Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 124, 2/2010, S. 14, 16. 399 Siehe zur Kritik an Irland: Berschens/Maisch, Handelsblatt v. 19.11.2010, S. 12; Deutscher Bundestag, aktuelle Meldung v. 30.11.2010, Opposition kritisiert nied­ rige Körperschaftsteuersätze in Irland. Seit Zypern einen Antrag für Hilfe der Eu­ ropäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) gestellt hat, befürchtet die zypri­

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3. Kapitel: Ziele der GKKB

lich führt die Staatsschuldenkrise vor allem dazu, dass sich der Wettbe­ werb der Steuersätze nicht weiter verschärft.

II. Transparenz Eine Harmonisierung der Bemessungsgrundlage könnte einen Beitrag zur Bewältigung der europäischen Finanzkrise und zur Stabilisierung der Union leisten, indem sie den Wettbewerb bezüglich der Körperschaft­ steuer transparenter macht und es so erleichtert, die Angleichung der effektiven Körperschaftsteuerbelastung politisch zu fordern und zu kon­ trollieren oder zumindest ein weiteres Auseinanderdriften zu verhindern. Mitgliedstaaten, die sich im Steuerwettbewerb einen Vorteil gegenüber den übrigen Mitgliedstaaten verschaffen möchten, könnten ohne Harmo­ nisierung der Bemessungsgrundlage versucht sein, ihre Körperschaftsteu­ ersätze unverändert zu lassen, aber die Bemessungsgrundlage zu schmä­ lern. Ein solches Verhalten hätte Aussicht auf Erfolg, weil es sehr schwierig ist, die Bemessungsgrundlagen zu vergleichen und dahingehen­ de Unterschiede darzustellen.400 Die Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlung würde auch die Koordinierung der Wirtschaftspolitik sowie die Kontrolle der Haushalts­ disziplin der EU-Mitgliedstaaten erleichtern. Am 2.3.2012 unterzeichne­ ten die Regierungschefs aller Mitgliedstaaten mit Ausnahme Großbritan­ niens und Tschechiens den Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion, der sogenannte Fis­ kalpakt. Der Vertrag findet grundsätzlich nur auf die Euroländer Anwen­ dung. Ziel des Vertrages ist eine immer engere Koordinierung der Wirt­ schaftspolitik im Euro-Währungsgebiet, um dieses zu stabilisieren. Die Staaten, deren Währung nicht der Euro ist, können freiwillig erklären, an die Titel III und IV des Fiskalpaktes gebunden zu sein (Art. 14 Abs. 5 Fis­ kalpakt). Neben der stärkeren Koordinierung der Wirtschaftspolitik (Art. 1 Abs. 1 Fiskalpakt) sieht der Vertrag im Fall eines Defizitverfahrens eine Überwachung des Haushalts durch den Rat der Europäischen Union und die Kommission vor (Art. 5 Fiskalpakt).

sche Regierung ebenso Druck hinsichtlich des Körperschaftsteuersatzes, Jungclaussen u.a., Die Zeit v. 12.7.2012, Nr. 29, S. 20. 400 Siehe zur schwierigen Vergleichbarkeit der Bemessungsgrundlagen BVerfG v. 21.6.2006 - 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, S. 164, 192; dazu auch Interview mit Brüderle, WirtschaftsWoche v. 4.4.2011, D14. Wie schwierig es ist, die effektive Steuer­ belastung zu ermitteln, zeigt sich auch Arbeitsdokument der Dienststellen der Kommission: Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt, v. 23.10.2001, COM(2001) 582 end. SEK(2001) 1681, v. 23.10.2001, S. 80 – 228; siehe auch Mayer, Formulary Apportionment for the Internal Market, S. 265.

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B. Fairer und transparenter Steuerwettbewerb

Die beabsichtigte stärkere Koordinierung der Wirtschaftspolitik sowie die Kontrolle im Fall eines Defizitverfahrens würden durch die Harmoni­ sierung der Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage vereinfacht, da die Körperschaftsteuersysteme wesentlich transparenter würden. Dieser po­ sitive Effekt der GKKB wird allerdings durch deren Optionalität erheb­ lich eingeschränkt.401 Den Mitgliedstaaten bleibt es unbenommen, ihre nationalen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlagen möglichst schmal und intransparent auszugestalten. In jedem Fall ist die GKKB kein Mittel zur Bewältigung der aktuellen Krise, sondern kann allenfalls zur Verhin­ derung weiterer Staatsschuldenkrisen beitragen.402 Betrachtet man die bisherige Dauer des GKKB-Projekts und die bestehenden Vorbehalte in den Mitgliedstaaten, so ist es sehr wahrscheinlich, dass die Harmonisie­ rung der körperschaftsteuerlichen Gewinnermittlung noch einige Jahre dauern wird. Dazu kommt, dass nicht nur die Normen harmonisiert wer­ den müssen, sondern auch eine einheitliche Anwendung notwendig ist, die sich im Verlauf der Zeit erst noch herausbilden muss.403 Auch aus Sicht des einzelnen Steuerpflichtigen ist ein transparenter Steuerwettbewerb wünschenswert. Nach dem Leviathan-Modell von Brennan und Buchanan versucht der Staat möglichst, seine Einnahmen zu maximieren.404 Steuerwettbewerb kann ein wirksames Gegengewicht zu diesem Leviathan-Staat sein. Dieser wird allerdings versuchen, den Steuerwettbewerb möglichst zu verhindern. Das kann er unter anderem dadurch erreichen, dass er die steuerliche Bemessungsgrundlage mög­ lichst intransparent gestaltet, wodurch die Steuerpflichtigen das nationa­ le Steuersystem nicht mehr mit anderen Steuersystemen vergleichen können und außer Stande sind, zu beurteilen, ob es aus steuerlicher Sicht attraktivere Standorte gibt.405 Auch wenn man von keinem so negativen Staatsbild ausgeht wie dem Leviathan Modell, muss man feststellen, dass die körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlagen in Europa wegen unterschiedlichster häufig intransparenter Regelungen tatsächlich sehr schwer zu vergleichen sind. Eine Harmonisierung der Bemessungsgrund­ lage würde es den Steuerpflichtigen erleichtern, steuerlich objektive In­ vestitionsentscheidungen zu treffen. Allerdings würde die Option die angestrebte Transparenz erheblich beeinträchtigen.

401 Auch kritisch bzgl. der Option: Eilers/Bühring, FR 2012, S. 429, 433. 402 Eilers/Bühring, FR 2012, S. 429, 433. 403 Hüttemann, DStZ 2011, S. 507, 511. 404 Brennan/Buchanan, The power to tax, S. 26 ff. 405 Baur/Daepp/Jeitziner, Die Volkswirtschaft, März 2010, S. 58, 61; Konrad, Search Costs and Corporate Income Tax Competition, Economics Letters, Volume 112(2), 2011, S. 213.

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3. Kapitel: Ziele der GKKB

III. Fairness Das Gegenteil eines fairen Steuerwettbewerbs ist ein schädlicher Steuer­ wettbewerb. Schädlicher Steuerwettbewerb liegt nach Auffassung der OECD dann vor, wenn es dem Staat bei der Änderung der Steuergesetze zu Gunsten der Steuerpflichtigen nicht in erster Linie darauf ankommt, das Steuersystem für die heimischen Unternehmen effizienter zu ma­ chen, sondern die Begünstigung vor allem dazu dienen soll, Kapital aus anderen Ländern anzulocken oder die Umgehung der Steuergesetze ande­ rer Ländern zu begünstigen.406 Im Einzelnen ist es schon schwierig festzu­ stellen, ob eine bestimmte nationale Gewinnermittlungsregelung über­ haupt Resultat des Steuerwettbewerbs ist. So sind viele für die Steuerpflichtigen günstige Regeln keine Folge des internationalen Steu­ erwettbewerbs, sondern ergeben sich aus der Systematik des nationalen Steuerrechts. Zum Beispiel ist der Sofortabzug von Ausgaben zur Schaf­ fung immaterieller Wirtschaftsgüter (in Deutschland § 5 Abs. 2 EStG) logische Folge eines Bilanzsteuerrechts, das sich am Vorsichts- und Rea­ lisationsprinzip orientiert, während das gleiche Aktivierungsverbot in anderen Ländern als gezielte Begünstigung für Forschung und Entwick­ lung eingeführt wurde.407 Andere Regeln wie die besondere Tonnagebe­ steuerung für die Schifffahrtsindustrie, die in vielen Mitgliedstaaten an­ gewandt wird und die für die Reeder in der Regel günstiger ist als die reguläre Gewinnermittlung,408 sind dagegen durch den Steuerwettbewerb veranlasst und können zu ökonomischen Verzerrungen führen.409 Die Vermeidung des Steuerwettbewerbs in Europa würde dazu führen, dass europaweit dieselben Spielregeln gelten und die Körperschaften die gleichen Wettbewerbsbedingungen hätten, zugleich könnten sie ihre un­ ternehmerischen Entscheidungen neutral, ohne steuerliche Einflüsse treffen.410 Teilweise wird angenommen, dass die Abschaffung des Steuer­ wettbewerbes in Europa – insbesondere die Vereinheitlichung der Steuer­ sätze – insgesamt zu einem effektiveren Binnenmarkt führen würde.411 Viele Ökonomen und Juristen halten Steuerwettbewerb dagegen nicht per se für unfair. Einem solchen Wettbewerb werden teilweise positive Wirkungen zugesprochen. Der Steuerwettbewerb kann eine disziplinie­ 406 OECD Report, Harmful Tax Competition, v. 28.4.1998, Rz. 29; Pinto, 26 Intertax, 1998, S. 386, 387; siehe auch Schön, 42 European Taxation 2002, S. 276, 278; Mayer, Formulary Apportionment for the Internal Market, S. 264 f. 407 Schön, 42 European Taxation 2002, S. 490, 493; Spengel u.a., Steuerliche Förde­ rung von Forschung und Entwicklung, S. 43 f. 408 Dazu ausführlich Rubbens/Stevens, IStR 2000, S. 1; siehe auch Hofmeister, in Blümich, EStG, § 5a, Rz 4. 409 Schön, 42 European Taxation 2002, S. 490, 496; Herzig, IStR 2011, S. 662, 664. 410 Schön, 42 European Taxation 2002, S. 276, 278. 411 Arbeitsdokument der Dienststellen der Kommission: Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt, v. 23.10.2001, COM(2001) 582 end., SEK(2001) 1681, S. 249 f.

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B. Fairer und transparenter Steuerwettbewerb

rende Wirkung auf den Fiskus haben.412 Er kann zu einem effizienteren Steuersystem führen, das den Präferenzen und Gegebenheiten eines Staa­ tes und seiner Bevölkerung entspricht.413 Insbesondere die Vorstellungen wie hoch die Staatsquote sein soll und welche Leistungen der Staat für seine Bürger zu erbringen hat, gehen in Europa sehr stark auseinander. Es wäre unverhältnismäßig, in diese grundlegenden Vorstellungen einzu­ greifen. Daher ist es sinnvoll, die Höhe der Steuersätze den Mitgliedstaa­ ten zu überlassen.414 Dazu kommt, dass ein Wettbewerb der Steuersysteme Innovationen be­ günstigt.415 Für Juristen mag dies ein überraschendes Kriterium sein, kommt es für sie doch in erster Linie auf die allgemeine Belastungsgleich­ heit an und nicht darauf, dass das Steuersystem sich laufend an veränder­ te Gegebenheiten anpassen kann, wie zum Beispiel die immer höhere Mobilität des Finanzkapitals. Aus Sicht der normativen Wohlfahrtsöko­ nomie ist die Innovationsfreudigkeit dagegen ein wichtiges Kriterium. Das Steuersystem soll in erster Linie auf Effizienz, das heißt, auf das bes­ te Gesamtergebnis ausgerichtet sein. Die abstrakte Belastungsgleichheit ist dagegen zweitrangig.416 Entsprechend muss das Steuersystem laufend an Veränderungen angepasst werden, was beispielsweise dazu führen kann, dass mobile Faktoren weniger stark besteuert werden. Der Gegen­ satz zwischen der juristischen und der ökonomischen Zielsetzung ist aber nicht so groß, wie es auf den ersten Blick scheint. Auch Juristen können sich der Realität der Besteuerung nicht entziehen. Dies gilt ins­ besondere für den Steuerwettbewerb.417 Ein Steuersystem, das allein an der abstrakten Belastungsgleichheit orientiert ist, und keine Rücksicht auf seine tatsächlichen Wirkungen insbesondere auf das Steueraufkom­ men nimmt, nützt niemandem und kann der realen Belastungsgleichheit wegen Überwälzungseffekten und Vollzugsdefiziten sogar abträglich

412 Brennan/Buchanan, The power to tax, S. 171 ff; Pinto, 26 Intertax, 1998, S. 386, 387; Herzig, DStJG 19 1996, S. 121, 134; Schön, 9 EC Tax Review 2000, S. 90, 93; ders., 1 World Tax Journal 2009, S. 67, 85. 413 Roin, 89 Georgetown Law Journal, 2001, S. 543, 564; Baur/Daepp/Jeitziner, Die Volkswirtschaft, März 2010, S. 58, 59 f; Schön, 1 World Tax Journal 2009, S. 67, 78; das Schwedische Parlament (Riksdag) sieht ebenso die Gefahr, dass mit einer Harmonisierung der Steuersysteme ein verminderter Wettbewerb und dadurch eine geringere Produktivität einhergeht, begründete Stellungnahme v. 16.5.2011, KOM(2011) 0121 – C7-0092/2011 – 2011/0058(CNS), S. 2. 414 Schön, 42 European Taxation 2002, S. 276, 278. 415 Baur/Daepp/Jeitziner, Die Volkswirtschaft, März 2010, S. 58, 59 f. 416 Siehe Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. I, S. 255. 417 So hat das BVerfG den internationalen Steuerwettbewerb als sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung grundsätzlich anerkannt, BVerfG v. 21.6.2006 - 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, S. 164, 195.

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3. Kapitel: Ziele der GKKB

sein.418 Daher muss das Steuersystem auch aus Gründen der Belastungs­ gleichheit grundsätzlich offen für Innovationen sein. Der GKKB-RLV schließt einen Wettbewerb hinsichtlich der Bemessungs­ grundlagen auch nicht aus. Sollte eine optionale europäische Gewinner­ mittlung eingeführt werden, stünde dieses System im Wettbewerb zu den weiterhin bestehenden nationalen Systemen. Im Wettbewerb der Steuer­ bemessungsgrundlagen käme lediglich eine weitere Bemessungsgrundla­ ge dazu. Die GKKB hat nur eine Chance auf praktische Relevanz, wenn sie aus Sicht der Steuerpflichtigen attraktiv ist. Diese Attraktivität sollte auf besonders effizienten Gewinnermittlungsregeln beruhen und nicht auf selektiven Begünstigungen für bestimmte Interessengruppen.419 Im ersten Fall könnte die GKKB zu Wohlfahrtsgewinnen führen, im letzten Fall wäre sie verzerrend und der Wettbewerb mit den nationalen Syste­ men wäre unfair. Die Option ist auch mit Blick auf den weltweiten Steuerwettbewerb von Bedeutung. Der Steuerwettbewerb besteht nicht nur zwischen den Syste­ men der Mitgliedstaaten und der GKKB, sondern auch im Verhältnis zu Drittstaaten.420 Harmonisierung birgt die Gefahr, dass die Mitgliedstaa­ ten im weltweiten Steuerwettbewerb das Nachsehen haben, weil sie nicht mehr auf Veränderungen reagieren können, da sie dem Verlust von Besteuerungssubstrat keine eigenen Regeln entgegensetzen können.421 Diese Problematik wird durch das Einstimmigkeitserfordernis nach Art. 115 AEUV und das aufwändige Richtlinienverfahren wesentlich ver­ schärft, denn eine Reaktion des Europäischen Gesetzgebers auf veränder­ te Gegebenheiten wäre wesentlich langsamer als die Reaktion der einzel­ nen Mitgliedstaaten oder im Fall einer Blockade im Rat sogar unmöglich.422 Die Möglichkeit frei über die Steuersätze zu verfügen, reicht nicht in je­ dem Fall aus, um auf Veränderungen im internationalen Steuerrecht re­ agieren zu können. So setzt zum Beispiel die Tonnagebesteuerung bereits auf Ebene der Gewinnermittlung an. Die besondere steuerliche Gewin­ nermittlung von Schifffahrtsunternehmen sieht die Kommission sogar als so bedeutend an, dass sie die allgemeine Option als nicht ausreichend erachtet. Daher besteht nach Art. 104 Abs. 2 S. 2 GKKB-RLV zusätzlich die Möglichkeit, Schifffahrtsunternehmen aus einer Gruppe auszuneh­ men, die nach der GKKB besteuert wird. 418 Schön, in Mellinghoff/Morgenthaler/Pfuhl (Hrsg.), Die Erneuerung des Verfas­ sungsstaates, S. 143, 179. 419 Siehe dazu allgemein Baur/Daepp/Jeitziner, Die Volkswirtschaft, März 2010, S. 58, 61. 420 Betont die Bedeutung des internationalen Steuerwettbewerbs für die Entwicklung der GKKB: Zourek, FR 2012, S. 763, 764. 421 Spricht von einer „Zwangsjacke”: Schön, 42 European Taxation 2002, S. 490, 500; siehe auch ders., 1 World Tax Journal 2009, S. 67, 88. 422 Lang/Englisch, in Amatucci (Hrsg.), International Tax Law, S. 251, 254.

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B. Fairer und transparenter Steuerwettbewerb

Im Fall einer zwingenden GKKB wäre es denkbar, für weitere Branchen Ausnahmen vorzusehen. Es ist jedoch fraglich, ob solche Regelungen aus­ reichen würden, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten im Steuer­ wettbewerb gegenüber Drittstaaten nicht das Nachsehen haben, da sol­ che Ausnahmen im Fall von veränderten Wettbewerbsbedingungen wiederum nur langsam angepasst werden könnten. Dies spricht dafür, die GKKB optional auszugestalten. Die Mitgliedstaaten könnten dann in ih­ ren nationalen Körperschaftsteuersystemen Sonderregelungen für be­ stimmte Bereiche vorsehen, sofern diese mit dem europäischen Beihilfe­ recht vereinbar sind. Auf diese Weise könnten sie zeitnah auf Veränderungen im Steuerrecht von Drittstaaten reagieren. Allerdings sind zwei Einschränkungen zu beachten: Erstens sind Gesell­ schaften, die für die GKKB optiert haben, nach Art. 105 Abs. 1 GKKB-RLV für fünf Jahre an das System gebunden. Wird vor Ablauf dieser fünf Jahre nicht der Verzicht auf das GKKB-System erklärt, besteht eine Bindung für weitere drei Jahre. Unter Umständen ist es für Körperschaften attrakti­ ver, die steuerbare Tätigkeit in einen Drittstaat zu verlagern, als den Ab­ lauf der Frist zur Rückkehr in das nationale Körperschaftsteuerrecht des Mitgliedstaates mit seiner neuen günstigen Regelung abzuwarten. Die zweite Einschränkung ist grundlegender. Aus Sicht der Mitgliedstaaten sind nur begünstigende Regelungen erfolgversprechend. Die Verschär­ fung von Regelungen zur Bekämpfung von Missbräuchen wie zum Bei­ spiel die Hinzurechnungsbesteuerung würde lediglich dazu führen, dass mehr Körperschaften in das GKKB-Regime wechselten, um der nationa­ len Missbrauchsvorschrift auszuweichen.

IV. Zusammenfassende Beurteilung Auch für die Frage des Steuerwettbewerbes ist die Optionalität der GKKB von zentraler Bedeutung. Einerseits fördert sie den Wettbewerb der Steu­ ersysteme innerhalb der EU, begünstigt dadurch Effizienz und Innovatio­ nen und kann so den gesamten europäischen Wirtschaftsraum im inter­ nationalen Steuerwettbewerb stärken.423 Dagegen wäre eine zwingende GKKB transparenter und würde die Koordinierung der Wirtschaftspolitik erleichtern. Auch lässt sich das Ziel der Kommission den Steuerwettbe­ werb auf die Steuersätze zu beschränken, durch die optionale GKKB nicht erreichen. Im Wettbewerb der Bemessungsgrundlagen kommt lediglich eine weitere Bemessungsgrundlage hinzu. Es ist festzuhalten, dass die GKKB, sollte sie optional verwirklicht werden, kein wirksames Instru­ ment zur Bekämpfung des schädlichen Steuerwettbewerbs wäre. Auch die Vorteile, welche die GKKB für die Koordinierung der Wirtschaftspoli­ 423 Andersson, in Schön u.a. (Hrsg.), A CCCTB for Europe, S. 94, 96 f.

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3. Kapitel: Ziele der GKKB

tik der Mitgliedstaaten haben soll, werden durch die Optionalität erheb­ lich eingeschränkt. Die steuerliche Gewinnermittlung kann realistischerweise wohl nur im Wege der verstärkten Zusammenarbeit harmonisiert werden. Alternativ zur optionalen GKKB könnte nach einem Vorschlag von Schön im Rah­ men der verstärkten Zusammenarbeit eine zwingende harmonisierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage verbunden mit einem Aus­ trittsrecht der Mitgliedstaaten vereinbart werden. Dadurch würden die Nachteile der Option beseitigt, ohne dass die Mitgliedstaaten befürchten müssten, für immer an ein System gebunden zu sein, das ihnen erhebli­ che Wettbewerbsnachteile bringt. Die Kündigungsmöglichkeit würde wohl auch dazu führen, dass die Mitgliedstaaten die GKKB-Richtlinie möglichst unter Berücksichtigung der Interessen aller beteiligten Mit­ gliedstaaten ändern.424 Auch könnte der Rat im Fall der verstärkten Zu­ sammenarbeit nach Art. 333 Abs. 1 AEUV einstimmig beschließen, in Zukunft mit qualifizierter Mehrheit über die GKKB-Richtlinie zu ent­ scheiden.

C. Einfachheit Betrachtet man den GKKB-RLV, so fällt auf, dass die Regelungen, was den Umfang und die Detailliertheit angeht, im Vergleich zu den Gewinner­ mittlungsregeln nach dem EStG und den IFRS sehr einfach und kurz ge­ halten sind. Dies entspricht der häufig geäußerten Forderung, steuerliche Regelungen müssten einfach sein.425 Die Arbeitsgruppe GKKB erhofft sich von einfachen Regeln, dass die Befolgungskosten der Gewinnermitt­ lung möglichst niedrig gehalten werden und die Gewinnermittlung mög­ lichst transparent, bestimmt und klar ist, was den Unternehmen die Pla­ nung erleichtert und der Verwaltung eine gewisse Einnahmensicherheit bietet. Zudem sollen einfache Regeln vor Steuerhinterziehung schüt­ zen.426 In den Ausführungen zu den Befolgungskosten wurde bereits dargelegt, dass die optionale Einführung der GKKB im Vergleich zu einer zwingen­ den GKKB wegen der Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten zu einer er­ heblichen Komplizierung führen würde.427 Es ist daher sehr zweifelhaft, 424 Schön, in Schön u.a. (Hrsg.), A CCCTB for Europe, S. 49, 84. 425 Z.B. Kirchhof, DStJG Bd. 21 1998, S. 9, 16; Arbeitsgruppe GKKB, Allgemeine Be­ steuerungsgrundsätze, v. 23.11.2004, CCCTB/WP\001\Rev1\doc\de, Rz. 17; Freedman/Macdonald, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 219, 233; Andersson, in Schön u.a. (Hrsg.), A CCCTB for Europe, S. 94, 95. 426 Arbeitsgruppe GKKB, Allgemeine Besteuerungsgrundsätze, v. 10.12.2004, CCCTB/ WP\001\Rev1\doc\de, Rz. 17. 427 Siehe oben 3. Kapitel:A.I.

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C. Einfachheit

ob die optionale GKKB unabhängig von der konkreten Ausgestaltung ge­ eignet ist, die steuerliche Gewinnermittlung zu vereinfachen. Unabhän­ gig von der Option soll im Folgenden erörtert werden, wie eine einfache Gewinnermittlung aussehen sollte und ob die GKKB diesen Anforderun­ gen genügt. Oben wurde bereits dargestellt, dass der allgemeine Gleichheitssatz ei­ nerseits einem Steuerrecht entgegensteht, das zu detailliert ist, anderer­ seits müssen Typisierungen sachgerecht sein.428 Die Vereinfachung geht allerdings nicht in jedem Fall zwingend zu Lasten der Einzelfallgerechtig­ keit. Der konsequente Verzicht auf Vergünstigungen und Subventions­ normen macht Steuergesetze einfach und sorgt zugleich für mehr Belas­ tungsgleichheit.429 Einfachheit und Belastungsgleichheit werden auch durch eine allgemein definierte Bemessungsgrundlage und wenige detail­ lierte und klare Ausnahmeregelungen gefördert.430 Im Folgenden soll dis­ kutiert werden, unter welchen Voraussetzungen Typisierungen bei der Gewinnermittlung sachgerecht sind. Zudem wird untersucht, wie sich das Verlangen nach Einfachheit zu den übrigen Bilanzierungsprinzipien und Zielen verhält.

I. Sachgerechte Typisierungen Der Gewinn ist keine Tatsache, sondern eine Abstraktion. Er ergibt sich nicht quasi naturgesetzlich, sondern nur anhand konkreter Prinzipien und Regelungen. Der Gewinn ist wesentlich abstrakter als das Ergebnis einer Einnahmen- und Ausgabenrechnung, wie sie zum Beispiel Arbeit­ nehmer vornehmen. Da die Steuerpflichtigen mit dem Gewinn etwas er­ mitteln müssen, was es in Wirklichkeit so gar nicht gibt, brauchen sie noch dringender als sonst im Steuerrecht konkrete Leitlinien. Diese kön­ nen sich aus besonderen Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung ergeben – zumeist den GoB – oder aus Typisierungen. Der GKKB-RLV verweist zumindest nicht ausdrücklich auf die GoB und nennt in Art. 9 GKKB-RLV nur einige grundlegende Prinzipien.431 Es ist offen, inwieweit diese Prinzipien in Europa einheitlich verstanden und angewandt wer­ den. Gewisse nationale Ausprägungen werden sich aber nicht vermeiden lassen. Dies gilt vor allem während der Übergangszeit, bis sich eine gefes­ tigte EuGH-Rechtsprechung herausgebildet hat. Dieser Mangel an ein­ heitlich verstandenen übergreifenden Prinzipien spricht dafür, die Ge­

428 Oben 1. Kapitel:A.II.1.b)cc). 429 Isensee, StuW 1994, S. 3, 5. 430 Kirchhof, DStJG Bd. 21 1998, S. 9, 16 ff.; Freedman/Macdonald, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 219, 233. 431 Siehe Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 26.

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3. Kapitel: Ziele der GKKB

winnermittlung stärker zu typisieren, als dies zum Beispiel im deutschen Bilanz- und Bilanzsteuerrecht der Fall ist. Im Rahmen der Frage wie weit diese Typisierungen gehen sollen, gibt es für die GKKB ein besonderes Problem: Ob eine Typisierung zur Ermitt­ lung der Bemessungsgrundlage sachgerecht ist, lässt sich nicht abstrakt beantworten, sondern nur mit Blick auf den Steuersatz. Je niedriger der Steuersatz ist, desto geringer ist die Beeinträchtigung des Steuerpflichti­ gen durch die Steuer und desto eher kann er Verallgemeinerungen hin­ nehmen, die nicht jedem Einzelfall gerecht werden. Im Fall eines hohen Steuersatzes dagegen wiegt der Eingriff durch die Besteuerung schwerer und die Steuerpflichtigen können und werden ein höheres Maß an Einzel­ fallgerechtigkeit einfordern.432 Die Vorstellungen wie hoch die Körper­ schaftsteuersätze sein sollen, gehen in Europa traditionell sehr stark aus­ einander. Derzeit liegen Bulgarien mit 10 % sowie Irland und Zypern mit jeweils 12,5 % am unteren Ende des Spektrums, während die Steuersätze in der Spitze 30 % und mehr betragen.433 Aufgrund der unterschiedlichen Vorstellungen in Europa wie groß der Anteil des Staates an der Volkswirt­ schaft sein soll, die den unterschiedlichen Steuersätzen zu Grunde lie­ gen, ist zu erwarten, dass auch die Steuersätze für die GKKB sehr unter­ schiedlich ausfallen werden. Vereinfacht die GKKB sehr stark, kann dies in Ländern mit hohem Steuersatz zu unzumutbaren Ungleichbehandlun­ gen führen. Ist die GKKB sehr detailliert und auf Einzelfallgerechtigkeit ausgerichtet, sind die Befolgungskosten relativ hoch und können in Län­ dern mit niedrigem Körperschaftsteuersatz außer Verhältnis zum Körper­ schaftsteueraufkommen stehen. Der notwendige Mittelweg zwischen Typisierung und Einzelfallgerechtigkeit muss daher auch die unter­ schiedlichen Steuersätze berücksichtigen. Es gibt gut Gründe für eine stark typisierende GKKB. Typisierungen erhö­ hen die Rechtssicherheit434 und erleichtern so den Vollzug.435 Zumeist gibt es bei der Anwendung einer Typisierungsvorschrift weniger Ausle­ gungsspielräume als bei einer abstrakt gehaltenen Regelung. Dies ist im Fall der GKKB von noch größerer Bedeutung als im nationalen Steuer­ recht. Die GKKB muss im Fall ihrer Verwirklichung von 28 nationalen Steuerbehörden und Gerichtsbarkeiten angewandt und ausgelegt werden. Große Auslegungsspielräume würden eine einheitliche Anwendung er­ schweren oder sogar unmöglich machen. Dies ist insbesondere im Hin­ 432 Isensee, StuW 1994, S. 3, 5. 433 Deutschland 33 % (unter Berücksichtigung der Gewerbesteuer), Frankreich 33 %, Belgien 34 % (ohne Abzug der fiktiven Eigenkapitalverzinsung), und Malta 35 %, siehe KPMG, Corporate and Indirect Tax Survey 2011, S. 6 ff. 434 Zum Beurkundungsrecht BVerfG v. 12.6.1986 - 2 BvL 5/80 u.a., BVerfGE 72, S. 302, 329. 435 Isensee, StuW 1994, S. 3, 9 f.

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C. Einfachheit

blick auf die Konsolidierung und Aufteilung der Bemessungsgrundlage problematisch, denn diese ist für die Mitgliedstaaten nur akzeptabel, wenn die GKKB europaweit einheitlich angewandt wird. Eine reine Prin­ zipienorientierung dagegen birgt die Gefahr, dass diese Prinzipien, auch wenn sie sich aus einem europaweiten Standard ergeben, entsprechend der nationalen Gebräuche und Überlieferung sehr unterschiedlich ver­ standen und angewandt werden. Wird der einheitliche Vollzug der GKKB nicht durch Typisierungen sichergestellt, besteht die Gefahr, dass ver­ sucht wird, die GKKB durch eine immer größere Zahl an komplizierten Detailvorschriften zu konkretisieren, was zu einem widersprüchlichen Geflecht an Einzelfallregelungen führen würde, das die Belastungsgleich­ heit gefährdet.436

II. Verhältnis der Einfachheit zu den übrigen Prinzipien und Zielen Folgt das Steuerrecht bestimmten Prinzipien, so ist es systematisch. Die­ se Systematik ist Voraussetzung für ein möglichst einfaches Steuer­ recht.437 Wurde oben die Bedeutung von Typisierungen betont, so soll dies auf keinen Fall so verstanden werden, dass Typisierung und Prinzipien­ orientierung notwendig in einem Gegensatz stehen. Tatsächlich beste­ hen unterschiedliche Wechselwirkungen. Typisierungen ebnen Unter­ schiede ein, wodurch nach dem Gesetz Ungleiches gleich behandelt wird. Dies führt abstrakt zu einer Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprin­ zips. Betrachtet man jedoch die Realität des Gesetzesvollzuges, so kön­ nen Typisierungen den einheitlichen Vollzug erleichtern, dadurch die Vollzugsgleichheit sicherstellen und so die praktische Belastungsgleich­ heit stärken.438 Die Steuerveranlagung ist ein Massenverfahren, das nur gleichmäßig erfolgen kann, wenn die steuerlichen Regeln einfach sind, das heißt, zu möglichst eindeutigen Ergebnissen führen. Zugleich lassen sich aus Prinzipien häufig keine Vorgaben ableiten, die konkret genug sind, um die genaue Bemessungsgrundlage zu berechnen. So lässt sich zum Beispiel die planmäßige Abschreibung nicht allein anhand der Vor­ gabe berechnen, die Abschreibung sei vorsichtig oder möglichst realitäts­ gerecht vorzunehmen. Gerade im Fall von Abschreibungen sind Typisie­ rungen daher unverzichtbar. Möglichst einfache allgemein gehaltene Regelungen sind Voraussetzung für die Unausweichlichkeit der Steuerlast und damit für die Gestaltungs­ 436 So zum deutschen Steuerrecht Kirchhof, DStJG Bd. 21 1998, S. 9, 17 f. (m.w.N.). 437 Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. I, S. 281; Freedman/Macdonald, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 219, 233. 438 Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. I, S. 356; Isensee, StuW 1994, S. 3, 9; Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 68.

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3. Kapitel: Ziele der GKKB

resistenz.439 Der Gesetzgeber sollte daher die Leitlinien zur Auslegung der Steuernormen klar herausarbeiten und im Übrigen einen gewissen „Mut zur Lücke“ haben.440 Es ist unmöglich, Regeln für die steuerliche Gewinnermittlung zu schaffen, die widerspruchsfrei und zugleich so vollständig sind, dass sie jeden denkbaren Sachverhalt regeln.441 Sehr in­ dividualisierte und spezialisierte Gesetze schaffen Anreize, die Lebens­ sachverhalte so zu gestalten, dass diese speziellen Normen nicht greifen, um so die Steuerlast möglichst niedrig zu halten. Ein gestaltungsresisten­ tes Steuerrecht setzt nicht nur möglichst wenige rechtliche und faktische Wahlrechte nach Verwirklichung des Tatbestandes voraus,442 sondern es sollte auch möglichst wenig Anlass bieten, bereits den Sachverhalt steu­ eroptimal zu gestalten. Dadurch wird auch die Neutralität gefördert. Eine einfache typisierende Bemessungsgrundlage schränkt zudem subjektive Ermessensspielräume ein und erhöht so die Objektivität der Gewinner­ mittlung. Eine lückenlose Regelung, die keinerlei Fragen offen lässt, ist ohnehin nicht möglich.443 Einfache Gewinnermittlungsregeln sind eine Voraussetzung, um die Be­ folgungskosten möglichst niedrig zu halten.444 Hier kommt Typisierun­ gen, die den Vollzug erleichtern, eine besondere Bedeutung zu. Die GKKB bringt für die nationalen Verwaltungen eine erhebliche Mehrbelastung. Diese wird womöglich noch durch die Optionalität gesteigert. Diese Mehrbelastungen können dadurch abgemildert werden, dass die GKKB stark typisiert. Eine einfach zu ermittelnde Bemessungsgrundlage erhöht auch die Rechts- und Planungssicherheit.445 Da die GKKB im Wettbewerb mit den nationalen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlagen steht, kommt der Rechts- und Planungssicherheit besondere Bedeutung zu. Körperschaften binden sich mit der Option für das GKKB-System nach Art. 105 Abs. 1 GKKB für mindestens fünf Jahre. Diese Bindung ist nur zumutbar, wenn die Rechtsfolgen des Eintritts vorhersehbar sind. Wäre die GKKB zu kompliziert, würden viele Körperschaften die Option wegen der fehlenden Planungssicherheit nicht wagen und die GKKB wäre prak­ tisch weitgehend irrelevant.

439 Siehe BVerfG v. 10.04.1997 - 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, S. 1, 6 f.; Kirchhof, DStJG Bd. 21, 1998, S. 9, 20. 440 Quantschnigg, DStJG Bd. 21 1998, S. 129, 140; Meyding, DStJG Bd. 21 1998, S. 219, 225. 441 Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 66. 442 Siehe oben 2. Kapitel:C.I.1. 443 Weber-Grellet, DStR 1991, S. 438, 443. 444 Kirchhof, DStJG 21 1998, S. 16; Arbeitsgruppe GKKB, Allgemeine Besteuerungs­ grundsätze, v. 23.11.2004, CCCTB/WP\001\Rev1\doc\de, Rz. 17. 445 Cline/Neubig/Phillips/Sanger/Walsh, CCCTB Study, S. 51.

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C. Einfachheit

III. Prinzipienorientierung oder Detailregelungen Für das internationale Bilanzrecht wurde in der Folge des Enron Skandals und weiterer Bilanzskandale in den USA verstärkt eine Diskussion ge­ führt, ob Missbräuche eher durch eine starke Prinzipienorientierung oder durch möglichst detaillierte Regeln verhindert werden können. Dabei wurde häufig geäußert, dass sehr detaillierte Regeln eine Anleitung sein können, um die Bilanzierungsstandards und die zugrunde liegenden Prin­ zipien bewusst zu umgehen,446 das sogenannte „cook book accounting“.447 Diese Diskussion ist für die Entwicklung von steuerlichen Re­ geln aber nur sehr eingeschränkt hilfreich. Ein rein prinzipienbasierter Ansatz führt zwangsläufig zu Unschärfen, weil Prinzipien allein häufig nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führen oder sich sogar widerspre­ chen.448 Diese Unschärfen können für die steuerliche Gewinnermittlung aus Gründen der Rechtssicherheit nicht hingenommen werden. Das Steuerrecht ist Eingriffsrecht, weshalb für die Steuerpflichtigen die Rechtsfolgen ihres Handelns möglichst genau vorhersehbar sein müssen. Zugleich haben die Steuerpflichtigen das Recht, innerhalb des rechtlich Zulässigen ihre Verhältnisse steuerlich möglichst günstig zu gestalten.449 Allgemeine Appelle wie zum Beispiel die Vermittlung eines den tatsächli­ chen Verhältnissen entsprechenden Bildes in IAS 1.15 und das entspre­ chende „judgment“ des Managements (z.B. IAS 8.10) könnten als Ausle­ gungshilfen herangezogen werden. Sie ersetzen aber nicht die einzelnen Regeln, da sie viel zu vage sind. Für das Steuerrecht existiert deswegen kein Gegensatz zwischen Prinzipien- und Regelorientierung,450 vielmehr ent­ steht Rechtssicherheit nur, wenn aus bestimmten allgemeinen Prinzipien möglichst eindeutige Regeln abgeleitet werden. Aus der Diskussion um den Enron Skandal lässt sich für das Steuerrecht nur lernen, dass die Regeln der Gewinnermittlung nicht zu detailliert sein dürfen, denn sehr kasuisti­ sche Regeln lassen sich leichter umgehen als allgemein formulierte. Die Diskussion zur GKKB auf Ratsebene orientiert sich allerdings an die­ sem Gegensatz. Während der irischen Ratspräsidentschaft wurden Dele­ gierte aller Mitgliedstaaten zur Weiterentwicklung des GKKB-RLV be­ fragt. Dabei sprach sich eine sehr große Mehrheit der Delegierten für eine Richtlinie aus, die weniger prinzipienorientiert und stärker regelorien­ 446 Z.B. Tweedie, Statement before the Committee on Banking, Housing and urban Affairs of the United States Senate, v. 14.2.2002, S. 4. 447 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 1, Rz. 44. 448 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 1, Rz. 46. 449 So die ständige Rechtsprechung BFH seit Beschluss v. 29.11.1982 - GrS 1/81, BStBl II 1983, S. 272, 277. 450 Auch im Bilanzrecht existiert dieser Gegensatz nicht wirklich, Schildbach, BFuP 2003, S. 247, 263 f.; Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, IRFS, § 1, Rz. 48.

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3. Kapitel: Ziele der GKKB

tiert sein soll, um abweichende Auslegungen möglichst zu vermeiden.451 Dabei wird übersehen, dass es wegen der praktisch unbegrenzten Zahl von Einzelfallkonstellationen nicht möglich ist, jeden denkbaren Sach­ verhalt im Vorfeld abstrakt zu regeln. Gerade in schwierig zu beurteilen­ den Fällen müssen die Rechtsanwender regelmäßig auf die Prinzipien der Gewinnermittlung zurückgreifen.452

IV. Zusammenfassung Voraussetzung für eine einfache GKKB ist eine möglichst konsequente Prinzipienorientierung. Da die europaweite einheitliche Anwendung die­ ser Prinzipien aber problematisch ist, ist die Vollzugsgleichheit nur si­ chergestellt, wenn die GKKB stark typisiert. Dies muss kein Widerspruch zur Prinzipienorientierung sein, denn Typisierungen können bestimmte Prinzipien konkretisieren oder ihnen zum praktischen Durchbruch ver­ helfen. Einfache Gewinnermittlungsregeln senken die Befol­gungs­kosten und verhindern ökonomische Fehlallokationen. Dadurch erhöht die Ein­ fachheit der GKKB deren Effizienz. Zudem können einfache Regeln gleichmäßig vollzogen werden und erhöhen so die Belastungsgleichheit. Eine andere Frage ist, ob die GKKB im weiteren Umsetzungsprozess ihre einfache Form behalten wird. Es ist zu befürchten, dass Interessen­ gruppen versuchen werden, bestimmte Begünstigungen in die GKKB auf­ zunehmen. Im Interesse einer möglichst einfachen am Leistungs­ fähigkeits­prinzip orientierten Bemessungsgrundlage sollte solchen Be­ strebungen möglichst nicht nachgegeben werden. Grundlegend ist zu kritisieren, dass eine optionale GKKB die steuerliche Gewinnermittlung wohl erheblich verkomplizieren würde, statt sie zu vereinfachen.

D. Vereinheitlichung der Verrechnungspreise Die Bestimmung von Verrechnungspreisen würde durch die Harmonisie­ rung der Bemessungsgrundlage allein zwar nicht überflüssig, sie ließe sich aber vereinfachen. In den meisten Standardmethoden ergeben sich die Verrechnungspreise teilweise aus Datenbankanalysen. In diesen Da­ tenbanken sind die Finanzdaten unabhängiger Unternehmen gespei­ chert.453 Die Vereinheitlichung der steuerlichen Gewinnermittlung könnte dazu führen, dass die eingestellten Daten vergleichbarer werden. Dadurch würden einheitliche Gewinnermittlungsregeln auch zur Verein­

451 Rat der Europäischen Union, Presidency Synthesis Report on the bilateral discus­ sions v. 27.3.2013. 452 Zum Beispiel auf das Realisationsprinzip, dazu unten 4. Kapitel:B.I. 453 Dazu ausführlich Wahl/Preisser, IStR 2008, S. 51; Endert, IStR 2010, S. 344.

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E. Vermeidung von Doppelbesteuerung

heitlichung der Verrechnungspreise beitragen.454 Namentlich die Wieder­ verkaufspreismethode, die Kostenaufschlagsmethode455 und die aus den USA stammenden gewinnorientierten Methoden456 beziehen sich auf die Regeln der Gewinnermittlung.457 Zwar hat die Preisvergleichsmethode eine „faktische Priorität“458 gegenüber den gewinnbezogenen Methoden, letztere finden aber gerade in den praktisch häufigen und besonders strit­ tigen Fällen Anwendung, in denen es an einem produktbezogenen Ver­ gleichspreis fehlt.459 Zudem spielen Datenbankmethoden auch im Fall der Preisvergleichsmethode eine Rolle zur Verprobung der Fremdüblich­ keit der Verrechnungspreise.460 Für Deutschland ist hier allerdings eine wichtige Einschränkung zu ma­ chen. Da die Daten der steuerlichen Gewinnermittlung nicht allgemein zugänglich sind, wird für die Verrechnungspreise auf die Jahresabschlüsse nach dem HGB oder den IFRS zurückgegriffen.461 Die Harmonisierung der Bemessungsgrundlage würde daher nur zur Vereinheitlichung der Ver­ rechnungspreise beitragen, wenn die Daten der steuerlichen Gewinner­ mittlung in einer allgemein zugänglichen europaweiten Datenbank erfasst würden, die dann zur Ermittlung der Verrechnungspreise herange­ zogen werden könnte. Durch diese Vereinheitlichung könnten die Kosten der Verrechnungspreisdokumentation sinken und die Rechts- und Pla­ nungssicherheit für die Unternehmen würde erhöht.

E. Vermeidung von Doppelbesteuerung Bereits die Harmonisierung der Bemessungsgrundlage kann einige Fälle der Doppel- und der doppelten Nichtbesteuerung verhindern.462 Die Ver­ einheitlichung der Verrechnungspreise durch die Harmonisierung der Gewinnermittlung könnte, soweit diese Vereinheitlichung reicht, auch die Doppelbesteuerung durch unterschiedliche Verrechnungspreise ver­

454 Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 10; vgl. auch Fey, in Beck’sches Steuer- und Bilanz­ rechtslexikon, Verrechnungspreise, Rz. 32. 455 Dazu Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 582 ff. 456 Siehe Fey, in Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Verrechnungspreise, Rz. 24 ff. 457 Endert, IStR 2010, S. 344, 345. 458 Fey, in Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Verrechnungspreise, Rz. 33. 459 Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 584; Fey, in Beck’sches Steu­ er- und Bilanzrechtslexikon, Verrechnungspreise, Rz. 18, 20. 460 Stellungnahme des BMF v. 13.7.1995, IStR 1995, S. 384, 385; Wahl/Preisser, IStR 2008, S. 51, 53; Fey, in Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Verrech­ nungspreise, Rz. 34. 461 Endert, IStR 2010, S. 344, 345. 462 Ausführlich Röder, 4 World Tax Journal 2012, S. 125, 138 ff.

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3. Kapitel: Ziele der GKKB

meiden.463 Zwar wären im Fall der GKB auch zwischen den Unterneh­ men einer Gruppe weiterhin Verrechnungspreise erforderlich, es bestün­ de aber zumindest Einigkeit darüber, auf welchen Gewinn sich diese Verrechnungspreise beziehen. Mit einem Bild von Schön kann man sa­ gen, mit Hilfe der harmonisierten Gewinnermittlung ließe sich ein ein­ heitlicher Kuchen definieren, den sich die Mitgliedstaaten noch mittels Verrechnungspreisen teilen müssten.464 Eine einheitliche Gewinnermitt­ lung könnte allerdings nicht in jedem Fall verhindern, dass es zu unter­ schiedlichen Auffassungen zwischen den Mitgliedstaaten über den Fremdvergleich kommt, was zu einseitigen Preisanpassungen und der damit verbundenen Doppelbesteuerung führen kann.465 Die Verständi­ gungsverfahren nach den DBA466 und das Schiedsverfahren der EU467 kön­ nen hier regelmäßig Abhilfe schaffen, haben aber den Nachteil einer häu­ fig langen Verfahrensdauer, wenn die Festlegung der Verrechnungspreise praktisch schwierig ist.468 Wegen der Verfahrensdauer und der Kosten verzichtet ein erheblicher Teil der Unternehmen regelmäßig darauf, ein solches Verfahren überhaupt einzuleiten.469 Das Schachtelprivileg nach Art. 11 lit. c) und d) GKKB-RLV verhindert ökonomische Doppelbesteuerung im Konzern. Art. 11 lit. e) GKKB-RLV verhindert, dass Gewinne aus einer Betriebsstätte in einem Drittland auch im Sitzstaat besteuert werden; diese Norm könnte im Fall einer GKB auf Betriebsstätten in anderen Mitgliedstaaten ausgeweitet werden. Mit der GKB würden europaweit einheitliche Regeln zur Abgrenzung von abziehbaren Zinszahlungen (Art. 12 Abs. 1 GKKB-RLV) und nicht abzieh­ baren Gewinnausschüttungen (Art. 14 Abs. 1 lit. a) GKKB-RLV) geschaf­ fen. Durch diese einheitliche Abgrenzung könnte die Doppelbesteuerung oder doppelte Nichtbesteuerung durch Qualifikationskonflikte im Rah­ men der Einordnung von hybriden Finanzinstrumenten als Fremd- oder Eigenkapital verhindert werden.470 Das Gleiche gilt für die Problematik der doppelten Abschreibung im Fall von grenzüberschreitenden Leasing­ 463 Allgemein zur Doppelbesteuerung durch unterschiedliche Verrechnungspreise Fey, in Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Verrechnungspreise, Rz. 7. 464 Siehe Schön, 42 European Taxation 2002, S. 276, 283, ders., 1 World Tax Journal 2009, S. 67, 73. 465 Röder, 4 World Tax Journal 2012, S. 125, 141. 466 Vgl. Art. 25 OECD-MA. 467 90/436/EWG: Übereinkommen über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen (Schieds­ konvention) v. 23.7.1990, ABl. L 225, 20.08.1990, S. 10. 468 Dazu Becker, Seminar J: Verfahren zur Lösung von DBA-Konflikten, IStR 2007, S. 592, 595. Plädiert für eine Verbesserung dieser Verfahren in einer GKB-Richtlinie: Röder, 4 World Tax Journal 2012, S. 125, 141. 469 Commission Staff Working Document, Impact Assessment, v. 16.3.2011, COM(2011) 121 final, SEC(2011) 316 final, S. 12. 470 Röder, 4 World Tax Journal 2012, S. 125, 141.

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F. Verlustausgleich

verträgen.471 Die einheitliche Qualifikation kann allerdings nur gelingen, wenn klare Zuordnungskriterien geschaffen werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Mitgliedstaaten die Regelungen der GKB unterschied­ lich auslegen und es doch zu Qualifikationskonflikten kommt.472 Solche Kriterien fehlen für die Abgrenzung von Fremd- und Eigenkapital derzeit vollständig. Im Fall der GKKB wären solche Qualifikationskonflikte wegen der Veran­ lagung der Gruppenmitglieder durch eine einzige Hauptsteuerbehörde nach Art. 109 GKKB-RLV in jedem Fall ausgeschlossen, soweit es um Zahlungen zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern geht.473 Nach dem Kompromissvorschlag der dänischen Ratspräsidentschaft474 soll Art. 83a in die GKKB-Richtlinie aufgenommen werden. Nach Art. 83a Abs. 1 sind Zahlungen an ein verbundenes Unternehmen nicht als Zins­ zahlungen abziehbar, wenn sie beim Empfänger nicht steuerbar sind. Umgekehrt sind Gewinnausschüttungen nach Abs. 2 beim Empfänger zu versteuern, wenn sie vom Gewinn des verbundenen Unternehmens abge­ zogen wurden. Durch diese Regelung wird allerdings nur die doppelte Nichtbesteuerung verhindert. Zur Doppelbesteuerung wegen Qualifika­ tionskonflikten kann es weiterhin kommen. Die GKB könnte Doppeloder Nichtbesteuerung teilweise verhindern. Im Gegensatz zur GKKB wäre die Doppelbesteuerung durch Qualifikationskonflikte oder einseiti­ ge Anpassung der Verrechnungspreise zwischen Unternehmen einer Gruppe in Europa aber nicht gänzlich ausgeschlossen.

F. Verlustausgleich Trotz des europäischen Binnenmarktes ist ein grenzüberschreitender Ver­ lustausgleich in Europa noch immer die Ausnahme. Dies gilt vor allem für die Verluste verschiedener Gesellschaften einer Gruppe.475 Dies ist ein erhebliches Hemmnis für die Verwirklichung des Binnenmarktes, denn die fehlende Möglichkeit eines grenzüberschreitenden Verlustaus­ gleiches ist ein Anreiz für Unternehmen, sich auf das Inland zu beschrän­ ken und auf Investitionen in anderen Mitgliedstaaten zu verzichten.476 471 Dazu Russo, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 363, 369. 472 Sieht durch die GKB keine Verbesserung der Problematik der Qualifikationskon­ flikte: Spengel, in Schön u.a. (Hrsg.), A CCCTB for Europe, S. 1, 29; Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 9. 473 Spengel, in Schön u.a. (Hrsg.), A CCCTB for Europe, S. 1, 29; Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 9. 474 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 4.4.2012. 475 Röder, 4 World Tax Journal 2012, S. 125, 142 ff. 476 Siehe Arbeitsdokument der Dienststellen der Kommission: Unternehmensbesteu­ erung im Binnenmarkt, v. 23.10.2001, COM(2001) 582 end.; SEK(2001) 1681, S. 271 ff.

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3. Kapitel: Ziele der GKKB

Eine vollständige Harmonisierung der Gewinnermittlung würde sehr günstige Voraussetzungen für die Einführung eines grenzüberschreiten­ den Verlustausgleichs schaffen. Dieser könnte zusammen mit der Verein­ heitlichung der Bemessungsgrundlage oder in einem zweiten Schritt ein­ geführt werden.477 Dies wäre ein Mittelweg zwischen der reinen Harmonisierung der Gewinnermittlung und der GKKB. Der grenzüberschreitende Verlustausgleich ohne (vollständige) Konsoli­ dierung und Aufteilung würde durch eine einheitliche Gewinnermitt­ lung erheblich begünstigt, da es für die Höhe des Verlustes keine Rolle spielen sollte, ob sich ein Sachverhalt im In- oder Ausland zugetragen hat. Es ist für Mitgliedstaaten nur schwer akzeptabel, einen höheren Ver­ lustausgleich allein deshalb zu gewähren, weil sich ein Sachverhalt in einem anderen Mitgliedstaat und nicht im Inland zugetragen hat. Dem Mitgliedstaat entgingen auf diese Weise nicht nur Einnahmen, sondern es könnte auch zu Wettbewerbsverzerrungen kommen, weil Steuer­ pflichtige verlustträchtige Tätigkeiten womöglich gezielt ins Ausland verlagern würden. Diese Problematik dürfte einer der Hauptgründe sein, weshalb es bisher keinen einheitlichen europaweiten Verlustausgleich gibt.478 Alternativ zur Harmonisierung der Gewinnermittlung ließe sich ein Ver­ lustausgleich auch dadurch bewerkstelligen, dass Verluste gleichzeitig nach dem Recht des Staates, in dem sie anfallen, und dem Recht des Staates, in dem sie zum Ausgleich gebracht werden sollen, berechnet werden. Dies wäre aber ein sehr aufwändiges Verfahren,479 weshalb die Harmonisierung der Bemessungsgrundlage vorzuziehen ist. Damit die harmonisierte Gewinnermittlung Grundlage für den europaweiten Ver­ lustausgleich sein kann, genügt es aber nicht, die Regeln anzugleichen, diese müssen auch möglichst einheitlich angewandt werden.

G. Erleichterung von Umstrukturierungen Für grenzüberschreitende Umstrukturierungen im Binnenmarkt beste­ hen trotz der Fusionsrichtlinie480 immer noch steuerliche Hindernisse. Besonders problematisch ist die Aufdeckung stiller Reserven durch die Umstrukturierung. Die Fusionsrichtlinie verhindert diese Aufdeckung nur, wenn Wirtschaftsgüter nach der Umstrukturierung einer Betriebs­ 477 Zur Ausgestaltung eines solchen Verlustausgleichs, Röder, 4 World Tax Journal 2012, S. 125, 144 ff. 478 Röder, 4 World Tax Journal 2012, S. 125, 144. 479 Spengel, in Schön u.a. (Hrsg.), A CCCTB for Europe, S. 1, 29; Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 10; Röder, 4 World Tax Journal 2012, S. 125, 144. 480 Richtlinie 90/434/EWG v. 23.7.1990, ABl. L 225, 20.8.1990. S. 1, in der Fassung der Richtlinie v. 19.10.2009, 2009/133/EG, ABl. L 310, 25.11.2009, S. 34.

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G. Erleichterung von Umstrukturierungen

stätte im ursprünglichen Belegenheitsstaat zugerechnet werden kön­ nen.481 Im Fall der GKKB würde Art. 70 GKKB-RLV sicherstellen, dass stille Reserven bei Umstrukturierungen innerhalb einer Gruppe nicht aufgedeckt werden. Die Regelung knüpft an die Konsolidierung und Auf­ teilung der Bemessungsgrundlage an und könnte deshalb für eine GKB nicht in ihrer gegenwärtigen Form beibehalten werden. Durch eine GKB wäre die Aufdeckung stiller Reserven nicht automatisch ausgeschlossen. Dennoch würde die Harmonisierung der Bemessungsgrundlage grenz­ überschreitende Umstrukturierungen erleichtern, da die Körperschaften die Folgen einer solchen Umstrukturierung leichter kalkulieren könnten und die Befolgungskosten geringer wären.482 Zudem könnte im Rahmen einer GKB eine europaweite Regelung zur aufgeschobenen Besteuerung stiller Reserven beim Transfer von Wirt­ schaftsgütern innerhalb des Binnenmarktes geschaffen werden. Röder hat einen Vorschlag gemacht, wie eine solche Regelung aussehen könnte. Ausgangspunkt wäre die einheitliche Festlegung des Wertes der Wirt­ schaftsgüter beim Grenzübertritt, die sowohl für die Bestimmung der stillen Reserven im Wegzugsstaat als auch für die Wertfortführung im Zuzugsstaat verbindlich wäre. Die Bewertungsvorschiften der GKB könn­ ten als Ausgangspunkt für diese Entstrickungsbewertung dienen. Auf diese Weise ließe sich das Problem der Doppel- oder Nichtbesteuerung von stillen Reserven lösen, das gegenwärtig entsteht, wenn die Wertan­ sätze in den beteiligten Mitgliedstaaten auseinanderfallen. Um den Transfer von Wirtschaftsgütern steuerneutral zu ermöglichen, würde der Wegzugsstaat die stillen Reserven, welche in seinem Territorium ent­ standen sind, erst besteuern, wenn es zu einem Realisationstatbestand im neuen Belegenheitsstaat kommt. Dies hätte allerdings den Nachteil, dass sich bei abschreibungsfähigen Wirtschaftsgütern durch die Aufwer­ tung des Wirtschaftsguts beim Grenzübertritt die Abschreibungsbasis erhöhen würde, obwohl diese stillen Reserven zuvor nicht besteuert wur­ den. Damit die Steuerpflichtigen hieraus keinen Vorteil ziehen, könnte der ursprüngliche Belegenheitsstaat diese stillen Reserven zu der glei­ chen Rate besteuern, zu der das Wirtschaftsgut im neuen Staat abge­ schrieben wird. Dies wäre wegen der einheitlichen Abschreibungsregeln der GKB recht einfach möglich.483

481 Art. 4 Abs. 1 lit. b) Fusionsrichtlinie. 482 Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 10. 483 Röder, 4 World Tax Journal 2012, S. 125, 147 ff.; ders., British Tax Review 2014, S. 574, 594 ff.; siehe auch Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 10.

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3. Kapitel: Ziele der GKKB

H. Zusammenfassung Kapitel 3 Die Ziele der GKKB ließen sich alle zumindest teilweise auch durch die Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlage in Form einer GKB ohne (vollständige) Konsolidierung und Aufteilung erreichen. Eine möglichst einfache Gewinnermittlung, die Sicherung eines transparenten und fairen Steuerwettbewerbs und wohl auch die Senkung der Befolgungskos­ ten ließen sich durch eine zwingende GKB deutlich besser verwirklichen als durch die optionale Harmonisierung der Gewinnermittlung.

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4. Kapitel: Grundlagen der Gewinnermittlung nach dem GKKB-RLV im Vergleich zur Gewinn­ermittlung nach dem EStG, HGB und den IFRS A. Grundzüge der Gewinnermittlung nach dem GKKB-RLV I. Bemessungsgrundlage, Gewinn und Verlust Der GKKB-RLV enthält eine eigenständige Definition für die Steuerbe­ messungsgrundlage. Eine Orientierung an der Definition für Umsatzerlö­ se in IAS 18.7 wäre nicht sinnvoll gewesen.484 Diese Definition betrifft die Brutto-Erlöse und bezieht sich nur auf Umsatzerlöse aus der gewöhnli­ chen Tätigkeit des Unternehmens.485 Für die Steuerbemessungsgrundlage macht es aber keinen Unterschied, ob ein Erlös auf die gewöhnliche Tä­ tigkeit des Unternehmens oder auf außergewöhnliche Umstände zurück­ geht. Die Steuerbemessungsgrundlage setzt sich nach Art. 10 GKKB-RLV wie folgt zusammen: „Die Steuerbemessungsgrundlage errechnet sich aus den Erträgen ab­ züglich steuerfreier Erträge, abziehbarer Aufwendungen und sonsti­ ger abziehbarer Posten.“ Der GKKB-RLV unterscheidet zwischen Gewinn und Verlust sowie der Bemessungsgrundlage. Gewinn und Verlust ist die Differenz aus Erträgen und abziehbaren Aufwendungen sowie anderen abziehbaren Posten in ei­ nem Steuerjahr (Art. 4 Abs. 9 und 10 GKKB-RLV). Der steuerliche Ge­ winn und Verlust ist damit weiter gefasst als die Bemessungsgrundlage, weil er auch die steuerfreien Erträge erfasst. Wozu diese Unterscheidung zwischen der Bemessungsgrundlage einer­ seits und Gewinn und Verlust andererseits dient, ist nicht ersichtlich. Sie ist unnötig verwirrend. Zudem führt die Unterscheidung zu Widersprü­ chen beim Verlustvortrag. Nach Art. 43 Abs. 1 GKKB-RLV können Ver­ luste in späteren Steuerjahren abgezogen werden. Da steuerfreie Erträge die Verluste nach Art. 4 Abs. 10 GKKB-RLV mindern, kommt es scheinbar zu der merkwürdigen Folge, dass steuerfreie Erträge zwar nicht unmittel­ bar die Bemessungsgrundlage erhöhen, aber einen Verlustvortrag reduzie­ ren und sich so doch erhöhend auf die Bemessungsgrundlage späterer Pe­ rioden auswirken können. Systematisch ist Art. 43 Abs. 1 GKKB-RLV wohl so auszulegen, dass Verlust im Sinn dieser Vorschrift spiegelbildlich 484 Für einen solchen Rückgriff: Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 78. 485 Nobes, 9 Accounting in Europe 2012, S. 85, 88.

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4. Kapitel: Grundlagen der Gewinnermittlung

zu Art. 10 GKKB-RLV die Differenz aus steuerbaren Erträgen und abzieh­ baren Aufwendungen sowie sonstigen abziehbaren Posten ist. Dies sollte in der GKKB-Richtlinie unbedingt klargestellt werden. Da die Unter­ scheidung zwischen Gewinn und Bemessungsgrundlage verwirrend ist, wird sie in dieser Arbeit nicht eingehalten. Mit Gewinn im Sinne des GKKB-RLV ist im Folgenden stets der steuerbare Gewinn und damit die Bemessungsgrundlage gemeint.

II. Originäre steuerliche Gewinnermittlung Das besondere an der steuerlichen Gewinnermittlung nach dem GKKB-RLV ist der fehlende Verweis auf die GoB, weshalb die handelsbilanzielle Gewinnermittlung für die steuerliche Gewinnermittlung theoretisch keine Rolle spielt. Die nationalen Rechnungslegungsvorschriften bleiben durch die GKKB unberührt, die Vorschriften zur Berechnung der Bemes­ sungsgrundlage sind autonom.486 Damit gibt die GKKB das Maßgeblich­ keitsprinzip auf. Nach dem GKKB-RLV wird der Gewinn für jede Körper­ schaft einer Gruppe separat ermittelt. Insofern unterscheidet sich die Gewinnermittlung nicht von der herkömmlichen Besteuerung getrennt nach Personen. Erst im zweiten Schritt der Konsolidierung wird die Gruppe als Ganzes in den Blick genommen. Was den Inhalt der Gewinn­ ermittlungsregeln angeht, besteht in vielen Bereichen eine große Über­ einstimmung zwischen dem GKKB-RLV und der steuerlichen Gewinn­ ermittlung in den meisten Mitgliedstaaten.487

III. Gewinn- und Verlustrechnung Der Gewinn wird nach dem GKKB-RLV nicht durch Vermögensvergleich ermittelt, sondern durch Gegenüberstellung von Erträgen und Aufwen­ dungen. 1. Umsatzorientierung der Gewinn- und Verlustrechnung Die Entscheidung zwischen einer Steuerbilanz und einer Gewinn- und Verlustrechnung fiel zu Gunsten der Gewinn- und Verlustrechnung aus, weil erhofft wird, diese sei einfacher als eine eigenständige Steuerbi­ lanz.488 Dabei handelt es sich nicht um eine echte, am Zu- und Abfluss­ prinzip orientierte Geldrechnung, vielmehr ähnelt die Gewinnermitt­ 486 GKKB-RLV, S. 5. 487 Spengel/Ortmann-Babel/Zinn/Matenaer, 4 World Tax Journal 2012, S. 185; dies., DB 2013, Beilage Nr. 2 zu Heft 8, S. 1, 8. 488 Arbeitsgruppe GKKB, Zusammenfassender Bericht über die Sitzung der Arbeits­ gruppe, v. 12.9.2006, CCCTB/WP/045/de, Rz. 14.

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A. Grundzüge der Gewinnermittlung nach dem GKKB-RLV

lung den deutschen Regeln zum Jahresabschluss489 und insbesondere der Gewinn- und Verlustrechnung nach § 242 Abs. 2 HGB. Diese Ähnlich­ keit ergibt sich vor allem aus dem Realisationsprinzip, das für die GKKB und das deutsche Handels- und Steuerbilanzrecht gleichermaßen gilt.490 Wegen des Realisationsprinzips ist auch die Gewinnermittlung nach HGB und EStG im Wesentlichen umsatzorientiert.491 Ausnahmen gelten vor allem für die mit dem Imparitätsprinzip einhergehenden Rückstel­ lungen und Teilwertabschreibungen, bei denen es ausnahmsweise nicht auf die Realisierung ankommt; diese Ausnahmeregeln finden sich aber auch in der GKKB. Wegen des Realisationsprinzips und der Möglichkeit von Teilwertabschreibungen und Rückstellungen ähnelt die Gewinner­ mittlung der GKKB mehr der bilanziellen Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 S. 1, § 5 Abs. 1 S. 1 EStG als der Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, bei der es auf den tatsächlichen Zu- und Abfluss ankommt. Nach Art. 4 Abs. 8 S. 3 GKKB-RLV erhöhen Einlagen den Gewinn nicht. Auch Entnahmen und die Gewinnverwendung haben nach Art. 14 Abs. 1 lit. a) und c) GKKB-RLV keinen Einfluss auf die Höhe der Bemessungs­ grundlage. Dies entspricht den Regeln des § 4 Abs. 1 S. 1 EStG und § 8 Abs. 3 S. 1 KStG. 2. Aufwand und Ertrag Die GKKB benutzt mit Erträgen und abziehbaren Aufwendungen eine Terminologie, die den bilanzrechtlichen Begriffen Aufwand und Ertrag492 sehr ähnlich ist, und meint das auch so. Im Gegensatz zu den Begriffen Einnahmen und Ausgaben, die im Rahmen einer reinen Geldrechnung verwendet würden, erfassen Aufwand und Ertrag nur erfolgswirksame Geschäftsvorfälle, das heißt solche, die sich auf das Betriebsvermögen auswirken.493 Obwohl das Betriebsvermögen im Rahmen der GKKB keine ausdrückliche Rolle spielt, geben abziehbare Aufwendungen und Erträge nur Veränderungen des Betriebsvermögens wieder. Nach deutschem Ver­ ständnis führen der „bestandsorientierte“ Vermögensvergleich anhand der Bilanz und die „stromorientierte“ Gewinn- und Verlustrechnung zum selben Gewinn.494 Von diesem Gleichlauf geht auch die Arbeitsgrup­ pe GKKB aus.495 Umgekehrt kann man aus der Gewinnrechnung nach

489 Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 15; Förster/Krauß, IStR 2011, S. 607, 608. 490 Art. 9 Abs. 1 GKKB-RLV; § 252 Abs. 1 Nr. 4 HS. 2, § 5 Abs. 1 S. 1 EStG. 491 Siehe Moxter, Bilanzlehre Bd. 1, S. 160 ff. 492 Siehe § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB. 493 Jakob, Einkommensteuer, S. 259. 494 Winnefeld, Bilanz-Handbuch, Kapitel G, Rz. 670. 495 Arbeitsgruppe GKKB, Bisherige Fortschritte und künftiges Programm für die GKKB, v. 12.12. und 13.12.2006, CCCTB\WP\046\doc\de, Rz. 13.

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4. Kapitel: Grundlagen der Gewinnermittlung

Art. 4 Abs. 9 GKKB-RLV eine „Schattenbilanz“ ableiten.496 Dies lässt sich am Beispiel der Abschreibungsregeln illustrieren. Der Abfluss von Geld­ mitteln zur Bezahlung eines Wirtschaftsguts des Anlagevermögens gene­ riert keine abziehbaren Aufwendungen (Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV), erst die Abschreibung führt zu einem sonstigen abziehbaren Posten (Art. 13 GKKB-RLV). Dieser abziehbare Posten wiederum ist nichts ande­ res als eine typisierte Berücksichtigung der Minderung des Betriebsver­ mögens durch den Verschleiß oder die Alterung eines Wirtschaftsguts des Anlagevermögens.497 3. Dokumentationspflichten Nach Art. 117 GKKB-RLV muss jeder Steuerpflichtige über ausreichend detaillierte Aufzeichnungen und Belege verfügen, um die ordnungsgemä­ ße Anwendung der GKKB-Richtlinie zu gewährleisten und die Durchfüh­ rung von Steuerprüfungen zu ermöglichen. Diese Vorschrift betrifft vor allem die laufenden unterjährigen Aufzeichnungen. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (Art. 5 Abs. 4 EUV) ist diese Vorgabe so zu verste­ hen, dass eine Abwägung zwischen dem Dokumentationsaufwand und dem Nutzen der Aufzeichnung für die Gewinnermittlung vorzunehmen ist. Der GKKB-RLV enthält zudem einzelne Spezialregelungen zur Dokumen­ tation. So muss nach Art. 32 GKKB-RLV ein Register des Anlage­vermögens geführt werden. Nach Art. 28 lit. a) GKKB-RLV dürfen Be­wertungseinheiten nur gebildet werden, wenn die entsprechende Si­ cherungsbeziehung vorher dokumentiert wurde und nach Art. 59 Abs. 3 S. 1 GKKB-RLV muss die Gruppe zur Aufzeichnung gruppeninterner Transaktionen eine einheitliche, hinreichend dokumentierte Methode anwenden. Die allgemeinen Vorgaben zur Dokumentation in Art. 117 GKKB-RLV sind ausgesprochen vage. Für Grenzfälle, in denen nicht offensichtlich ist, ob eine Dokumentation erforderlich ist oder nicht, bieten sie prak­ tisch keine Leitlinie. Die Abwägung, ob eine bestimmte Aufzeichnung im Rahmen der Verhältnismäßigkeit erforderlich ist, darf nur in Ausnah­ mefällen dem Steuerpflichtigen überlassen sein. Andernfalls hätten die Steuerpflichtigen Ermessenspielräume, die mit den Grundsätzen der Ob­ jektivität der Gewinnermittlung und der Belastungsgleichheit nicht ver­ einbar wären. Da es praktisch sehr schwierig ist, allgemein festzulegen, wie weit die Dokumentationspflicht geht, sollte der GKKB-RLV in den einzelnen Gewinnermittlungsvorschriften genauere Vorgaben zur ent­ sprechenden Dokumentation machen. Dazu gehört auch eine Regelung

496 Herzig, IStR 2011, S. 662, 663. 497 Siehe Art. 40 GKKB-RLV.

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A. Grundzüge der Gewinnermittlung nach dem GKKB-RLV

zur Aufbewahrungspflicht von Unterlagen vergleichbar § 257 HGB und § 147 AO. 4. Erstellung einer GKKB-Bilanz Da die Gewinn- und Verlustrechnung der GKKB zum gleichen Ergebnis führt wie eine Bilanz und Rückschlüsse auf die Wertentwicklung der ein­ zelnen Bilanzposten ermöglicht, ist die Gewinn- und Verlustrechnung nicht einfacher als die Bilanzierung. Im Ergebnis müssen die Steuer­ pflichtigen für die GKKB doch umfassende Aufzeichnung über den Be­ stand ihres Betriebsvermögens und ihrer Verbindlichkeiten führen.498 Die GKKB kann nur ermittelt werden, wenn vollständige Register zu den Wirtschaftsgütern, Rechnungsabgrenzungsposten und Schulden geführt werden. In der Summe bilden diese Register die Schattenbilanz.499 Die Arbeitsgruppe GKKB erhofft, dass eine eigenständige Schattenbilanz nicht geführt werden muss, da die entsprechenden Positionen aus der Handelsbilanz übernommen werden könnten.500 Dies dürfte jedoch kaum möglich sein, da es beim Ansatz dem Grunde nach und erst Recht beim Ansatz der Höhe nach nie eine vollständige Übereinstimmung zwischen der GKKB und den Handelsbilanzen der Körperschaften geben wird. Eine jährliche Umrechnung von Aktiva und Passiva, die in früheren Perioden erstmals bilanziert wurden, wäre kaum praktikabel und sehr anfällig da­ für, dass sich bei der Ermittlung der GKKB doch das divergierende Bilanz­ recht der Mitgliedstaaten durchsetzt. Daher wäre es sinnvoll, dass zur Ermittlung des GKKB-RLV nicht nur eine Gewinn- und Verlustrechnung geführt wird, sondern auch eine vergröbernde Bilanz.501 Eine solche Vor­ gabe würde die erhebliche Rechtsunsicherheit beseitigen, die derzeit bei der Frage besteht, inwieweit Register zu den verschiedenen Bilanzposten geführt werden müssen. Im Unterschied zur Bilanzierung nach dem HGB oder den IFRS wäre diese GKKB-Bilanz eine sehr vergröbernde Darstel­ lung der Aktiva und Passiva des Unternehmens, da zum Beispiel für Wirt­ schaftsgüter des Sammelpostens keine weitere Aufschlüsselung mehr nötig wäre und im Ergebnis auch Wirtschaftsgüter bilanziert würden, die schon aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sind.

498 Marx, DStZ 2011, S. 547, 550. 499 Herzig, DB 2012, S. 1, 2; Kuhr, Grundsätze europäischer Unternehmensbesteue­ rung, S. 73 f. 500 Arbeitsgruppe GKKB, Überblick über die wichtigsten in der vierten Sitzung der Untergruppe „Steuerbares Einkommen“ (SG3) aufgetretenen Fragen, v. 12.9.2006, CCCTB\WP\043\doc\de, Rz. 5. 501 Marx, DStZ 2011, S. 547, 550; Kuhr, Grundsätze europäischer Unternehmensbe­ steuerung, S. 75.

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4. Kapitel: Grundlagen der Gewinnermittlung

5. Zusammenfassung Die Gewinn- und Verlustrechnung nach dem GKKB-RLV führt grund­ sätzlich zu keinem anderen Ergebnis als eine Steuerbilanz. Die Erstellung der Gewinn- und Verlustrechnung erfordert die Führung einer Schatten­ bilanz, weshalb die Beschränkung auf Gewinn- und Verlustrechnung die Gewinnermittlung nicht wie erhofft vereinfacht. Um Klarheit bei den Aufzeichnungspflichten zu schaffen, sollte die Führung einer eigenstän­ digen Steuerbilanz vorgeschrieben werden. Diese wäre wegen der Typi­ sierungen des GKKB-RLV sehr vergröbernd.

IV. Begriffliche Unklarheiten Die Terminologie der GKKB ist teilweise unklar.502 Anhand der Systema­ tik der GKKB lässt sich die Bedeutung der verschiedenen Begriffe, die teilweise synonym verwandt werden, aber erschließen. Neben den be­ reits genannten Begriffen Erträge und Aufwendungen benutzt die GKKB Erlöse und Kosten, Einnahmen und Ausgaben sowie Einkünfte. Der Un­ terschied zwischen Erträgen und Erlösen liegt darin, dass Erlöse nicht erfolgswirksam sein müssen. Dies zeigt sich zum Beispiel in Art. 4 Abs. 8 S. 1 GKKB-RLV, wonach Erlöse aus beglichenen Forderungen nicht zu den Erträgen zählen. Dies ist konsequent, denn das Begleichen einer For­ derung führt in der Schattenbilanz zu einem erfolgsneutralen Akti­ ventausch. Kosten müssen im Gegensatz zu abziehbaren Aufwendungen ebenfalls nicht erfolgswirksam sein. Dies zeigt sich an Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV, wonach Kosten für Erwerb, Herstellung oder Verbesserung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens keine abziehbaren Aufwen­ dungen sind. Dies ist folgerichtig, da diese Vorfälle in der Schattenbilanz lediglich zu einer erfolgsneutralen Bilanzverlängerung (Kosten in Form einer Verbindlichkeit) oder zu einem Aktiventausch (Kosten werden so­ fort beglichen) führen. Ausgaben wird zum Teil synonym für Kosten ver­ wendet.503 Erträge werden als Einnahmen504 oder als Einkünfte bezeich­ net.505 Es wäre wünschenswert, dass diese Terminologie vereinheitlicht wird. Ansätze zu einer solchen Vereinheitlichung finden sich im Kom­ promissvorschlag der dänischen Ratspräsidentschaft.506 So soll zum Bei­

502 Herzig, IStR 2011, S. 662, 663. 503 So z.B. in Art. 12 Abs. 1 GKKB-RLV und Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV. 504 So in Art. 25 Abs. 1 UA 2 und Art. 72 GKKB-RLV GKKB-RLV; in der englischen Fassung wird in beiden Fällen konsequenterweise von revenue gesprochen, siehe auch Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 15. 505 Art. 14 Abs. 1 lit. g) GKKB-RLV (income in der englischen Fassung) und Art. 24 Abs. 2 GKKB-RLV (in der englischen Fassung konsequenterweise revenue). 506 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 4.4.2012.

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B. Allgemeine Grundprinzipien der GKKB

spiel in Art. 14 Abs. 1 lit. g) GKKB-RLV von Aufwendungen und nicht von Kosten die Rede sein.

B. Allgemeine Grundprinzipien der GKKB In Art. 9 und Art. 22 GKKB-RLV werden einige Grundprinzipien genannt, anhand derer die Bemessungsgrundlage zu ermitteln ist. Diese spezifi­ schen Grundprinzipien machen den Charakter der GKKB aus und unter­ scheiden sie von anderen denkbaren Gewinnermittlungssystemen. 507

I. Realisationsprinzip 1. Realisationsprinzip nach dem GKKB-RLV Zentrales Prinzip in Art. 9 Abs. 1 GKKB-RLV ist das Realisationsprin­ zip. Danach werden Gewinne und Verluste erst bei ihrer Realisierung erfasst. Konkretisiert wird das Realisationsprinzip in Art. 18 und Art. 19 GKKB-RLV.508 Das Realisationsprinzip charakterisiert die GKKB am stärksten. Es grenzt sie von einer cash flow-Besteuerung auf der einen Seite509 und von einer an der true an fair view orientierten Gewinnermitt­ lung auf der anderen Seite ab. Während sich das Realisationsprinzip an Umsätzen orientiert, kommt es für die Periodenabgrenzung nach dem true and fair view-Prinzip auf die reine Wertsteigerung an. Da das Reali­ sationsprinzip auch in allen Mitgliedstaaten der EU Grundlage der steuer­ lichen Gewinn­ermittlung ist,510 wäre die GKKB den Bemessungsgrundla­ gen der meisten Mitgliedstaaten wohl recht ähnlich.511 Der GKKB-RLV sieht allerdings auch wichtige Ausnahmen vom Realisa­ tionsprinzip vor. Dies gilt vor allem für Verluste und drohende Verluste, die Zwecks einer vorsichtigen Gewinnermittlung vor der Realisierung berücksichtigt werden. Wertminderungen von Wirtschaftsgütern können teilweise durch Sonderabschreibungen512 und die Bewertung von Vorrä­ ten und unfertigen Erzeugnissen zum Niederstwertprinzip513 berücksich­ tigt werden, bevor diese Verluste realisiert sind. Rückstellungen514 neh­ men Verluste vorweg, bevor diese überhaupt sicher entstanden sind. Es 507 Ausführlich zu den Prinzipien des Bilanzsteuerrechts in Europa: Kuhr, Grundsätze europäischer Unternehmensbesteuerung. 508 Dazu unten 6. Kapitel:C und 6. Kapitel:B. 509 Siehe oben 4. Kapitel:A.III. 510 Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 25. 511 Dazu mit einer qualitativen und quantitativen Erhebung: Spengel/Ortmann-Babel/Zinn/Matenaer, 4 World Tax Journal 2012, S. 185, 190. 512 Art. 41 GKKB-RLV. 513 Art. 29 Abs. 4 GKKB-RLV. 514 Art. 25 GKKB-RLV.

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4. Kapitel: Grundlagen der Gewinnermittlung

gibt aber auch Fälle, in denen Gewinne vor der Realisierung erfasst wer­ den. Die Bewertung von Finanzinstrumenten des Handelsbestands nach Art. 23 Abs. 2 GKKB-RLV zum beizulegenden Zeitwert führt dazu, dass sowohl Gewinne als auch Verluste im Zusammenhang mit diesen Instrumen­ ten vor der Realisierung berücksichtigt werden. Auch die percentage-of-completion-Methode für Verträge mit langer Laufzeit nach Art. 24 GKKB-RLV führt zu vorgezogenen Gewinnen. 2. Kompromissvorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft Nach dem Kompromissvorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft soll das Realisationsprinzip nicht mehr in Art. 9 GKKB-RLV genannt wer­ den.515 Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass die Regelungen zur Konkretisierung des Realisationsprinzips in Art. 17 bis Art. 19 GKKB-RLV, die in den Kompromissvorschlägen der dänischen und der irischen Rats­ präsidentschaft erheblich erweitert werden,516 ausreichen, um den Reali­ sierungszeitpunkt von Erträgen und Aufwand im Einzelfall bestimmen zu können und die Aufnahme des allgemeinen Prinzips zu abweichenden Auslegungen führen könnte.517 Dies trifft jedoch nicht zu. Es gibt eine Vielzahl zivilrechtlicher Vertrags­ gestaltungen, die sehr komplex sind, und sich im Lauf der Zeit wandeln, beispielhaft sind Verträge aus dem Versicherungs- oder dem Bankenbe­ reich.518 Es ist nicht möglich, die Ertrags- und Aufwandsrealisierung für jede dieser denkbaren Konstellationen abstrakt zu regeln. Daher muss in der Praxis gerade in schwierig zu beurteilenden Fällen häufig auf die all­ gemeinen Prinzipien der Gewinnermittlung zurückgegriffen werden. Dies wird für die GKKB-Gewinnermittlung noch stärker der Fall sein als für das steuerliche Gewinnermittlungsrecht der Mitgliedstaaten, weil in der EU 28 verschiedene Zivilrechtsordnungen gelten. Die GKKB-Gewinn­ ermittlungsregeln werden auf unterschiedlichste zivilrechtliche Sachver­ halte Anwendung finden, die unmöglich alle in Spezialregelungen erfasst werden können. Auch bei der Bewertung von Wirtschaftsgütern spielt das Realisations­ prinzip eine wichtige Rolle.519 Die allgemeine Regelung des Realisations­ prinzips in der späteren GKKB-Richtlinie ist daher essentiell für die möglichst einheitliche am Realisationsprinzip orientierte steuerliche Gewinnermittlung in Europa. 515 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013. 516 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschläge v. 4.4.2012 und v. 2.5.2013. 517 Rat der Europäischen Union, Explanatory notes on the compromise proposal, v. 14.10.2013. 518 Hierzu Beispiele bei Krumm, in Blümich, EStG § 5, Rz. 960. 519 Siehe unten 6. Kapitel:A.IV.1.c)bb).

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B. Allgemeine Grundprinzipien der GKKB

II. Vorsichtsprinzip Das Vorsichtsprinzip wird im GKKB-RLV im Gegensatz zum HGB und EStG520 nicht ausdrücklich genannt. Es ist aber in die Gewinnermittlung eingeflossen, weil Gewinne erst angesetzt werden, wenn sie realisiert sind und (drohende) Verluste imparitätisch unter Durchbrechung des Re­ alisationsprinzips teilweise bereits vor der Realisierung berücksichtigt werden. Gleichwohl ist das Vorsichtsprinzip kein allgemeiner Maßstab der GKKB. Vielmehr sind vorsichtige Regeln wie zum Beispiel im Fall der Sonderabschreibungen, Rückstellungen und der Bewertung von Vorräten nach dem Niederstwertprinzip die Ausnahme vom Grundsatz in Art. 9 Abs. 1 GKKB-RLV, wonach auch Verluste erst bei ihrer Realisierung er­ fasst werden. Das Vorsichtsprinzip ist für die GKKB nicht dem Realisati­ onsprinzip übergeordnet, sondern umgekehrt, sind aufgrund des Vor­ sichtsprinzips Ausnahmen vom übergeordneten Realisationsprinzip möglich.521 Damit geht das Realisationsprinzip im GKKB-RLV weiter als nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HS. 2 HGB, wonach es nur für Gewinne auf die Realisierung ankommt.522 In IASC-Framework 37 wird ebenso von Vorsicht gespro­ chen, damit ist jedoch kein Vorsichtsprinzip vergleichbar dem des HGB gemeint. Vorsicht nach der Framework bedeutet vor allem Sorgfalt bei Schätzungen, damit Aktiva nicht zu hoch und Passiva nicht zu niedrig angesetzt werden. Die bewusste Bildung von stillen Reserven ist dagegen nicht gemeint und auch eine imparitätische Gewinnermittlung ist nicht vorgesehen.523 Da die GKKB einerseits den Gewinn imparitätisch ermit­ telt, andererseits aber kein allgemeines Vorsichtsprinzip kennt und auch

520 Das Vorsichtsprinzip ist ein allgemeiner Grundsatz ordnungsgemäßer Buchfüh­ rung (siehe Fn. 239) und wird für die Bewertung in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB aus­ drücklich genannt. Für das EStG gilt die Verweisung nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG uneingeschränkt, weil es keinen Grund gibt, bei der Ausschüttungsbemessung vorsichtiger zu sein als bei der Steuerbemessung, Moxter, BB 1997, S. 195, 197. Die Ausschüttungsinteressen der einzelnen Gesellschafter müssen mit den Anfor­ derungen an die Selbstfinanzierung und Zukunftssicherung der Gesellschaft zum Ausgleich gebracht werden, BGH v. 29.3.1996 - II ZR 263/94, BGHZ 132, S. 263, 276. 521 Geht davon aus, dass das Vorsichtsprinzip stets dem Realisationsprinzip überge­ ordnet ist: Marx, DStZ 2011, S. 547, 550. 522 Bereits die Arbeitsgruppe GKKB war der Auffassung, dass das Vorsichtsprinzip für die GKKB nicht allgemein gelten soll, Arbeitsgruppe GKKB, Allgemeine Besteue­ rungsgrundsätze, v. 23.11.2004, CCCTB/WP\001\Rev1\doc\de, Rz. 27. 523 Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 51; Theile, in Heuser/ Theile (Hrsg.), IFRS, Rz. 276. Da diese Handhabung des Vorsichtsprinzips nicht zu einer vorsichtigen Bilanzierung führt, sondern nur die Verlässlichkeit der Bilanzie­ rung betont, ist es konsequent, dass das Vorsichtsprinzip in der reformierten Frame­work nicht mehr genannt werden soll, Conceptual Framework 2010 BC3.27.

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4. Kapitel: Grundlagen der Gewinnermittlung

bei Verlusten grundsätzlich auf die Realisierung abstellt, nimmt sie inso­ weit eine Mittelstellung zwischen dem HGB und den IFRS ein.524

III. Einzelerfassung/Saldierungsverbot In Art. 9 Abs. 2 GKKB-RLV ist der Grundsatz der Einzelerfassung und Bewertung geregelt. Dieser gilt ebenso im HGB, EStG525 und den IFRS.526 Der Grundsatz der Einzelerfassung ist ein zentrales Prinzip der Gewinn­ ermittlung. Er ist auch von Bedeutung für das Vorsichtsprinzip, denn er verhindert, dass negative mit positiven Wertveränderungen verrechnet werden.527 Dank der Einzelerfassung können aus der Gewinn- und Ver­ lustrechnung Rückschlüsse auf jeden fiktiven Aktiv- und Passivposten gezogen werden, was Voraussetzung für die Führung einer Schattenbilanz ist. Zudem ist er wesentliches Kriterium für die Frage, ob Aufwand für ein Wirtschaftsgut oder Sofortaufwand vorliegt.528 Der Grundsatz der Einzel­ erfassung wird für materielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit einer Nutzungsdauer von weniger als 15 Jahren erheblich eingeschränkt. Diese werden nicht einzeln erfasst, sondern nach Art. 39 GKKB-RLV in einen Sammelposten eingestellt, der einheitlich abgeschrieben wird. Eine weitere Ausnahme vom Grundsatz der Einzelerfassung gilt nach Art. 29 Abs. 1 S. 2 GKKB-RLV für austauschbare Vorräte und unfertige Erzeugnisse. Deren Kosten werden nach dem First-in-First-out-Verfahren oder nach der gewichteten Durchschnittsmethode ermittelt. In diesem Fall geht die Verarbeitung oder Veräußerung eines einzelnen Gegenstan­ des nicht mehr aus der Gewinnermittlung hervor. Ein Saldierungsverbot ist im GKKB-RLV im Gegensatz zum HGB, EStG und IFRS529 nicht ausdrücklich genannt, es ergibt sich aber implizit aus dem Grundsatz der Einzelerfassung. Eine ausdrückliche Ausnahme vom Saldierungsverbot gilt nach Art. 28 GKKB-RLV für Sicherungsgeschäfte. Offen ist, ob es weitere Ausnahmen vom Saldierungsverbot gibt. Auch im Fall von aufrechenbaren Forderungen sollte eine Ausnahme vorge­ schrieben werden.530 Andernfalls kann es vorkommen, dass ein Steuer­ pflichtiger bezüglich einer Forderung eine Sonderabschreibung nach 524 Herzig/Kuhr, StuW 2011, S. 305, 309. 525 § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB, § 5 Abs. 1 S. 1 EStG. 526 In den IFRS ist der Grundsatz der Einzelbewertung nicht explizit vorgeschrieben, er ergibt sich aber implizit aus der Framework und diversen Normen der Stan­ dards, Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 55. 527 Grünbuch der Deutsch-Französischen Zusammenarbeit, Konvergenzpunkte bei der Unternehmensbesteuerung, v. 1.2.2012, S. 42. 528 Dazu unten 6. Kapitel:A.I.3.a). 529 § 246 Abs. 2 S. 1 HGB, § 5 Abs. 1a S. 1 EStG, IAS 1.32. 530 Im deutschen Bilanzsteuerrecht ist im Fall der Aufrechenbarkeit zu saldieren, Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 56 f.

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B. Allgemeine Grundprinzipien der GKKB

Art. 41 GKKB-RLV vornimmt oder sie nach Art. 27 GKKB-RLV als unein­ bringlich abzieht, obwohl er gegenüber der gleichen Person eine Verbind­ lichkeit hat, gegen die er aufrechnen könnte. In diesem Fall ist die Saldie­ rung notwendig, damit der Steuerpflichtige sich nicht ärmer rechnen kann, als er wirklich ist, was weder mit der Objektivität der Gewinner­ mittlung noch mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip vereinbar wäre. Zur Klarstellung wäre es sinnvoll, in Art. 27 GKKB-RLV eine Regelung auf­zunehmen, wonach ein Abzug uneinbringlicher Forderungen nicht in Betracht kommt, soweit der Steuerpflichtige aufrechnen kann. In Art. 41 GKKB-RLV könnte auf diese Regelung verwiesen werden.

IV. Periodenabgrenzung und Stichtagsprinzip Nach Art. 9 Abs. 4 GKKB-RLV ist die Bemessungsgrundlage jährlich zu ermitteln, wobei das Steuerjahr vom Kalenderjahr abweichen kann. Nach dem HGB, dem EStG und den IFRS ist die Gewinnermittlung ebenso jährlich vorzunehmen, wobei sich das Geschäftsjahr auch hier nicht nach dem Kalenderjahr richten muss.531 Ziel des Bilanzrechts und der steuerli­ chen Gewinnermittlung nach § 5 EStG und der GKKB ist die periodenge­ rechte Zuordnung von Geschäftsvorfällen. Aus dem Grundsatz der Peri­ odenabgrenzung nach Steuerjahren folgt das Stichtagsprinzip, wonach es für die Gewinnermittlung auf die Verhältnisse zum letzten Tag des Steu­ erjahres (Abschlussstichtag) ankommt. Das Stichtagsprinzip ist in § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB ausdrücklich geregelt und wird in IAS 10 vorausgesetzt. Im GKKB-RLV wird das Stichtagsprinzip in einigen Einzelregelungen aus­ drücklich genannt.532 Dies zeigt, dass das Stichtagsprinzip auch für die GKKB ein allgemeines Prinzip ist.533

V. Stetigkeit Nach Art. 9 Abs. 3 GKKB-RLV erfolgt die Berechnung der Steuerbemes­ sungsgrundlage auf einheitliche Weise. Diese Einheitlichkeit hat zwei Komponenten: Ansatz- und Bewertungsmethoden müssen für ähnliche Geschäftsvorfälle innerhalb eines Steuerjahres einheitlich angewandt werden und die Methoden des vorhergehenden Steuerjahres müssen im aktuellen Steuerjahr beibehalten werden, es sei denn, es liegen außerge­ wöhnliche Umstände vor. Diese beiden Komponenten gehen nicht aus­

531 § 242 Abs. 1 S. 1 HGB, § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EStG, IAS 1.36 wobei nach IAS 1.37 auch eine Periode von 52 Wochen zulässig ist. 532 Für die Bewertung von Rückstellungen Art. 25 Abs. 1 UA 3 S. 1 GKKB-RLV, von Forderungen Art. 27 GKKB-RLV und für Sonderabschreibungen Art. 41 GKKB-RLV. 533 Zu aufhellenden Ereignissen nach dem Stichtag, siehe unten 6. Kapitel:E.

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4. Kapitel: Grundlagen der Gewinnermittlung

drücklich aus dem Wortlaut hervor, sie folgen jedoch zwangsläufig aus dem Grundsatz der Objektivität. Es darf nicht im Belieben des Steuerpflichtigen stehen, durch willkürli­ che Variation von Ansatz- und Bewertungsmethoden das Ergebnis zu ver­ ändern und so die Bemessungsgrundlage den individuellen Bedürfnissen anzupassen. Um die Vergleichbarkeit der Informationen sicherzustellen, gilt auch für die IFRS534 die innerperiodische und die periodenübergreifen­ de Stetigkeit. Im HGB535 ist nur die periodenübergreifende Stetigkeit ge­ regelt. Der Grundsatz der innerperiodischen Einheitlichkeit ist jedoch Voraussetzung für die periodenübergreifende Einheitlichkeit und folgt für das HGB auch aus dem allgemeinen Verbot der willkürlichen Bilanzie­ rung.536 Die litauische Ratspräsidentschaft hat vorgeschlagen, auf die Ausnahme vom Grundsatz der Stetigkeit für außergewöhnliche Umstände zu ver­ zichten, um eine möglichst einheitliche Gewinnermittlung sicherzustel­ len und Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden.537 Diese Objektivie­ rung dürfte vor allem in Bezug auf die periodenübergreifende Stetigkeit zu weit gehen. Die Steuerpflichtigen müssen die Möglichkeit haben, bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage Erfahrungen aus der Vergangen­ heit und veränderte Gegebenheiten zu berücksichtigen. Dies gilt vor al­ lem in Bereichen, in denen Prognosen erforderlich sind, wie zum Beispiel beim Abzug uneinbringlicher Forderungen oder der Rückstellungsbil­ dung.

VI. Identität Im deutschen Recht538 sowie in den IFRS539 gilt der Grundsatz der Bilanz­ identität. Das heißt, die Eröffnungsbilanz muss mit der Abschlussbilanz des Vorjahres identisch sein. Der Grundsatz gleicher Wertansätze gilt auch für die GKKB. Dies ergibt sich aus den Abschreibungsregeln. Das Register für Anlagevermögen nach Art. 32 GKKB-RLV ist die Basis für die Abschreibung, auch der Veräußerungserlös lässt sich anhand dieses Re­ gisters feststellen. Da die Eintragung im Anlageregister Wirkung über 534 IASC-Framework 39, IAS 8.13 ff. 535 Beibehaltung der Ansatzmethoden § 246 Abs. 3 HGB und Beibehaltung der Bewer­ tungsmethoden § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB. 536 Kupsch/Achtert, BB 1997, S. 1403, 1405. Für den Konzernabschluss regelt § 308 Abs. 1 S. 1 HGB den Grundsatz der innerperiodischen Einheitlichkeit ausdrück­ lich. 537 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013; Rat der Europä­ ischen Union, Explanatory notes on the compromise proposal, v. 14.10.2013. 538 § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB. 539 In den IFRS wird die Bilanzidentität zwar nicht ausdrücklich genannt, sie ist aber ein selbstverständlicher Grundsatz, Winnefeld, Bilanz-Handbuch, Kapitel E, Rz. 21.

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B. Allgemeine Grundprinzipien der GKKB

mehrere Steuerjahre hinweg hat, werden in der GKKB einmal getroffene Wertansätze beibehalten. Auch für die Poolabschreibung kommt es nach Art. 39 Abs. 2 GKKB-RLV auf den Wertansatz des Vorjahres an. Aus dem Grundsatz der Bilanzidentität folgt für das deutsche Steuerrecht der Grundsatz des formellen Bilanzzusammenhangs. Danach ist auch ein unrichtiger Bilanzansatz in den Folgebilanzen beizubehalten und kann erst in der Bilanz geändert werden, für die noch Änderungsvorschriften greifen.540 Nach dem GKKB-RLV ist nicht klar, ob falsche Wertansätze auch in der GKKB beibehalten werden müssen, oder ob eine erfolgswirk­ same Berichtigung nur innerhalb der Fristen des Art. 114 GKKB-RLV möglich ist. Es kommt darauf an, ob die Änderungsvorschriften nach Art. 114 GKKB-RLV insofern abschließend sind. Dafür, dass auch falsche Wertansätze beibehalten werden und Art. 114 GKKB-RLV nicht abschlie­ ßend ist, sprechen Praktikabilitätserwägungen.541 Käme es auf den materiell richtigen Bilanzansatz an, müssten die Steuer­ pflichtigen und die Finanzverwaltung stets prüfen, ob alle Ansätze aus der Vergangenheit zutreffend sind. Dies dürfte für die Poolabschreibung nach Art. 39 GKKB-RLV, für die die Werte des gesamten Pools von einem Jahr in das andere übernommen werden, praktisch unmöglich sein. Im Fall von Gebäuden, die nach Art. 36 GKKB-RLV in der Regel in 40 Jahren abgeschrieben werden, und Grundstücken, die auf unbestimmte Zeit mit den Anschaffungskosten angesetzt werden, müsste regelmäßig überprüft werden, ob die jahrzehntealte Zugangsbewertung zutreffend war. Auch wenn noch nicht klar ist, wie lange Unterlagen für die GKKB aufbewahrt werden müssen, wäre eine Aufbewahrungsfrist über mehrere Jahrzehnte wohl unverhältnismäßig. Daher würde eine Überprüfung der ursprüngli­ chen Bewertung im Fall von Grundstücken und Gebäuden häufig bereits am Fehlen der entsprechenden Unterlagen scheitern.

VII. Vollständigkeit Das Vollständigkeitsprinzip wird im GKKB-RLV nicht genannt. Im HGB und den IFRS wird die Vollständigkeit des Jahresabschlusses, zu dem auch die Gewinn- und Verlustrechnung gehört, dagegen ausdrücklich vorgeschrieben.542 Vollständigkeit der Gewinn- und Verlustrechnung be­ deutet, dass alle Aufwendungen und Erträge eines Steuerjahres erfasst werden müssen.543 Dass auch die Gewinnermittlung der GKKB vollstän­ 540 Am formellen Bilanzzusammenhang wird kritisiert, dass er die Regelungen zur Bestandskraft und Verjährung verletze: Weber-Grellet, DB 1994, S. 288, 290. 541 Zum deutschen Recht, Heinicke, in Schmidt, EStG, § 4, Rz. 703, Hey, in Tipke/ Lang (Hrsg.), § 9, Rz. 39. 542 § 246 Abs. 1 S. 1 HGB, IASC-Framework 38. 543 Vgl. Morck, in Koller/Roth/Morck (Hrsg.), HGB, § 246, Rz. 9.

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4. Kapitel: Grundlagen der Gewinnermittlung

dig sein muss, folgt jedoch implizit aus Art. 9 Abs. 2 GKKB-RLV, diese Norm bestimmt: „Transaktionen und Steuertatbestände werden einzeln ermittelt.“ Es gibt keine Einschränkung bezüglich der einzeln zu erfassenden Transaktionen und Steuertatbestände, weshalb alle Transak­ tionen und Steuertatbestände zu erfassen sind. Das Gebot der Vollstän­ digkeit folgt auch aus dem Zweck der Gewinnermittlung als Besteue­ rungsgrundlage. Aus Gründen der Belastungsgleichheit muss die Be­messungsgrundlage vollständig sein. Auch in Einkunftsarten, die kei­ ne Gewinneinkunftsarten sind, ist es selbstverständlich, Einnahmen und Werbungskosten vollständig zu erklären, ohne dass dies ausdrücklich verlangt wird. Eine Ausnahme vom Gebot der Vollständigkeit gilt nur, wenn dies vom Gesetz aus Gründen der Objektivität oder zu Lenkungs­ zwecken ausdrücklich vorgesehen ist.

VIII. Bewertungsregeln Bewertungsfragen stellen sich für die GKKB genauso wie im Fall der klas­ sischen Bilanzierung. Zwar kommt es für die GKKB nicht darauf an, zu welchem Wert ein Wirtschaftsgut in der Bilanz angesetzt werden muss, die Frage nach der Bewertung stellt sich aber zum Beispiel, wenn es dar­ um geht, die Abschreibungsbasis festzulegen, Vorräte zu bewerten, die Höhe von Sonderabschreibungen zu bestimmen oder festzulegen, in wel­ cher Höhe eine Rückstellung gebildet werden darf. Häufig beruhen diese Bewertungsfragen auf Schätzwerten mit den damit verbundenen subjek­ tiven Einschätzungsspielräumen.544 Wegen dieser fehlenden Objektivität sind Bewertungsfragen in der Praxis häufig noch strittiger als der Ansatz dem Grunde nach. Im Gegensatz zum HGB und den IFRS enthält der GKKB-RLV dennoch keine allgemeinen Bewertungsgrundsätze. Sowohl im HGB545 als auch in den IFRS546 kommt es grundsätzlich auf die Fortführungswerte an, der sogenannte going concern-Grundsatz. Neben dem Gebot der Periodenab­ grenzung ist die Unternehmensfortführung die zweite grundlegende An­ nahme der IFRS.547 Für das HGB ist neben dem Fortführungsgrundsatz die vorsichtige Bewertung nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB eine grundlegende Leitlinie. Die große Bedeutung der vorsichtigen Bewertung zeigt sich schon daran, dass allein hier das Vorsichtsprinzip ausdrücklich benannt 544 Kupsch/Achtert, BB 1997, S. 1403. 545 § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB; dazu ausführlich Winkeljohann/Büssow, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 252, Rz. 9 ff. 546 IASC-Framework 23, IAS 1.25 f. 547 IASC-Framework 22 f., beide Grundsätze werden unter der Überschrift „Zu Grun­ de liegende Annahmen“ geführt; Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermitt­ lung, S. 41.

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B. Allgemeine Grundprinzipien der GKKB

wird. Das deutsche Bilanzsteuerrecht folgt wegen des Maßgeblichkeits­ grundsatzes nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG sowohl bezüglich der Unterneh­ mensfortführung548 als auch des Vorsichtsprinzips549 dem HGB. Weder zur Frage der Unternehmensfortführung noch zum Vorsichtsprinzip äu­ ßert sich der GKKB-RLV. Die Bewertungsvorschrift des Art. 22 GKKB-RLV ist einzelfallbezogen und gibt keine allgemeinen Maßstäbe vor. Daneben finden sich verstreut weitere Bewertungsvorschriften, so zum Beispiel für Vorräte und unfertige Erzeugnisse in Art. 29 Abs. 4 GKKB-RLV und für die Abschreibungsbasis in Art. 33 GKKB-RLV. 1. Going concern-Grundsatz Der going concern-Grundsatz hat vor allem dann Bedeutung, wenn die Bewertung sich nicht nach einer monetären Gegenleistung oder den kon­ kreten Herstellungskosten richtet. Solche Fälle sind in Art. 22 Abs. 1 lit. b) – e) GKKB-RLV geregelt. Hier kommt es darauf an, ob der going concern-Grundsatz gilt. Dieser bestimmt, dass ein Wirtschaftsgut nicht zum Zerschlagungswert angesetzt werden darf, wenn dieser Wert niedri­ ger ist als der Wert, den das Wirtschaftsgut für das konkrete Unterneh­ men hat. Nach Art. 22 Abs. 1 lit. b) – e) GKKB-RLV kommt es auf den Marktpreis oder den beizulegenden Zeitwert an. Allerdings regeln diese Normen nicht ausdrücklich, wie zu bewerten ist, wenn ein aktiver Markt fehlt. Gibt es einen aktiven Markt, hat der going concern-Grundsatz kei­ ne besondere Bedeutung, denn der Wiederbeschaffungswert, zu dem das Wirtschaftsgut gebraucht erworben werden könnte, entspricht dem Zer­ schlagungswert, zu dem das Wirtschaftsgut veräußert werden könnte. Der going concern-Grundsatz hat dagegen entscheidende Bedeutung für die praktisch häufigen, nicht ausdrücklich in Art. 22 Abs. 1 lit. b)–e) GKKB-RLV geregelten Fälle, in denen es keinen aktiven Markt für ein bestimmtes Wirtschaftsgut gibt. Es stellt sich dann immer die Frage, ob es auf den Wiederbeschaffungswert, den Zerschlagungswert oder einen Zwischenwert ankommt. Es sprechen gute Gründe dafür, dass auch nach dem GKKB-RLV von Fort­ führungswerten auszugehen ist, sofern nicht mit der Auflösung des Un­ ternehmens zu rechnen ist. Der Grund, warum es keinen Markt für ein bestimmtes Wirtschaftsgut des Anlagevermögens gibt, liegt häufig darin, dass dieses Wirtschaftsgut speziell für die Bedürfnisse eines bestimmten Unternehmens hergestellt wurde. In diesem Fall ist die Differenz zwi­ schen dem Wiederbeschaffungswert und dem Zerschlagungswert zu­ meist sehr groß, denn der Zerschlagungswert entspricht häufig dem

548 Schult/Richter, DStR 1991, S. 1261, 1263. 549 Moxter, BB 1997, S. 195, 197.

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4. Kapitel: Grundlagen der Gewinnermittlung

Schrottwert.550 Für die steuerliche Gewinnermittlung, die sich am Leis­ tungsfähigkeitsprinzip orientiert, muss es im Fall der Unternehmensfort­ führung auf den Wiederbeschaffungswert abzüglich der Abnutzung an­ kommen.551 Solange das Wirtschaftsgut dem Unternehmen zur Erzielung von Erträgen dient, erhöht es das Betriebsvermögen in Höhe dieses Wer­ tes. Sollte das Wirtschaftsgut im Fall eines fiktiven Erwerbs nicht mitver­ äußert werden, würde der Erwerber nicht nur den Zerschlagungswert des Wirtschaftsguts vom Erwerbspreis abziehen, sondern den Wiederbeschaf­ fungswert abzüglich der Abnutzung. Da die Gewinn- und Verlustrech­ nung nach der GKKB letztlich nur Veränderungen des Betriebsvermögens abbilden soll, ist auf Fortführungswerte abzustellen.552 2. Vorsichtsprinzip Im Gegensatz zur HGB-Bilanz und der deutschen Steuerbilanz ist das Vorsichtsprinzip für die GKKB kein ausdrücklicher allgemeiner Grund­ satz. Dies folgt daraus, dass Art. 9 Abs. 1 GKKB-RLV im Gegensatz zu § 252 Abs. 1 Nr. 4 HS 2 HGB auch bei Verlusten auf die Realisation ab­ stellt. Allerdings betrifft Art. 9 Abs. 1 GKKB-RLV nach seinem Wortlaut nur den Ansatz dem Grunde nach. Die Vorschrift regelt, dass Gewinne und Verluste bei ihrer Realisierung zu erfassen sind. Sie regelt nicht, in welcher Höhe sie anzusetzen sind. Insbesondere bei der Bewertung von Rückstellungen und Sonderabschreibungen könnte das Vorsichtsprinzip eine Rolle spielen, ist es hier doch zumindest Anlass für den Ansatz dem Grunde nach.553 Eindeutig vorsichtig zu bewerten ist nach Art. 29 Abs. 4 GKKB-RLV im Fall von Vorräten und unfertigen Erzeugnis­ sen, da hier ausdrücklich das Niederstwertprinzip gilt. Darüber hinaus enthalten die Bewertungsregeln nach Art. 36 Abs. 2 lit. a) und b) GKKB-RLV ein Element der Vorsicht. Für gebrauchte Gebäude und langlebige gebrauchte Sachanlagen gilt ein Abschreibungszeitraum von 40 beziehungsweise 15 Jahren, es sei denn, der Steuerpflichtige weist einen kürzeren Nutzungszeitraum nach. Ist die Nutzungsdauer länger, so ist dies zu Gunsten des Steuerpflichtigen stets unbeachtlich. Allerdings dürfte bei diesen Ausnahmeregeln weniger die Vorsicht im Vordergrund stehen; in erster Linie dienen diese Nachweis­ möglichkeiten wohl der Vermeidung von unbilligen Härten für bestimm­ te Steuerpflichtige. Ginge es primär um eine vorsichtige Bewertung, dürf­ 550 Zur HGB-Bilanz: Adler/Düring/Schmaltz, HGB, § 253, Rz. 462. 551 Schult/Richter, DStR 1991, S. 1261, 1265. 552 Die Arbeitsgruppe GKKB geht für Fälle, in denen nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet wird, auch vom Wiederbeschaffungs- oder Zeitwert und damit von Fortführungswerten aus, Arbeitsgruppe GKKB, Allgemeine Besteu­ erungsgrundsätze, v. 23.11.2004, CCCTB/WP\001\Rev1\doc\de, Rz. 32. 553 Siehe dazu unten 6. Kapitel:B.II.4.c) und 6. Kapitel:B.V.3.

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B. Allgemeine Grundprinzipien der GKKB

te es nicht auf den Nachweis des Steuerpflichtigen ankommen. Im Übrigen zeigen die einzelne Abschreibung von neuen Wirtschaftsgütern nach Art. 36 Abs. 1 GKKB-RLV und die Poolabschreibung nach Art. 39 GK­ KB-RLV mit ihren festen Abschreibungszeiträumen, dass es für die Ab­ schreibung weniger auf eine vorsichtige Bewertung ankommt, sondern auf eine starke Typisierung, welche die Objektivität der Bewertung ge­ währleisten soll. Diese starken Typisierungen sorgen dafür, dass Wirt­ schaftsgüter sehr häufig unter- aber auch überbewertet werden. Letztlich kann nicht sicher gesagt werden, ob das Vorsichtsprinzip ein allgemeiner Bewertungsmaßstab der GKKB ist. 3. Zusammenfassende Beurteilung Die Bewertung von Wirtschaftsgütern nach dem GKKB-RLV richtet sich primär nach dem Realisationsprinzip und zeichnet sich durch starke Ty­ pisierungen aus, die die Objektivität der Gewinnermittlung sicherstellen sollen und dazu geeignet sind, die Befolgungskosten zu senken.554 Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte der going concern-Grundsatz aus­ drücklich in die endgültige Richtlinie aufgenommen werden. Auch sollte klargestellt werden, ob vorsichtig oder möglichst neutral zu bewerten ist. Für eine allgemein vorsichtige Bewertung spricht, dass die interperiodi­ sche Verlustverrechnung nach dem GKKB-RLV nur eingeschränkt mög­ lich ist. Daher kann die Gefahr von Unterbewertungen eher hingenom­ men werden als von Überbewertungen. Während Verluste aus früheren Überbewertungen nicht mehr ausgeglichen werden können, wenn es an entsprechenden Gewinnen in der Periode der Veräußerung oder den nach­ folgenden Perioden fehlt, beeinträchtigen Unterbewertungen die Besteu­ erung des zutreffenden Totalgewinns nicht, weil sich die entsprechenden Veräußerungsgewinne auf jeden Fall steuerlich auswirken.

IX. Kritik Der Mangel an übergreifenden Prinzipien ist der Hauptkritikpunkt an der Gewinnermittlung nach dem GKKB-RLV. Die Arbeitsgruppe GKKB hat sich zu Beginn ihrer Arbeit bewusst dagegen entschieden, ein umfassen­ des Gerüst von Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung zu erstel­ len, aus dem die einzelnen Regeln abgeleitet werden können. Sie ging den umgekehrten Weg und entwickelte zunächst die einzelnen Strukturele­ mente der Gewinnermittlung und hofft, dass sich aus diesen „konsensfä­ hige Grundsätze herauskristallisieren“.555 554 So zur Poolabschreibung Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 19. 555 Arbeitsgruppe GKKB, Allgemeine Besteuerungsgrundsätze, v. 23.11.2004, CCCTB/ WP\001\Rev1\doc\de, Rz. 36.

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4. Kapitel: Grundlagen der Gewinnermittlung

Nach dem best practice-Prinzip wurden einzelne Regelungen der Mit­ gliedstaaten und der IFRS in den Richtlinienentwurf übernommen, statt umgekehrt die wesentlichen Grundsätze zu benennen, an denen sich die Gewinnermittlung orientieren soll, und aufbauend auf diese Prinzipien die einzelnen Gewinnermittlungsregeln zu entwickeln. Dieses Vorgehen wird kritisiert, da es an einem Prinzipienfundament für die Gewinner­ mittlung fehle.556 Tatsächlich lässt der GKKB-RLV viele Fragen offen. Dies gilt für die Reichweite einzelner Prinzipien wie zum Beispiel dem Vorsichtsprinzip, aber auch für das Verhältnis widerstreitender Prinzi­ pien.557 Da das Gesetz unmöglich jeden Einzelfall durch eine Detailrege­ lung vorwegnehmen kann, führt der Mangel an Prinzipien und die Unklarheit bezüglich der Reichweite vorhandener Prinzipien zu Rechts­ unsicherheit und einer uneinheitlichen Anwendung der Gewinnermitt­ lungsregeln. Betrachtet man den Teil der GKKB-Gewinnermittlung, der bilanzielle Fragen betrifft, dürfte eine weitere Systematisierung jedoch relativ leicht möglich sein. Bereits im gegenwärtigen GKKB-RLV sind die entsprechen­ den Regelungen recht konsistent. Mit dem Realisationsprinzip besteht ein tragendes Grundprinzip, zu dem es relativ wenige Ausnahmen gibt. Diese lassen sich wiederum zum großen Teil mit dem Vorsichtsprinzip rechtfertigen. Nur die Regelungen zu den Verträgen mit langer Laufzeit und zur Bewertung von Finanzinstrumenten des Handelsbestands kön­ nen zu einer Vorverlagerung von Gewinnen führen und bedürfen insofern einer besonderen Rechtfertigung. Allerdings sollten die grundlegenden Prinzipien der bilanziellen Gewinnermittlung in der endgültigen Richtli­ nie alle ausdrücklich genannt und stärker herausgearbeitet werden.558 Die Diskussion auf Ratsebene geht derzeit allerdings in die gegenteilige Richtung. Die ganz große Mehrzahl der Mitgliedstaaten ist der Auffas­ sung, dass der GKKB-RLV weniger prinzipienbasiert und mehr regelba­ siert sein sollte, um möglichst objektive Gewinnermittlungsregeln zu schaffen.559 Sehr weit geht insofern der Vorschlag der litauischen Ratsprä­ sidentschaft, auf eine Nennung des allgemeinen Realisationsprinzips zu verzichten.560 In Wirklichkeit setzen möglichst objektive Gewinnermitt­ lungsregeln ein tragendes Prinzipienfundament voraus. Dies gilt insbe­ sondere für das Steuerrecht der EU, das in Staaten mit unterschiedlichen 556 Marx, DStZ 2011, S. 547, 549; Herzig, DB 2012, S. 1, 2 f.; ders., FR 2012, S. 761; Kahle/Schulz, FR 2013, S. 49, 51; Schulz, Harmonisierung der steuerlichen Ge­ winnermittlung, S. 103 f. 557 Marx, DStZ 2011, S. 547, 550. 558 Herzig/Kuhr, StuW 2011, S. 305, 308 f. 559 Rat der Europäischen Union, Presidency Synthesis Report on the bilateral discus­ sions v. 27.3.2013. 560 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013, Art. 9.

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B. Allgemeine Grundprinzipien der GKKB

Zivilrechtsordnungen Anwendung findet. Sollte der GKKB-RLV tatsäch­ lich in eine vor allem regelbasierte Richtung weiterentwickelt werden, würde die GKKB-Gewinnermittlung mangels eines tragenden Prinzipien­ fundaments unsystematisch und kasuistisch. Es entstünde unnötige Rechtsunsicherheit und mangels eines europaweit einheitlichen Systems der steuerlichen Gewinnermittlung wäre auch die möglichst einheitliche Anwendung der GKKB-Richtlinie nicht gewährleistet. Die Kritik am Prinzipienmangel könnte sich in Zukunft auch vermehrt auf die außerbilanziellen Korrekturen konzentrieren. Dies gilt vor allem dann, wenn die Vorschläge der dänischen, irischen und litauischen Rats­ präsidentschaften, wie zum Beispiel die Einführung einer Zinsschran­ ke und die Beschränkung des Verlustvortrages, in den Richtlinienvor­ schlag der Kommission übernommen werden. Während die Regeln des GKKB-RLV, die bilanzrechtliche Fragen betreffen, relativ leicht systemati­ siert werden können, ist es bei diesen Korrekturnormen ungleich schwie­ riger, eine grundlegende Systematik herauszuarbeiten. Als Grund für sol­ che Regelungen wird die Bekämpfung von Missbräuchen angeführt. Gerade die Zinsschranke und die Beschränkung des Verlustvortrags ge­ hen allerdings über die reine Missbrauchsbekämpfung hinaus und dienen auch dazu, das Steueraufkommen sicherzustellen.561 Steueraufkommen zu generieren ist aber kein Regelungszweck, der sich systematisieren lässt. Diese Problematik besteht unabhängig davon, ob für die GKKB der Maßgeblichkeitsgrundsatz gilt oder nicht. Für die außerbilanziellen Kor­ rekturen ist ein Rückgriff auf die GoB nicht möglich, da sie gerade das bilanzielle auf die GoB gestützte Ergebnis durchbrechen.

X. Die begrenzten Möglichkeiten des Steuergesetzgebers Im Übrigen ist der Kritik am Prinzipienmangel entgegenzuhalten, dass die Erwartungen an den europäischen Gesetzgeber nicht zu hoch gesteckt werden dürfen. Dieser bewegt sich in einem Mehrebenen-System, ohne dass er auf allen Ebenen direkten Einfluss nehmen könnte. Die Übernah­ me von Regelungen nach dem best practice-Prinzip ist typisch für die pragmatische Gesetzgebung der EU. Jedoch hat die Kommission bei der Erstellung des GKKB-RLV wohl die Möglichkeiten des Steuergesetzgebers überschätzt. Durch die GKKB sol­ len auf einen Schlag praktisch alle drängenden Probleme des Körper­ schaftsteuerrechts gelöst werden.562 Es dürfte aber unmöglich sein, durch 561 Zu den entsprechenden Regeln im deutschen Recht, Zinsschranke: Hey, in Tipke/ Lang (Hrsg.), § 11, Rz. 56; Beschränkung des Verlustvortrags: Röder, Das System der Verlustverrechnung, S. 57. 562 Röder, 4 World Tax Journal 2012, S. 125, 128.

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4. Kapitel: Grundlagen der Gewinnermittlung

einen einzigen Akt des Gesetzgebers eindeutige Regeln zu schaffen, um ganze Normensysteme zu ersetzen, die wie die Gewinnermittlungsre­ geln der Mitgliedstaaten über viele Jahre gewachsen und entsprechend verwurzelt sind. Genau diese Erwartung hat die Kommission aber durch den GKKB-RLV geweckt, denn die Konsolidierung und Aufteilung nach dem GKKB-RLV ist nur möglich, wenn die Gewinnermittlung vollstän­ dig harmonisiert ist. Eine vollständige Harmonisierung setzt aber nicht nur einheitliche Regeln, sondern auch die einheitliche Anwendung die­ ser Regeln voraus. Die einheitliche Anwendung kann der Gesetzgeber jedoch nur begrenzt sicherstellen. Er hat im Wesentlichen drei Möglichkeiten möglichst ein­ deutige Regeln zu schaffen: 1. Er kann einen prinzipienbasierten Ansatz wählen, der vor allem auf wenigen systemtragenden Grundsätzen basiert. 2. Der umgekehrte Weg wäre es, möglichst umfassende Detailregelun­ gen zu schaffen. 3. Möglich sind auch sehr starke Typisierungen. Der GKKB-RLV bedient sich vor allem der 1. und der 3. Methode. Der prinzipienbasierte Ansatz hat jedoch Grenzen. Auch wenn der Gesetzge­ ber alle wesentlichen Prinzipien nennen und aus diesen die einzelnen Regeln ableiten würde, käme es in vielen Zweifelsfällen doch zu Rechts­ unsicherheit. Rechtssicherheit bedarf nicht nur einer prinzipiengetrage­ nen Gesetzgebung, sondern auch einer Tradition in der Verwaltungspra­ xis und Rechtsprechung, wie mit abstrakt generellen Regeln im Einzelfall umzugehen ist. Erst die Praxis kann herausarbeiten, wie einzelne Prinzi­ pien konkret zu verstehen sind und wie mit widerstreitenden Prinzipien umzugehen ist.563 Diese Praxis kann der Gesetzgeber unmöglich vollstän­ dig vorwegnehmen. Ein typischer Gegensatz, den der Gesetzgeber nicht für jeden Einzelfall vorweg lösen kann, besteht beispielsweise zwischen den Prinzipien der Vollständigkeit und der Objektivität.564 IASC-Framwork 45 zeigt anschaulich, dass es wohl praktisch unmöglich sein dürfte, eine abstrakt generelle Regelung zu schaffen, die einen prak­ tikablen Leitfaden für den Ausgleich widerstreitender qualitativer Anfor­ derungen gibt. So wird in der Regel „eine angemessene Ausgewogenheit zwischen den Anforderungen angestrebt“ und die „relative Bedeutung der Anforderungen in den einzelnen Fällen ist eine Frage fachkundiger Beurteilung.“ Diese Vorgabe lässt jede Lösung zu und ist deshalb nichts­ sagend. Sogar das Ziel, eine angemessen Ausgewogenheit zwischen den 563 Siehe zu dieser Problematik im Zusammenhang mit den IFRS: Schildbach, BFuP 2003, S. 247, 249 ff. 564 Siehe oben 2. Kapitel:C.II.

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B. Allgemeine Grundprinzipien der GKKB

Zielen zu erreichen, wird relativiert, da es nur in der Regel gilt, in Einzel­ fällen also auch Extremlösungen zulässig sind. Wann diese Extremlösun­ gen zulässig sind, ist wiederum eine Frage fachkundiger Beurteilung.565 Da ein prinzipienorientierter Ansatz in vielen Fällen nicht zu eindeuti­ gen Ergebnissen führt, könnte man umgekehrt verlangen, die GKKB-­ Richtlinie dürfe auch im Detail keine Fragen offen lassen. Diese Forde­ rung stünde in Widerspruch zu dem Verlangen nach möglichst einfachen Steuergesetzen. Würde der Gesetzgeber versuchen, Gesetze zu erlassen, die jede Einzelfrage lösen, würde ein Normengeflecht entstehen, das auf­ grund seines Umfangs und seiner Kompliziertheit praktisch nicht mehr zu handhaben wäre. Daher sollte der Gesetzgeber wie oben bereits ange­ sprochen möglichst auf ausführliche Detailregelungen verzichten und insofern Mut zur Lücke haben.566 Dieser Mut zur Lücke macht es wiede­ rum notwendig, Lücken in einem langjährigen Prozess durch die Praxis auszufüllen. Dieser Prozess könnte erheblich dadurch beschleunigt wer­ den, dass der Kommission für viele Bereiche die Befugnis nach Art. 290 AEUV erteilt wird, delegierte klarstellende Rechtsakte zu erlas­ sen.567 Die Rechtsprechung kann durch eine kontinuierliche Gesetzesanwen­ dung dazu beitragen, Gesetze zu konkretisieren und grundlegende Prinzi­ pien herauszuarbeiten. Auch die GoB des deutschen Handelsrechts wur­ den in einem jahrzehntelangen Zusammenspiel des Gesetzgebers und der Rechtsprechung herausgearbeitet und konkretisiert.568 Es ist unmöglich, vergleichbare Grundsätze mit einem einzigen Akt des Gesetzgebers zu schaffen. Die häufige Kritik an den IFRS, diese seien zu unbestimmt und unsystematisch,569 dürfte zumindest zu einem erheblichen Teil nicht da­ ran liegen, dass der standard setter schlecht gearbeitet hat, sondern dar­ an, dass es für diese internationalen Bilanzierungsstandards keine höchst­ richterliche Rechtsprechung gibt, welche die Regelungen konkretisieren und systematisieren kann.570 Zum Pragmatismus des Richtlinienentwurfes passt auch, dass viele Un­ sicherheiten durch die sehr starken Typisierungen im Bereich der Ab­ schreibung vermieden werden. Stark typisierende Normen haben den Vorteil, dass sich ihre konkrete Anwendung unmittelbar erschließt, wes­ halb eine einheitliche Anwendung im Gegensatz zu einem stark prinzi­ pienorientierten Ansatz keiner jahrelangen Übung bedarf. Vor allem las­ 565 Sehr kritisch Schildbach, BFuP 2003, S. 247, 249 f. 566 Oben 3. Kapitel:C.II 567 Russo, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 363, 383. 568 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 1 ff. 569 Siehe z.B. Moxter, BB 2000, S. 2143, Schildbach, BFuP 2003, S. 247. 570 Moxter, BB 2003, S. 2559, 2564; Link, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblich­ keit, S. 207, 255.

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4. Kapitel: Grundlagen der Gewinnermittlung

sen sich Typisierungen eindeutiger und damit widerspruchsfreier regeln als allgemeine Prinzipien. Allerdings hat der typisierende Ansatz gleich­ heitsrechtliche Grenzen.571

XI. Zusammenfassende Beurteilung Auch wenn der europäische Gesetzgeber die Prinzipien der Gewinner­ mittlung in der endgültigen Richtlinie noch stärker herausarbeitet, ist eine gewisse Praxis dennoch unerlässlich, um die GKKB einheitlich an­ zuwenden. Dies gilt vor allem für die Regelungen, die wenig typisiert sind. An dieser Stelle kann es noch offen bleiben, ob diese Konkretisie­ rung allein durch die Entwicklung originär europäischer GoB erfolgen sollte, oder ob der EuGH doch auf die internationalen Bilanzierungsstan­ dards oder die Schnittmenge der GoB der Mitgliedstaaten zurückgreifen kann,572 da auch dieser Rückgriff durch eine langjährige Rechtsprechungs­ praxis konkretisiert werden müsste. Die Fortentwicklung der Gewinnermittlungsregeln des GKKB-RLV hin zu einem umfassenden System, das in allen Mitgliedstaaten einheitlich angewandt werden kann, wird erhebliche Ressourcen der Kommission und von Wissenschaft und Praxis beanspruchen. Dieser große Arbeitsbe­ darf spricht dafür, sich zunächst allein auf die Gewinnermittlung zu kon­ zentrieren. Da eine einheitliche Anwendung der Gewinnermittlungsre­ geln ein zeitintensiver Prozess ist, sollte ein grenzüberschreitender Verlustausgleich oder die vollständige Konsolidierung und Aufteilung erst in einem zweiten Schritt eingeführt werden. Diese setzen zwingend eine einheitliche Gewinnermittlung voraus.573

571 Dazu oben 1. Kapitel:A.II.1.b)cc). 572 Dazu unten 5. Kapitel:C. 573 So im Ergebnis auch: Kußmaul/Niehren, StB 2011, S. 344, 349; Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 11; Spengel/Ortmann-Babel/Zinn/Matenaer, 4 World Tax Journal 2012, S. 185, 187; dieselben, DB 2013, Beilage Nr. 2 zu Heft 8, S. 1, 2; Herzig, FR 2012, S. 761, 762.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Aus­ legung der Regeln über die harmonisierte Bemessungsgrundlage Theoretisch soll die GKKB ein autonomes Gebilde sein, das auf eigen­ ständigen Prinzipien beruht und von den Handelsbilanzen der Körper­ schaften unabhängig ist. Diese Eigenständigkeit ist wegen der Abstrakt­ heit des steuerlichen Gewinns nicht einfach zu verwirklichen. Dieser wird in gängigen Bilanzierungssystemen durch Betriebsvermögensver­ gleich ermittelt. Das bilanzielle Betriebsvermögen entspricht aber nicht dem Effektivvermögen eines Unternehmens, da der originäre Geschäfts­ wert nicht abgebildet wird.574 Es hängt von den spezifischen Zielen der Bilanzierung ab, wie Vorgänge, die sich auf das bilanzielle Vermögen aus­ wirken, von Ereignissen abgegrenzt werden, die sich nur auf den originä­ ren Geschäftswert auswirken und deshalb keine Auswirkung auf das bi­ lanzielle Vermögen und damit den Gewinn haben.575 Die Regeln der Gewinnermittlung ergeben sich nicht quasi naturgesetz­ lich aus der Sache selbst, sondern sind immer ein Spiegel der Ziele der Gewinnermittlung. Es stellt sich die Frage, ob die Ermittlung der Steuer­ bemessungsgrundlage ein hinreichend konkretes Ziel ist, um daraus ein eigenständiges System abzuleiten. Zugleich stützt sich die steuerliche Gewinnermittlung in den Mitgliedstaaten auf bestimmte Traditionen wie zum Beispiel die formalen Anforderungen an die Handelsbücher, die ebenfalls nicht zwingend sachnotwendig sind, sondern sich im Verlauf der Zeit aufgrund der Präferenzen der Beteiligten ergeben haben. In den Mitgliedstaaten wird sowohl die Frage einer Zielsetzung über das Steuer­ recht hinaus als auch die Verwurzelung in bestimmten Traditionen der Rechnungslegung durch Bezugnahme der Steuerbilanz zur Handelsbilanz erreicht. In den allermeisten Mitgliedstaaten erfolgt diese Bezugnahme durch das förmliche Maßgeblichkeitsprinzip.576 Nur in Polen besteht eine strikte Trennung zwischen der handelsrechtlichen Rechnungslegung und der steuerlichen Gewinnermittlung.577 Es ist fraglich, ob der steuerliche Gewinn in Europa vollkommen abge­ koppelt von einer außersteuerlichen Zielsetzung und von überkomme­ 574 Moxter, BB 2000, S. 2143. 575 Freedman/Macdonald, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 219, 235. 576 Europäische Kommission, Konsultationspapier, Die Anwendung der „Internatio­ nal Accounting Standards“ (IAS) ab 2005 und ihre Implikationen für die Schaffung einer konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU, Februar 2003, S. 7. 577 Spengel/Ortmann-Babel/Zinn/Matenaer, 4 World Tax Journal 2012, S. 185, 190; Schulz, Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlung, S. 46.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

nen Traditionen der Rechnungslegung ermittelt werden kann. Als Be­ zugssysteme kommen vor allem das Bilanzrecht der Mitgliedstaaten, die IFRS und die Vierte Bilanz-Richtlinie (Vierte Bilanz-RL)578 in Frage. Im Folgenden soll dargestellt werden, aus welchen Quellen die Gewinner­ mittlungsregeln der GKKB entwickelt wurden, wieso kein förmlicher Bezug zu diesen Quellen vorgesehen ist, inwieweit diese oder andere Quellen sich als Vorbild für die Weiterentwicklung des GKKB-RLV eig­ nen und ob externe Quellen später auch zur Auslegung der GKKB-Richt­ linie herangezogen werden sollten oder ob die GKKB sich von den herge­ brachten Bilanzregeln abkoppeln sollte.

A. Entwicklung des GKKB-RLV Der GKKB-RLV enthält zwar autonome Regeln zur steuerlichen Gewinn­ ermittlung, er ähnelt aber an vielen Stellen dem Steuerrecht der Mitglied­ staaten. So ist das Realisationsprinzip als zentraler Grundsatz der GKKB auch für das Bilanzsteuerrecht der Mitgliedstaaten wesentlich.579 Auch einzelne Regelungen des GKKB-RLV sind ersichtlich an das Steuerrecht der Mitgliedstaaten angelehnt. So ist z.B. Art. 14 Abs. 1 lit. g) GKKB-RLV zu den nicht abziehbaren Beteiligungskosten offensichtlich an § 8b Abs. 3 und Abs. 5 KStG orientiert. Auch Bezüge zu den IFRS finden sich häufig. Neben der teilweisen Anlehnung an die Sprache gibt es in den einzelnen Regeln des GKKB-RLV Ähnlichkeiten zu den IFRS. So hat zum Beispiel die Regelung zum wirtschaftlichen Eigentum Art. 4 Abs. 20 GKKB-RLV Ähnlichkeit mit dem Standard zum Leasing IAS 17. Die percent­age-ofcompletion-Methode nach Art. 24 GKKB-RLV lehnt sich erkennbar an IAS 11 an. Der größte Unterschied zwischen der GKKB und den körperschaftsteuer­ lichen Bemessungsgrundlagen in fast allen Mitgliedstaaten der EU liegt in der Aufgabe des Maßgeblichkeitsprinzips. Die GKKB wäre formal voll­ kommen unabhängig von der Handelsbilanz; dagegen besteht in allen Mitgliedstaaten mit Ausnahme Polens eine Verbindung zwischen der steuerlichen Gewinnermittlung und den nationalen oder internatio­nalen GoB.580 Die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die steuerliche Gewinn­ermittlung soll diese vereinfachen, indem auf bereits vorhandene 578 Vierte Richtlinie des Rates über den Jahresabschluss v. 25.7.1978, 78/660/EWG, ABl. L 222, 14.8.1978, S. 11, in der Fassung v. 14.3.2012, ABl. L 81, 21.3.2012, S. 3. 579 Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 25 f. (ohne Estland und Kroatien); in Kroatien gilt für die steuerliche Gewinnermittlung der Kapitalgesellschaften nach § 5 des Za­ kon o porezu na dobit (Körperschaftsteuergesetz) das Maßgeblichkeitsprinzip, weshalb auch in Kroatien der steuerliche Gewinn nach dem Realisationsprinzip ermittelt wird. 580 Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 19 f. (ohne Kroatien); zu Polen: Schulz, Harmonisie­ rung der steuerlichen Gewinnermittlung, S. 46; auch in Kroatien gilt für die steu­

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A. Entwicklung des GKKB-RLV

Aufzeichnungen zurückgegriffen werden kann. Dadurch sollen die steuer­ lichen Befolgungskosten gesenkt werden.581 Zudem wird das Handels­bilanzrecht als neutrales Recht angesehen, das die Steuerpflichti­ gen vor einseitig pro-fiskalischen Gewinnermittlungsregeln schützen soll.582 Umgekehrt bestünde bei einer originär steuerlichen Gewinner­ mittlung die Gefahr, dass die Systematik gegenüber Fiskalzwecken das Nachsehen hat.583 Es stellt sich die Frage, wieso das bewährte Maßgeblichkeitsprinzip auf­ gegeben werden soll. Dies ist nicht nur eine theoretische Frage, denn die Gründe, die für oder gegen eine förmliche Maßgeblichkeit der GoB der Mitgliedstaaten und der IFRS angeführt wurden, haben Bedeutung für die gegenwärtige Diskussion über die Weiterentwicklung und Auslegung der GKKB-Regeln. Im Folgenden wird nicht allgemein das Für und Wider des Maßgeblichkeitsprinzips erörtert.584 Stattdessen wird einen Schritt früher angesetzt und die Frage erörtert, ob es überhaupt handelsbilanzielle Re­ geln gibt, die als Grundlage für eine harmonisierte Körperschaftsteu­ er-Bemessungsgrundlage in Betracht kommen. Fehlt es an solchen han­ delsbilanziellen Regeln, erübrigt sich die weitere Diskussion über das förmliche Maßgeblichkeitsprinzip für die GKKB praktisch.

I. Maßgeblichkeit der GoB der Mitgliedstaaten 1. Einzelabschlüsse sind inhaltlich kaum harmonisiert Das Recht der Einzelabschlüsse ist in Europa trotz der Vierten Bilanz-RL inhaltlich kaum harmonisiert. Soweit ersichtlich hat die Vierte Bilanz-RL bei der Entwicklung des GKKB-RLV keine besondere Rolle gespielt.585 Die Vierte Bilanz-RL macht Vorgaben für das Handelsbilanzrecht der Ka­ pitalgesellschaften aller Mitgliedstaaten, ohne zu entscheiden, ob es stär­ ker auf die Ausschüttungsbemessung oder auf die Informationsfunktion ankommt.586 Den Mitgliedstaaten steht es frei, ob sie eher konservative erliche Gewinnermittlung der Kapitalgesellschaften nach § 5 des Zakon o porezu na dobit (Körperschaftsteuergesetz) der Maßgeblichkeitsgrundsatz. 581 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 26 ff. 582 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 55 f. 583 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 25 und 109. 584 Dazu: Döllerer, BB 1971, S. 1333; Wagner, DB 1998, S. 2073; Kort, FR 2001, S. 53; Weber-Grellet, BB 1999, S. 2659; ders., DStR 1998, 1343; ders., DB 1994, S. 288; Nobes, A Conceptual Framework for the Taxable Income of Businesses, S. 20 ff.; Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 35 ff.; Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1 ff. 585 Siehe Arbeitsgruppe GKKB, Überblick über die wichtigsten in der vierten Sitzung der Untergruppe „Steuerbares Einkommen“ (SG3) aufgetretenen Fragen, Sitzung v. 12.9.2006, CCCTB\WP\043\doc\de, S. 3, Fn. 3. 586 Schön, ZHR 1997, S. 133, 154.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

Bilanzierungsregeln vorgeben, die am Realisations- und Vorsichtsprinzip ausgerichtet sind, oder ob sie ihr Bilanzrecht an der true and fair view orientieren.587 Deswegen ist die Vierte Bilanz-RL sehr offen, was die Prin­ zipien angeht. Es soll ein „allgemeiner – weitgefasster – Rahmen“588 vor­ gegeben werden, während die Konkretisierung des Gewinnermittlungs­ rechts den nationalen Gesetzgebern und Gerichten überlassen wird.589 Auch die neue EU-Bilanz-Richtlinie (EU-Bilanz-RL),590 welche die Vierte Bilanz-RL zum 18.7.2013 ersetzt hat und durch die Mitgliedstaaten bis zum 20.7.2015 umgesetzt werden muss, lässt den Mitgliedstaaten zahl­ reiche Wahlrechte und dürfte daher nur in geringem Maß zu einer inhalt­ lichen Vereinheitlichung der Einzelabschlüsse in Europa führen.591 Wegen der fehlenden inhaltlichen Harmonisierung der Einzelabschlüsse in Europa kommt eine förmliche Maßgeblichkeit der GoB der Mitglied­ staaten nicht in Betracht. Eine solche Maßgeblichkeit wurde in den Bera­ tungen der Arbeitsgruppe GKKB ausgeschlossen, da die GKKB nicht mehr einheitlich wäre. Es würden die GoB jedes einzelnen Mitgliedstaa­ tes gelten.592 Dass die GKKB keinen Bezug auf die nationalen Rechnungs­ legungsvorschriften nimmt, ist auch mit Blick auf die Konsolidierung und Aufteilung konsequent, denn die hierfür zwingend notwendige ein­ heitliche Anwendung der GKKB wäre kaum möglich, wenn der GKKB 28 verschiedene Rechnungslegungssysteme zu Grunde lägen.593 2. Auswirkungen der GKKB auf die Handelsbilanzen Die Aufgabe der Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen GoB hätte zu­ mindest in Deutschland, aber wohl auch in den meisten anderen Mit­ gliedstaaten, erhebliche Auswirkungen auf die Handelsbilanzen selbst. Zum einen gäbe es im Handelsbilanzrecht mehr Rechtsunsicherheit, zum anderen würden wohl die Fälle zunehmen, in denen die Handelsbi­ lanzen falsch oder gar nicht erstellt werden. Diese Konsequenzen müssen hingenommen werden, wenn die steuerliche Gewinnermittlung, aber nicht das Recht der Einzelabschlüsse harmonisiert wird.

587 Moxter, BB 1995, S. 1463, 1466. 588 Moxter, BB 1995, S. 1463. 589 EuGH v. 7.1.2003 C-306/99 (BIAO), Slg. 2003, I-00001, Rz. 118; Moxter, BB 1995, S. 1463. 590 Richtlinie des Rates über den Jahresabschluss v. 26.6.2013, 2013/34/EU, Abl. L 182, 29.6.2013, S. 19. 591 Hilmer, BC 2013, S. 24, 28; Eggert, IWB 2014, S. 112, 115. 592 Arbeitsgruppe GKKB, Bisherige Fortschritte und künftige Pläne, v. 7.12. und 8.12.2005, CCCTB\WP\020\doc\de, Rz. 11; Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 87; Herzig, GKKB, S. 9. 593 Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 87 f.

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A. Entwicklung des GKKB-RLV

In Deutschland besteht ein enger Zusammenhang zwischen der einheit­ lichen Anwendung des Handelsbilanzrechts und der steuerlichen Maß­ geblichkeit. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Bilanzrecht er­ geht vor allem durch den BFH. Vor den Zivilgerichten gibt es relativ wenige bilanzrechtliche Streitigkeiten. Der BFH hat viel zur Systemati­ sierung des Handelsbilanzrechts beigetragen und so die Rechtssicherheit bei der Erstellung des Einzelabschlusses erhöht.594 Durch die Einführung der GKKB würde der BFH seltener als bisher über Fragen der steuerlichen Maßgeblichkeit und damit das Handelsbilanzrechts entscheiden. Nach Aufgabe des Maßgeblichkeitsprinzips bestünde die Gefahr, dass die Handelsbilanz häufig nicht mehr oder nicht mehr richtig erstellt wird.595 Für kleine Kapitalgesellschaften würde die Option für die GKKB bedeu­ ten, dass deren Einzelabschlüsse nicht mehr regelmäßig geprüft würden. Die Kontrolle durch die steuerliche Betriebsprüfung entfiele und die Pflicht, den Jahresabschluss durch einen Abschlussprüfer prüfen zu las­ sen, besteht nach § 316 Abs. 1 HGB nur für mittelgroße und große Kapi­ talgesellschaften. Es ist zu erwarten, dass kleine Kapitalgesellschaften ihren handelsrechtlichen Jahresabschluss mangels einer regelmäßigen Kontrolle stark vernachlässigen, wenn sie sich für die GKKB entscheiden.

II. Maßgeblichkeit der IFRS Alternativ zur Maßgeblichkeit der GoB der Mitgliedstaaten ließe sich das Maßgeblichkeitsprinzip im Rahmen der GKKB auch durch eine förmli­ che Verknüpfung mit den IFRS beibehalten. Neben einem unmittelbaren Verweis auf die IFRS, wie sie nach den Verlautbarungen des IASB gelten, wäre auch ein Verweis auf die IFRS denkbar, wie sie aufgrund der Über­ nahme nach der IAS-Verordnung der EU aus dem Jahr 2002596 gelten, oder eine eigenständige steuerliche Übernahme der geeigneten Standards. Die IFRS wurden vor Veröffentlichung des GKKB-RLV häufig als möglicher neutraler Ausgangspunkt für eine einheitliche körperschaftsteuerliche Gewinnermittlung in der EU genannt.597 Sie sind die einzigen detaillier­ ten, europaweit angewandten Bilanzierungsstandards. Teilweise wird in den IFRS deshalb die einzige realistische Grundlage für die Harmonisie­

594 Spricht vom BFH als „ehrlichem Makler“: Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 56. 595 Döllerer, BB 1971, S. 1333, 1335. 596 Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 v. 19.7.2002, ABl. L 243, 11.9.2002, S. 1 zuletzt geändert durch ÄndVO (EU) Nr. 475/2012, v. 5.6.2012, ABl. L 146 v. 6.6.2012, S. 1. 597 Sog. „starting point“ z.B. Mitteilung Kommission, Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage, v. 23.10.2001, EU (KOM(2001) 582 end., S. 20 f.; Kommission, v. 24.11.2003, KOM(2003) 726 end., S. 19; Schön, 44 European Taxation 2004, S. 426.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

rung der steuerlichen Gewinnermittlung in Europa gesehen.598 Die Kom­ mission sieht in den IFRS dagegen lediglich ein Hilfsmittel zur Entwick­ lung der GKKB. Herangezogen werden sollen vor allem die Sprache und einige Definitionen der IFRS. Eine förmliche Verknüpfung ist dagegen nicht vorgesehen.599 1. IAS-Verordnung Durch die IAS-Verordnung sind alle Gesellschaften, die dem Recht eines Mitgliedstaates unterliegen und an einer Börse in Europa notiert sind, ab 2005 verpflichtet, ihren konsolidierten Konzernabschluss nach den inter­ nationalen Rechnungslegungsstandards aufzustellen. Damit besteht nur für börsennotierte Muttergesellschaften eine europaweite Pflicht, nach IFRS zu bilanzieren.600 Die IAS-Verordnung betrifft nicht die Einzelab­ schlüsse. Von den ca. fünf Millionen Unternehmen in Europa fallen etwa 7.000 unter diese Verordnung.601 Trotz dieser geringen Zahl regte der Er­ lass der IAS-Verordnung eine Diskussion über die steuerliche Gewinner­ mittlung nach den Grundsätzen der IAS an.602 Grund für diese Diskussi­ on war wohl, dass durch die IAS-Verordnung trotz des eingeschränkten Anwendungsbereichs erstmals umfassende Rechnungslegungsstandards europaweit einheitlich Anwendung finden. Zwar ist die Zahl der Gesell­ schaften, die unter die Verordnung fallen, nominell klein, die gesamt­ wirtschaftliche Bedeutung der börsennotierten Konzerngesellschaften ist aber ganz erheblich. Es sind typischerweise börsennotierte Gesellschaf­ ten, die in großem Umfang grenzüberschreitend tätig werden und von der Harmonisierung der steuerlichen Bemessungsgrundlage am meisten pro­ fitieren würden.

598 Schön, 44 European Taxation 2004, S. 426, 440; ders., in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 115; ders., in Schön u.a. (Hrsg.), A CCCTB for Europe, S. 49, 73 f. 599 Mitteilung der Kommission Umsetzung des Lissabon-Programms der Gemein­ schaft: Bisherige Fortschritte und weitere Schritte zu einer gemeinsamen konsoli­ dierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), v. 5.4.2006, KOM(2006) 157 end., Tz. 3.2. 600 Ausführlich zu den betroffenen Gesellschaften: Senger/Brune, in MüKo Bilanz­ recht, HGB, § 315a, Rz. 8 ff. 601 Europäische Kommission, Konsultationspapier, Die Anwendung der „Internatio­ nal Accounting Standards“ (IAS) ab 2005 und ihre Implikationen für die Schaffung einer konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU, Februar 2003, S. 20. 602 Siehe Europäische Kommission, Konsultationspapier, Die Anwendung der „Inter­ national Accounting Standards“ (IAS) ab 2005 und ihre Implikationen für die Schaffung einer konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage für die grenzüber­ schreitende Unternehmenstätigkeit in der EU, Februar 2003; Link, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 207, 246 ff.

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A. Entwicklung des GKKB-RLV

a) Maßgeblichkeit des Konzernabschlusses Möchte man die IAS-Verordnung als Ausgangspunkt für die Harmonisie­ rung der steuerlichen Bemessungsgrundlage heranziehen, stellt sich als nächstes die Frage, ob die Bemessungsgrundlage sich nach dem Konzern­ abschluss richten soll, da nur dieser europaweit nach den IFRS aufgestellt werden muss. Diese Möglichkeit wurde von der Kommission zur Dis­ kussion gestellt,603 jedoch sehr schnell wieder verworfen.604 Gegen die Maßgeblichkeit des Konzernabschlusses spricht, dass der Konsolidie­ rungskreis in zweierlei Hinsicht zu weit wäre. Allgemein ist der Konsoli­ dierungskreis, der sich nach dem control-Konzept nach IAS 27.13605 und in Zukunft nach IFRS 10.5 ff.606 richtet, sehr weit. Besondere Bedeutung für die Kontrolle hat die Stimmrechtsmehrheit.607 Allein die Verfügungs­ möglichkeit über mehr als die Hälfte der Stimmrechte rechtfertigt aber nicht die weitreichenden Folgen der steuerlichen Konsolidierung, insbe­ sondere nicht den gruppenweiten Verlustausgleich. Durch Stimmrechts­ vereinbarungen könnten Unternehmen allein aus steuerlichen Gründen sehr leicht in Gruppen integriert werden. Für eine steuerliche Gruppe ist deswegen auch eine finanzielle Integration erforderlich. Entsprechend ge­ hört eine Tochtergesellschaft nach Art. 54 Abs. 1 GKKB-RLV nur dann zur Gruppe, wenn die Muttergesellschaft mehr als 50 % der Stimmrechte ausübt und über mehr als 75 % des Gesellschaftskapitals oder der An­ sprüche auf Gewinnbeteiligung verfügt. Außerdem werden in den Konso­ lidierungskreis nach IAS 27 weltweit alle Tochtergesellschaften einbezo­ gen. Die Gewinne von Tochtergesellschaften, die ihren steuerlichen Sitz nicht in der EU haben, müssten in einem sehr aufwändigen Verfahren aus der konsolidierten Bemessungsgrundlage herausgerechnet werden.608 Die Kommission hat die Maßgeblichkeit des Konzernabschlusses daher zu Recht verworfen. b) Maßgeblichkeit des IFRS-Einzelabschlusses Da die Konzernabschlüsse nach IFRS nicht als Grundlage der Gewinner­ mittlung in Frage kommen, ist nur die Maßgeblichkeit der Einzelab­ schlüsse nach IFRS denkbar. Gegen eine solche Maßgeblichkeit führt die 603 Siehe Europäische Kommission, Konsultationspapier, Die Anwendung der „Inter­ national Accounting Standards“ (IAS) ab 2005 und ihre Implikationen für die Schaffung einer konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage für die grenzüber­ schreitende Unternehmenstätigkeit in der EU, Februar 2003, S. 21. 604 Kommission, v. 24.11.2003, KOM(2003) 726 end., S. 22. 605 Dazu Scheffler, BB 2005, Beilage 3 zu Heft 20, S. 33, 35. 606 Dazu Pfaff, in MüKo HGB, § 294, Rz. 14 ff. 607 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 32, Rz. 201. 608 Kommission, v. 24.11.2003, KOM(2003) 726 end., S. 22 f.; Spengel, ZfCM Sonder­ heft 2/2004, S. 130, 1374; Scheffler, BB 2005, Beilage 3 zu Heft 20, S. 33, 35; Herzig, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 547, 559.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

Arbeitsgruppe GKKB an, dass viele Körperschaften in Europa keine Ein­ zelabschlüsse nach IFRS erstellen.609 Die GKKB solle nicht bis zur Verein­ heitlichung der Unternehmensrechnungslegung aufgeschoben werden.610 In Art. 5 lit. a) IAS-Verordnung wird den Mitgliedstaaten lediglich ein Wahlrecht eingeräumt, den Unternehmen zu ermöglichen oder sie zu zwingen, die Einzelabschlüsse nach IFRS vorzunehmen. Die Mitglied­ staaten haben von diesem Wahlrecht unterschiedlichen Gebrauch ge­ macht. Befreiende Einzelabschlüsse nach IFRS sind in einigen Mitglied­ staaten verboten (zum Beispiel in Deutschland), in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten dürfen oder müssen aber zumindest kapitalmarktorien­ tierte Unternehmen befreiende Einzelabschlüsse nach IFRS erstellen.611 c) Gesetzgebungskompetenz Die Problematik eines förmlichen Verweises auf Standards, die von ei­ nem privaten standard setter erstellt werden, wurde in der Literatur aus­ führlich diskutiert.612 Problematisch ist dabei nicht der Zeitpunkt des Erlasses der GKKB-Richtlinie, da der europäische Gesetzgeber willent­ lich auf die zu diesem Zeitpunkt gültigen Standards verweist und Rege­ lungen ausschließen kann, die sich seiner Auffassung nach nicht für die steuerliche Gewinnermittlung eignen. Problematisch sind alle weiteren Änderungen der IFRS, die sich dem Willen des Gesetzgebers entziehen. Ein laufender Verweis auf die anwendbaren Standards in der GKKB-Richt­ linie selbst dürfte praktisch ausgeschlossen sein. Die IFRS werden stän­ dig geändert. Die dadurch notwendigen laufenden Änderungen der Richt­ linie wären wegen des Einstimmigkeitserfordernisses im Rat nach Art. 115 AEUV schwierig. Zudem wäre aufgrund der notwendigen Um­ setzung der Richtlinie in nationales Recht eine zeitnahe Anpassung an die geänderten IFRS unmöglich. Im Falle der Maßgeblichkeit der IFRS hätte der IAS-Verordnung deshalb auch Bedeutung bezüglich der Gesetz­ gebungskompetenz zukommen können. Denkbar wäre ein förmlicher Verweis auf die IFRS, wie sie nach der IAS-Verordnung gelten.

609 Arbeitsgruppe GKKB, Bisherige Fortschritte und künftige Pläne, v. 7.12. und 8.12.2005, CCCTB\WP\020\doc\de, Rz. 9; Arbeitsgruppe GKKB, GKKB: mögliche Elemente der technischen Ausgestaltung, Sitzung v. 27.9. und 28.9.2007, CCCTB/ WP057\doc\de, Rz. 9. 610 Mitteilung der Kommission Umsetzung des Lissabon-Programms der Gemein­ schaft: Bisherige Fortschritte und weitere Schritte zu einer gemeinsamen konsoli­ dierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), v. 5.4.2006, KOM(2006) 157 end., Tz. 3.2. 611 Grünberger, IFRS, S. 19. 612 Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 31 f.; Schön, 44 European Taxation 2004, S. 426; ders., in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 108 f. m.w.N.

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A. Entwicklung des GKKB-RLV

Durch die Übernahme der Standards nach Art. 3 IAS-Verordnung werden die übernommenen IFRS Teil des Rechts der EU, weswegen ein förmli­ cher Verweis auf die übernommenen IFRS unter dem Aspekt der Gesetz­ gebungskompetenz möglich wäre, ohne dass die GKKB-Richtlinie selbst laufend angepasst werden müsste.613 Dabei kann die Kommission die IFRS nicht nach Belieben übernehmen. Das endorsement ist nach Art. 3 Abs. 2 IAS-Verordnung an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, deren Einhaltung gerichtlich überprüft werden kann.614 Nach Art. 3 Abs. 2 IAS-Verordnung ist eine Übernahme der IFRS nur zulässig, wenn die Standards ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild erge­ ben, dem europäischen öffentlichen Interesse entsprechen sowie den Kri­ terien der Verständlichkeit, Erheblichkeit, Verlässlichkeit und Vergleich­ barkeit genügen. Die Bedenken gegen die mangelnde demokratische Legitimation im Ko­ mitologieverfahren können spätestens seit der Reform der IAS-Verord­ nung entkräftet werden.615 Im Jahr 2008 wurde die IAS-Verordnung an das reformierte Komitologieverfahren aus dem Jahr 2006 angepasst. Seitdem gilt für das endorsement nach Art. 6 Abs. 2 IAS-Verordnung das soge­ nannte „Regelungsverfahren mit Kontrolle“ nach Art. 5a EG-Komitolo­ gie-Beschluss616. Nach Art. 5a EG-Komitologie-Beschluss muss die Kom­ mission zunächst die Stellungnahme des Regelungskontrollausschusses einholen, der aus Vertretern aller Mitgliedstaaten besteht. Danach kön­ nen sowohl der Rat als auch das Europäische Parlament die Übernahme von IFRS ablehnen. Dabei muss die Ablehnung durch das Europäische Parlament stets damit begründet sein, dass die Übernahme durch die Kommission über die in Art. 3 Abs. 2 IAS-Verordnung vorgesehenen Durchführungsbefugnisse hinausgeht oder dass die Übernahme mit dem Ziel oder dem Inhalt der IAS-Verordnung unvereinbar ist oder gegen die Grundsätze der Subsidiarität oder Verhältnismäßigkeit verstößt. Diese Ablehnungsgründe sind so weitgehend, dass dem Parlament eine weitrei­ chende Kontrolle möglich ist. Der Rat muss seine Ablehnung dagegen nur begründen, wenn der Vorschlag der Kommission mit der Stellung­ nahme des Regelungskontrollausschusses übereinstimmt.617 613 Spengel, IStR 2003, S. 29, 30 f.; ders., ZfCM Sonderheft 2/2004, S. 130, 132; Schön, 44 European Taxation 2004, S. 426, 428; ders. in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maß­ geblichkeit, S. 1, 108 f. 614 Dazu Schön, BB 2004, S. 763. 615 Haben Zweifel an der Legitimation: Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinner­ mittlung, S. 31 f.; Herzig/Bär, DB 2003, S. 1, 4. 616 EG-Komitologie-Beschluss v. 28.6.1999, 1999/468/EG, ABl. L 184, 17.7.1999, S. 23, zuletzt geändert durch Art. 12 ÄndVO (EU) v. 16.2.2011, 182/2011, ABl. L 55, 28.2.2011, S. 13. 617 Ausführlich zum Regelungsverfahren mit Kontrolle: Lanfermann/Röhricht, BB 2008, S. 826 f.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

Durch diese Ablehnungsmöglichkeit können das Europäische Parlament und der Rat sicherstellen, dass die Kommission bei der Übernahme der IFRS innerhalb ihrer Befugnisse bleibt, wodurch eine hinreichende demo­ kratische Legitimation für die übernommenen IFRS besteht. Im bis 2008 geltenden Regelungsverfahren nach Art. 5 EG-Komitologie-Beschluss mussten die zu übernehmenden IFRS dagegen lediglich einem Regelungs­ ausschuss bestehend aus Vertretern aller Mitgliedstaaten vorgelegt wer­ den. Stimmte die Stellungnahme des Ausschusses nicht mit dem Vor­ schlag der Kommission überein, musste das Europäische Parlament unterrichtet werden. Den Vorschlag in diesem Fall ablehnen konnte aber nur der Rat. Die demokratische Kontrolle über den Regelungsausschuss und gegebenenfalls den Rat war deutlich indirekter als nach dem neuen „Regelungsverfahren mit Kontrolle“. Neben der Übernahme nach der IAS-Verordnung käme auch eine eigen­ ständige steuerliche Übernahme in Frage.618 Für eine eigenständige steu­ erliche Übernahme müsste der Kommission in der GKKB-Richtlinie eine entsprechende Befugnis nach Art. 290 AEUV erteilt werden. Gegen eine eigenständige steuerliche Übernahme spricht indes, dass es sich bei wichtigen Änderungen der IFRS womöglich um für die steuerliche Ge­ winnermittlung wesentliche Vorschriften handeln würde, die nach Art. 290 Abs. 1 UA 2 S. 2 AEUV dem Gesetzgebungsakt vorbehalten sind. Dies wäre vor allem der Fall, wenn die Kommission einseitig nur die Än­ derungen übernehmen würde, die zu einem höheren Gewinn führen. Da­ durch könnte die Konzeption der GKKB grundlegend verändert werden. Bisher ist der EuGH bei der Prüfung der Wesentlichkeit allerdings recht großzügig.619 Auch rechtspolitisch spricht die Gefahr der einseitigen Übernahme von Änderungen der IFRS gegen ein eigenständiges steuerli­ ches endorsement. Demgegenüber wäre ein Verweis auf die IFRS, wie sie nach der IAS-Verordnung gelten, weniger problematisch, weil die Über­ nahme nach der IAS-Verordnung allein auf die handelsrechtlichen Kon­ zernabschlüsse ausgerichtet ist, die ausschließlich Informationszwecken dienen. Deswegen wäre diese Übernahme aus steuerlicher Sicht neutral. In der GKKB-Richtlinie könnte die Anwendung der übernommenen Standards ausgeschlossen werden.

618 Europäische Kommission, Konsultationspapier, Die Anwendung der „Internatio­ nal Accounting Standards“ (IAS) ab 2005 und ihre Implikationen für die Schaffung einer konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU, Februar 2003, S. 19; Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 116. Plädieren für eine eigenständige steuerliche Übernahme der IFRS: Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 92; Russo, in Weber (Hrsg.), CCCTB – Selected Issues, S. 67, 77, Essers/Russo, in Essers u.a. (Hrsg.), The Influence of IAS/IFRS on the CCCTB, S. 29, 44 ff. 619 Nettesheim, in Grabitz/Hilf/Nettesheim, AUEV, Art. 290, Rz. 38.

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A. Entwicklung des GKKB-RLV

Aber auch ein Verweis auf das endorsement nach der IAS-Verordnung hätte erhebliche Nachteile. Zum einen bestünde die Gefahr, dass die Kommission im Rahmen des endorsements für die Konzernabschlüsse eben doch steuerliche Gesichtspunkte berücksichtigte, um nachteilige Auswirkungen für das Steueraufkommen der Mitgliedstaaten zu verhin­ dern.620 In diesem Fall würden die europäischen Konzernabschlüsse allein aus steuerlichen Gründen von den IFRS abweichen und die angestrebte neutrale Information der Kapitalmärkte wäre beeinträchtigt. Der Druck auf die Kommission wäre im Fall von Änderungen der IFRS, die zu einer Schmälerung der GKKB führen würden, wohl sehr groß, weil die Bestim­ mung der Nichtanwendbarkeit dieser geänderten Standards in der GKKB-Richtlinie selbst wegen des erforderlichen einstimmigen Be­ schlusses im Rat und der Umsetzung der Richtlinie in nationale Gesetze nur mit erheblichen zeitlichen Verzögerungen möglich wäre. d) Zwischenergebnis Aufgrund der IAS-Verordnung sind die IFRS Teil des Rechts der EU ge­ worden. In jedem Mitgliedstaat gibt es Konzerne, die zumindest auch nach den IFRS bilanzieren. Darüber hinaus lassen sich aus der IAS-Ver­ ordnung keine Schlüsse für oder gegen die Maßgeblichkeit der IFRS zie­ hen. Ob eine solche Maßgeblichkeit sinnvoll wäre, hängt vor allem da­ von ab, inwieweit die IFRS sich zur Ermittlung des steuerlichen Gewinns eignen. Da viele Unternehmen keine Einzelabschlüsse nach den IFRS aufstellen, macht eine förmliche Maßgeblichkeit der IFRS nur Sinn, wenn diese Standards nur geringfügig modifiziert werden müssten. Soll­ ten dagegen starke Modifikationen erforderlich sein, wäre eine förmliche Maßgeblichkeit der IFRS nicht sinnvoll. Aus Sicht der Unternehmen, die keine Einzelabschlüsse nach den IFRS aufstellen, wäre es sinnlos, nach diesen Standards zu bilanzieren, nur um dann unter weiterem erhebli­ chem Aufwand aus dieser Bilanz eine Steuerbilanz zu entwickeln. Würden sich weite Teile der IFRS nicht für die steuerliche Gewinner­ mittlung eignen, müsste die GKKB-Richtlinie ständig an die Änderungen der IFRS angepasst werden, um zu verhindern, dass neue ungeeignete Re­ geln auf die steuerliche Gewinnermittlung Anwendung finden. Diese laufenden Anpassungen könnten im sehr aufwändigen Verfahren nach Art. 115 AEUV aber nicht umgesetzt werden. Sowohl ein Verweis auf die Übernahme der IFRS nach der IAS-Verordnung als auch eine eigenständi­ ge steuerliche Übernahme hätten den Nachteil, dass bei der Übernahme womöglich einseitig die Interessen der Fisken berücksichtigt werden.

620 Zur steuerlichen „Deformation der Handelsbilanz“ Herzig/Bär, DB 2003, S. 1, 5; Schön, 44 European Taxation 2004, S. 426, 429 f.; Herzig, GKKB, S. 10.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

2. IFRS und die Prinzipien und Ziele der steuerlichen Gewinnermittlung Eine förmliche Maßgeblichkeit der IFRS wäre nur sinnvoll, wenn die Grundprinzipien der IFRS mit den Prinzipien und den Zielen der steuer­ lichen Gewinnermittlung vereinbar wären. In der IASC-Framework wer­ den die wichtigsten Grundprinzipien der IFRS niedergelegt. Die Arbeits­ gruppe GKKB hält diese Grundsätze nach einer gewissen Anpassung für einen geeigneten Ausgangspunkt zur Entwicklung spezifischer steuerli­ cher GoB.621 Es gibt aber auch Stimmen in der Literatur, wonach die IFRS für die steuerliche Gewinnermittlung vollkommen ungeeignet seien. Schildbach spricht von einem Glauben an die „Verträglichkeit von Feuer und Wasser“.622 a) Informationsfunktion der IFRS Welchen Prinzipien die Bilanzierung folgt, hängt maßgeblich davon ab, welchen Zweck die Bilanzierung hat. Grundlegend lässt sich zwischen der Ausschüttungsbemessung und der Information unterscheiden. Die IFRS dienen nach IASC-Framework 12 bis 14 allein der Information. We­ gen dieser starken Fokussierung auf die Information wird grundlegend in Frage gestellt, ob die IFRS Grundlage der steuerlichen Gewinnermittlung sein können.623 Tatsächlich sind einige Teilbereiche der IFRS für die steu­ erliche Gewinnermittlung unerheblich, weil sie die Adressaten der Rech­ nungslegung mit Informationen versorgen sollen, die über die Ermittlung des Betriebsvermögens und des Gewinns hinausgehen. Dies gilt z.B. für die Kapitalflussrechnung nach IAS 7, die Segmentsberichterstattung nach IFRS 8 und den Eigenkapitalspiegel nach IAS 1.106 ff.624 Dass die IFRS derartige Zusatzinformationen enthalten, spricht aber nicht gegen die Maßgeblichkeit der IFRS. Die IFRS enthalten umfassende Regeln für den Vermögensvergleich und damit die Gewinnermittlung. Die Regeln zu Informationen, die darüber hinausgehen, können für die steuerliche Gewinnermittlung einfach außer Acht gelassen werden.625 Es wird angeführt, die IFRS seien wegen der Informationsfunktion für die steuerliche Gewinnermittlung ungeeignet, da sie zukunftsorientiert sei­ en, während es für die klassische Handelsbilanz auf die Ermittlung des ausschüttbaren Vermögens und damit auf die Vergangenheit ankom­

621 Arbeitsgruppe GKKB, Allgemeine Besteuerungsgrundsätze, v. 23.11.2004, CCCTB/ WP\001\Rev1\doc\de, Rz. 34. 622 Schildbach, IRZ 2007, S. 91, 94. 623 Herzig/Bär, DB 2003, S. 1, 4; Schildbach, IRZ 2007, S. 91, 94. 624 Spengel, ZfCM Sonderheft 2/2004, S. 130, 137. 625 Spengel, ZfCM Sonderheft 2/2004, S. 130, 137.

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A. Entwicklung des GKKB-RLV

me.626 In Wirklichkeit handelt es sich bei der Zukunftsorientierung eher um ein Scheinproblem, das gilt zumindest für den Ansatz dem Grunde nach. Der Wert des ausschüttbaren Vermögens ist davon abhängig, wel­ chen Nutzen dieses Vermögen in der Zukunft für das Unternehmen er­ bringen kann. Lassen Gegenstände auf keine Weise einen zukünftigen Nutzen erwarten – auch nicht durch Veräußerung – erhöhen sie auch das gegenwärtig ausschüttbare Vermögen nicht.627 Im Fall drohender Ver­ bindlichkeiten und Verluste blickt auch die klassische Handelsbilanz durch Rückstellungen in die Zukunft. Ein tatsächlicher Unterschied zwischen der informationsorientierten in­ ternationalen Bilanzierung und der klassischen Handels- und Steuerbi­ lanz liegt in der Bewertung.628 Das Bestreben durch die IFRS ein mög­ lichst realitätsgerechtes Bild vom Unternehmensvermögen zu geben, führt zu hoher Subjektivität.629 Die IFRS sind nicht konsequent am Rea­ lisationsprinzip ausgerichtet, dieses wird sogar zu Gunsten der fair value-Bewertung immer stärker zurückgedrängt.630 Da die GKKB mög­ lichst nach dem Realisationsprinzip ermittelt werden soll, müsste in der GKKB-Richtlinie nahezu jede Regelung der IFRS ausgeschlossen werden, die eine fair value-Bewertung vorsieht. Ein weiteres grundlegendes Problem der IFRS als Grundlage für die steu­ erliche Gewinnermittlung ist, dass die Standards häufig sehr kompliziert sind.631 Der Versuch die Realität möglichst genau abzubilden, resultiert häufig in recht kasuistischen Regeln. Diese komplizierten Regeln wür­ den nicht nur zu hohen Befolgungskosten führen, sondern auch die Ob­ jektivität der steuerlichen Gewinnermittlung beeinträchtigen, weil sehr komplizierte Regeln zumeist faktische Einschätzungsspielräume und

626 Strunk, StuB 2003, S. 397, 398 f.; Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermitt­ lung, S. 36 f.; Küting, DB 2011, S. 1404, 1407. 627 Ausführlich Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 49 ff. Zu einem echten Unterschied zwischen handelsrechtlicher und steuerbilanzieller Gewinnermittlung kommt Wagner, der eine periodengerechte steuerliche Gewinn­ ermittlung insgesamt für überflüssig hält und allein auf die Anreizwirkung der einzelnen Regeln abstellen möchte: Wagner, BB 2002, S. 1885, 1888 ff. 628 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 48; siehe auch die Bei­ spiele zur stärkeren Zukunftsorientierung bei Küting, die zum Großteil Bewer­ tungsfragen betreffen: Küting, DB 2011, S. 1404, 1407. 629 Dazu oben 2. Kapitel:C.III. 630 Vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung ist die Einführung von IFRS 13 im Jahr 2013. Dieser Standard macht einheitliche Vorgaben für die fair value-Bewertung. Er schreibt zwar selbst nicht vor, wann zum fair value zu bewerten ist, er wurde aber erst notwendig, weil der fair value-Bewertung in den IFRS immer größere Be­ deutung zukommt; Große, KoR 2011, S. 286. 631 Zur Komplexität der IFRS und vor allem zur Zunahme dieser Komplexität: Füllbier/Kuschel, DB 2012, S. 929.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

damit implizite Wahlrechte zur Folge haben.632 Die genannten Unter­ schiede schließen die Maßgeblichkeit der IFRS für die steuerliche Gewinn­ ermittlung nicht zwingend aus, denn ungeeignete Standards könnten von der Verweisung in der GKKB-Richtlinie ausdrücklich ausgeschlossen werden.633 Diese Verweisung wäre wegen der Ausschlüsse aber selbst sehr kompliziert und würde wohl nicht den Vereinfachungseffekt brin­ gen, der von der Maßgeblichkeit allgemein erhofft wird. b) Wesentlichkeit Die Kommission hat Bedenken gegen die Anwendung des Grundsatzes der Wesentlichkeit (materiality) nach IASC-Framework 29 f.634 Sie führt aus, steuerliche Berechnungen müssten derzeit meist auf die Einserstelle einer Währungseinheit genau sein, was nicht mit dem materiality-Grund­ satz vereinbar sei.635 Nach IASC-Framework 30 sind Informationen we­ sentlich, wenn sie die wirtschaftlichen Entscheidungen der Adressaten beeinflussen können, weshalb Beträge gerundet werden können. Eine ge­ nauere Definition der Wesentlichkeit findet sich in den IFRS nicht. Eine genaue Quantifizierung ist nicht möglich, eine wichtige Rolle spielt aber die Größe des Unternehmens. Bestimmte Detailinformationen können angesichts der Größe des Gesamtunternehmens an Relevanz verlieren.636 Ein derart weiter Beurteilungsspielraum der Steuerpflichtigen stünde tat­ sächlich im Widerspruch zum Grundsatz der steuerlichen Objektivität. Im Fall der Maßgeblichkeit der IFRS müsste der Grundsatz der Wesent­ lichkeit konkretisiert werden, was zu Durchbrechungen der Maßgeblich­ keit führen würde. Insbesondere wären Typisierungen notwendig, zum Beispiel zum Sofortabzug geringwertiger Wirtschaftsgüter des Anlagever­ mögens. Der Grundsatz der Wesentlichkeit dürfte aber kein grundsätzli­ ches Problem sein. Die genaue Berechnung von Beträgen könnte in der GKKB-Richtlinie selbst vorgeschrieben werden. Zudem ist in der Praxis die Bewertung, das heißt die genaue Bestimmung von Beträgen, regelmäßig weitaus schwie­ riger als die weitere Berechnung auf Basis dieser Beträge. In vielen Fällen ist es illusorisch, zu glauben, man könne auf die Einserstelle der Wäh­ rungseinheit genau bewerten. Man denke nur an die Bewertung von 632 Siehe zum Beispiel das faktische Aktivierungswahlrecht von Entwicklungskos­ ten, unten 6. Kapitel:A.IV.1.b)hh)(3). 633 Spengel, ZfCM Sonderheft 2/2004, S. 130, 138. 634 Z.B. Kommission, v. 24.11.2003, KOM(2003) 726 end., S. 20. 635 Europäische Kommission, Konsultationspapier, Die Anwendung der „Internatio­ nal Accounting Standards“ (IAS) ab 2005 und ihre Implikationen für die Schaffung einer konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU, Februar 2003, S. 13. 636 Schön, 44 European Taxation 2004, S. 426, 437; Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 1, Rz. 65.

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A. Entwicklung des GKKB-RLV

Rückstellungen. Wie genau die Bewertung ist, hängt häufig davon ab, wie genau ein bestimmter Vorgang dokumentiert wird. Vom Steuerpflichti­ gen kann nicht erwartet werden, jede erdenkliche Dokumentation vorzu­ nehmen. Für die Frage, welche Aufzeichnungen erforderlich sind, würde der Grundsatz der Wesentlichkeit einen sinnvollen theoretischen Aus­ gangspunkt bilden.637 Aus Gründen der steuerlichen Belastungsgleichheit dürfte der Umfang der Dokumentationspflichten aber nicht von der Grö­ ße des Unternehmens abhängen.638 Letztlich spricht der Grundsatz der Wesentlichkeit weder für noch gegen eine Maßgeblichkeit der IFRS. Einerseits ließe sich der Grundsatz der Wesentlichkeit an die Erfordernisse der steuerlichen Gewinnermittlung anpassen. Andererseits besteht auch kein wirklicher Bedarf, den Grund­ satz der Wesentlichkeit auf die GKKB anzuwenden, denn die konsequen­ te Anwendung des europäischen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfte ausreichen, um übertriebene Dokumentationspflichten zu verhin­ dern.639 c) Wirtschaftliche Betrachtungsweise Nach Auffassung der Kommission ist der Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (substance over form) nach IASC-Framework 35 nur bedingt mit den steuerlichen Grundsätzen vereinbar.640 Ob diese Auffas­ sung zutrifft, hängt ganz davon ab, wie man den Grundsatz der wirt­ schaftlichen Betrachtungsweise versteht. Würde er so verstanden, dass es für die steuerliche Beurteilung eines Sachverhalts allein auf eine wirt­ schaftliche Betrachtung ankommt, die unabhängig ist von der zu Grunde liegenden zivilrechtlichen Beurteilung, so wäre der Grundsatz der wirt­ schaftlichen Betrachtungsweise tatsächlich problematisch.641 Im Steuerrecht werden Sachverhalte allerdings häufig abweichend von der zivilrechtlichen Einordnung anhand ihres wirtschaftlichen Gehalts beurteilt. Für das deutsche Steuerrecht ist es allgemein anerkannt, dass die steuerliche Beurteilung von der zivilrechtlichen Einordnung abwei­ chen kann, wenn die zivilrechtliche Betrachtung die wirtschaftlichen

637 Hält den Grundsatz der Wesentlichkeit für bedeutend für die steuerliche Gewinn­ ermittlung: Marx, DStZ 2011, S. 547, 550. 638 Schön, 44 European Taxation 2004, S. 426, 437. 639 Dazu oben 4. Kapitel:A.III.3. 640 Kommission, v. 24.11.2003, KOM(2003) 726 end., S. 20; Europäische Kommission, Konsultationspapier, Die Anwendung der „International Accounting Standards“ (IAS) ab 2005 und ihre Implikationen für die Schaffung einer konsolidierten Steu­ erbemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU, Februar 2003, S. 13 f. 641 Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, S. 32.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

Gesichtspunkte eines Vorgangs nicht ausreichend widerspiegelt.642 Be­ sonders große Bedeutung hat der Grundsatz der wirtschaftlichen Betrach­ tung im Bilanzsteuerrecht, da es für die Aktivierung dem Grunde und der Höhe nach vor allem auf die wirtschaftliche Zurechnung und Werthaltig­ keit der Bilanzposten ankommt.643 Das BVerfG lässt die wirtschaftliche Betrachtungsweise grundsätzlich zu, solange dabei keine außerrechtli­ chen Gesichtspunkte zum Tragen kommen.644 Für die steuerliche Zuord­ nung von Wirtschaftsgütern ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise in § 39 Abs. 2 AO ausdrücklich vorgeschrieben. Danach sind Wirtschaftsgü­ ter dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen, wenn wirtschaftli­ ches und zivilrechtliches Eigentum auseinanderfallen. Auch für die GKKB kommt es nach Art. 4 Abs. 20 GKKB-RLV auf den wirtschaftlichen Eigentümer an. Allerdings ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise im deutschen Steu­ errecht und im GKKB-RLV eher punktuell geregelt. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise kein allgemeiner Auslegungsgrundsatz ist, weil die zivilrechtliche Gestaltung des Sachver­ halts durch den Steuerpflichtigen der Besteuerung vorausgeht. Vielmehr ist die Abweichung von den Vorgaben des Zivilrechts die Ausnahme.645 Die genaue Reichweite dieses Grundsatzes ist im deutschen Steuerrecht aber immer noch unklar.646 Dagegen bieten die IFRS mit dem substance over form-Grundsatz eine theoretisch überzeugende Konzeption, wie mit Abweichungen vom Zivilrecht umzugehen ist.647 In der Praxis der IFRS führt das substance over form-Prinzip nicht dazu, dass die zivilrechtli­ chen Zusammenhänge nach Belieben außer Acht gelassen werden. Viel­ mehr wirkt sich das Prinzip vor allem in Bereichen aus, in denen die IFRS konkrete Vorgaben machen, inwieweit der wirtschaftliche Gehalt eines Geschäftsvorfalls abweichend von der äußeren Form zu berücksichtigen ist.648 Damit eignet sich der substance over form-Grundsatz für ein Bi­ lanzsteuerrecht, das grundsätzlich den zivilrechtlichen Wertungen folgt und nur in begründeten Einzelfällen abweichende Wertungen trifft. Der substance over form-Grundsatz spricht nicht gegen eine steuerliche Maßgeblichkeit der IFRS; im Gegenteil, er wäre ein geeigneter Maßstab, um den wirtschaftlichen Gehalt von Geschäftsvorfällen steuerlich zu er­ fassen. Es bedürfte lediglich einer steuerrechtlichen Konkretisierung.

642 Ausführlich: Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. III, S. 1629 ff. 643 Siehe Eibelshäuser, DStR 2002, S. 1426, 1431. 644 BVerfG v. 24.1.1962 - 1 BvR 232/60, BverfGE 13, S. 318, 329. 645 Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, S. 30. 646 Beispiele aus der Rechtsprechung: Eibelshäuser, DStR 2002, S. 1426, 1431 f. 647 Zum Leasing: Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 81. 648 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 1, Rz. 81.

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A. Entwicklung des GKKB-RLV

d) Einfachheit Die IFRS sind im Vergleich zum deutschen Handelsbilanzrecht häufig sehr kompliziert, was schon der Umfang der einzelnen Standards belegt. Einige Standards der IFRS sind so kompliziert, dass sie für die steuerliche Gewinnermittlung ungeeignet wären, weil sie im Massenverfahren nicht einheitlich vollzogen werden könnten. Ein förmlicher Verweis auf die IFRS verbietet sich deshalb nicht nur für Standards, die nicht mit dem Realisationsprinzip vereinbar sind, sondern auch für Standards, die zu kompliziert sind. Abstrakt ist die Grenze schwer zu ziehen, ab wann ein Standard zu kompliziert ist. Sie ist überschritten, wenn aufgrund einer Vielzahl expliziter und impliziter Wahlrechte ein einheitlicher Vollzug nicht mehr möglich ist. Konkret dürfte dies zum Beispiel für die Ab­ schreibungsregeln nach IAS 16 der Fall sein, denn die Abschreibung ein­ zelner Komponenten statt des gesamten Wirtschaftsguts ist kaum objek­ tivierbar.649 Die förmliche Maßgeblichkeit der IFRS hätte nicht nur zur Folge, dass die steuerlichen Regeln auf ein insgesamt sehr kompliziertes Regelwerk ver­ wiesen, sie würde auch die steuerlichen Regeln selbst verkomplizieren. In der GKKB-Richtlinie müsste ausführlich dazu Stellung genommen werden, welche Regelungen der IFRS nicht gelten, weil sie sich nicht für die steuerliche Gewinnermittlung eignen. Die IFRS verändern sich lau­ fend, weshalb die Regeln zur Ermittlung der GKKB ständig angepasst werden müssten. Es ist fraglich, ob eine zeitnahe Anpassung stets mög­ lich oder sinnvoll wäre. Aus Gründen der steuerlichen Planungssicher­ heit wäre eine schnelle Anpassung gar nicht unbedingt wünschenswert.650 Häufig würde die GKKB-Richtlinie wohl auf bereits veraltete IFRS ver­ weisen. Dadurch würde der erhoffte Vereinfachungseffekt durch die Maß­ geblichkeit beeinträchtigt, da selbst Unternehmen, die ihre Einzelab­ schlüsse nach den IFRS aufstellen, nach unterschiedlichen Regeln bilanzieren müssten. Für alle Unternehmen, die keine IFRS-Einzelab­ schlüsse erstellen, brächte die Maßgeblichkeit der IFRS keine Vereinfa­ chung. Im Gegenteil, sie müssten sich in die sehr umfangreichen und teilweise sehr detaillierten Regeln erst einarbeiten. 3. Zwischenergebnis Im Ergebnis ist der Kommission zuzustimmen, dass eine förmliche Maß­ geblichkeit der IFRS für die GKKB nicht sinnvoll wäre. Der angestrebte Vereinfachungseffekt würde für viele Unternehmen nicht eintreten, weil sie keine Einzel- oder überhaupt keine Abschlüsse nach den IFRS aufstel­ 649 Dazu unten 6. Kapitel:B.II.3. 650 Freedman/Macdonald, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 219, 255.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

len. Viele Standards eignen sich nicht für die steuerliche Gewinnermitt­ lung, weil sie eine fair value-Bewertung vorsehen oder zu kompliziert sind. Es wäre daher nur eine recht lückenhafte Verweisung auf die IFRS möglich.651 Diese Verweisung würde durch die laufenden Änderungen der IFRS zusätzlich erschwert.652 Weder eine laufende Anpassung der Richtli­ nie selbst noch ein endorsement der Standards durch die Kommission, sei es im Rahmen der IAS-Verordnung oder eigenständig für die GKKB, führen zu einer befriedigenden Lösung des Problems der laufenden Ände­ rungen.

B. Weiterentwicklung des GKKB-RLV Der gegenwärtige GKKB-RLV ist sicherlich nicht die endgültige Fassung des Richtlinienentwurfs. Zahlreiche Detailfragen sind noch offen, wes­ wegen eine Weiterentwicklung des Entwurfs notwendig ist, bevor dieser als Richtlinie erlassen werden kann. Primär sollte sich die Weiterent­ wicklung des GKKB-RLV nach dessen autonomen Prinzipien richten. So­ fern diese zu keinem eindeutigen Ergebnis kommen, ist fraglich, inwie­ weit auf andere Quellen zurückgegriffen werden sollte.

I. Weiterentwicklung anhand des Bilanz- und Bilanzsteuerrechts der Mitgliedstaaten Grundsätzlich ist eine möglichst große Übereinstimmung der GKKB mit den Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlagen in den Mitgliedstaaten wünschenswert. Diese erleichtert die Umstellung auf die GKKB, erhöht die Vergleichbarkeit mit den nationalen Körperschaftsteuer-Bemessungs­ grundlagen und häufig auch mit den Bemessungsgrundlagen der Personen­ gesellschaften und Einzelunternehmern. Durch die Übereinstimmung mit den nationalen Gewinnermittlungsregeln würde die Einfachheit und Transparenz der Steuersysteme gefördert, was auch dazu beitragen wür­ de, die Befolgungskosten möglichst niedrig zu halten. Je geringer die Unterschiede zwischen der GKKB und den nationalen Körperschaftsteuer-­ Bemessungsgrundlagen wären, desto weniger müssten die Mitgliedstaa­ ten ihre Körperschaftsteuersätze anpassen, um ihr Steueraufkommen stabil zu halten. Insbesondere in Bereichen, in denen eine große Überein­ stimmung zwischen den nationalen Körperschaftsteuersystemen besteht, bedarf eine Regelung in der GKKB-Richtlinie, die stark vom Recht der Mitgliedstaaten abweicht, einer besonderen Rechtfertigung. 651 Spengel, ZfCM Sonderheft 2/2004, S. 130, 137. 652 Spricht sich wegen der laufenden Änderung der IFRS auch gegen eine förmliche Maßgeblichkeit dieser Standards aus: Marx, DStZ 2011, S. 546, 549.

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B. Weiterentwicklung des GKKB-RLV

II. Weiterentwicklung anhand der IFRS Den IFRS sollte als Quelle für die Weiterentwicklung des GKKB-RLV noch größere Bedeutung beigemessen werden als dem Bilanz- und Steuer­ recht der Mitgliedstaaten. Während die Grundzüge der Gewinnermitt­ lung durch den GKKB-RLV weitgehend geregelt sind, bestehen noch viele offene Fragen bezüglich der einzelnen Gewinnermittlungsregeln. Hier bieten die IFRS regelmäßig Anregungen, da sie sehr detailliert sind. Die prinzipiellen Unterschiede zwischen den IFRS und der Gewinnermitt­ lung nach dem GKKB-RLV sprechen nicht dagegen, sich bei der Weiter­ entwicklung des GKKB-RLV an diesen Standards zu orientieren. Auch wenn die theoretischen Ausgangspunkte mit dem Realisationsprinzip und dem zumindest partiellen Vorsichtsprinzip einerseits und der true and fair view andererseits sehr unterschiedlich sind, besteht in den De­ tailregeln häufig große Übereinstimmung. Dies gilt zum Beispiel für den Begriff des Wirtschaftsguts, die Zugangsbewertung und die Behandlung schwebender Geschäfte. Der Vorteil einer weitgehenden Orientierung an den IFRS ist, dass diese von steuerlichen Erwägungen vollkommen unbeeinflusst und insofern neutral sind. Da sie europaweit einheitlich angewendet werden, sind sie auch gegenüber den Mitgliedstaaten neutral, was die politische Akzep­ tanz der GKKB erhöhen könnte. Würde sich die GKKB stark am Recht einzelner Mitgliedstaaten orientieren, könnten sich die übrigen Mitglied­ staaten dadurch benachteiligt fühlen. Die Umstellung auf die GKKB wäre für ihre Unternehmen ungleich schwieriger, weil die Gewinnermitt­ lungsregeln für diese Unternehmen und ihre Berater vollkommen neu wären. Da die IFRS bereits in ganz Europa angewandt werden, würde die einheitliche Auslegung der GKKB-Richtlinie begünstigt, wenn diese sich stark an die geeigneten IFRS anlehnen würde.653 Nicht übernommen werden sollte die Regelungstechnik der IFRS, Nor­ men durch Beispiele zu konkretisieren. Diese Technik macht den Geset­ zestext sehr lang und bringt zumeist wenig Klarheit. Beispielhafte Aus­ führungen zu bestimmten Grenzfällen tragen regelmäßig wenig zur Normkonkretisierung bei, denn den wenigen genannten Beispielen steht zumeist eine große Zahl von nicht genannten Grenzfällen gegenüber. Die Lösung dieser ungenannten Grenzfälle wird durch die Beispiele oft nicht erleichtert, denn es ist zumeist unklar, ob ein ungenannter Fall in Anleh­ nung an einen der genannten Fälle gelöst werden soll, oder ob aus der Nichterwähnung der Umkehrschluss folgt, dass der Fall gerade nicht un­ ter eine bestimmte Regelung fallen soll. Die Lösung von konkreten Fäl­ 653 Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen: Gutachten zur Einheitlichen Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer in der Europäischen Union, März 2007, S. 41.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

len sollte der höchstrichterlichen Rechtsprechung überlassen werden. Die häufige Erläuterung der IFRS durch Beispiele kommt wohl vor allem daher, dass es für die IFRS keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt.

C. Auslegung der GKKB-Richtlinie Wie die spätere GKKB-Richtlinie und die sie umsetzenden nationalen Gesetze ausgelegt werden sollen, ist eine Frage der Methodenlehre. Hier sollen nicht allgemein die Methoden der europäischen Gesetzesausle­ gung dargestellt werden.654 Insbesondere auf das Verhältnis der Richtlinie zu den nationalen Umsetzungsgesetzen wird nicht eingegangen. Statt­ dessen soll erörtert werden, wie mit Unklarheiten und Regelungslücken in der Richtlinie umzugehen ist. Das heißt, welche Quellen können her­ angezogen werden, wenn sich aus dem Wortlaut der einschlägigen Nor­ men der GKKB-Richtlinie, aus deren Systematik, den übergeordneten Prinzipien und aus den Gesetzesmaterialien für einen bestimmten Sach­ verhalt keine eindeutige Lösung ergibt. Neben den Grundprinzipien der GKKB und einzelnen Gewinnermittlungsregeln der Richtlinie, die ähnli­ che Fragen betreffen, kommen externe Quellen in Betracht, insbesondere das Bilanz- und Bilanzsteuerrecht der Mitgliedstaaten sowie die IFRS. Die Kommission geht allerdings von einer autonomen Auslegung der Richtli­ nie aus.655

I. Autonome Auslegung Die GKKB-Richtlinie soll nach dem Willen der Kommission ohne Ver­ weis auf die GoB der Mitgliedstaaten auskommen. Es sollen autonome Regeln zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage geschaffen werden.656 Autonome Regeln bedeuten nicht nur, dass es keine förmliche Verbin­ dung zwischen der GKKB-Richtlinie und den GoB der Mitgliedstaaten geben soll, nach dem Willen der Kommission soll die Richtlinie auch ohne Rückgriff auf externe Quellen insbesondere die IFRS oder das Bi­ lanz- und Bilanzsteuerrecht der Mitgliedstaaten ausgelegt werden.657 Die­ se Zielsetzung stimmt was das Recht der Mitgliedstaaten angeht mit dem vom EuGH praktizierten Grundsatz der autonomen Auslegung überein, wonach das Recht der Union ohne Rückgriff auf das Recht der Mitgliedstaaten auszulegen ist.658 Nach der Rechtsprechung des EuGH 654 Dazu ausführlich: Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, S. 35 ff. 655 GKKB-RLV, S. 5. 656 GKKB-RLV, S. 5. 657 Herzig, IStR 2011, S. 662, 663. 658 Dazu Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, S. 49, mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen.

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C. Auslegung der GKKB-Richtlinie

ist die autonome und einheitliche Auslegung von Rechtsbegriffen aus Gleichheitsgesichtspunkten geboten, sofern in der Vorschrift nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verwiesen wird.659 Die autonome Auslegung der GKKB-Richtlinie wird nach den üblichen Aus­ legungsmethoden erfolgen. Der EuGH verwendet zur Auslegung europäischen Steuerrechts die grammatikalische, historische, systemati­ sche und teleologische Methode.660 1. Systematische, grammatikalische und historische Auslegung Nicht nur die Gestaltung von Gewinnermittlungsvorschriften hat sich an den spezifischen Prinzipien und Zielen der Gewinnermittlung auszu­ richten, sondern auch die Auslegung dieser Vorschriften. „Den“ richtigen Gewinn gibt es nicht. Im Rahmen der systematischen Auslegung der GKKB-Richtlinie wird sich stets die Frage stellen, worin die spezifische Systematik der GKKB liegt, die sie von anderen denkbaren Gewinner­ mittlungssystemen unterscheidet. Dieses System ergibt sich aus den Prinzipien der GKKB-Gewinnermittlung, vor allem aus dem Realisati­ onsprinzip. Bereits im Rahmen der Wortlautauslegung muss berücksichtigt werden, nach welchem System der Gewinn ermittelt werden soll. Die Systematik der Gewinnermittlung ist untrennbar mit den zentralen Begriffen der Bi­ lanzierung verbunden. So hat zum Beispiel die Definition des Wirt­ schaftsguts entscheidende Bedeutung für die Frage, wie die Grundsätze der Objektivität und Vollständigkeit der Gewinnermittlung zum Aus­ gleich gebracht werden sollen. Das System der Leasing-Bilanzierung hängt zum großen Teil davon ab, wie das wirtschaftliche Eigentum defi­ niert wird. Die Vorstellung der Kommission, die IFRS als Ausganspunkt zu nehmen und vor allem sprachlich auf sie zurückzugreifen, darf daher nicht so verstanden werden, dass Begriffe, die aus den IFRS für die GKKB übernommen wurden, inhaltlich stets die gleiche Bedeutung haben. Eine solche inhaltliche Übereinstimmung kommt nur im Fall der systemati­ schen Übereinstimmung der betroffenen Regelungsbereiche in Frage. Die Vorstellungen des historischen Gesetzgebers werden für die GKKB eine wichtige Rolle spielen, wenn im Rahmen der teleologischen Ausle­ gung nach dem Zweck der Harmonisierung der Gewinnermittlung zu fragen ist.661 Darüber hinaus wird der historischen Auslegung wohl keine allzu große Bedeutung zukommen. Die Gesetzesmaterialen vor allem die Veröffentlichungen der Arbeitsgruppe GKKB sind zwar umfangreich, aber 659 Z.B. EuGH v. 15.7.2004, Rs. C-321/02 (Harbs), Slg. 2004, I-7101, Rz. 28, m.w.N. 660 Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, S. 50 ff. 661 Zum Zusammenhang von historischer und teleologischer Auslegung: Larenz, Me­ thodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 328.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

inhaltlich häufig nicht sehr präzise. Die Materialien spiegeln die Suche nach Kompromissen wider, die nur einen ungefähren Rahmen vorgeben sollen und schon wegen des unterschiedlichen begrifflichen Vorverständ­ nisses häufig vage bleiben.662 Teilweise wird auch bewusst unklar formu­ liert.663 2. Teleologische Auslegung a) Fiskalzweck Für die teleologische Auslegung wird es darauf ankommen, was der Zweck der Gewinnermittlung nach der GKKB-Richtlinie ist. Für die GKKB stellt sich hier das allgemeine Problem, dass der Fiskalzweck kein geeignetes Auslegungskriterium für steuerliche Normen ist.664 Wäre es der einzige Zweck einer steuerrechtlichen Regelung, staatliche Einnah­ men sicherzustellen, würde das Steuerrecht einseitig den Interessen des Fiskus folgen, es wäre dann kein Recht mehr im eigentlichen Sinne. In Wirklichkeit gibt die Rechtsordnung den Rahmen vor, innerhalb dessen der Staat Steuern erheben kann.665 Für die Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlagen der Mitgliedstaaten wird die Problematik der Ungeeignetheit des Fiskalzwecks für die Ausle­ gung steuerlicher Normen durch die Maßgeblichkeit der Handelsbilan­ zen abgemildert. Durch den Verweis auf die Handelsbilanzen wird auf Systeme Bezug genommen, die andere Zwecke verfolgen als die Siche­ rung des Steueraufkommens. Diese Zwecke können bei der Auslegung der Normen der steuerlichen Gewinnermittlung berücksichtigt werden. Deswegen bietet das förmliche Maßgeblichkeitsprinzip einen gewissen Schutz vor einer Auslegung, die einseitig der Erzielung von Steuerauf­ kommen dient.666 Dies gilt unabhängig davon, ob die Handelsbilanz in erster Linie der Information oder der Ausschüttungsbemessung dient oder ob beide Zwecke gleichberechtigt verfolgt werden.

662 Z.B. zur Definition des Vermögensgegenstands: Arbeitsgruppe GKKB, Vermögens­ gegenstände und steuerliche Abschreibung, v. 23.11.2004, CCCTB/WP\004\doc\de, Rz. 4 f. Hierzu allgemein: Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, S. 53 f. 663 Z.B. zu den allgemeinen Grundsätzen der GKKB: Arbeitsgruppe GKKB, Allgemei­ ne Besteuerungsgrundsätze, v. 23.11.2004, CCCTB/WP\001\Rev1\doc\de, Rz. 36. 664 Diese Auffassung wurde zuerst von Flume vertreten: Flume, Steuerwesen und Rechtsordnung, S. 5 ff. Sie ist inzwischen allgemeine Meinung: Schön, Die Ausle­ gung europäischen Steuerrechts, S. 25 f.; Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. III, S. 1616 ff. m.w.N.; siehe allgemein zu Konturlosigkeit des Fiskalzwecks BVerfG v. 27.6.1991 - 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, S. 239, 268 f. 665 Flume, Steuerwesen und Rechtsordnung, S. 18. 666 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 109.

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C. Auslegung der GKKB-Richtlinie

b) Auslegung anhand der Grundprinzipien der GKKB Die mangelnde Eignung des Fiskalzwecks zur teleologischen Auslegung spricht aber nicht zwingend gegen eine autonome Auslegung der GKKB-Richtlinie, denn den Steuernormen liegen Sachgesetzlichkeiten zu Grunde, die über den Fiskalzweck hinausgehen.667 Schön hat darauf hingewiesen, dass Normen des europäischen Steuerrechts immer eine „doppelte Teleologie“668 zugrunde liegt. Zweck europäischer Steuernor­ men ist stets die Einnahmenerzielung der Mitgliedstaaten und die Besei­ tigung von Hindernissen für den Binnenmarkt. Wobei sich vor allem die Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen für die teleologische Ausle­ gung heranziehen lässt.669 Dieser Dualismus trifft sicherlich auch auf die GKKB zu. Allerdings spielt die Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen für die Ausgestaltung der Gewinnermittlung noch keine entscheidende Rolle. Die Harmonisierung der Gewinnermittlung ist vielmehr Voraussetzung für die Regelungen zur Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen, wie die Erleichterung von grenzüberschreitenden Umstrukturierungen, den europaweiten Verlustausgleich und die Vereinheitlichung oder Abschaf­ fung der gruppeninternen Verrechnungspreise. Die Harmonisierung der Gewinnermittlung fördert für sich genommen den Binnenmarkt vor al­ lem durch Senkung der Befolgungskosten grenzüberschreitend tätiger Unternehmen im Vergleich zu Unternehmen, die nur in einem Mitglied­ staat tätig sind. Erstere wären nicht mehr mit grundverschiedenen Steu­ errechtsordnungen konfrontiert. Die Benachteiligung grenzüberschrei­ tender Tätigkeit würde aber durch jede Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlung beseitigt, ohne dass es auf die konkrete Ausgestaltung ankommt, dies würde vor allem im Fall einer für alle Körperschaften zwingenden GKKB gelten. Aus der Förderung des Binnenmarkts lässt sich dennoch ein Zweck der GKKB-Gewinnermittlung herleiten, der über die staatliche Einnahmen­ erzielung hinausgeht. Der Binnenmarkt wird nicht nur dadurch geför­ dert, dass grenzüberschreitend tätige Unternehmen hinsichtlich der steu­ erlichen Befolgungskosten nicht mehr benachteiligt werden, sondern auch durch eine allgemein möglichst kostengünstige Gewinnermittlung und die daraus resultierende Vermeidung von Wohlfahrtsverlusten. Da­ her kann im Rahmen der teleologischen Auslegung der Zweck einer mög­ lichst kostengünstigen Gewinnermittlung berücksichtigt werden.

667 Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, S. 27. 668 Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, S. 55. 669 Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, S. 55.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

Allgemein lässt sich der Zweck einer Regelung aus ihrer äußeren Syste­ matik und ihrer Entstehungsgeschichte ableiten.670 Herausragende Be­ deutung für die GKKB-Richtlinie hat der Grundsatz der Periodenabgren­ zung anhand des Realisationsprinzips. Aus dem Realisationsprinzip lässt sich eine eigenständige Systematik ableiten. Die möglichst konsequente Einhaltung des Realisationsprinzips dient vor allem dem Zweck, den Pe­ riodengewinn gleichmäßig und damit gleichheitsgerecht zu ermitteln,671 denn nur die prinzipiengeleitete Besteuerung ist gleichheitsgerecht.672 Das Ziel der gleichmäßigen Besteuerung nach dem Realisationsprinzip gibt der GKKB-Richtlinie einen Zweck, der über die rein staatliche Ein­ nahmenerzielung hinausgeht. Deshalb ist es zumindest theoretisch mög­ lich, die GKKB-Richtlinie autonom anhand der Zielsetzung auszulegen, die Steuerbemessungsgrundlage als realisierten Gewinn oder Verlust ei­ nes Steuerjahrs zu ermitteln. Auch die weiteren Grundsätze der GKKB wie zum Beispiel das Imparitätsprinzip und der Grundsatz der Einzeler­ fassung sind tragende Grundprinzipien, die für eine autonome Auslegung der GKKB-Richtlinie herangezogen werden können. 3. Zwischenergebnis Das Ziel die steuerliche Gewinnermittlung in Europa zu harmonisieren, wird durch eine Richtlinie, die im Grundsatz autonom ist, am besten verwirklicht. Auch für die grammatikalische und die teleologische Aus­ legung wird es vor allem auf die spezifische Systematik der GKKB an­ kommen. Die autonome Auslegung wird aber nicht in jedem Fall zu vor­ hersehbaren Ergebnissen führen. So gibt es für alle Rechtsbegriffe unvermeidbare Grenzfälle, in denen man auch unter Berücksichtigung der Prinzipien der GKKB-Richtlinie zu keinem eindeutigen Ergebnis kommen wird. Der Zweck, den Gewinn nach den tragenden Grundprin­ zipien der GKKB zu ermitteln, ist recht vage. So ist die Reichweite man­ cher Prinzipien unklar, dies gilt zum Beispiel für das Vorsichtsprinzip im Rahmen der Bewertung.673 Zudem ist der Ausgleich widerstreitender Prinzipien häufig offen, dies gilt zum Beispiel für die Grundsätze der Voll­ ständigkeit und Objektivität, wenn es um den Umfang der Anschaffungsund Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern geht. Es ist deshalb zu fragen, ob es neben der GKKB selbst Quellen gibt, auf die bei der Ausle­ gung zurückgegriffen werden kann.

670 Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. III, S. 1614. 671 Das Leistungsfähigkeitsprinzip muss bei der teleologischen Auslegung der Steuer­ gesetze stets berücksichtigt werden: Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. III, S. 1620 f. 672 Siehe oben 2. Kapitel:. 673 Siehe oben 4. Kapitel:B.VIII.2.

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C. Auslegung der GKKB-Richtlinie

II. Rückgriff auf Quellen außerhalb der GKKB-Richtlinie 1. Rückgriff auf das Bilanz- und Bilanzsteuerrecht der Mitgliedstaaten Das Verhältnis der GKKB zu den GoB und dem Bilanzsteuerrecht der Mit­ gliedstaaten ist noch nicht ganz klar. Auch die Unterlagen zum GKKB-RLV sind teilweise widersprüchlich. Während die Kommission im GKKB-RLV selbst von einer autonomen Berechnung der Steuerbemes­ sungsgrundlage ausgeht,674 wird in den Unterlagen der Arbeitsgruppe GKKB davon gesprochen, „dass die gemeinsame Steuerbemessungs­ grundlage unter Bezugnahme auf nationale GAAP ermittelt würde, wenn der Rechtsakt nicht ausdrücklich eine einheitliche Behandlung vor­ sieht.“675 In der Literatur herrscht dagegen Konsens, dass die GKKB mög­ lichst ohne Bezugnahme auf das Recht der Mitgliedstaaten ermittelt wer­ den sollte.676 Der Rückgriff auf nationale GoB wird als Gefahr für die einheitliche Ermittlung der Bemessungsgrundlage gesehen.677 Die steuer­ lichen Gewinnermittlungsvorschriften der Mitgliedstaaten weichen teil­ weise stark voneinander ab.678 Die Heranziehung der Vorschriften des je­ weiligen Mitgliedstaates hätte eine uneinheitliche Ermittlung der GKKB zur Folge, was die Ziele, die durch die GKKB erreicht werden sollen, weit­ gehend obsolet machen würde. Weder eine Senkung der Befolgungskos­ ten, noch größere Transparenz der Steuersysteme oder die Vermeidung von Qualifikationskonflikten würde erreicht.679 Daher ist ein Rückgriff auf die GoB oder Steuervorschriften des jeweiligen Mitgliedstaates, in dem die Körperschaft ihren Sitz hat, ausgeschlossen. Selbst wenn die Re­ gelung eines Mitgliedstaates Vorbild für die europäische Norm war, darf die nationale Regelung nicht für die Auslegung herangezogen werden. Etwas anderes gilt nur, wenn die europäische Norm explizit oder implizit auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist.680 Zudem kommt ein Rück­ griff auf die Gesamtheit des Rechts der Mitgliedstaaten in Betracht. a) Explizite Verweise auf das Recht der Mitgliedstaaten Nach Art. 7 GKKB-RLV unterliegt eine Gesellschaft, die sich für die GKKB qualifiziert und für sie optiert, in Bezug auf alle in der Richtlinie geregelten Fragen nicht länger der nationalen Körperschaftsteuerrege­ 674 GKKB-RLV, S. 5. 675 Arbeitsgruppe GKKB, GKKB: mögliche Elemente der technischen Ausgestaltung, Sitzung v. 27.9. und 28.9.2007, CCCTB/WP057\doc\de, Rz. 9. 676 Kahle/Dahlke/Schulz, Ubg 2011, S. 491, 493; Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 93. 677 Cline/Neubig/Phillips/Sanger/Walsh, CCCTB Study, S. 48; Freedman/Macdonald, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 219, 243. 678 Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 87. 679 Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 87 f. 680 Allgemein zum europäischen Steuerrecht mit Rechtsprechungsnachweisen: Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, S. 49

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

lung, sofern nichts anderes bestimmt ist. Diese Vorschrift darf nicht so verstanden werden, dass die Gesellschaft bezüglich jeder Regelungslücke weiterhin dem nationalen Körperschaftsteuerrecht unterliegt. Die GKKB funktioniert nur als umfassendes System, das für alle geregelten Bereiche einen Rückgriff auf die verschiedenen nationalen Rechtsordnungen nicht zulässt. Art. 7 GKKB-RLV ist deshalb so zu verstehen, dass ein Rückgriff auf das Recht der Mitgliedstaaten nur möglich ist, wenn ein abge­ schlossener Teilbereich des Körperschaftsteuerrechts nicht durch den GKKB-RLV geregelt ist.681 Ein solcher Teilbereich, der sich weiter nach nationalem Körperschaftsteuerrecht richtet, ist die Höhe des Steuersat­ zes. Auch für das Verfahren gibt es zahlreiche ungeregelte Bereiche. b) Rechtsvergleichende Betrachtung Ein indirekter Rückgriff auf das Recht der Mitgliedstaaten ist im Rah­ men der rechtsvergleichenden Analyse möglich. Diese Analyse spielte bei der Entwicklung europäischer Grundrechte eine besondere Rolle. Vor der Aufnahme einer verbindlichen Grundrechtecharta in das Recht der Union durch Art. 6 Abs. 1 EUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon aus dem Jahr 2007 war der EuGH darauf angewiesen, europäische Grund­ rechte aus der gemeinsamen Verfassungsüberlieferung der Mitgliedstaa­ ten abzuleiten.682 Diese gemeinsame Überlieferung ist nach Art. 6 Abs. 3 AEUV weiter fester Bestandteil des Unionsrechts. Entscheidend an dieser Überlieferung ist, dass es sich nicht um die Grundrechte eines einzelnen Mitgliedstaates handelt, sondern um die gemeinsame Überlie­ ferung aller Mitgliedstaaten.683 Dadurch wird eine Zersplitterung des Rechts der Union verhindert, denn es gilt ein unionsweit einheitlicher Grundrechtsstandard, der gegenüber den Grundrechten der Mitgliedstaa­ ten eigenständig ist.684 Dieser Standard ergibt sich nicht notwendig aus der Schnittmenge der Grundrechte der Mitgliedstaaten. Der „kleinste gemeinsame Nenner“ ist lediglich der Ausgangspunkt für die Entwick­ lung eigenständiger europäischer Wertungen.685 Die rechtsvergleichende Betrachtung ist über die Entwicklung der Grund­ rechte hinaus eine allgemeine Auslegungsmethode des europäischen Rechts. In Art. 340 Abs. 2 AEUV ist diese Methode ausdrücklich ge­ 681 Lehnen den Rückgriff auf das Recht der Mitgliedstaaten bei Unklarheiten grund­ sätzlich ab: Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 93. 682 Ständige Rechtsprechung, erstmals wohl EuGH v. 17.12.1970, Rs. 11-70 (Internati­ onale Handelsgesellschaft), Slg. 1970, 1125, Rz. 4 und EuGH v. 14.5.1974, Rs. 4/73 (Nold), Slg. 1974, 491, Rz. 13. 683 EuGH v. 17.12.1970, Rs. 11-70 (Internationale Handelsgesellschaft), Slg. 1970, 1125, Rz. 3. 684 Gaitanides, in von der Groeben/Schwarze, EU-/EG-Vertrag, EG Art. 220, Rz. 25. 685 Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, S. 7 und 51 f.

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C. Auslegung der GKKB-Richtlinie

nannt.686 Für diese vergleichende Betrachtung bietet sich die steuerliche Gewinnermittlung der Mitgliedstaaten an. Da diese fast immer einen Be­ zug zu den GoB der Mitgliedstaaten hat, wären auch diese heranzuzie­ hen. Ein solcher Rückgriff auf das Zivilrecht der Mitgliedstaaten zur Aus­ legung des europäischen Steuerrechts ist üblich. So wurden zum Beispiel die Begriffe „Geschenk“687 und „Entgelt“688 anhand des zivilrechtlichen Verständnisses in den Mitgliedstaaten ausgelegt. Die rechtsvergleichende Analyse kommt am ehesten dann in Betracht, wenn zwischen dem Recht der Mitgliedstaaten eine große Übereinstimmung besteht.689 Umgekehrt gibt es Bereiche, die sich eher nicht für eine rechtsvergleichende Analyse eignen, weil entweder die Regeln in den Mitgliedstaaten stark divergie­ ren690 oder weil die GKKB einen Ausgangspunkt hat, der von den Regeln der meisten Mitgliedstaaten stark abweicht.691 c) Überleitungsrechnung Formal wird die Auslegung der GKKB-Richtlinie ohne Rückgriff auf das Recht der Mitgliedstaaten erfolgen. Um die GKKB zu ermitteln, wird praktisch aber eine Überleitungsrechnung von der handelsrechtlichen Buchführung zur GKKB-Gewinnermittlung erforderlich sein.692 Sofern der handelsrechtliche Abschluss nicht nach den IFRS erstellt wird, wird es durch die Überleitungsrechnung praktisch doch einen Bezug der GKKB zur jeweiligen nationalen Rechnungslegung geben.693 Es besteht die Ge­ fahr, dass an dieser praktischen Schnittstelle auch rechtliche Wertungen übernommen werden. Dies wird häufig ohne Absicht der Rechtsanwen­ der geschehen. Die meisten Rechtsanwender sind gegenüber ihrer eige­ nen Rechtsordnung voreingenommen und halten die nationalen GoB re­ gelmäßig für allgemein sachgerecht. Dies liegt daran, dass das Gewohnte häufig mit dem allgemein Richtigen verwechselt wird.

686 Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, S. 51. 687 EuGH: Schlussantrag des Generalanwalts Jääskinen, v. 15.4.2010, Rs. C-581/08 (Emi), Slg. 2010, I-8607, Fn. 14 688 EuGH: Schlussanträge des Generalanwalts Slynn v. 28.10.1987, Rs. 102/86 (Apple and Pear), Slg. 1988, 1443. 689 So werden zum Beispiel in fast allen Mitgliedstaaten die Produktionsgemeinkos­ ten in die Herstellungskosten von Vorräten miteinbezogen, Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 46, figure 22 (keine Angaben zu Estland und Kroatien). 690 So zum Beispiel die Aktivierbarkeit von Entwicklungskosten, dazu Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 57 f. 691 So sehen die meisten Mitgliedstaaten keine Poolabschreibung vor, Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 70. 692 Arbeitsgruppe GKKB, GKKB: mögliche Elemente der technischen Ausgestaltung, v. 27.9. und 28.9.2007, CCCTB/WP057\doc\de, Rz. 9; Petutschnig, ÖStZ 2011, S. 325, 327. 693 Prinz, StuB 2011, S. 461, 463; Herzig, GKKB, S. 11.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

Zumindest sind die bekannten Regeln zumeist der Ausgangspunkt der Überlegung, was eine gewisse Verankerung bewirkt. Daher wird es im­ mer eine Tendenz geben, die Überleitungsrechnung unter Berücksichti­ gung der nationalen Rechnungslegungsvorschriften vorzunehmen. Die­ ses intuitive Vorgehen lässt sich an der Auslegung der IFRS illustrieren. Diese kennen keine ausdrückliche Wertgrenze für geringwertige Wirt­ schaftsgüter. Im deutschen Schrifttum wird die Geringwertigkeit nach IFRS ausgehend von der Geringwertigkeitsgrenze nach § 6 Abs. 2 EStG von 410 3 diskutiert.694 Vorgaben des nationalen Bilanzrechts könnten zum Beispiel beim Ansatz der Verwaltungsgemeinkosten im Rahmen der Herstellungskosten unbe­ wusst eine wichtige Rolle spielen.695 Hier sind die Vorgaben des GKKB-RLV recht vage und zugleich divergieren die nationalen Regelun­ gen in den Mitgliedstaaten. Während der Ansatz der zurechenbaren Ver­ waltungsgemeinkosten zum Beispiel in Deutschland handelsrechtlich erlaubt und steuerrechtlich vorgeschrieben wird,696 ist er in anderen Mitgliedstaaten verboten.697 Ohne eine eindeutige Regelung in der GKKB-Richtlinie ist es wahrscheinlich, dass die Unternehmen unreflek­ tiert die Wertansätze ihrer Handelsbilanzen nach nationalem Recht über­ nehmen, was zu einer divergierenden Gewinnermittlung führen würde. Diese praktische Berücksichtigung der nationalen GoB wird sich nie ganz verhindern lassen, da die Rechtsanwender sich in Zweifelsfällen regelmä­ ßig am Bekannten orientieren. Damit die Überleitungsrechnung aber möglichst unabhängig vom nationalen Recht erfolgt, sollte die GKKB-­ Richtlinie möglichst einfach und aus sich selbst heraus verständlich sein. Zudem sollte sie über ein tragendes Prinzipiengerüst verfügen, an dem die Steuerpflichtigen, die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte ihre Aus­ legung einzelner Vorschriften überprüfen können. Eine einheitliche Über­ leitungsrechnung wird auch durch Typisierungen begünstigt. d) Zwischenergebnis In allen Teilbereichen der steuerlichen Gewinnermittlung, die durch die GKKB-Richtlinie geregelt werden, verbietet sich im Fall von Regelungs­ lücken ein Rückgriff auf das Recht des jeweiligen Mitgliedstaates. Das Steuer- und Handelsbilanzrecht der Mitgliedstaaten kann aber im Wege der rechtsvergleichenden Analyse herangezogen werden. Es wird sich nie 694 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung nach Internationalen Standards, Ab­ schnitt 9, Tz. 97; Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 10, Rz. 32; Koss/Lemmen/Niemann/Wohlgemuth, in Pelka/Niemann (Hrsg.), Jahresund Konzernabschluss nach Handels- und Steuerrecht, Bd. B, 1.A.II3.a), Rz. 340W. 695 Ausführlich dazu unten 6. Kapitel:A.IV.1.c)ff). 696 Siehe unten 6. Kapitel:A.IV.1.a)ee)(1). 697 Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 46, Fig. 22.

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C. Auslegung der GKKB-Richtlinie

ganz vermeiden lassen, dass das Recht der einzelnen Mitgliedstaaten sich auf die Auslegung der GKKB-Richtlinie auswirkt. 2. Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten Für die Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung werden Verwaltungs­ vorschriften der Mitgliedstaaten eine weitere Quelle für die Auslegung der GKKB sein. Die GKKB-Richtlinie wird zwangsläufig Fragen offen las­ sen. Taucht eine bestimmte Frage häufiger auf, werden die Finanzverwal­ tungen interne Regelungen treffen, wie mit dieser Frage umzugehen ist. Solche Verwaltungsvorschriften sind grundsätzlich zulässig. Dies folgt aus Art. 115 AEUV, wonach die Mitgliedstaaten ihre Rechts- und Verwal­ tungsvorschriften gemäß der Richtlinie angleichen müssen. Das bedeu­ tet, die Finanzbehörden können Verwaltungsvorschriften im Anwen­ dungsbereich der Richtlinie erlassen, dürfen sich durch diese aber nicht in Widerspruch zur Richtlinie setzen.698 Durch den Erlass von Verwal­ tungsvorschriften im Fall von Unklarheiten wird die Rechtssicherheit erhöht und zumindest innerhalb eines Mitgliedstaates die Belastungs­ gleichheit sichergestellt. Dem Ziel einer europaweit einheitlichen Gewinnermittlung würden sol­ che Erlasse aber widersprechen, wenn die Finanzverwaltungen der Mit­ gliedstaaten zu unterschiedlichen Auffassungen kämen. Sie sind deswe­ gen vor allem in der Übergangszeit relevant bis zur Entscheidung des EuGH, einer Klarstellung durch die Kommission oder einer Änderung der Richtlinie selbst. Da die steuerliche Gewinnermittlung jedoch in einem dynamischen wirtschaftlichen Umfeld stattfindet, müssen die Regeln der Gewinnermittlung laufend angepasst werden. Anwendungsvorschriften durch die nationalen Behörden werden deswegen in einem gewissen Um­ fang auch dauerhaft unumgänglich sein. Um eine möglichst einheitliche Handhabung von Fragen zu erreichen, die sich in allen oder mehreren Mitgliedstaaten stellen, wäre es überlegenswert, auf Ebene der Kommis­ sion eine Stelle einzurichten, die der Koordinierung von nationalen An­ wendungsvorschriften zur GKKB dient. Ein weiterer Anwendungsbereich für Anwendungsvorschriften der nationalen Finanzbehörden wird die Be­ rücksichtigung von nationalen Besonderheiten im Recht der Mitglied­ staaten sein, die sich auf die Anwendung der GKKB-Richtlinie auswir­ ken, dort aber nicht berücksichtigt werden konnten. Zu solchen Auswirkungen wird es immer an den Schnittstellen der GKKB-Richtlinie mit dem Recht der Mitgliedstaaten kommen. Dies gilt zum Beispiel in

698 Im Bereich der Umsatzsteuer sind solche Verwaltungsvorschriften bereits üblich, siehe zum Beispiel das BMF-Schreiben zur USt-Befreiung für innergemeinschaftli­ che Lieferungen v. 6.1.2009, BMF IV B 9-S 7141/08/10001, BStBl I 2009, S. 60.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

Verfahrensfragen, die nicht umfassend in der Richtlinie geregelt werden können. 3. Rückgriff auf die IFRS Der Grundsatz der autonomen Auslegung des Gemeinschaftsrechts steht einem Rückgriff auf die IFRS zur Ausfüllung von Lücken in der GKKB-Richtlinie nicht entgegen. Standards, die nach dem Verfahren in der IAS-Verordnung übernommen wurden, gehören zum europäischen Recht. Trotz der reinen Informationsorientierung eignen sich die IFRS in weiten Teilen als Vorbild für die steuerliche Gewinnermittlung.699 Als einzige europaweit geltende umfassende Bilanzierungsregeln sind sie auch bei der Anwendung der zukünftigen GKKB-Richtlinie regelmäßig der einzige gemeinsame Nenner. Dazu kommt, dass einige Regelungen des GKKB-RLV wie zum Beispiel Art. 23 GKKB-RLV zu den Finanzinstru­ menten auf die IFRS zurückgehen und mit Blick auf diese Standards bes­ ser verstanden werden könnten. Dies wäre nicht einmal eine Besonder­ heit der GKKB-Richtlinie, denn auch im deutschen Bilanzrecht gewinnen die IFRS als Auslegungshilfe an Bedeutung, seit sich die HGB-Rechnungs­ legung mit dem Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG)700 stärker an diesen Standards orientiert,701 was allerdings nichts daran än­ dert, dass die IFRS keine GoB im Sinn von § 243 Abs. 1 HGB und § 5 Abs. 1 S. 1 EStG sind.702 Dem Rückgriff auf die IFRS steht auch nicht entgegen, dass die Einzelab­ schlüsse der Unternehmen häufig nicht nach IFRS erfolgen. Unterneh­ men, die bisher nicht mit den IFRS gearbeitet haben, müssten sich auch in Zukunft nicht umfassend in diese Standards einarbeiten. Für ein grundlegendes Verständnis der europäischen Körperschaftsteuer würde es ausreichen, sich nur mit den GKKB-Regeln als solchen zu beschäftigen. Viele steuerliche Fragen ließen sich unmittelbar aus der Richtlinie bezie­ hungsweise dem sie umsetzenden nationalen Körperschaftsteuerrecht beantworten. Vor allem für Detailfragen wäre ein Rückgriff auf die IFRS notwendig. Die Beantwortung von Detailfragen ist aber regelmäßig ohne­ hin Fachleuten vorbehalten. Einfache, leicht verständliche Gesetze las­ sen Detailfragen bewusst offen, um ihre Lösung der Praxis zu überlassen. Aus Verwaltungsanweisungen, Rechtsprechung und sonstigen Quellen 699 Spengel, ZfCM Sonderheft 2/2004, S. 130. Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 66; Freedman/Macdonald, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 219, 244; Russo, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 363, 377; Jaatinen, 40 Intertax 2012, S. 260; AA Herzig/Kuhr, StuW 2011, S. 305, 308; Herzig, IStR 2011, S. 662, 663. 700 Gesetz v. 26.5.2009, BGBl. 2009 I S. 1102. 701 Zum Beispiel Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, HGB, § 255, Rz. 214; App/Wiehagen-Knopke, KoR 2010 S. 93, 95. 702 Schön, BB 2004, S. 763, 764; Moxter, WPg 2009, S. 7.

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C. Auslegung der GKKB-Richtlinie

eine richtige Lösung zu finden, ist aber regelmäßig eine schwierige Auf­ gabe, die besondere Kenntnisse verlangt. a) Voraussetzung für den Rückgriff auf die IFRS Für die Auslegung wird es weniger auf die allgemeinen Prinzipien der IFRS ankommen als auf die Einzelvorschriften. Als im Grundsatz auto­ nome Regelung muss die GKKB anders als die steuerliche Gewinnermitt­ lung nach dem Maßgeblichkeitsprinzip über ein eigenständiges Prinzipi­ enfundament verfügen. Würde man zusätzlich die Prinzipien der IFRS heranziehen, käme es zu Widersprüchen mit diesem autonomen Prinzi­ pienfundament und zu unnötiger Rechtsunsicherheit. Dazu kommt, dass die Prinzipien der IFRS, wie sie in der Framework und in IAS 1 genannt sind, häufig nicht zu eindeutigen Ergebnissen führen oder sogar wider­ sprüchlich sind.703 Ausgangspunkt für die Heranziehung der IFRS ist daher das autonome Prinzipienfundament der GKKB-Richtlinie. Bei der weiteren Auslegung kann auf einzelne IFRS zurückgegriffen werden, wenn die jeweiligen Standards mit den Prinzipien und Zielen der GKKB vereinbar sind.704 Dazu müssen sie im Wesentlichen drei Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen mit dem Realisationsprinzip vereinbar sein,705 sie dürfen nicht zu kompliziert sein und der Rückgriff soll möglichst nicht zu steuerlichen Wahlrechten führen. Das zweite und das dritte Kriterium sind verwandt, denn komplizierte Regeln führen zumeist zu impliziten Wahlrechten. Alle drei Kriterien werden relativ häufig erfüllt sein. So spielen die theo­ retischen Unterschiede zwischen dem Realisationsprinzip und der true and fair view für die Zugangsbewertung zum Beispiel keine große Rolle. Auch die Kompliziertheit der IFRS spielt für das Steuerrecht nur teilwei­ se eine Rolle. Viele besonders schwierig zu lösende Fragen der Bilanzie­ rung nach IFRS sind für die steuerliche Gewinnermittlung irrelevant, weil diese mangels eines Informationszwecks viele handelsrechtliche Unterscheidungen nivelliert. Dies gilt zum Beispiel für die schwierige Abgrenzung zwischen Erlösen (revenue) und anderen Erträgen (gains) nach IASC-Framework 74 ff.,706 denn für die Besteuerung spielt es keine Rolle, woraus sich das Einkommen im Einzelnen ergibt. Viele Wahlrech­ te der IFRS sind für die steuerliche Gewinnermittlung irrelevant, weil die

703 Dazu ausführlich Schildbach, BFuP 2003, S. 247. 704 Spengel, ZfCM Sonderheft 2/2004, S. 130, 138. 705 Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen: Gutachten zur Einheitlichen Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer in der Europäischen Union, März 2007, S. 45. 706 Dazu Nobes, 9 Accounting in Europe 2012, S. 85, 87 ff.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

betreffenden Vorschriften ohnehin zu kompliziert sind oder weil nur eine der Wahlmöglichkeiten mit den Prinzipien der GKKB vereinbar ist. b) Kontrolle der Überleitungsrechnung anhand der IFRS Würde sich die Auslegung des GKKB-RLVs in den geeigneten Bereichen an den IFRS orientieren, würde auch das Problem entschärft, dass sich die Rechtsanwender bei der Überleitungsrechnung bewusst oder unbewusst an den GoB ihres Mitgliedstaates orientieren. Die Steuerpflichtigen, die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte könnten ihre Auffassung zur Behandlung eines bestimmten Geschäftsvorfalles, dessen Behandlung sich nicht eindeutig aus der GKKB-Richtlinie selbst ergibt, anhand der IFRS überprüfen. Widerspricht die anvisierte Lösung den IFRS, sollten die Rechtsanwender sich fragen, ob sich diese Lösung vor allem aus Gewohn­ heit und Intuition und damit regelmäßig aus der nationalen Rechtsord­ nung ergibt oder ob die von den IFRS abweichende Lösung aus den Prin­ zipien und Zwecken oder ähnlichen Einzelvorschriften der GKKB folgt. Um auf das obige Beispiel des Umfangs der Herstellungskosten zurück­ zukommen: Hier müssten die Steuerpflichtigen sich wegen der Nichtbe­ rücksichtigung der nichtproduktionsbezogenen Gemeinkosten in den IFRS707 fragen, ob diese Kosten auch für die GKKB unbeachtlich sind. Der Interessengegensatz zwischen den Steuerpflichtigen und der Finanzver­ waltung wird regelmäßig dazu führen, dass sich zumindest eine Seite auf die IFRS berufen wird, sofern diese Lösung vertretbar ist. c) Zwischenergebnis Ein Rückgriff auf die IFRS als Auslegungshilfe ist möglich, wenn die ent­ sprechende Regelung mit dem Realisationsprinzip vereinbar und nicht zu kompliziert ist. Zudem sollte sie möglichst keine expliziten oder impli­ ziten Wahlrechte enthalten. Dieser Rückgriff würde nicht gegen den Grundsatz der autonomen Auslegung verstoßen, wenn auf die IFRS in der Fassung zurückgegriffen würde, wie sie nach der IAS-Verordnung über­ nommen wurden. 4. Rückgriff auf die EU-Bilanz-RL und die Vierte Bilanz-RL a) Inhaltliche Offenheit der EU-Bilanz-RL und der Vierten Bilanz-RL Eine weitere europaweit gültige Vorschrift zur Rechnungslegung ist die EU-Bilanz-RL als Nachfolgevorschrift zur Vierten Bilanz-RL. Allerdings ist fraglich, inwieweit die EU-Bilanz-RL sich als Auslegungshilfe für die GKKB eignet. Diese Richtlinie gibt wie die Vierte Bilanz-RL einen forma­ len Rahmen für den Jahresabschluss vor, sie macht inhaltlich aber kaum 707 Siehe unten 6. Kapitel:A.IV.1.b)cc).

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C. Auslegung der GKKB-Richtlinie

eindeutige Vorgaben.708 Dies gilt bereits für die grundlegenden Prinzipien der Bilanzierung. So hat der Jahresabschluss nach dem Grundsatz der Bi­ lanzwahrheit „true and fair view“ gemäß Art. 4 Abs. 3 EU-Bilanz-RL und Art. 2 Abs. 3 Vierte Bilanz-RL „ein den tatsächlichen Verhältnissen ent­ sprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesell­ schaft zu vermitteln“,709 zugleich ist aber nach Art. 6 Abs. 1 lit. c) EUBilanz-RL und Art. 31 Abs. 1 lit. c) Vierte Bilanz-RL vorsichtig zu bewerten.  Die schon immer bestehende inhaltliche Offenheit der Vierten Bilanz-RL wurde mit der Einführung der IAS-Verordnung noch verstärkt. Nach Art. 5 IAS-Verordnung steht es den Mitgliedstaaten frei, die Bilanzierung nach IFRS für die Einzelabschlüsse wahlweise oder verpflichtend vorzu­ geben. Damit die Vierte Bilanz-RL IFRS kompatibel ist, wurde sie in den Jahren 2001–2003 mehrfach angepasst.710 Diese Anpassungen haben dazu geführt, dass die Vierte Bilanz-RL nicht nur von den zu Grunde liegenden Prinzipien her sehr offen ist, sondern auch in den Einzelvorschriften im­ mer mehr Wahlrechte enthält. Diese Wahlrechte finden sich auch in der EU-Bilanz-RL wieder. So haben die Mitgliedstaaten seit dem Jahr 2001 nach Art. 42a Abs. 1 Vier­ te Bilanz-RL (Art. 8 Abs. 1 lit. a) EU-Bilanz-RL) ein Wahlrecht, für Finanz­ instrumente die Bewertung zum Zeitwert vorzuschreiben oder zuzulas­ sen. Noch weiter geht das Wahlrecht nach Art. 42e Vierte Bilanz-RL , das 2003 eingefügt wurde (Art. 8 Abs. 1 lit. b) EU-Bilanz-RL); danach steht es den Mitgliedstaaten frei, für andere Vermögensgegenstände als Finanzin­ strumente die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert vorzuschreiben, zu gestatten oder nach Art. 32 Vierte Bilanz-RL (Art. 6 Abs. 1 lit. i) EUBilanz-RL) weiterhin zu verbieten. Damit setzt sich die Offenheit der Vierten Bilanz-RL und der EU-BilanzRL, was die Prinzipien angeht, in den Einzelvorschriften fort. Man kann im Zusammenhang mit den Bilanzrichtlinien der EU auch von „Bilanz­ wahrheiten“711 sprechen. Als Auslegungshilfe kommen die Vierte Bi­ lanz-RL und die EU-Bilanz-RL deswegen nur in Ausnahmefällen in Be­ tracht. Zur Schließung von Regelungslücken in der GKKB-Richtlinie bedarf es Regeln, die möglichst umfassend und eindeutig sind. Die Vierte Bilanz-RL und die EU-Bilanz-RL sind mit unterschiedlichsten Bilanzie­ 708 So zur Vierten Bilanz-RL Arbeitsgruppe GKKB, Überblick über die wichtigsten in der vierten Sitzung der Untergruppe „Steuerbares Einkommen“ (SG3) aufgetrete­ nen Fragen, Sitzung v. 12.9.2006, CCCTB\WP\043\doc\de, S. 3, Fn. 3; zur EU-Bi­ lanz-RL Eggert, IWB 2014, S. 112, 115. 709 „True and fair view“ in diesem Sinne ist nicht mit einer fair value-Bewertung gleichzusetzen, vgl. EuGH v. 3.10.2013, Rs. C-322/12 (GIMLE SA). 710 Schilbach, StuB 2003, S. 1071, 1076. 711 Eggert, IWB 2014, S. 112, 116.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

rungssystemen kompatibel und eignen sich deswegen kaum zur Beant­ wortung konkreter Fragen der Gewinnermittlung. b) Auslegung der Vierten Bilanz-RL durch den EuGH Mangels konkreter Vorgaben in der Vierten Bilanz-RL gibt es auch nur sehr wenig Rechtsprechung, welche die Gewinnermittlung nach der Vierten Bilanz-RL konkretisiert. Die Fälle, in denen der EuGH sich kon­ kret zur Auslegung der Vierten Bilanz-RL geäußert hat, sind allerdings auch für die Auslegung der späteren GKKB-Richtlinie von Interesse, da der EuGH bei Entscheidungen zur GKKB-Richtlinie möglicherweise auch auf die zur Vierten Bilanz-RL entwickelten allgemeinen Grundsätze zurückgreifen wird. aa) EuGH-Urteil vom 27.6.1996 (Tomberger) Im Urteil vom 27.6.1996 (Tomberger) betonte der EuGH zwar, dass die Bilanz ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild zu ver­ mitteln habe, genauere Vorgaben zur streitigen phasengleichen Aktivie­ rung einer Gewinnausschüttung machte er aber nicht.712 Grundlage die­ ses Urteils war eine Vorlage des BGH. Moxter verneinte die Zuständigkeit des EuGH, da die Vierte Bilanz-RL nur den groben Rahmen der Gewinn­ ermittlung vorgebe und die vorgelegte Frage zu speziell sei.713 Tatsächlich erklärte sich der EuGH zwar für zuständig, bestätigte in seinem Urteil aber lediglich, dass die Auffassung des BGH mit der Vierten Bilanz-RL vereinbar sei, wenn er zu dem Ergebnis komme, die phasengleiche Akti­ vierung sei mit dem Grundsatz der Bilanzwahrheit vereinbar. Konkrete Ausführungen zum Realisationsprinzip nach der Vierten Bilanz-RL machte der EuGH dagegen nicht, weshalb sich aus dieser Entscheidung keine konkreten Schlüsse für die Auslegung der späteren GKKB-Richtli­ nie ziehen ließen. bb) EuGH-Urteil vom 14.9.1999 (DE + ES) Aufgrund einer Vorlage des FG Köln äußerte sich der EuGH am 14.9.1999 in der Sache DE + ES detailliert zur Bildung von pauschalen Gewährleis­ tungsrückstellungen.714 Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass Gewähr­ leistungsrückstellungen nach Art. 20 Abs. 1 Vierte Bilanz-RL zu bilden sind. Dies folge aus dem Vorsichtsprinzip (Art. 31 Abs. 1 lit. c) Vierte Bi­ lanz-RL) und aus dem Grundsatz der Bilanzwahrheit, dessen Beachtung

712 EuGH v. 27.6.1996. Rs. C-234/94 (Tomberger), Slg. 1996, I-3133; berichtigt durch EuGH v. 10.7.1997, DStR 1997, S. 1416. 713 Moxter, BB 1995, S. 1463, 1466. 714 EuGH v. 14.9.1999, Rs. C-275/97 (DE + ES), Slg. 1999, I-05331.

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C. Auslegung der GKKB-Richtlinie

die Hauptzielsetzung dieser Richtlinie sei.715 Die Bildung von pauschalen Gewährleistungsrückstellungen stehe zwar im Widerspruch zum Grund­ satz der Einzelbewertung (Art. 31 Abs. 1 lit. e) Vierte Bilanz-RL). Dieser Grundsatz gelte jedoch nicht absolut, da nach Art. 31 Abs. 2 Vierte Bi­ lanz-RL Ausnahmen zulässig seien. Die Bildung von Einzelrückstellungen für jedes Gewährleistungsrisiko könne zu einer Verzerrung des Bildes der Finanzlage führen, was im Wi­ derspruch zum Grundsatz der Bilanzwahrheit stünde. Nach dem EuGH sind Pauschalwertrückstellungen zu bilden, wenn sie das geeignete Mit­ tel sind, um ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild von der Höhe der zu erwartenden Aufwendungen zu geben. Der EuGH misst dem Grundsatz der Bilanzwahrheit in diesem Fall größere Bedeutung bei als dem Grundsatz der Einzelbewertung. Diese Entscheidung könnte auch für die Auslegung der GKKB-Richtlinie Bedeutung haben. Wie in der Vierten Bilanz-RL (und der EU-Bilanz-RL) ist die Bildung von Pauschalrückstellungen im GKKB-RLV nicht aus­ drücklich vorgesehen.716 Für die Auslegung der GKKB-Richtlinie wird es darauf ankommen, wie sich der Grundsatz einer möglichst realitätsge­ rechten, das heißt vollständigen,717 Abbildung von Risiken, die sich in der Zukunft wahrscheinlich realisieren werden, zum Grundsatz der Einzel­ bewertung718 verhält.719 cc) EuGH-Urteil vom 7.1.2003 (BIAO) Mit Urteil vom 7.1.2003 entschied der EuGH in der Sache BIAO aufgrund einer Vorlage des FG Hamburg erneut zur Bildung von Rückstellungen.720 Dabei ging es um die Frage, ob verschiedene Risiken in einem Bilanzpos­ ten pauschal zusammengefasst werden können. Zudem wurde der EuGH gefragt, ob auch eine Risikominimierung, die nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Tag der Bilanzaufstellung eintritt, als aufhellende Tatsache zu berücksichtigen ist. Was die Bildung von pauschalen Rückstellungen angeht, äußert sich der EuGH unter Verweis auf das Urteil in der Sache DE + ES lediglich dahin­ gehend, dass dies die geeignetste Methode sein kann. Konkreter sind sei­ ne Ausführungen zum Stichtagsprinzip, wonach die Erfüllung einer Ver­ bindlichkeit nach dem Bilanzstichtag, für die das Unternehmen eine 715 Auch für die EU-Bilanz-RL ist dies der zentrale Grundsatz (Art. 4 Abs. 3 EU-Bi­ lanz-RL). 716 Vgl. Art. 25 GKKB-RLV. 717 Zum Grundsatz der Vollständigkeit siehe oben 4. Kapitel:B.VII. 718 Vgl. Art. 9 Abs. 2 GKKB-RLV. 719 Dazu unten 6. Kapitel:B.V.3.a). 720 EuGH v. 7.1.2003, Rs. C-306/99 (BIAO), Slg. 2003, I-00001.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

Garantie abgegeben hat, nicht in entsprechender Anwendung von Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) Vierte Bilanz-RL den Gewinn des abgelaufenen Ge­ schäftsjahres erhöht. Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) Vierte Bilanz-RL sei zwar keine abschließende Regelung, die Erfüllung der Verbindlichkeit beziehe sich aber nicht tatsächlich auf das fragliche Geschäftsjahr. Der Wegfall des Risikos sei aber im Jahresabschluss anzugeben.721 Die Ausführungen des EuGH zum Stichtagsprinzip nach Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) Vierte Bilanz-RL, wonach eine Unterscheidung zwischen Tatsachen, die zum Abschlussstichtag bereits vorlagen, und neuen Tatsachen erfor­ derlich ist, könnten auch für die Auslegung der späteren GKKB-Richtlinie herangezogen werden.722 dd) EuGH-Urteil vom 3.10.2013 (GIMLE SA) Eine weitere Entscheidung zur Auslegung der Vierten Bilanz-RL erging am 3.10.2013 in der Rechtssache GIMLE SA zum Anschaffungskosten­ prinzip.723 Die belgische Cour de Cassation hatte dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die Regelung zum Grundsatz der Bilanzwahrheit in Art. 2 Abs. 3 bis 5 Vierte Bilanz-RL so zu verstehen ist, dass Vermögensgegen­ stände deren Anschaffungskosten offensichtlich nicht dem tatsächlichen Wert der betreffenden Güter entsprechen, zwingend mit dem Weiterver­ kaufswert zu verbuchen sind, wenn dieser ihr tatsächlicher Wert ist. Hin­ tergrund war ein Fall, in dem aufgrund gesellschaftsrechtlicher Veranlas­ sung Anteile an eine Gesellschaft veräußert und von dieser kurz darauf zum 3.400-Fachen des ursprünglichen Kaufpreises weiterveräußert wur­ den. Der EuGH entschied, dass der Grundsatz der Bilanzwahrheit es auch dann nicht erlaubt, vom Grundsatz der Bewertung der Vermögensgegen­ stände zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzuweichen, wenn diese Kosten offensichtlich niedriger sind als der tatsächliche Wert der Vermögensgegenstände. Eine Bewertung zu einem höheren Wert als den Anschaffungs- oder Herstellungskosten sei nicht mit Art. 31 Abs. 1 lit. c) aa) Vierte Bilanz-RL vereinbar, wonach nur die am Bilanzstichtag realisierten Gewinne ausgewiesen werden. Dieses Urteil wird in der Literatur teilweise so verstanden, dass im Fall verdeckter Einlagen – im Sinn von nicht offen ausgewiesenen Einlagen – eine Aktivierung der eingelegten Vermögensgegenstände mit einem Wert über den zu niedrigen Anschaffungskosten in der Handelsbilanz nicht 721 Der BFH hat in der Sache BIAO in der Folge allerdings entschieden, dass die Rück­ zahlung der Verbindlichkeit doch „wertaufhellend“ zu berücksichtigen sei: BFH v. 15.9.2004 – I R 5/04, BStBl II 2009, S. 100. 722 Hierzu unten 6. Kapitel:E.III. 723 EuGH v. 3.10.2013, Rs. C-322/12 (GIMLE SA).

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C. Auslegung der GKKB-Richtlinie

mehr möglich ist.724 Wie verdeckte Einlagen nach dem GKKB-RLV zu be­ handeln sind, ist nicht ganz klar. Nach Art. 4 Abs. 8 S. 3 GKKB-RLV werden Einlagen nicht zu den Erträgen gerechnet. Dies spricht dafür, dass sich auch verdeckte Einlagen nicht ertragswirksam auswirken können und die entsprechenden Wirtschaftsgüter mit Werten über den Anschaf­ fungskosten anzusetzen sind, da es im wirtschaftlichen Ergebnis keinen Unterschied macht, ob eine Einlage offen ausgewiesen oder verdeckt zu­ gewendet wird.725 Die Entscheidung in der Sache GIMLE SA sollte zu keinem anderen Ergebnis führen, da der EuGH sich nur zum Anschaf­ fungskostenprinzip und nicht zur Behandlung von Einlagen geäußert hat. Aufgrund der allgemein gestellten Vorlagefrage enthält das EuGH-Urteil in der Sache GIMLE SA eine allgemeine Stellungnahme zum Anschaf­ fungskostenprinzip, wonach die Anschaffungs- und Herstellungskosten für die Gewinnermittlung nach dem Realisationsprinzip die Wertober­ grenze bilden.726 Diese Aussage lässt sich für die GKKB-Gewinnermitt­ lung heranziehen. Das Realisationsprinzip führt regelmäßig zu stillen Reserven, was zur Folge hat, dass die Darstellung der Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft insoweit nicht den tatsächlichen Verhältnis­ sen entspricht. Im Ergebnis wird die steuerliche Gewinnermittlung un­ vollständig. Diese Einschränkung des Grundsatzes der Vollständigkeit beziehungsweise der Bilanzwahrheit muss aber hingenommen werden, wenn der Gesetzgeber sich für eine Gewinnermittlung nach dem Realisa­ tionsprinzip entscheidet. c) Zwischenergebnis Die Vierte Bilanz-RL und die EU-Bilanz-RL machen nur sehr allgemeine inhaltliche Vorgaben zur Gewinnermittlung. Die EuGH-Rechtsprechung zu diesen Richtlinien, vor allem zum Grundsatz der Bilanzwahrheit, könnte aber in Einzelfällen Relevanz für die Auslegung der GKKB-Richt­ linie bekommen. Der Grundsatz der Bilanzwahrheit verlangt vor allem eine möglichst realitätsgerechte, vollständige und systematische Gewin­ nermittlung,727 was auch Zielsetzungen der GKKB-Gewinnermittlung sind. Die Urteile des EuGH, in denen der Grundsatz der Bilanzwahrheit mit anderen Prinzipien der Gewinnermittlung zum Ausgleich gebracht wird, namentlich das Urteil DE + ES zum Einzelbewertungsgrundsatz 724 Schulze-Osterloh, NZG 2014, S. 1; Hoffmann, StuB 2014, S. 277; einschränkend Schön, ZHR 2014, S. 373, 385 f. 725 AA Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 15. 726 Eggert, IWB 2014, S. 112, 115; Dziadkowski, IStR 2014, S. 461, 466. 727 Kempermann, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG § 5, Rz. B 60 ff.; so im Ergeb­ nis auch das Verständnis des BFH, wonach die „true and fair view“ mit einer mög­ lichst aussagekräftigen Rechnungslegung gleichgesetzt wird: Urteil vom 15.9.2004 (BIAO) – I R 5/04, BStBl II 2009, S. 100.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

und das Urteil GIMLE SA zum Realisationsprinzip, könnten auch für die Auslegung der GKKB-Richtlinie eine Rolle spielen.

III. Zusammenfassende Beurteilung Ausgangspunkt für die Auslegung der GKKB-Richtlinie wird der Grund­ satz der autonomen Auslegung sein. Der GKKB-RLV verfügt über ein ei­ genständiges Prinzipienfundament, das für die autonome Auslegung her­ angezogen werden kann. Dieses Fundament sollte aber noch weiter ausgebaut werden. Würde man den Grundsatz der autonomen Auslegung so eng verstehen, dass keine Quellen außerhalb der GKKB herangezogen werden dürfen, würde dies zu dem Ergebnis führen, dass in Zweifelsfra­ gen, in denen die GKKB-Richtlinie selbst nicht zu einem eindeutigen Er­ gebnis führt, sich regelmäßig die Wertungen des nationalen Rechts durchsetzen, weil die Rechtsanwender ihre eigene vom nationalen Recht geprägte Intuition nicht überprüfen könnten. Damit hätte eine streng au­ tonome Auslegung der GKKB-Richtlinie das paradoxe Resultat, dass die Auslegung der Richtlinie sich regelmäßig am nationalen Recht orientier­ te.728 Zumindest würde die Herausbildung einer europaweit einheitlichen Auslegung der GKKB-Richtlinie viele Jahre dauern.729 Eine einheitliche Auslegung der Richtlinie wäre viel besser gewährleis­ tet, wenn die Rechtsanwender die IFRS als Auslegungshilfe heranziehen könnten. Diese Heranziehung würde nicht dem Grundsatz der autono­ men Auslegung widersprechen, wenn man ihn wie der EuGH so versteht, dass die Auslegung europäischen Rechts unabhängig vom Recht der Mit­ gliedstaaten zu erfolgen hat. Die IFRS, die von der Kommission im Rah­ men des endorsement-Verfahrens nach der IAS-Verordnung übernommen wurden, sind Teil des Rechts der Union. Diese weiter verstandene auto­ nome Auslegung würde im Ergebnis zu einer stärker harmonisierten GKKB führen als eine streng autonome Auslegung, die sich vermeintlich nur auf die GKKB-Richtlinie selbst stützt. Anders als im allgemeinen Zi­ vilrecht730 steht mit den IFRS für die Rechnungslegung ein umfassendes europäisches Regelwerk zur Verfügung, das zivilrechtliche Grundlage für die Auslegung der steuerlichen Vorschriften sein kann. Dieser Vorteil sollte genutzt werden. Der materiellen Kritik an der Heranziehung der IFRS für die steuerliche Gewinnermittlung ist pragmatisch entgegen zu halten, dass es praktisch keine Alternative gibt. Die IFRS sind die einzigen umfassenden Bilanzie­ 728 So im Ergebnis auch Schön, in Schön u.a. (Hrsg.), A CCCTB for Europe, S. 49, 74; Russo, in Weber (Hrsg.), CCCTB – Selected Issues, S. 67, 76. 729 Hüttemann, DStZ 2011, S. 507, 513. 730 Siehe Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, S. 60.

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D. Ausdrückliche Vorgaben für die Auslegung

rungsregeln, die europaweit angewandt werden. Mögen die IFRS tatsäch­ lich konzeptionelle Schwächen haben und auch im Detail zahlreiche Wi­ dersprüche enthalten, sind sie doch die einzige realistische Grundlage für die Harmonisierung der steuerlichen Bemessungsgrundlage in Europa.731 Eignen sich die IFRS in einem bestimmten Bereich nicht, bleibt vor allem eine rechtsvergleichende Analyse des Rechts aller Mitgliedstaaten. Ein Rückgriff auf die Vierte Bilanz-RL beziehungsweise die EU-Bilanz-RL dürfte dagegen nur selten weiterhelfen, weil diese nicht konkret genug sind und zahlreiche Fragen offen lassen. In Einzelfällen wäre aber ein Rückgriff auf die vom EuGH zur Vierten Bilanz-RL entwickelten allge­ meinen Grundsätze möglich, namentlich, wenn es um die Frage geht, wie der Grundsatz der Bilanzwahrheit im Sinn einer möglichst realitäts­ gerechten und vollständigen Gewinnermittlung mit anderen Prinzipien der Gewinnermittlung zum Ausgleich zu bringen ist.

D. Ausdrückliche Vorgaben für die Auslegung Obwohl eine förmliche Maßgeblichkeit der IFRS oder der Handelsbilan­ zen der Mitgliedstaaten oben abgelehnt wurde, stellt sich die Frage, ob die Heranziehung dieser Regelwerke für die Auslegung der GKKB-Richt­ linie ausdrücklich normiert werden sollte. Dies ist kein Widerspruch. So zeigen die Regelungen IAS 8.10 bis IAS 8.12, dass die Heranziehung exter­ ner Quellen zur Auslegung ausdrücklich geregelt werden kann, ohne dass diese Quellen maßgeblich im Sinne des Maßgeblichkeitsprinzips wären. Es gibt bereits Stimmen, die fordern, eine „Generalklausel zur Lücken­ füllung“732, einen allgemeinen Verweis auf „internationale Grundsätze der Rechnungslegung“733, eine „default position“734 oder einen allgemei­ nen Verweis auf „EU-Bilanzrecht“735 unterhalb der Schwelle einer förm­ lichen Maßgeblichkeit in den GKKB-RLV aufzunehmen. Nach IAS 8.10 hat das Management im Fall einer Regelungslücke eine Rechnungslegungsmethode zu wählen, die zu relevanten und verlässli­ chen Informationen führt. Nach IAS 8.11 hat das Management sich dabei zunächst an Vorschriften der IFRS zu orientieren, die ähnliche Fragen

731 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit in Deutschland und Europa, S. 1, 115; ders., in Schön u.a. (Hrsg.), A CCCTB for Europe, S. 49, 73 f.; AA Herzig, IStR 2011, S. 662, 663. 732 Herzig, DB 2011, Heft 15, S. M1. 733 Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen: Gutachten zur Einheitlichen Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer in der Europäischen Union, März 2007, S. 41. 734 Freedman/Macdonald, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 219, 244. 735 Marx, DStZ 2011, S. 547, 550; Kahle/Schulz, FR 2013, S. 49, Fn. 41.

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5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

behandeln, und falls es damit nicht zu einem Ergebnis kommt, die IA­ SC-Framework heranzuziehen. Weiter bestimmt IAS 8.12: „Bei seiner Entscheidungsfindung gemäß Paragraph 10 kann das Ma­ nagement außerdem die jüngsten Verlautbarungen anderer Standard­ setter, die ein ähnliches konzeptionelles Rahmenkonzept zur Ent­ wicklung von Rechnungslegungsmethoden einsetzen, sowie sonstige Rechnungslegungs-Verlautbarungen und anerkannte Branchenprakti­ ken berücksichtigen, sofern sie nicht mit den in Paragraph 11 enthal­ tenen Quellen in Konflikt stehen.“ Die Vorgängerregelung IAS 1.22 aF, die IAS 8.12 inhaltlich weitgehend entspricht, wurde kritisiert, weil sie gebiete, den „Jahresabschluss mög­ lichst weitgehend auf die Erfüllung seiner Aufgaben auszurichten“ und „Vorrang vor den Einzelvorschriften“ haben müsse.736 Mit dieser Kritik wird die Bedeutung der Regelung überbewertet. IAS 8.12 kommt nur dann zur Anwendung, wenn ein bestimmter Sachverhalt nicht in den IFRS geregelt ist. Es geht daher nicht um einen Vorrang der Ziele der Rechnungslegung und der entsprechenden Generalklausel vor den Ein­ zelvorschriften, sondern um den Umgang mit Lücken in den Einzelvor­ schriften. In IAS 8.12 ist sogar ausdrücklich geregelt, dass die Heranzie­ hung externer Quellen nicht im Widerspruch zu den Einzelvorschriften der IFRS und der Framework stehen darf.737 Eine Durchbrechung der Ein­ zelvorschrift ist dagegen nach IAS 1.19 in „äußerst seltenen Fällen“ mög­ lich, wenn die Anwendung einer Anforderung in einem IFRS so irrefüh­ rend wäre, dass sie zu einem Konflikt mit einem Zweck der Framework führen würde.738 Das Wahlrecht in IAS 1.19 wäre mit der Objektivität der steuerlichen Gewinnermittlung nicht vereinbar, weswegen diese Vor­ schrift für die GKKB auch dann irrelevant wäre, wenn man die IFRS grundsätzlich als Auslegungshilfe zulässt. Sollte eine IAS 8.10 ff. vergleichbare Regelung in die GKKB-Richtlinie aufgenommen werden, würde dies nicht die förmliche Maßgeblichkeit der IFRS bedeuten. Der wesentliche Unterschied einer solchen Regelung und einer förmlichen Maßgeblichkeit liegt darin, dass im Fall einer förm­ lichen Maßgeblichkeit von einer Gewinnermittlung nach den handels­ rechtlichen GoB auszugehen ist, es sei denn, steuerlich ist etwas anderes geregelt. Im Fall einer Heranziehung der handelsrechtlichen Rechnungs­ legung als Auslegungshilfe wird der Gewinn dagegen zunächst autonom ermittelt und nur im Fall von Unklarheiten, die sich nicht anhand der autonomem steuerlichen Vorschriften selbst lösen lassen, kommt unter weiteren Voraussetzungen ein Rückgriff auf die handelsrechtliche Rech­ 736 Schildbach, StuB 2003, S. 1071, 1073. 737 Zur Vorgängervorschrift IAS 1.22: Schön, BB 2004, S. 763, 766. 738 Zur Kritik an dieser Regelung: Schildbach, BFuP 2003, S. 247, 250 ff.

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D. Ausdrückliche Vorgaben für die Auslegung

nungslegung in Betracht. Während also im Fall des Maßgeblichkeitsprin­ zips in der Regel auf die handelsrechtliche Rechnungslegung zurückzu­ greifen ist, ist ein solcher Rückgriff als Auslegungshilfe die Ausnahme. Den Rechtsanwendern ausdrückliche Vorgaben zu machen, welche ex­ ternen Quellen sie bei der Auslegung heranzuziehen haben, ist zumin­ dest nach deutschem Rechtsverständnis ungewöhnlich,739 da die übli­ chen Auslegungsmethoden keinen solchen Rückgriff vorsehen, sondern Auslegungsfragen unter Beachtung des Wortlauts, nach dem Sinn und Zweck, der Systematik und der Historie und damit aus der betreffenden Regelung und den dazugehörigen Materialien selbst zu beantworten sind. Im Bilanzsteuerrecht allerdings ist ein solcher Rückgriff aufgrund des Verweises auf die GoB in § 5 Abs. 1 S. 1 EStG bereits ausdrücklich vorge­ schrieben. Das Handelsbilanzrecht ist für das Steuerbilanzrecht ein allge­ meines „Referenzsystem“740. Für die IFRS liegt der Grund in einem sol­ chen Verweis auf andere Quellen womöglich vor allem darin, dass es keine verbindliche höchstrichterliche Rechtsprechung gibt und der Man­ gel an einer solchen systematisierenden und normkonkretisierenden Rechtsprechung durch möglichst genaue Vorgaben in den IFRS kompen­ siert werden soll. Dieses Problem bestünde für die GKKB so nicht, denn hier könnte der EuGH verbindliche Auslegungsmethoden entwickeln. Gleichwohl wäre es sinnvoll, ausdrückliche Vorgaben für die Auslegung zu machen, weil es sich bei der steuerlichen Gewinnermittlung um eine besonders komplexe Materie handelt, die in fast keinem Mitgliedstaat vollkommen autonom geregelt ist, sondern stets Bezüge zur handels­ rechtlichen Rechnungslegung hat.741 Ein solcher Bezug würde auch ein vollständiges Auseinanderdriften von steuerlicher Gewinnermittlung und informationsorientierter Rechnungslegung verhindern.742 Indem sol­ che Bezüge unterhalb der Schwelle einer förmlichen Maßgeblichkeit aus­ drücklich in die GKKB-Richtlinie aufgenommen werden, könnte eine möglichst einheitliche Ermittlung der GKKB sichergestellt werden. Als Minus zur förmlichen Maßgeblichkeit der IFRS wäre ein solcher Verweis auf die IFRS als Auslegungshilfe auch rechtlich zulässig, da schon die förmliche Maßgeblichkeit der IFRS rechtlich möglich (wenn auch nicht sinnvoll) wäre, sofern diese von der Kommission nach der IAS-Verord­ nung übernommen wurden.743 Dabei sollte die Verweisung auf die IFRS abstrakte Kriterien für einen Rückgriff nennen und den Gerichten die 739 Schildbach, StuB 2003, S. 1071, 1072. 740 Hüttemann, DStZ 2011, S. 507, 511. 741 Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 88. 742 Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen: Gutachten zur Einheitlichen Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer in der Europäischen Union, März 2007, S. 41. 743 Dazu oben 5. Kapitel:A.II.1.c).

157

5. Kapitel: Quellen für die Entwicklung und Auslegung

konkrete Entscheidung überlassen, wann einzelne IFRS herangezogen werden können. Abstrakt wäre ein Rückgriff auf die IFRS zulässig, wenn der Standard mit dem Realisationsprinzip vereinbar und nicht zu kompli­ ziert ist sowie möglichst keine Wahlrechte eröffnet. Eine Verweisung auf die einzelnen anwendbaren IFRS in der Richtlinie dürfte dagegen nicht sinnvoll sein,744 weil das Gesetzgebungsverfahren zu langsam ist, um auf die ständigen Änderungen der IFRS zeitnah zu reagieren. Zudem wird die Anwendbarkeit der IFRS häufig von den Umständen des Einzelfalls ab­ hängen, die der Gesetzgeber gerade nicht vorhersehen kann. Die entsprechende Regelung in der GKKB-Richtlinie könnte so aussehen, dass im Fall von Unklarheiten zunächst vergleichbare Regelungen sowie die allgemeinen Prinzipien der GKKB zu beachten sind. Vergleichbar sind zum Beispiel die Vorschriften zu den Anschaffungskosten von Anlageund Vorratsvermögen nach Art. 33 Abs. 1 und Art. 29 Abs. 2 GK­ KB-RLV.745 Ein Vorrang der ähnlichen Einzelregelung vor den allgemeinen Prinzipien wie in IAS 8.11 ist nicht sinnvoll, da die gefundene Lösung im Normalfall sowohl mit den Wertungen der Einzelvorschriften als auch mit den übergeordneten Prinzipien übereinstimmen sollte. Würde diese interne Auslegung zu keinem Ergebnis führen, wäre mit den oben ge­ nannten Einschränkungen auf die IFRS zurückzugreifen, die von der Kommission im Rahmen der IAS-Verordnung übernommen wurden. Sollte keine IFRS-Regelung vorhanden sein, welche die Kriterien erfüllt, käme eine vergleichende Analyse des Rechts der Mitgliedstaaten in Be­ tracht. Der Vorrang der IFRS bei der Auslegung ergibt sich aus Praktika­ bilitätserwägungen. Für die Rechtsanwender ist es wesentlich einfacher die IFRS heranzuziehen als das Bilanzrecht aller Mitgliedstaaten. Es ergibt sich folgende Hierarchie:

1.

Rückgriff auf übergeordnete Prinzipien der GKKB

Vergleich mit ähnlichen Regelungen der GKKB-Richt­ linie

Falls keine eindeutige Lösung 2.

Rückgriff auf die IFRS Falls kein Rückgriff möglich

3.

Rechtsvergleichende Analyse des Rechts der Mitgliedstaaten

744 AA Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 91. 745 Dazu unten 6. Kapitel:A.IV.1.c)dd).

158

6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln des GKKB-RLV im Vergleich zum EStG, HGB und den IFRS Im Folgenden werden die einzelnen Gewinnermittlungsregeln der GKKB besprochen. Dabei erfolgt wegen des Umfangs der Materie eine Beschrän­ kung auf klassische bilanzrechtliche Fragen. Zunächst werden Wirt­ schaftsgüter und deren Zugangsbewertung auf der Aktivseite der Schat­ tenbilanz besprochen, danach werden die abziehbaren Aufwendungen und sonstigen abziehbaren Posten erörtert, zuletzt werden die Gewinnre­ alisierung, die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten sowie die Wertaufhellung dargestellt. Die Funktionsweise der einzelnen Regeln der GKKB soll mit den jeweiligen bilanzrechtlichen Regelungen im HGB, EStG und den IFRS verglichen werden. Für jeden Bereich soll dargestellt werden, inwieweit Regeln des deutschen Bilanzrechts oder der IFRS zur Weiterentwicklung der GKKB-Vorschriften herangezogen werden kön­ nen. Bezüglich der IFRS soll auch erörtert werden, ob einzelne Standards später zur Auslegung der GKKB-Richtlinie herangezogen werden können.

A. Wirtschaftsgüter In diesem Abschnitt werden die wesentlichen Fragen im Zusammenhang mit der „Aktivierung“ von Wirtschaftsgütern erörtert. Dazu gehören die allgemeine Begriffsdefinition, die Einteilung in verschiedene Kategorien, die Zurechnung und die Zugangsbewertung.

I. Die Definition des Wirtschaftsguts Für den Ansatz dem Grunde nach auf der Aktivseite der Bilanz ist der Begriff des Wirtschaftsguts zentral. In der Gewinn- und Verlustrechnung ist die Bedeutung indirekter, denn Wirtschaftsgüter tauchen hier als sol­ che gar nicht auf. Die Einordnung als Wirtschaftsgut ist aber entschei­ dend für die Frage, ob sofort abziehbare Aufwendungen oder Aufwendun­ gen für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens vorliegen, die nach Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV grundsätzlich nicht abziehbar sind. Auch die Ein­ ordnung von Gegenständen als Vorräte und unfertige Erzeugnisse nach Art. 4 Abs. 19 GKKB-RLV setzt voraus, dass es sich um Wirtschaftsgüter handelt. Die Frage, ob ein bestimmter Gegenstand als Wirtschaftsgut behandelt wird, befindet sich im Spannungsfeld zwischen der Objektivität und der

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Vollständigkeit der Bemessungsgrundlage.746 Damit die Gewinnermitt­ lung vollständig ist, müsste eigentlich jede Aufwendung angesetzt wer­ den, die einen künftigen Nutzen für das Unternehmen erwarten lässt. Viele Aufwendungen bringen aber keinen greifbaren Vorteil, der vom Ge­ schäftswert abgegrenzt und eigenständig bewertet werden kann. Dies gilt zum Beispiel für Ausgaben für Schulungen oder Werbung. Der Ansatz und die Bewertung solcher Aufwendungen in der Bilanz stünden prak­ tisch im freien Belieben des Unternehmers, was mit dem Grundsatz der Objektivität der Gewinnermittlung nicht vereinbar wäre. Es ist die Auf­ gabe des Gesetzgebers und der Rechtsprechung, Kriterien für Wirtschafts­ güter zu schaffen, die einen praktikablen Ausgleich zwischen diesen wi­ derstreitenden Prinzipien ermöglichen. Im Folgenden werden die abstrakten Merkmale für Wirtschaftsgüter her­ ausgearbeitet. Der in der englischen Fassung einheitlich verwendete Be­ griff asset wird in der deutschen Fassung teilweise mit „Wirtschafts­ gut“,747 teilweise mit „Vermögenswert“748 übersetzt. Da die beiden Begriffe synonym verwendet werden, wäre eine Vereinheitlichung wün­ schenswert.749 Hier soll in Anlehnung an die Terminologie des EStG im Zusammenhang mit der GKKB von Wirtschaftsgütern die Rede sein. Angesichts der Bedeutung des Begriffs Wirtschaftsgut und der breiten Diskussion um seine Definition im Vorfeld des Entwurfs750 ist es überra­ schend, dass der GKKB-RLV keine Definition enthält. Im Folgenden wer­ den die verschiedenen Wirtschaftsgutbegriffe der hier untersuchten Bi­ lanzierungsregeln verglichen, anschließend wird erörtert, ob sich aus dem GKKB-RLV selbst und diesen Bilanzierungsregeln eine Definition für Wirtschaftsgüter ableiten lässt. 1. Wirtschaftsgüter nach dem EStG und Vermögensgegenstände nach dem HGB Der Begriff des Wirtschaftsguts im Bilanzsteuerrecht wird häufig syno­ nym zum Begriff des Vermögensgegenstandes des HGB genutzt. Auch die Rechtsprechung des BFH ist teilweise dieser Auffassung. So hat der BFH ausgeführt, da § 5 Abs. 1 S. 1 EStG auf die GoB verweise, könne „der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsguts (§§ 4, 5, 6 EStG) nicht weiter­

746 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Gewinnermittlung, S. 1, 72. 747 Z.B. Art. 4 Abs. 19 GKKB-RLV 748 Z.B. Art. 31 GKKB-RLV 749 Herzig, IStR 2011, S. 662, 663. 750 Siehe Arbeitsgruppe GKKB, Vermögensgegenstände und steuerliche Abschrei­ bung, v. 23.11.2004, CCCTB/WP\004\doc\de, Rz. 4; Zornoza/Báez, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 271 ff.

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A. Wirtschaftsgüter

gehen als der handelsrechtliche Begriff des Vermögensgegenstands“751. Es gibt aber auch Urteile wonach die Begriffe nicht in jedem Fall deckungs­ gleich seien.752 Einerseits soll nach der Rechtsprechung des BFH der An­ teil an einer Personenhandelsgesellschaft zwar ein Vermögensgegen­ stand,753 aber kein Wirtschaftsgut754 sein, der Begriff des Wirtschaftsguts ist insofern enger; andererseits wird in der handelsrechtlichen Literatur gefordert, dass ein Vermögensgegenstand selbständig übertragbar sein muss,755 in diesem Zusammenhang ist der Begriff des Wirtschaftsguts weiter, denn für Wirtschaftsgüter ist es ausreichend, wenn sie mit dem gesamten Betrieb übertragen werden können.756 Die Kriterien, nach denen ein Gegenstand nach deutschem Verständnis ein Wirtschaftsgut ist, lassen sich in drei Kategorien einteilen: 1. Der Gegenstand muss selbständig bewertbar und greifbar sein, 2. er muss selbständig oder zusammen mit dem Betrieb übertragbar sein und 3. er muss einen Nutzen über den Bilanzstichtag hinaus erbringen.757 Diese Kriterien sind nicht trennscharf und werden unterschiedlich von­ einander abgegrenzt.758 a) Einzelne Bewertbarkeit/Greifbarkeit Zentrales Kriterium des Wirtschaftsguts ist die einzelne Bewertbarkeit.759 Dieses Kriterium ist unerlässlich, um die einzelnen Aktivposten vom originären Geschäfts- oder Firmenwert abzugrenzen.760 Um einzeln be­ wertbar zu sein, muss der Gegenstand einen selbständigen Verwendungs­ wert haben und er darf nicht unselbständiger Bestandteil eines übergeord­ 751 BFH v. 26.2.1975 - I R 72/73, BStBl II 1976, S. 13, 14; siehe dazu auch Moxter, Bi­ lanzrechtsprechung, S. 7 f.; Ballwieser, in MüKo HGB, § 246, Rz. 19. 752 BFH v. 5.6.2008 - IV R 67/05, BStBl II 2008, S. 960, 962, wonach eine „weitgehen­ de“ Übereinstimmung bestehe. 753 BFH v. 10. 12. 1991 - VIII R 69/86, BStBl II 1992, S. 385, 390. 754 BFH v. 25. 4. 1985 - IV R 83/83, BStBl II 1986, S. 350 352. 755 Adler/Düring/Schmaltz, HGB, § 246, Rz. 26 ff.; Kleindiek, in Ulmer (Hrsg.), HGB-Bilanzrecht, § 246, Rz. 5; Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblich­ keit, S. 1, 74. 756 BFH v. 26.8.1992 - I R 24/91, BStBl II 1992, S. 977; BFH v. 5.6.2008 - IV R 67/0, BStBl II 2008, S. 960. 757 Ausführlich Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 6 ff; siehe auch Tiedchen, in Herr­ mann/Heuer/Raupach (Hrsg.), EStG, § 5 Rz. 563; Krumm, in Blümich, EStG § 5, Rz. 309b. 758 Sigloch/Weber, in Michalski (Hrsg.), GmbHG, Anhang §§ 41–42a, Rz. 199. 759 BFH v. 17.12.2008 - IV R 36/06, juris, Rz. 13; BFH v. 5.6.2008 - IV R 67/05, BStBl II 2008, S. 960, 962; Tiedchen, in Herrmann/Heuer/Raupach (Hrsg.), EStG, § 5, Rz. 560. 760 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 8 f.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

neten Wirtschaftsguts sein.761 Der Gegenstand muss als Einzelheit von Bedeutung sein; maßgeblich ist die Verkehrsanschauung.762 Ein ordentli­ cher Kaufmann würde sich den Gegenstand etwas kosten lassen. Nicht erforderlich ist dagegen, dass der Steuerpflichtige tatsächlich konkrete Aufwendungen getätigt hat, um den Gegenstand zu erwerben oder zu schaffen.763 Auch das Merkmal der Greifbarkeit dient dazu, Wirtschaftsgüter vom originären Geschäfts- oder Firmenwert abzugrenzen. Die Greifbarkeit konkretisiert deswegen lediglich die einzelne Bewertbarkeit.764 Die Kon­ trollfrage des BFH lautet, ob der gedachte Erwerber des gesamten Betriebs für den einzelnen Gegenstand ein gesondertes Entgelt ansetzen würde.765 b) Verkehrsfähigkeit Das Kriterium der selbständigen Verkehrsfähigkeit wird zumindest im Steuerrecht sehr großzügig gehandhabt, da entweder die Einzelübertrag­ barkeit766 oder die Übertragbarkeit zusammen mit dem Betrieb als ausrei­ chend angesehen wird.767 Damit erfüllt sogar ein derivativer Geschäftsoder Firmenwert das Kriterium der selbständigen Übertragbarkeit.768 Auch die zivilrechtliche Unübertragbarkeit schließt das Vorliegen eines Wirtschaftsguts nicht notwendig aus, solange die Nutzung des Gegen­ standes überlassen werden kann.769 Dass es auf die zivilrechtliche Über­ tragbarkeit nicht ankommt, zeigt, wie stark sich der Begriff des Wirt­ schaftsguts vom Zivilrecht entfernt hat. Zivilrechtliche Wertungen sind daher kaum eine Leitlinie für die Frage, ob ein Gegenstand aktiviert wer­ den kann.770 Wegen der sehr großzügigen Handhabung der Verkehrsfähig­ keit durch den BFH grenzt dieses Merkmal den Begriff des steuerlichen Wirtschaftsguts nicht wirklich ein.771

761 Krumm, in Blümich, EStG § 5, Rz. 309. 762 Tiedchen, in Herrmann/Heuer/Raupach (Hrsg.), EStG, § 5 Rz. 560. 763 Tiedchen, in Herrmann/Heuer/Raupach (Hrsg.), EStG, § 5 Rz. 562; Krumm, in Blümich, EStG § 5, Rz. 309a. 764 Tiedchen, in Herrmann/Heuer/Raupach (Hrsg.), EStG, § 5 Rz. 561; im Ergebnis auch Krumm, in Blümich, EStG § 5, Rz. 309. 765 Ständige Rechtsprechung, z.B. BFH v. 17.2.1998 – VIII R 28/95, BStBl II 1998, S. 505, 507. 766 BFH v. 26.5.1982 - I R 180/80, BStBl II 1982, S. 695, 696. 767 BFH v. 26.8.1992 - I R 24/91, BStBl II 1992, S. 977; BFH v. 5.6.2008 - IV R 67/05, BStBl II 2008, S. 960. 768 BFH v. 30.3.1994 - I R 52/93, BStBl II 1994, S. 903. 769 Z.B. der Nutzungsüberlassung von Gebäudeteilen: BFH v. 26.5.1982 - R 180/80, BStBl II 1982, S. 695, 696. 770 AA Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 66 f., wonach Wirt­ schaftsgüter in Deutschland an die Zivilrechtsstruktur anknüpfen. 771 Tiedchen, in Herrmann/Heuer/Raupach (Hrsg.), EStG, § 5 Rz. 564.

162

A. Wirtschaftsgüter

Für die Bilanz nach dem HGB ist immer noch umstritten, ob die selbstän­ dige Übertragbarkeit ein Tatbestandsmerkmal von Vermögenswerten ist. Die selbständige Übertragbarkeit wird aufgrund der gläubigerschützen­ den Funktion der Handelsbilanz gefordert, da nur solche Gegenstände zur Schuldendeckung herangezogen werden können, die selbständig über­ tragbar sind.772 Diese Auffassung steht nicht unbedingt im Widerspruch zu § 246 Abs. 1 S. 4 HGB, wonach ein entgeltlicher erworbener Geschäftsoder Firmenwert zu aktivieren ist.773 Zwar kann der entgeltlich erworbe­ ne Geschäfts- oder Firmenwert nie selbständig verwertet werden, nach dem Wortlaut von § 246 Abs. 1 S. 4 HGB ist der derivative Geschäfts- oder Firmenwert aber auch gar kein Vermögensgegenstand, sondern gilt nur im Wege der Fiktion als Vermögensgegenstand.774 Diese umständliche Konstruktion ließe sich vermeiden, wenn man auf die selbständige Ver­ wertbarkeit auch im Handelsrecht verzichtete. Gegen das Erfordernis der selbständigen Verwertbarkeit spricht auch, dass dieses Merkmal auf den Zerschlagungswert des Unternehmens abstellt. Dies widerspricht aber § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB, wonach bei der Bewertung grundsätzlich von Fortführungswerten auszugehen ist.775 Die weite Auffassung des BFH zur Verkehrsfähigkeit stärkt die Vollstän­ digkeit der Steuerbilanz, ohne deren Objektivität übermäßig zu beein­ trächtigen. Häufig ist die Bilanzierung eines Gegenstandes, der die übri­ gen Voraussetzungen für Wirtschaftsgüter erfüllt, anhand von objektiven Kriterien möglich. Dies gilt zum Beispiel für einen derivativen Geschäfts­ wert, der als Differenz aus dem Wert der einzelnen Wirtschaftsgüter des erworbenen Unternehmens und dem Kaufpreis recht genau bestimmt werden kann. Ein anderer Gesichtspunkt ist die Liquidität des Steuer­ pflichtigen. Durch den Ansatz nicht selbständig übertragbarer Wirt­ schaftsgüter wird dem Steuerpflichtigen Liquidität entzogen, obwohl er diese Gegenstände womöglich nicht zur Kreditsicherung heranziehen kann, um sich zu refinanzieren. Dieser Effekt sollte aber zu Gunsten der Vollständigkeit der Bilanz hingenommen werden, denn der Zusammen­ hang zwischen einem einzelnen Bilanzansatz und der Entziehung von Liquidität ist sehr indirekt.776 772 Adler/Düring/Schmaltz, HGB, § 246, Rz. 26 ff.; Kleindiek, in Ulmer (Hrsg.), HGB-Bilanzrecht, § 246, Rz. 5; Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblich­ keit, S. 1, 74. 773 AA Krumm, in Blümich, EStG, § 5, Rz. 303a. 774 Gesetzesentwurf BilMoG, BT-Drucksache 16/10067, v. 30.7.2008, S. 47. 775 BFH v. 17.2.1998 - VIII R 28/95, BStBl II 1998, S. 505, 507; Moxter, Handwörter­ buch unbestimmter Rechtsbegriffe im Bilanzrecht des HGB, S. 247; Gschwendtner, in FS Beisse, S. 215, 224 ff. 776 Dazu ausführlich oben 2. Kapitel:A.II.1; vertritt eine differenzierte Auffassung je nach Funktionstüchtigkeit der Kapitalmärkte: Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerli­ che Maßgeblichkeit, S. 1, 75.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

c) Nutzen über den Bilanzstichtag hinaus In der Rechtsprechung wird gefordert, dass ein Gegenstand in der Regel einen mehrjährigen Nutzen für das Unternehmen hat.777 Dieses Kriteri­ um wird von der neueren Rechtsprechung teilweise nicht mehr verwen­ det.778 Dies zu Recht, denn bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens liegt in der Regel gerade kein mehrjähriger Nutzen vor.779 Dass es Wirt­ schaftsgüter mit einer Nutzungsdauer im Unternehmen kürzer als ein Jahr gibt, folgt auch aus dem Umkehrschluss aus § 7 Abs. 1 S. 1 EStG.780 Statt des Kriteriums des mehrjährigen Nutzens genügt es für den Ansatz als Wirtschaftsgut, wenn der Gegenstand einen Nutzen über den Bilanz­ stichtag hinaus erwarten lässt, unabhängig davon, wie lange die absolute Nutzungsdauer ist. Hat sich der Wert eines Gegenstandes bereits in der abgelaufenen Periode verzehrt, erhöht er das Betriebsvermögen in den folgenden Zeiträumen nicht und darf folglich nicht angesetzt werden.781 d) Zwischenergebnis Letztlich ist das Kriterium der einzelnen Bewertbarkeit das einzige echte Kriterium für das Vorliegen eines Wirtschaftsguts nach deutschem Recht.782 Die Greifbarkeit konkretisiert nur die einzelne Bewertbarkeit. Die Verkehrsfähigkeit wird im Steuerrecht sehr großzügig gehandhabt. Rechtssicherheit bezüglich der Aktivierbarkeit von Gegenständen wurde in Deutschland vor allem durch eine umfassende jahrzehntelange Recht­ sprechung hergestellt, die im Einzelfall klargestellt hat, wann ein Wirt­ schaftsgut vorliegt und wann nicht.783 Das deutsche Bilanz- und Bilanz­ steuerrecht zeigt, wie schwierig es ist, Wirtschaftsgüter abstrakt zu definieren.

777 Z.B. BFH v. 9.8.2011 - VIII R 13/08, BStBl II 2011, S. 875, 876; BFH v. 29.4.1965 - IV 403/62 U, BStBl III 1965, S. 414. 778 Z.B. BFH v. 1.9.2011 – II R 67/09, BFH/NV 2011, S. 2066, 2068; BFH v. 5.6.2008 IV R 67/05, BStBl II 2008, S. 960, 962; BFH v. 15.4.2004 - IV R 51/02, BFH/NV 2004, S. 1393, 1394; BFH v. 7.8.2000 - GrS 2/99, BStBl II 2000, S. 632, 635. 779 Siehe auch Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV, wonach die zwölfmonatige Nutzung nur für das Vorliegen von Anlagevermögen Voraussetzung ist. 780 Krumm, in Blümich, EStG, § 5, Rz. 309b; Tiedchen, in Herrmann/Heuer/Raupach (Hrsg.), EStG, § 5, Rz. 563; aA Maier, in Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexi­ kon, Wirtschaftsgut, Rz. 2. 781 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 70 f.; Winnefeld, Bi­ lanz-Handbuch, Kapitel D, Rz. 427; Sigloch/Weber, in Michalski, GmbHG, Anh. §§ 41–42a, Rz. 198. Auch in IASC-Framework 90 wird auf den Nutzen über die Berichtsperiode hinaus abgestellt. 782 Tiedchen, in Herrmann/Heuer/Raupach (Hrsg.), EStG, § 5 Rz. 565; aA Krumm, in Blümich, EStG § 5, Rz. 308 ff., wonach auch die Übertragbarkeit ein wichtiges Merkmal ist. 783 Ausführlich Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 6 ff.

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A. Wirtschaftsgüter

2. Vermögenswerte nach den IFRS In der deutschen Fassung der IFRS werden assets als Vermögenswerte bezeichnet. Nach IASC-Framework 49 (a) haben Vermögenswerte drei Merkmale: 1. Es muss sich um eine Ressource handeln, 2. die aufgrund früherer Ereignisse in der Verfügungsmacht des Unter­ nehmens steht 3. und von der erwartet wird, dass dem Unternehmen aus ihr künftiger wirtschaftlicher Nutzen zufließt. Damit ein Vermögenswert im Abschluss erfasst werden kann, muss er zudem nach IASC-Framework 89 verlässlich bewertet werden können. Diese Kriterien überschneiden sich teilweise. Neben der Voraussetzung des künftigen wirtschaftlichen Nutzens hat das Kritierium der Ressource keine eigenständige Bedeutung. Insofern wird auf die Ausführungen un­ ter b) verwiesen. a) Verfügungsmacht Die Verfügungsmacht des Unternehmens über den Gegenstand ent­ spricht teilweise der Voraussetzung im deutschen Recht, dass der Gegen­ stand zum Betriebsvermögen gehören muss. Die Verfügungsmacht geht aber darüber hinaus und bedeutet auch, dass der Unternehmer die Kont­ rolle über den Vorteil haben muss, was zum Beispiel bei einer Werbekam­ pagne784 oder einer bereits publizierten Erfindung785 nicht der Fall ist. In­ sofern hat die Verfügungsmacht aber Ähnlichkeit mit der Greifbarkeit und der Kontrollfrage des BFH, ob ein gedachter Erwerber ein gesondertes Entgelt ansetzen würde. Dies wäre nicht der Fall, wenn der Vorteil nicht greifbar ist oder dem Übernehmer ohnehin zu Gute kommt, weil er frei verfügbar ist.786 Zugleich ist die Verfügungsmacht verwandt mit der Frage nach der Übertragbarkeit des Gegenstandes. Verfügungsmacht kann auch über Gegenstände bestehen, die nicht selbständig übertragen werden können. Folgt man der Auffassung, für Vermögensgegenstände nach dem HGB sei eine selbständige Übertragbarkeit erforderlich, sind die IFRS in­ sofern weniger restriktiv. Im Vergleich zum deutschen Bilanzsteuerrecht ist das Kriterium der Verfügungsmacht dagegen eher restriktiv.787 Das Erfordernis, die Verfügungsmacht müsse aufgrund eines früheren Er­ eignisses erlangt worden sein, ist weitgehend ohne Aussagekraft.788 Es 784 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 73. 785 Zum deutschen Recht BFH v. 10.3.1993 - I R 116/91, BFH/NV 1993, S. 595. 786 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 73 787 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 74. 788 Siehe Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 1, Rz. 89.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

schafft einen gewissen Bezug zu einer früheren Anschaffung oder Herstel­ lung.789 Dass sich der Steuerpflichtige den Gegenstand in der Vergangen­ heit etwas hat kosten lassen, ist aber weder eine zwingende Vorausset­ zung für das Vorliegen eines Vermögenswertes, noch reichen Kosten zur Erlangung des Gegenstandes aus, um einen Vermögenswert zu begrün­ den. Neben der Verfügungsmacht und der verlässlichen Bewertbarkeit hat das vergangene Ereignis daher keine eigenständige Bedeutung und sollte nicht für die GKKB-Gewinnermittlung herangezogen werden. b) Zukünftiger wirtschaftlicher Nutzen Der künftige wirtschaftliche Nutzen ist in IASC-Framework 53 definiert: Er „repräsentiert das Potenzial, direkt oder indirekt zum Zufluss von Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten zum Unternehmen beizutragen. Dieses Potenzial kann zur Leistungserstellung als Teil der laufenden Geschäftstätigkeit des Unternehmens gehören. Es kann auch in der Konvertierbarkeit in Zahlungsmittel oder Zahlungsmitteläquiva­ lente oder in der Fähigkeit bestehen, den Mittelabfluss zu verringern, bei­ spielsweise wenn ein alternatives Herstellungsverfahren die Produkti­ onskosten vermindert.“ Die starke Betonung des künftigen wirtschaftlichen Nutzens rührt daher, dass die IFRS weniger darauf abzielen, das ausschüttbare Vermögen zu bestimmen, sondern Informationen für zukünftige Investitionsentschei­ dungen geben sollen.790 Im Ergebnis macht diese unterschiedliche Ge­ wichtung aber kaum einen Unterschied; hat ein Gegenstand keinen zukünftigen wirtschaftlichen Nutzen mehr, erhöht er auch das gegen­ wärtige Vermögen nicht und darf nach deutschem Recht nur noch mit dem Erinnerungswert bilanziert werden. Hätte der Gegenstand keinen zukünftigen Nutzen für das Unternehmen, würde der gedachte Erwerber des Unternehmens auch kein gesondertes Entgelt ansetzen.791 Da auch nach deutschem Recht ein zukünftiger Nutzen wahrscheinlich sein muss, ist die Prognoseunsicherheit im Fall der IFRS nicht wesentlich grö­ ßer als im deutschen Recht.792 Nach der Auffassung von Herzig sei der zukünftige wirtschaftliche Nut­ zen dagegen ein wesentlicher Unterschied zwischen der IFRS-Bilanzie­ rung und dem deutschen Handels- und Bilanzsteuerrecht, weil dieses Kriterium zeige, dass es weniger auf die gegenwärtige Greifbarkeit des 789 Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 66. 790 Theile, in Heuser/Theile, Rz. 323. 791 Allgemein zur vermeintlichen Vergangenheitsorientierung der Steuerbilanz siehe oben 5. Kapitel:A.II.2.a). 792 AA Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 72, wonach die Unsi­ cherheit im Fall der IFRS deutlich größer sei.

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A. Wirtschaftsgüter

Gegenstandes ankomme als vielmehr auf dessen zukünftigen Nutzen.793 Dem ist entgegenzuhalten, dass die erforderliche Verfügungsmacht über einen Gegenstand eine gewisse Greifbarkeit voraussetzt, wodurch die Be­ tonung des zukünftigen Nutzens stark relativiert wird. Gegenstände wie zum Beispiel Schulungsaufwendungen, die einen zukünftigen Nutzen erwarten lassen, aber nicht greifbar sind, können auch nach den IFRS nicht angesetzt werden, weil der Unternehmer nicht über sie verfügen kann. Andererseits schränkt die Betonung des zu erwartenden Zuflusses eines Nutzens den Begriff des Vermögenswerts gegenüber dem deutschen Recht nicht ein, denn auch indirekte Nutzenzuflüsse sind erfasst. Ausga­ ben, die keinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem operativen Ge­ schäft und zukünftigen Zahlungsflüssen haben, lassen sich als Hilfsin­ vestitionen bilanzieren, wenn sie die übrigen Kriterien erfüllen.794 Das Beispiel der Wirtschaftsgüter zeigt, dass der vermeintliche Gegensatz zwischen der Vergangenheitsorientierung der Bilanzierung nach dem HGB und EStG und der Zukunftsorientierung der IFRS so in Wirklichkeit gar nicht existiert.795 c) Zuverlässige Bewertung Das Kriterium der zuverlässigen Bewertung der Anschaffungs- und Her­ stellungskosten nach IASC-Framework 89 wird durch die Zulässigkeit hinreichend genauer Schätzungen in IASC-Framework 86 stark relati­ viert.796 Erforderlich ist nicht, dass diese Kosten tatsächlich ermittelt werden können, sondern es genügt, wenn deren Wert zuverlässig ge­ schätzt werden kann. Damit ist die zuverlässige Bewertbarkeit ein Krite­ rium, das den Erfordernissen der Greifbarkeit und einzelnen Bewertbar­ keit recht ähnlich ist. Können die Kosten für einen Gegenstand nicht verlässlich geschätzt werden, ist er auch nicht greifbar und kann nicht einzeln bewertet werden. Die Differenzierung in IASC-Framework 89 f. zwischen den Tatbestands­ voraussetzungen für Wirtschaftsgüter und dem Bilanzansatz kann für die handelsrechtliche Bilanzierung sinnvoll sein, denn ein Wirtschaftsgut, das nicht angesetzt werden darf, kann dafür womöglich im Anhang ge­ nannt werden. Für die steuerliche Gewinnermittlung macht es dagegen keinen Unterschied, ob ein Gegenstand kein Wirtschaftsgut ist oder nicht angesetzt werden darf, obwohl er ein Wirtschaftsgut ist. Entspre­ chend sollte für die GKKB nicht zwischen Wirtschaftsgütern und deren

793 Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 63 und 66 ff. 794 Theile, in Heuser/Theile, Rz. 323; aA Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinner­ mittlung, S. 68 f. 795 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 49 f. 796 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 1, Rz. 92.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Ansatz unterschieden werden, da diese Differenzierung nur für Verwir­ rung sorgen würde.797 d) Zwischenergebnis Im Ergebnis sind die abstrakten Kriterien der IFRS für den Ansatz als Wirtschaftsgut den deutschen Kriterien sehr ähnlich.798 Differenzen be­ stehen vor allem bei immateriellen Gegenständen und Finanzanlagen.799 Diese Differenzen resultieren aber vor allem aus den abweichenden spe­ zifischen Regeln zu diesen Gütern und nicht aus der allgemeinen Defini­ tion des Wirtschaftsguts. Ähnlich wie die Tatbestandsmerkmale für Wirtschaftsgüter im deutschen Recht sind auch die Charakteristika der Vermögenswerte ungenau und sehr abstrakt, was ihre Tauglichkeit für die Praxis einschränkt.800 3. Wirtschaftsgüter nach dem GKKB-RLV Der GKKB-RLV enthält keine eigenständige Definition für Wirtschafts­ güter, sondern setzt den Begriff voraus.801 a) Anforderungen nach dem GKKB-RLV Obwohl Wirtschaftsgüter nicht gesondert definiert werden, ergeben sich die grundlegenden Anforderungen aus dem GKKB-RLV selbst. Nach Art. 9 Abs. 2 GKKB-RLV gilt der Grundsatz der Einzelerfassung, der in der Definition des Anlagevermögens in Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV nochmals ausdrücklich genannt wird. Das bedeutet, als Wirtschaftsgüter kommen nur solche Gegenstände in Betracht, die so eigenständig und greifbar sind, dass die mit ihnen zusammenhängenden Transaktionen und Steuertatbe­ stände einzeln in der Gewinn- und Verlustrechnung angesetzt werden können.802 Dieser sehr grobe Maßstab gibt allerdings für Grenzfälle zu 797 Zornoza/Báez, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 271, 281. 798 AA Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 70 f., wonach die Re­ gelungen des deutschen Steuerrechts wesentlich objektiver seien. 799 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 71. 800 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 1, Rz. 89. 801 Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 17; Kahle/Dahlke/Schulz, Ubg 2011, S. 491, 493. 802 Nach Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV können nur einzeln bewertbare Wirtschaftsgüter Anlagevermögen sein. Diese Norm spricht aber auf keinen Fall dafür, dass es au­ ßerhalb des Anlagevermögens Wirtschaftsgüter geben kann, die nicht einzeln be­ wertet werden können. Dass die einzelne Bewertbarkeit hier überhaupt genannt wird, dürfte daran liegen, dass der Richtliniengeber nicht auf eine allgemeine De­ finition des Wirtschaftsguts zurückgreifen kann und deshalb die Charakteristika eines Wirtschaftsguts im Fall des besonders bedeutenden Anlagevermögens klar­ stellen will. Dieser Klarstellungsbedarf zeigt, wie sinnvoll eine allgemeine Defini­ tion des Wirtschaftsguts für die GKKB wäre.

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A. Wirtschaftsgüter

wenige Anhaltspunkte. Dies gilt insbesondere für immaterielle Wirt­ schaftsgüter. Das Kriterium des Nutzens über den Abschlussstichtag hinaus ist in den GKKB-RLV eingeflossen, ohne dass es ausdrücklich genannt wird. Anla­ gevermögen liegt nach Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV nur vor, wenn das Wirt­ schaftsgut für mehr als zwölf Monate und damit über den Stichtag hinaus genutzt wird. Vorräte und unfertige Erzeugnisse, die in dem Steuerjahr verbraucht werden, in dem sie angeschafft oder hergestellt wurden, er­ zeugen gemäß Art. 12 GKKB-RLV abziehbare Aufwendungen, ohne dass ihr Wert in der Gewinnermittlung berücksichtigt wird (Art. 21 GK­ KB-RLV). b) Arbeitsgruppe GKKB Die Arbeitsgruppe GKKB orientierte sich an der IASC-Framework, for­ derte aber detailliertere Regelungen.803 Der Begriff des Vermögensgegen­ standes wurde von der Arbeitsgruppe GKKB in Anlehnung an die IAS 16.6 und IAS 38.8 definiert als: „Ressourcen, die ein Unternehmen für Zwecke der Herstellung oder Lie­ ferung von Waren, der Erbringung von Dienstleistungen, der Vermietung oder der eigenen Verwaltung besitzt oder kontrolliert und die voraus­ sichtlich für mehr als einen Rechnungslegungszeitraum genutzt werden, gelten als Vermögensgegenstand.“804 Für Sachanlagen muss es zusätzlich wahrscheinlich sein, dass der Gegenstand zukünftig einen wirtschaftli­ chen Nutzen für das Unternehmen hat, und die Anschaffungs- oder Her­ stellungskosten müssen verlässlich ermittelt werden können.805 Das Merkmal der Kontrolle entspricht der Verfügungsmacht nach den IFRS. Das Kriterium des Nutzens für mehr als einen Rechnungslegungs­ zeitraum ist in den GKKB-RLV eingeflossen. Dagegen ist nicht einleuch­ tend, wieso für Sachanlagen gesondert betont wird, dass es auf einen zu­ künftigen wirtschaftlichen Nutzen für das Unternehmen und die zuverlässige Schätzbarkeit der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ankomme. Auch andere Wirtschaftsgüter wie immaterielle Gegenstände oder Vorräte und unfertige Erzeugnisse müssen einen künftigen wirt­ schaftlichen Nutzen erwarten lassen, um angesetzt werden zu können, auch wenn der Zeithorizont beim Umlaufvermögen in der Regel deutlich 803 Arbeitsgruppe GKKB, Allgemeine Besteuerungsgrundsätze, v. 23.11.2004, CCCTB/ WP\001\Rev1\doc\de, Rz. 28; Arbeitsgruppe GKKB, Vermögensgegenstände und steuerliche Abschreibung, v. 23.11.2004, CCCTB/WP\004\doc\de, Rz. 4. 804 Arbeitsgruppe GKKB, Vermögensgegenstände und steuerliche Abschreibung, v. 23.11.2004, CCCTB/WP\004\doc\de, Rz. 4. 805 Arbeitsgruppe GKKB, Vermögensgegenstände und steuerliche Abschreibung, v. 23.11.2004, CCCTB/WP\004\doc\de, Rz. 5.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

kürzer ist als bei Sachanlagen. Größtmögliche Klarheit wird durch eine einheitliche abstrakte Definition für alle Wirtschaftsgüter erreicht. Aus­ gehend von dieser Definition können dann die unterschiedlichen Katego­ rien von Wirtschaftsgütern herausgearbeitet werden.806 Die Formulierung, die Anschaffungs- und Herstellungskosten von Sach­ anlagen müssten zuverlässig ermittelt werden können, ist zumindest missverständlich, denn es gibt Wirtschaftsgüter, die ohne Anschaffungsund Herstellungskosten erlangt wurden. So können zum Beispiel neu entdeckte Gegenstände wie Bodenschätze Wirtschaftsgüter sein.807 Das Kriterium der zuverlässigen Ermittlung der Anschaffungs- und Herstel­ lungskosten scheint auf eine missverständliche Interpretation oder Über­ setzung der IFRS zurückzugehen. Die Arbeitsgruppe GKKB verweist auf IAS 16.7 b). Dort ist aber nicht die Rede von der „Ermittlung“ der An­ schaffungs- und Herstellungskosten, sondern von deren „Bewertung“. In der englischen Fassung des Berichts der Arbeitsgruppe wird der wörtliche Begriff „measurement“ aus IAS 16.7 übernommen. Der Begriff „Ermitt­ lung“ dürfte daher ein Übersetzungsfehler sein. Der Begriff „Bewertung“ in IAS 16.7 lässt es zu, auch solche Gegenstände zu fiktiven Anschaf­ fungs- oder Herstellungskosten anzusetzen, die ohne tatsächliche Kosten erlangt wurden. Zudem soll IAS 16.7 keine eigenständige Bedeutung ne­ ben den allgemeinen Kriterien in IASC-Framework 49 ff. haben, sondern dient lediglich der Klarstellung.808 Daher genügt es nach den IFRS auch für den Ansatz von Sachanlagen, dass deren Wert verlässlich geschätzt werden kann. c) Rückgriff auf das Recht der Mitgliedstaaten Von Kahle/Schulz wurde die Frage aufgeworfen, ob sich möglicherweise aus Art. 7 GKKB-RLV ergebe, dass die Definition des Wirtschaftsguts aus dem jeweiligen Recht der Mitgliedstaaten zu entnehmen sei.809 Dies ist zu verneinen, denn die Frage nach dem Ansatz dem Grunde nach ist im GKKB-RLV geregelt und muss aus dem GKKB-RLV selbst heraus beant­ wortet werden. Es handelt sich um einen abgeschlossenen Teilbereich, weshalb Art. 7 GKKB-RLV nicht anwendbar ist und ein Rückgriff auf das Recht der Mitgliedstaaten untersagt ist.810 Das Recht der Mitgliedstaaten 806 Sprechen sich auch für eine grundlegende Definition für alle Wirtschaftsgüter aus: Zornoza/Báez, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 271, 280. 807 Zu dieser Problematik im deutschen Recht: BFH v. 28.5.1979 - I R 66/76, BStBl II 1979, S. 624, 625. 808 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 14, Rz. 7. 809 Kahle/Schulz, StuB 2011, S. 296, 298, im Ergebnis aber ablehnend: Kahle/Dahlke/ Schulz, Ubg 2011, S. 491, 493; offen gelassen Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihef­ ter zu Heft 22, S. 13, 17. 810 Allgemein zu Art. 7 GKKB-RLV oben 5. Kapitel:C.II.1.a).

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A. Wirtschaftsgüter

kommt wegen des Grundsatzes der autonomen Auslegung von Unions­ recht auch nicht als Auslegungshilfe in Betracht. Ein Rückgriff auf das Recht der Mitgliedstaaten im Fall einer einzelnen Regelungslücke ist nicht mit dem Ziel des GKKB-RLV vereinbar, die Gewinnermittlung eu­ ropaweit zu vereinheitlichen. Dies gilt insbesondere für den Begriff des Wirtschaftsguts, weil dieser Begriff zentral ist und unionsweit gleich aus­ gelegt werden muss. d) Übernahme von Kriterien der IFRS Aus Gründen der Rechtssicherheit und um eine europaweit möglichst einheitliche Ermittlung der GKKB sicherzustellen, müssen in die endgül­ tige Richtlinie neben der einzelnen Ansetzbarkeit weitere Kriterien für Wirtschaftsgüter aufgenommen werden. Dabei bieten sich die IFRS als Quelle an. Die Übernahme von Kriterien der IFRS statt von Regelungen der Mitgliedstaaten hätte den Vorteil, dass diese Regeln bereits in ganz Europa für Konzernabschlüsse Anwendung finden, was eine gewisse Ein­ heitlichkeit der Anwendung dieser Kriterien gewährleisten würde. Kon­ kret übernommen werden sollten die Kriterien der zuverlässigen Bewert­ barkeit und der Verfügungsmacht.811 Dadurch würde deutlicher, dass es sich um einen Gegenstand mit einer gewissen Selbständigkeit handeln muss. Durch das Kriterium der zuverlässigen Bewertbarkeit würde der Grund­ satz der Einzelerfassung ergänzt und konkretisiert. Nur solche Gegen­ stände können einzeln erfasst werden, die zuverlässig bewertbar sind. Um den Wirtschaftsgutsbegriff nicht übermäßig einzuschränken, sollte wie in den IFRS die zuverlässige Schätzbarkeit des Werts ausreichen. Durch das Erfordernis der Verfügungsmacht würde deutlich, dass Wirt­ schaftsgüter klar vom originären Geschäftswert abgrenzbar sein müssen. Die Aufnahme der Verfügungsmacht würde auch klarstellen, dass es nicht auf die konkrete selbständige Übertragbarkeit ankommt. Letzteres Kriterium würde die Vollständigkeit der steuerlichen Gewinnermittlung zu stark einschränken. e) Klarstellungskompetenz der Kommission Auch wenn der Begriff des Wirtschaftsguts im endgültigen Richtlinie­ nentwurf noch genauer definiert wird, werden zwangsläufig unklare Grenzfälle verbleiben. Lüdenbach/Hoffmann sprechen in diesem Zu­ sammenhang von einer „kaum vermeidbaren Abstraktheit“ der Merk­ male des Wirtschaftsguts.812 Solange die Gewinnermittlung nach dem 811 Fordern zusätzlich, dass es sich um eine Resource handeln muss: Zornoza/Báez, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 271, 281. 812 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 1, Rz. 89.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Grundsatz der Periodenabgrenzung erfolgt und nicht auf eine reine Geld­ flussbetrachtung abgestellt wird, sind Ungewissheiten unvermeidbar.813 Die Rechtssicherheit ließe sich erheblich dadurch erhöhen, dass der Kommission nach Art. 127 ff. GKKB-RLV die Befugnis verliehen wird, klarzustellen, ob ein bestimmter Gegenstand ein Wirtschaftsgut ist oder nicht.814 Eine ähnliche Befugnis findet sich bereits in Art. 42 GKKB-RLV zur Präzisierung der Kategorien von abschreibungsfähigen Anlagevermö­ gen. Stellt die Kommission fest, dass ein Gegenstand zu einer bestimm­ ten Kategorie von abschreibungsfähigem Anlagevermögen gehört, stellt sie damit implizit auch fest, dass es sich bei dem Gegenstand um ein Wirtschaftsgut handelt. Diese Präzisierungsbefugnis müsste nur noch auf nicht abschreibungsfähiges Anlagevermögen sowie auf Vorräte und un­ fertige Erzeugnisse ausgedehnt werden. Dadurch könnten Unklarheiten in den meisten Fällen beseitigt werden, ohne dass es eines langwierigen Verfahrens vor dem EuGH bedürfte. Zudem würde verhindert, dass die GKKB-Richtlinie selbst durch zu viele Detailregelungen überfrachtet wird und die Einfachheit einbüßt, die den GKKB-RLV gerade auszeichnet. Eine solche weitergehende Delegation von Befugnissen auf die Kommis­ sion wäre nach Art. 290 Abs. 1 UA 2 S. 2 AEUV nur zulässig, wenn die wesentlichen Aspekte dieses Bereichs dem Gesetzgebungsakt vorbehal­ ten blieben. Damit die delegierte Befugnis nicht zu weit geht und wesent­ liche Aktivierungsvorschriften auf die Kommission übertragen werden, ist Voraussetzung für eine solche Delegation, dass der Begriff des Wirt­ schaftsguts in der endgültigen GKKB-Richtlinie genauer definiert wird. Diese Definition würde den Rahmen für die Klarstellungsbefugnis der Kommission vorgeben. Dadurch würde das Europäische Parlament aus­ reichend an der Gesetzgebung beteiligt. 4. Zusammenfassung Die GKKB-Richtlinie sollte eine genaue Definition für Wirtschaftsgüter enthalten. Neben der Einzelerfassung sollten aus den IFRS die Kriterien der zuverlässigen Bewertbarkeit und der Verfügungsmacht übernommen werden. Da es aber nicht möglich ist, Wirtschaftsgüter abstrakt so ein­ deutig zu definieren, dass keine Grenzfälle verbleiben, sollte die Kom­ mission eine allgemeine Klarstellungsbefugnis bezüglich Wirtschaftsgü­ tern erhalten.

813 Zornoza/Báez, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 271, 284. 814 Fordern allgemein umfassende und detaillierte Richtlinien zur Anwendung der GKKB: Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 92 f.

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A. Wirtschaftsgüter

II. Kategorien von Wirtschaftsgütern 1. Anlagevermögen Der Begriff des Anlagevermögens dient der Abgrenzung zum Umlaufoder Vorratsvermögen. Diese Abgrenzung ist entscheidend für die plan­ mäßige Abschreibung, die nur für Anlagevermögen in Betracht kommt. Vereinfachte Bewertungsverfahren sind dagegen regelmäßig nur für das Umlaufvermögen vorgesehen. Der Sofortabzug von Ausgaben für gering­ wertige Wirtschaftsgüter kommt nur für Wirtschaftsgüter des Anlagever­ mögens in Betracht. a) Allgemeine Merkmale aa) Anlagevermögen nach dem HGB und EStG Nach § 247 Abs. 2 HGB kommen als Anlagevermögen nur Gegenstände in Frage, die dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu die­ nen. Dies richtet sich nicht nach bestimmten Zeiträumen, sondern nach der Zwecksetzung des Unternehmers und der tatsächlichen Nutzung. Ein Gegenstand dient allgemein dem Betrieb, wenn er zum Gebrauch und nicht zum Verbrauch durch Weiterverarbeitung oder Veräußerung vorge­ sehen ist.815 Umgekehrt wird der Begriff des Umlaufvermögens negativ definiert. Umlaufvermögen sind alle Gegenstände, die nicht zum Anlage­ vermögen gehören. Daraus folgt, dass jedes Wirtschaftsgut eines Unter­ nehmens nach deutschem Bilanzrecht entweder zum Anlage- oder zum Umlaufvermögen gehören muss.816 bb) Anlagevermögen nach den IFRS Die IFRS kennen keine einheitliche Kategorie von Anlagevermögen, son­ dern unterscheiden grundlegend zwischen allgemeinen Sachanlagen nach IAS 16, Immobilien nach IAS 40, die als Finanzinvestition gehalten werden, immateriellem Anlagevermögen nach IAS 38 und Finanzinstru­ menten nach IAS 39. Zu den allgemeinen Sachanlagen gehören nach IAS 16.6 Vermögenswerte, die zur Herstellung oder der Lieferung von Gütern und Dienstleistungen, zur Vermietung an Dritte oder für Verwal­ tungszwecke gehalten werden und die länger als eine Periode genutzt werden sollen. Die folgende Darstellung wird sich auf Sachanlagen nach IAS 16 und immaterielles Anlagevermögen konzentrieren.

815 BFH v. 13.1.1972 - V R 47/71, BStBl II 1972, S. 744, 745; Maier, in Beck’sches Steu­ er- und Bilanzrechtslexikon, Anlagevermögen, Rz. 2 f. 816 BFH v. 13.1.1972 - V R 47/71, BStBl II 1972, S. 744, 745; Schubert/Huber, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB, § 247, Rz. 350.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Rückschlüsse für die Abgrenzung von Anlage- und Vorratsvermögen las­ sen sich aus den Gliederungsvorschriften für die Bilanz ziehen. Nach IAS 1.60 hat ein Unternehmen kurzfristige und langfristige Vermögens­ werte und Schulden getrennt darzustellen. Nach IAS 1.66 (a) kommt es für kurzfristige Vermögenswerte darauf an, dass die Realisierung inner­ halb des normalen Geschäftszyklus erwartet wird oder der Vermögens­ wert zum Verkauf oder Verbrauch in diesem Zeitraum gehalten wird. Es kommt auf die zu erwartende Verbrauchs- oder Veräußerungszeit inner­ halb des gewöhnlichen Geschäftsgangs an. Nur falls der Geschäftszyklus nicht bestimmt werden kann, gilt nach IAS 1.68 ein Zeitraum von zwölf Monaten. Da der Geschäftszyklus für Vorräte und Kundenforderungen in aller Regel bestimmt werden kann, gehören diese auch dann nicht zum Anlagevermögen, wenn zu erwarten ist, dass sie länger als zwölf Monate im Betriebsvermögen verbleiben.817 Letztlich verläuft die grundlegende Abgrenzung wie im HGB. Zum Anlagevermögen gehören alle Vermö­ genswerte, die zum Gebrauch und nicht zum Verbrach bestimmt sind. cc) Anlagevermögen nach dem GKKB-RLV Nach Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV gehören zum Anlagevermögen „alle vom Steuerpflichtigen entgeltlich erworbenen oder geschaffenen materiellen Wirtschaftsgüter sowie alle entgeltlich erworbenen immateriellen Wirt­ schaftsgüter, die einzeln bewertet werden können und länger als zwölf Monate für betriebliche Zwecke bei der Erzielung, der Aufrechterhaltung oder der Sicherung von Einkommen verwendet werden, außer wenn die Kosten ihres Erwerbs, ihrer Errichtung oder ihrer Verbesserung weniger als 1 000 Euro betragen.“ Wirtschaftsgüter, deren Kosten für Anschaffung, Herstellung oder Ver­ besserung weniger als 1.000 3 betragen haben und die länger als zwölf Monate für betriebliche Zwecke verwendet werden, gehören damit nicht zum Anlagevermögen, sondern bilden eine eigenständige Kategorie von geringwertigen Wirtschaftsgütern. Dies ist im Vergleich zu § 6 Abs. 2 EStG, wonach geringwertige Wirtschaftsgüter Teil des Anlagevermögens sind, aber nur eine terminologische Differenz. Separat zum allgemeinen Anla­ gevermögen wird in Art. 4 Abs. 15 GKKB-RLV das Finanzanlagevermögen definiert. Das Merkmal der Nutzung für mindestens zwölf Monate ist zu kritisie­ ren. Die tatsächliche Verwendung kann beim erstmaligen Ansatz nicht das allein ausschlaggebende Kriterium sein, da zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht sicher feststeht, ob der Gegenstand tatsächlich für zwölf Mona­ te genutzt wird. Stattdessen muss es beim erstmaligen Wertansatz vor 817 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 2 Rz. 35.

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A. Wirtschaftsgüter

allem auf die Verwendungsabsicht ankommen. Entsprechend § 247 Abs. 2 HGB und IAS 16.6 muss auf den Zweck der dauernden Nutzung abgestellt werden. Andernfalls käme es häufig zur Korrektur der Gewinn­ ermittlung, wenn das Wirtschaftsgut entgegen der ursprünglichen Ver­ wendungsabsicht doch vorzeitig veräußert wird. Der starre zwölfmonatige Nutzungszeitraum kann allenfalls ein Indiz sein, denn auch Vorräte und unfertige Erzeugnisse, die zum Verbrauch durch Weiterveräußerung oder Verarbeitung vorgesehen sind, können länger als zwölf Monate im Betriebsvermögen verbleiben, entsprechend ist in der Definition für Vorräte und unfertige Erzeugnisse in Art. 4 Abs. 19 GKKB-RLV keine starre Frist für den Verbleib der Wirtschaftsgü­ ter im Betriebsvermögen vorgesehen. Entscheidender als die zwölfmona­ tige Frist ist in jedem Fall das Kriterium der Verwendung für betriebliche Zwecke bei der Erzielung, der Aufrechterhaltung oder der Sicherung von Einkommen. Aus diesem Verwendungszweck folgt, dass Anlagevermö­ gen zum Gebrauch und nicht zum Verbrauch bestimmt ist. Dies ist das gleiche Kriterium wie im HGB und den IFRS. dd) Register des Anlagevermögens Art. 32 GKKB-RLV zum Register des Anlagevermögens lautet: „Die Kosten im Zusammenhang mit dem Erwerb, der Herstellung oder der Verbesserung werden mit Angabe des jeweiligen Datums für jedes Wirtschaftsgut getrennt in ein Anlagenregister eingetragen.“ Dies ist eine der wenigen Vorschriften des GKKB-RLV, in denen konkrete Vorgaben zur Dokumentation gemacht werden. Die Norm steht zwar im Kapitel über die Abschreibung von Anlagevermögen, gilt aber nach dem Wortlaut auch für nicht abschreibungsfähiges Anlagevermögen. Art. 32 GKKB-RLV ähnelt § 5 Abs. 1 S. 2 und 3 EStG und § 4 Abs. 3 S. 5 EStG, regelt aber nur die Erfassung des Zugangs von Anlagevermögen, nicht die Folgebewertung. Für die Poolabschreibung ist keine weitere auf das ein­ zelne Wirtschaftsgut bezogene Dokumentation erforderlich, weil es nur noch auf die Wertentwicklung des gesamten Pools ankommt. Für einzeln abzuschreibende Wirtschaftsgüter lässt sich wegen der zumeist starren Abschreibungszeiträume aus diesem Zugangsregister theoretisch auf die weitere Wertenwicklung schließen. Aus der allgemeinen Aufzeichnungspflicht nach Art. 117 GKKB-RLV folgt aber, dass die Steuerpflichtigen über Art. 32 GKKB-RLV hinaus für jedes abschreibungsfähige Wirtschaftsgut aufzeichnen müssen, zu wel­ cher Kategorie von Wirtschaftsgut sie es zählen und falls ausnahmsweise ein individueller Abschreibungszeitraum gilt, wie lange dieser Zeitraum angesetzt wird. Ohne diese weiteren Aufzeichnungen ließe sich die Wert­ 175

6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

enwicklung einzeln abschreibungsfähiger Wirtschaftsgüter nicht nach­ vollziehen. Für nicht abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter des Anlage­ vermögens genügt grundsätzlich die Aufzeichnung des Zu- und des Abgangs. Weitere Aufzeichnungen sind aber im Fall von Sonderabschrei­ bungen nach Art. 41 GKKB-RLV notwendig. Die ausdrücklichen Dokumentationsvorgaben des GKKB-RLV regeln so­ gar die Teilbereiche nur lückenhaft, die sie unmittelbar betreffen. Es kommt für die Dokumentation vor allem auf die allgemeine Vorschrift des Art. 117 GKKB-RLV an.818 Letztlich wird trotz der Gewinn- und Ver­ lustrechnung eine vollständige Aufzeichnung des Bestands des Anlage­ vermögens notwendig sein, aus der sich ohne Weiteres eine eigenständige Steuerbilanz ableiten lässt. Nur für die Wirtschaftsgüter des Sammelpos­ tens nach Art. 39 GKKB-RLV kann auf detaillierte Aufzeichnungen ver­ zichtet werden. Dies zeigt, dass es sinnvoll wäre, in der GKKB-Richtlinie die Führung einer vereinfachten Steuerbilanz vorzuschreiben. Im Kompromissvorschlag der irischen Ratspräsidentschaft ist eine zu­ sätzliche Regelung in Art. 32 Abs. 2 vorgesehen, wonach bei Veräußerung von Wirtschaftsgütern die Einzelheiten der Veräußerung, einschließlich des Zeitpunkts und der erzielten Erlöse oder erhaltener Ausgleichszah­ lungen einzutragen sind.819 Das Problem der notwendigen Angaben zur Abschreibung wird im Kompromissvorschlag der litauischen Ratspräsi­ dentschaft gelöst. Danach soll Art. 32 einen Abs. 3 erhalten, der be­ stimmt: „Das Register des Anlagevermögens muss so geführt werden, dass es ausreichend Informationen, einschließlich Abschreibungsanga­ ben, für die Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage bietet.“820 b) Immaterielles Anlagevermögen Die Abgrenzung zum immateriellen Anlagevermögen hat im EStG und für die GKKB besonders große Bedeutung, weil eine Aktivierung von im­ materiellem Anlagevermögen nur in Betracht kommt, wenn der Gegen­ stand entgeltlich erworben wurde. Aber auch das HGB und die IFRS ent­ halten einige Besonderheiten für die Bilanzierung immaterieller Wirtschaftsgüter. aa) Immaterielles Anlagevermögen nach dem HGB und EStG (1) Definition des immateriellen Anlagevermögens Damit ein Gegenstand als immaterielles Anlagevermögen erfasst werden kann, muss er die allgemeinen Voraussetzungen für Wirtschaftsgüter und 818 Zur Kritik siehe oben 4. Kapitel:A.III.3. 819 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 2.5.2013. 820 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013.

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Anlagevermögen erfüllen. In Abgrenzung zu Sachanlagen muss es sich um einen nicht physischen Gegenstand handeln. Der Begriff des immate­ riellen Anlagevermögens wird im HGB und EStG eng verstanden. Umge­ kehrt wird der Begriff der Sachanlage weit gefasst. Auch Forderungen und Finanzanlagen gehören als sogenannte Nominalgüter zum materiellen und nicht zum immateriellen Anlagevermögen.821 Nach § 266 Abs. 2 HGB zählen zu den immateriellen Wirtschaftsgütern selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte, entgeltliche erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten, der (derivati­ ve) Geschäfts- oder Firmenwert und geleistete Anzahlungen. Diese Un­ tergliederung zeigt, dass sowohl Rechte als auch wirtschaftliche Werte immaterielle Wirtschaftsgüter sein können.822 Immaterielle Wirtschaftsgüter müssen von den materiellen Wirtschafts­ gütern, von bloßen tatsächlichen Vorteilen und vom originären Ge­ schäftswert abgegrenzt werden. Auch wenn der Begriff des immateriellen Wirtschaftsguts recht eng verstanden wird, müssen Gegenstände zumin­ dest im Steuerrecht eher dem immateriellen als dem materiellen Vermö­ gen zugeordnet werden, wenn ihre Natur nicht eindeutig ist. Dies folgt aus dem Vorsichtsprinzip, wonach in Zweifelsfällen der entgeltliche Er­ werb zur Aktivierung notwendig ist.823 Sind ein materielles und ein im­ materielles Wirtschaftsgut verbunden, kommt es darauf an, ob das be­ triebliche Interesse an dem immateriellen Wirtschaftsgut im Vordergrund steht.824 So hat der BFH entschieden, dass Software, auch wenn sie auf einem physischen Datenträger gespeichert ist, in aller Regel ein immate­ rielles Wirtschaftsgut ist. Eine Ausnahme gelte nur für Trivialprogram­ me, wo das Wertverhältnis zwischen Datenträger und Programminhalt deutlich verschoben ist.825 Diese Ausnahme dürfte sich durch die techni­ sche Entwicklung erledigt haben. Zum einen sind Datenträger seit 1987 wesentlich günstiger geworden, zum anderen ist die Veräußerung von Programmen mittels physischer Datenträger immer mehr die Ausnahme. Rein tatsächlicher Natur und damit nicht aktivierbar sind nach den all­ gemeinen Kriterien für Wirtschaftsgüter alle Vorteile, die nicht selbstän­ dig bewertet werden können und nicht einmal gedanklich einzeln ver­ wertbar sind.826 821 Maier, in Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Immaterielle Wirtschafts­ güter, Rz. 3. 822 Dazu Küting/Dawo, BFuP, 2003, S. 397, 400. 823 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 27. 824 Maier, in Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Immaterielle Wirtschafts­ güter, Rz. 3. 825 BFH v. 3.7.1987 - III R 7/86, BStBl II 1987, S. 728, 732. 826 Küting/Dawo, BFuP, 2003, S. 397, 400; Maier, in Beck’sches Steuer- und Bilanz­ rechtslexikon, Immaterielle Wirtschaftsgüter, Rz. 4.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

(2) Aktivierungswahlrecht und Aktivierungsverbot Aus § 246 Abs. 1 S. 1 HGB folgt, dass grundsätzlich auch alle immateri­ ellen Vermögensgegenstände aktiviert werden müssen. Bis 2009 be­ stimmte § 248 Abs. 2 HGB aF als Ausnahme hierzu ein generelles An­ satzverbot für immaterielle Vermögensgegenstände, die nicht entgeltlich erworben wurden. Im Rahmen des BilMoG wurde das generelle Aktivie­ rungsverbot für selbst hergestellte immaterielle Vermögensgegenstände aufgehoben. Nach § 248 Abs. 2 S. 1 HGB nF besteht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände ein Aktivierungswahlrecht. Ent­ sprechend der Zielsetzung des BilMoGs, die HGB Rechnungslegung den IFRS anzunähern, orientieren sich die neuen Regelungen zu den selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgütern an IAS 38. Ein selbst geschaffener Geschäfts- oder Firmenwert darf nicht aktiviert werden, was aus dem Umkehrschluss aus § 246 Abs. 1 S. 4 HGB folgt. Nach § 248 Abs. 2 S. 2 HGB besteht für selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens weiterhin ein Aktivie­ rungsverbot. Dieses Aktivierungsverbot ist inhaltsgleich mit IAS 38.63. Es besteht, weil diese Gegenstände nur schwer vom originären Geschäftsoder Firmenwert abgegrenzt werden können.827 Im Steuerrecht gilt nach § 5 Abs. 2 EStG weiterhin ein generelles Akti­ vierungsverbot für selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter. In § 5 Abs. 2 EStG wird der entgeltliche Erwerb ausdrücklich als Abgren­ zungskriterium benannt. In § 248 Abs. 2 HGB nF wird er nicht mehr aus­ drücklich erwähnt, er bleibt aber auch für die Handelsbilanz das Abgren­ zungskriterium zur eigenen Herstellung.828 Ein entgeltlicher Erwerb liegt nicht bereits dann vor, wenn Aufwendungen gemacht wurden, um das Wirtschaftsgut zu erlangen; notwendig ist ein gegenseitiger Vertrag über den Erwerb des konkreten immateriellen Gegenstands im Sinne der §§ 320 ff. BGB.829 Im Fall der Auftragsentwicklung oder Auftragsproduktion von immateriellen Wirtschaftsgütern kommt es darauf an, wer das wirt­ schaftliche Risiko trägt. Schuldet der Bilanzierende im Rahmen eines Dienstvertrags die Vergütung unabhängig davon, ob es zur Fertigstellung des immateriellen Wirtschaftsguts kommt, trägt er das Risiko und es handelt sich um eine Herstellung. Schuldet der Bilanzierende die Vergü­ tung im Rahmen eines Werkvertrags nur, wenn die Fertigstellung des

827 Gesetzesentwurf BilMoG, BT-Drucksache 16/10067, v. 30.7.2008, S. 50; IAS 38.64. 828 Förschle/Usinger, Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB, § 248, Rz. 15. 829 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 26; ausführlich Förschle/Usinger, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB, § 248, Rz. 36 ff.

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Wirtschaftsguts gelingt, handelt es sich um eine Anschaffung.830 Der Markt muss den Wert des Gegenstandes durch die Anschaffungskosten bestätigen.831 Die Unterscheidung zwischen selbstgeschaffenen und entgeltlich erwor­ benen immateriellen Vermögensgegenständen hat für die Handelsbilanz auch dann weiterhin Bedeutung, wenn diese Vermögensgegenstände ak­ tiviert werden. Besonders wichtig bleibt die Unterscheidung für Kapital­ gesellschaften. Nach § 266 Abs. 2 A.I. HGB müssen selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände in der Gliederung der Bilanz geson­ dert aufgeführt werden. Der Wert der selbstgeschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter erhöht zwar das Betriebsvermögen und entsprechend im Jahr der Aktivierung den Unternehmensgewinn, das ausschüttbare Vermögen von Kapitalgesellschaften bleibt davon aber unberührt, weil § 268 Abs. 8 S. 1 HGB insofern eine Ausschüttungssperre vorsieht. Die Aktivierung solcher Vermögensgegenstände in der Handelsbilanz und die erfolgsmindernde Nichtaktivierung in der Steuerbilanz können latente Steuern zur Folge haben, welche die Kapitalgesellschaften nach § 274 Abs. 1 S. 1 HGB passivieren müssen. Zudem bestehen im Fall der Akti­ vierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände gemäß § 285 Nr. 22 und § 314 Abs. 1 Nr. 14 HGB besondere Angabepflichten im Anhang. Letztlich dient die wahlweise Aktivierung von selbst geschaffenen im­ materiellen Vermögensgegenständen in der Handelsbilanz nur der besse­ ren Information.832 Ein Zugriff auf den Wert der selbst geschaffenen im­ materiellen Wirtschaftsgüter durch die Gesellschafter in Form der Ausschüttung oder durch den Fiskus in Form der Besteuerung ist auch nach dem BilMoG weiterhin ausgeschlossen. (3) Forschung und Entwicklung Das neue Aktivierungswahlrecht nach § 248 Abs. 2 HGB hat auch Aus­ wirkung auf die Aktivierbarkeit von Entwicklungsaufwand. Forschungs­ kosten dürfen auch nach neuer Rechtslage nach § 255 Abs. 2 S. 4 HGB nicht aktiviert werden. Die Abgrenzung von Forschung und Entwicklung richtet sich nach § 255 Abs. 2a HGB. Für Entwicklungskosten galt im HGB und EStG bisher, dass sie nur als Teil der Herstellungskosten eines bereits vorhandenen physischen Gegenstands des Anlagevermögens akti­ viert werden konnten.833 Ein Ansatz von Entwicklungsaufwand als eigen­ 830 Zur Anschaffung und Herstellung von Software: IDW RS HFA 11, WPg 2004, S. 817, 818. 831 BFH v. 26.2.1975 - I R 72/73, BStBl II 1976, S. 13, 14. 832 Gesetzesentwurf BilMoG, BT-Drucksache 16/10067, v. 30.7.2008, S. 49 f. 833 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 209 f.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

ständiger immaterieller Vermögenswert scheiterte bis 2009 am Aktivie­ rungsverbot für selbst hergestellte immaterielle Vermögenswerte. Im Steuerrecht hat sich an dem Aktivierungsverbot nichts geändert. In der HGB-Bilanz ist seit dem BilMoG nach § 248 Abs. 2 S. 1 HGB ein Ansatz von Entwicklungsaufwendungen als selbst geschaffener immate­ rieller Vermögensgegenstand wahlweise möglich, wenn die Aktivie­ rungskriterien erfüllt sind. Deswegen hat die Abgrenzung zwischen For­ schungs- und Entwicklungskosten für die HGB-Bilanz jetzt größere Bedeutung als für die Steuerbilanz.834 Auch der Aktivierungszeitpunkt ist problematisch. Nach der Gesetzesbegründung der Bundesregierung be­ ginnt die Aktivierung nicht erst dann, wenn ein selbst geschaffener im­ materieller Vermögensgegenstand fertiggestellt ist, sondern eine Aktivie­ rung kann bereits dann vorgenommen werden, wenn aus der ex ante Sicht eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein einzeln verwertba­ rer immaterieller Vermögensgegenstand entstehen wird.835 Der richtige Aktivierungszeitpunkt hat vor allem deswegen Bedeutung, weil Kosten, die in einem früheren Veranlagungszeitraum angefallen sind, in dem die Aktivierungsvoraussetzungen noch nicht vorlagen, nicht nachträglich aktiviert werden dürfen.836 bb) Immaterielles Anlagevermögen nach den IFRS Die wesentlichen Regelungen zu immateriellem Anlagevermögen finden sich in IAS 38. Dieser Standard wurde im Jahr 1998 neu gefasst, um den Standard für Unternehmenszusammenschlüsse IFRS 3 besser zu ergän­ zen.837 Entsprechend gelten im Fall von Unternehmenszusammenschlüs­ sen Besonderheiten. Im Gegensatz zum EStG und zum GKKB-RLV wer­ den nach den IFRS auch selbst hergestellte immaterielle Vermögenswerte aktiviert. Im Gegensatz zum HGB haben die Unternehmen kein explizi­ tes Aktivierungswahlrecht. Sind die Aktivierungsvoraussetzungen für selbst hergestellte immaterielle Vermögenswerte erfüllt, müssen diese nach IAS 38 aktiviert werden.

834 Dazu Gesetzesentwurf BilMoG, BT-Drucksache 16/10067, v. 30.7.2008, S. 60 f.; Küting/Ellmann, DStR 2010, S. 1300. 835 Gesetzesentwurf BilMoG, BT-Drucksache 16/10067, v. 30.7.2008, S. 60; Dörner/ Neubert, IRZ 2008, S. 449, 452; aA, wonach eine Aktivierung erst für Kosten in Frage kommt, die im Geschäftsjahr der Entstehung des immateriellen Vermögens­ gegenstandes angefallen sind: Schubert/Pastor, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 255, Rz. 489. 836 Schubert/Pastor, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 255, Rz. 489; Küting/Ellmann, DStR 2010, S. 1300, 1304. 837 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 13, Rz. 1.

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(1) Definition des immateriellen Anlagevermögens Nach IAS 38.8 ist ein immaterieller Vermögenswert ein identifizierbarer, nicht monetärer Vermögenswert ohne physische Substanz. IAS 38.9 ent­ hält eine Liste mit Beispielen von Gegenständen, die regelmäßig, aber nicht immer zu den immateriellen Wirtschaftsgütern zählen. In IAS 38.4 werden die immateriellen von den materiellen Vermögenswerten abge­ grenzt. Es kommt darauf an, ob das physische oder das nicht physische Element wesentlicher ist. So zählen Filme oder Software zu den immate­ riellen Vermögenswerten, auch wenn sie auf physischen Datenträgern gespeichert sind. Eine Ausnahme gilt zum Beispiel für eine computerge­ steuerte Werkzeugmaschine, die ohne eine bestimmte Software nicht betriebsfähig ist. Gleiches gilt für das Betriebssystem eines Computers, dies allerdings mit der Einschränkung, dass das Betriebssystem bei Er­ werb vorinstalliert sein muss, damit es nicht anders verwendet werden kann.838 (2) Aktivierungsvoraussetzungen Ein Vermögenswert muss nach IAS 38 aktiviert werden, wenn drei ku­ mulative Voraussetzungen erfüllt sind: – Der Gegenstand muss identifizierbar sein, das heißt, er muss vom Geschäftswert unterscheidbar sein (IAS 38.11), – von ihm muss wahrscheinlich ein zukünftiger wirtschaftlicher Nut­ zen ausgehen, der vom Unternehmen beherrscht wird (IAS 38.21 (a)), und – die Anschaffungs- oder Herstellungskosten müssen zuverlässig ge­ schätzt werden können (IAS 38.21 (b)). Das Kriterium der Identifizierbarkeit dient nach IAS 38.12 neben der Un­ terscheidung von immateriellen Vermögenswerten vom Geschäftswert auch der Abgrenzung zu bloßen wirtschaftlichen Vorteilen, die nicht ak­ tiviert werden dürfen. Konkretisiert wird es durch den Katalog nicht ak­ tivierbarer Vermögenswerte in IAS 38.63. Da die Herstellungskosten ei­ nes originären Geschäftswerts nicht zuverlässig geschätzt werden können, darf er nach IAS 38.48 wie im HGB nicht aktiviert werden. Rechte sind nach IAS 38.12 (b) stets identifizierbar, egal ob sie übertrag­ bar sind und vom Unternehmen oder von anderen Rechten und Verpflich­ tungen separiert werden können. Wirtschaftliche Werte sind nach IAS 38.12 (a) identifizierbar, wenn sie separierbar sind, das heißt, vom Unternehmen getrennt und verkauft, übertragen, lizenziert, vermietet oder getauscht werden können. Es muss 838 Küting/Dawo, BFuP, 2003, S. 397, 401.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

nicht in jedem Fall eine konkrete Verwertung möglich sein. Andere An­ haltspunkte sind auch ausreichend, wenn sie eine Trennung vom Ge­ schäfts- oder Firmenwert ermöglichen und hinreichend dokumentiert werden können.839 Im Fall von Unternehmenszusammenschlüssen hat die Abgrenzung zum Geschäfts- oder Firmenwert besondere Bedeutung, weil dieser seit 2005 nicht mehr planmäßig abgeschrieben werden kann.840 Entsprechend den allgemeinen Kriterien für Vermögenswerte kommt nach IAS 38.21 (a) eine Aktivierung nur in Betracht, wenn von dem Ge­ genstand ein zukünftiger ökonomischer Nutzen zu erwarten ist. Nach IAS 38.11 stellt der bei einem Unternehmenszusammenschluss erworbe­ ne Geschäfts- oder Firmenwert den künftigen Nutzen anderer erworbe­ ner Vermögenswerte dar, die nicht einzeln identifizierbar sind. Der zu­ künftige wirtschaftliche Nutzen kann auch aus Synergien zwischen den erworbenen identifizierbaren Vermögenswerten bestehen. Das Unternehmen muss den immateriellen Vermögenswert beherrschen. Dies ist nach IAS 38.13 der Fall, wenn es sich den Nutzen verschaffen kann, der zukünftig aus dem Gegenstand fließen wird, und den Zugriff Dritter auf diesen Nutzen beschränken kann. Dies ist bei Rechten regel­ mäßig der Fall, bei wirtschaftlichen Werten kommt es auf eine faktische Kontrolle an, die häufig schwer nachzuweisen ist.841 So haben Weiterbil­ dungen für Mitarbeiter voraussichtlich einen zukünftigen wirtschaftli­ chen Nutzen, in der Regel haben Unternehmen aber keine Kontrolle über diesen Nutzen, weswegen eine Aktivierung nach IAS 38.15 ausscheidet. Das Gleiche gilt nach IAS 38.16 in der Regel für einen Kundenstamm. (3) Forschung und Entwicklung Definitionen für Forschung und Entwicklung finden sich in IAS 38.8. Kosten der Forschungsphase dürfen nach IAS 38.54 nie als immaterieller Vermögenswert aktiviert werden. Die Aktvierung von Entwicklungskos­ ten als immaterieller Vermögenswert ist dagegen vorgeschrieben, wenn die Kriterien von IAS 38 erfüllt werden. IAS 38.57 enthält sechs kumula­ tive Voraussetzungen, wann Entwicklungskosten als immaterieller Ver­ mögenswert angesetzt werden müssen. Ist eine dieser Voraussetzungen in einer Periode nicht erfüllt, müssen die Aufwendungen sofort abgezo­ gen werden. Dieser Abzug ist gemäß IAS 38.71 wie im HGB endgültig. Eine nachträgliche Aktivierung dieser Kosten in einer späteren Periode, in der die Aktivierungsvoraussetzungen erfüllt sind, ist ausgeschlos­ 839 Baetge/v. Keitz, in Baetge u.a. (Hrsg.), Rechnungslegung nach IFRS, IAS 38, Rz. 18; Küting/Dawo, BFuP, 2003, S. 397, 401. 840 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 13, Rz. 24. 841 Küting/Dawo, BFuP, 2003, S. 397, 402; Mackenzie u.a., Wiley IFRS 2014, S. 196.

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sen.842 Entscheidend ist, dass die Kosten der Entwicklung eines immate­ riellen Vermögenswertes dienen, der genutzt oder verkauft werden kann (IAS 38.57 lit. c). Dabei muss die Art und Weise, wie künftig ein wirt­ schaftlicher Nutzen erzielt werden kann, detailliert nachgewiesen wer­ den (IAS 38.57 lit. d). Deshalb kommt dem zu erwartenden künftigen Nutzen für die Aktivierung von Entwicklungskosten eine größere Bedeu­ tung zu als sonst bei der Aktivierung immaterieller Vermögenswerte. Die Herstellung von immateriellen Wirtschaftsgütern ist zumeist mit hohen wirtschaftlichen Risiken verbunden. Bei vielen Entwicklungsprojekten zum Beispiel im Softwarebereich steht erst relativ kurz vor Fertigstellung des Projekts fest, ob ein nutzbarer Vermögenswert entstehen wird.843 Da­ her kommt es auch in der Bilanzierung nach den IFRS im Fall von imma­ teriellen Vermögenswerten zu einem umfangreicheren Sofortabzug von Aufwendungen als bei der Herstellung von materiellen Vermögenswer­ ten.844 Die detaillierten Anforderungen von IAS 38.57 an den zukünftigen Nut­ zen sind eine Abweichung zum HGB. Zwar dürfen auch nach dem HGB Entwicklungskosten nur aktiviert werden, wenn sie mit hoher Wahr­ scheinlichkeit einen Nutzen für das Unternehmen haben, denn nur dann sind sie ein Vermögensgegenstand, die Unternehmer haben aber keine Vorgaben, wie detailliert der Nachweis des Nutzens sein muss. Damit haben die Unternehmen in der HGB-Bilanz einen Ermessensspielraum über den Aktivierungszeitpunkt, der zu einer früheren Aktivierung von Entwicklungskosten als nach IAS 38 führen kann.845 Aber auch IAS 38 bietet faktische Ermessenspielräume. Die Beweislast der Unternehmen für eine Aktivierung von Entwicklungskosten nach IAS 38 ist sehr hoch, weswegen die Unternehmen trotz der rechtlichen Aktivierungspflicht faktisch einen Ermessensspielraum haben, nicht zu aktivieren. Dazu ge­ nügt es, die unmögliche Trennung zu den Forschungskosten darzulegen oder den Nachweis für eines der sechs Aktivierungskriterien nicht zu erbringen.846 cc) Immaterielles Anlagevermögen nach dem GKKB-RLV Der GKKB-RLV enthält einige Sonderregeln zum immateriellen Anlage­ vermögen. Wie im HGB, EStG und den IFRS wird der Begriff des immate­ riellen Anlagevermögens eng verstanden, weswegen Finanzanlagen nach 842 Mackenzie u.a., Wiley IFRS 2014, S. 199. 843 Küting/Dawo, BFuP, 2003, S. 397, 410. 844 Küting/Dawo, BFuP, 2003, S. 397, 410. 845 Dörner/Neubert, IRZ 2008, 449, 453. 846 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 13, Rz. 35, S. 586; Baetge/v. Keitz, in Baetge u.a. (Hrsg.), Rechnungslegung nach IFRS, IAS 38, Rz. 61; Sigloch/Weber, in Michalski (Hrsg.), GmbHG, Anh §§ 41-42a, Rz. 639.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Art. 4 Abs. 15 GKKB-RLV eine eigenständige Kategorie von Anlagever­ mögen bilden. Die wichtigste Abweichung zu den Sachanlagen ist in Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV geregelt, wonach immaterielle Gegenstände nur dann zum Anlagevermögen gehören können, wenn sie entgeltlich erworben wurden. Dazu kommen in Art. 36 Abs. 1 lit. c) und Abs. 2 lit. c) GKKB-RLV besondere Abschreibungsregeln. Diese Sonderregeln machen es erforderlich, das immaterielle Anlagevermögen vom Sach- und Finanz­ anlagevermögen abzugrenzen. (1) Definition des immateriellen Anlagevermögens Der GKKB-RLV enthält keine Definition für immaterielles Anlagevermö­ gen. In Abgrenzung zu materiellen Gegenständen sind immaterielle Wirtschaftsgüter wie im HGB, EStG und den IFRS nicht physisch. Im Übrigen müssen die allgemeinen Kriterien angewendet werden, die auch für Sachanlagen gelten. Eine Aktivierung kommt nur in Betracht, wenn ein einzelner Ansatz sowie eine selbständige Bewertung möglich sind. Zusätzliches Kriterium sollte die Kontrolle des Steuerpflichtigen über den zukünftigen wirtschaftlichen Nutzen sein.847 Diese Kriterien ent­ sprechen den Vorgaben des HGB und von IAS 38.8. Es ist nur eine termi­ nologische Differenz, ob man von einem einzelnen Ansatz oder wie in IAS 38.8 von Identifizierbarkeit spricht. Ob es darüber hinaus Einschränkungen gibt, ist unklar. Nach Art. 36 Abs. 1 lit. c) GKKB-RLV richtet sich der Abschreibungszeitraum für im­ materielle Wirtschaftsgüter danach, wie lange ein Wirtschaftsgut Rechts­ schutz genießt. Kann dieser Zeitraum nicht bestimmt werden, gilt ein fester Zeitraum von 15 Jahren. Der Wortlaut dieser Regelung setzt schein­ bar voraus, dass nur Rechte immaterielle Wirtschaftsgüter sein können. Auch der feste Abschreibungszeitraum scheint nur für Rechte zu gelten, für die lediglich der Zeitraum des Rechtsschutzes nicht bestimmt wer­ den kann. Wirtschaftliche Werte, für die es überhaupt keinen Rechts­ schutz gibt, fallen daher womöglich nicht unter die Regelung des Art. 36 Abs. 1 lit. c) GKKB-RLV. Auch die Regelung für gebrauchte immaterielle Wirtschaftsgüter in Art. 36 Abs. 2 lit. c) GKKB-RLV betrifft nach ihrem Wortlaut nur Rechte. Diese Auslegung dürfte aber zu weit gehen. Genauso gut ist es möglich, dass Art. 36 GKKB-RLV im Hinblick auf die immateriellen Wirtschafts­ güter nur missverständlich formuliert ist. Dafür spricht, dass Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV für die Aktivierung immateriellen Anlagevermögens außer dem entgeltlichen Erwerb keine weiteren besonderen Vorausset­ zungen nennt. Diese Norm wäre aber systematisch der richtige Ort gewe­ 847 Arbeitsgruppe GKKB, Immaterielle Vermögensgegenstände und ihre steuerliche Abschreibung, v. 10.3.2005, CCCTB\WP\005\doc\de, Rz. 9.

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sen, um den Begriff des immateriellen Anlagevermögens weiter einzu­ schränken. Zudem wurde IAS 38 bei der Entwicklung des GKKB-RLV als „Arbeitsinstrument“ herangezogen.848 Nach den IFRS können aber selbstverständlich auch bloße immaterielle wirtschaftliche Werte akti­ viert werden. Eine derart gravierende Abweichung von den einzigen euro­ paweit gültigen Bilanzierungsregeln, die auch noch bei der Entwicklung des GKKB-RLV herangezogen wurden, hätte einen klaren Ausdruck im GKKB-RLV erfordert. Auch hätte die Beschränkung auf Rechte automa­ tisch zur Folge, dass ein derivativer Geschäfts- oder Firmenwert nicht aktiviert werden kann, da dieser kein Recht ist.849 Dies stünde im Wider­ spruch zum Steuerbilanzrecht von 26 Mitgliedstaaten. Europaweit muss ein erworbener Geschäfts- oder Firmenwert aktiviert werden.850 Ein der­ artiger Bruch mit steuerrechtlichen Traditionen hätte im Richtlinienent­ wurf klar dargelegt werden müssen. Daher dürfte für die GKKB die glei­ che Unterscheidung zwischen aktivierbaren Rechten und wirtschaftlichen Werten auf der einen Seite sowie nicht aktivierbaren bloßen wirtschaftli­ chen Vorteilen auf der anderen Seite gelten. Es ist offen, ob nach dem GKKB-RLV wie im EStG wegen des Vorsichts­ prinzips im Zweifel von einem immateriellen Wirtschaftsgut auszuge­ hen ist, da nicht feststeht, ob das Vorsichtsprinzip ein allgemeines Prin­ zip des GKKB-RLV ist, oder ob es sich nur in einzelnen Normen wie den Rückstellungsregeln niedergeschlagen hat. Unabhängig von dieser Frage sind möglichst eindeutige Abgrenzungskriterien notwendig, um europa­ weit eine einheitliche Abgrenzung zwischen materiellen und immateri­ ellen Wirtschaftsgütern zu erreichen. Es bietet sich wiederum an, die IFRS als Ausgangspunkt und als Auslegungshilfe für Zweifelsfälle heran­ zuziehen. Entsprechend der Regelung in IAS 38.4 sollte in Fällen, in de­ nen ein Gegenstand physische und nicht-physische Elemente hat, darauf abgestellt werden, welches dieser Elemente wesentlicher ist. Insgesamt ist der Begriff des immateriellen Wirtschaftsguts im GKKB-RLV noch sehr vage. Die GKKB-Richtlinie sollte eine allgemeine Definition für immaterielle Wirtschaftsgüter enthalten, die sowohl für Anlage- als auch für Vorratsvermögen gilt. Darin sollte klargestellt werden, dass ein immaterielles Wirtschaftsgut vorliegt, wenn der Gegenstand nicht phy­ sisch ist, einzeln angesetzt werden kann, zuverlässig bewertbar ist und das Unternehmen die Kontrolle über den zukünftigen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Gegenstand hat. Zudem sollte klargestellt werden, dass 848 Arbeitsgruppe GKKB, Immaterielle Vermögensgegenstände und ihre steuerliche Abschreibung, v. 10.3.2005, CCCTB\WP\005\doc\de, Rz. 5. 849 Zählt den erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert zum immateriellen Anlagever­ mögen: Arbeitsgruppe GKKB, Immaterielle Vermögensgegenstände und ihre steu­ erliche Abschreibung, v. 10.3.2005, CCCTB\WP\005\doc\de, Rz. 15. 850 Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 68 (keine Angaben zu Estland und Kroatien).

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wirtschaftliche Werte als immaterielle Wirtschaftsgüter in Betracht kommen, bloße tatsächliche Vorteile aber nicht. (2) Geschäfts- oder Firmenwert Zum Geschäfts- oder Firmenwert findet sich keine ausdrückliche Rege­ lung im GKKB-RLV. Ist man der Auffassung, dass auch wirtschaftliche Werte als immaterielles Anlagevermögen in Betracht kommen, so ist auch die Aktivierung eines derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts möglich.851 Dieser erfüllt die allgemeinen Kriterien für Wirtschaftsgüter, das heißt, er lässt sich einzeln erfassen, er ist bewertbar als Differenz des Kaufpreises für das gesamte Unternehmen und des Wertes der einzelnen Wirtschaftsgüter und er wird vom Steuerpflichtigen beherrscht. Er ist nicht physisch und entgeltlich erworben und gehört damit zum immate­ riellen Anlagevermögen nach Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV.852 Für die Akti­ vierung des entgeltlichen Geschäfts- oder Firmenwerts spricht auch die Vollständigkeit der Gewinnermittlung. Solange die Aktivierung des ent­ geltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwerts im GKKB-RLV aber nicht ausdrücklich geregelt ist, bleibt eine gewisse Unsicherheit. So ist zum Beispiel im deutschen Handelsbilanzrecht immer noch umstritten, ob der derivative Geschäfts- oder Firmenwert ein wirklicher oder nur ein fiktiver Vermögensgegenstand ist.853 Um Unsicherheiten und eine unein­ heitliche Handhabung in den Mitgliedstaaten zu vermeiden, sollte aus­ drücklich klargestellt werden, dass der derivative Geschäfts- oder Fir­ menwert zum immateriellen Anlagevermögen gehört.854 Da der GKKB-RLV keine Regelung zum Geschäfts- oder Firmenwert ent­ hält, ist auch die Abgrenzung zwischen dem Geschäfts- oder Firmenwert und den übrigen immateriellen Wirtschaftsgütern offen. Auf diese Unter­ scheidung kommt es wegen des Aktivierungsverbots für selbst geschaffe­ ne immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens praktisch nur bei Unternehmenszusammenschlüssen an. Werden wirtschaftliche Werte einzeln und nicht durch einen Unternehmenszusammenschluss erwor­ ben, können sie stets vom originären Geschäftswert abgegrenzt werden. Ausschlaggebend für die Abgrenzung im Fall von Unternehmenszusam­ menschlüssen ist das Kriterium der einzelnen Bewertbarkeit. Nur Gegen­ stände, die sich einzeln bewerten lassen, können zuverlässig vom Ge­ schäfts- oder Firmenwert abgegrenzt werden. Die Problematik der fehlenden Abgrenzungskriterien wird allerdings durch die sehr schemati­ schen Abschreibungsregeln des GKKB-RLV weitgehend entschärft, da für 851 Im Ergebnis auch, Scheffler/Köstler, Harmonisierung der Gewinnermittlung in der EU, S. 8. 852 Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 17. 853 Siehe oben 6. Kapitel:A.I.1.b). 854 Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 68.

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A. Wirtschaftsgüter

alle wirtschaftlichen Werte der gleiche Abschreibungszeitraum von 15 Jahren gilt.855 Wegen der Aktivierbarkeit von selbst geschaffenen immate­ riellen Vermögensgegenständen nach dem HGB und den IFRS hat die Ab­ grenzung zum Geschäfts- und Firmenwert im HGB und den IFRS wesent­ lich größere Bedeutung als im Fall des GKKB-RLV. (3) Aktivierungsverbot Immaterielle Wirtschaftsgüter gehören nach Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV nur dann zum Anlagevermögen, wenn sie entgeltlich erworben wurden. Daraus folgt, dass selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter nicht zum Anlagevermögen gehören, weshalb das Abzugsverbot nach Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV nicht greift und die Herstellungsaufwen­ dungen für solche Wirtschafsgüter nach dem allgemeinen Grundsatz in Art. 12 Abs. 1 GKKB-RLV sofort abziehbar sind. Wegen des Aktivierungs­ verbots spielt die Abgrenzung von Forschung und Entwicklung im Rah­ men der GKKB keine Rolle für die Frage, ob ein Wirtschaftsgut des Anla­ gevermögens vorliegt. (4) Entgeltlicher Erwerb Was unter einem entgeltlichen Erwerb zu verstehen ist, lässt der GKKB-RLV offen. IAS 38 bietet für diese Frage kaum Anhaltspunkte, weil es für diesen Standard grundsätzlich keinen Unterschied macht, ob ein Vermögenswert selbst hergestellt oder angeschafft wurde. Dass kein Rückgriff auf die IFRS möglich ist, macht es umso dringlicher, eine eigen­ ständige Abgrenzung zwischen Anschaffung und Herstellung in den GKKB-RLV aufzunehmen. Diese sollte sich nicht speziell auf immateri­ elle Wirtschaftsgüter beziehen, denn die Abgrenzung zwischen Anschaf­ fung und Herstellung spielt auch bei der Bewertung eine wichtige Rolle. Das deutsche Bilanzrecht bietet Anregungen, wie eine solche Abgren­ zung aussehen könnte. Ein entgeltlicher Erwerb läge danach nur vor, wenn ein gegenseitiger Vertrag über das Wirtschaftsgut geschlossen wur­ de. Im Fall der Auftragsentwicklung oder Produktion läge ein entgeltli­ cher Erwerb nur vor, wenn der Steuerpflichtige nicht das wirtschaftliche Risiko der Herstellung trägt, das heißt, er schuldet die Vergütung nur, wenn das Wirtschaftsgut fertiggestellt wird. (5) Kritik am Aktivierungsverbot Der Sofortabzug der Ausgaben für selbst hergestellte immaterielle Wirt­ schaftsgüter entspricht der Rechtslage im deutschen Steuerbilanzrecht. Wegen der Ausschüttungssperre nach § 268 Abs. 8 HGB besteht auch 855 Siehe unten 6. Kapitel:B.II.4.b)dd)(2).

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

kein wirklicher Unterschied zum deutschen Kapitalgesellschaftsrecht. Gleichwohl gibt es gute Gründe für die steuerliche Aktivierung von selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgütern. In einigen Mit­ gliedstaaten ist diese Aktivierung zwingend oder optional vorgesehen.856 Haben immaterielle Wirtschaftsgüter einen Wert, so erhöht dieser die steuerliche Leistungsfähigkeit. Die Vollständigkeit der Steuerbilanz und die Belastungsgleichheit sprechen für die Aktivierung. Auch Gründe der Neutralität der Besteuerung sprechen für eine Aktivierung, da es zu Inef­ fizienzen kommen kann, wenn die Unternehmen aus steuerlichen Grün­ den immaterielle Wirtschaftsgüter selbst herstellen, statt sie anzuschaf­ fen oder die entsprechenden Mittel für etwas anderes als immatierielle Wirtschaftsgüter einzusetzen.857 Das Aktivierungsverbot für selbst ge­ schaffene immaterielle Wirtschaftsgüter stammt aus der Vorstellungs­ welt des 19. Jahrhunderts, als das Betriebsvermögen vor allem aus Sach­ anlagen bestand.858 In einer modernen wissensbasierten Ökonomie machen immaterielle Werte, vor allem das geistige Eigentum wie Mar­ ken oder Patente, immer größere Teile des Wertes eines Unternehmens aus.859 Deswegen ist die Abbildung des Betriebsvermögens ohne den An­ satz selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter häufig sehr un­ vollständig. Einige große produzierende Konzerne haben die eigentliche Produktion weitgehend an Subunternehmer ausgelagert, weshalb ihr Be­ triebsvermögen zum großen Teil aus immateriellen Wirtschaftsgütern besteht.860 Auch der Wert von jungen besonders innovativen Unterneh­ men basiert häufig vor allem auf immateriellen Wirtschaftsgütern.861 (6) Rechtfertigung des Aktivierungsverbots Es sprechen aber auch gute Gründe dafür, dass selbst geschaffene imma­ terielle Wirtschaftsgüter keine Auswirkung auf den ausschüttbaren und steuerbaren Gewinn haben.862 Durch die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögenswerte entstünden zahlreiche implizite Ermes­ sensspielräume, was zu Lasten der Objektivität ginge.863 Insgesamt würde die Gewinnermittlung komplizierter. Wäre die Aktivierung von selbst 856 Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 58 Fig. 31, S. 65 Fig. 36. 857 Schön, 44 European Taxation 2004, S. 426, 438; ders., in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 77. 858 Mackenzie u.a., Wiley IFRS 2011, S. 359. 859 Watrin/Ebert, StuW 2013, S. 298, 302; Gesetzesentwurf BilMoG, BT-Drucksache 16/10067, v. 30.7.2008, S. 49. 860 Mackenzie u.a., Wiley IFRS 2011, S. 359 f. 861 Gesetzesentwurf BilMoG, BT-Drucksache 16/10067, v. 30.7.2008, S. 49. 862 Ausführlich zur Rechtfertigung des Aktivierungsverbots: Kuhr, Grundsätze euro­ päischer Unternehmensbesteuerung, S. 210 ff. 863 Küting/Dawo, BFuP 2003, S. 397, 414; Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maß­ geblichkeit, S. 1, 76; Dörner/Neubert, IRZ 2008, S. 449, 450; Velte/Sepetauz, BC 2010, S. 349, 350.

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A. Wirtschaftsgüter

geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens grundsätzlich vorgeschrieben, wäre die Frage, welche Gegenstände über­ haupt zu den Wirtschaftsgütern gehören, von viel größerer Bedeutung. Wie schwierig diese Abgrenzung ist, zeigen das HGB und die IFRS exem­ plarisch bei der Abgrenzung zwischen Forschung und Entwicklung sowie der Frage, ab wann Entwicklungsaufwand als immaterielles Wirtschafts­ gut aktiviert werden kann. Die Abgrenzung des Geschäftswerts zu den immateriellen Wirtschafts­ gütern ist erheblich schwieriger als die Abgrenzung zu den materiellen Wirtschaftsgütern. Im deutschen Steuerbilanzrecht kann diese Abgren­ zung häufig unterbleiben, weil die selbst hergestellten immateriellen Wirtschaftsgüter ohnehin nicht aktiviert werden dürfen. Wäre die Akti­ vierung von selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgütern dage­ gen vorgeschrieben, würde sich in der Praxis viel häufiger die Frage stel­ len, ob ein immaterieller Gegenstand ein Wirtschaftsgut ist oder nicht. Es gäbe praktisch zahlreiche Grenzfälle ohne eindeutige Lösung, was auch zu Lasten der Rechtssicherheit ginge. Dazu kommt, dass die Werthaltigkeit von selbst geschaffenen immateri­ ellen Wirtschaftsgütern häufig unsicherer ist als im Fall von Sachen.864 Auch ist die Ermittlung der Herstellungskosten eines immateriellen Wirtschaftsguts mit noch deutlich größeren Schwierigkeiten verbunden als im Fall der Herstellung einer Sache.865 Im Fall der Herstellung von Sachen werden zumeist Ausgangsstoffe verarbeitet, deren Wert sich rela­ tiv leicht ermitteln lässt. Bei der Verarbeitung von Stoffen lassen sich Arbeitsstunden und die Nutzung von Maschinen und Anlagen regelmä­ ßig leichter zuordnen als bei der Schaffung immaterieller Gegenstände. Moxter bezeichnet die immateriellen Wirtschaftsgüter wegen dieser Ob­ jektivierungsprobleme als die „Sorgenkinder“ des Bilanzrechts.866 Alle diese Probleme werden dadurch vermieden, dass ein Zugriff auf den Wert immaterieller Wirtschaftsgüter durch die Anteilseigner und den Fis­ kus erst dann zulässig ist, wenn der Wert durch eine Markttransaktion bestätigt wurde. Eine vollkommene Gleichstellung von selbst hergestell­ ten materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern ist ohnehin nicht möglich. Sogar die IFRS, die die Relevanz sehr stark zu Lasten der Ver­ lässlichkeit betonen, verbieten nach IAS 38.63 die Aktivierung bestimm­ ter selbstgeschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter wie Marken, Drucktitel, Verlagsrechte und Kundenlisten, weil diese Gegenstände zu­ meist nicht vom Geschäftswert abgegrenzt werden können. Dabei haben gerade Marken häufig eine ganz erhebliche Bedeutung für den Wert von 864 Küting/Dawo, BFuP 2003, S. 397, 407. 865 Gesetzesentwurf BilMoG, BT-Drucksache 16/10067, v. 30.7.2008, S. 49 f. 866 Moxter, DB 2008, S. 1514, 1515.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Unternehmen. Dies gilt insbesondere für die genannten global agieren­ den Konzerne ohne eigene Produktion. Auch zeigt das Beispiel der Akti­ vierung von Entwicklungskosten nach IAS 38, dass im Fall von immate­ riellen Wirtschaftsgütern zwangsläufig Abstriche bei der Vollständigkeit der Gewinnermittlung gemacht werden müssen, selbst wenn die Akti­ vierung grundsätzlich vorgeschrieben ist. Da die Herstellung solcher Wirtschaftsgüter regelmäßig mit einem hohen Risiko verbunden ist und der zukünftige Nutzen zumeist erst recht spät nachgewiesen werden kann, kommt es trotz des Aktivierungszwangs häufig zum Sofortabzug. Was die Liquidität des Unternehmens angeht, bestehen wichtige Unter­ schiede zwischen selbst hergestellten materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern. Es ist offen, ob die Unternehmen selbst hergestellte immaterielle Wirtschaftsgüter genauso zur Besicherung von Darlehen verwenden können wie selbst hergestellte materielle Wirtschaftsgüter. Dazu kommt, dass immaterielle Wirtschaftsgüter häufig in erster Linie auf bestimmtem Wissen basieren, welches das Unternehmen vor Mitbe­ werbern geheim halten möchte. Dies gilt vor allem im Fall von Forschung und Entwicklung. Eine Veröffentlichung dieses Wissens, um Zugang zu den Kapitalmärkten zu erhalten, wäre häufig nicht mit den Geheimhal­ tungsinteressen des Unternehmens vereinbar.867 Die Problematik der Liquidität sowie die Nachteile, welche die Aktivie­ rung selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter für die Objekti­ vität der Gewinnermittlung hat, rechtfertigen das steuerliche Aktivie­ rungsverbot, obwohl es das Leistungsfähigkeitsprinzip beeinträchtigt. Die Zielsetzung der Kommission, mit der GKKB möglichst einfache Re­ geln der steuerlichen Gewinnermittlung zu schaffen, lässt sich durch das Aktivierungsverbot besser erreichen. Auch die europaweit einheitliche Umsetzung und Anwendung der GKKB-Richtlinie ist durch das Aktivie­ rungsverbot besser verwirklicht, da zahlreiche Probleme, die zu Rechts­ unsicherheit führen würden, dank dieses Verbots einfach ausgeblendet werden können. dd) Zusammenfassung Das Aktivierungsverbot für selbst hergestellte immaterielle Wirtschafts­ güter lässt sich mit der Objektivität der Gewinnermittlung rechtfertigen. Im Übrigen gibt es bezüglich der immateriellen Wirtschaftsgüter des An­ lagevermögens noch Verbesserungsbedarf im Detail. Zunächst sollte ge­ nauer festgelegt werden, was ein immaterielles Wirtschaftsgut ist. Aus­ gangspunkt sollte eine einheitliche Definition für alle Wirtschaftsgüter

867 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 77 f.

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A. Wirtschaftsgüter

sein.868 Es sollten Kriterien in die endgültige Richtlinie aufgenommen werden, anhand derer immaterielles und materielles Anlagevermögen abgegrenzt werden können. Es sollte klargestellt werden, dass nicht nur Rechte als immaterielle Vermögenswerte in Betracht kommen, sondern auch entgeltlich erworbene wirtschaftliche Werte. Hier böte es sich an, die Unterscheidung aus dem HGB und den IFRS zwischen aktivierbaren Rechten und wirtschaftlichen Werten und nicht aktivierbaren tatsächli­ chen Vorteilen zu übernehmen. Es sollte ausdrücklich klargestellt wer­ den, dass der derivative Geschäfts- oder Firmenwert zum immateriellen Anlagevermögen gehört. c) Sachanlagen, die der Forschung und Entwicklung dienen Nach Art. 12 Abs. 1 GKKB-RLV sind Forschungs- und Entwicklungskos­ ten abziehbar. Diese Norm wird durch Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV ergänzt, wonach auch Kosten für den Erwerb, die Herstellung oder die Verbesserung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sofort abgezo­ gen werden können, wenn diese Ausgaben der Forschung und Entwick­ lung dienen. Dieses Aktivierungsverbot ist eine Lenkungsnorm, welche die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen stärken soll.869 Es ist teilweise deckungsgleich mit dem Aktivierungsverbot für selbst her­ gestellte immaterielle Wirtschaftsgüter. Führen Forschung und Entwick­ lung zur Schaffung eines immateriellen Wirtschaftsguts, das zum Ge­ brauch im Unternehmen bestimmt ist, ergibt sich das Aktivierungsverbot bereits aus Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV. Eigenständige Bedeutung hat Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV, wenn Sach­ anlagen angeschafft oder hergestellt werden, die der Forschung und Ent­ wicklung dienen, wie zum Beispiel eine Laboreinrichtung. Die entspre­ chenden Aufwendungen können sofort abgezogen werden.870 Nach dem Kompromissvorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft soll dieser So­ fortabzug eingeschränkt werden und nicht für Gebäude und Industries­ trukturen gelten.871 aa) Beeinträchtigung grundlegender Prinzipien der steuerlichen Gewinn­ermittlung Dieser Sofortabzug beeinträchtigt grundlegende Prinzipien der steuerli­ chen Gewinnermittlung. Das Realisationsprinzip wird eingeschränkt, 868 Arbeitsgruppe GKKB, Immaterielle Vermögensgegenstände und ihre steuerliche Abschreibung, v. 10.3.2005, CCCTB\WP\005\doc\de, Rz. 5. 869 Herzig/Kuhr, StuW 2011, S. 305, 318. 870 Lenz/Rautenstrauch, DB 2011, S. 726, 728; Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 23; Herzig/Kuhr, StuW 2011, S. 305, 318. 871 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013, Art. 14 Abs. 1 lit. i), Art. 36 Abs. 1 lit. a), Abs. 2 lit a) und b).

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

weil steuerlicher Aufwand angesetzt wird, obwohl es zu keinem Umsatz bezüglich des Gegenstands des Sachanlagevermögens gekommen ist. Auch die Neutralität der Besteuerung ist betroffen, da steuerliche Anrei­ ze geschaffen werden, Investitionen in Sachanlagen zur Forschung und Entwicklung gegenüber einer anderen Verwendung dieser betrieblichen Mittel vorzuziehen. Die Vollständigkeit der steuerlichen Gewinnermittlung und damit die Belastungsgleichheit werden beeinträchtigt, weil es durch den Erwerb des Sachanlagevermögens nicht zu einer Minderung des Betriebsvermö­ gens kommt. Bereits nach der Bilanzierung nach dem HGB, EStG und den IFRS weisen die Bilanzen von Unternehmen mit hohen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung wegen des Sofortabzugs von Forschungs­ ausgaben und der eingeschränkten Aktivierung von Entwicklungskosten erhebliche Lücken bei der Darstellung des Betriebsvermögens auf. Diese Lücken würden im Fall der GKKB noch erheblich erweitert. So könnten zum Beispiel die Aufwendungen für die Errichtung eines Forschungszen­ trums auf einen Schlag abgezogen werden. Nach diesem weiten Verständ­ nis wäre die Gewinnermittlung von Unternehmen, die stark in Forschung und Entwicklung investieren, nur mehr eingeschränkt mit der Gewinn­ ermittlung von anderen Unternehmen vergleichbar. Diese fehlende Ver­ gleichbarkeit würde die Belastungsgleichheit erheblich beeinträchtigen. Gegen ein solch weites Aktivierungsverbot spricht auch der Grundsatz der Objektivität der Gewinnermittlung. In vielen Fällen lässt sich nicht genau sagen, ob und inwieweit ein materieller Gegenstand des Anlage­ vermögens der Forschung und Entwicklung dient. Auf den ersten Blick mag z.B. eine Laboreinrichtung ein Wirtschaftsgut sein, das offensicht­ lich der Forschung und Entwicklung dient. In vielen Fällen kann die La­ boreinrichtung aber genauso gut zur Qualitätskontrolle der Produktion herangezogen werden. Diese Abgrenzungsschwierigkeiten bestünden in noch größerem Maße bei Gegenständen, deren Nutzung per se vollkom­ men offen ist, wie zum Beispiel die Einrichtung eines Büros oder einer Werkstatt. In der Praxis ließe sich sehr häufig nicht sicher feststellen, inwieweit solche Gegenstände für Forschung und Entwicklung genutzt werden. Die Steuerpflichtigen hätten zahlreiche implizite Ermessens­ spielräume, die sie nutzen könnten, um einen möglichst umfangreichen Sofortabzug zu erreichen.872 bb) Rechtfertigung des Sofortabzugs Diese Durchbrechung grundlegender Prinzipien der steuerlichen Gewinn­ ermittlung braucht eine besondere Rechtfertigung. Die steuerliche För­ 872 AA, wonach das weitreichende Verständnis Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV die Gewinnermittlung vereinfacht: Herzig/Kuhr, StuW 2011, S. 305, 318.

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A. Wirtschaftsgüter

derung von Forschung und Entwicklung soll Marktversagen ausgleichen, das dadurch entsteht, dass Forschung und Entwicklung vor allem auf die Schaffung von Wissen ausgerichtet sind, das nicht nur dem Unterneh­ men, sondern vor allem auch der Allgemeinheit zu Gute kommt (soge­ nannter spillover).873 Dazu kommen Informationsasymmetrien zu Lasten externer Kapitalgeber. Diese können die Erfolgsaussichten von Aufwen­ dungen für Forschung und Entwicklung nicht einschätzen, was vor allem für kleine und mittlere Unternehmen zu einer Unterfinanzierung in die­ sem Bereich führt.874 Einige Staaten verfügen bereits über Abzugsregeln, die ähnlich funktio­ nieren wie Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV.875 In Zusammenschau mit dem Aktivierungsverbot für selbst geschaffene immaterielle Wirtschafts­ güter hat der Sofortabzug für die Anschaffung von Forschungs- und Ent­ wicklungseinrichtungen eine gewisse Konsequenz. Die immateriellen Wirtschaftsgüter stehen in direkterem Zusammenhang mit zukünftigen Erträgen als die Forschungseinrichtungen. Da die Anschaffung des Anla­ gevermögens zur Forschung und Entwicklung der Schaffung der immate­ riellen Wirtschaftsgüter vorausgeht, kann man argumentieren, dass diese Anschaffung erst recht zum Sofortabzug berechtigen muss.876 Tatsächlich dürfte es ökonomisch aber sinnvoller sein, Forschung und Entwicklung außerhalb der Bemessungsgrundlage durch Steuergutschrif­ ten zu fördern. Die Anreizwirkung über die Bemessungsgrundlage ist sehr selektiv, da Unternehmen, die sich in einer Verlustphase befinden, zum Beispiel wegen Anlaufverlusten bei Beginn des Unternehmens, nicht oder zumindest erst verzögert von einer solchen Begünstigung pro­ fitieren. Dagegen kann die Förderung über Steuergutschriften so ausge­ staltet werden, dass sie weniger abhängig von der konkreten Lage des Unternehmens ist und dadurch gleichmäßiger wirkt.877 Dies setzt voraus, dass die Steuergutschrift ausbezahlt wird, wenn sie die zu verrechnende Steuerschuld des Unternehmens übersteigt.878 Damit ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass der Sofortabzug von Aufwendungen für Anlagevermögen, das der Forschung und Entwicklung dient, zwar durch das Marktversagen in diesem Bereich gerechtfertigt werden kann und sich auch in die Systematik der GKKB einfügen würde. Gleichwohl handelt es sich aus ökonomischer Sicht nur um das zweit­ beste Instrument. Eine andere Frage ist, ob die steuerliche Förderung von 873 Spengel u.a., Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, S. 4 ff. 874 Spengel u.a., Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, S. 8 ff. 875 Spengel u.a., Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, S. 44. 876 Spengel u.a., Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, S. 73 f., Tab. 10. 877 Spengel u.a., Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, S. 59 ff. 878 Spengel u.a., Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, S. 97.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Forschung und Entwicklung tatsächlich auf europäischer Ebene geregelt werden sollte.879 cc) Eingriff in die Hoheit der Mitgliedstaaten Die weitgehende Förderung von Forschung und Entwicklung nach Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV wäre ein erheblicher Eingriff in das Besteuerungs­ recht der Mitgliedstaaten. Bisher können diese die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung innerhalb des Rahmens des europäi­ schen Rechts frei gestalten. Die Ausfälle im Steueraufkommen, die mit Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV einhergingen, könnten nur schwer durch einen höheren Steuersatz ausgeglichen werden. Das weite Aktivierungs­ verbot begünstigt selektiv Unternehmen, die Aufwendungen für For­ schung und Entwicklung tätigen. Für andere Unternehmen, die von die­ sem Aktivierungsverbot nicht profitieren, käme zu einer relativ breiten Bemessungsgrundlage ein hoher Steuersatz, was die Option für die GKKB häufig unattraktiv machen würde. Bei der Förderung von Forschung und Entwicklung sollte nicht zwischen verschiedenen Rechtsformen unterschieden werden, weil es an dieser Stelle keinen sachlichen Grund zur Differenzierung gibt und die Förde­ rung möglichst allgemein sein sollte.880 Zu einer solchen Unterscheidung käme es aber, wenn die steuerliche Förderung durch die GKKB erfolgt, die nur für Körperschaften und deren Tochtergesellschaften in Frage kommt. Gegen die Forschungsförderung durch die GKKB spricht auch die schwie­ rige Änderbarkeit der Richtlinie, die sich aus dem Einstimmigkeitserfor­ dernis nach Art. 115 AEUV und dem aufwändigen Richtlinienverfahren ergibt. Die einzelnen Mitgliedstaaten könnten schneller und flexibler auf internationale Entwicklungen im Bereich der steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung reagieren. Zudem wäre die Förderung von Forschung und Entwicklung durch die GKKB so weitreichend, dass den Mitgliedstaaten in vielen Fällen die Möglichkeit genommen würde, Forschung und Entwicklung gezielt nach den eigenen Vorstellungen zu fördern, zum Beispiel die Förderung auf bestimmte Typen von Unternehmen zu beschränken. Auch wenn eine solche selektive Förderung ökonomisch zumeist ineffektiv ist,881 sollte den Mitgliedstaaten hier ein eigener Einschätzungsspielraum verbleiben, weil ökonomisch ineffizientes Verhalten der Mitgliedstaaten für sich ge­ nommen kein Handeln auf europäischer Ebene rechtfertigt. Diese Be­ schneidung der Gestaltungsspielräume der Mitgliedstaaten würde die

879 Dazu im Folgenden. 880 Spengel u.a., Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, S. 98. 881 Spengel u.a., Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, S. 34 f.

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A. Wirtschaftsgüter

politische Akzeptanz der GKKB schwächen.882 Die ökonomische Forde­ rung, die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung über Steuerkredite vorzunehmen, trifft sich mit der juristischen Forderung, die Förderung von Forschung und Entwicklung den Mitgliedstaaten zu überlassen, denn abweichende Steuerkredite in den Mitgliedstaaten gin­ gen nicht zu Lasten der Einheitlichkeit der Bemessungsgrundlage.883 dd) Die Definition von Forschung und Entwicklung Die Begriffe Forschung und Entwicklung müssen in der GKKB-Richtlinie genau definiert werden. Dies gilt insbesondere, wenn die Richtlinie eine so weitreichende Förderung von Forschung und Entwicklung enthalten sollte, wie sie in Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV vorgesehen ist. Andern­ falls droht das Abzugsverbot auszuufern. Zudem sind die steuerlichen Folgen der Gewährung oder Versagung des Sofortabzuges so gravierend, dass an dieser Stelle möglichst keine Rechtsunsicherheit bestehen sollte. Auch wenn das weitgehende Aktivierungsverbot nicht Bestandteil der endgültigen Richtlinie werden sollte, wäre eine Definition von Forschung und Entwicklung in der Richtlinie sinnvoll, weil Forschungsaufwand nie zu den Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts gehören kann.884 Ausgangspunkt sollte die sogenannte Frascati-Definition der OECD sein.885 Diese lautet: „Research and experimental development (R&D) comprise creative work undertaken on a systematic basis in order to increase the stock of knowledge, including knowledge of man, culture and society, and the use of this stock of knowledge to devise new applications.“ Durch die Heranziehung der Frascati-Definition würde ein möglichst einheitliches Verständnis von Forschung und Entwicklung in Europa ge­ währleistet. Die Definition in IAS 38.8 orientiert sich an der Definition der OECD.886 Zudem definieren viele Staaten Forschung und Entwick­ lung in Anlehnung an die Frascati-Definition.887 Dazu gehört auch Deutschland mit der Definition in § 255 Abs. 2a S. 2 und S. 3 HGB; diese ist an IAS 38.8 und damit mittelbar an der Frascati-Definition ausgerich­ tet.888 Inhaltlich eignet sich die Frascati-Definition gut, weil sie auf die 882 Der Bundesrat hat Bedenken gegen die Förderung von Forschung und Entwicklung nach dem GKKB-RLV: Bundesrat-Drucksache 155/11(B)(2) v. 17.7.2011, S. 2. 883 Spengel u.a., Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, S. 61. 884 Dazu unten 6. Kapitel:A.IV.1. 885 OECD, Frascati Manual 2002, Proposed Standard Practice for Surveys on Research and experimental Development, S. 30. 886 Ulbrich/Knoblauch, KoR 2006, S. 729, 732 Fn. 35. 887 Dazu Spengel u.a., Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, S. 84. 888 Zum Zusammenhang zwischen IAS 38 und § 255 Abs. 2a HGB: Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, HGB, § 255, Rz. 195.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Schaffung und Anwendung neuen Wissens ausgerichtet ist und damit eine sinnvolle Abgrenzung zwischen echten Innovationen und sonstigen Entwicklungen ermöglicht.889 So gehört zum Beispiel die routinemäßige Softwareentwicklung nicht zur experimentellen Entwicklung und auch der Unterhalt von Computeranlagen zählt nicht dazu.890 Auch IAS 38.8 stellt klar, dass es für die Entwicklung auf die Neuheit oder zumindest die beträchtliche Verbesserung ankommt, wodurch Ent­ wicklungen ausgeschlossen werden, die nicht innovativ sind. Nach § 255 Abs. 2a S. 1 HGB muss eine wesentliche Änderung vorliegen. Die Frascati-Definition ist aber eindeutiger auf experimentelle Entwicklung ausge­ richtet als die Definitionen der IFRS und des HGB. Die Förderung jeder Art von Entwicklung nach Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV ist dagegen uferlos. Man denke nur an die geringfügige Änderung einer Steuerungs­ software, die auch unter den Begriff Entwicklung fällt. Für solche Rou­ tineentwicklungen bestehen keine besonderen Spillover-Effekte und da­ mit auch kein Marktversagen, das eine besondere steuerliche Förderung rechtfertigen würde. ee) Zusammenfassung Das Ziel durch die Einführung der GKKB auch die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung zu fördern, dürfte einen Schritt zu weit gehen. Daher ist der Vorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft zu be­ grüßen, den Sofortabzug einzuschränken und die wirtschaftlich beson­ ders wichtigen Gebäude auszunehmen. Ökonomisch ist die Förderung auf Ebene der Bemessungsgrundlage nicht sinnvoll. Wegen des Grundsat­ zes der Subsidiarität müsste vor einem solchen Schritt, der erheblich in die Gestaltungsfreiheit der Mitgliedstaaten eingreift, genau untersucht werden, inwieweit die unterschiedliche steuerliche Förderung von For­ schung und Entwicklung den Binnenmarkt beeinträchtigt. Die großzügi­ ge Förderung von Forschung und Entwicklung würde die politische Ak­ zeptanz der harmonisierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage wohl mindern, was ein unnötiges Hemmnis für die Verwirklichung der GKKB oder der GKB wäre. In jedem Fall sollte die GKKB-Richtlinie eine genaue Definition von Forschung und Entwicklung enthalten, die sich an der Frascati-Definition orientiert. 2. Umlaufvermögen Umlaufvermögen sind grundsätzlich alle Wirtschaftsgüter des Unterneh­ mens, die nicht die Kriterien des Anlagevermögens erfüllen. Das heißt, 889 Spengel u.a., Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, S. 84 f. 890 OECD, Frascati Manual 2002, Proposed Standard Practice for Surveys on Research and experimental Development, S. 33.

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A. Wirtschaftsgüter

die nicht dazu bestimmt sind, dauernd dem Betrieb zu dienen. Die IFRS und der GKKB-RLV kennen zumindest ausdrücklich keine einheitliche Kategorie von Umlaufvermögen als Gegenteil des Anlagevermögens, sondern enthalten vor allem Regeln zum Vorratsvermögen. a) Umlaufvermögen nach dem HGB und EStG Wichtigster grundlegender Unterschied zwischen Anlage- und Umlauf­ vermögen im HGB und EStG ist die Aktivierungspflicht für selbst herge­ stellte immaterielle Wirtschaftsgüter. Im Gegensatz zum Anlagevermö­ gen besteht für das Umlaufvermögen kein Aktivierungswahlrecht für selbst hergestellte immaterielle Wirtschaftsgüter. Das Aktivierungs­ wahlrecht nach § 248 Abs. 2 S. 1 HGB gilt ausweislich des Wortlauts nur für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Das Gleiche gilt für das steu­ erliche Aktivierungsverbot nach § 5 Abs. 2 EStG. Daher besteht für selbst hergestelltes immaterielles Umlaufvermögen sowohl nach dem HGB als auch nach dem EStG eine Aktivierungspflicht.891 b) Vorräte nach den IFRS Spiegelbildlich zum Anlagevermögen kennen die IFRS auch keine ein­ heitliche Kategorie von Umlaufvermögen. IAS 2 ist der Standard zu den Vorräten. Nach IAS 2.6 sind Vorräte Vermögenswerte, die zum Kauf im normalen Geschäftsgang oder zum Verbrauch bestimmt sind. Für Finanz­ instrumente nach IAS 32.11, zu denen alle Geldforderungen gehören, gibt es keine förmliche Unterscheidung zwischen Finanzinstrumenten, die zum Anlagevermögen gehören, und sonstigen Forderungen. c) Umlaufvermögen nach dem GKKB-RLV Der GKKB-RLV nennt das Umlaufvermögen nicht als eigenständige Kate­ gorie. Die Unterscheidung zwischen Umlauf- und Anlagevermögen spielt aber eine wichtige Rolle, weil Kapitel VI des GKKB-RLV zur Abschreibung ausdrücklich nur für Anlagevermögen gilt. Ausdrücklich gennant werden im GKKB-RLV nur Vorräte und unfertige Erzeugnisse. Daneben gehören auch kurzfristige Forderungen zum Umlaufvermögen, weil sie nicht die Definition für Anlagevermögen nach Art. 4. Abs. 14 GKKB-RLV erfüllen. Vorräte und unfertige Erzeugnisse sind nach Art. 4 Abs. 19 GKKB-RLV: „zum Verkauf vorgehaltene Wirtschaftsgüter, die sich in der Herstel­ lung zum Zwecke eines Verkaufs befinden oder die als Roh-, Hilfs-

891 Maier, in Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Umlaufvermögen, Rz. 17. Zum Beispiel einer Filmproduktion als Auftragsproduktion: BFH v. 20.9.1995 - X R 225/93, BStBl II 1997, S. 320.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

und Betriebsstoffe dazu bestimmt sind, bei der Herstellung oder der Erbringung von Dienstleistungen verbraucht zu werden“. Im Gegensatz zum Anlagevermögen besteht für Vorräte nach Art. 4 Abs. 19 GKKB-RLV keine Beschränkung bezüglich selbst herge­ stellter immaterieller Wirtschaftsgüter. Daraus folgt, dass grundsätzlich auch selbst hergestellte immaterielle Wirtschaftsgüter des Vorratsvermö­ gens aktiviert werden müssen. Wie nach dem HGB, EStG und den IFRS müssten zum Beispiel eine Filmauftragsproduktion oder die Auftragspro­ grammierung einer Homepage für die GKKB-Gewinnermittlung aktiviert werden. Die Aktivierung von immateriellem Vorratsvermögen nach dem GKKB-RLV ist im Vergleich zum deutschen Bilanzrecht und den IFRS aber wohl nur eingeschränkt möglich. Nach Art. 12 Abs. 1 GKKB-RLV sind alle Ausgaben für Forschung und Entwicklung sofort abziehbar. Da­ raus folgt wohl, dass Entwicklungskosten zur Herstellung von Vorrats­ vermögen nicht angesetzt werden dürfen.892 Im Fall der experimentellen Auftragsentwicklungen, zum Beispiel einer Produktentwicklung, würde eine Aktivierung insgesamt ausscheiden, weil die gesamten Herstel­ lungskosten unter das Aktivierungsverbot für Entwicklungskosten fie­ len.

III. Zurechnung von Wirtschaftsgütern Dem HGB, EStG, den IFRS und dem GKKB-RLV ist gemein, dass sie für die Frage, wem ein Wirtschaftsgut bilanziell zuzurechnen ist, nicht starr dem zivilrechtlichen Eigentum folgen, sondern nach dem Konzept des wirtschaftlichen Eigentums oder des substance over form-Grundsatzes in bestimmten Fällen eine abweichende Zurechnung vorsehen. Praktisch fallen zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum am häufigsten beim Leasing auseinander. 1. Zurechnung von Wirtschaftsgütern nach dem HGB und EStG Im deutschen Bilanzrecht folgt die Zurechnung von Wirtschaftsgütern nach § 246 Abs. 1 S. 2 HGB und in § 39 Abs. 1 AO grundsätzlich dem zi­ vilrechtlichen Eigentum. Nur wenn ein Gegenstand einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer wirtschaftlich zuzurechnen ist oder ein anderer die tatsächliche Herrschaft über den Gegenstand ausübt, gilt eine abweichende wirtschaftliche Zuordnung. Entscheidend für eine vom Zi­ vilrecht abweichende Zuordnung ist nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO, dass der wirtschaftliche Eigentümer den zivilrechtlichen „Eigentümer im Re­ gelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das 892 Dazu ausführlich unten 6. Kapitel:A.IV.1.c)ee)(2).

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Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann“. Wirtschaftliches Ei­ gentum liegt vor, wenn der zivilrechtliche Eigentümer so von der Nut­ zung des Gegenstandes ausgeschlossen werden kann, dass dessen Heraus­ gabeanspruch wirtschaftlich wertlos ist.893 Zum Leasing gibt es in Deutschland zahlreiche Verwaltungserlasse,894 die mit ihren quantitati­ ven und starren Regeln für die meisten Fälle eine eindeutige Zuordnung des Gegenstands entweder zum Leasinggeber oder zum Leasingnehmer ermöglichen. Für diese objektive Zuordnung wird in Kauf genommen, dass den starren Grenzen eine gewisse Willkür innewohnt.895 2. Zurechnung von Vermögenswerten nach den IFRS Nach IASC-Framework 57 kommt es für die Zurechnung von Vermö­ genswerten nicht notwendig auf das zivilrechtliche Eigentum an. Diese Regelung ist eine Ausprägung des substance over form-Grundsatzes nach IASC-Framework 35. Für das Leasing enthalten die IFRS mit IAS 17 einen eigenen Standard, der die Zuordnung des Gegenstands anhand der Vertei­ lung von Chancen und Risiken vornimmt.896 Dieses Konzept ist dem wirtschaftlichen Eigentum sehr ähnlich. Der Ausschluss des zivilrechtli­ chen Eigentümers von der Einwirkung auf den Gegenstand entspricht der Zuordnung anhand der Verteilung der Chancen. Die Maßgeblichkeit der Verteilung der Risiken wird im deutschen Recht nicht ausdrücklich ge­ nannt, sie folgt aber implizit aus dem Konzept der wirtschaftlichen Zu­ ordnung. Insgesamt besteht an dieser Stelle kein grundlegender Unter­ schied zwischen dem deutschen Bilanzrecht und den IFRS.897 Beim Finanzierungsleasing ist der Leasinggegenstand dem Leasingnehmer zu­ zurechnen und allein dieser nimmt die Abschreibung vor (IAS 17.27). Da­ gegen wird der Gegenstand beim Operating Leasing allein vom Leasing­ geber angesetzt und bei diesem abgeschrieben (IAS 17.53). Das IASB beabsichtigt seit Längerem eine Reform von IAS 17. Verbesse­ rungsbedarf sieht es vor allem, weil die ausschließliche Zuordnung des Leasinggegenstands zu einem der Vertragspartner nach dem Alles-oderNichts-Prinzip erhebliche Ermessensspielräume zur Folge habe und die

893 BFH v. 8.8.1990 - X R 149/88, BStBl II 1991, S. 70, 71. 894 Wichtigster Erlass: BMF-Schreiben betr. ertragsteuerliche Behandlung von Lea­ sing-Verträgen über bewegliche Wirtschaftsgüter, Verwaltungsanweisung v. 19.4.1971 - IV B/2 - S 2170 - 31/71 | (BStBl I 1971 264). Ausführlich zur bilanziellen Behandlung des Leasings: Maier, in Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Leasing. 895 Küting/Hellen/Brakensiek, BB 1998, S. 1465, 1467 f.; Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 81. 896 IAS 17.7 ff. 897 Küting/Hellen/Brakensiek, BB 1998, S. 1465, 1469; Schön, in Schön (Hrsg.), Steu­ erliche Maßgeblichkeit, S. 1, 81; Küting/Koch/Tesche, DB 2011, S. 425.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Vergleichbarkeit von Abschlüssen beeinträchtige.898 Am 16.5.2013 hat das IASB ein weiteres Exposure Draft „Leases“ veröffentlicht.899 Dieses sieht eine Abkehr vom Alles-oder-Nichts-Prinzip vor. Die eindeutige Zu­ ordnung zu einer Person soll durch die Bilanzierung eines sogenannten right-of-use-assets beim Leasingnehmer ersetzt werden.900 Unabhängig davon, wie das Leasingverhältnis konkret ausgestaltet ist, aktiviert der Leasingnehmer immer nur das Nutzungsrecht und nie den Gegenstand selbst.901 Die Umsetzung des Exposure Draft wäre ein Paradigmenwech­ sel, der grundlegende Fragen der Bilanzierung berührt. Für die Reform spricht auf den ersten Blick, dass die Leasingnehmer auf­ grund der Leasingverträge häufig über betriebsnotwendige Gegenstände verfügen und dafür hohe finanzielle Verbindlichkeiten eingehen, ohne dass dies aus der Bilanz ersichtlich wird, wenn der Leasinggegenstand ausschließlich dem Leasinggeber zugerechnet wird.902 Der Preis für eine bessere Abbildung dieser Nutzungsrechte und Verbindlichkeiten wäre aber hoch. Grundlegende Prinzipien der Bilanzierung würden beeinträch­ tigt. So käme es durch die Reform zu einer zunehmenden Bilanzierung der schwebenden Teile von Dauerschuldverhältnissen.903 Auch würden die Begriffe Vermögenswert und Schuld ausgefranst, weil das right-ofuse-asset nicht notwendig die Kriterien der IASC-Framework für Vermö­ genswerte erfüllt und auch bedingte Schulden angesetzt werden könn­ ten.904 Die Leasingbilanzierung nach dem Exposure Draft wäre für die steuerli­ che Gewinnermittlung ungeeignet. Das right-of-use-asset passt nicht in die Systematik der GKKB, weshalb die Leasingbilanzierung nach dem Exposure Draft im Widerspruch zu dem Ziel stünde, die Gewinnermittlung möglichst widerspruchsfrei anhand allgemeingültiger Prinzipien auszu­ gestalten. Weiterhin würde die Objektivität der Gewinnermittlung stark beeinträchtigt. Statt einzelner Grenzfälle, in denen nicht sicher gesagt werden kann, wer wirtschaftlicher Eigentümer ist beziehungsweise wer Chancen und Risiken bezüglich des Gegenstandes trägt, wird es in den IFRS nach der Reform der Leasingbilanzierung in den meisten Fällen sub­ jektive Einschätzungsspielräume geben, inwieweit das Nutzungsrecht an dem Gegenstand aufzuteilen ist.

898 Küting/Koch/Tesche, DB 2011, S. 425. 899 IASB, Exposure Draft ED/2013/6 „Leases”. 900 Siehe IASB, Exposure Draft ED/2013/6 „Leases”, Rz. 38. 901 Baetge/Graupe, IRZ 2010, S. 477, 478. 902 Hennrichs, in MüKo AktG, 2. Auflage, HGB, § 246, Rz. 167. 903 Küting/Hellen/Brakensiek, BB 1998, S. 1465, 1472 f.; Küting/Koch/Tesche, DB 2011, S. 425, 426 f.; allgemein zur bilanziellen Behandlung schwebender Geschäf­ te nach IFRS unten 6. Kapitel:C.I.2. 904 Küting/Koch/Tesche, DB 2011, S. 425, 428; Baetge/Graupe, IRZ 2010, S. 477, 478.

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Das IASB möchte eine möglichst realitätsgerechte Bilanzierung errei­ chen, nimmt dafür aber subjektive Einschätzungsspielräume in Kauf. Es kommt zu „Scheingenauigkeit“.905 Während die einzelnen Grenzfälle, die mit dem Alles-oder-Nichts-Grundsatz einhergehen, im Steuerrecht durch Verwaltungsvorschriften, wie zum Beispiel die deutschen Leasing­ erlasse, klargestellt werden können, entzieht sich eine graduelle Zuord­ nung objektiven Verwaltungsregeln und ist damit insgesamt subjektiver. Der graduelle Ansatz eignet sich nicht für das Steuerrecht, weil er durch seine Kompliziertheit unnötige Gestaltungsspielräume eröffnen und die Rechtsunsicherheit erhöhen würde.906 Der graduelle Ansatz würde auch nicht unbedingt zu größerer Belastungsgleichheit führen. Besteht Rechts­ sicherheit bei der Frage, wer die gesamte Abschreibung geltend machen kann, können die Vertragsparteien die steuerlichen Auswirkungen in ih­ rer Preisgestaltung entsprechend berücksichtigen. 3. Zurechnung von Wirtschaftsgütern nach dem GKKB-RLV In Art. 4 Abs. 20 GKKB-RLV ist der wirtschaftliche Eigentümer folgen­ dermaßen definiert: „die Person, die alle materiellen Vorteile und Risiken aus einem Wirtschaftsgut des Anlagevermögens trägt, unabhängig davon, ob sie der rechtmäßige Eigentümer ist. Ein Steuerpflichtiger, der das Recht hat, ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens zu halten, es zu gebrau­ chen und über es zu verfügen und der das Risiko seines Verlustes oder seiner Zerstörung trägt, gilt auf jeden Fall als wirtschaftlicher Eigen­ tümer“. Im Kompromissvorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft ist in Art. 34 Abs. 4 eine Klarstellung vorgesehen, wonach ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens nur von einem einzigen Steuerpflichtigen abgeschrie­ ben werden darf, außer, es teilen sich mehrere Steuerpflichtige dieses Ei­ gentum.907 Diese Definition ähnelt mit den Kriterien von Rechten und dem Risiko der Zuordnung in IAS 17 nach risks and rewards.908 Es ist systematisch möglich, dass der GKKB-RLV die Grundsätze von IAS 17 mit dem aus dem deutschen Recht bekannten Konzept des wirtschaftlichen Eigentums ver­ mischt, denn die Differenzen in beiden Ansätzen sind nicht grundlegen­ der, sondern nur terminologischer Natur. In Art. 34 GKKB-RLV ist der

905 Lorenz, BB 2010, S. 2555, 2557. 906 Sprechen von einer „dramatischen Zunahme der Komplexität“: Küting/Koch/Tesche, DB 2011, S. 425, 427. 907 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013. 908 Kahle/Schulz, StuB 2011, S. 296, 300.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Anspruch auf Abschreibung geregelt. Dieser steht grundsätzlich dem wirtschaftlichen Eigentümer zu. Die Kommission hat nach Art. 34 Abs. 5 lit. a) GKKB-RLV eine Ergän­ zungsbefugnis, um das rechtliche und wirtschaftliche Eigentum zu defi­ nieren. Die deutschen Leasingerlasse könnten bei der Ausübung dieser Befugnis als Anregung dienen. Sie enthalten starke Typisierungen und bringen so ein hohes Maß an Rechtssicherheit. Dies passt gut zur GKKB; um eine möglichst einheitliche Ermittlung der GKKB sicherzustellen, haben eindeutige Regeln für die GKKB eine noch größere Bedeutung als im nationalen Steuerrecht. Entsprechend enthält der GKKB-RLV an ande­ ren Stellen bereits erhebliche Typisierungen. Wie der Leasinggegenstand im Vergleich zum deutschen Recht in Zukunft eingeordnet werden wird, hängt stark davon ab, wie die Kommission von ihrer Ergänzungsbefugnis Gebrauch macht. Grundlegende Unterschiede werden sich wohl kaum ergeben, weil die Systematik des GKKB-RLV der deutschen Systematik sehr ähnlich ist. Teilweise wird erwartet, dass der Leasinggegenstand zu­ künftig häufiger beim Leasingnehmer angesetzt werden muss.909 4. Zusammenfassende Beurteilung Gegenwärtig weisen alle untersuchten Gewinnermittlungssysteme hin­ sichtlich der Zurechnung von Wirtschaftsgütern große Ähnlichkeit auf. Entsprechend kann insbesondere IAS 17 als Auslegungshilfe herangezo­ gen werden. Dies würde allerdings nicht mehr gelten, wenn dieser Stan­ dard wie geplant reformiert werden sollte. Die Leasingbilanzierung mit Hilfe eines right-of-use-assets wäre zu komplex und auch mit der übrigen Systematik der GKKB nicht vereinbar. Die Leasing-Bilanzierung zeigt, dass eine Reform der IFRS die Eignung eines Standards für die steuerliche Gewinnermittlung vollkommen aufheben kann. Dieses Beispiel veran­ schaulicht, wie problematisch eine förmliche Maßgeblichkeit der IFRS für die GKKB wäre, wenn Standards grundlegend reformiert werden.

IV. Zugangsbewertung von Wirtschaftsgütern Steht fest, dass ein Gegenstand ein Wirtschaftsgut ist, stellt sich die Frage nach seiner Bewertung. Zu unterscheiden sind der erstmalige Wertansatz und die Folgebewertung. Die Zugangsbewertung regelt, inwieweit ange­ fallene Kosten dem Wert eines Wirtschaftsguts zuzuordnen sind und des­ wegen nicht sofort abgezogen werden können. Die Folgebewertung be­ stimmt, ob der Wert eines Wirtschaftsguts, der im Betriebsvermögen gespeichert ist, sich verringert oder erhöht hat und entsprechend gewinn­ 909 Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter 13 zu Heft 22, S. 17.

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wirksame Aufwendungen oder Erträge entstanden sind. Wegen des Reali­ sationsprinzips führen bloße Wertsteigerung für die GKKB aber nur aus­ nahmsweise im Fall von Finanzanlagevermögen zu Erträgen (Art. 23 Abs. 2 GKKB-RLV). Deshalb ist die Folgebewertung in erster Linie eine Frage der abziehbaren Aufwendungen.910 Im GKKB-RLV sind verschiedene Bewertungsmethoden vorgesehen. Praktisch am bedeutsamsten ist die Bewertung zu den Anschaffungsoder Herstellungskosten für abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nach Art. 33 GKKB-RLV und für Vorräte und unfertige Erzeugnisse nach Art. 29 Abs. 2 und Abs. 4 GKKB-RLV. Verbesserungs­ kosten erhöhen nach Art. 33 Abs. 1 GKKB-RLV die Abschreibungsbasis. Daneben sieht Art. 22 Abs. 1 GKKB-RLV verschiedene Bewertungsmaß­ stäbe vor. Den Marktpreis nach lit. b)–c), den beizulegenden Zeitwert nach lit. e) und den Steuerwert nach lit. f). In Art. 29 Abs. 4 GKKB-RLV ist der Ansatz von Vorräten und unfertigen Erzeugnissen zum Nettover­ äußerungswert geregelt. 1. Anschaffungs- und Herstellungskosten Die Bewertung zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten ist für alle hier untersuchten Gewinnermittlungssysteme die Standardmethode für den Ansatz dem Grunde nach. a) Anschaffungs- und Herstellungskosten nach dem HGB und EStG Nach § 253 Abs. 1 S. 1 HGB bilden die Anschaffungs- und Herstellungs­ kosten vermindert um die Abschreibungen die Obergrenze für die Bewer­ tung von Vermögensgegenständen. Dies gilt auch für eine Wertaufholung nach § 253 Abs. 5 HGB. Daher ist die Zugangsbewertung für das HGB und EStG bestimmend für die gesamte Folgebewertung des Wirtschafts­ guts. Nach dem Realisationsprinzip müssen Anschaffung und Herstel­ lung erfolgsneutrale Vorgänge sein, denn es handelt sich um bloße Ver­ mögensumschichtungen.911 Die erforderliche Neutralisierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten wird durch Aktivierung dieser Kosten erreicht.912 aa) Finalität Möchte man die Anschaffungs- und Herstellungskosten neutralisieren, stellt sich die Frage, ob zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten alle Ausgaben gehören, die durch die Anschaffung oder Herstellung ver­ 910 Dazu unten 6. Kapitel:B 911 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 184. 912 BFH v. 26.3.1992 - IV R 74/90, BStBl II 1993, S. 96.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

anlasst sind, oder ob nur freiwillige zielgerichtete Ausgaben oder solche, die den Wert des Wirtschaftsguts kausal erhöhen, angesetzt werden müs­ sen.913 Die Formulierung in § 255 Abs. 1 S. 1 HGB „Aufwendungen, die geleistet werden, um“ spricht für eine finale Auslegung. Dagegen ist in § 255 Abs. 2 S. 2 HGB von Veranlassung die Rede. In der handelsrechtli­ chen Literatur ist noch nicht geklärt, ob es auf die Finalität, die Veranlas­ sung oder die Werterhöhung ankommt.914 Im Steuerrecht hat sich dagegen allgemein ein finales Verständnis, er­ gänzt um das Veranlassungsprinzip, durchgesetzt. Neutralisiert werden sollen alle Kosten, die anlässlich der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts entstehen.915 Zwar werden Anschaffungs- und Herstel­ lungskosten grundsätzlich final zur Erlangung des Wirtschaftsguts aufge­ wendet. Insbesondere bei der Zuordnung von Nebenkosten und nachträg­ lichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten reicht aber auch die bloße Veranlassung aus,916 weshalb es hier nicht darauf ankommt, ob ein Ver­ mögensopfer zielgerichtet oder freiwillig erfolgt. Bei den Nebenkosten ist die Veranlassung ausreichend, weil diese häufig aufgeschlüsselt werden müssen und deshalb nicht zielgerichtet für ein bestimmtes Wirtschafts­ gut aufgewendet werden. (1) Keine kausale Werterhöhung erforderlich Nicht erforderlich ist, dass die Ausgaben den Wert des Wirtschaftsguts kausal erhöht haben. So hat der BFH entschieden, dass auch die Prozess­ kosten eines Baumängelprozesses, die wegen der Insolvenz des Bauunter­ nehmers nicht vollstreckt werden konnten, den Wert des Gebäudes erhö­ hen.917 Diese Ansicht mag sehr weitreichend erscheinen, da sogar Ausgaben ak­ tiviert werden müssen, die wie die Prozesskosten im Zusammenhang mit der Wertminderung des Gebäudes stehen und daher keinesfalls den Wert des Gebäudes widerspiegeln. Das Veranlassungsprinzip hat aber den Vorteil, dass es vergleichsweise objektiv ist, denn die Abgrenzung von Aufwendungen, die den Wert des Wirtschaftsguts erhöhen, von solchen Aufwendungen, die nicht in den Wert des Wirtschaftsguts eingegangen sind, kann im Einzelfall sehr schwierig sein. Dies gilt insbesondere im 913 Dazu Stobbe, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6, Rz. 270. 914 Wassermeyer, FR 1993, S. 793, 796; Stobbe, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6, Rz. 270. 915 Stobbe, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6, Rz. 270. 916 BFH v. 6.2.1987 - III R 203/83, BStBl II 1987, S. 423, 427; Stobbe, in Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG, § 6, Rz. 270; Kulosa, in Schmidt, EStG, § 6, Rz. 33, 151; siehe auch Werndl, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), EStG, § 6, Rz. B 45. 917 BFH v. 1.12.1987 - IX R 134/83, BStBl II 1988, S. 431; dazu Offerhaus, StBp 1988, S. 122.

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Fall von Mängeln bei großen Projekten wie zum Beispiel Bauvorhaben. Hier dürfte es häufig unmöglich sein, zu bestimmen, inwieweit eine mangelhafte Maßnahme den Wert des Wirtschaftsguts gesenkt, unverän­ dert gelassen oder dennoch erhöht hat. Noch schwieriger wird die Beur­ teilung, wenn Maßnahmen zur Mängelbeseitigung hinzukommen. Dazu kommt, dass bei großen Projekten ein gewisses Maß an Fehlern unver­ meidlich ist und daher bereits im Vorfeld in die Anschaffungs- oder Her­ stellungskosten einkalkuliert werden muss.918 Unbillige Härten für den Steuerpflichtigen können durch die Teilwertab­ schreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4, Nr. 2 S. 2 EStG vermieden werden, für die allerdings der Steuerpflichtige die Beweislast trägt. Auch hat der Große Senat des BFH klargestellt, dass keine finalen Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorliegen, wenn für Aufwendungen überhaupt keine Gegenleistung erbracht wird. So hat er den Ansatz von Vorauszahlungen an einen Bauunternehmer, der insolvent wurde, und deshalb keinerlei Bauleistungen erbrachte, mit der Begründung untersagt, dass schon keine Herstellungsleistung und damit keine Vermögensumschichtung vor­ lag.919 (2) Abbruchkosten Beispielhaft für die finale Zuordnung von Kosten ist die Behandlung von Abbruchkosten. Abbruchkosten gehören immer dann zu den Anschaf­ fungs- oder Herstellungskosten, wenn sie durch die Anschaffung oder Herstellung veranlasst sind. Das heißt, wenn sie nach der Anschaffung zur Herstellung der Betriebsbereitschaft des Grund und Bodens entste­ hen, oder wenn der Abbruch zum Zeitpunkt der Anschaffung bezweckt war, um ein neues Wirtschaftsgut auf dem Grund und Boden herzustel­ len, in der Regel ein Gebäude.920 Ein Sofortabzug des Wertes des alten Gebäudes in Form einer außerplan­ mäßigen Abschreibung für außergewöhnliche Abnutzung sowie der so­ fortige Abzug der Abbruchkosten als Betriebsausgaben sind vorzuneh­ men, wenn das Grundstück nicht in der Absicht erworben wurde, das Gebäude abzureißen. In diesem Fall fehlt es am finalen Zusammenhang von Abbruch und Anschaffung.921 Wird ein selbst genutztes Gebäude ab­ gerissen, um an gleicher Stelle ein neues Wirtschaftsgut zu errichten, ge­ hören der Restbuchwert und die Abbruchkosten nicht zu den Anschaf­ 918 BFH v. 4.7.1990 - GrS 1/89, BStBl II 1990, S. 830, 834; Moxter, Bilanzrechtspre­ chung, S. 228. 919 BFH v. 4.7.1990 - GrS 1/89, BStBl II 1990, S. 830; dazu Moxter, Bilanzrechtspre­ chung, S. 228. 920 BFH v. 12.6.1978 - GrS 1/77, BStBl II 1978, S. 620. 921 Werndl, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), EStG, § 6, Rz. B 95.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

fungs- oder Herstellungskosten des neuen Wirtschaftsguts, sondern sind als letzter Akt der Einkunftserzielung dem alten Gebäude zuzurechnen und damit sofort abziehbar.922 bb) Gemeinkosten Nach § 255 Abs. 1 HGB dürfen als Anschaffungskosten nur die Einzel­ kosten angesetzt werden. Nach § 255 Abs. 2 S. 2 und 3 HGB zählen dage­ gen auch Gemeinkosten zu den Herstellungskosten. Gemeinkosten sind Kosten, die nicht unmittelbar einem bestimmten Wirtschaftsgut zuge­ ordnet werden können. Die Zuordnung zu den Herstellungskosten for­ dert bestimmte qualitative Annahmen im Wege der Schätzung. Einzel­ kosten dagegen sind Kosten, die „einen eindeutigen quantitativen Zusammenhang“923 mit der Herstellung oder Anschaffung eines Wirt­ schaftsguts haben. Unter dem Gesichtspunkt der Vollständigkeit der Ge­ winnermittlung und der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit müss­ ten auch die Anschaffungs- und Herstellungsgemeinkosten wie zum Beispiel die Kosten einer Einkaufsverwaltung angesetzt werden, denn auch diese stehen im Zusammenhang mit dem Erwerb des Wirtschafts­ guts und müssten neutralisiert werden. Zudem werden durch den Sofort­ abzug von anteiligen Gemeinkosten Unternehmen begünstigt, die viele Tätigkeiten durch eigene Arbeitnehmer und Betriebsmittel durchführen lassen, da solche Eigenleistungen regelmäßig nicht einzeln zugerechnet werden können, wohingegen bei der Erbringung der Leistung durch Drit­ te eine Zuordnung zu einem bestimmten Gegenstand zumeist unmittel­ bar möglich ist. Da die Gemeinkosten häufig nicht genau beziffert werden können, be­ steht bei ihrem Ansatz allerdings die Gefahr von Überbewertungen. Das Vorsichtsprinzip spricht deshalb dafür, die Gemeinkosten im Zweifels­ fall nicht einzubeziehen.924 Die Abgrenzungslinien zwischen den ver­ schiedenen Arten von Kosten verlaufen wie folgt: Sind nur die Erwerbs­ kosten anzusetzen, die einzeln zugordnet werden können, müssen diese von den sofort abziehbaren Gemeinkosten abgegrenzt werden. Zählen auch die anteiligen Gemeinkosten zu den Anschaffungs- oder Herstel­ lungskosten, müssen diese von den sonstigen sofort abziehbaren Ge­ meinkosten abgegrenzt werden. Daneben gibt es sogenannte unechte Gemeinkosten. Dies sind Kosten, die eigentlich unmittelbar zugerechnet werden können, bei denen eine solche Zurechnung aber scheitert, weil der Kaufmann keine Dokumenta­ 922 BFH v. 1.12.1992 - IX R 333/87, BStBl II 1994, S. 12, 14; Kulosa, in Schmidt, EStG, § 6, Rz. 213. 923 Schubert/Pastor, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 255, Rz. 347. 924 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 186, 209.

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tion vornimmt, welche diese direkte Zurechnung im Einzelfall ermög­ licht. Zumindest in den Fällen, in denen die Dokumentation des Kauf­ manns den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht, sind die unechten Gemeinkosten wie Gemeinkosten zu behandeln. Es kann nicht erwartet werden, dass interne Vorgänge ausführlicher dokumen­ tiert werden, als dies allgemein üblich ist, allein um die Anschaffungsoder Herstellungskosten zu bestimmen. Die daraus entstehenden Befol­ gungskosten wären unverhältnismäßig.925 cc) Öffentliche Investitionszuschüsse Im deutschen Steuerrecht ist durch die Rechtsprechung im Grundsatz geklärt, wie öffentliche Investitionszuschüsse zu bilanzieren sind, die ohne konkrete Gegenleistungspflicht gewährt werden. Es besteht Einig­ keit, dass öffentliche Zuschüsse zumindest im praktischen Ergebnis von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts abge­ zogen werden können. Im Einzelnen gibt es aber Differenzen zwischen den einzelnen Senaten des BFH. Nach einem Grundsatzurteil des IV. Se­ nats des BFH können die Steuerpflichtigen öffentliche Fördermittel von den Anschaffungskosten abziehen. Ein passiver Rechnungsabgrenzungs­ posten komme nicht in Betracht, weil keine zukünftige Gegenleistungs­ pflicht bestehe.926 Gegen die Bildung eines Passivpostens sprechen auch Erwägungen der Belastungsgleichheit. Dürften die Steuerpflichtigen ei­ nen Passivposten bilden, hätten sie im Fall von Teilwert- und Sonderab­ schreibungen den Vorteil, dass ihnen die ungeschmälerte Abschreibungs­ basis zur Verfügung stünde, ohne dass zugleich der Passivposten in gleichem Maße gewinnwirksam aufgelöst werden müsste.927 Ob die Steuerpflichtigen alternativ gemäß EStR 6.5 Abs. 2 die Wahl ha­ ben, den Zuschuss gewinnwirksam als Betriebseinnahmen zu erfassen, ließ der IV. Senat offen. Der X. Senat hat dagegen entschieden, dass die Gewährung des Zuschusses und die Anschaffung oder Herstellung unab­ hängig voneinander seien, weshalb der Zuschuss nicht von den Anschaf­ fungs- oder Herstellungskosten abgezogen werden könne. Gleichwohl sei das Wahlrecht nach EStR 6.5 Abs. 2 wirksam, weshalb sich der Steuer­ pflichtige aussuchen könne, ob er den Zuschuss gewinnerhöhend berück­ sichtige oder von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abziehe. Wieso dieses Wahlrecht dennoch zulässig sein soll, ist nicht ganz klar, 925 Moxter, BB 1988, S. 937, 941 f.; Schubert/Pastor, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 255, Rz. 353. 926 BFH v. 14.7.1988 - IV R 78/85, BStBl II 1989, S. 190; kritisch Mathiak, DStR 1989, S. 232, 235 ff. Der III. und IX. Senat haben sich dieser Auffassung ausdrücklich angeschlossen: BFH v. 28.4.1989 III R 4/87, BStBl II 1989, S. 618, 619; BFH v. 26.3.1991 IX R 104/86, BStBl II 1992, S. 999, 1000. 927 Groh, StuW 1994, S. 90, 91.

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letztlich stellt der X. Senat auf das Realisationsprinzip ab.928 Der I. Senat hat sich grundsätzlich dem X. Senat angeschlossen, aber das Wahlrecht nach EStR 6.5 Abs. 2 aus Billigkeitsgründen für zulässig erklärt.929 Gegen die Auffassung des X. und I. Senats ist einzuwenden, dass die Un­ terscheidung zwischen der Leistung des Zuschusses einerseits und der Anschaffung des Wirtschaftsguts andererseits eine sehr formale Betrach­ tung ist. Würde man diesen Ansatz konsequent verfolgen, käme es durch den Investitionszuschuss stets zu einer Gewinnrealisierung.930 Wirt­ schaftlich macht es keinen Unterschied, ob die öffentliche Hand die Zu­ schüsse an den Lieferer/Hersteller des Wirtschaftsguts oder an dessen Empfänger leistet. Da es keine sachlichen Unterschiede zwischen den beiden Fällen gibt, ist eine Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt; bei­ de Vorgänge sind wegen des Grundsatzes der Erfolgsneutralität der An­ schaffung und Herstellung gleich zu behandeln. Zudem sollte das Bilanz­ steuerrecht so gestaltungsneutral wie möglich gehalten werden, was auch dafür spricht, beide Fälle gleich zu behandeln. Mithin ist die Auffas­ sung des IV. Senats vorzugswürdig, wonach die Zuschussgewährung nichts an der Erfolgsneutralität des Anschaffungs- oder Herstellungsvor­ gangs ändert.931 Im Handelsbilanzrecht wird dem Bilanzierenden teilweise ebenso ein Wahlrecht zugestanden, die Zuschüsse als sofort ertragswirksam zu be­ handeln.932 In Abweichung zum Steuerrecht ist die herrschende Meinung für die Handelsbilanz der Auffassung, dass die Unternehmen ein weiteres Wahlrecht haben, den Zuschuss von den Anschaffungs- oder Herstel­ lungskosten abzuziehen oder einen entsprechenden passiven Rechnungs­ abgrenzungsposten zu bilden. Die Bildung eines Passivpostens könne im Fall eines umfassenden Zuschusses einen besseren Überblick über die Vermögenslage des Unternehmens geben.933 Durch die Bildung des Passiv­postens vermittelt die Bilanz tatsächlich ein besseres Bild davon, wie Vermögensgenstände finanziert werden. Die unterschiedliche Ge­ winnauswirkung im Fall von außerplanmäßigen Abschreibungen kann für die Handelsbilanz im Gegensatz zur Steuerbilanz eher hingenommen werden, da die Bildung eines Passivpostens zu einem niedrigeren Gewinn führt und es nicht zu überhöhten Ausschüttungen kommen kann.

928 BFH v. 22.1.1992 - X R 23/89, BStBl II 1992, S. 488, 490. 929 BFH v. 19.7.1995 - I R 56/94, BStBl II 1996, S. 28, 32. 930 So Mathiak, DStR 1989, S. 232, 237. 931 Groh, StuW 1994, S. 90, 91; Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 190 f. 932 Schubert/Gadek, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 255, Rz. 117, m.w.N. Dabei ist wiederum unklar, woraus sich dieses Wahlrecht ergeben soll. 933 Schubert/Gadek, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 255, Rz. 117; Adler/Düring/ Schmaltz, HGB, § 255, Rz. 57.

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dd) Anschaffungskosten nach dem HGB und EStG Die Unterscheidung zwischen Anschaffung und Herstellung ist erforder­ lich, weil der Umfang der aktivierbaren Kosten teilweise unterschiedlich ist. In Abgrenzung zur Herstellung bedeutet Anschaffung den entgeltli­ chen Erwerb des Wirtschaftsguts von einem Dritten.934 Ein Anschaffungs­ vorgang liegt auch vor, wenn das Verhältnis von Leistung und Gegenleis­ tung objektiv unangemessen ist.935 Wird der Gegenstand vom Erwerber nach der Übertragung angepasst, liegt gleichwohl ein Anschaffungsvor­ gang vor, wenn der Gegenstand als solcher bereits vor der Übertragung existiert hat.936 Die Herstellung des Gegenstandes durch den Veräußerer auf Wunsch des Erwerbers ändert nichts an der Anschaffung, solange der Veräußerer das Risiko der Herstellung trägt.937 § 255 Abs. 1 HGB enthält Vorgaben zur Bestimmung der Anschaffungs­ kosten. Diese Vorgaben gelten auch für das Bilanzsteuerrecht.938 Dieses einheitliche Verständnis gilt allerdings nur, wenn man auch für die han­ delsrechtliche Bilanzierung auf das Veranlassungsprinzip abstellt. An­ sonsten müsste man das Veranlassungsprinzip wohl als steuerliche Son­ derregelung im Sinn von § 5 Abs. 6 EStG verstehen.939 § 255 Abs. 1 HGB lautet: „1Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen be­ triebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensge­ genstand einzeln zugeordnet werden können. 2Zu den Anschaffungs­ kosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten. 3Anschaffungspreisminderungen sind abzuset­ zen.“ Anschaffungsnebenkosten dürfen nur angesetzt werden, wenn sie dem Gegenstand einzeln zugeordnet werden können. Anschaffungsnebenkos­ ten nach § 255 Abs. 1 S. 2 HGB sind alle Ausgaben, die zusätzlich zum eigentlichen Erwerbspreis anfallen.940 Dazu zählen alle Aufwendungen, die einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erwerb des konkreten Wirtschaftsguts haben.941 Die Entstehung dieser Kosten muss zwangsläu­

934 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 183. 935 Werndl, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), EStG, § 6, Rz. B 46. 936 Werndl, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), EStG, § 6, Rz. B 27 a. 937 BFH v. 30.10.2001 - X B 28/01, BFH/NV 2002, S. 342; BFH v. 14.11.1989 - IX R 197/84, BStBl II 1990, S. 299, 302. 938 Stobbe, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6, Rz. 271 m.w.N. 939 Stobbe, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6, Rz. 270. 940 Stobbe, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6, Rz. 292. 941 Werndl, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), EStG, § 6, Rz. B 83.

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fige Folge des Erwerbs sein; damit genügt eine bloße Veranlassung.942 Auf­ wendungen, um das Wirtschaftsgut in betriebsbereiten Zustand zu ver­ setzen nach § 255 Abs. 1 S. 1 HGB, dienen nicht der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht durch den Erwerber und fallen zeit­ lich in der Regel erst nach dem Übergang des Wirtschaftsguts an.943 Der Ansatz von Gemeinkosten ist von vornherein ausgeschlossen, da die­ se zusammen für die Anschaffung verschiedener Vermögensgegenstände anfallen und deshalb nicht einzeln zugeordnet werden können.944 Damit hat der Gesetzgeber für die Anschaffungskosten dem Vorsichtsprinzip den Vorzug gegenüber einer möglichst vollständigen Gewinnermittlung gegeben. Einzelkosten sind Aufwendungen, die einer bestimmten Leis­ tungseinheit unmittelbar zugerechnet werden können. Problematisch sind Kosten, die für eine Mehrzahl von Kostenträgern entstehen. Solche Kosten können einzeln zugeordnet werden, wenn ihre Maßeinheit (zum Beispiel Zeit, Menge, Qualität) dem einzelnen Wirtschaftsgut direkt zug­ ordnet werden kann. Kann die Maßeinheit dagegen nur indirekt mittels bestimmter Annahmen ermittelt werden, handelt es sich um nicht akti­ vierungsfähige Gemeinkosten.945 Zinsen, die anlässlich des Anschaffungsvorganges anfallen, gehören nicht zu den Anschaffungskosten, da es sich um mittelbare Kosten handelt, die in erster Linie zur Beschaffung von Kapital und nicht der Anschaffung dienen.946 Dieses Ansatzverbot kann aber durch entsprechende Gestal­ tungen teilweise umgangen werden. Ist zum Beispiel der Erwerber eines Gebäudes nicht verpflichtet, eine Anzahlung für die Errichtung eines Ge­ bäudes zu leisten, und stellt ihm der Veräußerer dafür später Bauzeitzin­ sen in Rechnung, muss die gesamte Zahlung an den Veräußerer aktiviert werden, wenn die Bezahlung erst nach Fertigstellung des Gebäudes er­ folgt.947 Die Anschaffung endet zeitlich mit der Versetzung in den betriebsberei­ ten Zustand.948 Nachträgliche Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 942 Sprechen in diesem Zusammenhang von Kausalität, wobei wohl keine Kausalität im Sinne einer kausalen Werterhöhung gemeint ist: Werndl, in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff (Hrsg.), EStG, § 6, Rz. B 91; Kulosa, in Schmidt, EStG, § 6, Rz. 50. 943 Stobbe, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6, Rz. 292; Kulosa, in Schmidt, EStG, § 6, Rz. 44. 944 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 186. 945 BFH v. 31.7.1967 - I 219/63, BStBl II 1968, S. 22, 23; BFH v. 11.2.1988 - IV R 191/85, BStBl II 1988, S. 661, 662; Kulosa, in Schmidt, EStG, § 6, Rz. 48. 946 BFH v. 24. 5. 1968 - VI R 6/67, BStBl II 1968, S. 574; Schubert/Pastor, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB, § 255, Rz. 501; aA Adler/Düring/Schmaltz, HGB, § 255 HGB, Rz. 36. 947 BFH v. 19.4.1977 - VIII R 44/74, BStBl II 1977, S. 600; Schubert/Pastor, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB, § 255, Rz. 501. 948 Werndl, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), EStG, § 6, Rz. B 33.

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S. 2 HGB sind folglich Aufwendungen, die durch die Anschaffung veran­ lasst sind und anfallen, nachdem das Wirtschaftsgut in Betriebsbereit­ schaft versetzt und in die Bilanz eingestellt wurde. In Abgrenzung zu blo­ ßem Erhaltungsaufwand liegen nachträgliche Anschaffungskosten vor, wenn sie einen sachlichen Zusammenhang mit dem Wert des Wirt­ schaftsguts haben und nicht nur dessen Funktion erhalten.949 Auch ein großer zeitlicher Abstand zur Anschaffung spricht für sich genommen nicht gegen nachträgliche Anschaffungskosten.950 Anschaffungspreis­ minderungen, die durch den Anschaffungsvorgang selbst veranlasst sind, müssen gemäß § 255 Abs. 1 S. 3 HGB ebenso berücksichtigt werden,951 wobei diese Minderungen keine Rückwirkung haben.952 ee) Herstellungskosten nach dem HGB und EStG Herstellungskosten sind in § 255 Abs. 2 HGB definiert. Auch diese Defi­ nition gilt im Handels- und Steuerbilanzrecht gleichermaßen.953 § 255 Abs. 2 HGB lautet: „1Herstellungskosten sind die Aufwendungen, die durch den Ver­ brauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. 2Dazu gehören die Materialkosten, die Ferti­ gungskosten und die Sonderkosten der Fertigung sowie angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Werteverzehrs des Anlagevermögens, soweit dieser durch die Fer­ tigung veranlasst ist. 3Bei der Berechnung der Herstellungskosten dür­ fen angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersver­ sorgung einbezogen werden, soweit diese auf den Zeitraum der Her­ stellung entfallen. 4Forschungs- und Vertriebskosten dürfen nicht ein­ bezogen werden.“ Die Sätze 2 bis 4 regeln den Ansatz von Gemeinkosten. Da diese teilwei­ se angesetzt werden müssen oder dürfen, sind die Herstellungskosten rechtlich umfassender als die Anschaffungskosten. Praktisch sind jedoch die Anschaffungskosten in aller Regel vollständiger, da der Verkäufer sei­ ne Gemeinkosten vollständig an den Käufer weitergibt, während die Ge­ 949 Werndl, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), EStG, § 6, Rz. B 33. 950 BFH v. 6.2.1987 - III R 203/83, BStBl II 1987, S. 423, 427. 951 Stobbe, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6, Rz. 289. 952 Kulosa, in Schmidt, EStG, § 6, Rz. 66. 953 BFH v. 4.7.1990 - GrS 1/89, BStBl II 1990, S. 830, 833; Stobbe/Rade, in Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG, § 6, Rz. 455.

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meinkosten bei der Herstellung in aller Regel nur teilweise berücksich­ tigt werden. Gemeinkosten sind wiederum alle Kosten, die nicht direkt, sondern nur mit Hilfe von Annahmen zugeordnet werden können.954 Mit Gemeinkosten sind jedoch stets nur die pagatorischen und nicht die kal­ kulatorischen Kosten gemeint. Die Kosten müssen im Unternehmen tat­ sächlich angefallen sein. Fiktive Kosten wie zum Beispiel eine gedachte Eigenkapitalverzinsung können dagegen nicht eingerechnet werden.955 Dies folgt aus dem Gesetzeswortlaut, wonach Herstellungskosten Auf­ wendungen und damit nur tatsächliche Ausgaben sind.956 (1) Steuerlicher Aktivierungszwang Es wird zwischen Material- und Fertigungsgemeinkosten, die nach § 255 Abs. 2 S. 2 HGB angesetzt werden müssen, und Verwaltungsgemeinkos­ ten unterschieden, die nach § 255 Abs. 2 S. 3 HGB angesetzt werden dür­ fen. Der Ansatz von Vertriebskosten ist nach § 255 Abs. 2 S. 4 HGB in jedem Fall ausgeschlossen. Nach neuerer Auffassung der Finanzverwal­ tung besteht trotz des handelsrechtlichen Wahlrechts in S. 3 ein steuerli­ cher Aktivierungszwang für angemessene Teile der allgemeinen Verwal­ tung.957 Diese Änderung der Verwaltungsansicht war etwas überraschend, da sich der Wortlaut der Norm durch das BilMoG nicht geändert hat. Letztlich stimmt diese Änderung aber mit der Entscheidung des Großen Senats des BFH958 überein, wonach ein handelsrechtliches Aktivierungs­ wahlrecht eine steuerliche Aktivierungspflicht auslöst.959 Teilweise wird ohnehin bezweifelt, dass die gesetzliche Unterscheidung zwischen Fertigungs- und Verwaltungsgemeinkosten sinnvoll ist, denn die Zuordnung von Fertigungsgemeinkosten zu einem bestimmten Wirt­ schaftsgut sei genauso schwierig wie die Zuordnung von Verwaltungsge­ meinkosten. Der Unterschied zwischen Fertigungs- und Verwaltungs­ kosten liege darin, dass sich Fertigungskosten häufiger einzeln zuordnen ließen. Dies bedeutete aber nicht, dass die Zuordnung von echten Ferti­ gungsgemeinkosten unbedingt leichter sei als von Verwaltungsgemein­ kosten.960 Dem ist entgegenzuhalten, dass die produktionsbezogenen Ge­ meinkosten in vielen Fällen doch einen engeren Bezug zu einem bestimmten Produkt haben als die Kosten der allgemeinen Verwaltung. Schon der räumliche Bezug zu dem hergestellten Wirtschaftsgut ist zum Beispiel bei Produktionsanlagen oder der Arbeit in der Produktion regel­ 954 BFH v. 31.7.1967 - I 219/63, BStBl II 1968, S. 22, 23. 955 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 208. 956 Schubert/Pastor, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 255, Rz. 335. 957 BMF v. 15.5.2009, BStBl I 2010, S. 239, Rz. 8. 958 BFH v. 3.2.1969 - GrS 2/68, BStBl II 1969, S. 291, 293. 959 Kulosa, in Schmidt, EStG, § 6, Rz. 199. 960 Zum Ganzen: Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 223.

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mäßig enger als zur allgemeinen Verwaltung. Auch steht bei Produkti­ onsgemeinkosten zumindest fest, dass sie in die Produktion irgendeines Wirtschaftsguts einfließen sollen, während bei den Verwaltungsgemein­ kosten stets gefragt werden muss, ob sie überhaupt auf die Herstellung eines Wirtschaftsguts ausgerichtet sind.961 (2) Verbot der Überbewertung Aus der Formulierung in § 255 Abs. 2 S. 2 und S. 3 HGB, nur angemesse­ ne Teile der Gemeinkosten dürfen angesetzt werden, liest der BFH ein Verbot der Überbewertung. Angemessen bedeute, dass nur derjenige Teil der Gemeinkosten einem bestimmten Produkt zugerechnet werden kann, der auf seine Herstellung entfällt; die Zurechnung müsse vernünf­ tigen betriebswirtschaftlichen Kriterien entsprechen.962 Diese Ausfüh­ rungen zeigen ein Dilemma auf. Die Besonderheit der Gemeinkosten liegt darin, dass sie gerade keinem bestimmten Wirtschaftsgut einzeln zugeordnet werden können. Da die Zurechnung der Gemeinkosten auf Annahmen basiert, gibt es keinen Weg, im Einzelfall zu bestimmen, ob die Kosten einem bestimmten Produkt zugerechnet werden können oder nicht. Welcher Anteil der Gemeinkosten angemessen ist, lässt sich des­ halb nicht logisch herleiten,963 es bleiben nur Schätzungen. Lässt man den Ansatz von Gemeinkosten zu, gibt es keine sichere Me­ thode, Überbewertungen auszuschließen. Auch wenn man ein explizites Wahlrecht hinsichtlich des Ansatzes der Verwaltungsgemeinkosten für das Steuerrecht ablehnt, bietet der weite Herstellungskostenbegriff er­ hebliche faktische Einschätzungsspielräume. So gibt es keine verbindli­ chen Vorgaben, unter welchen Annahmen Gemeinkosten einzelnen Pro­ dukten zugeordnet werden müssen.964 Besonders schwierig ist die Bestimmung von außergewöhnlichen Gemeinkosten. Da nur ein ange­ messener Teil der Gemeinkosten einbezogen werden darf, müssen außer­ gewöhnliche Gemeinkosten außer Betracht bleiben.965 Wann Gemein­ kosten außergewöhnlich sind, lässt sich aber häufig nicht eindeutig festlegen. So lässt sich zum Beispiel in vielen Produktionen ein gewisses Maß an Schäden nicht vermeiden. Wo aber die Grenze zwischen gewöhn­ lich unvermeidbaren und gewöhnlich vermeidbaren Schäden liegt, kann häufig niemand mit Bestimmtheit sagen. Die Angemessenheit ist ein sehr ungenaues Kritierium, um Überbewertungen auszuschließen. Den Bilanzierenden bleiben erhebliche Einschätzungsspielräume.

961 Schubert/Pastor, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB, § 255, Rz. 359. 962 BFH v. 21.10.1993 - IV R 87/92, BStBl II 1994, S. 176, 177. 963 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 223; ders., BB 1988, S. 937, 938 f. 964 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 225. 965 Kulosa, in Schmidt, EStG, § 6, Rz. 196.

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(3) Geringe Kapazitätsauslastung Ein praktisch besonders wichtiger Fall der nicht aktivierbaren außerge­ wöhnlichen Gemeinkosten ist die zu geringe Kapazitätsauslastung. Die­ se ist ein weiteres Beispiel, das anschaulich zeigt, wie schwierig die prak­ tische Zuordnung von Gemeinkosten ist. Entscheidend für den Ansatz der Gemeinkosten ist nicht die denkbare Maximalauslastung, sondern die Normalbeschäftigung. Die Literatur geht für die Normalbeschäfti­ gung teilweise von einem Intervall aus, dessen Untergrenze bei 70 % der Maximalbeschäftigung liegt. Spätestens ab diesem Wert müsse der Anteil der Gemeinkosten abgezogen werden, der auf die zu geringe Auslastung entfällt.966 Gegen solche Untergrenzen wird eingewandt, dass sie den in­ dividuellen Verhältnissen der Unternehmen nicht gerecht würden.967 Auch die Befürworter solcher Grenzen gestehen zu, dass es sich nur um einen vagen Anhaltspunkt handeln kann.968 Selbst wenn man von einer Grenze von 70 % ausgeht, kann der verbleibende Einschätzungsspiel­ raum von 30 % in Unternehmen mit einem hohen Gemeinkostenanteil erhebliche Auswirkungen auf die Herstellungskosten haben. Steuer­ pflichtige können versuchen, die Herstellungskosten zu reduzieren, in­ dem sie von einer sehr hohen Normalbeschäftigung ausgehen. Dass die Normalbeschäftigung nicht willkürlich innerhalb des Intervalls ange­ setzt werden darf, sondern die Angemessenheit zu beachten ist, dürfte den faktischen Einschätzungsspielraum zumindest in Branchen unbe­ rührt lassen, die starken Konjunkturzyklen unterliegen, aufgrund derer es eine bestimmte Normalbeschäftigung gar nicht gibt. (4) Forschungs- und Entwicklungskosten Für innovative Unternehmen hat die Frage, ob Forschungs- und Entwick­ lungskosten aktiviert werden, praktisch große Bedeutung. § 255 Abs. 2 S. 4 HGB wurde durch das BilMoG dahingehend erweitert, dass nicht nur Vertriebskosten, sondern auch Forschungskosten nicht aktivierbar sind. Diese Erweiterung hat aber nur klarstellende Funktion, denn Forschungs­ kosten, die im Gegensatz zu Entwicklungskosten nie auf bestimmte Wirtschaftsgüter bezogen sind, durften auch vor dem BilMoG nicht ein­ bezogen werden.969 Entwicklungskosten konnten und können dagegen als Sonderkosten der Fertigung nach § 255 Abs. 2 S. 2 HGB aktiviert wer­ den, wenn sie sich auf ein bereits vorhandenes Produkt beziehen.970 Den 966 Küting, BB 1989, S. 587, 595; Kulosa, in Schmidt, EStG, § 6, Rz. 196; Werndl, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), EStG, § 6, Rz. B 261. 967 Schubert/Pastor, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB, § 255, Rz. 438. 968 Küting, BB 1989, S. 587, 595. 969 Zu diesem konkreten Bezug: BFH v. 2.6.1978 - III R 8/75, BStBl II 1979, S. 235; dazu Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 209 f. 970 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 209 f.

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Kosten für Neuentwicklungen fehlt dieser Bezug zur konkreten Produk­ tion, weshalb sie nicht zu den Herstellungskosten von physischen Pro­ dukten zählen.971 Seit der Einführung des Aktivierungswahlrechts für selbst hergestellte immaterielle Wirtschaftsgüter nach § 248 Abs. 2 HGB kommt aber eine Aktivierung von Entwicklungskosten als eigenständi­ ges Wirtschaftsgut in der Handelsbilanz in Betracht.972 Ausgaben für die Weiterentwicklung von bestehenden Produkten haben dagegen zumeist einen so konkreten Bezug zu diesen Gütern, dass sie aktiviert werden müssen.973 (5) Bauzeitzinsen Nach § 255 Abs. 3 S. 1 HGB gehören Fremdkapitalzinsen nicht zu den Herstellungskosten. Dieses Ansatzverbot besteht, weil es für die Höhe der Herstellungskosten grundsätzlich keinen Unterschied machen soll, ob sich ein Unternehmen über Eigen- oder Fremdkapital finanziert.974 Der BFH geht davon aus, dass die Zinsen zum Anschaffungsaufwand für das Darlehen und nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des finanzierten Wirtschaftsguts gehören.975 Etwas anderes gilt nach § 255 Abs. 3 S. 2 HGB für Zinsen, die zur Finanzierung der Herstellung verwendet werden, sofern sie auf den Herstellungszeitraum entfallen. Da Fremdkapitalkosten aber nach dem HGB nicht zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten zählen, werden Kosten, die nach § 255 Abs. 3 S. 2 HGB ausnahmsweise aktiviert werden können, nicht als echte, sondern als fiktive Herstellungskosten angesehen.976 In diesem Fall hat der Unter­ nehmer ein handelsbilanzielles Wahlrecht, ob er diese Ausgaben aktivie­ ren möchte. Die Ausübung dieses Wahlrechts ist nach Auffassung der Finanzverwaltung auch für die Steuerbilanz maßgeblich.977 (6) Nachträgliche Herstellungskosten Ein klassisches Problem des deutschen Bilanzsteuerrechts ist die Abgren­ zung von nachträglichem Herstellungsaufwand zu Erhaltungsaufwand. Ausgangspunkt ist § 255 Abs. 2 S. 1 HGB, wonach auch Kosten für die Erweiterung oder über den ursprünglichen Zustand hinausgehende we­ sentliche Verbesserung eines Wirtschaftsguts zu den Herstellungskosten zählen. Erweiterungen finden typischerweise bei Gebäuden statt. Auch eine geringe Erweiterung der Fläche führt regelmäßig zu nachträglichen 971 Stobbe/Rade, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6, Rz. 463b. 972 Dazu oben 6. Kapitel:A.II.1.b)aa)(3). 973 Adler/Düring/Schmaltz, HGB, § 255, Rz. 151. 974 Kulosa, in Schmidt, EStG, § 6, Rz. 206. 975 BFH v. 24. 5. 1968 - VI R 6/67, BStBl II 1968, S. 574. 976 Schubert/Pastor, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 255, Rz. 502. 977 EStR 6.3 IV 1.

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Herstellungskosten. Fallen die Instandhaltung und die Erweiterung zu­ sammen, sind alle Aufwendungen Herstellungskosten.978 Die meiste Rechtsprechung zur Frage der wesentlichen Verbesserung er­ ging zur Modernisierung von Gebäuden. Die ursprüngliche Rechtspre­ chung des BFH in diesem Bereich legte den Begriff der wesentlichen Ver­ besserung sehr weit aus und zählte auch die bloße Anpassung an zeitgemäße Standards zu den Herstellungskosten.979 Eine sogenannte Ge­ neralüberholung sollte ausreichen, um nachträgliche Herstellungskosten zu begründen.980 Im Jahr 1995 wurde diese weite Rechtsprechung einge­ schränkt. Das Kriterium der Generalüberholung wurde aufgegeben. Mo­ dernisierungskosten werden nur aktiviert, wenn die Maßnahmen über die zeitgemäße substanzerhaltende Bestandteilserneuerung hinausgehen und den Gebrauchswert insgesamt deutlich erhöhen.981 Diese restriktive Rechtsprechung wurde durch die Einführung von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG für sogenannten anschaffungsnahen Herstellungsaufwand teilweise kor­ rigiert. ff) Zusammenfassung Entscheidend für die Zugangsbewertung nach dem HGB und EStG ist die möglichst vollständige Neutralisierung der Erwerbskosten nach dem Re­ alisationsprinzips. Der Zusammenhang zwischen dem Erwerb des Wirt­ schaftsguts und den aktivierbaren Kosten im HGB und EStG muss daher final sein. Für Nebenkosten genügt die Veranlassung. Als Anschaffungs­ kosten kommen nur Einzelkosten in Betracht. Die Herstellungskosten umfassen auch die produktionsbezogenen Gemeinkosten und die Ver­ waltungsgemeinkosten, wobei für letztere handelsrechtlich ein Aktivie­ rungswahlrecht besteht. b) Anschaffungs- und Herstellungskosten nach den IFRS Die Bestimmung der Anschaffungs- und Herstellungskosten ist in den IFRS nicht einheitlich für alle Arten von Wirtschaftsgütern geregelt, son­ dern jeweils zusammen mit den Standards für eine bestimmte Kategorie von Wirtschaftsgütern. In IASC-Framework 100 (a) findet sich zwar eine einheitliche Vorgabe zu den historischen Anschaffungs- und Herstel­ lungskosten (im Englischen schlicht historical costs); danach werden Vermögenswerte mit dem Betrag der entrichteten Zahlungsmittel oder

978 BFH v. 9.5.1995 IX R 88/90, BStBl II 1996, S. 628. 979 Z.B. BFH v. 23.6.1961 VI 161/60 U, BStBl III 1961, S. 401; BFH v. 29.5.1965 VI 236/64 U, BStBl III 1965, S. 507. 980 Z.B. BFH v. 10.6.1975 VIII R 114/71, BStBl II 1975, S. 878. 981 BFH v. 9.5.1995 - IX R 116/92, BStBl II 1996, S. 632.

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Zahlungsmitteläquivalente oder dem beizulegenden Zeitwert der Gegen­ leistung erfasst. Detaillierte Angaben finden sich aber erst in den einzelnen Standards. Praktisch am bedeutsamsten ist die Bewertung mit den Anschaffungsund Herstellungskosten für Sachanlagen nach IAS 16.15 ff., für Vorräte nach IAS 2.9 ff. und für immaterielle Vermögenswerte nach IAS 38.24 ff. Der bilanztheoretische Ausgangspunkt für die Bewertung von Wirt­ schaftsgütern ist in den IFRS derselbe wie im deutschen Bilanzrecht. Die Ausgaben für ein bestimmtes Wirtschaftsgut sollen im selben Zeitraum neutral erfasst werden wie das Wirtschaftsgut selbst. Unterschiedlich ist die Terminologie: Im deutschen Recht geht es um die Neutralisierung, für die IFRS gemäß IASC-Framework 95 um das matching principle.982 Im Folgenden wird vor allem die Bewertung von Sachanlagen besprochen. Auf die Bewertung von Vorräten und immateriellen Vermögenswerten soll eingegangen werden, wenn Besonderheiten bestehen. In IAS 16 wird anders als in § 255 HGB nicht systematisch zwischen Anschaffungs- und Herstellungskosten unterschieden. Besonderheiten bezüglich der Her­ stellungskosten können sich nach IAS 16.22 S. 2 dann ergeben, wenn ein Unternehmen Gegenstände herstellt, die es sowohl regulär verkauft als auch als Sachanlagen verwendet. In diesem Fall richten sich die Herstel­ lungskosten nach IAS 2. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten haben auch nach den IFRS große Bedeutung für die Folgebewertung. Wählt das Unternehmen das Anschaffungskostenmodell nach IAS 16.30, geht die folgende Abschrei­ bung von den Anschaffungs- und Herstellungskosten aus. Diese Kosten sind die Obergrenze für eine spätere Wertaufholung.983 Im Fall des Neube­ wertungsmodells mit der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert nach IAS 16.31 ff. können Vermögenswerte zwar höher als die Anschaffungsund Herstellungskosten bewertet werden. Soweit die historischen Kos­ ten überschritten werden, ist der entsprechende Gewinn aber nach IAS 16.39 durch eine Neubewertungsrücklage zu neutralisieren. Für Vor­ räte gilt nach IAS 2.9 das Niederstwertprinzip. aa) Finalität Auch in den IFRS gilt ein finaler Anschaffungs- und Herstellungskosten­ begriff. Dies zeigt sich daran, dass nach IAS 16.16 (b) auch die Kosten der Herstellung der Betriebsbereitschaft zu den Anschaffungs- und Herstel­ lungskosten gehören. Zur Herstellung der Betriebsbereitschaft können 982 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 8, Rz. 5; zum Verhältnis von matching principle und GoB siehe auch Strobl, in FS Moxter, S. 407, 415 ff. 983 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 8, Rz. 6.

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auch Kosten anfallen, die nicht kausal den Wert des Wirtschaftsguts er­ höhen.984 Erwirbt ein Unternehmen beispielsweise ein Grundstück, auf dem sich ein objektiv werthaltiges Gebäude befindet, und lässt es dieses Gebäude wie bei der Anschaffung beabsichtigt abreißen, um das Grund­ stück als Lagerplatz zu benutzen, haben die Abbruchkosten den objekti­ ven Wert des Grundstücks sogar gesenkt, sie erhöhen aber gleichwohl die Anschaffungskosten. Dabei kommt es stets auf die Absicht des Bilanzie­ renden im Erwerbszeitpunkt des Grundstücks an. Eine Zurechnung der Abbruchkosten und des objektiven Restwerts des Gebäudes zu den An­ schaffungskosten des Grund und Bodens kommt nur in Frage, wenn das Grundstück unbebaut genutzt werden soll. Wird der Grund und Boden dagegen zur Errichtung eines anderen Vermögenswerts genutzt, in der Regel eines Gebäudes, zählen die Abbruchkosten und der Restwert des alten Gebäudes zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieses Vermögenswerts. Der Abbruch ist eine finale Folge der Entscheidung, den neuen Vermögenswert zu schaffen.985 Damit verläuft der Ansatz von Abbruchkosten nach den IAS/IFRS nach den gleichen Grundsätzen wie im deutschen Recht.986 Fragen des Veranlassungszusammenhangs zwischen Kosten und dem Vermögenswert stellen sich auch im Rahmen vergeblicher Planungsauf­ wendungen. Ein gewisses Maß an Planänderungen lässt sich bei keinem Großprojekt verhindern. Entsprechend sind bei Änderungen, die das We­ sen und die grundlegende Funktion des Vermögenswertes nicht berüh­ ren, sowohl die ursprünglichen Planungskosten als auch die Kosten der Planänderung anzusetzen. Etwas anderes gilt bei einer vollkommenen Neu- oder Umplanung. Wird zum Beispiel der ursprüngliche Plan, ein Hotel zu errichten, während der Bauphase aufgegeben und entschieden, stattdessen Wohnungen für Rentner zu schaffen, was eine komplette Neuplanung erfordert, gehören die ursprünglichen Planungskosten nicht zu den Herstellungskosten der Wohnungen und müssen sofort abgezogen werden.987 Es fehlt an einem finalen Zusammenhang zwischen den ur­ sprünglichen Planungen und dem fertigen Vermögensgegenstand. Derar­ tige Umplanungen sind auch nicht allgemein üblich und müssen daher nicht von vornherein in Kauf genommen werden. bb) Nebenkosten In IAS 16.17 finden sich Beispiele für Kosten, die zu den Anschaffungsund Herstellungskosten gehören. IAS 16.19 enthält Beispiele für Kosten, die nicht zu aktivieren sind. Da diese Beispiele Nebenkosten betreffen, 984 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 8, Rz. 17. 985 Siehe KPMG, Insights into IFRS, S. 295. 986 Siehe oben 6. Kapitel:A.IV.1.a)aa)(2). 987 Siehe KPMG, Insights into IFRS, S. 295.

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lassen sich aus ihnen allgemeine Rückschlüsse ziehen, inwieweit Neben­ kosten aktiviert werden können. Nach IAS 16.17 (a) gehören direkt zure­ chenbare Arbeitskosten zu den aktivierbaren Kosten. IAS 16.17 (b)–(e) betreffen Kosten zur Herstellung der Betriebsbereitschaft. IAS 16.17 (f) betreffen Honorare, die typischerweise auch direkt zugeordnet werden können. In IAS 16.19 werden Kosten ausgeschlossen, die nicht mehr ein­ zelnen Vermögenswerten zugeordnet werden können, wie zum Beispiel Kosten für die Eröffnung einer neuen Betriebsstätte und für die Marktein­ führung eines neuen Produkts einschließlich der Werbung. Damit läuft die Abgrenzung von aktivierungspflichtigen Nebenkosten zu sofort ab­ ziehbaren Kosten grundsätzlich gleich wie im deutschen Bilanzrecht. Auch nach deutschem Recht würden die Beispiele in IAS 16.17 aktiviert, während die Beispiele in IAS 16.19 mit Ausnahme von lit. d) stets sofort abziehbar wären, weil sie keinem einzelnen Wirtschaftsgut zugeordnet werden können, sondern allgemein dazu dienen, den Geschäftswert zu steigern. cc) Gemeinkosten In den IFRS wird zwischen direkten Anschaffungs- und Herstellungskos­ ten und Produktionsgemeinkosten unterschieden. Diese Unterscheidung entspricht grundsätzlich der Unterscheidung zwischen Einzel- und Ge­ meinkosten im deutschen Bilanzrecht. Für Sachanlagen können nach IAS 16.16 grundsätzlich nur die direkten Anschaffungs- und Herstel­ lungskosten angesetzt werden. Nach IAS 2.12 S. 2 gehören zu den Her­ stellungskosten von Vorräten auch die systematisch zugerechneten fixen und variablen Produktionsgemeinkosten. Für die Herstellungskosten von Sachanlagen verweist IAS 16.22 auf die Bewertung nach IAS 2.12 ff. Die­ ser Verweis gilt allerdings nur für die Herstellung von Vermögenswerten, die den Vermögenswerten ähnlich sind, welche das Unternehmen für den Verkauf herstellt. Wie im deutschen Bilanzrecht kommt der Ansatz von Gemeinkosten nur im Fall der Herstellung in Frage. Für den Ansatz von unechten Gemein­ kosten, die mangels entsprechender Dokumentation nicht direkt zuge­ ordnet werden können, gilt wie im deutschen Recht, dass sie nicht ange­ setzt werden, wenn die unterlassene Dokumentation kaufmännischer Übung entspricht. Dies folgt aus IASC-Framework 44, wonach der Nut­ zen einer Information höher sein muss, als die Kosten für deren Bereit­ stellung. Entspricht die Dokumentation nicht kaufmänischer Übung, geht diese Abwägung zu Gunsten der Behandlung als Gemeinkosten aus.988

988 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 8, Rz. 13.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

dd) Fremdkapitalkosten Die richtige Behandlung der Fremdkapitalkosten während der Anschaf­ fungs- oder Herstellungsphase wird aus dem matching principle hergelei­ tet. Der periodengerechte Gewinnausweis verlangt, dass alle Kosten im Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung aktiviert werden, um die Beschaffung des Wirtschaftsguts bilanziell vollständig zu neutra­ lisieren. Dazu gehören nach Auffassung des standard setters auch die Fremdkapitalkosten.989 Es sind sowohl die direkten als auch die indirek­ ten Fremdkapitalkosten anzusetzen. Übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten wegen des Ansatzes der Fremdkapitalkosten den mit dem Gegenstand erzielbaren Wert, sind nach IAS 23.16 Sonderabschrei­ bungen oder eine Ausbuchung vorzunehmen. Nach IAS 23.8 sind die Fremdkapitalkosten, die direkt für die Beschaf­ fung eines qualifizierten Vermögenswerts anfallen, als Herstellungs- oder Anschaffungskosten zu aktivieren. Damit kommt im Gegensatz zum deutschen Recht auch für die Anschaffungskosten eine Einbeziehung von Zinsen in Betracht. Ein qualifizierter Vermögenswert liegt nach IAS 23.5 vor, wenn ein beträchtlicher Zeitraum erforderlich ist, um den Vermö­ genswert in seinen beabsichtigen gebrauchs- oder verkaufsfähigen Zu­ stand zu versetzen. Wie lange dieser Zeitraum sein muss, geht aus den IFRS nicht hervor. Sinnvoll dürfte ein Zeitraum von 12 Monaten sein, weil dieser Zeitraum dem regelmäßigen Bilanzierungsrhythmus ent­ spricht.990 Im Gegensatz zu § 255 Abs. 3 HGB kommt nach IAS 23.14 auch ein Ansatz anteiliger Fremdkapitalkosten bei einer „Mischfinanzie­ rung“991 in Frage. Als Finanzierungskostenansatz ist der gewogene Durch­ schnitt der Fremdkapitalkosten für alle Kredite der entsprechenden Peri­ ode heranzuziehen, die nicht speziell für die Beschaffung eines qualifizierten Vermögenswerts aufgenommen wurden. Die Bestimmung dieses Zinssatzes kann praktisch erhebliche Probleme bereiten.992 ee) Öffentliche Investitionszuschüsse In IAS 20.3 wird zwischen Zuwendungen der öffentlichen Hand für Ver­ mögenswerte und erfolgsbezogenen Zuwendungen unterschieden. Zu­ wendungen für Vermögenswerte liegen vor, wenn die Zuwendung an die Hauptbedingung geknüpft ist, dass ein Unternehmen langfristige Vermö­ genswerte anschafft. IAS 20.24 sieht zwei gleichwertige Methoden vor, um Zuwendungen für Vermögenswerte beim Zugang zu neutralisieren. Zum einen die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens, 989 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 9, Rz. 4 ff. 990 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 9, Rz. 10. 991 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 9, Rz. 25. 992 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 9, Rz. 27.

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zum anderen die Absetzung vom Buchwert des Gegenstandes (IAS 20.27). Dies entspricht der Behandlung von Investitionszuschüssen im HGB. Die Berücksichtigung als sofortiger Ertrag, die in Deutschland teilweise als zulässig angesehen wird, ist dagegen für Zuwendungen für Vermö­ genswerte nicht vorgesehen. Sie kommt nur für erfolgsbezogene Zuwen­ dungen in Betracht (IAS 20.29 ff.) und dort auch nur, wenn es für die Pe­ riodisierung der Zuwendung keine andere Grundlage gibt als den Zuflusszeitpunkt (IAS 20.16). Im Fall von Zuwendungen für Vermögens­ werte wird die Zuwendung nach IAS 20.17 zeitlich parallel zur Abschrei­ bung gewinnwirksam angesetzt. Im Fall des Abzuges vom Buchwert ge­ schieht dies automatisch durch die niedrigere Abschreibung. Im Fall der Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens muss dieser über die Abschreibungsdauer aufgelöst werden. IAS 20.18 trifft eine Regelung für Zuwendungen der öffentlichen Hand für nicht abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter, die mit bestimmten Verpflichtungen verbunden sind. Die Zuschüsse werden in den Perioden erfolgswirksam angesetzt, in de­ nen es zu Aufwendungen aufgrund dieser Verpflichtung kommt. Daraus folgt, dass Zuwendungen für nicht abschreibungsfähige Vermögenswerte grundsätzlich erst bei Veräußerung dieser Gegenstände erfolgswirksam werden.993 ff) Rückbau- und Wiederherstellungsverpflichtungen Nach IAS 16.16 (c) sind die zu erwartenden Kosten einer Rückbau- und Wiederherstellungsverpflichtung, die mit dem Erwerb eines Vermögens­ gegenstandes einhergehen, als Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivieren. Die Rückbau- und Wiederherstellungsverpflichtung darf nach IAS 16.18 nur aktiviert werden, wenn sie zugleich als Rückstellung anzu­ setzen ist.994 Der Ansatz der Rückbaukosten führt im Vergleich zur deut­ schen Handels- und Steuerbilanz zu höheren Anschaffungs- und Herstel­ lungskosten.995 Im Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes handelt es sich jedoch lediglich um eine Bilanzverlängerung, da die entsprechende Rück­ stellung in gleicher Höhe passiviert wird.996 Gewinnwirksam werden die höheren Anschaffungs- oder Herstellungskosten erst im Rahmen der Fol­ gebewertung, da sie die Abschreibungsbasis erhöhen, während die Rück­ stellung unverändert bestehen bleibt. Änderungen in der Höhe der Rück­

993 Küting/Koch, DB 2006, S. 569, 572. 994 Dazu unten 6. Kapitel:B.V.2.b). 995 Grottel/Pastor, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB, § 255, Rz. 571. 996 Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, S. 224; Klaholz, Rückbau- und Wiederherstel­ lungsverpflichtungen im IFRS-Abschluss, S. 127 ff.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

stellung wirken sich nach IFRIC 1.4 f. auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten aus und werden so neutralisiert.997 gg) Anschaffungskosten nach den IFRS Anschaffung nach den IFRS ist der entgeltliche Erwerb eines Vermögens­ werts. Wie im deutschen Recht zählen abgesehen von der Ausnahme in IAS 2.15 nur direkte Kosten zu den Anschaffungskosten. Nicht ganz klar ist, wie nach den IFRS Anschaffungskosten von den Herstellungskosten abgegrenzt werden. Diese Unterscheidung ist praktisch aber auch nicht so bedeutsam wie im deutschen Bilanzrecht, da für Sachanlagen nach IAS 16.16 grundsätzlich nicht zwischen Anschaffungs- und Herstellungs­ kosten unterschieden wird und nach IAS 38.21 auch selbst hergestellte immaterielle Vermögenswerte aktiviert werden können. Die Anschaffungskosten haben für alle oben genannten Arten von Ver­ mögenswerten im Wesentlichen den gleichen Umfang. Sie umfassen für Sachanlagen (IAS 16.16 (a)), Vorräte (IAS 2.11) und immaterielle Vermö­ genswerte (IAS 38.27 (a)) den Kaufpreis einschließlich Einfuhrzöllen und nicht erstattungsfähiger Umsatzsteuern abzüglich Rabatten, Boni und Skonti. Dazu kommen zurechenbare Nebenkosten. Dies sind für Sachan­ lagen alle direkt zurechenbaren Kosten zur Herstellung der Betriebsbe­ reitschaft (IAS 16.16 (b)), für Vorräte die Transport- und Abwicklungskos­ ten sowie sonstige unmittelbar zurechenbare Erwerbskosten (IAS 2.11) und für immaterielle Vermögenswerte die Kosten für die Vorbereitung des Vermögenswerts auf die beabsichtigte Nutzung (IAS 38.27 (b)). hh) Herstellungskosten nach den IFRS Im Gegensatz zu den Anschaffungskosten gilt für die Herstellungskosten ein „produktionsbezogener Vollkostenansatz“998, in den teilweise auch die Produktionsgemeinkosten einbezogen werden.999 Wie im deutschen Bilanzrecht gilt auch für die IFRS, dass es auf die pagatorischen und nicht die kalkulatorischen Kosten ankommt. Für Sachanlagen gilt dieser Voll­ kostenansatz nach IAS 16.22 allerdings nur, wenn das Unternehmen ähn­ liche Vermögenswerte für den Verkauf im Rahmen seiner normalen Ge­ schäftstätigkeit vornimmt. Für die Herstellung aller anderen Sachanlagen gelten danach die gleichen Bewertungsregeln wie für die Anschaffungs­ kosten.1000 997 Ausführlich Klaholz, Rückbau- und Wiederherstellungsverpflichtungen im IF­ RS-Abschluss, S. 176 ff. 998 Winnefeld, Bilanzhandbuch, Kapitel E, Rz. 751. 999 Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 153. 1000 Ist der Auffassung, dass insbesondere bei regelmäßiger Eigenherstellung ohne Verkauf auch nach IAS 2 zu bewerten ist, wobei nicht klar ist, wie diese Auffas­

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(1) Produktionsgemeinkosten Im Gegensatz zum HGB und EStG beschränken sich die IFRS auf den Ansatz der Produktionsgemeinkosten, während nicht produktionsbezo­ gene Verwaltungsgemeinkosten im Regelfall sofort abgezogen werden dürfen. Eine Ausnahme vom Verbot, allgemeine Herstellungsgemeinkos­ ten anzusetzen, kann nach IAS 2.15 für nicht produktionsbezogene Ge­ meinkosten bestehen, die angefallen sind, um die Vorräte an ihren derzei­ tigen Ort und in ihren derzeitigen Zustand zu versetzen. Ein solcher Ansatz von Verwaltungsgemeinkosten kommt aber nur in Betracht, wenn er sachgerecht ist, wobei keine Kriterien vorgegeben werden, wann der Ansatz sachgerecht ist. Vertriebskosten gehören nicht zu den Produk­ tionsgemeinkosten und dürfen wie im HGB nicht angesetzt werden.1001 In IAS 2.12 wird zwischen fixen und variablen Produktionsgemeinkosten unterschieden. Fixe Kosten fallen unabhängig vom Produktionsvolumen relativ konstant an. Variable Kosten verändern sich unmittelbar oder na­ hezu unmittelbar mit dem Produktionsvolumen. Fixe und variable Pro­ duktionsgemeinkosten müssen nach IAS 2.12 systematisch zugerechnet werden. In IAS 2.13 ff. finden sich einzelne Vorgaben für diese Zurech­ nung. Da grundsätzlich nur Produktionsgemeinkosten angesetzt werden dür­ fen, müssen diese Kosten von den nicht produktionsbezogenen Gemein­ kosten abgegrenzt werden.1002 Zu den Produktionskosten gehören nach IAS 2.12, IAS 16.22 auch die produktionsbezogenen Management- und Verwaltungskosten. Dazu zählen zum Beispiel die Kosten der Lohnbuch­ haltung, die auf Produktionskräfte entfallen, oder das Gehalt eines Pro­ duktionsvorstands.1003 Wegen dieses weiten Verständnisses der Produkti­ onsgemeinkosten besteht an dieser Stelle eine große Übereinstimmung mit dem deutschen Bilanzrecht. In IAS 16.19 (d) wird klargestellt, dass Verwaltungs- und andere allgemeine Gemeinkosten auf keinen Fall zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Sachanlagen gehören. Für Vorräte zeigt sich die Produktionsbezogenheit zum Beispiel in IAS 2.16 (b), wonach nur solche Lagerkosten anzusetzen sind, die wäh­ rend des Produktionsprozesses erforderlich sind. Das Verbot des Ansatzes nicht produktionsbezogener Gemeinkosten schränkt die Anschaffungs­ kosten im Vergleich zum HGB und EStG ein. Dies gilt insbesondere für die Steuerbilanz nach dem EStG, da hier sogar eine Pflicht zum Ansatz nicht produktionsbezogener Gemeinkosten besteht. sung mit dem Wortlaut von IAS 16.22 zu vereinbaren ist, der insofern eindeutig ist: Scharfenberg, in Beck’sches IFRS-Handbuch, § 5, Rz. 24. 1001 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 8, Rz. 26. 1002 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 8, Rz. 20; Herzig, IAS/ IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 154. 1003 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 8, Rz. 20.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

(2) Geringe Kapazitätsauslastung/verschwendete Ressourcen In IAS 2.13 ist geregelt, wie mit einer geringen Kapazitätsauslastung um­ zugehen ist. Dabei ist auf die normale Kapazität einer Produktionsanlage abzustellen. Normale Kapazität ist das Produktionsvolumen, das durch­ schnittlich über mehrere Perioden erwartet werden kann. Auf das tat­ sächliche Produktionsvolumen kann abgestellt werden, wenn es der nor­ malen Kapazität nahe kommt. Ist das tatsächliche Produktionsvolumen niedriger als die Normalkapazität, gehören die Kosten, die aufgrund die­ ses niedrigen Volumens als zusätzliche fixe Kosten einer einzelnen Pro­ duktionseinheit zugerechnet werden könnten, nicht zu den Herstel­ lungskosten, sondern sind als Leerkosten sofort abziehbar. In Perioden mit ungewöhnlich hohem Produktionsvolumen mindern sich die fixen Herstellungskosten dagegen entsprechend, wodurch Überbewertungen automatisch vermieden werden. Diese Regelungen zur geringen Kapazi­ tätsauslastung sind mit der Auffassung der Literatur zur Bilanzierung im HGB und EStG vergleichbar.1004 Auch in der IFRS-Rechnungslegung be­ stehen insofern erhebliche faktische Einschätzungsspielräume. Im Vergleich zum deutschen Bilanzrecht enthält IAS 16.22 die Besonder­ heit, dass Kosten für ungewöhnliche Mengen an Ausschuss, unnötigen Arbeitsaufwand oder eine andere außergewöhnliche Verschwendung von Ressourcen nicht zu den Herstellungskosten zählen. Im deutschen Bi­ lanzrecht kommt in solchen Fällen dagegen nur eine außerplanmäßige Abschreibung in Frage, es sei denn, es liegt gar keine Herstellungsleis­ tung vor. (3) Forschungs- und Entwicklungskosten Forschungskosten zählen nicht zu den Herstellungskosten. Dies gilt für materielle und immaterielle Vermögenswerte. Für materielle Vermö­ genswerte fehlt es am erforderlichen Produktionsbezug. Für immaterielle Vermögenswerte ist das Verbot der Aktivierung von Forschungskosten in IAS 38.54 ausdrücklich geregelt. Entwicklungskosten müssen als sonsti­ ge Kosten teilweise einbezogen werden.1005 Nach IAS 2.15 müssen Entwicklungskosten im Zusammenhang mit Vor­ räten angesetzt werden, wenn sie angefallen sind, um Vorräte in ihren derzeitigen Zustand zu versetzen. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Kosten für die Produktentwicklung für bestimmte Kunden ent­ standen sind. Die Abgrenzung zwischen einzubeziehenden und nicht ein­ zubeziehenden Entwicklungskosten nach IAS 2.15 dürfte ähnlich verlau­ fen wie im deutschen Bilanzrecht. 1004 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 8, Rz. 24. 1005 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 8, Rz. 19.

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Dort können nur die Ent­wick­lungs­­kosten angesetzt werden, die sich auf ein bereits vorhandenes Produkt beziehen. Auch nach IFRS muss ein Pro­ dukt zum Zeitpunkt der Entstehung der Entwicklungskosten bereits vor­ handen sein, da nur ein vorhandenes Produkt in einen bestimmten Zu­ stand versetzt werden kann. Die genaue Reichweite des Ansatzes der Entwicklungskosten nach den IFRS ist aber unklar. Das Beispiel der Ent­ wicklung für einen bestimmten Kunden schafft keine Klarheit, da nur ausgeführt wird, dass die Einbeziehung sachgerecht sein kann. Wann sie sachgerecht ist, bleibt offen. ii) Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten IAS 16 enthält keine umfassende Regelung zur Abgrenzung von nachträg­ lichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten und Erhaltungsaufwand von Sachanlagen. Es gilt der allgemeine Ausgangspunkt von IAS 16.7 (a), wonach nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten nur in Fra­ ge kommen, wenn von ihnen ein zukünftiger wirtschaftlicher Nutzen zu erwarten ist.1006 Dieser Ausgangspunkt ist terminologisch ein anderer als im deutschen Recht, wonach es auf die Erweiterung oder wesentliche Verbesserung ankommt, inhaltlich ist der Ausgangspunkt aber sehr ähn­ lich. Eine Erweiterung oder wesentliche Verbesserung nach dem HGB liegt nur vor, wenn von dieser Maßnahme ein zukünftiger Nutzen aus­ geht. Umgekehrt kann ein zukünftiger Nutzen im Sinn der IFRS nur er­ wartet werden, wenn der Gegenstand erweitert oder wesentlich verbes­ sert wird. Dies zeigt sich in IAS 16.12, wonach laufende Wartungskosten für Sachanlagen nicht die Kriterien von IAS 16.7 erfüllen und deshalb nicht im Buchwert dieser Anlagen erfasst werden. Im Detail geht die Aktivierungspflicht nach den IFRS aber weiter als im deutschen Recht. Wartungskosten nach IAS 16.12 bestehen vor allem aus Kosten für Lohn und Verbrauchsgüter und können auch Kleinteile ent­ halten. Werden Teile einer Sachanlage in regelmäßigen Zeitabständen ersetzt, müssen sie nach IAS 16.13 angesetzt werden, wenn sie die Krite­ rien von IAS 16.7 erfüllen. Sind zum Betrieb einer Sachanlage regelmäßig größere Wartungsarbeiten erforderlich, sind die Kosten dieser Arbeiten nach IAS 16.14 ebenfalls zum Buchwert der Sachanlage hinzuzurechnen, wenn sie die Ansatzkriterien erfüllen. Letztlich drehen sich diese Vorga­ ben im Kreis. Die einzige Aussage, die über die allgemeinen Ansatzkrite­ rien in IAS 16.7 hinausweist, ist, dass laufende Wartungskosten nicht einbezogen werden.1007 Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungs­ kosten kommen nur in Frage, wenn es sich um wesentliche Ausgaben

1006 KPMG, Insights into IFRS, S. 308. 1007 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 8, Rz. 34.

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handelt, die über die Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts in regelmäßigen Abständen erforderlich sind.1008 Die Hinzurechnung von nachträglichen Anschaffungs- oder Herstel­ lungskosten erfolgt nach dem Komponentenansatz. Das bedeutet, dass ersetzte Teile und größere Wartungsarbeiten als einzelne Komponenten der Sachanlage mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten separat zu erfassen sind. Dabei sind die größeren Wartungsarbeiten lediglich vir­ tuelle Komponenten.1009 Durch die Erfassung dieser Kosten als Kompo­ nenten und die entsprechende Abschreibung über das Wartungsintervall werden erforderliche Wartungskosten gleichmäßiger verteilt. So führen Wartungsarbeiten nicht zu „sprunghaften“ Veränderungen des Gewinns oder Verlusts in den einzelnen Perioden.1010 Nachteil der Berücksichti­ gung der Wartungskosten als Komponenten ist ein erheblicher Verwal­ tungsaufwand. Dazu kommt, dass die unbestimmten Begrifflichkeiten in IAS 16.12 ff. den Bilanzierenden erhebliche Ermessenspielräume las­ sen.1011 Die Teilregelungen in IAS 16.12 ff. gehen über den Ansatz von nachträg­ lichen Herstellungskosten im HGB und EStG deutlich hinaus. Die Er­ bringung von größeren Wartungsarbeiten, die allein der Erhaltung der Gebrauchsfähigkeit dienen, und der Austausch einzelner Komponenten allein führen nach dem HGB und EStG nicht zu einer Erweiterung oder wesentlichen Verbesserung des Wirtschaftsguts.1012 jj) Zusammenfassung Die Regeln der IFRS zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten haben große Ähnlichkeit mit der Zugangsbewertung nach dem HGB und EStG. Auch die IFRS zielen auf die möglichst vollständige Neutralisierung der Erwerbskosten im Zugangszeitpunkt. Größere Unterschiede bestehen vor allem bei der Aktivierung des Werts von Rückbau- und Wiederher­ stellungsverpflichtungen und der Behandlung von Fremdkapitalkosten. c) Anschaffungs- und Herstellungskosten nach dem GKKB-RLV Im GKKB-RLV erfolgt die Zugangsbewertung in aller Regel mit den An­ schaffungs- oder Herstellungskosten. Im Fall von Sonderabschreibungen bilden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten die Bewertungsober­ grenze für eine Wertaufholung nach Art. 41 Abs. 2 GKKB-RLV. Dennoch

1008 Siehe KPMG, Insights into IFRS, S. 307. 1009 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 8, Rz. 39. 1010 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 8, Rz. 39. 1011 Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 116. 1012 Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 114.

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werden die Anschaffungs- und Herstellungskosten nicht allgemein defi­ niert, sondern in zwei Vorschriften beschrieben. Eine sehr allgemeine Umschreibung findet sich in Art. 33 Abs. 1 GKKBRLV für die Abschreibungsbasis: „Die Abschreibungsbasis umfasst alle Kosten, die direkt mit dem Er­ werb, der Herstellung oder der Verbesserung eines Wirtschaftsguts des Anlagevermögens zusammenhängen. Die Kosten sind frei von abziehbarer Mehrwertsteuer. Die indirekten Kosten für die Herstellung eines Wirtschaftsguts des Anlagevermögens durch den Steuerpflichtigen werden der Abschrei­ bungsbasis ebenfalls hinzugefügt, wenn sie nicht anderweitig abzieh­ bar sind.“ Nach dem Kompromissvorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft soll nach Art. 33 Abs. 1 UA 1 S. 1 GKKB-RLV ein weiterer Satz eingefügt wer­ den, der lautet: „‚Anschaffungs- oder Herstellungskosten‘ sind der zum Erwerb oder zur Herstellung eines Wirtschaftsguts des Anlagevermögens gezahlte oder zahlbare Betrag an Zahlungsmitteln oder Zahlungsmitteläquiva­ lenten oder der Wert sonstiger hierzu ausgetauschter oder verbrauch­ ter Vermögenswerte zum Zeitpunkt des Erwerbs oder der Herstel­ lung.“1013 Eine nähere Umschreibung der Anschaffungs- und Herstellungskosten im GKKB-RLV findet sich nur für Vorräte und unfertige Erzeugnisse. Nach Art. 29 Abs. 4 GKKB-RLV erfolgt die Bewertung von Vorräten und unfertigen Erzeugnissen anhand der Anschaffungs- und Herstellungskos­ ten. Diese werden in Art. 29 Abs. 2 S. 2 – 4 GKKB-RLV näher definiert: „2In die Kosten von Vorräten und unfertigen Erzeugnissen werden alle Kosten des Erwerbs, direkte Kosten der Umwandlung sowie sons­ tige direkte Kosten einbezogen, die angefallen sind, um die Vorräte und unfertigen Erzeugnisse an ihren derzeitigen Ort zu bringen und in den derzeitigen Zustand zu versetzen. 3Die Kosten werden Netto ohne abziehbare Mehrwertsteuer ausgewiesen. 4Hat der Steuerpflich­ tige vor seinem Beitritt zu dem in dieser Richtlinie vorgesehenen Sys­ tem bei der Bewertung von Vorräten und unfertigen Erzeugnissen in­ direkte Kosten mit einbezogen, darf er weiterhin diese Methode anwenden.“

1013 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013.

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aa) Bewertung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens Nach Art. 20 GKKB-RLV sind die Erwerbs- und Herstellungskosten für nicht abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter erst in dem Steuerjahr abzieh­ bar, in dem das Wirtschaftsgut veräußert wird. Aus Art. 20 GKKB-RLV geht nicht hervor, woraus sich die Anschaffungs- und Herstellungskosten zusammensetzen. Im Gegensatz zu Art. 33 Abs. 1 GKKB-RLV werden keinerlei Vorgaben für die Anschaffungs- und Herstellungskosten ge­ macht, stattdessen wird der Begriff vorausgesetzt. Sachlich bestehen aber keine Gründe nichtabschreibungsfähige Wirtschaftsgüter anders zu be­ werten als abschreibungsfähige. Daher sind unter Anschaffungskosten nach Art. 20 GKKB-RLV die gleichen Kosten zu verstehen wie nach Art. 33 Abs. 1 GKKB-RLV. Dass die Anschaffungs- und Herstellungskos­ ten nach Art. 20 GKKB-RLV nicht definiert werden, dürfte ein Redakti­ onsversehen sein. Dieses Versehen ließe sich korrigieren, indem Art. 33 GKKB-RLV vorgezogen wird in das Kapitel V und der Anwen­ dungsbereich so erweitert wird, dass die Norm nicht mehr nur die Ab­ schreibungsbasis regelt, sondern allgemein die Zugangsbewertung von Sachanlagen. bb) Finalität Der GKKB-RLV enthält keine ausdrücklichen Vorgaben, wie der Zusam­ menhang zwischen den aktivierbaren Kosten und der Anschaffung oder Herstellung aussehen muss. Insofern ähnelt der GKKB-RLV dem deut­ schen Bilanzrecht und den IFRS, die auch keine konkreten Vorgaben ma­ chen. Die von der litauischen Ratspräsidentschaft vorgeschlagene Ergän­ zung der Definition in Art. 33 Abs. 1 UA 1 GKKB-RLV sieht dagegen eindeutig einen finalen Anschaffungs- und Herstellungskostenbegriff vor. Die Vorgaben des GKKB-RLV ohne diese Ergänzung sind dagegen mangels einer näheren Beschreibung der Anschaffungs- und Herstel­ lungskosten noch vager als im deutschen Recht und den IFRS. Rück­ schlüsse auf den erforderlichen Zusammenhang ergeben sich aber aus der Systematik der GKKB-Gewinnermittlung. Nach dem Realisationsprinzip dürfen sich Gewinne und Verluste hin­ sichtlich eines Wirtschaftsguts erst auswirken, wenn es bezüglich dieses Wirtschaftsguts zu einem Umsatzakt kommt und nicht, wenn Kosten im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsgut im Unternehmen anfallen. Der finale Zusammenhang wird dem Realisationsprinzip besser gerecht, weil er dafür sorgt, dass die Anschaffungs- und Herstellungskosten möglichst vollständig aktiviert werden. Der finale Zusammenhang hat gegenüber dem engeren Erfordernis der kausalen Wertsteigerung zudem den Vorteil, dass die Bewertung objektiver erfolgt. Wie oben gezeigt, lässt sich vor al­ lem bei aufwändigeren Vorhaben häufig kaum sagen, ob bestimmte Kos­ 228

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ten den Wert des Wirtschaftsguts erhöht haben oder nicht.1014 Um die Anschaffungs- und Herstellungskosten möglichst vollständig zu neutra­ lisieren, muss es auch für die GKKB auf die Finalität ankommen. Bei den Nebenkosten, die zum Teil unfreiwillig entstehen, reicht auch ein bloßer Veranlassungszusammenhang aus. Dies kann zum Beispiel für Gerichts­ kosten gelten. Insgesamt dürfte der finale Zusammenhang das einzige praktikable Kriterium zur Zuordnung von Aufwendungen zu den An­ schaffungs- und Herstellungskosten sein. Insofern wäre es begrüßens­ wert, wenn die von der litauischen Ratspräsidentschaft vorgeschlagene Ergänzung von Art. 33 Abs. 1 UA 1 GKKB-RLV zur Regelung des finalen Anschaffungs- und Herstellungskostenbegriffs in die spätere GKKBRichtlinie aufgenommen würde. Stellt man im Fall von Nebenkosten auf Finalität und Veranlassung ab, lassen sich viele Detailprobleme klären, indem man nach dem Zweck einer Aufwendung fragt. So kommt man zum Beispiel für die Abbruch­ kosten zu den gleichen Ergebnissen wie die Bilanzierung nach dem HGB, EStG und den IFRS. Die Abbruchkosten und der Restwert des Gebäudes gehören zu den Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts, wenn der Ab­ bruch und die Neuerrichtung bei Anschaffung des Grundstücks bezweckt waren. Sie gehören zu den Anschaffungskosten des Grundstücks, wenn der Abbruch bei der Anschaffung bezweckt war und der Grund und Bo­ den unbebaut genutzt werden soll. Wurde das Gebäude vor dem Abbruch durch den Steuerpflichtigen genutzt, ist der Abbruch durch die frühere Nutzung veranlasst und die Kosten sind sofort abziehbar. cc) Abgrenzung von Anschaffungs- und Herstellungskosten nach dem GKKB-RLV Wie die Anschaffung von der Herstellung abzugrenzen ist, lässt der GKKB-RLV offen. Da es für die Bewertung maßgeblich darauf ankommt, ob ein Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang vorliegt, sollte im GKKB-RLV klargestellt werden, wodurch sich Anschaffung und Herstel­ lung unterscheiden. Sinnvoll wäre eine allgemeine Abgrenzung, die auch für das Aktivierungsverbot selbst geschaffener immaterieller Wirt­ schaftsgüter maßgeblich ist. Sinnvolle Kriterien für die Anschaffung wä­ ren der entgeltliche Erwerb durch gegenseitigen Vertrag und die Tragung des Herstellungsrisikos durch den Auftragnehmer im Fall der Auftrags­ fertigung.1015

1014 6. Kapitel:A.IV.1.a)aa)(1). 1015 Zu den möglichen Abgrenzungskriterien für die Aktivierung dem Grunde nach siehe oben 6. Kapitel:A.II.1.b)cc)(4).

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

dd) Anschaffungskosten Die Bewertung zu den Anschaffungskosten ist regelmäßig die objektivste Bewertungsmethode, denn der Wert ergibt sich zum großen Teil unmittelbar aus der Höhe der Gegenleistung. Entsprechend gibt Art. 22 (a) GKKB-RLV der Bewertung zur monetären Gegenleistung den Vorzug vor den anderen Bewertungsmethoden. Die Ermittlung der Anschaffungskosten ist den­ noch häufig nicht ganz einfach. So muss die Frage entschieden werden, inwieweit Anschaffungsnebenkosten nach Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV dem Wirtschaftsgut zugeordnet werden müssen oder nach der allgemeinen Regelung in Art. 12 Abs. 1 GKKB-RLV sofort abgezogen werden können. Im Gegensatz zu § 255 Abs. 1 S. 1 HGB und IAS 16.16 (b) enthält der GKKB-RLV keine ausdrückliche Regelung zu den Kosten, um einen Ge­ genstand des Anlagevermögens in betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Diese Auslassung spricht aber nicht dafür, dass diese Kosten sofort ab­ ziehbar sind.1016 Da Art. 33 GKKB-RLV allgemein sehr knapp gehalten ist, darf die Auslassung von bestimmten Detailregelungen nicht überbewer­ tet werden. Für den Ansatz von Kosten zur Versetzung in den betriebsbe­ reiten Zustand spricht, dass diese Kosten dem Erwerb des Wirtschafts­ guts regelmäßig direkt zugeordnet werden können und damit geradezu beispielhaft für die direkten Kosten sind, auch wenn sie zeitlich erst nach dem Erwerb anfallen. Eine Einschränkung in zeitlicher Hinsicht sieht der Wortlaut von Art. 33 GKKB-RLV aber nicht vor. Zudem ist der Ansatz dieser Kosten notwendig, um die Anschaffungskos­ ten möglichst vollständig zu neutralisieren. Für die „Aktivierung“ dieser Kosten spricht auch der systematische Vergleich zu den Anschaffungs­ kosten von Vorräten, denn nach Art. 29 Abs. 2 S. 2 GKKB-RLV zählen zu den Anschaffungskosten auch Kosten, um die Vorräte an ihren derzeiti­ gen Ort zu bringen und in den derzeitigen Zustand zu versetzen. Dies zeigt, dass auch nachträgliche Kosten zu den Anschaffungskosten gehö­ ren können. Die von der litauischen Ratspräsidentschaft vorgeschlagene Ergänzung in Art. 33 Abs. 1 UA 11017 scheint die Aktivierung nachträgli­ cher Anschaffungs- oder Herstellungskosten dagegen auszuschließen, was mit Blick auf das Realisationsprinzip zu kritisieren ist. ee) Herstellungskosten Die Herstellungskosten fallen regelmäßig zum großen Teil unterneh­ mensintern an und nicht durch einzelne Transaktionen mit Dritten. Sie sind deshalb zumeist schwerer zuzuordnen als die Anschaffungskosten.

1016 So aber Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 17. 1017 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013.

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Neben der schwierigen Abgrenzung von aktivierungspflichtigen und nicht aktivierungspflichtigen indirekten Kosten dürfte vor allem die Ab­ grenzung der Entwicklungskosten zu den übrigen Herstellungskosten Schwierigkeiten bereiten. (1) Entwicklung von Anlagevermögen In Art. 12 Abs. 1 GKKB-RLV ist ausdrücklich geregelt, dass Forschungsund Entwicklungskosten sofort abziehbar sind. Das Abzugsverbot für die Anschaffungs- und Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anla­ gevermögens nach Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV gilt ausdrücklich nicht für Forschungs- und Entwicklungskosten. Nach Art. 33 Abs. 1 UA 3 HS 2 GKKB-RLV sind die indirekten Herstellungskosten für Sachanlagen nur anzusetzen, sofern sie nicht anderweitig abziehbar sind. Anderweitig abziehbar sind indirekte Herstellungskosten, wenn sie zu den For­ schungs- und Entwicklungskosten gehören, die nach Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV nie aktiviert werden dürfen. Obwohl dies in Art. 33 Abs. 1 GKKB-RLV nicht ausdrücklich gesagt wird, gehören auch die direkten Entwicklungskosten nicht zu den Herstellungskosten. Dies ergibt sich aus Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV, wonach der Sofortab­ zug der Forschungs- und Entwicklungskosten den Abschreibungsregeln nach Art. 13 GKKB-RLV und den Regeln zur Veräußerung nicht abschrei­ bungsfähiger Wirtschaftsgüter vorgeht. Dass in Art. 33 Abs. 1 GKKB-RLV kein entsprechender Vorbehalt für die direkten Entwicklungskosten vor­ gesehen ist, dürfte ein Redaktionsversehen sein. (2) Entwicklung von Vorräten Nicht ganz klar ist die Behandlung von Entwicklungskosten zur Herstel­ lung von Vorräten. Nach Art. 12 Abs. 1 GKKB-RLV sind Forschungs- und Entwicklungskosten stets abziehbar. Anders als im Abzugsverbot für die Herstellungskosten von Sachanlagen in Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV ist in Art. 29 Abs. 2 GKKB-RLV über die zu aktivierenden direkten Kos­ ten von Vorräten und unfertigen Erzeugnissen nicht ausdrücklich gere­ gelt, dass für Forschungs- und Entwicklungskosten der Sofortabzug gilt. Direkte Entwicklungskosten könnten zu den direkten Kosten der Um­ wandlung gehören. Was die indirekten Kosten angeht, gewährt Art. 29 Abs. 2 S. 4 GKKB-RLV ein allgemeines Wahlrecht und trifft im Gegensatz zu Art. 33 Abs. 1 GKKB-RLV keine ausdrückliche Sonderregelung für For­ schungs- und Entwicklungskosten. Wie Entwicklungskosten für Vorräte und unfertige Erzeugnisse zu behan­ deln sind, muss aus einer Gesamtschau der oben genannten Normen ab­ geleitet werden. Vom Wortlaut her eindeutig ist nur Art. 12 GKKB-RLV, wonach Forschungs- und Entwicklungskosten stets abziehbar sind. Inso­ 231

6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

fern besteht keine Einschränkung bezüglich bestimmter Arten von Wirt­ schaftsgütern. Diese Norm ist Ausdruck des Willens der Kommission, Forschung und Entwicklung im Rahmen der GKKB durch den sofortigen Abzug aller diesbezüglichen Kosten zu unterstützen.1018 Nach der teleolo­ gischen Auslegung sind die übrigen, nicht eindeutigen Normen im Lichte dieser Zielsetzung so zu verstehen, dass Forschungs- und Entwicklungs­ kosten nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Vorräten und unfertigen Erzeugnissen gehören. Andernfalls würde das Ziel, For­ schung- und Entwicklung durch den Sofortabzug der Kosten zu fördern, in einem wesentlichen Bereich konterkariert. Möglicherweise haben die Entwurfsverfasser wegen des Wahlrechts nach Art. 29 Abs. 2 S. 4 GKKBRLV keine Regelung für die Entwicklungskosten für Vorräte getroffen, da die Steuerpflichtigen hinsichtlich der indirekten Entwicklungskosten zu­ mindest ein Wahlrecht haben. Dann hätten sie aber übersehen, dass es auch Entwicklungskosten geben kann, die den Vorräten direkt ohne wei­ tere Annahmen zugeordnet werden können und deshalb als direkte Kos­ ten nicht unter das Wahlrecht fallen. Dies gilt zum Beispiel, wenn ein bestimmtes Produkt in Auftragsfertigung für einen einzelnen Kunden entwickelt wird.1019 In der GKKB-Richtlinie sollte ausdrücklich geregelt werden, ob Entwicklungskosten zu den Herstellungskosten von Vorräten zählen. (3) Vergleich mit dem HGB, EStG und den IFRS Das Ansatzverbot für Forschungskosten gilt im deutschen Bilanzrecht und den IFRS genauso. Das vollständige Aktivierungsverbot für alle di­ rekten und indirekten Entwicklungskosten ist dagegen eine bedeutende Abweichung des GKKB-RLV zum HGB, EStG und den IFRS. Im deut­ schen Bilanzrecht sowie in den IFRS müssen direkte Entwicklungskos­ ten, die in einen Gegenstand des Sachanlage- oder Umlaufvermögens einfließen, stets und indirekte Entwicklungskosten teilweise angesetzt werden. Obwohl die Abgrenzung zwischen aktivierungspflichtigen Ent­ wicklungskosten und sofort abziehbaren Entwicklungs- und Forschungs­ kosten im deutschen Bilanzrecht und den IFRS einige Probleme bereitet, dürfte die volle Abziehbarkeit der Entwicklungskosten die Gewinner­ mittlung trotzdem nicht vereinfachen. Die nach dem GKKB-RLV not­ wendige Abgrenzung zwischen Entwicklungskosten und sonstigen Her­ stellungskosten dürfte mindestens genauso schwierig sein.

1018 Siehe GKKB-RLV, S. 4 und S. 14, Rz. 13. 1019 Winnefeld, Bilanz-Handbuch, Kapitel E, Rz. 644.

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(4) Fehlende Definition für Forschung und Entwicklung Da Entwicklungskosten stets abziehbar sind, hat die Definition der Ent­ wicklungskosten für die GKKB große Bedeutung. Dass der GKKB-RLV keine solche Definition enthält, ist eine erhebliche Lücke. Damit der So­ fortabzug nicht ausufert, muss diese Definition restriktiv sein und sich auf innovative Entwicklung beschränken. Echte Neuentwicklungen müssen von unbedeutenden tagtäglichen Änderungen des Produkts und des Produktionsablaufs abgegrenzt werden.1020 ff) Ansatz indirekter Kosten Der Begriff der direkten Kosten stammt aus den IFRS, dort ist die Rede von „direkt zurechenbaren Kosten“1021. Dieser Begriff ist gleichbedeutend mit den „Einzelkosten“ im HGB und EStG. In den IFRS sowie im HGB und EStG ist nicht die Rede von indirekten Kosten, sondern von „Ge­ meinkosten“. In der betriebswirtschaftlichen Forschung wird von „Teil­ kosten“ und „Vollkosten“ gesprochen, womit aber auch die direkt zure­ chenbaren Kosten und die Gemeinkosten gemeint sind.1022 Die „direkten“ und „indirekten“ Kosten nach dem GKKB-RLV dürften lediglich eine terminologische Differenz sein. Die Entwurfsverfasser haben den Begriff der direkten Kosten aus den IFRS übernommen, ohne ihn inhaltlich ge­ nauer zu spezifizieren. Da es keine Anhaltspunkte für eine abweichende Bedeutung gibt, ist davon auszugehen, dass die direkten Kosten wie in den IFRS zu verstehen sind. Die direkt zurechenbaren Kosten nach IFRS sind so umfassend, dass alle Arten von Kosten, die nicht darunter fallen, zwangsläufig zu den Ge­ meinkosten gehören. Auch im GKKB-RLV gibt es nur die zwei Kategorien „direkte und indirekte Kosten“. Da die direkten Kosten nach dem GKKB-RLV grundsätzlich gleichbedeutend sind mit den direkten Kosten der IFRS, hat der Begriff der indirekten Kosten nach dem GKKB-RLV die gleiche Bedeutung wie die Gemeinkosten der IFRS und des HGB und EStG.1023 Dies sagt aber noch nichts darüber aus, wie die direkten von den indirekten Kosten im Einzelfall abgegrenzt werden müssen und inwie­ weit die indirekten Kosten aktiviert werden können. Für den Begriff der indirekten Kosten spricht, dass er näher am allgemeinen Sprachgebrauch liegt als die Gemeinkosten (oder im Englischen overheads) und deshalb für Laien leichter verständlich ist. Für Rechtsanwender, die mit den IFRS vertraut sind, wäre der Begriff der Gemeinkosten verständlicher. Würde 1020 Zu einer möglichen Definition siehe oben 6. Kapitel:A.II.1.c)dd). 1021 IAS 16.16 (b). 1022 Siehe Scheinpflug, in Beck’sches IFRS-Handbuch § 5, Rz. 238. 1023 Halten diese Frage für offen: Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 18; Kahle/Dahlke/Schulz, Ubg 2011, S. 491, 494.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

die endgültige Richtlinie die Begriffe „direkt zurechenbare Kosten“ und „Gemeinkosten“ verwenden, bestünde zumindest keine Unsicherheit, ob ein Teilkosten- oder ein Vollkostenansatz gilt. Beim Ansatz indirekter Kosten muss zwischen den Anschaffungs- und Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sowie von Vorräten und unfertigen Erzeugnissen unterschieden werden. Wäh­ rend die indirekten Kosten zur Anschaffung von Sachanlagen nie ange­ setzt werden dürfen, müssen die indirekten Kosten zur Herstellung von Anlagevermögen gemäß Art. 33 Abs. 1 UA 3 GKKB-RLV angesetzt wer­ den, wenn sie nicht anderweitig abziehbar sind.1024 Nach dem Kompromissvorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft soll Art. 33 Abs. 1 UA 3 GKKB-RLV gestrichen werden.1025 Die eigene Herstel­ lung von Anlagevermögen dürfte praktisch eher die Ausnahme sein. Die Frage, ob indirekte Herstellungskosten von Anlagevermögen angesetzt werden müssen, ist daher für den Wettbewerb zwischen Unternehmen nicht so relevant wie im Fall der Vorräte und unfertigen Erzeugnisse.1026 Der Nichtansatz der indirekten Kosten bei der Herstellung ließe sich da­ her für Anlagevermögen eher mit Vereinfachungsgesichtspunkten recht­ fertigen als für Vorräte. Im Fall von Vorräten und unfertigen Erzeugnissen ist der Ansatz indirek­ ter Kosten nach Art. 29 Abs. 2 S. 4 GKKB-RLV zum Teil wahlweise mög­ lich. Da die Vertriebskosten nicht final zur Anschaffung oder Herstellung eines bestimmten Produkts anfallen, können sie wie im HGB, EStG und den IFRS nicht einbezogen werden, sondern sind stets sofort abziehbar. (1) Wahlrecht für Vorräte (a) Bedeutung des Wahlrechts Nach Art. 29 Abs. 2 S. 4 GKKB-RLV können die indirekten Kosten zur Anschaffung und Herstellung von Vorräten und unfertigen Erzeugnissen ausnahmsweise mit einbezogen werden, wenn der Steuerpflichtige diese Kosten bereits vor seinem Beitritt zum GKKB-System einbezogen hat. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass anteilige Gemeinkosten grundsätz­ lich nicht zu den Herstellungskosten gehören.1027 Durch das Wahlrecht über den Ansatz der indirekten Kosten soll der Eintritt in das System der GKKB erleichtert werden.1028 Diesem Zweck entsprechend müsste sich 1024 Zur anderweitigen Abziehbarkeit siehe oben 6. Kapitel:A.IV.1.c)ee)(1). 1025 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013. 1026 Dazu gleich unten 6. Kapitel:A.IV.1.c)ff)(1)(b). 1027 Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 44; Kahle/Schulz, StuB 2011, S. 296, 301; Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 18. 1028 Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 46.

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auch die Methode der Ermittlung der indirekten Kosten nach nationalem Recht richten. Da in Deutschland die Herstellungsgemeinkosten bisher nach § 255 Abs. 2 S. 2 HGB, § 5 Abs. 1 S. 1 EStG anteilig einzubeziehen sind, entstünde hier für deutsche Steuerpflichtige ein Wahlrecht, das zur Steuerplanung genutzt werden könnte.1029 Auch in allen anderen Mitgliedstaaten müs­ sen oder dürfen zumindest die Produktionsgemeinkosten aktiviert wer­ den.1030 Das bedeutet, dass das Wahlrecht bezüglich der Produktionsge­ meinkosten europaweit gelten würde. Im Unterschied zum deutschen Bilanzrecht und zu den IFRS bestünde die Besonderheit, dass auch die indirekten Anschaffungskosten einbezogen werden könnten, wenn auch vor Eintritt in das GKKB-System so verfahren wurde. Da allerdings nur wenige Mitgliedstaaten den Ansatz der indirekten Anschaffungskosten zulassen,1031 wird dieses Wahlrecht in der Praxis keine große Rolle spie­ len. (b) Einheitlichkeit, Vollständigkeit, Objektivität und Neutralität der Gewinnermittlung Dieses Wahlrecht ist unter Gleichheitsgesichtspunkten problematisch, da es die Gestaltungsresistenz der Gewinnermittlung senkt.1032 Das Wahlrecht macht die Gewinnermittlung wesentlich komplizierter, da es zur Berücksichtigung nationaler Besonderheiten kommt. Die Harmoni­ sierung der Bemessungsgrundlage ist nur möglich, wenn die Gewinner­ mittlung unabhängig von nationalen Besonderheiten ist. Nationale Ei­ genheiten werden sich ohnehin stark auf die praktische Anwendung der Gewinnermittlungsregeln auswirken und die Harmonisierung erheblich erschweren. Werden diese Besonderheiten auch noch im Regelwerk selbst berücksichtigt, führt dies zu noch stärkeren Abweichungen zwi­ schen den Mitgliedstaaten, die das Ziel der Harmonisierung in diesem Teilbereich komplett in Frage stellen. Allgemein stellt sich die Frage, ob der Verzicht auf den Ansatz indirekter Herstellungskosten, der allen Steuerpflichtigen zumindest optional zur Verfügung steht, mit dem Grundsatz der Vollständigkeit der Gewinner­ mittlung vereinbar ist. In vielen modernen Industriebetrieben machen die Gemeinkosten einen sehr großen Teil der Herstellungskosten aus, da die Kosten für die Rohstoffe im Vergleich zum Preis des fertigen Produkts relativ gering sind. Ein großer Teil der Produktionskosten entfällt auf Ma­ 1029 Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 18. 1030 Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 46, Figure 22 (keine Angaben zu Estland und Kroa­ tien). 1031 Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 45, Figure 21. 1032 Siehe oben 2. Kapitel:C.I.1.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

schinen, deren Einsatz nicht immer direkt zugeordnet werden kann. Zu­ dem ist in einer hochtechnisierten Fertigung der Anteil der Lohnkosten relativ gering, der einem bestimmten Produkt ohne weitere Annahmen zugeordnet werden kann. Während manuelle Arbeit vor allem in Form der Akkordarbeit unmittelbar zugeordnet werden kann, sind Planungsund Organisationsarbeiten, die immer mehr an Bedeutung gewinnen,1033 wesentlich schwerer zuzuordnen.1034 Eine möglichst vollständige Erfassung der Herstellungskosten kann sich auch günstig auf die Neutralität der Besteuerung auswirken. Häufig las­ sen sich Aufwendungen leichter direkt zuordnen, wenn die entsprechen­ de Leistung nicht vom Steuerpflichtigen, sondern von einem anderen Unternehmer erbracht wird. Dagegen ist vor allem in großen Unterneh­ men, die große Teile der Fertigung durch eigenes Personal und Maschi­ nen erbringen, die direkte Zuordnung mangels einer entsprechenden in­ ternen Abrechnung häufig ungleich schwieriger. Ohne Ansatz der indirekten Kosten hätten große Unternehmen gegenüber kleineren Un­ ternehmen regelmäßig den Vorteil, dass sie niedrigere Herstellungskos­ ten ansetzen könnten, da ihre direkten Herstellungskosten vergleichs­ weise gering sind. Ein Sofortabzug aller indirekten Herstellungskosten würde auch dazu führen, dass Unternehmen aus steuerlichen Gründen die eigene Herstellung gegenüber der Anschaffung vorziehen, da die zu aktivierenden Kosten im Fall der Herstellung regelmäßig deutlich niedri­ ger wären. Auch dies würde zu Verzerrungen und Effizienzverlusten füh­ ren.1035 Andererseits hat die Einbeziehung der indirekten Kosten erhebliche Nachteile für die Objektivität der Gewinnermittlung. Welche indirekten Kosten zu den Herstellungskosten eines einzelnen Wirtschaftsguts ge­ zählt werden können, ist praktisch schwierig zu bestimmen. Der Um­ gang mit einer geringen Kapazitätsauslastung ist nur ein Beispiel für die­ se Schwierigkeit. Auch theoretisch gibt es keine befriedigende Lösung, wie Kosten einem einzelnen Wirtschaftsgut zugeordnet werden sollen, die nicht direkt zugeordnet werden können.1036 Allerdings ist im Fall von Vorräten der Anteil der Produktionsgemeinkosten häufig so hoch, dass ein vollständiger Sofortabzug dieser Kosten nicht mehr mit dem Grund­ satz der Periodenabgrenzung vereinbar wäre. Die Besteuerung würde sich insofern sehr stark einer cash-flow-tax annähern. Im Fall einer Perioden­ 1033 Siehe zum steigenden Anteil der Entwicklungskosten in der Automobilindus­ trie: Fischer/Neubeck, BC 2005, S. 217. 1034 Siehe Moxter, BB 1988, S. 937, 939. 1035 Plädieren aus diesem Grund für einen produktionsbezogenen Vollkostenansatz für die Herstellungs- und Anschaffungskosten von Vorräten: Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 83. 1036 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 226.

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steuer müssen die indirekten Kosten daher berücksichtigt werden. Dies dürfte ein wichtiger Grund dafür sein, dass der Ansatz der indirekten Herstellungskosten bei Vorräten in allen Mitgliedstaaten zumindest op­ tional vorgesehen ist. Durch den möglichen Sofortabzug der indirekten Herstellungskosten wird das Realisationsprinzip für Vorräte und unferti­ ge Erzeugnisse erheblich eingeschränkt. Damit die Gewinnermittlung nach einheitlichen Grundprinzipien erfolgt, sollte zumindest die teilwei­ se Einbeziehung indirekter Herstellungskosten obligatorisch sein. Im Fall der Anschaffung von Wirtschaftsgütern machen die indirekten Kosten regelmäßig einen wesentlich geringeren Anteil an den Gesamt­ kosten aus, weswegen der Ansatz dieser Kosten in Europa eher die Aus­ nahme ist. Die Regelung in Art. 33 Abs. 1 GKKB-RLV, wonach ein Ansatz der indirekten Anschaffungskosten für Sachanlagen ausgeschlossen ist, stärkt die Objektivität und Einfachheit der Gewinnermittlung, ohne die Vollständigkeit übermäßig zu beeinträchtigen. Da der Ansatz indirekter Anschaffungskosten nicht zwingend erforderlich ist, um den Gewinn pe­ riodengerecht zu ermitteln, sollte auch für Vorräte und unfertige Erzeug­ nisse der Ansatz der indirekten Anschaffungskosten ausgeschlossen wer­ den.1037 (2) Umfang der indirekten Kosten Die indirekten Kosten werden teilweise auf die Produktionskosten be­ schränkt. Wegen des Ansatzes der indirekten Kosten sei wohl ein „pro­ duktionsbezogener Vollkostenansatz“ vorzunehmen.1038 Mangels weite­ rer Einschränkungen handelt es sich wohl tatsächlich um einen Vollkostenansatz. Allerdings geht aus dem GKKB-RLV nicht hervor, dass dieser Vollkostenansatz produktionsbezogen ist. Art. 33 Abs. 1 GKKBRLV enthält insofern keine Einschränkung. Die Beschränkung des Ansat­ zes der indirekten Kosten auf die Produktionskosten ist zwar für die IFRS vorgeschrieben, aber keineswegs selbstverständlich, wie das Beispiel des deutschen Bilanzsteuerrechts zeigt. Allerdings sprechen rechtspolitisch gute Argumente für die Beschränkung auf die Produktionskosten. Die nicht produktionsbezogenen Gemeinkosten sind noch indirekter mit dem Herstellungsprozess verbunden als die produktionsbezogenen.1039 Dies gilt insbesondere, wenn man anders als in den IFRS auf den Ansatz

1037 AA Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 83. 1038 Kahle/Schulz, StuB 2011, S. 296, 299. 1039 Ist der Auffassung, dass Produktionsgemeinkosten genauso schwer zuzuordnen sind wie Gemeinkosten der allgemeinen Verwaltung: Moxter, Bilanzrechtspre­ chung, S. 223.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

der Verwaltungsgemeinkosten besteht die Gefahr, dass Kosten aktiviert werden, die überhaupt nicht zu den Herstellungskosten eines Produkts gehören,1040 zum Beispiel die Vertriebskosten. Dagegen fließen Produkti­ onsgemeinkosten zumindest in die Herstellung irgendeines Produkts ein. Eine Ausnahme hiervon gilt allerdings im Fall geringer Kapazitätsauslas­ tung und verschwendeter Ressourcen. Der Gesetzgeber muss sich bei der Frage, wie weit die indirekten Kosten einbezogen werden, entscheiden, ob er stärker das Realisationsprinzip und die Vollständigkeit oder die Objektivität betont. Eine starke Ein­ schränkung des Ansatzes der Herstellungsgemeinkosten aus Objektivie­ rungsgründen kann auch im Rahmen einer Periodensteuer verwirklicht werden. So wäre es möglich, in Anlehnung an die IFRS die aktivierbaren Gemeinkosten auf die Produktionsgemeinkosten zu beschränken. Es wäre denkbar, den Ansatz der Gemeinkosten typisierend, noch stärker als in den IFRS einzuschränken, indem auch die produktionsbezogenen Verwaltungskosten für sofort abziehbar erklärt werden. Auf diese Weise entfiele zumindest ein Teil der Zurechnungsproblematik. Ein sinnvoller Ausgleich zwischen der Objektivität und Vollständigkeit der Gewinnermittlung bestünde darin, den Ansatz der indirekten Pro­ duktionskosten ohne die produktionsbezogenen Verwaltungsgemeinkos­ ten vorzuschreiben und im Übrigen den Ansatz indirekter Kosten zu ver­ bieten.1041 Weiter könnte das Kriterium der Angemessenheit aus dem deutschen Bilanzrecht übernommen werden. Dieses ist zwar recht un­ scharf, aber besser als überhaupt keine Leitlinie, denn dieses vage Krite­ rium kann durch die Rechtsprechung noch konkretisiert werden. (3) Abgrenzung von direkten und indirekten Kosten In vielen Fällen wird die Einordnung als direkte oder indirekte Kosten darüber entscheiden, ob die Kosten aktiviert oder sofort abgezogen wer­ den. Folgt man dem obigen Vorschlag, wonach der Ansatz von indirekten Anschaffungskosten und nicht produktionsbezogenen indirekten Her­ stellungskosten ausgeschlossen und der Ansatz der indirekten Produkti­ onskosten für Sachanlagen und Vorräte obligatorisch ist, entscheidet die Einordung als direkte oder indirekte Kosten für alle nicht produktionsbe­ zogenen Kosten über die Aktivierung. Wie im deutschen Bilanzrecht und den IFRS käme es darauf an, ob Kosten unmittelbar mittels quantitativer Methoden zugeordnet werden könnten, oder ob Annahmen und Schät­ zungen erforderlich wären.

1040 Grottel/Pastor, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB, § 255, Rz. 359. 1041 Dafür Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 157; Schulz, Har­ monisierung der steuerlichen Gewinnermittlung, S. 423.

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Unechte Gemeinkosten (indirekte Kosten), die lediglich mangels ent­ sprechender Dokumentation nicht direkt zugeordnet werden können, sollten wie im Fall der HGB-Bilanzierung und der IFRS zu den indirekten Kosten zählen, wenn der Steuerpflichtige seine Dokumentations­pflichten beachtet hat. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit darf von dem Steuer­ pflichtigen nicht verlangt werden, alle Arten von Kosten einzeln zu erfas­ sen, nur weil dies theoretisch möglich wäre. Wie weit die Dokumenta­ tionspflichten nach dem GKKB-RLV im Einzelnen gehen ist allerdings unklar.1042 Das Kriterium der Verhältnismäßigkeit lässt den Steuerpflich­ tigen erhebliche Ermessensspielräume und muss deswegen konkretisiert werden. Denkbar wäre zum Beispiel eine Regelung, die besagt, dass die Steuer­ pflichtigen zur Zuordnung der direkten Kosten auf jede vorhandene Do­ kumentation zurückgreifen müssen, aber nicht verpflichtet sind, eine vollkommen neue Dokumentation zu beginnen. Damit die direkten Kos­ ten nicht willkürlich durch den Steuerpflichtigen beeinflusst werden könnten, käme es auf das tatsächliche Vorliegen einer Dokumentation nicht an, wenn die entsprechende Aufzeichnung allgemeiner kaufmänni­ scher Übung entspricht. Wird zum Beispiel intern nicht aufgezeichnet, wie viele Arbeitsstunden eine allgemeine Einkaufsabteilung zur An­ schaffung eines bestimmten Wirtschaftsguts verwendet, kann vom Steu­ erpflichtigen nicht erwartet werden, dass er diese zeitaufwändige Doku­ mentation allein aus steuerlichen Gründen vornimmt, denn das Führen solcher Aufzeichnung ist nicht allgemein üblich.1043 Das Abstellen auf die kaufmännische Übung brächte allerdings erhebli­ che Einschätzungsspielräume mit sich. Im Vergleich zum deutschen Bi­ lanzrecht, wo es auch auf die GoB ankommt, wäre dieses Problem im europäischen Kontext noch deutlich verschärft, weil es sehr schwierig sein dürfte, einheitliche europäische Standards aus den unterschiedli­ chen Traditionen der Mitgliedstaaten herauszuarbeiten. Denkbar wäre es, auf die Dokumentationspflichten abzustellen, wie sie nach den IFRS üblich sind. Eine andere Möglichkeit bestünde darin, in den GKKB-RLV genaue Vorschriften zur Dokumentation aufzunehmen. Damit der GKKB-RLV nicht zu unübersichtlich wird, könnte die Regelung bestimm­ ter Detailfragen im Rahmen des Komitologieverfahrens auf die Kommis­ sion übertragen werden. (4) Zusammenfassende Beurteilung Rechtspolitisch wäre es wünschenswert, dass der Ansatz indirekter Her­ stellungskosten für Sachanlagen sowie Vorräte und unfertige Erzeugnisse 1042 Siehe oben 4. Kapitel:A.III.3. 1043 So für die IFRS Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 8, Rz. 13.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

zumindest teilweise obligatorisch wird und im Übrigen der Ansatz indi­ rekter Kosten ausgeschlossen wird. Des Weiteren ist eine Klarstellung über die Reichweite der indirekten Kosten notwendig. Die jetzige Formu­ lierung im GKKB-RLV ist uferlos. Sinnvoll wäre eine Beschränkung auf die angemessenen indirekten Produktionskosten. Dabei könnte im Ver­ gleich zu den IFRS die weitere Einschränkung vorgenommen werden, dass die Kosten der produktionsbezogenen Verwaltung nicht angesetzt werden dürfen. Zudem sollte die Dokumentation der indirekten Kosten näher geregelt werden. Sollte auch die GKKB-Richtlinie keine genaueren Vorgaben zu den indi­ rekten Herstellungskosten enthalten, könnten diese, nach den oben ent­ wickelten Kriterien zur Auslegung der GKKB-Richtlinie, wie folgt be­ stimmt werden:1044 Zunächst kommt es auf die Systematik der GKKB an. Gemäß dem Realisationsprinzip und dem Grundsatz der Vollständigkeit müssten die Herstellungskosten möglichst umfassend aktiviert werden, das heißt, einschließlich der Gemeinkosten. Gegen eine möglichst um­ fassende Aktivierung spricht jedoch der Grundsatz der Objektivität, da der Umfang der Herstellungskosten nicht genau eingegrenzt werden könnte. Aus den allgemeinen Prinzipien der GKKB ergibt sich daher kei­ ne eindeutige Lösung. In einem nächsten Schritt kann auf die IFRS zu­ rückgegriffen werden, weil die Regeln zur Zugangsbewertung mit dem Realisationsprinzip vereinbar und auch nicht zu kompliziert sind. Die Beschränkung auf die Produktionskosten bewirkt im Vergleich zum deutschen Recht sogar eine gewisse Vereinfachung. Im Ergebnis würden sich die Herstellungskosten aus den direkten Kosten und den Produkti­ onsgemeinkosten zusammensetzen, die allgemeinen Verwaltungsge­ meinkosten wären dagegen unbeachtlich. gg) Gefahr von Überbewertungen Eine Besonderheit der GKKB im Vergleich zu den hier untersuchten Bi­ lanzierungsregeln liegt darin, dass die GKKB keine Sonderabschreibun­ gen für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens vorsieht (Art. 41 GKKB-RLV). Dies ist mit Blick auf den finalen Zusammenhang zwischen den Kosten und dem Anschaffungs- und Herstellungsvorgang problematisch. Der weite finale Zusammenhang birgt die Gefahr von Überbewertungen, die im Fall von abschreibungsfähigen Wirtschaftsgü­ tern nicht durch Sonderabschreibungen ausgeglichen werden könnten. Solche Überbewertungen können teilweise verhindert werden, wenn man wie der BFH davon ausgeht, dass Kosten nicht aktiviert werden dür­ fen, die nicht zu einer Herstellungsleistung oder einer Leistung im Zu­

1044 Siehe oben 5. Kapitel:D.

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sammenhang mit der Anschaffung geführt haben.1045 Dadurch wird aber nicht jeder Fall von Überbewertungen vermieden. So sind zum Beispiel Kosten für eine mit erheblichen Mängeln behaftete Werkleistung in je­ dem Fall zu aktivieren, weil es zu einer Herstellungsleistung kam. Zu­ gleich können erhebliche Mängel dazu führen, dass die Herstellungskos­ ten den Marktpreis des Wirtschaftsguts überschreiten. Da es keine sinnvolle Alternative zum Kriterium der Finalität gibt, ließe sich die Problematik der Überbewertungen in den Griff bekommen, in­ dem Sonderabschreibungen auch für abnutzbare Wirtschaftsgüter zuge­ lassen werden. Eine weitere Möglichkeit wäre es, eine IAS 16.22 ähnliche Regelung in die endgültige Richtlinie aufzunehmen, wonach Kosten nicht angesetzt werden dürfen, die durch eine ungewöhnlich hohe Ver­ schwendung von Ressourcen entstehen. Eine solche Regelung hätte aber den Nachteil, dass sie sehr vage ist. Die Steuerpflichtigen hätten einen erheblichen impliziten Ermessenspielraum, ob eine außergewöhnliche Verschwendung vorliegt oder nicht. Dies wäre mit der Gestaltungsresis­ tenz der Gewinnermittlung nur schwer zu vereinbaren. Sonderabschrei­ bungen sind dagegen objektiver, weil sie von vornherein nur in Betracht kommen, wenn bestimmte Werte unterschritten werden. Zugleich sind diese Werte die Untergrenze für die Sonderabschreibung.1046 hh) Öffentliche Investitionszuschüsse Die Behandlung von Investitionszuschüssen ist im GKKB-RLV ausdrück­ lich geregelt. Nach Art. 11 lit. a) GKKB-RLV gehören Subventionen, die unmittelbar mit dem Erwerb, der Herstellung oder der Verbesserung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zusammenhängen, vorbehalt­ lich der Abschreibung zu den steuerfreien Erträgen. Dies ist eine Ausnah­ me von Art. 4 Abs. 8 S. 1 GKKB-RLV, wonach Subventionen grundsätzlich zu den steuerpflichtigen Erträgen gehören. Subventionen, die nach Art. 11 lit. a) GKKB-RLV steuerfrei sind, werden nach Art. 33 Abs. 3 GKKB-RLV von der Abschreibungsbasis abgezogen. Etwas verwirrend spricht Art. 33 Abs. 3 GKKB-RLV von Beihilfe, womit aber das Gleiche gemeint ist. Da­ durch wirken sich diese Subventionen – wie in Art. 11 lit. a) GKKB-RLV angedeutet – über den Abschreibungszeitraum durch die verminderte Höhe der Abschreibungen gewinnerhöhend aus. Dies ist eine klare und einfache Regel, die dem Grundsatz der Neutralität des Anschaffungs- und Herstellungsvorgangs und damit dem Realisationsprinzip gerecht wird. Da die Steuerpflichtigen im Gegensatz zur deutschen Verwaltungspraxis (EStR 6.5 Abs. 2) kein Wahlrecht haben, wann es zur Gewinnrealisierung kommt, ist dies auch eine gestaltungsresistente Lösung. 1045 Siehe oben 6. Kapitel:A.IV.1.a)aa)(1). 1046 Siehe unten 6. Kapitel:B.II.4.c)aa).

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Art. 33 Abs. 3 GKKB-RLV wird teilweise so verstanden, dass der Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten nur für abnutzbare Wirt­ schaftsgüter geregelt ist.1047 Diese Auffassung übersieht, dass Art. 11 lit. a) GKKB-RLV nach dem Wortlaut für alle geförderten Wirtschaftsgü­ ter gilt. Art. 33 GKKB-RLV betrifft vom Anwendungsbereich nur abnutz­ bare Wirtschaftsgüter, weswegen aus dieser Norm keine Rückschlüsse für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter gezogen werden können. Daher hängt die Behandlung von Investitionszuschüssen bei der Zugangsbewer­ tung nach dem GKKB-RLV wie im HGB, EStG und den IFRS nicht davon ab, ob das Wirtschaftsgut abnutzbar ist. Wegen des Gleichlaufs von Art. 20 und Art. 33 Abs. 1 GKKB-RLV1048 mindert die Subvention die An­ schaffungs- oder Herstellungskosten nach Art. 20 GKKB-RLV. Im Fall von nichtabnutzbaren Wirtschaftsgütern wirkt sich die Subvention jedoch erst im Veräußerungszeitpunkt gewinnerhöhend aus. Unklarheiten können hinsichtlich der Frage entstehen, wann eine Sub­ vention beziehungsweise Beihilfe vorliegt. In der englischen Fassung wird in beiden Normen von „subsidy“ gesprochen. Der Begriff Subventi­ on impliziert, dass es sich um den Zuschuss einer staatlichen Stelle han­ deln muss. Würden dennoch auch private Zuschüsse zu diesen Subventi­ onen zählen, bestünden Möglichkeiten zur Steuergestaltung. Um solche Gestaltungen zu verhindern, schlägt die dänische Ratspräsidentschaft vor, in beiden Vorschriften die Begriffe „staatliche Subventionen und Zu­ schüsse“ zu verwenden.1049 Schwierigkeiten können sich im Einzelfall auch hinsichtlich der Unter­ scheidung zwischen einer echten Subvention ohne Gegenleistungspflicht und einem Austauschvertrag ergeben, der nicht unter die Steuerbefreiung fällt. Regelmäßig wird auch die Subvention nur unter bestimmten Aufla­ gen gewährt. Es dürfte allerdings kaum möglich sein, diese Grenzfälle vorab gesetzlich zu regeln. Insofern muss wohl die Rechtsprechung des EuGH abgewartet werden. Im Recht der Mehrwertsteuer gibt es eine aus­ führliche Rechtsprechung des EuGH zur Frage, wann eine Subvention zum Entgelt für eine Leistung gehört.1050 Diese Rechtsprechung dürfte jedoch nur zum Teil auf die Körperschaftsteuer übertragbar sein, da es für die Mehrwertsteuer vor allem darauf ankommt, ob ein unmittelbarer Zu­ sammenhang mit einem steuerbaren Umsatz besteht,1051 während es für die steuerliche Gewinnermittlung darauf ankommt, ob eine Gegenleis­ tungspflicht besteht, die passiviert werden kann. 1047 Vermeulen, in Weber (Hrsg.), CCCTB – Selected Issues, S. 79, 84. 1048 6. Kapitel:A.IV.1.c)aa) 1049 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 4.4.2012. 1050 EuGH v. 22.11.2001, Rs. C-184/00 (Office des Produits Wallons), Slg. 2001, I-9115; EuGH v. 15.7.2004, Rs. C-381/01 (Kommission/Italien), Slg. 2004 I-06845. 1051 Dazu ausführlich Wagner, in Sölch/Ringleb (Hrsg.), UStG, § 10, Rz. 201 ff.

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ii) Fremdkapitalkosten Eine weitere Frage, zu der die GKKB-Richtlinie unbedingt Stellung neh­ men sollte, ist der Ansatz von Zinsen. Im unter der litauischen Ratsprä­ sidentschaft erarbeiteten Kompromissvorschlag ist ein weiterer Satz nach Art. 33 Abs. 1 UA 2 S. 1 GKKB-RLV vorgesehen, der lautet: „Die Kosten, die mit dem Erwerb, der Herstellung oder der Verbesse­ rung eines Wirtschaftsguts des Anlagevermögens zusammenhängen, sind frei von Zinsen“1052 Wird ein Kredit aufgenommen, um die Anschaffung oder Herstellung ei­ nes bestimmten Wirtschaftsguts zu finanzieren, lassen sich die Fremdka­ pitalkosten, die bis zur Erlangung des Wirtschaftsguts angefallen sind, direkt zuordnen. Indirekte Finanzierungskosten sind Aufwendungen für Fremdkapital, die nicht anlässlich der Anschaffung oder Herstellung ei­ nes bestimmten Wirtschaftsguts entstehen. Nach § 255 Abs. 3 HGB ist der Ansatz von Fremdkapitalkosten grundsätzlich ausgeschlossen und kommt nur für bestimmte direkte Fremdkapitalkosten in Betracht. Nach IAS 23.14 ist der Ansatz indirekter Fremdkapitalkosten dagegen teilweise anteilig möglich. Aus dem GKKB-RLV selbst geht nicht hervor, wie Fremdkapitalkosten zu behandeln sind, die zur Finanzierung der Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts anfallen. In einer Sitzung einer der Untergruppen der Arbeitsgruppe GKKB wurde geäußert, dass Finanzierungskosten an­ ders als nach IAS 23 nie Bestandteil der Anschaffungs- oder Herstellungs­ kosten sein sollten, weil diese IAS-Regeln zu kompliziert seien.1053 Folgt man dieser Auffassung, käme für die GKKB ein Ansatz von Fremdkapital­ kosten während der Anschaffungs- oder Herstellungszeit nicht in Frage. Eine Nichtberücksichtigung der Finanzierungsaufwendungen kann aber zu Ungleichbehandlungen führen, die auf den ersten Blick schwer zu rechtfertigen sind und Gestaltungsspielräume eröffnen.1054 So macht es im Fall der Anschaffung sachlich keinen Unterschied, ob zunächst der Veräußerer die Finanzierungskosten trägt und diese in der Endabrech­ nung auf den Käufer überwälzt, oder ob der Käufer diese im Fall von An­ zahlungen unmittelbar selbst trägt. Denkt man diesen Ansatz konse­ quent zu Ende, müssten im Fall der Anzahlung allerdings auch die kalkulatorischen Eigenkapitalkosten des Erwerbers angesetzt werden, da der Veräußerer den Endpreis regelmäßig um die kalkulatorischen Eigen­ kapitalkosten erhöht, wenn er den Gegenstand vorfinanziert. Dies wider­ 1052 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013. 1053 Arbeitsgruppe GKKB, Unter-Arbeitsgruppe „Steuerbares Einkommen“, An over­ view of the main issues that emerged at the third meeting of the subgroup (SG3 – 3 May 2006) on taxable income, CCCTB\WP\034\doc\en, Rz. 28. 1054 Siehe oben 6. Kapitel:A.IV.1.a)dd).

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

spräche jedoch dem Grundsatz, dass nur die pagatorischen Kosten ange­ setzt werden dürfen und wird deshalb nicht ernsthaft erwogen.1055 Es ist daher in jedem Fall keine vollständige Gleichstellung der beiden Fälle möglich. Allgemein spricht der Grundsatz des pagatorischen Kostenansatzes gegen die Aktivierung der Fremdkapitalkosten, da er im Fall einer Fremdkapi­ talfinanzierung durch den Erwerber oder Hersteller zu höheren Anschaf­ fungs- und Herstellungskosten führt, obwohl die Art der Finanzierung keinerlei Auswirkungen auf den Marktpreis des Wirtschaftsguts hat.1056 Unternehmen mit hoher Fremdkapitalquote würden durch die umfang­ reichere Aktivierungspflicht gegenüber Unternehmen mit einem hohen Eigenkapitalanteil benachteiligt. Dies würde die Neutralität der Besteue­ rung beeinträchtigen. Die Finanzierungsneutralität der Besteuerung spricht dafür, Finanzierungskosten in der Anschaffungs- und Herstel­ lungsphase generell unberücksichtigt zu lassen. Daher ist dem Kompro­ missvorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft zuzustimmen, wo­ nach Fremdkapitalkosten generell nicht aktiviert werden können. Sollte sich der Gesetzgeber wegen des Realisationsprinzips und der Voll­ ständigkeit der Gewinnermittlung dennoch dafür entscheiden, die Fremdkapitalkosten zumindest teilweise zu berücksichtigen, taugt we­ der die Regelung des § 255 Abs. 3 HGB noch IAS 23 uneingeschränkt als Blaupause. Um die Anschaffungs- und Herstellungskosten für die GKKB möglichst vollständig zu aktivieren, sollten die direkten Fremdkapital­ kosten aktivierungspflichtig sein, die durch einen Kredit entstanden sind, der speziell zur Anschaffung oder Herstellung eines bestimmten Wirtschaftsguts aufgenommen wurde. Wie in IAS 23 sollte der Ansatz von direkten Fremdkapitalkosten sowohl für die Anschaffung als auch die Herstellung von Wirtschaftsgütern obligatorisch sein. Es gibt keinen sachlichen Grund, hier zu differenzieren.1057 Eine Zuordnung von Fremdkapitalkosten kommt nur in Betracht, wenn die Herstellung eine gewisse Zeit dauert. Um die Gewinnermittlung möglichst einfach zu halten, sollte ein Ansatz der Fremdkapitalkosten wie in IAS 23 nur möglich sein, wenn die Anschaffung oder Herstellung eine beträchtliche Zeit dauert. Fremdkapitalkosten, die nur für kurze An­ schaffungs- oder Herstellungszeiträume anfallen, dürften regelmäßig so gering sein, dass der Verwaltungsaufwand für ihre Aktivierung unverhält­ nismäßig wäre. Um Unsicherheiten über die Länge des Zeitraums zu ver­ meiden, sollte ein fester Zeitraum von zum Beispiel mindestens zwölf Monaten vorgegeben werden. 1055 Zu den IFRS Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 9, Rz. 6. 1056 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 9, Rz. 6. 1057 Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, HGB, § 255, Rz. 35.

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Im Übrigen sollten Fremdkapitalkosten im Gegensatz zu IAS 23.10, 14 nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gerechnet werden. Der Ansatz von Finanzierungskosten im Rahmen einer Mischfinanzie­ rung ist häufig sehr aufwändig, da die Bestimmung des Finanzierungskos­ tensatzes praktisch regelmäßig schwierig ist. Zudem bestehen bei der Bestimmung dieses Satzes erhebliche faktische Einschätzungsspiel­ räume. Der Ansatz der indirekten Finanzierungskosten würde den Be­ folgungsaufwand erheblich erhöhen und die Objektivität der Gewinn­ ermittlung beeinträchtigen.1058 Zudem bestünde die Gefahr von Über­­bewertungen, die wegen der Beschränkung des Art. 41 GKKB-RLV auf nicht abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter im Gegensatz zu den IFRS regelmäßig nicht durch Sonderabschreibungen ausgeglichen werden könnten. jj) Verbesserungskosten (1) Vorgaben des GKKB-RLV Art. 4 Abs. 18 GKKB-RLV definiert Verbesserungskosten wie folgt: „zusätzliche Aufwendungen für Anlagevermögen, durch die das Wirt­ schaftsgut in seiner Substanz erweitert oder seine Nutzungsmöglich­ keiten wesentlich verbessert wird oder die mehr als 10 % der ur­ sprünglichen Abschreibungsbasis ausmachen“. Um eine möglichst vollständige Neutralisierung der Anschaffungs- und Herstellungskosten zu erreichen, müssen auch nachträgliche Kosten in Form von Verbesserungskosten berücksichtigt werden. Andernfalls wä­ ren die Gestaltungsmöglichkeiten nahezu unbegrenzt, mit denen durch die nachträgliche Verbesserung ein hoher Sofortabzug erreicht werden kann. Daher ist es folgerichtig, dass der GKKB-RLV die Substanzerweite­ rung und die wesentliche Verbesserung der Nutzungsmöglichkeiten als aktivierungspflichtige Verbesserungskosten behandelt. Von der Arbeitsgruppe GKKB wurde die Auffassung vertreten, Verbesse­ rungskosten lägen vor, wenn durch die Ausgaben ein neuer Vermögensge­ genstand geschaffen werde.1059 Diese Formulierung ist missverständlich. Es muss sich nicht um einen selbständiges Wirtschaftsgut handeln, weil die Vorschrift zu den Verbesserungskosten sonst überflüssig wäre. Viel­ mehr genügt es, wenn die Verbesserung zu einer Komponente führt, die eigenständig abgeschrieben werden kann. Die Besonderheit von Verbes­

1058 Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 159 f. 1059 Arbeitsgruppe GKKB, Vermögensgegenstände und steuerliche Abschreibung, v. 23.11.2004, CCCTB/WP\004\doc\de, Rz. 10; siehe auch Grangl/Petutschnig, SWI 2011, S. 483, 492.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

serungskosten liegt gerade darin, dass diese Komponente unselbständiger Teil eines Wirtschaftsguts ist. Im GKKB-RLV wird nicht ausdrücklich geregelt, wie die Beziehung zwi­ schen den Aufwendungen und der Verbesserung des Wirtschaftsguts sein muss. Anhaltspunkte gibt Art. 33 Abs. 1 GKKB-RLV. Die Verbesserung ist der Herstellung ähnlich, weil der Steuerpflichtige als wirtschaftlicher Eigentümer des Vermögensgegenstands regelmäßig das Risiko der Ver­ besserung trägt. Ziel der Aktivierung der Verbesserungskosten ist es, die nachträgliche Verbesserung genauso zu behandeln wie die ursprüngliche Anschaffung oder Herstellung. Aus diesem Grund gehören zu den Verbes­ serungskosten analog Art. 33 Abs. 1 UA 3 GKKB-RLV die direkten und indirekten Kosten, sofern letztere nicht anderweitig abziehbar sind. Um an dieser Stelle Rechtssicherheit zu schaffen und die einheitliche An­ wendung der GKKB-Richtlinie sicher zu stellen, sollte die Einbeziehung der indirekten Kosten ausdrücklich in Art. 4 Abs. 18 GKKB-RLV aufge­ nommen werden. Aus Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV folgt, dass direkte und indirekte Forschungs- und Entwicklungskosten nicht zu den Verbes­ serungskosten gehören. Daher stellt sich die Abgrenzungsproblematik zwischen Entwicklungskosten und sonstigen Verbesserungskosten ge­ nauso wie im Fall der Herstellungskosten. Die starre 10 %-Grenze soll die Gewinnermittlung als typisierend ver­ einfachen und die Objektivität erhöhen.1060 Diese Kosten dürfen nach Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV nicht sofort abgezogen werden, sondern bilden im Fall von abschreibungsfähigen Wirtschaftsgütern nach Art. 33 Abs. 1 GKKB-RLV die Abschreibungsbasis. Im seltenen Fall der Verbesserung von nicht abschreibungsfähigen Wirtschaftsgütern können diese Kosten gemäß Art. 20 GKKB-RLV erst im Steuerjahr der Veräuße­ rung abgezogen werden. (2) Vergleich mit dem HGB, EStG und den IFRS Der Ansatz von Verbesserungskosten nach dem GKKB-RLV geht weiter als die Aktivierung von nachträglichen Anschaffungs- und Herstellungs­ kosten im HGB und EStG, da nach dem HGB in jedem Fall eine wesent­ liche Verbesserung vorliegen muss und anschaffungsnahe Herstellungs­ kosten nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG nur in Betracht kommen, wenn die Aufwendungen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchge­ führt werden und 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes überstei­ gen. Im EStG wurde auch das Problem der regelmäßigen Wartungsarbei­ ten beachtet, weshalb in § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 EStG geregelt ist, dass 1060 Arbeitsgruppe GKKB, GKKB: mögliche Elemente der technischen Ausgestaltung, v. 27.9. und 28.9.2007, CCCTB/WP057\doc\de, Rz. 18; Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 82.

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Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen, nicht zu den an­ schaffungsnahen Herstellungskosten gehören. Die Vorschriften zu den Verbesserungskosten im GKKB-RLV haben eine gewisse Ähnlichkeit mit den Regelungen in IAS 16 zu den nachträglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten. Zum Teil gehen die Verbesse­ rungskosten aber weiter als die nachträglichen Anschaffungs- und Her­ stellungskosten, zum Teil sind sie enger. Weiter sind sie, weil es für die starre 10 %-Grenze im Gegensatz zu den IFRS nicht darauf ankommt, ob von den Aufwendungen ein zukünftiger wirtschaftlicher Nutzen aus­ geht. Auch müssen laufende Wartungskosten im Gegensatz zu IAS 16.12 angesetzt werden, wenn sie die 10 %-Grenze überschreiten. Dies gilt zu­ mindest nach dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 18 GKKB-RLV, der insofern keine weiteren Einschränkungen vorsieht.1061 Dagegen ist der Ansatz von Wartungskosten nach IAS 16.14 nur unter den zusätzlichen Vorausset­ zungen vorgeschrieben, dass es sich um größere Wartungen handeln muss und die Wartung Voraussetzung für die Fortführung des Betriebs der Sachanlage ist. Andererseits geht der Komponentenansatz nach IAS 16.13 weiter, weil ein Ansatz einzelner Komponenten bereits ab einem Anteil von 5 % an den Gesamtkosten des Vermögenswerts in Betracht kommt1062 und entsprechend auch der Austausch dieser Komponenten ab 5 % der ursprünglichen Gesamtkosten zu berücksichtigen ist. Soweit die Aufwendungen für eine Substanzerweiterung oder wesentli­ che Verbesserung der Nutzungsmöglichkeit zu aktivieren sind, ent­ spricht der Begriff der Verbesserungskosten weitgehend den nachträgli­ chen Anschaffungs- und Herstellungskosten des HGB, EStG und der IFRS. Der Ansatz aller Aufwendungen über der 10 %-Grenze ist dagegen eine Regelung, die keine Entsprechung im HGB, EStG oder den IFRS hat. (3) Kritik Der Ansatz der Kosten für eine Erweiterung und wesentliche Verbesse­ rung der Nutzungsmöglichkeit ist eine notwendige Regelung, um das Realisationsprinzip möglichst konsequent umzusetzen. Zu kritisieren ist dagegen die typisierende 10 %-Regelung. Obwohl die starre 10 %-Grenze die Gewinnermittlung vereinfachen soll, wirft sie Fragen auf, die sich nicht unmittelbar aus dem GKKB-RLV selbst beantworten lassen. Geht man davon aus, dass zur Aktivierung keine weiteren Voraussetzungen erforderlich sind als die Überschreitung der 10 %-Grenze, stellt sich die Frage, in welchem Zeitraum diese Kosten anfallen müssen. Dazu macht 1061 Sind der Auffassung, dass alle Arten von Aufwendungen aktiviert werden müs­ sen, die die 10 %-Grenze überschreiten: Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 18. 1062 Scharfenberg, in Beck’sches IFRS-Handbuch, § 5, Rz. 15.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

der GKKB-RLV keine Vorgaben. Die 10 %-Regelung würde vollkommen über das Ziel hinausschießen, wenn alle Aufwendungen über die Nut­ zungsdauer des Wirtschaftsguts hinweg zusammengezählt würden. Es wäre naheliegend, das Steuerjahr als Zeitraum heranzuziehen. Dies hätte aber den Nachteil, dass den Steuerpflichtigen Gestaltungsspielräume er­ öffnet werden. So könnten Steuerpflichtige die Aktivierung von Unter­ haltskosten vermeiden, indem sie Wartungs- und Verbesserungsarbeiten über die Steuerjahre verteilen, um die Kosten für diese Arbeiten in jedem Steuerjahr unter 10 % der ursprünglichen Anschaffungs- und Herstel­ lungskosten zu halten. Möchte man starre Zeiträume und die damit ein­ hergehenden Gestaltungsspielräume vermeiden, bleibt nichts anderes übrig, als auf einen inneren Zusammenhang zwischen den verschiedenen Aufwendungen abzustellen. Ein solcher Zusammenhang ist nach dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 18 GKKB-RLV aber gerade nicht erforderlich. Die starre 10 %-Grenze begegnet aber noch grundlegenderen Bedenken: Es wird bewusst nicht zwischen laufenden Unterhaltskosten und Verbes­ serung der Nutzungsmöglichkeit unterschieden. Selbst wenn man den kurzen Zeitraum des Steuerjahres ansetzt, ist die 10 %-Grenze relativ niedrig angesetzt. Es ist zu erwarten, dass häufig laufende Unterhaltskos­ ten als Verbesserungskosten aktiviert werden, obwohl diese gerade keine Verbesserungskosten im eigentlichen Wortsinn sind. Dies gilt insbeson­ dere für wartungsintensive technische Anlagen. Dadurch verstößt die 10 %-Grenze gegen das Realisationsprinzip. Danach müssen Aufwen­ dungen sofort abgezogen werden, aus denen kein Wert resultiert, der zu einem späteren Zeitpunkt realisiert werden kann. Das Kriterium des zu erwartenden zukünftigen Nutzens, das ausdrücklich nur für die IFRS gilt, ist ein unmittelbarer Ausdruck des Realisationsprinzips, wenn man es so versteht, dass nur solche Aufwendungen aktiviert werden dürfen, die ei­ nen Wert erbringen, der im Unternehmensvermögen gespeichert wird. Eine solche Wertspeicherung findet bei laufenden Unterhalts- und War­ tungskosten, die regelmäßig anfallen, gerade nicht statt. Die Zeiträume, in denen solche Arbeiten erneut durchgeführt werden müssen, sind so kurz, dass sie keinen Nutzen über den Stichtag hinaus erwarten lassen. Der Verstoß gegen das Realisationsprinzip wiegt schwerer als die Verein­ fachung, die durch die 10 %-Grenze erreicht werden soll. Wegen der be­ stehenden Unklarheiten ist ohnehein fraglich, ob es überhaupt zu einer Vereinfachung kommen wird. In ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung ist die 10 %-Grenze daher nicht von der Typisierungsbefugnis des Gesetzge­ bers gedeckt. Insgesamt sollte Art. 4 Abs. 18 GKKB-RLV in dreifacher Weise geändert werden: Es sollte ausdrücklich geregelt werden, dass auch indirekte Auf­ wendungen zu den Verbesserungskosten zählen, wenn sie die entspre­

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chenden Kriterien erfüllen.1063 Es sollte klargestellt werden, in welchem Zeitraum Aufwendungen anfallen müssen, um für die 10 %-Grenze zu­ sammenaddiert zu werden. Um das Realisationsprinzip möglichst zu ge­ währleisten, sollte eine § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 EStG ähnliche Regelung aufgenommen werden, wonach laufende Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen, nicht unter die 10 %-Regel fallen. Alternativ, falls der Gesetzgeber eine stärkere Typisierung anstrebt, könnte eine star­ re Grenze beibehalten werden, die vermutlich wesentlich höher ange­ setzt werden müsste. Um eine sachgerechte Grenze festzulegen, wären aber empirische Untersuchungen notwendig, um zu bestimmen, wie hoch der laufende Unterhalt für den Großteil der technischen Anlagen ist. d) Zusammenfassung Die Regelungen des GKKB-RLV zu den Anschaffungs- und Herstellungs­ kosten zeichnen sich durch ihre Kürze und sprachliche Einfachheit aus. Teilweise führt diese Regelungstechnik zu eindeutigen, praktisch relativ leicht handhabbaren Regelungen, dies gilt zum Beispiel für die öffentli­ chen Investitionszuschüsse. Im Interesse der Objektivität und Vollstän­ digkeit der Gewinnermittlung sollte die Aktivierung der produktionsbe­ zogenen Herstellungsgemeinkosten für alle Arten von Wirtschaftsgütern vorgeschrieben und der Ansatz von Gemeinkosten im Übrigen untersagt werden. In vielen Bereichen bestehen noch Unklarheiten, die eine einheitliche praktische Anwendung der GKKB-Richtlinie erheblich erschweren wür­ den. Auslassungen wie die fehlende allgemeine Definition der Anschaf­ fungs- und Herstellungskosten sollten noch nachgeholt werden. Viele Unsicherheiten im Detail könnten durch die Aufnahme von Definitio­ nen beseitigt oder zumindest abgemildert werden. Dies gilt vor allem für die direkten und indirekten Kosten und die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung. In diesen Bereichen sind sich das deutsche Steuerbi­ lanzrecht und die IFRS recht ähnlich und könnten als Leitlinien für die Weiterentwicklung des GKKB-RLV dienen. Die IFRS könnten in diesem Bereich später häufig auch zur Auslegung der GKKB-Richtlinie herange­ zogen werden.1064 Sie sind darauf ausgerichtet, möglichst die vollständi­ gen Erwerbskosten abzubilden, was der Verwirklichung des Realisations­ prinzips dient, ohne dabei die Objektivität der Gewinnermittlung außer Acht zu lassen. Die Regelungen zur Berücksichtigung von Fremdkapital­ kosten sollten allerdings nicht herangezogen werden. 1063 Sehen hier auch noch Klarstellungsbedarf, lassen aber offen, ob die indirekten Kosten einbezogen werden sollten: Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 59. 1064 Essers/Russo, in Essers u.a. (Hrsg.), The Influence of IAS/IFRS on the CCCTB, S. 29, 58.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

2. Marktpreis und beizulegender Zeitwert Nach Art. 22 Abs. 1 lit. b)–d) GKKB-RLV ist zum Marktpreis zu bewerten, wenn es an einer monetären Gegenleistung fehlt. Dies ist bei der Zu­ gangsbewertung vor allem für Tauschgeschäfte und Einlagen der Fall. Eine wichtige Rolle spielt der Marktpreis auch für die Sonderabschrei­ bungen. Nach Art. 22 Abs. 1 lit. e) GKKB-RLV sind Finanzanlagevermö­ gen und finanzielle Verbindlichkeiten, die jeweils zu Handelszwecken gehalten werden, zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Diese termi­ nologische Unterscheidung ist aus deutscher Sicht verwirrend und über­ flüssig, entspricht doch nach § 255 Abs. 4 S. 1 HGB der beizulegende Zeitwert dem Marktpreis. Der Blick in die englische Fassung schafft an dieser Stelle keine Klarheit. Dort ist in lit. a)–c) von „market value“ und in lit. e) von fair value die Rede. In IAS 39.9 wird der beizulegende Zeit­ wert als Betrag definiert, zu dem vertragswillige unabhängige Geschäfts­ partner den Vermögenswert tauschen oder eine Schuld begleichen wür­ den. Dieser Betrag ist nichts anderes als der Marktpreis. Es ist nicht ersichtlich, dass der beizulegende Zeitwert für die GKKB eine andere Bedeutung haben soll als für die IFRS und das HGB. Ein Unter­ schied könnte darin liegen, dass Finanzanlagevermögen und finanzielle Verbindlichkeiten, die zu Handelszwecken gehalten werden, laufend zum Markpreis bewertet werden sollen und sich die Folgebewertung da­ her von der Bewertung anderer Positionen unterscheidet. Dies folgt aber ohnehin zweifelsfrei aus Art. 23 Abs. 2 GKKB-RLV und ändert nichts daran, dass der beizulegende Zeitwert dem aktuellen Marktpreis ent­ spricht. Die Unterscheidung in Art. 22 GKKB-RLV zwischen Marktpreis und beizulegendem Zeitwert ist überflüssig und sollte für die endgültige Richtlinie abgeschafft werden. Auch die dänische Ratspräsidentschaft sieht für Art. 22 GKKB-RLV Änderungsbedarf und schlägt vor, in lit. b)–e) einheitlich vom Marktwert zu sprechen.1065 Im Kompromissvorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft ist eine Definition vorgesehen, wonach der Marktwert der Betrag ist, „für den zwischen vertragswilligen unabhängigen Käufern und Verkäufern in ei­ ner direkten Transaktion Vermögenswerte ausgetauscht oder gegenseiti­ ge Verpflichtungen abgerechnet werden können.“1066 Diese Definition orientiert sich ersichtlich an IFRS 13.9. Wie der Marktwert oder beizule­ gende Zeitwert genau zu bestimmen ist, soll im Zusammenhang mit den Sonderabschreibungen besprochen werden.1067

1065 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 4.4.2012. 1066 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013, Art. 22 Abs. 1 lit. b). 1067 Dazu unten 6. Kapitel:B.II.4.c)aa).

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten Nach Art. 10 GKKB-RLV besteht die Bemessungsgrundlage aus den Erträ­ gen abzüglich steuerfreier Erträge, abziehbarer Aufwendungen und sons­ tiger abziehbaren Posten. Welche Aufwendungen abzugsfähig sind, ist in Art. 12 GKKB-RLV geregelt. Danach kommt es auf die geschäftliche Ver­ anlassung der Aufwendungen an.1068 Sonstige abziehbare Posten sind nach Art. 13 GKKB-RLV nur die Abschreibungen. Welche Aufwendungen nicht abziehbar sind, wird in Art. 14 Abs. 1 GKKB-RLV geregelt. Auf die einzelnen Abzugsverbote soll hier nicht eingegangen werden. Diese be­ treffen zum Großteil keine spezifischen bilanzrechtlichen Fragen, son­ dern vor allem außerbilanzielle Korrekturen und fallen daher nicht in den inhaltlichen Rahmen dieser Arbeit. Grundlegende Bedeutung für die Gewinnermittlung im engeren Sinne haben nur das Abzugsverbot von Ausgaben für Wirtschaftsgüter in Abs. 1 lit. i) und das Abzugsverbot für die Rückzahlung von Fremdkapital nach Abs. 1 lit. a) Alt. 2.

I. Verbindlichkeiten 1. Verbindlichkeiten nach dem HGB, EStG und den IFRS Verbindlichkeiten sind Teil des Fremdkapitals der Bilanz. Daneben gehö­ ren Rückstellungen und im deutschen Bilanzrecht passive Rechnungsab­ grenzungsposten zum Fremdkapital.1069 Beim Ansatz von Verbindlichkei­ ten wird im Bilanzrecht nicht danach unterschieden, ob die Verbindlichkeit auf einen erfolgswirksamen oder erfolgsneutralen Geschäftsvorfall zu­ rückgeht. Die Auswirkung der Verbindlichkeit auf den Gewinn ergibt sich erst aus der entsprechenden Gegenbuchung entweder erfolgswirk­ sam als Aufwand oder erfolgsneutral durch Ansatz eines entsprechenden Aktivums oder eines Passiventauschs. Der BFH definiert Verbindlichkeiten in ständiger Rechtsprechung wie folgt: „Verbindlichkeit ist die Verpflichtung des Unternehmers zu einer dem Inhalt und der Höhe nach bestimmten Leistung an einen Dritten, die erzwingbar ist und eine wirtschaftliche Belastung darstellt“.1070 Die Verbindlichkeit muss nicht auf eine Zahlungsverpflichtung bezogen sein, sondern kann jede Art von Leistung zum Gegenstand haben.1071 Unver­ zinsliche Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von mehr als zwölf Mona­ 1068 Die erforderliche Veranlassung wird im unter der irischen Ratspräsidentschaft ausgearbeiteten Kompromissvorschlag zusätzlich betont, Kompromissvorschlag des Rats der Europäischen Union v. 2.5.2013. 1069 Maier, in Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Verbindlichkeiten, Rz. 2. 1070 BFH v. 4.2.1999 - IV R 54/97, BStBl II 2000, S. 139, 141 m.w.N. 1071 BFH v. 18.12.2002 - I R 17/02, BStBl II 2004, S. 126, 127.

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ten sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG abzuzinsen. Die IFRS enthalten keine Definition für Verbindlichkeiten, sondern machen in IASC-Framework 49 (b) allgemeine Vorgaben für Schulden, zu denen auch Rückstellungen gehören. Danach ist eine Schuld „eine gegenwärtige Verpflichtung des Unternehmens, die aus Ereignissen der Vergangenheit entsteht und deren Erfüllung für das Unternehmen mit einem Abfluss von Ressourcen mit wirtschaftlichem Nutzen verbunden ist.“ Eine Verbindlichkeit im Sinne des deutschen Bilanzrechts liegt vor, wenn die Schuld bezüglich ihrer Fälligkeit und Höhe gewiss ist,1072 es handelt sich dann um eine soge­ nannte „sichere Verbindlichkeit“.1073 Die Vorgaben des BFH und der IFRS ähneln sich. Große Unterschiede bestehen auf den ersten Blick bei der Voraussetzung der Erzwingbarkeit, denn in den IFRS können auch faktische Verpflich­ tungen passiviert werden (IAS 37.10 (c)). Dieser Unterschied relativiert sich aber, wenn man berücksichtigt, dass es auch im deutschen Bilanz­ recht nicht unbedingt auf die zivilrechtliche Erzwingbarkeit ankommt. Das Merkmal der wirtschaftlichen Belastung zeigt, dass auch nach der Definition des BFH keine streng zivilrechtliche Betrachtung vorgenom­ men wird, sondern die faktische Verpflichtung maßgeblich ist. Wird ein zivilrechtlich erzwingbarer Anspruch wahrscheinlich nicht durchge­ setzt, liegt keine Verbindlichkeit vor.1074 Kann sich der Bilanzierende um­ gekehrt einer zivilrechtlich nicht durchsetzbaren Verpflichtung faktisch nicht entziehen, liegt eine bilanzielle Verbindlichkeit vor.1075 Dies kann zum Beispiel für Gewährleistungen gelten, die ohne rechtliche Verpflich­ tung erbracht werden.1076 Die Vorgabe des zu erwartenden Abflusses von Ressourcen nach IFRS ist der zu erwartenden wirtschaftlichen Belastung im deutschen Bilanzrecht sehr ähnlich. Praktisch führen die Definition von Verbindlichkeiten des BFH und die Vorgaben der IFRS zu „sicheren Verbindlichkeiten“ in aller Regel zum gleichen Ergebnis.1077 2. Verbindlichkeiten nach dem GKKB-RLV Der GKKB-RLV enthält keine Definition für Verbindlichkeiten, setzt den Begriff in der Regelung zu Finanzanlagen in Art. 23 GKKB-RLV aber vor­ aus. Art. 19 GKKB-RLV zur Realisierung von Aufwendungen enthält nur sehr grobe Vorgaben. Diese beziehen sich nach dem Wortlaut allein auf 1072 Eine Rückstellung wird nach IAS 37.10 für Verbindlichkeiten gebildet, die dem Grunde oder der Höhe nach unsicher sind. 1073 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 21, Rz. 10. 1074 Reiner/Haußer, in MüKo HGB, § 266, Rz. 109. 1075 Adler/Düring/Schmaltz, HGB, § 246, Rz. 119 f.; Schubert, in Beck’scher Bi­ lanz-Kommentar, § 247, Rz. 204; Reiner/Haußer, in MüKo HGB, § 266, Rz. 109. 1076 Schubert, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 247, Rz. 204. 1077 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 21, Rz. 7.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

abziehbare Zahlungsverpflichtungen, die entstanden sein müssen (lit. a) und die Höhe der Verpflichtung muss mit angemessener Genauigkeit be­ stimmt werden können (lit. b). Nach dem Wortlaut von Art. 19 GKKBRLV kommt es nicht darauf an, ob eine rechtliche Verpflichtung besteht. Dies spricht dafür, dass es auch im Rahmen des GKKB-RLV für Verbind­ lichkeiten auf die wirtschaftliche und nicht auf die rechtliche Verpflich­ tung ankommt. In der Regelung zu Rückstellungen Art. 25 Abs. 1 UA 1 GKKB-RLV ist ausdrücklich geregelt, dass es sich um eine rechtli­ che Verpflichtung handeln muss. Diese ausdrückliche Nennung könnte im Umkehrschluss bedeuten, dass der Begriff der Verbindlichkeit nach Art. 19 GKKB-RLV insofern weiter ist. Im Gegensatz zum Bilanzrecht müssen Verbindlichkeiten für die GKKB danach unterschieden werden, ob der entsprechende Geschäftsvorfall er­ folgswirksam oder erfolgsneutral ist. Erfolgswirksame Verbindlichkeiten werden nach den allgemeinen Regeln als Aufwendungen abgezogen. Er­ folgsneutrale Verbindlichkeiten sind für die Ermittlung der GKKB unbe­ achtlich. Die wichtigsten Fälle von erfolgsneutralen Verbindlichkeiten, die nicht abgezogen werden dürfen, sind Verbindlichkeiten, die zur An­ schaffung- oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV) eingegangen werden, und der Rückzah­ lungsbetrag von Darlehen, gegebenenfalls abzüglich eines Agios. Dass das Eingehen einer Darlehensverbindlichkeit nicht zu abziehbarem Auf­ wand führt, ist im GKKB-RLV nicht ausdrücklich geregelt, es folgt aber aus der Natur der steuerlichen Gewinnermittlung nach dem Realisati­ onsprinzip. Der Verbindlichkeit steht ein Mittelzufluss in gleicher Höhe gegenüber, weshalb sich kein Verlust realisiert hat. Auch die Rückzah­ lung des Darlehens führt nicht zu abziehbarem Aufwand (Art. 14 Abs. 1 lit. a) Alt. 2 GKKB-RLV). Diese Regelung ist eigentlich überflüssig, weil das Begleichen einer Verbindlichkeit stets ein erfolgsneutraler Vorgang ist. Für den Inhaber der Forderung ist dies in Art. 4 Abs. 8 S. 3 GKKB-RLV ausdrücklich geregelt. Der Begriff der Verbindlichkeit hat ähnlich wie der Begriff des Wirt­ schaftsguts grundlegende Bedeutung für die GKKB. Liegt kein unmittel­ barer Zahlungsabfluss vor, kommt eine abziehbare Aufwendung nur in Betracht, wenn eine Verbindlichkeit entsteht oder eine Rückstellung ge­ bildet werden muss. Rückstellungen haben andere Tatbestandsvorausset­ zungen und Rechtsfolgen als Verbindlichkeiten, weswegen beide vonein­ ander abgegrenzt werden müssen. So sind Rückstellungen zum Beispiel nach Art. 25 Abs. 2 lit. b) GKKB-RLV abzuzinsen, während für Verbind­ lichkeiten keine Abzinsung vorgesehen ist. Da der Begriff der Verbind­ lichkeit zentrale Bedeutung für die Gewinnermittlung hat, sollte unbe­ dingt eine allgemeine Definition in den GKKB-RLV aufgenommen werden, die sich an den Vorgaben für „sichere Verbindlichkeiten“ nach 253

6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

den IFRS orientiert. Maßgeblich muss nach der wirtschaftlichen Betrach­ tung vor allem der zu erwartende Abfluss von Ressourcen sein. Solange der GKKB-RLV keine Definition für Verbindlichkeiten enthält, lassen sich aus Art. 19 GKKB-RLV allgemeine Vorgaben für Verbindlichkeiten ableiten. Für die praktische Umsetzung der GKKB stellt sich die Frage, inwieweit ein Register über Verbindlichkeiten zu führen ist. Theoretisch könnte man auf ein solches Register verzichten, da nur beim Eingehen, nicht aber bei der Erfüllung der Verbindlichkeit eine abziehbare Aufwendung in Betracht kommt. Dies dürfte aber für längerfristige Verbindlichkeiten nicht praktikabel sein, die für Zeiträume über den Stichtag hinaus einge­ gangen werden. Im Zeitpunkt des Begleichens der Verbindlichkeit muss sicher feststehen, inwieweit der Abfluss von Mitteln durch die Rückzah­ lung veranlasst ist. Dazu bedarf es zumindest Aufzeichnungen über das ursprüngliche Eingehen der Verbindlichkeit und gegebenenfalls zwi­ schenzeitliche Teiltilgungen. Besonders im Fall von verzinslichen Ver­ bindlichkeiten sind diese Aufzeichnungen erforderlich, um abziehbaren Zinsaufwand von nicht abziehbaren Tilgungen abzugrenzen. 3. Zusammenfassung Der Begriff der Verbindlichkeit ist zentral für die Passivseite der Schat­ tenbilanz. Daher sollte der GKKB-RLV eine Definition für Verbindlich­ keiten enthalten, die sich an den Vorgaben für sichere Verbindlichkeiten nach den IFRS orientiert.

II. Abschreibung von Anlagevermögen Praktisch gibt es zur planmäßigen Abschreibung im Steuerbilanzrecht keine Alternative.1078 Einer Berücksichtigung des Wertverzehrs erst im Veräußerungszeitpunkt steht das Leistungsfähigkeitsprinzip entgegen und eine Orientierung an Umsätzen oder am Zeitwert wäre nicht mit der Objektivität der steuerlichen Gewinnermittlung vereinbar. 1. Unselbständige Teile von Wirtschaftsgütern Der eigentlichen Abschreibung geht die Frage voraus, was Gegenstand der Abschreibung ist. Es kommt darauf an, ob stets das gesamte Wirt­ schaftsgut einheitlich abzuschreiben ist, oder ob auch die separate Ab­ schreibung einzelner Bestandteile in Betracht kommt. Ist ein Gegenstand unselbständiger Teil eines übergeordneten Wirtschaftsguts, richtet sich 1078 Zu den Voraussetzungen einer „Nicht-Abschreibung“: Schneider, in Bertl u.a. (Hrsg.), Abschreibungen, S. 13. 22.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

die Abschreibungsdauer in den meisten hier untersuchten Gewinner­ mittlungssystemen nach den Regeln für das übergeordnete Wirtschafts­ gut. Für eine möglichst einheitliche Abschreibung sprechen Gründe der Objektivität und der Einfachheit der Gewinnermittlung. Für eine möglichst differenzierte Abschreibung einzelner Teile spricht, dass die Abschreibung möglichst realitätsgerecht erfolgen soll.1079 Für den GKKB-RLV hat diese Abgrenzung eine weitere Bedeutung. Dort gibt es feste Wertgrenzen für geringwertige Wirtschaftsgüter des Anlagevermö­ gens, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten sofort abgezogen wer­ den dürfen. Je stärker zusammengesetzte Gegenstände in verschiedene Wirtschaftsgüter aufgeteilt werden, desto häufiger gilt der Sofortabzug. a) Unselbständige Teile von Wirtschaftsgütern nach dem HGB und EStG Nach dem HGB und EStG gilt der Grundsatz der einheitlichen Abschrei­ bung. Deswegen kommt es für die Abschreibungsdauer entscheidend da­ rauf an, ob ein bestimmter Gegenstand ein eigenständiges Wirtschaftsgut ist oder ob er als unselbständiger Teil einer größeren Einheit nach den Regeln für diesen übergeordneten Gegenstand abgeschrieben wird. Prak­ tisch stellt sich diese Problematik vor allem bei Gebäudebestandteilen. Mit Beschluss vom 26.11.1973 hat der Große Senat des BFH den Gedan­ ken der Vereinfachung der Gewinnermittlung in den Vordergrund ge­ stellt, der § 7 Abs. 1 EStG zugrunde liege. Danach gilt für Gebäude der Grundsatz der Bewertungseinheit. Nach wirtschaftlicher Betrachtungs­ weise werden alle Einrichtungen, die allein der Nutzung des Gebäudes dienen, einheitlich als Gebäude abgeschrieben, auch wenn ihre tatsächli­ che Nutzungsdauer kürzer ist als die des restlichen Gebäudes. Dieses Er­ gebnis wird auch mit den relativ kurzen Abschreibungszeiträumen für Gebäude nach § 7 Abs. 4 EStG begründet, die berücksichtigten, dass Ge­ bäude wirtschaftlich häufig deutlich schneller veralten als technisch.1080 Separat abgeschrieben werden Gebäudeteile, die in einem anderen Nut­ zungs- und Funktionszusammenhang stehen als die Gebäudenutzung. Dies gilt für Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu ei­ nem Betriebsvermögen gehören. Auch vorübergehend eingefügte Teile oder Anlagen werden eigenständig abgeschrieben. Das Gleiche gilt für Teile, die der Vermieter oder Verpächter für besondere Bedürfnisse des Mieters oder Pächters eingefügt hat oder die vom Mieter oder Pächter eingefügt wurden.1081 Wo genau die Grenze zwischen unselbständigen Teilen des Gebäudes und Gegenständen verläuft, die einen eigenständi­ 1079 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 91. 1080 BFH v. 26.11.1973 - GrS 5/71, BStBl II 1974, S. 132, 137. 1081 BFH v. 26.11.1973 - GrS 5/71, BStBl II 1974, S. 132, 136.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

gen Nutzungs- und Funktionszusammenhang haben, lässt sich nach dem Kriterium der wirtschaftlichen Betrachtungsweise abstrakt kaum festle­ gen. Entsprechend kommt es in Grenzfällen entscheidend auf die Einzel­ fallrechtsprechung an. So hat der BFH im Beschluss vom 26.11.1973 zum Beispiel offen gelassen, ob Anlagen wie Schaufenstereinrichtungen oder Glasvitrinen unselbständige oder selbständige Gebäudeteile sind.1082 b) Komponentenansatz nach den IFRS Wegen des Komponentenansatzes weichen die IFRS an dieser Stelle stark von der Bilanzierung nach dem HGB und EStG ab. Der Komponentenan­ satz ist für Großanlagen anwendbar, zum Beispiel für Hochöfen (IAS 16.13). Komponenten sind einzeln anzusetzen, wenn ein Vermö­ genswert aus Komponenten mit unterschiedlichen Nutzungsdauern be­ steht, die regelmäßig während der Gesamtnutzungsdauer des Vermö­ genswerts ausgetauscht werden. Jede dieser Komponenten muss einen erheblichen Teil der Anschaffungs- und Herstellungskosten ausmachen (IAS 16.43). Die Grenze für die Signifikanz wird von der Literatur bei 5–10 % der gesamten Anschaffungs- und Herstellungskosten gesehen, wobei es innerhalb dieses Spielraums auf die Umstände des Einzelfalls ankommt.1083 Wesentliche Bedeutung kommt dem Komponentenansatz nicht für den erstmaligen Ansatz zu, sondern für die Folgebewertung, weil die Kompo­ nenten nach IAS 16.43 einzeln abgeschrieben werden müssen und sich der Abschreibungszeitraum nach der Nutzungsdauer der jeweiligen Kom­ ponente richtet. Die Abschreibung von nachträglichen Anschaffungsoder Herstellungskosten erfolgt ebenso nach dem Komponentenansatz. Der Ersatz von Teilen, die keine Kleinteile sind, und größere Wartungsar­ beiten erfüllen die Voraussetzung von IAS 16.43 und werden als einzelne Komponenten separat abgeschrieben.1084 c) Unselbständige Teile von Wirtschaftsgütern nach dem GKKB-RLV Die Frage, ob ein Gegenstand, der aus mehreren unselbständigen Teilen besteht, einheitlich abgeschrieben wird, spielt im GKKB-RLV praktisch für Wirtschaftsgüter eine Rolle, die einzeln abgeschrieben werden. Wirt­ schaftsgüter, die im Sammelposten abgeschrieben werden, verschwinden im Pool, egal, ob sie als größere Einheit oder als einzelne Bestandteile angesetzt wurden. Auch Wirtschaftsgüter, die einzeln abgeschrieben wer­ den, sollten möglichst einheitlich behandelt werden. Dafür spricht das 1082 BFH v. 26.11.1973 - GrS 5/71, BStBl II 1974, S. 132, 136. 1083 Küting/Ranker, DB 2007, S. 753 f.; Scharfenberg, in Beck’sches IFRS-Handbuch, § 5, Rz. 15. 1084 Siehe oben 6. Kapitel:A.IV.1.b)ii).

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

gesamte Abschreibungssystem des GKKB-RLV. Im Vordergrund stehen sehr schematische Regeln. Die Poolabschreibung, die insofern am weites­ ten geht, zeigt, dass es im GKKB-RLV nicht in erster Linie darauf an­ kommt, jeden Gegenstand möglichst realitätsgerecht abzuschreiben, sondern auf eine möglichst einfache Gewinnermittlung. Entsprechend sieht der GKKB-RLV auch keinen den IFRS vergleichbaren Komponen­ tenansatz vor. Eines der wichtigsten Ziele des europäischen Gesetzge­ bers, das durch die GKKB erreicht werden soll, ist eine möglichst einfa­ che Gewinnermittlung. Dieses Ziel wird durch einen einheitlichen Ansatz und die einheitliche Folgebewertung von zusammengehörenden Bestandteilen am besten erreicht. Die möglichst einheitliche Abschreibung unselbständiger Bestandteile ist auch mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip vereinbar, obwohl sich ein­ zelne Bestandteile häufig deutlich schneller abnutzen als der gesamte Ge­ genstand. Das Argument des BFH, kurze Abschreibungszeiträume seien ein Ausgleich dafür, dass unselbständige Bestandteile nicht individuell abgeschrieben werden können, gilt erst Recht für die GKKB. Denn zu­ meist sind die Abschreibungszeiträume nach Art. 36 GKKB-RLV noch kürzer als nach § 7 EStG. Auch die sehr großzügige Regelung für den So­ fortabzug, die sich aus Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV ergibt, spricht dafür, möglichst von einheitlichen Wirtschaftsgütern auszugehen. Andernfalls käme es sehr häufig zum Sofortabzug, was dazu führen würde, dass die GKKB in vielen Fällen ein recht unvollständiges Bild der Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens wiedergäbe. aa) Gebäudeteile Praktisch wird sich die Unterscheidung zwischen selbständigen Wirt­ schaftsgütern und unselbständigen Teilen von Wirtschaftsgütern vor al­ lem für Bestandteile von Gebäuden auswirken, weil hier die Differenz der Abschreibungszeiträume am größten ist. Hier ließe sich die GKKB-Richt­ linie noch konkretisieren. Eine Regelung könnte so aussehen, dass grund­ sätzlich alle wesentlichen Bestandteile des Gebäudes, die mit dem Ge­ bäude fest verbunden sind und nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck eingefügt werden,1085 zusammen mit dem Gebäude abgeschrieben werden. Dies kann aber nur gelten, wenn der Steuerpflichtige wirtschaft­ licher Eigentümer des Gebäudes und der Bestandteile ist. Fällt im Fall von Mietereinbauten das wirtschaftliche Eigentum auseinander, müssen die Bestandteile wie im deutschen Recht separat abgeschrieben werden. Eine Regelung, die alle wesentlichen Bestandteile eines Gebäudes diesem zurechnet, kann zu erheblichen Härten führen, wenn die wesentlichen 1085 Siehe § 95 Abs. 1 S. 1 BGB.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Bestandteile relativ zum übrigen Wert des Gebäudes einen hohen Wert haben oder diesen sogar übersteigen. Dies dürfte vor allem für Maschinen häufig der Fall sein. Um solche Härten zu vermeiden, könnte zum Bei­ spiel eine Regelung aufgenommen werden, nach der eine separate Ab­ schreibung möglich ist, wenn der Wert der Bestandteile einen bestimm­ ten Prozentsatz des Wertes des restlichen Gebäudes übersteigt. Eine solche Regelung würde auch Anreize zur Steuergestaltung verhindern. Solche Gestaltungen könnten so aussehen, dass die Unternehmen das Eigentum am Gebäude und den wesentlichen Bestandteilen bewusst trennen. bb) Verbesserungskosten Eine Ausnahme vom Grundsatz der einheitlichen Abschreibung gilt für Verbesserungskosten. Diese werden nach Art. 35 GKKB-RLV wie bei ei­ nem neu erworbenen Wirtschaftsgut nach den Vorschriften abgeschrie­ ben, die für das verbesserte Wirtschaftsgut gelten. Daraus folgt, dass Ver­ besserungskosten eigenständig wie ein separates Wirtschaftsgut zu behandeln sind und es lediglich für die Regeln dieser Abschreibung auf das verbesserte Wirtschaftsgut ankommt. Dies folgt auch aus Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV. Verbesserungskosten von weniger als 1.000 3 werden in Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV mit der Verbindung „oder“ eigenständig ne­ ben den Kosten des Erwerbs oder der Errichtung genannt, weshalb es nicht auf die Ausgaben für das Wirtschaftsgut insgesamt ankommt, son­ dern allein auf die Höhe der Verbesserungskosten. Dadurch wird klarge­ stellt, dass Verbesserungskosten auch für die Geringwertigkeitsgrenze eigenständig zu behandeln sind. Konsequenterweise müssen die Verbes­ serungskosten, sofern sie einzeln abzuschreiben sind, auch im Anlagere­ gister separat aufgeführt werden.1086 Die dänische Ratspräsidentschaft schlägt vor, für die Verbesserungskosten des Mieters einer Immobilie eine eigenständige Regelung für die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums in den GKKB-RLV aufzunehmen. Danach soll in Art. 35 GKKB-­ RLV klargestellt werden, dass der Mieter bezüglich der Verbesserungskos­ ten abschreibungsberechtigt ist.1087 Dies wäre eine Kon­kre­ti­sie­rung des Grundsatzes des wirtschaftlichen Eigentums, welche die ein­ heitliche Ermittlung der GKKB in diesem Bereich sicherstellen könnte. d) Zusammenfassende Beurteilung Der Komponentenansatz der IFRS ist für das Steuerrecht nicht geeignet. Er ist zu aufwendig und gewährt zu viele implizite Ermessenspielräume. Dies würde die Einfachheit und Objektivität der Gewinnermittlung zu 1086 Vermeulen, in Weber (Hrsg.), CCCTB – Selected Issues, S. 79, 87. 1087 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 4.4.2012.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

stark beeinträchtigen.1088 Wie die Definition des Wirtschaftsguts selbst ist auch die Abgrenzung zwischen selbständigen Wirtschaftsgütern und unselbständigen Teilen von Wirtschaftsgütern abstrakt sehr schwer zu treffen. Für Gebäude ließe sich die GKKB-Richtlinie hier noch konkreti­ sieren. Allgemein sollten die Verwaltungspraxis und die Rechtsprechung wegen der großzügigen Sofortabzugsregelung im GKKB-RLV bei der Aufteilung eines übergeordneten Gegenstandes in verschiedene Wirtschaftsgüter eher restriktiv vorgehen. Andernfalls droht der Sofortabzug auszuufern. Um die rechtliche Unsicherheit bezüglich dieser Aufteilung auf das unumgängliche Minimum zu reduzieren, wäre es überlegenswert, der Kommission wie für die Einordnung als Wirtschaftsgut auch für die Ab­ grenzung zwischen selbständigen und unselbständigen Teilen eine Klar­ stellungsbefugnis nach Art. 127 ff. GKKB-RLV zu geben. 2. Abschreibung nach dem HGB und EStG Regelungen zur Abschreibung von Anlagevermögen finden sich in § 253 Abs. 3 und Abs. 5 HGB. Das EStG enthält in § 7 und § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Sonderregeln zur Abschreibung, die in § 7 als Absetzung für Abnut­ zung (AfA) bezeichnet wird. In diesen Normen wird grundlegend zwi­ schen planmäßiger und außerplanmäßiger Abschreibung unterschieden. Damit ein Wirtschaftsgut zwingend unter die Abschreibungsregeln fällt, muss es zunächst die Geringwertigkeitsgrenze überschreiten. a) Geringwertigkeit Ist ein Wirtschaftsgut geringwertig, können dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach § 6 Abs. 2 S. 1 EStG sofort abgezogen werden. Diese Regelung dient der Vereinfachung.1089 Ein Wirtschaftsgut ist gering­ wertig, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich darin enthaltener Vorsteuer 410 3 nicht übersteigen und das Wirtschafsgut ei­ ner selbständigen Nutzung fähig ist. Dabei kommt es stets nur auf den Nettobetrag an, unabhängig davon, ob der Unternehmer zum Vorsteuer­ abzug berechtigt ist oder nicht.1090 Ein Wirtschaftsgut ist nach § 6 Abs. 2 S. 2 EStG nicht zur selbständigen Nutzung fähig, wenn es nach seiner Zweckbestimmung nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern ge­ nutzt werden kann und diese Wirtschaftsgüter technisch aufeinander ab­ gestimmt sind. Diese Regelung schafft praktisch zahlreiche Abgren­ zungsprobleme und hat zu einer vielfältigen Rechtsprechung geführt, 1088 Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 116; Schildbach, IRZ 2007, S. 91, 94. 1089 Kulosa, in Schmidt, EStG, § 6, Rz. 592. 1090 BFH v. 17.12.1974 - VIII R 66/71, BStBl II 1975, S. 365.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

wonach zum Beispiel ein Drucker1091 keiner selbständigen Nutzung fähig ist, ein fest eingebautes Autoradio1092 dagegen schon.1093 Für die HGB-Bi­ lanz entspricht der Sofortabzug der Ausgaben für geringwertige Wirt­ schaftsgüter der kaufmännischen Übung, wobei es keine festen Wert­ grenzen gibt. Dies ist Ausdruck des Prinzips der Wesentlichkeit im Handelsrecht; der Aufwand der planmäßigen Abschreibung der gering­ wertigen Wirtschaftsgüter wäre unverhältnismäßig.1094 Trotz der Aufgabe des Grundsatzes der umgekehrten Maßgeblichkeit ist aber die Orientie­ rung an den steuerlichen Wertgrenzen üblich.1095 b) Planmäßige Abschreibung Nach § 253 Abs. 3 S. 2 HGB richtet sich die planmäßige Abschreibung nach der tatsächlich zu erwartenden Nutzungsdauer des Vermögensge­ genstands. Abschreibungsbasis ist die Differenz zwischen den Anschaf­ fungs- oder Herstellungskosten und dem voraussichtlichen Veräuße­ rungswert des Gegenstandes am Ende der Nutzungsdauer. Sofern ein Restwert nicht sicher erwartet werden kann, ist auf den Erinnerungswert von 1 3 abzuschreiben.1096 Im Bilanzsteuerrecht wird der Restwert regel­ mäßig vernachlässigt.1097 Für die Handelsbilanz kommen sowohl lineare als auch degressive Abschreibungsmethoden in Betracht.1098 Nach § 7 Abs. 1 S. 1 EStG ist in der Steuerbilanz eine planmäßige lineare Ab­ schreibung anhand der zu erwartenden Verwendungsdauer vorzuneh­ men. Dabei kommt es aber nicht auf die zu erwartende individuelle Nut­ zungsdauer an, sondern in einer typisierenden Betrachtung auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 1 S. 2 EStG), das heißt, die objektive Nutzbarkeit unter Berücksichtigung der konkreten betriebsty­ pischen Beanspruchung, wobei es unbeachtlich ist, ob die vorzeitige Ver­ äußerung des Wirtschaftsguts beabsichtigt ist.1099 Nur für Gebäude sieht das EStG feste Abschreibungszeiträume vor. Ge­ hört das Gebäude zu einem Betriebsvermögen und wird nicht zu Wohnzwecken genutzt, beträgt die jährliche Abschreibung nach § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG 3 % und der Abschreibungszeitraum ca. 33 Jahre. 1091 BFH v. 19.2.2004 - VI R 135/01, BStBl II 2004, S. 958. 1092 BFH v. 10.4.1997 - III R 37/92, BFH/NV 1998, S. 213. 1093 Weitere Beispiele bei Schlotter, in MüKo Bilanzrecht, HGB, § 253 Anhang Ausge­ wählte steuerliche Besonderheiten, Rz. 182. 1094 Winnefeld, Bilanz-Handbuch, Kapitel E, Rz. 1326. 1095 Koss/Lemmen/Niemann/Wohlgemuth, in Pelka/Niemann (Hrsg.), Jahres- und Konzernabschluss nach Handels- und Steuerrecht, Bd. B, 1.A.3.d), Rz. 144W. 1096 Kleindiek, in Ulmer (Hrsg.), HGB-Bilanzrecht, § 253, Rz. 45. 1097 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 254 f. 1098 Schubert/Andrejewski/Roscher, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB, § 253, Rz. 238 ff. 1099 Kulosa, in Schmidt, EStG, § 7, Rz. 101.

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Nach § 7 Abs. 4 S. 2 EStG kann die tatsächlich zu erwartende Nutzungs­ dauer angesetzt werden, wenn diese kürzer ist. Die Steuerpflichtigen müssen die kürzere Nutzungsdauer glaubhaft machen.1100 Zu den Voraus­ setzungen dieser Glaubhaftmachung existiert eine umfangreiche Recht­ sprechung.1101 Für die übrigen Wirtschaftsgüter besteht trotz der im Steuerrecht beabsichtigten Objektivierung praktisch ein erheblicher Beurteilungsspielraum der Steuerpflichtigen.1102 Um die steuerliche Gewinn­ermittlung weiter zu objektivieren, hat die Finanzverwaltung all­ gemeine und branchenspezifische AfA-Tabellen erstellt, die als Anhalts­ punkt für die Bestimmung der Angemessenheit der AfA dienen.1103 An diesen Tabellen orientiert sich auch die Praxis der Handelsbilanz häu­ fig.1104 Im Jahr des Erwerbs vermindert sich die AfA für jeden vollen Mo­ nat, der dem Erwerb vorhergeht, um ein Zwölftel (§ 7 Abs. 1 S. 4 EStG). aa) Sammelposten In § 6 Abs. 2a EStG ist die wahlweise Bildung eines Sammelpostens für Wirtschaftsgüter vorgesehen, deren Erwerbskosten mehr als 150 3 und nicht mehr als 1.000 3 betragen. Der Sammelposten wird jährlich zu ei­ nem Fünftel aufgelöst. Wird ein Sammelposten gebildet, müssen nach § 6 Abs. 2a S. 5 EStG alle Wirtschaftsgüter, die in einem Wirtschaftsjahr er­ worben wurden und innerhalb der Wertgrenze liegen, einheitlich in den Sammelposten eingestellt werden. Dadurch entfällt der Sofortabzug für Wirtschaftsgüter zwischen 150 3 und 410 3. Ob die Bildung des Sammel­ postens günstig ist oder nicht, lässt sich nicht ohne Weiteres beantwor­ ten, weshalb § 6 Abs. 2a EStG statt der angestrebten Vereinfachung eine zusätzliche Komplizierung der steuerlichen Gewinnermittlung be­ wirkt.1105 Praktisch spielt der Sammelposten wohl keine große Rolle, was an der Komplizierung durch das zusätzliche Wahlrecht liegen dürfte. bb) Verbesserungskosten Verbesserungskosten werden im HGB und EStG nicht separat abgeschrie­ ben, sofern kein neues Wirtschaftsgut entsteht. Stattdessen werden die Verbesserungskosten zur ursprünglichen Abschreibungsbasis des verbes­ serten Wirtschaftsguts hinzugerechnet. Auf diese Basis wird der ur­ sprüngliche AfA-Satz angewandt. Die sich so ergebenden AfA-Raten wer­ 1100 Nolde, in Herrmann/Heuer/Raupach (Hrsg.), EStG, § 7, Rz. 437. 1101 Nachweise bei Brandis, in Blümich, EStG, § 7, Rz. 522. 1102 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 89. 1103 BMF v. 18.4.1997, IV A 8-S 1551-38/97, AfA-Tabellen – Allgemeine Vorbemer­ kungen, BStBl I 1997, S. 392. 1104 Kleindiek, in Ulmer (Hrsg.), HGB-Bilanzrecht, § 253, Rz. 46. 1105 Kulosa, in Schmidt, EStG, § 6, Rz. 604; Kleinle/Dreixler, in Herrmann/Heuer/ Raupach (Hrsg.), EStG, § 6, Rz. 1303.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

den vom Restwert des ursprünglichen Wirtschaftsguts zuzüglich der Verbesserungskosten abgezogen. Daraus folgen eine Erhöhung der AfA-Raten und zugleich eine Verlängerung der Abschreibungsdauer.1106 Insgesamt ist die Abschreibung der Verbesserungskosten dadurch kürzer als im Fall einer separaten Abschreibung.1107 cc) Geschäfts- oder Firmenwert Ein derivativ erworbener Geschäfts- oder Firmenwert ist nach § 246 Abs. 1 S. 4 HGB abzuschreiben. Im Bilanzsteuerrecht gilt hierfür nach § 7 Abs. 1 S. 3 EStG ein fester Abschreibungszeitraum von 15 Jahren. Im Handels­ recht gibt es keine fest vorgegebene Nutzungsdauer. Wird eine Nutzungs­ dauer von mehr als fünf Jahren angenommen, müssen die Gründe für diese Annahme nach § 285 S. 1 Nr. 13 HGB im Anhang von Kapitalgesell­ schaften angegeben werden. Ab einer Nutzungsdauer von mehr als 20 Jahren sollen besonders hohe Begründungsanforderungen bestehen.1108 c) Außerplanmäßige Abschreibungen Nach § 253 Abs. 3 S. 3 HGB sind im Fall von voraussichtlich dauernder Wertminderung außerplanmäßige Abschreibungen bis auf den niedrige­ ren Wert vorzunehmen. Das EStG kennt mit der Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 und Nr. 2 S. 2 EStG und der Absetzung für au­ ßergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung nach § 7 Abs. 1 S. 7 EStG zwei verschiedene Institute, für die anders als im Handelsrecht jeweils ein Wahlrecht besteht.1109 Der Teilwert ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG der Wert, den ein gedachter Erwerber des gesamten Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschafts­ gut ansetzen würde. Die Teilwertabschreibung und die AfA für außerge­ wöhnliche Abnutzung überschneiden sich teilweise, aber nicht vollstän­ dig. Für die AfA für außergewöhnliche Abnutzung genügt eine bloße Wertminderung nicht. So verringert sich zum Beispiel durch allgemeinen Preisverfall der Teilwert, ohne dass eine außergewöhnliche Abnutzung vorliegt. Dafür kann die AfA für außergewöhnliche Abnutzung zu einer Bewertung unter dem Teilwert führen.1110 Nach dem HGB ist der für die außerplanmäßige Abschreibung maßgebli­ che Wert der beizulegende Zeitwert und damit nach § 255 Abs. 4 S. 1 HGB der Marktpreis. Ist ein aktiver Markt nicht vorhanden, ist der beizulegen­ 1106 Berechnungsbeispiel in EStH 7.4, AfA nach nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, Beispiel 2. 1107 Kulosa, in Schmidt, EStG, § 7, Rz. 85. 1108 Schubert/Andrejewski/Roscher, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB, § 253, Rz. 672 f. 1109 Kulosa, in Schmidt, EStG, § 6, Rz. 361, § 7, Rz. 126. 1110 Brandis, in Blümich, EStG, § 7, Rz. 387; Kulosa, in Schmidt, EStG, § 7, Rz. 121.

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de Zeitwert nach § 255 Abs. 4 S. 2 HGB mit Hilfe allgemein anerkannter Bewertungsmethoden zu bestimmen. Die Praxis stellt hierfür auf den Wiederbeschaffungswert ab.1111 Der steuerliche Begriff des Teilwerts wird in der Literatur vielfach kritisiert, weil er die Grenze zwischen dem Wert der einzelnen Wirtschaftsgüter und dem Geschäfts- oder Firmenwert ver­ wischt.1112 Die Praxis behilft sich an dieser Stelle mit Teilwertvermutun­ gen, die letztlich auf nichts anderes abstellen als den Wiederbeschaf­ fungswert.1113 Eine dauernde Wertminderung liegt vor, „wenn der Wert des Wirtschafts­ guts den planmäßigen Rest des Buchwerts als die Bewertungsobergrenze während eines erheblichen Teils der Nutzungsdauer im Unternehmen nicht erreichen wird“.1114 Nach § 253 Abs. 5 S. 1 HGB, § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4, Nr. 2 S. 3 und § 7 Abs. 1 S. 7 HS 2 EStG ist eine Zuschreibung auf den Wert des Wirtschaftsguts vorzunehmen, falls der Grund für den nied­ rigeren Wertansatz nicht mehr besteht. Dabei sind die Anschaffungsoder Herstellungskosten nach § 253 Abs. 1 S. 1 HGB, § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG die Obergrenze für diese Wertzuschreibung. d) Zusammenfassung Die Regeln zur planmäßigen Abschreibung nach dem HGB und EStG sind recht objektiv. Diese Objektivität ergibt sich abgesehen von der Ab­ schreibung von Gebäuden weniger aus dem Gesetz, sondern vor allem aus den AfA-Tabellen der Finanzverwaltung. Die außerplanmäßige Ab­ schreibung bietet dagegen erheblich größere Ermessensspielräume. 3. Abschreibung nach den IFRS Im Bereich der Abschreibung gibt es zum Teil erhebliche Unterschiede zwischen dem deutschen Bilanzrecht und den IFRS. Neben dem Kompo­ nentenansatz führen vor allem das Neubewertungsmodell und das Verbot von planmäßigen Abschreibungen auf den erworbenen Geschäftswert zu erheblichen Abweichungen. a) Geringwertigkeit Wegen des Grundsatzes der Wesentlichkeit nach IASC-Framework 29 f. ist für geringwertige Wirtschaftsgüter ein Sofortabzug möglich. Ergänzt 1111 Schubert/Andrejewski/Roscher, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB, § 253, Rz. 308; Schult/Richter, DStR 1991, S. 1261, 1265. 1112 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 268; Schult/Richter, DStR 1991, S. 1261, m.w.N. 1113 BFH v. 11.10.1955 - I 117/54 U, BStBl III 1956, S. 11, 12; Moxter, Bilanzrechtspre­ chung, S. 268 ff.; Schult/Richter, DStR 1991, S. 1261, 1265. 1114 BFH v. 14.3.2006 - I R 22/05, BStBl II 2006, S. 680, 681.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

wird diese Vorgabe in IAS 8.8, wonach Geschäftsvorfälle nicht dargestellt werden müssen, wenn ihre Auswirkung unwesentlich ist. Ob eine Anga­ be wesentlich ist, hängt vor allem von der Größe des Unternehmens ab. Wo die genaue Wertgrenze liegt, ist unklar. Zumindest Nettokosten von 410 3 dürften wie in § 6 Abs. 2 S. 1 EStG zum Sofortabzug berechtigen.1115 Für große internationale Unternehmen wird die Geringwertigkeit bei 1.000 3 angesetzt.1116 b) Planmäßige Abschreibung Für die planmäßige Abschreibung nach IFRS sind das Anschaffungskos­ tenmodell und das Neubewertungsmodell als die zwei grundlegenden Methoden der Folgebewertung zu unterscheiden. Außer im Fall von Fi­ nanzanlagen haben die Unternehmen ein Wahlrecht zwischen beiden Methoden, wobei die Entscheidung für jede Gruppe von Gegenständen einheitlich zu erfolgen hat.1117 aa) Anschaffungskostenmodell Nach dem Anschaffungskostenmodell wird ein Vermögenswert zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich der kumulierten Ab­ schreibung und der außerplanmäßigen Abschreibung (Wertminderungs­ aufwendungen) angesetzt.1118 Die Abschreibung erfolgt im Fall von Sach­ anlagen nach dem Komponentenansatz.1119 Der Abschreibungsbetrag besteht aus den Anschaffungskosten abzüglich des zu erwartenden Rest­ werts des Vermögenswerts.1120 Dieser Betrag wird planmäßig über die Nutzungsdauer des Vermögenswerts abgeschrieben. Die Unternehmen haben bei der Bestimmung der Nutzungsdauer und der Abschreibungs­ methode erhebliche Einschätzungsspielräume. So kommt nach IAS 16.62 eine Vielzahl von Abschreibungsmethoden in Betracht. In größeren Un­ ternehmensgruppen ist es üblich, in Bilanzierungshandbüchern, die Ähn­

1115 Koss/Lemmen/Niemann/Wohlgemuth, in Pelka/Niemann (Hrsg.), Jahres- und Konzernabschluss nach Handels- und Steuerrecht, Bd. B, 1.A.II3.a), Rz. 340W; zum Betrag von 150 3: Theile, in Heuser/Theile, IFRS Handbuch, Rz. 1111; ein­ schränkend: Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung nach Internationalen Standards, Abschnitt 9, Tz. 97. 1116 Europäische Kommission, Konsultationspapier, Die Anwendung der „Internatio­ nal Accounting Standards“ (IAS) ab 2005 und ihre Implikationen für die Schaf­ fung einer konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage für die grenzüberschrei­ tende Unternehmenstätigkeit in der EU, Februar 2003, S. 14; halten 1.000 3 allgemein für die regelmäßige Geringwertigkeitsgrenze: Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 10, Rz. 32. 1117 IAS 16.36, IAS 38.72, IAS 40.30. 1118 IAS 16.30, IAS 38.74. 1119 IAS 16.43. 1120 IAS 16.50 f., IAS 38.97 ff.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

lichkeit mit den AfA-Tabellen der Finanzverwaltung haben, feste Vorga­ ben für die Nutzungsdauer und die Abschreibungsmethode zu machen.1121 bb) Neubewertungsmodell Nach dem Neubewertungsmodell werden materielle und immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens in hinreichend regelmäßi­ gen Abständen zum beizulegenden Zeitwert neu bewertet.1122 Dieser Zeitraum beträgt typischerweise drei bis fünf Jahre, bei Gegenständen mit hohen Preisschwankungen unter Umständen nur ein Jahr.1123 Diese Bewertung zum Zeitwert bringt erhebliche Ermessensspielräume mit sich.1124 Durch das Neubewertungsmodell kommt es trotz der fair value-Bewertung nicht zur Gewinnauswirkung unrealisierter Wertstei­ gerungen über die Zugangswerte hinaus. Wertsteigerungen über die his­ torischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten werden ergebnisneut­ ral in eine Neubewertungsrücklage eingestellt.1125 In den Perioden zwischen den Neubewertungen muss der Gegenstand abgeschrieben wer­ den, wobei hier mangels entsprechender Vorgaben in den IFRS erhebliche Rechtsunsicherheit besteht, insbesondere was die Bestimmung des Ab­ schreibungsvolumens und die Auswirkung der Abschreibung auf das Er­ gebnis angeht.1126 Im Fall von als Finanzinvestitionen gehaltenen Immo­ bilien geht das Neubewertungsmodell nach IAS 40.30 ff. besonders weit. Es ist eine jährliche Neubewertung vorzunehmen, was planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen überflüssig macht. Zudem sind Werts­ teigerung über die Anschaffungs- und Herstellungskosten hinaus erfolgs­ wirksam zu erfassen.1127 cc) Zwischenergebnis Die planmäßige Abschreibung nach den IFRS ist weitgehend mit dem Realisationsprinzip vereinbar. Nach dem Neubewertungsmodell für An­ lagevermögen, das nicht zu den Anlageimmobilien gehört, kommt es nur zur Gewinnauswirkung unrealisierter Wertsteigerung, wenn dieser Wertsteigerung entsprechende unrealisierte Wertminderungen in frühe­ ren Perioden vorhergehen. Dennoch eignet sich die planmäßige Abschrei­ bung nach IFRS nicht als Auslegungshilfe für die GKKB-Richtlinie. So­ wohl das Anschaffungskostenmodell als auch das Neubewertungsmodell 1121 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 10, Rz. 36. 1122 IAS 16.31, 38.75. 1123 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 8, Rz. 75. 1124 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 96; Kahle/Schulz, BFuP 2011, S. 455, 466. 1125 IAS 16.39; IAS 38.85. 1126 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 8, Rz. 82 ff. 1127 Theile, in Heuser/Theile, IFRS, Rz. 1874.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

sehen zahlreiche explizite und implizite Wahlrechte vor, welche die Ob­ jektivität der Gewinnermittlung erheblich beeinträchtigen und nicht mit dem Ziel vereinbar wären, die steuerliche Gewinnermittlung möglichst zu vereinheitlichen. c) Impairment Test Für die Berücksichtigung außerplanmäßiger Wertminderung sehen die IFRS in IAS 36 den sogenannten impairment test vor. Nach IAS 36.9 hat ein Unternehmen an jedem Abschlussstichtag zu prüfen, ob Anhalts­ punkte dafür vorliegen, dass ein Vermögenswert im Wert gemindert sein könnte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Wertminderung dauer­ haft ist.1128 Besondere Bedeutung hat der impairment test für den deriva­ tiv erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert. Dieser ist nach den IFRS nicht planmäßig abzuschreiben, sondern muss nach IAS 36.10 (b) und IAS 36.80 ff. jährlich auf eine Wertminderung geprüft werden (impairment only).1129 Liegen Anhaltspunkte für eine Wertminderung vor, hat das Unterneh­ men den erzielbaren Betrag des Vermögenswerts zu schätzen. Erzielbarer Betrag ist nach IAS 36.18 der höhere Wert aus dem beizulegenden Zeit­ wert abzüglich der Veräußerungskosten und dem Nutzungswert (value in use) eines Vermögenswerts. Der value in use ergibt sich in erster Linie aus den Zahlungsströmen, die aus dem Vermögenswert zu erwarten sind, und den mit dem Vermögenswert verbundenen Unsicherheiten.1130 Kön­ nen die zukünftigen Zahlungsströme nicht auf den einzelnen Vermö­ genswert bezogen werden, ist hilfsweise die Zahlungsmittel generierende Einheit (cash-generating unit) in den Blick zu nehmen.1131 Die Bewertung zum höheren der beiden Werte soll sicherstellen, dass ein Vermögenswert entsprechend dem zukünftigen Nutzen bewertet wird, den er für das Unternehmen voraussichtlich haben wird, um dadurch ein möglichst realitätsgerechtes Bild der Ertragslage des Unternehmens wie­ derzugeben. Tendenziell führt dies zu niedrigeren außerplanmäßigen Ab­ schreibungen, weil der value in use höher sein kann als der beizulegende Zeitwert in Form des Marktwerts oder der Schätzung des Marktwerts.1132 Wurden außerplanmäßige Abschreibungen vorgenommen, hat das Unter­ nehmen nach IAS 36.110 in den Folgeperioden stets zu prüfen, ob die Wertminderung noch besteht und gegebenenfalls nach IAS 36.117 ff. eine entsprechende Wertzuschreibung vorzunehmen. 1128 Scharfenberg, in Beck’sches IFRS-Handbuch, § 5, Rz. 152. 1129 Küting, DB 2011, S. 1404, 1407. 1130 IAS 36.30. 1131 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 11, Rz. 100. 1132 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 93.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

Die Regeln der IFRS zur außerplanmäßigen Abschreibung bringen trotz der detaillierten Vorgaben in IAS 36 erhebliche Einschätzungsspielräume mit sich.1133 Im Vergleich zur Bestimmung des value in use erscheint die Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts fast einfach. Noch komplizier­ ter wird es, wenn man die Ebene des einzelnen Vermögenswerts verlässt und versucht, den Zeitwert oder den value in use bezogen auf die cash generating unit zu ermitteln. Dies bedeutet nicht nur eine erhebliche Subjektivierung der Gewinnermittlung, sondern auch eine Beeinträchti­ gung des Grundsatzes der Einzelbewertung.1134 In Deutschland haben sich die seit bald hundert Jahren andauernden Versuche als weitgehend fruchtlos erwiesen, durch die Bestimmung des Teilwerts den Nutzen des Wirtschaftsguts für den gesamten Betrieb in die Bewertung miteinzube­ ziehen.1135 Für Unternehmen, die bisher keine IFRS-Abschlüsse erstellen, würden die für den impairment test erforderlichen Berechnungen erheb­ liche zusätzliche Kosten bringen.1136 d) Zusammenfassung Wie die planmäßige Abschreibung ist auch die außerplanmäßige Ab­ schreibung nach IFRS für die steuerliche Gewinnermittlung zu kompli­ ziert und kann daher weder für die Weiterentwicklung noch für die Aus­ legung der GKKB-Vorschriften herangezogen werden. 4. Abschreibung nach dem GKKB-RLV Der GKKB-RLV sieht mit Kapitel VI ein eigenständiges Kapitel zur Ab­ schreibung von Anlagevermögen vor. Die Abschreibung von Wirtschafts­ gütern führt nach Art. 13 GKKB-RLV zu einem sonstigen abziehbaren Posten. Die Abschreibungsregeln in den 28 Mitgliedstaaten der EU vari­ ieren im Detail sehr stark.1137 Entsprechend bietet eine gemeinsame Kör­ perschaftsteuer-Bemessungsgrundlage hier erhebliches Vereinfachungs­ potenzial.1138 Abschreibungsberechtigt ist nach Art. 34 Abs. 1 GKKB-RLV der wirtschaftliche Eigentümer.1139 Nicht abschreibungsfähig sind nach Art. 40 GKKB-RLV alle „Sachanlagen, die nicht dem Wertverlust durch Verschleiß oder Alterung unterliegen, wie Grundstücke, Kunstgegen­ 1133 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 11, Rz. 212. 1134 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 92. 1135 Siehe Moxter, Bilanzrechtsprechung S. 268 ff. 1136 Zu diesen Kosten: Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 11, Rz. 212. 1137 Arbeitsgruppe GKKB, Vermögensgegenstände und steuerliche Abschreibung, v. 23.11.2004, CCCTB/WP\004\doc\de, Rz. 33; Litwinczuk/Supera-Markowska, ´ in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 305, 316. 1138 Grangl/Petutschnig, SWI 2011, S. 483, 491. 1139 Dazu oben 6. Kapitel:A.III.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

stände, Antiquitäten und Juwelen“ sowie Wirtschafsgüter des Finanzan­ lagevermögens. Damit ein Wirtschaftsgut für die Abschreibung über­ haupt in Frage kommt, muss es zunächst die Geringwertigkeitsgrenze überschreiten. a) Geringwertigkeit Nach Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV gehören Wirtschaftsgüter, deren An­ schaffungs-, Herstellungs- oder Verbesserungskosten weniger als 1.000 3 betragen, nicht zum Anlagevermögen. Damit gilt das Abzugsverbot der Erwerbskosten von Anlagevermögen nach Art. 14 Abs. 1 lit. i) GKKB-RLV für diese Wirtschaftsgüter nicht und die Kosten sind nach der allgemei­ nen Regel des Art. 12 Abs. 1 GKKB-RLV sofort abziehbar. Die Geringwer­ tigkeitsgrenze ist im Vergleich zu den 410 3 nach § 6 Abs. 2 EStG mit 1.000 3 sehr großzügig bemessen. Im europäischen Vergleich ist der So­ fortabzug geringwertiger Wirtschaftsgüter weit verbreitet, wobei die Spanne zwischen 350 3 in Bulgarien und 3.000 3 in Schweden liegt.1140 Die 1.000 3 als Grenze für die GKKB dürften ungefähr dem europäischen Durchschnitt entsprechen.1141 Im Gegensatz zum EStG spielt die Frage, ob ein Gegenstand selbständig genutzt werden kann, für den Sofortabzug keine Rolle. Dadurch wird der Sofortabzug im Vergleich zum deutschen Recht noch erheblich ausgeweitet. Der Verzicht auf das Merkmal der selbständigen Nutzbarkeit bringt eine erhebliche Vereinfachung und Ob­ jektivierung der Gewinnermittlung, da die Frage, wann ein Gegenstand selbständig nutzbar ist, nur sehr kasuistisch beantwortet werden kann. Dafür wird die Frage, wann ein eigenständiges Wirtschaftsgut vorliegt, für die GKKB eine größere Rolle spielen. Diese Abgrenzung dürfte aber noch eher durch abstrakte Kriterien zu lösen sein als die selbständige Nutzbarkeit.1142 Verbesserungskosten werden auch für die Geringwertigkeitsgrenze als eigenständiges Wirtschaftsgut separat behandelt.1143 Auf diese Weise wird der weitreichende Ansatz für Verbesserungskosten nach Art. 4 Abs. 18 GKKB-RLV für Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten von weniger als 10.000 3 etwas abgemildert. Denn selbst wenn die Aufwendungen für solche Wirtschaftsgüter 10 % der An­ schaffungs- oder Herstellungskosten überschreiten, bleiben sie nach Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV abziehbar, solange ihre absolute Höhe 1.000 3 nicht erreicht. 1140 Siehe Arbeitsgruppe GKKB, Allgemeine Besteuerungsgrundsätze, v. 23.11.2004, CCCTB/WP\001\Rev1\doc\de, Rz. 25; Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 59. 1141 Spengel/Ortmann-Babel/Zinn/Matenaer, DB 2013, Beilage Nr. 2 zu Heft 8, S. 1, 6. 1142 Dazu oben 6. Kapitel:B.II.1. 1143 Siehe oben 6. Kapitel:B.II.1.c)bb).

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

Ob es für die Grenze von 1.000 3 auf den brutto oder den netto Erwerbs­ preis ankommt, hängt womöglich davon ab, ob der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug berechtigt ist oder nicht. Der Wortlaut von Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV ist insofern offen. Dagegen trifft Art. 33 Abs. 1 UA 2 GKKBRLV für die Abschreibungsbasis eine ausdrückliche Regelung, wonach nur die nicht abziehbare Mehrwertsteuer zu den Anschaffungs-, Herstel­ lungs- oder Verbesserungskosten gehört. Wäre der Begriff der Anschaf­ fungs- oder Herstellungskosten in beiden Vorschriften deckungsgleich, läge die Geringwertigkeitsgrenze nach dem GKKB-RLV für Steuerpflich­ tige, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, netto tatsächlich nur bei 840 3, wenn man den deutschen Umsatzsteuersatz zu Grunde legt. Diese Auslegung stünde aber nicht in Einklang mit höherrangigem Recht, da eine solche Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt wäre. Sie würde dazu führen, dass für Körperschaften wie Banken oder Versicherungen, die ganz oder teilweise nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, in den verschiedenen Mitgliedstaaten verschiedene Netto-Geringwertigkeits­ grenzen gelten. Um die Belastungsgleichheit zu gewährleisten, sollte es für die Geringwertigkeitsgrenze wie in Deutschland in jedem Fall auf den Nettobetrag ankommen. Diese Auslegung steht auch im Einklang mit dem Zweck der einschlägi­ gen Regeln. Art. 33 Abs. 1 UA 2 GKKB-RLV soll verhindern, dass abzieh­ bare Mehrwertsteuer zu steuerlichem Aufwand führt, obwohl sie das Unternehmen nicht belastet. Diese Problematik besteht auch für den Sofortabzug. Sie lässt sich lösen, indem für die Geringwertigkeitsgrenze auf den Nettobetrag abgestellt wird und der höhere Bruttobetrag nur ab­ gezogen werden darf, wenn die Mehrwertsteuer nicht abziehbar ist. Es ist daher davon auszugehen, dass Art. 33 GKKB-RLV nur die Abschreibungs­ basis definiert und der Begriff der Anschaffungs- und Herstellungskosten in Art. 4 Abs. 14 GKKB-RLV so zu verstehen ist, dass es für die Gering­ wertigkeitsgrenze stets auf den Nettobetrag ankommt. Dies sollte in der GKKB-Richtlinie klargestellt werden. b) Planmäßige Abschreibung Die planmäßige Abschreibung nach dem GKKB-RLV ist sehr stark typi­ siert. Für die Mehrzahl der Wirtschaftsgüter ist nach Art. 39 GKKB-RLV eine Poolabschreibung vorgesehen. Auch die einzelne Abschreibung nach Art. 36 GKKB-RLV vereinfacht sehr stark. Anders als im HGB und den IFRS ist nur die lineare Abschreibung erlaubt und anders als im EStG sieht der GKKB-RLV nicht nur für Gebäude feste Abschreibungszeiträu­ me vor, sondern für alle einzeln abschreibbaren Wirtschaftsgüter, und lässt nur wenige Ausnahmen von diesen festen Zeiträumen zu.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Die Abschreibungsbasis nach Art. 33 GKKB-RLV ist gleichbedeutend mit dem Wert der Wirtschaftsgüter im Rahmen der Zugangsbewertung in der Schattenbilanz.1144 Sie umfasst nach Art. 33 Abs. 1 GKKB-RLV alle Kos­ ten, die direkt mit dem Erwerb, der Herstellung oder der Verbesserung eines Wirtschaftsguts zusammenhängen, ohne abziehbare Mehrwert­ steuer. Damit ist klar, dass anders als im HGB und den IFRS ein eventu­ eller Restwert nach dem Ende der Nutzung keine Rolle spielt, sondern stets auf den Erinnerungswert von 1 3 abzuschreiben ist. aa) Lineare Abschreibung Die einzelne Abschreibung nach Art. 36 GKKB-RLV erfolgt linear. Ob man eine degressive oder eine lineare Abschreibung für realitätsgerechter hält, hängt zunächst davon ab, was die Abschreibung abbilden soll. Kommt es vor allem auf den Verzehr des beizulegenden Zeitwerts an, ist für neue Wirtschaftsgüter regelmäßig die degressive Abschreibung zutref­ fender, da in den ersten Perioden nach der Inbetriebnahme ein besonders hoher Wertverlust eintritt. Da es jedoch regelmäßig unmöglich ist, den Zeitwert zuverlässig zu ermitteln, dient die planmäßige Abschreibung anders als die außerplanmäßige Abschreibung nach der sogenannten „Verteilungstheorie“1145 in Wirklichkeit dazu, den Aufwand bezüglich ei­ nes Wirtschaftsguts entsprechend den mit dem Wirtschaftsgut erzielten Erträgen über die Perioden verteilen.1146 Ob sich dieses „Verteilungsziel“ mit der linearen oder degressiven Ab­ schreibung besser erreichen lässt, ist umstritten. Teilweise wird ange­ nommen, zu Beginn der Nutzungsdauer bestehe ein besonders hohes Ri­ siko der technisch-wirtschaftlichen Überholung, zudem käme es im Fall von mit der Zeit steigenden Reparaturkosten durch die degressive Ab­ schreibung zu einer gleichmäßigeren Belastung der Perioden.1147 Dem wird entgegengehalten, dass Nutzungsrisiken nicht allgemein vorherge­ sagt werden könnten und es auch keinen allgemeinen Erfahrungssatz gäbe, wonach die Reparaturkosten im Verlauf der Zeit steigen1148 Für die degressive Abschreibung könnte sprechen, dass sie vorsichtiger ist als die lineare.1149 Aus dem Vorsichtsprinzip lassen sich jedoch keine konkreten Vorgaben für die Abschreibung entnehmen, da sowohl ein zu früher als auch ein zu später Gewinnausweis gleichheitsrechtlich problematisch sind.1150 Aus dem Vorsichtsprinzip folgt nur, dass es überhaupt Abschrei­ 1144 Dazu oben 6. Kapitel:A.IV. 1145 Kühnberger, BB 1997, S. 87. 1146 Adler/Düring/Schmaltz, HGB, § 253, Rz. 358. 1147 Adler/Düring/Schmaltz, HGB, § 253, Rz. 400. 1148 Kühnberger, BB 1997, S. 87, 90 f. 1149 So Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 248; Kühnberger, BB 1997, S. 87, 90. 1150 Siehe oben 2. Kapitel:A.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

bungen geben muss. Unerwartete Minderungen der wirtschaftlichen Nutzbarkeit des Anlagevermögens lassen sich auch durch die außerplan­ mäßige Abschreibung berücksichtigen.1151 Letztlich sprechen gute Grün­ de sowohl für eine lineare als auch für eine degressive Abschreibung. In dieser offenen Situation steht dem Gesetzgeber die Wahl der Abschrei­ bungsmethode frei. bb) Gebäude Nach Art. 36 Abs. 1 lit. a) GKKB-RLV werden Gebäude über 40 Jahre line­ ar abgeschrieben. Ein gebrauchtes Gebäude wird nach Art. 36 Abs. 2 lit. a) GKKB-RLV ebenso über 40 Jahre abgeschrieben, es sei denn, der Steuerpflichtige weist eine kürzere Nutzungsdauer nach. Mit dieser Ab­ schreibungsdauer liegt der GKKB-RLV zwischen der im EStG für die meisten Gebäude vorgeschriebenen Abschreibungsdauer von 33 Jahren für ein Gebäude in einem Betriebsvermögen, das nicht zu Wohnzwecken dient, und 50 Jahren für sonstige Gebäude.1152 Für jeden Erwerber beginnt ein neuer Abschreibungszeitraum, dies zeigt sich daran, dass zwischen neuen und gebrauchten Gebäuden unterschieden wird. In Art. 4 Abs. 17 GKKB-RLV findet sich eine Definition für gebrauchte Wirt­ schaftsgüter. Die dänische Ratspräsidentschaft hat vorgeschlagen, Art. 36 GKKB-RLV so zu ändern, dass der Begriff „Gebäude“ durch „unbewegliches Vermö­ gen“ ersetzt wird.1153 Diese Änderung soll sicherstellen, dass sonstiges unbewegliches Vermögen nicht als langlebige Sachanlage in 15 Jahren abgeschrieben wird. Womöglich hat die Ratspräsidentschaft an Wirt­ schaftsgüter mit einer langen Nutzungsdauer wie zum Beispiel Leitungs­ netze oder eine Zufahrtsstraße gedacht. Diese Typisierung dürfte aber wegen der starren Abschreibungsdauer von 40 Jahre für neue Immobilien zu weit gehen. Um genauer sagen zu können, wie lange die Nutzungsdau­ er abnutzbarer Immobilien, die keine Gebäude sind, typischerweise ist, bedürfte es einer empirischen Untersuchung. Für manche Immobilien wie zum Beispiel Gartenanlagen oder Handy-Sendeanlagen ist es aber un­ mittelbar ersichtlich, dass eine typisierte Nutzungsdauer von 40 Jahren grob an der Realität vorbeiginge. Auch bei den oben genannten Beispielen der Zufahrtsstraße oder des Leitungsnetzes dürfte die Nutzungsdauer stark vom Einzelfall abhängen, was die grobe Typisierung problematisch macht. Diese würde nicht nur das Leistungsfähigkeitsprinzip beeinträch­ tigen, sondern auch die Entscheidungsneutralität. Der Vorschlag der dä­ nischen Ratspräsidentschaft käme daher nur in Betracht, wenn der Nach­ 1151 Kühnberger, BB 1997, S. 87, 93. 1152 § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 lit. a) EStG. 1153 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 4.4.2012.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

weis der kürzeren Nutzungsdauer auch für neue Immobilien möglich wäre. Nach dem Kompromissvorschlag der irischen Ratspräsidentschaft soll für Industriegebäude und -strukturen eine kürzere Nutzungsdauer von 25 Jahren gelten.1154 Dieser Vorschlag könnte im Durchschnitt zu realitäts­ gerechteren Abschreibungsdauern führen als die Regelung im GKKB-RLV oder im Kompromissvorschlag der dänischen Ratspräsidentschaft. Die im GKKB-RLV vorgesehene Abschreibungsdauer für sonstiges unbewegli­ ches Vermögen von 15 Jahren, dürfte häufig unrealistisch kurz sein. Zu­ gleich wäre die Abschreibungsdauer von 40 Jahren für Industriegebäude (wie sie im GKKB-RLV vorgesehen ist) und für unbewegliche Industriean­ lagen (wie sie die dänische Ratspräsidentschaft vorschlägt) womöglich häufig zu lang. Den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer auf gebrauchte Gebäude zu beschränken, ist ein Kompromiss zwischen der Objektivität der Ge­ winnermittlung und einer möglichst realitätsgerechten Abbildung der Leistungsfähigkeit. Die Erfahrungen in Deutschland mit § 7 Abs. 4 S. 2 EStG zeigen, dass der Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer erhebliche Unsicherheiten und Einschätzungsspielräume mit sich bringt. Neben den inhaltlichen Anforderungen an den Nachweis stellen sich auch formale Fragen, wann ein ausreichender Nachweis erbracht ist. Dieser Kompromiss ist wohl sachgerecht. Einerseits dürfte eine Nut­ zungsdauer eines neuen Gebäudes unter 40 Jahren praktisch eine seltene Ausnahme sein, andererseits wäre es eine erhebliche Härte, wenn Steuer­ pflichtige, die gebrauchte Gebäude gegen Ende der Nutzungsdauer erwer­ ben, diese dennoch über 40 Jahre abschreiben müssten. Die ausnahms­ lose Abschreibung neuer Gebäude über 40 Jahre ist als Typisierung allerdings nur dann verhältnismäßig, wenn für feste Bestandteile, die sich in der Regel deutlich schneller abnutzen und einen erheblichen Wert ha­ ben, wie zum Beispiel Maschinen, eine eigenständige Abschreibung zuge­ lassen wird.1155 cc) Langlebige Sachanlagen Die Regelung zu langlebigen Sachanlagen vergröbert noch stärker. Nach Art. 4 Abs. 16 GKKB-RLV liegt eine langlebige Sachanlage vor, wenn die Nutzungsdauer mindestens 15 Jahre beträgt. Gebäude, Flugzeuge und Schiffe gelten als langlebige Sachanlagen. Die Nennung von Gebäuden ist wegen der Sonderregelung zu Gebäuden überflüssig und verwirrend. Neue langlebige Sachanlagen sind nach Art. 36 Abs. 1 lit. b) GKKB-RLV 1154 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 2.5.2013, Art. 36 Abs. 1 lit. a) und Abs. 2 lit. a). 1155 Dazu oben 6. Kapitel:B.II.1.c)aa).

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

in 15 Jahren abzuschreiben. Für gebrauchte Sachanlagen gilt nach Art. 36 Abs. 2 lit. b) GKKB-RLV derselbe Zeitraum, es sei denn, der Steuerpflich­ tige weist eine kürzere Nutzungsdauer nach. Diese Regelung ist für die Steuerpflichtigen sehr günstig, weil die tatsächliche Nutzungsdauer meistens gleich lang oder länger sein wird als der Abschreibungszeit­ raum. Für die praktisch wichtige Frage, welche Wirtschaftsgüter langle­ big sind, wird es sehr stark auf die Ausübung der Präzisierungsbefugnis nach Art. 42 GKKB-RLV durch die Kommission ankommen. Im Kompro­ missvorschlag der irischen Ratspräsidentschaft ist eine weitere Kategorie von mittellebigen Sachanlagen mit einer Nutzungsdauer von mindestens acht und weniger als fünfzehn Jahren vorgesehen.1156 dd) Immaterielle Wirtschaftsgüter Die Regelung zu den immateriellen Wirtschaftsgütern soll stärker an der Realität orientiert sein als die Abschreibungsregeln des GKKB-RLV zu Sachanlagen. Nach Art. 36 Abs. 1 lit. c) GKKB-RLV werden neue imma­ terielle Wirtschaftsgüter in dem Zeitraum abgeschrieben, in dem das Wirtschaftsgut Rechtsschutz genießt oder das Recht gewährt wurde. Kann dieser Zeitraum nicht bestimmt werden, ist in 15 Jahren abzu­ schreiben. Gebrauchte immaterielle Wirtschaftsgüter werden nach Art. 36 Abs. 2 lit. c) GKKB-RLV in 15 Jahren abgeschrieben, es sei denn, der verbleibende Zeitraum für den Rechtsschutz oder die Gewährung des Rechts kann bestimmt werden. Trotz der Betonung des Rechtsschutzes regelt Art. 36 GKKB-RLV auch die Abschreibung von wirtschaftlichen Werten, da auch diese die Aktivierungsvoraussetzungen erfüllen kön­ nen.1157 Für immaterielle Wirtschaftsgüter macht die Unterscheidung zwischen neuen und gebrauchten Gegenständen wenig Sinn. Wegen des Aktivierungsverbots für selbst hergestellte immaterielle Wirtschaftsgü­ ter kommt die Aktivierung „neuer“ immaterieller Wirtschaftsgüter nur im Rahmen der Auftragsfertigung in Betracht. Für die Rechtsfolgen macht die Unterscheidung zwischen neu und gebraucht keinen Unter­ schied, da es in beiden Fällen primär auf den Zeitraum ankommt, in dem der Steuerpflichtige ein Recht geltend machen kann. (1) Rechte Die Regelung zur Abschreibung von immateriellen Wirtschaftsgütern in Form von Rechten ist noch nicht ausgereift. Die Arbeitsgruppe GKKB geht davon aus, dass die Nutzungsdauer sehr einfach aus der Dauer des

1156 Hierzu unten 6. Kapitel:B.II.4.b)gg). 1157 Siehe oben 6. Kapitel:A.II.1.b)cc)(1).

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Rechtsschutzes geschlossen werden kann.1158 Wahrscheinlich hatten die Entwurfsverfasser vor allem Patente im Sinn. Hier deckt sich die Nut­ zungsdauer und der Rechtsschutz von in der Regel 20 Jahren zumindest manchmal. Zumeist beträgt die Nutzungsdauer von Patenten aber wohl nur 3 – 5 Jahre.1159 Für anderes geistiges Eigentum ist die Regelung teilwei­ se unklar. So kann die Schutzdauer von Marken und Geschmacksmustern verlängert werden.1160 Eine sinnvolle Auslegung von Art. 36 GKKB-RLV müsste so aussehen, dass es auf den ursprünglichen Zeitraum ohne Ver­ längerungsmöglichkeit ankommt, weil zu Abschreibungsbeginn nicht sicher gesagt werden kann, ob verlängert wird. Zu absurden Ergebnissen würde die Regelung im Fall der Urheberrechte führen. Ein Urheberrecht ist nach Art. 1 Abs. 1 EU-Schutzdauerrichtli­ nie1161 bis siebzig Jahre nach dem Tod des Urhebers geschützt. Es ist of­ fensichtlich, dass die Schutzdauer von häufig über 100 Jahren die Nut­ zungsdauer in aller Regel bei weitem übersteigt. Besonders plastisch wird dies am Beispiel von Computerprogrammen, die auch unter den Schutz des Urheberrechts fallen.1162 Da die Schutzdauer in aller Regel länger als die Nutzungsdauer ist,1163 sollte in der GKKB-Richtlinie nicht auf den Rechtsschutz abgestellt werden. Zumindest sollte den Steuerpflichtigen der Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer erlaubt werden. Da dieser Nachweis aber in den allermeisten Fällen gelingen würde, käme es prak­ tisch fast nur auf die tatsächliche Nutzungsdauer an, was zu erheblichen Einschätzungsspielräumen führen würde. Alternativ wäre ein fester Ab­ schreibungszeitraum denkbar. Dieser sollte aber kürzer als 15 Jahre sein, weil die Nutzungsdauer von Patenten und wohl auch von Urheberrech­ ten zumeist wesentlich kürzer ist. Für eine kurze typisierte Nutzungs­ dauer spricht auch das Ziel der Kommission, Forschung und Entwicklung zu fördern.

1158 Arbeitsgruppe GKKB, Immaterielle Vermögensgegenstände und ihre steuerliche Abschreibung, v. 10.3.2005, CCCTB\WP\005\doc\de, Rz. 36. 1159 Nolde, in Herrmann/Heuer/Raupach (Hrsg.), EStG, § 7, Rz. 600, „Patente“; Uterhark, in BeckOK Urheberrecht, Sonderbereiche, Steuerrecht, B IV, Rz. 49. 1160 Für das deutsche Recht § 47 MarkenG und § 28 GeschmMG. 1161 Richtlinie v. 12.12.2006 über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte, 2006/116/EG, ABl. L 372, 27.12.2006, S. 12, zuletzt ge­ ändert durch Art. 1 ÄndRL 2011/77/EU v. 27. 9. 2011, ABl. L 265, 11.10.2011, S. 1. 1162 Art. 1 Abs. 1 Richtlinie v. 23.4.2009 über den Rechtsschutz von Computerpro­ grammen, 2009/24/EG, ABl. L 111, 5.5.2009, S. 16. 1163 Siehe Uterhark, in BeckOK Urheberrecht, Sonderbereiche, Steuerrecht, B IV, Rz. 48.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

(2) Wirtschaftliche Werte Wirtschaftliche Werte sind abzuschreiben. Dies folgt aus dem Umkehr­ schluss aus Art. 40 GKKB-RLV, wonach als nicht abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter nur Sach- und Finanzanlagen in Betracht kommen. Art. 40 GKKB-RLV wurde bewusst eng gestaltet. Dies zeigt sich im Ver­ gleich zu den Gesetzesmaterialen. In der technischen Ausgestaltung der GKKB, wie sie von der Arbeitsgruppe GKKB vorgeschlagen wurde, war ausdrücklich vorgesehen, dass auch immaterielle Wirtschaftsgüter, die nicht der Alterung unterliegen, von der Abschreibung ausgenommen sind.1164 Dies zeigt, dass immaterielle Wirtschaftsgüter nach dem GKKB-RLV stets abzuschreiben sind. Für alle immateriellen Wirtschafts­ güter, deren Rechtsschutzdauer nicht bestimmt werden kann, gilt gemäß Art. 36 Abs. 1 lit. c) und Abs. 2 lit. c) GKKB-RLV ein fester Abschrei­ bungszeitraum von 15 Jahren. Da wirtschaftliche Werte keinen Rechts­ schutz haben, sind sie stets in 15 Jahren abzuschreiben.1165 Unter den wirtschaftlichen Werten kommt dem derivativen Geschäftsoder Firmenwert besondere Bedeutung zu. Dieser ist nach dem GKKB-RLV ein abnutzbares Wirtschaftsgut und wie alle wirtschaftlichen Werte innerhalb von 15 Jahren planmäßig abzuschreiben. Die Abgren­ zung zwischen sonstigen wirtschaftlichen Werten und dem Geschäftsoder Firmenwert ist praktisch sehr schwierig, wird für die GKKB wegen der festen Abschreibungszeiträume aber keine besonders große Bedeu­ tung haben. Dies lässt sich am Beispiel des Firmenwerts sowie eines Kundenstamms illustrieren. Werden beide derivativ erworben, gehören sie zum Anlagevermögen und die Anschaffungskosten dürfen nicht so­ fort abgezogen werden. Für die Abschreibung kommt es jetzt eigentlich darauf an, ob der Kundenstamm ein eigenständiges Wirtschaftsgut ist, das separat abgeschrieben werden muss, oder ob er Teil des Firmenwertes ist.1166 Unabhängig von der Zuordnung des Kundenstammes gilt prak­ tisch aber für beide Gegenstände die 15-jährige Abschreibungsfrist nach Art. 36 Abs. 2 lit. c) GKKB-RLV. Die Einordnung des Kundenstammes als eigenständiges Wirtschaftsgut hätte nur praktische Bedeutung für die Frage, ob der Kundenstamm sepa­ rat in das Register des Anlagevermögens nach Art. 32 Abs. 1 GKKB-RLV einzutragen ist oder eventuell für eine Sonderabschreibung. Dies ist eine erhebliche Vereinfachung im Vergleich zum HGB, EStG und den IFRS. 1164 Arbeitsgruppe GKKB, GKKB: mögliche Elemente der technischen Ausgestaltung, v. 27.9. und 28.9.2007, CCCTB/WP057\doc\de, Rz. 29. 1165 Zum Geschäfts- oder Firmenwert: Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 68; Russo, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 363, 381. 1166 Der BFH hält es für grundsätzlich möglich, dass ein erworbener Kundenstamm ein eigenständiges Wirtschaftsgut ist: BFH v. 26.11.2009 - III R 40/07, BStBl II 2010, S. 609, 611.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Für das deutsche Bilanzrecht ist die Unterscheidung wichtig, da die Ab­ schreibungszeiträume unterschiedlich sein können. Noch wichtiger ist die Unterscheidung für die IFRS, weil der Geschäfts- oder Firmenwert überhaupt nicht planmäßig abgeschrieben werden kann. ee) Verbesserungskosten Nach Art. 35 GKKB-RLV werden Verbesserungskosten als eigenständige Abschreibungsbasis behandelt. Kommt man zu dem Ergebnis, dass Ver­ besserungskosten vorliegen, sind diese Kosten gemäß Art. 35 GKKB-RLV wie bei einem neu erworbenen Wirtschafsgut des Anlagevermögens nach den Vorschriften abzuschreiben, die auf das verbesserte Wirtschaftsgut anwendbar sind. In diesem Fall werden unselbständige Teile von Wirt­ schaftsgütern separat abgeschrieben, was Ähnlichkeit mit dem Kompo­ nentenansatz der IFRS hat. Allerdings besteht der bedeutende Unter­ schied, dass sich die Abschreibungsdauer nicht nach der zu erwartenden Nutzungsdauer der Verbesserung richtet, sondern nach dem Abschrei­ bungszeitraum des verbesserten Wirtschaftsguts gemäß Art. 36 Abs. 1 GKKB-RLV. Die Abschreibung der Verbesserungskosten folgt daher nicht wirklich dem Komponentenansatz, sie hat aber auch kaum Ähnlichkeit mit der Abschreibung nach dem HGB und EStG. Da die Abschreibung separat erfolgt und die Verbesserungskosten nicht zur ursprünglichen Bemessungsgrundlage hinzuaddiert werden, verlän­ gern die Verbesserungskosten nach dem GKKB-RLV die Abschreibung mehr als nach deutschem Recht. Verbesserungskosten bezüglich eines Gebäudes sind zum Beispiel separat in 40 Jahren abzuschreiben. Die se­ parate Abschreibung der Verbesserungskosten wird damit gerechtfertigt, dass es im Fall der Poolabschreibung wegen der fehlenden Individualisie­ rung des verbesserten Wirtschaftsguts keine Alternative zur separaten Abschreibung gibt und die Verbesserungskosten möglichst gleich behan­ delt werden sollen.1167 Gegen eine solche Gleichbehandlung spricht allerdings, dass die geson­ derte Abschreibung der Verbesserungskosten im Fall der individuellen Abschreibung insbesondere bei Gebäuden wesentlich größere Nachteile hat als im Fall der relativ kurzen Poolabschreibung.1168 Für die gesonderte Abschreibung spricht, dass sie einfach zu handhaben ist. Sehr problema­ tisch ist die lange Abschreibungsdauer allerdings in Zusammenschau mit der starren 10 %-Grenze, die dazu führt, dass auch bloßer Erhaltungsauf­ wand abgeschrieben werden muss. Dass solcher Aufwand im Fall von 1167 Angedeutet in Arbeitsgruppe GKKB, Vermögensgegenstände und steuerliche Ab­ schreibung, v. 23.11.2004, CCCTB/WP\004\doc\de, Rz. 49; dazu Grangl/Petutschnig, SWI 2011, S. 483, 495. 1168 Grangl/Petutschnig, SWI 2011, S. 483, 495.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

Gebäuden über 40 Jahre abgeschrieben werden müsste, ist ein weiteres Argument gegen diese starre Grenze. Die irische Ratspräsidentschaft hat diese Problematik aufgegriffen und schlägt einen zweiten Absatz in Art. 35 vor, wonach die Verbesserungs­ kosten entsprechend der Restnutzungsdauer des verbesserten Wirt­ schaftsguts abgeschrieben werden, wenn der Steuerpflichtige beweisen kann, dass diese kürzer ist als die in Art. 36 Abs. 1 GKKB-RLV vorgesehe­ ne Nutzungsdauer.1169 Durch diese Regelung würde das unsinnige Ergeb­ nis vermieden, dass Verbesserungskosten eines Wirtschaftsguts abzu­ schreiben sind, das gar nicht mehr nutzbar ist. ff) Sammelposten Besonders weit geht die Typisierung des GKKB-RLV im Rahmen der Pool­abschreibung. Alle abnutzbaren Wirtschaftsgüter, die nicht unter Art. 36 GKKB-RLV fallen, werden in den Sammelposten nach Art. 39 ­GKKB-RLV eingestellt. Wegen dieses weiten Anwendungsbereichs wird die Mehrzahl der materiellen Wirtschaftsgüter in den Sammelposten fal­ len.1170 Dazu werden auch Pkw gehören.1171 (1) Funktionsweise des Sammelpostens Der Sammelposten wird nach Art. 39 Abs. 1 GKKB-RLV jährlich zu 25 % abgeschrieben. Da die Abschreibungsbasis in Form des Sammelpostens jährlich aufs Neue zu bestimmen ist, erfolgt die Abschreibung unendlich degressiv.1172 Die durchschnittliche Kapitalbindung durch den Sammel­ posten beträgt vier Jahre. Dies entspricht der durchschnittlichen Kapi­ talbindung durch eine lineare Abschreibung von sieben Jahren. Damit ist der Sammelposten aus Sicht der Steuerpflichtigen im Vergleich zur line­ aren einzelnen Abschreibung für alle Wirtschaftsgüter mit einer Nut­ zungsdauer von mehr als sieben Jahren günstig.1173 Veräußerungserlöse und Ausgleichszahlungen für den Untergang von Wirtschaftsgütern des Sammelpostens werden berücksichtigt, indem die Abschreibungsbasis vermindert wird.1174 Solange die Abschreibungsbasis nach dem Sammelposten positiv ist, hat dies den Effekt, dass Veräuße­ rungsgewinne nicht sofort voll steuerlich wirksam werden, sondern nur 1169 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 2.5.2013. 1170 Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 19. 1171 Die deutsche Finanzverwaltung geht für Pkw von einer Nutzungsdauer von sechs Jahren aus: AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter („AV“), Stand 1.2.2014, Personenkraftwagen. 1172 Kahle/Dahlke/Schulz, Ubg 2011, S. 491, 495. 1173 Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 19. 1174 Art. 39 Abs. 2 GKKB-RLV.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

die weitere Abschreibungsbasis vermindern. Dieser Effekt kommt einer Steuerstundung gleich, die zur Innenfinanzierung genutzt werden kann.1175 Sollte der Sammelposten durch den Abzug der Veräußerungser­ löse negativ werden, muss er auf null gesetzt werden und der Gewinn um den entsprechenden Betrag erhöht werden.1176 Insoweit kommt es zu ei­ ner sofortigen Gewinnauswirkung des Veräußerungserlöses. Umgekehrt werden allerdings auch realisierte Verluste im Zusammenhang mit Wirt­ schaftsgütern des Sammelpostens nur zeitlich gestreckt berücksichtigt. Solche Verluste entstehen immer dann, wenn der Veräußerungspreis un­ ter dem ursprünglichen Wert des Wirtschaftsguts abzüglich der degressi­ ven Abschreibung von 25 % jährlich liegt, oder wenn das Wirtschaftsgut untergeht, ohne dass es zu einer Ausgleichszahlung kommt.1177 (2) Rechtfertigung der Poolabschreibung Der Sammelposten weicht als bilanzielle Gewinnermittlungsregel wohl am stärksten von den IFRS und dem Recht der meisten Mitgliedstaaten ab. Der Kontrast zu den IFRS ist offensichtlich. Während in den IFRS aus Gründen einer realitätsgerechten Abbildung der Vermögens- und Ertrags­ lage sogar einzelne Komponenten separat erfasst werden, wird im GKKB-RLV nicht einmal zwischen den einzelnen Wirtschaftsgütern des Sammelpostens unterschieden. Diese werden in der Zugangsperiode in einen gemeinsamen Topf geworfen und in den Folgeperioden nicht mehr unterschieden. Die Abschreibungsregeln in den Mitgliedstaaten sind sehr unterschiedlich, eine große Übereinstimmung besteht aber darin, dass auch kurzlebige Sachanlagen individuell abgeschrieben werden. Nur Dä­ nemark, Finnland, Lettland und das Vereinigte Königreich haben ver­ gleichbare Sammelposten.1178,1179 Eine so weitreichende Abweichung vom Recht der meisten Mitgliedstaaten bedarf einer besonderen Begrün­ dung.1180 Der GKKB-RLV weicht zwar vom Recht der meisten Mitglied­ staaten ab, umgekehrt ließe sich aber kaum eine Schnittmenge der Ab­ schreibungsregeln der Mitgliedstaaten bilden. Diese variieren recht stark, was die Abschreibungsraten und die verschiedenen Kategorien von Wirt­ schaftsgütern angeht.1181 Wegen dieser großen Unterschiede macht es 1175 Kahle/Schulz, StuB 2011, S. 296, 300. 1176 Art. 39 Abs. 3 GKKB-RLV. 1177 Grangl/Petutschnig, SWI 2011, S. 483, 502. 1178 Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 71. 1179 Die deutsche Poolabschreibung nach § 6 Abs. 2a EStG ist nicht mit Art. 39 GKKBRLV vergleichbar, da sie nur relativ geringwertige Wirtschaftsgüter (Wert ≤ 1.000 3) betrifft. 1180 Allgemein zum Verhältnis der GKKB und dem Recht der Mitgliedstaaten, siehe oben 5. Kapitel:B.I. 1181 Arbeitsgruppe GKKB, Vermögensgegenstände und steuerliche Abschreibung, v. 23.11.2004, CCCTB/WP\004\doc\de, Rz. 33; Litwinczuk/Supera-Markowska, ´ in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 305, 316.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

Sinn, eigenständige Abschreibungsregeln zu schaffen, die den Besonder­ heiten der GKKB möglichst gerecht werden. Nachteil der Gruppenabschreibung ist, dass sie sehr holzschnittartig ist. Im Einzelfall kann die Abschreibungsdauer die tatsächliche Nut­ zungsdauer erheblich über- oder unterschreiten.1182 Besonders gravie­ rend sind die Auswirkungen im Fall der Zerstörung oder sonstigen Verlusts des Wirtschaftsguts ohne Ausgleichszahlung. Die Einzelab­ schreibung hat dagegen den Nachteil, dass die zu erwartende Nutzungs­ dauer häufig nur sehr schwer zu bestimmen ist, was erhebliche subjek­ tive Ein­schät­zungsspielräume zur Folge hat. Dieser Nachteil wiegt im weit einheitlichen Körperschaftsteuer-Bemessungs­ Fall einer europa­ grundlage besonders schwer, weil die Abschreibungsregelungen mög­ lichst einheitlich angewandt werden müssen,1183 ohne dass es eine ge­ festigte Rechtsprechung oder Verwaltungspraxis gibt. Die Gruppenabschreibung sorgt für Objektivität und gewährleistet die Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen, was die Rechtsanwendung an­ geht.1184 Würden kurzlebige Wirtschaftsgüter einzeln abgeschrieben, müssten aus Gründen der Objektivität und Einfachheit wenige weitge­ fasste Kategorien von Wirtschaftsgütern gebildet werden, was ebenso eine starke Vergröberung wäre.1185 Im Vergleich zur individuellen Ab­ schreibung ist die Sammelabschreibung kostengünstig, da sie wenig streitanfällig ist und keine laufenden Aufzeichnungen über die einzelnen Gegenstände zu führen sind.1186 Die hohe Rechtsanwendungsgleichheit und die niedrigen Befolgungskosten rechtfertigen, dass durch die stark typisierende Poolabschreibung häufig Ungleiches gleich behandelt wird.1187 Es ist jedoch fraglich, ob die individuelle Abschreibung kurzlebiger Wirt­ schaftsgüter anhand weniger, stark typisierter Kategorien nicht zu einem ähnlichen Maß an Rechtssicherheit und zu nur unwesentlich höheren Befolgungskosten führen würde. Im Rahmen einer solchen Regelung könnte auch die weitere Abschreibung eines zerstörten oder verloren ge­ gangenen Wirtschaftsguts ausgeschlossen werden. Aus juristischer Sicht sind beide Methoden vertretbar und es liegt letztlich im Beurteilungs­ spielraum des Gesetzgebers, ob er sich im Fall von kurzlebigen Wirt­ 1182 Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 69. 1183 Grangl/Petutschnig, SWI 2011, S. 483, 485. 1184 Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 84. 1185 Grangl/Petutschnig, SWI 2011, S. 483, 485. 1186 Jenzen/Gläser, DStR 2010, Beihefter zu Heft 50, S. 89, 95. 1187 Spengel, FR 2009, S. 101, 106; Kahle/Schulz, StuB 2011, S. 296, 300; halten die Poolabschreibung für grundsätzlich gerechtfertigt, aber die gegenwärtige Ausge­ staltung der Poolabschreibung für Komplexitätserhöhend, ohne Begründung: Kahle/Dahlke/Schulz, Ubg 2011, S. 491, 495.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

schaftsgütern für die individuelle Abschreibung oder für einen Sammel­ posten entscheidet. Nicht gefolgt werden sollte dem Beispiel des EStG, wonach die Poolabschreibung wahlweise möglich ist, da ein solches Wahlrecht die steuerliche Gewinnermittlung unnötig kompliziert und teuer macht und zu Ungleichbehandlung führt.1188 gg) Mittellebige Sachanlagen Im Kompromissvorschlag der irischen Ratspräsidentschaft ist eine weite­ re Kategorie von mittellebigen Sachanlagen mit einer Nutzungsdauer von mindestens acht und weniger als fünfzehn Jahren vorgesehen. Diese mittellebigen Sachanlagen sollen in acht Jahren abgeschrieben werden, es sei denn, der Steuerpflichtige weist eine kürzere Nutzungsdauer nach.1189 Die griechische Ratspräsidentschaft schlägt vor, Wirtschaftsgüter mit ei­ nem Wert von 150.000 3 auch dann zu den mittellebigen Sachanlagen zu zählen, wenn ihre Nutzungsdauer weniger als acht Jahre beträgt.1190 Durch diese weitere Kategorie würde es in erheblich mehr Fällen zu Ab­ grenzungsfragen zwischen den Kategorien von Sachanlagen und einer entsprechenden Erhöhung der Befolgungskosten kommen. Zugleich wür­ de diese weitere Kategorie zusammen mit der Poolabschreibung nach Art. 39 GKKB-RLV kaum zu durchschnittlich realitätsgerechteren Ab­ schreibungsdauern führen. Die Poolabschreibung käme nur noch für Wirtschaftsgüter mit einer Nutzungsdauer von weniger als acht Jahren in Betracht. Die degressive Poolabschreibung führt zu einer durchschnittlichen Kapi­ talbindung von vier Jahren, was der durchschnittlichen Kapitalbindung bei einer linearen Abschreibung von sieben Jahren entspricht.1191 Das be­ deutet, für Wirtschaftsgüter mit einer durchschnittlichen kürzeren Nut­ zungsdauer als sieben Jahre führt die Poolabschreibung zu einer un­ realistisch langen Abschreibungsdauer, für Wirtschaftsgüter mit einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von mehr als sieben und weniger als fünfzehn Jahren führt sie zu einer unrealistisch kurzen Abschreibungs­ dauer. Im Ergebnis würden sich die Typisierungen zu Gunsten und zu Lasten der Steuerpflichtigen wohl zum großen Teil ausgleichen. Die lineare Abschreibung von mittellebigen Sachanlagen über acht Jahre würde dazu führen, dass die Poolabschreibung in den meisten Fällen un­ realistisch lang wäre, da sich im Sammelposten vor allem Wirtschaftsgü­ ter mit einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von weniger als sieben 1188 Allgemein zur Problematik der Wahlrechte, siehe oben 2. Kapitel:C.I.1. 1189 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 2.5.2013, Art. 36 Abs. 1 lit. c) und Abs. 2 lit. d). 1190 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 26.5.2014, Art. 4 Abs. 17. 1191 Siehe oben 6. Kapitel:B.II.4.b)ff)(1).

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

Jahren befänden. Zugleich wäre die Abschreibung der mittellebigen Wirt­ schaftsgüter mit einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von mindes­ tens acht Jahren über acht Jahre hinweg in den meisten Fällen unrealis­ tisch kurz. Im Ergebnis würden sich wohl auch hier die unrealistisch lange Abschreibungsdauer der kurzlebigen und die unrealistisch kurze Abschreibungsdauer der mittellebigen Wirtschaftsgüter größtenteils aus­ gleichen. Der einzige Unterschied zum GKKB-RLV bestünde darin, dass die durch­ schnittliche Kapitalbindung für mittellebige Wirtschaftsgüter mit einer Nutzungsdauer zwischen acht und fünfzehn Jahren viereinhalb1192 statt wie im Fall der Poolabschreibung vier Jahre betragen würde. Entspre­ chend würde die Einführung der Kategorie von mittellebigen Wirtschafts­ gütern kaum zu einer realitätsgerechteren Abschreibung führen. Im Ergebnis sollte auf die gesonderte Abschreibung mittellebiger Wirt­ schaftsgüter verzichtet werden, weil den höheren Befolgungskosten kein entsprechender Nutzen einer realitätsgerechteren Abschreibung gegen­ überstünde. hh) Kurzlebige Sachanlagen Im Kompromissvorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft ist eine weitere Kategorie von kurzlebigen Sachanlagen vorgesehen, die eine Nut­ zungsdauer von mindestens vier und weniger als acht Jahren haben. Die­ se kurzlebigen Sachanlagen sollen über einen Zeitraum von vier Jahren linear abgeschrieben werden, es sei denn, der Steuerpflichtige weist eine kürzere Nutzungsdauer nach.1193 Danach würden nur noch Wirtschafts­ güter des Anlagevermögens mit einer Nutzungsdauer von weniger als vier Jahren in den Sammelposten nach Art. 39 GKKB-RLV fallen. Außer­ dem wird mit Blick auf diese Kategorie erwogen, den Abschreibungssatz für die Poolabschreibung deutlich zu erhöhen sowie ein Wahlrecht zwi­ schen der Pool- und der Einzelabschreibung einzuführen.1194 Die weitere Kategorie von kurzlebigen Sachanlagen würde die Abgren­ zungsschwierigkeiten zwischen den einzelnen Kategorien von Wirt­ schaftsgütern des Anlagevermögens zusätzlich erhöhen. Je detaillierter die Kategorisierung ist, desto geringer ist die Zahl der Wirtschaftsgüter, die sich eindeutig einer bestimmten Kategorie zuordnen lassen. Weiter macht es keinen Sinn, neben einer linearen Abschreibung von vier Jahren eine Poolabschreibung zuzulassen. Selbst wenn der degressive Abschrei­ 1192 Dlinear = n+1 = 8+1 = 4,5; vgl. Scheffler/Köstler, DStR 2013, S. 2190, Fn. 19. 2 2 1193 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013, Art. 36 Abs. 1 lit. d) und Abs. 2 lit. e). 1194 Rat der Europäischen Union, Explanatory notes on the compromise proposal, v. 14.10.2013.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

bungssatz für den Sammelposten auf 40 % erhöht würde, wäre die Pool­ abschreibung, was die Kapitalbindung angeht, aus Sicht der Steuerpflich­ tigen nicht günstiger als die lineare Abschreibung über vier Jahre.1195 Der Vorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft würde die Gewinner­ mittlung unnötig komplizieren und verteuern. Die Einführung weiterer Kategorien von Anlagevermögen und eines Wahlrechts würde zudem die Objektivität der Gewinnermittlung beeinträchtigen. ii) Jahr der Anschaffung/Veräußerung Die Abschreibung beginnt nach Art. 37 Abs. 1 GKKB-RLV im Jahr des Erwerbs oder der Ingebrauchnahme, je nachdem, was später erfolgt. In diesem Jahr erfolgt keine anteilige Kürzung der Abschreibung. Auch im Fall von Wirtschaftsgütern des Sammelpostens kommt es im Steuerjahr des Erwerbs unabhängig vom genauen Erwerbszeitpunkt zur vollen Ab­ schreibung. Dies ist im Vergleich zum deutschen Bilanzsteuerrecht eine Vereinfachung. Diese Vereinfachung eröffnet aber Gestaltungsmöglich­ keiten. So ist davon auszugehen, dass Anschaffungen im Dezember stark zunehmen werden. Im Fall der Poolabschreibung gäbe es aber aus techni­ schen Gründen ohnehin keine Alternative zur vollen Auswirkung im Er­ werbsjahr. jj) Tatsächliche Nutzung Im Kompromissvorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft ist ein zu­ sätzlicher Abs. 4 in Art. 33 vorgesehen, wonach die Abschreibung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die nicht genutzt werden kön­ nen, nicht berechnet wird.1196 Dies ist wohl so zu verstehen, dass die Ab­ schreibung in diesen Fällen aufgeschoben oder unterbrochen wird.1197 Bei­ spielhaft werden längere Erhaltungs- oder Umbaumaßnahmen genannt.1198 Diese Vorgabe würde erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten, da für die einzelnen Wirtschaftsgüter dokumentiert werden müsste, ob sie ge­ nutzt werden. Zudem wäre unklar, ab wann bei kürzeren Nutzungsun­ terbrechungen die Abschreibung auszusetzen ist. Sowohl der Aspekt der Befolgungskosten als auch die Objektivität der Gewinnermittlung spre­ chen gegen diesen Vorschlag.

1195 Scheffler/Köstler, DStR 2014, S. 664, 665. 1196 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013. 1197 Vgl. Scheffler/Köstler, DStR 2014, S. 664, 667. 1198 Rat der Europäischen Union, Explanatory notes on the compromise proposal, v. 14.10.2013.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

kk) Latente Steuern Grangl/Petutschnig haben darauf hingewiesen, dass es wegen der sehr vergröbernden Abschreibungsregeln des GKKB-RLV häufig zum Ansatz latenter Steuern in der Handelsbilanz kommen wird, was das Ziel der Senkung der Befolgungskosten in Frage stelle.1199 Dies ist sicherlich zu­ treffend. Es darf aber nicht übersehen werden, dass dieses Problem im Fall sehr individualisierter GKKB-Abschreibungsregeln ebenso bestünde – wenn auch abgeschwächt. Solange die handelsrechtlichen Abschrei­ bungsregeln in den Mitgliedstaaten stark divergieren, muss die Abschrei­ bung im Rahmen der GKKB vom Recht der meisten Mitgliedstaaten abweichen. Wird die steuerliche Gewinnermittlung wie geplant harmo­ nisiert, ohne dass es zu einer weiteren Angleichung des Handelsbilanz­ rechts kommt, ist der vermehrte Ansatz latenter Steuern in der Handels­ bilanz unausweichlich. c) Sonderabschreibungen Sonderabschreibungen sind in Art. 41 GKKB-RLV geregelt. Art. 41 Abs. 1 GKKB-RLV bestimmt: „1Weist ein Steuerpflichtiger in einem Ausnahmefall nach, dass bei einem nicht abschreibungsfähigen Wirtschaftsgut des Anlagevermö­ gens am Ende eines Steuerjahres ein dauerhafter Wertverlust einge­ treten ist, so kann er einen diesem Wertverlust entsprechenden Be­ trag abziehen. 2Bei Wirtschaftsgütern, deren Veräußerungserlöse steuerfrei sind, ist kein Abzug möglich.“ Danach kommen Sonderabschreibungen nur für Wirtschaftsgüter des An­ lagevermögens in Betracht, die nicht planmäßig abgeschrieben werden. Außerplanmäßige Wertminderungen abschreibungsfähiger Wirtschafts­ güter können nach dem GKKB-RLV nur berücksichtigt werden, wenn das Wirtschaftsgut vollkommen zerstört wird oder verloren geht. Scheidet ein Wirtschaftsgut unfreiwillig aus dem Betriebsvermögen aus, kommt dies nach Art. 37 Abs. 2 GKKB-RLV einer Veräußerung gleich, weshalb der steuerliche Wert des Wirtschaftsguts von der Bemessungsgrundlage abzuziehen ist. Steuerlicher Wert ist nach Art. 4 Abs. 13 GKKB-RLV die Abschreibungsbasis abzüglich der bereits vorgenommenen planmäßigen Abschreibung. Wie nach dem EStG und anders als in der HGB-Bilanz und den IFRS ha­ ben die Steuerpflichtigen im Rahmen der GKKB ein Wahlrecht, Sonder­ abschreibungen vorzunehmen. Dieses Wahlrecht spiegelt die im Ver­ gleich zur Handelsbilanz umgekehrte Interessenlage der Steuerbilanz 1199 Grangl/Petutschnig, SWI 2011, S. 483, 501.

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wider. In der Regel kommt es den Steuerpflichtigen darauf an, sich mög­ lichst „arm“ zu rechnen. Das ausdrückliche Wahlrecht ist konsequent. Da die Steuerpflichtigen entsprechend der Interessenlage die Beweislast für das Vorliegen eines dauerhaften Wertverlusts haben, bestünde ohne­ hin ein faktisches Wahlrecht, diesen Beweis nicht zu erbringen. aa) Maßgeblicher Wert Art. 41 GKKB-RLV regelt nicht ausdrücklich, auf welchen Wert es für die Frage des Wertverlusts ankommt. In der allgemeinen Bewertungsvor­ schrift Art. 22 GKKB-RLV ist geregelt, dass es auf den Marktpreis an­ kommt, wenn es an einer monetären Gegenleistung fehlt.1200 Da es im Fall der Sonderabschreibung überhaupt an einer Gegenleistung fehlt, kommt es auch hier auf den Marktpreis und damit auf den beizulegenden Zeitwert an.1201 Schwierig zu beurteilen sind die praktisch häufigen Fälle, in denen ein aktiver Markt fehlt. Für diesen Fall wird vertreten, es käme auf den gemeinen Wert und damit auf den im Fall der Veräußerung erziel­ baren Wert an.1202 Diese Ansicht ist aber nicht mit dem going concern-Grundsatz vereinbar. Aus diesem Grundsatz folgt, dass es auf den Wiederbeschaffungswert ankommen muss, weil auf Fortführungs- und nicht auf Zerschlagungswerte abzustellen ist.1203 Die Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts macht praktisch große Probleme. Marktpreise können mangels eines aktiven Markts für das be­ troffene Wirtschaftsgut zumeist nicht bestimmt werden. Die Bestim­ mung des Wiederbeschaffungswerts als Surrogat für den Marktpreis bringt große Einschätzungsspielräume mit sich. Bei abnutzbaren Wirt­ schaftsgütern kommt es auf den Preis an, zu dem ein Wirtschafsgutsgut in vergleichbarem Zustand und Alter beschafft werden könnte (Wieder­ beschaffungszeitwert). Lässt sich dieser Preis nicht bestimmen, was man­ gels eines aktiven Markts wohl meistens der Fall ist, kommt es auf den Preis eines entsprechenden neuen Wirtschaftsguts (Wiederbeschaffungs­ neuwert) abzüglich der planmäßigen Abschreibung an.1204 Auf den Wiederbeschaffungsneuwert abzüglich der planmäßigen Ab­ schreibung kann jedoch nur abgestellt werden, wenn die Wertminderung wirtschaftlicher Natur ist, was zum Beispiel der Fall sein kann, wenn ein Wirtschaftsgut technisch nicht mehr dem neuesten Stand entspricht. Be­ ruht die Wertminderung auf einer außergewöhnlichen technischen Ab­ 1200 Art. 22 Abs. 1 lit. b), c) und d) GKKB-RLV 1201 Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 20. 1202 Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 20; Grangl/Petutschnig, SWI 2011, S. 483, 501. 1203 Dazu ausführlich oben 4. Kapitel:B.VIII.1. 1204 So zum Wiederbeschaffungswert in der HGB-Bilanz: Schubert/Andrejewski/Roscher, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB, § 253, Rz. 308.

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nutzung, kommt es dagegen zu einem Zirkelschluss, wenn man versucht, den beizulegenden Zeitwert über den Wiederbeschaffungsneuwert zu er­ mitteln. Der beizulegende Zeitwert bestünde nämlich aus dem Wieder­ beschaffungsneuwert, abzüglich der planmäßigen Abschreibung, abzüg­ lich der außergewöhnlichen technischen Abnutzung. In vielen Fällen lässt sich der beizulegenden Zeitwert deshalb nur grob schätzen.1205 Ent­ sprechend grenzt die Praxis der außerplanmäßigen Abschreibung häufig wohl an Willkür.1206 bb) Dauerhafte Wertminderung/Wertaufholung Wie im deutschen Bilanzrecht muss die Wertminderung dauerhaft sein. Wann die Wertminderung dauerhaft ist, ist im GKKB-RLV nicht geregelt. Da es sich um ein zentrales Merkmal handelt, sollte die GKKB-Richtlinie eine entsprechende Definition enthalten. Gleichwohl verbliebe an dieser Stelle ein erheblicher Einschätzungsspielraum. So hat die allgemeine De­ finition des BFH zur dauerhaften Wertminderung nicht verhindert, dass dessen Rechtsprechung im Einzelfall widersprüchlich ist.1207 Trotz dieser Rechtsunsicherheit kann auf das Merkmal der Dauerhaftigkeit nicht ver­ zichtet werden, da die Berücksichtigung auch kurzfristiger Wertminde­ rungen noch größere Einschätzungsspielräume mit sich brächte. Nach Art. 41 GKKB-RLV ist im Fall von Wertsteigerungen eine Werterhöhung vorzunehmen, die den Betrag der ursprünglich gewährten Abschreibung jedoch insgesamt nicht übersteigen darf.1208 cc) Systematik der Abschreibungsregeln Für den Verzicht auf Sonderabschreibungen für abnutzbare Wirtschafts­ güter spricht die Systematik der Abschreibungsregeln des GKKB-RLV. Für Wirtschaftsgüter des Sammelpostens ist eine außerplanmäßige Abschrei­ bung ausgeschlossen, weil das einzelne Wirtschaftsgut und dessen steu­ erlicher Wert nicht mehr identifiziert werden können. Im Fall von ein­ zeln abschreibungsfähigen Wirtschaftsgütern bestünde die Gefahr, dass die festen Abschreibungszeiträume nach Art. 36 GKKB-RLV unterlaufen werden. Ist die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines Wirtschafts­ guts kürzer als der typisierte Abschreibungszeitraum, könnten die Steu­ erpflichtigen regelmäßig geltend machen, dass der beizulegende Zeitwert die Abschreibungsbasis abzüglich der planmäßigen Abschreibung unter­ 1205 Siehe oben 2. Kapitel:C.III. 1206 Zu den IFRS sehr pointiert: Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 11, Rz. 212. 1207 Kulosa, in Schmidt, EStG, § 6, Rz. 364. 1208 Zur Vereinbarkeit dieser Wertaufholung mit dem Realisationsprinzip: Schlotter, Teilwertabschreibung und Wertaufholung zwischen Steuerbilanz und Verfas­ sungsrecht, S. 301.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

schreite. Dieses Problem würde sich vor allem bei neuen Gebäuden und immateriellen Wirtschaftsgütern stellen, da die feste typisierte Abschrei­ bungsdauer die tatsächliche Nutzungsdauer sowohl über- als auch unter­ schreiten kann. Es kämen zwei Lösungsmöglichkeiten in Betracht: Ent­ weder es würde auch für neue Gebäude und immaterielle Wirtschaftsgüter der Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer erlaubt.1209 Oder die GKKB-Richtlinie müsste genaue Vorgaben enthalten, um den gewöhnli­ chen Wertverzehr, der typisiert in Art. 36 GKKB-RLV berücksichtigt wird, von außergewöhnlichen Wertminderungen abzugrenzen, die zu Sonderabschreibungen berechtigen. Subjektive Einschätzungsspielräume wären in beiden Fällen aber unvermeidlich. dd) Vergleich mit dem HGB, EStG und den IFRS Dass Sonderabschreibungen nur für nicht abschreibungsfähige Wirt­ schaftsgüter in Betracht kommen, ist eine erhebliche Abweichung vom deutschen Bilanzrecht und den IFRS, wonach außerplanmäßige Abschrei­ bungen beziehungsweise der impairment test bezüglich aller Wirtschafts­ güter des Anlagevermögens möglich sind. Insgesamt sorgt die Beschrän­ kung der Sonderabschreibungen auf nicht abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter für eine erhebliche Objektivierung der steuerlichen Ge­ winnermittlung. Auch im deutschen Bilanzrecht und den IFRS gibt es keine objektive Methode zur Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts. Bei der Ermittlung der GKKB wird es insgesamt zu deutlich weniger Son­ derabschreibungen und den damit verbundenen Ermessensspielräumen kommen, als dies im deutschen Bilanzrecht und den IFRS der Fall ist. ee) Vereinbarkeit der Beschränkung der Sonderabschreibungen mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip Obwohl die Objektivität der Gewinnermittlung und die Systematik der Abschreibungsregeln des GKKB-RLV dafür sprechen, Sonderabschrei­ bungen nur für nichtabnutzbare Wirtschaftsgüter zuzulassen, ist die Beschränkung der Sonderabschreibung im Fall der langlebigen Wirt­ schaftsgüter nicht mit dem Ziel einer möglichst realitätsgerechten Ge­ winnermittlung und damit dem Leistungsfähigkeitsprinzip vereinbar. Im Fall von Gebäuden können bis zu vierzig Jahre vergehen zwischen der Wertminderung und der Realisierung dieser Wertminderung durch Ver­ äußerung oder der vollständigen planmäßigen Abschreibung. Dies wäre vor allem der Fall, wenn es im Rahmen der Zugangsbewertung zu Über­ bewertungen gekommen ist.1210 1209 Dieser Nachweis ist im EStG für Gebäude trotz der festen Abschreibungszeiträu­ me zulässig (§ 7 Abs. 4 S. 2 EStG), weshalb sich dieses Problem im EStG so nicht stellt. 1210 Dazu oben 6. Kapitel:A.IV.1.c)gg).

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

Es besteht die Gefahr, dass diesen Verlusten ab dem Realisierungszeit­ punkt keine ausreichenden Gewinne mehr gegenüberstehen. Zudem kann die verspätete Verlustrealisierung erhebliche Nachteile für die Li­ quidität der Steuerpflichtigen haben, wenn die Wertminderung auf eine Einschränkung der betrieblichen Nutzbarkeit zurückgeht und durch das Wirtschaftsgut nicht mehr die erwarteten Erträge erzielt werden können. Eine Beeinträchtigung des Nutzungswerts kann technischer Natur sein, wenn das Wirtschaftsgut in seiner Funktionsfähigkeit beeinträchtig ist, sie kann aber auch wirtschaftlicher Natur sein, wenn das Wirtschaftsgut nicht wie geplant genutzt werden kann, zum Beispiel weil es technisch überholt ist. Die Liquiditätsnachteile und die unzutreffende Besteuerung des Totalgewinns würden nicht nur das Leistungsfähigkeitsprinzip, son­ dern auch die Neutralität der Besteuerung beeinträchtigen.1211 Der Verzicht auf Sonderabschreibungen für einzeln abschreibbare Wirt­ schaftsgüter wäre nur zulässig, wenn der GKKB-RLV ausreichende Mechanismen enthielte, um die Gefahr der endgültigen Nichtberück­ sich­tigung von Verlusten und die Nachteile für die Liquidität der Steuer­ pflichtigen möglichst zu beseitigen. Dies ist derzeit nicht der Fall, da nur ein Verlustvortrag, aber kein Verlustrücktrag vorgesehen ist. Der unver­ zinsliche Verlustvortrag beseitigt die Liquiditätsnachteile überhaupt nicht und stellt die Besteuerung des zutreffenden Totalgewinns nur sicher, wenn in den Perioden nach der Verlustrealisierung Gewinne er­ zielt werden, was nicht immer der Fall ist. Zusätzlich zum zeitlich unbe­ schränkten verzinslichen Verlustvortrag wäre ein möglichst weitreichen­ der, verzinslicher Verlustrücktrag erforderlich.1212 Zusätzlich wäre es auch denkbar, statt der linearen eine degressive Abschreibung vorzuse­ hen. Dies würde im Fall von Wertminderungen zu Beginn der Nutzungs­ dauer dazu führen, dass die Differenz zwischen dem Buchwert und dem geminderten beizulegenden Zeitwert geringer ist. Beeinträchtigungen der Nutzbarkeit zu Beginn der Nutzungsdauer sind unter Liquiditätsge­ sichtspunkten besonders problematisch. Die Probleme der unzutreffenden Besteuerung des Totalgewinns und der fehlenden Liquidität stellen sich im Fall der Poolabschreibung nicht in gleichem Ausmaß. In den Sammelposten wird in der Regel eine Vielzahl von Wirtschaftsgütern eingestellt, von denen jedes einzelne wertmäßig nicht dieselbe Bedeutung hat wie die einzeln abzuschreibenden Wirt­ schaftsgüter. Daher fallen Wertminderungen von Wirtschaftsgütern des 1211 Dazu oben 2. Kapitel:B; halten die Beschränkung der Sonderabschreibungen für ökonomisch nicht gerechtfertigt: Spengel/Ortmann-Babel/Zinn/Matenaer, 4 World Tax Journal 2012, S. 185, 198. 1212 Kahle/Schulz, StuB 2011, S. 296, 300; Kahle/Dahlke/Schulz, Ubg 2011, S. 491, 495; Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 21 f.; Schulz, Har­ monisierung der steuerlichen Gewinnermittlung, S. 426.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Sammelpostens betragsmäßig zumeist geringer aus, was die Wahrschein­ lichkeit erhöht, dass Gewinne in späteren Perioden für die Verlustver­ rechnung ausreichen und die Liquiditätsnachteile betragsmäßig nicht so hoch sind. ff) Weitere Einschränkung der Sonderabschreibung Nach Ansicht der litauischen Ratspräsidentschaft ist Art. 41 GKKB-RLV immer noch zu weitgehend und ein weiterer „Schutz“ der Bemessungs­ grundlage erforderlich.1213 Daher soll eine Sonderabschreibung nur noch in Betracht kommen, wenn der Wertverlust aufgrund von höherer Ge­ walt oder krimineller Aktivitäten durch Dritte eingetreten ist.1214 Mit dieser Einschränkung hätte Art. 41 GKKB-RLV praktisch nahezu keine Bedeutung mehr. Denkbar wären Sonderabschreibungen zum Beispiel noch im Fall von Hochwasserschäden an Grundstücken oder im Fall der Beschädigung von Gemälden durch Dritte. Das Erfordernis der dauern­ den Wertminderung wird wegen der Beschränkung der Sonderabschrei­ bung auf diese außergewöhnlichen Ereignisse für nicht erforderlich ge­ halten.1215 Mit dieser Änderung würde die Gewinnermittlung sich im Fall der au­ ßerplanmäßigen Wertminderung von Anlagevermögen noch weiter von einer realitätsgerechten Gewinnermittlung entfernen. Solange Aufwand betrieblich veranlasst ist, gibt es abgesehen von sehr wenigen Ausnah­ men (wie zum Beispiel Strafzahlungen) keinen Grund, nach dem Anlass für den Aufwand zu differenzieren. Der „Schutz“ der Bemessungsgrund­ lage rechtfertigt es nicht, den Betriebsausgabenabzug beliebig einzu­ schränken. 5. Zusammenfassung Das Kapitel VI zur Abschreibung von Anlagevermögen ist mit Ausnahme der Regelung zu den immateriellen Wirtschaftsgütern der ausgereifteste Teil der Gewinnermittlungsregeln des GKKB-RLV.1216 Die sehr starke Ty­ pisierung wird eine weitgehend autonome Auslegung der Abschreibungs­ regeln ermöglichen. Dadurch entsteht ein hohes Maß an Rechtssicher­ heit, was die mit der Typisierung häufig verbundene Gleichbehandlung 1213 Rat der Europäischen Union, Explanatory notes on the compromise proposal, v. 14.10.2013. 1214 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013. 1215 Rat der Europäischen Union, Explanatory notes on the compromise proposal, v. 14.10.2013. 1216 Halten die Abschreibungsregeln des GKKB-RLV für recht vollständig: Spengel/ Zöllkau, CC(C)TB, S. 56; Vermeulen, in Weber (Hrsg.), CCCTB – Selected Issues, S. 79, 91; positiv auch Schulz, Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermitt­ lung, S. 425.

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ungleicher Sachverhalte rechtfertigt. Offene Fragen werden sich eher im Vorfeld der eigentlichen Abschreibung abspielen – bei der Abschreibungs­ berechtigung und der Zugangsbewertung. Wegen der starren Abschrei­ bungsdauer für neue Gebäude ist auch eine Regelung zur selbständigen Abschreibung bestimmter Gebäudeteile erforderlich. Grundlegend zu kritisieren ist, dass für einzeln abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter kei­ ne Sonderabschreibungen vorgesehen sind. Die Kompromissvorschläge der irischen und der litauischen Ratspräsi­ dentschaft zur Einführung weiterer Kategorien von Anlagevermögen un­ ter gleichzeitiger Beibehaltung der Poolabschreibung würden die Gewinn­ ermittlung verteuern und wären abträglich für die Objektivität der Gewinnermittlung. Der Gesetzgeber sollte die Zahl der Kategorien von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens möglichst klein halten und für jede Kategorie nur eine Abschreibungsmethode zulassen.

III. Folgebewertung von Vorräten Die Regeln zur Folgebewertung von Vorräten dienen vor allem der Ver­ einfachung. Oft besteht das Vorratsvermögen aus einer Vielzahl gleichar­ tiger Gegenstände, bei denen eine separate Erfassung unverhältnismäßig wäre. Die Regelung zur Folgebewertung von Vorräten in Art. 29 Abs. 1 und 4 GKKB-RLV hat große Ähnlichkeit mit den entsprechenden Regeln im deutschen Bilanzrecht und den IFRS. 1. Vereinfachung der Folgebewertung Art. 29 Abs. 1 GKKB-RLV lautet: „1Die Kosten von Vorräten und unfertigen Erzeugnissen, die norma­ lerweise nicht austauschbar sind, sowie von hergestellten Gütern und Dienstleistungen, die für bestimmte Vorhaben getrennt werden, werden einzeln ermittelt. 2Die Kosten anderer Vorräte und unfertiger Erzeugnisse werden nach dem First-in-First-out-Verfahren (FIFO) oder nach der gewichteten Durchschnittsmethode ermittelt.“ Diese Regelung stimmt mit IAS 2.25 überein, wonach zur vereinfachten Folgebewertung von Vorräten ebenso das FIFO-Verfahren oder die ge­ wichtete Durchschnittsmethode vorgesehen sind. Nach § 256 S. 1 HGB können die Unternehmen bei gleichartigen Vermögensgegenständen des Vorratsvermögens wahlweise die FIFO-Methoden anwenden oder unter­ stellen, dass die zuletzt angeschafften Vorräte zuerst verbraucht oder ver­ äußert wurden (last-in-first-out, LIFO). Zudem können Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, die von untergeordneter Bedeutung sind und regelmäßig ersetzt werden, nach § 240 Abs. 3, § 256 S. 2 HGB mit gleichbleibender 289

6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Menge und gleichbleibendem Wert angesetzt werden, was nichts anderes ist als eine gewichtete Durchschnittsmethode. Im Bilanzsteuerrecht gilt grundsätzlich nichts anderes. Bei gleichartigen Gegenständen kommt nach § 6 Abs. 1 Nr. 2a S. 1 EStG nur das LIFO-Verfahren in Betracht. Fest­ werte im Sinn von § 240 Abs. 3 HGB können auch in der Steuerbilanz gebildet werden.1217 Im Fall von Preissteigerungen und Preisverfall wirken sich das FIFO- und das LIFO-Verfahren unterschiedlich auf das Periodenergebnis aus. Kommt es zu Preissteigerungen, ist die LIFO-Methode für die Steuerpflichtigen günstiger, da die teuersten Vorräte als erstes ausscheiden.1218 Für welches Verfahren der Gesetzgeber sich entscheidet, unterfällt letztlich seinem Beurteilungsspielraum im Rahmen der Typisierung. Sinnvoll ist es, die Gewinnermittlung nicht wie im HGB durch ein zusätzliches Wahlrecht zu komplizieren und zu verteuern. Ein solches Wahlrecht sieht allerdings der Kompromissvorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft vor, wo­ nach den Steuerpflichtigen eine Wahlmöglichkeit zwischen dem FIFOund dem LIFO-Verfahren eingeräumt werden soll.1219 2. Niederstwertprinzip Art. 29 Abs. 4 GKKB-RLV bestimmt: „1Vorräte und unfertige Erzeugnisse werden am letzten Tag des Steu­ erjahres zum niedrigeren Wert aus Anschaffungs- beziehungsweise Herstellungskosten und Nettoveräußerungswert bewertet. 2Netto­ veräußerungswert ist der geschätzte Verkaufspreis bei normalem Ge­ schäftsverlauf abzüglich der geschätzten Kosten für Fertigstellung und Verkauf.“ Nach IAS 2.9 gilt ebenso das Niederstwertprinzip aus Anschaffungs- oder Herstellungskosten und Nettoveräußerungswert. Durch die außerplan­ mäßige Abschreibung nach § 253 Abs. 4 HGB und § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG gilt im deutschen Bilanzrecht im Ergebnis ebenso das Niederstwertprin­ zip, wobei für die steuerliche Teilwertabschreibung wiederum ein Wahl­ recht besteht. Maßgeblicher Wert für die außerplanmäßige Abschreibung ist entweder der Nettoveräußerungswert oder der Wiederbeschaffungs­ wert.1220 Dagegen kommt es im GKKB-RLV und den IFRS stets auf den Nettoveräußerungspreis an, weshalb hier vom „strengen“ Niederstwert­ prinzip gesprochen wird.1221 Ein Unterschied zu den IFRS kann sich im 1217 Kulosa, in Schmidt, EStG, § 6, Rz. 611 ff. 1218 Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 18. 1219 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013, Art. 21, Abs. 2 lit. a) ii). 1220 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 17, Rz. 34. 1221 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 17, Rz. 32.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

Fall von Stoffen ergeben, die zur Weiterverarbeitung vorgesehen sind. Hier bestimmt IAS 2.31, dass auch die Preise der Endprodukte in die Kal­ kulation des Nettoveräußerungspreises einzubeziehen sind. Kommt es zum Preisverfall der Ausgangsstoffe, kommt nach IAS 2.32 doch der Wie­ derbeschaffungswert als Wertmaßstab in Frage. Im praktischen Ergebnis dürfte zwischen dem Niederstwertprinzip nach dem EStG und HGB und dem „strengen“ Niederstwertprinzip häufig kein Unterschied beste­ hen.1222 In jedem Fall können die sehr detaillierten Regelungen zur Be­ stimmung des Nettoveräußerungswerts in IAS 2 als Auslegungshilfe für die GKKB-Richtlinie herangezogen werden, weil es in beiden Regelwer­ ken auf den Niederstwert ankommt.1223

IV. Folgebewertung von Forderungen Der Abzug uneinbringlicher Forderungen ist in Art. 27 GKKB-RLV gere­ gelt. Anders als bei der Folgebewertung von Vorräten besteht beim Abzug uneinbringlicher Forderungen ein Wahlrecht. Dieses entspricht dem Wahlrecht im Rahmen der Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG. Wichtigste Voraussetzung der Uneinbringlichkeit ist nach Abs. 1 lit. a) HS 1, dass der Steuerpflichtige „alle vernünftigen Schritte zur Eintreibung der Forderung unternommen“ hat.1224 Im Fall einer Viel­ zahl gleichartiger Forderungen ist nach Abs. 1 lit. a) HS 2 auch eine Pau­ schalwertberichtigung zulässig.1225 Was die vernünftigen Schritte zur Ein­ treibung sind, ist in Abs. 2 geregelt. Es kommt auf die Kosten der Eintreibung im Verhältnis zur Höhe der Forderung an und auf die Erfolgs­ aussichten. Das bedeutet, dass vor dem Abzug der Forderung als „unein­ bringlich“ nicht in jedem Fall gerichtliche Schritte eingeleitet werden müssen. Im Kompromissvorschlag der irischen Ratspräsidentschaft sind als weitere Kriterien der Zeitraum seit der Fälligkeit der Forderung und als Alternativen zur Einleitung rechtlicher Schritte die Zahlungsunfähig­ 1222 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 17, Rz. 35. 1223 Essers/Russo, in Essers u.a. (Hrsg.), The Influence of IAS/IFRS on the CCCTB, S. 29, 62. 1224 Im Kompromissvorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft ist weiter vorgese­ hen, dass objektive Nachweise über die Vornahme aller vernünftigen Schritte zu erbringen sind, Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013, Art. 27 Abs. 2. Zumindest aus deutscher Sicht hätte dieser Zusatz nur klarstel­ lende Bedeutung, da die Steuerpflichtigen bereits nach den allgemeinen Regeln zur Darlegungslast nachweisen müssten, dass die vernünftigen Schritte erbracht wurden. 1225 Nach dem Kompromissvorschlag der griechischen Ratspräsidentschaft soll die Pauschalwertberichtigung allerdings auf 0,1 % aller gleichartigen Forderungen beschränkt sein, Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 26.5.2014, Art. 27 Abs. 1 lit. a). Eine solche Einschränkung wäre wohl eine zu grobe Pauschalierung, da Unternehmen abhängig von ihrer Tätigkeit unter­ schiedlichste Ausfallrisiken haben.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

keit des Schuldners oder die Einschaltung eines Inkassobeauftragten vor­ gesehen.1226 Diese vorgeschlagenen Kriterien könnten die Voraussetzun­ gen der Uneinbringlichkeit nach Abs. 2 weiter objektivieren. Art. 27 GKKB-RLV regelt nur die Uneinbringlichkeit. Wie außerhalb der Pauschalwertberichtigung mit Forderungen umzugehen ist, deren Erfül­ lung zweifelhaft ist, wird nicht ausdrücklich geregelt. Forderungen, die zum Anlagevermögen gehören, sind nach Art. 40 GKKB-RLV nicht ab­ schreibungsfähig, weswegen für diese auch eine Sonderabschreibung nach Art. 41 GKKB-RLV in Betracht käme. Nach Art. 27 Abs. 1 lit. c) GKKB-RLV kommt der Abzug einer uneinbringlichen Forderung nur in Betracht, wenn keine Sonderabschreibung nach Art. 41 GKKB-RLV vorgenommen wurden. Daraus folgt, dass im Fall von zweifelhaften Forderungen des Anlagevermögens auch eine Sonderabschreibung möglich ist.1227 Ist eine Forderung unsicher, die nicht zum Anlagevermögen gehört, kann dies anders als im EStG,1228 HGB1229 und den IFRS1230 außerhalb der Pau­ schalwertberichtigung nicht berücksichtigt werden. Die Bewertung von Bonitätsrisiken schafft erhebliche Einschätzungsspielräume, weshalb die Alles-oder-Nichts-Regelung in Art. 27 GKKB-RLV die Objektivität der Gewinnermittlung erhöht. Sie kann aber zu erheblichen Härten führen, wenn das Geschäftsmodell eines Unternehmens daraus besteht, einzelne große Lieferungen oder Leistungen zu erbringen und die entsprechenden Forderungen unsicher sind. Die Steuerzahlungen, die sich aus den vollen Forderungen ergeben, können erhebliche Liquiditätsschwierigkeiten bringen, weswegen eine Abschreibung auf solche Forderungen erlaubt werden sollte. Ohne eine solche Regelung müsste das Merkmal der Un­ einbringlichkeit nach Art. 27 GKKB-RLV sehr großzügig gehandhabt wer­ den, was nur schwer mit der Rechtsfolge des Abzugs der Forderung in voller Höhe vereinbar wäre.

V. Rückstellungen Rückstellungen sind eine Ausnahme vom Realisationsprinzip, das nach Art. 9 Abs. 1 GKKB-RLV grundsätzlich auch für den Abzug von Betriebs­

1226 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 2.5.2013, Art. 27 Abs. 2 lit. d) und e). 1227 AA Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter 13 zu Heft 22, S. 20. 1228 Teilwertabschreibung § 6 Abs. 1 Nr. 2, S. 2 EStG, Ehmcke, in Blümich, EStG, § 6 EStG, Rz. 901. 1229 Außerplanmäßige Abschreibung § 253 Abs. 4 HGB, Lahme, in Beck’sches Steuerund Bilanzrechtslexikon, Forderungen, Rz. 14. 1230 Von Oertzen, in Beck’sches IFRS Handbuch, § 10, Rz. 31.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

ausgaben gilt.1231 Es bestehen ähnliche Objektivierungsprobleme wie im Fall der Sonderabschreibungen. Auf den Sonderfall der Pensionsrückstel­ lungen nach Art. 26 GKKB-RLV soll im Folgenden aus Platzgründen nicht eingegangen werden. 1. Rückstellungen nach dem HGB und EStG a) Rückstellungen in der Handelsbilanz In § 249 Abs. 1 HGB ist geregelt, wann Rückstellungen in der Handelsbi­ lanz gebildet werden müssen. Nach Abs. 1 S. 1 sind Rückstellungen „für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schweben­ den Geschäften zu bilden.“ Abs. 1 S. 2 Nr. 1 schreibt Aufwandsrückstel­ lungen für unterlassene Instandhaltungsarbeiten und Abraumbeseitigung vor, die in der folgenden Periode nachgeholt werden, wobei die Instand­ haltungsarbeiten in den ersten drei Monaten nachgeholt werden müssen. Nach Abs. 1 S. 2 Nr. 2 müssen Kulanzrückstellungen für Gewährleistun­ gen gebildet werden, die ohne Rechtspflicht erbracht werden. Diese Rege­ lung ist eigentlich überflüssig, da auch faktisch unentziehbare Verpflich­ tungen zu den Verbindlichkeiten zählen und die entsprechenden Rückstellungen bereits nach Abs. 1 S. 1 zu bilden sind. Durch die Rege­ lung soll klargestellt werden, dass Kulanzrückstellungen auch steuerlich anzuerkennen sind.1232 Für alle anderen Fälle verbietet § 249 Abs. 2 S. 1 HGB die Bildung von Rückstellungen, weshalb vor allem Aufwands­ rückstellungen nur sehr eingeschränkt möglich sind. Eine Verbindlichkeit ist ungewiss, wenn nicht sicher gesagt werden kann, ob das Unternehmen überhaupt in Anspruch genommen wird und/ oder wie hoch die Verbindlichkeit ist.1233 Drohverlustrückstellungen wer­ den im Fall von schwebenden Geschäften gebildet, wenn sich ein Verlust aus einem Geschäft abzeichnet, das grundsätzlich nicht bilanziert wer­ den kann, weil die charakteristische Leistung noch nicht erbracht wur­ de.1234 Aufwandsrückstellungen berücksichtigen Verpflichtungen des Kaufmanns „gegen sich selbst“1235. Wichtige Unterfälle der Verbindlich­ 1231 Teilweise wird davon ausgegangen, dass nur Rückstellungen für drohende Ver­ luste aus schwebenden Geschäften oder aus sonstigen nachteiligen rechtlichen Verpflichtungen eine Ausnahme vom Realisationsprinzip darstellen, während Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten, die aufgrund neutraler oder ge­ winnbringender Geschäfte gebildet werden, zum Beispiel für Rückbauverpflich­ tungen oder Erfüllungsrückstände, Ausdruck des Realisationsprinzips seien, Moxter, Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, S. 58. Dem ist entge­ genzuhalten, dass es im Fall von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkei­ ten stets an der auch für die Verlustrealisation erforderlichen Sicherheit fehlt. 1232 Schubert, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB, § 249, Rz. 112. 1233 Schön, BB 1994, Beilage 9 zu Heft 15, S. 1, 4. 1234 Dazu unten 6. Kapitel:C.I.1. 1235 BFH v. 08.11.2000 - I R 6/96, BStBl II 2001, S. 570, 571.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

keitsrückstellung, die nicht ausdrücklich genannt werden, sind die Rückstellungen für einen Erfüllungsrückstand im Fall von Dauerschuld­ seiti­ gungs­ verhältnissen und die Rückstellung für Rückbau- und Be­ verpflichtungen. Ein Erfüllungsrückstand entsteht, wenn im Fall eines Dauerschuldverhältnisses eine Seite in Vorleistung geht.1236 Dies ist zum Beispiel für Jubiläumszuwendungen der Fall, da der Arbeitnehmer seine Dienste, die den Anspruch auf die Zuwendung begründen, größtenteils in den Perioden vor Entstehung des Anspruchs auf die Zuwendung erbringt. Für eine Vielzahl gleichartiger Risiken können Pauschalrückstellungen gebildet werden.1237 b) Besonderheiten für die Steuerbilanz Für die Steuerbilanz sind nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG grundsätzlich die Re­ geln des Handelsbilanzrechts maßgeblich. Allerdings unterliegt die Passi­ vierung von Rückstellungen gegenüber der Handelsbilanz zahlreichen Einschränkungen, die sich teilweise aus der Rechtsprechung, vor allem aber aus § 5 Abs. 3 bis Abs. 4b EStG ergeben. Besondere Bedeutung hat das Verbot von Drohverlustrückstellungen nach § 5 Abs. 4a S. 1 EStG. Diese Durchbrechung des Imparitätsprinzips wurde teils heftig kriti­ siert.1238 Auslöser der Regelung waren offene Fragen bei der Berücksichti­ gung von drohenden Verlusten aus Dauerschuldverhältnissen.1239 Hier war umstritten, inwieweit immaterielle Vorteile aus dem Geschäft Ver­ luste ausschließen.1240 Die Regelung ist aber nicht auf Dauerschuldver­ hältnisse und die Problematik des Vorteilsausgleichs beschränkt. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb Verbindlichkeitsrückstellun­ gen steuerlich zulässig sind, Drohverlustrückstellungen dagegen generell untersagt werden.1241 Das Verbot der Drohverlustrückstellung lässt sich systematisch nur rechtfertigen, wenn man die steuerliche Verlustantizi­ pation insgesamt ablehnt und § 5 Abs. 4a S. 1 EStG insofern als Schritt in die richtige Richtung ansieht.1242

1236 BFH v. 28.6.1989 - II R 95/87, BStBl II 1990, S. 550, 552 f.; Schön, BB 1994, Beilage 9 zu Heft 15, S. 1, 9. 1237 Böcking/Gros, in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn (Hrsg.), HGB, § 253, Rz. 29. 1238 Spricht von einem „Beutefeldzug“: Moxter, DB 1997, S. 1477, 1488. 1239 Krumm, in Blümich, EStG, § 5, Rz. 855. 1240 So hatte zum Beispiel ein Apotheker Praxisräume in der Nähe seiner Apotheke langjährig unter Verlust an einen Arzt untervermietet, um in seiner Apotheke höhere Umsätze zu erzielen. BFH v. 23.6.1997 - GrS 2/93, BStBl II 1997, S. 735; ausführlich zu dieser Problematik: Schön, BB 1994, Beilage 9 zu Heft 15, S. 1, 11 f. 1241 Moxter, DB 1997, S. 1477; Groh, DB 1999, S. 978, 980; Crezelius, in Kirchhof (Hrsg.), EStG, § 5, Rz. 138; Prinz, FR 2011, S. 1015, 1016 f. 1242 Weber-Grellet, DB 1997, S. 2233, 2235.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

c) Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme Rückstellungen dürfen nur gebildet werden, wenn die Inanspruchnahme wahrscheinlich ist. Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine hinrei­ chende Wahrscheinlichkeit gegeben, wenn „mehr Gründe für als gegen das Bestehen oder Entstehen einer Verbindlichkeit und künftigen Inan­ spruchnahme sprechen“.1243 Diese Formulierung spricht für eine Quanti­ fizierung der Wahrscheinlichkeit, die mindestens 51 % betragen muss, damit eine Rückstellung gebildet werden kann. In Wirklichkeit ist eine solche Quantifizierung von Risiken zumeist unmöglich.1244 Die erforder­ lichen Schätzungen lassen sich eingeschränkt objektivieren, indem man als Maßstab die vernünftige kaufmännische Beurteilung und damit die Verkehrsanschauung heranzieht.1245 In der Handelsbilanz werden Rück­ stellungen auch schon für zulässig erachtet, wenn keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Verbindlichkeit besteht oder entsteht. Es genügt, wenn mit der Inanspruchnahme „ernsthaft“ zu rech­ nen ist.1246 d) Rechtliche und wirtschaftliche Verursachung Nach der Rechtsprechung des BFH kann eine Rückstellung erst angesetzt werden, wenn das rechtliche Entstehen der Verbindlichkeit und damit die Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale zumindest wahrscheinlich ist und die Verbindlichkeit wirtschaftlich verursacht ist.1247 Das Merkmal der wirtschaftlichen Verursachung kann nach der Rechtsprechung des BFH zu einem früheren oder späteren Ansatz der Rückstellung führen.1248 Zu einem früheren Ansatz kommt es, wenn nur noch unwesentliche Ele­ mente des Tatbestands noch nicht erfüllt sind und sich der Schuldner nicht mehr einseitig entziehen kann.1249 Dies ist zum Beispiel für Jubilä­ umszuwendungen der Fall, in denen der rechtliche Anspruch erst mit Erreichen des Jubiläums eintritt. Wirtschaftlich entsteht der Anspruch aber größtenteils in den Jahren zuvor.1250

1243 BFH v. 1.8.1984 - I R 88/80, BStBl II 1985, S. 44, 46; sowie BFH v. 2.10.1992 - III R 54/91, BStBl II 1993, S. 153, 154. 1244 Winnefeld, Bilanzhandbuch, Kapitel D, Rz. 892. 1245 Moxter, Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, S. 116. 1246 Kleindiek, in Ulmer (Hrsg.), HGB-Bilanzrecht, § 249, Rz. 30; Moxter, DStR 2004, S. 1057, 1058; Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 86. 1247 Z.B. BFH v. 21.09.2005 - X R 29/03, BStBl II 2006, S. 647, 648. 1248 Schön, BB 1994, Beilage 9 zu Heft 15, S. 1, 4; Moxter, DStR 2004, S. 1057, 1058; ders., Bilanzrechtsprechung, S. 117 ff.; Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach (Hrsg.), EStG, § 5, Rz. 700 ff. 1249 Schön, BB 1994, Beilage 9 zu Heft 15, S. 1, 4. 1250 BFH v. 5.2.1987 - IV R 81/84, BStBl II 1987, S. 845, 847; Schön, BB 1994, Beilage 9 zu Heft 15, S. 1, 4.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Zu einem Passivierungszeitpunkt nach der rechtlichen Entstehung führt die wirtschaftliche Verursachung im Fall von sogenannten Ansamm­ lungsrückstellungen.1251 Ansammlungsrückstellungen werden teilweise auch als Verteilungsrückstellung bezeichnet. Sie liegen vor, wenn eine Verpflichtung über mehrere Veranlagungszeiträume verteilt berücksich­ tigt wird, wobei die Verpflichtung an einen in der Vergangenheit geschaf­ fenen Zustand anknüpft, rechtlich bereits voll entstanden ist und erst nach einer gewissen Zeit erfüllt werden muss.1252 Die Rückstellung wird über mehrere Veranlagungszeiträume hinweg gebildet, obwohl die recht­ liche Verpflichtung auf einen Schlag entsteht. Damit ist die Ansamm­ lungsrückstellung ein dynamisches Element, das der zukünftigen Ver­ pflichtung die mit ihr zusammenhängenden Erträge gegenüber stellt.1253 Sie wird damit begründet, das Realisationsprinzip gebiete es, Aufwand in der Periode anzusetzen, in der die entsprechenden Erträge entstehen.1254 Seit 1999 ist die Bildung von Ansammlungsrückstellungen in § 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. d) EStG ausdrücklich vorgeschrieben, zum Beispiel für die Still­ legungskosten eines Kernkraftwerks. e) Bewertung von Rückstellungen Nach § 253 Abs. 1 S. 2 HGB sind Rückstellungen „in Höhe des nach ver­ nünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen.“ Anzusetzen ist der wahrscheinlichste Erfüllungsbetrag.1255 Für die Handelsbilanz sind die voraussichtlichen Kosten im Erfüllungs­ zeitpunkt und nicht zum Bilanzstichtag maßgeblich, weshalb zu erwar­ tende Preissteigerungen berücksichtigt werden müssen.1256 Nach § 253 Abs. 2 S. 1 HGB sind Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr entsprechend des durchschnittlichen Marktzinssatzes der vergangenen sieben Jahre abzuzinsen. Für die steuerliche Bewertung von Rückstellungen sind die handelsbilan­ ziellen Ansätze maßgeblich, sofern sich nicht aus den steuerlichen Re­ 1251 Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter 13 zu Heft 22, S. 22. 1252 Küting/Kessler, DStR 1998, S. 1937, 1941; Ehmcke, in Blümich EStG, § 6, Rz. 978. 1253 Schön, BB 1994, Beilage 9 zu Heft 15, S. 1, 7; Küting/Kessler, DStR 1998, S. 1937, 1941; siehe zur Rückstellungen nach der dynamischen Bilanztheorie Moxter, Bi­ lanzlehre Bd. 1, S. 37. 1254 Herzig, DB 1990, S. 1341, 1346; Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 118; ders., in FS Havermann, S. 487, 499 f. 1255 Böcking/Gros, in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn (Hrsg.), HGB, § 253, Rz. 22. Plädiert für eine vorsichtige Bewertung von Rückstellungen, deren Grenze in der willkürlichen Überbewertung liege und hält auch beim Ansatz dem Grunde nach eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für nicht notwendig: Moxter, BB 1989, S. 945, 947 und DStR 2004, S. 1057, 1058. 1256 Prinz, FR 2011, S. 1015, 1017.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

geln zur Bewertung von Rückstellungen und Verbindlichkeiten etwas Anderes ergibt.1257 Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. c) EStG sind künftige Vor­ teile, die voraussichtlich mit der Erfüllung der Verpflichtung verbunden sind, wertmindernd zu berücksichtigen. Auch im Handelbsbilanzrecht gilt die ungeschriebene Regel, dass zu erwartende Vorteile bei der Bewer­ tung zu berücksichtigen sind.1258 Der künftige Vorteil muss wohl nicht unbedingt ein aktivierbares Wirtschaftsgut sein.1259 Der Begriff der künf­ tigen Vorteile ist sehr vage und erzeugt erhebliche Rechtsunsicherheit.1260 Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. e) S. 1 EStG ist jede Rückstellung, die voraus­ sichtlich für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten gebildet wird, pauschal mit einem Satz von 5,5 % abzuzinsen. Die Abzinsung des Rück­ stellungsbetrags lässt sich damit begründen, dass Rückstellungen zur In­ nenfinanzierung genutzt werden können.1261 Der pauschale Zinssatz von 5,5 % wird aber als zu weitgehende Typisierung angesehen.1262 Nach lit. f) sind die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgeblich, was bedeutet, dass zu erwartende künftige Preissteigerungen nicht berücksichtigt wer­ den können. Die Kombination aus Stichtagsbewertung und Abzinsung wird vielfach kritisiert, da der Zinsvorteil der Rückstellung künftige Preissteigerungen regelmäßig ausgleicht und eine Abzinsung deswegen nur sachgerecht ist, wenn zu erwartende Preissteigerungen im Zeitpunkt der Passivierung berücksichtigt werden.1263 2. Rückstellungen nach den IFRS a) Ansatz dem Grunde nach Nach IAS 37.10 ist eine Rückstellung eine Schuld, „die bezüglich ihrer Fälligkeit oder ihrer Höhe ungewiss ist.“ Nach IAS 37.14 ist eine Rück­ stellung anzusetzen, 1257 Kiesel, in Herrmann/Heuer/Raupach (Hrsg.), EStG, § 6, Rz. 1160. 1258 Ballwieser, in MüKo HGB, § 246, Rz. 14; aA offenbar Kiesel, in Herrmann/Heu­ er/Raupach (Hrsg.), EStG, § 6, Rz. 1175. 1259 Fischer, in Kirchhof (Hrsg.), EStG, § 6, Rz. 156; Kiesel, in Herrmann/Heuer/Rau­ pach (Hrsg.), EStG, § 6, Rz. 1176. 1260 Kiesel, in Herrmann/Heuer/Raupach (Hrsg.), EStG, § 6, Rz. 1176. 1261 Rogall/Spengel, BB 2000, S. 1234 ff.; Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maß­ geblichkeit, S. 1, 39. 1262 Kiesel, in Herrmann/Heuer/Raupach (Hrsg.), EStG, § 6, Rz. 1141; Prinz, FR 2011, S. 1015, 1018 f. 1263 Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 288; Prinz, DStJG Bd. 34 2011, S. 135, 173; ders., FR 2011, S. 1015, 1019; Hüttemann, DStZ 2011, S. 507, 509. Der BFH hat aus diesem Grund die Abzinsung einer Rückstellung vor Ein­ führung des steuerlichen Abzinsungsgebots abgelehnt: BFH v. 19.02.1975 - I R 28/73, BStBl 1975 II, S. 480, 482. Der BFH hält die Kombination von Abzinsung und Stichtagsbewertung aber nicht für verfassungswidrig: BFH v. 5.5.2011 - IV R 32/07, BStBl II 2012, S. 98.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

„wenn: (a) einem Unternehmen aus einem Ereignis der Vergangenheit eine gegenwärtige Verpflichtung (rechtlich oder faktisch) entstanden ist; (b) der Abfluss von Ressourcen mit wirtschaftlichem Nutzen zur Er­ füllung dieser Verpflichtung wahrscheinlich ist; und (c) eine verlässliche Schätzung der Höhe der Verpflichtung möglich ist.“ Diese Definition ist den Vorgaben des HGB sehr ähnlich. Maßgeblich ist der voraussichtliche Abfluss von Ressourcen und damit die Inanspruch­ nahme, unabhängig davon, ob es sich um eine rechtliche oder faktische Verpflichtung handelt. Diese Verpflichtung muss für das Unternehmen unentziehbar sein.1264 Dass die Verpflichtung entstanden sein muss, be­ deutet, dass sie nicht von der zukünftigen Tätigkeit des Unternehmens abhängig sein darf.1265 Zum gleichen Ergebnis führt das Kriterium der rechtlichen und wirtschaftlichen Verursachung nach dem HGB. Nur das Kriterium der zuverlässigen Schätzbarkeit der Höhe der Verbindlichkeit ist eine zusätzliche Anforderung der IFRS, die sich im deutschen Han­ delsbilanzrecht nicht wiederfindet. Eine zuverlässige Schätzung ist nach IAS 37.25 nur in äußerst seltenen Fällen nicht möglich. Die verbleiben­ den Einschätzungsspielräume würden für die steuerliche Gewinnermitt­ lung allerdings keine große Rolle spielen, da die Steuerpflichtigen in der Regel ein Interesse an der Bildung der Rückstellung haben. Drohver­ lustrückstellungen sind nach IAS 37.66 zu bilden, wenn ein Unterneh­ men einen belastenden Vertrag hat (onerous contract). Aufwandsrück­ stellungen dürfen nach IFRS grundsätzlich nicht angesetzt werden, da es sich nach IAS 37.20 um eine Außenverpflichtung handeln muss, eine Ausnahme gilt für Restrukturierungsrückstellungen nach IAS 37.70 ff.1266 Die erforderliche Wahrscheinlichkeit zur Bildung von Rückstellungen ist in IAS 37.15 und IAS 37.23 beschrieben. Kernaussage ist, dass der Abfluss von Ressourcen wahrscheinlich sein muss (more likely than not). Hier stellt sich wie im deutschen Bilanzrecht das Problem, dass die Wahr­ scheinlichkeit mit Ausnahme von Pauschalrückstellungen1267 nicht quantifizierbar ist und es auf sehr subjektive Schätzungen ankommt.1268

1264 IAS 37.17; dazu Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 253 f. 1265 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 21, Rz. 34; siehe auch die Erläuterungen in IAS 37.18 f. 1266 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 21, Rz. 26. 1267 IAS 37.24. 1268 Ausführlich: Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 21, Rz. 35 ff.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

b) Rückbau- und Wiederherstellungsverpflichtungen Für die Bilanzierung von Rückbau- und Wiederherstellungsverpflichtun­ gen bestehen in der HGB-Bilanz und den IFRS sehr unterschiedliche Aus­ gangspunkte. Im deutschen Handelsbilanzrecht wird selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Gegenbuchung für die Bildung einer Rück­ stellung in jedem Fall als Aufwand zu erfolgen hat.1269 Dagegen werden Rückbauverpflichtungen nach IAS 16.16 lit. c) zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gezählt und wird als Gegenbuchung eine entspre­ chende Rückstellung in voller Höhe des zu erwartenden Erfüllungsbe­ trags passiviert.1270 Der Aufwand für den Rückbau wird durch die höhere Abschreibung über die Nutzungsdauer des Anlagevermögens verteilt. Praktisch führt die Bilanzierung von Rückbau- und Wiederherstellungs­ verpflichtungen nach dem HGB und den IFRS zu Unterschieden in der Bilanzsumme, während das Ergebnis theoretisch gleich ist.1271 Insgesamt ist die Konzeption der IFRS überzeugender als die Ansamm­ lungsrückstellung des HGB und EStG.1272 Die IFRS sind konsequent, da sie den Ansatz der unentziehbaren Verpflichtung in voller Höhe vor­ schreiben.1273 Die Ansammlung einer rechtlich voll entstandenen Ver­ pflichtung anhand der wirtschaftlichen Verursachung hat dagegen kaum eine Grundlage im HGB. Das Realisationsprinzip gilt nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HS 2 HGB nur für Gewinne.1274 Nach dem Vorsichtsprinzip müsste eigentlich der volle Betrag angesetzt werden, da die zukünftigen Erträge nicht sicher sind.1275 Die wirtschaftliche Verursachung ist eine sehr vage Vorgabe.1276 Die Berücksichtigung der Rückbau- und Wiederherstellungs­ kosten im Rahmen der Abschreibung kann dagegen die Objektivität er­ höhen, wenn die Abschreibungsregeln möglichst eindeutig sind. c) Bewertung von Rückstellungen Nach IAS 37.36 stellt der Wert der Rückstellung „die bestmögliche Schät­ zung der Ausgabe dar, die zur Erfüllung der gegenwärtigen Verpflichtung zum Abschlussstichtag erforderlich ist.“ Nach IAS 37.45 f. sind vor allem langfristige Rückstellungen abzuzinsen, da der Zinseffekt für diese we­ 1269 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 21, Rz. 17. 1270 Dazu oben 6. Kapitel:A.IV.1.b)ff). 1271 Lüdenbach, BB 2003, S. 835, 839; Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kom­ mentar, § 21, Rz. 85. 1272 Lüdenbach, BB 2003, S. 835, 840; siehe auch Klaholz, Rückbau- und Wiederher­ stellungsverpflichtungen im IFRS-Abschluss, S. 207 f. 1273 Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 291. 1274 Schön, BB 1994, Beilage 9 zu Heft 15, S. 1, 7, m.w.N. 1275 Schön, BB 1994, Beilage 9 zu Heft 15, S. 1, 7; Tiedchen, in Herrmann/Heuer/Rau­ pach (Hrsg.), EStG, § 5, Rz. 702, jeweils m.w.N. 1276 Schön, BB 1994, Beilage 9 zu Heft 15, S. 1, 7; Lüdenbach, BB 2003, S. 835, 840.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

sentliche Wirkung hat. Zu erwartende Preissteigerungen sind nach IAS 37.48 als zukünftige Ereignisse zu berücksichtigen.1277 Trotz der sehr umfangreichen Vorgaben in IAS 37.36 ff. haben die Unternehmen auch in der IFRS-Bilanzierung große Ermessenspielräume bei der Bewertung von Rückstellungen.1278 Künftige Vorteile werden nach IAS 37.53 nur in Form von Erstattungen berücksichtigt, die so gut wie sicher sein müssen. Die Erstattungen werden nicht bei der Bewertung der Rückstellung saldiert, sondern als separater Vermögenswert aktiviert. 3. Rückstellungen nach dem GKKB-RLV a) Ansatz dem Grunde nach In Art. 25 Abs. 1 UA 1 GKKB-RLV ist geregelt, wann eine Rückstellung zu bilden ist. Die Vorschrift lautet: „Steht am Ende eines Steuerjahres fest, dass der Steuerpflichtige auf­ grund von Tätigkeiten oder Transaktionen im laufenden oder in vor­ herigen Steuerjahren eine rechtliche Verpflichtung hat oder voraus­ sichtlich haben wird, ist jeder sich daraus ergebende Betrag, der zuverlässig geschätzt werden kann, ungeachtet des Artikels 19 ab­ ziehbar, sofern die endgültige Zahlung des Betrags eine abziehbare Aufwendung wäre.“ Danach können wie im HGB, EStG und den IFRS Rückstellungen für Verbindlichkeiten gebildet werden, die dem Grunde oder der Höhe nach ungewiss sind. Es sind sowohl Verbindlichkeits- als auch Drohver­ lustrückstellungen möglich.1279 Rückstellungen für sicher bestehende Verbindlichkeiten sind zu bilden, wenn die Höhe der Verpflichtung unge­ wiss ist.1280 Daneben sind Drohverlustrückstellungen der typische Fall, in dem eine Rückstellung für eine bereits bestehende, wenn auch noch schwebende rechtliche Verpflichtung gebildet wird, während der Ansatz einer Verbindlichkeit an Art. 19 GKKB-RLV scheitert. Der ausdrückliche Hinweis, dass Art. 19 GKKB-RLV insofern unbeachtlich ist, zeigt, dass Drohverlustrückstellungen nach dem GKKB-RLV gebildet werden kön­ nen. Nach anderer Ansicht ist zweifelhaft, ob Drohverlustrückstellungen möglich sind, weil der steuerliche Ansatz von Drohverlustrückstellun­ gen in den meisten Mitgliedstaaten der EU untersagt ist.1281 Dem ist ne­ 1277 Schrimpf-Dörges, in Beck’sches IFRS-Handbuch, § 13, Rz. 66. 1278 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 21, Rz. 126 ff. 1279 Halten Drohverlustrückstellungen für möglich: Herzig/Kuhr, StuW 2011, S. 305, 312; Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter zu Heft 22, S. 13, 22; Kahle/Schulz, StuB 2011, S. 296, 301 f. 1280 Arbeitsgruppe GKKB, Rücklagen, Rückstellungen und Schulden, v. 10.3.2005, CCCTB\WP\006\doc\de, Rz. 8. 1281 Spengel/Ortmann-Babel/Zinn/Matenaer, 4 World Tax Journal 2012, S. 185, 195 f.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

ben dem Wortlaut von Art. 25 Abs. 1 GKKB-RLV entgegenzuhalten, dass die Bildung von Drohverlustrückstellungen systemkonsequent ist, wenn man den Ansatz von Rückstellungen grundsätzlich zulässt.1282 Zudem se­ hen die IFRS Drohverlustrückstellungen ausdrücklich vor und zumin­ dest nach der hier verwendeten Auslegungsmethodik gehen die Vorgaben der IFRS der rechtsvergleichenden Analyse vor. In jedem Fall wäre eine ausdrückliche Regelung zur Bildung von Drohverlustrückstellungen im Interesse einer rechtssicheren und konsequenten Ausgestaltung der GKKB-Richtlinie wünschenswert.1283 Der Kompromissvorschlag der irischen Ratspräsidentschaft sieht dagegen in Art. 25 Abs. 3 lit. a) ein ausdrückliches Verbot von Drohverlustrückstellungen vor.1284 Das Erfordernis einer tatsächlichen oder wahrscheinlichen rechtlichen Verpflichtung1285 nach Art. 25 Abs. 1 GKKB-RLV schließt Aufwandsrück­ stellungen als Verpflichtungen des Steuerpflichtigen „gegen sich selbst“ aus.1286 Ebenso ausgeschlossen sind Kulanzrückstellungen, die gerade nicht auf einer zu erwartenden rechtlichen Verpflichtung beruhen.1287 Al­ lein auf die rechtliche Verpflichtung abzustellen, ist eine Vergröberung, die zu einem unzutreffenden Bild der Vermögens- und Ertragslage und damit der Leistungsfähigkeit des Unternehmens führen kann. Zwar wer­ den Rückstellungen in der Regel für durchsetzbare rechtliche Verpflich­ tungen gebildet, entscheidend ist aber der zu erwartende Abfluss von Ressourcen. Daran fehlt es, wenn eine rechtlich durchsetzbare Verpflich­ tung voraussichtlich nicht geltend gemacht wird, zum Beispiel weil der Gläubiger keine Kenntnis von seinem Anspruch hat. Eine Belastung des Vermögens liegt dagegen vor, wenn sich der Steuerpflichtige einer recht­ lich nicht durchsetzbaren Verpflichtung faktisch nicht entziehen kann.1288 In Anlehnung an IAS 37.14 (b) sollte der zu erwartende Abfluss von Res­ sourcen das maßgebliche Kriterium für die Bildung von Rückstellungen sein. Aufwandsrückstellungen könnten ausdrücklich ausgeschlossen werden, indem nur Außenverpflichtungen zugelassen werden. Es bestehen keine genaueren Vorgaben für die Wahrscheinlichkeit des Entstehens der Verpflichtung. Der Wortlaut von Art. 25 Abs. 1 GKKB-RLV 1282 Zu der entsprechenden Diskussion in Deutschland siehe oben 6. Kapitel:B.V.1.b). 1283 Vgl. Kuhr, Grundsätze europäischer Unternehmensbesteuerung, S. 305 f. 1284 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 2.5.2013; zur Kritik am Verbot von Drohverlustrückstellungen siehe oben 6. Kapitel:B.V.1.b). 1285 Im unter der litauischen Ratspräsidentschaft erarbeiteten Kompromissvorschlag ist eine Definition vorgesehen, wonach sich eine rechtliche Verpflichtung aus einem Vertrag, aus einer Rechtsvorschrift oder anderweitig von Rechts wegen ergeben kann, Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013, Art. 25 Abs. 1. 1286 Kahle/Schulz, StuB 2011, S. 296, 300. 1287 Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter 13 zu Heft 22, S. 22. 1288 Schulz, Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlung, S. 428.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

spricht dafür, dass wie im deutschen Recht und IAS 37 eine überwiegen­ de Wahrscheinlichkeit des Entstehens der Verbindlichkeit erforderlich ist. Eine „voraussichtliche“ Verpflichtung liegt vor, wenn die Wahr­ scheinlichkeit des Entstehens der Verbindlichkeit größer ist als das Nicht­entstehen. Dafür spricht auch die englische Fassung, in welcher der Begriff „probable“ verwendet wird, der sich mit „voraussichtlich“ aber auch mit „wahrscheinlich“ übersetzen lässt. In IAS 37.14 (b) wird „prob­ able“ im Zusammenhang mit Rückstellungen als eine überwiegende Wahrscheinlichkeit verstanden. Letztlich werden auch im Fall der GKKB erhebliche Einschätzungsspielräume der Unternehmen bestehen. Vorgaben zu Pauschalrückstellungen enthält der GKKB-RLV nicht. Diese sollten noch aufgenommen werden, da im Fall einer Vielzahl ähnlicher Verpflichtungen eine echte Berechnung der Wahrscheinlichkeit möglich ist, was die Gewinnermittlung in diesem Teilbereich deutlich objek­ tiviert und zu einer realitätsgerechteren Gewinnermittlung führt. IAS 37.24 könnte dabei als Vorbild dienen. Sollte auch die endgültige GKKB-Richtlinie keine ausdrückliche Regelung zur Bildung von Pau­ schalrückstellungen enthalten, könnte auf die Grundsätze des EuGH Ur­ teils vom 14.9.1999 (DE + ES)1289 zurückgegriffen werden, wonach im Fall der Pauschalrückstellungen der Grundsatz der Einzelbewertung gegen­ über dem Ziel einer möglichst realitätsgerechten Gewinnermittlung zu­ rückzutreten hat.1290 b) Rückbau- und Wiederherstellungsverpflichtungen Art. 25 Abs. 1 UA 2 GKKB-RLV bestimmt: „Hängt die Verpflichtung mit einer Tätigkeit oder Transaktion zu­ sammen, die in künftigen Steuerjahren andauern wird, verteilt sich der Abzug bezüglich der entsprechenden Einnahmen auf die geschätz­ te Dauer der Tätigkeit oder Transaktion.“ Versucht man Art. 25 Abs. 1 UA 2 GKKB-RLV in die Terminologie einzu­ ordnen, die sich zu Rückstellungen im EStG gebildet hat, handelt es sich um eine Ansammlungsrückstellung im Sinn von § 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. d) EStG.1291 Es ist sinnvoll, Rückbau- und Wiederherstellungsverpflichtun­ gen, die aus einer langfristigen Tätigkeit entstehen, anhand dieser Tätig­ keit zu verteilen.1292 Die Ertragslage würde häufig sehr verzerrt wiederge­ geben, wenn solche Verpflichtungen in der Periode der Inbetriebnahme 1289 EuGH v. 14.9.1999, Rs. C-275/97 (DE + ES), Slg. 1999, I-05331. 1290 Dazu oben 5. Kapitel:C.II.4.b)bb). 1291 Sprechen dagegen von Verteilungsrückstellung: Scheffler/Krebs, DStR 2011, Bei­ hefter 13 zu Heft 22, S. 22. 1292 Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 72; aA Kahle/Schulz, StuB 2011, S. 296, 302.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

voll abgezogen werden könnten.1293 Beispielhaft für diese Verzerrung wäre der Sofortabzug der Entsorgungskosten eines Kernkraftwerkes, das jahrzehntelange Erträge bringt.1294 Die Ansammlungsrückstellung fügt sich besser in die Systematik der GKKB als der HGB-Bilanz ein, da das Realisationsprinzip nach Art. 9 Abs. 1 GKKB-RLV ausdrücklich auch für die Passivierung gilt und das Vorsichtsprinzip zumindest untergeordnet ist. Die Kritik, dass die Bildung der Ansammlungsrückstellung kaum anhand objektiver Kriterien möglich ist, gilt allerdings auch für die GKKB. Art. 25 Abs. 1 UA 2 GKKB-RLV bezieht sich sowohl auf die entsprechen­ den Einnahmen als auch die geschätzte Dauer der Tätigkeit. Daher ist unklar, ob die Verteilung umsatzproportional oder zeitproportional zu erfolgen hat.1295 In vielen Fällen dürfte sowohl bezüglich der Erträge als auch der Dauer der Tätigkeit nur eine grobe Schätzung möglich sein. Hier ließe sich eine erhebliche Objektivierung erreichen, wenn in Anlehnung an die Regelung der IFRS auf die Abschreibungsdauer des rückzubauen­ den Wirtschaftsguts abgestellt würde.1296 Zwar würde die starke Typisie­ rung der Abschreibung nach dem GKKB-RLV dazu führen, dass der Aufwand und die entsprechenden Erträge häufig doch erheblich ausein­ anderfielen. Der Gewinn würde aber auf jeden Fall realitätsgerechter er­ mittelt als durch die sofortige Bildung einer Rückstellung in voller Höhe. c) Bewertung von Rückstellungen Die Bewertung von Rückstellung richtet sich nach Art. 25 Abs. 2 GKKBRLV. Danach gilt: „Eine zuverlässige Schätzung basiert auf den Aufwendungen, die vo­ raussichtlich erforderlich sind, um die vorliegende Verpflichtung am Ende des Steuerjahres zu erfüllen, sofern die Schätzung auf allen rele­ vanten Faktoren einschließlich Erfahrungswerten der Gesellschaft, Gruppe oder Branche beruht. Für die Bewertung einer Rückstellung gilt Folgendes: a) es wird allen Risiken und Unwägbarkeiten Rechnung getragen. Unwägbarkeiten rechtfertigen jedoch nicht die Bildung überhöh­ ter Rückstellungen; b) Rückstellungen mit einer Laufzeit von mindestens zwölf Mona­ ten ohne vereinbartem Abzinsungssatz werden zu dem von der 1293 Schülen, WPg 1983, S. 658, 664; Moxter, in FS Havermann, S. 487, 496 ff. Christiansen, DStR 2008, S. 735, 738. 1294 Siehe Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 21, Rz. 85. 1295 Kahle/Schulz, StuB 2011, S. 296, 302. 1296 Spricht sich für eine lineare Ansammlung aus: Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 293.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

Europäischen Zentralbank bekannt gegebenen durchschnittlichen jährlichen EURIBOR Zinssatz für Schuldtitel mit einer Restlauf­ zeit von zwölf Monaten in dem Kalenderjahr, in dem das Steuer­ jahr endet, abgezinst; c) künftige Ereignisse werden berücksichtigt, wenn ihr Eintreten vernünftigerweise erwartet werden kann; d) künftige Vorteile, die unmittelbar mit dem Ereignis zusammen­ hängen, das Anlass zu der Rückstellung gibt, werden berücksich­ tigt.“ Damit kommt es auch für die Bewertung von Rückstellungen im Rah­ men der GKKB auf den Erfüllungsbetrag an, der nach vernünftigem kauf­ männischem Ermessen zu schätzen ist. In lit. a) wird klargestellt, dass Berücksichtigung aller Unwägbarkeiten und Risiken nicht zur Bildung überhöhter Rückstellungen führen darf. Dies zeigt, dass der wahrschein­ lichste Erfüllungsbetrag anzusetzen ist und pauschale Risikozuschläge aus Gründen der Vorsicht nicht zulässig sind. Grundsätzlich gilt das Stichtagsprinzip, da die Aufwendungen fiktiv so zu schätzen sind, als würde die Verpflichtung am Ende des Steuerjahrs erfüllt. Da zukünftige Ereignisse, die vernünftigerweise erwartet werden können, nach lit. c) zu berücksichtigen sind, können zu erwartende Preissteigerungen dennoch berücksichtigt werden.1297 Dafür spricht auch das Leistungsfähigkeitsprinzip, da Rückstellungen mit einer Laufzeit von mindestens zwölf Monaten nach lit. b) abzuzinsen sind und die Kombina­ tion aus Stichtagsbewertung und Abzinsung wie im EStG regelmäßig zu unrealistisch niedrigen Wertansätzen führen würde.1298 Ein weiteres Ar­ gument für die Berücksichtigung künftiger Preissteigerungen folgt aus dem Vergleich mit den IFRS. Diese enthalten mit IAS 37.48 eine sehr ähnliche Regelung wie lit. c), die auch auf Preissteigerungen angewandt wird. Der Kompromissvorschlag der irischen Ratspräsidentschaft sieht dagegen vor, dass Rückstellungen für künftige Kostensteigerungen nicht abzugsfähig sind.1299 Dies ist wohl so zu verstehen, dass auch künftige Preissteigerungen für die Rückstellungsbewertung nicht berücksichtigt werden können.1300 Sollten Preissteigerungen für die Rückstellungsbildung im Rahmen der GKKB berücksichtigt werden können, wäre die Abzinsung systemge­ recht. Sie mildert die Zinsvorteile ab, die mit dem Imparitätsprinzip ein­

1297 Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter 13 zu Heft 22, S. 23. 1298 Siehe oben 6. Kapitel:B.V.1.e). 1299 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 2.5.2013, Art. 25 Abs. 3 lit. b). 1300 Scheffler/Köstler, DStR 2013, S. 2190, 2194.

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B. Abziehbare Aufwendungen und sonstige abziehbare Posten

hergehen.1301 Teilweise wird die Abzinsung anhand des EURIBOR-Zins­ satzes wegen des sich laufend ändernden Zinssatzes als unpraktisch angesehen.1302 Betrachtet man jedoch die denkbaren Extremlösungen, freie Wahl des Zinssatzes oder fester Satz wie im EStG, ist die Orientie­ rung am EURIBOR-Zinssatz sachgerecht, da sie objektiv ist und dennoch das gegenwärtige Zinsniveau berücksichtigt.1303 Praktisch erhebliche Unsicherheit wird die Regelung in lit. d) bringen, da nicht klar ist, welche Vorteile zum Ausgleich gebracht werden müssen. Im Vergleich zu § 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. c) EStG besteht zwar eine gewisse Konkretisierung durch das Merkmal des unmittelbaren Zusammen­ hangs. Wann ein solcher besteht, ist allerdings offen. Als weitere Konkre­ tisierung wäre es denkbar, nur auf solche Vorteile abzustellen, die nach ihrer Realisierung auch selbständig aktivierbar wären. Dadurch würde das merkwürdige Ergebnis vermieden, dass sich bloße wirtschaftliche Vorteile über die Rückstellungsbewertung gewinnerhöhend auswirken, obwohl sie niemals aktiviert werden könnten. Diese Problematik würde sich im Rahmen der GKKB noch viel häufiger stellen als im Fall der steu­ erlichen Gewinnermittlung nach dem EStG, weil künftige rein wirt­ schaftliche Vorteile vor allem für Drohverlustrückstellungen im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen eine Rolle spielen, die nach dem EStG ge­ rade nicht mehr gebildet werden dürfen.1304 Aus Gründen der Objektivi­ tät wäre es sinnvoll, den Vorteilsausgleich noch weiter zu beschränken und wie in den IFRS nur für zu erwartende aktivierbare Erstattungen zu­ zulassen, die sich relativ leicht zuordnen lassen. Die auf hohe Objektivi­ tät ausgerichteten Regeln der GKKB sollten keine größeren Ermessen­ spielräume zulassen als die auf eine möglichst realitätsgerechte Abbildung der Vermögens- und Ertragslage zielenden IFRS. 4. Zusammenfassende Beurteilung Art. 25 GKKB-RLV ist ähnlich praktikabel oder unpraktikabel wie die Regelungen zu den Rückstellungen im deutschen Bilanzrecht und den IFRS. Entscheidet sich der Gesetzgeber dafür, Rückstellungen grundsätz­ lich zuzulassen, sind erhebliche subjektive Einschätzungsspielräume wohl unvermeidlich. Die Einschätzungsspielräume im Rahmen der GKKB ließen sich allerdings durch Aufnahme einer Regelung zur Bildung von Pauschalrückstellungen, durch die Bildung der Ansammlungsrück­ stellung anhand der Abschreibungsdauer und durch die Einschränkung der Berücksichtigung künftiger Vorteile im Rahmen der Bewertung etwas 1301 Kahle/Schulz, StuB 2011, S. 296, 302. 1302 Lenz/Rautenstrauch, DB 2011, S. 726, 728. 1303 Kahle/Schulz, StuB 2011, S. 296, 302. 1304 Ausführlich zu dieser Problematik vor dem Verbot von Drohverlustrückstellun­ gen im EStG: Schön, BB 1994, Beilage 9 zu Heft 15, S. 1, 12.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

begrenzen. Die Bildung von Rückstellungen nach dem GKKB-RLV hat große Ähnlichkeit mit den entsprechenden Regelungen der IFRS, weswe­ gen diese regelmäßig zur Auslegung herangezogen werden könnten. Da die IFRS aber häufig auch zu keinem eindeutigen Ergebnis führen, wer­ den die Rechtsanwender trotz dieses Rückgriffs im Einzelfall erhebliche Einschätzungsspielräume haben.

C. Gewinn- und Verlustrealisierung Gewinnrealisierung ist der Zeitpunkt, an dem sich ein Ertrag so konkre­ tisiert hat, dass er sich auf den Gewinn auswirkt. Dabei stellen sich im Wesentlichen zwei unterschiedliche Problemkreise: die Bilanzierung von Wertsteigerungen und die Behandlung von schwebenden Geschäften. Die Bilanzierung von Wertsteigerungen wurde oben bereits ausführlich dis­ kutiert1305 und soll an dieser Stelle nur noch im Zusammenhang mit der Steuerbefreiung für Ersatzwirtschaftsgüter besprochen werden. Schwer­ punkt des folgenden Abschnitts ist die Behandlung schwebender Ge­ schäfte. Diese werden zunächst allgemein dargestellt. Anschließend soll auf den Sonderfall der Fertigungsaufträge eingegangen werden.

I. Schwebende Geschäfte Unter einem schwebenden Geschäft versteht man einen gegenseitigen Vertrag, der noch nicht vollständig erfüllt ist. Anders als bei der Behand­ lung von Wertsteigerungen sind die Unterschiede zwischen der true and fair view und dem Realisationsprinzip bei der Behandlung schwebender Geschäfte nicht grundlegender Natur, sondern zeigen sich eher im De­ tail. Der Ausgangspunkt ist für alle Bilanzierungssysteme gleich; es kommt darauf an, wann sich der Anspruch aus einem gegenseitigen Ver­ trag so konkretisiert hat, dass er zu aktivieren ist. Die Behandlung schwe­ bender Geschäfte bereitet praktisch erhebliche Probleme, weil es eine Vielzahl von Verträgen gibt, bei denen häufig nicht sicher gesagt werden kann, wann sie soweit erfüllt sind, dass sie sich auf die Bilanz auswirken. Das gilt zum Beispiel für Mehrkomponentengeschäfte, in denen mehrere zivilrechtliche Geschäfte in einem Vertrag zusammengefasst werden.1306 Im Folgenden soll nicht auf die Behandlung solcher Einzelfälle eingegan­ gen werden, sondern es sollen jeweils die grundlegenden Prinzipien zur Behandlung schwebender Verträge dargestellt werden.

1305 Siehe oben 2. Kapitel:A.I. 1306 Z.B. Mobilfunkdienstleistungsverträge, dazu BMF v. 20.6.2005, IV B 2-S 2134-17/05, BStBl I S. 801.

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C. Gewinn- und Verlustrealisierung

1. Schwebende Geschäfte nach dem HGB und EStG Im deutschen Bilanzrecht finden sich keine Normen, welche die Behand­ lung schwebender Geschäfte ausdrücklich regeln. Unter einem schwe­ benden Geschäft wird in Deutschland ein gegenseitiger Vertrag verstan­ den, bei dem die Hauptleistung noch nicht erbracht ist, die den Vertrag charakterisiert.1307 Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein Gewinn erst realisiert, wenn er „so gut wie sicher ist.“1308 Das bedeutet, dass bei ei­ nem gegenseitigen Vertrag der zur Lieferung oder Dienstleistung Ver­ pflichtete vollständig geleistet haben muss.1309 Erst dann dürfen die ent­ sprechenden Wirtschaftsgüter und Verbindlichkeiten in die Bilanzen der Parteien aufgenommen werden. Für den Verkauf von Gegenständen ist der Gefahrübergang maßgeblich.1310 Für Dauerschuldverhältnisse gilt, dass eine Gewinnrealisierung bezüglich Teilleistungen nur möglich ist, wenn es sich um abgeschlossene Teilleistungen handelt.1311 Solange das Geschäft schwebt, besteht grundsätzlich eine Ausgeglichenheitsvermu­ tung, nach der unterstellt wird, dass die gegenseitigen Pflichten in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.1312 Das Verbot der Bilanzierung schwebender Geschäfte ergibt sich aus dem Realisationsprinzip, da die entsprechenden Gewinne noch nicht greifbar genug sind.1313 Damit steht das Ansatzverbot schwebender Geschäfte auch im Interesse einer vorsichtigen Bilanzierung.1314 Es soll verhindert werden, dass Gewinne ausgewiesen werden, die noch nicht sicher sind. Stellt sich umgekehrt während der Schwebezeit heraus, dass eine Partei wahrscheinlich einen Verlust erleiden wird, muss diese wegen des Vor­ sichtsprinzips in ihrer Handelsbilanz nach § 249 Abs. 1 S. 1 HS 2 HGB eine entsprechende Drohverlustrückstellung bilden. Wird eine Partei vo­ raussichtlich einen Gewinn machen, bleibt es für sie beim Realisations­ prinzip und dieser Gewinn ist bis zur Leistungserbringung unbeachtlich. Für die Steuerbilanz verbietet § 5 Abs. 4a S. 1 EStG ausdrücklich die Bil­ dung von Drohverlustrückstellungen, weshalb schwebende Geschäfte für die Steuerbilanz stets unbeachtlich sind, auch wenn die Ausgeglichen­ heitsvermutung nicht greift.1315 1307 BFH v. 23.6.1997 - GrS 2/93, BStBl II 1997, S. 735, 737; Hennrichs, in MüKo AktG, 2. Auflage, HGB, § 246, Rz. 117. 1308 BFH v. 11.12.1985 - I B 49/85, BFH/NV 1986, S. 595. 1309 BFH v. 11.12.1985 - I B 49/85, BFH/NV 1986, S. 595. 1310 Adler/Düring/Schmaltz, HGB, § 252, Rz. 82. 1311 BFH v. 20.5.1992 - X R 49/89, BStBl II 1992, S. 904, 907. 1312 Hennrichs, in MüKo AktG, 2. Auflage, HGB, § 246, Rz. 117. 1313 Woerner, FR 1984, S. 489, 492; Schön, BB 1994, Beilage 9 zu Heft 15, S. 1, 9. 1314 Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, S. 134. 1315 Die Rückstellung für einen sog. Erfüllungsrückstand betrifft nur den realisierten Teil eines Schuldverhältnisses und ist deswegen keine Ausnahme von dieser Re­ gel, Weber-Grellet, in Schmidt, § 5, Rz. 317.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

2. Schwebende Geschäfte nach den IFRS In den IFRS gilt wie im deutschen Recht der Grundsatz, dass schwebende Geschäfte nicht bilanziert werden. Nach IASC-Framework 83 ist ein Sachverhalt als Abschlussposten zu erfassen, wenn wahrscheinlich ist, dass aus dem Sachverhalt ein zukünftiger wirtschaftlicher Nutzen zuoder abfließen wird und der Posten zuverlässig bewertet werden kann. Diese sehr vagen Vorgaben werden in IAS 18 konkretisiert. Dieser Stan­ dard macht keine allgemeinen Vorgaben zur Realisierung, sondern regelt recht kasuistisch die Behandlung der wichtigsten Vertragstypen: den Ver­ kauf von Gütern, die Erbringung von Dienstleistungen sowie Zinsen, Nutzungsentgelte und Dividenden. Für ein solches an Fallgruppen orien­ tiertes Vorgehen spricht, dass die praktischen denkbaren Vertragskonstel­ lationen zahllos sind. Allgemeine Vorgaben zur Gewinnrealisierung blei­ ben daher notwendigerweise abstrakt und führen für sich genommen häufig nicht zu eindeutigen Ergebnissen.1316 Für Güter kommt es nach IAS 18.14 (a) vor allem auf den Übergang der maßgeblichen Chancen und Risiken an, für Dienstleistungen muss der Fertigstellungsgrad des Geschäfts verlässlich bestimmt werden (IAS 18.20 (c)) und Nutzungsentgelte sind in Übereinstimmung mit dem zugrunde liegenden Vertrag anzusetzen (IAS 18.30 (b)). Der Übergang der Chancen und Risiken entspricht dem Kriterium des Gefahrübergangs in Deutschland. Die Bestimmung des Fertigstellungsgrades hat Ähnlichkeit mit dem Erfordernis einer abgeschlossenen Teilleistung im deutschen Bi­ lanzrecht. Ab 2017 ist IFRS 15 als neuer Standard zur Realisierung von Umsatzerlö­ sen verpflichtend. Danach kommt es nicht mehr auf den Übergang von Chancen und Risiken an, sondern auf die Kontrolle über das Wirtschafts­ gut beziehungsweise über die Dienstleistung (IFRS 15.31, 15.33). Dies bewirkt aber keine grundsätzlichen Änderungen.1317 Eine Ausnahme vom Verbot der Bilanzierung schwebender Geschäfte sind Drohverlustrückstellungen. Stellt sich heraus, dass ein nicht erfüll­ ter Vertrag für das Unternehmen wahrscheinlich belastend ist, hat das Unternehmen nach IAS 37.66 eine entsprechende Drohverlustrückstel­ lung zu bilden. Besonders günstige Verträge sind dagegen vor der Realisie­ rung stets unbeachtlich. Eine Ausnahme hiervon gilt nur für Unterneh­ menszusammenschlüsse. Nach IFRS 3 B32 (a) werden besonders günstige Verträge vom Erwerber als immaterielle Vermögenswerte angesetzt. Die­ se Ausnahme vom Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Ge­

1316 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 25, Rz. 14. 1317 Grote/Hold/Pilhofer, IRZ 2014, S. 339, 343.

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C. Gewinn- und Verlustrealisierung

schäfte sorgt praktisch für erhebliche Unsicherheit.1318 Sie zeigt, dass der Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte auch der Ob­ jektivität der Gewinnermittlung dient. Im Vorgriff auf den Abschnitt zu den Rechnungsabgrenzungsposten ist noch auf eine Besonderheit der IFRS im Vergleich zum deutschen Recht hinzuweisen. Die IFRS sehen praktisch keine Rechnungsabgrenzungs­ posten vor, sondern fassen Anzahlungen unter assets und liabilites.1319 Erbrachte Anzahlungen werden daher nicht mehr als Teil eines schwe­ benden Geschäfts sondern als assets und liabilities angesehen, obwohl nicht die charakteristische Leistung erbracht wurde, sondern allein eine Geldzahlung. Im Unterschied zum deutschen Recht kommt es daher für die Beendigung des Schwebezustandes in den IFRS im Fall von Anzahlun­ gen nicht auf die Erbringung der charakteristischen Leistung an, es ge­ nügt auch die Geldzahlung. 3. Schwebende Geschäfte nach dem GKKB-RLV Schwebende Geschäfte haben nach dem GKKB-RLV keine Auswirkung auf den Gewinn. Eine Ausnahme gilt nur für die Bildung von Drohver­ lustrückstellungen. a) Vorgaben des GKKB-RLV Der GKKB-RLV enthält anders als das HGB und das EStG ausdrückliche Vorgaben zur Gewinnrealisierung. Nach Art. 18 GKKB-RLV werden Er­ träge erzielt, „wenn der Anspruch auf ihre Vereinnahmung eintritt und der Betrag mit angemessener Genauigkeit bestimmt werden kann, unabhängig davon, ob die tatsächliche Zahlung zeitversetzt erfolgt.“ Spiegelbildlich zu Art. 18 GKKB-RLV regelt Art. 19 GKKB-RLV für die Verlustrealisierung: „Eine abziehbare Aufwendung entsteht zu dem Zeitpunkt, zu dem folgende Voraussetzungen erfüllt sind: a) die Zahlungsverpflichtung ist entstanden; b) die Höhe der Verpflichtung kann mit angemessener Genauigkeit bestimmt werden; c) im Falle des Handels mit Waren sind die wesentlichen Risiken und Vorteile aufgrund des Eigentums an den Waren auf den Steu­

1318 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 31, Rz. 87 ff. 1319 Siehe unten 6. Kapitel:D.II.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

erpflichtigen übergegangen; im Fall von Dienstleistungen hat der Steuerpflichtige die Leistung erhalten.“ Die Formulierung „Anspruch auf Vereinnahmung eintritt“ in Art. 18 GKKBRLV ist auslegungsbedürftig. Es handelt sich um einen bilanzrechtlichen Begriff, der nicht vollständig mit zivilrechtlichen Kriterien überein­ stimmt. Vereinnahmt wird das Entgelt. Es kommt auf die Erbringung der charakteristischen Leistung an, was sich an Art. 19 lit. c) GKKB-RLV zeigt. Ab Erbringung der charakteristischen Leistung ist der Anspruch auf Vereinnahmung des Entgelts so greifbar, dass der Leistende Verfügungs­ macht über ihn hat und diese Forderung als Wirtschaftsgut ansetzen kann. Der zweite Halbsatz von Art. 18 GKKB-RLV stellt nochmals klar, dass es nicht auf die eigentliche Zahlung, sondern auf das Entstehen der Forderung ankommt. Der Anspruch auf Vereinnahmung ist nicht gleich­ zusetzen mit der zivilrechtlichen Fälligkeit. Der Anspruch auf Verein­ nahmung und die Fälligkeit können auseinanderfallen. Hat zum Beispiel der Erbringer der charakteristischen Leistung einen Anspruch auf eine Anzahlung, tritt die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs vor Erbringung der Leistung ein. Wird die Forderung dagegen gestundet, tritt die Fälligkeit zeitlich nach dem Anspruch auf Vereinnahmung ein. Diese allgemeinen Vorgaben sind wichtig, denn sie geben eine allgemeine Orientierung zur Behandlung schwebender Geschäfte. Trotz der aus­ drücklichen Vorgaben im GKKB-RLV wird es praktisch aber viele Fälle geben, in denen der Realisationszeitpunkt nicht klar ist. Um diese Prob­ lematik abzumildern, schlägt die dänische Ratspräsidentschaft vor, in enger Anlehnung an IAS 18 einen zweiten Absatz in Art. 18 GKKB-RLV aufzunehmen, in dem für den Verkauf von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen genauere Vorgaben gemacht werden.1320 Für die Liefe­ rung von Waren wären die wichtigsten Vorgaben, dass es auf den Über­ gang der maßgeblichen Chancen und Risiken ankommt und dem Veräu­ ßerer kein Verfügungsrecht verbleiben darf, wie es gewöhnlich dem Eigentümer zusteht. Die Vorschläge der dänischen Ratspräsidentschaft sind zu begrüßen, da sie zumindest in Teilbereichen für mehr Klarheit sorgen. So lassen sich zum Beispiel aus den Vorgaben zur Veräußerung von Waren Rückschlüsse für den Eigentumsvorbehalt oder die Siche­ rungsübereignung ziehen. Nach dem Kompromissvorschlag der irischen Ratspräsidentschaft sollen in Anlehnung an IAS 18.20 (c) auch Erträge aus Dienstleistungen entspre­ chend dem Fertigstellungsgrad des Geschäfts erzielt werden, wenn dieser verlässlich bestimmt werden kann.1321 Diese steuerliche Berücksichti­

1320 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 4.4.2012. 1321 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 2.5.2013.

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C. Gewinn- und Verlustrealisierung

gung schwebender Geschäfte könnte zu Liquiditätsschwierigkeiten füh­ ren.1322 Die Vorgaben zur Verlustrealisierung in Art. 19 GKKB-RLV sind etwas konkreter als die Regelung zur Gewinnrealisierung. Lit. a) entspricht Art. 18 GKKB-RLV; die Forderung und die Verbindlichkeit sind spiegelbild­ lich beim Verkäufer und Käufer zeitgleich anzusetzen. Lit. b) konkretisiert die allgemeine Vorgabe, dass Wirtschaftsgüter und Verbindlichkeiten erst angesetzt werden können, wenn sie zuverlässig bewertbar sind. Lit. c) zeigt, dass es für die Entstehung der Forderung und Verbindlichkeit für die Lieferung von Waren auf den Übergang von Chancen und Risiken und da­ mit den Gefahrübergang ankommt. Recht vage bleiben die Vorgaben für Dienstleistungen; sie sind aber wohl so zu verstehen, dass es auf die Er­ bringung der gesamten Dienstleistung oder abgrenzbarer Teilleistungen ankommt. Der Gefahrübergang im Fall der Lieferung von Waren richtet sich nach dem Zivilrecht der Mitgliedstaaten, das insofern nicht harmoni­ siert ist.1323 Entsprechende Unterschiede müssten hingenommen wer­ den.1324 Die Entwicklung eigenständiger europäischer Wertungen im Wege der rechtsvergleichenden Analyse dürfte in diesem Fall nur schwer mög­ lich sein, da das Merkmal des Risikoübergangs nicht nur an einen zivil­ rechtlichen Begriff, sondern an eine zivilrechtliche Rechtsfolge anknüpft. b) Vergleich mit dem HGB, EStG und den IFRS Die Behandlung schwebender Geschäfte ist eng mit mit dem Zivilrecht verknüpft. Im Fall der Lieferung von Sachen kommt es auch nach dem deutschen Bilanzrecht und den IFRS auf den Gefahrübergang an. Dieser Übergang richtet sich nach dem Zivilrecht. Damit stellt sich für die IFRS wie für den GKKB-RLV das Problem, dass für die Gewinnrealisierung auf Rechtsfolgen verwiesen wird, die zwischen den einzelnen Staaten variie­ ren. Dieses Problem zeigt sich in IAS 18.15. Dort wird beschrieben, wann ein Risikoübergang typischerweise vorliegt, letztlich komme es aber auf die Gesamtumstände des Verkaufs an. Diese Gesamtumstände sind nichts anderes ist als die Regelungen des maßgeblichen Zivilrechts und die jeweilige vertragliche Vereinbarung.1325 Solange die zivilrechtlichen Regeln nicht harmonisiert sind, muss hingenommen werden, dass die Gewinnrealisierung nach den IFRS und nach dem GKKB-RLV nie ganz einheitlich erfolgen wird. Allerdings kann es auch in der Bilanz nach dem 1322 Ausführlich zur gleichen Problematik im Zusammenhang mit Fertigungsaufträ­ gen siehe unten 6. Kapitel:C.II.3.b). 1323 Siehe Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie, v. 25.5.1999, 1999/44/EG, ABl. L 171, 7.7.1999, S. 12, zuletzt geändert durch Art. 33 ÄndRL 2011/83/EU v. 25.10.2011, ABl. L 304, 22.11.2011, S. 64, Begründungserwägung 14. 1324 AA Kahle/Lipp, DStR 2013, S. 1205, 1207. 1325 Siehe Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 25, Rz. 20.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

HGB und dem EStG zur abweichenden Behandlung äußerlich gleicher Geschäfte kommen, wenn die vertraglichen Regeln variieren. Insgesamt besteht bei der Behandlung schwebender Geschäfte eine große Übereinstimmung zwischen dem deutschen Bilanzrecht, den IFRS und dem GKKB-RLV. Schwebende Geschäfte haben grundsätzlich keine Aus­ wirkung auf den Gewinn oder Verlust. Für die Beendigung des Schwebe­ zustandes kommt es regelmäßig auf die Erbringung der charakteristi­ schen Leistung an. Eine starke Anlehnung des GKKB-RLV an die IFRS an dieser Stelle ist wegen dieser großen Übereinstimmung sinnvoll.1326 Sie hat den Vorteil, dass bei der späteren Auslegung der GKKB-Richtlinie häufig auf IAS 18 und die Literatur zu diesem Standard zurückgegriffen werden könnte, was die einheitliche steuerliche Behandlung schweben­ der Geschäfte begünstigen würde. Um diese enge Anlehnung an die IFRS auch für die Zukunft sicherzustel­ len, wäre es überlegenswert, die GKKB-Regeln zur Gewinn- und Ver­ lustrealisierung an den neuen Standard IFRS 15 anzupassen und auf die Kontrolle über den Gegenstand oder die Dienstleistung abzustellen.

II. Fertigungsaufträge Der Begriff Vertrag mit langer Laufzeit nach Art. 24 GKKB-RLV ist nicht sehr genau, denn gemeint sind nach Art. 24 Abs. 1 lit. a) GKKB-RLV vor allem Fertigungsverträge mit langer Laufzeit. Die Problematik dieser Verträge liegt darin, dass zwischen Fertigungsbeginn und Abnahme häu­ fig ein sehr langer Schwebezustand liegt. Für alle Gewinnermittlungssys­ teme stellt sich die Frage, ob trotz dieser langen Laufzeit der Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte gilt oder ob hiervon eine Ausnahme zu machen ist und es zu einer vorgezogenen anteiligen Ge­ winnrealisierung kommt. 1. Fertigungsaufträge nach dem EStG und HGB In der Steuerbilanz nach dem EStG gilt die „completed-contract-Metho­ de“.1327 Es greifen die allgemeinen Grundsätze zu schwebenden Geschäf­ ten, wonach bis zur Abnahme beim Hersteller keine Forderung bilanziert werden darf. Die Kosten für die noch unfertige Leistung sind als Vorrat zu aktivieren und auf diese Weise erfolgsneutral zu stellen.1328 Gemeinkos­ ten, die nicht zu den Herstellungskosten der unfertigen Leistung zählen, werden erfolgswirksam abgezogen. Abschlags- und Anzahlungen sind 1326 Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 79. 1327 Herzig/Kuhr, StuW 2011, S. 305, 316. 1328 Küting/Bauer/Hess/Reuter, DStR 2008, Beihefter zu Heft 47, S. 81, 85.

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C. Gewinn- und Verlustrealisierung

durch die Passivierung einer entsprechenden Gegenposition zu neutrali­ sieren.1329 Im Jahr der Abnahme entsteht regelmäßig ein Gewinn in Höhe der Differenz zwischen der Forderung gegen den Auftraggeber und den aktivierten Herstellungskosten. Dieser Gewinn setzt sich aus dem Auf­ tragsgewinn und den nicht aktivierten Gemeinkosten der Auftragsferti­ gung zusammen. Nur in praktisch seltenen Ausnahmefällen kommt es zur teilweisen Gewinnrealisation, wenn die Gegenleistung ebenfalls schrittweise erbracht wird und der Leistungsverpflichtete diese auch dann behalten darf, wenn das Werk nicht fertiggestellt wird.1330 Für die Bilanzierung nach dem HGB besteht dagegen weitgehende Unei­ nigkeit über die Behandlung langfristiger Fertigungsaufträge.1331 Die über­ wiegende Meinung wendet die gleichen strengen Kriterien für eine Teil­ gewinnrealisierug an wie der BFH und lässt damit im Ergebnis keine Durchbrechung des Realisationsprinzips zu.1332 Es gibt aber auch Stim­ men, die der Auffassung sind, dass die completed-contract-Methode ein falsches Bild der Finanz- und Ertragslage (§ 264 Abs. 2 S. 1 HGB) abgeben kann. Führen Unternehmen nur wenige Fertigungsaufträge aus, kommt es während der Herstellung zunächst zu Verlusten und im Jahr der Ab­ nahme zu einem Gewinnsprung, obwohl das Unternehmen insgesamt profitabel ist.1333 Unter bestimmten Voraussetzungen soll in Anwendung von § 252 Abs. 2 HGB eine Ausnahme vom Grundsatz der Nichtbilanzie­ rung schwebender Geschäfte und eine Teilgewinnrealisierung möglich sein.1334 Dem wird entgegen gehalten, dass eine Teilgewinnrealisierung unvereinbar mit der Ausschüttungsbemessungsfunktion der Bilanz sei.1335 Durch die notwendige Schätzung und die Gefahr von nachträgli­ chen Korrekturen des erwarteten Gewinns besteht die Gefahr, dass es zu überhöhten Ausschüttungen kommt.1336 Auch ein höherer Informations­ wert durch die Teilgewinnrealisierung wird teilweise bestritten, da auch der Anhang über die langfristige Fertigung informieren könne.1337 1329 „Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen“ nach § 266 Abs. 3 HGB; dazu Krawitz, DStR 1997, S. 886, 890; Bilanzierungsbeispiel: Küting/Bauer/Hess/Reuter, DStR 2008, Beihefter zu Heft 47, S. 81, 86. 1330 BFH v. 5.5.1976 - I R 121/74, BStBl II 1976, S. 541; Krumm, in Blümich, EStG, § 5, Rz. 946; Krawitz, DStR 1997, S. 886, 890. 1331 Schubert/Pastor in Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB § 255, Rz. 457: Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 18, Rz. 19. 1332 Leffson, Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, S. 284 ff.; Marx/Löffler in: Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung, B 700, Rz. 35; Krawitz, DStR 1997, S. 886, 892; Moxter, in FS Kropff, S. 507, 511. 1333 Krawitz, DStR 1997, S. 886. 1334 Adler/Düring/Schmaltz, HGB, § 252, Rz. 86 ff. 1335 Moxter spricht von „verheerenden“ Auswirkungen: Moxter, in FS Kropff, S. 507, 511. 1336 Krawitz, DStR 1997, S. 886, 889: Marx/Löffler in: Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung, B 700, Rz. 29. 1337 Backhaus, ZfbF 1998, S. 347, 352; Krawitz, DStR 1997, S. 886, 889.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

2. Fertigungsaufträge nach den IFRS Mit IAS 11 enthalten die IFRS einen eigenen Standard zur bilanziellen Behandlung von Fertigungsaufträgen, die sich über mehr als eine Periode erstrecken. In Abweichung zur normalen Behandlung schwebender Ver­ träge sieht IAS 11.22 vor, dass die Auftragserlöse und Auftragskosten nach der sogenannten percentage-of-completion-Methode entsprechend dem Leistungsfortschritt zu bilanzieren sind, wenn das Ergebnis des Fer­ tigungsauftrags verlässlich geschätzt werden kann. Die Erträge werden als fiktive Forderung aktiviert.1338 Damit kommt es zu einer vorzeitigen Gewinnauswirkung schwebender Verträge. Diese Durchbrechung des Grundsatzes der Nichtbilanzierung schwebender Verträge soll verhindern, dass es durch die langfristige Fer­ tigung zu Schwankungen im Ergebnis des Unternehmens kommt, die der wahren Lage des Unternehmens nicht gerecht würden. Im Gegensatz zur deutschen Handelsbilanz bestehen für die langfristige Fertigung nach IFRS eindeutige Regeln.1339 Die für die Teilgewinnrealisierung erforderli­ chen Schätzungen bringen allerdings erhebliche subjektive Einschät­ zungsspielräume mit sich.1340 Diese werden in Kauf genommen, um durch den Jahresabschluss ein möglichst zutreffendes Bild von der Lage des Unternehmens wiederzugeben. Nach der Neuregelung IFRS 15.35 kommt es zur Teilrealisierung, wenn der Kunde einen Vorteil aus der zeitlich gestreckten Leistung erhält, durch die Teilleistung ein Gut oder eine Dienstleistung geschaffen oder verbessert wird oder der Bilanzierende bereits einen klagbaren Zahlungs­ anspruch hat. 3. Verträge mit langer Laufzeit nach dem GKKB-RLV Der GKKB-RLV enthält mit Art. 24 eine eigene Regelung zu den Verträ­ gen mit langer Laufzeit. Diese lautet: „1. Ein Vertrag mit langer Laufzeit erfüllt folgende Voraussetzungen: a) er wird für Fertigung, Installation oder Bau oder die Erbringung von Dienstleistungen geschlossen; b) seine Laufzeit überschreitet zwölf Monate oder wird voraus­ sichtlich zwölf Monate überschreiten. 2. Einkünfte aufgrund eines Vertrags mit langer Laufzeit werden un­ geachtet des Artikels 18 steuerlich zu dem Betrag angesetzt, der dem im jeweiligen Steuerjahr erfüllten Vertragsteil entspricht. 1338 Krawitz, DStR 1997, S. 886, 893. 1339 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 18, Rz. 20. 1340 Krawitz, DStR 1997, S. 886, 893.

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C. Gewinn- und Verlustrealisierung

Der Fertigstellungsgrad wird anhand des Anteils der in diesem Jahr angefallenen Kosten an den veranschlagten Gesamtkosten oder anhand einer sachkundigen Bewertung des Leistungsfort­ schritts am Ende des Steuerjahres festgestellt. 3. Kosten aufgrund von Verträgen mit langer Laufzeit werden in dem Steuerjahr berücksichtigt, in dem sie anfallen.“ Wie in den IFRS gilt damit für langfristige Verträge nach dem GKKB-RLV die percentage-of-completion-Methode. Bevor erörtert wird, ob diese Durchbrechung des Realisationsprinzips gerechtfertigt ist, soll zunächst auf die Auslegung von Art. 24 GKKB-RLV eingegangen werden. a) Auslegung von Art. 24 GKKB-RLV Statt von Einkünften müsste in Art. 24 Abs. 2 GKKB-RLV von Erträgen die Rede sein, da es sich um Bruttobeträge handelt.1341 Art. 24 GKKB-RLV ist offensichtlich an IAS 11 angelehnt und ist auch mit Blick auf diesen Standard auszulegen. Bereits die Definition eines Vertrags mit langer Laufzeit in Abs. 1 ist nur in der Zusammenschau mit IAS 11 verständ­ lich. Betrachtet man nur den Wortlaut von Art. 24 Abs. 1 GKKB-RLV, würden auch Verträge über die Fertigung einer Vielzahl gleichartiger Ge­ genstände erfasst, die nicht voneinander abhängig sind, solange der Ver­ trag selbst länger als zwölf Monate läuft. Für solche Verträge, die zum Beispiel mit Zulieferern geschlossen werden, besteht aber die spezifische Problematik der verzögerten Gewinnrealisierung nicht. Aus dem Sinn und Zweck von Art. 24 GKKB-RLV folgt, dass es wie in IAS 11.3 darauf ankommen wird, dass sich der Vertrag auf die Fertigung einzelner Gegen­ stände oder einer Anzahl von Gegenständen bezieht, die aufeinander ab­ gestimmt oder voneinander abhängig sind. Auch der Begriff Dienstleis­ tungen in Abs. 1 lit. b) ist missverständlich, denn unter den Wortlaut fallen alle Dienstleistungen, solange sie aufgrund eines Vertrags mit lan­ ger Laufzeit erbracht werden. Danach würden zum Beispiel auch langfris­ tige Beratungs- oder Wartungsverträge unter Art. 24 GKKB-RLV fallen, obwohl es bei solchen Verträgen regelmäßig zu einer Gewinnrealisierung nach Zeitabschnitten kommt, was eine gesonderte Behandlung nicht notwendig macht. Art. 24 GKKB-RLV müsste teleologisch reduziert wer­ den. Für die Eingrenzung der Dienstleistungen wäre IAS 11.5 (a) heranzu­ ziehen, wonach es darauf ankommt, dass die Dienstleistung einen direk­ ten Zusammenhang mit der Fertigung eines Vermögenswerts hat. Bei der Frage, wie hoch die Einkünfte in den einzelnen Steuerjahren an­ zusetzen sind, gibt Art. 24 Abs. 2 GKKB-RLV nur den groben Rahmen vor. Der Gesamtertrag wird als bekannt vorausgesetzt und es wird unterstellt, 1341 Siehe allgemein zu den Begriffen oben 4. Kapitel:A.IV.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

dass entweder die Gesamtkosten veranschlagt werden können oder zu­ mindest eine sachkundige Bewertung des Leistungsfortschritts möglich ist. Dazu, wie der Gesamterlös und die Gesamtkosten zu schätzen sind, macht Abs. 2 anders als IAS 11 keine Vorgaben. Auch enthält Abs. 2 kei­ ne Regelung für den Fall, dass der Gesamterlös und/oder der Leistungs­ fortschritt nicht geschätzt werden können. Eine Teilgewinnrealisierung ist in diesem Fall ausgeschlossen. Art. 24 GKKB-RLV ist auf eine mög­ lichst umfassende Aktivierung während der Fertigung ausgerichtet. Kon­ sequent im Sinne von Art. 24 GKKB-RLV wäre daher eine Aktivierung der Auftragskosten entsprechend IAS 11.32. Diese Aktivierung ginge weiter als die bloße Aktivierung der Herstellungskosten, weil auch die Einzelkosten des Vertriebs anzusetzen wären.1342 Unklar ist auch, wie mit drohenden Verlusten aus dem schwebenden Ge­ schäft umzugehen ist. Art. 24 Abs. 3 GKKB-RLV könnte der Bildung einer entsprechenden Drohverlustrückstellung entgegenstehen, da mit der Rückstellung antizipierte Kosten abgezogen würden. In Wirklichkeit soll Art. 24 Abs. 3 GKKB-RLV wohl nur verhindern, dass im Fall der Schät­ zung des Leistungsfortschritts auch geschätzte Kosten abgezogen wer­ den, weshalb Drohverlustrückstellungen möglich sein dürften. Dafür spricht auch IAS 11.36, wonach zu erwartende Verluste aus dem Auftrag zu Sofortaufwand führen.1343 b) Kritik an Art. 24 GKKB-RLV Grundlegender als die Probleme der Auslegung von Art. 24 GKKB-RLV ist die Frage, ob die mit dieser Vorschrift einhergehende Durchbrechung des Realisationsprinzips gerechtfertigt ist. Durch die completed-contract-Methode kommt es zu einer relativ späten Besteuerung der Gewinne aus der Auftragsfertigung, was den Steuerpflichtigen entsprechende Zinsund Liquiditätsvorteile bringen kann. Die Anwendung der completed-contract-Methode im deutschen Bilanzsteuerrecht wird daher teil­ weise kritisiert.1344 Ob die Informationsfunktion der Bilanz durch die completed-contract-Methode genauso gut verwirklicht wird wie durch die percentage-of-completion-Methode, kann hier offen bleiben, denn die Gründe, die gegen die Ausschüttungsbemessung nach der percentage-of-completion-Methode angeführt werden, sprechen auch dagegen, diese Methode auf die GKKB anzuwenden. Die percentage-of-completion-Methode kann bei den Steuerpflichtigen zu Liquiditätsschwierigkeiten führen. Während der Laufzeit des Ferti­ 1342 Krawitz, DStR 1997, S. 886, 893 und 889. 1343 Zu dieser Frage ausführlich: Herzig/Kuhr, StuW 2011, S. 305, 315 f. 1344 Ohne Begründung: Weber-Grellet, in Schmidt, EStG, § 5, Rz. 270, „langfristige Fertigung“.

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C. Gewinn- und Verlustrealisierung

gungsvertrages bestehen erhebliche Unsicherheiten, ob der veranschlagte Gewinn tatsächlich realisiert wird. Zwar hat der Hersteller im Fall der Auftragsfertigung normalerweise kein Absatzrisiko, er trägt aber das Ri­ siko der Fertigstellung. Zudem ist die Kalkulation der Kosten der Ferti­ gung wegen der Komplexität und Dauer der Projekte mit erheblichen Unsicherheiten behaftet.1345 Aus diesem Grund dürfte der Kapitalmarkt der aktivierten fiktiven Forderung anhand des Baufortschritts noch kei­ nen eigenständigen Wert beimessen. Die Unternehmen könnten sich da­ her mit Hilfe der Forderung zumeist keine liquiden Mittel beschaffen.1346 Ob die percentage-of-completion-Methode für die steuerliche Gewinner­ mittlung in Frage kommt, ist vor allem eine Frage des Verlustausgleichs. Wegen der Unsicherheit des veranschlagten Gewinns besteht die Gefahr, dass ein unzutreffender Totalgewinn besteuert wird, wenn der Gewinn niedriger ist als gedacht oder das Geschäft insgesamt verlustbringend ist. Die zu Unrecht in vorherigen Perioden besteuerten nichtrealisierten Ge­ winne können nur rückgängig gemacht werden, wenn das Besteuerungs­ system einen umfassenden, möglichst verzinsten Verlustrücktrag oder einen sofortigen Verlustausgleich vorsieht. Ein Verlustvortrag dagegen genügt nicht in jedem Fall als Ausgleich, da er verrechenbare Gewinne in den Folgeperioden voraussetzt.1347 Da der GKKB-RLV nur einen Verlust­ vortrag vorsieht, der nach den Vorstellungen der dänischen Ratspräsi­ dentschaft sogar noch eingeschränkt werden soll,1348 kommt die percentage-of-completion-Methode für die Ermittlung der GKKB nicht in Frage, weil sie das Leistungsfähigkeitsprinzip verletzen würde.1349 4. Zusammenfassung Aus Gründen der Belastungsgleichheit sollte Art. 24 ersatzlos aus dem GKKB-RLV gestrichen werden. Der Verzicht auf diese Ausnahme zum Realisationsprinzip würde auch die Einfachheit und Prinzipienorientie­ rung der Gewinnermittlungsregeln der GKKB fördern. Sollte die percentage-of-completion-Methode dennoch beibehalten werden, bedarf Art. 24 GKKB-RLV noch der Konkretisierung. Um unnötige Rechtsunsi­ cherheit zu vermeiden, sollte Art. 24 GKKB-RLV nach dem Vorbild von IAS 11 – beziehungsweise IFRS 15 – genauer gefasst werden, wobei diese Präzisierung im Interesse der Übersichtlichkeit der GKKB-Richtlinie den

1345 Krawitz, DStR 1997, S. 886. 1346 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 100. 1347 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 100; Herzig/Kuhr, StuW 2011, S. 305, 316. 1348 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 4.4.2012, Art. 43 GKKB-RLV. 1349 Kahle/Schulz, StuB 2011, S. 296, 298; Kuhr, Grundsätze europäischer Unterneh­ mensbesteuerung, S. 156.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

grundlegenden Rahmen vorgeben sollte, ohne den Umfang von IAS 11 oder IFRS 15 anzunehmen. Durch diese Anlehnung könnte im Fall von verbleibenden Unklarheiten zumeist auf IAS 11 oder IFRS 15 zurückge­ griffen werden, was die Rechtssicherheit erhöhen würde.

III. Steuerbefreiung für Ersatzwirtschaftsgüter In Art. 38 GKKB-RLV ist eine Steuerbefreiung für Ersatzwirtschaftsgüter vorgesehen. Strukturiert ein Unternehmen sein Betriebsvermögen um, indem es Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens veräußert, um neues Anlagevermögen anzuschaffen, kommt es durch die Gewinnermitt­lung nach dem Realisationsprinzip zur Aufdeckung stiller Reserven. Dadurch kann eine ökonomisch sinnvolle Umstrukturierung durch ihre steuerli­ chen Folgen verhindert werden. Man spricht von einem lock-in-Effekt.1350 Durch die Steuerbefreiung für Ersatzwirtschaftsgüter soll der steuerneu­ trale Austausch von Anlagevermögen ermöglicht werden, um eine verzerrende Wirkung des Steuerrechts auf unternehmerische Investi­ tionsentscheidungen zu verhindern. Die Steuerbefreiung für Ersatzwirt­ schaftsgüter ist ein spezifisch steuerbilanzielles Problem, das im Han­ delsbilanzrecht keine unmittelbare Entsprechung hat. Dennoch soll die Steuerbefreiung hier besprochen werden, weil sie erst durch das Realisa­ tionsprinzip notwendig wird und damit unmittelbar die Gewinnermitt­ lung im engeren Sinne betrifft.1351 1. Einzeln abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter Nach Art. 38 Abs. 1 UA 1 GKKB-RLV kommt es zu einer Befreiung für Ersatzwirtschaftsgüter, wenn ein einzeln abschreibungsfähiges Wirt­ schaftsgut veräußert wird und innerhalb des zweiten Steuerjahres nach dem Steuerjahr, in dem die Veräußerung erfolgt ist, in ein Wirtschaftsgut reinvestiert wird, das demselben oder einem ähnlichen Zweck dient. Technisch erfolgt die Befreiung dadurch, dass die Differenz zwischen dem Veräußerungserlös und dem Steuerwert im Jahr der Veräußerung von der Bemessungsgrundlage abgezogen wird. Zugleich wird die Ab­ schreibungsbasis des Ersatzwirtschaftsguts um denselben Betrag gekürzt. Durch die niedrigeren Abschreibungsraten wird der Abzug des Veräuße­ rungsgewinns in den folgenden Perioden der Abschreibung wieder ausge­ glichen. Im Detail sind aber noch viele Fragen offen, dies gilt zum Bei­ spiel für die genauen Zeitpunkte der Veräußerung und der Reinvestition sowie die Behandlung von Veräußerungskosten.1352 1350 Freedman/Macdonald, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 219, 231. 1351 Allgemein zur Bildung stiller Reserven und der Neutralität der Besteuerung sie­ he oben 2. Kapitel:B.IV. 1352 Dazu Russo, in Weber (Hrsg.), CCCTB – Selected Issues, S. 67, 73 f.

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C. Gewinn- und Verlustrealisierung

Vom Grundsatz her entspricht diese Regelung der deutschen Vorschrift zur Steuerbefreiung für Ersatzwirtschaftsgüter, § 6b EStG. Es gibt aber wichtige Unterschiede. § 6b EStG beschränkt die Steuerbefreiung auf be­ stimmte Wirtschaftsgüter, wobei vor allem Grund und Boden und Ge­ bäude praktisch von großer Bedeutung sind.1353 Die Reinvestition in Ma­ schinen und Anlagen ist dagegen nicht steuerfrei. Umgekehrt ist Art. 38 GKKB-RLV nicht auf bestimmte Typen von Wirtschaftsgütern beschränkt, sieht aber keine Steuerbefreiung für Grund und Boden vor, da dieser nicht abschreibungsfähig ist. Fraglich ist, was unter einem „ähnli­ chen Zweck“ nach Art. 38 Abs. 1 S. 1 GKKB-RLV zu verstehen ist. Dieses Merkmal hat keine unmittelbare Entsprechung in § 6b EStG und erzeugt wegen seiner Unbestimmtheit Rechtsunsicherheit.1354 Die Entwurfsver­ fasser haben es wohl in Art. 38 GKKB-RLV aufgenommen, weil die Steu­ erbefreiung für alle Arten von abnutzbaren Ersatzwirtschaftsgütern gilt, was dazu führen könnte, dass stille Reserven routinemäßig auf neue Wirtschaftsgüter übertragen werden, ohne dass ein sachlicher Zusam­ menhang zwischen der Veräußerung und der Anschaffung besteht. Da­ durch würde die Steuerbefreiung tatsächlich über das Ziel hinausgehen, den lock-in-Effekt zu verhindern. Das Merkmal des ähnlichen Zwecks ließe sich konkretisieren, indem darauf abgestellt wird, dass das Ersatz­ wirtschaftsgut zur gleichen Kategorie von Wirtschaftsgütern gehören muss, wie zum Beispiel der Kategorie Gebäude. In diese Richtung geht der Kompromissvorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft, wonach die Steuerbefreiung nur bei Reinvestition in ein „ähnliches Wirtschafts­ gut“ in Frage kommt.1355 § 6b Abs. 1 S. 2 EStG sieht eine solche Beschrän­ kung vor. Die Bildung einer gewinnmindernden Rücklage ist nach Art. 38 Abs. 2 UA 2 GKKB-RLV nur für die folgenden zwei Wirtschafts­ jahre möglich, nach § 6b Abs. 3 S. 2 EStG dagegen für vier Jahre, im Fall von Gebäuden nach § 6b Abs. 3 S. 3 EStG sogar für bis zu sechs Jahre. Nach Art. 38 Abs. 2 UA 2 GKKB-RLV und nach § 6b Abs. 3 und Abs. 7 EStG muss die Rücklage spätestens nach Ablauf der jeweiligen Frist gewinner­ höhend aufgelöst werden, wenn kein entsprechendes Ersatzwirtschafts­ gut erworben wird. Nach Art. 38 Abs. 1 UA 2 GKKB-RLV muss ein Wirtschaftsgut, das frei­ willig veräußert wird, mindestens drei Jahre vor der Veräußerung erwor­ ben worden sein. Nach § 6b Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG müssen die veräußer­ ten Wirtschaftsgüter dagegen sechs Jahre zum Betriebsvermögen gehört haben. Beide Fristen sollen missbräuchliche Gestaltungen verhindern. Die Unterscheidung zwischen freiwilligen und unfreiwilligen Veräuße­ rungen im GKKB-RLV zeigt, dass die Steuerbefreiung auch für die Ersatz­ 1353 § 6b Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 3 EStG. 1354 Russo, in Weber (Hrsg.), CCCTB – Selected Issues, S. 67, 73. 1355 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

beschaffung von unfreiwillig untergegangenen oder verlorenen Wirt­ schaftsgütern und die entsprechende Entschädigung, insbesondere eine Versicherungsleistung oder Schadensersatz gilt.1356 Dass auch Entschädi­ gungszahlungen unter die Steuerbefreiung fallen können, wird im Kom­ promissvorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft ausdrücklich klar­ gestellt.1357 Es ist folgerichtig, dass für die „unfreiwillige Veräußerung“ keine Behaltensfrist besteht, weil der unfreiwillige Untergang eines Wirt­ schaftsguts nicht Teil einer missbräuchlichen Gestaltung sein kann. Im Gegensatz zum GKKB-RLV enthält das EStG keine Regelung über den unfreiwilligen Verlust von Wirtschaftsgütern, eine Steuerbefreiung für Ersatzwirtschaftsgüter ist in diesem Fall aber gewohnheitsrechtlich aner­ kannt.1358 Sowohl Art. 38 GKKB-RLV als auch § 6b EStG beseitigen die verzerrende Wirkung stiller Reserven auf Reinvestitionsentscheidungen nicht voll­ ständig. Im GKKB-RLV ist der wichtige Bereich des Grund und Bodens ausgeblendet, obwohl gerade hier wegen der langen Haltedauer im Be­ triebsvermögen und des Werts der Grundstücke häufig hohe stille Reser­ ven gebildet werden, deren steuerliche Aufdeckung eine Umstrukturie­ rung unmöglich machen kann. Nach dem Kompromissvorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft soll Art. 38 GKKB-RLV auch auf nicht planmäßig abschreibbare Wirtschaftsgüter im Sinne von Art. 40 lit. a) GKKB-RLV Anwendung finden, wozu auch Grundstücke gehören.1359 Umgekehrt gilt § 6b EStG nicht für den wichtigen Bereich des bewegli­ chen Anlagevermögens, in dem Umstrukturierungen praktisch beson­ ders häufig vorkommen. Um möglichst weitgehende Investitionsneutra­ lität zu schaffen, sollte die Steuerbefreiung für Ersatzwirtschaftsgüter nach Art. 38 GKKB-RLV auch auf Grund und Boden Anwendung finden. Was die unterschiedlichen Fristen für das Halten des ursprünglichen Wirtschaftsguts und für die Bildung der Rücklage angeht, gibt es juris­ tisch keine eindeutige Lösung. Diese Fristen sind aus Gründen der Prak­ tikabilität und zur Missbrauchsverhinderung notwendig und ihre genaue Länge ist eine politische Entscheidung. Allerdings sollte im GKKB-RLV wie in § 6b Abs. 3 S. 3 EStG eine Regelung für die Dauer des Baus von Gebäuden als Ersatzwirtschaftsgüter getroffen werden. Würde man ver­ langen, dass das Gebäude innerhalb von zwei Steuerjahren nach dem Jahr der Veräußerung fertiggestellt wird, würde die Befreiung vor allem bei großen Vorhaben wohl häufig leerlaufen. Würde man umgekehrt den 1356 Diese Entschädigung gehört grundsätzlich zu den steuerpflichtigen Erträgen nach Art. 4 Abs. 8 S. 1 GKKB-RLV 1357 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013. 1358 § 6.6 EStR; dazu Hottmann, Rücklage für Ersatzbeschaffung – Grundlagen und Aktuelles, SteuK 2012, S. 451. 1359 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag v. 14.10.2013.

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D. Rechnungsabgrenzungsposten

Baubeginn innerhalb dieser Frist als ausreichend ansehen, könnte die Übertragung der stillen Reserven durch bewusste Bauverzögerungen über Gebühr hinausgezögert werden. 2. Wirtschaftsgüter des Sammelpostens Für Wirtschaftsgüter, die nicht einzeln abschreibungsfähig sind, sondern in den Sammelposten nach Art. 39 GKKB-RLV fallen, sieht der GKKB-RLV keine ausdrückliche Steuerbefreiung für Ersatzwirtschaftsgü­ ter vor. Aus der Regelung in Art. 39 Abs. 2 GKKB-RLV ergibt sich aber eine verzögerte Besteuerung, da die Veräußerungserlöse nicht sofort ver­ steuert werden müssen, sondern lediglich den Wert des Sammelpostens und damit die zukünftigen Poolabschreibungen mindern. Nur wenn die Veräußerungsgewinne so hoch sind, dass der Sammelposten negativ wür­ de, kommt es nach Art. 39 Abs. 3 GKKB-RLV zu einer sofortigen Gewinn­ auswirkung der stillen Reserven.1360 Dieser Mechanismus verhindert den lock-in-Effekt weitgehend. Im Gegensatz zu Art. 38 GKKB-RLV greift er auch, wenn überhaupt kein Ersatzwirtschaftsgut angeschafft wird. Aus dieser Ungleichbehandlung wird teilweise geschlossen, dass die Steuer­ befreiung für einzeln abschreibungsfähige Ersatzwirtschaftsgüter mög­ lichst großzügig sein sollte.1361 Gegen diesen Schluss spricht aber, dass die aufgeschobene Besteuerung der stillen Reserven im Sammelposten eher eine zufällige Konsequenz der Poolabschreibung ist, die in erster Linie der Vereinfachung dient. Die aufgeschobene Besteuerung ergibt sich zwangsläufig daraus, dass die Wirtschaftsgüter nicht mehr einzeln erfasst werden, weshalb sich für ein einzelnes Wirtschaftsgut gar nicht sagen lässt, wie hoch der Veräußerungsgewinn ist. Aus dieser unspezifischen Begünstigung können deswegen kaum Schlüsse für die spezifische Steu­ erbefreiung nach Art. 38 GKKB-RLV gezogen werden.

D. Rechnungsabgrenzungsposten I. Rechnungsabgrenzungsposten und Anzahlungen nach dem HGB und EStG Aktive Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) nach § 250 Abs. 1 HGB und § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG sollen Vorleistungen des Bilanzierenden für eine Gegenleistung neutralisieren, auf die er erst zu einer bestimmten späteren Zeit einen Anspruch hat. Im Fall eines Disagios besteht nach § 250 Abs. 3 S. 1 HGB ein Aktivierungswahlrecht, während nach den Grundsätzen des BFH zu handelsrechtlichen Wahlrechten im Steuerrecht 1360 Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter 13 zu Heft 22, S. 20; Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 69. 1361 Spengel/Malke, in Lang u.a. (Hrsg.), CCCTB, S. 63, 84.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

ein Aktivierungsgebot gilt.1362 Passive Rechnungsabgrenzungsposten nach § 250 Abs. 2 HGB und § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG sollen Einnahmen neutralisieren, für die der Bilanzierende erst zu einer bestimmten späte­ ren Zeit eine Gegenleistung erbringen muss. Ursprünglich entstammen Rechnungsabgrenzungsposten einer dynamischen Bilanzauffassung und schränkten die statische Gegenüberstellung von Vermögensgegenstän­ den und Schulden ein, indem Erträge und Aufwand auf spätere Perioden verteilt wurden.1363 Die gegenwärtige Handhabung ist dagegen deutlich restriktiver. Das Kri­ terium der bestimmten Zeit nach dem Bilanzstichtag nach § 250 HGB und § 5 Abs. 1 S. 1 EStG verhindert, dass RAP dazu benutzt werden, Ein­ nahmen und Ausgaben, die zu einem späteren Aufwand oder Ertrag füh­ ren, gleichmäßig zu verteilen, wenn nicht genau feststeht, ob und wann es zu dem Aufwand oder Ertrag kommt. So darf zum Beispiel für eine Werbekampagne, die einen zukünftigen Nutzen erbringen soll, kein RAP gebildet werden.1364 Für aktive RAP muss es sich um zeitbezogene Vor­ leistungen handeln. Regelmäßig betreffen diese Vorleistungen gegenseiti­ ge Verträge, aber auch öffentlich-rechtliche Vorleistungen können zu RAP führen.1365 Passive RAP sollen die Gewinnrealisierung hinauszö­ gern, wenn einer Einnahme eine noch nicht erfüllte risikobehaftete Ge­ genleistungsverpflichtung für eine bestimmte Zeit nach dem Abschluss­ stichtag gegenübersteht. Ist der Zeitraum der Gegenleistungspflicht unbegrenzt, ist statt eines RAP eine Rückstellung zu bilden.1366 Typischer Anwendungsfall für passive und aktive RAP sind Vorauszahlungen wie Mietanzahlungen. Wegen des engen Anwendungsbereichs der RAP und der teilweise schwie­ rigen Unterscheidbarkeit von RAP zu Wirtschaftsgütern und Verbind­ lichkeiten wird teilweise gefordert, auf die Bildung von RAP zu verzich­ ten. De lege lata erfüllten die meisten als RAP bilanzierten Posten die Kriterien von Vermögensgegenständen und Schulden.1367 Diese Auffas­ sung ist aber nicht mit den in Deutschland geltenden Grundsätzen zu schwebenden Geschäften vereinbar. Die Bilanzierung einer Vorauszah­ lung als Forderung und Verbindlichkeit ist ausgeschlossen, weil diese der

1362 BFH v. 3.2.1969 - GrS 2/68, BStBl II 1969, S. 291. 1363 Krumm, in Blümich, EStG, § 5, Rz 654; Winnefeld, Bilanz-Handbuch, Kapitel D, Rz 1615. 1364 Winnefeld, Bilanz-Handbuch, Kapitel D, Rz. 725. 1365 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 73. 1366 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 170 ff. 1367 Arbeitskreis „Steuern und Revision“, DStR 1999, S. 2135, 2141; für die Passivie­ rung von vereinnahmten Anzahlungen als Verbindlichkeiten: Küting/Strauß, DB 2010, S. 1189, 1192.

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D. Rechnungsabgrenzungsposten

charakteristischen Leistung vorausgeht.1368 In der Folgebewertung unter­ scheiden sich aktive RAP nur dadurch von Wirtschaftsgütern, dass sie nicht bewertet, sondern aufgelöst werden.1369 Das Kriterium der bestimmten Zeit dient auch der Abgrenzung zu An­ zahlungen, die nach § 266 Abs. 2 und Abs. 3 HGB gesondert zu aktivieren und zu passivieren sind. RAP beziehen sich häufig auch auf Anzahlun­ gen. Sind die Voraussetzungen für die Bildung eines RAP gegeben, gehen die speziellen Vorschriften zu den RAP der Bilanzierung als Anzahlung vor.1370 Während sich RAP auf Leistungen beziehen, die „zeitbezogen oder periodisch aufteilbar“1371 sind, wie zum Beispiel die Gebrauchsüber­ lassung im Rahmen des Mietvertrags, beziehen sich Anzahlungen auf Leistungen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt erbracht werden. RAP und Anzahlungen haben gemein, dass sie sich auf schwebende Geschäfte beziehen. Wie die RAP stellen Anzahlungen keine Ansprüche und Ver­ bindlichkeiten dar – obwohl sie nach § 266 Abs. 2 und Abs. 3 HGB unter Anlagevermögen und Verbindlichkeiten bilanziert werden – und ändern nichts am schwebenden Charakter des Geschäfts.1372 Die Unterscheidung zwischen RAP und Anzahlungen hat betriebswirtschaftliche Gründe. Durch die Aktivierung einer Anzahlung soll klargestellt werden, dass sich das schwebende Geschäft auf eine Investition bezieht.1373

II. Rechnungsabgrenzungsposten nach den IFRS In den IFRS werden Rechnungsabgrenzungsposten regelmäßig nicht als gesonderte Bilanzposten angesetzt, sondern ihrem ökonomischen Gehalt gemäß als Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten ausgewiesen.1374 Eine Ausnahme gilt nach IAS 20.24 für Investitionszuwendungen der öffentli­ chen Hand, die sich verteilt über den Abschreibungszeitraum auf den Ge­ winn auswirken sollen.1375 Ein Disagio wird wie folgt behandelt: Zu­ nächst wird der Vereinnahmungsbetrag passiviert. Das Disagio wird nach der „Effektivzinsmethode“1376 durch kontinuierliche Aufzinsung des Ver­ 1368 Kleindiek, in Ulmer (Hrsg.), HGB-Bilanzrecht, § 250, Rz. 5. Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 82; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kom­ mentar Bilanzierung, HGB, § 250, Rz. 3. 1369 BFH v. 25.10.1994 - VIII R 65/91, BStBl II 1995, S. 312, 315; Moxter, Bilanzrecht­ sprechung, S. 80. 1370 Krumm, in Blümich, EStG, § 5, Rz. 695a. 1371 BFH v. 24.6.2009 - IV R 26/06, BStBl II 2009, S. 781, 782. 1372 Adler/Düring/Schmaltz, HGB, § 266, Rz. 59. 1373 Adler/Düring/Schmaltz, HGB, § 266, Rz. 59. 1374 Winnefeld, Bilanz-Handbuch, Kapitel D, Rz. 802; Sigloch/Weber, in Michalski (Hrsg.), GmbHG Anh. §§ 41-42a, Rz. 1024; Arbeitskreis „Steuern und Revision“, DStR 1999, S. 2135, 2138. 1375 Dazu oben 6. Kapitel:A.IV.1.b)ee). 1376 IAS 18.30 (a) und IAS 39.9.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

einnahmungsbetrags über die Laufzeit des Darlehens verteilt.1377 Im Er­ gebnis läuft die Behandlung eines Disagios nach IFRS gleich wie nach dem EStG und dem HGB – falls (wahlweise) ein RAP gebildet und degres­ siv aufgelöst wird.1378

III. Rechnungsabgrenzungsposten nach dem GKKB-RLV Ausgangspunkt für die Frage, ob Rechnungsabgrenzungsposten im Rah­ men der GKKB gebildet werden können beziehungsweise müssen, ist Art. 17 GKKB-RLV. Danach müssen Erträge, Aufwendungen und alle an­ deren abziehbaren Posten in dem Steuerjahr erfasst werden, in dem sie anfallen. Aus dieser Formulierung lassen sich aber noch keine sicheren Schlüsse bezüglich der RAP ziehen, denn Art. 17 GKKB-RLV macht keine Vorgaben, wann Erträge und Aufwendungen anfallen. Vorgaben zu die­ sem Zeitpunkt finden sich in Art. 18 und 19 GKKB-RLV. Danach kommt es in erster Linie darauf an, dass die Zahlungsverpflichtung entsteht, was nach Erbringung der charakteristischen Leistung der Fall ist.1379 Nach die­ sen Normen dürften zum Beispiel Anzahlungen aus schwebenden Ge­ schäften nicht aktiviert oder passiviert werden, da die charakteristische Leistung noch nicht erbracht wurde. Diese Anzahlungen wären gewinn­ wirksam, weil dem Anzahlungsabgang und dem Anzahlungszugang je­ weils keine neutralisierende „Gegenbuchung“ gegenüberstünde. Es wäre aber ein Verstoß gegen das Realisationsprinzip, wenn sich aus einem schwebenden Geschäft Auswirkungen auf den Gewinn ergäben. Zudem wäre eine sofortige Gewinnauswirkung nachteilig für die Gestal­ tungsresistenz der Gewinnermittlung, weil vor allem Anzahlungen als Mittel herangezogen werden könnten, um Gewinne zu verschieben.1380 Daher müssen Zahlungen aus schwebenden Geschäften neutralisiert werden. Dies kann wie in den IFRS dadurch geschehen, dass entgegen der normalen Kriterien entsprechende Wirtschaftsgüter und Verbindlichkei­ ten angesetzt werden. Denkbar wäre es auch, wie im deutschen Recht, durch RAP oder Anzahlungen Korrekturposten in die Gewinnermittlung aufzunehmen. Für die Konzeption der IFRS spricht auf den ersten Blick, dass sie mit dem Wortlaut des GKKB-RLV übereinstimmt, der keine solchen Korrektur­ posten nennt. Die Behandlung entsprechend den IFRS hätte aber ein Auf­ weichen der Begriffe Wirtschaftsgut und Verbindlichkeit zur Folge. Auch der Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte würde ein­ 1377 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 28, Rz. 40. 1378 Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 28, Rz. 40. 1379 Siehe oben 6. Kapitel:C.I.3. 1380 Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 82.

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D. Rechnungsabgrenzungsposten

geschränkt. Die Folgen einer solchen Durchbrechung zentraler Grundsät­ ze des Gewinnermittlungssystems lassen sich in den IFRS beobachten, wo im Einzelnen erhebliche Unsicherheit über den Ansatz von Korrek­ turposten besteht.1381 Die Behandlung von aktiven Korrekturposten als Wirtschaftsgüter hätte allerdings den Vorteil, dass die Auflösung dieser Posten sich nach den normalen Regeln für den Abzug uneinbringlicher Forderungen (Art. 27 GKKB-RLV) oder die Abschreibung von Wirtschafts­ gütern richten könnte. Bei der Auflösung aktiver RAP besteht im deut­ schen Bilanzrecht mangels ausdrücklicher Regeln erhebliche Rechtsunsi­ cherheit.1382 Diese Rechtsunsicherheit ließe sich jedoch vermeiden, wenn ausdrückliche Regeln für die Auflösung von RAP in den GKKB-RLV auf­ genommen würden.

IV. Zusammenfassende Beurteilung Eine überzeugende Lösung sähe so aus, dass in den GKKB-RLV ausdrück­ liche Regeln zur Bildung und Auflösung von RAP sowie den entsprechen­ den Dokumentationspflichten aufgenommen würden. Die Unterschei­ dung zwischen RAP und Anzahlungen im deutschen Recht sollte nicht übernommen werden, da sie nur der Informationsfunktion der Bilanz dient und für die steuerliche Gewinnermittlung keine Vorteile hat, son­ dern nur unnötige Abgrenzungsfragen aufwirft. Eine solche Regelung würde unnötige Komplizierungen vermeiden, denn sie stünde im Ein­ klang mit der allgemeinen Systematik zu Wirtschaftsgütern und schwe­ benden Geschäften. Zugleich wäre die Unsicherheit bei der Folgebewer­ tung nicht größer als bei der Behandlung von Wirtschaftsgütern und Verbindlichkeiten. Solange die Behandlung von Korrekturposten im GKKB-RLV nicht geregelt ist, besteht erhebliche Rechtsunsicherheit, ob Rechnungsabgrenzungsposten überhaupt gebildet werden dürfen.1383 Klar sein dürfte wegen des Realisationsprinzips nur, dass schwebende Ge­ schäfte mit Ausnahme von Drohverlustrückstellungen keine Gewinn­ auswirkung haben dürfen und Zahlungen während des Schwebezustan­ des ausgeglichen werden müssen.

1381 Schön, in Schön (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit, S. 1, 83. 1382 Dazu Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 80 ff.; Krumm, in Blümich (Hrsg.), § 5, Rz. 689 ff. m.w.N. 1383 Scheffler/Krebs sind der Auffassung, dass das in Art. 9 Abs. 1 GKKB-RLV nieder­ gelegte Realisationsprinzip zusammen mit den Regelungen in Art. 18 und Art. 19 GKKB-RLV dazu führen müsse, dass Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden: Scheffler/Krebs, DStR 2011, Beihefter 13 zu Heft 22, S. 16.

325

6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

E. Aufhellende Ereignisse Die Frage, wie mit Tatsachen umzugehen ist, die erst nach dem Stichtag bekannt werden, lässt der GKKB-RLV vollkommen offen. Dies ist eine erhebliche Lücke, denn häufig werden Umstände zwischen Stichtag und Aufstellung des Abschlusses bekannt, die zum Stichtag zwar objektiv vorlagen, aber für die Beteiligten noch unbekannt oder zumindest unklar waren. Entsprechend finden sich in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB und in IAS 10 Vorschriften, wie mit solchen nachträglich bekannt gewordenen Tatsa­ chen umzugehen ist.

I. Aufhellende Ereignisse nach dem HGB, EStG und den IFRS Obwohl § 252 HGB allgemeine Bewertungsgrundsätze aufstellt, gilt die „Wertaufhellung“ nach Nr. 4 auch für den Ansatz dem Grunde nach. Daher ist im HGB wie in den IFRS auch eine Ansatzaufhellung mög­ lich.1384 Obwohl in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB nur von nachträglich bekannt gewordenen Risiken und Verlusten die Rede ist, können nach dem HGB sowie dem deutschen Bilanzsteuerrecht auch Tatsachen wertaufhellend berücksichtigt werden, die zu einem höheren Gewinn führen.1385 Im HGB und den IFRS können nur solche Tatsachen berücksichtigt wer­ den, die zum Abschlussstichtag objektiv vorlagen. Im deutschen Recht wird von „wertaufhellenden“ Tatsachen gesprochen, in IAS 10.3a von „adjusting events“. Für das HGB und EStG ist umstritten, ob es aus­ reicht, dass die Tatsache zum Bilanzstichtag objektiv vorlag (objektive Konzeption)1386 oder ob es zusätzlich darauf ankommt, dass der Kauf­ mann die Tatsache bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt bereits zum Stichtag hätte erkennen können (subjektive Konzeption)1387. Der Große Senat des BFH hat den subjektiven Fehlerbegriff durch Beschluss vom 31.1.2013 aufgegeben.1388 Die Vertreter der subjektiven Konzeption schränken diese wiederum „imparitätisch“ ein und wollen den Ansatz von Risiken und Verlusten auch dann zulassen, wenn diese zum Stichtag nicht erkennbar waren.1389 Ob es für die IFRS auf die subjektive Erkennt­ 1384 Moxter, BB 2003, S. 2559. 1385 Allgemeine Meinung: z.B. BFH v. 27.4.1965 - I 324/62 S, BStBl III 1965, S. 409, 410; Engel-Ciric, DStR 1996, S. 1298, 1300; Weber-Grellet, in Schmidt, § 5, Rz. 81. 1386 Dafür BFH v. 27.4.1965 - I 324/62 S, BStBl III 1965, S. 409, 410; Moxter, BB 2003, S. 2559 ff. 1387 Dafür BFH v. 17.5.1978 - I R 89/76, BStBl II 1978, S. 497; Engel-Ciric, DStR 1996, S. 1298; Hommel/Berndt, DStR 2000, S. 1745. 1388 BFH v. 31.1.2013 – Grs 1/10, BStBl II 2013, S. 317. 1389 Engel-Ciric, DStR 1996, S. 1298, 1300; Hommel/Berndt, DStR 2000, S. 1745, 1746.

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E. Aufhellende Ereignisse

nismöglichkeit zum Abschlussstichtag ankommt, ist unklar.1390 Die Grundsätze der Relevanz und fair presentation nach IASC-Framework 26 und 46 sprechen gegen ein subjektives Element.1391 So kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse des Unternehmens an und nicht darauf, was zum Stichtag erkannt werden konnte. Für die Relevanz der Information dürfte es regelmäßig keine Rolle spielen, ob das Management eine be­ stimmte Tatsache zum Stichtag erkennen konnte oder nicht. Die Abgrenzung zwischen wertaufhellenden Tatsachen, welche die Stichtagsverhältnisse konkretisieren, und wertbeeinflussenden Tatsa­ chen (non-adjusting events nach IAS 10.3 (b)), welche die Bilanzansätze oder Werte nach dem Stichtag verändern, bereitet praktisch häufig Prob­ leme. Dies gilt zum Beispiel im Zusammenhang mit der Liquidität eines Schuldners. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass der Schuldner einer zum Bilanzstichtag wertberichtigten Forderung zahlungsfähig ist, muss für den Einzelfall entschieden werden, ob seine Bonität schon zum Stich­ tag gut war und dies lediglich nicht erkannt wurde oder ob sie sich wegen eines Ereignisses nach dem Stichtag unerwartet verbessert hat.1392 In IAS 10.9 werden Beispiele für adjusting events genannt. IAS 10.11 nennt ein Beispiel für ein non-adjusting event. Die hinter diesen Beispie­ len stehende Aufhellungskonzeption der IFRS bleibt wohl auch wegen fehlender höchstrichterlicher Rechtsprechung recht vage. Zumindest das Beispiel in IAS 10.9 a), wonach die Beilegung eines gerichtlichen Passiv­ prozesses nach dem Stichtag wertaufhellend bezüglich der streitigen For­ derung ist, spricht dafür, dass die IFRS hinsichtlich der Frage der Aufhel­ lung eher großzügiger sind als das deutsche Recht. In Deutschland gilt der Ausgang eines Prozesses als regelmäßig objektiv unvorhersehbares Ereignis, weshalb auch die Entscheidung in Passivprozessen nach dem Stichtag regelmäßig kein wertaufhellendes Ereignis ist.1393 An IAS 10.9 a) zeigt sich exemplarisch, wie gering die Aussagekraft der Beispiele in den IFRS häufig ist, denn wie der umgekehrte Fall eines nach dem Bilanz­ stichtag beigelegten Aktivprozesses zu behandeln ist, ist unklar.1394

1390 Moxter, BB 2003, S. 2559, 2564; schließen aus der Fehlerdefinition in IAS 8.5, dass es auf die Erkenntnismöglichkeit zum Stichtag ankommt: Lüdenbach/Hoffmann u.a., Haufe IFRS-Kommentar, § 4, Rz. 3. 1391 Im Ergebnis auch Moxter, WPg 2009, S. 7, 11; gehen wohl davon aus, dass es auf die objektiven Umstände während des Geschäftsjahrs ankommt Mackenzie u.a., Wiley IFRS 2011, S. 31. 1392 Der BFH nennt als unerwartete Verbesserung der Zahlungsfähigkeit einen Lotte­ riegewinn oder eine Erbschaft nach dem Stichtag: BFH v. 4.4.1973 - I R 130/71, BStBl II 1973, S. 485, 486. 1393 BFH v. 30.1.2002 - I R 68/00, BStBl II 2002, S. 688. 1394 Moxter, WPg 2009, S. 7, 11.

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6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

II. Aufhellungszeitraum Unterschiede zwischen dem HGB und den IFRS bestehen auch bei der Frage des Aufhellungszeitraumes. Nach der überwiegenden Meinung in Deutschland kann die Aufhellung bis zum Rechtsakt der Bilanzaufstel­ lung berücksichtigt werden.1395 Nach anderer Auffassung soll die Auf­ hellung im Steuerrecht auch noch bis zum Zeitpunkt der Veranlagung möglich sein.1396 Nach der Rechtsprechung des BFH endet der Aufhel­ lungszeitraum jedenfalls an dem Tag, an dem der Bilanzierende die Bilanz spätestens hätte erstellen müssen. Der späteste Zeitpunkt, zu dem die Bilanz erstellt werden muss, ist der Ablauf eines Jahres nach dem Stich­ tag.1397 Nach IAS 10.3 reicht der Aufhellungszeitraum über den Aufstel­ lungszeitpunkt hinaus bis zur Genehmigung des Abschlusses zur Veröf­ fentlichung. Damit ist der Zeitraum für die IFRS regelmäßig länger als im deutschen Handelsrecht.1398

III. Übertragung auf die GKKB In der endgültigen GKKB-Richtlinie sollte ebenso eine Regelung zur Auf­ hellung nach dem Abschlussstichtag aufgenommen werden. Es ent­ spricht der steuerlichen Belastungsgleichheit, steuererhöhende oder steu­ ersenkende Tatsachen, die zum Abschlussstichtag bereits vorlagen, in dem abgelaufenen Steuerjahr zu berücksichtigen. Diese Tatsachen haben die steuerliche Leistungsfähigkeit bereits in diesem Zeitraum objektiv erhöht oder gesenkt. Zudem wäre es wenig einleuchtend, wenn der Steu­ erpflichtige in der Gewinn- und Verlustrechnung bewusst objektiv un­ richtige Angaben machen müsste. Aus diesen Gründen sollte die GKKB-Richtlinie der objektiven Konzeption folgen, denn es geht um die Besteuerung nach der objektiven Leistungsfähigkeit und nicht um die Frage, was der Steuerpflichtige hätte erkennen können.1399 Zudem bringt die subjektive Auffassung einen erheblichen Ermessenspielraum mit sich, der mit der Objektivität der steuerlichen Gewinnermittlung nur schwer zu vereinbaren ist.1400 Als Aufhellungszeitraum kommt der Zeitraum bis zur Abgabe der konso­ lidierten Steuererklärung in Betracht. Dieser beträgt nach Art. 109 Abs. 5 S. 2 GKKB-RLV neun Monate ab Ende des Steuerjahres. Da es jedoch im Steuerrecht vor allem auf die materielle Richtigkeit des steuerlichen Ge­ 1395 Krumm, in Blümich, EStG, § 5, Rz. 280 m.w.N. 1396 Weber-Grellet, in Schmidt, EStG, § 5, Rz. 81. 1397 BFH v. 3.7.1991 - X R 163-164/87, BStBl II 1991, S. 802, 805. 1398 Herzig, IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, S. 59. 1399 So für das deutsche Steuerrecht: Weber-Grellet, in Schmidt, EStG, § 5, Rz. 81; ders., DB 1994, S. 288, 290. 1400 Moxter, BB 2003, S. 2559, 2560.

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F. Zusammenfassung Kapitel 6

winns ankommt, sollten grundsätzlich auch Umstände berücksichtigt werden, die nach Ablauf der neun Monate, aber vor Abgabe der Steuerer­ klärung bekannt werden. Um Gewinnmanipulationen zu vermeiden, sollte ausnahmsweise der Neun-Monats-Zeitraum gelten, wenn der Steu­ erpflichtige in der Hoffnung, die Aussichten für sein Unternehmen wür­ den sich verschlechtern, gezielt mit der Einreichung der Steuererklärung gewartet hat. Sollte auch die endgültige GKKB-Richtlinie keine Regelung zur Aufhel­ lung nach dem Abschlussstichtag enthalten, könnte zur Auslegung der GKKB-Richtlinie neben IAS 10 und den entsprechenden Regelungen der Mitgliedstaaten auch Art. 6 Abs. 1 lit. c) ii) EU-Bilanz-RL (vormals Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) Vierte Bilanz-RL) und die dazu ergangene EuGH-Recht­ sprechung berücksichtigt werden,1401 wonach ebenso zwischen Tatsa­ chen, die bereits zum Abschlussstichtag vorlagen, und nachträglichen Tatsachen unterschieden werden muss.

F. Zusammenfassung Kapitel 6 Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln des GKKB-RLV zeigen einen Weg zur Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlung auf, der im Wesentlichen praktikabel sein dürfte.1402 Es besteht aber noch erheblicher Ergänzungsbedarf. Der GKKB-RLV weist inhaltlich zahlreiche Lücken auf und muss an vielen Stellen als Ausgangspunkte für die weitere Dis­ kussion bis zur endgültigen Richtlinie gesehen werden.1403 Besonders wichtig wären die Aufnahme einer allgemeinen Definition für Wirt­ schaftsgüter, allgemeine Vorgaben für die Anschaffungs- und Herstel­ lungskosten, wobei die Anschaffungskosten auf alle direkt zurechenba­ ren Kosten beschränkt werden sollten und für die Herstellungskosten auch der Ansatz der indirekten Produktionskosten vorgeschrieben wer­ den sollte, eine Definition für Verbindlichkeiten, genauere Vorgaben für schwebende Geschäfte und eine Regelung zu RAP. Daneben wären aus rechtspolitischen Gründen einzelne Änderungen des GKKB-RLV zu erwägen. Insbesondere sollte der Sofortabzug der Erwerbs­ kosten von Anlagevermögen, das der Forschung und Entwicklung dient, gestrichen werden, Sonderabschreibungen sollten auch für abschrei­ bungsfähige Wirtschaftsgüter möglich sein oder es sollte ein verzinsli­ 1401 EuGH v. 7.1.2003, Rs. C-306/99 (BIAO), Slg. 2003, I-00001, dazu oben 5. Kapi­ tel:C.II.4.b)cc). 1402 Spengel/Ortmann-Babel/Zinn/Matenaer, 4 World Tax Journal 2012, S. 185, 218; kritischer: Schulz, Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlung, S. 430. 1403 So für die Bewertung von Vorräten und unfertigen Erzeugnissen: Spengel/Zöllkau, CC(C)TB, S. 93; allgemein zur Weiterentwicklung der Gewinnermittlung: Spengel/Ortmann-Babel/Zinn/Matenaer, 4 World Tax Journal 2012, S. 185, 202.

329

6. Kapitel: Die einzelnen Gewinnermittlungsregeln

cher Verlustvor- und Verlustrücktrag ermöglicht werden und die percentage-of-completion-Methode für langfristige Fertigungsaufträge sollte durch die completed-contract-Methode ersetzt werden.

330

Zusammenfassung der Ergebnisse Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeit thesenar­ tig zusammengefasst. 1. Höherrangiges Recht Die EU hat die Kompetenz zum Erlass des GKKB-RLV in seiner gegen­ wärtigen Fassung. Der primärrechtliche Rahmen, innerhalb dessen der europäische Gesetzgeber die GKKB-Richtlinie erlassen und verändern kann, wird stark davon abhängen, wie sich die Rechtsprechung des EuGH zum Gleichheitssatz entwickelt. 2. Beschränkung auf die Harmonisierung der Gewinnermittlung Damit die Harmonisierung der Körperschaftsteuer in Europa eine realis­ tische Chance hat, sollte die Kommission ihre Ambitionen aufgeben, alle Probleme gleichzeitig zu lösen und stattdessen die Einführung der Konso­ lidierung und Aufteilung zumindest auf später verschieben. Die Ziele der Kommission, die mit der Einführung der GKKB erreicht werden sollen, lassen sich zumindest teilweise auch durch eine GKB ohne Aufteilung und Konsolidierung erreichen. Ein grenzüberschreitender Verlustaus­ gleich im Rahmen einer GKB oder die Konsolidierung und Aufteilung durch eine GKKB sollten eingeführt werden, nachdem die Gewinner­ mittlung nicht nur nach dem Gesetz harmonisiert ist, sondern sich auch eine europaweit einheitliche Praxis bezüglich dieser Regeln entwickeln konnte. 3. Option Die Option würde die Ziele der GKKB, die steuerlichen Befolgungskosten zu senken und den Steuerwettbewerb in Europa transparenter und fairer zu machen, erschweren oder sogar vereiteln. Zudem wäre sie unter Gleichheitsgesichtspunkten problematisch. Daher ist eine zwingende Harmonisierung vorzuziehen. 4. Keine Alternative zur Aufgabe des Maßgeblichkeitsprinzips Der gravierendste Unterschied zwischen der Gewinnermittlung der GKKB und der steuerlichen Gewinnermittlung in den Mitgliedstaaten wäre die Aufgabe des Maßgeblichkeitsprinzips. Für die Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlung in Europa gibt es momentan jedoch keine Alternative zur Entwicklung von im Grundsatz eigenständigen steuerlichen Regeln, denn die handelsrechtlichen Einzelabschlüsse sind 331

Zusammenfassung der Ergebnisse

kaum harmonisiert und die IFRS eignen sich nicht als allgemeiner Aus­ gangspunkt der steuerlichen Gewinnermittlung. Der Ansatz, eigenständige steuerliche Regeln zu entwickeln, die im Üb­ rigen große Ähnlichkeit mit dem Bilanzsteuerrecht der Mitgliedstaaten haben, dürfte der aussichtsreichste Weg zur Harmonisierung der steuerli­ chen Gewinnermittlung in Europa sein. Daher ist der gegenwärtige GKKB-RLV ein wichtiger Schritt in Richtung einer einheitlichen Körper­ schafsteuer-Bemessungsgrundlage in Europa. 5. Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung Eine möglichst autonome steuerliche Gewinnermittlung setzt ein eigen­ ständiges Prinzipienfundament voraus. Dies gilt insbesondere für die GKKB-Gewinnermittlungsregeln, die in Staaten mit unterschiedlichen Zivilrechtsordnungen Anwendung finden werden. Aus dem GKKB-RLV gehen die tragenden Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung her­ vor. Zum Teil sollten diese Prinzipien aber noch stärker herausgearbeitet werden. Die meisten Mitgliedstaaten bevorzugen dagegen im Interesse einer möglichst einheitlichen Auslegung der zukünftigen GKKB-Richtli­ nie einen weniger prinzipienbasierten Ansatz und verkennen dabei, dass die möglichst einheitliche Ermittlung der GKKB ein europaweit gültiges einheitliches System der steuerlichen Gewinnermittlung voraussetzt. 6. Realisationsprinzip Das Realisationsprinzip ist das tragende Grundprinzip der Gewinner­ mittlung der GKKB. Die Gewinnermittlung nach dem Realisationsprin­ zip ist einer cash flow-Besteuerung oder einem an der true and fair view orientierten Ansatz vorzuziehen. Solange kein großzügiger Verlustrückt­ rag gewährt wird, muss das Realisationsprinzip auf der Passivseite durch das Imparitätsprinzip eingeschränkt werden. Zur systematischen und möglichst einheitlichen Anwendung der späteren GKKB-Richtlinie ist es von großer Bedeutung, dass das Realisationsprinzip entgegen dem Kom­ promissvorschlag der litauischen Ratspräsidentschaft ausdrücklich als allgemeines Prinzip genannt wird. 7. Negative Auswirkungen auf die Handelsbilanzen Die Aufgabe des Maßgeblichkeitsprinzips wird negative Auswirkungen auf die Handelsbilanzen haben. Es wird weniger Rechtsprechung geben, die das Handelsbilanzrecht zum Gegenstand hat, es ist zu befürchten, dass vor allem kleine Kapitalgesellschaften ihre Handelsabschlüsse ver­ nachlässigen und es wird vermehrt zum Ansatz latenter Steuern kom­ men. Diese Nachteile müssten für die Harmonisierung der steuerlichen 332

Zusammenfassung der Ergebnisse

Gewinnermittlung in Kauf genommen werden, wenn nicht zugleich die handelsrechtlichen Einzelabschlüsse harmonisiert werden. 8. Formale Vorgaben für die Auslegung In der GKKB-Richtlinie sollten ausdrückliche Vorgaben gemacht werden, unter welchen Voraussetzungen zur Auslegung der GKKB-Richtlinie auf externe Quellen zurückgegriffen werden kann, wenn sich aus der Richt­ linie selbst keine eindeutige Lösung ergibt. Dabei sollte der Rückgriff auf die IFRS vorrangig sein. 9. Ergänzungsbedarf Die wichtigsten Ergänzungen sind: 1. Ausdrückliche Nennung des going concern-Grundsatzes 2. Bestimmung der Reichweite des Vorsichtsprinzips 3. Klarstellung, dass steuerfreie Erträge den Verlustvortrag nicht min­ dern 4. Eine allgemein gültige Definition für Wirtschaftsgüter 5. Allgemeine Vorgaben für die Anschaffungs- und Herstellungskosten 6. Eine Definition für Verbindlichkeiten 7. Abschreibungsmöglichkeit für unsichere Forderungen des Umlauf­ vermögens 8. Genauere Vorgaben für die Behandlung schwebender Geschäfte 9. Vorgaben für RAP 10. Änderungsvorschläge Die wichtigsten Änderungsvorschläge sind: 1. Pflicht zur Erstellung einer Steuerbilanz 2. Allgemeine Beschränkung der Anschaffungskosten auf die direkten Kosten und allgemein zwingender Ansatz der produktionsbezogenen Gemeinkosten im Rahmen der Herstellungskosten 3. Aufhebung des Sofortabzugs der Erwerbskosten von Anlagevermö­ gen, das der Forschung und Entwicklung dient 4. Einschränkung der starren 10 %-Grenze für Verbesserungskosten be­ züglich laufenden Unterhalts 5. Ausweitung der Sonderabschreibungen auf abschreibungsfähige Wirt­ schaftsgüter 6. Ersetzung der percentage-of-completion-Methode für langfristige Fer­ tigungsaufträge durch die completed-contract-Methode

333

Abkürzungsverzeichnis aA andere Ansicht ABl. Amtsblatt Abs. Absatz AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung aF AktG Aktiengesetz AO Abgabenordnung Art. Artikel BB Betriebs-Berater (Zeitschrift) BC Zeitschrift für Bilanzierung, Rechnungswesen und Controlling Bd. Band BeckOK Beck’scher Online-Kommentar Begründer Begr. BFH Bundesfinanzhof BFH/NV Sammlung der nicht veröffentlichen Entscheidungen des BFH (Zeitschrift) BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivil­ sachen BFuP Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift) BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Gesetz vom BilMoG 25.5.2009, BGBl. 2009 I S. 1102 BMF Bundesministerium der Finanzen BR-Drucksache Drucksache des Deutschen Bundesrates BStBl. Bundessteuerblatt BT-Drucksache Drucksache des Deutschen Bundestags BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes CCCTB Common Consolidated Corporate Tax Base Der Betrieb (Zeitschrift) DB ders. derselbe dies. dieselben DStJG Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft DStR Zeitschrift für das deutsche Steuerrecht DStZ Deutsche Steuer-Zeitung (Zeitschrift) EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EMRK Europäische Menschenrechtskonvention EStG Einkommensteuergesetz 335

Abkürzungsverzeichnis

EStR EU EU-Bilanz-RL

Einkommensteuer-Richtlinien 2012 Europäische Union Richtlinie des Rates über den Jahresabschluss vom 26.6.2013, 2013/34/EU, Abl. L 182, 29.6.2013, S. 19 EuG Gericht der Europäischen Union EuGH Gerichtshof der Europäischen Union EuR Europarecht (Zeitschrift) EUV Vertrag über die Europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht EuZW  f. folgende  ff. fortfolgende FG Finanzgericht Fußnote Fn. FR Finanz-Rundschau (Zeitschrift) FS Festschrift GG Grundgesetz Gemeinsame Konsolidierte KörperschaftsteuerGKKB Bemessungsgrundlage Richtlinienvorschlag der Kommission über eine GKKB-RLV Gemeinsame Konsolidierte KörperschaftsteuerBemessungsgrundlage, vom 16.3.2011, KOM(2011), 121/4 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter GmbHG Haftung GoB Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung Charta der Grundrechte der Europäischen Union GRCh Großer Senat GrS HGB Handelsgesetzbuch Hrsg. Herausgeber IAS International Accounting Standards International Accounting Standards Board IASB IASC-Framework Rahmenkonzept für die Aufstellung und Darstellung von Abschlüssen IAS-Verordnung Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 vom 19.7.2002, ABl. L 243, 11.9.2002, S. 1 International Financial Reporting Interpretations IFRIC Committee IFRS International Financial Reporting Standards Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung IRZ ISR Internationale Steuer-Rundschau (Zeitschrift) IStR Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) Internationale Wirtschaftsbriefe (Zeitschrift) IWB JuS Juristische Schulung (Zeitschrift) JZ JuristenZeitung (Zeitschrift) 336

Abkürzungsverzeichnis

KoR

Zeitschrift für internationale und kapitalmarktorien­ tierte Rechnungslegung KStG Körperschaftsteuergesetz lit. littera (Buchstabe) m.w.N. mit weiteren Nachweisen MüKo Münchener Kommentar MwStSystRL Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemein­ same Mehrwertsteuersystem vom 28.11.2006, ABl. L 347, 11.12.2006, S. 1 neue Fassung nF ÖJT Österreichischer Juristentag ÖStZ Österreichische Steuer-Zeitung (Zeitschrift) RAP Rechnungsabgrenzungsposten Rs. Rechtssache Randziffer Rz. S. Satz/Seite Slg. Sammlung der Rechtsprechung von EuG und EuGH Der Steuerberater (Zeitschrift) StB StBp Die steuerliche Betriebsprüfung (Zeitschrift) SteuK Steuerrecht kurzgefaßt (Zeitschrift) Steuern und Bilanzen (Zeitschrift) StuB StuW Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) Steuer & Wirtschaft International (Zeitschrift) SWI Tz. Textziffer unter anderen(m) u.A. UA Unterabsatz UStG Umsatzsteuergesetz v. vom vgl. vergleiche Vierte Bilanz-RL Vierte Richtlinie des Rates über den Jahresabschluss vom 25.7.1978, 78/660/EWG, ABl. L 222, 14.8.1978, S. 11 Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) WPg zum Beispiel z.B. Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung ZfbF ZHR Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirt­ schaftsrecht

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Stichwortverzeichnis Abbruchkosten – HGB/EStG  205 f. – IFRS  218 – GKKB-RLV  229 Abschreibung – HGB/EStG  259 ff. – IFRS  263 ff. – GKKB-RLV  267 ff. Anlagevermögen  173 ff. Anschaffungskosten – HGB/EStG  209 ff. – IFRS  222 – GKKB-RLV  230 Aufhellendes Ereignis  326 ff. Außerplanmäßige Abschreibung 262 f. Befolgungskosten  2, 11, 29, 69 ff. Bilanzrichtlinie  119 f., 148 ff. Bilanzwahrheit  150 ff. Cash flow-Besteuerung  45 ff. Completed-contract-Methode 312 f. Delegierte Befugnis  16 ff. Diskriminierungsverbot 35 Dokumentationspflichten  98 f. Doppelbesteuerung  89 ff. Drohverlustrückstellung – HGB/EStG  293 f. – IFRS  298 – GKKB-RLV  300 f. Einfachheit  82 ff., 133 Einzelerfassung  104 f. Ersatzwirtschaftsgut  59, 318 ff. Fairness  78 ff. Fertigungsauftrag  312 ff. Folgerichtigkeit  23 ff. Forschung und Entwicklung  57 – HGB/EStG  179 f., 214 f. – IFRS  182 f., 224 f. – GKKB-RLV  187, 191 ff., 231 ff. Fremdkapitalkosten – HGB/EStG  215 – IFRS  220 – GKKB-RLV  243 ff. Gemeinkosten – HGB/EStG  206 f.

– IFRS  219, 223 – GKKB-RLV  233 f. Geringwertigkeit – HGB/EStG  259 f. – IFRS  263 f. – GKKB-RLV  268 f. Geschäfts- oder Firmenwert 63 – HGB/EStG  163, 262 – IFRS  182, 266 – GKKB-RLV  186 f., 275 f. Gestaltungsresistenz  62 f. Gleichheitssatz  19 ff., 39 f. Going concern-Grundsatz 109 f. Grundfreiheiten  37 f. Herstellungskosten – HGB/EStG  211 ff. – IFRS  222 ff. – GKKB-RLV  230 ff. IAS-Verordnung  122 ff. Identität  106 f. Immaterielles Anlagevermögen – HGB/EStG  176 ff. – IFRS  180 ff. – GKKB-RLV  183 ff. Impairment Test  266 f. Imparitätsprinzip  50 ff. Informationsfunktion  128 ff. Investitionsneutralität  56 f. Kapazitätsauslastung – HGB/EStG  214 – IFRS  224 Latente Steuern  283, 332 Leasing  198 ff. Leistungsfähigkeitsprinzip 21 ff. Maßgeblichkeit  3, 96, 118 f. – der GoB der Mitgliedstaaten 119 ff. – der IFRS  121 ff. Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten – HGB/EStG  210 f. – IFRS  225 f. – GKKB-RLV  230, 245 ff. 361

Stichwortverzeichnis

Nebenkosten – HGB/EStG  209 f. – IFRS  218 f. – GKKB-RLV  229 Neutralität  55 ff. Niederstwertprinzip  290 f. Objektivität  62 ff. Öffentlicher Investitionszuschuss – HGB/EStG  207 f. – IFRS  220 f. – GKKB-RLV  241 f. Option – Gleichbehandlung  31 ff. – Befolgungskosten  70 ff. – Steuerwettbewerb  77, 80 ff. Percentage-of-completion-Methode 314 ff. Periodenabgrenzung 105 Realisationsprinzip 44 – Neutralität  59 ff. – Objektivität und Vollständigkeit 65 f. – Grundprinzip der GKKB  101 ff. Rechnungsabgrenzungspos­ten 321 ff. Rechtssicherheit 36 Risikoneutralität  57 f. Rückbau- und Wiederherstellungs­ verpflichtung – Anschaffungs- oder Herstellungs­ kosten  221 f. – Rückstellung  294, 299, 302 f. Rückstellung – HGB/EStG  293 ff. – IFRS  297 ff. – GKKB-RLV  300 ff. Sachanlagen – Langlebige  272 f. – Mittellebige  280 f. – Kurzlebige  281 f. Saldierungsverbot  104 f. Sammelposten – HGB/EStG  261 – GKKB-RLV  277 ff. Schattenbilanz 99 Schwebendes Geschäft  306 ff. Sofortiger Verlustabzug  53 f.

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Sonderabschreibung  283 ff. Stetigkeit  105 f. Steuersatz  74 ff. Steuerwettbewerb  73 ff. Subsidiaritätsprinzip  9 ff. Teilwert  262 f. Transparenz  76 f. True and fair view  44 f. – Symmetrische Gewinnermitt­ lung  52 f. – Neutralität  59 ff. – Objektivität und Vollständig­ keit  65 f. Typisierung  33, 83 ff. Überleitungsrechnung  143 f., 148 Übermaßverbot  35 f. Umlaufvermögen  196 ff. Umstrukturierung  92 f. Verbesserungskosten – Definition  245 ff. – Abschreibung  258, 261 f., 268 f. Verbindlichkeiten  251 ff. Verhältnismäßigkeit  14 ff., 66 f. Verlustausgleich  91 f. Verlustberücksichtigung  50 ff. Vermögensgegenstand  160 ff. Vermögenswert  165 ff. Verrechnungspreis  88 f. Vertrauensschutz 36 Verwaltungsvorschrift  145 f. Vollständigkeit  64 f., 107 f. Vorsichtsprinzip  103 f., 110 f. Wahlrecht  62 f. Wesentlichkeit  130 f. Wirtschaftliche Betrachtungsweise 131 f. Wirtschaftlicher Wert – HGB/EStG  177 – IFRS  181 f. – GKKB-RLV  184 ff., 275 f. Wirtschaftsgut – HGB/EStG  160 ff. – IFRS  165 ff. – GKKB-RLV  168 ff.